SSRN-Deckblatt-neu-neu-brunschwig research paper series M A X - P L A N C K - I N S T I T U T F Ü R E U R O P Ä I S C H E R E C H T S G E S C H I C H T E M A X P L A N C K I N S T I T U T E F O R E U R O P E A N L E G A L H I S T O R Y www.rg.mpg.de Max Planck Institute for European Legal History Colette R. Brunschwig Perspektiven einer digitalen Rechtswissen- schaft: Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung No. 2018-03 · http://ssrn.com/abstract=3126043 Published under Creative Commons cc-by-nc-nd 3.0 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 PERSPEKTIVEN EINER DIGITALEN RECHTSWISSENSCHAFT: VISUALISIERUNG, AUDIOVISUALISIERUNG UND MULTISENSORISIERUNG Colette R. Brunschwig* Abstract Die Bedeutung der visuellen, audiovisuellen und der multisensorischen Medien wächst. Bei letzteren handelt es sich um hybride Medien, welche nicht nur den Seh- und Hörsinn ansprechen, sondern auch andere Sinne, wie etwa den Geruchssinn, Tast- und Bewegungssinn. In Anbetracht dieser medialen Entwicklung erforschen so- wohl die digital humanities als auch was man im Sinne einer Arbeitshypothese eine digitale Rechtswissenschaft nennen könnte, die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung. Bisher sind die zwei Gebiete weitgehend getrennte Wege gegangen, ohne einander gegenseitig zu beeinflussen. Und dies, obwohl jene sich, was die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung betrifft, teilwei- se mit ähnlichen Problemen und Fragen auseinandersetzen. Der vorliegende Aufsatz bezweckt, und dies soll sein innovativer Beitrag sein, die beiden fachlichen Bereiche in Bezug auf die genannten Forschungsgegenstände einander anzunähern. Überdies soll damit zu einem interdisziplinären Erkenntnisgewinn beigetragen werden. Dies geschieht einerseits anhand von Überlegungen, welche durch die Hundertjahr feier- Tagung der Zentralbibliothek Zürich (Schweiz) veranlasst worden sind. Andererseits geht dieser Aufsatz weit über die Themen dieser Tagung hinaus. * Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Zürich, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Zentrum für Rechtsgeschichtliche Forschung, Abteilung Rechtsvisualisierung, Rämistrasse 74/52, 8001 Zürich, CH, colette.brunschwig@rwi.uzh.ch; https://www.ius.uzh.ch/de/research/units/zrf/abtrv/brunschwig.html. Eine englische Übersetzung dieses Textes ist online verfügbar unter https://forhistiur.de/2019-05-brun- schwig/abstract/. https://www.ius.uzh.ch/de/research/units/zrf/abtrv/brunschwig.html https://forhistiur.de/2019-05-brunschwig/abstract/ https://forhistiur.de/2019-05-brunschwig/abstract/ Colette R. Brunschwig 2 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 1. Auftakt Anlässlich ihrer Hundertjahrfeier lud die Zentralbibliothek Zürich (Universitätsbibliothek, nachfolgend ZBZ) zu einer Tagung ein. Das multi- und interdisziplinäre Treffen bezweckte, ein Forum dafür zu bieten, über digitale Forschungsdaten in der Gegenwart und Zukunft zu diskutieren. Der Tagungstitel lautete: „Die Bibliothek vernetzt: Infrastrukturen für For- schungsdaten in den Geisteswissenschaften“.1 Referenten aus unterschiedlichen Bereichen berichteten über ihre Tätigkeiten, ihr Wissen und ihre Erfahrungen, indem sie die Entwicklungen und Herausforderungen beschrieben, mit denen sie sich angesichts der anhaltenden digitalen Transformation konfrontiert sehen. Ich besuchte diese Tagung in meiner Rolle als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Rechts- wissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich (Abteilung Rechtsvisualisierung). Dabei nahm ich die dargebotenen Informationen aus der Perspektive einer Rechtswissenschaft- lerin auf, die sich vorrangig mit den Themen „Visualisierung“, „Audiovisualisierung“ und „Multisensorisierung“ befasst.2 Diese Gegenstände lassen sich hauptsächlich in den recht- lichen Grundlagenfächern ansiedeln. Dazu gehören beispielsweise die Rechtsgeschichte, die Rechtstheorie, die Rechtssoziologie, die Rechtspsychologie und die Rechtsinformatik.3 Abb. 1 1 Vgl. Universität Zürich. „Fachtagung anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der ZB.“ http://www.bibliothek- vernetzt.uzh.ch/de.html. Zugriff am 14. Juli 2017. Damit sich die Lesenden schneller orientieren kön- nen, werde ich Websites und Abstracts in den Fussnoten ausführlich zitieren. Aus diesem Grund erschei- nen diese Quellen nicht mehr im Literaturverzeichnis. 2 Vgl. Brunschwig, Visualisierung von Rechtsnormen (2001); Id., „Multisensory Law and Therapeutic Juris- prudence“ (2012); Id., „Law Is Not or Must Not Be Just Verbal and Visual in the 21st Century“ (2013), und Id., „Multisensory Law“ (2016). 3 Die Rechtsinformatik kann als rechtliches Grundlagenfach betrachtet werden, insofern sie sich mit Werkzeugen (tools) und Methoden (methods) befasst und dabei rechtsdogmatische Probleme, Fragen und Themen transzendiert. Wenn ich es richtig sehe, ist es heute Mode geworden, für diesen Teil der Rechtsinformatik die Begriffe legal technology oder legal tech zu verwenden. Mit diesem buzz word oder unter diesem label wird momentan auch viel Geld verdient. Colette R. Brunschwig 3 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Was ist unter „Visualisierung“ zu verstehen? Einerseits bezeichnet dieser Begriff den Prozess der Visualisierung, andererseits das Produkt, welches aus diesem Prozess hervorgeht. Was den Visualisierungsprozess angeht, spielt es – aus juristischer Perspektive – eine Rolle, – wer visualisiert – Juristen, Studierende der Rechtswissenschaft, juristische Laien, wie z. B. Designer und Informatiker, und so fort; – warum und wozu visualisiert wird; – welche rechtlichen Inhalte visualisiert werden, wie z. B. Normen von Rechtserlassen, Teile von gerichtlichen Verfügungen und Beschlüssen, Inhalte der Rechtswissenschaft (Forschung und Lehre), Inhalte der staatlichen Rechtspraxis und der privaten Recht- spraxis (z. B. Verträge), rechtlich relevante Sachverhalte und so fort; – mit welchen Medien visualisiert wird – analoge und/oder digitale Medien (Hard- und Software), – mit welchem semiotischen Code visualisiert wird; – welche Visualisierungsmethoden angewendet werden. Mit Bezug auf die Visualisierung als Produkt lassen sich – wiederum aus rechtlicher Perspek- tive – folgende Überlegungen anstellen: – Welche rechtlichen Inhalte erscheinen tatsächlich in verbo-visueller oder visueller Form? – In welchem Medium manifestiert sich das visuelle Produkt (Medialität)? – In welchem semiotischen Code erscheint es (Codalität)? – Welche Art von Wahrnehmung spricht die Visualisierung an und/oder zu welcher Art von Wahrnehmung ist sie unter Umständen selber fähig – etwa im Fall einer Kamera, welche mit der Visualisierung verbunden ist (Modalität)? – Wer sind die Rezipienten der Visualisierung – Juristen, Studierende der Rechtswissen- schaft, juristische Laien? – Wie wirkt sich die Visualisierung auf die Rezipienten aus? Mit anderen Worten: Wie erleben die Rezipienten die Visualisierung und wie verhalten sie sich zu ihr? Die Überlegungen zur „Visualisierung“ lassen sich – mutatis mutandis – auf die Forschungs- gegenstände „Audiovisualisierung“ (Animationen, Videos, Filme) und „Multisensorisierung“ (virtuelle Realitäten, games, humanoide Roboter) übertragen. 1.1 Hintergrund Wissenschaftstheoretisch betrachtet, gilt die Rechtswissenschaft als Geistes- und Sozialwissen- schaft. Es ist in diesem Rahmen weder notwendig noch möglich, diese Aussage zu begrün- den. Stattdessen verweise ich auf ein paar Publikationen, welche Gründe dafür darlegen.4 4 Zur Rechtswissenschaft als Geisteswissenschaft vgl. z. B. Obermayer, „Rechtswissenschaft als Geisteswis- senschaft“ (1987); Kretschmer, Rechts- als Geisteswissenschaft (2007), und Balkin und Levinson, „Law and the Humanities,“ 156. Zur Rechtswissenschaft als Sozialwissenschaft vgl. z. B. Büllesbach, „Rechtswissen- schaft und Sozialwissenschaft,“ 401, 403. Colette R. Brunschwig 4 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Vorliegend sind jedoch primär geisteswissenschaftliche Bezüge der Rechtswissenschaft be- deutsam. Sofern man davon ausgeht, dass die Rechtswissenschaft eine Geisteswissenschaft darstellt, oder wenn man zumindest annimmt, einzelne rechtliche Grundlagenfächer, wie z. B. die Rechtsgeschichte, die Rechtstheorie und die Rechtsphilosophie, hätten nähere Beziehungen zu den Geisteswissenschaften, dann ergeben sich wichtige Konsequenzen. Angehörige dieser Rechtsdisziplinen haben oder hätten es auf sich zu nehmen, die Bezüge dieser Disziplinen zu den digitalen Geisteswissenschaften (digital humanities; nachfolgend DH) zu erhellen. Abb. 2 1.2 Probleme und Fragen Die Rechtsgeschichte dürfte zurzeit gegenüber den anderen rechtlichen Grundlagenfächern eine Vorreiterrolle einnehmen, was die Auseinandersetzung mit den DH betrifft. So fragt Birr: „Wird die Rechtsgeschichte fundamental durch die neuen, digitalen Instrumente und Praktiken verändert werden? Werden die ‚neuen‘, ‚digitalen‘ Rechtshistoriker andere For- schungsfragen stellen als ihre traditionell arbeitenden Kollegen?“5 Ich möchte noch ergänzen: Werden sich die Fragen der digitalen Rechtshistoriker von jenen der analogen Rechtshisto- riker unterscheiden, zumal was die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisie- rung vergangener rechtlicher Inhalte betrifft? In diesem Terrain sind Forschungslücken zu 5 Birr, „Die geisteswissenschaftliche Perspektive,“ 332. Zur digital legal history vgl. auch Robertson, „Sear- ching for Anglo-American Digital Legal History,“ 1049–69. Colette R. Brunschwig 5 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 schliessen. Mutatis mutandis erscheint es ebenso sinnvoll wie notwendig, derartige Fragen in anderen rechtlichen Grundlagenfächern zu stellen. Während der Tagung begegnete ich den Vorträgen mit zwei grundlegenden Fragen: 1. In- wiefern sind deren Inhalte bedeutsam für die rechtlichen Grundlagenfächer, insbesondere was die Themen „Visualisierung“, „Audiovisualisierung“ und „Multisensorierung“ angeht? 2.  Inwiefern könnten meine Erfahrungen und mein Wissen etwas zu dem Vorgetragenen beitragen, und zwar mit Fragen, Informationen und Einschätzungen? Während ich die vor- liegende Arbeit zu Papier brachte, brach eine dritte Frage auf: Welche über die Tagung hi- nausgehenden Reflexionen lassen sich aus rechtswissenschaftlicher Perspektive anstellen, ohne dabei den Fokus auf die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung aus den Augen zu verlieren? Die „multisensorische“ Ausrichtung der aufgeführten Kernfragen rechtfertigt sich letzt- lich nicht durch meine persönlichen Forschungsvorlieben. Vielmehr legen die DH selber eine derartige epistemologische Orientierung nahe. Sich auf McPherson berufend, präsen- tiert Svensson eine Typologie von DH, zu der man die multimodal humanities zählt: „The multimodal [meine Hervorhebung] humanities bring together scholarly tools, databases, networked writing and peer-to-peer commentary while also leveraging the potential of the visual and aural media that are part of contemporary life.“6 Zur Multimodalität oder Multisensorik bemerken überdies Burdick et al. unter dem Titel „What defines the Digital Humanities now?“: And the notion of the primacy of text is being challenged. Whereas the initial wavers of computational humanities concentrated on everything from word frequency studies and textual analysis (classificati- on systems, mark-up encoding) to hypertext editing and textual database construction, contemporary Digital Humanities marks a move beyond a privileging of the textual, emphasizing graphical methods of knowledge production and organization, design as an integral component of research, transmedia crisscrossings, and an expanded concept of the sensorium of humanistic knowledge.7 Solche nicht-verbozentrischen Perspektiven der gegenwärtigen DH bringen es mit sich, dass „some of the major sectors Digital Humanities research extend outside the traditional core of the humanities to embrace quantitative methods from the social and natural sciences as well as techniques and modes of thinking from the arts.“8 Der vorliegende Aufsatz gliedert sich nach dem Ablauf der ZBZ-Tagung. Ohne einen An- spruch auf Vollständigkeit zu erheben, zielt er darauf ab, die aufgeworfenen Schlüsselfragen zu beantworten. 6 Svensson, „The Landscape of Digital Humanities,“ Note 14. 7 Burdick et al., Digital_Humanities, 122. 8 Burdick et al., Digital_Humanities, 122. Colette R. Brunschwig 6 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 2. Forschungsprojekte der Universität Zürich: Anforderungen an Services und Infrastrukturen 2.1 Lavater-Briefedition Die Handschriftenabteilung, eine Spezialsammlung der ZBZ, besitzt über 20 000 Briefe Johann Caspar Lavaters.9 Die Vortragenden Ursula Caflisch-Schnetzler und Barbara Naumann verfolgen das Ziel, diese Briefe zu digitalisieren und in einer historisch-kritischen Edition zu erschliessen. Dabei planen die beiden Wissenschaftlerinnen auch eine analo- ge Edition. Gemäss ihren Angaben bezieht sich dieser Briefwechsel auf religiöse, philoso- phische, pädagogische, literarische und naturwissenschaftliche Themen. Ausserdem lassen sich aus den digitalisierten Briefen Informationen extrahieren, die über Lavaters Kommu- nikationsnetzwerk und seine Strukturen Auskunft geben. Deswegen visualisieren die Wis- senschaftlerinnen diese kommunikativen Netzwerke in Form von Graphen (graphs). Diese Graphen setzen sich aus Kanten (Linien, edges) und Knoten (nodes) zusammen.10 Der von den Referentinnen gezeigte Graph breitet sich über eine Karte (geographic map)11 aus, auf der man europäische Länder erkennt. Der Graph präsentiert viele dyadische Beziehungen, die Lavater offenbar mit seinen Korrepondenzpartnern hatte.12 In den DH ist es heute üblich, Visualisierungen zu produzieren und/oder bereits existie- rende Visualisierungen zu verwenden, sie zu beschreiben, zu interpretieren und zu evaluie- ren.13 Caflisch-Schnetzlers und Naumanns Visualisierungsbestrebungen lassen sich somit in diesen wissenschaftlichen Kontext einordnen. Hier stellen sich Fragen, wie beispielsweise: Was wird visualisiert? Mit welchen Methoden (methods) und Medien (tools) wird visualisiert? Welche Arten von Visualisierungen lassen sich ausmachen? Wie lassen sie sich beschreiben, interpretieren und evaluieren? Caflisch-Schnetzlers und Naumanns Kombination aus graph and geographic map mag Betrachtende dazu veranlassen zu fragen, was diese visuellen Medien tatsächlich zu leisten vermögen – und was eben nicht. Die grosse Anzahl der Linien lässt einen eine Vorstellung davon bekommen, mit wie vielen Akteuren Lavater korrespon- dierte. Es fehlen indessen Knotenattribute, wie z. B. das Geschlecht, die Nationalität, der wis- 9 Vgl. Universität Zürich, Deutsches Seminar. „Edition Johann Caspar Lavater.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.lavater.uzh.ch/de.html. 10 Vgl. Stegbauer und Rausch, Einführung in NetDraw, 4–10. 11 Zum Einsatz von Geographic Information Systems (GIS) in den DH vgl. z. B. Murrieta-Flores, Donald- son und Gregory, „GIS and Literary History,“ Noten 1–39. 12 Folie 5 von Caflisch-Schnetzlers und Naumanns Präsentation zeigt diesen Graphen. Zusammen mit anderen Präsentationen, die anlässlich der ZBZ-Tagung gezeigt worden sind, lässt sich diese PowerPoint-Präsentation auf der Konferenzwebsite herunterladen: Vgl. Universität Zürich. „Fachtagung anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der ZB.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.bibliothek-vernetzt.uzh. ch/de.html. 13 Vgl. z. B. Verbert, Katrien, „On the Use of Visualization for the Digital Humanities.“ Konferenzabstract, dh2015.org, [s.d.]. Zugriff am 14. Juli 2017. http://dh2015.org/abstracts/xml/VERBERT_Katrien_On_ the_Use_of_Visualization_for_t/VERBERT_Katrien_On_the_Use_of_Visualization_for_the_Dig.html, und Bubenhofer, „Drei Thesen zu Visualisierungspraktiken in den Digital Humanities,“ 351–55. http://www.bibliothek-vernetzt.uzh.ch/de.html http://www.bibliothek-vernetzt.uzh.ch/de.html http://dh2015.org/abstracts/xml/VERBERT_Katrien_On_the_Use_of_Visualization_for_t/VERBERT_Katrien_On_the_Use_of_Visualization_for_the_Dig.html http://dh2015.org/abstracts/xml/VERBERT_Katrien_On_the_Use_of_Visualization_for_t/VERBERT_Katrien_On_the_Use_of_Visualization_for_the_Dig.html Colette R. Brunschwig 7 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 senschaftliche Hintergrund. Solche Attribute würden es einem erlauben, Näheres über die besagten Akteure zu erfahren. Die Kanten sind linien- und nicht pfeilförmig, so dass nicht erkennbar wird, ob die Beziehung zwischen Lavater und seinem jeweiligen Adressaten ein- seitig, also asymmetrisch war oder wechselseitig, mithin symmetrisch. Alle Linien sind gleich dünn. Sie informieren folglich nicht darüber, wie intensiv die jeweilige Briefbeziehung sich gestaltete. Es fragt sich darum, ob die Referentinnen noch andere Visualisierungen kreiert haben, welche die hier fehlenden Informationen enthalten. Aus Anlass des 200-jährigen Jubiläums der ZBZ könnten künftige Rechtshistoriker die E-Mail-Kommunikation von Rechtswissenschaftlern (key players in the field) aus den Jahren 2000 bis 2017 untersuchen. Ich denke z. B. an Rechtswissenschaftler, welche heute die Visu- alisierung und Audiovisualisierung rechtlicher Inhalte erforschen. Sollte diese E-Mail-Kom- munikation noch nicht gelöscht, ja abrufbar sein, könnten Rechtshistoriker der Zukunft fragen, mit wem die besagten Rechtsakteure in Verbindung standen, aus welchen Ländern diese Partner stammten und welche Themen sie miteinander diskutierten. Ich könnte mir vorstellen, dass – hundert Jahre später – Rechtshistoriker auch Audio-Elemente in ihre Graphen und Kanten einbinden werden. 2.2 Variantengrammatik des Standarddeutschen Christa Dürscheid und Don Tuggener stellten dem Auditorium ihr Projekt „Varianten- grammatik des Standarddeutschen“ vor. Es hat zum Ziel, „auf der Grundlage eines Korpus von knapp 600 Millionen Wortformen die Variation in der Grammatik des Deutschen zu erfassen“.14 Die Resultate, welche die Forschung der beiden Sprachwissenschaftler zeitigen wird, werden „für die Grammatikforschung und den Sprachunterricht relevant sein und ei- nen praktischen Nutzen für alle Personen haben, die Auskünfte zur Standardsprachlichkeit grammatischer Varianten wünschen.“15 Soweit ich erkennen kann, dürfte das zur Debatte stehende Projekt für das Thema „Vi- sualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte“ nichts „her- geben“. Es fragt sich allerdings, ob nicht die Rechtslinguistik (Sprache und Recht (philo- logischer Ansatz) bzw. Recht und Sprache (rechtswissenschaftlicher Ansatz))16 dem zur Debatte stehenden Projekt etwas abgewinnen könnte: Wie sind z. B. Rechtstexte (Gesetze, 14 Dürscheid, Christa und Don Tuggener. „Abstract.“ In Kurzbiographien und Abstracts zu den Tagungsbeiträ- gen, hrsg. v. Zentralbibliothek Zürich, 3. Zürich: [kein Verlag], 2017, 3. Zu diesem Forschungsprojekt: Universität Zürich, Universität Salzburg und Universität Graz. „Variantengrammatik des Standarddeut- schen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.variantengrammatik.net. 15 Ibid. 16 Das Zentrum für Rechtssetzungslehre (Universität Zürich) veranstaltet rechtslinguistische Kolloquien: Vgl. Universität Zürich, Rechtswissenschaftliches Institut, Zentrum für Rechtsetzungslehre. „Weiterbil- dung.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www.rwi.uzh.ch/de/oe/ZfR/weiterbildung.html. Die Philosophi- sche Fakultät der Universität zu Köln bietet einen Studiengang „Europäische Rechtslinguistik“ an: Vgl. Universität zu Köln, Philosophische Fakultät, Europäische Rechtslinguistik. „Europäische Rechtslinguis- tik: Das Konzept.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://erl.phil-fak.uni-koeln.de/11925.html. Colette R. Brunschwig 8 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Verordnungen, Verträge etc.) auszulegen, die in Deutschland, Österreich und in der deutsch- sprachigen Schweiz ihren Ursprung haben? Schliesslich drängt sich die Frage auf, ob sich die Rechtslinguistik im Jahre 2117 als selbständiges rechtliches Grundlagenfach an deutsch- sprachigen Rechtsfakultäten etabliert haben wird oder ob diese Disziplin weiterhin ein ihr unwürdiges Schattendasein fristen wird. 2.3 Capturing Multilingual Discourses of Switzerland Es fällt auf, dass der Titel des Referates „Capturing Multilingual Discourses of Switzerland“ in englischer Sprache erscheint. Das Projekt des Computerlinguisten Martin Volk hat den Zweck, mehrsprachige Texte, die in der Schweiz verfasst worden sind, zu digitalisieren, mit linguistischen Informationen anzureichern sowie in einem XML-Format verfügbar zu ma- chen.17 Während des Vortrages wurde dieses Vorhaben anhand der mehrsprachigen Jahrbü- cher des Schweizerischen Alpenclubs18 exemplifiziert. Mittels automatischer Inhaltsanalysen wurden die besagten Texte für die Zeit von 1925 bis 2009 daraufhin untersucht, welche zen- tralen Themen darin diskutiert, welche sprachlichen Kenntnisse bei der Leserschaft voraus- gesetzt worden sind, und inwiefern die Satzkomplexität sich verändert hat. Was die thema- tische Fokussierung der fraglichen Texte anbelangt, sind Säulendiagramme erstellt worden. Diese Diagramme veranschaulichen durch auf der x-Achse vertikal positionierte „Säulen“, wie häufig gewisse Themen in einer gewissen Zeitspanne diskutiert worden sind. Schweizer Gesetze sind bekanntlich mehrsprachig. Mehrsprachigkeit gilt auch für die Regesten in Urteilen des Schweizerischen Bundesgerichtes, in denen der Urteilsinhalt möglichst präzise und knapp wiedergegeben wird. Ich könnte mir vorstellen, dass Volks Forschungsansatz sich als fruchtbarer Boden für drei- oder viersprachiges Schweizer Recht erweisen könnte, ganz zu schweigen vom mehrsprachigen europäischen Recht. Im Jahre 2117 könnten juristische und philologische Rechtslinguisten die Frage beantworten, inwie- fern der computerlinguistische Ansatz in den letzten 100 Jahren für die mehrsprachigen Schweizer Gesetze, die multilingualen Regesten des Schweizerischen Bundesgerichtes sowie für die Mehrsprachigkeit des europäischen Rechts fruchtbar gemacht werden konnte. 2.4 Wissensportal „Bildungsgeschichte Schweiz“ Christina Rothen und Thomas Ruoss präsentierten ihr Projekt „Bildungsgeschichte Schweiz“19. Die beiden Erziehungswissenschaftler untersuchen, wie sich die Schulstufen 17 Vgl. Volk, Martin. „Abstract.“ In Kurzbiographien und Abstracts zu den Tagungsbeiträgen, hrsg. v. Zentral- bibliothek Zürich, 3–4. Zürich: [kein Verlag], 2017. 18 Vgl. Schweizer Alpen-Club SAC. „Startseite.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.sac-cas.ch/. Zum Jahr- buch des Schweizerischen Alpenclubs vgl. z. B. Zentralbibliothek Zürich. „e-rara.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.e-rara.ch/zuz/content/titleinfo/7265103. 19 Vgl. Universität Zürich. „Bildungsgeschichte Schweiz.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.bildungs ge- schichte.uzh.ch/de.html. http://www.bildungsgeschichte.uzh.ch/de.html http://www.bildungsgeschichte.uzh.ch/de.html Colette R. Brunschwig 9 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 („Vorschule“, „obligatorische Schule“, „Mittelschulen“) sowie „Lehrerinnen- und Lehrerbil- dung“ während des 19. und 20. Jahrhunderts in den verschiedenen Schweizerischen Kanto- nen einerseits entwickelten, andererseits veränderungsresistent waren. Eine solche Fragestellung wird vielleicht Rechtswissenschaftler anno 2117 zum Nachden- ken darüber anregen, wie sich die Forschung zur Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte in der Zeitspanne von 2017 bis 2117 im europäsi- chen und angloamerikanischen Raum entwickelte oder gegen Veränderungen resistent war, vor allen Dingen in institutioneller Hinsicht. 2.5 Lives in Transit: Steamship Passages in the Late 19th and Early 20th Century World Martin Dusinberre, englischsprachiger Ordinarius für „global history“ an der Universität Zürich, beschäftigte sich mit der Frage: „What does it mean to tell global history through the digital humanities?“ Der Welt-Historiker erforscht die Schiffspassage „als Transitperiode zwischen zwei Orten […], in der soziale Ordnungen und Beziehungen […] neuverhandelt [sic] werden.“20 Wenn man als Schiffspassagier im Transit sei, wirke sich das auf die Gefühle, Psychopathologie und Physiologie aus.21 Sein Thema solle, meinte er, einen Austausch zwi- schen Meeresgeschichte, Medizingeschichte und digitaler Geschichte (digital history) anstos- sen. Wenn ich den Referenten richtig verstanden habe, sei er noch nicht wirklich in der Lage, konkrete Fragen zu formulieren, die ihm dabei helfen würden, die soeben angeführten zwei Forschungsgegenstände in die digital history einzubinden. Digital history hat sich zu einer selbständigen Forschungsdisziplin entwickelt, die sowohl Bezüge zu den DH als auch zur „analogen“ Geschichtswissenschaft hat.22 Dennoch – sie „ist vorerst ein Weg, kein Zustand“.23 Das bedeutet, dass sich ihre Probleme, Fragen, Methoden im Fluss befinden.24 Aus diesem Grund ist es Dusinberre nicht zu verübeln, dass er, wie er coram publico frank und frei eingestand, noch nicht soweit sei offenzulegen, welche Kompo- nenten der DH bzw. der digital history konkret in sein Projekt einfliessen würden. Mit seinem 20 Dusinberre, Martin. „Abstract.“ In Kurzbiographien und Abstracts zu den Tagungsbeiträgen, hrsg. v. Zentral- bibliothek Zürich, 4–5. Zürich: [kein Verlag], 2017. 21 Vgl. ibid. 22 Zur digitalen Geschichtswissenschaft (digital history) vgl. z. B. Seefeldt und Thomas, „What Is Digital History ?“ [s. p.]. Es gibt auch einen Blog mit dem Titel „Digitale Geschichtswissenschaft“: Vgl. Läs- sig, Simone. „Digitale Geschichtswissenschaft: Das Blog der AG Digitale Geschichtswissenschaft im VHD.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://digigw.hypotheses.org/. Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands hat eine eigene Arbeitsgruppe zur digitalen Geschichtswissenschaft ins Leben gerufen. Die Verbandswebsite präsentiert Informationen dieser Arbeitsgruppe: Vgl. Ver- band der Historiker und Historikerinnen Deutschlands. „Arbeitsgruppen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.historikerverband.de/arbeitsgruppen/ag-digitale-gw.html. 23 Schmale, Digitale Geschichtswissenschaft, 37. 24 Zu möglichen Komponenten der digitalen Geschichtswissenschaft vgl. z. B. Schmale, Digitale Geschichts- wissenschaft, 61 ff. http://www.historikerverband.de/arbeitsgruppen/ag-digitale-gw.html Colette R. Brunschwig 10 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Ansatz „history through the digital humanities“ steht dieser Forscher freilich nicht alleine da, was aus den Ergebnissen einer Google-Recherche genau mit dieser Phrase hervorgeht: Historians of the future will be born of a culture that values the images, sounds and movement of video games over the silent, placid words of books. It is reasonable to suppose, therefore, that these historians might begin to encourage their apprentices to represent the past through similar visual/ aural/kinesic environments.25 Dieses Zitat von Staley leicht abwandelnd, könnte Dusinberre seinen Forschungsgegen- stand mit Hilfe einer interaktiven virtuellen Umgebung (interactive virtual reality) multi- sensorisieren, vorausgesetzt, dass der digitale Historiker über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt, um eine solche Umgebung zu kreieren. Dabei wäre zu versuchen, das Schiff abzubilden sowie die sich an Bord entwickelnden sozialen Relationen der Passagiere zu vi- sualisieren. Was deren emotionale und physische Befindlichkeit betrifft, wäre es unter Um- ständen möglich, sie mit Hilfe ausgewählter Personen in der virtual reality darzustellen.26 Hundert Jahre später dürfte sich die Geschichtswissenschaft darüber klar geworden sein, inwiefern solche digitalen Multisensorisierungen einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn ge- bracht haben. Bezüglich der global legal history fragt es sich, inwiefern sie through the digital humanities betrieben werden könnte. 3. Europäische Netzwerke und Forschungsservices 3.1 DARIAH-DE „DARIAH“ bedeutet „Digitale Forschungsinfrastruktur für die Geistes- und Kulturwissen- schaften“. DARIAH-DE erstreckt sich auf Deutschland, während DARIAH-EU europäisch ausgerichtet ist. Das Referat über DARIAH berührte die Themen „Visualisierung“, „Audio- visualisierung“ und „Multisensorisierung“ nicht. Darum erlaube ich mir, die Lesenden auf die DARIAH-Website zu verweisen. Ich habe auf dieser Website im Suchfeld rechts oben den Begriff „Visualisierung“ einge- geben und 44 Treffer erhalten (Stand 10. März 2017). Es würde sich lohnen, die einzelnen „hits“ genauer anzuschauen, z. B. im Hinblick darauf, welche Inhalte von welchen Akteuren visualisiert werden und welche Art von Visualisierungen produziert worden sind. Mit den Suchbegriffen „Audiovisualisierung“, „Multisensorisierung“, „Rechtsgeschichte“, „Rechts- theorie“ und „Rechtsinformatik“ habe ich jeweils die Fundmenge Null erzielt. „Multimedia“ hat einen Treffer gemacht, „Design“ hingegen sieben. Im Sommer 2015 ist die Schweize- rische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) Kooperationspartnerin von 25 Staley, „Digital Historiography,“ 1. 26 Vgl. z. B. Staley, „Digital Historiography,“ 1–4, und Kheraj, „The Presence of the Past,“ [s.p.]. Colette R. Brunschwig 11 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 DARIAH geworden.27 Die SAGW betreut den Schwerpunkt „Wissenschaft im Wandel“.28 Darin laufen Projekte, wie etwa jenes, das den Titel „Digital Humanities: Infrastrukturen, Forschungsprojekte, Netzwerke“ trägt.29 Zusammen mit der Alliance of Digital Humanities Organizations (ADHO)30 und der Forschungsinfrastruktur für Sprachressourcen in den Geistes- und Sozialwissenschaften (CLARIN)31 steuert DARIAH dazu bei, dass sich die DH konsolidieren, d. h. institutionalisie- ren. Einen solchen „Institutionalisierungsbeitrag“ leisten auch Fachzeitschriften, wie z. B. die Zeitschrift für Digitale Geisteswissenschaften (ZfdG),32 digital humanites quarterly (dhq)33 und das Journal of Digital Humanities (JDH)34 sowie Konferenzen,35 Forschung36 und Lehre.37 3.2 CLARIN-D „CLARIN“ steht für „Common Language Resources and Technology Infrastructure“.38 Auf ihrer Webseite findet sich eine Rubrik mit dem Titel „Auffinden“. Scrollt man darauf, öff- nen sich drei Sub-Menüs mit den Titeln „VLO: Suche nach Ressourcen“,39 „FCS-Suche in 27 Vgl. Immenhauser, Beat. „SAGW wird Cooperating Partner von DARIAH.“ Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften: Aktuelles. http://www.sagw.ch/sagw/aktuelles/news-2015/Mitglied- dariah.html. 28 Vgl. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. „Schwerpunkte.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.sagw.ch/sagw/schwerpunkte.html. 29 Vgl. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. „Digital Humanities: Infra- strukturen, Forschungsprojekte, Netzwerke.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.sagw.ch/de/sagw/ laufende-projekte/digital-humanities.html. 30 Vgl. Alliance of Digital Humanities Organizations. „Home.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://adho.org/. 31 CLARIN-D. „Home.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://de.clarin.eu/de/. 32 Vgl. ZfdG: Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften. „Home.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www. zfdg.de/. 33 Vgl. DHQ: Digital humanities quarterly. „Home.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.digitalhuman- ities.org/dhq/. 34 Vgl. JDH: Journal of Digital Humanities. „Home.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://journalofdigitalhu- manities.org/. 35 Vgl. DHd: digital humanities im deutschsprachigen raum. „Aktuelles.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https:// dig-hum.de/aktuelles. 36 Vgl. DHd: digital humanities im deutschsprachigen raum. „Forschung: Projekte.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://dig-hum.de/forschung/projekte. 37 Vgl. DHd: digital humanities im deutschsprachigen raum. „Über DHd: Digitale Geisteswissenschaften.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://dig-hum.de/digitale-geisteswissenschaften. Zur „Disziplinierung“ der DH vgl. auch Klambauer, „Einführung in das Fach,“ [s.p.]. 38 Vgl. Wikipedia. „CLARIN.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://de.wikipedia.org/wiki/CLARIN. 39 „VLO“ steht für Virtual Language Observatory. Vgl. CLARIN-D. „Auffinden: VLO: Suche nach Ressour- cen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://de.clarin.eu/de/auffinden/vlo-suche-nach-ressourcen. http://www.sagw.ch/de/sagw/laufende-projekte/digital-humanities.html http://www.sagw.ch/de/sagw/laufende-projekte/digital-humanities.html http://www.zfdg.de/ http://www.zfdg.de/ http://www.digitalhumanities.org/dhq/ http://www.digitalhumanities.org/dhq/ http://journalofdigitalhumanities.org/ http://journalofdigitalhumanities.org/ Colette R. Brunschwig 12 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Ressourcen“40 und „Referenzressourcen“.41 Es würde zu weit führen, die drei Rubriken mit denselben Schlagwörtern abzufragen, die ich in Bezug auf DARIAH-DE verwendet habe. Es lohnt sich indes, die CLARIN-Website weiter zu explorieren. Dabei fällt beispielsweise auf, dass (noch) keine rechtswissenschaftliche Facharbeitsgruppe ins Leben gerufen worden ist.42 Aus meiner Sicht würde es sich anbieten, eine internationale Facharbeitsgruppe „Rechtliche Grundlagenfächer“ zu gründen. Ein solcher Schritt würde einen Anreiz dafür schaffen, dass sich rechtswissenschaftliche Fakultäten der deutschsprachigen Länder (Deutschland, Öster- reich und Schweiz) an CLARIN anschlössen. 4. Forschungsnahe nationale Infrastrukturen im Aufbau – Infrastrukturen und Services für linguistische Projekte (Session 2) 4.1 Überblick In der zweiten Tagungshälfte galt es, sich für eine der drei angebotenen Sessionen zu ent- scheiden. Aufgrund meiner Fragen (oben Ziffer 1.2) wählte ich Session 2 aus. Sich auf den „Universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP) Sprache und Raum“ und dessen labs (La- boratorien) beziehend,43 versprach die Veranstaltung im kleineren Rahmen, in meine In- teressensrichtung zu gehen. Im Überblick betrachtet, schnitt Session 2 folgende Fragen an: Welche Infrastrukturen und Services für linguistische Projekte existieren bereits? Für wen stehen diese Infrastrukturen und Services offen und auf wie lange sind sie angelegt? Es wurde betont, dass es bei befristeten digitalen Projekten darauf ankomme, von Anbeginn an darauf zu achten, dass deren Finanzierung gewährleistet bleibe, wenn jene der Initialisierungsför- derer abgeschlossen sei. In aller Regel zähle da der „gute Wille“ der Institution, welche dem jeweiligen Projekt bisher Gastrecht gewährt habe. 40 Das Akronym „FCS“ bedeutet „Federated Content Search.“ Vgl. CLARIN-D. „Auffinden: FCS: Suche in Ressourcen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://de.clarin.eu/de/auffinden/fcs-suche-in-ressourcen in Verbin- dung mit CLARIN. „FCS.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www.clarin.eu/glossary/fcs. 41 Zu den Referenzressourcen vgl. CLARIN-D. „Auffinden: Referenzressourcen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://de.clarin.eu/de/auffinden/referenzressourcen. 42 Vgl. CLARIN-D. „Facharbeitsgruppen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://de.clarin.eu/de/facharbeitsgrup- pen. 43 Vgl. Universität Zürich. „UFSP Sprache und Raum.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.spur.uzh.ch/ de.html. Zu den universitären Forschungsschwerpunkten vgl. Universität Zürich. „Forschung: For- schungsschwerpunkte.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.uzh.ch/de/research.html. http://de.clarin.eu/de/facharbeitsgruppen http://de.clarin.eu/de/facharbeitsgruppen http://www.spur.uzh.ch/de.html http://www.spur.uzh.ch/de.html Colette R. Brunschwig 13 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Der UFSP Sprache und Raum hat die Aufgabe, innovative Ansätze einzubringen, indem er wissenschaftliche Infrastrukturen bereitstellt und interessierte Akteure unterstützt, darunter Studierende und Wissenschaftler.44 Bisher haben wir uns mit unbewegten (statischen) Visualisierungen beschäftigt. Daher möchte ich jetzt die bewegten (dynamischen) Visualisierungen und allenfalls auch Audio- visualisierungen des VideoLab behandeln.45 Dennoch möchte ich es nicht versäumen, die Wichtigkeit und Bedeutung des GISLab46 und CorpusLab47 hervorzuheben. Insbesondere rechtslinguistisch interessierte Juristen seien zu ermuntern, sich gründlich mit der Arbeit dieser beiden labs auseinanderzusetzen und dabei zu fragen, welche ihrer Probleme, Fragen und Erkenntnisse sich – mutatis mutandis – auf die Rechtswissenschaft übertragen liessen. 4.2 Das VideoLab Der Vortrag zum VideoLab führte den Titel „Open Sensors: from sensors to data“. Klaus Wolfgang Kesselheim, der Leiter dieses lab, erläuterte uns, mit welchen Medien er arbeite, um visuelle und audiovisuelle Daten zu erfassen. Dabei handle es sich um normale Videoka- meras, action-Kameras, Kleinstbildkameras, omnidirektionale Kameras (Aufnahmegeräte, die „in der Lage [sind], Bilder aus allen Richtungen in einem Bereich von 360 Grad horizontal als auch vertikal aufzunehmen“48) sowie Eyetracker (Geräte, welche imstande sind, Augenbewe- gungen aufzuzeichnen und zu analysieren). Der Sprechende machte deutlich, das VideoLab untersuche, inwiefern Menschen räumliche Voraussetzungen für ihre Interaktionen schüfen und wie sie in ihrer räumlichen Umgebung Elemente aktivieren würden, um ihre interakti- onellen Ziele zu verfolgen. Dies, indem sie gleichzeitig ihre Interaktionen im zeit-räumlich und situationellen Kontext verankern würden. Als Beispiele, für die bereits Forschungsdaten vorlägen, führte Kesselheim eine Zahnarztpraxis und den Innenraum einer Kirche an. Der VideoLab-Website sind weitere Informationen zu entnehmen: Unlike other methods, such as questionnaire studies, video recordings permit studying the behavior of the participants while they are carrying out their everyday interaction. And, unlike field notes, for example, video recordings make it possible to repeatedly watch the interaction and to scrutinize even the smallest details of the temporal and spatial organization of the event.49 44 Vgl. Universität Zürich. „Fachtagung anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der ZB: Präsentationen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.bibliothek-vernetzt.uzh.ch/de.html [Folie 5 von Derungs, Kesselheims und Samardžićs Präsentation]. 45 Zum VideoLab vgl. Universität Zürich. „UFSP Sprache und Raum: Laboratorien.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.spur.uzh.ch/de/departments/videolab.html. 46 Zum GISLab vgl. Universität Zürich. „UFSP Sprache und Raum: Laboratorien.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.spur.uzh.ch/de/departments/gislab.html. 47 Zum KorpusLab vgl. Universität Zürich. „UFSP Sprache und Raum: Laboratorien.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.spur.uzh.ch/de/departments/korpuslab.html. 48 Wikipedia. „Omnidirektionale Kamera.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://de.wikipedia.org/wiki/Omnidi- rektionale_Kamera. 49 Universität Zürich. „UFSP Sprache und Raum: Laboratorien.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.spur. uzh.ch/de/departments/videolab.html. https://de.wikipedia.org/wiki/Omnidirektionale_Kamera https://de.wikipedia.org/wiki/Omnidirektionale_Kamera http://www.spur.uzh.ch/de/departments/videolab.html http://www.spur.uzh.ch/de/departments/videolab.html Colette R. Brunschwig 14 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Es wäre durchaus denkbar, Medien im juristischen Kontext zu installieren, um visuelle und audiovisuelle Daten zu sammeln, z. B. in einer Anwaltskanzlei oder in den Räumen, in wel- chen sich der schweizerische Juristentag, eine Konferenz des Schweizerischen Juristenver- eins, abspielt. Unter Umständen könnte man für solche Projekte wissenschaftssoziologisch interessierte Rechtssoziologen gewinnen oder auch kommunikations- und medienpsycholo- gisch interessierte Rechtspsychologen sowie juristische Rechtslinguisten. Gleichwohl stän- den diesem Ansinnen ernstliche Hindernisse im Wege: Abgesehen davon, dass mein Be- rufsstand an Geheimnisregeln (Anwaltsgeheimnis, Amtsgeheimnis) gebunden ist, lassen sich Juristen von Berufes wegen nicht gerne in die Karten schauen – schon gar nicht von einer Videokamera. Wie mich dünkt, pflegen Angehörige meiner Zunft nur mit offenen Karten zu spielen, wo es in der jeweiligen Situation angemessen und von Vorteil zu sein scheint. Last, but not least dürften persönlichkeits- und datenschutzrechtliche Probleme solchen visual and audiovisual recordings entgegenstehen. 5. Förderer 5.1 Fragen an die Förderer Nach dem Motto „zuerst die geistige Nahrung“ beschäftigte sich die ZBZ-Tagung, erst als sie ihrem Ende zuging, mit zentralen geldgebenden Institutionen der Schweiz: dem SNF und der SAGW. Ich trat den beiden Vorträgen mit zwei Fragen entgegen: 1. Worin unter- scheiden sich der SNF und die SAGW hinsichtlich der Dauer ihrer Förderungsmassnah- men? 2. Fördern die beiden Institutionen derzeit rechtswissenschaftliche Projekte, welche die Visualisierung, Audiovisualisierung und/oder Multisensorisierung rechtlicher Inhalte zum Gegenstand haben? Wer noch anders gelagerte Informationen zu diesen Vorträgen einholen möchte, dem werden die Folien der beiden Referenten weiterhelfen.50 Mit Bezug auf die Präsentation „EURESEARCH, Europäische Programme – Horizon 2020“ möchte ich Interessierten die informative Website ans Herz legen.51 5.2 SNF und SAGW Brigitte Arpagaus, Bereichsleiterin der Geisteswissenschaften und stellvertretende Leiterin der Abteilung Geistes- und Sozialwissenschaften beim SNF, legte dar, Forschende könnten 50 Vgl. Universität Zürich. „Fachtagung anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der ZB: Präsentationen.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.bibliothek-vernetzt.uzh.ch/de/Praesentationen.html. 51 Vgl. EURESEARCH: Swiss guide to European research & innovation. „Home.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www.euresearch.ch/de/. Colette R. Brunschwig 15 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 ihre Themen frei wählen. Die Beitragsdauer des SNF betrage ein bis vier Jahre. Seine Förde- rung sei als „Anschubfinanzierung“ gedacht. Die Website des SNF besitzt ein Suchfeld. Das dort eingegebene Schlagwort „Visualisie- rung“ hat 37 Ergebnisse gezeitigt (Stand 14. Juli 2017), während die Schlagwörter „Audiovi- sualisierung“, „Multisensorisierung“ und „legal design“ ergebnislos ausgefallen sind. Ich habe die besagten 37 Treffer daraufhin untersucht, ob sie sich auf die Visualisierung rechtlicher Inhalte beziehen lassen. Soweit ich erkennen kann, ist es nicht möglich, einen solchen Bezug herzustellen. Beat Immenhauser, stellvertretender Generalsekretär der SAGW, berichtete, die Aufga- benteilung zwischen dem SNF und der SAGW sei geklärt. Der SNF fördere beispielsweise Editionen mit einer Laufzeit von weniger als zehn Jahren, während die SAGW für Editionen zuständig sei, deren Laufzeit zehn Jahre übersteige. Die jetzigen Schwerpunkte der SAGW sind: „Sprachen und Kulturen“, „nachhaltige Ent- wicklung“ sowie „Wissenschaft im Wandel“. Meine Bemühungen sind vergeblich geblieben, in den drei Schwerpunkten ein laufendes Projekt zur Visualisierung, Audiovisualisierung und/oder Multisensorisierung rechtlicher Inhalte zu finden. Die DH finden sich im Schwer- punkt „Wissenschaft im Wandel“. Unter der Überschrift „DH“ lässt sich die Rechtswissen- schaft nicht auffinden.52 Einzig das Projekt „Digitalisierung der Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen (SSRQ) figuriert unter der Rubrik „Geschichte“ und dort wiederum in der Unterrubrik „Netzwerke“. Die Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins betreut dieses Vorhaben.53 Offenbar kommen die DH bei der schweizerischen Rechtswis- senschaft (noch) nicht an. Dies ist zu bedauern, zumal die DH ein tiefes, grosses Gefäss bil- den würden, welches die Visualisierung, Audiovisualisierung und/oder Multisensorisierung rechtlicher Inhalte als Forschungs- und Lehrgegenstände aufzunehmen vermöchte. Uns Wissenschaftlern bleibt zu wenig Zeit, zu lesen, zu reflektieren und zu schreiben. Dass uns Informationen überfluten, stellt ein Dauerproblem dar. Seien wir doch ehrlich: Es ist der Punkt erreicht, wo wir nicht mehr mit der Informationsflut fertig werden. Deshalb halten viele es für ratsam, die eigene Forschung auf eine möglichst enge Fragestellung intra muros zu begrenzen und von vornherein darauf zu achten, dass die dafür massgebliche Lite- ratur einigermassen überschaubar bleibt. Wer es trotzdem wagt, magnam terram incognitam intra et extra muros zu betreten, läuft Gefahr, dass ihm der Förderzeitraum von vier Jahren zu eng wird, und seine epistemologische Exkursion mangels Zufuhr von Überlebensmitteln ihr Ziel nicht erreicht. Ich halte die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensori- sierung rechtlicher Inhalte für eine solche magnam terram incognitam. Warum? Die rechtli- chen Grundlagenfächer haben sich bisher nicht oder nur am Rande mit diesem Forschungs- 52 Vgl. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. „Laufende Pojekte in den Schwer- punkten: Digital Humanities.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.sagw.ch/sagw/laufende-projekte/ digital-humanities/Gesellschaftswissenschaften.html. 53 Vgl. ibidem. http://www.sagw.ch/sagw/laufende-projekte/digital-humanities/Gesellschaftswissenschaften.html http://www.sagw.ch/sagw/laufende-projekte/digital-humanities/Gesellschaftswissenschaften.html Colette R. Brunschwig 16 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 gegenstand befasst,54 geschweige denn die rechtsdogmatischen Fächer. Wissenschaftliche Akteure der Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte haben demnach keine andere Wahl, als längere Expeditionen in für gewöhnlich unbekannte geistes- und sozialwissenschaftliche Territorien zu machen. Sich hier aufhaltend, müssen die Rechtswissenschaftler die vorgefundenen Erkenntnisse daraufhin überprüfen, inwiefern sie sich – mutatis mutandis – auf die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisie- rung rechtlicher Inhalte anwenden lassen. Innerhalb und ausserhalb der Rechtswissenschaft dürften sich noch weitere magnae terrae incognitae abzeichnen. Beim Anblick dieser „nackten“ Tatsachen fragt es sich, ob der SNF sich nicht mindestens teilweise dafür einsetzen könnte, weniger Projekte, sie dafür über einen längeren Zeitraum als „bloss“ vier Jahre zu fördern – unter Umständen auch in Absprache mit der SAGW. Es lässt sich nicht ausschliessen, dass zu diesem Zweck die rechtlichen Grundlagen, auf denen die Tätigkeit der beiden Förderinstitutionen beruht, geändert werden müssten. Sie finden sich im Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG).55 6. Ausklang 6.1 Wissenschaftliche Ausbeute Die ZBZ-Tagung hat eine grössere wissenschaftliche Ausbeute gebracht – und dies sogar aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. Die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisen- sorisierung gehören zum Kern-„Geschäft“ der DH. Aufgrund dessen war es möglich, gewisse Inhalte einzelner Vorträge mit der Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisie- rung rechtlicher Inhalte fruchtbar zu vernetzen. Eventuell an Gryphius’ Gedicht „Es ist alles eitel“ anknüpfend (Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. / Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; / Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein, / Auf der ein 54 Was den deutschsprachigen Raum anbelangt, ragen die Arbeiten beispielsweise Lachmayers, Röhls, Boehme-Nesslers und Hilgendorfs heraus. Während Lachmayer und Hilgendorf die Visualis- ierung rechtlicher Inhalte ins Zentrum stellen, beziehen die anderen Autoren ebenso die Audiovisu- alisierung rechtlicher Inhalte in ihre Forschung ein. Bestärkt durch Kenneys Theorien zur multisen- sorischen Kommunikation und zu den multisensorischen Medien, fährt meine Wenigkeit damit fort, zusätzlich die Multisensorisierung rechtlicher Inhalte zu explorieren. Im Übrigen sollten diese multisen- sorischen Theorien für die Rechtstheorie fruchtbar gemacht werden. Im englischsprachigen Raum ha- ben sich z. B. Austin, Goodrich, Katsh, Sherwin, Feigenson und Spiesel um die Rechtsvisualisierung und rechtliche Audiovisualisierung verdient gemacht. Um die vorliegende Fussnote nicht aufzublähen, sind einzelne Werke der genannten Autoren im Literaturverzeichnis aufgeführt. 55 Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft. „Startseite: Bundesrecht.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www. admin.ch/opc/de/classified-compilation/20091419/index.html. https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20091419/index.html https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20091419/index.html Colette R. Brunschwig 17 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Schäferskind wird spielen mit den Herden. […]),56 schreibt von Matt, emeritierter Professor für neuere deutsche Literatur an der Universität Zürich: Ganze Lehrstühle leben von der Produktion semiotischer Konzepte und der Demontage ihrer Vor- gänger. Die Studierenden glauben daran, richten sich danach aus, schreiben Dissertationen darüber und müssen eines Tages zur Kenntnis nehmen, dass kein Hahn mehr nach ihrer wissenschaftlichen Heilslehre kräht.57 Ich hoffe, dass meine eigenen Informationen und Einschätzungen nichts demontiert, nichts zerpflückt, sondern mancherlei sich öffnende Blüten der DH für eine digitale Rechtswissen- schaft gepflückt haben. 6.2 Jurisprudentia semper reformanda est Angehörige der rechtlichen Grundlagenfächer – Rechtshistoriker, Rechtstheoretiker, Rechts- soziologen, Rechtspsychologen und Rechtslinguisten – sollten sich mit den DH auseinan- dersetzen. Meine Aufforderung richtet sich besonders an jene Anghörige der rechtlichen Grundlagenfächer, die sich mit der Visualisierung, Audiovisualisierung und/oder Multisen- sorisierung rechtlicher Inhalte bereits befassen oder dies zu tun gedenken. Dabei handelt es sich um Forschungsgegenstände, die man mit dem Etikett „multisensory legal design“ versehen könnte, wenn es um das Hervorbringen von Rechtsvisualisierungen, rechtlichen Audiovisua- lisierungen und von rechtlichen Multisensorisierungen geht. Digitale Geisteswissenschaftler möchte ich dazu motivieren, – im interdisziplinären Dia- log – Akteure der rechtlichen Grundlagenfächer auf die Schätze aufmerksam zu machen, nach denen letztere in den DH graben könnten, insbesondere im Hinblick auf die Visualisie- rung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte. Ich möchte diesem Text einen fiktionalen Schluss verleihen, indem ich fingiere, ich sei bereits verstorben: „Tot-lebend“ wie ich sei, schriebe ich der ZBZ einen Brief aus Anlass ihres 200-Jahr-Jubiläums. Vielleicht gehört es sich nicht, einen wissenschaftlichen Text in auf einer Fiktion beruhenden Art und Weise enden zu lassen. Allein – eine solche Form der Meinungsäusserung wird mir ein Stück Narrenfreiheit gewähren. Zudem werde ich ge- wisse Dinge klarer und deutlicher ausdrücken können, als ich dies in einem herkömmlichen „Ausblick“, wie er nachfolgend angebracht wäre, zu tun vermöchte. Die Fiktionalität dieses rückschauenden „Aus-Blicks“ erlaubt es auch, sich auf einen längeren Zeitraum zu beziehen, als dies in einem traditionellen Ausblick getan wird. So wagt Susskind „bloß“, ins Jahr 2035 vorauszublicken, um tomorrow’s lawyers zu beschreiben.58 56 Gryphius, „Es ist alles eitel,“ 109. 57 von Matt, Sieben Küsse, 11. 58 Vgl. z. B. Susskind, Tomorrow’s Lawyers, 149 f. Colette R. Brunschwig 18 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 6.3 Fiktiver Brief aus dem Jenseits Jenseits, im Januar 2117 Sehr geehrte Mitarbeitende und humanoide Roboter der Zentralbibliothek Zürich Ich danke Ihnen für Ihren Brief Anfangs dieses Jahres. Ihrer Nachricht entnehme ich, dass Sie vorhaben, das 200-Jahr-Jubiläum der ZBZ mit einer Tagung in der Aula der Universität Zürich zu feiern. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, kontaktieren Sie verstorbene Wissen- schaftler, die im Jahr 2017 unterschiedlichen Fakultäten der Universität Zürich angehörten. Sie möchten von uns Jenseitigen Genaueres über frühere Zustände der Alma Mater Turicensis erfahren. Ich fühle mich geehrt, dass Ihre Wahl punkto Rechtswissenschaftlicher Fakultät auf mich gefallen ist. Ich solle Ihnen Fragen beantworten, welche meine Fakultät Anno Do- mini 2017 beträfen: 1. Wer wurde im Jahr 2017 neu an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich in die Fachgruppe „Grundlagenfächer“ berufen? Auf welche Forschungsgegen- stände legten die Neuberufenen das Hauptgewicht? Inwiefern bestand ein Zusam- menhang zwischen ihren Forschungsschwerpunkten und den DH? 2. Betrieben die Neuberufenen „reine“ rechtliche Grundlagenforschung und -lehre? Mit anderen Worten, vermittelten ihre Forschung und Lehre eher grundlegende Erkennt- nisse über die Entwicklung des Rechts, seine Strukturen, Funktionen und Wirkungen? Oder verhalfen ihre wissenschaftlichen Aktivitäten vielmehr zu Wissen, das sich in der Rechtspraxis anwenden liess? 3. Was hofften Sie, mit Ihrem Aufsatz „Perspektiven einer digitalen Rechtswissenschaft: Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung“ zu bewirken ? Sie mögen mir verzeihen, wenn die aus meiner jenseitigen Perspektive entwickelten Ant- worten dann und wann etwas verschroben anmuten. Seelen Verstorbener, in deren Gemein- schaft ich unterdessen lebe, neigen dazu, die Dinge sub specie aeternitatis zu betrachten. 6.3.1 Neuberufene im Jahr 2017 und ihre Aktivitäten José Luis Alonso, ordentlicher Professor für Römisches Recht, Juristische Papyrologyie und Privatrecht, sowie Elisabetta Fiocchi, Assistenzprofessorin für Rechtsgeschichte, traten ihre Ämter in der ersten Hälfte des Jahres 2017 an.59 Als ich meinen Aufsatz „Perspektiven einer digitalen Rechtswissenschaft: Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung“ ausarbeitete, kannte ich die Neuberufenen nicht persönlich. Ich holte Informationen über sie auf ihren Websites ein (Stand April 2017). Nebenbei bemerkt, frage ich mich, ob die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich inzwischen dafür gesorgt hat, die 59 Vgl. Universität Zürich. „News: Alle Artikel / Archiv.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.uzh.ch/news/ info/berufungen/index.php. http://www.uzh.ch/news/info/berufungen/index.php http://www.uzh.ch/news/info/berufungen/index.php Colette R. Brunschwig 19 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 „history“ der Webauftritte ihrer emeritierten Professoren zu archivieren. Alonso und Fioc- chi dürften mittlerweile in den wohlverdienten Ruhestand getreten sein. In Alonsos curriculum vitae war zu lesen: „The kernel of my research to the present date has been private law, particularly obligations and real securities. My work in these fields arises from an interest in the structure of legal institutions in ancient legal thought and prac- tice.“ An einer anderen Stelle hielt der Romanist und juristische Aegyptologe fest: In the last decade, my attention has turned to the legal practice of the papyri, an interest nurtured at the department of Papyrology of the University of Warsaw, home to the leading publication in the field, the Journal of Juristic Papyrology. It is, in my view, urgent to reconstruct the bond between papyrology and Roman law: […]. Papyrologists, in particular, have been left abandoned to their own forces, without the assistance of legally trained experts, facing an enormous mass of documents whose nature is prevalently legal. Fiocchi beteiligte sich dazumal am Digitalisierungsprojekt „Natural Law in Italy“, das Teil des Projektes „Natural Law 1625–1850“ war. Sie fungierte als Mitbegründerin des Projektes „Natural Law and Law of Nations across the Ocean: Domingo Muriel and his Rudimenta Iuris Naturae et Gentium (1791)“. Es würde den Rahmen meines Briefes sprengen, Fiocchis Aktivitäten zu beschreiben, welche über die gerade vorhin erwähnten Themen hinausgingen. Fiocchis Digitalisierungsprojekt liess sich mit den DH verbinden. Ende des zwanzigsten und Anfangs des 21. Jahrunderts pflegten viele historisch orientierte Rechtswissenschaftler, ihre Quellen zu digitalisieren. Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass Alonso gleichfalls selber rechtshistorische Quellen, wie etwa Bücher zur juristischen Papyrologie, scannte bzw. durch seine Mitarbeitenden scannen liess. Im Übrigen liess sich im Jahre 2017 (noch) kein Bezug dieser Wissenschaftler zu den DH ausmachen. 6.3.2 Messlatte für die Wissenschaft Anfang des 21. Jahrhunderts Um ganz ehrlich zu sein, möchte ich mir nicht anmassen, Ihre zweite Frage zu beantworten, zumal ich zu der Zeit, als ich den Aufsatz „Perspektiven einer digitalen Rechtswissenschaft: Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung“ verfasste, weder mit den Ver- öffentlichungen noch mit der Lehrtätigkeit von Alonso und Fiocchi vertraut war. Wie auch immer, es ist meine Überzeugung: Wissenschaft sollte sich – innerhalb der Schranken des Gesetzes, der Ethik und Moral – frei entfalten können. 6.3.2.1 Forderungen an die Wissenschaft Anfang des 21. Jahrhunderts Im Jahre 2017 entdeckte ich die Botschaft von Drew Gilpin Faust, the President of Harvard University and Lincoln Professor of History.60 Da ich nicht weiss, ob ihre Verlautbarung für Sie im Internet noch abrufbar ist, zitiere ich Ausschnitte daraus. Sie begann mit: „WE UNDER- 60 Vgl. Harvard University. „The Harvard Campaign: President’s Message.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http:// campaign.harvard.edu/presidents-message. Colette R. Brunschwig 20 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 TAKE THE HARVARD CAMPAIGN AT A MOMENT WHEN HIGHER EDUCATION IS BEING CHALLENGED TO REINVENT ITSELF, […].“ Diese Kampagne „calls upon us to articulate and affirm the fundamental values and purposes of higher education in the rapidly changing environment of a global and digital world – a world filled with promise for improving lives [meine Hervorhebungen], a world in which talent recognizes no boundaries, a world in which creativity and curiosity will fuel the future.“61 Im weiteren Verlauf ihrer Programmschrift konkretisierte Faust, welche Anforderungen die Aufgabe „Wissenschaft“ stelle: „We must harness the power of One Harvard62 to advance discovery and learning across fields, disciplines, and our broad range of Schools to change knowledge and to change the world [meine Hervorhebungen].“ Unter „Advancing Meaning, Values, and Creativity“63 forderte the President zum einen eine historisch ausgerichtete Wis- senschaft: „[…], Harvard must reinforce the significance of transcending the immediate and instrumental to explore and understand what humans have thought, done, and been, and thus to imagine where they might best seek to go“.64 Zum anderen postulierte die Historike- rin: „We must offer more prominence to innovation and hands-on discovery65 inherent in engineering, the arts, and design [meine Hervorhebung], as well as to experiential learning beyond the classroom.“66 Die Geschichtswissenschaftlerin schloss mit: „[…] Universities are unique in their commitment to the long term, to uniting the wisdom of the past with the urgen- cy of the present and the promise of the future [meine Hervorhebungen]. […].“67 Žižek, ein slowenischer Philosoph und Kulturkritiker Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts, forderte im Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung vom Samstag, dem 25. März 2017: Was wir hier zurückweisen sollten, ist die Grundprämisse dieses Diskurses: ‚Studenten müssen sich sicher in den Klassenzimmern fühlen.‘ Nein, müssen sie nicht. Vielmehr müssen sie lernen, die Kom- fortzone zu verlassen, sich offen mit all den Erniedrigungen und Ungerechtigkeiten des realen Lebens zu konfrontieren und dagegen zu kämpfen.68 61 Ibid. 62 Vgl. Harvard University. „The Harvard Campaign: Aspirations: Advancing the Power of Integrated Knowledge.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-power-integrat- ed-knowledge. 63 Vgl. Harvard University. „The Harvard Campaign: Aspirations: Advancing Meaning, Values, and Creativ- ity.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-meaning-values-and-cre- ativity. 64 Vgl. Harvard University. „The Harvard Campaign: President’s Message.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http:// campaign.harvard.edu/presidents-message. 65 Vgl. Harvard University. „Aspirations: Advancing Innovation and Hands-On Discovery.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-innovation-and-hands-discovery. 66 Vgl. Harvard University. „The Harvard Campaign: President’s Message.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http:// campaign.harvard.edu/presidents-message. 67 Ibid. 68 Žižek, „Das Leben ist nun einmal krass,“ 43. http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-power-integrated-knowledge http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-power-integrated-knowledge http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-meaning-values-and-creativity http://campaign.harvard.edu/aspiration/advancing-meaning-values-and-creativity Colette R. Brunschwig 21 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Für mich bestand ein Zusammenhang zwischen Fausts und Žižeks Forderungen und Äusse- rungen in einzelnen rechtswissenschaftlichen Publikationen. So bemerkte Volpato im Jahr 1991: One feature about legal outputs is their unabashed textuality. It is (still) uncommon to see advice, advocacy or judgments presented as videos, animations, graphs, or simulations. In informatic terms there is a strong rigidity about which channels and codes are appropriate and a resistance to testing the communication efficiency of trying something else. In many instances, more information would be conveyed through these non-textual ‘channels’.69 1995 griff Katsh Volpatos gedanklichen Faden auf: „The digital lawyer will both see things differently and see different things since he or she will have some expertise in employing graphical and other nontextual capabilities to describe, characterize, and represent conflict, […].“70 Und 2008 vertraten Brinktrine/Schneider die Ansicht: „Für die Kommunikations- fähigkeit von Juristen ist entscheidend das Vermögen, anderen Menschen in Wort, Schrift und Bild juristische Fragen erklären zu können.“71 6.3.2.2 Visualisierung, Audiovisualisierung, Multisensorisierung rechtlicher Inhalte – gemessen an den Forderungen von Faust, Žižek und Brinktrine/Schneider Ich stellte mir die Aufgabe, die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte an den Forderungen von Faust, Žižek und Brinktrine/Schneider zu messen. Von Ihrer Warte aus betrachtet, mag es aufschlussreich sein, die vorläufigen Antwor- ten zu lesen, die ich anno dazumal entwickelte. Indem einzelne Rechtswissenschaftler Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts die Visualisierung, Audiovisualisierung und/oder Multisensorierung rechtlicher Inhalte zu er- forschen begannen, reagierten sie auf die fortschreitende digitale Transformation in Gesell- schaft, Wirtschaft, Wissenschaft sowie im Staat. Infolge der Digitalisierung war es einfacher geworden, visuell, audiovisuell, ja multisensorisch zu kommunizieren – auch im rechtlichen Kontext.72 Der besagte nicht-verbozentrische Forschungsgegenstand enthielt das Verspre- chen in sich, bestimmte Bereiche des Rechtslebens zu verbessern, darunter die Kommuni- kation zwischen Rechtsexperten und juristischen Laien sowie die von Stress geprägte Arbeit von Rechtsakteuren (Richter, Anwälte, Staatsanwälte, Polizisten etc.). Verbesserung der Rechtsexperten-Laien-Kommunikation. Meine Wenigkeit vertrat die Über- zeugung, die Visualisierung und Audiovisualisierung rechtlicher Inhalte würde Rechtsak- teure dazu befähigen, rechtliche Konzepte und Probleme sowie den Ablauf rechtlicher Verfahren juristischen Laien besser zu erläutern und zu veranschaulichen, z. B. in der An- 69 Volpato, „Legal Professionalism and Informatics,“ 215. 70 Katsh, Law in a Digital World, 174. 71 Brinktrine und Schneider, Juristische Schlüsselqualifikationen, 19. 72 Vgl. Feigenson und Spiesel, Law on Display, 2 f. Colette R. Brunschwig 22 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 walt-Klienten-Kommunikation und Richter-Prozessparteien-Kommunikation.73 Nebstdem regte ich Anwälte und Richter dazu an, sie sollten juristische Laien dazu motivieren, die Fakten ihres Falles nicht nur verbal zu beschreiben, sondern diese rechtlichen Tatsachen auch zu zeichnen oder sogar mit ihrem Smartphone audiovisuell aufzuzeichnen. Diese Laien sollten, riet ich, weiter dazu angespornt werden, rechtliche Konzepte und Probleme zu skiz- zieren, die ihren Fall betrafen, sowie ihre Ziele und Vorstellungen zu visualisieren, sei es in digitaler oder analoger Form. Auf diese Weise, schlug ich vor, könnten Anwälte und Richter überprüfen, ob die juristischen Laien die sie berührenden rechtlichen Inhalte tatsächlich verstanden hatten. Eine multisensorische Rechtskommunikation würde es juristischen Laien erleichtern, notwendig werdende Entscheidungen sinnvoll zu treffen, beispielsweise in fami- lienrechtlichen Streitigkeiten (Trennung, Scheidung), arbeitsrechtlichen, gesellschaftsrecht- lichen und anderen Konflikten, die andere Rechtsgebiete betrafen, in Strafverfahren etc.74 Reduktion des Stresses von Rechtsakteuren. Anwälte wie Richter standen unter Stress. Dafür gab es verschiedene Ursachen: Zeitdruck, permanente, zuweilen emotional belastende Kon- flikte, in welche diese Rechtsakteure hineingezogen wurden, lange Arbeitstage, „jonglieren“ mit mehreren Fällen, enormer Fallerledigungsdruck, stundenlanges Sitzen und Arbeiten vor dem Bildschirm, Informationsüberflutung, allerlei Telefonanrufe etc.75 Dieser sichtbar wer- dene Misstand löste Reaktionen aus. Vor allem im US-amerikanischen Raum erschienen Pu- blikationen, welche bezweckten, die ärgste Not zu lindern. Die Autoren rieten Betroffenen, wie sie den beruflich bedingten Stress reduzieren sollten: „Yoga for Lawyers“,76 Mindfulness for Lawyers,77 „A Lawyer’s Guide to the Alexander Technique“,78 um nur drei Beispiele zu nennen, die eigens auf die Bedürfnisse dieser Rechtsakteure zugeschnitten waren. In der elek- tronischen Buchhandlung der American Bar Association (ABA)79 sichtete ich unter „Topics“ die Rubrik „Professional Interests“. Letztere enthielt neben den eben genannten Büchern weitere Publikationen zu den Themen „Lawyer Wellness“, „Mentoring“ und „Work/Life Ba- lance“.80 Teilweise wurden diese Gegenstände auch audiovisuell im Internet präsentiert, in erster Linie auf YouTube.81 Die Suche nach entsprechender deutschsprachiger rechtswissen- schaftlicher Literatur und passenden rechtlichen Audiovisualisierungen im World Wide Web 73 Vgl. in diesem Zusammenhang Rambow und Bromme, „Was Schöns ‚reflective practitioner‘ durch die Kommunikation mit Laien lernen könnte,“ 245–63. 74 Vgl. Brunschwig, „Multisensory Law and Therapeutic Jurisprudence“ (2012). 75 Zum Stress von Anwälten und Richtern vgl. z. B. Love und Martin, Yoga for Lawyers, IX, 2, 7 ff., und Cho und Gifford, The Anxious Lawyer, 1–8. 76 Vgl. Love und Martin, Yoga for Lawyers, 21 ff. 77 Vgl. z. B. Rogers, The Six-Minute Solution, 10 ff.; Riskin, „Mindfulness in the Heat of Conflict,“ 131 ff., und Cho und Gifford, The Anxious Lawyer, 61 ff. 78 Vgl. Krueger, A Lawyer’s Guide to the Alexander Technique, 27 ff. und 51 ff. 79 Vgl. ABA American Bar Association. „Publishing.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.americanbar.org/ aba.html. 80 Vgl. ABA Shop. „Topics: Professional Interests.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://shop.americanbar.org/ ebus/default.aspx. 81 Vgl. z. B. Rogers, Scott L. „Mindfulness Exercise: Order in the Cortex,“ YouTube Video, 7:59. 17. April 2012. https://www.youtube.com/watch?v=-KB-OyDx7Tw. http://www.americanbar.org/aba.html http://www.americanbar.org/aba.html https://shop.americanbar.org/ebus/default.aspx https://shop.americanbar.org/ebus/default.aspx Colette R. Brunschwig 23 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 erwies sich bedauerlicherweise als erfolglos. Als ich die Website des Schweizerischen An- waltsverbandes aufsuchte, entdeckte ich im Detailplan zum Programm des 9. Anwaltskon- gresses 2017 (Thema: „Schulterschluss der Akteure der Gerichtsbarkeit“)82 immerhin einen Hinweis auf eine Präsentation von Gabriele Hofmann-Schmid.83 Ihr Vortrag trug den Titel „Stressbewältigung und Zeitmanagement: Wie Sie es schaffen, Ihre guten Vorsätze in die Tat umzusetzen“.84 Ansonsten fand ich nichts Einschlägiges, wiewohl ich mir gewünscht hätte, dass der Schweizerische Anwaltsverband – ähnlich wie die ABA – solche Literaturhinweise gegeben hätte. Die US-amerikanische Rechtslehre blieb nicht unberührt von den beschriebenen Ent- wicklungen in der rechtswissenschaftlichen Forschung. Publikationen zum Thema „mind- fulness for law students“ wurden in den USA aufgelegt, während dort (noch) keine Veröf- fentlichungen zu „yoga for law students“ und „Alexander Technique for law students“ in Erscheinung traten. Allerdings offerierten Law Schools ihren Studierenden Kurse in Acht- samkeit (mindfulness in law)85 sowie Yoga-Kurse (yoga for law students).86 Zum Teil wurden auch YouTube-Videos für law students zu diesen Themen bereitgestellt.87 Ungeachtet dieser positiven rechtsdidaktischen Entwicklungen in den USA bot die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich ihren Studierenden nichts Vergleichbares an. Man mag mir entgegenhalten, dem Akademischen Sportverband der Universität Zürich (ASVZ) habe es oblegen, die Wellness-Wünsche und -Ansprüche der Studierenden aller Fakuläten zu befrie- digen. Spezialangebote für Studierende des Rechts wären also überflüssig, ja übertrieben ge- wesen. Auf der einen Seite dürfte diese Behauptung zutreffen, auf der anderen Seite wäre es nichtsdestotrotz sinnvoll gewesen, wenn einzelne Rechtsprofessoren ihre Studierenden dazu motiviert und darin angeleitet hätten, spezielle Körperübungen auszuführen. Diese Übun- gen hätten die Studierenden später in ihrem Berufsleben begleitet, so dass es ihnen leichter 82 Vgl. SAV Schweizerischer Anwaltsverband. „Weiterbildung: Anwaltskongress.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www.sav-fsa.ch/de/weiterbildung/anwaltskongress.html. 83 Zu Gabriele Hoffmann-Schmid vgl. Gabriele Hofmann-Schmid. „Legal Coaching.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.legalcoaching.ch/. 84 SAV Schweizerischer Anwaltsverband. „Weiterbildung: Anwaltskongress.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www.sav-fsa.ch/de/weiterbildung/anwaltskongress.html. 85 Vgl. z. B. University of Miami School of Law. „Mindfulness in Law Program.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.law.miami.edu/academics/mindfulness-in-law-program; University of California: Berke- leyLaw. „Mindfulness in Legal Education.“ Zugriff am 14. Juli 2017. https://www.law.berkeley.edu/stu- dents/mindfulness-at-berkeley-law/resources/mindfulness-in-legal-education/, und Harvard Law School. „Wellness.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://hls.harvard.edu/dept/dos/wellness/. Vgl. auch Rogers und Jacobowitz, Mindfulness & Professional Responsibility, 3 ff. und 25 ff. 86 Vgl. z. B. University of Miami School of Law. „Yoga for Law Students.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http:// www.law.miami.edu/news/2011/june/yoga-law-students; The University of British Columbia: Peter A. Allard School of Law. „Yoga for Law Students.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://www.allard.ubc.ca/ events/yoga-law-students-1, und Harvard Law School. „Wellness.“ Zugriff am 14. Juli 2017. http://hls. harvard.edu/dept/dos/wellness/. 87 Vgl. z. B. Rogers, Scott L. „Mindfulness for Law Students.“ YouTube Video, 5:12. 7. Oktober 2014. https:// www.youtube.com/watch?v=cEU5I1pYPYY. https://www.law.berkeley.edu/students/mindfulness-at-berkeley-law/resources/mindfulness-in-legal-education/ https://www.law.berkeley.edu/students/mindfulness-at-berkeley-law/resources/mindfulness-in-legal-education/ http://www.allard.ubc.ca/events/yoga-law-students-1 http://www.allard.ubc.ca/events/yoga-law-students-1 http://hls.harvard.edu/dept/dos/wellness/ http://hls.harvard.edu/dept/dos/wellness/ Colette R. Brunschwig 24 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 möglich gewesen wäre, den eigenen Stress gar nicht erst aufkommen zulassen oder ihn zum Allermindesten auf ein erträgliches Mass zu verringern.88 Dadurch, dass Rechtswissenschaftler die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multi- sensorisierung rechtlicher Inhalte erforschten und teilweise auch lehrten, erfuhr das tradi - tionell verbozentrische rechtliche Wissen einen entscheidenden Wandel. Dieser „multi- sensorische“ Wandel vollzog sich, indem vor allem theoretische, methodologische und historische Erkenntnisse aus nicht-juristischen Disziplinen Eingang in rechtswissenschaft- liche Veröffentlichungen fanden. An der Peripherie des etablierten rechtswissenschaftlichen Diskurses angesiedelt, manifestierten sich diese Publikationen als Monografien, Aufsätze oder auch erst in Form von Zeitschriftenartikeln und Blogpostings. In Bezug auf die Pro- duktion von Rechtsvisualisierungen wurden Erkenntnisse aus dem visual design (Visuelle Kommunikation) rezipiert;89 für die Produktion von rechtlichen Audiovisualisierungen (Rechtsvideos, Rechtsfilme) Erkenntnisse aus dem audiovisual design (Audiovisuelle Kom- munikation, Film wissenschaft) und für die Produktion von legal games (legal gamification)90 und von legal virtual realities91 waren auch Erkenntnisse aus dem game design92 und inter- action design (z. B. Rechtsakteur-Roboter-Interaktion) massgebend.93 Zwecks Analyse und Evaluation von Rechtsvisualisierungen wurden Erkenntnisse aus der Kunstgeschichte, den Medien- und Kommunikationswissenschaften wichtig; für die Rezeption von rechtlichen Audiovisualisierungen (Rechtsvideos, Rechtsfilme) Erkenntnisse aus den Film-, Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie aus den Populären Kulturen (popular culture studies). Es gab (noch) keine Studiengänge für visual legal designers und audiovisual legal designers – weder an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich noch an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK), noch an der ZHAW School of Management and Law in Winterthur. Dessen ungeachtet dünkte es mich, es sei nur eine Frage der Zeit, bis Rechts- videos systematisch und in grösserem Stil produziert würden – für das Internet, womöglich selbst für Videowände an Verwaltungsgebäuden, Gerichtsgebäuden und Parlamenten etc. „Januskopf “ der Rechtswissenschaft. Wer sich mit der Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte nicht nur „synchron“, sondern auch „dia- chron“ befassen wollte, musste sich auf die visuelle,94 audiovisuelle95 und multisensorische Rechtstradition einlassen. Dies bedeutete, dass solcher Art interessierte Rechtswissenschaftler 88 Vgl. Brunschwig, „Multisensory Law,“ 161 f. mit weiteren Literaturhinweisen. 89 Vgl. z. B. Brunschwig, Visualisierung von Rechtsnormen, 80 ff.; Hagan, „Prof. Jay Mitchell on Visual Design for Lawyers,“ [s.p.], und Haapio und Passera, „Visual Law,“ [s.p.], und Salo und Haapio, „Robo-Advisors and Investors,“ 441–48. 90 Vgl. z. B. Kimbro, „New legal gamification,” [s.p.]. 91 Vgl. z. B. Baksi, „Virtual reality helps students to master criminal law,” [s.p.]. 92 Vgl. Lines, „Using game-design pedagogies to embed skills in the law curriculum,” [s.p.], und Martin, „A Simulation Game to Help People Prep for Court,” [s.p.]. 93 Vgl. Hagan, „Make Interactive Visuals with D3,“ [s.p.]. 94 Vgl. z. B. Kocher, Zeichen und Symbole des Rechts (1992). 95 Vgl. z. B. Delage, La Verité par l’image (2006) [Caught on Camera (2013); Titel der englischen Überset- zung]. Colette R. Brunschwig 25 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 dazu angehalten waren, vornehmlich rechtshistorische Literatur zu studieren. Sie beleuchte- te vergangene sensorische Rechtsphänomene. Hibbitts, seines Zeichens US-amerikanischer Rechtshistoriker und Rechtsinformatiker, hielt 1992 fest: In the twelth and thirteenth centuries, the immediate European progenitors of our culture turned increasingly to writing to help preserve information and customary lore that had been primarily per- petuated and celebrated in sound, gesture, touch, smell, and taste. Once this corpus was inscribed, and thus removed from its original multisensory context, it slowly but indubitably became the creature of the medium [d. h. geschriebener Text] that claimed to sustain it.96 Drei Jahre später bemerkte der mit der multisensorischen Rechtstradition vertraute Schwei- zer Rechtshistoriker Carlen in seinem Vorwort zum Band „Sinnenfälliges Recht“: Erstes Ziel der vorliegenden Sammlung, die auch so etwas wie ein wissenschaftlicher Rechenschafts- bericht sein darf, ist es, das Verständnis dafür zu wecken und zu fördern, dass das alte Recht stark sinnfällig und plastisch war; man musste sehen und hören, das Recht als geistiges Ordnungsgefüge symbolisch verdeutlichen und sinnbildlich verkörpern. Das Recht sollte in die Sinne gehen, sinnenfäl- lig sein. So wurde es dem Volke bewusst, das es andererseits selber verstand, sein Denken und Fühlen dem Recht einzuprägen. [...] Vielleicht ist es gut, einem abstrakten Recht und einem Recht, das sich stark vom „Volk“ entfernt hat, wieder das sinnenfällige Recht in Erinnerung zu rufen.97 Wenn man wollte, war es also möglich, die Visualisierung, Audiovisualisierung und Mul- tisensorisierung rechtlicher Inhalte in der rechtshistorischen Vergangenheit zu verankern. Dadurch erhielt dieser Gegenstand ein Doppelgesicht, das gleichzeitig vorwärts und zurück- blickte. Dieser eigenwillige Januskopf wandte sich einerseits dem zu, was punkto Visualisie- rung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte längst gedacht und getan worden war. Andererseits beschäftigte er sich damit, was diesbezüglich gerade gedacht und getan wurde, sowie mit dem, was in der Richtung zu überlegen und zu tun wäre. Unab- hängig davon, ob man in Vergangenheit zurückblickt, die Gegenwart betrachtet oder in die Zukunft schaut, sind es bestimmte gleichbleibende Kernfragen, die behandelt werden. Der sprachlichen Einfachheit halber formuliere ich sie in der Zeitform des Präsens, ohne dabei die Vergangenheit und Zukunft ausschliessen zu wollen: Welche rechtlichen Inhalte wer- den visualisiert, audiovisualisiert und multisensorisiert? Welche Arten von Rechtsvisualisie- rungen, rechtlichen Audiovisualisierungen und Multisensorisierungen werden produziert? Warum und wozu werden rechtliche Inhalte visualisiert, audiovisualisiert und multisenso- risiert? Wie wirken sich die visuellen, audiovisuellen und multisensorischen rechtlichen Er- zeugnisse aus? Hoher Stellenwert der Kunstgeschichte und des Design. Ich habe oben bereits dargetan, dass der Kunstgeschichte und dem design eine grosse Bedeutung zukam, wenn es um die Visuali- sierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte ging. Last, but not least war ich davon überzeugt, dass die Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung rechtlicher Inhalte Studierenden des Rechts sowohl während als 96 Hibitts, „Coming to Our Senses,“ 875. 97 Carlen, „Vorwort,“ XVI. Colette R. Brunschwig 26 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 auch nach ihrem Studium dabei unterstützen würde – um Žižeks Gedanken zu wiederho- len  –, sich „mit all den Erniedrigungen und Ungerechtigkeiten des realen Lebens zu kon- frontieren und dagegen zu kämpfen.“98 6.3.3 Geringe Hoffnungen Sie fragen, was ich mit meinem Text zu bewirken hoffte. Wissenschaftssoziologische Gründe sprachen dagegen, grosse Hoffnungen damit zu verbinden: Wie bereits erwähnt, schwam- men Wissenschaftler des 20. und 21. Jahrhunderts in einer Flut an Literatur. Unzählige wissenschaftliche Texte konkurrierten miteinander, um die Gunst der scientific community buhlend. Infolgedessen schenkten wissenschaftliche Akteure ihre Aufmerksamkeit ledig- lich einer bestimmten Anzahl von Veröffentlichungen, die sie herausgesucht hatten, weil sie diese für ihre eigenen Forschungs- und Lehrzwecke für geeignet befunden hatten.99 Der Wissenschaftssoziologe Weingart beklagte deshalb, „dass ein Teil der gesamten Menge an produziertem Wissen einfach unbeachtet bleibt. Mehr als die Hälfte aller Publikationen wird nie zitiert, d. h., sie fällt aus dem Kommunikationsprozess heraus ([…]).“100 Dieses Klagelied stimmte auch Posner, ein Vertreter des Law and Economics-Ansatzes, an. Bei genauerer Be- trachtung bezog er sich dabei im Wesentlichen auf die interdisziplinär ausgerichteten recht- lichen Grundlagenfächer: „Only a small percentage of works of interdisciplinary legal scho- larship receives sustained critical attention, […].“101 Denn Rechtserlasse, rechtsdogmatische Literatur und Judikatur bildeten die unentbehrlichen Informationsquellen der Juristen. Die unüberschaubare Menge an Rechtsinformationen zwang Rechtswissenschaftler zur selek- tiven Aufmerksamkeit. Keine Zeit also, sich mit der Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung aus der Perspektive der DH und einer digitalen Rechtswissenschaft zu befassen. Meine einzige Hoffnung bestand darin, dass mein Text im Jahre 2117 oder später als Zeitdokument rezipiert werden würde, aus dem sich wissenschaftshistorische Informa- tionen extrahieren liessen. Ein Text also für die Nach- und nicht für die Mitwelt. Posner folgerte im letzten Absatz seines Aufsatzes „Legal Scholarship Today“ (2001): „My conclusion is that interdisciplinary legal scholarship is problematic unless subjected to the test of rele- vance, of practical impact.“102 Obwohl einige Passagen in meinem Text für die Rechtspraxis von damals relevant gewesen wären, stellte ich mir vor seiner Veröffentlichung vor, meine juristischen Zeitgenossen würden ihn nicht beachten. 98 Žižek, „Das Leben ist nun einmal krass,“ 43. 99 Vgl. Weingart, Wissenschaftssoziologie, 36 f. 100 Weingart, Wissenschaftssoziologie, 37. 101 Posner, „Legal Scholarship Today,” 1325. 102 Posner, „Legal Scholarship Today,” 1326. Colette R. Brunschwig 27 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 6.3.4 Fragen an die Nachwelt Hoffentlich haben meine Antworten Ihre historische Neugier befriedigt. Ihre Fragen liessen auf der anderen Seite mich neugierig werden. Da ich keinen Zugang zu einem irdischen In- ternetanschluss habe, wäre ich daran interessiert, Näheres über die Rechtswissenschaft 2117 erfahren: – Lässt sich die Rechtswissenschaft inzwischen in eine analoge, digitale und nanotechnolo- gische aufgliedern? Abb. 3 – Hat sich eine digitale Rechtswissenschaft (digital law oder digital legal science) gleichbe- rechtigt neben den DH, den digitalen Sozialwissenschaften (digital social sciences), der di- gitalen Medizin (digital medicine), der digitalen Theologie (digital theology) und den digi- talen Naturwissenschaften (digital natural sciences) entwickelt? – Wenn ja, umfasst die digitale Rechtswissenschaft die digitale Rechtsdogmatik sowie die digitalen rechtlichen Grundlagenfächer, wie etwa die digitale Rechtsgeschichte, digitale Rechtstheorie, digitale Rechtsphilosophie, digitale Rechtssoziologie und digitale Rechts- psychologie? Abb. 4 Colette R. Brunschwig 28 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 – Lässt sich die Rechtsbilddatenbank des Zentrums für Rechtsgeschichtliche Forschung, Abteilung Rechtsvisualisierung, wo ich im Jahr 2017 arbeitete, im Internet noch abrufen? Bildet die Rechtsbilddatenbank jetzt einen Verbund mit anderen Rechtsbilddatenbanken – unter der Ägide des Max-Planck-Institutes für europäische Rechtsgeschichte? Wurde diese verbo-visuelle Rechtsdatenbank in der Zwischenzeit ein Vorbild für das design von anderen verbo-visuellen und audiovisuellen Rechtsdatenbanken? – Inwiefern ist es noch möglich oder nicht mehr möglich, auf die in meinem Aufsatz „Per- spektiven einer digitalen Rechtswissenschaft: Visualisierung, Audiovisualisierung und Multisensorisierung“ zitierten Webseiten und Blogpostings zuzugreifen? – Was ist aus dem von José Luis Alonso initiierten Forschungsschwerpunkt „juristische Papyrologie“ geworden? Hat sich daraus ein Forschungszentrum entwickelt? Wenn ja, existiert diese Einrichtung noch und wie verhält sie sich zu andern Institutionen der recht- lichen Grundlagenfächer an der Universität Zürich? Fragen, nichts als Fragen. Sie bevölkern meinen – unseren jenseitigen Raum. Als ehemalige Angehörige der irdischen scientific community schwirren wir darin herum. Wir murmeln – raunen kritisch weiter, als ob wir nicht verschieden wären, als ob unsere Meinungen in terra noch gefragt wären. Aus den Gefängnissen unserer Leiber ausgebrochen, sind unsere See- len männlich und weiblich zugleich. Die Trennung der Geschlechter ist aufgehoben. Kei- ne Männernetzwerke. Keine old boys, die young boys auf jenseitige Lehrstühle hieven. Keine Kolleginnen, die trotz „gleicher Qualifkation“ ihre Köpfe an den gläsernen Decken akade- mischer Paläste wundstossen, in untergeordneten Positionen „hängenbleiben“ und sich – ganz weiblich – in Selbstkritik zerfleischen – anstatt sich die Pfauenrad schlagende Rhetorik gewisser Männer wenigstens ein bisschen zum Vorbild zu nehmen, mit der es letzteren ge- lingt, zumeist männlich dominierte Berufungskommissionen für sich einzunehmen. Zum Schluss möchte ich Ihnen ein Angebot machen: Sofern gewünscht, wäre ich durchaus bereit, den Organisatoren der ZBZ-Tagung 2217, abermals mit Informationen und Einschät- zungen zur Verfügung zu stehen. Ich hätte auch keine Angst davor, allein mit intelligenter Software zu kommunizieren, welche unter Umständen Ihre neuronalen Netzwerke ersetzt haben wird. Wir Jenseitigen lesen momentan Hararis Bestseller „Homo Deus“ [„Mensch als Gott“]. Es gibt einige unter uns, die erachten, der Buchtitel komme einer Hybris gleich. Der Autor hätte das Substantiv „Deus“ mit Anführungszeichen versehen sollen. Nichtsdestotrotz diskutieren wir gewisse Textpassagen, darunter die Folgende: Yet even cyborg engineering is relatively conservative, inasmuch as it assumes that organic brains will go on being the command-and-control centres of life. A bolder approach dispenses with organic parts altogether, and hopes to engineer completely non-organic beings. Neural networks will be replaced by intelligent software, which could surf both the virtual and non-virtual worlds, free from limitations of organic chemistry. After 4 billion years of wandering inside the kingdom of organic compounds, life will break out into the vastness of the inorganic realm, and will take shapes that we cannot envision even in our wildest dreams. After all, our wildest dreams are still the product of organic chemistry.103 103 Harari, Homo Deus, 51 f. Colette R. Brunschwig 29 Max Planck Institute for European Legal History Research Paper Series No. 2018-03 Harari folgert daraus: „Breaking out of the organic realm could also enable life to finaly break out of planet Earth.“104 Im Gegensatz zu seiner Folgerung hat sich eine überwiegende jenseitige Mehrheit Gryphius’ Gedicht „Menschliches Elende“ verschrieben, mit dessen zwei letzten Strophen dieser Brief ausklingen soll: Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt/ Und wie ein Strom verscheußt, den keine Macht aufhält, /So muß auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden. Was itzund Atem holt, muß mit der Luft entfliehn, /Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn. /Was sag ich? Wir vergehn, wie Rauch von starken Winden.105 Hochachtungsvoll grüssen Sie aus jenseitigen Räumen Colette R. Brunschwig – Nicolas R. Brunschwig 7. 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