key: cord-033298-4d40yyzu authors: Fiedler, M. O.; Reuß, C. J.; Bernhard, M.; Beynon, C.; Hecker, A.; Jungk, C.; Nusshag, C.; Michalski, D.; Brenner, T.; Weigand, M. A.; Dietrich, M. title: Fokus Beatmung, Sauerstofftherapie und Weaning: Intensivmedizinische Studien aus 2019/2020 date: 2020-10-07 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s00101-020-00859-7 sha: doc_id: 33298 cord_uid: 4d40yyzu nan Wie wichtig die Erkenntnisse zur Beatmungs-und Sauerstofftherapie sind, wurde Ende des Jahres 2019 durch eine akute respiratorische Erkrankung durch ein neuartiges Coronavirus (SARS-CoV-2) gezeigt, das sich von China aus verbreitet hat. Die Erkrankung wird als "coronavirus disease 2019 (COVID-19)" bezeichnet. Am 11.03.2020 wurde die Epidemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell als Pandemie bezeichnet, da sich COVID-19 weltweit ausbreitet. Die Übertragung zwischen den Menschen scheint überwiegend durch Tröpfcheninfektion zu erfolgen. Die klinischen Symptome der Patienten, die auf SARS-CoV-2 positiv getestet worden sind, zeigen primär das Bild einer respiratorischen Erkrankung mit Fieber, Husten, Dyspnoe und Müdigkeit, aber auch gastrointestinale Beschwerden (z. B. Diarrhö) und neurologische Symptome wie Geruchsverlust [1] . Remdesivir ist die einzige gezielte antivirale Therapie, die für die Behandlung von SARS-CoV-2-infizierten Patienten zugelassen ist (Stand: 08.08.2020) [2] . Die Behandlung orientiert sich an der Symptomatik der Patienten. Im Vordergrund der Schweregradeinteilung steht die Hypoxämie mit dem respiratorischen Versagen und der Notwendigkeit für die Applikation von Sauerstoff. Kritisch kranke Patienten, die auch trotz High-flow-Sauerstofftherapie nicht adäquat oxygenieren, müssen zur Gewährleistung der Sauerstoffversorgung schlussendlich intubiert und invasiv beatmet werden [3] . Die fundamentale Pathophysiologie der schweren Viruspneumonie entspricht in etwa einem schweren "adult respiratory distress syndrome" (ARDS). Allerdings spielen beim Lungenversagen durch COVID-19 z. T. Perfusionsheterogenitäten, pulmonalvaskuläre Endothelentzündungen und Mikrothrombosen eine bedeutende Rolle [4] . Unabhängig von der noch nicht im Detail geklärten Pathophysiologie sollten Patienten mit COVID-19, die eine schwere Pneumonie mit Hypoxie entwickeln und auf eine invasive Beatmung angewiesen sind, eine lungenprotektive Beatmungstherapie zur Verbesserung der Oxygenierung erhalten. Dieses Verfahren der protektiven Beatmung beruht auf Ergebnissen der jahrzehntelangen ARDS-Forschung [5] und aus Untersuchungen zu viralen Pneumonien [6] . Tab. 1 Die Standardtherapie bei der Beatmung von Patienten mit einem akuten Lungenversagen (ARDS) wird als lungenprotektive Beatmung bezeichnet und beinhaltet die Anwendung von niedrigem Tidalvolumen und eine Begrenzung des oberen Plateaudrucks [9] . Bereits vor 10 Jahren zeigte die Studie ARDS et Curarisation Systématique (ACURASYS), dass Patienten mit moderatem bis schwerem ARDS von einer 48-stündigen tiefen Sedierung und muskulären Relaxierung durch die i.v.-Gabe von Cisatracurium profitierten [10] . Es war eine der ersten multizentrischen placebokontrollierten Studien, Die lungenprotektive Beatmung zeigte sich in beiden Studien durch ein geringes Tidalvolumen und einen niedrigen "driving pressure" (pplat-PEEP). Diese konsequenten Einstellungen waren daher auch lungenprotektiv für die Kontrollgruppen der jeweiligen Studien. Ein erhöhter respiratorischer Antrieb ("respiratory drive") bei Patienten im schweren ARDS ohne tiefe Sedierung und ohne Muskelrelaxierung kann das Risiko einer "ventilatorinduzierten Lungenschädigung" ("ventilator induced lung injury", VILI) erhöhen. Der Einsatz von tiefer Sedierung und zusätzlicher Muskelrelaxierung könnte dies reduzieren, indem z. B. die Atemfrequenz gesenkt und der Patient mit dem Beatmungsgerät synchronisiert wird [11, 12] . Auf der anderen Seite führt die Spontanatmung unter leichter Sedierung zu einer Verkürzung der Beatmungszeit und des Krankenhausaufenthalts [13] . Aber auch die Spontanatmung mit hohem Respiratory drive kann zu einem Lungenschaden führen ("self-inflicted lung injury", SILI) [14] . Ein weiteres Phänomen, das zu einer Lungenschädigung führen kann, ist das "breath stacking". Dabei versucht der Patient einzuatmen, und das Zwerchfell kontrahiert sich nach einem bereits verabreichten Atemhub. Somit erhöht sich das eingeatmete Tidalvolumen, und es zeigt sich eine dyssynchrone Atmung. Durch tiefe Sedierung und die Applikation von Muskelrelaxanzien können Patient und Beatmungsmaschine wieder synchronisiert werden [15, 16] . Zusammenfassend ergeben beide Studien, dassderEinsatzvonMuskelrelaxanzien weiterhin im moderaten bis schweren ARDS eine individuelle Therapieoption darstellt. Basierend auf den Ergebnissen der ACURASYS-und ROSE-Studie sind Muskelrelaxanzien erst einzusetzen, wenn eine Reihe von lungenprotektiven Maßnahmen zur Beatmung eingehalten wird und diese nicht ausreichend ist, um den Patienten vor einem VILI zu bewahren oder die Oxygenierung darunter nicht besser wird. Dazu zählen die lungenprotektive Einstellung der Beatmungsparameter (niedriges Tidalvolumen, PEEP), die Optimierung der Sedierung und die Bauchlagerung. Sind die Patienten unter leichter Sedierung synchron mit dem Beatmungsgerät, so ist der Einsatz von Muskelrelaxanzien nicht indiziert. Bellani G, Grassi A, Sosio S et al (2019) Driving pressure is associated with outcome during assisted ventilation in acute respiratory distress syndrome. Anesthesiology 131:594-604 [17] Durch diese Arbeitsgruppe wurde eine retrospektive Kohortenanalyse unter Einschluss von 154 Patienten mit ARDS während mechanischer Beatmung durchgeführt. Dabei wurde zur Ermittlung des Driving pressure während assistierter Beatmungshübe der Plateaudruck gemessen. Unter dem Driving pressure versteht man die Differenz zwischen Plateaudruck und positivem endexspiratorischem Druck (PEEP) (pplat-PEEP = Driving pressure). Ein hoher Driving pressure (≥15 mm Hg) ist bei Patienten mit ARDS mit einer erhöhten Mortalität assoziiert [18, 19] . Obwohl dieser Zusammenhang während kontrollierter mechanischer Beatmung gezeigt worden ist, wird während unterstützter Spontanatmung der Plateaudruck oftmals nicht gemessen, weil Unsicherheit bezüglich der Validität des errechneten Driving pressure besteht. Die Autoren Bellani et al. wollten deswegen in ihrer Studie zeigen, dass während unterstützter Beatmungsformen (z. B. "pressure support ventilation") sowohl ein erhöhter Driving pressure als auch eine erniedrigte Compliance mit einer erhöhten Mortalität einhergehen. Im Vergleich zwischen verstorbenen vs. überlebenden Patienten waren der Driving pressure während der assistierten Beatmung der ARDS-Patienten etwas höher (11 [9] [10] [11] [12] [13] [14] vs. 10 [8] [9] [10] [11] Beitler JR, Sarge T, Banner-Goodspeed VM et al (2019) Effect of titrating positive endexpiratory pressure (PEEP) with an esophageal pressure-guided strategy vs an empirical high PEEP-FiO2 strategy on death and days free from mechanical ventilation among patients with acute respiratory distress syndrome: a randomized clinical trial. JAMA 321 [9] ; 846-857 [20] Trotz jahrzehntelanger Forschung sind der klinische Vorteil von einem höheren PEEP und die beste Methode zur PEEP-Titration immer noch unklar [21] . [22] . Diese wurde aufgrund signifikant höherer paO2/FIO2-Werte in der Interventions-Tab. 4 ARDS-Network-Tabelle "lower PEEP/higher FIO2" [23] ; PEEP "positive endexpiratory pressure" (cmH2O) Tab. 5 ARDS-Network-Tabelle "higher PEEP/higher FIO2" [23] ; PEEP"positive endexpiratory pressure" (cmH2O) FIO2 0,3 0,4 0,4 0,5 0,5 0,6 0,7 0,7 0,7 0,8 0,9 0,9 0,9 1,0 [20] . Die Verwendung der Low-PEEP-Tabelle in der EPVent-Studie mag im Vergleich mit der Interventionsgruppe zu einem besseren Ergebnis der PEEP-Titration durch Ösophagusdruckmessung geführt haben [22] . Auf der anderen Seite ist die Verwendung der High-PEEP-Tabelle (. Tab Mackle et al. haben in ihrem Intensive Care Unit Randomized Trial Comparing Two Approaches to Oxygen Therapy (ICU-ROX), in Australien und Neuseeland an 1000 beatmeten erwachsenen Patienten auf Intensivstation, eine prospektive randomisierte Studie durchgeführt. Die Patienten wurden entweder der konservativen oder der üblichen Sauerstofftherapie zugeteilt ("conservative or usual oxygen therapy") [25] . Es gab große Unterschiede in Bezug auf die Verabreichung des Sauerstoffs in den beiden Gruppen. Zum Beispiel verblieben Patienten in der "konservativen" Sauerstoffgruppe eine längere Zeit auf dem FIO2-Level von 0,21 (gleichzusetzen mit der Raumluft) als die in der "üblichen" Sauerstoffgruppe (mediane Dauer 29 h vs. 1 h; absoluter Unterschied 28 h; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI], 22 zu 34). Es gab jedoch keinen signifikanten Unterschied im primären Endpunkt bezüglich der beatmungsfreien Tage (21,3 vs. 22,1 Tagen; Differenz, -0,3 Tage; 95 %-KI, -2,1 bis 1,6; p = 0,80) oder der Mortalität zwischen den Grup-pen. Die Autoren hatten keine Sicherheitsbedenken mit der "konservativen" Sauerstofftherapie. Das Schwierige an dieser Art Studie ist, dass die Messung des arteriellen Partialdrucks nicht kontinuierlich durchführbar ist und deswegen Veränderungen der Sauerstoffgabe nicht zeitgleich zu Veränderungen des arteriellen Partialdruckes führen. Es kommt immer zu zeitlichen Verzögerungen, da dem Patienten bei Veränderung der FIO2 zunächst Blut abgenommen wird und dieses dann einem Analysegerät zugeführt werden muss. Es ist nur möglich, sich einen Zielbereich anzuschauen (z. B. ausreichende paO2-Werte im Bereich von 60-100 mm Hg), da eine kontinuierliche Messung noch nicht möglich ist. Stattdessen wird die kontinuierliche Messung der Sauerstoffsättigung (SpO2) betrachtet. Diese korreliert ganz gut mit den paO2-Werten, aber sie ist in kritischen Situationen sehr störanfällig (z. B. im Schock, Minderperfusion bedeutet Hypoxämiegefahr). Die Schwierigkeit besteht also in der Genauigkeit der Messungen, auf der einen Seite im Zielbereich zu messen und auf der anderen Seite Veränderungen schnellstmöglich und genauestens zu erfassen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Patienten unterschiedlichste Organschäden mit einer heterogenen Perfusion aufweisen können. Ein Zielbereich für eine ausreichende Oxygenierung kann für das Gewebebett des einen Organs gut sein, während es für andere Organe schädigend sein kann. Die Patientenpopulation kann noch so homogen und das Studienprotokoll exakt gleich sein, schlussendlich ist es bisher noch ungewiss, welcher Sauerstoffbedarf in den Zielorganen jeweils ausreichend ist. Barrot L, Asfar P, Mauny F et al (2020) Liberal or conservative oxygen therapy for acute respiratory distress syndrome. N Engl J Med 382:999-1008 [26] In dieser französischen multizentrischen Studie wurden ursprünglich 850 Patienten mit ARDS in randomisierter Form einer "konservativen" oder einer "liberalen" Sauerstofftherapie zugeführt. Die "konservative" Therapie hatte als Ziel einen paO2 von 55-70 mm Hg und eine Sauerstoffsättigung (SpO2) von 88-92 %, während die "liberale" Therapie einen paO2 von 90-105 mm Hg und eine SpO2 ≥ 96% für 7 Tage vorsah. Beide Patientengruppen wurden nach denselben Strategien beatmet. Der primäre Endpunkt war die 28-Tage-Mortalität. Die Studie musste vorzeitig beendet werden, da es Sicherheitsbedenken bezüglich der "konservativen" Strategie gab und die Sinnhaftigkeit infrage gestellt wurde. Es konnten 205 Patienten in die Untersuchung eingeschlossen werden. Der primäre Endpunkt 28-Tage-Mortalität wurde bei 34,3 % in der "konservativen" und bei 26,5 % in der "liberalen" Sauerstoffgruppe (Differenz 7,9 Prozentpunkte; 95 %-KI, -4,8 bis 20,6) erreicht. Die 90-Tage-Mortalität lag bei 44,4 % und 30,4 % (Differenz 14,0 Prozentpunkte; 95 %-KI 0,7 bis 27,2). In der "konservativen" Sauerstoffgruppe gab es außerdem 5 Episoden von Mesenterialischämie. Obwohl in früheren Studien ein Vorteil der "konservativen" Sauerstofftherapie bei beatmeten Patienten gezeigt werden konnte [27] , so zeigt die ICU-ROX-Untersuchung keinen Benefit, und die LOCO2-Studie zeigt die Tendenz zu einer potenziellen Schädigung der Patienten. Aufgrund der Ergebnisse der letzten beiden Studien stellt sich nun die Frage, wie es zu solch einer Diskrepanz kommt. Betrachtet man die Studien, so fällt auf, dass die Konfidenzintervalle sehr weit auseinanderliegen, besonders in der LOCO2-Studie. Die Kernaussagen beider Studien ähneln sich, aber es gibt zwischen ICU-ROX und LOCO2 einige Unterschiede zu beachten. Die Patientengruppe der ersten Studie ist sehr groß und heterogen, währen die Gruppe der zweiten Studie im Vergleich deutlich kleiner ist und nur Patienten mit ARDS betrachtet. Die Patienten aus der LOCO2-Studie hatten bereits einen höheren Sauerstoffbedarf und wiesen einen schlechteren Gasaustausch zu Studienbeginn auf (FIO2 ist bereits zu Beginn der Studie hoch eingestellt). Zudem war bei den Patienten der LOCO2-Studie eine längerdauernde invasive Beatmung notwendig. Darüber hinaus bedurften insbesondere die Patienten in der "konservativen" Sauerstoffgruppe häufiger einer Bauchlagerung. Die Kontrollgruppe der LOCO2-Studie hatte als Zielkorridor eine Sauerstoffsättigung (SpO2) in Höhe ≥96 %, während es in der Kontrollgruppe der ICU-ROX-Studie kein oberes SpO2-Ziel gab und dies vom jeweiligen Arzt abhängig war (je nach Untersucher wurde womöglich auch eine SpO2 von 95 % als oberste Grenze toleriert). Als Letztes betrachtet sind die Ziele der Oxygenierung in der "konservativen" Gruppe in beiden Studien unterschiedlich. Bei ICU-ROX lagen die SpO2-Zielwerte in der Interventionsgruppe bei 90-96 %. Bei LOCO2 lagen die Zielwerte bei 88-92 % (und korrespondierend niedrigeren paO2-Bereichen). Womöglich waren die Patienten mit niedrigeren Sauerstoffsättigungen als 88 % in der LOCO2-Studie eher hypoxämisch, sodass diese häufiger in die Bauchlage verbracht werden mussten. In der ICU-ROX-Analyse waren die Oxygenierungsziele beider Gruppen vielleicht zu nah beieinander liegend, sodass kein großer Unterschied gefunden werden konnte. Aus den beiden Studien lernen wir, dass es schwierig ist, die optimale Oxygenierung für den individuellen Intensivpatienten während der Beatmung zu generieren und es noch weitere große Studien benötigt. Wir sollten jedoch eine Hyperoxygenierung vermeiden und womöglich das untere Ziel der Sauerstoffsättigung bei 92 % (paO2 ca. 70 mm Hg) ansiedeln. Combes A, Fanelli V, Pham T et al (2019) Feasibility and safety of extracorporeal CO2removal to enhance protective ventilation in acute respiratory distress syndrome: the SUPERNOVA study. Intensive Care Med 45(5):592-600 [28] Wie wir bereits aus zahlreichen ARDS-Studien wissen, führt die lungenprotektive Beatmung mit niedrigen Tidalvolumina (6 ml/kg idealem Körpergewicht) und niedrigen Drücken (Plateaudruck <30 cmH2O) zu einer geringeren Sterblichkeit [29] . Es ist bisher noch nicht geklärt, ob eine ultraprotektive Beat-mung mit Tidalvolumina von 3-4 ml/kg (bezogen auf das ideale Körpergewicht) noch schonender ist [30, 31] . Jedenfalls ist das Problem der ultraprotektiven Beatmung, dass diese in der Regel zu einer schweren Hyperkapnie und Acidose führt. Durch die direkte Minimierung des CO2-Gehalts im Blut wird eine Acidose während einer ultraprotektiven Beatmung verhindert. Dazu wird die notfallmäßige extrakorporale CO2-Elimination (ECCO2R) eingesetzt [32, 33] . In diesem Zusammenhang haben Combes et al. eine prospektive, multinationale Studie durchgeführt, um die Durchführbarkeit und Sicherheit der ECCO2R zur Ermöglichung einer ultraprotektiven Beatmung bei Erwachsenen mit moderatem ARDS (paO2/FIO2100-200 mm Hg) zu bewerten [28] . Der primäre Endpunkt war die Ermittlung der Patienten, die unter einer ECCO2R eine Beatmung mit einem Tidalvolumen (Vt) von 4 ml/kg erhalten konnten, wobei das paCO2 nicht über 20 % vom Ausgangswert ansteigen sollte und der pH-Wert bei 7,30 gehalten werden konnte. Nach Einschluss der Patienten wurde zu Beginn der Beatmung das Tidalvolumen bei 6 ml/kg eingestellt und der PEEP passend zu einem Plateaudruck von 28-30 cmH2O titriert. Alle Patienten erhielten eine tiefe Sedierung sowie Muskelrelaxierung. Die perkutane Initiierung der ECCO2R (unter Nutzung eines von den 3 möglichen Systemen zur CO2-Eliminierung) erfolgte über die Katheterisierung eines venösen Gefäßes. Anschließend wurde das Vt auf 4 ml/kg reduziert und der PEEP so eingestellt, dass der Plateaudruck bei 23-25 cmH2O gehalten werden konnte. Von 95 Patienten aus 23 Zentren erhielten 82 % eine ultraprotektive Beatmung für 24 h (Mittelwert Vt = 4,16 ± 0,46 ml/kg; Mittelwert Plateaudruck pplat = 23,5 ± 3,9 cmH2O) während paCO2 und pH-Wert im Zielbereich gehalten wurden (Mittelwert paCO2 = 46,7 ± 10,4 mm Hg; Mittelwert pH = 7,39 ± 0,08). Verglichen mit den Ausgangswerten war der Driving pressure (Plateaudruck-PEEP) signifikant reduziert innerhalb der 24 h (9,9 ± 4,3 cmH2O vs. 13,2 ± 4,1 cmH2O; p = 0,001). Bei 37 (39 %) Patienten wurden ECCO2R-bedingte Komplikationen beobachtet: Blutkoagel im Bereich der Membran (14 %), Hämolyse (12 %), Thrombozytopenie (13 %) und Blutungen (14 %). Es wurden 6 schwere Komplikationen berichtet, wovon 2 durch die extrakorporale CO2-Elimination bedingt waren (massive intrakraniale Blutung und katheterassoziierter Pneumothorax). Diese multizentrische Pilotstudie zeigt trotz der geringen Patientenanzahl, dass eine ultraprotektive Beatmung bei Patienten mit moderatem ARDS mit zusätzlicher Etablierung eines ECCO2R-Systems möglich ist. Aufgrund der nichtunerheblichen Komplikationen im Zusammenhang mit ECCO2R sind randomisierte, kontrollierte Studien notwendig, um zu eruieren, ob diese Methode der ultraprotektiven Beatmung in Kombination mit einem ECCO2R-System als klinisch sinnvoll anzusehen ist. Effect of pressure support vs T-piece ventilation strategies during spontaneous breathing trials on successful extubation among patients receiving mechanical ventilation: a randomized clinical trial. JAMA 321 (22): 2175-2182 [34] Mehr als 1 Mio. Menschen weltweit erhalten jährlich aufgrund respiratorischer Insuffizienz eine invasive Beatmungstherapie. Die Herausforderung dabei besteht nicht nur in der lungenprotektiven Therapie, um einen VILI zu verhindern, sondern auch in der Entwöhnung der Beatmungstherapie und schlussendlich der erfolgreichen Extubation (Weaning). Entscheidet sich der Intensivmediziner dabei für eine zu frühe Extubation, so besteht die Gefahr der respiratorischen Erschöpfung mit Reintubation des Patienten. Eine Verlängerung der mechanischen Beatmung birgt wiederum das Risiko der ventilatorinduzierten Pneumonie, Erhöhung der Mortalität und weiterer Nebenwirkungen. Wird die Extubation des Patienten verzögert, so bedingt dies meist eine Vertiefung der Sedierung sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Delirs [35, 36] Die Beatmungstherapie der Patienten auf Intensivstation bleibt weiterhin eine Herausforderung und sollte individuell betrachtet und durchgeführt werden. Der Einsatz von Muskelrelaxanzien stellt im moderaten bis schweren ARDS weiterhin eine individuelle Therapieoption dar. Basierend auf den Ergebnissen der ACU-RASYS-und ROSE-Studien sind Muskelrelaxanzien erst einzusetzen, wenn trotz Einhaltung aller lungenprotektiver Beatmungsmaßnahmen die Entwicklung eines VILI droht oder die Oxygenierung nicht ausreichend ist. Sind die Patienten unter leichter Sedierung synchron mit dem Beatmungsgerät, so ist der Einsatz von Muskelrelaxanzien nicht indiziert. Während der Beatmungstherapie bei Patienten mit ARDS ist die Drivingpressure-Messung auch bei beginnender Spontanatmung mit assistierten Atemhüben von Bedeutung. Die Einstellungen und Evaluierung der Beatmungspara-meter sollten regelmäßig erfolgen und individuell angepasst werden. Die Titration des optimalen PEEP-Levels beim Patienten mit ARDS ist weiterhin schwierig und kann durch die Messung des Ösophagusdrucks nicht erleichtert werden. Die ARDS-PEEP-Tabellen zur Optimierung der Oxygenierung bleiben eine günstigere Variante der Orientierungshilfe zur Einstellung des PEEP-Werts. Jedoch auch diese bergen die Gefahr der Überdehnung oder der Atelektraumen bei unsachgemäßer Anwendung. Obwohl in früheren Studien ein Vorteil der "konservativen" Sauerstofftherapie bei beatmeten Patienten gezeigt werden konnte, so zeigt die ICU-ROX-Untersuchung keinen Benefit, und die LOCO2-Studie zeigt die Tendenz zu einer potenziellen Schädigung der Patienten mit ARDS. Beide Studien zeigen, dass es schwierig ist, die optimale Oxygenierung für den individuellen Intensivpatienten während der Beatmung zu generieren und es noch weitere große Studien benötigt. Eine Hyperoxygenierung sollte jedoch vermieden und womöglich das untere Ziel der Sauerstoffsättigung bei beatmeten Patienten bei 92 % angesiedelt werden. Die SUPERNOVA-Studie zeigt trotz der geringen Patientenanzahl, dass eine ultraprotektive Beatmung bei Patienten mit moderatem ARDS mit zusätzlicher Etablierung eines ECCO2R-Systems möglich ist. Aber der Aufwand ist groß, und es muss ein zusätzliches invasives Verfahren eingesetzt werden, das den Patienten zusätzlich Schaden zufügen kann. Schließlich Clinical course and outcomes of critically ill patients with SARS-CoV-2 pneumonia in Wuhan, China: a single-centered, retrospective, observational study Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19 -S1-Leitlinie The origin, transmission and clinical therapies on coronavirus disease 2019 (COVID-19) outbreak-an update on the status Pulmonary vascular endothelialitis, thrombosis, and angiogenesis in Covid-19 Acute respiratory distress syndrome: advances in diagnosis and treatment Critical care management of adults with community-acquired severe respiratory viral infection Acute respiratory distress syndrome: the Berlin definition Early neuromuscular blockade in the acute respiratory distress syndrome Ventilation with lower tidal volumes as compared with traditional tidal volumes for acute lung injury and the acute respiratory distress syndrome. The Acute Respiratory Distress Syndrome Network Neuromuscular blockers in early acute respiratory distress syndrome Mechanical ventilation to minimize progression of lung injury in acute respiratory failure Extremelyhightranspulmonary pressureinaspontaneouslybreathingpatientwith early severe ARDS on ECMO Early application of airway pressure release ventilation may reduce the duration of mechanical ventilation in acute respiratory distress syndrome Ventilation-induced lung injury exists in spontaneously breathing patients with acute respiratory failure: yes Quantifying unintended exposure to high tidal volumes from breath stacking dyssynchrony in ARDS: the BREATHE criteria Mechanical ventilationinduced reverse-triggered breaths: a frequently unrecognized form of neuromechanical coupling Driving pressure is associated with outcome during assisted ventilation in acute respiratory distress syndrome Drivingpressureandsurvival in the acute respiratory distress syndrome Epidemiology, patterns of care, and mortality for patients with acute respiratory distress syndrome in intensive care units in 50 countries Effectoftitratingpositiveendexpiratory pressure (PEEP) with an esophageal pressure-guided strategy vs an empirical high PEEP-Fio2 strategy on death and days free from mechanical ventilation among patients with acute respiratory distress syndrome: a randomized clinical trial Fifty years of research in ARDS. Setting positive end-expiratory pressure in acute respiratory distress syndrome Mechanical ventilation guided by esophageal pressure in acute lung injury Higher versus lower positive end-expiratory pressures in patients with the acute respiratory distress syndrome Prone positioning in severe acute respiratory distress syndrome Conservative oxygen therapy during mechanical ventilation in the ICU Liberal or conservative oxygen therapy for acute respiratory distress syndrome Effect of conservative vs conventional oxygen therapy on mortality among patients in an intensive care unit: the oxygen-ICU randomizedclinicaltrial Feasibility and safety of extracorporeal CO2 removal to enhance protective ventilation in acute respiratory distress syndrome: the SUPERNOVA study Low tidal volume versus non-volume-limited strategies for patients with acute respiratory distress syndrome. 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