key: cord-022752-bdve1ydv authors: Knuf, Markus title: Infektiologie date: 2019-08-09 journal: Lehrbuch Kinder- und Jugendmedizin DOI: 10.1016/b978-3-437-21661-9.00010-8 sha: doc_id: 22752 cord_uid: bdve1ydv nan Hier sind die Symptome Fieber, Enanthem der Mundschleimhaut mit Bläschen, vor allem im Bereich der Zunge, des harten Gaumens, der Gingiva und der Wangenschleimhaut sowie ein Exanthem mit Bläschenbildung an den Handinnenflächen, Fußsohlen und am Gesäß zu nennen. Die Hand-Fuß-Mund-Krankheit wird durch Enteroviren der Gruppe A verursacht. Hierzu gehören Coxsackie-A-Viren, das humane Enterovirus 71 und andere Serotypen. Zu den primär durch eine Blickdiagnose zu diagnostizierenden Infektionskrankheiten gehören auch die Windpocken (Varizellen) (› Abb. 10.5) mit kurz vor Exanthemausbruch bestehendem Fieber sowie Kopf-und Gliederschmerzen. Die Inkubationszeit reicht von 10-21 (meistens 14-17) Tagen. Es bilden sich dann im Bereich des Rumpfes und Gesichts, typischerweise aber auch des behaarten Kopfes juckende rote Flecken, aus denen dann Knötchen und Blasen entstehen. Das Nebeneinander von Papeln, Krusten und Pusteln ist typisch (sog. Heubnersche Sternenkarte) für das Windpocken-Exanthem. Auch die Schleimhäute im Bereich des Mundes (hier v. a. der Gaumen), der Nase und der Augen können betroffen sein. Bei den Windpocken ist zu beachten, dass schwerwiegende Komplikationen wie eine Optikusneuritis, Zerebellitis oder Enzephalitis letztendlich auch bei mildem Exanthem zur Vorstellung in der Praxis oder Klinik führen können. Als "Folgeerkrankung" der Windpocken und weitere Blickdiagnose ist Herpes zoster (Gürtelrose, Kopfrose) zu nennen. Nach einer Latenzphase kommt es zu einer Reaktivierung der Varizella-zoster-Viren (VZV), die nach Erstinfektion in den Spinalganglien verblie-ben sind. Bei etwa 90 % der Patienten bestehen Prodromalsymptome mit Schmerzen, Dysästhesien, Parästhesien, intermittierenden oder brennenden Missempfindungen. Die Symptome treten typischerweise 2-5 Tage vor Auftreten der Hauterscheinungen auf. Dann kommt es zu einem (meist) unilateralen Erythem, das typischerweise ein bis drei Dermatome umfasst, mit makulopapulösen Effloreszenzen sowie gruppierten Bläschen (oft erst 1 Tag später), aus denen VZV nachweisbar sind. Nach 2-4 Wochen ist das Krankheitsbild hinsichtlich der Hauterscheinungen ausgeheilt. Langfristig können jedoch Schmerzen und Dysästhe sien persistieren. Sonderformen sind Zoster ophthalmicus (7-17 %, steigende Inzidenz im Alter, 50 % mit Komplikationen) (› Abb. 10.6), Zoster oticus (Ramsay-Hunt-Syndrom) sowie Zoster generalisatus. Weitere typische Blickdiagnosen sind das Erythema infectiosum (Ringelröteln), › Abb. 10.7 gibt das typische Exanthem mit girlandenartigen Veränderungen wieder. Der Erreger der Ringelröteln ist das Parvovirus B19. Bei Scharlach bestehen ein feinfleckiges Exanthem mit Aussparung der Mundpartie ("periorale Blässe") sowie eine Tonsillopharyngitis, ein Enanthem und eine Himbeerzunge (› Abb. 10.8). In der Rekonvaleszenz kommt es zu einer Schuppung, besonders an den Händen. Herz, Nieren und Nervensystem können beteiligt sein. Scharlach ist von der unkomplizierten Tonsillopharyngitis abzugrenzen (› Abb. 10.9). Beide Krankheitsbilder werden durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GAS) hervorgerufen. Im Vordergrund stehen bei Infektionskrankheiten im Kindesund Jugendalter Fieber und Atemwegsinfektionen. Fieber › Tab. 10.1 gibt einen Überblick über häufige und seltene Ursachen für Fieber bei Kindern (und Jugendlichen). Überwiegend sind Viren für Atemwegsinfektionen im Kindesalter verantwortlich. Die Unterscheidung kann gut klinisch vorgenommen werden. › Tab. 10.2 gibt typische Kriterien für die Unterscheidung viraler von bakteriellen Atemwegsinfektionen wieder. Ein weiteres typisches klinisches Symptom sind Petechien (und Sugillationen) (› Abb. 10.10). Petechien können praktisch bei allen Viruserkrankungen passager und in milder Form auftreten. Daneben sind Bluterkrankungen • Vor der Initiierung einer antiinfektiven Therapie (z. B. Antibiotika, antivirale Medikamente, Antimykotika) sollte möglichst immer eine spezifische Infektionskrankheit diagnostiziert werden! • Die Diagnose einer Infektionskrankheit kann klinisch und / oder mittels einer infektiologischen (Mikrobiologie / Virologie) Labordiagnostik erfolgen! • Der Einsatz von Antiinfektiva wird nicht ausschließlich durch Laborwerte indiziert! • Antiinfektiva sind keine Antipyretika! • In der Pädiatrie wird die Mehrzahl der Infektionskrankheiten durch Viren hervorgerufen! Die klinische Diagnose einer Infektionskrankheit besteht aus drei Elementen: 1. Erreger 2. Erfolgsorgan 3. Expositionsanamnese / Grundkrankheit (Disposition) Bei Kenntnis von zwei der drei genannten Faktoren kann auf den dritten geschlossen und eine kalkulierte antiinfektive Therapie begonnen werden. • Material nicht formalinfixieren oder einfrieren. • Material aus der Pathologie ist häufig bakteriell kontaminiert (keine strenge Sterilität bei Verarbeitung). • Punktate nicht in Blutkulturflaschen einsenden. • Nativurin in Urinmonovette, keine sog. "Uricults". Begleitinformation für das Labor: • Art des Untersuchungsmaterials und möglichst genaue Lokalisation • Klinische Symptome • Verdachtsdiagnose • Fragestellung • Ggf. Reiseanamnese, Immunstatus • Wichtig: Therapie mit Antiinfektiva, ggf. welche Eine mikrobiologische Diagnostik gelingt dann besonders gut, wenn vor Einsatz eines Antiinfektivums eine Blutkultur oder Materialprobe gewonnen wird und diese mit kurzer Transportzeit im Labor ankommt. Bezüglich des direkten mikrobiologischen Erregernachweises ist immer der zu erwartende Erreger bei der Auswahl des Entnahme-und Kulturmediums zu berücksichtigen. Im Zweifelsfall ist mit dem mikrobiologischen Labor Rücksprache zu halten, welches Entnahmemedium (z. B. bei V. a. Pertussis: Abstrich mit flexiblem Kalziumalginat-oder Dacron-Tupfer vom hinteren Nasopharynx, nicht Rachen!) geeignet ist, den Erreger auch tatsächlich zu identifizieren. Es stehen verschiedene Nährmedien zur Verfügung. Man unterscheidet Selektivnährmedien (chemische Zusätze, Antibiotika, Balance zwischen Selektivität und zu starker Unterdrückung des Wachstums der Zielkeime) von Differenzialnährmedien / Chromogenagar (orientierende Identifizierung der Bakterien), Universalnährmedien (keine Wachstumshemmer), Optimalnährmedien (für sehr anspruchsvolle Bakterien) von Spezialnährmedien (Zusätze für spezielle Spezies-Identifizierung) und selektive Differenzialnährmedien (Kombination von Selektion und Differenzierung). Zu berücksichtigen ist, dass Chlamydien, Mykoplasmen, Borrelien oder Treponema pallidum (Syphilis) nicht kultivierbare Bakterien sind. Hierfür sind alternative diagnostische Verfahren (PCR, Serologie) zu wählen. Hier sind die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und die Multiplex-PCR fest etablierte Verfahren. Die Vorteile einer PCR sind meist eine höhere Sensitivität sowie der Nachweis von schwer anzüchtbaren Bakterien. Nachteilig ist, dass sich keine Informationen über Resistenzen (Ausnahme multiresistente Tbc, MRSA, VRE, manche Carbapenemasen) gewinnen lassen. Eine begleitende Kultur ist daher trotzdem notwendig. Weitere molekularbiologische Verfahren sind: Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE; genetische Verwandtschaft von Isolaten), Sequenzierung (Typisierungsmethode in der Virologie: z. B. Enteroviren), Genomsequenzierung. Serologische Methoden weisen einen Erreger indirekt nach: Es wird nicht der Krankheitserreger an sich nachgewiesen, sondern die gegen den Krankheitserreger (Vorsicht: Kreuzreaktionen!) gerichteten Antikörper. Es wird also indirekt eine Infektion diagnostiziert. Wichtig bei der Interpretation von serologischen Ergebnissen sind die Infektionsanamnese und der klinische Kontext! Viele Infektionen weisen eine lang anhaltende Immunantwort und damit im Serum nachweisbare Antikörper auf. Es ist essenziell, eine frische von einer abgelaufenen Infektion zu unterscheiden. Folgende Methoden stehen zur Verfügung: • Nachweis eines IgG-Titeranstiegs (2-bis) 4-facher Anstieg nach 2-4 Wochen, Serumpaare sollten immer angestrebt werden (keine IgG-Einzelbestimmungen!) • Nachweis von Immunglobulin M (IgM) • Aviditätsbestimmung der Antikörper (Spezialuntersuchung) Eine frische Infektion kann durch eine IgM-Einzelbestimmung diagnostiziert werden. IgM-Nachweise gelingen etwa 1 Woche nach Beginn der Inkubationszeit. Da in der Pädiatrie bei einigen sog. "Kinderkrankheiten" (z. B. Varizellen) lange Inkubationszeiten bestehen, gelingt der IgM-Nachweis oft schon zu Krankheitsbeginn. In der Regel persistieren IgM-Antikörper 4-8 Wochen. Bei immunsupprimierten Patienten können sie aber monate-bis jahrelang persistieren. Ferner kann es durch oligoklonale Stimulation zu einer Langzeitpersistenz kommen (Borrelien, EBV, VZV u. a.), die damit eine akute Infektion vortäuscht. Daneben sind Kreuzreaktionen zwischen einzelnen Erregern bekannt (Viren der Herpesgruppe, zwischen Mumps-und Parainfluenzavirus) Folgende serologische Verfahren stehen zur Verfügung: • Neutralisationstest (hohe Spezifität) Schnellteste sind Antigennachweise gegen oft virale Erreger und beruhen auf immunchromatografischen, meist auf Enzym-Immunoassays (EIA). Beispiele: RSV-, Influenza-Schnelltest. Grundsätzlich sind bei der infektiologischen Diagnostik und insbesondere bei der Verwendung von Schnelltestverfahren testtheoretische Grundlagen zu berücksichtigen. › Abb. 10.12 gibt eine Vierfeldertafel mit Angabe der Sensitivität und Spezifität wieder. Wichtig für den klinischen Alltag sind nicht so sehr die Sensitivität und Spezifität eines Testverfahrens (Qualitätsmerkmale des Testverfahrens), sondern vor allem der positive bzw. negative Vorhersagewert. Ein positiver oder negativer Vorsagewert hängt vom gewählten Test, vor allem aber von der Erkrankungshäufigkeit ab. Es ist daher besonders wichtig, eine geeignete "Klientel" für die Anwendung des Testverfahrens auszuwählen. Als Beispiel sei die Simulation eines RSV-Schnelltests genannt. RSV-Schnellteste weisen eine Sensitivität von 93-98 % sowie eine Spezifität von 92-97 % auf. Auf Basis der Sensitivität (› Abb. 10.13) lässt sich der positive Vorhersagewert ermitteln, wenn die Häufigkeit der Erkrankung bekannt ist. Bei einer Auswahl aus mit hoher Wahrscheinlichkeit an RSV-erkrankten Säuglingen (90 %) unter Annahme einer Sensitivität von 95 % und einer Spezifität von 95 % liegt der positive Vorhersagewert bei 99,4 %, der negative Vorhersagewert allerdings nur bei 67,9 %. Hieraus folgt, dass ein negatives Testergebnis nicht zweifelsohne als "negativ" im klinischen Kontext gewertet werden kann. In umgekehrter Weise ist die Anwendung eines simulierten RSV-Schnelltests in einer Population mit wenigen RSV-Infektionen nicht geeignet, einen hohen positiven Vorhersagewert zu ermitteln. Problematisch sind Influenza-Schnellteste, da diese häufig über eine schlechte Sensitivität verfügen. In einer Metaanalyse lag die Sensitivität bei 73 %, die Spezifität bei 99 %. Ferner ist der Test (Test-Kit) an sich ("das Produkt") zu berücksichtigen. › Abb. 10.14 ergibt Ergebnisse einer Ringversuch-Analyse wieder. Mit zwei verschiedenen Proben (1 : 10 und 1 : 20 verdünnt) wurden in Abhängigkeit vom verwendeten Test höchst unterschiedliche Ergebnisse ermittelt. Dies ist bei der Interpretation von inkongruenten Befundlagen zu berücksichtigen. Neben typischen klinischen Zeichen ("Blickdiagnosen") führen Fieber und Zeichen einer systemischen Inflammation (SIRS, Entzündungszeichen -Biomarker) zur Diagnose. Beispielhaft hierfür ist das Toxic-Shock-Syndrom (TSS) (› Abb. 10.15). Hier stehen hohes Fieber und dann nach kurzem Verlauf Zeichen eines septischen Schocks im Vordergrund. Neben Laborparametern wie Blutbild und Differenzialblutbild, CRP u. a. werden zur Diagnose einer Pneumonie radiologische Verfahren eingesetzt. Zweifelsohne kann eine Röntgenuntersuchung des Thorax (a.-p.) hilfreich sein. Vorsichtig ist geboten, da eine Erregerdiagnose mit der radiologischen Diagnostik trotz "typischer Befunde" nicht zuverlässig zu führen ist. Für den klinischen Alltag (pädiatrische "community-acquired pneumonia" [pCAP]) ist die Definition einer Pneumonie, bestehend aus der Trias "Fieber -Husten -Dyspnoe", sehr hilfreich. Eine Röntgenaufnahme des Thorax ist sinnvoll bei Patienten mit chronischen Erkrankungen (neuromuskuläre Erkrankungen, zystische Fibrose u. a.), soll aber nicht regelhaft bei Atemwegsinfektionen im Kindesalter eingesetzt werden. Bezüglich der Biomarker ("Entzündungszeichen") ist zu sagen, dass diese eine unterschiedliche Kinetik aufweisen (› Abb. 10.16) und zum Zeitpunkt einer etwaigen Diagnostik bereits wieder herunterreguliert worden sind. Hier bietet sich eine Verlaufskontrolle nach 24-48 h (CRP) an. Gemeinhin werden die Biomarker zur Differenzierung zwischen viralen und bakteriellen Infektionen benutzt. Hierfür liegt eine Reihe von Untersuchungen vor. Der Sensitivitätsbereich ist höchst variabel und reicht von 17 bis 100 %. Hieraus folgt, dass auch bei Virusinfektionen (Adenoviren!) erhöhte Konzentrationen von Biomarkern im Blut gemessen werden können. Es konnte bislang kein Biomarker ermittelt werden, der klar zwischen bakterieller und viraler Infektion differenziert (und damit Auskunft über die Notwendigkeit einer antibiotischen Therapie gibt). Aktuell wird die Kombination verschiedener Biomarker (z. B. "tumour necrosis factor-rela-ted apoptosis-inducing ligand" [TRAIL] , Interferon-γ induzierendes Protein 10 [IP10], CRP) zur besseren Differenzierung zwischen viraler und bakterieller Infektion wissenschaftlich evaluiert. Für die Diagnose einer Infektionskrankheit sind immer die Anamnese, das klinische Bild, die mikrobiologische Befundlage sowie hilfsweise der Einsatz von Biomarkern geeignet. Daneben gilt es die Epidemiologie von Erregern zu berücksichtigen (z. B. "Influenzawelle"). Im Herbst und Winter ist die Kenntnis über den RSV-bzw. Influenzastatus sehr hilfreich, um eine Diagnose zu stellen. Entsprechende Netzwerke publizieren Daten hierzu. Ein Beispiel für eine veränderte Epidemiologie ist der Keuchhusten. In der Vergangenheit waren vor allen Dingen Kleinkinder mit "typischem Keuchhusten" betroffen. Nach der flächendeckenden Einführung der Pertussis-Impfung hat sich das Hauptmanifestationsalter verschoben; nunmehr sind vermehrt Jugendliche und Erwachsene betroffen, die jedoch nicht charakteristisch an Pertussis erkranken ("atypischer Keuchhusten" -chronische Bronchitis). Aus diesem Grund wird die Diagnose häufig nicht gestellt, sodass Jugendliche bzw. Erwachsene dann noch nicht immunisierte Neugeborene und junge Säuglinge infizieren. Daher ist insbesondere bei jungen Säuglin-Abb. 10.14 Ringversuch Virusimmunologie Röteln (341) [W1054] gen mit anfallsartigem Husten und Erbrechen, aber auch mit Atempausen, grau-blassem Hautkolorit und reduziertem Trinkverhalten immer auch an Pertussis zu denken. Pertussis stellt insbesondere bei Säuglingen eine lebensbedrohliche Erkrankung dar. Hier kann es zu einer Hyperleukozytose mit Leukozytenzahlen > 100 / nl kommen. Die Hyperleukozytose wird vermutlich durch Pertussistoxin (PT) ausgelöst. Der Diagnostik von Keuchhusten kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Die Pertussisdiagnostik besteht aus kulturellen Verfahren, PCR und Serologie. Zu Beginn der Erkrankung (Husten) sollte die Diagnose kulturell oder mittels PCR gesichert werden. Nach 2-4 Wochen kann eine Serologie (keine allgemeine Pertussisserologie! Antipertussis-IgM bzw. -IgG) angewendet werden. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist eine Serologie gegen anti-PT nicht hilfreich und sollte daher nicht zum Einsatz kommen. • Bei Säuglingen und Kleinkindern wird die Diagnose "Pertussis" kulturell oder mittels PCR gesichert. Eine Serologie ist nicht sinnvoll. • Eine allgemeine "Pertussisserologie" existiert nicht. Es erfolgt der Antikörpernachweis gegen PT. Infektionskrankheiten können als Epidemie, Endemie und Pandemie auftreten. Eine Epidemie ist definiert als das Auftreten von mehr Krankheitsfällen, spezifischen gesundheitsbezogenen Verhaltensweisen oder anderen gesundheitsbezogenen Ereignissen in einer Bevölkerung oder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, als üblicherweise zu erwarten wäre. Die sog. Hintergrundaktivität ist also für die Falldefinition "Epidemie" von großer Bedeutung. Die Hintergrundaktivität lässt sich nur bestimmen, wenn eine kontinuierliche Erfassung von Krankheitsfällen erfolgt. Epidemien und Ausbrüche sind in der Regel örtlich und zeitlich eingrenzbar. Im Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist "Ausbruch" definiert als "Auftreten von zwei oder mehr gleichartigen Erkrankungen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird" ( § 6 [2b] und [6b] IfSG). Eine Endemie bezeichnet das konstante Auftreten einer bestimmten Erkrankung oder eines Erregers innerhalb eines geografisch definierten Gebiets oder einer definierten Bevölkerungsgruppe. Zuweilen gibt die Endemie die Prävalenz einer Erkrankung in einem bestimmten Gebiet oder einer definierten Bevölkerungsgruppe wieder. Im Gegensatz zu einer Epidemie ist eine Pandemie ein gehäuftes Auftreten von Infektionskrankheiten, das weltweit oder über ein weites Gebiet mit Überschreiten internationaler Grenzen vorkommt. Ein wesentliches Instrument im Ausbruchsmanagement von Infektionen mit Pandemievorsorge ist die Krankheitsüberwachung (Surveillance). Eine systematische und kontinuierliche Datenerfassung, die Analyse und Interpretation der Daten sowie die Zugänglichkeit für Akteure im Gesundheitswesen ist dabei essenziell. Basis für die Erfassung von Infektionskrankheiten in Deutschland ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Ausbrüche lassen sich mithilfe von 10 .1 Allgemeine Infektiologie Interventions-, Querschnitt-, Kohorten-oder Fall-Kontroll-Studien analysieren. Bei randomisierten, kontrollierten Interventionsstudien ("randomized controlled trials", RCTs) werden Probanden aus einer Population nach einem Zufallsverfahren einer Interventionsgruppe oder einer Kontrollgruppe zugeteilt. RCTs stellen in der Epidemiologie den höchsten Standard dar. Querschnittstudien ("crosssectional studies") untersuchen einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Infektionskrankheit und bestimmten Variablen in einer Bevölkerungsgruppe zu einem definierten Zeitpunkt. Hiermit lässt sich die Prävalenz einer bestimmten Variable bestimmen. Kohortenstudien ("cohort studies") sind Untersuchungen, die eine definierte Gruppe von Personen über eine bestimmte Zeitspanne beobachten. Fall-Kontroll-Studien ("case control studies") vergleichen Probanden, die an einer bestimmten Infektionskrankheit leiden, mit einer geeigneten Kontrollgruppe, in der die Infektionskrankheit nicht vorkommt. Mittels statistischer Methoden lässt sich das relative Risiko (RR) (Verhältnis der Erkrankungsrate unter exponierten Studienteilnehmern im Vergleich zur Inzidenz dieser Rate unter nicht exponierten Studienteilnehmern) und das Chancenverhältnis ("Odds Ratio" -OR; Quotient der "Odds" einer Exposition bei Fällen geteilt durch die "Odds" der Exposition bei Kontrollen) ermitteln. Voraussetzungen für eine Infektionskrankheit sind: • Erreger • Übertragungsvorgang • Empfänglicher Wirtsorganismus Die Infektiosität eines Erregers ist maßgeblich für die "Chance", einen potenziellen Wirt zu infizieren. Als Kontagiosität beschreibt man die Häufigkeit der Infektion. Die Pathogenität ist ein Maß für das "krankmachende Potenzial" des Erregers. Als Virulenz wird das Ausmaß der Pathogenität beschrieben. Die Infektionsdosis bezeichnet die Zahl der notwendigen Erreger, die zu einer Infektion führen. Ein weiterer wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist das Reservoir (Wirt). Als Infektionsquelle gilt jener Teil des Reservoirs, der zum Ausgangspunkt einer neuen Infektion wird. Bei der Beschreibung der Übertragungsvorgänge gilt es die direkte von einer diaplazentaren (vertikalen) Übertragung sowie von einer indirekten Übertragung über Vehikel (Lebensmittel, Wasser, ärztliche Instrumente, Fremdkörper u. Ä.) oder einen Vektor (z. B. Insekten, Nagetiere) zu unterscheiden. Daneben ist auch eine Infektion indirekt durch die Luft (z. B. Varizellen, Tuberkulose u. a.) denkbar. Die Empfänglichkeit eines Wirtsorganismus hängt von der Konstitution des Immunsystems (primärer oder sekundärer Immundefekt?) sowie der angeborenen bzw. spezifischen Immunität ab. Die vergleichsweise hohe Inzidenz von Infektionen durch bekapselte Erreger (S. pneumoniae, N. meningitidis, früher: Haemophilus influenzae Typ b) bei Säuglingen und Kleinkindern wird u. a. durch spezifische Defekte (Mutationen) in der Signaltransduktionskaskade der angeborenen Immunität (z. B. IRAK-4, MyD88 u. v. m.) erklärt. Im weiteren Verlauf des Lebens können diese dann durch redundante Mechanismen der adaptiven Immunität kompensiert werden. Eine spezifische Immunität kann durch frühere durchgemachte Infektionen mit demselben Erreger oder aktiv durch Impfung bzw. passiv durch spezifische Immunglobuline erreicht werden. Zur Bekämpfung von Pandemien werden nationale erregerspezifische Pandemiepläne veröffentlicht. Pandemiepläne sind umfangreiche wissenschaftliche Ausarbeitungen, die der Vorbereitung auf eine mögliche Pandemie einer bestimmten Infektionskrankheit (z. B. Influenza) dienen. Pandemieplanungsaktivitäten finden sowohl auf internationaler Ebene (World Health Organization, WHO) oder im europäischen Zentrum für Krankheitsüberwachung und Prävention (European Center for Disease Prevention and Control, ECDC) als auch auf nationaler (Robert Koch-Institut, RKI) und regionaler (Landesbehörden) Ebene statt. Beispielhaft sei die Influenzapandemieplanung genannt, die bereits 2005 in einen nationalen Pandemieplan mündete und weiter aktualisiert wird. Der Influenzapandemieplan besteht aus einem Teil 1 (Strukturen und Maßnahmen) und einem Teil 2 (wissenschaftliche Grundlagen). So werden wesentliche Daten zur Epidemiologie der Influenza, zu den virologischen Grundlagen und zum diagnostischen Nachweis, Surveillance-Konzepte und Studien, eine Risikoeinschätzung während einer Pandemie und das klinische Bild der Influenza dargestellt. Daneben sind Ausführungen zu nichtpharmakologischen Maßnahmen, Impfstoffkonzepten und pandemierelevanten Arzneimitteln und fachliche Grundlagen der Kommunikation Teil der Pandemieplanung. Unter www.rki.de ist die jeweils aktuelle Pandemieplanung einsehbar. Eine nosokomiale Infektion ist nach § 8 Abs. 8 IfSG "eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand". Wesentlich für die Definition einer nosokomialen Infektion ist der zeitliche Zusammenhang, weniger ein kausaler Zusammenhang in Bezug auf eine medizinische Maßnahme. Bestimmte Maßnahmen können dazu führen (Intensivtherapie, immunsuppressive Behandlung u. a.), dass bei Patienten das Risiko für Infektionen durch Erreger steigt, mit denen sie bereits zuvor besiedelt waren. Hierbei handelt es sich um sog. endogene Infektionen. Die Inkubationszeit ist geeignet zur Abgrenzung einer nosokomialen von einer ambulant erworbenen Infektion. Beispielhaft sei die RSV-Infektion genannt. Wenn ein Patient ab dem 5. Tag seines stationären Aufenthalts symptomatisch wird, so ist von einer nosokomialen Infektion auszugehen. Nosokomiale Infektionen können sich auch nach der Entlassung manifestieren. Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim RKI hat Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen sowie zu betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionalen Maßnahmen der Hygiene in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen ( § 23 Abs. 1 IfSG) formuliert. Zu den Maßnahmen gehören: • Identifikation patientenbezogener Risikofaktoren für nosokomiale Infektionen: Risikofaktoren, die vom Patienten ausgehen, sind z. B. angeborene oder erworbene Immundefekte, eine immunsuppressive Therapie, eine gestörte Barrierefunktion von Haut und Schleimhäuten (z. B. nach Operationen), bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1.500 g, nach Verbrennungen und Verbrühungen. Der Einsatz von Fremdkörpern (Katheter, Gastrostomien, Shunts, invasive Beatmung u. a.) erhöht das Risiko für eine nosokomiale Infektion ebenso wie der langfristige Einsatz von Antiinfektiva. • Personelle Voraussetzungen: Hygienefachpersonal soll in ausreichender Zahl in einer Klinik zur Verfügung stehen und regelmäßig auf den Stationen präsent sein. Das Hygienefachpersonal arbeitet eng mit dem Krankenhaushygieniker, der Mikrobiologie sowie der Virologie zusammen. Eine zeitnahe Kommunikation von mikrobiologischen bzw. virologischen Befunden, ggf. ein gezieltes Kolonisationsscreening zur Erkennung einer Besiedelung mit bestimmten multiresistenten Erregern, sowie die enge Zusammenarbeit mit "Antibiotic Stewardship Teams" (ABS) und ABS-beauftragten Ärzten stellen wesentliche Elemente zur Verhinderung nosokomialer Infektionen dar. • Strukturell-organisatorische Voraussetzungen: Hierzu gehören ein abteilungsspezifischer Hygieneplan, Hygienedatenblätter, Standardarbeitsanweisungen (SOPs) zu hygienerelevanten Arbeitsabläufen, festgelegte Konzepte für die Einarbeitung, Schulung und das praktische Training neuer Mitarbeiter in Bezug auf die Standards der Infektionsprävention, die Verfügbarkeit von Spendern zur Händedesinfektion, die Bereitstellung erforderlicher Schutzkleidung und viele weitere Maßnahmen. • Baulich-funktionelle Voraussetzungen zur Isolierung etwaiger kontagiöser Patienten müssen in ausreichender Zahl vorhanden und entsprechend ausgestattet sein. • Für Patienten mit einem besonderem Risiko (Onkologie, zystische Fibrose u. a.) muss sichergestellt sein, dass es nicht zu einer Erregerexposition aus dem Trinkwasser kommt (z. B. Legionellen, Pseudomonas aeruginosa, atypische Mykobakterien u. a.). • Maßnahmen in der Basishygiene: Maßnahmen der Basishygiene (früher: Standardhygiene) werden bei jedem Kontakt zum Patienten und seiner Umgebung durchgeführt, damit eine Übertragung von Infektionserregern auf Patienten oder Personal verhindert wird. Zu den Basismaßnahmen gehören insbesondere Händedesinfektion, der gezielte Einsatz von viruziden Händedesinfektionsmitteln sowie der Gebrauch der persönlichen Schutzausrüstung beim Umgang mit Blut, Körperflüssigkeiten, Exkreten und Sekreten; Maßnahmen der Kontaktisolierung, aseptisches Vorgehen bei allen invasiven Maßnahmen und bei der Erhaltungspflege von Kathetern, Drainagen usw., aseptisches Vorgehen bei der Rekonstitution von Arzneimitteln und der Zubereitung von Mischinfusionen sowie die sichere Injektionsund Infusionspraxis. Die Maßnahmen der Basishygiene sollten mit den Hygienefachkräften für die jeweiligen Bereiche detailliert ausgearbeitet und besprochen werden. • Persönliche Schutzausrichtung: Hierzu gehört ein Mund-Nasen-Schutz (MNS), die ggf. erregerabhängig als partikelfiltrierende Halbmasken (FFB) angewendet werden sollten. Weitere Ausrüstungsgegenstände sind medizinische Einmalhandschuhe sowie Einmalkittel. Es muss betont werden, dass alle Maßnahmen der individuellen sorgfältigen Händedesinfektion nachzuordnen sind und diese nicht durch eine Scheinsicherheit konterkarieren dürfen. Die Überwachung von nosokomialen Infektionen beinhaltet die Erfassung von Ereignissen nach einheitlichen Definitionen mit standardisierten Methoden sowie die Analyse der Ergebnisse mittels Größeninzidenzdichte (NI pro 1.000 Patiententage) oder Inzidenzrate (NI pro 1.000 Anwendungstage, z. B. von zentralen Gefäßkathetern). Die Ergebnisse müssen dem Behandlungsteam rückgemeldet werden. Kliniken für Kinder und Jugendliche sollen über eine Besucherregelung verfügen, die einerseits die medizinischen und psychosozialen Gründe für die Anwesenheit von Vertrauenspersonen im Krankenhaus gewährleistet, andererseits aber Patienten, Angehörige und Mitarbeiter schützt bzw. dafür sorgt, dass bestimmte Infektionen wie z. B. Varizellen, Masern, RSV oder Influenza nicht in die Klinik eingetragen werden. Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren können durch direkten oder indirekten Kontakt, parenteral sowie durch Tröpfchen (< 2 m) oder Aerosole (> 2 m) übertragen werden. › Tab Infektionskrankheiten können durch eine aktive oder passive Immunisierung verhindert werden. Weitere Effekte sind die Abschwächung bzw. Verhinderung von Komplikationen bei Infektionskrankheiten (z. B. Varizellen-Impfung), die Verhinderung von Folgekrankheiten wie hepatozelluläres Karzinom oder Gebärmutterhalskrebs (Hepatitis-B-, HPV-Impfung), Einsatz als Riegelungsimpfung (z. B. Meningokokken-Impfungen) oder die Induktion einer Herdenimmunität (Impfung gegen bekapselte Erreger, Rotavirus-Impfung). Schutzimpfungen werden von der Ständigen Impfkommission (STIKO) (www.stiko.de) am RKI beraten und jährlich publiziert (Epidemiologisches Bulletin Nr. 34 des jeweiligen Jahres). Die öffentliche Empfehlung von Schutzimpfungen erfolgt auf der Grundlage von § 20 IfSG. Neben den empfohlenen Standardimpfungen sind auch individuelle Impfindikationen denkbar. Zur Verfügung stehen Lebendimpfstoffe (enthalten vermehrungsfähige, attenuierte Erreger) und sog. Totimpfstoffe (inaktivierte Impfstoffe, die komplette, abgetötete Mikroorganismen, gereinigte oder rekombinant hergestellte antigene Strukturen oder abgewandelte Virulenzfaktoren wie z. B. Toxoide beinhalten). Neben den eigentlichen Impfantigenen enthalten die Impfstoffe meist weitere Substanzen wie Lösungsmittel, Adjuvanzien, Stabilisatoren, Konservierungsmittel und u. U. auch Spuren von Antibiotika. Die genaue Zusammensetzung der Impfstoffe ist den Fachinformationen zu entnehmen. Quecksilberverbindungen (Thiomersal), die früher als Stabilisatoren von inaktivierten Impfstoffen dienten, werden heute für allgemein empfohlene Impfungen nicht mehr verwendet. Man unterscheidet grundsätzlich oral, nasal oder parenteral anwendbare Impfstoffe. Zur Injektionstechnik hat die STIKO Empfehlungen veröffentlicht (Schmerzreduktion). Die Impfstelle sollte vor der Injektion mit einer alkoholischen Lösung (70 %) desinfiziert werden und wieder trocknen. Vor der Injektion des Impfstoffs sollte nicht aspiriert werden. Im Säuglingsalter ist der M. vastus lateralis (anterolateraler Oberschenkel) die Impfstelle, die mit dem geringsten Risiko einer Verletzung von Nerven und Gefäßen assoziiert ist. Alternativ bietet sich der M. deltoideus an. Aktive Immunisierungen in den Glutealbereich werden wegen der Gefahr einer Verletzung des N. ischiadicus und der geringen Antikörperantwort (z. B. nach Hepatitis-B-Impfung) nicht mehr empfohlen. Um möglichst wenige Injektionen zu verabreichen, sollten Kombinationsimpfstoffe verwendet werden. › Tab. 10.5 gibt den aktuellen Impfkalender der STIKO (2018 / 2019) wieder. In bestimmten Situationen können Simultanimpfungen (aktivpassiv) sinnvoll sein. Hierzu gehört die postnatale Hepatitis-B-Impfung bei Neugeborenen von HbsAg-positiven Müttern sowie die simultane Tetanusimpfung nach Verletzung bei unzureichendem Impfschutz. Passive Immunisierungen spielen, abgesehen von der RSV-Immunisierung bei extremen Frühgeborenen, kaum noch eine Rolle. Jede Impfung sollte exakt dokumentiert werden. Bei Personen ohne Immundefizienz wird nach der Durchführung einer empfohlenen Standardimpfung keine Antikörperbestimmung empfohlen. Impflücken sollten bei jeder sich bietenden Gelegenheit durch Nachimpfungen geschlossen werden. Es gilt die Regel: "Jede Impfung zählt." Auch bei längeren Intervallen zwischen einzelnen Impfungen muss eine Grundimmunisierung nicht neu begonnen werden. Die STIKO hat hierzu instruktive Empfehlungen publiziert. Bei den Impfnebenwirkungen werden lokale von systemischen Reaktionen unterschieden. Zu den häufigsten systemischen Reaktionen gehören subfebrile Temperaturen oder Fieber. Impfnebenwirkungen lassen sich kategorisieren: • Lokale und allgemeine Reaktionen: Diese Ereignisse (Schmerz an der Einstichstelle, Rötung und Schwellung im Bereich der Einstichstelle, Fieber u. a.) werden generell als Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff verstanden. Kenntnisse über Art und Häufigkeit der Reaktion resultieren aus klinischen Studien im Zusammenhang mit der Zulassung eines neuen Impfstoffs oder aus klinischen Beobachtungen nach der Markteinführung. • Komplikationen: Der Übergang von "üblichen" Reaktionen zu Komplikationen ist fließend. Komplikationen sind klar der Impfung bzw. den Impfungen zuzuordnen. Es besteht ein gesicherter ursächlicher oder ein überwiegend als wahrscheinlich anzusehender Zusammenhang nach Impfungen in Bezug auf eine Impfkomplikation. Beispiele sind eine postvakzinale Anaphylaxie oder eine Neuritis nach Tetanus-Impfung. Das Risiko "Komplikation" haftet der Impfung in solchen Fällen spezifisch an. Insbesondere die Masern-Impfung wird in der Öffentlichkeit häufig als komplikationsträchtig diskutiert. • Krankheiten, Krankheitserscheinungen in (noch) ungeklärtem oder nicht vollständig geklärtem ("Assoziation") ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung: Hierbei handelt es sich um Ereignisse nach Impfungen mit begrenzten Studienergebnissen. Es werden Krankheiten oder Krankheitserscheinungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung dargestellt, bei denen jedoch weder klare Evidenz für noch gegen einen ursächlichen Zusammenhang vorliegt. Hierzu gehört z. B. das Auftreten des Kawasaki-Syndroms nach Impfung. Die Auswertung von klinischen Studien legt einen (statistisch nichtsignifikanten) Zusammenhang zwischen der Impfung mit einer pentavalenten Rotavirus-Impfung (RV5) und einem erhöhten Risiko für eine Kawasaki-Erkrankung nahe. • Hypothesen und unbewiesene Behauptungen: Hierbei handelt es sich um Ereignisse, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer bestimmten Impfung und einer bestimmten Krankheit annehmen. Neben einzelnen Veröffentlichungen, die einen Zusammenhang beobachten, liegen zur Thematik qualifizierte Studien vor, die keine Evidenz für einen ursächlichen Zusammenhang der postulierten Krankheit mit der Impfung finden konnten. Besonderes Beispiel ist der vielfach vorgetragene etwaige Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus und Morbus Crohn oder zwischen Hib-Impfung und Diabetes mellitus Typ 1 sowie Hepatitis B und multipler Sklerose bzw. Optikusneuritis. Alle Postulate konnten in mehreren wissenschaftlich hochwertigen Studien widerlegt werden und sollten nicht mehr zur Diskussion stehen. Impfnebenwirkungen und Komplikationen kommen vor. Dennoch können alle heute zugelassenen Impfstoffe als "sicher" angesehen werden. Bei suszeptiblen Individuen (genetische Disposition) oder einer bislang unerkannten Erkrankung des Immunsystems kann es zu einer Triggerung einer bislang nicht bekannten Krankheit (z. B. Dravet-Syndrom nach MMR[V]-Impfung) oder zu schwerwiegenden Komplikationen kommen. Wichtig ist, dass unerwünschte Ereignisse in zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung möglichst dezidiert und lückenlos dokumentiert werden, um einen etwaigen Kausalzusammenhang zu sichern oder das Auftreten eines zufälligen postvakzinalen unerwünschten Ereignisses (Koinzidenz) zu dokumentieren. Die DAKJ hat eine Stellungnahme zum Vorgehen beim Auftreten ungewöhnlicher neurologischer Symptome in zeitlichem Zusammenhang mit Impfungen im Kindes-und Jugendalter abgegeben (› Abb. 10.17). Jede über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende Impfreaktion muss nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 IfSG an das Gesundheitsamt gemeldet werden. In der Diskussion sind sog. unspezifische Impfeffekte, die auf populationsbezogene Studien zurückgehen und Impfungen einen (positiven wie negativen) Einfluss auf die "allgemeine" Morbidität bzw. Mortalität von Bevölkerungsgruppen zuschreiben. Immundefekte können angeboren oder erworben sein. Angeborene Immundefekte sind deutlich seltener als erworbene. Patienten mit einer Immundefizienz können abhängig von der vorliegenden Funktionsstörung oft auf Impfungen nicht adäquat reagieren und werden durch Lebendimpfstoffe u. U. sogar gefährdet. Solche Verläufe sind beschrieben. Impfungen mit Lebendimpfstoffen sind deshalb bei den meisten Patienten mit angeborener Immundefizienz Standardimpfung für Mädchen und Jungen im Alter von 9-14 Jahren mit 2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 5 Monaten; beginnend > 14 Jahren oder bei Impfabstand von < 5 Monaten zwischen 1. und 2. Dosis ist eine 3. Dosis erforderlich (Fachinformation beachten). 5 Td-Auffrischimpfung alle 10 Jahre. Nächste fällige Td-Impfung einmalig als Tdap-bzw. als Tdap-IPV-Impfung. 6 Einmalige MMR-Impfung für alle nach 1970 geborenen Personen ≥ 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur 1 Impfung in der Kindheit. 7 Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff. 8 Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren mit einem adjuvantierten Herpes-zoster-Subunit-(HZ / su-)Totimpfstoff zur Verhinderung von Herpes zoster und postherpetischer Neuralgie, 2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 2 und maximal 6 Monaten. (Agammaglobulinämie, T-Zell-Defekte, kombinierte Immundefekte) kontraindiziert. Ein selektiver IgA-Mangel, IgG-Subklassen-Mangel sowie Phagozytosedefekte, Komplementdefekte und Asplenie stellen dagegen keine Kontraindikation für Impfungen dar, sondern sind sogar indiziert. Totimpfstoffe können im Prinzip bei allen Formen der Immundefizienz angewendet werden. Offen ist häufig die Frage der Impfeffektivität. Bei Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten ist eine Überprüfung des Impferfolgs mittels Antikörperbestimmung angezeigt. Zu beachten ist, dass es oftmals keine definierten "Schutztiter" gibt, sondern lediglich die Auseinandersetzung des Immunsystems mit der Impfung dadurch dokumentiert wird. Ist eine Immunsuppression absehbar (Einleitung einer Therapie), so sollte möglichst vor der Immunsuppression der Impfstatus komplettiert werden. Dies gilt auch für eine geplante Splenektomie. Bezüglich der Anwendung von Kortikosteroiden gelten folgende Grenzdosen: • Zuvor gesunde Kinder, die mit hohen Dosen (> 2 mg / kg KG / Tag bei einem KG von ≤ 10 kg bzw. > 20 mg / Tag Prednison-Äquivalent bei einem KG von > 10 kg) systemisch wirkender Kortikosteroide über längere Zeit (> 2 Wochen) behandelt werden, dürfen nicht mit Lebendimpfstoffen geimpft werden. Dies ist frühestens 1 Monat nach Beendigung der Therapie möglich. • Inaktivierte Impfstoffe können hingegen verabreicht werden. Sie sind möglicherweise von eingeschränkter Wirksamkeit. • Dieses gilt auch für die Impfung nach Infektionskrankheiten mit einer Suppression des Immunsystems (z. B. EBV, Adenoviren, Masern). • Zuvor gesunde Patienten, die eine Kurzzeittherapie (< 2 Wochen) oder eine Therapie mit niedrigen bis mittleren Dosen (< 20 mg bzw. < 2 mg / kg KG Prednison) erhalten, oder solche mit topischer (z. B. intraartikulärer oder Inhalations-) Therapie gelten nicht als immunsupprimiert und können alle Impfungen regulär erhalten. Die Anwendung von anderen immunsuppressiv wirkenden Medikamenten (z. B. Methotrexat, Azathioprin) sowie die Verabreichung von Biologika sollte in Bezug auf Impfungen immer mit dem behandelnden Zentrum besprochen werden. Patienten mit asymptomatischer HIV-Infektion sollten alle Standardimpfungen, inkl. Lebendimpfungen, erhalten. Bezüglich der Lebendimpfung liegt bei einer schweren Immundefizienz (CD4-Zahl < 200 / µl bei Alter ≥ 5 Jahre bzw. < 15 % bei Alter < 5 Jahre) eine Kontraindikation für die Masern-, Mumps-, Röteln-, Varizellenimpfung vor. Ein operativer Eingriff bzw. die damit verbundene Narkose können das Immunsystem u. U. beeinflussen. Die Art der verwendeten Narkosetechnik sowie die chirurgische Intervention (z. B. mit kardiopulmonalem Bypass) an sich und deren Dauer bestimmen das Ausmaß von • Im Säuglingsalter (Grundimmunisierung) sollte, wenn möglich, ein größerer Eingriff und nicht die Impfung verschoben werden. Notfalleingriffe können immer erfolgen und sollen unter Berücksichtigung der aktuellen zu erwartenden Impfreaktionen mit entsprechend angepassten Anästhesieverfahren und postoperativer Überwachung durchgeführt werden. • Nach operativen Eingriffen sind keine bestimmten Zeitabstände einzuhalten. Impfungen können erfolgen, sobald der Patient in einem stabilen Allgemeinzustand ist. • Impfungen aus vitaler Indikation (z. B. Tetanus, Tollwut, Hepatitis-B-Impfung) können jederzeit verabreicht werden. Nach größeren Operationen oder schwersten Verletzungen (u. a. Immunsuppression nach Transplantation, kardiopulmonaler Bypass, Polytrauma) ist ein individualisiertes Vorgehen anzustreben und ggf. der Impferfolg zu überprüfen. Bezüglich der infektiologischen Versorgung von Flüchtlingen im Kindes-und Diagnostik, Therapie Die Diagnose wird klinisch und sonografisch gestellt. Die Therapie richtet sich nach der Schwere der Erkrankung. In der symptomatischen Behandlung (u. a. Ruhigstellung, Hochlagerung, Kühlung) wird die Therapie mit nichtsteroidalen Analgetika / Antiphlogistika favorisiert. Bei begründetem Verdacht auf eine bakterielle Infektion ist eine antiinfektive Therapie angezeigt. Vor allem E. coli sollte im Wirkspektrum eingeschlossen sein. Daneben ist an Gonokokken und Enterokokken zu denken. Neben Defekten des angeborenen oder adaptiven Immunsystems sind erworbene Immundefekte (HIV) sowie eine immunsuppressive Therapie (z. B. in der Hämato-Onkologie und der Rheumatologie) prädisponierend für Infektionen. Infektionen bei Defekten des angeborenen Immunsystems sind defektspezifisch ("typisch"). Rezidivierende respiratorische Infektionen, Schleimhautulzerationen, eine protrahiert verlaufende Omphalitis, Granulome und Organabszesse, Infektionen durch nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) sowie Virusinfektionen, invasive pyogene Infektionen, Osteomyelitiden oder Lymphadenitiden, chronische mukokutane und invasive Candidosen, eine Enzephalitis sowie Meningitis müssen an das Vorliegen eines Defekts der angeborenen Immunität denken lassen. Patienten mit intensivzytostatisch behandelten Neoplasien (AML-Induktionstherapie, Therapie eines Leukämierezidivs), nach allogener Stammzelltransplantation bis zur Erholung der Granulozytenzahl und Patienten mit einer schweren GvHD und augmentierter Immunsuppression erhalten eine Chemoprophylaxe im Hinblick auf Pilzinfektionen. Im Mittelpunkt stehen hier Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol, Micafungin oder liposomales Amphotericin B. Zur VZV-Prophylaxe gehört die Expositionsprophylaxe (Isolierung, aktive Varizellenimpfung, wenn möglich) sowie die Postex-positionsprophylaxe mit passiver Immunprophylaxe und Chemoprophylaxe (Aciclovir). Bei Patienten mit allogener Stammzelltransplantation ist eine etwaige CMV-Reaktivierung zu bedenken. Zur CMV-Prophylaxe gehört die Auswahl von leukozytendepletierten (und bestrahlten?) Blutprodukten zur Transfusion. Als präventive Therapie ist Ganciclovir empfohlen. Die "Gram-Färbung" ist eine von dem dänischen Arzt Hans Christian Gram (1853 Gram ( -1938 in Berlin entwickelte Methode zur Differenzierung von Bakterien. Bakterien unterscheiden sich hinsichtlich der Zellhülle, die eine Unterscheidung mittels der unten beschriebenen Färbung zulässt. Grampositive Bakterien besitzen eine dicke Hülle aus Peptidoglykan, gramnegative Bakterien verfügen über eine dünne Mureinschicht, der sich außen eine weitere Schicht die äußere Membran, anschließt. Bei der Gram-Färbung werden Bakterien mit einem basischen Farbstoff (Kristallviolett) angefärbt. Es folgt eine Nachbehandlung mit Jodkalium-Jodid-Komplex. Der dabei entstehende Farbkomplex ist wasserunlöslich, in Ethanol jedoch löslich und kann aus gramnegativen Bakterien mit Ethanol extrahiert werden. Wegen der dickeren Mureinschicht bei grampositiven Bakterien verbleibt der Farbstoff im Bakterium. • Zu den grampositiven Bakterien gehören Actinomyces, Streptomyces sowie Streptokokken, Enterokokken, Staphylokokken, Listerien, Bacillus, Clostridium und Lactobacillus. • Beispiele für gramnegative Bakterien sind Enterobakterien (Escherichia coli u. a.), Salmonella, Shigella, Klebsiella, Proteus, Enterobacter sowie die Gattungen Pseudomonas, Legionella, Neisseria, Rickettsia und die Art Pasteurella multocida. Multiresistente Erreger (MRE) können sowohl grampositiv als auch gramnegativ sein. Ein Bakterium gilt als multiresistent, wenn es gegen zwei oder mehr Antibiotikaklassen resistent ist, die in der empirischen Standardtherapie gegen diese Erregerspezies eingesetzt werden. In der klinischen Praxis lassen sich folgende MRE unterscheiden: • Vancomycin-bzw. Glykopeptid-resistente Enterokokken (VRE) Differenzialdiagnostisch sind immer auch nichtinfektiöse Ursachen einer Enzephalopathie abzugrenzen, z. B. Intoxikationen, Reye-Syndrom, ZNS-Tumoren, Blutungen, Vaskulitiden, metabolische Erkrankungen oder auch das weite Feld der Autoimmunenzephalitiden (z. B. NMDA-Rezeptor-AK-vermittelte Enzephalitis). Interessanterweise scheint die Häufigkeit immunologisch vermittelter Enzephalitiden die der erregerbedingten offenbar zu übersteigen. Weitere wichtige diagnostische Maßnahmen sind Laboruntersuchungen (Serologie) sowie Liquoranalysen (Schrankenstörung, Zellzahl, Proteingehalt, PCR-Untersuchungen auf neurotrope Viren). Auch das EEG sowie ein MRT gehören zum diagnostischen Spektrum. Eine Hirnbiopsie ist selten erforderlich, kann aber mitunter zur Klärung einer nichtinfektiösen Enzephalitis (Rasmussen-Enzephalitis) beitragen. Klinisch relevante Enzephalitiden sind: Herpes-simplex-Enzephalitis, Masern-Enzephalitis, Enzephalitis durch Flaviviren sowie Japan-Enzephalitis und West-Nil-Virus-Fieber bzw. Enzephalitis. Insbesondere die Herpes-Enzephalitis kommt bei Neugeborenen vor. Im Gegensatz zur Herpes-Enzephalitis des älteren Kindes wird diese meist durch HSV 2 verursacht. Neugeborene von Müttern mit Primärinfektion eines Herpes genitalis am Ende der Schwangerschaft sollen aufgrund der hohen Manifestationsrate per Sectio caesarea entbunden und prophylaktisch für 10 Tage mit Aciclovir in einer Dosis von 60 mg / kg / KG in 3 ED behandelt werden. Prognose Die Prognose einer Enzephalitis hängt von der Grundkrankheit sowie dem Erreger ab. Oftmals wird keine Restitutio ad integrum erreicht, und es sind rehabilitative Maßnahmen notwendig. Aus pragmatischen Gründen empfiehlt es sich, bei der bakteriellen Meningitis drei Altersgruppen zu unterscheiden: • Neugeborene • Säuglinge nach der 5. bis 6. Lebenswoche • Kinder jenseits des 1. Lebensjahrs Epidemiologie In Europa wird die Jahresinzidenz der Meningitis auf 0,5-4 Erkrankungen je 100.000 Einwohner angegeben. Der Häufigkeitsgipfel befindet sich in den ersten beiden Lebensjahren. Bei Neugeborenen stellen Frühgeburtlichkeit und niedriges Geburtsgewicht die Hauptrisikofaktoren dar. Eine bakterielle Meningitis im Neugeborenenalter kann im Rahmen einer Early-onset-Sepsis oder als Late-onset-Sepsis entstehen. Therapie Eine analgetische und fiebersenkende Therapie, z. B. Ibuprofen (bis 30 mg / kg KG / Tag in 3 ED) oder Paracetamol (bis zu 40-60 mg / kg KG / Tag in 4 ED), ist bei Patienten mit einer AOM indiziert. Bei verlegter Nasenatmung können 0,9-prozentige NaCl-Lösungen intranasal oder α-adrenerge abschwellende Nasentropfen (bis maximal 7 Tage) appliziert werden. Schmerzstillende Ohrentropfen, die Lokalanästhetika enthalten, haben nur einen kurzfristigen Effekt. Zuvor muss eine Trommelfellperforation ausgeschlossen werden. Die spontane Heilungsrate der AOM ist hoch und beträgt 70-90 % innerhalb von 2-7 Tagen. Die Wirksamkeit einer antiinfektiven Therapie in Bezug auf eine Verkürzung der Symptome Fieber und Schmerzen ist relativ gering. Da der übermäßige Antibiotikaverbrauch zur Resistenzentwicklung beiträgt und Antibiotika Nebenwirkungen verursachen, ist eine möglichst zielgerechte Therapie für Patienten mit AOM, die wirklich davon profitieren, anzustreben. Kinder unter 2 Jahren mit klinisch eindeutiger, vor allem bilateraler AOM und / oder Otorrhö profitieren von einer antibiotischen Therapie. Ab einem Alter von 2 Jahren kann bei nicht schwer kranken Patienten mit einer AOM zunächst eine symptomatische Therapie erfolgen, sofern eine klinische Kontrolle innerhalb von 48 h gewährleistet ist. › Tab. 10.17 gibt Kriterien zur antiinfektiven Therapie bzw. Beobachtung der AOM bei Kindern ohne Risikofaktoren wieder. Eine Otitis externa ist eine Entzündung des äußeren Gehörgangs aufgrund infektiöser, allergischer und dermatologischer Ursachen. Häufig ist eine bakterielle Infektion nachweisbar. Die wichtigsten Bakterien sind Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus und KNS sowie Streptokokken der Gruppe A, Enterobacteriaceae und Pilze. Die schwere Otitis externa ist oft nicht leicht zu behandeln. Es empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem HNO-Arzt. Bei der Mastoiditis liegt eine akute Entzündung der Schleimhaut der lufthaltigen Zellen im Proc. mastoideus des Schläfenbeins vor. Epidemiologie Die Inzidenz der akuten Mastoiditis beträgt 1-4 je 100.000 Einwohner. Die Patienten sind meist zwischen 7 Monaten und 3 Jahren alt. Kinder im Alter unter 2 Jahren weisen die höchste Inzidenz auf. Klinisches Bild, Diagnose Das klinische Bild ist gekennzeichnet durch Ohrenschmerzen, Fieber und reduzierten Allgemeinzustand. Zusätzlich finden sich retroaurikulär eine Rötung, Schmerzhaftigkeit, eine teilweise fluktuierende Schwellung sowie eine abstehende Ohrmuschel. Bei mehr als 75 % der Patienten besteht gleichzeitig eine akute Otitis media. Bei bis zu 30 % kommt es zu extra-oder intrakraniellen Komplikationen wie Abszessbildung oder Hirnnervenlähmungen. Die Diagnose wird primär klinisch und in enger Zusammenarbeit mit einem HNO-Arzt gestellt. Therapie Therapeutisch ist eine chirurgische Intervention erforderlich. Bei einer Mastoiditis besteht immer eine Indikation zur i. v. antiinfektiven Therapie. Bei Patienten ohne Risikofaktoren ist Ampicillin / Sulbactam (150-200 mg / kg KG / Tag in 3 ED) die Therapie der Wahl. Alternativ kann mit einer Kombination aus einem Cephalosporin der Gruppe 3 (Cefotaxim oder Ceftriaxon) und Clindamycin (40 mg / kg KG / Tag) behandelt werden. Die Rhinitis wird ausschließlich durch Viren, meist durch RS-, Parainfluenza-, Influenza-, Rhino-, Corona-, Boca-und Adenoviren hervorgerufen. Sehr selten liegt primär eine bakterielle Infektion vor (z. B. konnatale Syphilis). Etwa 5 % der Kinder entwickeln sekundär eine bakterielle Infektion. Die Behandlung ist symptomatisch; es können schleimhautabschwellende Sprays eingesetzt werden. Bei der akuten Sinusitis handelt es sich um eine Nasennebenhöhlenentzündung (Rhinosinusitis), die durch die Entzündung mit Schwellung und starker Sekretion der Nasenschleimhaut hervorgerufen wird. Neben Verlegung, Sekretstau und Ausfluss in die vorderen und hinteren Nasenwege treten Fieber und je nach Alter Abgeschlagenheit und lokale Schmerzen oder Kopfschmerzen auf. Die im Kindesalter häufigen viralen Rhinosinusitiden führen nach Schätzungen in weniger als 10 % der Fälle als Komplikation zu einer bakteriellen Sinusitis. Die akute Sinusitis ist beim Kind im Unterschied zur akuten Otitis nicht sehr häufig und eher eine Krankheit des Erwachsenenalters. Neben viralen Atemwegsinfektionen sind Allergien die wichtigsten prädisponierenden Faktoren. Sekretabfluss über die hinteren Nasenwege und die Rachenhinterwand kann zu anhaltendem Husten führen. Die lokale Entzündung und der Sekretstau gehen je nach betroffener Nebenhöhle mit Zahn-, Gesichts-und Augenschmerzen einher. Weitere Symptome sind Mundgeruch und Bauchschmerzen. Komplikationen der akuten Sinusitis sind selten. Wegen der anatomischen Nähe ist immer auch an eine ophthalmologische Komplikation zu denken. Die Diagnose basiert vorwiegend auf Anamnese und klinischer Untersuchung. In der Bildgebung hat sich das MRT durchgesetzt. Das CT bleibt Ausnahmefällen vorbehalten. Eine akute Sinusitis sollte antiinfektiv behandelt werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: • Persistierende Zeichen der Rhinosinusitis über 10 Tage ohne Besserung • Auftreten schwerer Symptome wie hohes Fieber, eitriges Nasensekret oder Gesichtsschmerzen • Zunahme der Symptome oder biphasischer Verlauf mit neu auftretendem Fieber oder Kopfschmerzen Mittel der Wahl ist Amoxicillin (50 mg / kg KG / Tag in 2-3 ED) für 10 Tage p. o. Bei Nichtansprechen stehen Amoxicillin plus Clavulansäure oder Ceftriaxon zur Verfügung. Bei Penicillinunverträglichkeit kann Clarithromycin eine Alternative darstellen. Bei einer Tonsillopharyngitis handelt es sich um eine Entzündung des Waldeyerschen Rachenrings. Als Symptom treten vorzugsweise Halsschmerzen auf. Bei Säuglingen und Kleinkindern können unspezifische Allgemeinsymptome wie Nahrungsverweigerung oder Fieber darauf hindeuten. Aufgrund der weißen bis gelblichen Tonsillenbeläge lassen sich morphologisch die Angina follicularis (stippchenförmige Beläge) und die Angina lacunaris (konfluierende Beläge) unterscheiden. Erreger und Epidemiologie Als Erreger kommen Viren und Bakterien infrage. › Tab. 10.18 gibt das mögliche Erregerspektrum, Symptome und Differenzialdiagnosen der Tonsillopharyngitis wieder. Zu 70-95 % handelt es sich bei der akuten Tonsillopharyngitis um eine Virusinfektion. Der häufigste bakterielle Erreger sind bei immunkompetenten Kindern (zu 20-30 %) und Erwachsenen (5-15 %) Gruppe-A-Streptokokken (GAS). Die Übertragung der Erreger der infektiösen Tonsillopharyngitis erfolgt insbesondere durch engen Kontakt in Sozialgemeinschaften wie Familien, Kindergärten, Heimen und Kasernen. Typischerweise tritt die GAS-Tonsillopharyngitis von November bis Mai auf, während die Tonsillopharyngitis durch Enteroviren eher im Sommer und im Herbst vorkommt. Eine GAS-Tonsillopharyngitis bei Kindern vor dem 3. Lebensjahr ist äußerst selten, jedoch können diese Kinder GAS-Träger sein. Problematisch ist, dass eine Vielzahl von Erregern den Pharynx kolonisiert. Hierzu gehören GAS, Streptococcus pneumomiae, Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Corynebacterium spp. und Actinomyces spp. Weiterhin finden sich regelmäßig Neisserien, Moraxella catarrhalis u. a. Für die Diagnose einer GAS-Tonsillopharyngitis wird neben typischen klinischen Symptomen der McIsaac-Score verwendet. › Abb. 10.18 gibt das Vorgehen bei V. a. akute Tonsillopharyngitis / Tonsillitis wieder. Zu den Differenzialdiagnosen der akuten Tonsillopharyngitis gehören prinzipiell Erkrankungen durch Corynebacterium diphtheriae und Hib, wenngleich beide historisch und nach Einführung der Impfung in Deutschland praktisch nicht mehr vorkommen. Differenzialdiagnostisch ist an einen Peritonsillarabszess (unilaterale Tonsillenschwellung, starke Schmerzen, Schluckstörung, kloßige Sprache), eine Epiglottitis (Speichelfluss / Schluckstörung, hohes Fieber, inspiratorischer Stridor, kloßige Sprache) sowie eine EBV-Infektion (weiß-graue Tonsillenbeläge, Hepatosplenomegalie) zu denken. Therapie Da eine bakterielle Tonsillopharyngitis durch andere Erreger außer GAS hundertfach seltener ist als eine virale Ätiologie, ist der Nachweis von GAS für die Initiierung einer antiinfektiven Therapie sinnvoll. Die Behandlung kann zunächst nur aus einer Schmerztherapie bestehen. Mittel der Wahl zur Behandlung der GAS-Tonsillopharyngitis ist nach wie vor Penicillin G. Bei Nachweis β-hämolysierender Streptokokken ist grundsätzlich die Indikation zu einer antiinfektiven Behandlung gegeben, die sich im Wesentlichen aus verkürzter Infektiosität sowie einer gering verkürzten Symptomdauer begründet. Für die HNO-chirurgische Therapie liegt eine interdisziplinär verfasste AWMF-S2k-Leitline vor. "Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln-Tonsillitis": awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-024l_S2k_Tonsillitis_Gaumenman-deln_2015-08_01.pdf https://else4.de/m6o7g › Tab. 10.19 gibt die Indikation für die Empfehlung zur Tonsillektomie bzw. Tonsillotomie in Anlehnung an die AWMF-Leitlinie wieder. In der Mundhöhle können verschiedene anatomische Strukturen bzw. Gewebe von Infektionen betroffen sein. Am häufigsten sind odontogene Infektionen, die oftmals von einem geschädigten Zahn ausgehen. Da die normale Mundflora aus vielen verschiedenen Bakterienspezies besteht, wobei sowohl grampositive Erreger (grüne Streptokokken, β-hämolysierende Streptokokken) als auch Anaerobier und Actinomyzeten besonders häufig vorkommen, kann sich bei Prädisposition leicht eine Infektion entwickeln. Therapie Eine sofortige stationäre Versorgung ist bei V. a. Epiglottitis angezeigt. Als antiinfektive Therapie stehen Cephalosporine der Gruppe 3 (Cefotaxim, Ceftriaxon oder Amoxicillin / Clavulansäure oder Ampicillin / Sulbactam) zur Verfügung. Der Begriff Krupp wurde in der Vergangenheit für die Diphtherie verwendet. Bei der akuten stenosierenden Laryngotracheitis handelt es sich nicht um einen "Pseudo-Krupp" (Ursache unbekannt), sondern um eine Infektionskrankheit, also einen "Infekt-Krupp". Therapie Das Krankheitsbild kann mit antiobstruktiven Medikamenten behandelt werden. Bei Versagen der antiobstruktiven Therapie ist auf eine Fremdkörperaspiration hin zu untersuchen. Der Nutzen der Sauerstofftherapie ist umstritten. Die systemische Steroidtherapie ist bei der schweren Form als Therapieversuch generell angezeigt. Die Gabe von Sauerstoff bei Hypoxämie ist umstritten. Die Wirksamkeit von Sekretolytika und Atemluftbefeuchtung ist nicht erwiesen. Bei obstruktiver Bronchitis und Bronchiolitis kann die inhalative Gabe eines kurz wirkenden β 2 -Mimetikums, bei Säuglingen zusammen mit Ipratropiumbromid, versucht werden. Auf die Behandlung von RSV-Infektionen wird in › Kap. 10.3.56 eingegangen. Die häufigste Form der Lungenentzündung im Kindesalter ist die ambulant erworbene Pneumonie ("pediatric community-acquired pneumonia" = pCAP), die in erster Linie klinisch diagnostiziert wird. Hierzu gehören respiratorische Symptome wie Husten und Atemnot, thorakale Symptome sowie Fieber, Tachykardie, Nahrungsverweigerung, Dehydratation, Bauchschmerzen, Inaktivität und Vigilanzveränderungen. Die Pneumonie ist eine häufige Erkrankung im Kindesalter. Bei unter 5-bzw. 1-jährigen Kindern ist die Inzidenz mit 28-150 Pneumonien pro 10.000 Kindern pro Jahr hoch. Klinisch wird die nicht schwere pCAP von der schweren pCAP mit Dehydratation, stark reduziertem Allgemeinzustand, Nahrungsverweigerung, Somnolenz und Bewusstlosigkeit unterschieden. Hinweise für eine bakterielle Pneumonie sind hohes Fieber, stark reduzierter Allgemeinzustand, Hypoxämie und initial fehlender Husten. Die wichtigsten Erreger der Pneumonie im Kindesalter sind nach Alter und Risikofaktoren gegliedert. › Tab. 10.21 nennt die häufigsten Erreger verschiedener Pneumonieformen im Kindesalter. Pneumokokken verursachen Lobärpneumonien. Komplikationen einer Pneumonie können parapneumonische Pleuraergüsse oder Pleuraempyeme sein. Eine basale Pneumonie kann mit ausgeprägten Bauchschmerzen einhergehen, die eine Appendizitis oder ein anderes intraabdominales Geschehen vortäuschen können. Hier ist die Beobachtung der Atmung in Phasen, in denen das Kind nicht schmerzgeplagt ist (auch nach Gabe eines Analgetikums), für die Diagnosestellung hilfreich. Kinder mit einer Mykoplasmenpneumonie zeigen oft einen trockenen Reizhusten und Dyspnoe sowie häufig einen unauffälligen Auskultationsbefund. Bei 1-4 Monate alten Säuglingen mit Tachypnoe und einem pertussiformen Husten ohne Fieber ist an eine Chlamydia-trachomatis-Pneumonie zu denken, insbesondere, wenn gleichzeitig eine meist eitrige einseitige Konjunktivitis vorliegt. Feinblasige, inspiratorische Rasselgeräusche weisen eine hohe Spezifität für die Prädiktion einer Pneumonie auf. Diagnose Die pCAP wird primär klinisch diagnostiziert. Röntgenaufnahmen des Thorax sind routinemäßig nicht erforderlich und sollten nur bei schwerer Erkrankung, bei V. a. Pleuraerguss, Atelektase, Tbc, Tumor und Lungenödem sowie bei ausbleibender Besserung / Entfieberung durchgeführt werden. Anhand radiologischer Veränderungen allein kann nicht zuverlässig zwischen viraler und bakterieller Pneumonie unterschieden werden. Bei Patienten mit einer nicht schweren pCAP sollte keine routinemäßige Blutentnahme erfolgen, da anhand der Parameter auch nicht zuverlässig zwischen viraler und bakterieller Pneumonie unterschieden werden kann. Ein Erregernachweis sollte bei Patienten mit schwerer pCAP, Therapieresistenz oder Komplikationen mittels Nachweis bakterieller Erreger aus Blutkultur, induziertem Sputum (Schulalter, Patienten mit CF) oder Pleuraerguss angestrebt werden. Bei ausgeprägten Pleuraergüssen ist eine diagnostische (Identifikation des Erregers und Resistenzbestimmung), notfalls auch eine therapeutische Punktion des Pleuraraums sinnvoll. Eine Erregergewinnung mittels Bronchoskopie und bronchoalveolärer Lavage (BAL) ist nur bei Patienten mit schwer verlaufender, therapierefraktärer Pneumonie bzw. Immundefizienz angezeigt. In der jüngeren Vergangenheit wird vermehrt die PCR-(Multiplex-PCR-)Diagnostik eingesetzt, um eine Vielzahl von bakteriellen und viralen Pneumonieerregern zu erfassen. Akut sind die Ergebnisse allerdings oft nicht verfügbar. Die serologische Diagnostik aus Einzelproben kann bei Mycoplasma pneumoniae bzw. Chlamydia pneumoniae versucht werden. Serologische Verlaufsuntersuchungen mit Bestimmung von Antikörpern in Serenpaaren (initiale und in der Rekonvaleszenz) spielen in der Praxis kaum eine Rolle. Die Candidiasis der Haut (Soordermatitis) ist ein häufiges Krankheitsbild bei Kindern, die eine Windel tragen. Candida-Infektionen der Schleimhäute und inneren Organe sind opportunistische Infektionen bei immunsupprimierten Patienten oder Patienten mit anderen Risikofaktoren. Übertragung Candida spp. können direkt mit einer Kontaktoder Schmierinfektion übertragen werden. Sie verfügen über eine äußerst geringe Kontagiosität. Hygienische Basismaßnahmen sind daher in der Regel ausreichend. Infektionen von der Mutter auf das Neugeborene unter der Geburt oder postnatal sind denkbar. Weitere Übertragungsmöglichkeiten sind Geschlechtsverkehr, von Patient zu Patient oder von Pflegepersonal / Ärzten zu Patient. Indirekte Übertragungen sind als Schmierinfektion über Händekontakt, stuhlhaltige Windeln, Pflegeutensilien und Einrichtungsgegenstände möglich. Nahrungsmittel können eine orale Infektion auslösen. Nosokomiale Candida-Infektionen werden über Katheter, Infusionslösungen oder medizinische Geräte vermittelt. Grundsätzlich ist immer auch eine endogene Infektion, ausgehend von der Besiedelung der Schleimhäute, möglich. Therapie Eine Schleimhaut-Candidiasis kann mit Miconazol (Säuglinge: 100 mg in 4 ED, Mundgel), Nystatin (Säuglinge: < 1.500 g 300.000 E in 3 ED, > 1.500 g 450.000 E in 3 ED als Suspension), Amphotericin B (Säuglinge: < 1.500 g 0,8 ml [80 mg] in 4 ED, > 1.500 g 1,6 ml [160 mg] in 4 ED als Suspension) sowie Fluconazol (Säuglinge: 6 mg / kg KG in 1 ED p. o.) behandelt werden. Jenseits der Neugeborenenperiode kommen bei oberflächlichen Candida-Infektionen (z. B. der oropharyngealen Candidiasis [Mundsoor]) topisches Nystatin, Clotrimazol oder Fluconazol zum Einsatz. Die ösophageale Candidiasis wird mit Fluconazol behandelt. Die Therapie der vulvovaginalen Candidose besteht aus topisch antimykotisch wirksamen Azolen bzw. Miconazol / Clotrimazol oder Fluconazol / Itraconazol. Risikofaktoren Risikofaktoren für invasive Candida-Infektionen sind: Prophylaxe Zur Prophylaxe invasiver Candida-Infektionen gehören ein sorgfältiges Hygieneregime, die Behandlung des vaginalen Hefebefalls am Ende der Schwangerschaft, die klinische Überwachung mykosegefährdeter Patienten mit dem Ziel der Frühdiagnostik und -therapie invasiver Candida-Mykosen. Hier sind insbesondere extrem frühgeborene Kinder zu nennen und solche, die mit einer immunsuppressiven Therapie, Breitband-Antibiotika und intensivmedizinischen Maßnahmen behandelt werden. Fadenpilze der Gattung Aspergillus können verschiedene Krankheitszustände auslösen. Hierzu gehören die allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) sowie die chronische pulmonale Aspergillose. Unter den verschiedenen Formen der invasiven Aspergillose ist die invasive pulmonale Aspergillose am häufigsten. Absiedelungen, insbesondere in das ZNS, kommen nicht selten vor. Epidemiologie Die wichtigsten klinischen Risikofaktoren für invasive Aspergillus-Infektionen sind eine prolongierte und profunde Granulozytopenie (< 500 Neutrophile Granulozyten / µl über ≥ 10 Tage) sowie funktionelle Defekte von Granulozyten und Makrophagen (septische bzw. chronische Granulomatose, Glukokortikoidtherapie, GvHD). Patienten mit AML bzw. Leukämierezidiven weisen ein hohes Risiko für invasive Aspergillosen auf. Klinisches Bild Das klinische Bild der invasiven Aspergillose besteht aus Fieber, respiratorischen und infarktartigen Symptomen, bei Beteiligung des ZNS sind fokale oder diffuse neurologische Ausfälle zu registrieren. Die radiologischen Befunde sind oftmals unspezifisch und nicht immer wegweisend. Diagnose Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist, bei Risikopatienten an eine Aspergillus-Infektion zu denken. Pulmonale bzw. zentralnervöse Befunde können mittels MRT identifiziert werden. Herdförmige Läsionen erscheinen charakteristisch mit umgebender milchglasartiger Verdichtung ("halo sign"). Einschmelzungen sind charakteristisch. Aspergillus-Arten sind in Blutkulturen schwer nachweisbar. Der Nachweis von Galactomannan (einem membranassoziierten Glykosid) im Serum, in der BAL bzw. im Liquor sowie Verfahren der Nukleinsäureapplikation von Aspergillus spp. an Punktions-und Biopsiematerial kann die Diagnose erleichtern. Galactomannan-Bestimmungen weisen eine hohe Variabilität hinsichtlich der Sensitivität und Spezifität sowie der Vorhersagewerte auf, weswegen die Befunde nur im klinischen Kontext interpretiert werden können (Vortestwahrscheinlichkeit). Therapie Initialtherapie der 1. Wahl: Voriconazol (16 mg / kg KG / Tag in 2 ED, Tag 1: 18 mg / kg KG in 2 ED für die Altersgruppe 2-14 Jahre; 8 mg / kg KG in 2 ED, Tag 1: 12 mg / kg KG in 3 ED ab 15 Jahre und für 12-bis 14-Jährige mit einem KG von > 50 kg) oder die i. v. Gabe von liposomalem Amphotericin B (3 mg / kg KG / Tag in 1 ED). Zur Zweitlinientherapie stehen je nach Vorbehandlung liposomales Amphotericin B, Amphotericin-B-Lipidkomplex, Voriconazol, Caspofungin, Posaconazol und Itraconazol zur Verfügung. Bei einer ZNS-Aspergillose gilt wegen der guten Gewebegängigkeit Voriconazol als Mittel der Wahl. Frühgeborene, Neugeborene und Kinder in den ersten beiden Lebensjahren werden aufgrund der weitgehend fehlenden Daten zur Therapie mit liposomalem Amphotericin B (3 mg / kg KG / Tag in 1 ED) oder Amphotericin-B-Lipidkomplex (5 mg / kg KG / Tag in 1 ED) behandelt. Bei dringender Indikation kann die Therapie mit Caspofungin auch bei Früh-und Neugeborenen erwogen werden (25 mg / m 2 KOF / Tag in 1 ED). Nach klinischer Stabilisierung kann eine orale Weiterbehandlung mit Voriconazol erfolgen. Prophylaxe Die tragende Säule der Prophylaxe invasiver Aspergillosen ist die Expositionsprophylaxe gegenüber aerogenen Konidien. Aus diesem Grund sind spezielle raumlufttechnische Vorkehrungen zu treffen. Bei Hochrisikopatienten in der Hämato-Onkologie kann eine präventive Therapie mit Itraconazol, Zu den Stichverletzungen gehören sicher auch Nadelstichverletzungen (berufliches Umfeld). Das Infektionsrisiko nach einer Kanülenverletzung für Hepatitis B (HBV) liegt bei 10-40 %, für Hepatitis C (HCV) bei 3-6 % sowie für HIV bei 0,1-0,3 %. Zu den Maßnahmen im Verletzungsfall gehören: bluten lassen (ausdrücken, aber nicht die Wunde quetschen), 5-10 min Desinfektion. Danach sollte eine unmittelbare Vorstellung beim Betriebsarzt erfolgen und Kontakt zur infektiologischen bzw. mikrobiologischen Abteilung aufgenommen werden. Entscheidung zur Postexpositionsprophylaxe (PEP) und Einleitung eines D-Arzt-Verfahrens. Bei Messerstichverletzungen ist meistens von einer Infektion mit S. aureus, seltener mit GAS auszugehen. Das Infektionsrisiko ist abhängig vom Ort der Verletzung (Umgebungsflora) sowie vom verwendeten Messer. Neben den hautständigen Erregern (Staphylokokken, Streptokokken) kommt somit eine Vielzahl von Pathogenen infrage. Es bedarf einer individuellen Evaluation des Infektionsrisikos. Verbrennungen werden, abgesehen von chirurgischen Maßnahmen wie Escharotomie oder Fasziotomie, internistisch oder intensivmedizinisch (nach Ausmaß) versorgt. Es gilt nekrotische Zu den Knochen-und Gelenkinfektionen gehören die Osteomyelitis, (meistens) eine Infektion des Knochens, die von Bakterien und seltener von Pilzen oder anderen Mikroorganismen hervorgerufen wird, sowie die septische Arthritis. Die Inzidenz der hämatogenen Osteomyelitis und septischen Arthritis wird in Europa mit etwa 5-10 Fällen je 100.000 Kinder pro Jahr angegeben. Zuletzt war eine abnehmende Tendenz zu erkennen. Bei den häufigen Nachweisen von Koagulase-negativen Staphylokokken kann es sich auch um Kontaminationen handeln. Etwa 2 % der Neugeboreneninfektionen sind durch Anaerobier, besonders Bacteroides fragilis bedingt. Häufigkeit und Epidemiologie Man unterscheidet die frühe ("early onset", EOS) Neugeboreneninfektion (Inzidenz bei Reifgeborenen ca. 0,8 je 1.000 für kulturgesicherte Infektionen, Frühgeborene: Inzidenz ca. 10 je 1.000 für kulturgesicherte Sepsis bei VLBW-Frühgeborenen). Die Inzidenz für eine klinische, nicht kulturgesicherte Neugeborenensepsis liegt je nach Definition um den Faktor 10-30 höher. Früh-und Neugeboreneninfektionen durch GBS beginnen in der Regel schon intrauterin oder unmittelbar nach der Geburt. Von einer "Late-onset"-Infektion (LOS) spricht man, wenn diese später als im Alter von 72 h bzw. 7 Tagen (bei GBS) auftritt. Weitere Symptome sind neurologischer Natur, z. B. Lethargie, Hypotonie, Hyperexzitabilität oder allgemeine Symptome wie Trinkschwäche, Nahrungsunverträglichkeit. Bei Frühgeborenen mit bakteriellen Infektionen können ähnliche Symptome auftreten, sie sind jedoch oftmals weniger ausgeprägt als bei Reifgeborenen. Eine nosokomiale Sepsis ist definiert als Sepsis, die sich später als 72 h nach Klinikaufnahme entwickelt. An einer Early-onset-Sepsis (EOS) erkranken in den USA 0,5-1,2 / 1.000 Lebendgeborene (Kinder ≥ 34 SSW), an einer Late-onset-Sepsis (LOS) ca. 6,2 je 1.000 Lebendgeborene (Frankreich). Bei einer EOS entstammen die Infektionserreger meist der mütterlichen Vaginalflora. Bei LOS sind Gefäßkatheter, Beatmungstuben oder andere medizinische Maßnahmen entscheidende Eintrittspforten, sodass insbesondere bei Frühgeborenen bevorzugt KNS, S. aureus oder Enterobakterien auftreten. Diagnostik Zu bakteriellen Infektionen bei Neugeborenen wurde kürzlich eine S2k-Leitlinie erarbeitet, auf die an dieser Stelle verwiesen wird: "Bakterielle Infektionen bei Neugeborenen": awmf.org/leitlinien/detail/ ll/024-008.html https://else4.de/l9p8v Zur Infektionsdiagnostik bei V. a. Neugeboreneninfektion / -sepsis werden neben der Blutkulturdiagnostik folgende Parameter empfohlen: Blutbild und Differenzialblutbild (I / T-Quotient), CRP, IL-6 (ggf. IL-8 Augeninfektionen können sich als Konjunktivitis (viral und bakteriell) als Keratitis, Blepharitis sowie Infektionen des Tränensystems und als orbitale oder intraokuläre Infektionen manifestieren. Die Neugeborenenkonjunktivitis ist definiert als eine Konjunktivitis, die im 1. Monat auftritt. Erreger Als Erreger kommen N. gonorrhoeae, Chlamydia trachomatis, Mischinfektionen sowie S. aureus, E. coli, Pneumokokken, GBS, H. influenzae u. a. infrage. In Industrienationen wird bei 0,5-1 % der Geburten mit einer Neugeborenenkonjunktivitis gerechnet. Klinisch liegt meist eine perakute beidseitige Konjunktivitis mit reichlich purulentem Sekret und massivem Lidödem vor. Diagnose Die Diagnose wird klinisch und mittels Abstrich gestellt. Therapie Therapeutisch werden Gonokokken mit Ceftriaxon (25-50 mg / kg KG / Tag i. v. in 1 ED) oder mit Cefotaxim (50-100 mg / kg KG / Tag i. v. in 2-3 ED für 1 Tag), Chlamydien mit Erythromycin (30-50 mg / kg KG / Tag p. o. in 2-3 ED) für 2 Wochen behandelt. Die Credé-Prophylaxe (1 % Silbernitrat oder Silberacetatlösung, einmalig nach Geburt) wird nicht mehr empfohlen. Eine einmalige direkt postnatale Gabe einer antibiotischen Augensalbe (Erythromycin 0,5 % oder Tetrazyklin 1 %) stellt eine gute Prophylaxe gegen Gonokokken, nicht aber gegen Chlamydien dar. Alternativ kann 2,5 % Jodlösung verwendet werden. Hierbei handelt es sich um eine ein-oder beidseitige Bindehautentzündung durch Bakterien. Läsionen durch HSV im Genitoanalbereich entfallen zu 80 % auf HSV2 und zu 20 % auf HSV1. Die HSV-Infektion kann durch sexuellen Kontakt und unter der Geburt auf das Neugeborene übertragen werden. Bei genitalen HSV-Infektionen sollte immer eine systemische Therapie erfolgen (Aciclovir). Die Syphilis wird durch Treponema pallidum hervorgerufen. Therapie Die antiinfektive Behandlung erfolgt erregerspezifisch. Bei Männern kann eine Infektion mit Trichomonas vaginalis Symptome einer Urethritis, Epididymitis oder Prostatitis verursachen, bei Frauen vaginalen Ausfluss, der diffus, übelriechend oder gelbgrün sein kann. Viele Patienten (70-85 %) haben minimale oder gar keine Symptome, und unbehandelte asymptomatische Infektionen können sogar Jahre persistieren. Humane Papillomaviren (HPV) werden entsprechend ihrem onkogenen Potenzial in die HPV-Typen "low risk" (HPV6 und HPV11), ursächlich für die Bildung von Condylomata acuminata (Feigwarzen), sowie "high risk" (HPV16 und HPV18 u. v. m.) Dazu gehören die Trichinellose sowie die Cholera (3 Fälle: Indien 2, Philippinen 1). Fleckfieberfälle wurden zuletzt nicht gemeldet. Bei den 2015 gemeldeten 43 Erkrankungen an Läuserückfallfieber handelt es sich um Asylsuchende vom Horn von Afrika. Im Winter 2013 / 2014 kam es zu einem anhaltenden Chikungunya-Fieberausbruch auf verschiedenen Inseln der Karibik (Martinique, San Martin, Guadeloupe). Der Ausbruch breitete sich in ganz Mittelund Südamerika aus. In Deutschland wurden 110 Fälle gemeldet. Keine Meldungen in Deutschland. 2015 wurden 722 Dengue-Fieber-Erkrankungen übermittelt. Dies ist die zweithöchste Fallzahl seit Einführung des IfSG. Die häufigsten Nennungen kommen nach Reisen aus Thailand (29 %), gefolgt von Indonesien (16 %) und Brasilien (7 %). Es wurden erstmalig einzelne Fälle berichtet. Die 2015 gemeldeten 16 Fälle einer kutanen Leishmaniose traten nach Reisen in folgende Länder auf: Syrien 6, Tunesien 4, Mallorca 2, Israel 2, Brasilien 1, Peru 1. Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die von Bakterien, Parasiten, Pilzen, Prionen oder Viren verursacht und wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können (Mensch → Tier = Anthropozoonose; Tier → Mensch = Zooanthropose • Bakterien: Wichtige bakterielle Zoonosen sind: Trichophytien, Mikrosporidien. Bei den parasitären Zoonosen werden Einzeller, Würmer und Arthropoden differenziert. Die wichtigsten seien an dieser Stelle genannt. Amöbenruhr (Amöbiasis) ist eine Infektion des Darms durch das Protozoon Entamoeba histolytica. Nach WHO-Schätzungen erkranken pro Jahr bis zu 50 Mio. Menschen an einer invasiven Amöbiasis. Die Amöbiasis ist in den meisten tropischen und subtropischen Regionen der Erde endemisch. Sie ist nicht auf die Tropen beschränkt, sondern findet sich überall dort, wo aufgrund niedriger Hygienestandards eine fäkal-orale Übertragung möglich ist. In Deutschland ist die Amöbiasis vor allem eine Erkrankung von Reiserückkehrern. Der Mensch ist der einzig relevante Wirt für Entamoeba histolytica. Entamoeba histolytica verlaufen asymptomatisch. In 10-20 % der Fälle kommt es zu einer Invasion des Parasiten in das Gewebe mit dem klinischen Bild einer Amöbenkolitis (Amöbenruhr). Die Inkubationszeit ist sehr variabel und kann bis zu mehrere Jahre betragen. Typische Symptome sind Bauchschmerzen und blutige Diarrhöen. Komplikationen Der Verlauf kann durch einen Amöbenleberabszess, Darmulzerationen bzw. -perforationen mit konsekutiver Peritonitis kompliziert sein. Ferner wurden Abszedierungen an Pleura und in der Lunge sowie im Herzbeutel beschrieben. Diagnose Die Diagnose der Amöbenruhr erfolgt durch den Erregernachweis, wobei die Mikroskopie in der Regel unzureichend ist. Nur der Nachweis von 20-60 µm großen Trophozoiten von Erreger Campylobacter gehören zu einer RNA-Superfamilie von gramnegativen Bakterien, zu der auch Helicobacter und Arcobacter gehören. Charakteristisch für diese Bakterien ist, dass sie die Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts oder die Reproduktionsorgane besiedeln. Durch ihre Spiralform und Begeißelung sind sie auch in Schleimhäuten mobil. Es wurden 26 Spezies, 2 provisorische Spezies und 9 Subspezies identifiziert, von denen Campylobacter (C.) jejuni, C. coli und C. fetus die wichtigsten humanpathogenen Spezies sind. Einige Stämme produzieren Toxine. Schon eine sehr geringe Ingestionsdosis kann eine Infektion auslösen. Campylobacter, besonders C. jejuni, gehören weltweit zu den häufigsten Verursachern der akuten bakteriellen Enteritis. Es ist eine steigende Inzidenz zu beobachten. Die Häufigkeitsverteilung zeigt zwei Spitzen: 1. Kinder < 2-5 Jahre 2. Junge Erwachsene Die Inzidenz kann sehr unterschiedlich ausfallen (14-1.500 je 100.000 Gesamtpopulation / Jahr). Eine Infektion mit Campylobacter ist für etwa jeden 5. Fall einer Reisediarrhö verantwortlich. Komplikationen Komplikationen sind selten und kommen in der Regel nur bei immunsupprimierten Patienten vor. Bei Gesunden können Cholezystitis, Peritonitis, Meningitis, Vaskulitis, Erythema nodosum, Perikarditis und Myokarditis sowie septische Arthritis und Weichteilinfektionen den Verlauf komplizieren. Selten kann ein Guillain-Barré-Syndrom auftreten. Die Induktion eines Aborts durch C. fetus muss als Komplikation bezeichnet werden. Die Diagnose wird durch den Nachweis in der Stuhlkultur geführt. Zur Erhöhung der Sensitivität können eine speziesspezifische PCR oder 16S-rRNA eingesetzt werden. Therapie Neben der symptomatischen Behandlung (Rehydratations-, Flüssigkeits-und Elektrolyterhalt) wird eine antiinfektive Therapie nur bei schwerem, lang anhaltendem Verlauf (> 1 Woche) durchgeführt. Eine Behandlungsindikation stellt die Erkrankung von jungen Säuglingen oder Kindern mit beeinträchtigter Immunabwehr dar. Makrolide sind die Antiinfektiva der 1. Wahl. Azithromycin wird meist über 3 Tage in einer Dosis von 10 mg / kg KG / Tag mit 1 ED verabreicht, wobei auch die Einzelgabe von 30 mg / kg KG / Tag als sehr effektiv gilt. Bei einer Sepsis werden Meropenem, Gentamicin, Clindamycin und Cephalosporine der Gruppe 3 eingesetzt. Prävention Eine Impfung steht nicht zur Verfügung. Die wichtigsten präventiven Maßnahmen sind konsequente Küchenhygiene und Sorgfalt bei der Speisenzubereitung. Erkrankte Personen werden isoliert. Es besteht Meldepflicht (IfSG). Pilze lassen sich systematisch einteilen in Dermatophyten, Hefepilze und Schimmelpilze. Hinsichtlich der klinischen Manifestation spricht man von lokalen und oberflächlichen Mykosen sowie systemischen Mykosen. Dermatophyten, Hefepilze und Schimmelpilze werden auch als "DHS-System" zusammengefasst. Nahezu drei Viertel aller Pilzinfektionen werden durch Dermatophyten (Epidermophyton, Microsporum, Trichophyten) hervorgerufen. Etwa 20 % entfallen auf Hefepilze. Hier sind insbesondere Candida, Cryptococcus und Pityrosporum zu nennen. Bei den Schimmelpilzen (ca. 5 % der Infektionen) sind vor allem Aspergillus und Mucor wichtige Vertreter. Pilzinfektionen kommen in Deutschland durch folgende Spezies vor: Aspergillus spp., Candida spp., Kryptokokken, Mucor spp., Pseudallerischia bzw. Scedosporium. Am häufigsten kommen Candida-Infektionen der Schleimhäute, überwiegend durch C. albicans verursacht, vor. Unter den Erregern invasiver Infektionen ist C. albicans mit 50-70 % der häufigste Erreger, gefolgt von C. parapsilosis, C. glabrata und C. tropicalis. Wesentlich für die Abwehr von Haut-und Schleimhautinfektionen sind Mechanismen der erworbenen zellulären Immunität. Candida-Infektionen werden vorzugsweise durch Phagozytose abgewehrt. Störungen der erworbenen zellulären Immunität sowie der Granulozytenfunktion und eine "Unreife" prädisponieren für Candida-Infektionen im Allgemeinen. Eine spezifische Inkubationszeit kann nicht angegeben werden. Man unterscheidet die Candidiasis der Haut von Candida-Infektionen der Schleimhäute und inneren Organe. Haut ist eine typische Infektionskrankheit des Säuglingsalters. In späteren Lebensabschnitten deutet eine solche Infektion auf prädisponierende Faktoren, wie z. B. Diabetes mellitus oder Immundefekte, hin. Neben dem Windelsoor, der konnatalen kutanen Candidiasis sowie der Candidiasis des Genitale kann sehr selten eine chronische mukokutane Candidiasis (CMC) im Rahmen von Autoimmunerkrankungen vorkommen. Diagnose Die Diagnose der Haut-Candidiasis wird klinisch gestellt. Therapie Es haben sich Miconazol-Zinkoxid-Kombinationspasten bzw. Nystatin-Zinkpasten als effektiv erwiesen. Bei den Candida-Infektionen der Schleimhäute und inneren Organe unterscheidet man die oropharyngeale Candidiasis sowie eine Candidiasis des Magens und des Darms von einer Candida-Sepsis, die überwiegend als nosokomiale Infektion bei Frühgeborenen < 1.000 g, bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien und intensivmedizinischen Erkrankungen auftritt und eine hohe Letalität aufweist. Im Prinzip kann eine Candidiasis jedes Organ betreffen und als Endokarditis, Infektion von Larynx und Bronchien, Osteomyelitis sowie Infektionen der Nieren und ableitenden Harnwege, Endophthalmitis und ZNS-Infektionen auftreten. Invasive Candida-Infektionen mit hämatologischer Grunderkrankung sind mit folgenden Risikofaktoren assoziiert: protrahierte Granulozytope nie, ZVK, Therapie mit Kortikosteroiden und ggf. Biologika sowie Mukositis und Gabe von Breitspektrum-Antiinfektiva. Diagnose Die Diagnose bei Schleimhautinfektionen bzw. invasiver Candida-Infektion wird neben den typischen klinischen Symptomen durch eine Pilzkultur gestellt. Aspergillus spp. sind ubiquitär verbreitet. Sie wachsen bevorzugt im Erdreich, in Kompost und anderem organischem Abfall. In Wohnbereichen befinden sie sich häufig an feuchten Wänden, auf Topfpflanzen oder Hydrokulturen sowie im Biomüll. Im Krankenhaus sind vor allem Klimaanlagen, Baustellen, Wasserhähne und Duschköpfe mögliche Habitate von Aspergillus. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Die übliche Eintrittspforte der < 5 µm großen Konidien ("Sporen") ist der Respirationstrakt (inkl. der Nasennebenhöhlen). Häufigkeit Die wichtigsten klinischen Risikofaktoren für eine invasive Aspergillus-Infektion sind eine prolongierte Granulozytopenie (< 500 neutrophile Granulozyten / µl über ≥ 10 Tage) sowie funktionelle Defekte von Granulozyten und Makrophagen. Neben der invasiven Aspergillose werden unter dem Begriff chronische pulmonale Aspergillose verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, die bei nicht abwehrgeschwächten Patienten auftreten können. Klinische Formen sind die chronische kavitäre pulmonale Aspergillose, herdförmige noduläre Manifestationen und singuläre Aspergillome. In Europa erworbene Kryptokokkosen werden meist durch die Hefe Cryptococcus (C.) neoformans verursacht, seltener durch C. gattii. Von C. neoformans liegen mehrere Serotypen vor. Die Hefe ist weltweit verbreitet und kommt hauptsächlich in Vogelfäkalien (Tauben, Papageienarten), in kontaminierter Erde oder Staub vor. Die Übertragung erfolgt durch Inhalation der hitze-und austrocknungsresistenten Erreger. Auch Verletzungsmykosen sind beschrieben worden. Die Inkubationsdauer nimmt bis zu mehrere Wochen ein. Klinische Symptome Das klinische Bild tritt überwiegend bei immunsupprimierten Patienten mit T-Zell-Defekten auf. Weniger häufig werden Kryptokokkosen bei Personen mit Organtransplantation oder malignen Tumoren unter Chemotherapie bzw. Langzeit-Steroidmedikation diagnostiziert. Im Primärstadium ist die Infektion häufig inapparent. Mit der hämatogenen Disseminierung (Sekundärstadium) können alle parenchymatösen Organe erreicht werden. Diagnostik Es stehen kulturelle (mikroskopischer Direktnachweis bekapselter Hefen im Tusche-Präparat aus Liquorsediment, Urin, Biopsat u. a.), serologische (Antigennachweis im Serum und Liquor) sowie histologische Nachweismethoden zur Verfügung. Therapie Bei einer disseminierten und zerebralen Kryptokokkose wird eine Kombinationstherapie mit Amphotericin B (ggf. als liposomale Formulierung) und 5-Flucytosin empfohlen. Die Therapie wird bis zur Sterilisierung des Liquors durchgeführt. Sodann erfolgt eine Konsolidierungstherapie mit Fluconazol für mindestens 8 Wochen. Kann Amphotericin B nicht verordnet werden, so bietet sich die Kombination von Fluconazol mit 5-Flucytosin an. Bei Personen mit Immunsuppression muss eine langfristige Rezidivprophylaxe diskutiert werden. Die Lungenkryptokokkose braucht bei intakter Immunabwehr und milder Klinik nicht zwingend behandelt zu werden. Prävention Eine spezifische Prävention ist nicht möglich. Immunsupprimierten Patienten wird empfohlen, Streuquellen zu meiden. Aktinomykosen werden durch Actinomyces-Arten (A. israelii, A. gerencseriae) hervorgerufen. Bislang wurden 25 verschiedene Actinomyces spp. identifiziert. Viele Actinomyces-Arten sind Bestandteil der Schleimhautflora. Eine Differenzierung zwischen Infektion und Kolonisation ist daher keineswegs einfach. Alle Aktinomykosen, mit Ausnahme der nach Menschenbiss oder Faustschlagverletzungen entstandenen kutanen Formen, sind endogene Infektionskrankheiten, die nicht ansteckend und sporadisch weltweit verbreitet sind. Risikofaktoren sind Immundefizienz, Diabetes mellitus, Immunsuppression und Alkoholismus. Chlamydien sind obligat intrazelluläre Bakterien, die extrazellulär als infektiöse, aber metabolisch inaktive Elementarkörperchen vorkommen können. Intrazellulär spricht man von aktiven Retikularkörperchen. Aus Retikularkörperchen entstehen inaktive Elementarkörperchen, die unter Zerstörung der Wirtszelle freigesetzt werden. Die früher übliche Einteilung der Familie Chlamydiacae in die Gattungen Chlamydia und Chlamydophila wurde aufgegeben. Klinisch bedeutsam sind C. trachomatis, C. suis, C. psittaci, C. abortus sowie C. pneumoniae u. a. Im Folgenden werden Chlamydia-trachomatis-, Chlamydia-pneumoniae-sowie Chlamydia-abortus-Infektionen besprochen. Chlamydia-trachomatis-Infektionen führen zu einem Trachom, einer Konjunktivitis oder zu respiratorischen bzw. urogenitalen Infektionen sowie dem Lymphogranuloma venereum. Erreger Erreger sind C. trachomatis der Serogruppen B und D -K. Bei sexuell aktiven Jugendlichen wurden urogenitale Infektionen mit C. trachomatis bis zu 13 % im weiblichen Urogenitaltrakt nachgewiesen. Bei Personen > 30 Jahren sinkt die Prävalenz unter 2 %. Infektionen durch C. trachomatis gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten. Bei präpubertären Kindern können genitale Chlamydien-Infektionen auf sexuellen Missbrauch hinweisen. Das klinische Bild entspricht dem einer Urethritis mit Dysurie und Ausfluss. Diagnose Die Diagnose wird durch den Erregernachweis aus zellhaltigen Abstrichen vom Urogenitaltrakt, ggf. einschließlich laparoskopischer oder aus der Urethra gewonnenem Sekret gestellt. Serologischen Verfahren kommt keine Bedeutung zu. Therapie Bei Kindern ab 8 Jahren Doxycyclin für 7-10 Tage p. o., Azithromycin über 3 Tage bzw. alternativ Ofloxacin oder Levofloxacin. Prävention Verwendung von Kondomen. Urogenitale Infektionen durch C. trachomatis sind meldepflichtig (IfSG). Hierbei handelt es sich um eine Infektion mit einer indolenten, vesikulären, papulösen oder ulzerösen Primärläsion im Genitalbereich, die nach einigen Tagen ohne Narbenbildung spontan abheilt. Nach einem symptomfreien Intervall von 1-8 Wochen kommt es zu einer schmerzhaften Schwellung, u. a. der Leistenlymphknoten, mit rötlich livider Verfärbung der darüber liegenden Haut und möglicher Abszedierung sowie allgemeinem Krankheitsgefühl und Fieber. Erreger Die Infektionskrankheit wird durch C. trachomatis der Serogruppen L1 -L3 (am häufigsten L2) hervorgerufen. Der Erreger wird sexuell übertragen. Endemische Regionen sind Asien, Afrika, Südamerika und Teile der Karibik. In Europa werden lokale Ausbrüche vor allem bei HIV-positiven Männern beobachtet. Die Inkubationszeit beträgt 2-12 Tage. Diagnose Die Diagnose wird durch den Erregernachweis aus zellhaltigem Abstrich vom Primärulkus aus der Urethra oder dem Rektum, Eiter oder Punktionsmaterial befallener Lymphknoten gestellt. Therapie Doxycyclin, Erythromycin. Prävention Verwendung von Kondomen. Es besteht Meldepflicht (IfSG). Chlamydia pneumoniae ist weltweit verbreitet. Um die Pubertät herum lässt sich ein steiler Anstieg spezifischer Antikörper mittels seroepidemiologischer Untersuchungen feststellen. Bei Erwachsenen werden mit zunehmendem Alter Seroprävalenzraten von > 80 % erreicht. Klinische Symptome Der Erreger verursacht im Kindesalter bis zu 11 % der ambulant erworbenen Pneumonien. Reinfektionen können während des gesamten Lebens auftreten. Die Inkubationszeit beträgt 1-4 Wochen. Klinisch lassen sich Infektionen der oberen Atemwege (Sinusitis, Pharyngitis, Otitis media) sowie der unteren Atemwege (Bronchitis, Pneumonie) beobachten. Seltene extrapulmonale Manifestationen umfassen Meningoenzephalitis, reaktive Arthritis, Myokarditis, Guillain-Barré-Syndrom. Diagnose Die Diagnose wird typischerweise durch den Erregernachweis aus den unteren Atemwegen (BAL) oder anderen Sekreten gestellt. Trotz Erregernachweis können Antikörper fehlen. Therapie Doxycyclin, Erythromycin, Roxithromycin. Meldepflichtig sind gehäuft auftretende Infektionen (IfSG). Erreger Chlamydia-psittaci-Infektionen gehören zu den Ornithosen. Die Übertragung der Erreger erfolgt mittels getrocknetem Kot oder über Sekrete (Staub) oft asymptomatisch infizierter Vögel. Die Erkrankung ist in Deutschland selten. Die Inkubationszeit beträgt 5-14 Tage (bis zu 40 Tage). Krankheitsbild mit hohem Fieber, starken Muskel-und Kopfschmerzen sowie Meningismuszeichen nach kürzlichem Kontakt mit Vögeln. Bei vielen Patienten entwickelt sich dann eine interstitielle Pneumonie mit trockenem, anhaltendem, nicht produktivem Husten. Diagnose Antikörper sollten mittels Mikroimmunfluoreszenztest oder einem Immunoblot gesucht werden, der Antigene der drei humanpathogenen Chlamydien enthält. Der Erregernachweis wird mit molekularbiologischem Verfahren aus respiratorischen Proben geführt. Therapie Siehe Chlamydia pneumoniae. Es besteht eine Meldepflicht bei Erkrankungen oder Tod (IfSG). Erreger Nach Kontakt schwangerer Frauen mit infizierten lammenden Mutterschafen oder Kühen kann es zu einer schweren fieberhaften Erkrankung mit Plazentitis bis hin zum Abort kommen. Die seltene Zoonose ist potenziell letal und wird durch Chlamydia abortus hervorgerufen. Die Diagnose erfolgt mittels PCR. • Latente CMV-Infektion (Persistenz im Gewebe, nicht im Blut) • Aktive CMV-Infektion (Symptome, "CMV-Erkrankung") • Asymptomatische CMV-Infektion CMV ist die häufigste Ursache einer konnatalen Infektion. 0,2-0,5 % der Neugeborenen werden pränatal infiziert. Eine CMV-Erstinfektion tritt bei ca. 0,5 % aller Schwangerschaften auf. In 30-50 % der Fälle kommt es dabei auch zur Infektion des Feten. Bei Schwangeren kann es zu einer Reaktivierung einer latenten CMV-Infektion oder zu einer "neuen" (Re-)Infektion durch einen anderen CMV-Stamm kommen. Es ist somit möglich, dass es auch bei einer zu Beginn der Schwangerschaft CMV-IgG-"positiven" Schwangeren zu einer erneuten Infektion kommen kann. Die hohe Inzidenz latenter Infektionen führt dazu, dass fetale Infektionen durch Reaktivierung ähnlich häufig sind wie durch Primärinfektionen. Die Inkubationszeit einer CMV-Infektion über infektiöse Körpersekrete beträgt 4-8 Wochen. Nach einer Bluttransfusion liegt die Inkubationszeit bei 3-12 Wochen, nach Organtransplantationen kommt es nach 4-8 Wochen zur Infektion. Stillen kann nach ca. 48 Tagen Inkubationszeit zur Infektion führen. Eine fetale CMV-Infektion kann zu einem Hydrops fetalis oder Abort führen. In Abhängigkeit vom Gestationsalter lassen sich charakteristische, bleibende Schäden ausmachen. Hierbei ist insbesondere das ZNS betroffen. Im ersten Trimenon kann es zu einer ZNS-Atrophie mit Lissenzephalie, im zweiten Trimenon mit Schizenzephalie, Balkenmangel, periventrikulären Verkalkungen und Polymikrogyrie, im dritten Trimenon mit okzipitoparietal betonter Leukenzephalopathie, subkortikalen Zysten, ventrikulären Adhäsionen und thalamustriatalen Vaskulopathien kommen. Andererseits bieten nur ca. 25 % aller Feten mit CMV-Infektion sonografische Veränderungen des ZNS. Postnatal weisen ca. 10 % aller Neugeborenen mit intrauteriner CMV-Infektion bei Geburt Symptome auf. Klinische Symptome sind Hepatosplenomegalie, Transaminasenerhöhung, Blutbildungsstörungen, Pneumonie, Kardiomyopathie, Chorioretinitis und Enzephalitis sowie intrauterine Wachstumsretardierung. Die Letalität der symptomatischen konnatalen CMV-Infektionen beträgt 10-15 %. Bis zu 50 % der Kinder weisen neurologische Defizite bzw. eine progrediente Innenohrschwerhörigkeit auf, die sich bei normalem Hörscreening in der Neonatalzeit auch erst im weiteren Verlauf entwickeln kann. Auch bei Kindern mit einer bei Geburt asymptomatischen CMV-Infektion (ca. 90 %) kann sich in 5-15 % der Fälle eine Innenohrschwerhörigkeit ausbilden. Es wird vermutet, dass bis zu 20 % der behandlungsbedürftigen Hörstörungen auf CMV-Infektionen zurückgehen. Diagnose Eine aktive CMV-Infektion wird durch den direkten Virusnachweis aus Blut, Liquor, Urin, Speichel-und Rachensekret, Amnionflüssigkeit oder Muttermilch diagnostiziert. Eine konnatale CMV-Infektion wird durch den Nachweis des Virus im Urin oder Speichel in der 1. bis 3. Lebenswoche diagnostiziert. Ein PCR-Nachweis im Blut ist möglich, aber nicht zuverlässig. Ab der 3. Woche nach der Geburt kann die Diagnose einer konnatalen CMV-Infektion nur noch retrospektiv durch den CMV-DNA-Nachweis in getrocknetem Blut aus der Stoffwechsel-Screeningkarte erfolgen. Therapie Im Vordergrund der Behandlung einer konnatalen CMV-Infektion steht die Vermeidung einer Innenohrschwerhörigkeit. Die Behandlung mit Valganciclovir wird bei symptomatischer konnataler CMV-Infektion empfohlen (32 mg / kg KG / Tag p. o. in 2 ED). Aus klinischen Studien konnten leichte Vorteile für eine 6-monatige (gegen 6-wöchentliche) Behandlung zur Verhinderung von Langzeitkomplikationen (Hörstörung, neurologische Entwicklung) ermittelt werden. Alternativ kann initial für 1-2 Wochen Ganciclovir (12 mg / kg KG / Tag i. v. in 2 ED) verabreicht werden. Beide Substanzen sind für Neugeborene nicht zugelassen. Die Behandlung erfolgt off-label. Bei immunsupprimierten Patienten mit symptomatischer CMV-Infektion (Meningoenzephalitis, Pneumonie, Hepatitis, Ösophagitis, Kolitis) ist eine Therapie mit Ganciclovir oder Valganciclovir indiziert. Prävention Expositionsprophylaxe: Das Risiko einer CMV-Konversion in der Schwangerschaft beträgt in Deutschland ca. 0,5 %. Wichtigste Ansteckungsquelle sind Urin und Speichel von asymptomatisch erkrankten Kindern. Während eine laktogene CMV-Infektion bei reifen und fast reifen Neugeborenen fast immer asymptomatisch verläuft, kann es bei sehr unreifen Frühgeborenen (< 32 SSW) zu einer symptomatischen Infektion kommen. Das Pasteurisieren einer etwaigen CMV-haltigen Muttermilch zur Verabreichung an sehr unreife Frühgeborene wird kontrovers beurteilt. Bei den tiefen Dermatophytosen (Tinea profunda) unterscheidet man entzündliche tiefe Dermatophytosen von nicht entzündlichen tiefen Dermatophytosen. Bei der häufigen Tinea pedis (Prävalenz > 10 %) kommt es zur interdigitalen Mazeration und / oder diffusen plantaren Schuppung, die nur selten mit Vesikeln einhergeht. Häufig ist bei der Tinea pedis der Nagel befallen (Tinea unguium oder Bronchomykose). Diagnose Einsatz der Wood-Lampe bei 365 nm: Innerhalb der befallenen Läsion zeigt sich eine hellgrüne bzw. schwachgrüne Fluoreszenz. Daneben kommen die Mikroskopie sowie der kulturelle Nachweis der Dermatophyten zum Einsatz. Therapie Man unterscheidet die topische von der systemischen Therapie. Topisch kommen Metronidazolderivate wie Clotrimazol, Econazol, Isoconazol, Bifonazol, Sertaconazol und Oxiconazol zum Einsatz. Systemisch ist Griseofulvin (20 mg / kg KG / Tag für 8-12 Wochen) Mittel der Wahl. Eine Meldepflicht besteht nicht. Erreger und Pathogenese Die Diphtherie wird durch Corynebacterium (C.) diphtheriae hervorgerufen. Es lassen sich vier Biotypen unterscheiden: gravis, mitis, belfanti und intermedius. Der pathogenetische Faktor ist die Bildung des Diphtherietoxins (Exotoxin), das nach Integrieren eines Bakteriophagen mit dem Diphtherietoxin-Gen DTX in der Bakterienzelle gebildet wird. Neben C. diphtheriae können C. ulcerans (Rachendiphtherie, Hautdiphtherie) und C. pseudotuberculosis (beide kommen bei Haus-und Nutztieren vor) Diphtherietoxin produzieren und diphtherieähnliche Symptome verursachen. C.-diphtheriae-Stämme ohne Toxinbildung sind apathogen. Erregerreservoir für C. diphtheriae ist der Mensch. Diphtheriefälle werden weltweit beobachtet. In westlichen Industrieländern ist die Zahl der Erkrankungen erheblich zurückgegangen. Dies ist nicht allein durch die Impfung zu erklären. In Deutschland werden importierte Erkrankungsfälle beobachtet. Infektionsquelle sind Erkrankte und Keimträger. Die Übertragung erfolgt aerogen bei "Face-to-face"-Kontakt oder durch Tröpfcheninfektion. Das Übertragungsrisiko durch Erkrankte ist höher als durch gesunde Keimträger. Die Inkubationszeit beträgt 2-5 Tage, gelegentlich länger. Klinische Symptome Häufigste Manifestationsform der Diphtherie ist die Rachendiphtherie mit Entzündung in der Tonsillopharyngealregion. Auch der Kehlkopf, die Nase oder der Tracheobronchialbaum können betroffen sein. Es bestehen hohes Fieber, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. Später kommen Stridor sowie Gaumensegellähmung und Lymphknotenschwellungen hinzu. Die Letalität der Diphtherie liegt bei 5-10 %; unter ungünstigen Verhältnissen kann sie bei Säuglingen und Kleinkindern sowie Erwachsenen auf 25-40 % steigen. Todesursache ist meistens eine Atemwegsob struktion oder Herzversagen infolge einer Myokarditis. Diagnose Wegweisend ist der klinische Befund. Der Erregernachweis (PCR) sollte aus Abstrichen der verdächtigen Läsion angestrebt werden. Erkrankte Personen erhalten sofort Antitoxin zur Toxinneutralisation kombiniert mit einer antiinfektiven Therapie (Penicillin, Erythromycin) über 14 Tage. Prävention Es steht eine Impfprävention zur Verfügung. Die Diphtherie-Impfung ist als Standardimpfung für alle Säuglinge, Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland von der STIKO empfohlen. Darüber hinaus bestehen Indikationen für zugereiste Personen. Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sind meldepflichtig. Primärinfektion mit EBV meist asymptomatisch oder unspezifisch. Ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene bieten das Bild der "akuten infektiösen Mononukleose" (AIM; synonym: "Pfeiffersches Drüsenfieber") mit hohem Fieber, exsudativer Angina tonsillaris, Pharyngitis, Lymphadenopathie, Abgeschlagenheit und Splenomegalie. Komplikationen können alle Organsysteme betreffen, insbesondere aber das Immunsystem sowie das hämatopoetische System. Bei Kindern mit angeborenem oder erworbenem Immundefekt (z. B. HIV-Infektion, Therapie mit Immunsuppressiva) kann eine EBV-Primärinfektion oder EBV-Reaktivierung zu schweren, häufig letalen lymphoproliferativen Krankheitsbildern ("lymphoproliferative disease", LPD) bis hin zu malignen B-Zell-Lymphomen führen. Bei EBV-assoziierten Komplikationen nach Transplantation von soliden Organen oder hämatopoetischen Stammzellen spricht man von einer "posttransplant lymphoproliferative disorder" (PTLD). Es sind verschiedene Malignome (Burkitt-, Hodgkin-, T-/ NK-Zell-Lymphome, Nasopharynx-, Magenkarzinome sowie Leiomyosarkome) mit EBV assoziiert. Weltweit ist das EBV für ca. 2 % aller Krebserkrankungen verantwortlich. Diagnose Das klinische Bild der AIM ist typisch und lässt sich meistens ohne weitere Laboruntersuchungen diagnostizieren. Das Blutbild weist vermehrt atypische, reaktive Lymphozyten auf. › Tab. 10.36 fasst typische Antikörpermuster für verschiedene Infektionsstadien zusammen. Therapie Eine antivirale Therapie existiert nicht. Im Wesentlichen wird symptomatisch behandelt. Enteroviren inkl. Coxsackie-, Echo-und Polioviren sind kleine, hüllenlose RNA-Viren innerhalb der Familie Picorna viridae. Zur Gruppe der Coxsackie-A-Viren zählen 22, zur Gruppe der Coxsackie-B-Viren 6 und zur Gruppe der Echoviren 28 Serotypen. Humane Enteroviren werden genotypisch in die Gruppen A, B, C und D eingeteilt. Diagnose und Therapie Die Diagnosestellung erfolgt mittels Nukleinsäureamplifikation, Virusisolierung oder in Ausnahmefällen mittels Serologie. Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung. Prävention Impfstoffe gegen Enteroviren befinden sich in der Vorbereitung. Keine frühere EBV-Infektion ----Frische EBV-Primärinfektion / AIM + + + - Chronische aktive EBV-Infektion + / -+++ +++ -/ + VCA: "virus capsid antigen"; EA: "early antigen"; EBNA1: "EBV nuclear antigen 1"; AIM = akute infektiöse Mononukleose Haemophilus-influenzae-Infektionen werden durch ein gramnegatives, oft kokkoides, unbewegliches und sporenloses Stäbchen aus der Familie der Pasteurellaceae hervorgerufen. Es sind bekapselte und unbekapselte Stämme bekannt. Man unterscheidet 6 Serotypen (a -f) und 8 Biotypen (I -VIII). Ein Großteil der invasiven Infektionen wurde vor Einführung der Impfung durch Hib hervorgerufen. Unbekapselte Stämme verursachen häufig Atemwegsinfektionen wie Otitis media, Sinusitis, Konjunktivitis, Bronchopneumonie sowie Exazerbation einer chronischen Bronchitis. influenzae kommt weltweit und ausschließlich beim Menschen vor. Unbekapselte Stämme gehören zur Normalflora des Nasen-Rachen-Raums. Invasive Infektionen kommen besonders bei Säuglingen und Kleinkindern vor. Die Inzidenz betrug vor Einführung der Impfung ca. 23 je 100.000 und Jahr bei Kindern unter 16 Jahren. Inzwischen ist sie auf unter 0,5 je 100.000 und Jahr gesunken. Für Hib beträgt die Inzidenz < 0,05 pro 100.000 und Jahr. Der Häufigkeitsgipfel der Hib-Meningitis liegt in den ersten beiden Lebensjahren, bei der Epiglottitis durch Hib dagegen im 3. bis 4. Lebensjahr. Nach Einführung der Hib-Impfung sind beide Krankheitsbilder nahezu verschwunden. Die Übertragung erfolgt mittels Tröpfcheninfektion oder durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch. Diagnose Ein kultureller Nachweis ist bei allen Kindern mit V. a. eine invasive Infektion anzustreben. Therapie Cefotaxim, Ceftriaxon, Cephalosporine der Gruppe 2, Amoxicillin plus Clavulansäure. Prävention Eine Chemoprophylaxe mit Rifampicin bei Indexpatienten mit einer invasiven Hib-Infektion ist sinnvoll, wenn nicht mit Ceftriaxon oder Cefotaxim behandelt wurde. Nach einem Kontakt zu einem Patienten mit invasiver Hib-Infektion wird von der Die Hepatitis C wird durch das Hepatitis-C-Virus (HCV), ein RNA-Virus aus der Flaviviren-Gruppe, hervorgerufen. Von diesem Virus existieren mindestens 18 Genotypen. In Deutschland wurden 2016 über 4.000 Hepatitis-C-Fälle beim RKI gemeldet. Etwa 0,4 % der Einwohner in Deutschland sind anti-HCV-positiv. Übertragung und Inkubationszeit Das HCV wird überwiegend durch i. v. Drogengebrauch und Sexualkontakte übertragen, seltener durch Dialyse und Hausarztkontakte. Eine vertikale Übertragung kommt bei etwa 1-6 % der Kinder HCV-RNA-positiver Mütter vor und ist bei Kindern inzwischen der häufigste Übertragungsweg. Die Inkubationszeigt beträgt 8 (2-26) Wochen. Klinische Symptome Das klinische Bild der Hepatitis C ist oftmals symptomarm und unspezifisch. Häufig lässt sich die Hepatitis C kaum von einer akuten Hepatitis A oder B unterscheiden. Diagnose Die Diagnose erfolgt über den Nachweis von Anti-HCV-Antikörpern. Therapie Die Hepatitis C kann erfolgreich behandelt werden. Zur Behandlung der Hepatitis C stehen Polymeraseinhibitoren (nukleotidisch, nichtnukleotidisch) sowie NS3 / 4A-Protease-Inhibitoren und NS5A-Inhibitoren zur Verfügung. Prävention Es existiert keine spezifische Immunprophylaxe. Die akute Hepatitis-D-Infektion ist meldepflichtig (IfSG). Die Hepatitis E wird durch ein RNA-Virus aus der Gruppe der Caliciviren hervorgerufen. Vier Genotypen sind bekannt. Herpes-simplex-1-und -2-Viren (HSV1, HSV2) gehören zur Gruppe der humanpathogenen Herpesviren. Infektionen mit HSV1 betreffen meist die Haut und Schleimhaut, HSV2-assoziierte Infektionen betreffen die Genitalregion. Eine strikte Trennung ist nicht möglich. Übertragung und Inkubationszeit HSV kommen ubiquitär vor. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch, insbesondere durch engen Körperkontakt (Geburt, Geschlechtsverkehr) mit symptomatischen oder asymptomatischen Personen. Eine neonatale HSV-Transmission erfolgt selten pränatal (ca. 5 %), meist unter der Geburt (85 %). In seltenen Fällen (10 %) ist auch eine postnatale Ansteckung durch infektiöse Kontaktpersonen möglich. Das Erregerreservoir stellen infizierte Personen dar. Patienten mit primärer Infektion (Gingivostomatitis, Herpes genitalis) können das Virus mehrere Wochen ausscheiden. HSV2-Infektionen treten abhängig von der sexuellen Aktivität auf. Die Inkubationszeit schwankt zwischen 2 und 12 Tagen (Median 3-6 Tage). Bei Neugeborenen fällt die Inkubationszeit deutlich länger aus (3 Wochen). Die Inzidenz der neonatalen HSV-Infektionen wird auf 1 : 3.000 bis 1 : 20.000 aller Lebendgeborenen geschätzt. Das Risiko einer HSV-Infektion bei vaginaler Entbindung beträgt für das Neugeborene 30-60 % (Primärinfektion der Mutter) und sinkt auf unter 5 % bei rekurrierender HSV-Infektion der Mutter. Prävention Schwangere und gebärende Frauen sollten bzgl. einer etwaigen HSV-Infektion befragt werden. Schwangere mit einer genitalen HSV-Primärinfektion sollten mit Aciclovir über 10 Tage behandelt werden. Bei Frauen mit rezidivierendem Herpes genitalis in der Spätschwangerschaft senkt eine Aciclovir-Suppressionstherapie die Häufigkeit von HSV-Rezidiven zum Zeitpunkt der Geburt und wahrscheinlich die HSV-2-bedingte Sectiorate. Bei einer floriden genitalen HSV-Infektion der Schwangeren nach der 36. SSW, vor allem bei einem primären Herpes genitalis, soll per Sectio entbunden werden. Mütter, die HSV ausscheiden und an einer aktiven kutanen (Herpes labialis), nicht aber genitalen HSV-Infektion erkrankt sind, sollten möglichst isoliert werden. Der Kontakt des Neugeborenen zu infektiösen Hauteffloreszenzen (Mutter, Vater, Personal) muss durch Abdeckung (Mundschutz), Basishygiene (Händedesinfektion) und geeignetes Verhalten (kein Küssen des Kindes) verhindert werden. Beim Stillen des Neugeborenen ist auf Effloreszenzen an der Brust zu achten. In Einzelfällen kann bei exponierten Kindern bis zum Erhalt der HSV-Diagnostik eine präsymptomatische Aciclovir-Therapie erwogen werden. Eine Impfung gegen HSV steht nicht zur Verfügung. Alle 3 Monate sollten die Viruslast, die CD4-Zahl und weitere Laborparameter (Monitoring von UAW) kontrolliert werden. Da im Säuglingsalter ein hohes Risiko besteht, AIDS-definierende Symptome, besonders eine HIV-Enzephalopathie bzw. HIV-Hepatopathie zu entwickeln, ist es Konsens, alle Kinder im Säuglingsalter unabhängig von der Viruslast und unabhängig von der CD4-Zahl zu behandeln. Für ältere Kinder kann dann eine Indikation zur Behandlung nach Zellzahl und Viruslast gefunden werden. Impfungen Hinsichtlich der Impfprävention bei HIV-Infektionen wird auf die Empfehlungen der STIKO verwiesen. Totimpfungen können unabhängig vom Immunstatus ohne Risiko eingesetzt werden. Die Verabreichung einer Lebendimpfung (Masern, Mumps, Röteln, Windpocken) wird für alle asymptomatischen HIV-positiven Kinder empfohlen, wenn keine schwere Immunsuppression vorliegt (Grenzwert an CD4+ Zellen je µl: Säuglinge 750, 1-5 Jahre: 500, > 5 Jahre: 200). Die HIV-Infektion ist nicht meldepflichtig. Es existieren lediglich eine anonyme Labormeldepflicht und bei AIDS eine freiwillige Anmeldung beim AIDS-Fallregister des RKI. Papillomaviren gehören zur Gruppe der Papovaviren und sind nicht umhüllte Viren mit einer zirkulären Doppelstrang-DNA unter einem Kapsid aus 72 Kapsomeren. Persistenz ohne klinische Apparenz. Eine Virämie findet fast nie statt. Die humanpathogenen Papillomaviren (HPV) umfassen über 100 Genotypen. HPV-Infektionen bei Kindern sind häufig. 10-20 % der Schulkinder weisen kutane Warzen auf. Die Inkubationszeit bei kutanen Warzen beträgt 6 Monate bis 2 Jahre. Larynxpapillome sind selten (Inzidenz 0,1-2,8 auf 100.000) und treten vorzugsweise bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Juvenile Larynxpapillome weisen eine starke Assoziation zu genitalen HPV-Infektionen der Mutter auf (HPV6 und HPV11). Genitale HPV-Infektionen gehören zu den häufigsten STI und betreffen vorwiegend Adoleszente und junge Erwachsene. Sie werden durch Schmierinfektionen übertragen. Verschiedene HPV-Typen führen zu anogenitalen Warzen. Die Inkubationszeit beträgt 4 Wochen bis mehrere Monate. Klinische Symptome Gemeine plantare Warzen (Verrucae vulgaris, Verrucae plantaris) werden vorzugsweise durch die HPV-Typen 1, 2, 3, 4 und 7 hervorgerufen. Sie treten insbesondere im Bereich von bradytrophen Arealen auf. Filiforme Warzen finden sich an Augenlidern, Lippen und Nase. Plane juvenile Warzen (Verrucae planae juveniles) werden durch die HPV-Typen 3, 10, 28 und 41 hervorgerufen und finden sich als flache, hautfarbene oder hellbräunliche Papeln insbesondere von Gesicht und Handrücken. Die Spontanregressionsrate kutaner oder anogenitaler Warzen im Kindesalter liegt innerhalb von 2 Jahren bei über 60 %. Infektionen mit bestimmten HPV-Typen (16, 18, 31, 45 u. a.) sind von großer Bedeutung für die Entstehung von Zervix-, Vulva-, Penis-und Analkarzinomen. Diagnose Die Diagnose von Warzen wird klinisch gestellt. HPV lassen sich nicht anzüchten. Eine Analyse der viralen DNA aus der Läsion mittels PCR ist möglich. Bei Karzinomverdacht ist eine invasive Diagnose (Biopsie) angezeigt. Therapie Therapeutisch kann das von Warzen befallene Gewebe chirurgisch angegangen werden, oder es kommt eine antiproliferative, z. T. immunmodulatorische Therapie zum Einsatz. Larynxpapillome werden gelasert. Prävention Es stehen immunogene HPV-Vakzine (9-valent und 2-valent) zur Verfügung. Durch umfangreiche klinische Studien konnte gezeigt werden, dass beide Impfstoffe sehr gut gegen Malignomvorstufen wirken, die durch die im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen hervorgerufen wurden. Hieraus wird abgeleitet, dass ein sehr guter Schutz gegen sich später entwickelnde Karzinome angenommen werden darf. Der 9-valente Impfstoff schützt darüber hinaus auch vor Genital-und Analwarzen. Es besteht keine Meldepflicht (IfSG). Influenzaviren gehören zur Familie der Orthomyxoviren. Sie lassen sich in drei Typen (A, B, C) unterteilen, Influenza-A-und -B-Viren sind für menschliche Infektionen von größerer Bedeutung als die Influenza-C-Viren; so rufen sie die interpandemische saisonale Influenza hervor. Die Viren bestehen aus einem segmentierten Genom mit 8 einsträngigen DNA-Molekülen, die für insgesamt 11 Proteine codieren. Influenza-A-Viren werden nach ihrem Oberflächenglykoprotein, Hämagglutinin und Neuraminidase-Subtypen unterteilt (z. B. A / H1N1; A / H3N2). Hämagglutinin bewirkt die zelluläre Adhäsion, wohingegen Neuraminidase für die zelluläre Hämagglutinin und Neuraminidase der Influenza-A-und -B-Viren spielen bei der Virusreplikation und der Bildung protektiver Antikörper eine zentrale Rolle. Durch Fehler bei der viralen RNA-Replikation entstehen Virusvarianten (Antigen-Drift). Diese verursachen die jährlichen Influenzaausbrüche. Von Antigen-Shift spricht man, wenn es zu einer raschen, deutlichen Veränderung der Antigeneigenschaften des Virus mit Entstehung eines völlig neuen Subtyps des Influenza-A-Virus kommt. Ursache ist ein Austausch der Gensegmente für Hämagglutinin und / oder Neuraminidase. Antigen-Shifts sind Voraussetzungen für Influenza-Pandemien. Von Influenza-B-Viren gibt es keine Subtypen, es zirkulieren jedoch zwei genetisch unterschiedliche Linien (B / Victoria-Linie, B / Yamagata-Linie). Alle 16 unterschiedlichen Hämagglutinine und 9 Neuraminidasen finden sich nur bei wildlebenden Wasservögeln. Beim Menschen traten bisher nur die Subtypen A / H1N1, A / H2N2 und A / H3N2 auf. Influenza-B-Viren kommen nur beim Menschen vor. Influenza-Infektionen sind weltweit verbreitet. Jährlich kommt es während der Herbst-und Wintermonate zu Grippeausbrüchen, die in ihrer Stärke erheblich variieren. Seit vielen Jahren zirkulieren weltweit zwei Influenza-A-Subtypen (A / H1N1 und A / H3N2) sowie die zwei Influenza-B-Viruslinien. Etwa 25-30 % der Grippeerkrankungen werden durch die Influenza-B-Viren verursacht. Die saisonale Grippe betrifft gewöhnlich 5-15 % der Bevölkerung, wobei die Inzidenz im Kindesalter zwischen 20 und 35 % liegt. Übertragung, Inkubationszeit und klinische Symptome Kinder weisen häufig schwere respiratorische Symptome auf. Im frühen Kindesalter sind für die hohe Krankheitsbelastung neben RSV-und Rhinovirus-Infektionen vor allem die jährlichen Influenzaausbrüche verantwortlich. Seroprävalenzstudien in Deutschland und den Niederlanden ergaben, dass 75-99 % der Kinder bis zum 6. Lebensjahr bereits eine Influenza-A-Infektion durchgemacht haben. Die Morbiditätsraten bei Kindern unter 5 Jahren liegen zwischen 9 und 30 %. Die Übertragung der Influenzaviren erfolgt durch Tröpfchen (> 5 µm), insbesondere beim Husten oder Niesen. Eine aerogene Übertragung (Atmen, Sprechen) oder durch direkten Kontakt (Händeschütteln) ist ebenfalls möglich. Die Inkubationszeit ist kurz und beträgt durchschnittlich 2 (1-4) Tage. Die Dauer der Infektiosität beträgt 4-5 Tage ab dem Auftreten der ersten Symptome. › Tab. 10.44 gibt die wichtigsten klinischen Symptome der Influenza im Vergleich zum banalen, sog. grippalen Infekt wieder. Zu den Komplikationen gehören u. a. Enzephalopathien, Fieberkrämpfe, Pneumonien sowie Tracheobronchitiden, Sinusitiden und Mittelohrentzündungen. Todesfälle sind auch im Kindesalter bekannt. Die Influenza-assoziierten Hospitalisationsraten sind insbesondere im Säuglings-und Kleinkindesalter erhöht. Diagnose Die Diagnose kann klinisch oder durch direkten Nachweis viraler Antigene mittels Immunfluoreszenz, ELISA oder sog. Schnelltests aus klinischen Materialien des oberen und unteren Respirationstrakts gestellt werden. Die Nachweismethode der Wahl ist der typenspezifische Nachweis mittels PCR aus Nasen-Rachen-Sekret bzw. -Abstrich. Therapie Die Neuraminidasehemmer Oseltamivir und Zanamivir blockieren die Aktivität der viralen Neuraminidase und damit die Freisetzung neu gebildeter Viren. Sie wirken gegen Influenza-Aund -B-Viren. Oseltamivir und Zanamivir sind für Kinder ab 1 bzw. ab 5 Jahren zugelassen. Eindeutige Belege für eine Vermeidung oder Verkürzung schwerer Krankheitsverläufe sowie eine Reduktion der Letalität liegen bei Kindern nicht vor. Prävention Eine jährlich anzuwendende Impfung gegen Influenza ist verfügbar. Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass bei der Influenza altersspezifisch wirksame Influenza-Impfstoffe unterschiedlicher Konzeption und Komposition angewendet werden sollten. Aufgrund der schlechten Vorhersehbarkeit von zirkulierenden B-Stämmen werden aktuell quadrivalente Influenza-Impfstoffe empfohlen. Es wird auf die aktuellen Empfehlungen der STIKO verwiesen. Bartonellen sind gramnegative Bakterien. Bartonella henselae ist der Erreger der häufigen Katzenkratzkrankheit, die weltweit auftritt. Übertragung und Inkubationszeit Bartonella henselae wird überwiegend bei Biss-und Kratzwunden durch symptomlose Katzen, seltener durch Hunde übertragen. Etwa 13 % der Hauskatzen in Deutschland weisen eine Bakteriämie für den Nachweis von Bartonella henselae auf. Die Katzenkratzkrankheit tritt überwiegend im Herbst und Winter auf. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht dokumentiert. Die Inkubationszeit ist unterschiedlich, wahrscheinlich 3-10 Tage. Klinische Symptome Nach Auftreten einer Hautläsion und weiteren 15-50 Tagen wird eine Lymphadenitis beobachtet. Das klinische Bild der Katzenkratzkrankheit ist eine überwiegend einseitige Lymphadenitis. Überwiegend sind die axillären bzw. supraklavikulären oder zervikalen Lymphknoten betroffen. Es besteht eine Selbstheilungsrate der Lymphadenitis innerhalb von 2-4 Monaten. Bei 60-90 % der betroffenen Patienten entwickelt sich an der Eintrittspforte des Erregers nach 3-10 Tagen ein kleines Bläschen oder eine Pustel, die rasch in eine Papel übergeht und verkrustet. Weitere Symptome der Katzenkratzkrankheit sind Fieber, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit und Übelkeit. Bei weniger als 10 % der Patienten tritt ein sog. okuloglanduläres Syndrom (Parinaud-Syndrom) auf. Es besteht eine nichteitrige Konjunktivitis mit prä-und supraaurikulärer Lymphadenitis. Eintrittspforte ist wahrscheinlich die Bindehaut. Auch neurologische Manifestationen wie Enzephalitis, Neuroretinitis oder Polyneuritis sind in sehr seltenen Fällen zu beobachten. Als Komplikationen sind Endokarditiden, Myokarditiden oder Osteomyelitiden zu nennen. Intermittierende Fieberschübe sowie rezidivierende, heftige Bauchschmerzen können auf den Befall von Bauchorganen hinweisen. Diagnose Die Diagnose der Katzenkratzkrankheit wird aufgrund der Anamnese und des klinischen Verlaufs vermutet. Serologisch steht ein Immunfluoreszenztest mit in Zellkulturen produziertem Antigen zur Verfügung. Bei einem IgG-Titer von > 1 : 200 im Immunfluoreszenztest (IFT) kann die Diagnose angenommen werden. Der Nachweis von IgM (≥ 1 : 20) kann zur Klärung beitragen, gelingt bei der Katzenkratzkrankheit aber nicht immer. ELISA-Verfahren sind nicht verfügbar. Auch eine Biopsie kann im Zweifelsfall zur Diagnose führen. Therapie In den meisten Fällen ist weder eine chirurgische Intervention noch eine antiinfektive Therapie angezeigt. Bei sehr schweren Fällen kann mit Azithromycin behandelt werden. Prävention Immunsupprimierte Patienten sollten den Kontakt zu Katzen und Hunden meiden. Kingella kingae ist ein unbewegliches, plumpes, gramnegatives, in Paaren und kurzen Ketten angeordnetes Bakterium. Einer systemischen Infektion geht die Besiedelung des Oropharynx voraus. Kingella kingae lässt sich vor allem bei Kleinkindern mit einer Prävalenz von bis zu 10 % in der Oropharyngealflora nachweisen. Diagnose Bildgebend wird eine Knochen-und Gelenkinfektion diagnostiziert. Der Erregernachweis lässt sich mittels Nadelpunktion (Biopsie, Gelenkflüssigkeit) sichern. Therapie Kingella kingae ist gut empfindlich gegen Penicillin, Betalaktam-Antibiotika (z. B. Penicilline und Cephalosporine). Die Prävention Die Pertussis-Impfung gehört zu den Standardimpfungen für alle Altersgruppen. Diesbezüglich wird auf die Empfehlungen der STIKO verwiesen. Hervorzuheben ist, dass weder die Pertussis-Infektion noch eine Pertussis-Impfung zu einer lang anhaltenden Immunität führen. Eine Bindehautentzündung zeichnet sich durch eine meist leicht schmerzhafte, oft follikuläre Rötung der Bindehaut aus. Sie geht mit vermehrtem Tränenfluss und verklebten Lidern einher. Eine infektiöse Ursache muss ggf. von einer anderen Genese (allergisch, autoimmun, sekundär bei Blepharitis, Fremdkörper oder andere Traumen) unterschieden werden. Infektiöse Erreger für eine Konjunktivitis sind Neisseria gonorrhoeae (Neugeborenenkonjunktivitis), Chlamydia trachomatis der Serotypen D -K (Neugeborenenkonjunktivitis), Mischinfektionen mit Chlamydien und Gonokokken (Neugeborenenkonjunktivitis), andere Bakterien wie Staphylococcus aureus, E. coli, Pneumokokken, β-hämolysierende Streptokokken, Haemophilus influenzae, Neisserien und Moraxella catarrhalis. Zur physiologischen Bindehautflora gehören KNS, Staphylococcus aureus, Corynebacterium spp. und α-hämolysierende Streptokokken. Als virale Erreger sind vor allem HSV und Adenoviren zu nennen. Seltener lässt sich eine hämorrhagische Keratokonjunktivitis durch bestimmte Enteroviren beobachten. Weitere Informationen: › Kap. 10.2.20. Die Kopflaus (Pediculosis capitis) ist 2-4 mm lang und befällt sowohl Kinder als auch Erwachsene. Besonders häufig sind Kinder im Grundschulalter sowie Mädchen betroffen. Getrennt von ihrem obligaten Wirt überleben Kopfläuse nur 24-36 h. Wesentliche Schädigungen oder Gesundheitsfolgen gehen von der Kopflaus in der Regel nicht aus. Die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung ist gering. In KJGE kommt es jedoch regelmäßig zu größeren Infestationen. Übertragung, klinische Symptome und Diagnose Die Übertragung erfolgt ausschließlich von Mensch zu Mensch bei Körperkontakt (KJGE, Sozialverhalten, "Selfies" u. a.). Andere Übertragungswege (Spielzeug) stellen bei der Kopflaus eine sehr seltene Möglichkeit dar. Kopfläuse befallen vor allem das Capillitium mit Bevorzugung der retroaurikulären Region. Selten sind Läuse auch im Bereich der Bart-und Schamhaare anzutreffen. Ein Kopflausbefall ist für Betroffene meistens symptomlos. Wenn Symptome auftreten, dann ist Juckreiz zu nennen. Gelegentlich sind urtikarielle, juckende, hochrote Papeln zu beobachten. Die Haare sind häufig verklebt und verfilzt. Differenzialdiagnostisch ist an ein Kopfekzem, Impetigo contagiosa und Tinea capitis zu denken. Das Leitsymptom der Pedikulose ist ein erheblicher Pruritus. Neben Kopfläusen sind auch Nissen, die knospenartig an den Haaren kleben und sich im Gegensatz zu Kopfschuppen nicht vom Haar abstreichen lassen, anzutreffen. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Therapie National und international variieren die Angaben zur Therapie. Die Vorschläge reichen vom alleinigen Auskämmen bis hin zur Anwendung von "Läusemitteln" und detaillierten Anweisungen für Reinigungs-, Putz-oder Waschmaßnahmen von Räumen, Polstermöbeln, Betten, Kleidung und Spielzeug. Auch Kombinationen der Maßnahmen werden empfohlen. RKI und DGPI empfehlen die Abtötung von Läusen und ihren Eiern. Auch Kontaktpersonen sollen behandelt werden. In Deutschland ist Permethrin Mittel der Wahl. Es wird auf das feuchte Haar aufgetragen und nach etwa 30-bis 45-minütiger Einwirkzeit mit Wasser ausgewaschen. Nach 8-10 Tagen sollte eine zweite Behandlung erfolgen (RKI-Empfehlung). Zur Desinfektion von Matratzen, Bettwäsche etc. eignet sich Allethrin. Pyrethrumextrakte sind schwächer wirksam als Permethrin. Malathion ist in Deutschland nicht im Handel. Eine orale Therapie mit Ivermectin hat sich in der Behandlung von Kopfläusen als wirksam erwiesen. Der Einsatz von Ivermectin bei Pediculosis capitis erfolgt "off-label". Daneben wird Dimeticon eingesetzt. Es sind Präparate mit sehr unterschiedlicher Zusammensetzung auf dem Markt. Die Wirksamkeit hängt wesentlich von den physikalischen Eigenschaften der eingesetzten Dimeticone ab. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Evidenzlevel für die Therapie von Kopfläusen relativ gering ist. Prävention Nach IfSG schließt der festgestellte Kopflausbefall eine Betreuung oder eine Tätigkeit in einer Gemeinschaftseinrich- Therapie Die Behandlung ist symptomatisch (Rehydratation, Isotonie). Sollte eine kausale Therapie notwendig sein (Immunsuppression), so ist Nitazoxanid bei gesunden Kindern ab 12 Monaten bis ≤ 11 Jahren zugelassen. Therapieversuche ohne eindeutige Wirksamkeit wurden auch mit Paromomycin und Azithromycin unternommen. Prävention Neben der Aufrechterhaltung der Immunfunktion (Reduktion der iatrogenen Immunsuppression) stehen die Aufklärung über Ansteckungswege und eine gute Basishygiene (Händewaschen) im Vordergrund. Der Nachweis von Kryptosporidien ist meldepflichtig (IfSG). Erreger Fetale und neonatale Infektionen können selten postnatal (meist nosokomial) auftreten. Die Infektion erfolgt nach der Geburt in einer kontaminierten Geburtswanne oder einem Inkubator. Die Letalität ist hoch (bis zu 60 %). Das Pontiac-Fieber ist ein grippeähnliches Krankheitsbild mit Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien, Übelkeit, Schwindel und Husten. Es sind vor allem Menschen ohne Grundkrankheit betroffen. Diagnose Die Diagnose der Legionellose wird durch den Direktnachweis des Erregers (PCR, Kultur) aus Rachenabstrichen, Sputum, Trachealsekret oder BAL gestellt. Daneben ist der Nachweis von Legionella pneumophila Serogruppe 1-Antigen im Urin am 1. bis 3. Erkrankungstag mittels ELISA oder Immunchromatografie (schlechte Sensitivität, gute Spezifität) möglich. Therapie Therapie der Wahl im Kindesalter ist Clarithromycin (15 mg / kg KG / Tag i. v. in 2 ED) oder Azithromycin (10 mg / kg KG / Tag in 1 ED i. v. für 5 Tage). Unkomplizierte Formen werden 5-10 Tage, schwere Verläufe 21 Tage lang behandelt. Kontrollierte prospektive Studien zur antiinfektiven Therapie einer Legionellose im Kindesalter fehlen allerdings. Prävention In Krankenhäusern werden Warmwassersysteme mit stagnierendem Wasser sowie entsprechende medizinische Geräte (Inkubatoren) mikrobiologisch untersucht. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, soll bei immunsupprimierten Patienten in Risikobereichen zur Mund-und Gesichtspflege, zur Anfeuchtung der Atemluft, zur Verneblung oder Herstellung von Medikamenten kein Trinkwasser verwendet werden. Es besteht eine Meldepflicht (IfSG). Die Leishmaniose wird von Geißeln (Flagellen) tragenden Protozoen der Gattung Leishmania hervorgerufen, die zur Familie der Trypanosomatidae gehören. Die viszerale Leishmaniose wird insbesondere von Erregern des sog. Leishmania-donovani-Komplexes (Leishmania donovani, Leishmania infantum) verursacht. Die kutane Leishmaniose in Europa, im arabischen Raum sowie in Afrika wird durch Leishmania major, Leishmania tropica und Leishmania aethiopica hervorgerufen. In Mittel-und Südamerika sind Leishmaniamexicana-Komplexe sowie die Subgattung Viannea als Erreger zu nennen. Leishmaniosen sind Zoonosen und Anthroponosen. Das Reservoir sind Säugetiere, vor allem Hunde und Nager, in einigen Regionen vorwiegend Menschen. Übertragung Der Mensch wird durch einen Stich der weiblichen Schmetterlingsmücke der Gattung Phlebotomus und Lutzomyia infiziert. Kontaminierte Blutkonserven und Infusionsnadeln sowie Organtransplantationen können in seltenen Fällen zur Übertragung führen. Die Leishmaniose kommt ist mehr als 80 tropischen und subtropischen Ländern vor. Exakte Prävalenzdaten liegen nicht vor. Leishmaniose ist eine benigne, selbstlimitierende Erkrankung, die in weiten Teilen Südeuropas, Asien, Afrika sowie Mittelund Südamerika bei Kindern und Erwachsenen vorkommt. Infolge eines infizierenden Stichs entwickelt sich über viele Wochen eine juckende papulöse Hauteffloreszenz, die auf einen Durchmesser bis 2 cm anwachsen kann. Zentral entwickelt sich ein Ulkus mit erhabenem Randwall, das nach 3-18 Monaten abheilt und eine hypo-oder hyperpigmentierte Narbe zurücklässt. • Mukokutane Leishmaniose (Espundia): Bei der mukokutanen Form, die überwiegend in Süd-und Mittelamerika vorkommt, disseminieren Leishmanien meist bei nicht oder unzureichend behandelten primären Hautläsionen in die Schleimhäute. Bis es zur Abheilung kommt, vergehen Monate bis Jahre. Eine häufige Folge sind Gewebsulzerationen im Bereich der Nasenschleimhaut, die zu einer Septumperforation führen können. Auch eine Verschleppung in Nasenpharynx, auf Larynx und Trachea kann vorkommen. Diagnose Die typischen Laborbefunde bei einer viszeralen Leishmaniose sind eine beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit, eine Panzytopenie sowie eine markante Hypergammaglobulinämie als Folge einer polyklonalen B-Zell-Aktivierung. Die Diagnose der Leishmaniose kann durch eine Kombination von verschiedenen Methoden (parasitologisch, molekularbiologisch und serologisch) gesichert werden. Parasiten können kultiviert oder alternativ mittels PCR nachgewiesen werden. Bei immunkompetenten Patienten kann eine ELISA-Technik oder Immunfloreszenz zum Einsatz kommen. Differenzialdiagnostisch sind bei der viszeralen Leishmaniosis mit Fieber und Hepatosplenomegalie und ggf. Lymphadenopathie vor allem Leukämien und Lymphome zu berücksichtigen. Bei der kutanen Leishmaniose muss eine Pyodermie anderer Ursache abgegrenzt werden. Therapie Zuletzt wurde zur Therapie der viszeralen Leishmaniose als Mittel der 1. Wahl bei Kindern und Erwachsenen liposomales Amphotericin B (3 mg / kg KG an 4 aufeinanderfolgenden Tagen sowie am 10. Tag) angegeben. Erreger aus Mittel-und Südamerika erfordern eine Dosierung von 3-4 mg pro kg KG über 10 Tage. Eine neue Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der viszeralen Leishmaniose befindet sich in Vorbereitung. Die kutane Leishmaniose kann bei immunsupprimierten Patienten oder bei ausgeprägten Läsionen in problematischen Regionen medikamentös therapiert werden. Zu den Maßnahmen gehören die lokale Applikation von Paromomycin mit Methylbenzethoniumchlorid sowie peri-und intraläsionale Injektionen von Antimon. Prävention Als vorbeugende Maßnahme beim Aufenthalt in Regionen, in denen die Leishmaniose vorkommt, gilt vor allem der Schutz vor Kontakt mit Phlebotomen. Dazu gehören das Auftragen von Repellenzien wie DEET oder Icaridin sowie das das Tragen langer Hosen und langärmeliger Oberbekleidung. Listerien sind grampositive Stäbchenbakterien. Sie lassen sich im Erdboden, im Wasser und auf Pflanzen detektieren. Bei 1-3 % der Gesunden sind Listerien im Stuhl nachweisbar. Wichtigster Vertreter ist Listeria monocytogenes. Es sind mehrere Serovare bekannt. Listerien verursachen Infektionen bei verschiedenen Tierspezies. Sie verfügen über Virulenzfaktoren, die das Eindringen und Überleben innerhalb von Wirtszellen ermöglichen. Die Inzidenz der Listeriose beträgt in Mittel-und Westeuropa 1-4 bis 10 Fälle je 1 Mio. Einwohner. In Deutschland werden pro Jahr ca. 300 Fälle gemeldet. Es zeigt im typischen Fall eine zentrale Abblassung und livide Verfärbung. Bei Kindern lässt sich das Erythema migrans häufig im Kopf-und Halsbereich beobachten. Das Borrelien-Lymphozytom tritt wesentlich seltener als das Erythema migrans auf. Es handelt sich um eine Erkrankung der Haut mit Bevorzugung der Ohren (Ohrmuschel, Ohrläppchen) und der Mamillen. Es imponieren eine livide Rötung und derbe Infiltration. Die Acrodermatitis chronica atrophicans zählt zu den späten Manifestationen der Lyme-Borreliose, die Monate bis Jahre nach der Infektion auftritt. Die lymphozytäre Meningitis ohne oder mit Hirnnervenausfällen, am häufigsten mit akuter peripherer Fazialisparese, ist mit einem Anteil von > 80 % der Erkrankungsfälle die häufigste klinische Manifestation der Neuroborreliose im Kindesalter. Die Lyme-Borreliose ist die häufigste Ursache der akuten peripheren Fazialisparese im Kindesalter. Die bilaterale Fazialisparese geht praktisch immer mit einer Borrelien-Ätiologie einher. In den Sommer-und Herbstmonaten ist jeder 2. Erkrankungsfall einer akuten peripheren Fazialisparese im Kindesalter auf eine Infektion mit Borrelia burgdorferi zurückzuführen. Eine Beteiligung anderer Hirnnerven (N. oculomotorius, N. trochlearis, N. abducens, N. vestibularis) ist möglich. Im Unterschied zu anderen, viralen Meningitiden zeichnet sich die Borrelienmeningitis durch eine einige Tage längere Krankheitsgeschichte mit Allgemeinbeeinträchtigung, Kopfschmerzen und kaum ausgeprägten meningealen Reizzeichen aus. Bei Erwachsenen tritt besonders häufig die lymphozytäre Meningoradikuloneneuritis (Bannwarth-Syndrom) auf. Die späte Neuroborreliose ist bei Kindern selten und geht mit länger bestehenden Beschwerden wie Kopfschmerzen, Pseudotumor cerebri, fokaler Enzephalitis, zerebellärer Ataxie, Querschnittsmyelitis oder Guillain-Barré-Syndrom einher. Frühe Gelenkmanifestationen der Lyme-Borreliose umfassen Arthralgien wechselnder Lokalisationen. Die klassische Lyme-Arthritis ist eine späte Manifestation, die nach einer Inkubationszeit von Monaten bis Jahren nach einem Zeckenstich auftritt. Sie imponiert als akute Mon-oder Oligoarthritis und manifestiert sich vor allem an den großen Gelenken. Die Arthritis sistiert nach 1-2 Wochen, tritt aber nach einem symptomfreien Intervall von Wochen und Monaten an gleicher Stelle wieder auf. Weitere klinische Manifestationen sind: Lyme-Karditis sowie Konjunktivitis, Chorioretinitis, Keratitis, Uveitis intermedia, Iridozyklitis und Optikusneuritis. Diagnose Die Diagnose der Lyme-Borreliose wird stadienabhängig gestellt (› Tab. 10.46). Das Erythema migrans ist pathognomonisch, und die Diagnose wird klinisch ermittelt. Frühe Manifestationen einer Borreliose werden durch anamnestische Daten, klinische Befunde sowie den spezifischen Nachweis von Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi diagnostiziert. Die serologische Routinediagnostik zur Lyme-Borreliose stützt sich auf den Nachweis spezifischer IgM-und / oder IgG-Antikörper gegen Borrelia burgdorferi im Blut und bei V. a. Neuroborreliose auch im Liquor. Standard ist ein Enzymimmunoassay (ELISA als Suchtest). Bei Spätmanifestation lassen sich in nahezu 100 % der Fälle spezifische Antikörper nachweisen. Als Bestätigungstest, insbesondere zur Überprüfung der Spezifität, wird ein Immunoblot durchgeführt. Es sind Kreuzreaktionen mit anderen Spirochäten (Leptospirose, Syphilis, Rückfallfieber) sowie falsch positive IgM-Befunde bei Herpesvirus-Infektionen (EBV, VZV, CMV) und beim Vorliegen von Rheumafaktoren möglich. Da spezifische Antikörper lange persistieren, ist die Serologie zur Verlaufs-und Therapiekontrolle obsolet. Da die Symptome einer Neuroborreliose vielfältig und unspezifisch sind, erfordert die Diagnose "Neuroborreliose" den Nachweis einer lymphozytären Liquorpleozytose oder einer spezifischen authochtonen Antikörpersynthese im ZNS. Im Kindesalter liegen einige Besonderheiten vor: Die lymphozytäre Liquorpleozytose findet sich bei > 90 % der frühen Neuroborreliosen. Die Diagnose "Neuroborreliose" kann als gesichert gelten, wenn neben der Liquorpleozytose spezifische IgM-Antikörper gegen Borrelia burgdorferi und evtl. auch IgG-Antikörper nachweisbar sind. Der Erregernachweis (PCR oder Kultur) im Liquor ist durchschnittlich nur bei maximal 30 % der Fälle möglich. Der Nachweis des B-Zellen anziehenden Chemokins CXCL13 im Liquor ist neueren Untersuchungen zufolge für die Diagnose der frühen Neuroborreliose geeignet. Andere Verfahren, insbesondere der Lymphozytentransformationstest, werden nicht empfohlen. 10 .3 Spezifische Erreger und Infektionskrankheiten nach Zecken abgesucht werden. Eine prophylaktische antiinfektive Therapie ist nicht indiziert. Ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung. Malaria wird durch Einzeller der Gattung Plasmodium hervorgerufen. Erreger und Übertragung Die Übertragung erfolgt durch den Stich der dämmerungs-und nachtaktiven weiblichen Anopheles-Mücke. Es sind über 100 Plasmodienarten bekannt, von denen fünf als humanpathogen gelten: • Plasmodium (P.) falciparum (Malaria tropica) • P. vivax und P. ovale (Malaria tertiana) • P. malariae (Malaria quartana) • P. knowlesi (in Südostasien bei Affen, auch Ursache von Malaria bei Menschen: Malaria knowlesi) Bei P. falciparum, P. vivax und P. ovale ist der Mensch neben den Stechmücken das einzige Reservoir. Der Mensch fungiert als Zwischenwirt und ermöglicht die ungeschlechtliche Vermehrung der Parasiten; im Endwirt, der Anopheles-Mücke, erfolgt die geschlechtliche Vermehrung. Mücken benötigen Blut nur für die Eiproduktion (weibliche Mücke). Nach dem Stich erfolgt die Invasion der Hämoparasiten in Hepatozyten und eine ungeschlechtliche Vermehrung. Abhängig von der Plasmodienart kommt es nach frühestens 5 Tagen, ggf. auch nach Monaten zur Freisetzung von Merozoiten in den Blutkreislauf. Sodann befallen die Parasiten Erythrozyten und transformieren zu Trophozoiten, die sich teilen und mehrkernige Schizonten bilden, die in Merozoiten zerfallen. Die freigesetzten Merozoiten befallen neue Erythrozyten und setzen den Zyklus fort. Die Malaria tropica und die Knowlesi-Malaria können als tropenmedizinischer Notfall bezeichnet werden. Neben Fieber kommen Bewusstseinsstörungen (Somnolenz, Koma), zerebrale Krampfanfälle, pulmonale Störungen sowie Nierenversagen, Hypoglykämien u. a. Symptome vor. Malaria tertiana und Malaria quartana gehen selten mit schweren Verläufen einher. Eine Malaria tropica in der Schwangerschaft stellt eine lebensbedrohliche Situation für Mutter und Kind dar. Es ist eine diaplazentare Infektion durch maternal-fetale Transfusion während der Geburt möglich. Man spricht von einer konnatalen Malaria. Die Neugeborenen sind zunächst gesund und fallen 4-12 Wochen später durch uncharakteristische Symptome wie Trinkschwäche, Gedeihstörung und Anämie auf. Zusätzlich kann eine Hepatosplenomegalie bestehen und Fieber auftreten. Die Malaria muss als kompliziert angesehen werden und sollte bei Vorliegen der folgenden Symptome als lebensbedrohliche Krankheit eingestuft werden: Bewusstseinstrübung, zerebraler Krampfanfall, respiratorische Insuffizienz, Hypoglykämie, Azidose, Hyperkaliämie, Schock, Spontanblutungen sowie Zeichen einer relevanten Dehydratation. Eine Malaria tropica kann durch eine schwere Anämie, Niereninsuffizienz, Hämoglobinurie, Transaminasenerhöhung, Ikterus und Hyperparasitämie kompliziert werden. Diagnose Die Diagnostik ist im Zusammenhang mit den anamnestischen Daten zu sehen. Ein Tropenaufenthalt und Vorstellung mit Fieber sollten immer Anlass sein, an eine Malaria zu denken. Entscheidend ist der mikroskopische Nachweis von Plasmodien im dünnen, panoptisch gefärbten Blutausstrich oder im parallel angefertigten dicken Blutausstrich ("Dicker Tropfen"). Bei anhaltendem Verdacht ist eine Wiederholung nach 12-24 h angezeigt. Die Bestimmung von Antikörpern gegen Plasmodien ist zur Akutdiagnostik nicht geeignet. Neben der Erregerdiagnostik sollten ein Blutbild angefertigt sowie Leber-und Nierenparameter erhoben werden. Typische Laborzeichen einer Malaria sind eine Thrombozytopenie und Hyperbilirubinämie. Therapie Die Therapie der Malaria richtet sich nach der Erregerart und dem Schwergrad der Erkrankung. Malaria tertiana und quartana können ambulant behandelt werden, Malaria tropica und Knowlesi-Malaria sind stets stationär zu behandeln. Eine Malaria durch P. falciparum und eine unkomplizierte Knowlesi-Malaria sowie die Malaria tertiana werden mit einer oralen Artemisinin-Kombinationstherapie (ACT) behandelt. Alternativ kann Atovaquon / Proguanil eingesetzt werden. Chloroquin wird nur noch zur Behandlung der Malaria quartana eingesetzt. Bei der Malaria tertiana muss im Anschluss an die Elimination der erythrozytären Parasiten eine Nachbehandlung mit Primaquin angeschlossen werden, um Hypnozoiten in der Leber abzutöten und Rezidiven vorzubeugen. Die komplizierte Malaria durch P. falciparum und die Knowlesi-Malaria werden i. v. mit Artesunat oder einer Kombination aus Chinin und Doxycyclin bzw. Clindamycin i. v. behandelt. Prävention Die Entscheidung zur Durchführung einer Malariaprophylaxe muss anhand von Reiseziel, Reisezeit, Reisedauer und Reisestil sowie unter Berücksichtigung individueller Gegenanzeigen getroffen werden. Die Prävention einer Malaria basiert auf dem Schutz vor Mückenstichen (Expositionsprophylaxe) und der Einnahme von Malaria-Medikamenten (Chemoprophylaxe). Beide Maßnahmen ergänzen sich, bieten jedoch keinen absolut sicheren Schutz vor einer Malaria. Da Anopheles-Mücken dämmerungs-und nachtaktiv sind, gilt es, unter imprägnierten Moskitonetzen zu schlafen und insbesondere am Abend lange Kleidung zu tragen und Repellents anzuwenden. Die Art und Form der Chemoprophylaxe sollte nach tropenmedizinischer Beratung erfolgen. Das Masernvirus ist ein Virus mit einsträngiger RNA. Es gibt nur einen Serotyp, aber mehr als 20 Genotypen. Das Masernvirus gehört zur Familie der Paramyxoviren. Masern sind hochkontagiös mit einem Manifestationsindex von nahezu 100 %! Einziges Reservoir ist der Mensch. Übertragung und Inkubationszeit Die Übertragung erfolgt als Tröpfcheninfektion, in sehr seltenen Fällen auch durch Luftzug über größere Entfernungen. Die Infizierten sind 3-5 Tage vor bis 4 Tage nach Exanthemausbruch infektiös, wobei die Infektiosität im Prodromalstadium am höchsten ist. Nach Erkrankung besteht eine lebenslange Immunität. In vielen Ländern konnten die Masern durch konsequente Umsetzung von Impfprogrammen eliminiert werden. In Deutschland treten jährlich viele hundert bis wenige tausend Fälle auf, da die Impfquote von weniger als 95 % nicht ausreicht, um die Masern zu eliminieren. Die Inkubationszeit beträgt 8-12 Tage. Klinische Symptome Masern sind klinisch durch einen zweiphasigen Verlauf charakterisiert. Im Prodromalstadium treten Fieber und katarrhalische Erscheinungen wie Konjunktivitis, Schnupfen, Halsschmerzen, Heiserkeit und trockener Husten auf. Die Trias "Fieber, Bronchitis / Pneumonie und Konjunktivitis" muss an Masern denken lassen. Pathognomonisch sind Koplik-Flecken (kalkweiße Stippchen auf hochroter, etwas granulierter Schleimhaut, bevorzugt an der Wangenschleimhaut). Es entwickelt sich ein konfluierendes, makulopapulöses Exanthem, das 3-4 Tage nach dem Prodromalstadium mit hohem Fieberanstieg einhergeht. Es besteht eine generalisierte Lymphadenopathie. Mitigierte Masern treten bei jungen Säuglingen auf, die noch maternale Antikörper besitzen. Bei immunsupprimierten Patienten können Masern vom klassischen Krankheitsverlauf abweichen. Insbesondere bei Patienten mit einem T-Zell-Defekt entwickelt sich eine Riesenzellpneumonie, die in der Regel zum Tod führt. Bei diesen Patienten lässt sich auch eine spezifische Enzephalitisform, die "measles inclusion body encephalitis" (MIBE) beobachten, die auf einer direkten Virusinvasion beruht. Hiervon abzugrenzen ist die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), die sich bereits nach einer Latenz von 5 Wochen bis zu 6 Monaten klinisch manifestiert und insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt, die zuvor an Masern erkrankt waren. Zu den Komplikationen der Masern gehören: Masernkrupp, Bronchiolitis, Masernpemphigoid und akute Masernenzephalitis, die bevorzugt am 3. und 9. Tag nach Exanthembeginn auftritt und in einer Häufigkeit von 1 : 500 bis 1 : 2.000 zu beobachten ist. Zu den weiteren neurologischen Symptomen gehörten zerebrale Krampfanfälle, neurologische Herdsymptome mit Hirnnervenparesen und Hemiplegie sowie gelegentlich auch myelitische Symptome. Die Masernenzephalitis hat eine Letalität von 10-20 % und eine Defektheilungsrate von 20-30 %. Die o. g. SSPE, eine persistierende Infektion des ZNS, die sich bei immunologisch Gesunden typischerweise erst nach einer Latenz von 5-10 Jahren manifestiert, verläuft in drei Stadien (Verhaltensauffälligkeiten und Nachlassen intellektueller Leistung, Myoklonien und zerebrale Anfälle, Dezerebrationsstatus). Die SSPE führt innerhalb von 3-5 Jahren nach Krankheitsbeginn zum Tod. Die Häufigkeit in den ersten 5 Lebensjahren wird mit 1 : 700 bis 1 : 1.300 Masernfälle angegeben. Der Erreger von Meningokokken-Infektionen ist Neisseria (N.) meningitidis. Diese Neisserien sind unbewegliche, sporenlose, gramnegative Diplokokken. Sie wachsen aerob und sind kapnophil. Pathogene Varianten besitzen eine Polysaccharidkapsel der Serogruppen A, B, C, W, X oder Y. Das Erregerreservoir stellt der Mensch dar. In Europa sind etwa 10 % der Einwohner asymptomatische Träger von Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum. Meningokokken-Infektionen treten besonders bei Säuglingen und Kleinkindern mit einem Erkrankungsgipfel um den 6. Lebensmonat auf. Ein zweiter Inzidenzgipfel tritt im Jugendalter auf. Insgesamt sind invasive Meningokokken-Infektionen jedoch sehr selten (0,5 je 100.000 Einwohner). Streptococcus (S.) pneumoniae ist ein bekapseltes grampositives Bakterium, von dem mindestens 94 verschiedene Serotypen identifiziert wurden. Pneumokokken können den menschlichen Nasopharynx passager oder permanent besiedeln und sind potenziell pathogen. Die Besiedelung ist altersabhängig und hängt von der Beeinträchtigung der Wirtsabwehr bzw. einer potenziellen Schleimhautschädigung infolge einer Virusinfektion oder durch Tabakrauchexposition ab. Vor Einführung der generellen Impfempfehlung waren invasive Pneumokokken-Infektionen am häufigsten innerhalb der ersten 2 Lebensjahre anzutreffen. Nach Einführung der konjugierten Impfung kam es zu einer deutlichen Absenkung von invasiven Pneumokokken-Erkrankungen. Ein sog. Replacement-Phänomen führt zu einer Zunahme der nicht im Impfstoff enthaltenden Serotypen. Die Epidemiologie der Pneumokokken-Infektion ist "im Fluss". Diagnose Idealerweise wird bei einer invasiven Pneumokokken-Infektion ein Erregernachweis im Blut oder Liquor angestrebt. Abstriche sind nicht sinnvoll, da nicht sicher zwischen Kolonisierung und Verursachung der Erkrankung unterschieden werden kann. Therapie Therapie der Wahl ist bei einer lokal begrenzten Pneumokokken-Infektion Amoxicillin. Bei gesicherter Pneumokokken-Empfindlichkeit kann auch Penicillin eingesetzt werden. Bei invasiven Infektionen werden neben Penicillin G und alternativ Ampicillin auch Cephalosporine eingesetzt. Seit den 1970er-Jahren sind vermehrt Penicillin-resistente Pneumokokken-Stämme nachgewiesen worden. Prävention Zur Prophylaxe der Pneumokokken-Infektion stehen Pneumokokken-Konjugat-und Kapselpolysaccharid-Impfstoffe zur Verfügung. Bezüglich des Einsatzes wird auf die aktuellen STIKO-Empfehlungen verwiesen. Isolationsmaßnahmen werden nicht empfohlen. Krankheit oder Tod durch Pneumokokken-Infektionen sind in Deutschland nicht meldepflichtig. Als Prionen werden Proteine bezeichnet, die sowohl in physiologischen als auch pathogenen Strukturen vorliegen können. Die Bezeichnung "Prionen" ist abgeleitet von "Protein" und "Infektion". Diagnose Die Diagnose wird häufig durch Antigennachweise mittels ELISA-Schnelltest ermittelt. Die Sensitivität ist relativ niedrig. PCR-Nachweismethoden, vor allem in Multiplex-Tests integriert, setzen sich mehr und mehr durch. Kulturelle und serologische Verfahren haben praktisch keine Bedeutung. Therapie Die Behandlung ist symptomatisch. Prävention RSV-positive Neugeborene und Säuglinge sowie Kleinkinder sollten im Krankenhaus kohortiert werden. Basishygienemaßnahmen sind von größter Bedeutung. Seit einigen Jahren kann Palivizumab zur Prophylaxe von RSV-Infektionen zur passiven Immunisierung eingesetzt werden. Empfohlen ist die passive Immunisierung für Risiko-Frühgeborene, Kinder mit einer hämodynamisch relevanten Herzerkrankung sowie solche mit syndromalen oder neurologischen Grundkrankheiten. Eine aktive Immunisierung steht nicht zur Verfügung. Impfstoffe zur aktiven Immunisierung und Medikamente (Nukleosidanaloga) zur Behandlung der RSV-Infektion sind in der Vorbereitung. Eine Meldepflicht besteht nicht. Rhinoviren sind kleine und unbehüllte Viren aus der Familie der Picornaviridae. Man unterscheidet mindestens drei Untergruppen (A -C). Die Infektionsinzidenz beträgt in den ersten Lebensjahren 1-2 pro Jahr und nimmt auf 1-4 pro Jahr bei Senioren ab. Unter Streptokokken-Infektionen werden gemeinhin Infektionen durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, C und G verstanden. β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe C und G können asymptomatisch kolonisieren oder Krankheitsbilder verursachen, die Streptokokken der Gruppe A (GAS) sehr ähnlich sind. In Deutschland bedeutsam sind vor allem GAS-Infektionen. Streptokokken werden sehr häufig (mehr als 25 % der Kinder im Nasen-Rachen-Raum) ohne Zeichen einer Entzündung detektiert (v. a.im Winter). β-hämolysierende Streptokokken sind grampositive, in kurzen Ketten angeordnete Kokken. Anhand des Lancefield-Antigens können Streptokokken der Gruppe A, C und G serologisch unterschieden werden. Als wichtiger Virulenzfaktor gilt das M-Protein. Nach einer Streptokokken-Infektion wird lediglich eine M-Typ-spezifische Immunität erlangt. Weitere wichtige Virulenzfaktoren von β-hämolysierenden Streptokokken sind Streptolysin S und O sowie die pyrogenen Exotoxine SPE-A, -B, -C und -D. Therapie Es sollte zwischen GAS-Trägertum, viraler und GAS-Tonsillopharyngitis unterschieden werden. Die Indikation zur antiinfektiven Therapie der GAS-Tonsillopharyngitis kann nicht als absolut betrachtet werden. Bei Scharlach bzw. gesicherter GAS-Tonsillopharyngitis wird im Regelfall eine antiinfektive Therapie empfohlen. Therapie der Wahl ist Penicillin (Penicillin V: 50.000-100.000 IE / kg KG / Tag, 4 ED. Tagesmaximaldosis für Kinder: 2 Mio. IE, für Erwachsene: 3 Mio. IE in 2-3 ED). Neben Penicillin V kann auch Phenoxymethylpenicillin-Benzathin mit einer deutlich längeren Halbwertszeit angewendet werden (50.000 IE / kg KG / Tag, 2 ED). Auch Amoxicillin ist alternativ denkbar. Die Therapiedauer beträgt 7 Tage. Bei Penicillin-Allergie gelten Oralcephalosporine als Mittel der Wahl. Makrolide führen wegen der auch in Deutschland erkennbaren Resistenzrate nicht immer zu einer zuverlässigen Heilung. Prävention 24 h nach Einleitung einer antiinfektiven Therapie sind Patienten mit Tonsillopharyngitis und Scharlach nicht mehr infektiös. Die Prophylaxe bei Patienten nach ARF kann mit einem oralen Penicillin (400.000 IE / Tag, 2 ED) oder mit Benzylpenicillin-Benzathin (1,2 Mio. IE i. m., alle 4 Wochen) erfolgen. Die Prophylaxe nach ARF ist besonders für Patienten nach rheumatischer Karditis bedeutsam, da sie eine hohe Resistenzrate aufweisen. Die Gesamtdauer der ARF-Prophylaxe sollte minimal 5 Jahre dauern, bei einem ARF-Rezidiv lebenslang. Es besteht keine Meldepflicht. Invasive Streptokokken-Infektionen können als nekrotisierende Fasziitis, Sepsis oder Streptokokkentoxin-Schocksyndrom (früher toxischer Scharlach) auftreten. Das akute rheumatische Fieber gehört zu den immunvermittelten Streptokokken-Folgekrankheiten und tritt 1-4 Wochen nach einer akuten GAS-Infektion auf. Diagnosekriterien, Diagnostik und Therapie › Kap. 15.4.2. Die akute Post-Streptokokken-Glomerulonephritis tritt vorwiegend 1-4 Wochen nach einer GAS-Tonsillopharyngitis mit "nephrophilen" GAS-Stämmen auf. Zur klinischen Symptomatik gehören Fieber, Makrohämaturie, Oligurie, periorbitale Ödeme, Hypertonie, Kopfschmerzen und Sehstörungen sowie Proteinurie, Erythrozyten-und Leukozytenzylinder im Urin und eine C3-Hypokomplementämie. Weitere Erreger der Syphilis ist Treponema pallidum. Man unterscheidet die erworbene von der konnatalen Syphilis. In Deutschland lag die Inzidenz für Syphilis zuletzt bei 8,5 je 100.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die Übertragung erfolgt durch sexuellen Kontakt mit einer Partnerin oder einem Partner mit syphilitischen Läsionen. Bei Kindern und Adoleszenten mit erworbener Syphilis muss an sexuellen Missbrauch gedacht werden, wobei nur wenige Daten zu einer erworbenen Syphilis bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland vorliegen. Die Inkubationszeit der erworbenen Syphilis beträgt 10-90 Tage. Das klinische Bild beginnt mit einer schmerzlosen Schleimhautulzeration ("Schanker") und regionalen Lymphknotenschwellungen (Primärstadium). Danach kommt es bei einem Teil der Infizierten zu einem chronischen Verlauf mit einer grippalen Symptomatik und Lymphadenopathie, Exanthem und ggf. Haarausfall (Sekundärstadium). Das Tertiärstadium mit multipler Organbeteiligung (Aorta, Haut, ZNS, Augen) ist selten. Die Diagnostik wird weiter unten besprochen. Antiinfektiv ist Penicillin G das Mittel der Wahl. Alternativ kommen Doxycyclin, Ceftriaxon und ggf. Azithromycin bei der Frühsyphilis in Betracht. Die Infektion der Schwangeren erfolgt ausschließlich über sexuelle Kontakte. Die transplazentare Infektion des Feten kann in jedem Syphilisstadium der Schwangeren erfolgen. Infiziert sich die Mutter während der Schwangerschaft, beträgt die Übertragungsrate ohne Behandlung 50 %. Neben der transplazentaren Infektion ist auch eine Infektion des Kindes bei Passage der Geburtswege möglich (perinatale Infektion); daneben kommt eine Übertragung durch Stillen in Betracht, wenn sich syphilitische Läsionen an der Brust befinden. In Deutschland ist es vor allem durch die systematische orale Immunisierung der heimischen Fuchspopulation gelungen, die Tollwut zurückzudrängen. Deutschland gilt als frei von klassischer Tollwut. Die Fledermaustollwut ist hiervon jedoch ausgenommen. Inkubationszeit Die Inkubationszeit der Tollwutinfektion ist sehr variabel: Sie schwankt von wenigen Tagen bis zu Jahren. Erreger Der Erreger der Varizellen ist das Varizella-zoster-Virus (VZV), ein doppelsträngiges DNA-Virus, das zu den Herpesviren gehört. Das VZV persistiert nach Abklingen der Windpocken in den dorsalen Spinal-und Hirnnervenganglien sowie in den enterischen und autonomen Ganglien. Eine Reaktivierung der latenten Infektion führt zu einem Herpes zoster (Gürtelrose). Eine intrauterine VZV-Infektion kann zu einem "fetalen Varizellensyndrom", neonatalen Varizellen und / oder Herpes zoster im 1. Lebensjahr führen. Varizellen sind weltweit verbreitet. In Regionen ohne Varizellenimpfung liegt der Häufigkeitsgipfel im Kleinkindesalter. In der Vorimpfära waren im Alter von 14-17 Jahren etwa 95 % der Kinder und Jugendlichen bereits an Varizellen erkrankt. Der Herpes zoster tritt in den meisten Fällen erst nach dem 5. Lebensjahrzehnt auf. Die Inzidenz liegt bei den 75-bis 90-Jährigen bei 14 je 1.000. Auch Kinder < 10 Jahren können betroffen sein (1-2 je 1.000 Personen). Das Erregerreservoir für VZV ist der Mensch. Übertragung und Inkubationszeit Das Virus wird durch Speichel und Konjunktivalflüssigkeit übertragen. Die Infektion erfolgt durch infektiöse Tröpfchen und direkten Kontakt mit Varizelleneffloreszenzen, seltener durch Kontakt mit Zostereffloreszenzen. Im Gegensatz zum Herpes zoster scheiden Patienten mit Varizellen 1-2 Tage vor Ausbruch des Exanthems VZV aus. Die aerogene Übertragung ("Windpocken") von VZV ist möglich, aber eher selten. Begünstigend wirkt der relativ intensive Kontakt in Familien oder KJGE. Die Inkubationszeit beträgt 14-16 Tage, sie kann auf bis zu 8-10 Tage verkürzt bzw. zu 21 Tage verlängert sein. Nach Gabe von VZV-Immunglobulin verlängert sich die Inkubationszeit auf bis zu 28 Tage. Als Taeniasis wird der intestinale Befall des Menschen mit Adultwürmern der Zestodengattung Taenia (T.) bezeichnet. Drei verschiedene humanpathogene Arten kommen vor: Rinderbandwurm (T. saginata), ostasiatischer Finnenbandwurm (T. asiatica) und Schweinebandwurm (T. solium). Als Zystizerkose wird der Befall des Menschen als Zwischenwirt mit dem Finnen-bzw. Larvenstadium (Cysticercus cellulosae von T. solium) bezeichnet. Selten sind Infektionen des Menschen als Zwischenwirt durch andere Taenia-Arten beschrieben worden. T. saginata besteht aus einem Kopf mit vier Saugnäpfen, einem kurzen Halsteil und der 6-10 m lang werdenden Gliederkette aus 1.000-2.000 Gliedern. T. solium wird selten viel länger als 3-4 m und ist ähnlich gebaut. Der Mensch dient als Endwirt der im Dünndarm lebenden adulten Bandwürmer; er scheidet dann mit dem Stuhl die reifen Proglottiden (Glieder) mit einer großen Anzahl infektionstüchtiger Larven aus, die ihre Eier enthalten. Die Taeniasis ist weit verbreitet. Bedingt durch Fleischbeschau und korrekte Fleischlagerung geht die Prävalenz von T. saginata in Europa zurück. Übertragung und Inkubationszeit Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nicht bekannt. Die Übertragung erfolgt durch fäkal kontaminierte Nahrungsmittel. Die Präpatenzzeit der Taeniasis bis zum Beginn der Ausscheidung von Bandwurmgliedern bzw. Eiern beträgt 8-12 Wochen. Inkubationszeit für die Zystizerkose ist extrem variabel. Klinisches Bild Das klinische Bild ist oligosymptomatisch. Zu erwähnen ist die Neurozystizerkose mit parenchymatösen Zysten im Gehirn. Bei multiplen Zysten mit entzündlicher Reaktion kann es zur schwerwiegenden Zystizerkose-Enzephalitis kommen. Wenn der Liquorraum durch die Zysten verlegt wird, kann eine Shunt-Versorgung notwendig sein. Diagnostik und Therapie Die Diagnose der Taeniasis basiert auf der Entdeckung der Bandwurmglieder im Stuhl und deren Untersuchung. Daneben spielen bildgebende Verfahren eine Rolle. Therapiert wird mit Praziquantel (1 ED 10 mg / kg KG). Alternativ steht Niclosamid oder Mebendazol zur Verfügung. Die Zystizerkose wird mit Albendazol behandelt. Die Echinokkokose besteht aus zwei unterschiedlichen Erkrankungen: • Die zystische Echinokokkose wird durch den Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) hervorgerufen; der Mensch fungiert als Fehlwirt. Die zystische Echinokokkose ist weit verbreitet. Es kommt zur Zystenbildung in Leber, Lunge und anderen Organen. Alle Altersgruppen sind betroffen. Die Diagnose wird durch Detektion der Zysten gestellt. Die Serologie dient allenfalls der Bestätigung des bildgebenden Verdachts. Die zystische Echinokokkose wird zystenstadienspezifisch (nach einer sonografischen Einteilung) therapiert. Mittel der Wahl ist Albendazol. Stadienabhängig kommen chirurgische Verfahren hinzu. • Die alveoläre Echinokokkose wird durch den Fuchsbandwurm hervorgerufen. Der Mensch fungiert ebenfalls als Fehlwirt. Die alveoläre Echinokokkose kommt vor allem in Europa vor. Aufgrund der langen Inkubationszeit (5-15 Jahre) sind Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen selten. Auch hier steht die bildgebende Diagnostik im Vordergrund. Serologisch wird, wie bei der zystischen Echinokokkose, zunächst ein sensitiver Antikörpersuchtest durchgeführt und im Falle der Positivität durch einen Immunoblot oder ELISA verifiziert. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind viele Patienten nicht mehr kurativ operierbar. Die Resektion wird von einer 2-jährigen Albendazol-Therapie begleitet. Übertragung und Inkubationszeit Trichinella spiralis und andere Trichinella spp. gehören zum Stamm der Nematoden. Die Erkrankung wird durch die Aufnahme von Trichinenlarven mit rohem und ungekochtem Fleisch von Schweinen und Wildtieren ausgelöst. Die Larven werden freigesetzt und besiedeln anschließend den Dünndarm. Nach Penetration durch das Epithel einer Zottenbasis entwickeln sich geschlechtsreife Entwicklungsstadien. Die weiblichen Adultwürmer beginnen 5-7 Tage post infectionem mit der Larvenproduktion. Einige Larven verbleiben im Stuhl, die Mehrzahl jedoch migriert via Mukosa über Lymph-und Blutgefäße in die quergestreifte Skelettmuskulatur, wo sie von einer Kollagenkapsel umgeben persistieren. Man geht von etwa 10.000 Erkrankungen pro Jahr in der nördlichen Hemisphäre aus. Diagnose und Therapie Bei bestehendem Krankheitsverdacht ist die Anamnese hinsichtlich der Essgewohnheiten zu durchleuchten. Die Trias Lidödeme, Muskelschmerzen und Fieber ist typisch für die Trichinellose. Serologische Tests (ELISA, Immunoblot) werden 2-6 Wochen nach einer Infektion positiv. Klinisch können 1-7 Tage nach der Ingestion der Larven Durchfälle auftreten. Die Symptomatik ist mit Übelkeit und Erbrechen unspezifisch. Das Intervall zwischen Infektion und beginnender Symptomatik in der Migrationsphase beträgt meist 1-3 Wochen. Intermittierendes Fieber sowie eine "B-Symptomatik" können auf eine Trichinellose hinweisen. Therapeutisch steht Albendazol zur Verfügung. Fleisch sollte stets gekocht oder durchgebraten gegessen werden. Es besteht Meldepflicht (IfSG). Yersinien gehören zur Familie der Enterobacteriaceae und sind gramnegative Stäbchen. Yersinia (Y.) enterocolitica ruft eine akute Enteritis mit stärkstem Befall des terminalen Ileums hervor und Y. pseudotuberculosis die mesenteriale Lymphadenitis. Die höchste Inzidenz findet sich im 2. Lebensjahr. Übertragung und Inkubationszeit Die Yersiniose wird typischerweise durch die Ingestion kontaminierter Nahrung hervorgerufen. Yersinien können wahrscheinlich auch über eine Vielzahl von Säugern übertragen werden. Der langfristige Einsatz von PPI begünstigt die Empfänglichkeit für eine Yersinien-Infektion. Eine fäkal-orale Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich. Auch Ausbrüche in Familien und KJGE wurden beobachtet. Die Ausscheidung der Yersinien mit dem Stuhl kann Wochen nach Ende des Durchfalls fortbestehen (6 Wochen). Eine Übertragung über kontaminierte Blutkonserven ist möglich. Die Inkubationszeit beträgt 1-14 Tage, bei Y. pseudotuberculosis bis zu 20 Tage. Klinische Symptome Klinisch kommt es zur akuten Enteritis und mesenterialen Lymphadenitis und komplizierend zu einer reaktiven Arthritis. Die mesenteriale Lymphadenitis ist zuweilen schwer von einer akuten Appendizitis zu unterscheiden. Die atypischen bzw. oligosymptomatischen Yersiniosen gehen mit Schmerzen im rechten Unterbauch, Invagination, Pharyngitis, Fieber unbekannter Ursache oder Kawasaki-Syndrom-ähnlichen Symptomen einher. Bei diffusen Bauchschmerzen, Lymphknotenschwellungen und V. a. eine CED sollte eben auch an eine Yersiniose gedacht werden. Sehr selten kommt es zu intestinalen Blutungen oder zur Perforation des Ileums. Abszedierungen sind möglich. Eine wichtige Komplikation ist die reaktive Arthritis, besonders bei HLA-B27-positiven Kindern ab dem 7. Lebensjahr. Diagnose Die Diagnose erfolgt bei der akuten Enteritis durch Anzucht des Erregers, meist Y. enterocolitica aus dem Stuhl. Aber auch andere Abstriche (Rachen) können zur Diagnose führen. Neben der Erregeranzucht kann der Antikörpernachweis die Diagnose sichern. Bei der reaktiven Arthritis finden sich in Gelenken und bakteriellen Produkten keine vermehrungsfähigen Erreger. Therapie Die meisten Infektionen verlaufen selbstlimitierend. Die Therapie ist in der Regel symptomatisch. Eine antiinfektive Behandlung ist bei septischen Krankheitsbildern und Infektionen jenseits des Gastrointestinaltrakts indiziert. Als Medikamente stehen Cotrimoxazol, Cephalosporine der Gruppe 3 und Aminoglykoside zur Verfügung. Prävention Die Prophylaxe erfolgt durch Vermeidung der Kontamination von Nahrungsmitteln. Isolierung und sorgfältige Händedesinfektion sind angezeigt. Es besteht Meldepflicht (IfSG). Isoxazolylpenicilline Isoxazolylpenicilline sind Penicillinasefeste Penicilline und haben gegenüber Penicillin-G-resistenten Staphylokokken eine über 20-bis 50-fach stärkere Wirkung. Allerdings ist die Wirkung gegenüber Penicillin-G-empfindlichen Bakterien um das 10-bis 100-Fache schwächer als die Wirkung von Penicillin. • Di-und Flucloxacillin stehen in oraler und parenteraler Form zur Verfügung. • Oxacillin wird aufgrund seiner geringen oralen Bioverfügbarkeit von nur 30 % parenteral angewendet. Bei längerer hoch dosierter Anwendung sind Kontrollen des Blutbildes (Granulozytopenie) und der Leberwerte erforderlich. • Gruppe 5: Ceftobiprol und Ceftarolin sind parenteral verfügbar und wirksam gegenüber gramnegativen Bakterien, ähnlich wie die Cephalosporine der Gruppe 3, jedoch zusätzlich aktiv gegenüber MRSA, penicillinresistenten Pneumokokken und E. faecalis. Die Cephalosporine der Gruppen 1-5 haben eine unterschiedlich ausgeprägte gute Betalaktamasestabilität. Die Basis-Cephalosporine der Gruppe 1 und 2 haben eine gute Staphylokokkenaktivität. Gegen Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) sind alle Cephalosporine, mit Ausnahme der bisher bei Kindern nicht zugelassenen Cephalosporine der Gruppe 5, unwirksam. Die Empfindlichkeit gegen gramnegative Erreger ist stark variabel und nimmt grundsätzlich von Gruppe 1 zu 4 zu. Cephalosporine sind, mit Ausnahme der Gruppe 5, inaktiv gegen Enterokokken, Listerien und Bordetellen. Gramnegative Anaerobier sind meist resistent. Die Cephalosporine der Gruppe 2 sind weitgehend betalaktamasestabil. Sie wirken wesentlich stärker gegen gramnegative Stäbchen als die Cephalosporine der Gruppe 1. Die Breitspektrum-Cephalosporine der Gruppe 3 und 4 haben im Vergleich zu den Cephalosporinen der Gruppe 1 und 2 ein breiteres Spektrum, eine stärkere antibakterielle Aktivität gegenüber gramnegativen Stäbchen und eine unterschiedliche Wirksamkeit gegen P. aeruginosa, Enterobacter spp. und Staphylokokken. Bei einer Penicillinallergie vom Soforttyp sollten folgende Cephalosporine nicht verabreicht werden: Cefazolin, Cephalexin, Cefadroxil und Cefamandol. Patienten mit einer Penicillin-Spätreaktion können dagegen Cephalosporine erhalten. Die Oralcephalosporine haben aufgrund ihrer guten Wirksamkeit, Verträglichkeit und einfachen Verabreichung einen hohen Stellenwert in der Behandlung von Infektionskrankheiten bei Kindern. Für viele Indikationen sollten aber wegen der Breite ihrer antimikrobiellen Aktivität primär schmäler aktive Substanzen (wie z. B. Amoxicillin) verwendet werden. Patienten mit einer Penicillin-Spätreaktion können Oralcephalosporine erhalten. Andere Betalaktam-Antibiotika Die nur parenteral verfügbaren Carbapeneme stellen eine Weiterentwicklung der Betalaktam-Antibiotika mit sehr breitem antibakteriellem Wirkspektrum dar. Von klinischer Bedeutung ist vor allem die Wirkung gegenüber ESBL-produzierenden Bakterien. Imipenem erfasst im grampositiven Bereich sowohl Enterokokken (Ausnahme: E. faecium) und Staphylokokken als auch gramnegative Keime ähnlich den parenteralen Cephalosporinen der Gruppe 3 inkl. P. aeruginosa sowie Anaerobier. Imipenem wird zur Antagonisierung nephrotoxischer Metaboliten fest mit Cilastatin kombiniert. Es sollte nur zur Behandlung schwerer Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Überdosierungen und rasche Applikation sind zu vermeiden (Krampfanfälle). Zur Therapie der Meningitis ist Imipenem nicht geeignet. Das Spektrum von Imipenem ist im Vergleich zu Penicillinen und Cephalosporinen deutlich erweitert. Meropenem besitzt ein Wirkspektrum gegen grampositive Erreger (Ausnahme: Enterococcus faecium), mit etwas geringerer Aktivität gegen Enterobacteriaceae und einer guten Aktivität gegen P. aeruginosa. Es ist für die Therapie der Meningitis zugelassen und gut liquorgängig. Ertapenem ist für die Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie sowie intraabdominaler und gynäkologischer Infektionen zugelassen. Es hat ein breites Wirkspektrum gegen grampositive und gramnegative, aerobe und anaerobe Bakterien inkl. S. aureus und Bacteroides fragilis. Enterokokken, P. aeruginosa und ein Teil der Acinetobacter-Stämme sind resistent. Es ist für Kinder ab 3 Monate zugelassen. Kinder < 12 Jahren benötigen zwei Einzelgaben pro Tag. Aminoglykoside werden vor allem für die empirische Kombinationstherapie schwerer Infektionskrankheiten eingesetzt. Bei schweren Atemwegsinfektionen (z. B. bei Patienten mit Mukoviszidose) kann Tobramycin bei Pseudomonas-Infektion zur Inhalation verordnet werden. Für die Therapie von ZNS-Infektionen sind Aminoglykoside aufgrund ihrer schlechten Liquorgängigkeit nicht geeignet. Im sauren Milieu (Abszess) sind sie inaktiv. Aminoglykoside können bei eingeschränkter Nierenfunktion kumulieren, sodass eine Dosisanpassung und die Kontrolle der Serumkonzentration erforderlich sind. Auch bei normaler Nierenfunktion ist die Bestimmung des Talspiegels vor der 3. Gabe empfohlen. • Gentamicin wird vor allem in der empirischen Kombinationstherapie bei schweren Infektionskrankheiten mit gramnegativen Bakterien eingesetzt. In Kombination mit Penicillinen kann Gentamicin synergistisch auf Enterokokken, GBS und Listerien wirken, wobei die klinische Relevanz dieses Effekts nicht sicher ist. Die Nebenwirkungen im Kindesalter, insbesondere die Ototoxizität und die Nephrotoxizität, sind geringer als bei Erwachsenen. • Tobramycin entspricht weitgehend dem Anwendungs-und Wirkungsbereich von Gentamicin und ist zusätzlich zur inhalativen Pseudomonas-Therapie bei Mukoviszidose zugelassen. • Amikacin gilt als Reserve-Aminoglykosid und sollte möglichst nur gegen Gentamicin-resistente Stämme von Klebsiellen, Enterobacter, Serratia, Pseudomonas aeruginosa etc. eingesetzt werden. Tetrazykline sind wirksam gegen Mykoplasmen, Chlamydien, Brucellen, Rickettsien, Campylobacter, Vibrio cholerae, Yersinien, Borrelien (B. burgdorferi), Spirochäten, Leptospiren, Francisella tularensis, Burkholderia mallei und B. pseudomallei sowie einige Anaerobier, grampositive und gramnegative Erreger. Derzeit sind in Deutschland die meisten MRSA Doxycyclin-empfindlich. Tetrazykline werden vorwiegend in oraler Form, aber auch parenteral verabreicht. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt 90 %, wird aber, eingenommen in Kombination mit Milch und Milchprodukten, wesentlich reduziert. Tetrazykline sind gut liquorgängig und im Allgemeinen gut verträglich. Allergien sind selten, jedoch sollten die Patienten aufgrund der Phototoxizität starke Sonnenexposition meiden. Tetrazyklin-Kalzium-Komplexe können irreversibel im Knochen und in den Zähnen abgelagert werden, sodass eine Anwendung bei Kindern unter 9 Jahren und Schwangeren vermieden werden sollte. Am häufigsten eingesetzt wird heute Doxycyclin. Aufgrund ihrer Lipophilie werden Tetrazykline in Talgdrüsen akkumuliert und sind daher besonders gut für die Therapie der Acne papulopustulosa geeignet. Makrolide sind gegenüber den wichtigsten Erregern von Atemwegsinfektionen inkl. Mycoplasma pneumoniae, Moraxella, Legionella spp. und Chlamydien wirksam. Darüber hinaus sind sie u. a. aktiv gegen Bordetellen, Borrelien, Helicobacter pylori, Corynebacterium diphtheriae, Erysipelothrix rhusiopathiae und Ureaplasma urealyticum. Weniger gut bis mäßig empfindlich sind Staphylokokken, H. influenzae, Campylobacter jejuni, Treponema pallidum und Rickettsien. Clarithromycin wird auch zur Kombinationstherapie von Infektionen durch nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) eingesetzt. Die Verträglichkeit der Makrolide bei Kindern ist grundsätzlich gut. An Nebenwirkungen sind jedoch eine Verlängerung des QT-Intervalls und vielfältige Interaktionen mit anderen Pharmaka (u. a. Theophyllin, Carbamazepin, Terfenadin, Triazolam, Midazolam, Astemizol, Ciclosporin A) zu beachten. Aufgrund ihres Wirkspektrums sind Makrolide für die Behandlung von Weichteilinfektionen nicht geeignet. Erythromycin stellt bei Penicillinunverträglichkeit eine gute Alternative dar. Erythromycinestolat ist aufgrund seiner besseren Bioverfügbarkeit den anderen Erythromycinderivaten vorzuziehen. Die intrazelluläre Konzentration von Erythromycin ist etwa 5-fach höher als die extrazelluläre, und die Ausscheidung erfolgt überwiegend hepatobiliär. Erythromycinlactobionat (Erythrocin) kann auch i. v. verabreicht werden. Kombinationen von Erythromycin bzw. Erythromycinethylsuccinat und Bromhexin sind nicht zu empfehlen. Roxithromycin und Clarithromycin haben ein dem Erythromycin sehr ähnliches antibakterielles Wirkspektrum. Jedoch sind verbesserte pharmakokinetische Eigenschaften von Vorteil, sodass sie niedriger dosiert werden können. Indikationen sind Infektionen durch Bordetella pertussis, Helicobacter pylori, Borrelien, Mycobacterium avium und Bartonellen. Die orale Bioverfügbarkeit liegt bei 50-80 % und geht mit einer Reduktion durch Nahrungsaufnahme (Roxithromycin) bzw. 55 % ohne Reduktion durch Nahrungsaufnahme (Clarithromycin) einher. Clarithromycin ist auch für die Behandlung von Kindern im 1. Lebenshalbjahr zugelassen. Zur i. v. Gabe ist nur Clarithromycin ab dem 13. Lebensjahr zugelassen. Azithromycin ist ein Azalid und hat im Vergleich zu Erythromycin in vitro eine verbesserte Wirkung gegenüber gramnegativen Erregern (H. influenzae) und eine schwächere Aktivität gegen grampositive Bakterien. Bei der Legionellose ist Azithromycin neben Fluorchinolonen das Mittel der Wahl. Nach Abklingen der akuten Symptome bei EHEC-Infektionen verkürzt es die Phase der asymptomatischen Ausscheidung. Aufgrund besonderer pharmakokinetischer Eigenschaften (Halbwertszeit: > 40 h) ist eine Kurzzeittherapie mit täglicher Einmalgabe (Atemwegsinfektionen) möglich. Nachteilig dagegen ist, dass die sehr lang anhaltenden subinhibitorischen Konzentrationen die Entwicklung resistenter Bakterien (z. B. Pneumokokken, GAS) fördern. Der Einsatz sollte sehr zurückhaltend und nur bei fehlenden Alternativen erfolgen. Die orale Bioverfügbarkeit liegt bei ca. 40 %. Clindamycin wirkt hauptsächlich auf grampositive Bakterien (Streptokokken, Staphylokokken, Corynebakterien), Anaerobier, Toxoplasmen und Plasmodien. Es ist gut schleimhautwirksam, sodass es zur Eradikationsbehandlung bei rezidivierenden Streptokokken-und Staphylokokken-Infektionen verwendet werden kann. Die Resistenzraten von Streptokokken und Staphylokokken steigen jedoch an. Das Haupteinsatzgebiet von Clindamycin sind Haut-und Weichteilinfektionen, odontogene Infektionen, Knochen-und Gelenkinfektionen sowie Infektionskrankheiten durch anaerobe Bakterien (z. B. Aspirationspneumonie). Es ist nicht liquorgängig. Eine zunehmende Bedeutung und die Möglichkeit zur oralen Therapie hat Clindamycin bei caMRSA-Infektionen. Die orale Bioverfügbarkeit liegt bei 75-85 %, eine parenterale Applikation ist ebenfalls möglich. Bei schweren Haut-und Weichgewebsinfektionen durch Staphylokokken oder GAS, die toxinvermittelt sind, wird Clindamycin in Kombination mit Betalaktamen eingesetzt, um die Toxinproduktion rasch zu unterbinden. Bezüglich der Nebenwirkungen ist an ein erhöhtes Risiko für eine Clostridium-difficile-assoziierte Enterokolitis zu denken. Vancomycin ist ein Reserveantibiotikum zur Behandlung von Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylokokken-Stämme, Enterokokken inkl. E. faecium, Streptokokken, Pneumokokken inkl. Penicillin-resistenter Stämme, C. difficile, Corynebakterien (auch C. jeikeium), Listerien und grampositive Anaerobier. Die Applikation erfolgt parenteral als Infusion über mindestens 1 h (bei C.-difficile-assoziierter Enterkolitis ausschließlich oral). Ein Red-Man-Syndrom kann bei zu schneller i. v. Gabe auftreten, was fälschlicherweise oft als allergische Reaktion interpretiert wird. Bei Kumulation ist Vancomycin oto-und nephrotoxisch. Infektionen durch Methicillin-sensible Staphylokokken sollten nicht mit Vancomycin behandelt werden, da Betalaktam-Antibiotika besser wirksam und nebenwirkungsärmer sind. Bei der Behandlung von Shunt infektionen durch grampositive Erreger wird Vancomycin eingesetzt. Der Talspiegel (vor der 3. Gabe) korreliert mit der systemischen Wirkung. Bei Kindern < 12 Jahre sollte der Talspiegel mindestens bei 5-10 mg / l, bei älteren Kindern und schweren Infektionen zwischen 15 und 20 mg / l liegen. Talspiegelbestimmungen werden in der Regel 2 × / Woche sowie nach Dosisänderungen durchgeführt und sind obligat. Liegt die minimale Hemmkonzentration (MHK) des Erregers über 1 mg / l, ist die Effektivität einer Therapie mit Vancomycin oft eingeschränkt, weil auch mit sehr hohen Dosierungen keine ausreichende Bakterizidie erreicht werden kann. Teicoplanin hat ein identisches Wirkspektrum wie Vancomycin, jedoch mit längerer Halbwertszeit und nahezu fehlender Nephrotoxizität. Einige KNS sind gegen Teicoplanin resistent. Bei Enterokokken, die eine VanB-Resistenz tragen, ist Teicoplanin wirksamer als Vancomycin. Teicoplanin kann, nach initial 2-mal täglicher Gabe an Tag 1, einmal täglich verabreicht werden, ebenso ist die i. m. Gabe möglich. Serumspiegelbestimmungen sind nur in besonderen klinischen Situationen notwendig. Bei Shuntinfektion mit Ventrikulitis kann es sinnvoll sein, den Medikamentenspiegel im Liquor zu bestimmen. Auch eine intraventrikuläre Gabe von Teicoplanin oder Vancomycin bei nosokomialer Meningitis oder Ventrikulitis ist möglich. Das Wirkspektrum der Chinolone umfasst grampositive und gramnegative Mikroorganismen inkl. Pseudomonas aeruginosa. Die Fluorchinolone der Gruppen 3 (Levofloxacin) und 4 (Moxifloxacin), die sog. Atemwegschinolone, zeigen eine verbesserte Wirksamkeit gegen Pneumokokken inkl. Penicillin-resistenter Stämme und andere grampositive Bakterien (z. B. S. aureus). Moxifloxacin ist zudem gegen Anaerobier wirksam (intraabdominale Infektionen) und wird zur Therapie bei multiresistenter Tbc eingesetzt. In Deutschland ist nur Ciprofloxacin (Gruppe 2) für Kinder ab 5 Jahren mit einer Pseudomonas-Infektion bei zystischer Fibrose, bei Kindern ab 1 Jahr mit komplizierter HWI und Pyelonephritis als Zweittherapie und für alle Kinder zur Soforttherapie des Milzbrands mit systemischer Beteiligung und bei Inhalation von B. anthracis zugelassen. Irreversible Schädigungen der Gelenkknorpel wurden bei Kindern (inkl. Neugeborene > 1.000 g) und Jugendlichen bislang nicht nachgewiesen. Als Nebenwirkungen sind zwar Arthralgien beobachtet worden, diese waren aber fast immer nach Absetzen der Therapie reversibel, traten nicht häufiger auf als in der Kontrollgruppe und entsprachen nicht den in den Tierversuchen beschriebenen Knorpelschäden. Fluorchinolone können daher bei Kindern und Jugendlichen angewendet werden, wenn es für die indizierte Therapie keine Alternative gibt und die Eltern ausreichend aufgeklärt wurden. Zu den Indikationen zählen Infektionskrankheiten durch P. aeruginosa oder multiresistente gramnegative Bakterien. Hierzu gehören die gegen P. aeruginosa gerichtete Eradikationstherapie oder die akute Exazerbation bei zystischer Fibrose, komplizierte HWI, Osteomyelitis, chronisch-eitrige Otitis media, schwere Otitis externa, Shuntinfektionen sowie Infektionen des Gastrointestinaltrakts durch Shigellen, Salmonellen, Vibrio cholerae und C. jejuni. Unter der Behandlung mit Fluorchinolonen können neurotoxische und psychiatrische Nebenwirkungen auftreten. Auch ist die Vorbehandlung mit Fluorchinolonen im Kindes-und Jugendalter einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine C.-difficile-assoziierte Enterkolitis. Im Kindes-und Jugendalter sollte Ciprofloxacin bevorzugt werden, da es am besten untersucht ist und eine Saftzubereitung zur Verfügung steht. Kinder unter 5 Jahren sollten Levofloxacin 2 × / Tag erhalten. Bei Moxifloxacin ist die am besten geeignete Dosis bei Kindern noch nicht abschließend untersucht. Ciprofloxacin kann als Umgebungsprophylaxe mit einer Einmaldosis bei invasiver Meningokokken-Infektion verabreicht werden. Nitrofurantoin eignet sich zur Behandlung der Zystitis und zur Infektionsprophylaxe von HWIs. Die Substanz erreicht keine nennenswerten Serumkonzentrationen und wird nur im Harn ausgeschieden. Sie sollte nicht verordnet werden bei Säuglingen in den ersten 3 Monaten und bei Patienten mit Niereninsuffizienz oder schwerer Neuropathie. Nitrofurantoin darf laut Fachinfo nur verabreicht werden, wenn effektivere und risikoärmere Antibiotika oder Chemotherapeutika nicht einsetzbar sind. Rifampicin ist gegen Mycobacterium tuberculosis, M. leprae, Staphylokokken und andere grampositive Kokken, Meningokokken, H. influenzae, Chlamydien und Legionellen wirksam. Es kann zu einer schnellen Resistenzentwicklung unter der Therapie mit Rifampicin kommen daher darf es nur in Kombination mit anderen antibakteriell wirksamen Medikamenten eingesetzt werden. Eine Ausnahme stellt die Meningokokkenprophylaxe dar. Zu beachten ist, dass sich Tränenflüssigkeit (cave: Kontaktlinsenträger), Urin, Sputum, Schweiß und andere Körperflüssigkeiten orange färben können. Zahlreiche Interaktionen mit anderen hepatisch metabolisierten Arzneimitteln sind bekannt. Sulfonamide haben ein Wirkspektrum, das grampositive Bakterien, Shigellen, Aktinomyzeten, Toxoplasma gondii, Pneumocystis jiroveci und Plasmodien erfasst. Aufgrund der Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Brechreiz, zentralnervösen Symptomen, schweren mukokutanen Unverträglichkeitsreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom und toxische epidermale Nekrolyse) und möglicher Nieren-und Lebertoxizität sowie der hohen Resistenzraten werden die Sulfonamide kaum noch als Monosubstanz angewendet. Trimethoprim / Tetroxoprim mit Sulfonamiden. Die synergistische Kombination von Trimethoprim oder Tetroxoprim als Folsäure-Antagonisten mit Sulfonamiden (im Verhältnis 1 : 5) wirkt gegen zahlreiche pathogene Erreger, insbesondere grampositive Kokken, Enterobacteriaceae inkl. Salmonellen und Shigellen, V. cholerae, H. influenzae, M. catarrhalis, B. pertussis, Brucellen und Nocardia spp. Gegen Enterokokken, Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen ist die Kombination unwirksam. Für die Behandlung von GAS-Infektionen ist Cotrimoxazol (Sulfamethoxazol + Trimethoprim) ungeeignet. Die Kombinationspräparate eignen sich heutzutage nur noch zur Infektionsbehandlung der Harnwege bei nachweislich empfindlichen Erregern. Auch bei Infektionen durch MRSA kann bei nachgewiesener Empfindlichkeit die Behandlung mit Cotrimoxazol indiziert sein. Trimethoprim kann zur Therapie der Zystitis und zur Infektionsprophylaxe einer HWI eingesetzt werden. Durch den fehlenden Sulfonamid-Anteil sind weniger Nebenwirkungen zu beobachten. Die Dosierungen parenteral applizierter Antiinfektiva in der Neugeborenenzeit bis zum 3. Lebensmonat sowie bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sind in › Tab. 10.51 bzw. › Tab. 10.52 angegeben. Amphotericin B hat ein breites Wirkspektrum und ist eine wichtige Substanz in der Behandlung invasiver Pilzinfektionen. Es schließt die meisten Hefen und Fadenpilze ein. Ausnahmen sind Dermatophyten und einige seltene Pilze wie Aspergillus terreus, Scedosporium prolificans, Candida lusitaniae, Trichosporon asahii und Malassezia spp., die eine reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Amphotericin B besitzen. Amphotericin B wird oral verabreicht, kaum resorbiert und kann zur Dekontamination des Darms und zur topischen Therapie von Candida-Infektionen der Schleimhäute eingesetzt werden. Nach i. v. Gabe dissoziiert Amphotericin B von seinem Carrier Desoxycholat und verteilt sich vorwiegend in Leber, Milz und Knochenmark. Die Elimination aus dem Körper dauert Tage bis Wochen und erfolgt in unveränderter Form über den Urin und die Galle. Die wesentlichen Nebenwirkungen sind Nephrotoxizität und infusionsassoziierte Reaktionen wie Fieber, Schüttelfrost, Myalgien und Arthralgien. Hypokaliämien sind nicht selten substitutionsrefraktär und können zum Therapieabbruch zwingen. Therapieindikation sind die Candidämie Neu-und Frühgeborener und (in Kombination mit Flucytosin) die Induktionstherapie der Kryptokokkenmeningoenzephalitis. LAMB ist weniger nephrotoxisch als AMBD und mit weniger infusionsassoziierten Reaktionen verbunden. Es hat zugelassene Erstlinienindikationen für alle Altersstufen in der empirischen antimykotischen Therapie bei Fieber und Granulozytopenie (3 mg / kg KG / Tag in 1 ED) und in der Therapie invasiver Pilzinfektionen inkl. invasiver Aspergillus-und Candida-Infektionen (3 bis max. 5 mg / kg KG / Tag in 1 ED). Die Therapie sollte mit der vollen Zieldosis unter klinischem Monitoring begonnen werden und eine Infusionsdauer von 1-2 h nicht unterschreiten. Amphotericin-B-Lipid-Komplex (ABLC) ABLC hat eine im Vergleich zu AMBD verminderte Nephrotoxizität, die Häufigkeit der infusionsassoziierten Reaktionen bleibt jedoch gleich. ABLC ist ab dem 1. Lebensmonat zur Zweitlinienbehandlung invasiver Pilzinfektionen zugelassen und eine Option der Primärtherapie extrakranialer Mukormykosen. Die empfohlene Dosierung ist 5 mg / kg KG / Tag in 1 ED, infundiert über 2 h. Flucytosin (5-Fluorocytosin; 5-FC) ist ein pilzspezifisches synthetisches Basenanalogon, das ein RNA-Miscoding und eine Hemmung der DNA-Synthese bewirkt. Seine antimykotische Aktivität ist im Wesentlichen auf Hefepilze beschränkt. 5-FC ist in Deutschland als i. v. Lösung verfügbar. Es hat eine sehr niedrige Eiweißbindung mit gleichmäßiger Verteilung in alle Gewebe-und Körperflüssigkeiten inkl. Liquor. Die Elimination erfolgt überwiegend (> 90 %) in unveränderter Form durch glomeruläre Filtration über den Urin. Aufgrund einer raschen Resistenzausbildung in vitro wird 5-FC generell nur in Kombination eingesetzt. Die Kombination mit Amphotericin B ist eine etablierte, evidenzbasierte Indikation zur Induktionstherapie bei der Kryptokokkenmeningitis und zur Behandlung komplizierter invasiver Candida-Infektionen. In Kombination mit Fluconazol ist 5-FC eine Alternative in der Behandlung der Kryptokokkenmeningitis, wenn eine Amphotericin-B-basierte Behandlung nicht eingesetzt werden kann bzw. eine orale Behandlung erforderlich ist. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen beinhalten gastrointestinale Beschwerden und Blutbildveränderungen (orale Gabe). Ein therapeutisches Monitoring wird empfohlen, insbesondere bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen. Die Anfangsdosierung für Erwachsene und pädiatrische Patienten aller Altersstufen beträgt 100 mg / kg KG / Tag in 3-4 ED; das Dosierungsziel sind Plasmaspiegel zwischen 40 und 60 mg / l vor Gabe. Das Wirkspektrum von Fluconazol umfasst verschiedene Candida-Arten, Cryptococcus neoformans, Trichosporon asaihi und die endemischen dimorphen Pilze. Candida krusei ist intrinsisch resistent, und Candida glabrata hat eine eingeschränkte Empfindlichkeit. Fluconazol ist oral und parenteral verfügbar. Die orale Bioverfügbarkeit liegt bei > 90 %. Die Eiweißbindung ist gering und die Penetration in Liquor und Gewebe aufgrund der hohen Wasserlöslichkeit Tab. 10.51 Dosierungen wichtiger parenteral applizierter Antiinfektiva in der Neugeborenenzeit bis zum 3 . Lebensmonat (Meningitisdosis in Klammern) Tagesdosis ( Viren sind bei ihrer Vermehrung auf den Stoffwechsel der Wirtszelle angewiesen. Bei der Anwendung antiviraler Substanzen besteht daher die Gefahr der toxischen Schädigung der Wirtszelle. Idealerweise sollte ein Virostatikum nur virusspezifische Prozesse hemmen, ohne die Wirtszellen zu schädigen. Die höchste Effektivität von Virostatika wird erreicht, wenn die Therapie binnen 24( -48) h nach Auftreten von Symptomen einsetzt. Eine später begonnene Therapie ist bei immunkompetenten Kindern oft wirkungslos. Bei einer länger anhaltenden Virusreplikation, z. B. bei immundefizienten Kindern oder bei virusbedingten Komplikationen, kann eine Therapie mit Virostatika auch noch später als 48 h nach Auftreten der Symptome begonnen werden. Viele Virostatika wie Famciclovir, Valaciclovir, Valganciclovir und Ganciclovir sind für Kinder und Jugendliche nicht zugelassen. Da der Pädiater aber nicht auf die modernen Virostatika verzichten kann, sollte vor der Anwendung die Risiko-Nutzen-Abwägung sehr sorgfältig geprüft werden. • Aciclovir ist das erste hoch wirksame, selektive und gut verträgliche Virostatikum zur systemischen Therapie. Das Wirkspektrum umfasst HSV1 und HSV2 sowie VZV, dessen Empfindlichkeit aber 10-fach schwächer ist als die des HSV. Selten sind HSV-oder VZV-Virusstämme gegen Aciclovir resistent. Wegen der geringen oralen Bioverfügbarkeit von 20 % sollte Aciclovir therapeutisch möglichst parenteral appliziert werden. Ist dies nicht möglich, sollte es in einer hohen Dosierung verordnet werden. Die lokale Anwendung ist nur bei Herpeskeratitis von Bedeutung. Indikationen für Aciclovir sind die Behandlung von Herpes-Enzephalitis, Eczema herpeticatum, Herpes genitalis, Varizellen und Zoster bei immunsupprimierten Patienten und Patienten mit anderen Risikofaktoren sowie die Prophylaxe der HSV-und VZV-Infektion bei exponierten immundefizienten Patienten (onkologische Krankheiten, Organtransplantation). • Valaciclovir (z. B. Valtrex ® ) ist ein Ester von Aciclovir, das die Darmzellen nach der Resorption in Aciclovir und Valin spalten. Die Bioverfügbarkeit liegt bei 54 %. Valaciclovir ist für immunkompetente Jugendliche (≥ 12 Jahre) zugelassen. • Ganciclovir (Cymeven ® ) ist gegen CMV 8-bis 20-fach stärker wirksam als Aciclovir. Gegen HSV und VZV ist es jedoch deutlich schwächer aktiv. Die orale Bioverfügbarkeit ist mit 5-9 % gering. Ganciclovir ist viel weniger selektiv wirksam als Aciclovir und hat daher auch nicht unbeträchtliche Nebenwirkungen. Dazu gehören Knochenmarkdepression (Neutropenie) sowie Leber-und Nierenfunktionsstörungen. Indikationen für eine Therapie mit Ganciclovir sind vor allem lebens-und das Augenlicht bedrohende CMV-Infektionen bei immunsupprimierten Patienten. Ein Therapieversuch ist auch bei einer symptomatischen konnatalen CMV-Infektion (Enzephalitis, Hepatitis etc.) indiziert. Neuraminidasehemmer hemmen selektiv das aktive Zentrum der Influenzavirus-Neuraminidase. Dadurch können keine neu gebildeten Influenzaviren von der Zelle freigesetzt werden. Diese Virostatika sind gegen alle bekannten viralen Neuraminidase-Subtypen (n = 9) inkl. des Subtyps vom Vogelgrippevirus wirksam. Bei Kindern können als unerwünschte Nebenwirkungen abnorme Verhaltensstörungen vorkommen. Mit resistenten Virusstämmen muss gerechnet werden. Zanamivir (Relenza ® ) wird 2-mal täglich über 5 Tage inhaliert und ist zur Behandlung und Prophylaxe geeignet. In Deutschland ist es für Kinder ab 5 Jahre zugelassen. Oseltamivir (Tamiflu ® ) hat eine orale Bioverfügbarkeit von 80 %. Es wird metabolisiert und ausschließlich renal ausgeschieden, sodass bei einer Nierenfunktionsstörung eine Dosisreduktion erforderlich ist. Die Halbwertszeit beträgt 6-10 h. Oseltamivir ist für Kinder ab 1 Jahr zur Therapie und Prophylaxe zugelassen. Angaben zur Dosierung der beschriebenen Substanzen sind › Tab. 10.54 zu entnehmen. Resistenz ist definiert als eine minimale Hemmkonzentration eines Antibiotikums gegen ein Bakterium, die so hoch ist, dass auch bei der zugelassenen Höchstdosierung kein therapeutischer Erfolg erzielt wird. Es lassen sich zwei verschiedene Resistenzformen voneinander unterscheiden. • Natürliche, primäre Resistenz: Hierbei handelt es sich um eine stets vorhandene, genetisch bedingte Unempfindlichkeit einer Bakterienart gegen ein Antibiotikum. Beispiele sind die Unwirksamkeit von Cephalosporinen gegen Enterokokken oder von Penicillin gegen Pseudomonas aeruginosa. • Erworbene, sekundäre Resistenz: Erworbenen Resistenzentwicklungen liegen Mutationen zugrunde. Der eigentliche Mechanismus besteht in einer Selektion resistenter Stämme, die in jeder Bakterienpopulation in geringer Zahl vorkommen. Die Selektion findet unter Einwirkung eines Antibiotikums statt, das die empfindlichen Bakterien abtötet. Darüber hinaus können resistente Bakterien durch Mutation oder Übertragung von Resistenzgenen unter Einwirkung eines Chemotherapeutikums herausselektioniert werden. Ein Beispiel hierfür ist die Induktion von Betalaktamasen unter der Therapie mit Betalaktam-Antibiotika. Drugmonitoring"), um eine effektive Wirksamkeit zu erlangen. Beispiele hierfür sind Gentamicin-Spitzenspiegel und Vancomycin-Talspiegel. Bezüglich der Toxizität sind die Talspiegel bei Aminoglykosiden zu nennen. Bei der Verordnung von Antiinfektiva in der Pädiatrie ist Vorsicht geboten. Stets ist eine Dosierung nach Körpergewicht (KG) oder Körperoberfläche (KOF) vorgesehen. Hierbei können sich Kalkulationsfehler ergeben. Aus praktischen Erfahrungen heraus hat sich gezeigt, dass bei Kindern und Jugendlichen > 40 kg KG die maximale Erwachsenendosis gegeben werden kann. Eine Besonderheit in der Pädiatrie ist, dass bestimmte Infektionskrankheiten nur bei Kindern und Jugendlichen vorkommen (z. B. Neugeborenensepsis), andere Infektionskrankheiten (Atemwegsinfektionen, Meningitis, Keuchhusten) sind viel häufiger. Ferner werden Antibiotika im Off-Label-Bereich (Fluorchinolone) eingesetzt, die in der Erwachsenenmedizin eine weite Verbreitung erfahren. Etwa 75 % der Antibiotika werden im ambulanten Bereich verordnet. Die ABS-Maßnahmen beziehen sich jedoch im Wesentlichen auf den stationären Bereich und hier insbesondere auf besonders kritische Bereiche wie die Neonatologie oder die pädiatrische Hämato-Onkologie. Gerade weil Atemwegsinfektionen in der Pädiatrie besonders häufig sind und zunächst einmal ambulant behandelt werden, sind Kenntnisse bezüglich der Indikation und Therapiedauer sowie der Auswahl eines geeigneten Antibiotikums (möglichst kein Breitspektrum-Antibiotikum) sinnvoll. ABS-Maßnahmen und Schulungen sollten in Analogie zum stationären Bereich erfolgen. II Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut: www .rki .de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/ Impfempfehlungen_node .html . Zur Verfügung stehen die i. v. zu verabreichenden Benzylpenicilline (Penicillin G) und die oral zu verabreichenden magensäurestabilen Phenoxypenicilline (Penicillin V). Die orale Bioverfügbarkeit von Penicillin V liegt bei 50 % und wird durch Nahrungsaufnahme reduziert Aminopenicilline und Betalaktamase-Inhibitoren • Ampicillin besitzt ein erweitertes Aktivitätsspektrum im Vergleich zu Penicillin G, vor allem im gramnegativen Bereich. Zusätzlich werden Enterococcus faecalis (nicht aber E. faecium), Haemophilus influenzae, Listerien, E. coli (bis 50 % resistente Stämme) • Amoxicillin hat das Wirkspektrum von Ampicillin und ist dessen Hydroxyderivat. Die orale Bioverfügbarkeit liegt bei 60-70 %. Wird Ampicillin oder Amoxicillin bei der infektiösen Mononukleose verabreicht Durch die Kombination der Clavulansäure mit Amoxicillin gelingt es, das Spektrum auf Keime zu erweitern, die aufgrund von Betalaktamasebildung gegen Aminopenicilline resistent sind (Staphylokokken, Bacteroides fragilis u Sulbactam steht in parenteraler Form in einem Mischungsverhältnis von 2 : 1 zur Verfügung. Sulbactam ist ein Inhibitor der meisten Betalaktamasen und wird p. o. nicht resorbiert Sultamicillin ist eine feste chemische Verbindung von Ampicillin mit Sulbactam, die p. o. eine Bioverfügbarkeit von 80-85 % hat > 40 kg, 125 mg / Tag für Kinder von 20-40 kg, und 62,5 mg / Tag für Kinder mit einem Gewicht von < 20 kg vorgeschlagen Therapiedauer beträgt 10-15 Tage bei Arthritis, 3-4 Wochen bei Osteomyelitis oder Spondylodiszitis.Prävention Prophylaxemaßnahmen zur Verhinderung sporadischer Kingella-kingae-Infektionen existieren nicht. Erreger Keuchhusten wird durch Bordetella (B.) pertussis hervorgerufen, ein bekapseltes, aerobes, gramnegatives Stäbchenbakterium, das über eine Vielzahl von Virulenzfaktoren wie Toxine (Pertussistoxin) und Adhäsine (filamentöses Hämagglutinin, Pertactin) verfügt. Keuchhustenähnliche Symptome können auch durch B. parapertussis oder B. bronchiseptica sowie Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia trachomatis, Chlamydia pneumoniae und durch respiratorische Viren (vor allem RSV) hervorgerufen werden. Der Mensch ist das einzige Reservoir für B. pertussis, während B. parapertussis und B. bronchiseptica sowohl beim Menschen als auch bei Tieren detektiert werden. Die Inzidenz liegt mit starken Schwankungen zwischen 10 und 41 je 100.000 Einwohner. Deutlich höher ist die Inzidenz für Pertussis bei Säuglingen (10-95 je 100.000).Übertragung und Inkubationszeit Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion bei engem Kontakt mit Infizierten, die mit Beginn des Stadium catarrhale kontagiös sind. Die Infektiosität hält (unbehandelt) ca. 3 Wochen nach Beginn des Stadium convulsivum an. Pertussis ist sehr ansteckend. Der Kontagionsindex bei ungeimpften Kindern liegt bei 90 %, beim Erwachsenen ist er niedriger. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 7-10 (5-21) Tage.Klinische Symptome Klinisch tritt Pertussis in einer ungeimpften Population vor allem bei Kleinkindern auf. In Deutschland war zuletzt eine Verschiebung der Pertussisinzidenz in das frühe Säuglingsalter (ungeimpft) und hin zu Adoleszenten sowie Erwachsenen zu beobachten. Patienten mit Pertussis weisen kein oder leichtes Fieber auf. Das klinische Bild ist variabel. Unter typischem Keuchhusten versteht man drei Stadien: 1. Stadium catarrhale (leichte respiratorische Symptome wie Husten und Rhinitis) über 1-2 Wochen, gefolgt von dem charakteristischen 2. Stadium convulsivum (4-6 Wochen) mit den typischen, anfallsweise auftretenden Hustenstößen (Stakkatohusten), denen ein inspiratorisches Ziehen ("Keuchen") folgt. Oftmals treten die Hustenattacken nachts auf, und es kommt zum Hervorwürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen. Das 3. Stadium wird als 3. Stadium decrementi mit abklingendem Husten bezeichnet. Der typische Keuchhusten dauert 6-12 Wochen. Komplikationen ergeben sich durch Sekundärinfektionen wie Pneumonie, Otitis (durch Pneumokokken oder nicht verkapselte Haemophilusinfluenzae-Bakterien).Neugeborene und junge Säuglinge erkranken schwer an Keuchhusten. Die klinische Symptomatik kann ausschließlich mit periodischer Atmung oder Atempausen auffallen. Auch unspezifischer Husten ist ein Symptom. Weitere Komplikationen sind Krampfanfälle, Pneumonien sowie eine Enzephalopathie. In seltenen Fällen kommt es bei Säuglingen zu Hyperleukozytose, Hypoxämie und pulmonaler Hypertension. Hierbei ist die Sterblichkeit deutlich erhöht.Jugendliche und Erwachsene erkranken unter dem Bild "chronischer Husten" und werden oftmals nicht diagnostiziert.Diagnose Diagnostisch kann Keuchhusten schwierig einzuordnen sein, weil das klinische Bild sehr variabel ist. Bei jungen Säuglingen, Jugendlichen und Erwachsenen gilt: An Keuchhusten denken! Unspezifisch kommen Blutbildveränderungen (Leukozytose mit Lymphozytose) im Stadium convulsivum vor, insbesondere bei ungeimpften Säuglingen und Kleinkinder, nicht jedoch bei Jugendlichen und Erwachsenen. Die klinische Verdachtsdiagnose "Keuchhusten" kann durch Erregeranzüchtung, PCR oder einen serologischen Antikörpernachweis bestätigt werden. Die mikrobiologische Diagnostik von Bordetella pertussis erfolgt durch Untersuchung von mittels Absaugung gewonnenem Nasopharyngealsekret oder einem tiefen nasalen Abstrich mit Dacron-Tupfern. Es muss ein spezieller Cefalexin-haltiger Kohle-Pferdeblut-Agar verwendet werden. Aufgrund der hohen Sensitivität und der einfachen und schnellen Durchführung hat sich die PCR zu einer Säule in der Diagnostik von Keuchhusten entwickelt. Spezifische Antikörper gegen Bordetella-pertussis-Antigen im Serum sind bei Erstinfektion frühestens am Übergang vom Stadium catarrhale in das Stadium convulsivum nachweisbar. Aus diesem Grund ist die Serologie in den ersten 2-3 Erkrankungswochen ungeeignet. Wegen der schlechten Abgrenzbarkeit bei geimpften Kindern verbietet sich bei Säuglingen und Kleinkindern eine serologische Diagnostik. Die Pertussis-Toxin-ELISA-Antikörperbestimmung bei Erwachsenen kann zur Dia gnostik von Pertussis herangezogen werden. Insbesondere hohe IgG-Anti-PT-Werte (≥ 100 IU / ml) im Zeitraum von 3-4 Wochen nach Hustenbeginn können als Hinweis für eine Bordetella-pertussis-Infektion gesehen werden. Herpes zoster ist meist eine einseitige Neuritis mit einem oder mehreren Dermatomen, die bei Kindern mit bis zu 75 % im Thoraxbereich mit typischen, gruppiert angeordneten Effloreszenzen und selten bei älteren Kindern mit lokalen Schmerzen anzutreffen ist. Das Übertreten der Mittellinie (Zoster duplex) ist selten. Eine postzosterische Neuralgie kommt bei Kindern ebenfalls selten vor. Hirnnerven können betroffen sein (Zoster ophthalmicus, Zoster oticus). Eine Fazialisparese kann wenige Tage vor und nach Beginn des Zoster oticus auftreten (Ramsay-Hunt-Syndrom). Chronische Formen bei abwehrgeschwächten Patienten und Rezidive sind auch im Kindesalter zu beobachten.Diagnostik Zum Nachweis einer akuten Infektion stehen PCR, Virusanzucht oder der Immunfluoreszenztest mit monoklonalen Antikörpern zur Verfügung. Die Differenzierung von Wild-und Impfvirusstämmen erfolgt mittels PCR, Restriktionsenzymanalyse und Sequenzierung. Der Nachweis von spezifischen Antikörpern (IgG, IgA, IgM) kann eine akute Infektion oder den Impfstatus anzeigen. Weitere diagnostische Methoden sind der Fluoreszenz-Antikörpermemban-Antigen-Test (FAMA) sowie ELISA und IFAT zur Prüfung der VZV-IgG-Avidität. Beide Verfahren gehören in den Bereich der Spezialdiagnostik. Neugeborene von Müttern mit Varizellen während der Perinatalperiode sind, sofern sie in der Klinik verbleiben müssen, bis 28 Tage post natum zu isolieren. Eine Prophylaxe mit VZV-Immunglobulin ist möglich. Die STIKO empfiehlt den Einsatz von VZV-Immunglobulin als postexpositionelle Prophylaxe für ungeimpfte Personen mit negativer Varizellenanamnese und Kontakt zu Risikopersonen, ungeimpfte Schwangere ohne Varizellenanamnese, immunkompromittierte Patienten mit unsicherer oder fehlender Varizellenimmunität, Neugeborene, deren Mütter 5 Tage vor bis 2 Tage nach der Entbindung an Varizellen erkrankt sind, Frühgeborene ab der 28. SSW, deren Mütter keine Immunität aufweisen (nach Exposition in der Neonatalperiode), Frühgeborene, die vor der 28. SSW geboren wurden (nach Exposition der Neonatalperiode), unabhängig vom Immunitätsstatus der Mutter. Eine Chemoprophylaxe mit Aciclovir ist ab dem Tag 7-9 nach Exposition möglich (60-80 mg / kg KG / Tag), p. o. über 5-7 Tage. Diese Prophylaxe ist bisher nur bei immungesunden Kindern erprobt.Zur aktiven Immunisierung steht eine Impfung zur Verfügung. Auch nach Impfung sind Durchbruchsvarizellen möglich. Die Prävalenz wird nach einmaliger Impfung mit 4-9 % der jährlich geimpften Personen angegeben. Auch nach zweimaliger Impfung besteht kein 100-prozentiger Schutz. Die Varizellenimpfung ist eine Standardimpfung im STIKO-Impfkalender (› Tab. 10.5). Es besteht Meldepflicht (IfSG). In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme multiresistenter Erreger (MRE), im Wesentlichen als Folge einer ungezielten antiinfektiven Therapie, zu beobachten gewesen. Bei der Auswahl von Antiinfektiva, insbesondere Antibiotika, kommt es auf die korrekte Indikation, die Auswahl eines am besten geeigneten Antibiotikums sowie die angemessene Dosierung und Dauer der Therapie an. Wenn möglich, sollte die frühzeitige orale Sequenztherapie initiiert und eine nicht indizierte Behandlung selbstverständlich abgesetzt werden.ABS in der Pädiatrie unterscheidet sich wesentlich von ABS in der Erwachsenenmedizin. Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hat unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen hinsichtlich der antiinfektiven Therapie (Pharmakokinetik, Pharmakodynamik u. a.) eine AWMF-Leitlinie erstellt."Antibiotic Stewardship -Konzeption und Umsetzung in der stationären Kinderheilkunde": awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung/1/ll/048-015.html https://else4.de/0cydi Im Zentrum von ABS in der Pädiatrie steht das ABS-Team. Das ABS-Team sollte aus dem ärztlichen Leiter mit der Fachgebietsbezeichnung Pädiatrie und infektiologischer Zusatzbezeichnung, einem Apotheker mit klinisch-infektiologischer Erfahrung und / oder Weiterbildung sowie dem Krankenhaushygieniker und dem Mikrobiologen bestehen. Ein Zugriff auf eine EDV-Kompetenz ist wünschenswert. Idealerweise ist das ABS-Team durch die Klinikleitung mandatiert und kann entsprechende Vorgaben für eine Klinik erlassen.Zu den ABS-Kernmaßnahmen gehört das Verfassen einer restriktiven Liste von Standard-Antiinfektiva für eine bestimmte Klinik. Reserveantibiotika oder antiinfektive Therapien mit ungewöhnlicher Indikation sollten immer nach Rücksprache mit dem ABS-Team eingesetzt werden.Der Verbrauch der Antiinfektiva sollte erfasst werden. Diese Verbrauchsanalysen sollten mindestens jährlich für die gesamte Klinik sowie ggf. für Risikobereiche (Onkologie, Intensivstationen, Neonatologie u. a.) erstellt werden. Aus der Erwachsenenmedizin sind die "daily defined doses" (DDD) bekannt. Hierbei wird der Gesamtverbrauch durch die von der WHO festgelegte typische Tagesdosis für einen Erwachsenen (KG 70 kg) auf 100 oder 1.000 Pflegetage bezogen. In der Kinder-und Jugendmedizin ist dieses Verfahren wegen des Gewichtsbezugs schwerlich möglich. Dennoch kann der Einsatz von DDDs oder absoluten Liefermengen je 1.000 Patiententagen orientierende Hinweise auf eine Zu-oder Abnahme des Verbrauchs von Einzelsubstanzen geben.Eine geeignetere Kenngröße für die Pädiatrie sind die "Therapietage" (Days of Therapy; DoT) und die "Therapiedauer" (Length of Therapy; LoT), die den direkten Vergleich ermöglichen. Für Prävalenzstudien sollte die Anzahl von Antibiotikaverordnungen und / oder die Anzahl exponierter Kinder erfasst werden.Weiterhin bedeutsam für ein ABS-Konzept ist die regelmäßige Erfassung von Erregern invasiver Infektionen sowie Angaben zum Resistenzprofil. Hierbei ist die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem mikrobiologischen Labor unerlässlich. Es muss betont werden, dass lokale Gegebenheiten und Arbeitsabläufe Eingang in interne Leitlinien zu Diagnostik und Therapie wichtiger und häufiger Infektionen haben sollten. Eine allgemeingültige ABS-Leitlinie kann es nicht geben. Zur Überprüfung eines ABS-Programms gibt es Qualitätsindikatoren (QI), die in strukturelle, organisatorische und personelle sowie prozedurale QI unterteilt werden. Wissenschaftlich werden diese QI mit Punktprävalenz-Studien überprüft.Der therapeutische Erfolg des Einsatzes von Antiinfektiva hängt sehr wesentlich von der korrekten Dosierung des jeweiligen Medikaments ab. Dafür ist nicht nur ein Verständnis der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik erforderlich, sondern auch Kenntnisse bezüglich des Wirkmechanismus eines Antibiotikums oder Antimykotikums auf den entsprechenden Erreger sind vonnöten. Einige Antibiotika verfügen z. B. über einen "postantibiotischen Effekt", manche erreichen ihre Wirksamkeit über hohe Spitzenspiegel oder Talspiegel, die über der minimalen Hemmkonzentration liegen. Bei anderen Substanzen wiederum ist es wichtig, die Konzentration im Serum zu definierten Zeitpunkten zu messen ("therapeutisches