key: cord-034021-6h5h3zow authors: Thede, Christian title: COVID-19 – Therapiemöglichkeiten mit chinesischen Arzneimitteln in der Akutphase und Rekonvaleszenz date: 2020-10-20 journal: Dtsch Z Akupunkt DOI: 10.1007/s42212-020-00316-x sha: doc_id: 34021 cord_uid: 6h5h3zow In light of the persistent SARS-CoV‑2 pandemic and the current lack of treatment options, this work discusses therapeutic options using Chinese herbal medicines that have shown promise in initial observational studies. In addition, a therapeutic option for the increasing number of postinfectious states of weakness (fatigue symptoms) is presented, which in selected cases can be viewed as a “lesser yang syndrome” and treated with promise. » Das Problem der Folgeerkrankungen in der Rekonvaleszenzphase gewinnt an Bedeutung Bereits während der SARS-Epidemie 2003 wurden in China Patienten auch mit chinesischer Medizin behandelt. In einem 2004 veröffentlichten Bericht der WHO [1] wurde in einer kontrollierten Beobachtungsstudie eine signifikant höhere Überlebensrate bei Patienten festgestellt, die eine kombinierte Behandlung aus westlicher und chinesischer Medizin erhielten, verglichen mit einer ausschließlich mit westlicher Medizin behandelten Kontrollgruppe. Auch während des aktuellen SARS-CoV-2-Ausbruchs sind im Raum Wuhan über 60.000 an COVID-19 erkrankte Patientenauch infolge einer staatlichen Anweisung -im Rahmen eines kombinierten Therapieregimes zusätzlich zu westlicher Medizin mit chinesischen Arzneimitteln (CAM) behandelt worden. In ersten Beobachtungsstudien zeigten sich für einige standardisierte CAM-Rezepturen eine signifikante Senkung von Mortalitätsraten und eine gute Therapiesicherheit [2] . Wenngleich diese Berichte noch mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten sind und die Ergebnisse erster kontrollierter randomisierter Studien zum Einsatz von CAM bei COVID-19 noch ausstehen, kann der Einsatz chinesischer Medizin eine Bereicherung des zur Zeit noch sehr kargen Spektrums an Therapiemöglichkeiten bei SARS-CoV-2-Infektionen darstellen. Im vorgegebenen Rahmen dieses Zeitschriftenbeitrags können nicht Behandlungsoptionen für sämtliche Stadien der COVID-19-Erkrankung in aller Ausführlichkeit diskutiert werden. Dazu sei auf weitere Quellen verwiesen [3, 4] . In der vorliegenden Arbeit sollen, basierend auf dem in China entwickelten Konsens zum dominierenden Krankheitsmechanismus und der daraufhin unter der Ägide der staatlichen Gesundheitsbehörden entwickelten Therapieprotokolle [5] , Therapieoptionen für ausgewählte Krankheitsphasen einer COVID-19-Erkrankung vorgestellt werden: zum einen für die Phase der beginnenden Pneumonie, also für spätambulante bis frühstationäre Stadien, und zum anderen für mögliche Entwicklungen nach überstandener Akuterkrankung, also poststationäre Stadien mit klinischen Problemen. Dazu gehören persistierende restriktive Ventilationsstörungen oder eine Fatigue-Symptomatik, die angesichts der zunehmenden Zahl von Personen, die eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht haben, wachsende Bedeutung erlangen und für welche die etablierte Medizin bisher keine Lösungen gefunden hat. In der Phase der Rekonvaleszenz werden sowohl bei Infizierten nach Überstehen einer schweren COVID-19-Pneumonie als auch bei Personen, die eine milde oder komplett symptomfreie Akutinfektion durchgemacht haben, persistierende Probleme wie restriktive Ventilationsstörungen auch nach Abklingen der akuten Entzündungsprozesse beobachtet. Für diese Folgeerkrankungen werden aus der Sicht der chinesischen Medizin Störungsmuster wie Qi-und Yin-Defizit sowie persistierende Schleim-(Tan-)Befunde verantwortlich gemacht und entsprechende Therapiekonzepte empfohlen [5] . In zunehmendem Maße leiden außerdem ehemals SARS-CoV-2-Infizierte unter einer Fatigue-Symptomatik, die den Beschwerden nach Epstein-Barr-Virus-(EBV-)Infektionen ähnelt [8] . Während coronavirusassoziierte Fatigue-Symptomatik bis- Angesichts der persistierenden SARS-CoV-2-Pandemie und noch immer mangelnder Therapieoptionen werden in der vorliegenden Arbeit Therapiemöglichkeiten mit chinesischen Arzneimitteln erörtert, die sich in ersten Beobachtungsstudien als Erfolg versprechend erwiesen haben. Darüber hinaus wird eine Therapieoption für die sich häufenden postinfektiösen Schwächezustände (Fatigue-Symptomatik) vorgestellt, die in ausgewählten Fällen als ein "Syndrom des kleinen Yang" betrachtet und Erfolg versprechend behandelt werden können. Schlüsselwörter SARS-CoV-2 · Pandemie · Fatigue-Syndrom · TCM In light of the persistent SARS-CoV-2 pandemic and the current lack of treatment options, this work discusses therapeutic options using Chinese herbal medicines that have shown promise in initial observational studies. In addition, a therapeutic option for the increasing number of postinfectious states of weakness (fatigue symptoms) is presented, which in selected cases can be viewed as a "lesser yang syndrome" and treated with promise. Keywords SARS-CoV-2 · Pandemic · Fatigue-Syndrome · TCM Review her in der chinesischen Literatur keinen Niederschlag findet, können die Beschwerden nach eigenen Erfahrungen des Autors zumindest teilweise als "Syndrom des Kleinen Yang" (Shaoyang-Syndrom) im Sinne der "Abhandlung über Erkrankungen durch Kälte" (Shang Han Lun) interpretiert und behandelt werden, was in der vorliegenden Arbeit vorgestellt werden soll. Die in chinesischen Beobachtungsstudien berichteten Behandlungserfolge beziehen sich vorwiegend auf die Rezeptur "den Funktionskreis Lunge kühlendes und Toxisches ausscheidendes Dekokt" (Qingfei Paidu Tang), einer Rezeptur, die aus 4 klassischen Arzneimittelrezepturen zusammengesetzt ist und über 20 Einzelarzneien beinhaltet [2, 5] . In den staatlichen Therapieprotokollen sind allerdings auch zahlreiche differenzierte Therapieempfehlungen für unterschiedliche Krankheitsstadien und Verlaufsformen der Erkrankung aufgeführt. Basierend auf diesen Angaben werden im Folgenden Behandlungskonzepte für folgende ausgewählte klinische Stadien vorgestellt: 1. frühe und mittlere Stadien der COVID-19-Pneumonie, 2. respiratorische Probleme und Fatigue-Symptomatik in der Rekonvaleszenz nach Überstehen der Akutinfektion. Bei Erkrankten mit beginnender Lungenbeteiligung besteht das Therapieziel darin, die Ausprägung interstitieller Infiltrate mit massiven alveolären Exsudationen zu vermeiden bzw. abzumildern, um der Entwicklung einer terminalen beatmungspflichtigen respiratorischen Insuffizienz entgegenzuwirken. Das Anfangsstadium der sich entwickelnden Pneumonie -für die Betroffenen noch in der ambulanten oder bereits in der frühstationären Behandlungsphase -ist in der Regel die letzte realisierbare Möglichkeit, den Erkrankungsverlauf mithilfe der chinesischen Medizin noch positiv beeinflussen zu können. Abhängig von der Zahl von Erkrankten und Belastung der Kliniken dürfte der Zeitpunkt der Aufnahme in klinisch-stationäre Behandlung variieren. Teilweise werden evtl. auch Erkrankte mit bereits manifester Pneumonie ambulant zu behandeln sein, sodass unter Umständen auch Therapeuten, die nicht im klinisch-stationären Bereich tätig sind, die Möglichkeit haben, in dieser Zeit einer gravierenden Verschlechterung des Allgemeinzustands entgegenzuwirken, indem durch frühzeitige Elimination der Akkumulation von Nässe (Shi) der Entstehung von manifester Stagnation von Toxischem mit Hitze (Re) entgegengewirkt wird, um somit der kritischen Reduzierung der alveolären Funktion mit konsekutiver Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung vorzubeugen. Angesichts der nach wie vor reduzierten Prognose beatmeter COVID-19-Patienten ist die beschriebene frühzeitige Therapie bei noch mild ausgeprägter Symptomatik von besonderem Wert. Nach den Prinzipien der chinesischen Medizin sollten therapeutische Konzepte auch für COVID-19-Patienten an den erkennbaren Zeichen bzw. Symptomen und somit dem jeweiligen Stadium der Erkrankung orientiert sein. Nach dem Muster einer universalspezifischen Wirksamkeit zusammengestellte Rezepte mindern die Erfolgschancen der Therapie und vergrößern das Potenzial unerwünschter Nebenwirkungen. Die vorgestellten Konzepte basieren auf dem aktuellen Konsens in der Literatur und sind als Vorschläge zur Therapie zu betrachten, die der jeweiligen klinischen Situation anzupassen sind. Die angegebenen Rezepturen zielen auf ambulante Stadien mit bereits begonnener Lungenbeteiligung bis hin zu klinisch behandlungsbedürftigen Phasen, in denen keine bzw. noch keine invasive Beatmung notwendig ist. Auf der Basis der in den chinesischen Quellen angegebenen zahlreichen Rezepturempfehlungen wurden vom Autor dieses Artikels Basisrezepturen für 3 wichtige Grundkonstellationen pneumonischer Stadien der COVID-19-Erkrankung entwickelt, die hier mit den jeweils wichtigsten Modifikationen für die Anpassung der Arzneimittelzusammensetzung an individuelle Erfordernisse vorgestellt werden: Frühe COVID-19-Stadien mit Lungenbeteiligung ohne klinische Zeichen von Hitze (Re). Husten ohne oder mit wenig zähem farblosen Schleim, leichte Atemnot, thorakales Druckgefühl, mäßiges Fieber ohne Hitzeempfinden, evtl. Frösteln, Schwäche, Müdigkeit, evtl. Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Durchfall, Geschmacks-und Geruchsverlust. Zunge: Körper blass, gedunsen, Belag feucht und weiß bzw. grau und schmierig. Pulse: schlüpfrig (Hua). Frühe und mittlere Stadien der COVID-19-Pneumonie mit Nässe (Shi) und Zeichen von Hitze (Re). Husten ohne oder mit wenig zähem gelblichen Schleim, leichte Atemnot, thorakales Druckgefühl, mäßiges Fieber, Schwäche, Schweregefühl, evtl. Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Defäkation erschwert bei weichem Stuhl. Zunge: blass oder gerötet, Belag gelblich und schmierig. Pulse: schlüpfrig (Hua), evtl. beschleunigt (Shu). Umwandlung und Kanalisierung von Nässe (Shi), Ausleitung von Nässe-Hitze (Shire) sowie der Stagnation von Toxischem, Entfaltung des Qi des Funktionskreises Lunge. Fortgeschrittenes Krankheitsstadium bei COVID-19 mit zunehmender Atemnot, erschwerter und beschleunigter Atmung. Schwere Atemnot, beschleunigte flache Atmung, Cyanose, Husten ohne oder mit wenig zähem gelblichen Schleim, Druck-bzw. [8] . Etablierte Therapieempfeh- Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. C. Thede gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien Mögliche Therapiestrategien bei Covid-19-Erkrankungen mit chinesischen Arzneimitteln Simon A COVID-19 -Strategien zur Prävention und Therapie mit Methoden der Chinesischen Medizin National Health Commission of the PRC, National Administration of Traditional Chinese Medicine of the PRC (2020) Guidance for Corona Virus Disease 2019-prevention, control, diagnosis and management. People' s Medical Publishing House The dampness epidemic: exploring the clinical characteristics of COVID-19 in Shanghai Approaching covid-19 as damp toxin. Lantern 17-2a Gemelli Against COVID-19 Post-Acute Care Study Group, Gemelli Against COVID-19 Post-Acute Care Study Group (2020) Persistent symptoms in patients after acute COVID-19 Lung fibrosis: an undervalued finding in COVID-19 pathological series Medical records from a young and brave female traditional Chinese medicine (TCM) doctor on fighting the COVID-19 lungen für diese Problematik aus China liegen aktuell noch nicht vor, doch soll an dieser Stelle aufgrund eigener Erfahrungen des Autors darauf hingewiesen werden, dass es für versierte Therapeuten der chinesischen Arzneimitteltherapie Erfolg versprechend sein kann, nach Anzeichen eines Syndroms des kleinen Yang (Shaoyang-Syndrom nach der "Abhandlung über Erkrankungen durch Kälte") zu forschen. In diesen Fällen kann die Verordnung des "kleinen Bupleurum-Dekokts" (Xiao Chaihu Tang) bzw. Modifikationen der Rezeptur zur raschen, kompletten und dauerhaften Besserung führen. Ein 44-jähriger Mann ohne nennenswerte Vorerkrankungen klagte nach einer vor 2 Monaten durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion mit milder Atemwegssymptomatik (Husten, Dyspnoe, Fieber -ambulante Therapie in häuslicher Quarantäne) über Schwächezustände (mit fortgesetzter Arbeitsunfähigkeit), extrem verschlimmert durch leichte Belastungen, wie z. B. Treppensteigen über eine Etage, und kombiniert mit Schweißausbrüchen, Benommenheit, Husten mit spärlichem zähen Sputum, thorakalem Druckgefühl, ständigem Unwohlsein, Wechsel von Kälte-und Wärmeempfindlichkeit.Unter der Diagnose eines postinfektiösen Shaoyang-Syndroms wurde folgende Modifikation des kleinen Bupleurum Dekokts verordnet (Tab. 4):Nach kurzer Einnahme reagierte der Patient mit verstärktem Husten mit vermehrtem Sputum. Daraufhin wurden Belamcandae rhizoma (Shegan) 6 g und Magnoliae cortex (Houpo) 6 g ergänzt.Nach insgesamt vierwöchiger Einnahme der Verschreibung konnte die Behandlung wegen Beschwerdefreiheit beendet werden.