key: cord-324963-zg3ghl2m authors: Salzberger, B.; Welte, T. title: COVID-19 – eine neue und vielseitige Herausforderung date: 2020-08-03 journal: Internist (Berl) DOI: 10.1007/s00108-020-00851-8 sha: doc_id: 324963 cord_uid: zg3ghl2m nan Affinität zum ACE2-Rezeptor kann die Infektion in den oberen Atemwegen stattfinden Das Virus ist ein neues β-Coronavirus, das vermutlich von Fledermäusen auf eine noch unbekannte Säugerspezies übergesprungen ist. Ende 2019 wurden dann erstmals Infektionen bei Menschen beobachtet. Aufgrund der engen genetischen und klinischen Verwandtschaft mit dem SARS-Coronavirus erhielt es die Bezeichnung SARS-CoV-2. Es bindet wie SARS-CoV an den Angiotensinconverting-enzyme-2(ACE2)-Rezeptor, aber mit einer sehr viel höheren Affinität, sodass die Infektion in den oberen Atemwegen stattfinden kann. Dort beginnt auch eine hochtitrige Replikation, die zur hohen Kontagiosität führt [3] . Der erste Ausbruch ereignete sich im chinesischen Wuhan, Provinz Hubei, und konnte durch drastische Maßnahmen eingegrenzt werden, gleichzeitig fand jedoch schon früh eine Verschleppung in andere Regionen Chinas und international statt [2] . Viele der Maßnahmen in anderen Regionen basieren auf dem Vorgehen in China, die Beurteilung der Wirksamkeit einzelner Einschränkungen ist offen. Das aktuelle Wissen und Kerndaten zur Epidemiologie sind trotz vieler Arbeiten noch als vorläufig einzuschätzen [10] . Die Häufung atypischer Pneumonien in Wuhan führte zur Entdeckung der Erkrankung. Pneumonien waren auch die dominierenden Manifestationen in der ersten Welle in nahezu jeder Region. Klinik und Charakteristika der COVID-19-Pneumonie unterscheiden sich deutlich von anderen Viruspneumonien [8] . Organversagen waren die wichtigsten Therapiemodalitäten bei schweren Verläufen Der hohe Anteil intensivpflichtiger Patienten hat die Intensivmedizin vor besondere Herausforderungen gestellt. Bridging-Verfahren bei Organversa-gen, vor allem Lungen-, Nieren-und Kreislaufversagen, waren die wichtigsten Therapiemodalitäten bei schweren Verläufen, deren Langzeitprognose noch nicht abzuschätzen ist [4] . Berichte zum natürlichen Verlauf wurden bereits im Februar aus China publiziert. Der weit überwiegende Teil der Infektionen verläuft leicht, von asymptomatisch bis oligosymptomatisch. Risikofaktoren für einen schweren Verlauf sind Alter, Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und Immundefekte [4] . In einer ersten großen genomweiten Studie konnten einige genetische Faktoren als Risiken identifiziert werden, für eine individuelle Risikoabschätzung sind alle diese Daten jedoch noch nicht geeignet [5] . SARS-CoV-2 hat einen breiten Organtropismus, es verursacht neurologische, nephrologische, kardiologische, hämatologische und andere Manifestationen; vermutlich werden wir hier noch viel lernen. Schwere Verläufe sind außerdem charakterisiert durch dramatische Entzündungsreaktionen des Monozyten-Makrophagen-Systems, analog zu Infektionen mit SARS und "Middle East respiratory syndrome" (MERS). Die Erkrankungen mit den beiden verwandten Viren waren allerdings bisher relativ selten, sodass das Wissen hierzu noch rudimentär ist. Die bessere Charakterisierung und das Verständnis dieser Reaktionen werden kritisch sein für die Entwicklung wirksamer Therapiestrategien. Ein zweiter wichtiger Pathomechanismus ist eine Beteiligung des Endothels, am ehesten über eine direkte Infektion. Diese "Endothelitis" ist vermutlich neben der Entzündungs- Nach der Entwicklung der Fallzahlen und der Erkrankungszahlen ist in Deutschland durch strikte Kontrollmaßnahmen eine erste Welle nahezu beendet. Die schweren Krankheitsverläufe einer Infektionskrankheit mit der realen Gefahr nosokomialer Infektionen konnten spezialisierte Infektions-oder Intensivmediziner nicht allein behandeln, es waren breit interdisziplinäre Teams im Einsatz, die von der Diagnostik über die Therapie bis zu Isolations-und Quarantänestrategien ein breites Portfolio von klinischen und organisatorischen Aufgaben lösten. Spezifische Therapien waren zu diesem Zeitpunkt nicht etabliert. Therapiestudien wurden zwar bei CO-VID-19 rasch aufgelegt, aber oft unter sehr schwierigen Umständen. In China wurden einige Studien unter den oft chaotisch erscheinenden Zuständen der ersten Welle initiiert und konnten bei rasch wieder sinkenden Fallzahlen keine vollständige Rekrutierung erreichen. Die Evidenz zu spezifischen antiviralen The-rapiestrategien ist auch deshalb noch sehr gering. In allen bisherigen Studien haben antivirale Therapien allein keinen Überlebensvorteil gezeigt, insgesamt ist die Effektivität der untersuchten Substanzen nicht überzeugend [1] . Neue Substanzen oder Kombinationstherapien mit besserer Wirksamkeit sind dringend notwendig. Immunmodulatorische Therapien sind bisher kaum systematisch evaluiert worden, in einer randomisierten Studie aus Großbritannien konnte gerade erstmals gezeigt werden, dass Dexamethason bei schwer verlaufender COVID-19-Erkrankung die Prognose verbessert [9] . Eine Vielzahl anderer Substanzen wird derzeit in klinischen Studien evaluiert, die Therapie befindet sich im raschen Wandel (. Tab. 1) . COVID-19 als erste große Pandemie des 21. Jahrhunderts hat auch die Wissenschaft verändert. Experten sind in allen Medien und in der Politikberatung präsent, die ominöse R-Zahl (Reproduktionszahl) ist mit einem Schlag ein Small-Talk-Thema. Epidemiologische Daten werden automatisiert in kürzester Zeit in "Dashboards" sichtbar gemacht, oft schneller als auf offiziellen Meldewegen [7, 11] . Die Sequenzierung individueller Virusisolate ist so schnell und leistungsfähig geworden, dass allgemein zugängliche Online-Plattformen die rasche Charakterisierung von lokalen Ausbrüchen mit Einbindung in das internationale Geschehen genauso möglich machen wie ein Monitoring der Virusevolution [6] . Erstmalig werden wissenschaftliche Publikationen in größerer Zahl in der Medizin als Preprints vor einem Peer-Review-Verfahren zur Verfügung gestellt, ein Verfahren, das bisher fast ausschließlich in Grundlagenwissenschaften genutzt wurde [9] . Diese Entwicklungen sind folgerichtig -wenn ein neues Virus sich in wenigen Wochen auf der ganzen Welt ausbreiten kann, müssen wir Informationen so schnell austauschen, dass wir rasch und adäquat handeln können. Remdesivir for the treatment of Covid-19-preliminary report The outbreak of COVID-19 in China Die Virologie von SARS-CoV-2 Therapie schwerer COVID-19-Verläufe in der Intensivmedizin Genomewide association study of severe Covid-19 with respiratory failure Nextstrain: real-time tracking of pathogen evolution Corona resource center COVID-19 pneumoniaclinical and radiological characteristics Effect of dexamethasone in hospitalized patients with COVID-19-preliminary report Epidemiologie von SARS-CoV-2-Infektion und COVID-19 WHO (2020) Coronavirus disease (COVID-2019) situation report