key: cord-334162-j8m2zqbr authors: Hoechter, D. J.; Groene, P.; Hoffmann, F.; Kreimeier, U. title: Besonderheiten der kardiopulmonalen Reanimation zu Zeiten von SARS-CoV-2 date: 2020-07-15 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s00101-020-00814-6 sha: doc_id: 334162 cord_uid: j8m2zqbr nan Besonderheiten der kardiopulmonalen Reanimation zu Zeiten von SARS-CoV-2 Am 11 . März 2020 Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) von der Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärt [19] . Die rasche Verbreitung des severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) bestimmt seit dem ersten Quartal des Jahres nicht nur die Abläufe im Gesundheitswesen, sondern auch das öffentliche Leben. Die hohe Kontagiosität des Virus gemeinsam mit der Tatsache, dass der überwiegende Anteil der Infizierten einen oligobis asymptomatischen Verlauf aufweist, erfordern ein hohes Maß an Sicherheitsvorkehrungen, um einer Verbreitung des Virus vorzubeugen [9] . Eine Reihe medizinischer Fachgesellschaften hat spezifische Empfehlungen für Diagnostik und Therapie während der Coronaviruspandemie veröffentlicht. Als Beispiel seien hier die Empfehlungen der Deutscher Gesellschaft für Anaesthesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten (BDA) zu den Besonderheiten des Atemwegsmanagements bei Patienten mit vermuteter oder gesicherter COVID-19-Erkrankung und bei Patienten ohne Infektion während der Coronapandemie genannt [13] . Der European Resuscitation Council (ERC) hat am 24 [3] . Dies sind kleinste Luftpartikel mit weniger als 5 μm Durchmesser, die aus Tröpfchen durch Verdunstung der Wasserhülle entstehen und eine große Reichweite haben. Sie können über längere Zeit in der Luft schweben und stellen wahrscheinlich einen wesentlichen Übertragungsmechanismus für SARS-CoV-2 dar, wenngleich eine soeben erschienene Übersichtsarbeit im Rahmen von Reanimationsmaßnahmen bislang keine wissenschaftliche Evidenz finden konnte [3, 7, 17] . Notfallmedizinische Maßnahmen sind zeitkritisch und präklinisch häufig unter beengten Raumverhältnissen durchzuführen. Manipulationen an den Atemwegen und Maßnahmen, welche eine Aerosolbildung begünstigen, werden häufig durchgeführt [2] . Während sta-tionäre Patienten im Krankenhaus in der Regel auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 getestet sind, ist bei präklinischen Patienten der Infektionsstatus in der Regel unbekannt. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 bzw. eine COVID-19-Erkrankung ist in diesen Fällen allenfalls anamnestisch oder symptomatisch eruierbar. Daher wird empfohlen, in jedem Fall eine adäquate persönliche Schutzausrüstung (PSA), die gegen eine aerogene Infektionsübertragung schützt, anzulegen [10] . Die Bedeutung des Eigenschutzes und dessen Vorrang vor medizinischen Maßnahmen am Patienten werden in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich betont [10] . Allerdings ist immer zwischen dem Risiko einer Infektion mit COVID-19-Viren und dem potenziellen Nutzen für das Notfallopfer abzuwägen [12] . Schutzmaßnahmen für Laienhelfer, professionelle Helfer und Umstehende haben zentrale Bedeutung und führen zu einer Modifikation des in den Leitlinien zur Reanimation 2015 des ERC dargelegten Vorgehens beim Auffinden einer leblosen Person und nachfolgenden Reanimationsmaßnahmen [8, 11, 15] Für die Atemkontrolle sollen die Atemwege nicht mehr geöffnet werden. Der bisher bei der Atemkontrolle übliche Dreischritt "Sehen, Hören, Fühlen" wird auf das "Sehen" verkürzt, damit der Helfer nicht sein eigenes Gesicht für "Hören" und "Fühlen" neben Mund und Nase des Patienten positioniert [10] . Nach Feststellen der Leblosigkeit und Absetzen des Notrufs sollen die Helfer unmittelbar mit Thoraxkompressionen beginnen und keine Beatmungen durchführen ("chest compression-only CPR"). Das Anlegen eines Mund-Nase-Schutzes an den Patienten oder das ersatzweise Auflegen eines (Hand-)Tuchs auf Mund und Nase des Patienten wird empfohlen, um die Aerosolbildung und -verbreitung während Thoraxkompressionen zu minimieren [10] . Dies gilt auch für die Wiederbelebung bei Kindern [10] . Besteht bei dem Patienten ein begründeter oder bestätigter Verdacht auf COVID-19 sollen Laienhelfer, die über keine Schutzausrüstung verfügen, auf die Thoraxkompressionen verzichten und ggf. nur einen Defibrillator einsetzen. Dabei wird angenommen, dass es bei der Defibrillation wahrscheinlich zu keiner oder allenfalls zu einer kurzzeitigen und geringen Aerosolbildung kommt und die mittlerweile flächendeckende Nutzung von Klebepads den Anwender Distanz zum Patienten halten lässt. Bei der Beutel-Masken-Beatmung durchgeübte professionelle Helfersoll auf einen dichten Sitz der Beatmungsmaske geachtet werden. Dies kann durch Anwendung des Doppel-C-Griffs erreicht werden. Bei jeder Form der Beatmung soll möglichst patientennah ein geeigneter Beatmungsfilter mit Virenschutz eingesetzt werden, um Kontamination und, im Fall einer Diskonnexion des Beatmungssystems, die Kontagiosität zu minimieren [10] . Bei innerklinischen Reanimationen von Patienten mit vermuteter oder bestätigter Infektion mit SARS-CoV-2 sollen folgende Besonderheiten hervorgehoben werden: Die Verwendung von Frühwarnsystemen (wie beispielsweise dem "early warning score") wird verstärkt empfohlen, um kritisch kranke Patienten frühzeitig zu erkennen und die Notwendigkeit zur Durchführung einer Reanimation möglichst zu vermeiden [5, 10] . Im Falle eines Kreislaufstillstands mit einem defibrillationswürdigen Herz- rhythmus kann ein Defibrillator frühzeitig auch durch Personal eingesetzt werden, welches keine Schutzausrüstung gegen Aerosole trägt: Sollte nach der ersten sofortigen Defibrillation ein defibrillierbarer Herzrhythmus persistieren, jedoch noch kein Helfer in Schutzausrüstung zur Durchführung der Thoraxkompressionen bereitstehen, so wird die Anwendung einer Dreischockstrategie empfohlen -während andere Mitarbeiter die empfohlene Schutzausrüstung anlegen, um danach mit Thoraxkompressionen und der weiteren Behandlung fortzufahren [10] . Da vermehrt COVID-19-Patienten auf den Intensivstationen zur Verbesserung des Gasaustauschs auch in Bauchlage gelagert werden, gehen die COVID-19-Leitlinien des ERC auch auf Wiederbelebungsmaßnahmen in dieser Situation ein [1] . Patienten, die nichtintubiert in Bauchlage reanimationspflichtig werden, sollen durch Personal in Schutzausrüstung sofort in die Rückenlage gebracht werden. Bei intubierten und beatmeten Patienten können für kurze Zeit Thoraxkompressionen zwischen den Schulterblättern mit der üblichen Tiefe von 5-6 cm und einer Frequenz von 100-120 Kompressionen/min durchgeführt werden, während sich weitere Helfer bereit machen, den Patienten auf den Rücken zu drehen [10] . Die Übertragung von SARS-CoV-2 kann vor, während oder unmittelbar nach der Geburt geschehen. Bei insgesamt 40 Kindern an COVID-19 erkrankter Mütter wurden Amnionflüssigkeit, Nabelschnurblut und Rachenabstriche untersucht; in 4 Fällen waren die Kinder ab dem 2. Lebenstag vorübergehend PCRpositiv, ohne dabei Symptome zu haben [18] . Somit ist das Risiko einer neonatalen COVID-19-Infektion als sehr gering einzustufen. Aus diesem Grund sind im Rahmen einer Neugeborenenreanimation keine Abweichungen von den gültigen ERC-Leitlinien notwendig. Nach dem Abtrocknen des Neugeborenen sollen die Tücher, welche mit mütterlichem Blut in Berührung gekommen sind, vorsichtig entfernt werden, da diese als potenziell infektiös angesehen werden müssen. Bezüglich der Entscheidungsfindung zum Aufnehmen oder zur Beendigung der Reanimationsbemühungen stellt die "ERC Ethics Writing Group" fest, dass die allgemeinen Grundsätze der Ethik in Notfällen und bei der Wiederbelebung auch während der COVID-19-Pandemie Gültigkeit haben [10] . Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass nach bislang vorliegenden Erkenntnissen das Outcome gerade bei einem nichtdefibrillierbaren Kreislaufstillstand (Asystolie) infolge Hypoxämie aufgrund einer COVID-19-Pneumonie schlecht ist [4, 14] . Eine Herausforderung stellen die Ausbildung in Wiederbelebungsmaßnahmen und das Training von Reanimationsteams dar. Obgleich Unterrichtsmodelle, die das Selbststudium fördern, Fernunterricht und e-Learning in Zukunft eine größere Rolle spielen werden, bleibt das interdisziplinäre und interprofessio-nelle Teamtraining der ERC-Kurse ein wichtiger Baustein in der Ausbildung [10] . Hygienekonzepte, die das Tragen von Schutzausrüstung, Beschränkung der Teilnehmerzahlen und Desinfektionsmaßnahmen beinhalten, werden für ERC-Kurse derzeit implementiert und ermöglichen so eine fundierte Ausbildung in Wiederbelebung und damit einen weiterhin hohen Versorgungsstandard in der Notfallmedizin -auch wenn ein Ende der weltweiten SARS-CoV-2-Verbreitung noch nicht in Sicht ist [16] . Der Vergleich von inkompletter (135°) und kompletter Bauchlage (180°) beim schweren akuten Lungenversagen -Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten Untersuchung COVID-19 in cardiac arrest and infection risk to rescuers: a systematic review Cardiopulmonary resuscitation after hospital admission with covid-19 Early warning scores for detecting deterioration in adult hospital patients: systematic review and critical appraisal of methodology Impact of dispatcher-assisted bystander cardiopulmonary resuscitationonneurologicaloutcomesinchildren with out-of-hospital cardiac arrests: a prospective, nationwide, population-based cohort study Aerodynamic analysis of SARS-CoV-2 in two Wuhan hospitals European Resuscitation Council guidelines for resuscitation 2015: Section 1. Executive summary Airborne transmission of SARS-CoV-2: the world should face the reality European Resuscitation Council COVID-19 guidelines executive summary European Resuscitation Council guidelines for resuscitation 2015: Section 2. Adult basic life support and automated external defibrillation International Liaison Committee on Resuscitation: COVID-19 consensus on science, treatment recommendations and task force insights Didion et al (2020) Besonderheiten des Atemwegsmanagements bei Patienten mit vermuteter oder gesicherter COVID-19 Erkrankung und bei Patienten ohne Infektion während der Corona-Pandemie In-hospital cardiac arrest outcomes among patients with COVID-19 pneumonia in Wuhan European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2015: Section 3. Adult advanced life support European Resuscitation Council Pathway to resuming ERC courses after the peak level of the COVID-19 pandemic COVID-19 may transmit through aerosol Neonatal early-onset infection with SARS-CoV-2 in 33 neonates born to mothers with COVID-19 in Wuhan, China World Health Organization (2020) WHO announces COVID-19 outbreak a pandemic Erweiterte lebensrettende Maßnahmen bei Erwachsenen Basismaßnahmen und erweiterte Maßnahmen zur Wiederbelebung von Kindern Die Versorgung und Reanimation des Neugeborenen Ethik der Reanimation und Entscheidungen amLebensende