key: cord-0004709-zqubzq42 authors: Hollmeyer, Helge; Eckmanns, T.; Krause, G. title: Surveillance gemäß den Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) date: 2009-02-12 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-009-0758-z sha: d97863a7325fed14432d68208286472778ad5528 doc_id: 4709 cord_uid: zqubzq42 The International Health Regulations (IHR 2005) are a legally binding agreement that was adopted by all WHO Member States and which entered into force in June 2007. While taking the challenges of a globalized world into consideration, the purpose of the IHR (2005) is to provide a framework for international efforts to contain or reduce the risk from public health threats that may spread between countries. To this end, the IHR (2005) contain rights and obligations for the States and for WHO concerning national and international surveillance, assessment and public health response. With respect to surveillance, States are required to notify WHO of all events “that may constitute a public health emergency of international concern” according to agreed criteria. This obligation applies to novel or evolving public health risks, taking into account the context in which the event occurs. The IHR (2005) also contain obligations regarding global preparedness to address public health threats which include the establishment of national capacity to both detect and respond to events by June 2012. Die Internationalen Gesundheitsvorschriften von 1969 (IGV 1969) stellten nahezu 4 Jahrzehnte die völkerrechtlich verbindlichen Rechtsregeln dar, um der Gefahr der internationalen Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu begegnen. Als technisches Vertragswerk, das durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) umgesetzt wurde, waren die IGV 1969 allerdings auf die Kontrolle einer begrenzten Anzahl von Infektionskrankheiten beschränkt: Cholera, Pest, Gelbfieber sowie Pocken bis zu ihrer offiziellen Eradikation. Angesichts dieser und anderer Unzulänglichkeiten und als Reaktion auf eine hochmobile und stark vernetzte Welt wurden die Internationalen Gesundheitsvorschriften während eines 10-jährigen Revisionsprozesses umfassend überarbeitet. Die Hauptziel der IGV ist, "die internationale Verbreitung von Krankheiten zu verhüten und zu bekämpfen, davor zu schützen und dagegen Gesundheitsschutzmaßnahmen einzuleiten, und zwar in einer Weise, die den Gefahren für die öffentliche Gesundheit entspricht und auf diese beschränkt ist und eine unnötige Beeinträchtigung des internationalen Verkehrs und Handels vermeidet" (Artikel 2) [1] . Dementsprechend versuchen die Vorschriften einen effektiven Gesundheitsschutz mit der Verhinderung unverhältnismäßiger Folgen für Wirtschaft und Reisende zu vereinbaren. Die IGV knüpfen zum Teil an die vorangegangenen Internationalen Gesundheitsvorschriften (1969) Gemäß der IGV basiert die Meldepflicht der Staaten gegenüber der WHO auf der Bewertung von "Ereignissen" innerhalb ihres Territoriums, die eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite darstellen können" (Artikel 6). Folglich ist das Meldewesen nach den IGV nicht auf eine Surveillance einzelner Krankheiten ausgerichtet, sondern auf das Erkennen und die Bewertung von Ereignissen, die eine Meldung an die WHO erforderlich machen können. Zur Bestimmung dieser meldepflichtigen Ereignisse müssen die Vertragsstaaten ein unten erläutertes Entscheidungsschema anwenden. In Abkehr vom reduzierten Fokus der IGV (1969) stehen bei den IGV die Schlüsselbegriffe "Ereignisse" und "Krankheit" sowie die "Gefahr für die öffentliche Gesundheit" im Mittelpunkt der Verpflichtungen der Vertragsstaaten in Bezug auf die Surveillance. Die neuen Vorschriften definieren "Ereignisse" als die Manifestation einer Krankheit oder als ein Geschehnis, das die Möglichkeit für das Auftreten einer Krankheit schafft. "Ereignisse" gemäß den IGV schließen Häufungen von Erkrankungen als auch eine einzelne Erkrankung ein. Die Definition des Begriffs "Krankheit" ist ähnlich breit angelegt und bezeichnet "eine Krankheit oder einen gesundheitlichen Zustand, die oder der ungeachtet des Ursprungs oder der Quelle Menschen erheblich schädigt oder schädigen kann". "Gefahr für die öffentliche Gesundheit" bedeutet "die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, das die Gesundheit von Bevölkerungsgruppen beeinträchtigen kann, wobei solche Ereignisse besonders zu beachten sind, die sich grenzüberschreitend ausbreiten oder eine ernste und unmittelbare Bedrohung darstellen können" (Artikel 1) [ "that may constitute a public health emergency of international concern" according to agreed criteria. This obligation applies to novel or evolving public health risks, taking into account the context in which the event occurs. The IHR (2005) also contain obligations regarding global preparedness to address public health threats which include the establishment of national capacity to both detect and respond to events by June 2012. International Health Regulations · surveillance · communicable diseases · disease outbreaks · prevention and control Die WHO geht mit Informationen, die ihr von einem betroffenen Land zur Verfügung gestellt werden, in einer Weise um, die zum Ziel hat, einerseits dieses Land vor ungerechtfertigten und überzogenen Reaktionen anderer Staaten zu schützen, andererseits stellt sie sicher, dass andere Länder Informationen erhalten, die sie benötigen, um ihre Bevölkerung zu schützen -einschließlich derjenigen Bürger, die in das betroffene Land reisen (Artikel 11) [1] . Um den Vertragsstaaten einen Anreiz für die Zurverfügungstellung von Informationen an die WHO zu geben, garantieren die Gesundheitsvorschriften, dass Informationen über Ereignisse, die der WHO gemeldet oder im Rahmen des Verifizierungsprozesses bestätigt werden, anderen Staaten nicht allgemein zugänglich gemacht werden. Die IGV sehen jedoch eine Ausnahme für bestimmte Umstände vor, die eine Reaktion auf die Gefahr einer internationalen Ausbreitung erforderlich machen und somit die Informationsweitergabe durch die WHO rechtfertigen. Die genauen Umstände, unter denen die Benachrichtigung anderer Vertragsstaaten gerechtfertigt ist, sind in den Gesundheitsvorschriften festgelegt. Dies ist der Fall, wenn (Artikel 11): F der Generaldirektor der WHO feststellt, dass das eingetretene Ereignis eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" (GNIT) ist, F eine grenzüberschreitende Ausbreitung bestätigt wurde bzw. Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) sind auch Mitgliedsstaaten der WHO, nicht aber die EU selbst. Folglich gelten die IGV primär für die einzelnen EU-Mitgliedstaaten, wirken sich aber auch auf EU-Institutionen aus. In Artikel 57 IGV wird dargelegt, dass die Vorschriften im Sinne der Vereinbarkeit mit anderen völkerrechtlichen Übereinkommen ausgelegt werden müssen, aber auch, dass die Vertragsstaaten die Regelungen anwenden sollen, die in dieser Organisation (z. B. EU) in Kraft sind. In diesem Sinne existieren in der EU bereits einige Strukturen, die zwischen den EU-Mitgliedsstaaten einen den IGV ähnlichen, wenn auch organisatorisch anders aufgebauten Informationsaustausch vorsehen. So ist es z. B. möglich, der WHO im Rahmen des Europäischen "Early Warning and Response Systems" (EWRS) Informationen zukommen zu lassen, wenngleich derzeit nicht als offizielle IGV-Meldung (siehe dazu auch den Beitrag von S. Schreck et al. in diesem Heft). Bei den relevanten Teffen zum EWRS und zu den IGV innerhalb der EU nehmen im-mer auch Vertreter der WHO Europa und meist auch Vertreter der WHO Genf teil. Netzwerke der EU, die durch das "Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten" (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) (siehe dazu auch den Beitrag von A. Ammon in diesem Heft) organisiert werden, fördern die internationale Kommunikation. Über diese erfolgt der frühe Austausch von relevanten Informationen zu bestimmten Erregern, aber es steht mit ihnen auch Laborexpertise länderübergreifend zur Verfügung. Die vorhandenen europäischen Kooperationsstrukturen entsprechen dem in den IGV ausgedrückten Grundgedanken einer kollektiven Verantwortung und Solidarität innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft. Eine wesentliche Aufgabe bei der Umsetzung der IGV in Europa wird es sein, Ereignisse innerhalb eines Landes und innerhalb Europas mit angemessener Sensitivität zu erfassen und zu übermitteln. In dem von der EU geförderten und vom Robert Koch-Institut (RKI) koordinierten Projekt REACT (Response to Emerging infectious disease: Assessment and development of Core capacities and Tools) werden unter anderem Methoden und Hilfsmittel für die Umsetzung der IGV-Meldeverpflichtungen entwickelt. Diese sollen nicht nur die EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch andere Länder bei der Umsetzung der Gesundheitsvorschriften unterstützen. Zur Umsetzung der IGV wurde in Deutschland das Gesetz zu den "Internationale Gesundheitsvorschriften (2005) (IGV) vom 23. Mai 2005" vom 20. Juli 2007 erlassen [6] . In diesem wird das Lagezentrum des Bundesministeriums des Inneren als nationale IGV-Anlaufstelle benannt. Damit ist Deutschland eines der wenigen Länder, in dem diese Aufgabe einer Einrichtung außerhalb des Gesundheitsressorts obliegt. Diese Lösung trägt jedoch dem Sachverhalt Rechnung, dass sich IGV-Meldungen eben nicht nur auf infektiöse Geschehen beschränken, son- World Health Organization: The text of the International Health Regulations Implementing the International Health Regulations (2005) in Europe World Health Organization: International Health Regulations (2005) Areas of Work for Implementation Infectious disease surveillance and the International Health Regulations International surveillance with the new International Health Regulations IGV) vom 23. Mai Report by the Secretariat to the 61st World Health Assembly: Implementation of the International Health Regulations