key: cord-0005994-2wjt0hsk authors: Süssmuth, S.D.; Brettschneider, J.; Spreer, A.; Wick, M.; Jesse, S.; Lewerenz, J.; Otto, M.; Tumani, H. title: Aktuelle Liquordiagnostik bei erregerbedingten Krankheiten date: 2013-02-02 journal: Nervenarzt DOI: 10.1007/s00115-012-3701-8 sha: 0dab1edb82088772695cfb2e20cb1b31412d604a doc_id: 5994 cord_uid: 2wjt0hsk Cerebrospinal fluid (CSF) analysis is of utmost importance to establish an early diagnosis of central nervous system (CNS) infections and to start appropriate therapy. The CSF white cell count, lactate concentration and total protein levels are usually available very quickly even from non-specialized laboratories and the combination of these parameters often provides sufficient information for decision-making in emergency cases. It is, however, not always possible to identify the underlying infective agent despite further CSF analyses, such as bacterial and fungal staining, evaluation of the blood-CSF barrier function, intrathecal immunoglobulin synthesis and oligoclonal IgG bands. Therefore, close communication between the laboratory and the clinician is an important prerequisite to specify additional pathogen-related diagnostic measures for successful confirmation of the diagnosis. Die korrekte Interpretation des Liquorbefundes ist elementare Grundlage für die Diagnose und Behandlung erregerbedingter Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS). Nach Lektüre dieses Beitrags… F unterscheiden Sie die verschiedenen Stufen der Liquoranalytik, F kennen Sie die typischen Liquorbefunde verschiedener Infektionen des ZNS, F können Sie die Erfordernis wiederholter Lumbalpunktionen bei der purulenten Meningitis bewerten, F wissen Sie die Wertigkeit der Polymerasekettenreaktion (PCR) und des erregerspezifischen Antikörperindex bei verschiedenen Infektionen einzuschätzen, F kennen Sie wichtige Besonderheiten des zu erwartenden Liquorbefundes bei immuninkompetenten Personen und F sind Ihnen wichtige Differenzialdiagnosen eines "entzündlichen Liquors" geläufig. Die Liquoruntersuchung liefert neben dem Nachweis eines entzündlichen Prozesses wichtige Hinweise auf neoplastische und degenerative Erkrankungen des ZNS sowie auf die Computertomographie(CT)-negative Subarachnoidalblutung (SAB). Der Liquor wird unter aseptischen Bedingungen gewöhnlich in sitzender oder liegender Position des Patienten mit einer 20-24 Gauge Quincke-oder Sprotte-Nadel per Lumbalpunktion (LP) zwischen den Wirbelkörpern L3/L4, L4/L5 oder L5/S1 gewonnen [1] . Für diagnostische Zwecke werden 5-10 ml lumbaler Liquor und zeitgleich ein Röhrchen Serum entnommen. Weitere Zugangswege der Liquorgewinnung sind speziellen Fällen vorbehalten und beinhalten Subokzipitalpunktion, Foramen-ovale-Punktion und externe Ventrikeldrainage bei neurochirurgischen Eingriffen. Vor jeder LP sollte das Vorliegen von Kontraindikationen überprüft werden: F Die LP darf nicht durch Eiterherde hindurch erfolgen. F Gerinnungsstörungen sollten wegen der Gefahr von Blutungen in den Spinalkanal ausgeschlossen werden. Für eine zuverlässige Auswertung der untersuchten Liquorgrößen ist die Interpretation der Einzelparameter im Kontext des Liquorgesamtbefundes von entscheidender Bedeutung. Mit dem integrierten Liquorbefund können zuverlässige labordiagnostische Beurteilungen abgegeben werden, wie der Nachweis eines erregerbedingten oder autoimmunologisch entzündlichen Prozesses, einer Blutung, eines neoplastischen Prozesses oder der Hinweis auf neurodegenerative Prozesse. In Zusammenschau der klinischen und laborchemischen Befunde erfolgt die Beurteilung, ob der Liquorbefund eine klinische Verdachtsdiagnose bestätigt oder widerlegt (. Abb. 4, [2] ). Der direkte mikroskopische, kulturelle oder mittels Latexagglutination-Antigenschnelltest geführte Erregernachweis ist insbesondere für ZNS-Infektionen durch Bakterien und Pilze entscheidend. Hierfür muss der Liquor steril asserviert und schnellstmöglich analysiert werden. Von den häufigen Meningitiserregern sind v. a. Meningokokken besonders kälteempfindlich, sodass der Transport bei Raumtemperatur erfolgen muss. Dauert der Transport wesentlich länger als 30 min, überleben empfindliche Meningitiserreger zuweilen besser, wenn 1-5 ml Liquor (nicht die gesamte Probe) in eine Blutkulturflasche gegeben werden. Bei klinischem Verdacht auf eine akute virale Meningoenzephalitis hat eine Amplifikation der Erreger-DNS/RNS mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) oft entscheidende Bedeutung. Hierfür sollte möglichst unzentrifugierter Liquor bei 4°C gelagert werden und die Analyse innerhalb von 1 bis 2 Tagen erfolgen [8, 9] . Bei der akuten bakteriellen Meningitis erlaubt bereits ein Gram-gefärbtes Liquorpräparat einen schnellen Erregernachweis in 60-90% der Fälle. Die Sensitivität variiert jedoch speziesabhängig zwischen 90% bei Pneumokokken und <50% bei L. monocytogenes. Allerdings spielen Präparationstechnik und Erregerdichte eine wichtige Rolle: So erhöht eine Präparation mittels Zytozentrifugation die Sensitivität im Vergleich zur konventionellen Zentrifugation [10] , und bei <10 3 koloniebildenden Einheiten (KBE)/ml gelingt der mikroskopische Bakteriennachweis in ca. 25%, bei >10 5 KBE/ ml in 97% der Fälle [11] . Ist der Patient bereits antibiotisch vorbehandelt, sinkt die Sensitivität eines Gram-Präparats auf 40-60% und die einer bakteriellen Kultur auf unter 50%. Für bestimmte Erreger sind Spezialfärbungen erforderlich (Ziehl-Neelsen-Färbung für Mykobakterien, Tuschefärbung für Kryptokokken, PAS-Färbung für Tropheryma whipplei). Die kulturelle Erregeranzucht aus dem Liquor ist Goldstandard in der Diagnose von bakteriellen und pilzbedingten ZNS-Infektionen und erlaubt neben der Artdiagnose die Suszeptibilitätstestung gegenüber antimikrobiellen Pharmaka. Nukleinsäureamplifikationsverfahren PCR-basierte Methoden erlauben mit hoher Sensitivität und Spezifität in nur kurzer Zeit und aus geringen Probenvolumina den Nachweis von nukleinsäurehaltigen Erregern. Die PCR-Analyse ist der Goldstandard in der Diagnostik zahlreicher Virusinfektionen des ZNS. Wichtige klinische Beispiele für die Bedeutung der PCR sind die Herpes-simplex-Enzephalitis (HSE) durch HSV-1/-2, aber auch ZNS-Infektionen mit anderen Herpeserregern, Enteroviren oder der Nachweis von Polyomaviren (z. B. JC-Virus bei progressiver multifokaler Leukoenzephalopathie, PML). Auch in der Diagnostik bakterieller ZNS-Infektionen ist die PCR aufgrund der schnellen Verfügbarkeit eines Ergebnisses zunehmend bedeutsam. So weisen Real-time-multiplex-PCR-Methoden H. influenzae, N. meningitidis, S. pneumoniae und L. monocytogenes mit hoher Sensitivität (87-100%) und Spezifität (98-100%) nach [12] . Dies ist insbesondere nach längerer Transportdauer oder bei Proben, die nach Antibiotikagabe gewonnen wurden bedeutsam. Bei ungewöhnlichen Meningi- Vor allem in der Diagnostik von subakuten oder chronischen bakteriellen oder viralen ZNS-Infektionen, wie beispielweise der Neuroborreliose oder der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME), spielt der indirekte Nachweis von Infektionserregern durch die Bestimmung von Antikörpern eine wesentliche Rolle. Im Gegensatz zur akuten bakteriellen Meningitis oder HSE treten hier die neurologischen Symptome erst Wochen nach Infektion auf. Eine Übersicht über die Nachweismethoden bei den wichtigsten Erregern einer ZNS-Infektion gibt . Tab. 4. Zu den häufigsten Erregern einer bakteriellen Meningitis gehören Pneumokokken, Meningokokken, Haemophilus influenzae, Listerien, Staphylokokken und gramnegative Enterobakterien inklusive Pseudomonas aeruginosa [13] . Die eitrige Meningitis lässt sich unterteilen in die primäre Form ohne nachweisbaren Fokus und die sekundäre Form als Komplikation einer Infektion in der Nachbarschaft (Sinusitis, Mastoiditis, Otitis, Hirnabszess, subdurales Empyem), in der Ferne (Sepsis, Endokarditis, Pneumonie), durch iatrogene Einbringung (Ventrikeldrainage, paravertebrale Injektion, epidurale Anästhesie, Lumbalpunktion) oder posttraumatisch [14] . Die in . Tab. 5 dargestellten Laboruntersuchungen werden bei Verdacht auf bakterielle Meningitis empfohlen [8] . Der Liquor weist bei der diagnostischen Punktion (meist am 1. bis 2. Tag der klinischen Beschwerden) einen typischen Befund mit granulozytärer Pleozytose auf (s. . Tab. 3). Bei Patienten, die bereits antibiotisch anbehandelt wurden, kann auch ein gemischtes lymphozytär-granuolozytäres Zellbild auftreten, ebenso bei einer Infektion mit Listerien [7, 8] . Bei immunsupprimierten Patienten, einem fulminanten Einbruch von Bakterien in das ZNS oder einer Punktion in einer sehr frühen Krankheitsphase muss mit niedrigeren oder sogar normalen Zellzahlen gerechnet werden [15] . Hier liefern der mikroskopische Nachweis von Bakterien und auffällige systemische Entzündungszeichen den entscheidenden Hinweis auf die bakterielle Ursache (. Tab. 5). Die Erhöhung des Serumprokalzitonins kann zur Unterscheidung zwischen einer bakteriellen und einer nichtbakteriellen Meningitis hinzugezogen werden, allerdings kommen vor allem in Frühstadien in Einzelfällen auch normwertige Prokalzitoninwerte vor [14] . Bei akuter bakterieller Meningitis werden wiederholte Kontrollpunktionen innerhalb der ersten Tage empfohlen. Zu erwarten ist unter erfolgreicher antibiotischer Therapie ein zügiger Rückgang der eitrigen Pleozytose und der Schrankendysfunktion, mit Übergang zu einem lymphomonozytären Zellbild innerhalb von 2 bis 3 Wochen. Das L-Laktat normalisiert sich entsprechend innerhalb von 10 Tagen nach Therapiebeginn, es kommt zu keiner nennenswerten Antikörperproduktion. Bleibt die rasche Besserung der Zellzahl und Schrankendysfunktion aus, muss die Wirksamkeit der Antibiotika infrage gestellt und an Komplikationen gedacht werden. Der Liquor kann hierbei durch die mögliche Spezialanalytik weitere entscheidende Hinweise liefern. Allerdings gilt für alle Nachweis- Die früher hohe Letalität bei Hirnabszessen konnte durch die bildgebende Diagnostik und den Einsatz von Antibiotika auf unter 10% gesenkt werden. In der Mehrzahl der Fälle liegen fortgeleitete parameningeale Entzündungen (wie z. B. bei Otitis media oder septischer Thrombophlebitis) oder hämatogen verbreitete Absiedlungen entfernter bakterieller Infektionen (Pneumonie, Endokarditis) zugrunde, in 10-30% der Fälle bleibt die Ursache jedoch unklar [14] . Die Abszesse entwickeln sich meist aus einer Zerebritis, die vor allem mit der MRT entdeckt werden kann, sodass eine MRT mit Kontrastmittel die entscheidende diagnostische Maßnahme ist (mit Überlegenheit gegenüber der CCT). Das Erregerspektrum umfasst neben bakteriellen Eitererregern vor allem bei Immunsupprimierten auch Pilze, Mykobakterien, Aktinomyzeten und Parasiten. Zu den wichtigsten Erregern nach der Häufigkeit zählen Streptokokken, Bacteroides-Spezies, gramnegative Enterokokken, Pseudomonaden sowie Staphylpcoccus aureus [14] . Die diagnostische Aussagekraft des Liquors bei Hirnabszessen ist allerdings gering. Meist finden sich eine überwiegend lymphozytäre Pleozytose und eine unspezifische Gesamtproteinerhöhung, der Befund kann aber auch normal sein [7] . Systemische Entzündungszeichen im Blut lassen sich jedoch in 50-90% der Fälle detektieren. Daher sind aerobe und anaerobe Kulturen aus Blut und Abszessinhalt für die Erregerbestimmung oft entscheidend [8] . Auch bei einem epiduralen spinalen Abszess ist der Liquor häufig steril, solange der Abszess nicht in den Subarachnoidalraum durchgebrochen ist. Die Neuroborreliose ist weltweit die häufigste zeckenübertragene Infektionskrankheit. Borrelien sind ähnliche Tausendsassas wie Treponemen und beschäftigen in den einzelnen Krankheitsstadien verschiedene Disziplinen. Das Spektrum umfasst dermatologische (Erythema migrans, Acrodermatitis chronica, Lymphadenosis cutis benigna), neurologische (Meningoradikultis, Mononeuritis, Enzephalomyelitis), internistische (Myokarditis, Vaskulitis), orthopädische (Arthritis) sowie ophthalmologische Krankheitsbilder [14] . Eine endgültige Diagnosestellung der Neuroborreliose erfolgt auf der Basis liquordiagnostischer Befunde (. Tab. 6, [7] ). Obwohl klare Leitlinien für Diagnostik und Therapie vorliegen, bestehen im medizinischen Alltag weiterhin Kontroversen, mit der Konsequenz differenzialdiagnostischer und therapeutischer Probleme. Hier kann der neue Diagnosemarker CXCL13 hilfreich sein, wegen seiner für die aktive Neuroborreliose sehr hohen Sensitivität und Spezifität [16] . Zur Differenzierung einer aktiven vs. nicht mehr behandlungsbedürftigen Neuroborreliose kann CXCL13 bestimmt werden, da sich dieser Parameter unter einer erfolgreichen Therapie schneller als andere Akuitätsparameter (Zellzahl, Schrankendysfunktion) normalisiert [17] . Weiterhin kann CXCL13 bei Neuroborreliosen mit atypischer Präsentation nützlich sein, wenn oben genannte Liquorgrundparameter inklusive Borrelien-AI keine eindeutige Klärung bringen. Aufgrund des breiten Erregerspektrums bleiben die meisten (ca. 80%) der vermutlich viralen Meningo-/Enzephalitiden im Hinblick auf den Erreger letztlich ungeklärt. Eine isolierte Virusmeningitis hat in der Regel eine gute Prognose und braucht nur symptomatisch behandelt zu werden. Der Liquor zeigt eine leicht ausgeprägte Pleozytose, in der Frühphase kommen im Zellbild neben Lymphozyten und Monozyten auch Granulozyten vor. Bei der Virusenzephalitis kommt es zu einer Infektion und Entzündung des Hirnparenchyms und eventuell auch der Meningen (Meningoenzephalitis). Die häufigsten Erreger sind Enteroviren und je nach geographischer Region unterschiedliche, durch Zecken oder Moskitos übertragene Viren aus den Familien Flaviviridae und Bunyaviridae. In Europa und den westlichen und nördlichen Teilen Asiens spielt hierbei das FSME-Virus die Hauptrolle, in den letzten Jahren sind in Deutschland auch Infektionen mit Hantaviren beschrieben worden [18, 19] . Die am besten behandelbare Virusenzephalitis ist die Herpes-simplex-Enzephalitis (HSE), da diese bei sofortiger Behandlung mit Aciclovir gutartig verlaufen kann. Ohne Behandlung beträgt die Letalität zwischen 70 und 100% [20] . In der diagnostischen Erstpunktion, die in der Regel um den 4. bis 7. Tag der Erkrankung erfolgt, weist der Liquor häufig eine normale Zellzahl oder nur leichte Pleozytose auf. Hier gelingt die frühe Diagnosesicherung durch den DNS-Nachweis mittels PCR. In diesem Frühstadium einer HSE kommt serologischen Verfahren wie der Bestimmung von AI-Werten noch keine Bedeutung zu [8] . Allerdings werden auch in den ersten 72 h einer HSE falsch-negative PCR-Ergebnisse berichtet. Deshalb darf bei begründetem Verdacht auf eine HSE bei negativem PCR-Ergebnis die antivirale Therapie insbesondere dann nicht unterbrochen werden, wenn die Liquorprobe in den ersten 3 Tagen gewonnen wurde oder blutig oder xanthrochrom war. Die Zellzahl im Liquor und L-Laktat steigen in der Regel nach 3 bis 4 Tagen an, nach diesem Zeitraum gelingt der PCR-Nachweis der Herpes-simplex-DNS kaum noch [7] . Eine spezifische Antikörperreaktion (OKB, AI) ist erst nach 10 bis 14 Tagen Ziehl-Neelsen-Färbung: Erregerdirektnachweis (Sensitivität im Liquor jedoch nur 5-30%) Kultureller Erregernachweis PCR Ig Immunglobulin, PCR "polymerase chain reaction". CME der Therapie der Multiplen Sklerose eingesetzten monoklonalen Antikörper umfasst das Erregerspektrum auch das PML-verursachende JC-Virus. Bei der PML sichert der Nachweis von JC-Virus-DNS im Liquor die meist aufgrund der neuroradiologischen Befunde und der Klinik bereits gestellte Verdachtsdiagnose [14] . Bei den durch Arthropoden übertragenen Enzephalitiden (hierzulande v. a. FSME) ist der Nachweis spezifischer IgM-Antikörper im Serum zusammen mit dem klinischen Bild für die Diagnosesicherung in aller Regel ausreichend: Bei der typischerweise biphasisch verlaufenden Erkrankung kommt es zunächst nach einer Inkubationszeit von 3 bis 14 Tagen zu einer systemischen Infektion und nach einem symptomfreien Intervall von 6 bis 10 Tagen zur ZNS-Beteiligung. Zu diesem Zeitpunkt hat eine serologische Antwort stattgefunden, entsprechend wird auch die Verdachtsdiagnose serologisch bestätigt [21] . Die intrathekale Antikörperproduktion kann die ZNS-Manifestation beweisen. Der Nachweis einer erregerspezifischen intrathekalen Antikörpersynthese (Serum-Liquor-Paar!) ist auch von besonderer Bedeutung bei der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) oder bei der HSE mit schon längerem Krankheitsverlauf und eventuell bereits begonnener Therapie. Als Folge invasiver und immunsuppressiver Therapien, aber auch erworbener Immundefekte wie der HIV-Pandemie, treten vermehrt Hospital-und opportunistische Infektionen auf. Diese zeichnen sich durch atypische Verläufe und Liquorbefunde mit schwächerer Immunantwort sowie Reaktivierung scheinbar überwundener Infektionen aus [8] . Der folgende Abschnitt widmet sich daher typischen ZNS-Infektrisiken und Liquorbefunden bei häufigen, meist erworbenen Immundefizienzen, aber auch häufigeren primären Antikörpermangelsyndromen bei Erwachsenen oder älteren Kindern (. Tab. 8). Bei diesen B-Zell-Defekten (vor allem bei IgG im Serum <4 g/l) treten auch ZNS-Infektionen mit bakteriellen Eitererregern gehäuft auf, einschließlich Pneumokokkenmeningitis, septische Herdenzephalitis oder Hirnabszesse, die sich jedoch außer einer schwächeren Immunglobulinproduktion nicht grundlegend von gleichartigen Infektionen bei Immunkompetenten unterscheiden [7] . Zu den häufigsten Komplikationen zellulärer Defekte oder von Immunsuppression (vor allem von T-Zellen) gehört die Reaktivierung von Viren der Herpesgruppe, die noch nicht in jedem Fall einen schweren Immundefekt bzw. bei HIV noch nicht die Progression zum Vollbild AIDS voraussetzt, da die gleichen Infektionen, wenn auch seltener oder mit günstigerem Verlauf, auch bei Immunkompetenten auftreten können. Insbesondere Reaktivierungen von VZV und HSV kommen auch bei CD4 + -Zellzahlen >200/µl vor. Dagegen sind schwere CMV-Infektionen, sei es bei Immunsupprimierten in der Transplantationsmedizin oder bei HIV-Patienten, immer ein Zeichen eines schweren zellulären Immundefektes [14] . Bei weiterer Progression der zellulären Immunschwäche, vor allem <200 CD4 + -Zellen/µl Blut, ist mit einer Reaktivierung einer Tbc, besonders häufig in Entwicklungsländern (gerade auch mit ZNS-Befall), sowie einer bereits latent im ZNS vorhandenen Toxoplasmose zu rechnen. Letztere ist zumindest in Mitteleuropa die häufigste opportunistische ZNS-Infektion bei HIV-Patienten. Virusinfektionen: PCR in den ersten Tagen in >50% positiv, dann Virusantikörperindex >>50% positiv Ig Immunglobulin, PCR "polymerase chain reaction". Bei Zusammenbruch des zellulären Immunsystems sind dann schwerste opportunistische Infektion wie die durch das JC-Virus verursachte PML mit weitgehender Anergie des Immunsystems gerade auch im Liquor und sehr schlechter Prognose zu erwarten. Bei diesen Patienten, insbesondere bei hämatologischen Erkrankungen, Zytostatikatherapie oder Knochenmarkstransplantation, sind über opportunistische Infektionen bei bereits erwähnten B-und T-Zell-Defekten hinaus als schwerste Komplikation des Phagozytoseausfalls septische bakterielle und vor allem Pilzinfektionen auch des ZNS möglich, die ebenfalls durch eine weitgehende Anergie im Liquor und eine sehr schlechte Prognose gekennzeichnet sind. Nicht jede Liquorpleozytose, in Kombination mit einer Schrankenstörung und/oder Laktaterhöhung, basiert auf einer infektiösen Ursache. Aseptische Meningitiden mit geringer Pleozytose und milden Schrankenstörungen kommen bei einer Vielzahl von Erkrankungen vor, die jedoch oft durch Anamnese, klinische Symptomatik und den Verlauf zugeordnet werden können. Einige wichtige Differenzialdiagnosen sind in . Tab. 9 dargestellt. CEA karzinoembryonales Antigen, Ig Immunglobulin, MRZ Antikörperreaktivität gegen Masern-, Röteln-, Zoster-Viren, sIL2-R löslicher Interleukin 2-Rezeptor, ZNS Zentralnervensystem. Cerebrospinal fluid and lumbar puncture: a practical review Leitlinien der Liquordiagnostik und Methodenkatalog der Deutschen Gesellschaft für Liquordiagnostik und Klinische Neurochemie Cerebrospinal fluid-based diagnostics of CT-negative subarachnoid haemorrhage Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen Flow rate of cerebrospinal fluid (CSF) -a concept common to normal blood-CSF barrier function and to dysfunction in neurological diseases Cerebrospinal fluid in the diagnosis of multiple sclerosis: a consensus report Neurologische Labordiagnostik Klinische Liquordiagnostik EFNS-ENS guidelines for the use of PCR technology for the diagnosis of infections of the nervous system Clinical and laboratory analyses of cytospin-prepared Gram stains for recovery and diagnosis of bacteria from sterile body fluids Quantitation of bacteria in cerebrospinal fluid and blood of children with meningitis and its diagnostic significance EFNS guideline on the management of community-acquired bacterial meningitis: report of an EFNS Task Force on acute bacterial meningitis in older children and adults Changing epidemiology of bacterial meningitis Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie Apurulent bacterial meningitis (compartmental leucopenia in purulent meningitis) A prospective study on the role of CXCL13 in Lyme neuroborreliosis The chemokine CXCL13 in acute neuroborreliosis Steep rise in notified hantavirus infections in Germany Hyperintense lesion in the corpus callosum associated with Puumala hantavirus infection The role of laboratory investigation in the diagnosis and management of patients with suspected herpes simplex encephalitis: a consensus report. The EU Concerted Action on Virus Meningitis and Encephalitis Diagnosis of tick-borne encephalitis Soluble CSF interleukin 2 receptor as indicator of neurosarcoidosis The challence of drug-induced aseptic meningitis Testen Sie e.Med gratis und unverbindlich unter springermedizin.de/eMed e. Akademie - Automatische Übermittlung Ihrer CME-Punkte an die Ärztekammer