key: cord-0006028-y28exnfr authors: Knapp, J.; Marx, G.; Weismüller, K.; Steinebach, S.; Lichtenstern, C.; Popp, E.; Mayer, K.; Brunkhorst, F.M.; Weigand, M.A.; Bernhard, M. title: Update: intensivmedizinische Studien: Ergebnisse der vergangenen 12 Monate date: 2011-11-11 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s00101-011-1948-2 sha: e05915827a216fe8ad00d4cee1a764ec93bcfeeb doc_id: 6028 cord_uid: y28exnfr Intensive care medicine plays an important role in the medical care of patients as well as the economic success of hospitals. Knowledge and implementation of recent relevant scientific evidence are prerequisites for high quality care in intensive care medicine. The aim of this review is to present an overview of the most important publications in intensive care medicine published in 2010 and the first half of the year 2011 and to comment on their attributable clinical relevance for intensive care practitioners. In 2010 and up to June 2011 many studies with high patient numbers have been published. The main topics were the treatment of respiratory failure, sepsis and investigations to improve analgosedation. Literatur im Fokus Die Zahl der jährlich in Fachzeitschriften publizierten intensivmedizinischen Beiträge ist inzwischen unüberschaubar geworden. Daher sollen in der vorliegenden Übersicht Publikationen aus dem Jahr 2010 und der ersten Jahreshälfte 2011 mit klinisch-praktischer Relevanz für die Intensivmedizin vorgestellt werden. Diese umfasst somit im Wesentlichen randomisierte kontrollierte Studien ("randomized controlled trials", RCT; . Tab. 1) und Metaanalysen. Experimentelle Arbeiten und Studien, deren Ergebnisse keinen unmittelbaren Einfluss auf die praktische Tätigkeit auf einer Intensivstation (ICU) haben, wurden nicht berücksichtigt. Eine adäquate Analgosedierung ist eines der wichtigsten therapeutischen Ziele im intensivmedizinischen Alltag. In den ver-gangenen Jahren hat sich neben Fentanyl und Sufentanil aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit von nur 4 min auch nach langandauernder Infusion zunehmend Remifentanil als Opioid zur Analgosedierung von Intensivpatienten etabliert. In diesem Zusammenhang wird daher auch die Gefahr der Hyperalgesie nach Beendigung der Remifentanilzufuhr diskutiert. In einer prospektiven, randomisierten und doppelblinden Studie wurde nun die Qualität der Analgesie unter Remifentanil im Vergleich zu Fentanyl untersucht [40] . Die Studie wurde nach Aufnahme der ersten 60 Patienten abgebrochen, da in der Interimsanalyse kein Unterschied im Hinblick auf die Analgesiequalität nachgewiesen werden konnte. Als weiteres Ergebnis zeigte sich jedoch auch, dass durch eine Analgosedierung mit Remifentanil weder die Beatmungsdauer (136 h unter Remifentanil vs. 162 h unter Fentanyl) noch die ICU-bzw. Krankenhausverweildauer (23 vs. 26 Tage bzw. 33 vs. 39 Tage) signifikant verkürzt werden können. Aufgrund des vorzeitigen Studienabbruchs und der der geringen Patientenzahl geschuldeten kleinen statistischen "power" müssen die Daten der sekundären Endpunkte mit Vorsicht interpretiert werden. Fazit. Eine große prospektive Untersuchung, ob sich die kürzere kontextsensitive Halbwertszeit von Remifentanil wirklich in einer Verkürzung der Beatmungsdauer widerspiegelt und damit den höheren Kostenaufwand rechtfertigt, erscheint sinnvoll. Fokussiert wurde in den vergangenen Jahren auch auf die Bedeutung eines täglichen Sedierungsstopps und Spontanatmungsversuchs zur Verkürzung der Beatmungsdauer [13] . Strom et al. [42] untersuchten sogar den fast vollständigen Verzicht auf eine medikamentöse Sedierung beim Intensivpatienten. Die Studiengruppe (n = 70) erhielt bei Bedarf 2,5-5 mg Morphin i.v., aber keine weitere sedierende Medikation. Falls sich ein Patient unruhig und gestresst zeigte, wurden mögliche Ursachen (z. B. Hypoxie, Schmerz) behandelt. Bei Jackson et al. [18] Kognitive und psychische Folgen bei ICU-Patienten mit täglichem Sedierungsstopp n = 93 täglicher Sedierungsstopp vs. n = 94 kontinuierliche Sedierung Keine Unterschiede bezüglich der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Inzidenz von Depression und posttraumatischer Belastungsstörung Van Eijk et al. [49] Rivastigmin zur Therapie des Deliriums n = 55 Rivastigmin vs. n = 54 Placebo Studienabbruch nach n = 109 Trend zu erhöhter Letalität und zur Verlängerung der Delirdauer unter Rivastigmin Papazian et al. [32] Nutzen einer 2-tägigen Muskelrelaxierung mit Cisatracurium bei ARDS n = 178 Cisatracurium vs. n = 162 Placebo Bessere Oxygenierung und schnelleres "weaning" Geringere 90-Tage-Letalität bei Patienten mit Horovitz-Quotient < 120 mmHg Positiver Effekt auf die Letalität nur in einer Subgruppe Terragni et al. [46] Outcome bei früher Tracheotomie (nach 1-Woche-Beatmungsdauer) vs. später Tracheotomie (nach 2-Wochen-Beatmungsdauer) n = 209 frühe Tracheotomie vs. n = 210 späte Tracheotomie Verkürzung der Beatmungs- und der ICU-Verweildauer durch frühe Tracheotomie Kein Effekt auf Inzidenz der ventilatorassoziierten Pneumonie und die Letalität Jones et al. [20] Laktat-Clearance vs. zentralvenöse O 2 Intensivmedizin · Analgesie · Beatmung, mechanisch · Sepsis · Infektion Update: studies in intensive care medicine. Results of the last 12 months Abstract Intensive care medicine plays an important role in the medical care of patients as well as the economic success of hospitals. Knowledge and implementation of recent relevant scientific evidence are prerequisites for high quality care in intensive care medicine. The aim of this review is to present an overview of the most important publications in intensive care medicine published in 2010 and the first half of the year 2011 and to comment on their attributable clinical relevance for intensive care practitioners. In 2010 and up to June 2011 many studies with high patient numbers have been published. The main topics were the treatment of respiratory failure, sepsis and investigations to improve analgosedation. Intensive care · Analgesia · Ventilation, mechanical · Sepsis · Infection tig abgebrochen. Die Delirdauer konnte durch Rivastigmin nicht gesenkt werden, sondern zeigte im Gegenteil eine Tendenz hin zu einer längeren Dauer, ohne jedoch eine statistische Signifikanz zu erreichen (5,0 vs. 3,0 Tage, p = 0,06). Obwohl der Richmond Agitation Sedation Score (RASS) zu Beginn der Therapie in beiden Gruppen vergleichbar war, wiesen Patienten unter Rivastigmin eine schwerere Ausprägung des Deliriums und eine längere Verweildauer auf der Intensivstation auf. Fazit. Durch eine neuromuskuläre Blockade zu Beginn eines schweren ARDS können die Beamtungsdauer verkürzt und die Letalität reduziert werden. Welches Muskelrelaxans sich am besten eignet, für wie lange eine Blockade durchgeführt werden sollte und ob durch eine tiefe Sedierung evtl. die gleichen Effekte erzielt werden können, müssen weitere Studien zeigen. Eine weitere Limitation der Studie ist, dass die Zahl der teilnehmenden Patienten, retrospektiv gesehen, aufgrund einer unerwartet niedrigen Letalität in der Placebogruppe zu gering bemessen wurde und ein positiver Effekt auf die 90-Tage-Letalität lediglich in einer Subgruppe nachgewiesen werden konnte. Daher sollte trotz der sehr relevanten Ergebnisse vor einer flächendeckenden Umsetzung eine Verifikation durch weitere Studien folgen. Mit der Frage, wie hoch der positive endexspiratorische Druck ("positive endexpiratory pressure", PEEP) bei Patienten mit ARDS gehalten werden soll, befasst sich die Arbeit von Caironi et al. [7] . Sie konnten nachweisen, dass Patienten mit hoher Rekrutierbarkeit von Lungengewebe von der Applikation eines hohen PEEP (15-20 cm H 2 O) profitieren. Allerdings sollte bei Patienten mit möglicherweise erhöhtem intraabdominellem Druck und einer Beatmung mit einem PEEP über 12 cm H 2 O eine Messung des intraabdominellen Drucks erfolgen, um eine gefährliche Reduktion des abdominellen Perfusionsdrucks zu vermeiden [51] . Die Hochfrequenzoszillationsventilaton (HFOV, . Abb. 2) ist eine Therapieoption beim "acute respiratory distress syndrome". Eine Metaanalyse ergab für die Hochfrequenzoszillationsventilaton eine Abb. 1 9 Computertomografischer Befund eines Patienten mit schwerem "acute respiratory distress syndrome" bei Pneumonie Reduktion der Krankenhaus-bzw. 30-Tage-Letalität (OR: 0,77, 95%-KI: 0,61-0,98, p = 0,03) und eine Reduktion des Risikos eines Therapieversagens (z. B. refraktäre Hypoxämie, Hyperkapnie, Hypotension oder Barotrauma, OR: 0,67, 95%-KI: 0,46-0,99, p = 0,04, [43] ). Darüber hinaus konnte in den ersten 24 h der Beatmung mit HFOV eine 1,24-fach bessere Oxygenierung erzielt werden als mit konventioneller Beatmung (gemessen anhand des Horovitz-Quotienten, p < 0,001). Eine erhöhte Rate von unerwünschten Nebenwirkungen der HFOV wie Barotrauma, Hypotension oder eine Verlegung des Beatmungsschlauchs wurde nicht beobachtet. Eine weitere Metaanalyse untersucht den Nutzen der Bauchlage bei schwerem hypoxämischem Lungenversagen (p a O 2 /F I O 2 < 100 mmHg) im Vergleich zum Lungenversagen weniger schwerer Ausprägung (100 mmHg ≤ p a O 2 / F I O 2 ≤ 300 mmHg, [44] ). Insgesamt wurden die Daten von 1867 Patienten aus 10 RCT ausgewertet. Die Analyse der aggregierten Daten ergab bei einem Horovitz-Quotienten von < 100 mmHg durch die Bauchlagerung eine Reduktion der Letalität (OR: 0,84, 95%-KI: 0,74-0,96, p = 0,01). In einer Post-hoc-Analyse stellte sich ein Horovitz-Quotient von 140 mmHg als Grenzwert dar, ab dem die Letalität durch eine Bauchlagerung gesenkt werden konnte. Eine weitere Post-hoc-Analyse legt die Vermutung nahe, dass eine Bauchlagerung > 14 h/Tag die Letalität effektiver reduziert als eine Bauchlagerung kürzerer Dauer. Fazit. Frühzeitige HFOV und Bauchlagerung bei schwerem hypoxämischem Lungenversagen können die Letalität des ARDS senken. Auch wenn die Ergebnisse von großen multizentrischen RCT noch ausstehen, sollten entsprechende Therapieprinzipien in das Behandlungskonzept von ARDS-Patienten integriert werden. Das ARDS tritt teilweise schon in einer sehr frühen Versorgungphase beim polytraumatisierten Patienten auf, in der die Blutgerinnung oft noch desolat ist und eine "damage control surgery" mit der Gefahr von Blutverlusten durchgeführt werden muss. Diese Konstellation wird häufig aufgrund der Blutungskomplika- Die Tracheotomie als Alternative zur endotrachealen Intubation wird bei Patienten, die über längere Zeit beamtet werden müssen, wegen der angenommenen geringeren Häufigkeit an ventilatorassoziierten Pneumonien (VAP) und des leichteren Weaning als vorteilhaft gesehen. Wann jedoch die Tracheotomie durchgeführt werden sollte, ob bereits innerhalb der ersten Woche (2 bis 4 Tage nach Beginn der Beatmung) oder mit Verzögerung (z. B. nach 2-Wochen-Beatmungsdauer), wird kontrovers diskutiert. Terragni et al. [46] untersuchten in einem prospektiven RCT an 419 Patienten, die entweder nach 6 bis 8 oder nach 13 bis 15 Beatmungstagen tra-cheotomiert wurden, die Häufigkeit an VAP als primären Endpunkt sowie den Weaningerfolg, die ICU-Liegedauer und die Letalität als sekundäre Endpunkte. Das Risiko, eine VAP zu erleiden, betrug nach früher Tracheotomie 14% (95%-KI: 10-19%) und nach später Tracheotomie 21% (95%-KI: 15-26%, p = 0,07). Durch eine frühe Tracheotomie konnte der Anteil der Patienten, die nach 28 Tagen noch vom Respirator abhängig waren (OR: 0,7, 95%-KI: 0,56-0,87), ebenso wie der Anteil der Patienten, die einer Intensivtherapie bedurften (OR: 0,73, 95%-KI: 0,55-0,97), gesenkt werden. Auf die Einjahresüberlebensrate hatte dies jedoch keinen Einfluss (50 vs. 43%, p = 0,25). Durch eine frühe im Vergleich zur späten Tracheotomie konnte somit in dieser Studie weder die Inzidenz einer VAP noch die Letalität gesenkt werden. Fazit. Durch eine Verzögerung des Zeitpunkts der Tracheotomie kann ohne Nachteile für den Patienten die Rate an Tracheotomien und damit auch die Inzidenz der mit dem Eingriff assoziierten Komplikationen gesenkt werden. Die sekundäre Peritonitis ist eine der Hauptursachen der Sepsis. Die chirurgische Therapie besteht in der Regel in einer Laparatomie zur Fokussanierung. Daran können sich entweder geplante Relapara- tomien (z. B. alle 24 h) anschließen oder Relaparatomien "on demand" bei fehlender klinischer Verbesserung bzw. bei Verschlechterung des klinischen Zustands des Patienten. Bereits 2007 konnte in einer RCT an 232 Patienten mit sekundärer Peritonitis gezeigt werden, dass sich durch Relaparatomien "on demand" die Beatmungsdauer und die Verweildauer des Patienten sowohl auf der Intensivstation als auch im Krankenhaus verkürzen lässt, während sich dagegen die Letalität und Morbidität (z. B. Anastomoseninsuffizienz oder Hohlorganperforation) im Vergleich zu geplant relaparatomierten Patienten nicht unterscheiden [50] . Darüber hinaus konnte nun in einer weiteren Analyse belegt werden, dass die On-demand-Laparatomie kosteneffektiv ist [31] . Es fanden sich im Mittel um EUR 17.682 (95%-KI: EUR 5062-29.004) geringere Kosten bei Relaparatomie "on demand" im Vergleich zu geplanter Relaparatomie. Um innerklinische Notfälle frühzeitig zu detektieren, untersuchten Taenzer et al. [45] bei orthopädischen Patienten den Einsatz einer kontinuierlichen pulsoxymetrischen Überwachung bei allen postoperativen Patienten auf einer orthopädischen Normalstation im Vergleich zur Monitorüberwachung von einzelnen, besonders kritisch kranken Patienten. Im Rahmen der Studie wurden alle Patienten einer Normalstation mithilfe eines drahtlosen Pulsoxymeters überwacht. Bei Überschreitung von zuvor für den Patienten festgelegten Alarmgrenzen erfolgte die Information der zuständigen Pflegekraft über einen Funkrufempfänger. Es wurden die Häufigkeiten der Alarmierungen des Notfallteams und der Notwendigkeit einer Patientenverlegung von der Normal-auf eine Intensivstation evaluiert. Nachdem alle Patienten auf der Normalstation pulsoxymetrisch überwacht wurden, musste das Notfallteam nur noch 1,2(± 0,94)-mal/1000 Patientenentlassungen alarmiert werden im Vergleich zu 3,4 ± 2,2 Alarmierungen vor Einführung der Pulsoxymetrie (p = 0,01). Eine Verlegung von Patienten auf eine Intensivsta-tion war nur noch 2,9(± 2,0)-mal/1000 Patiententagen nötig (vs. 5,6 ± 2,8 Verlegungen, p = 0,02). Ähnliche Ergebnisse lassen sich für die Aufnahme des Myokardinfarkts im Krankenhaus [22] und für das Überleben von innerklinischen Herz-Kreislauf-Stillständen finden [33] . Wesentliches zugrunde liegendes Problem könnte hier die reduzierte personelle Ressource (sowohl hinsichtlich der Zahl als auch der Qualifikationsstufe) in den Abend-und Nachtstunden bzw. am Wochenende sein. Obwohl sich das angloamerikanische "Paramedic"-basierte und das deutschsprachige notarztgestützte Rettungssys-tem deutlich unterscheiden, liegt nun eine interessante Untersuchung zur prähospitalen Versorgung von septischen Patienten aus den USA vor. In einer prospektiven einjährigen Kohortenstudie wurden diejenigen Patienten untersucht, die mit einer schweren Infektion über eine Notaufnahme in einem städtischen Klinikum aufgenommen wurden [52] . Um eine organisierte, rasche und geordnete initiale Sepsistherapie durchzuführen, wurden "Sepsisbündel" (www.survivingsepsis.org) entwickelt. Diese gebündelten Interventionen sollen das Überleben der Patienten optimieren. In einer Metaanalyse von Barochia Kopterides et al. [21] führten aktuell eine erste Metaanalyse der publizierten Daten zum Nutzen einer Prokalzitonin(PCT)-Messung zur Steuerung einer Antibiotikatherapie bei Intensivpatienten durch. In diese Arbeit wurden alle randomisiert und kontrolliert durchgeführten Studien zu einer PCT-geleiteten Antibiotikatherapie, die bis April 2010 veröffentlich wurden, einbezogen. Dabei handelte es sich um 7 Studien mit insgesamt 1131 sowohl internistischen als auch operativen Intensivpatienten (1010 Erwachsene, 121 Neugeborene). In den eingeschlossenen Studien wurden Patienten mit einer Antibiotikatherapie nach einem Routinevorgehen ohne PCT-abhängigen Verordnungsalgorithmus gegen solche, die nach PCT-abhängigen Verordnungsvorgaben behandelt wurden, untersucht. Die Studienkonzepte sahen insbesondere Regeln für das Absetzen der Antibiotikatherapie vor, die sich an einer Reduktion des Ausgangs-PCT-Werts um 70-90% bzw. einem Abfall unter eine Grenze von 1,0 oder 0,5 μg/l orientierten. Die nach einem PCT-geleiteten Algorithmus behandelten Patienten wurden in der ersten Episode einer Antibiotikatherapie etwa 2 Tage kürzer (95%-KI: 1,6-3,1 Tage) behandelt. Auch die Dauer aller Tage unter Antibiotikatherapie konnte durch den PCT-geleiteten Algorithmus um etwa 4 Tage reduziert werden (95%-KI: 3,4-5,0 Tage). Diese beobachtete Reduktion der Therapiedauer blieb allerdings im Gesamtkollektiv dieser Metaanalyse hinsichtlich der 28-Tage-Letalität, der Aufenthaltsdauer auf der ICU oder der Rate rekurrenter oder persistierender Infektionen ohne Effekt für das klinische "outcome". Die Ergebnisse dieser Metaanalyse werden durch die Ergebnisse einer anderen Studie infrage gestellt, die kürzlich online in Critical Care Medicine publiziert wurde. Jensen et al. [19] untersuchten in der randomisierten Procalcitonin And Survival Study (PASS), ob eine PCT-gesteuerte antimikrobielle Therapie und PCT-gesteuerte supportive Therapie günstige Effekte auf Morbidität und Letalität bei Intensivpatienten haben. Hiermit wurde im Vergleich zu den oben genannten Studien eine neue Fragestellung untersucht, die nicht nur die Deeskalation von Antibiotika zum Ziel hatte, sondern auch die Ausweitung der antimikrobiellen Therapie und anderer Therapiemaßnahmen, u. a. der Beatmungstherapie. Beteiligt waren 9 interdisziplinäre Intensivstationen in Dänemark; es nahmen insgesamt 1200 Intensivpatienten teil. Der gewählte PCT-Algorithmus unterschied sich deutlich von anderen Studien: Ein PCT-Wert ≥ 1,0 ng/ml, der nicht von einem Abfall von mindestens 10% gegenüber dem PCT-Wert des Vortags gefolgt war, wurde in der PASS-Studie zum Anlass genommen, die Therapie zu eskalieren. Eine Deeskalation der antimikrobiellen Therapie wurde nur dann empfohlen, wenn der PCT-Wert an mindestens 3 konsekutiven Tagen <1,0 ng/ ml lag. In der Kontrollgruppe stand keine PCT-Bestimmung zur Verfügung, und es erfolgten auch keine Behandlungsvorgaben. Die Zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bei Patienten mit schwerer Sepsis häufig ein niedriger Protein-C-Spiegel vor. In der Studie Recombinant Human Activated Protein C Worldwide Evaluation in Severe Sepsis (PROWESS) wiesen hohe Spiegel eine gute positive Korrelation mit der Überlebensrate auf, und es zeigten sich teilweise trotz einer Therapie mit aktiviertem Protein C (Drotrecogin alfa) niedrige oder sogar fallende Protein-C-Spiegel [5] . Um die Hypothese zu prüfen, dass eine veränderte Dosierung und/oder Infusionsdauer in höheren Protein-C-Spiegeln resultiert und damit das Überleben verbessert, wurde die RESPOND-Studie durchgeführt. Insgesamt 557 Patienten mit schwerer Sepsis und wenigstens 2 Organversagen sowie Protein-C-Mangel auf 52 Intensivstationen wurden von Shorr et al. [37] in die internationale randomisierte, doppelblinde Studie aufgenommen. Die Patienten sollten nach den ersten 24 h einer Standarddosierung von Drotrecogin alfa (24 µg/kgKG/h) diese für 3 weitere Tage erhalten (Standardtherapie, n = 206) oder je nach Höhe der gemessenen Protein-C-Spiegel 4 verschiedene Dosierungen bis zu 48 µg/kgKG/h für bis zu 168 h appliziert bekommen (modifizierte Therapie, n = 227). Unter dieser modifizierten Therapie waren die Protein-C-Spiegel nach 7 Tagen häufiger im Referenzbereich (49,5 vs. 45,2%, p = 0,011). Eine Normalisierung des Protein-C-Spiegels bis zum Tag 7 war mit einer geringeren Letalität assoziiert (10,3% vs. 32%, p < 0,0001). Niedrige Protein-C-Spiegel korrelieren mit einer hohen Letalität. Durch eine an den Protein-C-Spiegel adaptierte höhere Dosierung und eine variable Infusionsdauer ist es eher möglich, normale Protein-C-Spiegel zu erreichen als durch eine Standardtherapie. Es wird weiterhin für möglich gehalten, die Therapie mit Drotrecogin alfa durch Nutzen eines Biomarkers individuell zu adaptieren. Die Titration des Drotrecogin alfa außerhalb einer Studie wird zurzeit ausdrücklich nicht empfohlen. Während bereits in mehreren Studien von einer Reaktivierung von Zytomegalieviren (CMV) im Rahmen einer schweren Sepsis berichtet wurde, bleibt die Frage nach der klinischen Relevanz einer solchen Reaktivierung bislang offen. Heininger et al. [16] untersuchten in einer prospektiven und verblindeten Beobachtungsstudie initial 97 erwachsene, nichtimmunsupprimierte Intensivpatienten, die einen positiven CMV-Antikörpernachweis zeigten und eine schwere Sepsis entwickelten. Ziel der Studie war, die Häufigkeit einer CMV-Reaktivierung sowie die damit verbundene Morbidität und Letalität zu untersuchen. Zur Bestätigung der Reaktivierung wurde ein CMV-Nachweis mithilfe der "polymerase chain reaction" (PCR) aus Leukozyten, Plasma und Trachealsekret durchgeführt. Das Trachealsekret wurde zusätzlich auf Vorhandensein von DNS des Herpes-simplex-Virus (HSV) untersucht. Es wiesen 41% der auswertbaren Patienten eine CMV-Reaktivierung auf; hiervon entwickelten wiederum 65,7% auch eine HSV-Infektion. Während sich die Letalität der Patienten mit und ohne CMV-Reaktivierung nicht unterschied (37,1 vs. 35,3%, p = 0,861), ergab die multivariante Analyse, dass eine CMV-Reaktivierung mit einer längeren ICU-und Krankenhausverweildauer sowie einer längeren Beatmungszeit und einem reduzierten Gasaustausch assoziiert war. Dies galt nicht für den HSV-Nachweis. Fazit. Eine CMV-Reaktivierung scheint mit einer erhöhten Morbidität, aber nicht mit einer erhöhten Letalität bei nichtimmunsupprimierten Intensivpatienten einherzugehen. Empfehlungen zur Einleitung einer antiviralen Therapie können hieraus zurzeit nicht abgeleitet werden. Der Nachweis des Aspergillus-spezifischen Antigens Galactomannan aus dem Serum ist ein etabliertes Testverfahren in der Diagnose einer Aspergillose. Hage et al. [15] fassen in einer gelungenen Übersicht die in den letzten 2 Jahren publizierten Studien zur Bedeutung von Befunden aus der bronchoalveolären Lavage (BAL) zur Diagnose einer pulmonalen Aspergillose zusammen. Die Auswertung von 13 Studien ergab sowohl für die Diagnose einer wahrscheinlichen als auch für eine bewiesene Aspergillose eine hervorragende Testgüte mit einer Sensitivität und Spezifität von jeweils über 90%, wenn Galactomannan in der BAL nachgewiesen werden kann. Fazit. Der Nachweis von Galactomannan aus der BAL besitzt eine im Vergleich zu anderen Testverfahren überlegene Sensitivität und Spezifität. Hieraus ergibt sich die Empfehlung, Galactomannan bei Risikopatienten aus der BAL zu bestimmen. Ziel einer multizentrischen Studie, die an 10 Zentren in Kanada, den USA und Europa durchgeführt wurde, war zu überprüfen, ob die PCT-Bestimmung im Serum bei beatmungspflichtigen Patienten mit einer schweren Pneumonie prädiktiv für die Entwicklung von Organdysfunktionen und zur Abschätzung der 28-Tage-Letalität verwertbar ist [6] . Dazu wurde bei 175 teilnehmenden Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie (CAP, n = 57), VAP (n = 61) und nosokomial erworbener Pneumonie (HAP, n = 57) über 2 Wochen täglich die Serumkonzentration von PCT bestimmt. Die initialen PCT-Spiegel lagen im Median bei der CAP (2,4 ng/ml) signifikant über denen der VAP (0,7 ng/ ml, p < 0,001), während sich die HAP hierin nicht von der CAP unterschied. Für die Prädiktion der 28-Tage-Letalitätsrate zeigten sich der maximale und initiale PCT-Wert (0,74 bzw. 0,70) vergleichbar wie der APACHE II Score (0,69). Für den initialen PCT-Wert von 1,1 ng/ml betrug die OR der Letalität 7,0 (95%-KI: 2,6-25,2), für die maximale PCT-Konzentration von 7,8 ng/ml lag die OR bei 5,7 (95%-KI: 2,5-13,1). Sowohl die initiale PCT-Konzentration als auch seine maximale Konzentration gehen bei der schweren Pneumonie mit der Erkrankungsschwere ein-her und korrelieren mit Morbidität sowie Letalität ähnlich gut wie der APA-CHE II Score. Der septische Schock ist die Haupttodesursache für Patienten mit schweren Infektionen. Der Wert einer initialen empirischen antibiotischen Kombinationstherapie ist nach wie vor ungeklärt, da bisher keine randomisierten Studien zu dieser Fragestellung vorliegen. Kumar Zahlreiche Studien und nahezu sämtliche klinischen Bemühungen zur Vermeidung von katheterassoziierten Infekten fokussieren auf zentrale Venenkathe-ter (ZVK) unter der Annahme, dass Infektionen durch arterielle Katheter (AK) zur invasiven Druckmessung selten sind. Kleine Studien aus den letzten Jahren geben jedoch Hinweise darauf, dass auch AK eine relevante Quelle für Blutstrominfektionen sind. Ferner geht man -obwohl klinische Daten bislang fehlen -davon aus, dass ähnlich wie für ZVK ein routinemäßiger geplanter AK-Wechsel keinen Vorteil bringt, weil das Infektionsrisiko über die Zeit konstant bleibt. Lucet et al. [28] untersuchten daher in einer großen Multizenterstudie an 2095 Patienten mit fast 28.000 Kathetertagen (1617 AK und 1915 ZVK) das Infektionsrisiko durch AK im Vergleich zu ZVK. Andere Infektionsquellen mussten jeweils ausgeschlossen sein. Die Rate für eine bakterielle Kolonisation von AK lag mit 11,4/1000 Kathetertagen genauso hoch wie bei ZVK (11,1/1000 Kathetertage, p = 0,8). Auch die Rate an katheterassoziierten Infektionen (Nachweis der gleichen Keimspezies mit dem gleichen Resistenzspektrum in Blutkulturen und an der Katheterspitze, klinischen Zeichen einer Sepsis ohne positive Blutkultur bei gleichzeitig kolonisierter Katheterspitze, eitriger Einstichstelle oder einem deutlichen Rückgang der Sepsiszeichen nach Entfernung der Katheter) unterschied sich nicht zwischen AK und ZVK (1,0 vs. 1,1/1000 Kathetertage). Das Risiko einer bakteriellen Kolonisation von AK stieg kontinuierlich von 1,3% am Tag 5 auf 2,4% am Tag 10 und 3,0% am Tag 15 an. Die Kolonisation von ZVK-Spitzen lag dagegen an den entsprechenden Tagen konstant bei 1,2%, 1,6% resp. 1,4%. Damit ist ab dem 8. Tag der Liegedauer das Kolonisationsrisiko eines AK 1,59-mal so hoch wie das eines ZVK (95%-KI: 1,17-2,17, p = 0,001). Als weiteres, aber bereits lange bekanntes Ergebnis dieser Studie wurde erneut dokumentiert, dass das Risiko der Kolonisation eines ZVK in der V. jugularis interna 3-mal höher ist als in der V. subclavia sowie 7-fach erhöht bei einer Anlage in der V. femoralis. Bei AK ist das Risiko bei femoraler Anlage 2,4-fach erhöht im Vergleich zu einer Katheterisierung der A. radialis. Bei Verdacht auf einen katheterassoziierten Infekt sollten nicht nur ZVK, sondern auch AK gewechselt und der mi-krobiologischen Diagnostik zugeführt werden. Auch wenn die Ergebnisse dieser Studie einen routinemäßigen Wechsel AK nach 8 Tage nahelegen, muss ein Vorteil für den Patienten durch weitere prospektive Studien nachgewiesen werden, da das Risiko ischämischer Komplikationen mit jeder arteriellen Punktion nicht außer Acht gelassen werden darf. Bei 80 Patienten mit einem Zirkulationsversagen im Rahmen einer Sepsis wurde entweder eine Volumentherapie (n = 40) oder eine Therapie mit Arterenol (n = 40) durchgeführt [29] . Es wurde der "cardiac index" (CI) mithilfe des Pulse-Contour-Cardiac-Output(PiCCO)-Systems bzw. des Vigileo-Systems bestimmt, und der entsprechende mithilfe der transpulmonalen Thermodilution bestimmte CI vor und nach therapeutischer Interventionen dazu korreliert. Das PiCCO-System zeigte dabei die Veränderungen des CI nach Volumengabe im Vergleich zur transpulmonalen Thermodilutionsmessung mit einem Korrelationskoeffizienten von r=0,72 (p < 0,05) zuverlässiger an als das Vigileo-System mit einer Korrelation von nur r=0,33 (p < 0,05). Veränderungen des CI durch den Beginn bzw. die Erhöhung einer Noradrenalininfusion wurden ebenso durch das PiCCO-System zuverlässiger erfasst (r = 0,78 vs. r = −0,03 beim Vigileo-System). Daher wurde inzwischen die Software des Vigileo-Systems weiterentwickelt und in einer internationalen multizentrischen Studie validiert [11] . Hierzu wurde bei 58 septischen Patienten die alte (2. Generation) und neue (3. Generation) Software mit dem mithilfe des Pulmonalarterienkatheters gemessenen Herzzeitvolumen (PAC-HZV) als Goldstandard ver glichen. Insgesamt wurden 401 Vergleichsmessungen durchgeführt. Der Bias zwischen der Vigileo-Messung mit alter Software und PAC-HZV betrug −10% (95%-KI: −15 bis −5%) oder −0,8 l/min (95%-KI: −1,1bis −0,4 l/min), zwischen der Vigileo-Messung mit neuer Software und PAC-HZV war der Bias dagegen nicht relevant (95%-KI: −4 bis 4% bzw. −0,3 bis 0,3 l/min). Auch die Beeinflussung der Messung durch den niedrigen systemischen Wi-derstand konnte durch die neue Software deutlich reduziert werden. Fazit. Das PiCCO-System kann zuverlässig zur Messung des CI bzw. HZV und deren Veränderung unter Katecholaminund Volumentherapie bei Patien ten im septischen Schock eingesetzt werden. Beim Vigileo-System sind dagegen in dieser Patientengruppe zur HZV-Messung nur Geräte mit der Software der 3. Generation geeignet. Durch die Kreislaufstabilisierung im septischen Schock mit Noradrenalin wird nicht nur die Makrozirkulation stabilisiert, sondern auch die Mikrozirkulation verbessert. Dies zeigte eine Untersuchung an 28 Patienten, die zur Kreislaufstabilisierung im septischen Schock eine hochdosierte Noradrenalintherapie benötigten (0,71 ± 0,48 µg/kgKG/h, [12] ). Es wurde je eine Messung vor und nach Beginn einer kontinuierlichen Noradrenalininfusion bzw. einer deutlichen Steigerung deren Dosis durchgeführt. Der durchschnittliche MAP während der ersten Messung betrug 54 ± 8 mmHg und wurde durch Noradrenalin auf 77 ± 9 mmHg angehoben. Hierdurch konnte die kapilläre Sauerstoffsättigung (gemessen mithilfe der Nahinfrarotspektroskopie) in der Thenarmuskulatur signifikant erhöht werden (75 ± 9 vs. 78 ± 9%, p < 0,05). Die Wiederanstiegsgeschwindigkeit der kapil lären Sauerstoffsättigung nach einem durch eine arterielle Okklusion (mithilfe einer Blutdruckmanschette am Oberarm) induzierten Abfall auf 40% war signifikant höher (1,0 ± 0,6 vs. 1,5 ± 0,7%/s, p < 0,05). Fazit. Durch die Applikation von Noradrenalin im septischen Schock wird bei adäquatem Volumenstatus nicht nur die Makrohämodynamik, sondern auch die Mikrozirkulation verbessert. Die Vorteile einer möglichst frühen enteralen Ernährung (EN) intensivmedizinischer Patienten sind inzwischen unumstritten. Unklar ist jedoch der Zeitpunkt, ab dem eine parenterale Ergänzung erfolgen sollte, falls die enterale Kalorienzufuhr unzureichend ist. Die Leitlinien der European Society of Parenteral and Enteral Nutrition (ESPEN) empfehlen den Beginn einer parenteralen Ernährung (PN) innerhalb von 24-48 h nach Aufnahme auf die Intensivstation, falls eine EN kontraindiziert ist bzw. nicht toleriert wird, sowie eine additive PN ab dem 3. Behandlungstag, falls bis dahin kein voller enteraler Aufbau erreicht werden konnte [39] . Dagegen wird entsprechend der Empfehlung der amerikanischen und kanadischen Fachgesellschaften eine hypokalorische Ernährung während der ersten Woche der Intensivtherapie ohne parenterale Substitution toleriert, falls bei Aufnahme keine Zeichen der Malnutrition (Body-Mass-Index < 17 kg/m 2 ) vorliegen. In einer großen, randomisierten, multizentrischen Studie auf 7 belgischen Intensivstationen wurden nun 2312 Patienten, die ab dem 1. Tag eine additive PN mit Glucose und ab dem 3. Tag auch mit Aminosäuren und Lipiden erhielten, verglichen mit 2328 Patienten, die entsprechend der nordamerikanischen Leitlinien erst ab dem 8. Tag der Intensivtherapie parenteral ernährt wurden, falls dies zur Erreichung des rechnerischen Kalorienbedarfs noch notwendig war [9] . Vitamine, Spurenelemente und Mineralien wurden in beiden Gruppen substituiert. Der Blutzuckerspiegel wurde mithilfe einer i.v.-Insulin-Therapie in beiden Gruppen zwischen 80 und 110 mg/dl (4,44 und 6,11 mmol/l) gehalten. Es zeigte sich eine im Median um 1 Tag verkürzte Intensivtherapiedauer bei verzögertem Beginn der parenteralen Ernährung (3 vs. 4 Tage, p = 0,02). Ferner kam es in dieser Gruppe seltener zu Infektionen der Atemwege oder der Lunge (16,4% vs. 19,3%, p = 0,009), Wund-(2,7 vs. 4,2%, p = 0,006) und Blutstrominfektionen (6,1 vs. 7,5%, p = 0,05). Die Dauer der Nierenersatztherapie war bei verzögertem Beginn der parenteralen Ernährung 3 Tage kürzer (7 vs. 10 Tage, p = 0,008), und die Gesamtkosten pro Patient konnten im Mittel um EUR 1100 gesenkt werden (p = 0,04). Ein Unterschied in der 90-Tage-Sterblichkeit konnte nicht nachgewiesen werden. Als Limitation dieser Studie muss allerdings bedacht werden, dass beinahe zwei Drittel der teilnehmenden Patienten herzchirurgische Operationen hinter sich hatten. Auch die Interpretation der europäischen Leitlinien erscheint dis-kussionswürdig. Nach den Leitlinien sollte bei Intensivpatienten mit der Möglichkeit zur EN erst ab dem 3. Tag (und nicht bereits ab dem 1. Tag) eine additive (den nichtgedeckten Bedarf supplementierende) PN initiiert werden. Ferner sind die mediane Verweildauer der Patienten auf der Intensivstation (3 bzw. 4 Tage) und die mediane Dauer der maschinellen Beatmung (2 Tage in beiden Gruppen) für eine Aussage über das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer parenteralen Ernährung zu kurz. Im Weiteren ist der berechnete Kalorienbedarf für den frühen Verlauf des Intensivaufenthalts möglicherweise zu hoch. Die meisten Experten raten zu einem graduellen Aufbau der Kalorienzufuhr in den ersten Tagen des Intensivaufenthalts. Nach der Formel der Studie liegt der Kalorienbedarf eines 60-jährigen Mannes, der bei 180-cm-Körpergröße 90 kg wiegt, am 3. Tag bei >3200 kcal/Tag. Bei einer Berücksichtigung dieser Kalorienmenge führt die intensivierte Insulintherapie möglicherweise zu einer Verdeckung einer sonst beobachteten hyperkalorischen Hyperglykämie. Fazit. Auf den ersten Blick erscheint es, dass eine parenterale Ernährung vor dem 8. Tag nicht mehr indiziert ist. Aufgrund der Vielzahl an Limitationen kann jedoch eine solche Empfehlung nicht verallgemeinert werden. Patienten, die frühzeitig extubiert werden können und verlegungsfähig sind, sollten keine parenterale Ernährung erhalten. Zentraler Bestandteil von "standard operating procedures" (SOP) zur EN ist die Refluxkontrolle, um eine Intoleranz gegenüber einer EN zu erkennen und das Aspirationsrisiko zu reduzieren. Unklar ist bislang aber die kritische Menge an Mageninhalt, die bei der Refluxkontrolle über die Magensonde abgesaugt werden kann, ab der die EN pausiert bzw. reduziert werden muss. Montejo et al. [30] verglichen daher in einem prospektiven RCT (REGANE-Studie) an 329 überwiegend internistischen Intensivpatienten ein Protokoll, bei dem ab 200 ml Refluxvolumen eine Reduktion der EN stattfand (Kontrollgruppe), mit dem identischen Protokoll, bei dem jedoch erst ein Refluxvolumen von 500 ml als Interventions-grenze angesehen wurde. Durch den höheren "Cut-off "-Wert konnten in der ersten Woche der EN im Schnitt 88% des errechneten Kalorienbedarfs zugeführt werden im Vergleich zu 84% in der Kontrollgruppe (p = 0,0002). Im weiteren Verlauf zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied mehr. Die Inzidenz gastrointestinaler Komplikationen wie Blähungen, Durchfälle, Erbrechen, Regurgitation und Aspiration sowie das Outcome der Patienten unterschied sich zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant, jedoch war die ICU-Letalität in der Studiengruppe erhöht (19,8 vs. 15 ,7%, p = 0,28). Fazit. Ab welchem Refluxvolumen bei EN eine Intervention notwendig ist und ob dadurch die Kalorienzufuhr sowie das Outcome der Patienten positiv beeinflusst werden können, bleibt weiterhin unklar. Der Einsatz von Probiotika in der Intensivmedizin zur Reduktion der Inzidenz nosokomialer Infektionen war 2010 ebenfalls ein Thema, zu dem es mehrere interessante Publikationen gab. Barraud et al. [2] untersuchten in einer prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten Studie an 167 Intensivpatienten den Einfluss des Einsatzes von Lactobacillus rhamnosus auf die 28-Tage-Letalitätrate als primären Endpunkt. Es konnten weder in den Rohdaten noch nach Anpassung an die Erkrankungsschwere signifikante Unterschiede in der 28- Tage Die Einstellung der Blutglucosekonzentration beim Intensivpatienten war in den vergangenen Jahren ein viel diskutiertes und intensiv untersuchtes Thema. Die Implementierung einer intensivierten Insulintherapie (IIT, Ziel: Blutglucosekonzentration von 80-110 mg/dl, 4,44-6,11 mmol/l) führt zu einer erhöhten Inzidenz von Hypoglykämien. analog den Empfehlungen der Surviving Sepsis Campaign aus dem Jahr 2008 eine Blutglucosekonzentration von < 150 mg/ dl (<8,33 mmol/l) als Ziel definiert, für die Gruppen der IIT galt das "Van-den-Berghe"-Protokoll (Zielblutglucosekonzentration: 80-110 mg/dl, 4,44-6,11 mmol/l). Patienten mit IIT verstarben im Vergleich zu Patienten mit einer konventionellen Insulintherapie nicht signifikant häufiger (45,9 vs . 42,9%, OR: 1,07, 95%-KI: 0,88-1,30, p = 0,50), zeigten jedoch deutlich häufiger schwere Hypoglykämien (Blutglucosekonzentration < 40 mg/dl, <2,22 mmol/l) als in der konventionellen Behandlungsgruppe. Kritisch anzumerken ist, dass die "Zielglucosespiegel" weder in den intensivierten noch in den konventionellen Insulinbehandlungsgruppen regelmäßig erreicht wurden. Bis zur Krankenhausentlassung waren 42,9% der mit Fludrokortison und 45,8% der Patienten der Kontrollgruppe verstorben (OR: 0,94, 95%-KI: 0,77-1,14, p = 0,50). Auch bezüglich der ICU-und der Krankenhausverweildauer sowie der vasopressorfreien Tage zeigte sich kein Vorteil durch eine Fludrokortisongabe. Fazit. Nach der aktuellen Datenlage scheinen Patienten im septischen Schock nicht von einer Fludrokortisongabe zu profitieren. Der Nutzen einer kontinuierlichen i.v.-Insulintherapie zur Vermeidung von unerwünschten hydrokortisoninduzierten Hyperglykämien ist nicht geklärt. Ob mehrfach verletzte Patienten (definiert als mindestens 2 Verletzungen und ein Injury Severity Score > 15), die voraussichtlich mehr als 48 h beatmet werden müssen, von einer Hydrokortisontherapie profitieren, untersuchte eine randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Multizenterstudie an 150 Traumapatienten (HYPOLYTE-Studie, [35] ). Ein Behandlungsschema mit 200 mg/Tag Hydrokortison für 5 Tage, 100 mg am 6. Tag und 50 mg am 7. Tag nach dem Trauma reduzierte die Inzidenz einer nosokomialen Pneumonie (35,6 vs. 51,3%, p = 0,007). Die mechanische Beatmung konnte in der Hydrokortisongruppe im Schnitt 4 Tage früher beendet werden (95%-KI: 2 bis 7 Tage, p = 0,001), und die Patienten konnten die Intensivstation 6 Tage früher (95%-KI: 1 bis 11 Tage, p = 0,03) verlassen. Eine Limitation dieser Studie ist sicher die kleine Patientenzahl von nur 150 Patienten. Im Gegensatz dazu belegt nämlich die größte randomisierte Studie zur niedrig-dosierten Hydrokortisontherapie bei Sepsispatienten Corticosteroid Therapy of Septic Shock (CORTICUS, n = 499) eine erhöhte Infektionsrate in der Hydrokortisongruppe [41] . Eine weitere Studie zum Nutzen von Methylprednisolon bei Traumapatienten mit Schädel-Hirn-Trauma, Medical Research Council Corticosteroid Randomisation after Significant Head Injury (MRC CRASH), mit 10.008 Patienten wies für die Kortisongruppe eine erhöhte Letalität nach 2 Wochen nach [34] . Fazit. Große Studien sprechen bisher gegen den allgemeinen Einsatz von Kortison bei kritisch kranken Patienten. Daher sollten die positiven Ergebnisse der HY-POLYTE-Studie an einer größeren Zahl von Traumapatienten überprüft werden. Der rekombinante aktivierte Faktor VII (rFVIIa) ist zur Therapie von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A oder B, die Antikörper gegen exogen zugeführte Gerinnungsfaktoren VIII bzw. IX entwickelt haben, zugelassen. Es gibt jedoch inzwischen zahlreiche Fallberichte und kleinere Studien über den erfolgreichen "Off-label"-Einsatz von rFVIIa bei massiven unkontrollierbaren Blutungen (z. B. stumpfes Bauchtrauma mit Leberruptur, intrakranielle Blutungen oder Blutungen während chirurgischen Eingriffen). Obwohl theoretisch die Aktivierung der Thrombinbildung durch rFVIIa auf die Stellen der Gefäßläsionen begrenzt sein sollte, kommt es zu einer systemischen Aktivierung der Gerinnung mit der Gefahr von thromboembolischen Komplikationen. Daher haben Levi et al. [26] in einer Metaanalyse 35 placebokontrollierte Studien mit insgesamt 4119 Patienten, die "off label" rFVIIa oder Placebo im Rahmen von Blutungen erhalten haben, im Hinblick auf die Inzidenz thrombo-embolischer Komplikationen ausgewertet. Es konnten eine signifikant erhöhte Inzidenz an arteriellen Thromboembolien (5,5 vs. 3,2%, p = 0,003) und eine vergleichbare Inzidenz an venösen Thromboembolien (5,3 vs. 5,7%, p = 0,61) nachgewiesen werden. Am häufigsten betroffen waren die Koronararterien mit einer Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse von 2,9% bei rFVIIa-Therapie und 1,1% bei Placebobehandlung (p = 0,002). Für zerebrovaskuläre Ereignisse war kein signifikanter Unterschied festzustellen (1,7 vs. 1,3%, p = 0,39). Mit zunehmendem Patientenalter erhöhte sich die Gefahr von thromboembolischen Ereignissen durch den "Off-label"-Einsatz von rFVIIa weiter (für Patienten älter als 65 Jahre: 9,0 vs. 3,8%, p = 0,003). Ebenso konnte ein Zusammenhang zwischen der Dosierung von rFVIIa und der Inzidenz thromboembolischer Komplikationen festgestellt werden (6,0% bei < 80 µg/kgKG, 10,3% bei 80-120 µg/kgKG, 11,9% bei > 120 µg/ kgKG, p = 0,02). Fazit. Der "Off-label"-Einsatz von rFVIIa zur hämostatischen Therapie ist insbesondere bei älteren Patienten mit einer erhöhten Inzidenz an meist kardiovasulären Thromboembolien verbunden. Dies muss bei der Nutzen-Risiko-Abwägung in Betracht gezogen werden. Blutungen sind die Haupttodesursache bei etwa einem Drittel aller Traumapatienten, die innerklinisch versterben [27] . Darüber hinaus trägt ein hoher Blutverlust mit Schocksymptomatik und konsekutiver Massivtransfusion wesentlich zur Entstehung einer transfusionsassoziierten akuten Lungeninsuffizienz ("transfusion related acute lung injury", TRA-LI) oder eines Multiorganversagens bei. Für Tranexamsäure konnte bereits nachgewiesen werden, dass bei elektiven operativen Eingriffen der Bedarf an Fremdblutprodukten signifikant gesenkt werden kann. In einer sehr großen prospektiven, randomisierten und placebokontrollierten Studie (CRASH-2) wurde daher untersucht, ob die Letalität und der Transfusionsbedarf von Traumapatienten mit bestehender oder drohender schwerer Blutung durch eine frühzeitige Applikation von Tranexamsäure reduziert wer- Extracorporeal membrane oxygenation in severe trauma patients with bleeding shock Probiotics in the critically ill patient: a double blind, randomized, placebo-controlled trial Bundled care for septic shock: an analysis of clinical trials Global utilization of low-dose corticosteroids in severe sepsis and septic shock: a report from the PROGRESS registry Efficacy and safety of recombinant human activated protein C for severe sepsis Multinational, observational study of procalcitonin in ICU patients with pneumonia requiring mechanical ventilation: a multicenter observational study Lung opening and closing during ventilation of acute respiratory distress syndrome Reducing mortality in severe sepsis with the implementation of a core 6-hour bundle: results from the Portuguese community-acquired sepsis study (SACiUCI study) Early versus late parenteral nutrition in critically ill adults Effects of tranexamic acid on death, vascular occlusive events, and blood transfusion in trauma patients with significant hemorrhage (CRASH-2): a randomised, placebo-controlled trial Arterial pressure-based cardiac output monitoring: a multicenter validation of the third-generation software in septic patients Restoring arterial pressure with norepinephrine improves muscle tissue oxygenation assessed by near-infrared spectroscopy in severely hypotensive septic patients Efficacy and safety of a paired sedation and ventilator weaning protocol for mechanically ventilated patients in intensive care (Awakening and Breathing Controlled trial): a randomised controlled trial Delirium as a predictor of long-term cognitive impairment in survivors of critical illness Antigen detection in bronchoalveolar lavage fluid for diagnosis of fungal pneumonia Cytomegalovirus reactivation and associated outcome of critically ill patients with severe sepsis Hypoglycemia is associated with intensive care unit mortality Long-term cognitive and psychological outcomes in the awakening and breathing controlled trial Procalcitonin-guided interventions against infections to increase early appropriate antibiotics and improve survival in the intensive care unit: a randomized trial Lactate clearance vs central venous oxygen saturation as goals of early sepsis therapy. A randomized clinical trial Procalcitonin-guided algorithms of antibiotic therapy in the intensive care unit: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials Weekend versus weekday admission and mortality from myocardial infarction Hospital mortality is associated with ICU admission time A survival benefit of combination antibiotic therapy for serious infections associated with sepsis and septic shock is contingent on the risk of death: a meta-analytic/meta-regression study Early combination antibiotic therapy yields improved survival compared to monotherapy in septic shock: a propensity-matched analysis Safety of recombinant activated factor VII in randomized clinical trials Coagulation management in multiple trauma Infectious risk associated with arterial catheters compared with central venous catheters Arterial pressure-based cardiac output in septic patients: different accuracy of pulse contour and uncalibrated pressure waveform devices Gastric residual volume during enteral nutrition in ICU patients: the REGANE study Costs of relaparotomy on-demand versus planned relaparotomy in patients with severe peritonitis: an economic evaluation within a randomized controlled trial Neuromuscular blockers in early acute respiratory distress syndrome Survival from in-hospital cardiac arrest during nights and weekends Effect of intravenous corticosteroids on death within 14 days in 10008 adults with clinically significant head injury (MRC CRASH trial): randomised placebo-controlled trial Hydrocortisone therapy for patients with multiple trauma. The randomized controlled HYPOLYTE study Deli rium duration and mortality in lightly sedated, mechanically ventilated intensive care patients Randomized trial evaluating serial protein C levels in severe sepsis patients treated with variable doses of drotrecogin alfa (activated) Impact of the administration of probiotics on the incidence of ventilator-associated pneumonia: a metaanalysis of randomized controlled trials ESPEN guidelines on parenteral nutrition: intensive care A prospective, randomized, double-blind, multicenter study comparing remifentanil with fentanyl in mechanically ventilated patients Hydrocortisone therapy for patients with septic shock A protocol of no sedation for critically ill patients receiving mechanical ventilation: a randomised trial High frequency oscillation in patients with acute lung injury and acute respiratory distress syndrome (ARDS): systematic review and meta-analysis Prone ventilation reduces mortality in patients with acute respiratory failure and severe hypoxemia: systematic review and meta-analysis Impact of pulse oximetry surveillance on rescue events and intensive care unit transfers. A beforeand-after concurrence study Early vs late tracheotomy for prevention of pneumonia in mechanically ventilated adult ICU patients. A randomized controlled trial Corticosteroid treatment and intensive insulin therapy for septic shock in adults. A randomized controlled trial The importance of early treatment with tranexamic acid in bleeding trauma patients: an exploratory analysis of the CRASH-2 randomised controlled trial Effect of rivastigmine as an adjunct to usual care with haloperidol on duration of delirium and mortality in critically ill patients: a multicentre, doubleblind, placebo-controlled randomised trial Comparison of on-demand vs planned relaparatomy strategy in patients with severe peritonitis. A randomized trial Positive end-expiratory pressure affects the value of intra-abdominal pressure in acute lung injury/ acute respiratory distress syndrome patients: a pilot study Opportunities for Emergency Medical Services care of sepsis Prophylactic intravenous magnesium sulfate for treatment of aneurysmal subarachnoid hemorrhage: a randomized, placebo-controlled, clinical study den können [10] . In die Studie aufgenommen wurden 20 Eine weitere Analyse der Daten ergab, dass eine möglichst frühzeitige Tranexamsäureapplikation den größten Nutzen bringt [48] . Bei Gabe der Tranexamsäure innerhalb der ersten Stunde nach dem Trauma konnte die Letalität auf eine OR von 0,69 (95%-KI: 0,57-0,82) gesenkt, nach 1 bis 3 h konnte nur noch eine OR von 0,79 (95%-KI: 0,64-0,97) erreicht werden.Fazit. Durch den Einsatz von Tranexamsäure kann die Letalität von Traumapatienten mit manifestem oder drohendem hämorrhagischem Schock bei vermuteter aktiver Blutung signifikant und ohne ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien gesenkt werden. Um eine möglichst frühe und damit auch präklinische Gabe gewährleisten zu können, erscheint eine Ausstattung von arztbesetzten Rettungsmitteln mit Tranexamsäure sinnvoll. Die Letalität nach aneurysmatischen Subarachnoidalblutungen (SAB) beträgt trotz erheblicher wissenschaftlicher und klinischer Anstrengungen in den vergangenen Jahren bis zu 50%. Hauptursache hierfür sind zerebrale Ischämien durch Vasospasmen. In einer prospektiven, randomisiert placebokontrollierten Studie an mehr als 100 Patienten konnte die Inzidenz von ischämischen Infarkten (