key: cord-0006064-x994ovle authors: Schellongowski, P.; Staudinger, T. title: Intensivmedizinische Probleme des hämatoonkologischen Patienten date: 2012-06-13 journal: Med Klin Intensivmed Notfmed DOI: 10.1007/s00063-012-0121-2 sha: a300b650eec3b95e0a646b2074b2745b2b0fa907 doc_id: 6064 cord_uid: x994ovle The life expectancy and prevalence of malignant diseases is continuously on the rise, which inevitably leads to an increase of critically ill cancer patients. This article explains why the prognosis of cancer patients in the intensive care unit has markedly improved over the last decades, what the reasons for admission are and which risk factors affect mortality. Furthermore, the importance of correct patient selection and other specific topics will be discussed. Accordingly, acute respiratory failure for example is the most common organ dysfunction in these patients and has specific prognostic, diagnostic and therapeutic characteristics. The successful management of cancer patients in the intensive care unit requires specific knowledge of the intensive care physician and an excellent cooperation with the treating hematologist and oncologist. Im Folgenden wird auf die Besonder heiten von nichtchirurgischen Krebs patienten auf einer Intensivstation (ICU) eingegangen. Der mit Abstand häufigste ICUAufnahmegrund die ser Patienten ist das akute respirato rische Versagen, gefolgt von septi schen Komplikationen und z. T. spe zifischen onkologischen Komplika tionen beziehungsweise Notfällen (s. . Infobox). Das akute respiratorische Versagen (ARV) ist der mit Abstand häufigste Aufnahmegrund von Krebspatienten an eine ICU und zugleich der wichtigste Risikofaktor für schwere Verläufe und erhöhte Mortalität -v. a. dann, wenn eine invasive Beatmung notwendig wird. Auch aufgrund der teils spezifischen diagnostischen und therapeutischen Besonderhei-ten ist das ARV somit das zentrale Organversagen in dieser Patientengruppe. Noch in den 80er Jahren lag die Mortalität invasiv beatmeter Krebspatienten mit ARV bei bis zu 90%. Heutzutage liegt sie auch in Patientenkollektiven mit hohen Anteilen an Mehrorganversagen und Sepsis trotz durch Scores höher prognostizierter Mortalität unter 60% [10] . Hochspezialisierte Zentren publizieren bereits Mortalitätsraten von knapp über 30% in unselektierten Patientengruppen (hämatologische und solide Malignome), die im Zuge eines Zwei-oder Mehrorganversagens invasiv beatmet werden [16] . Diese Erfolge sind auf eine verbesserte Patientenselektion, allgemeine Fortschritte in Beatmungs-und Supportivtherapie, Weiterentwicklung der Diagnostik (s. unten) sowie auf neue antimikrobielle Substanzen (v. a. Antimykotika) zurück zu führen. Üblicherweise handelt es sich um ein hypoxisches ARV (P a O 2 /F i O 2 -Ratio <200). Insbesondere bei hämatologischen Patienten kündigen sog. " respiratory events" bereits frühzeitig und vor dem Auftreten einer Oxygenierungsstörung die drohende Beeinträchtigung des respiratorischen Systems an: Infiltrate im Lungenröntgen, erhöhte Atemfrequenzen, Husten, Sputum, Rasselgeräusche, Thoraxschmerzen, und Hämoptysen sind mit erhöhten Intubationsraten und Mortalität assoziiert [7] . Ein ARV mit unbekannter Ätiologie ist bei Krebspatienten mit schlechter Prognose assoziiert [3, 4, 11] . Die somit notwendige Abklärung der mannigfaltigen, häufig infektiologischen und teilweise sehr spezifischen Ursachen (. Tab [2, 11] . Die diesbezüglichen prospektiv-randomisierten Studien sind jedoch klein, die Patientengruppen heterogen, und die eingeschlossenen Krebspatienten hatten allesamt hämatologische Erkrankungen, sodass eine konzise Erweiterung der Evidenz auf diesem Sektor wünschenswert wäre. Bis auf Weiteres sollten alle Krebspatienten mit hypoxischem ARV gemäß der derzeit in Überarbeitung befindlichen S3-Richtlinie einen NIV-Versuch zur Vermeidung der Intubation erhalten [24] . NIV oder IMV als primäre Beatmungsform? Ob bei Krebspatienten mit beatmungspflichtigem ARV die primäre Beatmungs-form (NIV vs. IMV) einen Einfluss auf die Mortalität hat, ist nicht durch pro spektivkontrollierte Studien belegt. Während eine einzelne retrospektiv gematchte Analyse einen Überlebensvorteil für den primären Einsatz der NIV zeigte [3] , konnten ähnlich konzipierte Studien diese Ergebnisse nicht reproduzieren. Dahingegen galt bis dato, dass eine sekundäre Intubation nach einem gescheiterten NIV-Versuch mit exzessiv hohen Mortalitätsraten (80-90%) assoziiert ist [1, 3, 11] . Bei mittlerweile akzeptablen Mortalitätsraten unter primärer IMV und zwischenzeitlich gut definierten Risikofaktoren für ein NIV-Versagen (. Tab. 3) empfiehlt ein Expertenkonsensus, bei Krebspatienten mit hypoxischem ARV primär eine NIV zu beginnen. Bei Vorliegen zumindest eines Risikofaktors für das Auftreten eines NIV-Versagens sollte jedoch die Intubation und konsekutive IMV erwogen werden [26] . Eine ganz neue Multizenterstudie (1302 hämatologische Patienten mit ARV, retrospektiv) verglich den primären Einsatz von (1) NIV mit (2) primärer Intubation und IMV, beziehungsweise mit (3) NIV-Versagen und sekundärer IMV [10] . Während erfolgreiche NIV erwartungsgemäß mit dem besten Überleben assoziiert war, bestanden zwischen den Patienten der Gruppen (2) und (3) überraschenderweise keine signifikanten Mortalitätsunterschiede. Nach Anwendung eines Propensity-Scores zeigte der Einsatz der NIV einen unabhängigen und signifikanten Überlebensvorteil. Trotz ihrer methodischen Probleme zeigt diese Studie zweifelsohne den dringenden Bedarf nach einer gut konzipierten prospektiven Untersuchung zu dieser Frage. Krebspatienten haben ein bis zu 10-fach erhöhtes Risiko für das Auftreten von septischen Komplikationen [29] . Obwohl Krebspatienten von der Teilnahme an den meisten großen Sepsisstudien der vergangenen Jahre ausgeschlossen waren, konnte gezeigt werden, dass 1) die aus den Studien abgeleiteten Therapieempfehlungen auch bei Krebspatienten angewendet werden, 2) die sepsisassoziierte Mortalität auch in dieser Patientengruppe deutlich abgenommen hat [18, 21, 32] [21] . Insofern sollten onkologische Patienten bis auf Weiteres nach den Empfehlungen der jeweils geltenden Sepsis-Leitlinien behandelt werden [9, 22] . Nahezu jeder zweite Krebspatient mit Sepsis hat kürzlich eine Chemotherapie hinter sich und/oder ist neutropenisch. Beide Faktoren haben (abgesehen von längerfristig bestehender Neutropenie) keinen Einfluss auf das Überleben der [21, 30] . Das Entfernen bzw. Wechseln eines zentralen Venenkatheters, die erfolgreiche Identifizierung eines Erregers sowie möglicherweise die Kombination eines pseudo monaswirksamen β-Laktam mit einem Aminoglykosid sind mit einem verbesserten Überleben assoziiert [15, 18] . Im Gegensatz dazu ist ein erhöhtes Ausmaß an Organdysfunktionen, die Notwendigkeit einer IMV, ein pulmonaler Infektionsfokus und eine Pilzinfektion mit schlechtem Überleben assoziiert [18, 21, 30] . Liegt eine Sepsis bei neutropenischen Patienten vor, entspricht die antimikrobielle Therapie der des neutropenischen Fiebers, es sei denn, ein manifester oder suspizierter Fokus erfordert eine Modifikation, beispielsweise bei Vorliegen eines pneumonischen Infiltrats. Der Einsatz von G-CSF-Präparaten ist in dieser Indikation zwar nicht unüblich, jedoch nicht evidenzbasiert [8] . Für Details zu antimikrobiellen Therapien bietet sich das Studium der Homepage der Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie oder des Infektionsnetzes Österreich an [13, 14]. Unabhängig vom Aufnahmegrund bieten etwa 25% aller Patienten im Rahmen eines ICU-Aufenthalts eine für onkologische Krankheitsbilder spezifische Komplikation [18] . So stellen beispielsweise das Management von Arzneimittelreaktionen nach Immuno-oder Chemotherapie, Tumorlysesyndrome, maligne Atemwegsobstruktion, KMT-assoziierte Komplikationen, gehäuft bei Krebspatienten vorkommende Elektrolytstörungen wie Hyperkalzämie und SIADH, oder thrombotische Mikroangiopathien spezifische Herausforderungen an die behandelnden Intensivmediziner und Onkologen (s. . Infobox). Krebs · Intensivstation · Hämatoonkologie · Akutes respiratorisches Versagen · Sepsis The life expectancy and prevalence of malignant diseases is continuously on the rise, which inevitably leads to an increase of critically ill cancer patients. This article explains why the prognosis of cancer patients in the intensive care unit has markedly improved over the last decades, what the reasons for admission are and which risk factors affect mortality. Furthermore, the importance of correct patient selection and other specific topics will be discussed. Accordingly, acute respiratory failure for example is the most common organ dysfunction in these patients and has specific prognostic, diagnostic and therapeutic characteristics. The successful management of cancer patients in the intensive care unit requires specific knowledge of the intensive care physician and an excellent cooperation with the treating hematologist and oncologist. Cancer · Intensive care unit · Hemato-onkology · Acute respiratory failure · Sepsis bei Patienten dieser Kategorie, die mit einem Zwei-oder Mehrorganversagen invasiv beatmet werden, keines der klinischen Merkmale zum Aufnahmezeitpunkt mit der Krankenhausmortalität korreliert. Erst nach Tag 3 des ICU-Aufenthalts bestehen Unterschiede der LOD-Scores zwischen Überlebenden und Nichtüberlebenden. Die Mortalität in dieser sehr kranken Patientengruppe lag bei hohen 80%. Bemerkenswerterweise überlebte kein Patient, bei dem nach Tag 3 eine Therapieintensivierung (Intubation, Nierenersatztherapie, Vasopressoren) notwendig wurde [16] . F Patienten, für die keine lebensverlängernde onkologische Therapie option besteht, die nach einer allogenen Knochenmarktranstransplantation eine unkontrollierte oder refraktäre Graftversus-Host-Disease bieten, für die unter laufender onkologischer Therapie eine schlechte Lebenserwartung (<1 Jahr) besteht, die innerhalb der letzten 3 Monate überwiegend bettlägerig waren oder die eine Intensivtherapie ablehnen, sollten nach derzeitigem Ermessen keine forcierte Intensivtherapie erhalten. Etliche Fragen im Zusammenhang mit kritisch erkrankten Krebspatienten sind bis dato nicht geklärt und z. T. Gegenstand laufender Untersuchungen [6] : Die Mortalität von Krebspatienten mit ARV [17] und septischen Komplikationen [32] ist abhängig von der Anzahl der mit diesen Diagnosen pro Jahr behandelten Patienten auf einer jeweiligen ICU (" volume dependent"). Sogenannte "High-Volume-ICUs" befinden sich im Vergleich zu "Low-Volume-ICUs" vermehrt in Universitätskliniken und Häusern, die über eine Abteilung für Hämatologie und/oder Onkologie verfügen [32] . Diese Tatsache muss bei der Bewertung von Studien zum Thema berücksichtigt werden, da diese oft aus hoch spezialisierten Zentren stammen. Zwar wurden neuerdings ermutigende Ergebnisse aus nichtspezialisierten Zentren berichtet [10, 17, 32] , jedoch z. T. auch nach wie vor inakzeptabel hohe Mortalitätsraten [12] . So sollte versucht werden, diese offensichtliche Diskrepanz durch geeignete edukative Maßnahmen zu beheben. In komplexeren Fällen wird jedoch nach wie vor der Transfer betroffener Patienten in eine Spezialklinik zu erwägen sein. Predictors of noninvasive ventilation failure in patients with hematologic malignancy and acute respiratory failure Noninvasive ventilation for treatment of acute respiratory failure in patients undergoing solid organ transplantation: a randomized trial Improved survival in cancer patients requiring mechanical ventilatory support: impact of noninvasive mechanical ventilatory support Diagnostic strategy in cancer patients with acute respiratory failure Diagnostic strategy for hematology and oncology patients with acute respiratory failure: randomized controlled trial Intensive care of the cancer patient: recent achievements and remaining challenges Incidence and prognostic value of respiratory events in acute leukemia Impact of neutropenia duration on short-term mortality in neutropenic critically ill cancer patients International surviving sepsis campaign guidelines committee; Surviving sepsis campaign: international guidelines for management of severe sepsis and septic shock Noninvasive versus invasive ventilation for acute respiratory failure in patients with hematologic malignancies: a 5-year multicenter observational survey Noninvasive ventilation in immunosuppressed patients with pulmonary infiltrates, fever, and acute respiratory failure Survival of patients with hematological malignancy admitted to the intensive care unit: prognostic factors and outcome compared to unselected medical intensive care unit admissions, a parallel group study Early combination antibiotic therapy yields improved survival compared with monotherapy in septic shock: a propensity-matched analysis The ICU trial: a new admission policy for cancer patients requiring mechanical ventilation Case volume and mortality in haematological patients with acute respiratory failure Survival in neutropenic patients with severe sepsis or septic shock Intensive care unit management of patients with newly diagnosed acute myeloid leukemia with no organ failure Acute respiratory failure in the patient with cancer: diagnostic and management strategies Temporal changes in management and outcome of septic shock in patients with malignancies in the intensive care unit Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge der Sepsis Prognostic factors for intensive care unit admission, intensive care outcome, and post-intensive care survival in patients with de novo acute myeloid leukemia: a single center experience Non-invasive ventilation as treatment for acute respiratory insufficiency. Essentials from the new S3 guidelines Characteristics and outcomes of patients with cancer requiring admission to intensive care units: a prospective multicenter study Noninvasive ventilation in patients with malignancies and hypoxemic acute respiratory failure: a still pending question Outcome and prognostic factors in critically ill cancer patients admitted to the intensive care unit Characteristics and outcomes of cancer patients in European ICUs Diagnosis and management of infectious complications in critically ill patients with cancer Impact of recent intravenous chemotherapy on outcome in severe sepsis and septic shock patients with hematological malignancies CCC meets ICU: redefining the role of critical care of cancer patients Impact of case volume on survival of septic shock in patients with malignancies