key: cord-0006104-8po9xe5g authors: Streetz, K.L.; Tacke, F.; Koch, A.; Trautwein, C. title: Akutes Leberversagen: Übersicht zur aktuellen Diagnostik und Therapie date: 2013-11-06 journal: Med Klin Intensivmed Notfmed DOI: 10.1007/s00063-013-0285-4 sha: 0c834155475bb9b7d901f35a7e981c38590eb271 doc_id: 6104 cord_uid: 8po9xe5g Although acute liver failure is a rare disease with a prevalence of 5 per 1 million people, it has a considerablely high mortality rate of 34 %. The main causes in western civilizations are drug overdose (acetaminophen) and viral hepatitis. Patients are affected by the loss of liver synthesis function and are at risk of developing hepatic encephalopathy and possible multiorgan failure. Specific therapies consisting of the administration of N-acetylcysteine (acetaminophen) or of nucleotide/nucleoside analogs (hepatitis B) are possible, but are often not adequate. Orthotopic liver transplantation is, therefore, frequently the only remaining effective therapy for severe acute liver failure. Due to organ shortage, new prognostic tools, e.g., the Acute Liver Failure Study Group (ALFSG) score, have been developed to improve patient selection using sufficiently stringent selection criteria. Das ALV ist als eine potenziell reversible Leberfunktionsstörung (Ikterus, Koagulopathie "international normalized ratio", INR, >1,5) mit rascher Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie ohne Vorliegen eines chronischen Leberschadens definiert. Die amerikanische "acute liver failure study group" unterscheidet in Bezug auf die Zeit zwischen dem Auftreten von Koagulopathie und beginnender hepatischer Enzephalopathie weiterhin zwischen dem hyperakuten (<7 Tage), dem akuten (7-28 Tage) und dem subakuten (28 Tage -6 Monate) Leberversagen [9] . In Deutschland geht man aktuell von etwa 4-500 Fällen eines ALV aus [4] . Insgesamt liegt die Prävalenz bei etwa 5 pro 1 Mio. Einwohner. Epidemiologische Daten zur Genese des ALV zeigen bezüglich der zugrunde liegenden Ursachen ein diversifiziertes Bild. Eine kürzliche Erhebung an 155 Patienten einer deutschen Kohorte zeigte, dass die Ursache in 32% nicht durch Acetaminophen (Paracetamol) induziert medikamentös toxisch, in 21% viral und in 9% durch Acetaminophen bedingt war. In 24% der Fälle konnte sie sogar nicht genau bestimmt werden [6] . Eine Lebertransplantation erfolgte hier in 47% der schweren Fälle mit begleitender Enzephalopathie. In Nordamerika und Mitteleuropa dominieren Intoxikationen (hauptsächlich Paracetamol, Antibiotika u. a.) vor viralen Hepatitiden und selteneren Ursachen (. Tab. 1). In etwa 20% der Fälle bleibt die Ursache noch unklar, wie durch eine große aktuelle Auswertung des Eurotransplant-Registers (. Abb. 1) verdeutlicht wird [5] . Die dem ALV zugrunde liegende Pathogenese ist abhängig von der auslösenden Ursache vielfältig. Getriggert durch zytotoxische Botenstoffe (Tumornekrosefaktor-α, TNF-α) und Mediatoren (reaktive Sauerstoffradikale) kommt es zum hauptsächlich periportalen Zelluntergang, der durch nekrotischen und apoptotischen Zelltod von Hepatozyten bedingt ist. Begleitet wird dies von einer variablen Entzündungsreaktion. Bei unkontrolliertem Untergang von Hepatozyten kommt es zu einer progredienten Organdysfunktion mit Entwicklung einer Koagulopathie. Durch die verringerte Synthese von Gerinnungsfaktoren und deren Inhibitoren verlängert sich die Prothrombinzeit. Eine begleitende Plättchendysfunktion und Thrombopenie führt dann zu klinisch vermehrter Blutungsneigung. Der Ausfall der hepatischen Entgiftungsfunktion geht mit einem messbaren Anstieg des Bilirubins und des Ammoniaks einher. Es kommt weiterhin zu einer Erhöhung des splanchnischen Druckgra- ausreichend effektiv. Die Durchführung einer Lebertransplantation ist hier oft die einzige verbleibende Therapieoption. Neue Prognosescores, wie der Acute-liver-failure-studygroup(ALFSG)-Score, ermöglichen eine verbesserte Patientenselektion, um dem Organmangel durch eine ausreichend stringente Indikationsstellung gerecht zu werden. Paracetamol · Transplantation · Hepatische Enzephalopathie · Multiples Organversagen · Organdysfunktionsscore Acute liver failure. Diagnosis and therapy Abstract Although acute liver failure is a rare disease with a prevalence of 5 per 1 million people, it has a considerablely high mortality rate of 34%. The main causes in western civilizations are drug overdose (acetaminophen) and viral hepatitis. Patients are affected by the loss of liver synthesis function and are at risk of developing hepatic encephalopathy and possible multiorgan failure. Specific therapies consisting of the administration of N-acetylcysteine (acetaminophen) or of nucleotide/nucleoside analogs (hepatitis B) are possible, but are often not adequate. Orthotopic liv-er transplantation is, therefore, frequently the only remaining effective therapy for severe acute liver failure. Due to organ shortage, new prognostic tools, e.g., the Acute Liver Failure Study Group (ALFSG) score, have been developed to improve patient selection using sufficiently stringent selection criteria. Acetaminophen · Transplantation · Hepatic encephalopathy · Multiple organ failure · Organ dysfunction scores problemen) und ggf. rekombinanter Faktor VIIa sowie Kryopräzipitat (Fibrinogen, Faktor VIII, XIII, von Willebrandfaktor; bei Hypofibrinogenämie <100 mg/dl) verwendet. Zur Prävention der statistisch häufigen oberen gastrointestinalen Blutung wird die Durchführung einer Säuresuppression mittels Protonenpumpenhemmern oder H 2 -Blockern empfohlen. Die Behandlung des ALV sollte bei entsprechender Schwere der Erkrankung (anhaltende Leberfunktionseinschränkung, beginnende Enzephalopathie) nach Möglichkeit in einem Zentrum mit Transplantationsmöglichkeit erfolgen. Sofern möglich sollte natürlich unverzüglich eine kausale Therapie eingeleitet werden (. Tab. 5). Die etablierte Therapie des häufigen paracetamolinduzierten ALV besteht in der intravenösen Gabe von N-Acetylcystein (NAC) in Form eines 72-stündigen Reduktionsschemas (NAC: 150 mg/kg/h für 1 h, dann 12,5 mg/kg/h für 4 h und 6,25 mg/kg/h für 67 h). Interessanterweise wurde in einer prospektiven multizentrischen Studie gezeigt, dass es beim nicht durch Paracetamol bedingtem ALV unter Gabe von NAC zumindest bei Patienten mit niedriggradiger hepatischer Enzephalopathie (°I-II) ebenfalls zu einer Verbesserung des transplantatfreien Überlebens kommt [10] . Daher empfiehlt sich das nebenwirkungsarme NAC-Schema generell auch bei allen anderen Entitäten des ALV. Eine spezifische Behandlung sollte bei der akuten Hepatitis-B-Infektion eingeleitet werden. Sinnvoll erscheint aktuell die Einleitung einer Behandlung mittels hochpotenter antiviraler Medikamente, wie Entecavir und Tenofovir [15] . Bei Sicherung der Diagnose einer autoimmunen Hepatitis ist eine Steroidtherapie indiziert [7] . Im Rahmen eines Herpes-simplex-Virus(HSV)-induzierten ALV wurde die Wirksamkeit von Aciclovir gezeigt. Die wenigsten Therapien sind jedoch durch gute randomisierte Studien abgesichert, da aufgrund der niedrigen Fallzah-len oft nicht ausreichend Patienten rekrutiert werden können. Da der Verlauf des ALV in seiner Geschwindigkeit kaum vorhersagbar ist, empfiehlt sich die frühzeitige Verlegung in ein Transplantationszentrum. Kontraindikationen für eine Lebertransplantation, wie aktiver Alkoholabusus, Drogenkonsum, schwere systemische und maligne Erkrankungen sowie eine fehlende soziale Einbindung, die für die komplexe anschließende Nachbetreuung notwendig ist, müssen ausgeschlossen werden. Lebertransplantation sollte rasch und unverzüglich erfolgen Die Listung für eine Lebertransplantation sollte rasch und unverzüglich erfolgen, um auf den möglicherweise rapiden Verlauf des ALV entsprechend reagieren zu können. Durch ALV bedingte Lebertransplantationen machen etwa 9% aller Lebertransplantationen aus, wie aktuelle Daten des europäischen Lebertransplantationsregisters zeigen [1] . Diese Rate blieb über die letzten 20 Jahre ungefähr konstant. Daten einer prospektiven amerikanischen Studie belegen die Effektivität und Notwendigkeit dieser Therapieoption [12] . Hier wurde gezeigt, dass 84% der Patienten mit ALV nach Erhalt einer frühen Transplantation überlebten, während die Überlebensrate ohne Lebertransplantation bei nur 34% lag. In der Regel beeinflussen 3 Faktoren den Erfolg einer Notfalllebertransplantation im Rahmen einer High-urgency(HU)-Listung eines Patienten mit ALV: das Alter des Empfängers, die Schwere der Lebererkrankung und die Qualität des Spenderorgans. Je schlechter der klinische Zustand des Patienten ist, umso schwieriger sind die allgemeinen Transplantationsbedingungen. Patienten mit paracetamolinduziertem ALV sind hierbei am meisten beeinträchtigt. Ebenso zeigen Patienten über 50 Jahre eine 2-fach erhöhte Morta- Koch geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. F. Tacke erhielt Vortragshonorare von den Firmen Gilead Trautwein erhielt Vortragshonorare von den Firmen Gilead Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren Evolution of indications and results of liver transplantation in Europe. A report from the European Liver Transplant Registry (ELTR) Extracorporeal albumin dialysis with the molecular adsorbent recirculating system in acute-onchronic liver failure: the RELIEF trial Population-based surveillance for acute liver failure Acute liver failure: a life-threatening disease Liver transplantation for acute liver failure in Europe: outcomes over 20 years from the ELTR database Etiologies and outcomes of acute liver failure in Germany Usefulness of corticosteroids for the treatment of severe and fulminant forms of autoimmune hepatitis Effects of fractionated plasma separation and adsorption on survival in patients with acute-on-chronic liver failure Acute liver failure: summary of a workshop Intravenous N-acetylcysteine improves transplant-free survival in early stage non-acetaminophen acute liver failure Extracorporeal detoxification using the molecular adsorbent recirculating system for critically ill patients with liver failure Results of a prospective study of acute liver failure at 17 tertiary care centers in the United States Development of an accurate index for predicting outcomes of patients with acute liver failure Keratin variants predispose to acute liver failure and adverse outcome: race and ethnic associations Management of severe acute to fulminant hepatitis B: to treat or not to treat or when to treat?