key: cord-0006156-sjhuxpqk authors: Köttgen, Eckart; Reutter, Werner; Tauber, Rudolf title: Endogene Lectine des Menschen und ihre Zuckerliganden: Zellbiologische und klinische Bedeutung* date: 2003 journal: Med Klin (Munich) DOI: 10.1007/s00063-003-1318-1 sha: fc566a0c49aaef69c913bc53f18df6312371bc08 doc_id: 6156 cord_uid: sjhuxpqk Lectins are phylogenetically ancient proteins that have specific recognition and binding functions for complex carbohydrates of glycoconjugates, i. e., of glycoproteins, proteoglycans/glycosaminoglycans and glycolipids. This class of proteins mediates important processes of adhesion and communication both inside and outside cells. A large variety of lectins are expressed in the human organism. This article reviews the current knowledge of human lectins with a focus on biochemistry and pathobiochemistry (principles of protein glycosylation and defects of glycosylation as a basis of disease) and cell biology (protein sorting, exocytosis and endocytosis, apoptosis, cell adhesion, cell differentiation, and malignant transformation). The clinical significance of lectin-glycoconjugate interactions is described by example of inflammatory diseases, defects of immune defense, autoimmunity, infectious diseases, and tumor invasion/metastasis. Moreover, therapeutic perspectives of novel drugs that interfere with lectin-carbohydrate interactions are discussed. einen Überblick zum gleichen Thema und zu ähnlichem Anlass verfasste [1] , galt das Thema insbesondere unter zellbiologischen und klinischen Aspekten als eher exotisch und in der wissenschaftlichen Perspektive für die Medizin nur begrenzt ertragreich. Seitdem hat sich das Bild grundlegend geändert, dies insbesondere dank der außerordentlichen Entwicklung molekularund zellbiologischer Techniken. Die vorliegende Übersicht soll dies auch mit der Intention belegen, den thematischen Schwerpunkt der Lectin-Glykokonjugat-Wechselwirkung, die Glykobiologie, als für die klinische Forschung wichtig zu erkennen. Dies umso mehr, als sich inzwischen daraus attraktive therapeutische Ansätze zur Behandlung u.a. von Entzündungsprozessen, Infektionserkrankungen, Autoimmunerkrankungen und Tumorleiden abzeichnen. Lectine werden heute als kohlenhydratbindende Proteine definiert, die weder zu den Immunglobulinen zählen noch enzymatische Aktivität gegenüber den gebundenen Zuckern aufweisen. Unter medizinhistorischen Aspekten mag interessant sein, dass die von Charcot 1853 entdeckten Kristalle und später von Leyden im Sputum von Asthmapatienten gefundenen Strukturen (Charcot-Leyden-Kristalle) heute als Lectin (Galectin-10) von eosinophilen Leukozyten erkannt wurden [2] . 1974 beschrieben Stockert et al. erstmals ein Lectin aus menschlicher Leber mit Bindungsspezifität zu Galaktose [3] . Die hochdiversifizierte Proteinfamilie der Lectine übernimmt bereits in Viren Bindungs-, Kommunikations-und Signalfunktionen, Gleiches gilt für Bakterien, Protozoen und Pflanzen. Im gesamten Tierreich sind die Struktur-und Funktionsvielfalt dieser Bindungsproteine so umfassend, dass nur noch schwer auf engem Raum ein qualifizierter Überblick gegeben werden kann (Übersichten zu Historie, Strukturen und Funktionen von Lectinen in [4, 5] ). ❑ Lectine sind phylogenetisch äußerst alte Proteine, die über ihre Fähigkeiten, an Kohlenhydratstrukturen von Glykokonjugaten (Glykoproteine oder Glykolipide) zu binden, wichtige Adhäsions-und Kommunikationsprozesse intraund extrazellulär vermitteln. Auch der menschliche Organismus verfügt über ein sehr breites Spektrum dieser Proteinfamilie. Die vorliegende Übersicht referiert die aktuellen Kenntnisse zu diesem Thema mit den Schwerpunkten Biochemie/Pathobiochemie (Prinzipien der Proteinglykosylierung und Erkrankungen durch Defektglykosylierung) und Zellbiologie (Proteinsorting, Exound Endozytose, Apoptose, Zelladhäsion, Zelldifferenzierung und maligne Transformation). Die Bedeutung der Lectin-Glykokonjugat-Wechselwirkung für klinische Fragestellungen wird an verschiedenen Beispielen (Entzündung, Immundefekte und Autoimmunität, Infektionskrankheiten, Tumorinvasion und -metastasierung) belegt, und daraus abgeleitete Perspektiven für die Therapie werden vorgestellt. ❑ C-Typ-Lectine: Die Proteinfamilie mit über 50 Varianten besitzt als gemeinsames Merkmal eine hochkonservierte "carbohydrate recognition domain" (CRD), die Ca 2+ -Ionen für die Zuckerbindung benötigt. Grundsätzlich fungieren hier die Kohlenhydrate Galaktose oder Mannose als primäre, eher niedrigaffine Liganden der CRD. Insbesondere die räumliche Anordnung benachbarter Kohlenhydratreste bestimmt im Weiteren die Bindungsaktivität der Reaktionspartner. Schließlich bestehen Hinweise, dass auch Peptidanteile in sterischer Nachbarschaft zur Glykaneinheit die endgültige Bindungsaffinität regulieren können. Bestimmte endständige Kohlenhydrate (z.B. N-Acetylneuraminsäure bzw. Sialinsäure) oder zusätzlich eingeführte Verzweigungen der Kohlenhydratkette (s.u.) können den primär bindenden Liganden maskieren und so eine Bindung der Reaktionspartner verhindern. Der Asialoglykoproteinrezeptor des Hepatozyten ist ein typisches Beispiel, der nur desialylierte Glykoproteine über präterminale Galaktosereste erkennt. Das Lectin ist auf Hepatozyten mit 1-5 ϫ 10 5 Bindungsstellen pro Zelle vertreten und gilt heute als klassisches Modell für die rezeptorvermittelte Endozytose über "clathrin-coated pits". Entgegen früheren Vermutungen muss heute bezweifelt werden, dass der Rezeptor allgemein die In-vivo-Halbwertszeit von Glykoproteinen reguliert. Allgemein Abbildung 1. Schematische Darstellung der Hauptgruppen löslicher und membrangebundener tierischer Lectine, nach strukturellen Gesichtspunkten geordnet (aus [24] ). C3 akzeptierte Alternativkonzepte zur Rezeptorfunktion liegen jedoch noch nicht vor. Der Rezeptor wird aber auch von dendritischen Zellen exprimiert und ist somit wie viele andere C-Typ-Lectine in die Immunmodulation eingebunden [6] . Weitere wichtige Subfamilien der C-Typ-Lectine sind die Collectine (u.a. SP-A und SP-D, MBL) mit einer N-terminalen Kollagendomäne und einer Cterminalen CRD, wichtige Komponenten der angeborenen Immunität ("innate immunity") [7] ; die L-, E-und P-Selectine als wichtige Zelladhäsionsmoleküle, die mit einer zusätzlichen "EGF-like" Domäne sowie mit variabler Anzahl an Homologen der Komplement bindenden Proteine ausgestattet sind und sialylierte und/oder sulfatierte Abkömmlinge von Lewis x -und Lewis a -Oligosacchariden binden (s.u.); die "natural killer (NK) cell receptors", ein transmembranäres Protein, das in die Signalkaskade zur Auslösung der lytischen Aktivität von NK-Zellen eingebunden ist [8] ; CD23, ein IgE-Rezeptor auf hämatopoetischen Zellen, der mit ␤ 2 -Integrinen auf Makrophagen interagiert und die Produktion proinflammatorischer Mediatoren induziert; schließlich der Mannoserezeptor von Makrophagen, eine transmembranär lokalisierte Lectinfamilie mit einer Nterminalen cysteinreichen Domäne, einer Fibronectin-Typ-II-Domäne und acht bis zehn Lectindomänen. Die extrazellulär lokalisierte cysteinreiche Domäne übernimmt durch Bindung sulfatierter Glykane ebenfalls Lectinfunktion, während die Fibronectindomäne Kollagen bindet. Die Rezeptorfamilie ist an der Regulation angeborener und adaptiver Immunprozesse beteiligt [9] . ❑ S-Typ-Lectine (Galectine): Alle der 14 bisher beschriebenen Galectine binden primär an die Galaktoseeinheit von N-Acetyllactosamin. Dennoch liegen viele Untersuchungen über eine sehr differenzierte Glykanbindungsspezifität der Subgruppen vor. Die meisten Galectine verfügen dabei über zwei CRDs oder liegen als Homodimere vor und sind so funktionell bivalent. Es sind lösliche Proteine, die meist intrazellulär im Zytoplasma und im Zellkern lokalisiert sind. Trotz fehlender Signalsequenz können verschiedene Galectine aber auch sezerniert werden. Die bedeutenden Funktionen insbesondere von Galectin-1 und Galectin-3 bei der Zellaktivierung, der Modulation der Zelladhäsion, der Regulation des Zellwachstums und der Apoptose werden später beschrieben [10] . ❑ I-Typ-Lectine: Es handelt sich um Proteine, die auch der Immunglobulinsuperfamilie zuzurechnen sind und zusätzlich über Lectindomänen mit Affinitäten zu Sialinsäure (Siglecs), mannosereichen Strukturen (z.B. N-CAM) oder Gykosaminoglykanen (z.B. "intercellular adhesion molecule 1" [ICAM-1]) verfügen. Mit den Siglecs ("sialic-acidbinding immunoglobulin-like lectins") ist eine Lectinfamilie zusammengefasst, die mit unterschiedlicher Affinität ␣2,3und ␣2,6-gebundene Sialinsäure als Liganden nutzt. Typische Vertreter sind Siglec-2 (CD22), ein B-Zell-Inhibitor-Rezeptor, und Siglec-3 (CD33), ein Marker myeloischer Zellen. Die Lectindomänen der plasmamembrangebundenen Proteine sind jeweils N-terminal lokalisiert und reichen damit in den Extrazellulärraum hinaus. Die Aktivität von CD22 auf B-Zellen scheint über eine Maskierung oder Eigenbesetzung der Bindungsstelle mit Sialinsäureresten anderer Glykokonjugate der Zelloberfläche reguliert zu werden. Weitere I-Typ-Lectine werden besonders auf Oligodendrozyten und Schwann-Zellen des Nervensystems exprimiert [11] . ❑ P-Typ-Lectine: Die beiden bekannten Vertreter sind der "cation-dependent mannose-6-phosphate receptor" (CD-MPR) und der "insulin-like growth factor II/mannose-6-phosphate receptor" (IGF-II/MPR). Sie unterscheiden sich von allen anderen Lectinen durch ihre Fähigkeit, phosphorylierte Mannosereste zu binden, und übernehmen wichtige Funktionen bei Transport und Integration neu synthetisierter lysosomaler Enzyme in Kompartimenten des trans-Golgi-Netzwerks, der Endosomen und Lysosomen. Der IGF-II/MPR, nicht aber der CD-MPR, erfüllt zusätzlich Transportfunktionen in der Plasmamembran, so auch die Aufnahme und den Transport des stark mitogenen IGF-II in die Lysosomen [12] . ❑ Pentraxine: CRP und SAP, typische Vertreter der klassischen Pentraxine, sind als sog. Akute-Phase-Proteine bekannt. Die Expression dieser Proteine, die als nicht kovalent gebundene Pentamere funktionell wirksam werden, wird über Zytokine, wie IL-1, IL-6 und Tumor-Nekrose-Faktor (TNF), sowie durch Glukokortikoide reguliert. Die Zuckerbindungsspezifität der Pentraxine des Säugetierorganismus wird widersprüchlich diskutiert. CRP wurde ursprünglich durch seine Funktion bekannt, in Gegenwart von Ca 2+ C-Polysaccharide von Pneumokokken zu präzipitieren. Die exakten Aufgaben der Pentraxine sind noch immer nicht bekannt. Es wird eine Rolle bei der Clearance von wirtseigenem und -fremdem, bakteriellem Zelldetritus und bei der Zytokinregulation diskutiert [13] . ❑ Calreticulin und Calnexin: Die beiden Lectine erfüllen als Chaperone (s.u.) im endoplasmatischen Retikulum (ER) wichtige Aufgaben bei der regulierten ko-und posttranslationalen Proteinfaltung und somit bei der Qualitätskontrolle neu synthetisierter Glykoproteine. Bei gleicher Bindungsspezifität gegenüber terminalen Glucoseresten von mannosereichen Glykanen und Ca 2+ -Abhängigkeit besitzen sie dennoch unterschiedliche Affinitäten zu Glykoproteinen, die im Einzelnen noch nicht verstanden werden. Beide Lectine sind weitgehend strukturhomolog, wobei Calnexin über einen Proteinanker im ER membrangebunden, Calreticulin dagegen im ER-Lumen in gelöster Form vorliegt. Wird an Calreticulin der Membrananker angeheftet, übernimmt das Lectin eine Calnexin vergleichbare Bindungsselektivität [14] . ❑ ERGIC-53 und VIP-36: ERGIC-53 ("ER-Golgi intermediate compartment") und VIP-36 ("vesicular integral membrane protein"), zwei strukturell eng verwandte Proteine des ER und des cis-Golgi-Netzwerks, haben neben chaperonähnlichen Funktionen ihre wesentlichen Aufgaben beim intrazellulären Proteinsorting und -transport. Sie regulieren damit auch die Proteinsekretion. Beide Proteine haben Lectindomänen mit Mannosespezifität und starker Affinität zu noch nicht endgültig prozessierten "High-Mannose-Typ"-Glykoproteinen [15] . Daneben sind verschiedene Proteine bekannt, die klassische Lectinfunktio-nen zeigen, strukturell aber anderen Proteinfamilien zuzuordnen sind (sog. "orphan lectins"). Beispielhaft seien genannt Thrombospondin, Komplement Faktor H, Tachylectine und vor allem eine Vielzahl von Zytokinen (IL-1-IL-8, IL-12, TNF) [16] . Erstbeschreibungen neuer Lectine steigen weiter linear an. So ist die Feststellung von Barondes, einem der Pioniere der Glykan-und Lectinforschung, wohl berechtigt: "God must love galectins; he made so many of them. [17] . Die wichtigsten Monosaccharide im Tierreich sind D-Glucose, D-Galaktose, D-Mannose, L-Fucose (das einzige Lkonfigurierte Monosaccharid), D-Xylose, die Aminozucker N-Acetyl-D-glucosamin, N-Acetyl-D-galaktosamin und die N-Acetylneuraminsäuren. Dieser Aminozucker gehört zur Familie der Sialinsäuren, die mittlerweile 40 Mitglieder umfasst; er übt aufgrund seiner terminalen Position zentrale biologische Funktionen aus [18] . Er findet sich häufig in Sialyl-Lewis x -Oligosacchariden (s.u.). Die Oligosaccharidklassen eukaryoter Zellen werden primär nach der Natur ihrer Verknüpfung mit dem Aglykon (Protein oder Lipid) definiert. In Glykoproteinen werden nach der Art der Verknüpfung mit dem Polypeptid zwei Hauptgruppen von Oligosacchariden unterschieden, die O-glykosidisch mit Serin-oder Threoninresten des Polypeptids verknüpften O-Glykane und die N-glykosidisch mit Asparaginresten des Polypeptids verknüpften N-Glykane (Abbildung 2). In Glykoproteinen mit N-Glykanen liegt der Kohlenhydratanteil in der Regel < 50% des Gesamtmolekulargewichts, meist zwischen 5% und 15%. Proteoglykane sind eine Unterklasse von Glykoproteinen mit einem sehr hohen Kohlenhydratanteil von > 50% mit typischen Glykanstrukturen, den Glykosaminoglykanen, unverzweigten, daher lang gestreckten und sehr beweglichen Oligosaccharidketten. Sie enthalten saure Komponenten wie Uronsäuren und Sulfate. Zu den Glykosaminoglykanen zählen Hyaluronsäure, Chondroitin-und Derma-ÜBERSICHT tansulfate, Heparin und Heparinsulfate sowie Keratansulfate. Außer Hyaluronsäure sind sie ebenfalls mit Polypeptiden verknüpft. Sie zeichnen sich gegenüber den N-und O-Glykanen durch eine Vielzahl repetitiver Sequenzen aus, die trotzdem eine große Strukturvielfalt erlauben. Glykosaminoglykane und Proteoglykane sind wesentliche Komponenten des Bindegewebes, vor allem in der Haut sowie in Gefäßen und Bronchien. Von allen genannten Glykanen sind die Glykolipide getrennt zu sehen; sie repräsentieren die zweite große Gruppe der Glykokonjugate (Sammelbegriff für alle Glykoproteine und -lipide). Sie sind essentielle Membranbestandteile, vor allem von Plasmamembranen. Die Monosaccharide Galaktose, Glucose und N-Acetylgalaktosamin sind mit Ceramid verknüpft [19] . Werden zusätzlich eine oder mehrere (bis zu vier) N-Acetylneuraminsäure(n) kovalent gebunden, liegen die Ganglioside vor, die dadurch eine hohe negative Ladung erfahren. Ganglioside verfügen über spezifische Rezeptorfunktionen und haben die Fähigkeit, die Aktivität von Enzymen zu modulieren [20] . Ihr Gehalt im Gehirn ist mindestens zehnmal höher als in jedem anderen Organ; offenbar spielen sie eine zentrale Rolle für noch nicht aufgeklärte Hirnfunktionen. Eine dritte, kleine Gruppe von Glykokonjugaten wird durch Glykosylphosphatidylinosit (GPI) gebildet, über das eine Reihe von Plasmamembranproteinen carboxyterminal mit der Membran verankert wird [21] . GPI Die im Menschen häufigsten Oligosaccharide sind die N-und O-Glykane, welche die essentiellen Bestandteile der "klassischen" Glykoproteine darstellen. Ihre Biosynthese wie auch die der Glykosaminoglykane unterscheidet sich prinzipiell von der der Nukleinsäuren und Proteine, die an einem Template, der DNA bzw. der mRNA, synthetisiert werden. Während die Reihenfolge der Bausteine der Nukleinsäuren und Proteine in der Basensequenz der DNA festgelegt ist, stellen Oligosaccharide sekundäre Genprodukte dar, die in einer koordinierten und sequentiellen Aktion verschiedener, hochspezifischer Glykosyltransferasen und Nukleotidzuckertransporter aus Nukleotidzuckern und phosphorylierten Isoprenabkömmlingen gebildet werden. ❑ Struktur und Biosynthese der N-Glykane: N-Glykane sind durch ihre Verknüpfung mit der hochspezifischen Konsensussequenz -Asparagin -X -Serin/Threonin -charakterisiert, wobei X für eine beliebige Aminosäure außer Prolin steht; statt Serin oder Threonin kann auch Cystein in Betracht kommen. Die hohe Spezifität der Konsensussequenz zeigt sich auch darin, dass Asparagin nicht durch Asparaginsäure oder das nächstverwandte Glutamin ersetzt werden kann. Nur etwa 30% aller in Frage kommenden Asparaginreste eines Glykoproteins werden über die N-Acetylglucosaminyl-Asparagin-Bindung glykosyliert [22] . Die Biosynthese der an Asparagin gebundenen Glykane erfolgt kotranslational im Lumen des ER. In einem ersten Schritt wird durch die Übertragung von zwei N-Acetylglucosamin-, neun D-Mannose-und drei D-Glucose-Resten auf den phosphorylierten Polyisoprenabkömmling Dolicholphosphat ein einheitliches Oligosaccharid Glc 3 Man 9 GlcNAc 2 gebildet. Durch die Katalyse eines Multienzymkomplexes, der Oligosaccharyltransferase, der aus neun verschiedenen Proteinen besteht, wird in einem zweiten Schritt dieses Oligosaccharid Glc 3 Man 9 GlcNAc 2 von pyrophosphoryliertem Dolichol auf den Asparaginrest des naszierenden Polypeptids übertragen. Diese En-bloc-Übertragung des Oligosaccharids von einem Lipidvorläufer auf ein Protein ist eine Besonderheit, die nur bei der Biosynthese Man␤1-4GlcNac␤1-4GlcNAc␤1-Asn N-Glykane des hybriden und komplexen Typs besitzen als ein Charakteristikum das Pentasaccharidgrundgerüst Man␣1-6(Man␣1-3)Man␤1-4GlcNAc␤1-4GlcNAc und mindestens zwei GlcNAc tragende Arme oder Antennen. Multiantennäre N-Glykane werden durch Anheftung von GlcNAc-Resten an die verbliebenen freien Hydroxylgruppen der drei Mannosereste durch die GlcNAc-Transferasen I-VI gebildet. Bisher wurden maximal fünf N-Glykan-Antennen ermittelt. An diese peripheren GlcNAc werden weitere Monosaccharide angeheftet, zunächst D-Galaktose durch Katalyse der Galaktosyltransferase. Über diese Grundstruktur eröffnen sich zwei Wege: a) Es werden weitere sich wiederholende Disaccharideinheiten vom Typ N-Acetyllactosamin (Gal␤1-4GlcNAc␤1-3) angehängt, wodurch die Antenne zu Polylactosylaminstrukturen gestreckt wird, und b) die endständige Galaktose wird mit N-Acetylneuraminsäure durch die ␣2-3-Sialyltransferase verknüpft. Die Anheftung der Neuraminsäure (weitere Eigenschaften s.u.) maskiert die Galaktose. Dieser Vorgang ist bei einigen Glykoproteinen von entscheidender Bedeutung, da über Galaktose erkennende Rezeptoren (s. vorangegangenes und nachfolgende Kapitel) desialylierte Glykoproteine erkannt, endozytiert und abgebaut werden können. N-Acetylneuraminsäure kann nicht nur für lösliche, sondern auch für membranständige Glykoproteine, z.B. von Tumorzellen, als Tarnkappe gegenüber galaktosespezifischen Lectinen fungieren. Glykoproteine mit Oligosacchariden dieser Struktur sind essentielle Bestandteile von intrazellulären und Plasmamembranen. Sie fungieren dort als Strukturkomponenten, als Enzyme, Rezeptoren, Transporter und antigene Determinanten (Histokompatibilitätsantigene). Sie sind für den weitaus größten Teil typischer Membranfunktionen verantwortlich. Des Weiteren wird eine Vielzahl von Vorgängen der Zell-Zellund Zell-Matrix-Interaktion durch N-Glykan-Glykoproteine vermittelt. Zu solchen Zelladhäsionsproteinen zählen die Integrine, die Cadherine und Adhäsionsmoleküle der Immunglobulinsuperfamilie [23] . Zu ihr gehört das N-CAM, ein neuronales Zelladhäsionsmolekül, dessen embryonale Form sich durch Polysialylierung auszeichnet. In polysialylierten Oligosacchariden sind bis zu 120 N-Acetylneuraminsäure-Moleküle in Reihe miteinander verknüpft, katalysiert durch mindestens fünf Sialyltransferasen. Zwei Polysialyltransferasen, die Poly␣2-8-Sialyltransferase oder STSia-II (STX) und die Sialyltransferase 8Sia-IV (PST-1), verbinden die N-Acetylneuraminsäuren ␣2-8-glykosidisch miteinander, sie benötigen jedoch am Beginn eine ␣2-3-verknüpfte N-Acetylneuraminsäure. Diese einzigartige posttranslationale Modifikation ist an der korrekten embryonalen Entwicklung des Nervensystems beteiligt (s. Zellbiologische Aspekte). Sie ist bei Erwachsenen nicht mehr nachweisbar, mit Ausnahme des spannungsabhängigen Natriumkanals, wird jedoch bei Tumorerkrankungen (z.B. Wilms-Tumor) wieder exprimiert, was diagnostisch verwertet werden kann. Nicht nur membranäre Proteine, sondern auch nahezu alle Plasmaglykoproteine mit Ausnahme des Albumins sind N-glykosyliert. Die Glykosylierung von Plasmaproteinen ist nach heutiger Vorstellung an der Regulation ihrer Plasmahalblebenszeit beteiligt, indem sie die Bindung an Endozytoserezeptoren beeinflusst. Anstelle der Galaktose kann N-Acetylgalaktosamin mit dem peripheren N-Acetylglucosaminrest verknüpft sein. Damit ist die Möglichkeit der Anheftung von Sulfat an die Hydroxylgruppe des C-Atoms 4 gegeben. Diese weitere Variante komplexer N-Glykane wird in Glykoproteinhormonen angetroffen, beispielsweise im Choriongonadotropin. Auf das innerste GlcNAc der meisten hybriden und komplexen N-Glykane wird während der Biosynthese der Glykoproteine im trans-Golgi-Apparat ein L-Fucoserest ␣1-6-glykosidisch verknüpft. Diese Anheftung kann nicht erfolgen, wenn zuvor im medialen Golgi-Apparat ein GlcNAc-Rest durch Katalyse der GlcNAc-Transferase III in einer ␤1-4-Verknüpfung an Mannose gebunden wurde. Diese Hemmung der ␣1-6-glykosidischen Übertragung von Fucose durch das sog. "bisecting GlcNAc" ist ein Beispiel dafür, wie während der Oligosaccharidbiosynthese die Übertragung eines distinkten Monosaccharids auf das reifende Oligosaccharid die Übertragung weiterer Zuckerreste beeinflussen kann. Die einzelnen N-Glykosylierungsstellen eines Glykoproteins werden jeweils spezifisch mit Oligosacchariden bestimmter Struktur glykosyliert. Für distinkte N-Glykosylierungsstellen in einem Glykoprotein konnten darüber hinaus verschiedene Glykanstrukturen nachgewiesen werden, so dass für die Oligosaccharidausstattung der einzelnen N-Glykosylierungsstellen eine sog. Mikroheterogenität anzunehmen ist. Die Regulation der Biosynthese der Nglykosidisch gebundenen Oligosaccharide ist noch nicht voll verstanden. Vermutlich wird sie bestimmt durch die Aminosäuresequenz und die Konformation des jeweiligen Proteins, d.h. durch Faktoren, die die sterische Zugänglichkeit für Glykosidasen und Glykosyltransferasen bestimmen, durch das zelluläre Expressionsmuster von Glykosidasen und Glykosyltransferasen, durch die Substratkonzentrationen der Nukleotidzucker sowie durch die Routen und die Kinetik des Transports der neu gebildeten reifenden Glykoproteine durch die einzelnen Abschnitte des Biosynthesewegs. Des Weiteren sind auf der Ebene der Glykosyltransferasen wahrscheinlich Modifier-Faktoren (Proteine, Ganglioside) beteiligt. So ist die essentielle Bedeutung des ␣-Lactalbumins für die Regulation der Akzeptorspezifität einer ␤1-4-Galaktosyltransferase bei der Milchzuckerbildung seit langem bekannt. Eine weitere Steuerungsfunktion für den Ablauf der Glykanbiosynthese kommt der Lokalisation der Glykosyltransferasen und Glykosidasen im ER sowie in den Abschnitten des Golgi-Apparats zu (cis-Golgi-Netzwerk; cis-, medialer und trans-Golgi-Apparat, trans-Golgi-Netzwerk). Befunde aus experimentellen Tumoren zeigen, dass die Komponenten der zellulären Biosyntheseorganellen tumorassoziiert verändert sein können, was wiederum eine der Ursachen für die veränderte Proteinglykosylierung in Tumoren darstellen könnte (s. Tumorinvasion und -metastasierung). Im Gegensatz zu den N-Glykanen besitzen die O-Glykane keine typische Core-Struktur, die dem Pentasaccharid der N-Glykane ähnlich wäre. Die Bildung der Core1-und Core2-O-Glykan-Subtypen beginnt mit der Verknüpfung von N-Acetylgalaktosamin (GalNAc) an Serin oder Threonin der Polypeptidkette durch die GalNAc-Transferase (Abbildung 3). Aus diesem Grundgerüst können vier Subtypen gebildet werden. Die meisten O-Glykane (Mucine) leiten sich vom Subtyp 1 ab, dessen GalNAc durch Vermittlung der Galaktosyltransferase mit Galaktose ␤1-3-verknüpft wird. Die Core2-O-Glykane, die für die genannten Liganden typisch sind, werden durch zusätzliche ␣1-6-Verknüpfung des GalNAc mit GlcNAc durch die Core2-GlcNAc-Transferase gebildet. Die Core1-Glykane können zu mono-und biantennären Strukturen verlängert werden, häufig unter Einbau mehrerer Lactosamineinheiten (Gal␤1-4GlcNAc). Sie sind ein Grundgerüst für die Biosynthese der Selectinliganden. Die Biosynthese der Core3-O-Glykane wird durch die Core3-GlcNAc-Transferase katalysiert, ohne dass zuvor Galaktose mit GalNAc verknüpft wird (Core1-O-Glykan); anschließend erfolgt die Biosynthese biantennärer O-Glykane. Außer im Darm, wo die Mucintypen überwiegen, kommen Core3-O-Glykane in den meisten Geweben vor. Es wurden jedoch verschiedene Core-Strukturen beschrieben, wie Gal␤1-3GalNAc-Ser/Thr oder GlcNAc␤1-6(Gal␤1-3)GalNAc-Ser/Thr oder GlcNAc␤1-3GalNAc-Ser/Thr. Diese Di-oder Trisaccharid-Cores können nun nahezu beliebig durch Bindung ❑ Neuraminsäure: Bei nahezu allen N-Glykanen und manchen O-Glykanen, besonders solchen mit Sialyl-Lewis x -Strukturen spielt die N-Acetylneuraminsäure (Neu5Ac) eine zentrale Rolle. Sie befindet sich immer in terminaler Position der Oligosaccharide, sei es in N-Glykanen, O-Glykanen oder Glykosphingolipiden, und ist über eine ␣2-3oder ␣2-6-Bindung mit Galaktose verknüpft. Neu5Ac gehört zur Familie der Sialinsäuren, die mittlerweile 40 Mitglieder umfasst [18] . Ihre strukturelle Vielfalt ist durch die verschiedenen Substituenten an der Aminogruppe am C-Atom 5 oder an den C-Atomen 4 des Pyranrings und 7-9 der Glycerinseitenkette bedingt. Die häufigsten Substituenten an diesen C-Atomen sind O-Acetyl, O-Methyl, O-Lactoyl, O-Sulfonyl oder O-Phosphoryl [28] . In den Sialyl-Lewis-Faktoren wurde bisher erst Neu5Ac nachgewiesen. Normales humanes Gewebe enthält in der Regel nur drei verschiedene Sialinsäuren, Neu5Ac, 9-O-acetylierte Neu5Ac (Neu5,9Ac 2 ) und lactoylierte Neu5Ac, die zell-und gewebespezifisch verteilt sind. Die Sialinsäuren sind nicht nur essentielle Bestandteile in den genannten Lectinliganden, sondern auch an der zellulären Erkennung von Viren, Bakterien und Toxinen beteiligt [18] . So binden Influenza-A-Viren Neu5Ac␣2-6Gal-Strukturen, während Influenza-B-Viren Neu5Ac␣2-3Gal-Strukturen bevorzugen. 9-O-Acetylierung von Neu5Ac hemmt die Bindung von Influenza-A-und -B-Viren an ihre Zielzelle; Influenza-C-Viren dagegen benötigen genau diese Modifikation zur Bindung an die Zielzelle. Die Toxine von Cholera, Botulismus, Tetanus und Diphtherie benutzen die sialylierten Kohlenhydratstrukturen von Gangliosiden für die Bindung an die Zelloberflächen ihrer Zielzellen [28, 29] (s.a. Die Rolle wirtsfremder Lectine bei Infektionskrankheiten). Der Facettenreichtum einzelner Substituenten der Neuraminsäure mit seinen verschiedenen biologischen Auswirkungen wird durch die kürzlich beschriebene biochemische Modifikation der N-Acyl-Seitenkette erweitert: Der biosynthetische Ersatz der N-Acetyldurch die N-Propanoyl-Gruppe kreiert neue N-Acylneuraminsäuren, die auch neue biologische Eigenschaften haben. So wird durch den biochemisch herbeigeführten Ersatz der N-Acyl-durch N-Propanoyl-Neuraminsäure die Infektion mit Influenza-A-Viren drastisch herabgesetzt [30] . [38] ). Während der aufeinander folgenden Stadien der Ontogenese werden in den Zellen und Geweben des Embryos gesetzmäßige Veränderungen der Glykosylierung beobachtet. Im Unterschied zum adulten Organismus wurde die embryonale Glykosylierung bislang jedoch weitgehend lediglich phänomenologisch untersucht, während die molekularen Grundlagen ihrer Funktion großenteils noch unverstanden sind. Nach heutiger Vorstellung sind die Glykane embryonaler Zellen und Gewebe im Zusammenwirken mit Lectinen bzw. kohlenhydratspezifischen Rezeptoren an den unterschiedlichen zellbiologischen Prozessen der Fertilisierung und der Embryogenese beteiligt, so an der Zell-Zellund der Zell-Matrix-Adhäsion, der Zell-Zell-Segregation, der Zelldifferenzierung und der Zellwanderung. ❑ Fertilisierung: An der Sperma-Oozyten-Interaktion während der Befruchtung scheinen sowohl Glykane der Zelloberfläche der Oozyten wie der Spermatozoen mitzuwirken. Auf der Oberfläche der Oozyten sind O-glykosidisch gebundene Oligosaccharide des Zona-pellucida-Proteins ZP3 essentiell für die Bindung der Spermatozoen [38] , während auf Seiten der Spermatozoen eine ␤1,4-Galaktosyltransferase an der Bindung beteiligt ist [39] . Ob die Glykanepitope über eine Bindung an spezifische Rezeptoren direkt die Oozyten-Spermatozoen-Adhäsion vermitteln [40] oder ob sie die Funktion von Rezeptoren und Strukturproteinen modulieren, ist nicht sicher geklärt. Ebenso wenig ist bekannt, welche Funktion die ␤1,4-Galaktosyltransferase besitzt. ÜBERSICHT ❑ Präimplantationsphase: Sowohl in der Prä-als auch in der Postimplantationsphase der Embryogenese werden Veränderungen der Zelloberflächenglykosylierung der Blastomere und der Blastozyste beobachtet, die streng mit den aufeinander folgenden Phasen der Entwicklung korrelieren. In der frühesten Phase der Embryogenese vor der Implantation finden sich in der Blastomere Glykolipide mit dem SSEA-3-und SSEA-4-Antigen, deren Expression in der Blastozyste verloren geht. Kurz darauf wird vom Acht-Zell-bis zum 32/64-Zell-Stadium das SSEA-1-Antigen, strukturell identisch mit dem Lewis x -Oligosaccharid, transient exprimiert, gefolgt von der Expression des Lewis y -Oligosaccharids [41] . Die Beobachtung, dass der Verlust der Lewis x -Expression mit dem Beginn der Kompaktierung korreliert und dass die Kompaktierung durch multivalente Lewis x -Oligosaccharide gehemmt werden kann [42] , weist auf eine Funktion dieser Oligosaccharide bei der Zell-Zell-Adhäsion in dieser Phase der Embryogenese hin. Allerdings sind die hierbei beteiligten putativen Rezeptoren noch nicht identifiziert worden. Eine besondere Bedeutung scheint bei der Kompaktierung unverzweigten Oligosacchariden des Polylactosamintyps mit terminalen ␣-glykosidisch gebundenen Galaktoseresten zuzukommen, deren Entfernung die Kompaktierung hemmt [43] . ❑ Implantation: Während der Implantation lagert sich die frei flottierende Blastozyste zunächst locker an das Epithel des Uteruslumens an, bevor die fetalen Trophoblasten fest adhärieren und anschließend durch das Epithel in subepitheliale Schichten des Uterus wandern. Ähnlich der Extravasation von Leukozyten (s.u.) wird die Trophoblast-Epithel-Adhäsion durch Selectine vermittelt. Hierbei exprimieren die fetalen Trophoblasten auf ihrer Oberfläche das ansonsten streng leukozytär exprimierte L-Selectin, während auf der Oberfläche des mütterlichen Uterusepithels sulfatierte Oligosaccharidliganden von L-Selectin -MECA-79-Epitope -exprimiert werden [44] . Ob Störungen dieses Mechanismus für bestimmte Formen der Infertilität verantwortlich sind -analog Immundefekten des "leukocyte adhesion deficiency"-Syndroms [45] -, bleibt zu klären. Interessanterweise korreliert die Implantation der Blastozyste, ein Prozess, der zahlreiche Analogien mit dem invasiven Wachstum von Karzinomzellen aufweist, mit einer erhöhten Expression von Polylactosaminglykanen, die auch in zahlreichen Karzinomen nachweisbar ist (s. Tumorinvasion und -metastasierung). ❑ Postimplantationsphase: Bei der Gastrulation wandern die Zellen der inneren Zellmasse des Embryos in die Positionen, welche die Grundlage für die Ausbildung von Entoderm, Mesoderm und Ektoderm sowie die anschließende Weiterentwicklung zu Organsystemen bilden. Entoderm, Mesoderm und Ektoderm unterscheiden sich in der Expression von distinkten Glykanepitopen, die überwiegend aufgrund ihrer Reaktivität mit monoklonalen Antikörpern differenziert werden. Ein über diese deskriptive Rolle der Glykosylierung hinausgehendes funktionelles Verständnis wurde durch Untersuchungen zur embryonalen Expression der GlcNAc-Transferase I und von GlcNAc-Transferase-I-Knock-out-Mäusen eröffnet. Diese Glykosyltransferase, die für die Biosynthese der im adulten Organismus vorwiegend gebildeten Oligosaccharide des komplexen Typs essentiell ist, wird in der Maus ab Tag 9 der Embryonalentwicklung exprimiert. In Knock-out-Mäusen, in denen die Expression durch genetische Ablation ausgeschaltet wird, kommt es zu Fehlentwicklungen von Organsystemen, wie einem Situs inversus, Deformation des Neuralrohrs und Störungen der Gefäßbildung [46] . ❑ Organogenese: Ähnlich den früheren Stadien der Embryonalentwicklung sind auch an der Organogenese zelluläre Vorgänge wie Zelladhäsion und -segregation, Zellwanderung und Zelldifferenzierung mit dem Ziel räumlicher und zeitlicher Musterbildung beteiligt. Für mehrere Organe, wie Lunge, Niere, Pankreas oder Extremitätenmuskulatur, konnten in den verschiedenen Stadien der Organentstehung Veränderungen der Zellglykosylierung beschrieben werden. So wird in der ersten Phase der Lungenentwicklung das Lewis y -Epitop gebildet, das in weiteren Entwicklungsstadien auf den epithelialen Vorläuferzellen der Bronchiolen durch Lewis x , danach durch Sialyl-Le-wis x abgelöst wird, während in den respiratorischen Zellen der adulten Lunge Lewis-Antigene nicht in nennenswerten Mengen gebildet werden [47] . In ähnlicher Weise konnten während der Nierenentwicklung distinkte Oligosaccharidtypen nachgewiesen werden, deren Expression in bestimmten Zellgruppen in bestimmten Entwicklungsstadien an-und abgeschaltet wurde. So finden sich fucosylierte Polylactosamine auf Zellen des auswachsenden Ureters, wo sie nach der Fusion der Ureterknospe mit den sich ausbildenden Tubuli verloren gehen [48] . Im metanephrogenen Blastem, aus dem sich durch Umwandlung von Mesenchym zu Epithel die Nierentubuli entwickeln, wird zum Zeitpunkt dieses Übergangs die polysialylierte Form des Adhäsionsmoleküls N-CAM gebildet [49] , was mit Veränderungen der Zelladhäsion im Zuge der Tubulogenese in Verbindung gebracht wird. Auch hier werden die molekularen Zusammenhänge zwischen der Expression bestimmter Glykane und zellulären Adhäsions-oder Segregationsprozessen erst ansatzweise verstanden. So wird das HNK-1-Antigen (CD57), ein terminal sulfatiertes Glykan, welches an Zell-Zell-und Zell-Matrix-Interaktionen beteiligt ist [50] , bei der Extremitätenentwicklung in Myoblasten, die in die Extremitätenknospe auswandern, exprimiert [51] . Auch hier sind die vermutlich beteiligten kohlenhydratspezifischen Rezeptoren noch nicht eindeutig identifiziert. Während Untersuchungen in frühen humanen Embryonen keine Expression von P-und L-Selectin nachweisen konnten [52] , konnte E-Selectin in späteren Entwicklungsstadien des Mausembryos nachgewiesen werden [53] . In Drosophila ist mit dem furrowed (fw) Genprodukt ein selectinhomologes Protein an der Augenentwicklung beteiligt [54] . Eine besondere Bedeutung bei Morpho-und Organogenese kommt des Weiteren Proteoglykanen und Glykosaminoglykanen wie den Glypikanen zu, die mit Wachstumsfaktoren und Rezeptoren der Zelloberfläche interagieren und so zelluläre Signalkaskaden modulieren [55] . ❑ Entwicklung des Nervensystems: Die Bedeutung von Kohlenhydrat-Rezeptor-Wechselwirkungen bei der Organo-und Morphogenese ist besonders ÜBERSICHT für Teilschritte der Entwicklung des Nervensystems gut belegt [56] . Sie spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Regeneration nach Schädigung und bei der Adaptation neuronaler Strukturen im Sinne der synaptischen Plastizität [57, 58] . Polysialinsäure, ein Polymer aus ␣2,8-gebundener Sialinsäure, das auf N-Glykanen des neuronalen Zelladhäsionsmoleküls N-CAM ausgebildet wird, findet sich fast ausschließlich im embryonalen Zentralnervensystem. Aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung und seiner bei physiologischem pH negativen Ladung scheint es die homotypische Adhäsion von N-CAM zu hemmen und hierdurch das Wachstum und die Bündelung von Axonen zu beeinflussen [59] . Während der Embryogenese wird die Ausbildung dieser Glykanstruktur auf N-CAM durch mindestens zwei Sialyltransferasen, STX-und PST-Sialyltransferase, reguliert. Kohlenhydrat-Rezeptor-Wechselwirkungen sind darüber hinaus an der Regulation des Neuritenwachstums beteiligt. So besitzt N-CAM eine Bindungsstelle für oligomannosidische N-Glykane, die auf dem neuronalen Zelladhäsionsmolekül L1 präsentiert werden. Die Hemmung dieser lateralen Interaktion zwischen L1 und N-CAM hemmt das L1-und N-CAM-abhängige Neuritenwachstum [60] . L1 bindet zudem mit einer ande- Die spezifische Bindung von Rezeptoren an Oligosaccharidliganden stellt einen wichtigen molekularen Mechanismus der Zell-Zell-Adhäsion dar und ist Teilschritt komplexer Steuerungsmechanismen der Zellwanderung im adulten Organismus und während der Embryonalentwicklung (s. Entwicklung des Nervensystems). Am besten untersucht sind die Adhäsion und die Migration von Leukozyten und Thrombozyten bei der spezifischen wie unspezifischen Immunantwort und der Hämostase -die Extravasation von Lymphozyten, Granulozyten und Monozyten am Ort akuter und chronischer Entzündung [64] , die Rezirkulation ("homing") von Lymphozyten in sekundäre lymphatische Gewebe [65] sowie das Einwandern peripherer, hämatopoetischer Stammzellen in das Knochenmark [66] . Diese Formen der gerichteten Zellwanderung sind prinzipiell ähnliche, mehrstufige Prozesse, die durch transiente Kontakte der Leukozyten mit den Endothelzellen der Gefäßwand postkapillarer Venolen eingeleitet werden, gefolgt von einem Rollen der Leukozyten entlang dem Endothel, der festen Adhäsion und der anschließenden Diapedese der Leuko-zyten durch die Endothelbarriere. Hierbei werden die initialen Interaktionen zwischen Leukozyten und Endothelzellen, bzw. mit bereits an der Gefäßwand arretierten Leukozyten, durch Mitglieder der Selectinfamilie von Adhäsionsrezeptoren, die E-, P-und L-Selectin umfasst, sowie deren Liganden durch eine zuckerspezifische Bindung vermittelt [67] . An den nachfolgenden Schritten sind weitere Adhäsionsmoleküle der Integrin-und der Immunglobulinsuperfamilie beteiligt. L-Selectin wird auf der Oberfläche von Lymphozyten, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten, Monozyten, hämatopoetischen Vorläuferzellen und unreifen Thymozyten exprimiert, E-Selectin auf Endothelzellen, P-Selectin auf Endothelzellen und Thrombozyten. Während an der Leukozytenrekrutierung bei entzündlichen Prozessen alle drei Selectine beteiligt sind, wird die Migration von Lymphozyten in periphere Lymphknoten allein durch L-Selectin vermittelt [68] . ❑ Struktur der Selectine und ihrer Liganden: Am Beispiel der Selectine konnten die Mechanismen der Zelladhäsion durch Rezeptor-Oligosaccharid-Bindung teilweise auf molekularer Ebene aufgeklärt werden. Alle bekannten Selectine, E-, P-und L-Selectin, sind hochglykosylierte, monomere Typ-I-Transmembranrezeptoren der Zelloberfläche mit einem ähnlichen molekularen Aufbau (Abbildung 5). Der extrazelluläre Molekülabschnitt beginnt mit einer aminoterminalen Ca 2+ -abhängigen C-Typ-Lectin-Bindungsdomäne, mittels deren Liganden auf der Oberfläche der angrenzenden Zellen erkannt und gebunden werden, gefolgt von einer EGF-Domäne, mehreren "short consensus repeats" (CR) mit Homologie zu Komplement bindenden Proteinen, einem Transmembranbereich und einem kurzen zytoplasmatischen Abschnitt. Den N-glykosidisch gebundenen Glykanen der Selectine kommt nach bisherigen Befunden eine duale Rolle im Rahmen der Bindungsfunktion zu, indem sie zum einen die Bindungsaffinität der Selectine für physiologische endotheliale Liganden modulieren [69] [70] [71] , zum anderen im Fall von L-Selectin selbst als Bindungsstelle für endotheliales E-Selectin dienen [72] . ÜBERSICHT Selectine binden spezifisch an distinkte Oligosaccharidstrukturen, die Teil von Glykoproteinen, Glykolipiden, Glykosaminoglykanen und Proteoglykanen sind (s. Glykokonjugate als Reaktionspartner der Selectine) [73] . In der Regel enthalten die Oligosaccharidliganden Sialinsäure, Fucose und Sulfateste. Auf Glykoproteinen liegen die Oligosaccharide meist als O-glykosidisch gebundene Glykane des Mucintyps vor. Alle drei Selectine binden das fucosylierte, sialylierte Lactosamin Sialyl-Lewis x , das als Bestandteil zahlreicher physiologischer Selectinliganden nachweisbar ist. Die physiologischen Liganden sind in der Regel im Vergleich zu Sialyl-Lewis x jedoch wesentlich komplexer aufgebaut. Der am besten charakterisierte Selectinligand ist PSGL-1 ("P-selectin glycoprotein ligand"), ein homodimeres Membranglykoprotein, das konstitutiv auf myeloiden, lymphoiden und dendritischen Zellen exprimiert wird und hochaffin an P-Selectin bindet. Die Bindungsstelle von PSGL-1 für P-Selectin liegt im extrazellulären N-terminalen Bereich und umfasst drei sulfatierte Tyrosinreste und ein in dieser Region O-glykosidisch gebundenes Core2verzweigtes Oligosaccharid, das terminal ein Sialyl-Lewis x -Epitop trägt. E-Selectin-Liganden wurden auf Monozyten, Granulozyten und Lymphozyten nachgewiesen, wobei vier Glykoproteine, PSGL-1 [74] , ESL-1 [75] , ein Glykoprotein von ␥/␦-T-Lymphozyten [76] und L-Selectin [77] , als Bindungspartner identifiziert wurden. Während die Glykoproteinliganden von E-und P-Selectin auf Leukozyten exprimiert werden, finden sich die Liganden von L-Selectin auf den hochendothelialen Venolen (HEV) sekundärer lymphatischer Gewebe und auf dem aktivierten Endothel postkapillarer Venolen entzündlicher Gewebe. In HEV konnten mehrere Glykoproteine der Sialomucinfamilie, GlyCAM-1, CD34, MAdCAM-1, Endoglykan und Podocalyxin, identifiziert werden [78, 79] , deren Bindungsfähigkeit sowohl durch den Oligosaccharidanteil als auch durch den Proteinanteil bestimmt wird. Weitere L-Selectin-Liganden wurden auf dem Gefäßendothel nichtlymphatischer Gewebe nach Aktivierung durch Entzündungsmediatoren nachgewiesen. Die molekulare Identität dieser ex-tralymphatischen L-Selectin-Liganden ist jedoch noch nicht aufgeklärt worden. Eine dritte Gruppe von L-Selectin-Liganden, die neben PSGL-1 weitere mucinartige, bislang jedoch nicht identifizierte Glykoproteine [80] und Nucleolin [81] umfasst, findet sich wie L-Selectin selbst auf Leukozyten. Zusammen mit L-Selectin vermitteln sie eine Leukozyten-Leukozyten-Adhäsion, durch die neutrophile Granulozyten zusätzlich an bereits an der Gefäßwand arretierte Leukozyten rekrutiert werden [82] . Diese homotypische Leukozytenadhäsion ist möglicherweise von erheblicher pathogenetischer Bedeutung für die Plaquebildung bei Atherosklerose, bei verschiedenartigen Entzündungskrankheiten und beim Reperfusionsschaden nach Myokardinfarkt [82] (s. Der Entzündungsprozess). ❑ Mechanismus der Rezeptor-Oligosaccharidligand-Bindung: Der Mechanismus, mittels dessen Selectine hochaffin und selektiv ihre unterschiedlichen Liganden erkennen und binden, wird erst in Teilen verstanden. Gesichert ist, dass die Rezeptor-Ligand-Interaktion essentiell durch den Oligosaccharidanteil des Liganden über die Lectindomäne von L-Selectin Ca 2+ -abhängig vermittelt wird. Dabei scheinen sialylierte, fucosylierte Lactosamine, von denen Sialyl-Lewis x das einfachste Beispiel darstellt, kritischer Bestandteil des bindungsrelevanten Kohlenhydratanteils der Liganden zu sein [83] . Neuere Befunde zeigen, dass neben dem Kohlenhydratanteil distinkten Polypeptidabschnitten des Liganden eine zentrale Rolle zukommt. So ist bei PSGL-1 eine weitere posttranslationale Modifikation, die Sulfatierung N-terminaler Tyrosinreste (Tyr 5, 7, 10) benachbart zum ersten O-Glykan (Thr 16), das ebenfalls an der Bindung beteiligt ist, essentiell [84] . Dieser Befund erklärt die Tatsache, dass bei physiologischen Liganden potentiell bindungsaktive Oligosaccharide auf bestimmten Polypeptidgrundgerüsten präsentiert sein müssen. Dabei ist mit Ausnahme von PSGL-1 nicht bekannt, wie die für die Bindung essentiellen Polypeptidbereiche der physiologischen Liganden von den Selectinen erkannt und gebunden werden. Des Weiteren ist unklar, wie die EGF-und die CR-Domänen der Selectine die Ligandbindung beeinflussen. So führt der Ersatz der EGF-Domäne von L-Selectin durch diejenige von E-Selectin zu einer Veränderung der L-Selectin-Bindungskinetik [85] . Erste Einblicke in den Mechanismus der Bindung von Selectinen an ihre Liganden auf atomarer Ebene ermöglichen Strukturuntersuchungen der Lectin-und EGF-Domäne von P-und E-Selectin im Komplex mit Sialyl-Lewis x bzw. einem N-terminalen PSGL-1-Peptid [86] . Die Kokristalle mit Sialyl-Lewis x zeigen, dass die Bindungsstelle für das Tetrasaccharid in beiden Proteinen hochkonserviert und Teil der Ca 2+ -Bindungsstelle ist. Die Bindung des Liganden beruht dabei interessanterweise vorwiegend auf wenigen elektrostatischen Wechselwirkungen, so dass die Kontaktflächen zwischen Ligand und Rezeptor im Fall von P-Selectin 501 Å 2 und beim E-Selectin 549 Å 2 betragen. Zusätzliche Kontakte der Fucose und der N-Acetylneuraminsäure von Sialyl-Lewis x mit dem Selectin ergeben deswegen im Fall des E-Selectins eine stabilere Interaktion zwischen Rezeptor und Ligand. Affinitätsmessungen bestätigen diesen Befund. P-Selectin bindet Sialyl-Lewis x mit einem K D von 7,8 mM und weist damit eine etwa zehnfach geringere Affinität auf als E-Selectin [87] . Im Gegensatz hierzu bindet PSGL-1, der physiologische Ligand für P-Selectin, mit nanomolarer Affinität [88] . Bemerkenswert ist, dass mit der Ligandbindung strukturelle Umlagerungen im Rezeptormolekül zu beobachten sind, die aus einer zunächst niedrigaffinen Bindung des Sialyl-Lewis x -Epitops durch weitere Kontakte zwischen Rezeptor und Ligand eine hochaffine Bindung aufbauen. Die Flexibilität der Lectindomäne ist somit möglicherweise eine Voraussetzung, damit in vivo der Kontakt zwischen Selectin und physiologischem Ligand effektiv zustande kommt. Die Aufklärung der Bindungsstelle weiterer Selectin-Ligand-Kombinationen wird die Grundlage für das Verständnis dieser komplexen Interaktionen und damit der gerichteten Wanderung von Leukozyten sein. Sie ist ferner Grundlage für die Entwicklung neuer antiinflammatorischer Therapeutika (s. Therapeutische Perspektiven). Phänomenologische Untersuchungen der biologischen Bedeutung der Lec-tin-Oligosaccharid-Interaktion belegen, dass durch die Bindung von Kohlenhydratliganden und zuckerspezifischen Rezeptoren komplexe zelluläre Regulationsvorgänge ausgelöst werden. Diese sind u.a. an der Steuerung der Zelldifferenzierung und der Zellwanderung in der Embryonalentwicklung beteiligt (s. Fertilisierung und Embryonalentwicklung). Am Beispiel von L-Selectin, das bei der Initiierung der Adhäsionskaskade und bei der Aktivierung von Leukozyten neben der Vermittlung mechanischer Zell-Zell-Kontakte intrazelluläre Signaltransduktionsvorgänge auslöst [89, 90] , konnten erste Einblicke in die Signaltransduktionsfunktion von Lectinen gewonnen werden. In der Folge der Ligandbindung an L-Selectin kommt es in den Leukozyten zu einem Anstieg der intrazellulären Ca 2+ -Ionen-Konzentration, der Phosphorylierung von Proteinen, einer vermehrten Bildung von Superoxidradikalen, einer transienten Erhöhung der L-Selectin-Adhäsivität, einer Reorganisation des Zytoskeletts und einer verstärkten Bindungsaffinität von ␤ 1 -und ␤ 2 -Integrinen. Die Aktivierung ist Voraussetzung für die Funktion der Granulozyten bei der unspezifischen Immunabwehr. Neben ihren physiologischen Funktionen kommt dieser Aktivierung auch eine wichtige pathogenetische Bedeutung zu, so bei der Entstehung der Schocklunge, bei Reperfusionsschäden und der Transplantatabstoßung (s. Der Entzündungsprozess). Auf molekularer Ebene beruht die L-Selectin-abhängige Aktivierung von Leukozyten nach heutiger Vorstellung auf einer Aktivierung intrazellulärer Signalkaskaden, wie der Aktivierung der löslichen Tyrosinkinase p56lck, der JNK und der MAP-Kinase-Kaskade [91] . L-Selectin selbst kann dabei in seiner zytoplasmatischen Domäne an einem Serin-und Tyrosinrest phosphoryliert werden [92] . Über den zytoplasmatischen Abschnitt interagiert L-Selectin mit ␣-Actinin, Grb-2, Calmodulin [93] und dem Adaptorprotein Cbl [94] als Komponenten der L-Selectin-vermittelten Signaltransduktion. Möglicherweise koppeln diese Proteine L-Selectin-generierte Signale an die Signalwege der kleinen G-Proteine. Unklar ist, wie die Ligandbindung an die C-Typ-Lectin-Domäne von L-Selectin die Bindung zwischen der zytoplasmatischen Domäne von L-Selectin und den zytoplasmatischen Proteinen auslöst. Im Unterschied zu L-Selectin ist über die Signaltransduktionsfunktion von E-und P-Selectin wenig bekannt. Dagegen konnte nachgewiesen werden, dass der Selectinligand PSGL-1 Signaltransduktionsfunktion besitzt und eine Tyrosinphosphorylierung zellulärer Proteine sowie eine Aktivierung des Ras-Signalwegs induzieren kann [95] . Der Säugetierorganismus nutzt diese Rezeptor-Ligand-Interaktion zwar außerordentlich vielfältig, doch unter pathobiochemischen und klinischen Gesichtspunkten nehmen unsere Kenntnisse zu den Schwerpunkten Entzündungsprozesse, Immundefekte und Autoimmunität, Infektionserkrankungen sowie Tumorerkrankungen eine herausgehobene Stellung ein. Zu diesen Schwerpunkten wird im Folgenden der aktuelle Wissensstand referiert. Die Adhäsion von zirkulierenden Leukozyten an das Gefäßendothel und das nachfolgende Auswandern in das umliegende Gewebe werden bei allen Formen der Entzündungsreaktion beobachtet, so bei akuten bakteriellen und viralen Entzündungen, nach Trauma und nach thermischer Gewebeschädigung. Neben der erwünschten Wirkung der Abwehr und Reparatur von Gewebedefekten kann das Auswandern der Leukozyten aus der Blutbahn auch pathologische Bedeutung haben und zur Schädigung der Gewebe führen, so bei Ischämie-Reperfusions-Prozessen [96] , der Atherosklerose [97] , Autoimmunerkrankungen oder der Transplantatabstoßung [98] . ❑ Die Adhäsionskaskade in der akuten Entzündungsantwort: Leukozytenadhäsion an die Gefäßwand und Transmigration in das Gewebe des Entzündungsorts bestehen aus einer hochgradig regulierten komplexen Abfolge von Einzelschritten: 1. dem initialen Kontakt der im Blutstrom zirkulierenden Leukozyten und ihrem anschließenden langsamen Rollen auf dem Endothel, 2. der Aktivierung der Leukozyten durch endothelial sezernierte Chemokine, 3. der festen Bindung der Leukozyten an das und ihre Abflachung auf dem Endothel und 4. der Diapedese durch die interendothelialen Zellkontakte in das subendotheliale Gewebe (Abbildung 6). Der initiale Kontakt und das langsame Rollen auf dem Endothel werden durch transiente Rezeptor-Ligand-Interaktionen zwischen den drei Selectinen E-, P-und L-Selectin und deren Liganden vermittelt [99] . Hierbei bindet das auf den Leukozyten konstitutiv exprimierte L-Selectin mit hoher Affinität und schneller Kinetik an seine auf dem aktivierten Gefäßendothel exprimierten Liganden. Im weiteren Verlauf binden die durch proinflammatorische Zy-Abbildung 6. Die Leukozytenadhäsionskaskade bei der akuten Entzündungsantwort. ÜBERSICHT tokine auf dem Gefäßendothel induzierten vaskulären Selectine E-und P-Selectin an ihre leukozytären Liganden ESL-1 bzw. PSGL-1. Durch diese transienten Bindungen wird die Flussgeschwindigkeit der Leukozyten von etwa 400 m/s auf etwa 1-2 m/s abgebremst [100] . Die durch Selectine herbeigeführte langsame Bewegung der Leukozyten entlang der Endotheloberfläche ermöglicht zum Zweiten die Aktivierung der Leukozyten durch Wechselwirkung von leukozytären Chemokinrezeptoren mit endothelial sezernierten Chemokinen. Hieran sind u.a. auch IL-8, Leukotrien-(LT-)B 4 und der plättchenaktivierende Faktor (PAF) beteiligt. An der Leukozytenaktivierung wirken auch L-Selectin und leukozytäre Selectinliganden wie PSGL-1 als Signaltransduktionsmoleküle mit. Die Aktivierung der Leukozyten ist Voraussetzung für die nachfolgende feste Adhäsion, die durch die Bindung leukozytärer ␤ 2 -Integrine und Adhäsionsmoleküle der Immunglobulinsuperfamilie, insbesondere ICAM-1 und ICAM-2, vermittelt wird (Abbildung 5). Die chemokininduzierte Aktivierung führt u.a. zu einer erhöhten Oberflächenexpression der ␤ 2 -Integrine, einer Clusterung und einer Konformationsänderung mit der Folge einer verstärkten Bindungsaffinität. Die feste Adhäsion geht mit einer morphologischen Veränderung der Leukozyten einher, die abflachen und sich auf dem Endothel ausbreiten, bevor sie, durch chemotaktische Signale gesteuert, zwischen den Endothelzellen nach Öffnung der Zonula occludens und der Zonula adhaerens auswandern. Die Bedeutung der einzelnen Selectine in der Adhäsionskaskade konnte mit Hilfe von Knock-out-Mausmodellen beleuchtet werden [101] . L-Selectin-defiziente Mäuse zeigten eine deutlich gestörte Leukozytenrekrutierung an Entzündungsorte und ein defektes Homing von Lymphozyten in sekundäre lymphatische Organe, während P-Selectin-defiziente Tiere u.a. eine milde Neutrophilie und eine gegenüber dem Wildtyp geringere Anfälligkeit für Ischämie-Reperfusions-Schäden aufwiesen. Dagegen zeigten E-Selectindefiziente Mäuse keine Störungen der entzündlichen Leukozytenrekrutierung. Doppel-und tripeldefiziente Mausmodelle zeigten in Abhängigkeit von den ausgeschalteten Selectinen ei-nen unterschiedlichen Phänotyp. Beispielsweise wiesen E-/P-Selectin-defiziente Mäuse eine schwere Leukozytose, Wundheilungsstörungen und spontane Hautinfektionen auf. Offensichtlich wirken die drei Selectine zeitlich und funktionell synergistisch zusammen, wobei organ-und gewebespezifische Unterschiede der Rekrutierung von Leukozyten bestehen. Die zentrale Bedeutung der Selectine und ihrer Liganden wird auch durch die erbliche Leukozytenadhäsionsdefizienz II (LAD II) deutlich [45] . Bei dieser seltenen Krankheit ist die Übertragung von Fucose auf die Kohlenhydratliganden der Selectine aufgrund des Defekts eines Fucosetransporters des Golgi-Apparats gestört. Aufgrund der in der Folge defekten Selectin-Ligand-Bindung leiden die Patienten an rekurrierenden Hautund Atemwegsinfekten und Periodontitis. Wenngleich die Rolle der Selectine in der Pathogenese des Ischämie-Reperfusions-Schadens noch nicht endgültig geklärt ist, weisen die Ergebnisse von Untersuchungen an Tiermodellen und genetische Studien auf eine wichtige kausale Bedeutung hin [96] . So verminderte die experimentelle therapeutische Gabe monoklonaler Antikörper gegen P-und L-Selectin in einem ischämischen Infarktmodell das Ausmaß der Infarktnekrose [102] . In ähnlicher Weise führte die Gabe von rekombinantem PSGL-1 in einem Tiermodell mit koronarer Okklusion und Reperfusion zu einer Verminderung der Nekrosezone [103] . Interessanterweise zeigen P-Selectin-defiziente Knock-out-Mäuse im Vergleich zum Wildtyp nach 30 min Okklusion und 2 h Reperfusion ebenfalls eine kleinere Nekrosezone [104] . Im Menschen konnte ein genetischer Polymorphismus in der CR9-Domäne von P-Selectin nachgewiesen werden, der möglicherweise mit einer verminderten Inzidenz von Myokardinfarkten einhergeht [105] . Untersuchungen zur Kausalität stehen jedoch noch aus. Eine ähnliche pathogenetische Bedeutung von Selectinen wird auch für die zerebrale und die renale Ischämie angenommen, wenngleich die experimentellen und klinischen Belege noch rudimentär sind [106, 107] . ò Atherosklerose: Experimentelle und klinische Untersuchungsergebnisse stützen zunehmend die Annahme, dass entzündliche Prozesse an der Initiierung und der Progression der Atherosklerose sowie an der Destabilisierung atherosklerostischer Plaques beteiligt sind [97, 108, 109] . So weisen P-Selectin-bzw. P-/E-Selectin-defiziente Mäuse eine verzögerte Ausbildung atherosklerotischer Veränderungen der Arterienwand auf [110, 111] . Während in Versuchstieren unter normalen Bedingungen kein Rollen von Leukozyten auf dem Arterienendothel zu beobachten ist, führen Zigarettenrauch, oxidiertes LDL und cholesterinreiche Diät zu einem P-Selectin-vermittelten Rollen auf frühen atherosklerotischen Läsionen [112] . Auch histologische Untersuchungen menschlicher atherosklerostischer Plaques, die eine hohe Expression von E-und P-Selectin in den Vasa vasorum zeigen, unterstützen diese Hypothese [113] . Allerdings bleibt die tatsächliche klinische Relevanz der Selectine für die Atherosklerose noch zu klären. Grundsätzlich unterscheiden wir zwar angeborene ("innate immunity") und erworbene/adaptive Immunmechanismen als Erkennungsprozesse von Selbst und Nicht-Selbst. Es wird aber immer deutlicher, dass eine effektive adaptive Immunität Antigenpräsentationsformen benötigt, die auch aus Regelkreisen der angeborenen Immunität unterstützt werden. Die angeborene Immunität galt lange als unspezifische Form der Abwehr, charakterisiert durch den Phagozytoseprozess des vom Wirt als fremd erkannten Materials. Heute wissen wir, dass auch dieser Immunmechanismus spezifische Erkennungsfunktionen hat und u.a. über den "Lectin pathway" typische pathogenassoziierte molekulare Muster ("pathogenassociated molecular patterns" [PAMP]) auf Mikroorganismen bindet und -wiederum lectinvermittelt -der Phagozytose zuführt. Als Vermittler zwischen verschiedenen Oberflächenrezeptoren immunkompetenter Zellsysteme des adaptiven Systems fungieren lösliche Mediatoren, Zytokine, die physiologisch eine austarierte Balance zwischen proinflammatorischer und immunsuppressiver Aktivität zeigen. Eine Dysbalance des gesamten integrierten Regelsystems kann Immundefekt-bzw. Autoimmunerkrankungen auslösen, die Chronifizierung von Infektionskrankheiten unterstützen und die Tumorentwicklung durch Nichtabwehr propagieren (Übersichten in [114, 115] ). Da Lectin-Glykan-Interaktionen in allen genannten Immunregelsystemen zumindest wichtige Partialfunktionen übernehmen, sind diese auch als pathogenetisches Prinzip zu beachten. Einige Beispiele seien hierzu genannt. Der Säugetierorganismus verfügt im "Funktionskreis angeborene Immunität" über PAMP-Rezeptoren, die sich auf drei Ebenen mit pathogenen Mikroorganismen und als fremd erkannten molekularen Strukturen des eigenen Organismus auseinander setzen: (I) Sekretrezeptoren, (II) Endozytoserezeptoren und (III) Signalrezeptoren [116] . Zur Klasse I gehört das von der Leber synthetisierte und sezernierte MBL, das mit zwei Serinproteasen komplexiert ist. Die PAMP-MBL-Komplex-Bildung aktiviert die Serinproteasen, und diese aktivieren ohne die Anwesenheit von Antigen-Antikörper-Komplexen über den sog. "lectin pathway" die Komplementkaskade. Vielfältig beschriebene MBL-Mutanten beim Menschen behindern insbesondere bei unreifen Neugeborenen und bei immunkompromittierten Patienten die bakterielle und virale Infektabwehr [117] . Makrophagen tragen auf ihrer Zelloberfläche Rezeptoren mit Lectinfunktion, die als Endozytoserezeptoren fungieren. Ein typisches Beispiel dieser Rezeptorklasse ist der Makrophagen-Mannoserezeptor, der glykosylierte Moleküle mit PAMP-Struktur internalisiert und dem lysosomalen Abbau zuführt [118] . Sehr viel differenzierter, und so auch noch nicht in allen Einzelheiten geklärt, sind die rezeptorvermittelten Reaktionskaskaden dendritischer Zellen, die eine zentrale Vermittlungsrolle zwischen angeborener Immunität und der adaptiven, T-Zell-abhängigen Immunantwort einnehmen. Dendritische Zellen exprimieren auf ihrer Zelloberfläche neben den sog. Toll-like-Rezeptoren ein ganzes Spektrum an C-Typ-Lectinen mit sehr fein differenzierter Glykanbindungsspezifität [6] . Die erstgenannten Rezeptoren binden PAMP-Strukturen kohlenhydratunabhängig und induzieren nach Internalisierung über NF-B-abhängige Mechanismen die Synthese und Sekretion von Zytokinen (IFN und IL-12) und Adhäsionsmolekülen. Die C-Typ-Lectine mit unterschiedlicher Bindungsaffinität zu Galaktose-und Mannosestrukturen binden und internalisieren PAMP-Moleküle von Mikroorganismen und Tumorzellen, um sie der vollständigen lysosomalen Degradation oder der Antigenpräsentation im MHC-II-Komplex zuzuführen. Der differente intrazelluläre Weg in endosomale Kompartimente und Lysosomen wird durch spezifische Sequenzmotive des Lectins festgelegt. Mikroorganismen oder auch Tumorzellen können jedoch der immunologischen Abwehr entgehen, soweit es ihnen gelingt, sich durch veränderte Oberflächenglykosylierung der spezifischen Lectinbindung zu entziehen oder an Lectine bzw. Lectinmultimere zu binden, die intrazellulär nicht zu Endosomen und Lysosomen geführt werden, in denen die Antigenpräsentation über MHC-Moleküle vorbereitet wird [119] . Seit kurzem ist ein neues C-Typ-Lectin mit Mannosespezifität auf dendritischen Zellen bekannt, DC-SIGN ("dendritic cell-specific ICAM-grabbing nonintegrin"), das bedeutende neue Einblicke in die Regulation der T-Zell-abhängigen Immunmodulation gibt (Übersicht bei [120] ). DC-SIGN bindet mit hoher Affinität an Mannose-und vor allem Lewis x -haltige Zuckerstrukturen der Hüllproteine von HIV-1, HIV-2, "simian immunodeficiency virus", Zytomegalie-, Hepatitis-und Ebola-Virus. Als nichtvirale Bindungspartner wurden besonders Mykobakterien, aber auch Helicobacter pylori, Klebsiellen und Leishmanien beschrieben. Der bisher bekannte Mannoserezeptor dendritischer Zellen bindet dagegen bevorzugt an Hüllproteine von Influenzaviren, an Mykobakterien und Candida albicans. Im Gegensatz zum üblichen Lectin-Ligand-Komplex, der für Abbau und Antigenpräsentation zielgerichtet zu Lysosomen geführt wird, kann sich der DC-SIGN-Ligand-Komplex über bisher ungeklärte Mechanismen in nichtlysosomalen Kompartimenten nahe der Plasmamembran verbergen und so der Aufarbeitung zwecks Antigenpräsentation entziehen. DC-SIGN scheint auch für die trans-Infektion der intakten Viren von dendritischen Zellen zu T-Zellen verantwortlich. Schließlich scheint gesichert, dass -wahrscheinlich durch Interaktion mit dem Toll-like-Rezeptornach DC-SIGN-Virusinternalisierung die Zytokinexpression in dendritischen Zellen supprimiert wird [121] . SP-A und SP-D sind als hydrophile Collectine ebenfalls den C-Typ-Lectinen zuzurechnen. SP-A und SP-D sind strukturell und funktionell den MBL stark verwandt und binden demgemäß auch PAMP (s.o.) von Mikroorganismen [122] . SP-A und SP-D werden von Typ-II-Alveolarzellen und Clara-Zellen synthetisiert und in den Alveolarraum sezerniert. Gemeinsam mit Phospholipiden und den hydrophoben SP-B und SP-C bilden sie über der gesamten Alveolaroberfläche einen stabilen Film aus und sind so in der Lage, als Repräsentanten der angeborenen Immunabwehr Bakterien und Viren über die oben beschriebenen Mechanismen zu binden und dem Abbau in Makrophagen zuzuführen. Beide Surfactant-Proteine kommunizieren auch mit Monozyten und Granulozyten und modulieren deren Funktionen. Neue Untersuchungen zeigen, dass SP-A und SP-D auch direkt, d.h. ohne Beteiligung von Makrophagen, als antimikrobielle Proteine durch Porenbildung in pathogenen Keimen und die daraus resultierende Wachstumshemmung fungieren [123] . Die mRNA-und Proteinkonzentrationen von SP-A und SP-D in Alveolarzellen steigen kurz vor dem Geburtstermin sowie bei pulmonalen Infektionen sehr stark an. Nach neuen Untersuchungen ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine erhöhte Elastasekonzentration, wie wir sie bei entzündlichen Lungenerkrankungen finden, eine limitierte Proteolyse des SP-D mit Degradation der Kohlenhydratbindungsstelle (CRD) bewirkt [124] . Damit sind gleichzeitig die antimikrobiellen und immunmodulatorischen Funktionen von SP-D zerstört. Bestimmte Mutationen der zuständigen Gene gehen mit einer erhöhten Anfälligkeit für RDS ("neonatal respiratory distress syndrome") und ARDS ("acute RDS") bei Erwachsenen einher [125] . SP-A und SP-D sind auch in Interaktionen immunkompetenter Zellen mit Allergenen eingebunden. Dabei hemmen sie die Histaminfreisetzung in der frühen Phase des Allergenkontakts und die Lymphozytenproliferation in der Spätphase des bronchialen Entzündungsprozesses [126] . Galectin-3-defizienter Tiere stark eingeschränkt ist [129] . Über die Aufgaben weiterer Galectine bestehen erst vorläufige Kenntnisse. Dabei ist wahrscheinlich, dass die Funktionen sich vielfach überlappen und dass die redundante Vorhaltung dieser Rezeptorfamilie deren zentrale Bedeutung bei der Immunregulation unterstreicht. Siglecs (I-Typ-Lectine, s.o.) zeichnen sich durch ihre Affinität zu endständigen Sialinsäuren aus. Die zytoplasmatische Domäne der plasmamembrangebundenen Proteine besitzt ein Sequenzmotiv, das bei der Immunantwort negative Regulatorfunktion übernimmt. Als typisches Beispiel begrenzt Siglec-2 (CD22) auf B-Lymphozyten die Zellaktivierung, wahrscheinlich durch Interaktion mit dem B-Zell-Rezeptor (BCR) der gleichen Zelle, dessen Glykane mit endständiger Sialinsäure mit Siglec-2 in Wechselwirkung treten. Bei der B-Zell-Aktivierung wird der BCR vermindert sialyliert, wodurch die Inhibitorwirkung von Siglec-2 aufgehoben ist und das Lectin stattdessen mit den entsprechenden Liganden anderer B-Zellen interagieren kann [130] . Siglec-1 ("sialoadhesin") bindet bevorzugt an CD43, ein plasmamembrangebundenes Glykoprotein, das in Abhängigkeit vom Typus der O-Glykosylierung entweder auf ruhenden T-Lymphozyten oder auf unreifen bzw. aktivierten T-Zellen und auch auf Makrophagen exprimiert wird. Die CD43-Isoformen regulieren ihre Interaktionsfähigkeit mit Siglec-1 über die Sialylierung ihrer O-Glykane und steuern hierüber zelluläre Adhäsions-und Apoptosemechanismen. Aus vielen tierexperimentellen Befunden ergeben sich wichtige Hinweise, dass I-Typ-Lectine in ihrer Funktion als BCR-Inhibitoren autoaggressive Prozesse verhindern und so bei Fehlfunktion für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen Bedeutung besitzen (Übersicht bei [131] ). Zur Rolle der Selectine bei Regelmechanismen von Entzündungsprozessen wird auf das vorangehende Kapitel verwiesen. Ein Zytokin kann nach Bindung an einen spezifischen Zellrezeptor in unterschiedlichen Zellen differente Reaktionen bewirken. Dies ist möglich, wenn weitere Zellmembranbestandteile in die Komplexbildung mit eintreten und darüber intrazellulär unterschiedliche Signalkaskaden initiiert werden. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass verschiedene Zytokine und insbesondere Interleukine zwei funktionelle Domänen aufweisen, eine Zytokinrezeptor-und eine Lectindomäne [16] Ein typisches Beispiel einer derartigen Ligand-Rezeptor-Interaktion ist die IL-2-Wechselwirkung mit der N-Glykan-Einheit (Man 6 GlcNAc 2 ) von CD3 auf T-Lymphozyten, woraus die Phosphorylierung des IL-2-Rezeptors (IL-2R␤) resultiert [16] . Diese N-Glykan-Einheit (Man 6 GlcNAc 2 ) ist auch charakteristisch für Zellwandglykane von Candida albicans. Inwieweit eine Bindungskonkurrenz von IL-2 und diesen Hefeglykanen am CD3-Rezeptor der T-Lymphozyten pathogenetische Bedeutung z.B. für AIDS und die damit verbundene Candida-Infektion hat, muss weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. IL-1, ein typisch proinflammatorisches Zytokin mit sehr breitem Wirkungsfeld an unterschiedlichen Zellen, hat ebenfalls bifunktionale Bindungsfunktionen. Die Spezifität der Lectinbindung ist noch nicht sicher geklärt, Anteile eines GM 4 -Glykolipids scheinen beteiligt. Ebenso liegen Einzelbefunde zur Lectinfunktion von IL-3, IL-4, IL-6 und IL-7 vor. Die jeweiligen biologischen Funktionen bedürfen hier noch der weiteren Klärung (Übersicht bei [16] ). Die Möglichkeiten der angeborenen und der adaptiven/erworbenen Immunität zur Abwehr pathogener Mikroorganismen -und hierbei die vielfältigen und effektiven Funktionen endogener Lectine des Säugetierorganismus -wurden bereits oben referiert. Dieses eindrucksvolle Spektrum des Erkennens von und Reagierens auf Fremdantigen besitzen jedoch teilweise auch Mikroorganismen, um über vergleichbare Mechanismen an Wirtszellen zu adhärieren oder Abwehrmechanismen des Wirts zu umgehen oder zu konterkarieren. Hierzu sollen einige Beispiele vorgestellt werden. Dabei kann nicht der ebenfalls interessanten Frage nachgegangen werden, inwieweit der Säugetierorganismus in der Evolution "leichtsinnig" Kommunikationsprozesse von Mikroorganismen übernahm und diesen keine wirksamen neu entwickelten Abwehrstrategien entgegensetzte. Die Liste der Bakterien, bakteriellen Toxine, Protozoen und Viren, die an Oligosaccharidstrukturen des Wirtsorganismus adhärieren, wächst ständig [132] . Aus klinischer Sicht sind diese Forschungsergebnisse wichtig, da sich Hinweise mehren, dass insbesondere komplexe Oligosaccharide als Therapeutika eingesetzt werden können, um den Adhäsionsprozess und damit den ersten Schritt der Infektion bzw. der Toxinbindung zu blockieren (Übersicht bei [133] ). An wenigen Beispielen soll exemplarisch gezeigt werden, 1. wie Mikroorganismen äußere Bedingungen adaptieren, um den für sie notwendigen Adhärenzprozess zu befördern, 2. wie genetisch determinierte Erkrankungen des Wirtsorganismus sekundär die Keimbesiedlung und damit die Infektionsgefährdung beeinflussen und 3. wie Mikroorganismen Immunmechanismen des Wirts umgehen oder partiell ausschalten. Helicobacter pylori ist ein nichtinvasives Bakterium, das dennoch starke entzündliche Prozesse und Ulzerationen der gastroduodenalen Mukosa initiieren kann. Es ist zwar schon seit Jahren bekannt, dass Helicobacter pylori, ebenso wie andere Mitglieder dieses Bakterienstamms, über Adhäsine an Glykanstrukturen des Mukus und der Mukosa bindet, doch die pathogenetische Sequenz von Adhäsion und entzündlicher Mediatorfunktion wird auch heute noch diskutiert [134] [135] [136] [137] . So bestehen zum einen Hinweise, dass sich Helicobacter pylori im stark sauren Milieu des Magens selbst adaptiert: Die Stressbedingungen der Umgebung induzieren im Helicobacter Hitzeschockproteine (Hsp 70), die an sulfatierte Glykolipide des Mukus binden. Gleichzeitig werden wahrscheinlich Kollagenasen sezerniert, die die Bewegung des Bakteriums an die Mukosaoberfläche erleichtern. An diese Epithelien, die an ihrer Oberfläche das Blutgruppenantigen Lewis b exprimieren, binden Lewis b -spezifische Adhäsine des Helicobacter. Diese Bindung induziert wiederum in den betroffenen Epithelien die gesteigerte Oberflächenexpression von Sialyl-Lewis x -Antigen. Dieses Antigen nutzt ein weiterer lectinäquivalenter Rezeptor auf dem Bakterium, um die epitheliale Bindung zu festigen. Mit der Exposition von Sialyl-Lewis x -Antigen können zugleich auch immunkompetente Zellen gebunden werden, die den Entzündungsprozess einleiten und unterhalten. Weitere bisher nicht identifizierte Sekretproteine des Helicobacter stimulieren gleichzeitig Endothelzellen über die NFB-Aktivierung zur gesteigerten Expression von E-Selectin und verschiedenen Chemokinen und Zytokinen. Das Spektrum dieser sich auch selbst unterhaltenden Regelmechanismen kann für die Tendenz zur Chronifizierung dieser Infektion verantwortlich sein. Das Glykolipid GM1 (Gal␤1-3Gal-NAc␤1-4[NeuAc␣2-3]Gal␤1-4Glc␤1-) ist ein bevorzugter Ligand für das Choleratoxin, während der desialylierte Ligand (Asialo-GM1) kaum Bindungsaffinität zu dem Toxin besitzt. Pseudomonas-Bakterien binden dagegen bevorzugt an Asialo-GM1. Aus dieser eher theoretischen Betrachtung wurden aber klinisch und epidemiologisch interessante Thesen abgeleitet, die ein gutes Beispiel sein können, wie Grundlagenund klinische Forschung voneinander profitieren können. Die Thesen sollen daher kurz vorgestellt werden [138] . Über viele Jahre wurde versucht, die Pathogenese der CF in Teilen über die veränderte Glykosylierung von transmembranären Transportproteinen zu erklären. Mit dem Nachweis von Mutationen des CFTR-Gens bei CF erübrigten sich diese Deutungsversuche. Es ist aber weiter unbestritten, dass Glykoproteine dieser Patienten vermindert sialyliert sind und so u.a. auf Lungenepithelien vermehrt Asialo-GM1 statt GM1 exprimiert wird. CF-Patienten sind damit vermindert anfällig gegenüber Cholerainfektionen. Die deutlich erhöhte Inzidenz für CF in kaukasischen Bevölkerungsgruppen könnte sich im Mittelalter bei Choleraepidemien über diesen Selektionsvorteil der Nichtempfänglichkeit entwickelt haben. Andererseits befördert der erhöhte Asialo-GM1-Anteil bei Glykolipiden von CF-Patienten die Adhärenz von Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa, die Asialo-GM1 als Liganden im Wirtsorganismus nutzen. Schon hierüber kann also das erhöhte Risiko von CF-Patienten gegenüber Pseudomonas-Infektionen erklärt werden. Zusätzliche Aspekte zu diesem Thema werden in [138] referiert. Andere pathogene Mikroorganismen sind in der Lage, primär über eigene Lectinrezeptoren an Oligosaccharidstruktu-ren des Wirts zu adhärieren und nach Invasion Immunmechanismen des Wirts partiell auszuschalten oder sich diesen durch Antigenmaskierung zu entziehen. Verschiedene Infektionserkrankungen durch Nematoden und Protozoen beruhen auch auf diesen Pathomechanismen (Übersichten in [139] [140] [141] [142] [143] ). Während der letzten 3 Jahrzehnte hat eine Vielzahl von Studien gezeigt, dass maligne Transformation mit Strukturänderungen der Glykane von Glykoproteinen und Glykolipiden einhergeht. Strukturveränderungen der Glykane der Zelloberfläche wurden in allen bislang untersuchten experimentell induzierten oder "natürlich" vorkommenden Malignomen nachgewiesen ohne Rücksicht auf den Typ, die Ursache oder das Stadium. Die nachgewiesenen strukturellen Veränderungen sind vielfältig, lassen sich jedoch in Gruppen einteilen, die gekennzeichnet sind durch: 1. eine gegenüber biantennären N-Glykanen relative Zunahme tri-und tetraantennärer N-Glykane, 2. eine Zunahme von Poly-N-Acetyllactosaminen, 3. einen erhöhten Anteil von N-Glykanen mit GlcNAc(␤1-4)Man-Verzweigungen, 4. einen erhöhten Gehalt an Fucose und Sialinsäureresten und 5. die Neoexpression von Lewis-Antigenen [144, 145] . Bereits frühzeitig wurde beobachtet, dass die Expression bestimmter Kohlenhydratstrukturen auf experimentellen Karzinomzelllinien mit deren Metastasierungsaktivität korreliert [146] . Diese Beobachtung und der Befund, dass sich die Metastasierung experimenteller Karzinomzellen durch Behandlung mit Inhibitoren der Oligosaccharidprozessierung, die die Ausbildung tumorassoziierter Kohlenhydratstrukturen hemmen, unterdrücken ließ, legten eine funktionelle Bedeutung tumorassoziierter Kohlenhydrate für das invasive und metastasierende Wachstum von Malignomen nahe. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass bestimmte tumorassoziiert gebildete Kohlenhydratantigene die Zytotoxizität von NK-Zellen für Tumorzellen unterdrücken [147] . Erst die biochemische und genomische Charakterisierung der an der Glykanbiosynthese beteiligten Glykosidasen und Glykosyltransferasen ermöglichte es jedoch zu untersuchen, ob die beobachteten Gly-kosylierungsveränderungen akzidentell im Zuge der Kanzerogenese auftreten oder gesetzmäßiger Teil der Tumorinitiierung und -progression sind. ❑ N-Acetylglucosaminyltransferase V und ␤1,6GlcNAc-Verzweigung von N-Glykanen: Die durch die N-Acetylglucosaminyltransferase V (GlcNAc-TV) im Zuge der N-Glykan-Biosynthese im Golgi-Apparat katalysierte ␤1,6GlcNAc-Verzweigung von N-Glykanen ist die Grundlage für die Ausbildung verzweigter tri-und tetraantennärer Oligosaccharide, wie sie vermehrt in klinischen und experimentellen Karzinomen nachweisbar sind [145] . Das durch die GlcNAc-TV gebildete Zwischenprodukt wird präferentiell durch den Aufbau von sog. Poly-N-Acetyllactosamin-Einheiten, repetitiven Gal␤1,4GlcNAc␤1,3-Einheiten, zu heterogenen Oligosacchariden weiter prozessiert, die häufig an ihren Enden unterschiedliche Zuckersequenzen, insbesondere Lewis-Antigene, tragen [148] . Gal␤1,4GlcNAc␤1,6(Gal␤1,4GlcNAc ␤1,2)Man␣-verzweigte N-Glykane sind in Karzinomen des Menschen vermehrt nachweisbar, so bei Mammakarzinom, kolorektalem Karzinom, Ösophaguskarzinom und malignem Melanom, wo sie mit einer schlechten Prognose korrelieren [149] . Ursache der vermehrten Biosynthese ist die erhöhte Expression der GlcNAc-TV in den Karzinomzellen. Sie erklärt sich aus der Transkriptionskontrolle des die GlcNAc-TV kodierenden Mgat5-Gens, die durch Transkriptionsfaktoren erfolgt, die durch den RAS-RAF-MAPK-Signalweg aktiviert werden. Dieser wird wiederum durch die in Karzinomen häufigen Ras-Mutationen sowie durch weitere Onkogene wie Her-2/neu stimuliert. GlcNAc-TV besitzt transformierende Aktivität. Beispielsweise zeigten Untersuchungen in Mv1Lu-Epithelzellen, dass die mit GlcNAc-TV transfizierten Zellen, nicht jedoch die nicht transfizierten Kontrollzellen nach Injektion in Nacktmäuse Tumoren bildeten [150] . Überexpression der GlcNAc-TV führte zu einer vermehrten Bildung von Lungenmetastasen im Tiermodell. Umgekehrt zeigten GlcNAc-defiziente Tumorzellen eine deutlich verminderte Metastasierungsrate. Untersuchungen in transgenen PyMT-Mäusen, die das Polyoma-Virus-T-Onkogen unter der Pathobiochemische Aspekte der Wechselwirkung zwischen Glykoproteinen und Glykoprotein-Rezeptoren Crystal structure of human Charcot-Leyden crytal protein, an eosinophil lysophospholipase, identifies it as a new member of the carbohydrate-binding familiy of galectins Mammalian hepatic lectin Principles of structures of animal and plant lectins Animal lectins: a historical introduction an overview Immune escape through C-type lectins on dendritic cells The pulmonary collectins, SP-A and SP-D, orchestrate innate immunity in the lung Endogenous lectins as cell surface transducers The mannose receptor family Galectins: a new family of regulators of inflammation Siglecs: sialic-acid-binding immunoglobulin-like lectins in cell-cell interactions and signaling P-type lectins Long pentraxins: an emerging group of proteins with diverse functions Quality control in the endoplasmatic reticulum Lectin control of protein folding and sorting in the secretory pathway Lectin activities of cytokines: functions and putative carbohydraterecognition domains Datenbanken und Werkzeuge für die Glykobiologie Biological role of oligosaccharide -all of the theories are correct Sphingolipid activator proteins Glycolipids: structure, synthesis, functions Cell surface anchoring of proteins via glycosylphosphatidylinositol structures Assembly of asparaginelinked oligosaccharides Cell adhesion molecules and matrix proteins: role in health and diseases Essentials of glycobiology A disaccharide precursor of sialyl Lewis C inhibits metastatic potential of tumor cells Expression patterns of alpha 2,3-sialyltransferases and alpha 1,3-fucosyltransferases determine the mode of sialyl Lewis X inhibition by disaccharide decoys O-GlcNAc turns twenty: functional implications for post-translational modification of nuclear and cytosolic proteins with a sugar Biochemistry and role of sialic acids Sialic acids: structure -analysis -metabolism -occurrence -recognition Biochemical engineering of the N-acyl side chain of sialic acid: biological implications Intracellular lectins associated with N-linked glycoprotein traffic Chaperones and folding of MHC class I molecules in the endoplasmic reticulum Integration of endoplasmic reticulum signaling in health and disease Overview: apoptotic signaling pathways in the immune system Recent advances in understanding apoptosis: new therapeutic opportunities in cancer chemotherapy Mitochondria in cell death: novel targets for neuroprotection and cardioprotection Intracellular functions of galectins Galectins in cell growth and apoptosis Overexpressing sperm surface ␤1,4 galactosyltransferase in transgenic mice affects multiple aspects of sperm-egg interactions Molecular basis of human sperm-zona pellucida interaction Glycoconjugate expression during embryogenesis and its biological significance A multivalent lacto-N-fucopentaose III-lysyllysine conjugate decompacts preimplantation mouse embryos, while the free oligosaccharide is ineffective Developmental patterning of carbohydrate antigens during early embryogenesis of the chick: expression of antigens of the poly-N-acetyllactosamine series Trophoblast L-selectin-mediated adhesion at the maternal-fetal interface Leukocyte adhesion deficiency syndromes: adhesion and tethering defects involving beta 2 integrins and selectin ligands Complex asparagine-linked oligosaccharides in Mgat1-null embryos Stage-specific expression of SSEA 1-related antigens in the developing lung of human embryos and its relation to the distribution of these antigens in lung cancers Distribution of fucosylated Nacetyl lactosamine carbohydrate determinants during embryogenesis of the kidney in man Polysialic acid and N-CAM localization in embryonic rat kidney: mes-ÜBERSICHT enchymal and epithelial elements show different patterns of expression Structure of the HNK-1 carbohydrate epitope on bovine peripheral myelin glycoprotein P0 Differential expression of two glycosyltransferases synthesizing HNK-1 carbohydrate epitope in the sublineages of the rat myogenic progenitors Expression of cell adhesion molecules during human preimplantation embryo development Eselectin expression and stimulation by inflammatory mediators are developmentally regulated during embryogenesis The role of selectines in Drosophila eye and bristle development The role of glypicans in mammalian development Carbohydrates and carbohydrate-binding proteins in the nervous system Neural recognition molecules and synaptic plasticity Making memories stick: cell-adhesion molecules in synaptic plasticity Polysialic acid and the regulation of cell interactions Tyrosine and serine phosphorylation of the neural cell adhesion molecule L1 is implicated in its oligomannosidic glycan dependent association with NCAM and neurite outgrowth The neural recognition molecule L1 is a sialic acid binding lectin for CD24, which induces promotion and inhibition of neurite outgrowth L1/HNK-1 carbohydrate-and beta 1 integrin-dependent neural cell adhesion to laminin-1 Intrahippocampal administration of an antibody against the HNK-1 carbohydrate impairs memory consolidation in an inhibitory learning task in mice Two-step model of leukocyte-endothelial cell interaction in inflammation: distinct roles for LECAM-1 and the leukocyte ␤ 2 integrins in vivo A cell-surface molecule involved in organ-specific homing of lymphocytes Endothelial selectins and vascular adhesion molecule-1 promote hematopoietic progenitor homing to bone marrow Mechanisms that regulate the function of the selectins and their ligands Molecular mechanisms of lymphocyte homing to peripheral lymph nodes H (0) blood group determinant is present on soluble human L-selectin expressed in BHK cells Carbohydrate structures of soluble human L-selectin recombinantly expressed in baby hamster kidney cells Adhesive properties of recombinant soluble L-selectin are modulated by its glycosylation L-selectin from human but not from mouse neutrophils binds directly to E-selectin Selectin ligands: will the real ones please stand up Cutaneous lymphocyte antigen is a specialized form of PSGL-1 expressed on skin-homing T cells The E-selectin ligand is a variant of a receptor for the fibroblast growth factor Interactions of human ␣/␤ and ␥/␦ T lymphocyte subsets in shear flow with E-selectin and P-selectin The neutrophil selectin LECAM-1 presents carbohydrate ligands to the vascular selectin ELAM-1 and GMP-140 Endothelial ligands for L-selectin: from lymphocyte recirculation to allograft rejection Endoglycan, a member of the CD34 family, functions as an L-selectin ligand through modification with tyrosine sulfation and sialyl Lewis x Functional characterization of L-selectin ligands on human neutrophils and leukemia cell lines: evidence for mucinlike ligand activity distinct from P-selectin glycoprotein ligand-1 Identification of nucleolin as a new L-selectin ligand Importance of primary capture and L-selectin dependent secondary capture in leukocyte accumulation in inflammation and atherosclerosis in vivo Role of PSGL-1 binding to selectins in leukocyte recruitment Tyrosine sulfatation of P-selectin glycoprotein ligand-1 is required for high affinity binding to P-selectin An activated L-selectin mutant with conserved equilibrium binding properties but enhanced ligand recognition under shear flow Insights into the molecular basis of leukocyte tethering and rolling revealed by structures of P-and E-selectin bound to SLe X and PSGL-1 Conformation of the sLe X tetrasaccharide, free in solution and bound to E-, P-and L-selectin Interaction between soluble P-selectin and P-selectin glycoprotein ligand 1: equilibrium binding analysis Signal transduction and signal modulation by cell adhesion receptors: the role of integrins, cadherins, immunoglobulin-cell adhesion molecules, and selectins Selectins and mechanisms of signal transduction L-selectin activates JNK via src-like tyrosine kinases and the small G-protein Rac Chemoattractant receptor-induced phosphorylation of L-selectin Calmodulin regulates L-selectin adhesion molecule expression and function through a protease-dependent mechanism L-selectin tyrosine phosphorylates cbl and induces association of tyrosine-phosphorylated cbl with crkl and grb2 Engagement of P-selectin glycoprotein ligand-1 enhances tyrosine phosphorylation and activates mitogen-activated protein kinases in human neutrophils The inflammatory response in myocardial infarction Atherosclerosis -an inflammatory disease Predicitve value of inducible endothelial cell adhesion molecule expression for acute rejection of human cardiac allografts Molecular mechanisms of leukocyte recruitment in the inflammatory process Transit time of leukocytes rolling through venules controls cytokine-induced inflammatory cell recruitment in vivo Selectins: critical mediators of leukocyte recruitment In vivo neutralization of P-selectin protects feline heart and endothelium in myocardial ischemia and reperfusion injury Recombinant soluble P-selectin glycoprotein ligand-1 protects against myocardial ischemic reperfusion injury in cats Coronary endothelial P-selectin in pathogenesis of myocardial ischemia-reperfusion injury The P-selectin gene is highly polymorphic: reduced frequency of the pro715 allele carriers in patients with myocardial infarction Inflammatory cell adhesion molecules in ischemic cerebrovascular disease The role of adhesion molecules and T cells in ischemic renal injury Inflammation, neointimal hyperplasia and restenosis Control of leukocyte adhesion and activation in atherogenesis Absence of P-selectin delays fatty streak formation in mice The combined role of P-and E-selectins in atherosclerosis Direct demonstration of P-selectin and VCAM-1-dependent mononuclear rolling in early atherosclerotic lesions of apolipoprotein E-deficient mice Neovascular expression of E-selectin, intercellular adhesion molecule-1, and vascular cell adhesion molecule-1 in human atherosclerosis and their relation to intimal leukocyte content Evolution of the lectin-complement pathway and its role in innate immunity Cytokines and autoimmunity Innate immunity Mannose-binding lectin: targeting the microbial world for complement attack and opsonophagocytosis Structure and biology of mannanbinding protein, MBP, an important component of innate immunity Sweet 'n' sour: the impact of differential glycosylation on T cell responses DC-SIGN (dendritic cell-specific ICAM-grabbing non-integrin) and DC-SIGN-related (DC-SIGNR): friend or foe? DC-SIGN: escape mechanism for pathogens Surfactant proteins as genetic determinants of multifactorial pulmonary diseases Surfactant proteins A and D inhibit the growth of Gram-negative bacteria by increasing membrane permeability Limited proteolysis of surfactant protein D causes a loss of its calcium-dependent lectin functions Distinct roles for lung collectins in pulmonary host defence Collectins and ficollins: sugar pattern recognition molecules of the mammalian innate immunity The ST6 Gal I sialyltransferase selectively modifies N-gycans on CD 45 to negatively regulate galectin-1-induced CD45 clustering, phophatase modulation, and T cell death Role of galectins in inflammatory and immunomodulatory processes Critical role of galectin-3 in phagocytosis by macrophages B cell inhibitory receptors and autoimmunity Brinkmann-Van der Linden ECM. I-type lectins Multivalent saccharides: development of new approaches for inhibiting the effects of glycosphingolipid-binding pathogens Fighting infectious diseases with inhibitors of microbial adhesion to host tissues Helicobacter pylori-induced activation of human endothelial cells Glycoconjugate binding of gastric and enterohepatic Helicobacter spp Helicobacter pylori SabA adhesin in persistent infection and chronic inflammation Stimulation of adhesion molecule expression by Helicobacter pylori and neutrophil adhesion to human umbilical vein endothelial cells Terminal glycosylation in cystic fibrosis Prospect for an Entamoeba histolytica Gal-lectin-based vaccine The bittersweet interface of parasite and host: lectin-carbohydrate interactions during invasion by the parasite Entamoeba histolytica Helminth C-type lectins and host-parasite interactions Glycoconjugates in Leishmania infectivity Shistosome glycocongates Aberrant glycosylation in tumors and tumor-associated carbohydrate antigens Cancer cells and metastasis Sialylation and malignant potential in tumour cell glycosylation mutants Carbohydrate signals in metastasis and prognosis of human carcinomas Biosynthesis of blood group I-active polylactosaminoglycans Glycoprotein glycosylation and cancer progression Reduced contact inhibition and substratum adhesion in epithelial cells expressing GlcNAc-transferase V Pathways of O-glycan biosynthesis in cancer cells On the role of cell surface carbohydrates and their binding proteins (lectins) in tumor metastasis Increased expression of sialyl-dimeric Le x antigen in liver metastases of human colorectal carcinoma Differential colon cancer cell adhesion to E-, P-and L-selectin: role of mucin-type glycoproteins Redirection of tumor metastasis by expression of E-selectin in vivo Altered expression of sialyl-Tn, Lewis antigens and carcinoembryonic antigens between primary and metastatic lesions of uterine cervical cancers Galectins and cancer Inflammation and cancer Pharmacology of selectin inhibitors in ischemia/reperfusions states Targeting selectins for the treatment of respiratory diseases Single injection of P-selectin or P-selectin glycoprotein ligand-1 monoclonal antibody blocks neointima formation after arterial injury in apolipoprotein E-deficient mice Heparin inhibition of selectinmediated interactions during the hematogenous phase of carcinoma metastasis: rationale for clinical studies in humans Kontrolle des "mouse mammary tumor virus" exprimieren und spontane Mammakarzinome entwickeln, zeigten, dass bei einem GlcNAc-defizienten genetischen Hintergrund die Tumorbildung deutlich verzögert ist [149] . Die molekularen Mechanismen, über die GlcNAc-TV bzw. Gal␤1,4GlcNAc␤1, 6(Gal␤1,4GlcNAc␤1,2)Man␣-verzweigte N-Glykane die Tumorprogression und die Metastasierung fördern, werden jedoch noch nicht verstanden.❑ Lewis-Antigene: Als Komponente von N-und O-Glykanen von Glykoproteinen überexprimieren menschliche Karzinome häufig die unterschiedlichen Lewis-Kohlenhydratantigene Lewis x , Sialyl-Lewis x , Lewis y und Sialyl-Lewis y [151, 152] . Eine De-novo-Synthese bzw. eine Überexpression konnte in Karzinomen des Gastrointestinaltrakts, des Pankreas und der Blase ebenso nachgewiesen werden wie in Mamma-und Lungenkarzinomen. Zahlreiche Studien belegen, dass die Expression dieser Antigene insbesondere in einer dimeren Form auf einem Polylactosamingrundgerüst mit einer schlechten Prognose korreliert [153] .Da sialylierte Lewis-Antigene insbesondere in oligomerer Form Liganden von Selectinen sind (s. Glykokonjugate als Reaktionspartner der Lectine), wird angenommen, dass Tumorzellen, die bindungsaktive Lewis-Antigene präsentieren, im Blutstrom mit Selectinen auf der Oberfläche von Gefäßendothelien (E-und P-Selectin), Thrombozyten (P-Selectin) und Leukozyten (L-Selectin) interagieren können. Diese Hypothese wird durch zahlreiche experimentelle Befunde gestützt. So binden Kolonkarzinomzellen, die Sialyl-Lewis x exprimieren, in vitro an Selectine [154] . Des Weiteren führt die forcierte Expression von E-Selectin in der Leber transgener Mäuse zu einer verstärkten Metastasierung Sialyl-Lewis x exprimierender B16F10-Melanomzellen, die normalerweise eine pulmonale Metastasierung aufweisen [155] . Einen dritten indirekten Hinweis geben vergleichende Untersuchungen zur Expression von Lewis-Antigenen im Primärtumor und in Metastasen, die eine erhöhte Expression von Sialyl-Lewis x und Sialyl-Lewis a im Metastasengewebe zeigen [153, 156] . Diese und zahlreiche weitere Untersuchungsbe-funde (Übersicht bei [152] ) sprechen für eine wichtige Rolle endogener Lectine bei der Metastasierung, wobei neben Selectinen Galectine beteiligt sein könnten [157] . Die wahrscheinliche Rolle von Selectinen bei der Metastasierung wird auch von Befunden gestützt, die belegen, dass in der lokalen Umgebung von Tumoren zelluläre und humorale Komponenten der Entzündungsreaktion aktiv sind [158] . Das zunehmende Verständnis der biologischen und klinischen Bedeutung endogener Lectine in ihrer Wechselwirkung mit komplexen Kohlenhydraten und die Aufklärung der Interaktionsmechanismen auf atomarer Ebene (s. Mechanismus der Rezeptor-Oligosaccharidligand-Bindung) ermöglichen die Entwicklung innovativer Arzneistoffe, insbesondere neuer Antiphlogistika. Ziele der Entwicklung neuer antiinflammatorischer Therapeutika ist es, Entzündungsprozesse auf der Ebene der Leukozytenrekrutierung durch Blockade der selectinvermittelten Adhäsion zu hemmen. Hierfür werden Antikörper, synthetische und teilsynthetische Oligosaccharide, Glykomimetika -Substanzen mit Strukturähnlichkeit zu komplexen Kohlenhydraten -und rekombinante Glykoproteine bzw. Glykopeptide entwickelt und experimentell, teilsweise bereits in klinischen Phase-II-Studien eingesetzt. Anwendungsgebiete sind u.a. Ischämie-Reperfusions-Schäden bei Myokardinfarkt [159] , Asthma [160] , Psoriasis und atopische Dermatitis. Ein weiteres Einsatzgebiet stellt möglicherweise die Hemmung der Intimahyperplasie und der Restenose nach Katheterintervention und Rekanalisierung von Koronararterien dar [161] .Diskutiert wird ferner die Möglichkeit, die Metastasierung von Karzinomen durch Hemmung der selectinvermittelten Bindung zirkulierender Tumorzellen an Thrombozyten und Gefäßendothelzellen zu vermindern [162] . Die Entwicklung antiinvasiv wirkender oder die Metastasierung hemmender Therapeutika kann jedoch nur als künftige Möglichkeit gesehen werden. Sie setzt die weitere Aufklärung der komplexen zellulären und molekularen Mechanismen des invasiven und metasta-sierenden Tumorwachstums voraus. (Oligosaccharide als Antiinfektiva, s. Die Rolle wirtsfremder Lectine bei Infektionskrankheiten).