key: cord-0006533-nqrr8117 authors: Ruckes, Josef title: Über eine ungewöhnliche Vaccine-Infektion bei einem Neugeborenen date: 1955 journal: Virchows Arch Pathol Anat Physiol Klin Med DOI: 10.1007/bf00954978 sha: c1e437209d9c7e4835daabb832504206294ddc46 doc_id: 6533 cord_uid: nqrr8117 Es wird über eine Vaccineinfektion bei einem Säugling berichtet, der am 20. Lebenstag unter dem Bilde einer Virussepsis starb und versucht, an Hand des klinischen Verlaufes und des Sektionsbefundes den Gang der Infektion zu klären. Kind am gleichen Tage. Wegen Verdacht auf Vaccineinfektion wurde postmortal Pustelinhalt entnommen und der P~VLsche Cornealversueh vorgenommen, der positiv ausfiel. Bei der Sektion hot sich folgendes Bild: stark atrophischer, 1500 g schwerer weib]icher Saugling yon 45 cm Lange. Totenstarre ausgebildet, Leichenflecke an den abhangigen KSrperpartien. Haut grau-gelblich, gerunzelt, trocken. Kinn, Wangen, Mund und Nase mit dicken, braunroten Krusten bedeckt. Derselbe Befund in der Genitalregion und an der Innenseite der Oberschenke]. An Rumpf und Extremiti~ten, besonders an Vola manus und Planta petis, runde Blaschen mit einem Durchmesser his zu 6 mm, die teilweise eine zentrale ])elle zeigen. Die Blasehen stehen in einem schmalen lividen Hof, zeigen opaken Glanz und ffihlen sich derb an (Abb. 1). Besprechung. Der positive PAULsche Versuch a n d der Sektionsbefund liel~en nur 2 MSglichkeiten often, entweder handelte es sich um Pocken oder u m eine generMisierte Vaccine. Eine Infektionsquelle ffir Pocken war nicht nachzuweisen, wohl a b e r ffir Vaccine. Wie sich n~mlich nachtrgglich herausste]lte, war etwa 3 Wochen vor der Geburt des K i n d e s eine Schwester gegen Pocken geimpft worden. Die Mutter gab an, die I m p f p u s t e l habe ]~ngere Zeit gen~Bt und sei yon ihr verb u n d e n worden. Ob die Pustel zur Zeit der G e b u r t noch bestand, konnte nicht gekli~rt werden. Es ist dieser l%age much keine besondere B e d e u t u n g zuzumessen, da nach den Arbeiten yon G E R M~ das Pockenvirus aufterordentlich widerstandsfghig und bei Z i m m e r t e m p e r a t u r bis zu einem J a h r lebensfghig ist. Es bestanden fiir das RTeugeborene 2 InfektionsmSglichkeiten: A. vor der Geburt (intrauterin), B. naeh der Geburt. Zu A.: bet den yon LYncH u.a. beschriebenen intrauterinen Infektionen wurden die Kinder pockenkranker oder geimpfter Miitter 8 Tage bis 10 Woehen nach der miitterlichen Infektion zu frith oder tot geboren. A1]e Kinder hatten bet der Geburt frisehe Vario]aeffloreseenzen oder deren l~arben. In unserem Falle bestand weder eine sichtbare Erkrankung der Mutter, noch hatte das Kind Variolaefflorescenzen bet der Geburt. Selbst wenn man eine stumme Infektion der Mutter annimmt, wie sie PuIG y I~OlG in einem Falle beschrieben hat, dann macht doeh das Fehlen konnataler Hauterscheinungen und das Auitreten des Exanthems erst am 10. Lebenstag eine intrauterine Infektion unwahrscheinlich. Zu B.: bei einer Inkubationszeit der Vaeeina generalisata Yon 8--I0 Tagen spricht das am I0. Lebenstag auftretende Exanthem fiir eine Infektion w~hrend oder gleich naeh der Geburt. Ffir die Infektion gab es versehiedene ~u : I. dutch direkten Kontakt mit der geimpften Schwester, 2. durch die Mutter als Ubertrggerin. Der Infektionsweg Schwester-Mutter-Sgugling ist ohne weiteres mSglieh. Eine ~bertragung yon Vaccine durch Waschwasser, Schwgmme, Handtficher usw. ist yon verschiedenen Beobachtern beschrieben worden. DaB die Mutter als Mittelsperson nicht erkrankt, ist weiter nicht auflgllig, da man bei ihr eine durch Impfung erworbene Immnnit~t annehlnen muB. Bei dem Sgugling selbst miil~te eine Inoculation des Virus in vorgesch~Ldigte I-Iautpartien auf einem der oben erw~hnten Wege zu einer Papel bzw. Pustel am 3.-4. Tag nach der Infektion geifihrt haben, da es sich um eine Erstinfektion handelt. Es ist nnwahrscheinlioh, dab sie einer Beobachtung entgangen wgre. Es fallf aber auf, dab die sehwersten und ~iltesten Vergnderungen an den Sehleim-h~uten der oberen Luftwege und der Speiser5hre zu linden stud. Wir miissen also aus dem Fehlen einer Prim~rpustel und aus der Besonderheif des anatomisehen Befundes Iolgern, dab die Eintrittspforte des Erregers in der Sehleimhaut yon Nase, l~aehen oder SpeiserShre zu suchen ist. Darin bestarkt uns auch der, wenn wit die Angaben der Mutter wSrtlich nehmen, seit der Geburt bestehende Schnupfen. 1N!eben einer Staub-bzw. TrSpfcheninfektion ist z.B. auch eine Ubertragung des Erregers beim Stillakt, selbst bet nur geringer Verschmutzung der miitter]iehen Brust durchaus denkbar. Inoeulationsor-t ist in diesem FaUe die Schleimhaut des Oesophagus, die nach GRoT~ aueh unverletzt infiziert werden kann. Es entwiekein sieh deft sehr rasoh Pusteln, die zu dicken pseudomembranSsen Bel~tgen zusammenfliel~en, wie wir sie makro-und mikroskopiseh sehen. Der weitere sepsisartige Verlauf ist dadurch versti~ndlieh, daI~ sich das Virus, nach 5rtlicher Vermehrung w~hrend der Inkubationszeit, in dem dutch den Sitz der Erkr~nkung in der Nahrungsaufn~hme gehinderten, lebensschwachen Frfihgeborenen sehr~nkenlos ausbreiten konnte. Es wird fiber eine Vaccineinfektion bei einem S~iugling berichtet, der am 20. Lebenstag unter dem Bride einer Virussel~sis st~rb und versucht, ~n Hand des klinischen Ver]~ufes und des Sektionsbefundes den G~ng der In~ektion zu kl/~ren. Literatur. Oesophagus: Sehleimh~utnekrosen tuld Nekrose der Muscularis Thymus: Reaktionslose Nekrose im Thvmusgewebe Mfinch. reed. Wsehr. 1907,1583. --I)oMA~uS Wiem med IIandbuch der Haut-und Geschlechtskrankheiten