key: cord-0006630-apv2o1pj authors: Welte, T. title: Die nosokomiale Pneumonie: State-of-the-Art date: 2006 journal: Intensivmed Notfallmed DOI: 10.1007/s00390-006-0721-2 sha: 2fa39e472d4001394cf6e0982db29d4f18aa2273 doc_id: 6630 cord_uid: apv2o1pj Nosocomial pneumonia is among the most frequent infections in the intensive care unit with high morbidity and mortality. The decisive factor for treatment failure is inadequate previous antibiotic treatment. Broad spectrum and sufficiently high dosed initial treatment is crucial. To prevent further resistances, the antibiotic treatment must be evaluated early. Depending on the treatment success, treatment has to be changed or terminated. Deescalation is possible and sensible after three days. A treatment period of seven days should not routinely be exceeded. The treatment recommendations should be adapted to local resistances and the local statistics of frequent pathogens. A further factor for treatment decision-making is the risk analysis of the patient (previous treatment, stays in hospitals or nursing homes, concomitant diseases). " Summary Nosocomial pneumonia is among the most frequent infections in the intensive care unit with high morbidity and mortality. The decisive factor for treatment failure is inadequate previous antibiotic treatment. Broad spectrum and sufficiently high dosed initial treatment is crucial. To prevent further resistances, the antibiotic treatment must be evaluated early. Depending on the treatment success, treatment has to be changed or terminated. Deescalation is possible and sensible after three days. A treatment period of seven days should not routinely be exceeded. The treatment recommendations should be adapted to local resistances and the local statistics of frequent pathogens. A further factor for treatment decision-making is the risk analysis of the patient (previous treatment, stays in hospitals or nursing homes, concomitant diseases). " Key words Nosocomial pneumoniadiagnosis -therapy -antibiotics " Zusammenfassung Nosokomiale Pneumonie sind die häufigsten Intensivinfektionen mit hoher Morbidität und Letalität. Die primär inadäquate Antibiotikatherapie ist der entscheidende Faktor für Therapieversagen. Eine möglichst breite hochdosierte Initialtherapie ist daher zwingend erforderlich. Um die weitere Resistenzentwicklung zu vermeiden muss die Antibiotikatherapie frühzeitig evaluiert werden und in Abhängigkeit vom Therapieerfolg beendet oder gewechselt werden. Deeskalationstherapie ab Tag 3 ist möglich und sinnvoll. Eine Therapiedauer von 7 Tagen sollte nur in Einzelfällen überschritten werden. Therapieempfehlungen müssen entsprechend der lokalen Resistenz-und Erregerstatistiken angepasst werden. Die Risikofaktorenanalyse des Patienten (Vortherapie, Lebensraum, Begleiterkrankungen) fließt in die Therapieüberlegungen ein. " Schlüsselwörter Nosokomiale Pneumonie -Diagnostik -Therapie -Antibiotika Definition Jede im Krankenhaus 48 Stunden nach Aufnahme erworbene Pneumonie und alle in der ersten Tagen (bis zu 4 Wochen) nach Krankenhausentlassung erworbenen Infektionen werden als nosokomiale Pneumonien bezeichnet. Die beatmungsassoziierte Pneumonie (englisch: Ventilator associated Pneumonia, VAP) stellt eine Sonderform der nosokomialen Pneumonie mit deutlich erhöhter Morbidität und Mortalität dar. Pneumonien bei immunsupprimierten Patienten weisen wesentliche Besonderheiten hinsichtlich des Keimspektrums und der daraus resultierenden diagnostischen und therapeutischen Erfordernisse auf und werden im Rahmen dieser Übersicht nicht berücksichtigt. Infektionen stellen ein zentrales Problem der modernen Intensivmedizin dar. . Hierfür gibt es zwei wesentliche Gründe. Zum einen werden die Patienten der Intensivmedizin immer älter, einerseits weil das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt, andererseits weil immer mehr "aggressive", komplikationsreiche Medizin auch bei betagten Patienten zum Einsatz kommt. Zum anderen überleben aufgrund der enormen Fortschritte der Medizin Patienten auf Intensivstation immer länger, der langdauernde Intensivaufenthalt des schwer Kranken führt jedoch für sich genommen zu einer Immunsuppression, die wiederum opportunistische Infektionen und hier vor allem Pilzinfektionen begünstigt. Zum Dritten gibt es praktisch keinen Langlieger auf der Intensivstation, der nicht über längere Zeit antibiotisch behandelt wird, was der Selektion -zumindest von Candida -Vorschub leistet. Die Bedeutung eines Candidanachweises im Atemwegsmaterial ist allerdings -im Gegensatz zu positiven Blutkulturen -strittig, da -vor allem bei Beatmeten und unter einer laufenen antibiotischen Therapiepraktisch immer innerhalb von drei Tagen ein Candidanachweis möglich ist. Die meisten dieser Infektionen stellen jedoch Besiedlungen dar und haben keinen pathogenen Wert [9]. Aspergillusnachweis geht zumindest mit einer dramatisch verschlechterten Prognose von Intensivpatienten einher [10], auch wenn unklar ist, ob bei diesen Patienten eine Schimmelpilzinfektion ursächlich für die erhöhte Letalität ist oder ob Aspergillus gehäuft bei schwer Kranken als Siedler auftaucht und damit eine Art "Marker" für Patienten mit schlechter Prognose darstellt. Seit Mitte der 90er Jahre ist für alle wichtigen Erreger eine stetige Zunahme von Resistenzen gegen Stan-dardantibiotika zu beobachten [11] . Von Atemwegsseite besonders zu beachten sind hier natürlich Methicillin resistente Staphylokokkus aureus (MRSA), Cephalosporin resistente Enterobacteriacae (sogenannte Breitspektrumbetalaktamasen bildende Erreger, englisch extended spectrum betalactamases, ESBL,) und Ceftazidim, Ciprofloxacin oder Carbapenem resistente Pseudomonaden. Neben diesen Hauptproblemfeldern zeichnen sich jedoch auch in Bereichen bisher problemlos zu behandelnder Erreger erste Schwierigkeiten ab. So ist es zu einem dramatischen Anstieg fluorchinolonresistenter E. coli gekommen [12] . Zudem häufen sich auch Einzelfallberichte über Erreger, die inzwischen gegenüber keiner der bekannten Antibiotikagruppen sensibel sind [13] . Hauptgrund für die steigende Resistenzrate ist der steigende Antibiotikaverbrauch auf Intensivstationen. Eine direkte Korrelation zwischen Verbrauch und Resistenz ist belegt [14] . Die -vor allem in der Laienpresse populäre -Theorie, dass Resistenzen in erster Linie aufgrund mangelhafter Hygienestandards von Patient zu Patient übertragen werden (so genannte "Cross-Infektion"), lies sich nur für eine Minderheit von Fällen belegen [15] . Für das Krankenhaus problematisch scheint jedoch auch der steigende Antibiotikakonsum im ambulanten Bereich zu sein, der die Resistenzentwicklung im Hospitalbereich nachhaltiger beeinflusst als das jede Krankenhaustherapie selbst tun kann [16] . Hierfür gibt es verschiedene Gründe (Übersicht bei [17] ). In einigen Ländern Europas gibt es keine generelle Verschreibungspflicht für Antibiotika. Wer sich krank fühlt, kann sich bspw. in Spanien jedes Präparat in der Apotheke selbst besorgen, ohne ärztliche Fachkenntnis zu bemühen. 88% aller spanischen Haushalte haben ein Antibiotikum im Apothekenschrank (im Vergleich: 65% haben dort Acetylsalicylsäure). Falsche Dosierung, zu kurze Behandlungsdauer und falsche Indikation (ca. 90% der antibiotisch behandelten Infekte sind Virusinfekte, die überhaupt nicht von der antibiotischen Therapie profitieren) fördern die Resistenzentstehung. Aber auch in Ländern mit Verschreibungspflicht wie Deutschland werden häufig Antibiotika mit falscher Indikation verschrieben. Gerade im pädiatrischen Bereich, in dem Virusinfektionen die mit weitem Abstand dominierende Infektionsart darstellen, wird aus Angst etwas zu übersehen, früh zum Antibiotikum gegriffen. Dies entspricht weitestgehend auch der Erwartungshaltung von Eltern und Betreuern, die Infektion mit bakterieller Infektion und Behandlung mit antibiotischer Behandlung gleichsetzen. Diese "überflüssige" Gabe antiinfektiver Substanzen begünstigt eine Resistenzentwicklung natürlicher Siedler (im Magen-Darm-oder im Atemwegstrakt) des Organismus, die dann im Krankheitsfall zu gefährlichen Pathogenen werden. Dazu kommt, dass solche resistente Kolonisatoren teilweise in der Lage sind Resistenzgene auf andere Keimspezies zu übertragen. So können beispielsweise nicht pathogene Streptokokken des oberen Atemwegstrakts ihre Resistenz auf die äußerst pathogenen Pneumokokken übertragen und so die Pneumonietherapie erschweren [18] . Die sich kontinuierlich verändernde Erregerepidemiologie muss in der Planung der Antibiotikatherapie berücksichtigt werden. Dabei ist jedoch die infektionsepidemiologische Variabilität hoch. Nicht nur zwischen verschiedenen Ländern und Regionen, sondern sogar zwischen Krankenhäusern derselben Stadt oder verschiedenen Intensivstationen desselben Hauses kann es erhebliche Unterschiede hinsichtlich der wichtigsten Erreger und zu beobachtender Resistenzen geben [19] . Erreger-und Resistenzstatistiken sollten daher für jede Intensivstation einzeln erfasst und in regelmäßigen -je nach Größe der Intensivstation alle 6 oder alle 12 Monate -Abständen kommuniziert werden. Natürlich können die klassischen klinischen Symptome der Atemwegserkrankung wie Husten, purulenter Auswurf, Dyspnoe, Fieber oder Pleuraschmerzen auftreten. Gerade beim alten und beim multimorbiden Patienten kann eine Pneumonie allerdings symptomarm verlaufen [20] . Eine ausführliche Untersuchung ist häufig aufgrund der Schwere der Erkrankung nicht möglich, einen pathognomonischen Auskultationsbefund für die Pneumonie gibt es nicht [21] . Die Diagnosestellung ist bei nosokomialer Pneumonie daher wesentlich schwieriger als die der ambulant erworbenen. Der Zusammenschau aller Befunde und der Erfahrung des Diagnostikers kommt daher eine wesentliche Bedeutung zu. Für den Sonderfall der beatmungsassozierten Pneumonie wird der sogenannte "clinical pulmonary infection score" (CPIS,) als Kriterium zur Diagnostik herangezogen (Tabelle 1). Das Röntgen-Thoraxbild stellt nach wie vor das Basisdiagnostikum bei Pneumonie dar. Wann immer möglich sollte eine Thoraxröntgenaufnahme in zwei Ebenen angefertigt werden. Dies ist bei schwer Kranken Patienten und im Intensivbereich häufig nicht möglich. Liegend Röntgenaufnahmen sind in der Regel von eingeschränkter Qualität, die Differentialdiagnose zu einem pneumonischen Infiltrat ist vielfältig (Tab. 2). Die hochauflösende Computertomographie (CT) ist wesentlich sensitiver, es muss jedoch bedacht werden, dass der Transport ins CT selbst einen Risikofaktor für nosokomiale Infektionen darstellt [23] . Die Indikation zum CT muss deswegen sorgfältig überdacht werden, die Untersuchung sollte nur durchgeführt werden, wenn eine therapeutische Konsequenz abzusehen ist. Der Anstieg des C-reaktiven Proteins ist der alleinigen Veränderung der Leukozytenzahl überlegen, wenn auch nicht infektionsbeweisend. Das Procalcitonin III [24] ist ein sensitiver Marker für bakterielle Pneumonien (negativ bei viralen Infekten, unklarer Verlauf bei Pilzinfektionen). Nach operativen Eingriffen (Herz-/Lungenmaschine, Abdominalchirurgie) kann es jedoch zu deutlichen Erhöhungen dieses Markers kommen, der Verlauf muss dann zur Beurteilung herangezogen werden. Eine Leukopenie kann Zeichen einer bereits septisch verlaufenden Infektion sein und ist prognostisch ein schlechtes Zeichen. Eine Linksverschiebung im Differentialblutbild ist ein sehr sensitives Zeichen einer schweren Infektion, leider wird diese Untersuchung nur noch selten im Intensivbereich durchgeführt. Die Durchführung einer Blutgasanalyse oder zumindest eine pulsoximetrisch bestimmte Sauerstoffsättigung ist zur Risikoeinschätzung bei jeder nosokomialen Pneumonie zu fordern. Ausgedehnter Befall im Röntgenbild und/oder eine Hypoxämie machen immer eine intensivere Überwachung des Patienten nötig [25] . Geeignete Proben für die mikrobiologische Diagnostik sind Materialien aus den tiefen Atemwegen (Sputum, Bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit (BAL) und Biopsien), Pleuraflüssigkeit (bei Ergußnachweis durch Sonographie) und Blutkulturen. Bei Sputumproben und Trachealsekret muss darauf geachtet werden, dass wegen der häufigen Kontamination mit der physiologischen Flora des Mund-Rachenraums nur eitriges Sputum (> 25 Leukozyten, < 10 Plattenepithelien pro Gesichtsfeld) untersucht wird. Die Sputumprobe sollte vor Beginn einer antimikrobiellen Therapie gewonnen werden und umgehendmöglichst innerhalb von 2 Stunden -im Labor bearbeitet werden. Bei längeren Transportzeiten (> 4 Std.) ins Labor kommt es aufgrund der unterschiedlichen Überlebenszeiten von Pathogene außerhalb des Menschen zu Falschbefunden. In den 90er Jahren gab es eine heftige spanischfranzösische Kontroverse über die Frage, ob eine invasive bronchoskopische Diagnostik mit BAL oder geschützter Bürste zu einer verbesserten Therapiesteuerung führen könnte [26, 27] . Alle Studien hatten erhebliche Mängel, so dass eine endgültige Klärung nicht herbeigeführt werden konnte. Wenn die Bronchoskopie im Intensivbereich etabliert ist, bietet sie neben der Erregerdiagnostik den Vorteil der makroskopischen Atemwegs-und Schleimhautbeurteilung und sollte favorisiert werden. Bei Therapieversagen (keine klinische Besserung innerhalb der ersten 72 Stunden nach Beginn der Antibiotikatherapie) und bei immunsupprimierten Patienten sollte der invasiven Erregerdiagnostik in jedem Fall der Vorzug gegeben werden. Pleuraerggüsse sollten, vor allem bei persistierenden Infektionszeichen punktiert werden. Die pH Wert (< 7,2) Bestimmung im Erguss gibt klare Hinweise auf ein Pleuraempyem [28] . Blutkulturen werden in 10-20% der Fälle positiv und sollten bei schwereren Infektionen immer durchgeführt werden. Serologische Untersuchungen spielen mit wenigen Ausnahmen in der Diagnostik eine Rolle. Dies gilt insbesondere für Candida und die atpischen Erreger (Mykoplasmen, Chlamydien). Bei Verdacht auf Legionelleninfektion (Auslandsaufenthalt, immunsupprimierter Patient, Alkoholabusus) ist die Antigenbestimmung im Urin heute die diagnostische Methode der Wahl [29] . Die antibiotische Behandlung ist die zentrale Komponente der Therapie von Pneumonien. Entsprechend sind Antibiotika die am häufigsten im Intensivbereich eingesetzte Substanzgruppe, ihr Beitrag zu den Gesamtkosten der Intensivmedizin ist erheblich. Trotz dieser enormen Bedeutung der Antibiotikatherapie für den Verlauf intensivmedizinischer Erkrankungen wurden diese Substanzen im Rahmen klinischer Studien am intensivmedizinischen Patientenkollekiv kaum untersucht. Empfehlungen zur Antibiotikatherapie in diesem Bereich sind meist aus Untersuchungen an wesentlich gesünderen Patientenkollektiven abgeleitet. Auf vielen Intensivstationen existieren keine verbindlichen Richtlinien zum Einsatz antiinfektiöser Substanzen. Während Therapievorschriften in anderen Bereichen wie beispielsweise der Ernährungstherapie bis ins kleinste Detail reglementiert werden, werden im Bereich der Antibiotikatherapie minimale Grundregeln nicht befolgt. Im Folgenden wird daher zunächst auf die Grundanforderungen an eine moderne Antibiotikatherapie eingegangen. Im Weiteren werden dann spezifische Empfehlungen diskutiert. Spezifische Aspekte der Pharmakokinetik und -dynamik können im Rahmen dieser Übersicht nicht detailliert besprochen werden. Auf prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung der Pneumonieentstehung, die einen wesentlichen Baustein in der Infektionsbekämpfung einnehmen, kann im Rahmen dieses Artikels nicht eingegangen werden. Hier wird auf die Empfehlungen des RKI sowie des Centers of Disease Control verwiesen [30] . Die Prognose von Patienten mit nosokomialer Pneumonie hängt von der initial richtigen Antibiotikatherapie ab. Inadäquate Therapie -wobei unter inadäquat sowohl das falsche Antibiotikum als auch eine nicht ausreichend dosierte Antibiotikatherapie zu verstehen ist -erhöht, unabhängig vom primären Infektionsort, die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit um bis zu 40% [31] . Wird -beispielsweise nach Erhalt der mikrobiologischen Ergebnisse -eine Korrektur der Therapie vorgenommen, hat dies kaum noch einen positiven Einfluss auf das Überleben der Patienten [32] . Aber selbst wenn die falsche antibiotische Primärtherapie überlebt wird, erhöhen sich die Liegedauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus und damit die Kosten der Behandlung deutlich. Hauptgrund für eine initiale Falschtherapie ist eine Infektion durch multiresistente Erreger, die durch eine zu eng gewählte Antibiotikastrategie nicht erreicht werden können [33] . Risikofaktoren für multiresistente Erreger (Tab. 3) müssen daher in die Therapieempfehlungen mit einbezogen werden. Einer Antibiotikavortherapie kommt dabei eine wesentliche Rolle zu, es sollte bis auf Ausnahmen nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden, dass in den letzten vier Wochen bereits eingesetzt wurde. Einer genauen Antibiotikaanamnese kommt daher eine wesentliche Bedeutung zu. Neben der richtigen Wahl des Antibiotikums spielt jedoch auch der Zeitpunkt der Applikation für das Überleben des Patienten eine entscheidende Rolle. Sobald ein Infektionsverdacht besteht, muss die Therapie begonnen werden. Diagnostische Maßnahmen (Gewinnung von Blutkultur oder Atemwegsmaterial) sollten dann abgeschlossen sein, die Antibiotikagabe darf jedoch in keinem Fall durch zu aufwendige Diagnostik wesentlich verzögert werden. Bei nosokomialer Pneumonie kann sich die Letalität durch Verzögerung der adäquaten antibiotischen Therapie vervierfachen. Wie oben bereits gezeigt, beschleunigt eine Übertherapie mit Antibiotika die Resistenzentwicklung der wichtigsten Erreger und trägt damit indirekt zu einer erhöhten Sterblichkeit bei. Zuverlässige Marker, die eine bakterielle Infektion belegen, fehlen. Primär wird man bei einem Infektionsverdacht immer mit ei- [35] . Entscheidend für die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen ist jedoch unter anderem die Dauer der Antibiotikatherapie. Diese ist auf den meisten Intensivstationen im Schnitt deutlich zu lang. Nina Singh konnte zeigen, dass es sinnvoll ist, die Berechtigung einer solchen Therapie bereits am Tag 3 zu überprüfen. Lässt sich zu diesem Zeitpunkt kein Infektionsverdacht mehr bestätigen, konnte die Therapie ohne Verschlechterung des Outcome beendet werden. Die Resistenzentwicklung wurde auf diese Weise reduziert, Kosten wurden gespart [36] . Aber auch für die Beurteilung des Therapieversagens ist der dritte Tag der entscheidende Zeitpunkt, um das zu wählende Vorgehen neu zu überdenken. Gegebenenfalls ist eine Erweiterung der Antibiotikatherapie (vor allem bei Verdacht auf multiresistente Erreger) oder ein Wechsel des Antibiotikums notwendig. Bei Unklarheiten über Infektionsart und -herd sollte eine ausgedehnte erweiterte Diagnostik unter Einschluss endoskopischer und radiologischer Verfahren erwogen werden. Zeichnet sich am Tag 3 ein Therapieerfolg ab, sollte die Therapie bis zum Tag 7 unverändert fortgesetzt werden. In einer randomisierten kontrollierten Studie aus Frankreich konnte belegt werden, dass nur in Ausnahmefällen eine Therapie über mehr als sieben Tage hinaus notwendig ist [37] . Dies gilt auch für atypische Pneumonieerreger [38] . Im Hinblick auf Pseudomonas konnte aufgrund der zu kleinen Patientenzahl keine abschließende Beurteilung vorgenommen werden, möglicherweise muss hier auf eine 10 Tagestherapie erweitert werden. Die Therapie der nosokomialen Pneumonie sollte grundsätzlich parenteral erfolgen, da die Bioverfügbarkeit von Antibiotika in Abhängigkeit von Alter des Patienten und Schwere der Erkrankung ungewiss ist. In mehreren Studien zur ambulant erworbenen Pneumonie konnte gezeigt werden, dass bei schneller klinischer Besserung unter Beachtung der in Tabelle 4 aufgeführten Kriterien ein Wechsel auf eine orale Therapie nach drei Tagen möglich ist (sogenannte Switch Therapie). Auch wenn für die nosokomiale Pneumonie keine Studien vorliegen kann diese Empfehlung für leichtere Formen der Pnemonie wahrscheinlich übernommen werden. Die Therapie der nosokomialen Pneumonie orientiert sich an den Richtlinien der American Thoracic Society [34] . Hier wird entsprechend dem oben aufgeführten Risiko für multiresistente Erreger bzw. dem Risiko für das Auftreten einer Pseudomonasinfektion stratifiziert. Als Risikofaktoren für Pseudomonas gelten eine mögliche Aspiration (Alten-und Pflegeheimpatienten), eine COPD in fortgeschrittenem Krankheitsstadium (GOLD Stadium III und IV), ein Krankenhausaufenthalt in den letzten drei Monaten und eine Antibiotikavorbehandlung (aus welchen Gründen auch immer) im letzten Monat [40] . In den amerikanischen Empfehlungen spielt die Beatmungsdauer noch eine Rolle, da angenommen wird, dass Erregerresistenzen erst über die Zeit entstehen. Neuere Arbeiten belegen jedoch, dass viele Patienten schon frühzeitig Multiresistenzen zeigen [41] . Multimorbidität und häufige Krankenhausaufenthalte dürften hierfür verantwortlich zeichnen. Die Tabellen 5 und 6 (modifiziert nach [34] ) zeigen das Vorgehen entsprechend der Stratifizierung. Bei Leber-und Niereninsuffizienz muss eine entsprechende Anpassung der Dosierungen erfolgen. Wegen der hohen Resistenzrate von Ciprofloxacin bei Enterobacteriacae und Pseudomonas wird keine Monotherapie mit dieser Substanz empfohlen. Die Kombinationstherapie mit Aminoglykosiden ist aufgrund mehrerer negativer Metaanalysen in Verruf gekommen [42, 43] . Diese zeigten lediglich eine erhöhte Nebenwirkungsrate (mehr Nephrotoxizität), nicht aber ein verbessertes Outcome unter der Kombinationstherapie. Allerdings beruhen die Metaanalysen überwiegend auf älteren Studien, in denen Aminoglykoside noch niedrig dosiert dreimal täglich angewandt wurden. Im letzten Jahr wurde gezeigt, dass subinhibitorische Aminoglykosidkonzentrationen ein Gen aktivieren, das die Biofilmbildung von Erregern kodiert. Diese Biofilme inhibieren die Wirksamkeit von Antibiotika und unterstützen Resistenzentwicklung [44] . Heute werden Aminglykoside einmal täglich hochdosiert (Genta-und Tobramycin 7-10 mg/kg Körpergewicht/Tag), dafür wird -mit Ausnahme der Endokarditis -die Therapiedauer auf drei Tage verkürzt. Eine retrospektive Analyse bei Patienten mit Pseudomonassepsis konnte den Erfolg dieses Vorgehens bestätigen [45] . Bei Verdacht auf eine Infektion mit einem methacillinresistenten Staphylokokkus aureus ist eine Gly-kopeptidtherapie (Vancomycin) in der Regel nicht ausreichend, da Glykopeptide schlecht in der Lunge anreichern. Es muss daher mit einem gewebsgängigen Antibiotikum (Rifampicin, Fosfomycin) kombiniert werden (Übersicht bei [47] ). Eine erste Studie aus Spanien zeigt, dass eine Dauerinfusion über 24 Stunden (1,5-2 g Vancomycin, Zielserumspiegel 16-20 mg/l) die Wirksamkeit des Glykopeptids erhöht [48] . Alternative für schwere MRSA-Fälle -vor allem, wenn die pathogene PVL-Variante mit nekrotisierenden Infektionen vorliegt -ist das Oxazolidinon Linezolid. Wegen schwerwiegender neuro-und hämatotoxischer Nebenwirkungen ist diese Substanz jedoch nicht zur Langzeittherapie (> 4 Wochen) geeignet. Grundsätzlich kann durch jedes Antibiotikum eine Antibiotika assoziierte Diarrhoe mit Clostridium difficile ausgelöst werden. Wässrige Durchfälle bei einer Antibiotikatherapie über 5 Tage sollten Anlass sein, an eine solche Komplikation zu denken. Ein zweimaliger Nachweis von C. difficile Toxin im Stuhl ist bei passender Klinik diagnostisch beweisend. Das Antibiotikum muss sofort abgesetzt werden und eine Therapie mit 4 × 400 mg Metronidazol (alternativ 4 × 250 mg Vancomycin oral) eingeleitet werden. In gleicher Weise kann auch prinzipiell durch jedes Antibiotikum Fieber ausgelöst werden. Fehlende Entzündungswerte und eine an die Applikation gekoppelter Fieberanstieg sollten zu denken geben. Antibiotika assoziiertes Fieber tritt umso häufiger auf, je mehr antibiotische Substanzen eingesetzt werden. Bei Verdacht sollte eine 24 stündige Antibiotikapause erwogen werden, danach sollten die Fieberepisoden in der Regel verschwunden sein. Hautveränderungen im Sinne eines allergischen Exanthems sind unter Antibiotikatherapie häufig. Allerdings ist nicht jeder Hautausschlag unter Einsatz dieser Substanzen eine Allergie. Antibiotika bilden Haptene mit Virusbestandteilen, was einen Hautausschlag bedingt. Bei Reexposition ergeben sich zu einem anderen Zeitpunkt keine allergischen Probleme. Es muss daher in jedem Einzelfall kritisch abgewogen werden, ob ein Hautausschlag zu einem sofortigen Absetzen der Therapie führen muss. Die steigende Bedeutung multiresistenter Erreger hat dazu beigetragen, dass wieder mehr Geld in die Antibiotikaentwicklung geflossen ist (Übersicht bei [47) ]. Die Mehrzahl der neuen Substanzen fokusiert Incidence and risk factors for nosocomial infections caused by fluoroquinolone-resistant Escherichia coli Escherichia coli: development of carbapenem resistance during therapy Antibiotic resistance among gram-negative bacilli in US intensive care units: implications for fluoroquinolone use How many infections are caused by patient-to-patient transmission in intensive care units? Outpatient antibiotic use in Europe and association with resistance: a cross national database study Epidemiological impact of antibiotic use/misuse in the community Fluoroquinolone resistance in invasive Streptococcus pyogenes isolates due to spontaneous mutation and horizontal gene transfer Incidence and susceptibility of pathogenic bacteria vary between intensive care units within a single hospital: implications for empiric antibiotic strategies Influence of age on symptoms at presentation in patients with community-acquired pneumonia Do clinical findings in lower respiratory tract infection help general practitioners prescribe antibiotics appropriately? An observational cohort study in general practice Diagnosis of ventilator-associated pneumonia by bacterologic analysis of bronchoscopic and nonbronchoscopic "blind" bronchoalveolar fluid Patient transport from intensive care increases the risk of developing ventilator-associated pneumonia Effect of procalcitonin guided treatment on antibiotic use and outcome in lower respiratory tract infections Validation of predictive rules and indices of severity for community acquired pneumonia Invasive and noninvasive strategies for management of suspected ventilator-associated pneumonia. A randomized trial Noninvasive versus invasive microbial investigation in ventilator-associated pneumonia: evaluation of outcome Diagnostically significant variations in pleural fluid pH in loculated parapneumonic effusions S3-Leitlinie zu ambulant erworbener Pneumonie und tiefen Atemwegsinfektionen Guidelines for preventing health-care-associated pneumonia, 2003: recommendations of CDC and the Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee Communityacquired bloodstream infection in critically ill adult patients: impact of shock and inappropriate antibiotic therapy on survival Impact of BAL data on the therapy and outcome of ventilatorassociated pneumonia Ventilatorassociated pneumonia caused by potentially drug-resistant bacteria Guidelines for the management of adults with hospital-acquired, ventilator-associated, and healthcare-associated pneumonia Therapy of ventilator-associated pneumonia. A patient-based approach based on the ten rules of "The Tarragona Strategy Shortcourse empiric antibiotic therapy for patients with pulmonary infiltrates in the intensive care unit. A proposed solution for indiscriminate antibiotic prescription PneumA Trial Group. Comparison of 8 vs 15 days of antibiotic therapy for ventilator-associated pneumonia in adults: a randomized trial Efficacy of 750-mg, 5-day levofloxacin in the treatment of community acquired pneumonia caused by atypical pathogens Clinical practice. Managment of communityacquired pneumonia Community-acquired pneumonia due to gram-negative bacteria and pseudomonas aeruginosa: incidence, risk, and prognosis Both early-onset and late-onset ventilator associated-pneumonia are caused mainly by potentially multiresistant bacteria Beta lactam monotherapy versus beta lactamaminoglycoside combination therapy for sepsis in immunocompetent patients: systematic review and metaanalysis of randomised trials Does combination antimicrobial therapy reduce mortality in Gram-negative bacteraemia? A metaanalysis Aminoglycoside antibiotics induce bacterial biofilm formation Effectiveness of combination antimicrobial therapy for Pseudomonas aeruginosa bacteremia Investigation of the synergic effects of aminoglycoside-fluoroquinolone and third-generation cephalosporin combinations against clinical isolates of Pseudomonas spp Neue Antibiotika für die Behandlung von MRSA-Infektionen Pneumonia caused by oxacillin-resistant Staphylococcus aureus treated with glycopeptides Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Hrsg) Arzneiverordnungen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln