key: cord-0006635-iaocovf2 authors: Schreiber, J. title: Medikamenteninduzierte parenchymatöse Lungenerkrankungen date: 2009-08-01 journal: Pneumologe (Berl) DOI: 10.1007/s10405-008-0294-9 sha: 9bd2838d04ef18ad2d73fd891df850c596d13b2c doc_id: 6635 cord_uid: iaocovf2 Drug-induced alveolitis/pneumonitis and lung fibrosis are comparatively frequent manifestations of drug-induced damage to the respiratory system. These side effects rarely have pathognomonic features. Therefore, they are relevant differential diagnoses of naturally occurring pulmonary diseases. Side effects of drug therapy may mimic much of the clinical-radiological-pathological pattern of interstitial lung diseases; however, precise figures on the frequency of medicamentous induction of interstitial lung disorders are lacking. The diagnostics are based mainly on verifying a compatible disease pattern, excluding differential diagnoses, and assessing the temporal relationship and the consequences of drug abstention. Reexposure is rarely indicated. Strict elimination of the responsible drugs is the most important therapeutic measure. Additional drug therapy, mostly with glucocorticosteroids, may be indicated. This article summarizes the spectrum of drug-induced disorders of the lung parenchyma. Medikamenteninduzierte Erkrankungen können sich in allen Kompartimenten der Atmungsorgane manifestieren. In diesem Beitrag wird eine Übersicht über medikamentös induzierte Erkrankungen des Lungenparenchyms, aber auch Reaktionsmuster wie das nichtkardiogene Lungenödem, die diffuse alveoläre Hämorrhagie, das medikamenteninduzierte ARDS ("acute respiratory distress syndrome") und eosinophile Lungenparenchymerkrankungen gegeben. Überschneidungen zwischen diesen Reaktionsmustern sind möglich. So können beispielsweise Charakteristika eines diffusen Alveolarschadens vor dem Hintergrund eines NSIP-Musters ("non-specific interstitial pneumonia") auftreten. Interstitielle Lungenerkrankungen -Alveolitiden und Lungen-fibrosen -sind die häufigste Form von Arzneimittelnebenwirkungen am Lungenparenchym. Meist ist die Lunge isoliert betroffen. Eine gleichzeitig auftretende Hepatotoxizität wurde z. B. für Amiodaron oder Nitrofurantoin beschrieben. Dagegen sind medikamentös induzierte systemische Krankheitsbilder mit pulmonaler Beteiligung selten. Es gibt Medikamente, die im Falle von Nebenwirkungen ein uniformes Reaktionsmuster an den Atmungsorganen induzieren, einzelne Medikamente können jedoch auch in Abhängigkeit von der individuellen Prädisposition verschiedenartige Krankheitsbilder hervorrufen. Andererseits können identische Schädigungsmuster des Lungenparenchyms durch strukturell und pharmakologisch unterschiedliche Medikamente verursacht werden. Für eine kaum noch überschaubare Vielzahl von pharmakologisch und strukturell verschiedenartigen Medikamenten wurden Nebenwirkungen am Lungenparenchym beschrieben. Die am häufigsten ursächlichen Medikamente bzw. Medikamentengruppen sind Zytostatika (Bleomycin, Busulfan, Chlorambuzil, Gemcitabin, Nitrosoharnstoffe wie Carmustin und Lomustin, u.v.a.), Amiodaron, Antibiotika und biologische Medikamente (Wachstumsfaktoren, Interferone, Zytokine, Antikörper wie Rituximab, Trastuzumab). Die exzellente Datenbank Pneumotox-online [13] enthält aktuell über 350 Medika-mente, für die bronchopulmonale Nebenwirkungen beschrieben wurden. Die relativen Häufigkeiten verändern sich mit den sich ändernden Modalitäten der Pharmakotherapie. So ist beispielsweise die früher häufige Nitrofurantoinlunge heute selten geworden, eine früher ebenfalls häufige Goldlunge als Folge einer Therapie einer rheumatoiden Arthritis mit Goldpräparaten dürfte heute nicht mehr auftreten. Für neuere Substanzen, wie Tyrosinkinaseinhibitoren (Gefitinib, Erlotinib), Rapamycinderivate (Sirolimus, Everolimus, Temserolimus), Imatinib, Interferone und Anti-TNFα-Antagonisten (Eternacept, Infliximab, Adalimumab) wurden pneumotoxische Nebenwirkungen nachgewiesen. Die Pathomechanismen der medikamenteninduzierten Lungenerkrankungen sind vielfältig und je nach Medikament und Reaktionsmuster unterschiedlich, oft auch nicht im Detail geklärt. Sie reichen von einer direkten Toxizität des Medikaments oder seiner Metaboliten über hypererge Reaktionen bis hin zur Induktion von autoimmunen oder allergischen Reaktionen [14] . Die Lunge ist ein stoffwechselaktives Organ mit einer breiten Enzymausstattung. Die Gesamtkonzentration der Enzyme der Cytochrom-P450-Superfamilie beträgt in der Lunge etwa 10% der Konzentration in der Leber. Auf zellulärer Basis ist die Konzentration dieser Enzyme in den pulmonalen Clara-Zellen und den Typ-II-Pneumozyten höher als in Hepato- In Abhängigkeit von den Ergebnissen dieser Diagnostik wird empfohlen, die Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs einzuteilen in [22] : F bewiesen ("causative"), F wahrscheinlich ("probable"), F möglich ("possible"). Eine Schädigung des Lungenparenchyms durch Medikamente manifestiert sich meist, jedoch nicht immer in Form einer Alveolitis oder Lungenfibrose und kann durch eine Vielzahl von Arzneimitteln induziert werden (. Infobox 2, . Infobox 3, [2, 4, 17] Akute, subakute und chronische Verläufe sind möglich. F Bleomycin F Busulfan F Mitomycin F Carmustin u. a. Zytostatika F Amiodaron F Nitrofurantoin F Amphotericin B F Sulfasalazin F Hydrochlorothiazid F Goldsalze F Bromocriptin F Interstitielle Lungenerkrankung · Hämorrhagie · Allergische Reaktion · Toxizität · Medikamentenkarenz Druginduceddisordersofthelungparenchyma Abstract Drug-induced alveolitis/pneumonitis and lung fibrosis are comparatively frequent manifestations of drug-induced damage to the respiratory system. These side effects rarely have pathognomonic features. Therefore, they are relevant differential diagnoses of naturally occurring pulmonary diseases. Side effects of drug therapy may mimic much of the clinical-radiological-pathological pattern of interstitial lung diseases; however, precise figures on the frequency of medicamentous induction of interstitial lung disorders are lacking. The diagnostics are based mainly on verifying a compatible disease pat-tern, excluding differential diagnoses, and assessing the temporal relationship and the consequences of drug abstention. Reexposure is rarely indicated. Strict elimination of the responsible drugs is the most important therapeutic measure. Additional drug therapy, mostly with glucocorticosteroids, may be indicated. This article summarizes the spectrum of drug-induced disorders of the lung parenchyma. Interstitial lung disease · Hemorrhage · Allergic reaction · Toxicity · Drug cessation Bei begründetem Verdacht ist eine Medikamentenkarenz und in Abhängigkeit vom Schweregrad der Reaktion eine Therapie mit Glukokortikosteroiden indiziert. Eine granulomatöse Entzündung ist nicht typisch für eine medikamentös induzierte Schädigung des Lungenparenchyms. Einige Medikamente können jedoch mehr oder weniger gut abgrenzbare pulmonale Granulome induzieren: Methotrexat, Bleomycin, Phenylbutazon, Phenytoin, Sirolimus, Eternacept und Leflunomid. Die Induktion einer Sarkoidose kann die Therapie mit Interferon-α und -β komplizieren. Ein diffuser Alveolarschaden (DAD) manifestiert sich klinisch oft als akutes Lungenversagen ("acute respiratory distress syndrome", ARDS). Das histomorpho-Abb. 1 [11] . Im Folgenden werden einige Medikamenten-und Substanzgruppen wegen ihres besonderen Nebenwirkungsspektrums oder ihres breiten Einsatzes im Detail dargestellt. Eine antiarrhythmische Therapie mit Amiodaron wird relativ häufig durch pulmonale Nebenwirkungen kompliziert. Dieses Krankheitsbild ist heutzutage seltener geworden, weil das Medikament niedriger dosiert wird als früher. Die Häufigkeit einer APT ist dosisabhängig und beträgt 0,1-0,6% bei einer Dosis von 200 mg/Tag, wie sie in Deutschland meist üblich ist, von 6-16% bei einer Dosierung bis 600 mg/Tag und reicht bis zu 50% bei Tagesdosen von 1200 mg. Ein Risikofaktor ist eine hohe Initialdosis. Weitere Triggerfaktoren sind thoraxchirurgische Eingriffe, eine Sauerstofftherapie und vermutlich auch Infektionen. Eine seltene, mit einer erheblichen Letalität behaftete Komplikation einer Amiodarontherapie ist das akute Lungenversa gen (ARDS), das nahezu ausschließlich nach thoraxchirurgischen Eingriffen, einschließlich minimal-invasiver Eingriffe auftritt [5, 15] . Für zahlreiche Zytostatika sind Nebenwirkungen an den Atmungsorganen bekannt. Auch die neueren Chemotherapeutika und immunsuppressiven Medi-kamente (Fludarabin, Gemcitabin, Gefitinib, Imatinib, Irinotecan, Rituximab, Trastuzumab und Taxane) wurden pneumotoxische Nebenwirkungen beschrieben. Durch den vermehrten Einsatz von biologischen Substanzen (Wachstumsfaktoren, Zytokine, Antikörper) sind hinsichtlich der pulmonalen Toxizität zusätzliche Probleme entstanden. Die pulmonale Toxizität von Zytostatika wird in eine früh, während der Therapie einsetzende ("early onset") Form (. Abb. 5) und eine Monate bis Jahre nach der Therapie einsetzende ("late onset") Form unterschieden. Die früh einsetzende Form manifestiert sich meist als Alveolitis, toxisches Lungenödem, ARDS, diffuse alveoläre Hämorrhagie (DAH) oder Bronchiolitis obliterans, die spät einsetzende Form meist als Lungenfibrose. Risikofaktoren für toxische Nebenwirkungen von Zytostatika an den Lungen sind die kumulative Medikamentendosis, eine Kombinationstherapie mit anderen Zytostatika, insbesondere eine Second-line-oder Third-line-Therapie, eine zusätzliche Behandlung mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren, ein höheres Alter der Patienten (>70 Jahre), eine simultane oder sequentielle Strahlentherapie, eine Sauerstofftherapie (F i O 2 >0,5) und thoraxchirurgische Eingriffe. Patienten mit vorbestehenden Lungenparenchymerkrankungen. Abb. 5 Drug-induced eosinophilic lung disease Druginduced and iatrogenic infiltrative lung disease Drug-induced respiratory disease in patients with hematological diseases Interstitial lung disease induced by drugs and radiation Amiodarone pulmonary toxicity Methotrexate pulmonary toxicity Druginduced lung disease: high-resolution CT and histological findings Bronchoalveolar lavage in drug-induced lung disease Pulmonary toxicity from novel antineoplastic agents Drug-induced lung disease: high-resolution CT findings Drug induces bronchiolitis obliterans organizing pneumonia Pathologic characteristics of drug-induced lung disease Pneumotox online. The drug-induced lung diseases Understanding the mechanisms of drug-associated interstitial lung disease Pulmonary toxicity of cardiac drugs Drug-induced pulmonary edema and acute respiratory distress syndrome Infiltrative lung disease due to non-toxic agents Pulmonary toxicity of chemotherapy Imaging features of drug-induced lung diseases Drug-induced pulmonary damage Pulmonary adverse events of anti-tumor necrosis factor alpha antibody therapy A method for estimating the probability of adverse drug reactions Drug-induces lupus Drug-related pulmonary problems in patients with rheumatoid arthritis Drug-induced diffuse alveolar hemorrhage syndromes and vasculitis Drug-induced eosinophilic pneumonia: high-resolution CT findings in 14 patients Bei der häufig notwendigen Polychemotherapie kann es bei einer toxischen Lungenschädigung unmöglich sein, eine einzelne Substanz als Ursache zu benennen. Diese Situation wird durch den Terminus "chemotherapy lung" (Chemotherapielunge) widergespiegelt (. Abb. 1; [3, 18] ). In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten der Therapie onkologischer Erkrankungen durch den Einsatz von sog. "small molecules", wie Thyrosinkinase (TK)-Inhibitoren oder Proteasomeninhibitoren, erweitert. Auch für diese Substanzen wurden schwere, teilweise letal verlaufende pulmonale Nebenwirkungen beschrieben. So kann die Therapie mit TK-Inhibitoren wie Gefitinib durch fibrosierende Alveolitiden, die Applikation von Proteasomeninhibitoren (Bortezomib) durch schwere alveoläre Hämorrhagien kompliziert werden (. Abb. 2; [9] ). MTX wird neben seinem Einsatz in der Onkologie in niedriger Dosis zur Behandlung von rheumatischen und entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Pulmonale Nebenwirkungen sind auch bei niedrig dosierter MTX-Therapie möglich und können zu jedem Zeitpunkt der Therapie auftreten. Risikofaktoren sind ein höheres Patientenalter, ein begleitender Diabetes mellitus, pleuropulmonale Manifestation einer rheumatoiden Arthritis, eine vorangegangene Therapie mit DMARD ("disease modifying anti-rheumatic drugs") und eine Hypalbuminämie. Eine Kombinationstherapie mit TNF-Antagonisten kann die MTX-Toxizität triggern.Diagnostische Kriterien einer MTX-Alveolitis sind ein subakuter Beginn innerhalb weniger Tage mit Husten, Dyspnoe, Fieber (>38°C), beidseitigen pulmonalen Infiltraten, Leukozytose über 15 G/L bei negativen Blut-, Sputum und BAL-Kulturen, eine restriktive Ventilationsstörung mit DLCO-und p a O 2 -Abfall. In der BAL ist eine Lymphozytose (CD4+ oder CD8+) und im Lungenparenchym sind histologisch eine Alveolitis, Hyperplasie der Typ-II-Pneumozyten und granulomatöse Entzündung sowie eine geringe, nicht obligate Gewebseosinophilie nachweisbar. Die wichtigste Differenzialdiagnosen sind Infektionen, einschließlich opportunistischer Erreger (Pneumocystis jirovecii, Cytomegalie-Virus, Cryptococcus spp., Herpesviren, Nocardia spp.), die unter einer Therapie mit MTX beschrieben wurden.Die MTX-induzierte pulmonale Toxizität kann einen perakuten Verlauf zeigen und sich als diffuser Alveolarschaden oder als diffuse alveoläre Hämorrhagie manifestieren.Die Therapie besteht in einer Medikamentenkarenz und der Applikation von Glukokortikosteroiden. Eine Reexposition ist kontraindiziert [6, 21, 24] . Eine potenzielle Nebenwirkung an den Atmungsorganen ist eine Alveolitis, die sich histologisch als NSIP manifestiert. Auch können eosinophile Infiltrate und Pleuraergüsse auftreten. Als Nebenwirkung dieser Medikamente wurde ein "acute druginduced chest syndrome" beschrieben, das wechselnde, subpleurale Infiltrate mit starken, atemabhängigen pleuritischen Schmerzen und Dyspnoe umfasst, die nach Karenz rückläufig sind und nach Reexposition erneut auftreten. Es ist eine Abgrenzung von rezidivierenden Lungenembolien erforderlich [15] . Die häufigsten und bekanntesten Nebenwirkungen der ACE-Hemmer sind unproduktiver Husten und ein potenziell vital bedrohliches Glottis-oder Larynxödem. Weiterhin können diese Substanzen eosinophile Infiltrate oder eine subakute interstitielle Pneumonie induzieren [15] . In den letzten Jahren wird Nitrofurantoin als preisgünstiges Medikament wieder vermehrt in der Therapie von Harnwegs-Abb. 6 9 Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane einer 19-jährigen Patientin mit einer Alveolitis infolge einer Nitrofurantointherapie (Nitrofurantoinlunge): gering ausgeprägte interstitielle Zeichnungsvermehrung. Es lag eine schwere Einschränkung der Diffusionskapazität vor. Die BAL zeigte eine massive Erhöhung der Gesamtzellzahl mit Vermehrung der Lymphozyten und der eosinophilen Granulozyten