key: cord-0034664-m8xnkcht authors: nan title: Uncharakteristisches Fieber (UF), afebrile Allgemeinreaktion (AFAR), Luftwegekatatthe, Tonsillitis date: 2007 journal: Allgemeinmedizin und Praxis DOI: 10.1007/978-3-540-71903-8_2 sha: 817e4dbb8bcf9f310c1e3220e3919c1b8fa132e5 doc_id: 34664 cord_uid: m8xnkcht uncharakteristisches Fieber (UF), gleichartige, jedoch afebrile Verläufe (afebrile Allgemeinreaktion/AFAR), Angina tonsillaris (die häufig genug das Symptom einer viralen Allgemeinerkrankung darstellt), sowie; verschiedene fieberfreie Katarrhe der Luftwege (◘ Tabelle 1.1). ! Erkrankungen, die nach A, B oder C klassifiziert wurden, müssen abwartend offen geführt werden, d. h. der Arzt muss bereit sein, das BE zu revidieren, sobald besondere Symptome dazutreten, oder wenn der Verlauf der Erkrankung in eine ungewöhnliche Richtung weist. Wurde durch den Arzt jedoch eine exakte Diagnose gestellt (D), dann brauchen primär keine weiteren diagnostischen Überlegungen mehr vorgenommen zu werden. In diesen Fällen (z. B. Angina tonsillaris mit Erregernachweis) ist nach den Vorschriften der spezialistischen Lehre zu behandeln. Eine »dia« -»gnosis« im Sinne eines »Durchschauens bis auf den Grund« ist für nahezu alle BEs des Fensters 1 im allgemeinmedizinisch-wissenschaftlichen Sinn unmöglich. Hier kann der Arzt in der Praxis der Lehre nicht . Epidemien von UF sind nicht an eine bestimmte Jahreszeit gebunden. Die Morbidität (definiert als die Häufigkeit des Auftretens einer bestimmten Krankheit, bezogen auf die Gesamtpopulation) ist bei Kindern und Jugendlichen während Influenzaepidemien immer höher als bei Erwachsenen, da dieser Altersgruppe die Basisimmunität fehlt. Die Letalität (definiert als der Anteil der Erkrankten, die sterben) ist jedoch bei älteren Personen relativ hoch. Das »normale«, flüchtige UF ist zu unterscheiden vom (seltenen) wochenlang andauernden UF. Solche ungeklärten Temperaturerhöhungen über mindestens 14 Tage hinweg treten in der Allgemeinpraxis gerade noch an der Grenze der regelmäßigen Häufigkeiten auf (. Tabelle A1), d. h. sie sind die Ausnahme von der Regel. Das »normale« UF klingt in 2-5 Tagen spurlos ab. Eine Dauer von 1 oder gar 2 Wochen ist die Ausnahme. Nur in 1 von 4 Fieberfällen finden sich Krankheitszeichen, die eine Charakterisierung gestatten. Die große Mehrheit wird von fieberhaft verlaufenden Gesundheitsstörungen gebildet, die näher charakterisierende Zeichen und Befunde vermissen lassen. Fieberhafte Erkrankungen sind per definitionem nicht mehr »uncharakteristisch«, wenn sich bei der Untersuchung z.B. eine strangförmige Rötung (mit oder ohne Schmerzen) oder vergrößerte Tonsillen mit eitrigen Belägen (ggf. mit angulären Lymphknoten) als »charakteristische« Befunde aufdecken lassen. In diesen Fällen ist also nicht UF zu klassifizieren, sondern das entsprechende Krankheitsbild (Erysipel, Thrombophlebitis, Tonsillitis o. Ä. -vgl. 7 Fallbeispiel, S. 20f). Ebenso wenig »uncharakteristisch« ist Fieber dann, wenn z. B. bei liegendem Dauerkatheter ein Fieberschub auftritt (»iatrogenes Fieber«). Hier wird klarerweisebei entsprechendem Laborbefund -eine Zystopyelitis (C) klassifiziert. Ähnliche Klassifikationsüberlegungen gelten, wenn eine Impfung vorausgegangen ist (Impffieber). Die vielfach in der Literatur als typisch beschriebenen Fieberverlaufskurven (z. B. bei Masern oder Sepsis) sieht man in der Praxis wegen der meist frühzeitig einsetzenden Therapie nur noch selten und im Übrigen oft erst im nachhinein. Der Allgemeinarzt kann akute unklare Fälle durchaus einige Tage lang in geteilter Verantwortung mit dem Patienten abwartend offen lassen, bis es keinerlei Zweifel mehr am Ausbleiben einer Wendung zum Besseren gibt. Der Patient und die Pflegepersonen sollen zu sorgfältiger Beobachtung angehalten werden. Sie sind zu instruieren, regelmäßig und exakt die Körpertemperatur zu messen. Die Führung einer Fieberkurve wird dabei auch für den zu Hause betreuten Patienten empfohlen, nicht zuletzt aus Gründen der Objektivierung, aber auch zur Information und aus psychologischen Gründen. Beim UF soll der Arzt auf engen Kontakt mit der Patientenfamilie bedacht sein. Empfehlenswert sind telefonische Berichte in 12-bis 24-stündigen Abständen oder ein Hausbesuch zur Kontrolle. Jede Verschlechterung oder das Auftreten neuer, auffallender Symptome (z. B. Erbrechen), ist dem behandelnden Arzt unverzüglich bekannt-zugeben. Unter solchen Umständen kann der Arzt seiner Verantwortung bestens gerecht werden. Die AFAR ist die afebrile Variante des UF. In der allgemeinmedizinischen Fachsprache bedeutet AFAR: 4 Allgemeinsymptome und/oder Lokalsymptome. Bei der Untersuchung lassen sich keine charakteristischen Krankheitszeichen und Befunde erheben. Die Häufigkeit der AFAR ist den . Tabellen 1.1 und 1.2 (S. 31 und 32) zu entnehmen. Existieren bei uncharakteristischen Erkrankungsfällen der genannten Art zwar örtliche und Allgemeinerscheinungen, fehlt jedoch die erhöhte Körpertemperatur (= AFAR), so ist die 7 Checkliste Nr. 1 (»Fieber-Programm«; 7 Übersicht 1.1) ebenso indiziert wie beim UF. Afebriler Husten als alleiniges Symptom (A), also ohne Fieber und ohne Allgemeinerscheinungen, mit und ohne Auswurf, zählt zu den häufigsten BEs in der Allgemeinme- Beim akuten uncharakteristischen Husten genügt es, intuitiv vorzugehen und sich auf einige gezielte Fragen und auf die lokale Untersuchung zu beschränken. Dauert der Husten 1 oder 2 Wochen, so muss grundsätzlich programmiert untersucht werden (»Husten-Programm«, 7 Checkliste Nr. 2 1 ). Im Vordergrund stehen hier bei Kindern die Exklusion einer Pneumonie, bei Erwachsenen außerdem die Exklusion eines Malignoms und einer Tuberkulose. Wird der Husten stärker, so hängt es vom Allgemeinzustand des Patienten ab, ob man ihn sogleich oder am 10.-14. Krankheitstag zur Röntgenaufnahme der Thorax-organe überweist. Besteht der Husten bereits seit 2 Wochen, so muss sofort eine Röntgenuntersuchung erfolgen. Die Therapie besteht zunächst in: 4 der Beruhigung der Angehörigen, 4 der Gabe eines Sedativums (Diazepam 0,3-0,7 mg/ kg KG i.v., alternativ: Clonazepam (Rivotril 0,01-0,07 mg/kg KG i.v.), 4 der Gabe von fiebersenkenden Mitteln. Wie weit Antipyretika prophylaktisch in der Lage sind, einen Fieberkrampf zu verhindern, wird derzeit diskutiert. Von besonderer Wichtigkeit bleiben jedoch für den Hausarzt die Aufklärung und die Führung der Angehörigen sowohl im Hinblick auf einen möglichen späteren erneuten Anfall, aber auch im Hinblick auf anstehende Impfungen, die prinzipiell ein sog. Impffieber hervorrufen können. Das Risiko für ein Fieberkrampfrezidiv liegt durchschnittlich bei 30%. Ein erhöhtes Risiko besteht dann, wenn eine Belastung der Elterngeneration und/oder der Geschwister mit Fieberkrämpfen vorliegt oder der erste Fieberkrampf während des 1. Lebensjahres aufgetreten ist. Die Prognose ist in der Regel günstig: Etwa 60% der Fälle treten nach dem 5. Lebensjahr nicht mehr auf. Aufgabe Besprechen Sie die in 7 Übersicht 1.2 aufgeführten BEs, die mit oder ohne Fieber einhergehen, anhand der nachfolgenden Fragen und der bei den entsprechenden BEs aufgeführten Zusatzfragen! Ungefähre Häufigkeit in der Allgemeinpraxis erster Eindruck des Arztes (z. B. schwer krank), -Fieberdauer, -Art der Temperaturmessung (axillar, rektal, sublingual, Ohr), -sonstige Allgemeinerscheinungen (z. B. Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit), -Kontaktfragen (z. B. »schon gehabt?«), -örtliche Symptome (z. B. Husten, Auswurf, Halsschmerzen, Gliederschmerzen), -Mutmaßung des Patienten (z. B. Ansteckungsquelle), -bisherige Therapie inklusive Selbstmedikation (z. B. Fieberzäpfchen, Wickel) Objektive Merkmale: -Fieberhöhe, Temperaturschwankungen, -optimale körperliche Untersuchung (z. B. Kopfbeugung bei Sitzenden, Otoskopie bei Kindern, Palpation von regionalen Lymphknoten, Palpation des Abdomens), -programmierte Diagnostik (S. 37), -Labordiagnostik (beim Allgemeinarzt, durch den Spezialisten Beispiele für Erreger und Auswahl der entsprechenden Antibiotika Wie lange?«) Beispiele für atypische AGVs, »Fallstricke« (z. B. Appendizitis, Pneumonie) Behandlung durch den Arzt: -Empfehlungen an die Patienten/Eltern (z. B. Bettruhe, Diät, Arbeitsunfähigkeit, verstärkte Flüssigkeitszufuhr), -lokal (z. B. Gurgeln), -systemisch (auch Chemotherapeutika), -physikalisch (z. B. Brust-und Wadenwickel, aufsteigendes Bad Welche Erkrankungen können zunächst wie UF beginnen, wobei sich bei der programmierten Diagnostik mit der 7 Checkliste Nr. 1 (7 Übersicht 1.1, S. 38) charakteristische Symptome für bestimmte Krankheiten aufdecken lassen (z. B. Pneumonie, Erysipel, Pyelitis, Appendizitis, Thrombophlebitis)? misia absinthum), Sonnenhut (Echinacea purpurea und angustifolia) Exsikkose bei Kindern und alten Menschen) Der Neuraminidaseinhibitor (Relenza, Zanamivir) kann die Dauer der Symptome im Mittel um einen Tag verkürzen Beratungsproblem Arzneimittelfieber (»drug fever«) z. B. bei H1-Rezeptoren-Blockern (»Antihistaminika«) und H2-Rezeptoren-Blockern (wie Cimetidin), ferner bei »Angiotensin-converting-enzyme-(ACE-)Hemmstoffen«, wie Captopril, ferner bei Chinidin, Goldverbindungen, Heparin, Imidazolderivaten, wie den Thyreostatika Carbimazol und Thiamazol, ferner bei dem Antiarrhythmikum Procainamid Hyperthermie) bei direkter Sonnenlichteinstrahlung: rektale Temperatur kann über 41°C steigen (chronisch Kranke, z. B. Diabetiker, Alkoholiker, besonders gefährdet) Diskussion der Devise »Senkung von Fieber um jeden Preis« Diskussion der Laienmeinung: »Das Fieber herauskommen lassen«. (Thermolabilität der Viren!?) wie Inhalation, Hustenbonbons (durch Aktivierung des häufigen Schluckens Hemmung des Hustens), Einreibungen, frische Luft Problematik von Kombinationspräparaten aus Hustenblocker und Expektorans Charakterisierung des Opiumalkaloids Kodein: zuverlässige antitussive Wirkung, jedoch Verstopfung und (geringe) Gefahr der Abhängigkeit; relativ schwach zentral wirksames Analgetikum Mögliche Problematik von ACE-Hemmern und Husten Hartnäckiger Husten als Begleitsymptom einer Linksherzinsuffizienz mit dem Leitsymptom Atemnot: verursacht durch Zunahme des Blutvolumens im Lungenkreislauf um ca. 20-30% bei horizontaler Lage Zusatzfragen »Tonsillitis« 4 Rachenabstrich: Indikation, Durchführung, Aussagekraft Ungefähre Häufigkeit primärer viraler Affektionen bei Kindern? (Zirka 90%), überwiegender bakterieller Erreger? (Zirka 80% -hämolysierende Streptokokken) Nichtsuppurative Komplikationen (rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis) Fraglicher Nutzen von Lokalantibiotika (z. B. Bacitracin, Tyrothricin, Fusafungin/Locabiosol) Antibiotische Behandlung: Notwendigkeit, Behandlungsdauer (10 Tage Penicillin oder 5 Tage Erythromycin-Estolat/Infectomycin) und Dosierung mit Standardantibiotika, Problematik der ungezielten antibiotischen Therapie Urinkontrolle nach abgeschlossener Behandlung: Warum und wann? Abhängigkeit vom Lebensalter (z. B. bei wiederholten Rezidiven, chronischer Tonsillitis, Peritonsillarabszess, bei mechanisch wirksamer Hyperplasie) Kontraindikationen? Lokalisation und Präsentation (häufig einseitig und ulzerös) Allgemeine Empfehlungen (z. B. Flüstersprache, Vermeidung von rauchgeschwängerten Räumen) Wann überweisen? Diskussion der Refluxösophagitis als Ursache Rezepturen von lokal abschwellenden Handelspräparaten bei Säuglingen, Kindern und Erwachsenen, systemisch und lokal Problematik des Abusus bestimmter Nasensprays (»Privinismus«) Empfehlungen zur Behandlung der chronisch-trockenen Nase (z. B. Raumklima in Büro und Schlafzimmer, Nasenpflege mit weicher Salbe Diskussion des infektanfälligen Kindes (»catarrhal child«): tolerierbare Häufigkeit der fieberhaften Infekte ohne Grunderkrankung pro Jahr (ca. 6-bis 8-mal) Steigerung der körperlichen Abwehrkraft (z. B. durch Klimakuren, Abhärtung, Hyperimmunglobulin) Inhalationsbehandlung mithilfe von Verdampfung und Vernebelung (unterschiedliche Teilchengröße des Aerosols)