key: cord-0037208-t94ejr2z authors: Steigerwald, Frank; Sitzer, Matthias title: Intensivmedizin bei neurologischen Erkrankungen date: 2011-05-20 journal: Praxis der Intensivmedizin DOI: 10.1007/978-3-642-12448-8_41 sha: 8e826b3ab21a10759dbcc69e85666797fd7441f0 doc_id: 37208 cord_uid: t94ejr2z Eine 73-jährige Frau wird verwahrlost und wesensverändert im Treppenhaus ihres Wohnhauses vorgefunden. Die Notärztin stellt eine Temperatur von 39,5°C, eine deutliche Exsikkose und basale Rasselgeräusche beidseits fest. Die Patientin lehnt eine stationäre Krankenhausbehandlung vehement ab und muss daher mittels Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) eingewiesen werden. Bei Verdacht auf eine Pneumonie ruft die Pflegekraft in der Notaufnahme den diensthabenden Internisten hinzu. Eine 73-jährige Frau wird verwahrlost und wesensverändert im Treppenhaus ihres Wohnhauses vorgefunden. Die Notärztin stellt eine Temperatur von 39,5°C, eine deutliche Exsikkose und basale Rasselgeräusche beidseits fest. Die Patientin lehnt eine stationäre Krankenhausbehandlung vehement ab und muss daher mittels Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) eingewiesen werden. Bei Verdacht auf eine Pneumonie ruft die Pflegekraft in der Notaufnahme den diensthabenden Internisten hinzu. Auch bei der Behandlung auf der Intensivstation stellt der klinisch-neurologische Untersuchungsbefund die Basis für die weitere apparative Diagnostik und die Therapieentscheidungen dar. Aufgrund der meist eingeschränkten Kooperationsfähigkeit der Patienten verlagert sich der Schwerpunkt auf klinische Zeichen wie das Bewusstsein, Hirnstamm-und Muskeleigenreflexe, pathologische Reflexe sowie die Prüfung von Meningismus und Muskeltonus oder die Reaktion auf Schmerzreize. Auswahl, Anwendungsdauer und Dosierung von Analgetika und Sedativa müssen bei der Beurteilung des Untersuchungsbefunds immer berücksichtigt werden. Ein Kontroll-CCT sollte auch bei klinisch stabilem Verlauf bei Patienten mit Kleinhirnblutung, bei Hirnblutungen mit Ventrikeleinbruch oder ventrikelnahen Blutungen routinemäßig nach etwa 12 h erfolgen, um einen beginnenden Liquoraufstau frühzeitig zu bemerken. Patienten, die wegen einer respiratorischen Insuffizienz intubiert und beatmet werden mussten und daher nur eingeschränkt neurologisch zu beurteilen sind, sollten ebenfalls nach 12 h ein Kontroll-CCT erhalten, soweit sich die Indikation zu einem neurochirurgischen Eingriff ergeben könnte. Ebenso sollte bei Auftreten einer klinischen Verschlechterung des Patienten eine sofortige Kontrollbildgebung erfolgen, soweit angesichts des Gesamtzustands der Patienten ein neurochirurgischer Eingriff (z.B. Ventrikeldrainage) in Frage kommen könnte. Prinzipiell sollte eine Hirnblutung auf einer »Stroke Unit« oder auf der Intensivstation behandelt werden. Neben dem Basismonitoring müssen Bewusstseinsgrad und neurologisches Bild des Patienten engmaschig überwacht werden, um Veränderungen oder Einklemmungszeichen wie Anisokorie, Okulomotorikstörungen, Beuge-bzw. Strecksynergismen möglichst rasch erkennen zu können; gleichzeitig muss schnellstmöglich eine Gerinnungsdiagnostik erfolgen. Eine weitere Ursache einer ICB, die jedoch zu einer grundlegend anderen Therapie führt, ist eine venöse Stauungsblutung auf dem Boden einer Sinusvenen-Thrombose. In solchen Fällen ist trotz einer Blutung die intravenöse PTT-wirksame Heparinisierung indiziert, ggf. auch in einen Zielbereich über 70 s hinaus, um eine fortschreitende Thrombosierung der betroffenen Sinus und Venen zu verhindern und stattdessen die Auflösung des Thrombus zu fördern. Eine Sinusvenen-Thrombose hat folgendes typisches Risikoprofil: Frauen um das 30. Lebensjahr, Einnahme von Kontrazeptiva, Puerperium (»Wochenbett«), bekannte Thromboseneigung und an einen Sinus angrenzend liegende Blutung. Eine Sinusvenen-Thrombose muss im Rahmen der Notfalldiagnostik mittels venöser Gefäßdarstellung ausgeschlossen werden, z. B. mittels venöser kontrastmittelverstärkter MR-Angiographie, CT-Angiographie oder ggf. konventioneller Angiographie. Von einem Status epilepticus wird nach der Definition der DGN gesprochen, wenn ein epileptischer Anfall länger als 5 min anhält oder der Patient zwischen einer Serie von Anfällen nicht wieder das Bewusstsein erlangt. Ein Status kann definitionsgemäß bei jeder Art von Anfällen, also auch fokalen Anfällen bzw. Absenceanfällen auftreten, wobei der Status generalisierter tonisch-klonischer Anfälle die häufigste und lebensbedrohlichste Art darstellt. Die Letalität hängt dabei maßgeblich von der Grunderkrankung ab und wird mit bis zu 20% angegeben. Patienten, die bereits einen konvulsiven Status in der Anamnese aufweisen, haben dabei eine günstigere Prognose als Patienten mit erstmaligem Status epilepticus. Bei älteren Patienten kann insbesondere der Meningismus fehlen, auch ist er oft nur schwierig von einer degenerativen Verminderung der HWS-Beweglichkeit zu unterscheiden. Sind passive Drehbewegungen in der HWS ohne Probleme möglich, während die Nackenbeugung deutlich eingeschränkt ist, ist dies als Meningismus zu werten. Hirnnervenausfälle kommen in 10% der Fälle vor, wobei in absteigender Häufigkeit der N. oculomotorius, der N. abducens, der N. facialis und der N. vestibulocochlearis betroffen sind. Hörstörungen, meist durch eine begleitende eitrige Labyrinthitis bedingt, finden sich häufig bei Pneumokokkenmeningitis, während bei Meningokokken typischerweise makulopapulöse oder petechiale Exantheme, seltener auch eine Purpura fulminans mit Hautnekrosen auftreten können. Die genaue Inspektion der gesamten Haut gehört daher unbedingt zur Erstuntersuchung bei Verdacht auf eine Meningitis. Weitere Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts siehe www.rki.de. Insbesondere für die Pneumokokkenmeningitis gibt es klare Daten, dass Patienten von der Gabe von Dexamethason bzgl. des Outcomes deutlich profitieren, wenn diese noch vor der ersten Gabe eines Antibiotikums beginnt. Da bei Beginn der Antibiotikatherapie, die keinesfalls verzögert werden darf, aber natürlich noch keine Klarheit über den zugrundeliegenden Erreger existiert, sollte Dexamethason grundsätzlich in der Initialtherapie gegeben werden. Der potenzielle Nutzen ist in jedem Fall höher als etwaige Risiken bei späterem Nachweis anderer Erreger. Anschließend werden 10 mg Dexamethason alle 6 h über insgesamt 4 Tage verabreicht. Ein Ausschleichschema ist danach nicht notwendig. Komplikationen treten bei bis zu 50% aller Patienten mit bakterieller Meningitis auf, wobei der Schweregrad deutlich variiert. Aus der Tatsache, dass schwerwiegende Komplikationen meist in den ersten Tagen auftreten, ergibt sich die Empfehlung, jeden Patienten zunächst (also bis zum Auftreten einer deutlichen kli-j > j nischen Besserung) auf einer Intensiv-oder Wachstation zu überwachen, auch wenn initial keine lebensbedrohliche Situation besteht und alle Vitalparameter stabil sind. An extrazerebralen Komplikationen können insbesondere in der Akutphase und bei Beginn der Antibiotikatherapie ein septischer Schock und eine Verbrauchskoagulopathie auftreten. Bei Meningokokken und anderen gramnegativen Bakterien besteht die Gefahr eines Waterhouse-Friderichsen-Syndroms mit akutem Nebennierenausfall und Verbrauchskoagulopathie. Auch die pulmonale Situation kann sich im Sinne eines ARDS verschlechtern. Des Weiteren sind Arthritiden, Elektrolytstörungen mit Hyponatriämie als Ausdruck eines zerebralen Salzverlust-Syndroms oder eines Syndroms der inadäquaten ADH-Sekretion, Rhabdomyolysen oder eine Endophthalmitis 1 möglich. Die gefährlichste zerebrale Komplikation ist die Entwicklung eines Hirnödems bis hin zur Einklemmungsgefahr, wobei es sich um eine Kombination aus zytotoxischem und vasogenem Ödem handelt. Die Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Richtlinien der Hirndrucktherapie. Bei Entwicklung eines Hydrozephalus ist die Anlage einer externen Liquordrainage angezeigt. Zur Behandlung einer zerebralen Vaskulitis oder von Gefäßspasmen bei Meningitis gibt es keine klaren Behandlungsempfehlungen. Bei Auftreten eines zerebralen Krampfanfalls ist die schnelle Einstellung auf ein Antiepileptikum, z. B. die intravenöse Aufsättigung mit Phenytoin, indiziert (7 Abschn. 41.4). Da Krampfanfälle aber eine seltene Komplikation (am ehesten noch bei Pneumokokken, Hämophilus influenzae, Streptokokken der Gruppe B) darstellen, ist eine generelle prophylaktische Gabe nicht angezeigt. Manche Autoren empfehlen die antiepileptische Einstellung aber auch schon vor Auftreten eines Anfalls durchzuführen, wenn im EEG epilepsietypische Potenziale, insbesondere sog. PLEDs (periodic lateralized epileptic discharges) nachweisbar sind. Bei fortgeleiteter Entzündung, z. B. aus dem Mittelohr oder Mastoid, sollte bei Auftreten einer zunehmenden Bewusstseinsstörung oder einer fehlenden Besserung unter der Antibiotikatherapie das Vorliegen einer Sinusvenen-Thrombose mittels venöser Kontrastmittel-verstärkter MR-Angiographie, CT-Angiographie oder ggf. konventioneller Angiographie ausge-schlossen werden. Trotz erhöhter Blutungsgefahr wird bei Vorliegen einer septischen Sinusvenen-Thrombose gewöhnlich eine intravenöse PTT-wirksame Heparinisierung empfohlen (7 Abschn. 41.3). An weiteren zerebralen Komplikationen können Hirnnervenläsionen als direkte Schädigung oder als Folge eines erhöhten intrakraniellen Drucks auftreten, des Weiteren Hörverlust und Taubheit (häufiger bei Haemophilus influenzae, Meningokokken und Streptokokken, aber auch als Nebenwirkung unter Aminoglykosiden). Ein Hydrocephalus malresorptivus kann durch Verklebung der Arachnoidalzotten im Rahmen der Entzündungsprozesse auch erst als Spätfolge einer Meningitis auftreten. Beim Hirnabszess unterscheidet man unterschiedliche Stadien, beginnend mit einer Zerebritis 2 , die letztlich einer noch nicht abgekapselten Hirnphlegmone entspricht, über eine beginnende Kapselbildung und zentralnekrotische Einschmelzung, bis hin zum eigentlichen Abszess mit dichter Kollagenkapsel, kleiner zentraler Nekrose und nur noch geringem Begleitödem. Ein Hirnabszess kann nur mittels zerebraler Bildgebung gesichert oder ausgeschlossen werden. Die höchste Sensitivität besitzt das MRT mit Kontrastmittel, wobei zur Unterscheidung zwischen Hirnabszessen und anderen zystischen Hirnläsionen und Hirntumoren auch diffusionsgewichtete Sequenzen hilfreich sind. Zur Erregeridentifizierung ist neben der Entnahme von Blutkulturen die stereotaktische Punktion und Abszessdrainage bzw. -exzision vorrangig. Diese kann jedoch nur bei ausreichender Größe und geeigneter Lage durchgeführt werden. Bei tief liegenden Abszessen oder multiplen kleinen Abszessen bzw. bei noch fehlender Kapselbildung (fehlende Ringstruktur bei Kontrastmittelgabe) ist im Einzelfall auch eine alleinige Antibiotikabehandlung gerechtfertigt. In diesen Fällen dürfen aber keine Zweifel an der Diagnose eines Hirnabszesses vorliegen, der raumfordernde Effekt darf allenfalls gering sein und eine Okklusion von Liquorabflusswegen muss ausgeschlossen sein. Ansonsten erfolgt eine kombinierte Behandlung aus Operation und Antibiotikatherapie. Der Erregernachweis aus dem Liquor gelingt bei Hirnabszessen nur selten, insbesondere wenn sich der j Abszess in der Bildgebung mit einer deutlichen Kapsel zeigt und kein Durchbruch in den Subarachnoidalraum erfolgt ist. Auch muss ausgeschlossen sein, dass kein raumfordernder Effekt durch einen Abszess vorliegt, der bei einer Lumbalpunktion zu einer Herniation führen könnte (Richtlinien für Liquorpunktion 7 Abschn. 41.5.1). Gelingt die Erregerdiagnostik nur aus der Blutkultur, so ist zu bedenken, dass bei Hirnabszessen meist Mischinfektionen, häufig auch mit Anaerobiern, vorliegen, die nicht alle in der Blutkultur nachweisbar sein müssen. Die Behandlung sollte sich daher nicht allein gegen den in der Blutkultur nachgewiesenen Erreger richten und immer ein gut anaerobierwirksames Antibiotikum beinhalten, z. B. Metronidazol. Vor Durchführung eines neurochirurgischen Eingriffs sollte eine ausgiebige Fokussuche erfolgt sein, um im Falle von fortgeleiteten Entzündungen eine einzeitige operative Sanierung durchzuführen. Sind Nachbarschaftsprozesse mit direkter Fortleitung ausgeschlossen worden, sind Echokardiographie, Thoraxröntgenaufnahme und Thorax-CT zur erweiterten Fokussuche indiziert. Beim ambulant erworbenen Hirnabszess wird als empirische Initialtherapie die Kombination aus einem hochdosierten Cephalosporin der 3. Generation mit Metronidazol und einem gut gegen Staphylokokken wirksamen Antibiotikum (z. B. Vancomycin, Rifampicin oder Flucloxacillin) empfohlen. Bei multiresistenten Staphylokokken ist eine Kombination mit Fosfomycin (Dosierung 3×5 g/Tag) oder eine Therapie mit Linezolid (Dosierung 2×600 mg/ Tag) angezeigt. Bei Hirnabszessen, die nach einem neurochirurgischen Eingriff, posttraumatisch oder anderweitig im Krankenhaus erworben wurden, therapiert man vor Erregernachweis ebenfalls mit einem Cephalosporin der 3. Generation plus Metronidazol und Vancomycin (alternativ Meropenem und Vancomycin) . Die Behandlungsdauer beträgt 4-8 Wochen, wobei in 1-bis 2-wöchigen Abständen CCT-bzw. MRT-Untersuchungen zur Verlaufskontrolle erfolgen sollten. Die begleitende Gabe von Dexamethason ist im Gegensatz zur Meningitis beim Hirnabszess weiterhin umstritten, da sie theoretisch die Antibiotikapenetration über die Bluthirnschranke und in den Abszess erschwert. Sie sollte aber erfolgen, wenn ein deutliches perifokales Ödem vorliegt, sowie bei Abszesslage im Kleinhirn oder anderen Lokalisation, wo eine Hirndruckerhöhung durch eine Verlegung von Liquorabflusswegen droht. Bei Hirnabszessen wird eine Initial-j 2 Zerebritis = lokal begrenzte Enzephalitis 41.5 · Infektiöse Erkrankungen des Gehirns und der Hirnhäute dosis von 40 mg Dexamethason und anschließend die 3-mal tägliche Gabe von 8 mg empfohlen. Die Therapiedauer sollte sich nach der Entwicklung des Ödems in der Bildgebung orientieren. Als antikonvulsive Prophylaxe wird von neurochirurgischer Seite in der Akutphase häufig die Gabe eines Antiepileptikums, meist Phenytoin, empfohlen. Wenn in den ersten 2-3 Wochen keine Anfälle aufgetreten sind und auch das EEG keine epilepsieverdächtigen Veränderungen zeigt, kann das Antiepileptikum wieder ausgeschlichen werden. Bei geringstem Verdacht auf eine virale Meningoenzephalitis sollte ohne zeitlichen Verzug ein herpeswirksames Virostatikum wie Aciclovir eingesetzt werden, soweit nicht ein anderer spezifisch behandelbarer Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen wird. Soweit eine bakterielle Infektion nicht sicher auszuschließen ist, wird zunächst immer zusätzlich ein Antibiotikum gegeben (7 Abschn. 41.5.1). Ansonsten erfolgt bei Auftreten eines Hirnödems die übliche Hirndrucktherapie. Die Gabe von Glukokortikoiden wird bei viralen Entzündungen zurückhaltend beurteilt. Ob sie zumindest bei Herpes-simplex-Enzephalitis -wie im Tierversuch gezeigt -vorteilhaft ist, wird derzeit untersucht. Bei kritischem Hirndruckanstieg ist sie aber vertretbar. Wie bei der bakteriellen Meningoenzephalitis erfolgt eine antikonvulsive Therapie erst beim Auftreten Die Auswahl an antiviralen Medikamenten hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, jedoch gibt es kaum abgeschlossene Untersuchungen zur Wirksamkeit bei viraler Meningoenzephalitis. Aufgrund der Vielzahl der Substanzen und der gegenwärtig laufenden Untersuchungen wird bei der Behandlung viraler Meningoenzephalitiden auf die jeweils aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sowie anderer wissenschaftlicher Fachgesellschaften verwiesen (7 Abschn. 41.7.1). Typisch ist ein grippeähnliches Vorstadium mit Kopfschmerz und hohem Fieber, an das sich oft -aber nicht immer -eine kurzzeitige Besserung anschließt, bevor Sprachstörungen, Halbseitenlähmung oder psychotische Symptome auftreten können. Sehr ho-hes Fieber ist in dieser Phase üblich. Krampfanfälle, meist komplex-fokal eingeleitet, sowie quantitative Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma sind nicht selten. Im Liquor finden sich eine lymphozytäre Pleozytose (5-350/μl; initial normale Liquorzellzahl bei 5%) bei mäßiger bis deutlicher Eiweißerhöhung und allenfalls ein leichter Laktatanstieg (max. 4,0 mmol/l). Während das CCT in den ersten Tagen unauffällig ist und frühestens nach etwa 1 Woche temporal bzw. frontobasal gelegene Hypodensitäten sichtbar werden können, sind im MRT in der Diffusions-und FLAIR 4 -Wichtung von Anfang an Hyperintensitäten im Temporallappen, meist medial betont (. Abb. 41.1), zu identifizieren, die sich nicht an Gefäßterritorien halten. Eine MRT-Diagnostik sollte daher bei Verdacht zeitnah erfolgen, da die eigentliche Diagnosesicherung über den Nachweis der Liquor-PCR (Sensitivität 95-100%) in machen Laboren einige Tage dauern kann. Die Diagnose über die intrathekale Antikörpersynthese ist deutlich unspezifischer. Soweit keine endemische Infektion mit aciclovirresistenten Herpesviren besteht, ist die Effektivität einer Aciclovirbehandlung unumstritten und sollte daher bei geringstem Verdacht und ohne zeitlichen Verzug verabreicht werden (7 Vorgehen). Die typischen Hauterscheinungen sind hier wegweisend. Üblicherweise entwickelt sich die Varizellenenzephalitis 4-8 Tage nach den Hauteffloreszenzen und zeigt oft zerebelläre bzw. zerebrospinale Symptome. Auch hier kommt Aciclovir in der gleichen Dosis wie bei der Herpesenzephalitis zum Einsatz. Alternativ ist wahrscheinlich auch Brivudin (z. B. Zostex, 15 mg/kg/ Tag) wirksam. Eine Zosterenzephalitis ist immer eine Komplikation des Zosters, also der endogen reaktivierten Varizelleninfektion. Sie tritt wenige Tage bis Wochen nach der Gürtelrose auf, die meist im Kopfbereich lokalisiert war. Bei immunkompetenten Patienten tritt eine Zosterenzephalitis im Normalfall nicht auf, gefährdet sind aber Patienten mit Immundefekten, Leukämie und Lymphomen. Zosterenzephalitispatienten sind meist weniger schwer betroffen als bei einer Herpesenzephalitis, Residuen oder ein letaler Ausgang kommen aber vor. Auch hier ist die Therapie der Wahl Aciclovir i.v., bei Unwirksamkeit kann Foscarnet (z. B. Foscavir) eingesetzt werden. Beim immunkompetenten Erwachsenen verlaufen Zytomegalievirus (CMV)-Infektionen symptomlos bzw. -arm. Akute oder chronische Infektionen des Nervensystems kommen eigentlich nur bei Immundefekten vor, v. a. als opportunistische Infektion wie Enzephalitis und/oder Chorioretinitis bei HIV-Patienten. Im Liquor kann bei der Enzephalitis auch nur eine granulozytäre anstelle einer lymphozytären Pleozytose nachweisbar sein, für die Diagnosestellung ist daher eine Liquor-PCR erforderlich. Therapiert wird sowohl bei Enzephalitis als auch bei Retinitis mit Ganciclovir (z. B. Cymeven) 5 mg/kg alle 12 h i.v. über 21 Tage (ggf. Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz). Bei AIDS-Erkrankung ist nach CMV-Infektionen eine Rezidivprophylaxe mit Ganciclovir oder Foscarnet notwendig. Auch Epstein-Barr-Virus (EBV)-Enzephalitiden kommen vorzugsweise bei immunsupprimierten Personen vor, wobei Organempfänger hier eine größere Rolle spielen. Klinisch stehen Allgemeinsymptome und Bewusstseinstrübungen im Vordergrund, Herdsymptome und Meningismus treten selten auf. Der Nachweis erfolgt auch hier über die Liquor-PCR. Für Ganciclovir (z. B. Cymeven 5 mg/kg alle 12 h i.v. über 3 Wochen, ggf. Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz) ist eine Wirksamkeit beschrieben worden. Die Infektion erfolgt durch einen Zeckenbiss, der aber den Betroffenen meist nicht aufgefallen ist, und mit einer Inkubationszeit von 1-3 Wochen. Üblich ist ein grippeähnliches Prodromalstadium von 3-8 Tagen oft mit Bauchschmerzen, bevor nach einem fieberfreien Intervall (8-20 Tage) die neurologische Symptomatik auftritt. In den meisten Fällen kommt es zu einer rein meningitischen Verlaufsform mit Kopfschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit. Bei 20-30% tritt eine Enzephalitis mit Bewusstseinsstörungen, Koordinationsstörungen und Paresen oder Hirnnervenausfällen auf; oft sind N. facialis oder N. oculomotorius betroffen. In etwa 10% wird eine spinale Verlaufsform mit schlaffen Paresen durch Befall der Vorderhornzellen bzw. bei Befall der Hirnnerven mit Schwäche der Gesichts-und Halsmuskulatur, evtl. bis zur Atemlähmung, beobachtet. Die Diagnosesicherung erfolgt über den Nachweis spezifischer Antikörper im Blut bzw. der lokalen Antikörpersynthese im Liquor im Verlauf. Zu Beginn findet sich im Liquor meist eine granulozytäre Pleozytose, die im Verlauf in ein lymphozytäres Zellbild übergeht. Im MRT findet sich nur in 20% der Fälle ein pathologischer Befund, häufig sind Hyperintensitäten im Bereich der Stammganglien. Eine kausale Therapiemöglichkeit besteht nicht, die Gabe von Hyperimmunglobulin, also die passive Impfung, wird nicht mehr empfohlen. Erreger der PML ist das JC-Virus. Es kommt ubiquitär vor, und etwa 90% aller gesunden Erwachsenen tragen den Virus in sich. Zum Ausbruch kommt die Erkrankung nur im Rahmen von Immundefekten, bei neoplastischen Erkrankungen oder im Rahmen therapeutischer Immunsuppression, z. B. bei der Therapie einer multiplen Sklerose. Initial bestehen meist Kopfschmerzen, die häufig mit Gesichtsfelddefekten, kognitiven Einschränkungen und psychopathologischen Auffälligkeiten einhergehen. Im Verlauf treten häufig Paresen, Visusstörungen, Sprach-und Sprechstörungen sowie Krampfanfälle auf. Im weiteren Verlauf entwickelt sich eine Demenz mit Ataxie, Tetraparesen und kortikaler Blindheit. Der Verdacht ergibt sich aus der Anamnese, dem neurologischen Status und insbesondere dem Nachweis einer Leukenzephalopathie im MRT. Die Diagnose wird über eine Liquor-PCR und ggf. eine Hirnbiopsie bestätigt. Eine zuverlässig wirksame Therapie ist nicht bekannt. Bei Auftreten unter medikamentöser Immunsuppression oder -modulation sollte diese sofort eingestellt werden. In der Realität handelt es sich meist um eine Kombination aus hypoxischem und ischämischem Schädigungsmechanismus, wie dies am häufigsten im Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation oder aber bei einem Herzversagen mit Lungenödem oder einer fulminanten Lungenarterienembolie auftreten kann. Dabei existiert im Gehirn eine regional unterschiedliche Vulnerabilität gegenüber O 2 -und Substratmangel. So sind die Neurone des Neokortex, von Basalganglien, Hippocampus und Thalamus sowie die Purkinjezellen im Kleinhirn besonders anfällig für eine Hypoxie. Je nach Ausmaß und Dauer der zerebralen Minderversorgung reichen die Symptome von leichten Aufmerksamkeits-und Gedächtnisstörungen und/ oder fokal-neurologischen Defiziten über ein delirantes Bild bis zum persistierenden vegetativen Status und Hirntod. Eine dauerhafte Schädigung des Gehirns ist ab einer Hypoxiezeit von 5 min zu erwarten. Die Frage nach einem hypoxischen Hirnschaden stellt sich auf der Intensivstation häufig -meistens nach einer erfolgreichen Reanimation, bei der der Patient intubiert und beatmet wurde, aber trotz fehlender Sedierung nach Stabilisierung der Vitalparameter nicht adäquat wach wird. Auch bei der Indikationsstellung für eine Hypothermiebehandlung, die in den ak-4 4 tuellen Leitlinien nach einer Reanimation empfohlen wird, ist das Wissen um einen schweren hypoxischen Hirnschaden relevant und aufgrund der fortgesetzten Sedierung klinisch nicht zu erfassen. Bei reanimierten Patienten tragen Daten aus der Anamnese zur groben Abschätzung der weiteren Prognose bei: hohes Alter, eine Reanimation außerhalb des Krankenhauses, Dauer der Reanimationsbemühungen über mehr als 25 min, Vorliegen einer elektromechanischen Entkoppelung und eine kumulative Adrenalindosis >4 mg sind unabhängig voneinander mit einer schlechteren Prognose verbunden. Hinsichtlich der klinischen Befunde in der Aufnahmesituation sind ein systolischer Blutdruck <90 mmHg und insbesondere ein Blutzuckerwert bei Einlieferung ins Krankenhaus >300 mg/dl mit dem Risiko einer ausgeprägten zerebralen Hypoxie korreliert. Weite, nicht lichtreagible Pupillen in der neurologischen Aufnahmeuntersuchung sind mit einer über 90%igen Wahrscheinlichkeit mit einer schlechten Prognose behaftet. Kehrt die Lichtreaktion bis zum 3. Tag nicht wieder, ist die Prognose fast immer infaust. Ein fehlender Korneal-und Lidreflex am 1. Tag sind dagegen weniger aussagekräftig, da diese Hirnstammreflexe früh ausfallen, aber auch ein hohes Erholungspotenzial aufweisen. Zeigt sich bezüglich des Bewusstseinsgrads am 3. Tag weiterhin ein tiefes Koma, ohne dass sedierende Medikamente gegeben wurden, wird die Wahrscheinlichkeit für einen letalen Ausgang oder einen persistierenden vegetativen Status ebenfalls mit über 95% angegeben. Auch wenn weite und lichtstarre Pupillen häufig auf eine schlechte Prognose hindeuten, sind sie keinesfalls beweisend! Daher dürfen weite und lichtstarre Pupillen in einer Notfallsituation nie als alleiniges Kriterium zum Behandlungsabbruch herangezogen werden! Von dem Auftreten eines einfachen Krampfanfalls nach der eigentlichen Reanimationssituation darf nicht auf eine schlechtere Prognose geschlossen werden; ein Status epilepticus verschlechtert die Prognose dagegen maßgeblich. Ebenso ist ein sog. Lance-Adams-Syndrom (schwere Bewusstseinsstörung mit generalisierten, meist durch sensible Stimuli auslösbaren Myoklonien) prognostisch ungünstig. Mit einer günstigeren Prognose hinsichtlich des prinzipiellen Wiedererlangens des Bewusstseins verbun-j > j 41.6 · Zerebrale Hypoxie und hypoxisch-ischämische Enzephalopathie den ist das Vorhandensein von Lichtreaktionen, das Vorhandensein von Augenbewegungen gleich welcher Art und jegliche Form von motorischen Bewegungen direkt bei Aufnahme ins Krankenhaus. Eremfat) 600 mg/Tag Ciprobay) 1,2 g/Tag verteilt auf 3 Einzelgaben Metronidazol (z. B. Clont) 1,5 g/Tag verteilt auf 3 Einzelgaben Linezolid (z. B. Zyvoxid) 1,2 g/Tag verteilt auf 2 Einzelgaben (Off-Label bei der Indikation Meningitis!) Guidelines for the early management of adults with ischemic stroke Guidelines for the management of spontaneous intracerebral hemorrhage in adults Virale Enzephalitis/Meningitis Guidelines for the management of spontaneous intracerebral hemorrhage: a guideline for healthcare professionals from the Viral meningoencephalitis: a review of diagnostic methods and guidelines for management Community-acquired bacterial meningitis Bildgebung Soweit die Ursache, die zur Reanimation geführt hat, völlig unklar ist, also z. B. eine Reanimation bei einem bisher herz-und lungengesunden Patienten, sollte bereits am Aufnahmetag eine zerebrale Bildgebung erfolgen, zumal ein Herzstillstand in seltenen Fällen auch als Folge einer Subarachnoidalblutung oder einer intrakraniellen Blutung beschrieben wurde. Bei klinischen Zeichen für eine zerebrale Einklemmung, wie Anisokorie oder Auftreten von Strecksynergismen, sollte sie in jedem Falle so schnell wie möglich erfolgen, um andere, ggf. operable oder behandelbare Ursachen für eine intrakranielle Druckerhöhung auszuschließen.Ein unauffälliges CCT am Tag der Reanimation schließt eine zerebrale Hypoxie nicht sicher aus, da sich die bildgebenden Zeichen eines Hirnödems als erste Stufe der hypoxischen Schädigungskaskade erst im Verlauf von einigen Stunden entwickeln können. Bei anderweitig gut erklärter Ursache für die Reanimation kann daher auf eine zerebrale Bildgebung am ersten Tag verzichtet werden.Biomarker Die Bestimmung der neuronenspezifischen Enolase (NSE) direkt am Aufnahmetag ist dagegen sinnvoll. Bei Werten >33 μg/l kann von einer schweren hypoxischen Hirnschädigung ausgegangen werden. Liegen die Werte darunter, sollte am 3. Tag eine Verlaufskontrolle erfolgen, um ein späteres Ansteigen nachzuweisen.Die Bestimmung des S100-Proteins ist weniger sensitiv und kann insbesondere nach Herzdruckmassage oder bei schweren Traumen auch durch Freisetzung aus extrazerebralem Gewebe falsch positiv sein. Die Bestimmung wird daher von der DGN nicht mehr empfohlen.