key: cord-0037695-k3739qnu authors: Bremer, J.; Wiendl, H. title: Neurologie date: 2007 journal: Neurologie Psychiatrie Psychosomatik DOI: 10.1007/978-3-540-46354-2_1 sha: 8b6925c0c778f69faa03b6519313a2086e68c7ce doc_id: 37695 cord_uid: k3739qnu Bewusstsein. Orientierung (zu Zeit, Ort, Situation und Person). Aufmerksamkeit und Gedächtnis (amnestische Funktion). Affektivität. Antrieb; Opisthotonus: Krampfartige Überstreckung von Kopf, Nacken-und Rückenmuskulatur, v. a. bei Meningitis und Tetanus. Quantitative Bewusstseinsstörungen Die Glasgow Coma Scale (GCS) dient der standardisierten Untersuchung der Bewusstseinslage und umfasst Beurteilung von Augenöffnen sowie der besten motorischen und verbalen Reaktion. Ausfall der Funktion des zerebralen Kortex (Ausfall des Bewusstseins) bei erhaltenem Aktivierungssystem der Formatio reticularis (erhaltene Wachheit, Coma vigile). Augen können schlafähnlich geschlossen oder offen sein, es fehlen jedoch Blickkontakt und Reaktion auf verbale und Schmerzreize. Typisch sind generalisierte Tonuserhöhung, fehlende Willkürmotorik, orale Automatismen (Schnauz-und Saugreaktion), vegetative Enthemmung mit Tachykardie, Hyperpnoe, vermehrtem Schwitzen und gesteigertem Stoffwechsel. Die transkranielle Magnetstimulation dient der Messung der Leitfähigkeit im Tractus corticospinalis und in peripheren Nerven inkl. motorischer Hirnnerven. Gemessen werden motorisch evozierte Potenziale (MEP). Die zentrale motorische Leitzeit kann daraus abgeleitet werden. Sie dient z. B. der Frühdiagnostik von multipler Sklerose, amyotrophischer Lateralsklerose. Untersuchung der elektrischen Aktivität der Muskulatur. Eine in den Muskel eingestochene konzentrische Nadelelektrode dient der Ableitung von Potenzialschwankungen, die durch Aktivierung motorischer Einheiten entstehen. Beurteilt werden: Einstich-und Spontanaktivität, Potenziale motorischer Einheiten, maximale Willküraktivität. Repetitive Reizung führt bei Myasthenia gravis zu Amplitudenabnahme (Dekrement), bei Pseudomyasthenie zu vorübergehender Amplitudenzunahmen (Inkrement). Pathologische Einstichaktivität mit myotoner Entladungsserie ist typisch bei Myotonien (Sturzkampfbombergeräusch). EEG-Veränderungen nach Reizapplikation, VEP (nach visueller Stimulation), SEP (nach sensibler), AEP (nach akustischer Stimulation). Messung der elektrischen Aktivität der Hirnrinde mittels auf der Schädeldecke lokalisierter Oberflächenelektroden, v. a. in der Epilepsiediagnostik, aber auch bei Intoxikation, Enzephalitis, Stoffwechselerkrankungen, Trauma, intraoperativ als Monitoring, differenzialdiagnostisch bei Koma und zum Hirntodnachweis. Vermutlich entsprechen kortikale Spannungsschwankungen synchronisierten postsynaptischen Potenzialen in größeren Nervenzellverbänden. Der Spannungsverlauf dieser Summenpotenziale wird in der EEG-Kurve über die Zeit aufgezeichnet. Beurteilt werden: Blut kann artifiziell durch Punktion in den Liquor gelangen. Die 3-Gläser-Probe zeigt einen abnehmenden Blutgehalt in 3 nacheinander abgenommen Liquorproben. Freies Hämoglobin wird bei artifizieller Blutbeimengung nicht gefunden. Nach Zentrifugation ist der Überstand klar, bei Subarachnoidalblutung hingegen xanthochrom. Außerdem können nach Blutung Siderophagen nachgewiesen werden. Therapie. Therapie der Grundkrankheit. Liquorableitung mittels Katheter vom Seitenventrikel in den rechten Herzvorhof (ventrikulo-atrialer Shunt) oder ins Peritoneum (ventrikulo-peritonealer Shunt). Therapie. Absetzen des auslösenden Medikaments, symptomatische Therapie, Physiotherapie, Glukokortikoide bei Immunvermittelter Genese. Symptomatik: Attacken starker einseitiger Kopfschmerzen, 15-180 min, bis 8-mal täglich. Ipsilaterale konjunktivale Injektion Ätiologie: trigeminovaskuläre Reaktion, Aktivierung parasympathischer Nerven im Hypothalamus Ausschluss sekundärer Kopfschmerzen Prophylaxe Verapamil, Methysergid, Lithium In Kürze Polyneuropathie, Polyneuritis 4 Symptomatik: sensible und motorische Reiz-und Ausfallserscheinungen: Parästhesien, oft strumpf-bzw. handschuhförmige Hyp-, An-oder Parästhesie/-algesie, anfangs sind oft Pallästhesie und Lagesinn betroffen, schlaffe, atrophische Paresen, Reflexabschwächung oder -ausfall Ätiologie: häufigste Ursachen in Deutschland: Diabetes mellitus und Alkohol, weitere Ursachen: genetisch, Vitaminmangel, Medikamentennebenwirkung, bei monoklonaler Gammopathie oder lymphoproliferativen Erkrankungen. Neuritiden sind entzündliche Neuropathien ausgelöst durch Infektionen oder immunvermittelt Diagnostik: Anamnese, Befund, Elektrophysiologie, Nachweis/Ausschluss zugrunde liegender Erkrankungen Symptomatik: spontaner oder durch Trigger ausgelöster neuralgiformer Schmerz im Versorgungsgebiet der Trigeminusäste (V2, V3), evtl. Tic douloureux, autonome Reaktionen 4 Ätiologie: idiopathisch: häufig Kompression durch A. cerebelli superior; symptomatisch: bei MS oder Raumforderungen Therapie: idiopathische Trigeminusneuralgie: 1. Wahl konservativ mit Carbamazepin, Oxcarbazepin, evtl. chirurgische Therapie (Jannetta-Operation, Thermokoagulation des Ganglion Gasseri) Symptomatik: Lähmung der mimischen Gesichtsmuskeln mit Bell-Zeichen, bei Schädigung im Felsenbeinbereich: verminderte Tränensekretion, Hyperakusis, Geschmackstörung 4 Ätiologie: meist idiopathisch, Infektion (Borreliose, Zoster oticus), Sarkoidose, Trauma, Nervenkompression Tumorerkrankung, erhöhte Inzidenz bei Schwangerschaft, Bluthochdruck und Diabetes mellitus Diagnostik: Anamnese, Befund (Ausschluss einer zentralen Parese!). Ausschluss von Infektion, Trauma, Tumor, evtl. Fazialisneurographie medikamentöse Therapie: Prednison/Methylprednisolon möglichst frühzeitig, Bewegungsübungen der Gesichtsmuskeln, spezifische Therapie bei Zoster oticus, Otitis media -Sensible Ausfälle: bei Läsion vor Aufteilung in N. peronaeus und tibialis: unten am Gesäß Ätiologie: Druckeinwirkung (Lagerung bei Narkose, Raumforderungen: Hämatom, Abszess), Trauma, toxisch, infektiös Gefahr der Spitzfußkontraktur, Sensibilität im 1. Zehenzwischenraum gemindert; N. peronaeus superficialis: Parese der Fußpronation, meist inkomplette Sensibilitätsstörung des Fußrückens und seitlich am Unterschenkel Ätiologie: Druck oder Dehnung in Höhe des Fibulaköpfchens, Unterschenkelgipsschiene, Fraktur des Fibulaköpfchens, isolierte Läsionen des distalen N. peronaeus profundus im vorderen Tarsaltunnel Therapie: 7 N. femoralis, Spitzfußprophylaxe N. tibialis 4 Symptomatik: motorisch: Störung der Kniebeugung und Plantarflexion, Zehenspitzengang unmöglich, Bügeleisengang, Krallenstellung der Zehen, Pronationsstellung, sensible Ausfälle: Ferse, Fußsohle Therapie: 7 N. femoralis > Typisch ist die abnorme, meist bilateral symmetrische Ermüdbarkeit der Muskulatur verschiedener Körperregionen Weitere Ursachen toxischer Myopathien Übermäßiger Alkoholkonsum, endokrine Erkrankungen: Cushing-Syndrom, Morbus Addison, Akromegalie, Hypophyseninsuffizienz Neuromuskuläre Erkrankungen Myasthenia gravis 4 Symptomatik: bilateral symmetrische Ermüdbarkeit der Muskulatur, zunehmende Symptome im Tagesverlauf/nach Belastung, Beginn oft mit okulären Symptomen Ätiologie: oft Autoantikörper-vermittelter Verlust nikotinerger Azetylcholin-Rezeptoren (AChR) an der motorischen Endplatte Labor: CK in der Regel normal, Nachweis von Autoantikörpernachweis, Thorax-CT mit KM und ggf. MRT Symptomatik: Muskelschwäche, -schmerzen und/oder -atrophien Ätiologie: Medikamentennebenwirkung, direkt toxische Wirkung oder immunvermittelt 4 Diagnostik: Anamnese, Befund, Elektrophysiologie, Muskelbiopsie 4 Therapie: Absetzen auslösender Medikamente, Glukokortikoide bei immunvermittelter Genese, symptomatische Therapie (Feinmotorik, extrapyramidale oder zerebelläre Störungen). Zur Diagnostik gehören positiver Phalen-Test (maximale Flexion im Handgelenk für eine Minute löst Parästhesien aus), Hoffmann-Tinel-Zeichen (Perkussion des Hautareals über dem geschädigten N. medianus kann ein elektrisierendes Gefühl auslösen), sensible Neurographie, Bestimmung der distalen motorischen Latenzzeit des N. medianus.Die Behandlung beruht bei leichteren Fällen, jungen Patienten und in der Schwangerschaft auf Schonung, nächtlicher Schienung, Reduktion manueller Beanspruchung, evtl. Glukokortikoidgabe. Die operative Therapie mit offener oder endoskopischer Durchtrennung des Retinaculum flexorum ist indiziert bei Versagen konservativer Maßnahmen, funktionell behindernden sensomotorischen Ausfallserscheinungen, bei akutem und rasch progredientem Verlauf.