key: cord-0050158-vfs2rbx1 authors: Nützenadel, Walter title: Onkologische Krankheitsbilder date: 2013 journal: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung DOI: 10.1007/978-3-642-24710-1_44 sha: 68723523e21a4617a3721f36ef61f0c46685a7ae doc_id: 50158 cord_uid: vfs2rbx1 Schnittstellen zwischen pädiatrischer Gastroenterologie und Hämatologie/Onkologie sind zum einen onkologische Erkrankungen mit initial auftretenden gastrointestinalen Symptomen wie Durchfälle durch vasoaktives intestinales Peptid (VIP) bei Tumoren der Nebenniere und des Grenzstrangs sowie Hepatound auch Splenomegalie bei Hepatoblastom, Leberkarzinom, Lymphomen und Leukämien. Eine intraabdominale Raumforderung mit und ohne Bauchschmerzen findet sich beim Wilms- Tumor und beim Neuroblastom sowie bei Lymphomen, Sarkomen, Teratomen und anderen soliden Tumoren. Karzinome sind im Kindesalter selten. Zum anderen sind gastrointestinale Komplikationen durch Infektionen und als Nebenwirkung der Therapie bei onkologischen Patienten häufig, nicht selten mit ungewöhnlichen Symptomen. Ursächliche und komplizierende Faktoren sind dabei eine durch die Grunderkrankung limitierte Diagnostik, ein hohes Infektionsrisiko, eine gestörte Abwehr und toxische Medikamente. Diese Komplexität und das Fehlen evidenzbasierter Empfehlungen führen häufig zu problemorientierten Lösungen. Schnittstellen zwischen pädiatrischer Gastroenterologie und Hämatologie/Onkologie sind zum einen onkologische Erkrankungen mit initial auftretenden gastrointestinalen Symptomen wie Durchfälle durch vasoaktives intestinales Peptid (VIP) bei Tumoren der Nebenniere und des Grenzstrangs sowie Hepatound auch Splenomegalie bei Hepatoblastom, Leberkarzinom, Lymphomen und Leukämien. Eine intraabdominale Raumforderung mit und ohne Bauchschmerzen findet sich beim Wilms-Tumor und beim Neuroblastom sowie bei Lymphomen, Sarkomen, Teratomen und anderen soliden Tumoren. Karzinome sind im Kindesalter selten. Zum anderen sind gastrointestinale Komplikationen durch Infektionen und als Nebenwirkung der Therapie bei onkologischen Patienten häufig, nicht selten mit ungewöhnlichen Symptomen. Ursächliche und komplizierende Faktoren sind dabei eine durch die Grunderkrankung limitierte Diagnostik, ein hohes Infektionsrisiko, eine gestörte Abwehr und toxische Medikamente. Diese Komplexität und das Fehlen evidenzbasierter Empfehlungen führen häufig zu problemorientierten Lösungen. Klinisch finden sich: -Stomatitis mit Glossitis, Cheilitis und oralen Ulzera, -Ösophagitis, -Zottenatrophie, intestinale Erosionen, -Ulzerationen, -Blutungen, -Diarrhö, -Bauchschmerzen. Besonders hochdosiertes Methotrexat verursacht eine schwere Mukositis, ebenso Cytarabin, Vinblastin, Aktinomycin D, Doxorubicin, Fluoruracil und Guanidin. Etoposid, Daunomycin, Bleomycin, VP 16 und Idarubicin sind weniger toxisch. Die Therapie erfolgt symptomatisch, meist ist eine Schmerztherapie erforderlich. In Cochrane-Analysen von 2010 und 2011 fanden sich positive Effekte für eine orale Kryotherapie mit Eiswürfeln, Keratozytenwachstumsfaktor, G-CSF ("granulocyte colony-stimulating factor"), Immunglobuline, Antibiotika, intravenöses Glutamin und Aloe vera. Die Symptome verschwinden nach Tagen ohne residuale Symptome. Eine i.v. Ernährung ist oft notwendig. Eine begleitende systemische Infektion oder Sepsis ist häufig und erfordert meist eine Breitbandantibiotikatherapie. Ursächlich für diese Komplikation ist häufig eine Neutropenie, die nicht ausschließlich, aber meist im Rahmen einer Chemotherapie auftritt. Daher wird auch der Begriff "neutropenische Enterokolitis" verwendet. Pathogenetische Faktoren sind neben einer durch Chemo-und Strahlentherapie gestörten Barrierenfunktion der Mukosa eine verändertes enterisches Mikrobiom und auch intramurale Infiltrate des Malignoms. Das betroffene Darmsegment (meist distales Ileum) zeigt eine ödematöse, verdickte Wand, Ulzerationen, Blutungen und Perforationen. Begleitend oder kausal lassen sich Pseudomonaden, Clostridium septicum, Enterobacter spp., Escherichia coli und Candida spp. nachweisen. Klinisch bestehen Fieber, Erbrechen, eine oft blutige Diarrhö, Bauchschmerzen, abdominale Abwehrspannung und fehlende oder verminderte Darmgeräusche. Das Sonogramm zeigt verdickte Darmwände, besonders im rechten Unterbauch, das Röntgengenbild häufig Flüssigkeits-Luft-Spiegel sowie bei Perforation freie Luft im Abdomen. Die Therapie erfolgt eher konservativ mit breiter Antibiose gegen aerobe und anaerobe Keime, Antimykotika, Nahrungskarenz und i.v. Ernährung. Die Gabe von granulozytenkoloniestimulierendem Faktor ist zu erwägen. Eine chirurgische Therapie ist meist nicht erforderlich, allenfalls bei Patienten mit einer Perforation notwendig. Differenzialdiagnostisch sind eine Appendizitis sowie pseudomembranöse oder andere Kolitiden zu erwägen. Durchfälle sind häufig, oft prolongiert mit und ohne Begleitsymptome. Ihre klinische Bedeutung ist nicht immer einfach einzuschätzen. Zu den ätiologischen und pathogenetischen Faktoren zählen eine durch Chemo-und Strahlentherapie geschädigte Mukosa, ein durch Antibiotika und andere Medikamente verändertes Mikrobiom, eine geschädigte immunologische Abwehr und eine Malabsorption. Die Bedeutung dieser interferierenden Faktoren und ihre differenzialdiagnostische Zuordnung sind beim einzelnen Patienten schwer zu beurteilen, die Therapien sind deshalb auch eher symptomatisch ausgerichtet. Darmpathogene, auch solche mit begrenzter Pathogenität wie Kryptosporidien, Mikrosporidien, Candida spp., Zytomegalievirus und Clostridien, sind im Stuhl, evtl. auch im Gewebe zu suchen und ggf. zu eliminieren. Häufig führt auch eine spezifische antimikrobielle Therapie nicht zu einem Rückgang der Symptome. Clostridium difficile oder dessen Toxin kann häufig nachgewiesen werden. Das klinische Bild variiert von mildsymptomatischen Patienten bis zu solchen mit schwerer Diarrhö oder pseudomembranöser Kolitis. Therapeutisch wirksam bei Clostridium-difficile-Infektion ist die i.v. Gabe von Vancomycin; alternativ kann Metronidazol p.o. oder i.v. gegeben werden. Nach Knochenmarktransplantation kann eine Graft-versus-Host-Reaktion mit einer Diarrhö symptomatisch werden. Diese ist vom sekretorischen Typ, meist mit Hypalbuminämie. Zusätzlich bestehen in der Regel Haut-und Lebersymptome. Bei unklarer Ätiologie kann eine endoskopische Diagnostik weiterführen. Nicht immer führt die histologische Untersuchung zu einer klaren Diagnose mit der Möglichkeit einer Therapieoptimierung. Eine diätetische Behandlung der Diarrhö ist nicht indiziert. Wegen der guten Resorption und aufgrund der optimalen Komposition sind Sondennahrungen, auch vom Typ der Elementarkost, vorteilhaft. Bei Malabsorption und Unterernährung sollte eine zusätzliche parenterale Ernährung erfolgen. Therapieversuche mit nichtresorbierbaren Antibiotika wie Colistin und Paromycin oder auch mit Loperamid sind möglich, ihr Effekt ist jedoch häufig nicht überzeugend. Die Gabe von Probiotika wird wegen möglicher infektiologischer Komplikationen sehr zurückhaltend bewertet. Zahlreiche intestinale Komplikationen wie Sepsis, Typhlitis, Perforation und intraluminale Infektionen können zu einer Ileussymptomatik führen. Von besonderer Bedeutung ist die Toxizität von Vincristin für das enterische Nervensystem. Innerhalb von 2-3 Tagen und meist für die Dauer von 2 Wochen kommt es zu einer Obstipation infolge eines paralytischen Ileus. Auch die Therapie mit Opiaten begünstigt Motilitätsstörungen mit Symptomen eines Ileus und/oder einer Obstipation. Die Behandlung des paralytischen Ileus erfolgt symptomatisch mit Klysmata und Magensonde, Nahrungskarenz, Korrektur der Wasser-und Elektrolytstörungen sowie medikamentöser Stimulation der Motorik. Auffällige Leberwerte, besonders Aktivitätssteigerungen der Transaminasen, sind im Rahmen einer Chemotherapie sehr häufig zu beobachten. Schwere Hepatopathien mit klinischen Symptomen sind mit Ausnahme der Lebervenenverschlusskrankheit eher selten. Eine Hepatotoxizität der Medikamente und andere Ursachen sind differenzialdiagnostisch zu erwägen. Die primären Veränderungen betreffen die sinusoidalen Endothelzellen. Somit ist der Begriff "sinusoidales Obstruktionssyndrom" der Pathogense näher als die älteren Bezeichnungen "Lebervenenverschlusskrankheit" und "venookklusive Krankheit". Die Lebervenenverschlusskrankheit wird auch bei anderen Chemotherapien beobachtet. Sie ist wahrscheinlich die Folge der Kombination hoher Dosen verschiedener Zytostatika (Busulfan, Cyclophosphamid, Aktinomycin D und besonders Thioguanin) oder von Zytostatika plus Ganzkörperbestrahlung. Tierexperimentell lassen sich früh eine Unterbrechung der sinusoidalen Epithelbarriere und ein Verlust des venösen Endothels erkennen. Subepithelial sammeln sich Blutzellen an. Dies führt zu einer Obstruktion der Zentralvene und zur Blockade der venösen Mikrozirkulation. Weiterhin kommt es zum Verlust der Kupffer-Zellen sowie der perisinusoidalen Perizyten, zur Ansammlung von Monozyten, zur Nekrose der Hepatozyten sowie sekundär zur Fibrose der Sinusoide, der Zentralvene und der Lebervenen. Die Erkrankung wird als eine nichtthrombotische Obstruktion angesehen, obwohl Störungen im Gleichgewicht der Thrombose-und Gerinnungsfaktoren häufig sind. Deren Bedeutung ist strittig, und eine Unterscheidung zwischen primär kausaler Veränderung oder Epiphänomen der Lebererkrankung ist schwierig. Die klinischen Kriterien umfassen eine schmerzhafte Hepatomegalie, eine Ödembildung mit Aszites und eine Bilirubinämie von >2 mg/dl, gefolgt von meist moderaten Erhöhungen der Transaminasen und anderen Symptomen der portalen Hypertension. Bei einer Knochenmarktransplantation treten die Symptome meist 6-20 Tage nach der Transplantation auf. Retrospektiv lassen sich milde (rasche Rückbildung), moderate (Rückbildung mit Diuretika und Schmerzmedikation) und schwere Verläufe (unvollständige Rückbildung der Symptome) unterscheiden. Ein Leberversagen mit Multiorganversagen und hoher Mortalität ist bei schweren Formen relativ häufig. Mittels Sonographie sind der Aszites und die Lebervergrößerung nachweisbar, und Gallenwegserkrankungen sowie infiltrative Erkrankungen der Leber können ausgeschlossen werden. Eine dopplersonographische Darstellung der Lebervenen und der V. portae erbringt Hinweise auf gestörte Flüsse und Flussrichtungen. Die Histopathologie zeigt eine sinusoidale Fibrose, eine subendotheliale Fibrose der Zentralvene sowie Leberzellnekrosen, jedoch stellt die begleitende Gerinnungsstörung meist ein Biopsiehemmnis dar; ggf. kann auch eine transjuguläre Biopsie erfolgen. In mehreren Studien hat Defibrotid, ein polydisperses Oligonukleotid, das über eine erhöhte Synthese von Prostaglandin I2 und E2 die Thrombozytenaggregration hemmt, einen präventiven wie auch kurativen Effekt gezeigt. Symptomatisch erfolgt die Therapie mit Diuretika, Parazentese des Aszites, Substitution der Gerinnungsfaktoren, intensivmedizinischer Betreuung, Anlage eines TIPSS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) und falls erforderlich auch mit einer Lebertransplantation. Klinische Symptome der Pankreatitis sind selten. Dagegen werden erhöhte Lipase-und Amylasewerte häufig beobachtet, besonders unter der Therapie mit Asparaginase, aber auch bei Steroid-, Azathioprin-, Ifosfamid-und Cytosin-Arabinosid-Medikation. Seltener kommen Erhöhungen dieser Werte bei der kombinierten Chemotherapie mit Vincristin und anderen Vincaalkaloiden sowie mit Methotrexat, Cisplatin, Bleomycin, Cyclophosphamid und anderen Zytostatika vor. Es handelt sich vorwiegend um ödematöse Pankreatiden mit entsprechenden morphologischen Veränderungen, die mittels Sonographie und Magnetresonanztomographie darstellbar sind. Eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie ist bei Gangerweiterung und Steinverdacht indiziert. Eine spezifische Therapie existiert nicht. Ernährungspausen sind zu vermeiden, eine adäquate Nahrungszufuhr ist bedeutsamer und ist ohne negativen Effekt. Falls notwendig, sollte eine ausreichende Schmerztherapie erfolgen. Die Therapie der anorektalen Komplikationen umfasst topisches Mesalazin und Steroide und eine intensive perianale Hautpflege. Bei starken Blutungen kann eine endoskopische Blutstillung, bei Strikturen eine Dilatation versucht werden. Grunderkrankung und Komplikationen, eine durch Mukositis, Erbrechen, Übelkeit und Appetitlosigkeit stark kompromittierte Nährstoffzufuhr und eine mögliche Malabsorption führen bei sehr vielen onkologischen Patienten zu einer unzureichenden Ernährung. Die Beurteilung des Ernährungsstatus sollte deshalb mittels der verfügbaren Standards -Gewichts-und Längenperzentilen, Längensollgewicht, Body-Mass-Index, Hautfaltendicke -regelmäßig erfolgen. Sinnvoll ist auch die gelegentliche Bestimmung von Laborparametern der Ernährung wie Eisen-, Ferritin-, Zink-, Albumin-, Folsäure-und Vitamin-B 12 -Spiegel sowie die Konzentrationen der fettlöslichen Vitamine. Bei Auffälligkeiten sollte eine supportive Ernährungstherapie gewählt werden. Für zahlreiche Komplikationen wie Infektionen, hepatozel-luläre Schädigung und Hautveränderungen erweist sich der Ernährungszustand als wichtige Determinante. Die Ernährungstherapie umfasst aufgeschlossene Sondennahrungen hoher Kaloriendichte mit und ohne Sondenapplikation. Eine nächtliche kontinuierliche Zufuhr hat sich oft als vorteilhaft erwiesen. Der enteralen Nährstoffzufuhr ist aus physiologischen Gründen immer der Vorzug zu geben. Ist diese nicht möglich, muss parenteral ernährt werden. Oral manifestations of cancer treatment in children: a review of the literature Defibrotide for prophylaxis of hepatic veno-occlusive disease in pediatric hematopoetic stemcell transplantation: an open label, phase 3, randomized controlled trial Update on the use of defibrotide Longterm follow-up of children with 6-thioguanine related chronic hepatotoxicity following treatment for acute lymphoblastic leulaemia Pediatric gastrointestinal disease Pediatric gastrointestinal disease Hepatic veno-occlusive disease after bone marrow transplantation. Immunohistochemical identification of the material within occluded central venules Gastrointestinal complications in cancer medicine Intervention for preventing oral mucositis for patients with cancer receiving treatment