key: cord-0051047-2p7054aq authors: Larsen, Reinhard title: Pädiatrische Intensivmedizin date: 2016-06-14 journal: Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege DOI: 10.1007/978-3-662-50444-4_64 sha: 5953bf0fad8f394798ede64daa61f29c014c2e35 doc_id: 51047 cord_uid: 2p7054aq Die neonatologische und pädiatrische Intensivmedizin weisen einige für diese Altersgruppe charakteristische Besonderheiten auf, jedoch bestehen in der Überwachung und Therapie gestörter Organfunktionen auch zahlreiche Gemeinsamkeiten. Wie in der pädiatrischen Anästhesie müssen auch in der pädiatrischen Intensivmedizin die anatomischen, physiologischen und pharmakologischen Unterschiede zum Erwachsenen grundlegend berücksichtigt werden. Die Versorgung der Kinder erfordert ein speziell ausgebildetes Fachpflegepersonal. Die ärztliche Betreuung erfolgt auf speziellen Kinderintensivstationen durch Pädiater, auf interdisziplinären und chirurgischen Intensivstationen meist durch Anästhesisten und Chirurgen unter Beratung durch Konsiliarärzte. Zwischen Kindern und Erwachsenen bestehen zahlreiche physiologische Unterschiede, die für die intensivmedizinische Behandlung von grundlegender Bedeutung sind (7 Kap. 19 ). Unmittelbar nach der Geburt wird der fetale Kreislauf "umgeschaltet" und dem Kreislauf des Erwachsenen angeglichen: 5 Die Lungen entfalten sich mit den ersten Atemzügen, der Widerstand in den Lungengefäßen fällt ab und es strömt eine große Blutmenge in die Lungen ein, die zuvor über den Ductus Botalli, an den Lungen vorbei, aus der A. pulmonalis in die Aorta kurzgeschlossen wurde. Die neonatologische und pädiatrische Intensivmedizin weisen einige für diese Altersgruppe charakteristische Besonderheiten auf, jedoch bestehen in der Überwachung und Therapie gestörter Organfunktionen auch zahlreiche Gemeinsamkeiten. Wie in der pädiatrischen Anästhesie müssen auch in der pädiatrischen Intensivmedizin die anatomischen, physiologischen und pharmakologischen Unterschiede zum Erwachsenen grundlegend berücksichtigt werden. Die Versorgung der Kinder erfordert ein speziell ausgebildetes Fachpflegepersonal. Die pädiatrische Intensivmedizin umfasst v. a. die Intensivüberwachung und -behandlung von Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen mit spezifischen Erkrankungen dieser Altersgruppe. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen erfolgt gewöhnlich auf allgemeinen pädiatrischen Intensivstationen, die von Neugeborenen auf spezialisierten Neugeborenenintensivstationen, während Kinder mit chirurgischen Erkrankungen oder schweren Verletzungen auch auf den allgemeinen bzw. interdisziplinären oder chirurgisch spezialisierten Intensivbehandlungsstationen für Erwachsene (z. B. Herzchirurgie, Neurochirurgie) versorgt werden. Die Besonderheiten der pädiatrischen Intensivmedizin ergeben sich aus den spezifischen Unterschieden zwischen Kindern und Erwachsenen, die z. T. ein anderes intensivmedizinisches Vorgehen und Instrumentarium als beim erwachsenen Patienten erfordern. Für die intensivmedizinische Behandlung von Neugeborenen und Kindern ist eine spezielle Ausbildung des Pflegepersonals erforderlich. Die Aufgaben sind die gleichen wie in der Erwachsenenintensivmedizin: Kenntnis der zu behandelnden Krankheitsbilder einschließlich ihrer Risiken und Komplikationsmöglichkeiten, Pflege und Ernährung der Kinder, Intensivüberwachung mit dem vorrangigen Ziel, bedrohliche Störungen und Veränderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu treffen. zu; in späteren Jahren erfolgt dann das Größenwachstum der Alveolen. Das Zwerchfell ist beim Neugeborenen und Säugling der Hauptmuskel für die Atmung, denn die Rippen verlaufen mehr horizontal als beim Erwachsenen, sodass die Interkostalmuskeln den Thorax noch nicht wesentlich im seitlichen Durchmesser vergrößern können. Die Aufrechterhaltung der Extrazellulärflüssigkeit, insbesondere ihre Osmolarität, ist eine der Hauptaufgaben der Niere. Zwar ist die Niere des Neugeborenen im Vergleich zum Erwachsenen unreifer, kann jedoch normalerweise ihre regulatorischen Funktionen ausreichend erfüllen. Die Konzentrierungsfähigkeit der Niere ist eingeschränkt, der Urin entsprechend geringer konzentriert als beim Erwachsenen. Die Fähigkeit Natrium zu reabsorbieren ist bei der Niere des Frühgeborenen unzureichend ausgebildet, sodass leicht eine negative Natriumbilanz mit Hyponatriämie innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt auftreten kann. Klinisch wichtig ist die Reaktion der Niere von Neugeborenen auf Salz-und Wasserbelastung: Zu hohe Natriumzufuhr (mehr als 12 mmol/kgKG/Tag) kann beim Neugeborenen zu positiver Natriumbilanz führen. Besonders gefährdet sind hierbei Frühgeborene: Anhaltende Unterkühlung (<35,5°C) in der Neugeborenenperiode ist mit erhöhter Sterblichkeit verbunden, insbesondere bei Frühgeborenen und unreifen Neugeborenen. Darum ist eine optimale Umgebungstemperatur Grundvoraussetzung für die Intensivpflege von Neugeborenen. Angestrebt wird hierbei eine rektale Temperatur von 37°C. Die Energievorräte des Neugeborenen sind gering, entsprechend werden Fasten und ungenügende Flüssigkeitszufuhr schlechter toleriert als vom Erwachsenen. Reife Neugeborene verfügen über eine Energiereserve von etwa 10 g Glykogen/kgKG sowie etwa 2-6% ihres Gewichtes als Fettgewebe, aus dem Energie gewonnen werden kann. Bei untergewichtigen Neugeborenen sind die Vorräte geringer. Energie benötigt das Neugeborene für den Erhaltungsstoffwechsel und das Wachstum, nach der Geburt zusätzlich zur Wärmeproduktion, Verdauung und Muskelaktivität. Der O 2 -Verbrauch beträgt in Ruhe und thermoneutraler Umgebung in den ersten Lebensstunden ca. 4,6 ml/kgKG/ min und steigt auf 7,5 ml/kgKG/min mit einem Monat an. Bei Kältestress, vermehrter Atemarbeit und gesteigerter Muskelaktivität kann er um das 2-bis 3-fache zunehmen. Längere Fastenperioden und Flüssigkeitsbeschränkungen müssen daher vermieden werden, ebenso Steigerungen des Energiebedarfs. Erstversorgung und primäre Neugeborenenreanimation: 7 Kap. 20. Ist eine orale Nahrungsaufnahme nicht möglich, wird per Magen-oder Duodenalsonde ernährt. Verwendet werden Magensonden der Größe 5 oder 8 Charr. Die Beatmung von Neugeborenen und Kleinkindern unterscheidet sich naturgemäß aufgrund der anderen Atemphysiologie von der des Erwachsenen (7 Kap. 56). Dies gilt insbesondere für die viel höhere Atemfrequenz und das erheblich geringere Atemzugvolumen, die entsprechend konstruierte Beatmungsgeräte erfordern. Die Nährstoffe können beim Neugeborenen über eine periphere Vene oder einen zentralen Venenkatheter zugeführt werden. Die periphere Venenkanülierung ist einfacher und weniger komplikationsreich als die zentrale Venenkatheterisierung. Allerdings dürfen die zu infundierenden Lösungen nur isoosmolar sein, um eine Thrombophlebitis zu vermeiden. Ausreichende Kalorienzufuhr ist daher nur durch zusätzliche Infusion von Fettemulsionen möglich. Die zentrale Venenkatheterisierung ist bei schwerer Ernährungsstörung, Kontraindikationen für die Fettzufuhr oder Fehlen geeigneter peripherer Venen erforderlich. Hierbei sollten wegen der guten Verträglichkeit möglichst nur Silikonkatheter eingeführt werden. Um Infektionen zu verhindern, wird empfohlen, den Katheter durch einen subkutanen Tunnel nach außen zu führen. Außerdem sollten Bakterienfilter zwischen Katheteransatz und Infusionssystem geschaltet werden. Für das praktische Vorgehen und die Überwachung bei der parenteralen Ernährung gelten im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie beim Erwachsenen (7 Kap. 43). Für die Beatmung von Neugeborenen und Kleinkindern sind spezielle Beatmungsgeräte erforderlich. Die "richtige", individuell angepasste Einstellung des Beatmungsgerätes erfordert Erfahrung und Geduld. Das Vorgehen entspricht im Wesentlichen dem der Erwachsenenbeatmung (7 Kap. 56). Wichtigster Überwachungsparameter ist die arterielle Blutgasanalyse, die in regelmäßigen Abständen sowie 10-20 min nach jeder Neueinstellung des Beatmungsgerätes durchgeführt werden muss. Sie erfolgt gewöhnlich über IMV und/oder CPAP (Einzelheiten: Die endotracheale Intubation ist indiziert, wenn das Kind auf die oben angeführten Maßnahmen nicht ausreichend anspricht und sich eine Hypoxie und Hyperkapnie entwickeln. Bei der Intubation muss jede Traumatisierung vermieden werden, damit das Ödem nicht zunimmt. Die Intubation kann am wachen (meist sedierten) Patienten erfolgen, oder aber unter Allgemeinnarkose (7 Abschn. 64.11.2). Die meisten Kinder können nach Beseitigung der Atemwegsobstruktion durch den Endotrachealtubus spontan mit niedrigem CPAP atmen. Stark erschöpfte Kinder müssen vorübergehend maschinell beatmet werden. Die Extubation kann meist 1-2 Tage nach der Intubation erfolgen, z. B. in Allgemeinanästhesie und in Verbindung mit einer Tracheoskopie. Die akute Epiglottitis ist eine ausgeprägte Entzündung und Schwellung der Epiglottis und anderer Gewebe oberhalb der Stimmritze, die durch das Bakterium Haemophilus influenzae hervorgerufen wird. Der Krupp ist eine Viruserkrankung! Häufigste Erreger sind Parainfluenza, Myxo-, Adeno-, Influenza-und Rötelnviren. Betroffen ist v. a. die Altersgruppe zwischen 6 Monaten und 3 Jahren, vermutlich weil während dieser Zeit eine besondere Anfälligkeit gegenüber Viren besteht. Jungen sind 2,5-mal häufiger betroffen als Mädchen. Die Erkrankung ist durch eine zunehmende Entzündung und Schwellung der oberen Atemwege gekennzeichnet, die besonders im subglottischen Bereich (der engsten Stelle des kindlichen Kehlkopfes) rasch zu einer lebensbedrohlichen Behinderung der Atmung führen kann. Die Stenose im subglottischen Bereich erhöht den Atemwiderstand erheblich, sodass die Kinder eine vermehrte Atemarbeit leisten müssen, die rasch zur vollkommenen Erschöpfung führen kann. Die Erkrankung tritt v. a. in der Altersgruppe zwischen 2 und 6 Jahren auf, wird jedoch gelegentlich auch danach beobachtet. Klinikstandards für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin Checkliste Neonatologie. 5. Aufl. Thieme Neonatologie: Die Medizin des Frühund Reifgeborenen Lebensrettende Maßnahmen bei Kindern ("paediatric life support") Kapitel 6 der Leitlinien zur Reanimation 2015 des European Resuscitation Council Neonatologische und pädiatrische Intensivund Anästhesiepflege. 5. Aufl Medikamente in der Pädiatrie. Inklusive Neonatologie/Intensivmedizin.4. Aufl Lebensrettende Maßnahmen bei Kindern Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin. Leitlinien zum rationalen ärztlichen Handeln in der Neonatologie und pädiatrischen Intensivmedizin .