key: cord-0054152-o1spwec9 authors: Mathis-Ullrich, F.; Scheikl, P. M. title: Robotik im Operationssaal – (Ko‑)Operieren mit Kollege Roboter date: 2020-12-22 journal: Gastroenterologe DOI: 10.1007/s11377-020-00496-x sha: b861975a7a1c330bd190b799976551934cc2af87 doc_id: 54152 cord_uid: o1spwec9 BACKGROUND: Medical robotics has the potential to improve surgical and endoluminal procedures by enabling high-precision movements and superhuman perception. OBJECTIVES: To present historical, existing and future robotic assistants for surgery and to highlight their characteristics and advantages for keyhole surgery and endoscopy. METHODS: In particular, historical medical robots and conventional telemanipulators are presented and compared with minimally invasive continuum robots and novel robotic concepts from practice and research. In addition, a perspective for future generations of surgical and endoluminal robots is offered. CONCLUSION: Robot-assisted medicine offers great added value for quality of intervention as well as safety for surgeons and patients. In the future, more surgical steps will be performed (semi-)autonomously and in cooperation with the experts. Trotz der nur langsam ansteigenden Anzahl durchgeführter Operationen in Deutschland nimmt der Anteil robotisch assistierter Chirurgie stetig zu (. Abb. 1). Allein der wohl bekannteste Chirurgieroboter Da Vinci (Intuitive Surgical Inc., Sunnyvale, CA, USA) wurde bisher mehr als 5500-mal installiert und in mehr als 7 Mio. Eingriffen verwendet. Die Medizinrobotik verspricht, durch Integration von hochpräzisen Sensoren und flexiblen aktiven Instrumenten die natürlichen Fähigkeiten der Chirurgin zu erweitern. Obwohl Chirurgieroboter erst in der letzten Dekade regulär in den Operationssälen Einzug erhielten, wurden schon in den 1980er-Jahren an robotischen Assistenzsystemen für die Chirurgie geforscht. wurde im Jahr 1986 für die assistierte Hüftoperation vorgestellt. Im gleichen Jahr führte ein Programmable-Universal-Machine-for-Assembly(PUMA)-Roboter eine neurochirurgische Biopsie im Gehirn erfolgreich durch [10] , wurde später für die transurethrale Resektion der Prostata verwendet [4] und wurde somit der Vorgänger des PROBOT (entwickelt am Imperial College London). Es folgten mehrere experimentelle Systeme für die telemanipulierte Chirurgie, bis im Jahr 2000 das Da-Vinci-System kommerzialisiert wurde und seitdem den Chirurgierobotermarkt anführt. Bei der unter dem Namen "Lindbergh Operation" bekannt gewordenen Reihe von transatlantisch teleoperierten Cholezystektomien steuerte der Chirurg in New York einen Chirurgieroboter, der an Patienten in Strasbourg operierte [13] . Während Da Vinci, so wie viele Wettbewerber, für chirurgische Interventionen der Gynäkologie, der Urologie und der Allgemeinchirurgie genutzt werden, werden zurzeit vermehrt robotische Assistenten für andere medizinische Disziplinen zertifiziert und kommerzialisiert. Prominent vertreten ist dabei die Orthopädie, aber auch mikrochirurgische Systeme für Anwendungen in der Ophthalmologie oder der Neurochirurgie sowie Systeme für die Gastroenterologie. Chirurgieroboter sind unter verschiedenen Gesichtspunkten einzuordnen. Gastroenterologe https://doi.org/10.1007/s11377-020-00496-x © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Background. Medical robotics has the potential to improve surgical and endoluminal procedures by enabling high-precision movements and superhuman perception. Objectives. To present historical, existing and future robotic assistants for surgery and to highlight their characteristics and advantages for keyhole surgery and endoscopy. Methods. In particular, historical medical robots and conventional telemanipulators are presented and compared with minimally invasive continuum robots and novel robotic concepts from practice and research. In addition, a perspective for future generations of surgical and endoluminal robots is offered. Conclusion. Robot-assisted medicine offers great added value for quality of intervention as well as safety for surgeons and patients. In the future, more surgical steps will be performed (semi-)autonomously and in cooperation with the experts. Robotic surgical procedures · Computerassisted surgery · Minimally invasive surgery · Endoscopy · Telemedicine ten endoluminalen System, das in Studien für den transanalen und transoralen Eingriff untersucht wurde. Eine vergleichende Studie demonstriert eine vereinfachte Navigation beim kolorektalen Eingriff in der nichtlinearen Anatomie des Rektums sowie reduzierten Blutverlust und Operationszeiten mit dem Flex Robotic System im Vergleich zum Da Vinci Si [15] . » Steuerbare Nadeln stellen eine weitere robotische Unterstützung für die Chirurgie dar Sogenannte steuerbare Nadeln stellen eine weitere Möglichkeit der robotischen Unterstützung für die Chirurgie dar und werden insbesondere für die Leberchirurgie erforscht [6] . Diese asymmetrischen Nadeln können in weiches Gewebe eingeführt werden und ermöglichen durch gezielt kombinierte Translation und Rotation der Nadel eine Bewegung auf einem vorher definierten Pfad, während sie durch medizinische Bildgebung, wie Fluoroskopie, beobachtet und digital verfolgt werden kann. Kabellose robotische Systeme können aktiv innerhalb anatomischer Strukturen bewegt werden. Bei der robotischen Kapselendoskopie wird eine Kamerakapsel durch externe Magnetfelder und deren Gradienten bewegt und vom Chirurgen durch den Körper gesteuert. Oft werden verschiedene Funktionen miteinander kombiniert wie bei einer weichen Endoskopiekapsel, die Bilder aufnimmt und gleichzeitig eine Biopsie im Magen durchführt ( [20] ; . Abb. 4). Magnetisch aktuierte kabellose Systeme weisen den Vorteil der Miniaturisierung auf, da diese Roboter keine oder nur wenige bewegliche Bauteile beinhalten, sondern über externe Magnetfelder angetrieben sind und sich somit insbesonderefürhochpräzisemikrorobotische Anwendungen eignen [24] . Durch Innovationen, wie Mikroroboter oder Anwendung sog. Smart Materials, wird in Zukunft die Art und Verfügbarkeit von robotischen Endoskopen und Instrumenten erweitert, um anatomische Barrieren in der Chirurgie zu überwinden und verbesserte Manipulierbarkeit zu gewährleisten. In der Vergangenheit stellten die hohen Investitionskosten von chirurgischen Robotern ein großes Hindernis dar. Mit der in den letzten Jahren entstandenen Dynamik am Markt, getrieben vom Auslaufen derPatenrechte fürdas Da-Vinci-System, wird vermehrt Augenmerk auf die Vorteile der roboterassistierten Chirurgie gelegt. Im Allgemeinen beinhalten die Vorteile der robotisch assistierten Schlüssellochtechnologie für die Patienten einen reduzierten Blutverlust sowie geringere Traumatisierung des umliegenden Gewebes und schnellere Wundheilung. Chirurgen profitieren von verbesserter Arbeitssicherheit und Ergonomie sowie der vergrößerten Visualisierung des Operationssitus und präziser Manipulierbarkeit von chirurgischen Instrumenten. Somit können intelligente Systeme und robotische Instrumente die natürlichen Fähigkeiten der Chirurgen durch zusätzliche Sensorik und Aufbereitung von komplexen Daten erweitern. Generell verspricht die roboterassistierte Chirurgie eine verbesserte Präzision und Flexibilität der Instrumente. Werden Präzision und Geschwindigkeit von manuell und robotergestützten laparoskopischen Eingriffen miteinander verglichen, zeichnet sich die robotisch unterstütze Operation durch erhöhte Präzision aus, ist aber zugleich langsamer [28] . Ein wei-Abb. 3 Der Einsatz von Chirurgierobotern verbessert nicht nur die Patientensicherheit, sondern ermöglicht auch eine erhöhte Sicherheit für die Chirurgen durch verbesserte Ergonomie und eine Reduktion der Strahlenbelastung bei Interventionen mit intraoperativer Bildgebung. Beides wird durch die Nutzung einer geschlossenen (z. B. Da Vinci, Avatera) oder offenen (z. B. TransEnterix, Medtronic, CMR Surgical) Steuerkonsole bzw. der (Teil-)Autonomie von Chirurgierobotern gewährleistet. Ein wesentlicher und häufig diskutierter Nachteil der robotergestützten Chirurgie sind die hohen Kosten dieser Technologie. Eine Studie aus dem Jahr 2017 untersuchte die bei der robotisch gestützten und der offenen Hepatektomie entstandenen direkten variablen und fixen sowie indirekte Kosten [3] . Offensichtlich variieren die durchschnittlichen Kosten für die robotergestützte Chirurgie mit der Art der medizinischen Intervention, Standardisierung eines Prozesses und der Erfahrung des Roboterpiloten. Wie die robotergestützte Chirurgie ist die laparoskopische Chirurgie minimal-invasiv, benötigt aber für einfache Eingriffe geringere finanzielle Ressourcen [12] . Bezogen auf die Gastroenterologie existieren groß angelegte Untersuchungen, die die laparoskopische mit der robotischen kolorektalen Chirurgie vergleichen [1, 21] . Im Vergleich zu laparoskopischen Eingriffen ergab sich, dass die robotische Operation von Rektumkarzinomen 27-63 % niedrigere Konversionsraten zur offenen Chirurgie aufwie-Abb. 5 9 Semantische Segmentierung in Endoskopbildern und kognitiver Medizinroboter am Karlsruher Institut für Technologie (Karlsruhe, Deutschland) sen -ein Ergebnis, das nicht für Kolonkarzinome repliziert werden konnte. Bei der robotergestützten Resektion des Kolonkarzinoms verringerte sich die Liegedauer um 0,4-1 Tag gegenüber der laparoskopischen Operation. Infektionsraten, Morbidität und Mortalität von Patienten in beiden Gruppen sind vergleichbar, während die Operationsdauer der robotischen Eingriffe in beiden Studien um 21-37 % anstieg. Alle diese Faktoren beeinflussen die Kosten der robotergestützten Eingriffe immens, wobei mit kurzfristig zu erwartenden Fortschritten in der Technologie robotergestützte Eingriffe effizienter und damit auch ökonomisch sinnvoll werden. In medizinischen Eingriffen und der Diagnostik fallen beachtliche Datenmengen an, die jedoch meist nicht weiterverwertet werden. Methoden des maschinellen Lernens (ML) ermöglichen es, diese Daten nach Aufbereitung nutzbar zu machen. Mustererkennung in annotierten Bilddaten der Dermatologie ist ein prominentes Beispiel [5] . Beim sog. bestärkenden Lernen werden Daten aus Interaktion mit der Umgebung gewonnen. Diese mächtigen Methoden stellen einen Trend des ML dar und es ist in naher Zukunft zu erwarten, dass diese auch für die Medizin nutzbar werden. So wurde beispielsweise während der Pandemie durch das "severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2" (SARS-CoV-2) diese Methodik bei der Entwicklung von Wirkstoffen gegen das Virus eingesetzt [22] . Insbesondere in der Gastroenterologie ist zu erwarten, dass künftige robotische Systeme durch integrierte Sensorik erweitert werden, um große Datenmengen zu sammeln, die mittels Methoden des maschinellen Lernens ausgewertet werden können. Somit wird die mechanische Präzision von robotischen Endoskopen um maschinelle Kognition und datenbasierte Entscheidungshilfe erweitert. Im Jahr 2014 erhielt die erste datenbasierte Anwendung für Smartphones eine CE-Zertifizierung für die Risikoanalyse von Muttermalen und Läsionen (SkinVision, Amsterdam, Niederlande), die das Bewusstsein für Hautkrankheiten schärfen soll. Solche Anwendungen bergen das Potenzial, Hautkrebs früher und flächendeckend zu erkennen, als es aufgrund der begrenzten Anzahl dermatologischer Experten möglich ist. Datenbasierte Entscheidungshilfen werden jedoch nicht nur von Laien genutzt, sondern unterstützen auch medizinische Experten beim Bewerten komplexer Daten. Dies betrifft vor allem das Erkennen früher Anzeichen von Darmkrebs wäh-rend Koloskopien in endoskopischen Bilddaten [27] und der Segmentierung von radiologischen Bilddaten [26] . Diese Assistenzsysteme sollen einerseits den Aufwand von arbeitsintensiven Eingriffen verringern und andererseits medizinische Experten unterschiedlicher Kompetenzstufen in der Diagnostik unterstützen [11] . Sogenannte tiefe neuronale Netze sind in der Lage, Polypen in Echtzeit zu erkennen [7] . Die erste kontrollierte und randomisierte Studie mit 1058 Patienten vergleicht ein lernendes System mit dem Behandlungsstandard. Dabei ergab sich eine signifikant höhere Erkennungsrate von Polypen kleiner als 10 mm in allen Segmenten des Dickdarms [25] . Ergänzend zu konventionellen, teleoperierten Chirurgierobotern steckt in der Automation von repetitiven chirurgischen Aufgaben noch signifikantes Potenzial zur Reduktion von physischer und kognitiver Last und somit für verbesserte Patientenversorgung. Verstärkt werden ML-Methoden eingesetzt, um Roboter von und mit Menschen lernen zu lassen (sog. kognitive Robotik). Demonstrationen von Experten können genutzt werden, robotischen Assistenten komplexe Aufgaben, wie das Einführen einer Nadel [9] , beizubringen und chirurgische (Teil-)Prozesse zu automatisieren. Ferner können gewünschte robotische Verhalten extrahiert werden, um somit z. B. eine autonome Kameraführung zu schaffen, die aus eigenen Erfahrungen lernt und somit ihr Verhalten für zukünftige Eingriffe optimiert [2] . Dabei beschränkt sich die Forschung nicht nur auf starre Instrumentation, wie die autonome Steuerung von flexiblen Kathetern [8] Lernende Systeme ermöglichen, dass das Erlernte eines Systems auf andere übertragen werden kann, und sind deshalb sehr effizient und zukunftsträchtig. Jedoch werden diese Maschinen den Chirurgen nicht ersetzen, sondern ihn in seinem eigenen Können unterstützen, z. B. durch die Automatisierung von repetitiven und standardisierten (Teil-)Aufgaben. Die inhärente "Blackbox"-Natur aktueller lernender Systeme stellt einen stark limitierenden Faktor dar. Auch wenn das gelernte Verhalten solcher Systeme intelligent zu sein scheint, basiert es im Kern auf Mustererkennung, die nur so gut ist, wie die verfügbaren Daten. Abstraktionsfähigkeit und die Fähigkeit zur kreativen Lösungsfindung, die einen wichtigen Teil menschlicher Intelligenz darstellen, fehlen den Systemen komplett. Eine Zertifizierung lernender Systeme stellt demnach eine signifikante Hürde für die klinische Translation dar. Insbesondere ethische Fragestellungen wie "Wie gut muss Kollege Roboter operieren?" und "Wer trägt die Verantwortung?" dürfen in diesem Prozess nicht vernachlässigt werden. A comparison of laparoscopic and robotic colorectal surgery outcomes using the American College of Surgeons National Surgical Quality Improvement Program (ACS NSQIP) database Learning dynamic spatial relations Financial impact of the robotic approach in liver surgery: a comparative study of clinical outcomes and costs between the robotic and open technique in a single institution WickhamJEA(1991)Thedevelopmentofasurgeon robot for prostatectomies Dermatologist-level classification of skin cancer with deep neural networks Highly articulated robotic needle achieves distributed ablation of liver tissue Artificial Intelligence and Polyp Detection Autonomous guidewire navigation in a two dimensional vascular phantom DDCO: discovery of deep continuous options for robot learning from demonstrations. arXiv Prepr A robot with improved absolute positioning accuracy for CT guided stereotactic brain surgery The impact of artificial intelligence in the endoscopic assessment of premalignant and malignant esophageal lesions : present and future Robotic surgery: applications and cost effectiveness Transatlantic robot-assisted telesurgery Robotic assisted-bronchoscopy: technical tips and lessons learned from the initial experience with sampling peripheral lung lesions The outcomes of two robotic platforms performing transanal minimally invasive surgery for rectal neoplasia: a case series of 21 patients Magnetic levitation for soft-tethered capsule colonoscopy actuated with a single permanent magnet: a dynamic control approach A review of augmented reality in roboticassisted surgery A motor-driven single-use colonoscope controlled with a hand-held device: a feasibility study in volunteers Deep learning for semantic segmentationoforgansandtissuesinlaparoscopic surgery Magnetically actuated soft capsule endoscope for fine-needle biopsy A populationbased study comparing laparoscopic and robotic outcomes in colorectal surgery AI-aided design of novel targeted covalent inhibitors against SARS-CoV-2. bioRxiv Prepr Serv Biol Development of a colon endoscope robot that adjusts its locomotion through the use of reinforcement learning Mobility experiments with microrobots for minimally invasive intraocular surgery Real-time automatic detection system increases colonoscopic polyp and adenoma detection rates: a prospective randomised controlled study Automated abdominal segmentation of CT scans for body composition analysis using deep learning Development of a real-time endoscopic image diagnosis support system using deep learning technology in colonoscopy Comparison of precision and speed in laparoscopic and robot-assisted surgical task performance Gesundheitsberichterstattung des Bundes