key: cord-0062361-4uxf8u11 authors: Gimpel, Henner; Hinterholzer, Thomas; Lanzl, Julia; Marheineke, Torsten; Pfauser, Fabiola; Röglinger, Maximilian title: Kunden umfassend kennenlernen – Erfahrungen einer Shadowing-Studie an einem internationalen Verkehrsflughafen date: 2021-04-26 journal: Wirtsch Inform Manag DOI: 10.1365/s35764-021-00337-8 sha: 61aee0949eeff2b03aeaddd77e50fac4e22922d8 doc_id: 62361 cord_uid: 4uxf8u11 nan Durch immer mehr Konkurrenz insbesondere im außereuropäischen Bereich, die zunehmende Bedeutung des Non-Aviation-Geschäfts und in Zeiten nach der COVID-19-Pandemie potenziell rückläufigen Flugaufkommens stehen Flughäfen unter einem immer höheren Wettbewerbsdruck. Eine zentrale Herausforderung für Flughäfen besteht dabei in den immer anspruchsvolleren Kunden und den sich schneller ändernden Anforderungen. Darüber hinaus führen digitale Technologien wie Social Media, Mobile Apps und das Internet der Dinge zu einem tiefgreifenden Wandel der Gesellschaft und einem neuen Selbstverständnis der Kunden. Kunden sind vernetzt, informiert und selbstbewusst. Sie erwarten eine individuelle Behandlung, hohe Qualität und Transparenz sowie innovative Dienstleistungen auf Basis digitaler Technologien. Ohne eine konsequente Orientierung am Endkunden kann im digitalen Zeitalter kaum ein Unternehmen im Wettbewerb bestehen [1] . Hochqualitative Produkte und Dienstleistungen reichen nicht mehr aus. Vielmehr gilt es, Kunden in allen Segmenten über alle Kontaktpunkte und Interaktionskanäle hinweg ein herausragendes Kundenerlebnis zu bieten. Nur so kann aus dem einmaligen Kundenerlebnis langfristig Kundenloyalität und -bindung sowie ökonomischer Erfolg generiert werden [3] . Diese Notwendigkeit der Kundenzentrierung wird an Flughäfen insbesondere auch dadurch immer wichtiger, dass Flughäfen als Infrastrukturbetreiber heute nur noch gut die Hälfte ihres Umsatzes durch das klassische Aviation-Geschäft machen. Die andere Hälfte kommt aus dem Non-Aviation-Bereich -beispielsweise der Gastronomie und dem Einzelhandel -, in dem Kunden während ihres Aufenthalts am Flughafen eine noch zentralere Rolle für den Flughafen einnehmen. Als erster Flughafen in Europa hat der Flughafen München im Frühjahr 2015 die 5-Star-Airport-Auszeichnung des Luftfahrtforschungsinstituts Skytrax für seine erstklassige Ser-vicequalität erhalten und bis heute aufrechterhalten. Diese weltweit nur an 14 Flughäfen vergebene Auszeichnung bestätigt, dass sowohl Urlauber als auch Geschäftsreisende während ihres Aufenthalts am Flughafen München erstklassiges Ambiente und Komfort, ein vielfältiges Serviceangebot, optimierte Abläufe, eine einfache Orientierung sowie eine einzigartige Gastfreundschaft erleben dürfen. Das Markenversprechen "Verbindung leben" und ein konsequent umgesetzter Dienstleistungsgedanke stehen für den Flughafen München an erster Stelle. Mit der Auszeichnung zum 5-Star-Airport geht daher das Bestreben einher, das erreichte Qualitätsniveau zu halten und auszubauen. So ist es der eigene Anspruch des Flughafens München, "Der Beste unter den Großen" zu sein. Ziel des Flughafens München beim Einsatz der Shadowing-Methode war es, Passagiere während ihrer Journey am Flughafen genauer zu verstehen. Zentrale Fragestellungen waren die tatsächlich zurückgelegten Wege, Herausforderungen für Passagiere und begeisternde Elemente sowie die Annahme von digitalen Touchpoints wie beispielsweise Check-in-Automaten oder die elektronische Passkontrolle. Dabei sollte insbesondere auch die Emotion der Passagiere -positiv wie negativ -eingefangen werden, um auf Basis der Ergebnisse das Erlebnis der Passagiere noch besser zu gestalten. Shadowing ist eine qualitative Forschungsmethode, bei der eine untersuchende Person (Shadower) die zu untersuchende Person (zum Beispiel Mitarbeiter eines Unternehmens oder Kunden) über einen längeren Zeitraum begleitet und beobachtet [4] . Der Vorteil des Shadowings gegenüber anderen qualitativen Forschungsmethoden liegt in einem wesentlich höheren Detailgrad sowie einer größeren Vollständigkeit der gesammelten Daten über eine individuelle Person und deren Verhaltensweisen [4] . McDonald (2005) Spektrum | Shadowing-Studie an einem internationalen Verkehrsflughafen sagiere beobachtet werden, die sich ungewöhnlich lange nach der Gepäckabgabe im öffentlichen Bereich aufhielten und sich erst dann auf den Weg zur Sicherheitskontrolle machten, wobei in einigen Fällen die dort dann langen Passagierschlangen das rechtzeitige Erreichen des Gates gefährdeten. In Bezug auf die Orientierung und Wegefindung, eine der zentralen Fragestellungen im Vorfeld, zeigte sich, dass die Passagiere insgesamt sehr gut mit der Beschilderung zurechtkamen und diese einen wichtigen Beitrag leistet. Jedoch zeigten sich Schwierigkeiten durch teilweise zu klein beschriftete Schilder oder dadurch, dass andere Schilder und Werbebanner das relevante Schild verdeckten. Auch zeigten einige Beispiele die Wichtigkeit des Shadowings. So konnte vermehrt beobachtet werden, dass aufgrund ihrer Größe eigentlich unübersehbare Schilder übersehen wurden, da sie sich an von den Passagieren nicht erwarteten Orten und außerhalb des natürlichen Blickfeldes befanden. Im Rahmen der Studie wurde auch der vermehrte Einsatz digitaler Services evaluiert. Auch hier zeigten sich in Bezug auf die Wegeführung Schwierigkeiten. Insbesondere Wegangaben auf digitalen Bildschirmen, welche aus Flughafen-sicht die Vorteile bringen, dynamische und aktuelle Angaben zu zeigen, wurden häufig übersehen, da die Passagiere mit "analogen" Schildern rechnen, auf Bildschirmen lediglich Werbeanzeigen erwarten und diese somit aus ihrem Blickfeld ausblenden. Auf der anderen Seite kamen digitale Informationsterminals sehr gut an, an denen Passagiere gezielt nach dem gewünschten Ort suchen und sich den individuellen Weg von der aktuellen Position aus anzeigen lassen können. Auch wurden digitale Services wie Check-in-Automaten oder die elektronische Passkontrolle sehr gut angenommen, denn Passagiere schätzten insbesondere die Zeitersparnis in den Prozessen. Jedoch hatten einige Passagiere Schwierigkeiten bei der Bedienung der neuen Geräte und waren dadurch verunsichert. Viele Passagiere -insbesondere jüngere -wünschen sich dennoch vermehrt digitale Services am Flughafen bzw. einen Ausbau der bestehenden, wie beispielsweise der Flughafen-App, um antizipierte oder sogar Live-Informationen zu Wartezeiten an der Sicherheitskontrolle abrufen zu können. Darüber hinaus können auf Basis der Shadowing-Ergebnisse die (analogen) Touchpoints identifiziert werden, die besonders wichtig für die Passagiere sind. Darauf aufbauend können Konzepte erarbeitet werden, um diese Touchpoints künftig digital zu erfassen und auszuwerten. So kann Shadowing-Studie an einem internationalen Verkehrsflughafen | Spektrum beispielsweise über eine automatisierte Videoauswertung die Wartezeit an dem besonders wichtigen Touchpoint der Sicherheitskontrolle ermittelt werden. Bei einer zu hohen Wartezeit können dann wiederum Gegenmaßnahmen (zum Beispiel mehr Mitarbeitende) ergriffen werden. • In die Vorbereitung und Durchführung des Shadowings müssen alle Fachbereiche eingebunden werden, um hohe Relevanz und Akzeptanz der Ergebnisse zu erreichen. Structuring digital transformation: a framework of action fields and its application at ZEISS Digitalisierung erfordert auch, Gewohntes strukturiert zu verlernen Kunden wollen was erleben Studying actions in context. A qualitative shadowing method for organizational research