key: cord-0062744-2u24xke0 authors: Stumpf, Max Jonathan; Pizarro, C.; Nickenig, Georg; Schaefer, C.A.; Skowasch, Dirk; Kütting, D.; Gärtner, F.C. title: Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie date: 2021-05-17 journal: Pneumo News DOI: 10.1007/s15033-021-2694-z sha: 1c4c13c5824bdf08864c29359a67adecab11e6d6 doc_id: 62744 cord_uid: 2u24xke0 nan Pathogenetisch liegt der CTEPH zunächst die Okklusion großer Teile der proximalen Lungenstrombahn beider Lungen durch Thrombusmaterial zugrunde. Im Verlauf kommt es dann bei einem Teil der Betroffenen zu einer Organisation des Thrombus mit Induktion einer Intima-Hyperplasie, intravasaler Netzbildung und schließlich narbigem Umbau mit nur inkompletter Rekanalisation. Auch ein Remodeling nachgeschalteter Arteriolen und kleinerer Gefäße, die initial nicht durch die Embolie betroffen waren, ist möglich. Unbehandelt verlaufen diese Veränderungen chronisch-progredient, es kommt zu einer zunehmenden Rechtsherzbelastung und -versagen [4, 9] . Mit Blick auf die aktuelle COVID-19-Pandemie zeigt die derzeitige Studienlage bei Patienten mit COVID-19 eine Hyperkoagulabilität einhergehend mit einer erhöhten Rate tiefer Beinvenenthrombo-sen, Lungenembolien und Mikrothromben im pulmonalen Gefäßsystem [10] . Dies kann den Krankheitsverlauf deutlich erschweren, zudem sollte hier in der Folge an eine CTEPH gedacht werden, auch wenn systematische Analysen hierzu derzeit noch fehlen. Die CTEPH ist eine seltene Erkrankung. Sie tritt mit einer kumulativen Inzidenz von 0,1 bis 9,1 % der Fälle innerhalb von zwei bis vier Jahren nach einer Lungenembolie auf. Fälle, die erst nach zwei Jahren auftreten, sind selten [1, 5, 9] . Aktuelle Zahlen aus Deutschland zeigen eine Inzidenz von 5,7 pro 1 Million Einwohner und Jahr [11] . Die starke Variation in den Angaben zur Inzidenz liegt auch darin begründet, dass sich bei 25 % der Fälle bei nachgewiesener CTEPH keine klinisch apparente Lungenembolie eruieren lässt. Weitere Ursachen liegen in häufig fehlender Frühsymptomatik und der Schwierigkeit, bei neu aufgetretener Lungenembolie eine bereits bestehende CTEPH zu erkennen [5, 11] . Faktoren, die das Entstehen einer CTEPH begünstigen, sind nicht immer einheitlich. Plasmatische Risikofaktoren, die klassischerweise das Entstehen tiefer Beinvenenthrombosen oder Lungenembolien begünstigen, sind nicht unbedingt auch Risikofaktoren für das Entstehen einer CTEPH. Zusammenfassend wurden die Risikofaktoren kürzlich von Klok et al. dargestellt [5] . Sie umfassen nach neu diagnostizierter Lungenembolie neben vorhergehenden Lungenembolien oder tiefen Beinvenenthrombosen auch eine hohe pulmonalarterielle Thrombuslast in der CT-Angiografie, Zeichen einer PH bzw. einer rechtsventrikulären Dysfunktion in der Ausgangsechokardiografie sowie computertomografisch(CT)-angiografische Hinweise auf eine vorbestehende CTEPH. Weitere mögliche Risikofaktoren sind ventrikuloatriale Shunts, chronisch infizierte, implantierte Schrittmachersonden oder dauerhafte venöse Verweilsysteme, ein Zustand nach Splenektomie, Nichtzugehörigkeit zur Blutgruppe 0, eine substituierte Hypothyreose oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Eine Rolle spielen weiterhin das Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom und eine Erhöhung des Gerinnungsfaktors VIII [5, 9] . Hauptsymptom der PH und insbesondere der CTEPH ist die (Belastungs-)Dyspnoe. Weitere unspezifische und seltener auftretende Symptome können periphere Ödeme, Hämoptysen oder Synkopen, aber auch eine schwere, dauerhafte Einschränkung der Lebensqualität sein [1, 5, 12] . Eine der Hauptschwierigkeiten beim Erkennen einer CTEPH nach Lungenembolie ist allerdings cme fortbildung die Häufigkeit der Dyspnoe bei dieser Patientengruppe. So klagen etwa 40 bis 50 % aller Patienten nach Lungenembolie über Dyspnoe passend zu einem New York Heart Association Stadium (NYHA) ≥ II, 10 bis 20 % sogar über Dyspnoe ≥ NYHA III [5] . Die Unterscheidung zwischen Patienten mit einer "einfachen" Dekonditionierung, die bei Weitem die häufigste Ursache einer persistierenden Einschränkung nach Lungenembolie darstellt, und Patienten mit einer relevanten Einschränkung bedingt durch die Folgen der Lungenembolie ist dabei nicht leicht und erklärt, warum eine strukturierte Nachsorge nach Lungenembolie sinnvoll ist [4] . Wichtig ist es, an die CTEPH als Folgeerkrankung der Lungenembolie zu denken, um dann nach einer nicht invasiven Diagnostik zu entscheiden, ob eine invasive Diagnostik notwendig ist. [7] . Neuere Verfahren wie das Dual-Energie-CT können durch Jod-Mapping anhand der Kontrastmittel-Aufnahme im Parenchym die Perfusion quantifizieren. Die Multidetektor-CT-Pulmonalisangiografie zeigt häufig typische CTEPH-Läsionen in den zentralen Pulmonalarterien, ohne bei unauffälligem Befund eine CTEPH definitiv ausschließen zu können [4, 7] Ist die Diagnose einer CTEPH bestätigt, bestehen grundsätzliche drei Therapieoptionen, die sich gegenseitig ergänzen können (▶Abb. 4): Die pulmonale Endarteriektomie (PEA), die medikamentöse Therapie und die interventionelle Herangehensweise mittels pulmonaler Ballonangioplastie (BPA) [1, 7, 9] . Welches dieser Verfahren für den Betroffenen infrage kommt, insbesondere, ob eine PEA möglich ist, sollte durch ein multidisziplinäres CTEPH-Team evaluiert werden. Alle drei Verfahren sollten von einer lebenslangen Antikoagulation begleitet werden. Diese wird klassischerweise mit Vitamin-K-Antagonisten durchgeführt; die direkten oralen Antikoagulanzien werden im klinischen Alltag häufig bei CTEPH eingesetzt, auch wenn dafür keine durch randomisierte Studien abgedeckte Evidenz vorliegt [1, 4]. Supportive Maßnahmen wie der Einsatz von Diuretika, die Verordnung von Sauerstoff etc. sollten analog zur Therapie der PH erwogen werden [1, 7] . Der frühzeitige Beginn eines körperlichen Trainings zeigt eine deutliche Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit gemessen anhand des 6-Minuten-Gehtests, der subjektiven Beschwerden und der Lebensqualität [13] . Die PEA stellt dabei den Goldstandard und die einzige Möglichkeit einer Heilung der Patienten dar [4] . Sie erfolgt über eine mediane Thorakotomie unter den Bedingungen der Hypothermie und extrakorporalen Zirkulation. Die PEA umfasst die pulmonalarteriellen Strombahnen beider Lungen und wird erreicht, indem alle erreichbaren Gefäßabschnitte in der Ebene der Media ausgeschält werden. Eine reine Entfernung intravasalen Thrombusmaterials erreicht keine Heilung der Erkrankung. Die Mortalität der PEA ist mit < 3,5 % in erfahrenen Zentren niedrig, die Hämodynamik wird meist erheblich gebessert, das 10-Jahres-Überleben liegt bei 75 % [4] . Prinzipiell sollten auch CTED-Patienten ohne oder mit nur geringer PH in einem CTEPH-Zentrum vorgestellt werden. Verbleibt nach PEA eine persistierende oder wiederkehrende CTEPH oder liegt eine Inoperabilität aufgrund von Komorbiditäten und/oder technischer Erreichbarkeit der distalen Obstruktionen vor, stellt die medikamentöse Therapie eine weitere Option dar [1, 4] . Der erste zur Therapie der CTEPH zugelassene Wirkstoff ist Riociguat. Riociguat bewirkt eine Stimulation der löslichen Guanylatzyklase und dadurch eine Vasorelaxation. Darüber hinaus besteht ein antiproliferativer und antifibrotischer Effekt. Die Effektivität wurde in der CHEST-Studie gezeigt, die Patienten mit einem mPAP ≥ 25 mmHg und einem PVR > 3,75 WU randomisiert hat [14] . Seit Kurzem ist als weitere Substanz das subkutane Prostazyklin-Analogon Treprostinil zugelassen [15] . Eine weitere Studie mit dem Endothelin-Rezeptor-Antagonisten Macitentan läuft derzeit. Die BPA ist ein interventionelles Verfahren, das nach Ausschöpfen der genannten Maßnahmen eine Option darstellt [1, 4, 9] . In mehreren Sitzungen werden jeweils Läsionen in der Regel beschränkt auf einen Lungenlappen mittels Ballon dilatiert. Postinterventionell bleiben die Stenosen offen ohne Re-Stenosierungen, sodass Stents nicht notwendig sind. Hämodynamik und körperliche Belastung verbessern sich nach BPA; kontrollierte Studien liegen allerdings noch nicht vor [4] . Insbesondere im Bereich peripherer Stenosen, die einer PEA nicht zugänglich sind, kann die BPA die PEA auch sinnvoll ergänzen, sodass auch eine Kombination von operativen, interventionellen und medikamentösen Optionen sinnvoll erscheint. Ultima Ratio bleibt in seltenen therapierefraktären Fällen die Lungentransplantation. Chronic Thromboembolic Pul monary Hypertension. Epidemiology and Risk Factors ERS Statement on Chronic Thromboembolic Pulmonary Hypertension Diagnosis of chronic thromboembolic pulmonary hypertension after acute pulmonary embolism Aktuelle Definition und Dia gnostik der pulmonalen Hypertonie Chronic throm boembolic pulmonary hypertension (CTEPH): Updated Re commendations from the Cologne Consensus Conference ESC Gui delines for the diagnosis and management of acute pulmo nary embolism developed in collaboration with the Chronic thromboembolic pulmonary hypertension Acute Pulmonary Embo lism and COVID19 Incidence and characteris tics of chronic thromboembolic pulmonary hypertension in Germany Quality of life and functional limitations after pulmonary embolism and its prognostic relevance Standardized exer cise training is feasible, safe, and effective in pulmonary ar terial and chronic thromboembolic pulmonary hypertension: results from a large European multicentre randomized controlled trial Riociguat for the treatment of chronic thromboembolic pulmonary hypertension Subcutaneous tre prostinil for the treatment of severe nonoperable chronic thromboembolic pulmonary hypertension (CTREPH): a dou bleblind, phase 3, randomised controlled trial Abonnenten aufgepasst! 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