key: cord-0062865-gqtct4v6 authors: Niederle, Bernhard title: Hygieneaspekte in der Schwangerenbetreuung date: 2021-05-07 journal: Gynakologe DOI: 10.1007/s00129-021-04794-5 sha: ac0e97196a40d2d4f465558436f44f3802ea9549 doc_id: 62865 cord_uid: gqtct4v6 BACKGROUND: The prevention of infections in the obstetric care of pregnant women is paramount, on the one hand with regard to pathogens of congenital infections and on the other hand due to the association of maternal infections with premature delivery. OBJECTIVES: Which measures are recommended for effective prevention of bacterial and viral diseases relevant to obstetrics? MATERIALS AND METHODS: Literature search on hygiene measures in terms of preventing transmission of infection. RESULTS: The physiological vaginal flora of the pregnant woman is a fundamental factor in natural defence against infection. Its disruption—also through antimicrobial therapies—has a proven influence on the course of pregnancy (premature rupture of membranes, premature birth). It also leads to a disturbed intestinal microbiome in newborns, which has long-term consequences for their neurological, respiratory, metabolic and immunological development and increases mortality. The focus should therefore be on prevention—rather than therapy—of infectious diseases during pregnancy. This requires a detailed anamnesis, monitoring and updating of the vaccination status and, if necessary, clarification of the infection status by means of targeted serological tests. Then the gynecologist can give individual advice on preventive measures. This article provides specific recommendations on selected obstetrically relevant infections. CONCLUSIONS: Focusing on hygiene measures to prevent infection in obstetrics can improve the health of both mother and child. Die physiologische Vaginalflora der Frau besteht in erster Linie aus einer großen Zahl von Laktobazillen. Die von ihnen produzierte Milchsäure schafft ein saures Milieu (pH-Wert 4-4,5), das vor einer Fehlbesiedelung der Scheide schützt. Studien über das vaginale Mikrobiom in der Schwangerschaft ergeben zunehmende Evidenz, dass die Zusammensetzung der Vaginalflora einen Einfluss auf vorzeitige Entbindung und vorzeitigen Blasensprung hat [3, 36] . So konnte gezeigt werden, dass reduzierte Vielfalt und Konzentration sowie geringe Stabilität der vaginalen Flora mit Frühgeburt assoziiert sind. Auch konnte die erhöhte Frühgeburtsrate afrikanischer Frauen auf eine signifikant geringere Verbrei-tung von Lactobacillus crispatus (bildet Wasserstoffperoxid, Hemmung anaerober Keime) und ein deutlich höheres Vorkommen von BVAB1 (Bakterielle-Vaginose-Bakterium-1) zurückgeführt werden [15] . Es erscheint daher folgerichtig, die Störung des sensiblen Gleichgewichtes durch gehäufte vaginale Manipulationen (vaginale Untersuchung, Vaginalsonographie), aber vor allem auch durch systemische antimikrobielle Therapien auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Systemische Antibiose in der Schwangerschaft reduziert die vaginale Konzentration der Laktobazillen dramatisch, erhöht das Risiko für vorzeitigen Blasensprung [6] , steigert die pädiatrische Mortalität bei Frühgeborenen signifikant [16] und hat Einfluss auf die gastrointestinale Kolonisation von Neugeborenen. Klinische Studien haben Hinweise dafür ergeben, dass eine gastrointestinale Dysbiose bei Kindern einen negativen Einfluss auf deren neurologische Entwicklung hat [8] . Es wird offensichtlich, dass in der Geburtshilfe hygienische Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen oberste Priorität haben müssen. Antimikrobielle Therapien, so wichtig und segensreich ihre Anwendung bei gegebener Indikation ist, sind aber wahrscheinlich auch ein Teil des Problems, denn sie begünstigen nicht nur die Entwicklung von Resistenzen, sondern greifen auch in die körpereigene Flora ein. Das Neugeborene behält nach Exposition gegenüber Antibiotika (pränatal, postnatal) eine metagenomisch nachweisbare "Narbe" seiner Darmflora über einen längeren Zeitraum [17] . Die Folgen einer solchen intestinalen Dysbiose beginnt man gerade erst zu verstehen, sie scheinen neurologische, metabolische, respiratorische und kardiale Folgen für das Kind zu haben [10] . Den "Schaden", den man durch eine -auch indikationsgerecht durchgeführte -Antibiose verursacht, kann man also heute noch nicht wirklich abschätzen. Im Sinne des Prinzips nihil nocere sollte jede antibiotische Therapie im Bereich der Geburtshilfe streng indiziert werden. Eine Übersicht infektiologisch sinnvoller Labordiagnostik zur Prävention einer intrauterinen fetalen Infektion und Schädigung findet sich in . Tab. 1. Bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft sollten der Impfstatus überprüft und ggf. fehlende Impfungen nachgeholt werden. Aber auch während der Schwangerschaft sind Impfungen mit einem Totimpfstoff (z. B. Influenza, Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Hepatitis A und B) möglich. Im ersten Trimenon wird man die meisten Impfungen besonders streng indizieren, einzig in Risikogruppen (Asthma, Diabetes) ist die Influenzaimpfung im ersten Trimenon explizit empfohlen. Impfungen mit Lebendimpfstoffen (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) sind in der Schwangerschaft kontraindiziert, ein Ab- Background. The prevention of infections in the obstetric care of pregnant women is paramount, on the one hand with regard to pathogens of congenital infections and on the other hand due to the association of maternal infections with premature delivery. Objectives. Which measures are recommended for effective prevention of bacterial and viral diseases relevant to obstetrics? Materials and methods. Literature search on hygiene measures in terms of preventing transmission of infection. Results. The physiological vaginal flora of the pregnant woman is a fundamental factor in natural defence against infection. Its disruption-also through antimicrobial therapies-has a proven influence on the course of pregnancy (premature rupture of membranes, premature birth). It also leads to a disturbed intestinal microbiome in newborns, which has long-term consequences for their neurological, respiratory, metabolic and immunological development and increases mortality. The focus should therefore be on prevention-rather than therapy-of infectious diseases during pregnancy. This requires a detailed anamnesis, monitoring and updating of the vaccination status and, if necessary, clarification of the infection status by means of targeted serological tests. Then the gynecologist can give individual advice on preventive measures. This article provides specific recommendations on selected obstetrically relevant infections. Conclusions. Focusing on hygiene measures to prevent infection in obstetrics can improve the health of both mother and child. Premature birth · Communicable diseases · Primary prevention · Gastrointestinal microbiome · Lactobacillus Der Gynäkologe ca. 24 SSW zur Transmissionsprophylaxe sinnvoll [33] . Die Entbindung einer HBsAg-positiven Frau kann unter besonderer Beachtung der Standardhygienemaßnahmen im Kreißsaal erfolgen (Augenschutz!), bevorzugt von Personal mit eigenem Impfschutz gegen Hepatitis B. Die Wöchnerinnen sollten detailliert über die Notwendigkeit einer sorgfältigen Händehygiene aufgeklärt werden. Insbesondere sollten sie ihre Toilette nicht mit anderen Wöchnerinnen teilen. Eine Unterbringung im Einzelzimmer ist erforderlich, wenn mit der Compliance nicht sicher gerechnet werden kann. Das Hepatitis-C-Virus (HCV) ist ein sehr umweltresistentes behülltes RNA-Einzelstrangvirus, begrenzt viruzide Desinfektionsmittel sind wirksam. Der Erstnachweis ist meldepflichtig. Das Risiko einer vertikalen Transmission ist abhängig von der Viruslast und beträgt durchschnittlich 5 % (bei HIV-Koinfektion 10 %). Die einzige prophylaktische Maßnahme, welche die Transmission reduzieren könnte, ist die Behandlung der Hepatitis C vor der Konzeption. Demzufolge ist eine Testung auf Hepatitis C im Risikokollektiv vor der Schwangerschaft sinnvoll. Die antivirale Therapie ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Ein Einfluss auf die Transmissionsrate durch den Entbindungsmodus (vaginale Geburt -Sectio) scheint jedenfalls nicht zu bestehen. Bei Koinfektion mit HIV besteht ein höheres Transmissionsrisiko, zum protektiven Effekt der Sectio in diesem Kollektiv gibt es widersprüchliche Daten [12, 13] Eine invasive Pränataldiagnostik sollte nur bei strenger Indikationsstellung und negativer Viruslast erfolgen. Nach Empfehlung der deutsch-österreichischen Leitlinie sollen alle HIV-positiven Schwangeren eine ART erhalten [2] . Deren Pharmakokinetik verändert sich in der Schwangerschaft, sodass ggf. Spiegelbestimmungen erforderlich sind. Die Therapie sollte spätestens zu Beginn des zweiten Trimenons begonnen werden. Eine laufende Therapie muss ggf. in der Schwangerschaft umgestellt werden. Unterbrechungen der Therapie (z. B. bei Hyperemesis gravidarum) sollten so kurz wie möglich gehalten werden. Unter cART wird in einigen Studien von einer erhöhten Frühgeburtsrate berichtet, so dass hier eine entsprechende Überwachung sinnvoll ist. Lokale Koinfektionen (Chlamydien, Trichomonaden, bakterielle Vaginose) erhöhen das HIV-Transmissionsrisiko. Zu empfehlen ist daher eine konsequente Diagnostik und Therapie genitaler Infektionen. Bis zu 30 % der Frauen mit HIV zeigen HPV(humane Papillomviren)-assoziierte vulväre, vaginale, anale und zervikale Dysplasien, die durch die HIV-induzierte Immunsuppression schneller als sonst zu einem Karzinom fortschreiten können [9] . Dies gilt es bei der klinischen Untersuchung im Blick zu behalten, ggf. ist auch eine HPV-Testung und Kolposkopie zu veranlassen. Die vaginale Geburt ist dann zu empfehlen, wenn unter ART die Viruslast < 50 Kopien/ml beträgt und keine relevanten geburtshilflichen Risiken bestehen (. Tab. 2). Zusätzliche Medikamente sind unter der Geburt dann nicht erforderlich. Bei HIV-RNA > 50 Kopien/ml sollte eine Sectio (frühestens mit 37 SSW) erfolgen, eine zusätzliche intra-und postpartale Expositionsprophylaxe ist erforderlich (Zidovudin, beginnend 3 h präoperativ). In Prävalenz und Größe HPV-assoziierter anogenitaler Warzen nehmen im Verlauf der Schwangerschaft aufgrund der geschwächten zellvermittelten Immunität zu. Durch den Schleimhautkontakt des Kindes bei vaginaler Geburt ist bei diesem eine konjunktivale, mukosale und laryngeale Erkrankung möglich, diese wird typischerweise im Alter von 2-5 Jahren diagnostiziert. Das Risiko hierfür ist gering und wird in einer älteren Arbeit mit 1:500 angegeben [20] , eine besonders ungünstige Verlaufsform wird hierbei HPV-11 zugeschrieben [27] . Eine Sanierung genitaler Kondylome ist somit In der Schwangerschaft ist das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 ("severe acute respiratory syndrome coronavirus 2") nicht erhöht, der klinische Verlauf ist aber durchschnittlich ungünstiger. Insbesondere bei schweren Verläufen scheint das Frühgeburtsrisiko anzusteigen (vermutlich des iatrogenen). Postnatal besteht grundsätzlich ein geringes fetales Infektionsrisiko -insbesondere bei guter Handhygiene und MNS -und im Fall einer Infektion des Kindes ist der Krankheitsverlauf zumeist leicht. Eine Impfung ist derzeit mit mRNA grundsätzlich möglich, aber noch nicht allgemeinverfügbar. Die Impfungschwangerer Personen gegen SARS-CoV-2 mit mRNA-Impfstoff ist bisher nicht erforscht und damit nicht zugelassen. Eine prophylaktische aktive Impfung ist verfügbar, aber als Lebendimpfstoff in der Schwangerschaft kontraindiziert. Es ist daher dringend zu empfehlen, den Varizellen-Immunstatus (Impfung, durchgemachte Erkrankung, ggf. IgG-Bestimmung) vor der Schwangerschaft zu klären und die Impfung ggf. nachzuholen. Nach VZV-Exposition einer nichtimmunen Schwangeren empfiehlt die STIKO eine Postexpositionsprophylaxe mittels passiver Immunisierung mit VZV-Immunglobulin innerhalb von 96 h. Eine Wirksamkeit besteht vermutlich bis zu 10 Tagen nach Exposition, sie ist aber nur vor 24 SSW sinnvoll. Notfalldepots werden hierfür von den Landesapothekerkammern vorgehalten. Aciclovir kann den Erkrankungsverlauf abschwächen Liegt der Erkrankungsbeginn um den Geburtstermin, sollte der Geburtstermin nach Möglichkeit auf frühestens 6 Tage nach Exanthembeginn verschoben werden (Tokolyse), eine antivirale Therapie mit Aciclovir kann den Erkrankungsverlauf ggf. abschwächen. Bei Neugeborenen, deren Mütter 5 Tage von bis 2 Tage nach Entbindung an Windpocken erkrankten, besteht die Indikation zur passiven Immunisierung (RKI). Ein endogener Reinfekt als Herpes zoster bei Schwangeren gefährdet das Kind nicht, allerdings sollte in solchen Fällen ein HIV-Test angeboten werden. Der Herpes zoster selbst ist nur gering Der Gynäkologe kontagiös, da nur die Bläschen infektiös sind. Stillen ist möglich, solange sich keine ausgedehnten Läsionen direkt an der Brustwarze befinden. Unter stationären Bedingungen müssen Patientinnen mit Varizellen-Ersterkrankung isoliert werden (Einzelzimmer mit Vorraum/Schleuse), neben der konsequenten Umsetzung der Basishygiene besteht die persönliche Schutzausrüstung aus Kittel, MNS (FFP2-Maske bei nichtimmunem Personal) und Einmalhandschuhen. Auch für Zoster-Erkrankte empfiehlt die KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention) eine Unterbringung im Einzelzimmer [21] . Desinfektionsmittel mit begrenzt viruziden Spektrum sind ausreichend. Pertussis tritt in Deutschland vor allem in epidemischen Jahren häufig auf und verläuft bei Säuglingen im Alter ≤ 3 Monaten oft schwer und komplikationsreich. Die Infektionsquelle sind in > 50 % die eigenen Eltern. Ungeimpfte oder vor der Schwangerschaft geimpfte Schwangere haben meist keine ausreichenden Antikörpertiter für einen sicheren Schutz des Neugeborenen. Die Schwangerenimpfung führt dagegen zu hohen Antikörperspiegeln bei der Mutter und insbesondere ab 28 SSW zur ausreichenden Transzytose der Antikörper gegen Pertussistoxin zum Kind [30] . Die STIKO empfiehlt daher seit 2020 die Pertussisimpfung in der Schwangerschaft. Sie soll im frühen dritten Trimenon durchgeführt werden, bei Risikofaktoren für eine Frühgeburt auch schon im zweiten Trimenon. Ohne antimikrobielle Prophylaxe hat der Kaiserschnitt ein 5-bis 20-fach erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zu einer vaginalen Geburt [34] . In diesem systematischen Cochrane-Review mit über 15.000 Frauen konnte gezeigt werden, dass die Antibiotikaprophylaxe das Risiko für eine postpartale Endomyometritis bei Sectio caesarea um 60 % reduziert. Auch das Risiko für Wund-und Harnwegsinfektionen war signifikant verringert. In einem etwas kleineren systematischen Review (n > 5000) wurde nachgewiesen, dass die ApplikationderAntibiose 60 min vor Hautschnitt die Infektionsrate gegenüber der verzögerten Gabe nach Abnabelung etwa halbiert (RR 0,54 [relatives Risiko]; [24] ). Die deutsche Leitlinie empfiehlt daher eine Antibiotikaprophylaxe bei jeder Sectio, gegeben vor Hautschnitt. Allerdings ist das Infektionsrisiko bei primären Sectiones (durchgeführt vor Wehenbeginn oder Blasensprung) mit 2,6 % ohne und 2,0 % mit Prophylaxe auf einem niedrigen Niveau, sodass in diesem Kollektiv die NNT ("number needed to treat") 166 beträgt (applizierte Antibiosen pro vermiedenem Fall von Endomyometritis; [11] ). Das Infektionsrisiko ist bei allen sekundären Sectiones -nach Wehenbeginn oder Blasensprung -deutlich höher. In einer prospektiven Multicenterstudie mit über 2000 Teilnehmerinnen wurde ein postoperatives Infektionsrisiko von 12,0 % unter Standard-Antibioseprophylaxe (meist Cefazolin) ermittelt, dieses konnte durch Hinzunahme von Acithromycin auf 6,1 gesenkt werden (RR 0,51, 95 %-KI [Konfidenzintervall] 0,38-0,68; p < 0,001; [38] ). Langzeitfolgen der kindlichen Exposition gegenüber Antibiotika zu einem Zeitpunkt, der für ihr intestinales Mikrobiom kritisch ist, wurden in diesen Studien allerdings nicht berücksichtigt. Wie bereits erwähnt werden langfristige Einflüsse einer intestinalen Dysbiose auf neurologische (Autismus), respiratorische (Asthma), metabolische (Typ-1-Diabetes mellitus, Adipositas) und immunologische (chronisch-entzündliche Darmerkrankungen) Erkrankungen diskutiert [10] . In einer schwedischen Metaanalyse mit über 20 Mio. Entbindungen konnte eine positive Korrelation zwischen Sectio und Autismusspektrumstörung (OR [Odds Ratio] 1,33; 95 %-KI 1,25-1,41) und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom; OR 1,17; 95 %-KI 1,07-1,26) nachgewiesen werden, wenngleich die Kausalität nicht beantwortet werden kann [42] . Es stellt sich also die Frage, ob nicht gewisse Patientenkollektive (z. B. primäre Sectiones bei schlanken Patientinnen) definiert werden können, bei denen auf eine Antibiotikagabe verzichtet werden bzw. diese bis nach Abnabelung aufgeschoben werden kann [23] . Ein weiterer interessanter Ansatz ist das vaginale Seeding (Übertragung der Vaginalflora der Mutter nach Sectio auf das Kind), deren Effektivität und Sicherheit aktuell Gegenstand der Forschung sind [26] . In der Schwangerschaft ist die Inzidenz der asymptomatischen Bakteriurie nicht erhöht, es steigt allerdings deren Komplikationsrate (akute Zystitis, Pyelonephritis) aufgrund der physiologischen hormonellen Veränderungen (Erweiterung der Ureteren, herabgesetzte Peristaltik), wenngleich in geringerem Maße als früher angenommen. Im Jahr 2019 hat der GBA (Gemeinsame Bundesausschuss) das allgemeine Screening auf asymptomatische Bakteriurie bei allen Untersuchungen in der Schwangerschaft abgeschafft und ersetzt durch eine Testung nur "soweit nach Befundlage erforderlich (z. B. bei auffälligen Symptomen, rezidivierenden Harnwegsinfektionen in der Anamnese, Z. n. Frühgeburt, erhöhtem Risiko für Infektionen der ableitenden Harnwege"). Hintergrund dieser geänderten Empfehlung ist zum einen die Tatsache, dass der bisher praktizierte Urinstreifentest keine ausreichende Testqualität aufweist, vor allem aber weil in aktuellen Analysen [35] keine überzeugende Evidenz für die Assoziation der asymptomatischen Bakteriurie mit Frühgeburtlichkeit und geringem Geburtsgewicht mehr gefunden werden konnte. Auch nach der aktuellen deutschen Leitlinie sollte bei Niedrigrisiko-Schwangerschaften die asymptomatische Bakteriurie nicht mehr antibiotisch behandelt werden, im Risikokollektiv (Z. n. Frühgeburt oder später Fehlgeburt) gibt es für Screening und Therapie eine "Kann"-Empfehlung [39] . Ausnahme bleibt die GBS-Bakteriurie, die weiterhin behandelt werden soll. Urinkultur und antibiogrammgerechte Behandlung sind dem Teststreifen überlegen. Harnwegsinfektionen gehören in Krankenhäusern mit einem Anteil von 23,2 % neben den postoperativen Wundinfektionen (24,3 %) und den unteren Atemwegsinfektionen (21,7 %) mit weitem Abstand zu den häufigsten nosokomialen Infektionen. Da die Katheterisierung der Harnblase der größte Risikofaktor für die Entwicklung der Bakteriurie, akuten Zystitis und Urosepsis ist, bedarf sie einer strengen Indikationsstellung und aseptischen Durchführung. Je kürzer der Katheter liegt, desto besser. Als Ursache des Amnioninfektionssyndrom (AIS) wird eine über die Vagina aufsteigende bakterielle Infektion postuliert. Eine vaginale Infektion oder Fehlbesiedlung (z. B. zu geringe Zahl peroxidbildender Laktobazillen) kann unter bestimmten Umständen (vorzeitiger Blasensprung, herabgesetzte Barrierefunktion des zervikalen Schleimpfropfes) zu einer intrauterinen Infektion führen. Vermeidbare Risikofaktoren sind u. a. vaginale Manipulationen, die Dauer eines vorzeitigen Blasensprungs, sowie Alkohol-und Nikotinkonsum (!). Beim vorzeitigen Blasensprung (ohne Zeichen einer manifesten Infektion) müssen die Risiken der Infektion (mütterlich/fetal) gegen den Vorteil der kindlichen Reifung abgewogen werden. Vor 34 SSW wird man in der Regel zugunsten einer Verlängerung der Schwangerschaft unter prophylaktischer Antibiose entscheiden. Auch zwischen 34 und 37 SSW konnte ein großes Cochrane-Review für das exspektative Management einen signifikanten Vorteil hinsichtlich der kindlichen Morbidität zeigen, bei allerdings Verdopplung der AIS-Rate auf 10,1 % [4] . Die deutsche Leitlinie [32] spricht eine "Kann"-Empfehlung für das exspektative Vorgehen bis 37 SSW aus. Bei B-Streptokokken-Nachweis erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der neonatalen Sepsis allerdings deutlich (> 10 %), daher ist in diesen Fällen ab 34 SSW die Entbindung indiziert. » Bei B-Streptokokken-Nachweis und vorzeitigem Blasensprung ist ab 34 SSW die Entbindung indiziert Über 37 SSW lässt sich durch die Verlängerung der Schwangerschaft kein kindlicher Vorteil mehr zeigen [25] . Die am häufigsten isolierten Keime bei AIS sind Ureaplasma spp. Während ihnen früher lediglich eine Indikatorfunktion zugedacht wurde, verdichten sich jetzt Hinweise auf ihre kausale Rolle bei AIS [37] . Aus diesem Grund hat es sich in den letzten Jahren etabliert, das Antibiotikaregime bei frühem (< 37 SSW) vorzeitigem Blasensprung (Aminopenicillin/Cephalosporin der zweiten Generation über 7 Tage) um ein Makrolid zu erweitern (z. B. +Erythromycin über 7 Tage, alternativ Azithromycin 1 g p.o. Einmalgabe). Die Kombination Amoxicillin/Clavulansäure sollte hierbei vermieden werden, da eine erhöhte Rate an nekrotisierender Enterokolitis vermutet wird (RR 4,72). Nach 37 SSW lässt sich kein Vorteil einer antibiotischen Therapie beim vorzeitigen Blasensprung mehr beweisen [41] . Ausnahme ist hier natürlich die prophylaktische Antibiose bei Nachweis von B-Streptokokken. Faktoren, die eine Mastitis puerperalis begünstigen, sind Milchstau und unvollständige Entleerung der Brust beim Stillen in Verbindung mit Rhagaden der Brustwarzen (Eintrittspforte). Viele dieser Probleme lassen sich durch Begleitung einer Hebamme umgehen: die Vermittlung einer optimalen Stilltechnik, Ausstreichen der Brust, temporäres Abpumpen, Pflege der Brustwarze, Kühlung, NSAR (nichtsteroidale Antirheu-matika). Eine konsequente Händehygiene kann das Infektionsrisiko ebenfalls senken, insbesondere muss eine Kontamination der Brust mit Lochialsekret vermieden werden. Haupterreger ist Staphylococcus aureus, aufgrund möglicher Resistenzen sollte vor Therapiebeginn ein Erregernachweis mit Antibiogramm durch Kultur angestrebt werden. Bei persistierenden Symptomen muss ein Abszess ausgeschlossen werden. Auch die Soor-Mastitis (meist Candida albicans) ist eine mögliche -und häufig unterschätzte -Differenzialdiagnose, vor allem nach Breitspektrumantibiose, wobei der Pilznachweis häufig nicht gelingt. Eine empirische Therapie mit topischer bzw. oraler antimykotischer Therapie ist bei entsprechendem Verdacht angezeigt. Covid-vaccination Deutsch-ÖsterreichischeLeitlinie zur HIV Therapie in der Schwangerschaft und bei HIV-exponierten Neugeborenen Vaginal microbiome in preterm rupture of membranes Planned early birth versus expectant management for women with preterm prelabourruptureofmembranespriorto37 weeks' gestation for improving pregnancy outcome (Review). Cochrane Database Syst Rev Effect of serologic status and cesarean delivery on transmission rates of herpes simplex virus from mother to infant Vaginal dysbiosis increases risk of preterm fetal membrane rupture, neonatal sepsis andisexacerbatedbyerythromycin Antibiotic prophylaxis for thirdand fourth-degree perineal tear during vaginal birth Priming for health: gut microbiota acquired in early life regulates physiology, brain and behaviour HIV-1 infection and risk of vulvovaginalandperianalcondylomataacuminata and intraepithelial neoplasia: a prospective cohort study Adverse consequences of neonatal antibiotic exposure Perioperative antibiotic prophylaxis for nonlaboring cesarean delivery Effects of mode of delivery and infant feeding on the risk of mother-to-child transmission of hepatitis C virus A significant sex--but not elective cesarean section-effect on mother-to-child transmission of hepatitis C virus infection Stratification of risk of earlyonset sepsis in newborns ⟩34 weeks' gestation The vaginal microbiome and preterm birth Prophylactic antibiotics for inhibiting preterm labour with intact membranes Metagenomic signatures of early life hospitalization and antibiotic treatment in the infant gut microbiota and resistome persist long after discharge Prophylaxe der Neugeborenensepsis -frühe Form -durch Streptokokken der Gruppe B Cytomegalovirus seroconversion rates and risk factors: implications for congenital CMV Recurrent respiratory papillomatosis. Clinical overview and management principles Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten Vertical transmission of coronavirus disease 2019: a systematic review and metaanalysis Areweusingtoomanyantibiotics during pregnancy? Timing of intravenous prophylactic antibiotics for preventing postpartum infectious morbidity in women undergoing cesarean delivery Planned early birth versus expectant management (waiting) for prelabour rupture of membranes at term (37 weeks or more) Vaginal seeding' after a caesarean section provides benefits to newborn children Risk factors for the development andseverityofjuvenile-onsetrecurrentrespiratory papillomatosis: a systematic review Reviewontheeffectsofinfluenza vaccination during pregnancy on preterm births The epidemiology of invasive group A streptococcal infection and potential vaccine implications: United States Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung der Pertussisimpfung mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff in der Schwangerschaft S3-Leitlinie "Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus (HCV) -Infektion Prävention und Therapie der Frühgeburt Hepatitis-B-Infektion in der Schwangerschaft: Bei Tenofovir-Prophylaxe kein erhöhtes Osteoporoserisiko für Mutter und Kind Antibiotic prophylaxis versus no prophylaxis for preventing infection after cesarean section Antibiotics for asymptomatic bacteriuria in pregnancy Early pregnancy vaginal microbiome trends and preterm birth The human ureaplasma species as causative agents of chorioamnionitis Adjunctive azithromycin prophylaxis for cesarean delivery Interdisziplinäre S3 Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten Antibiotics for prelabour rupture of membranes at or near term. Cochrane Database Syst Rev Association of cesarean delivery with risk of neurodevelopmental and psychiatric disorders in the offspring Postpartale GAS-Infektionen sind auch heute noch eine gefürchtete Erkrankung mit foudroyantem Krankheitsverlaufund hoher Mortalität (13,7 %, mediane Zeit zum Versterben 12 h; [29]