key: cord-0064757-7rrtpnj8 authors: Maier, Tobias; Mönnig, Anke; Zika, Gerd title: Folgen der COVID-19-Krise auf die kurz-, mittel- und langfristigen Beschäftigungs- und Entlohnungschancen nach Berufen date: 2021-06-21 journal: AStA Wirtsch Sozialstat Arch DOI: 10.1007/s11943-021-00284-1 sha: ccf2e4b0a0e5a0c7a67c65cf75402ee21ad8da78 doc_id: 64757 cord_uid: 7rrtpnj8 This paper presents the model system QINFORGE. By taking into account occupational mobility matrices, the model is able to show adaptation reactions between labour supply and demand at the occupational level in the short- and long-term. We use the model to illustrate the effects of the COVID-19 crisis on employment and remuneration opportunities in occupations. For this purpose, we compare two scenarios. On the one hand, a “counterfactual scenario” extrapolates long-term behaviour and trends starting from the year 2019. The “baseline projection”, on the other hand, models the economic situation in the short term at the industry level. This stimulates model-based behavioural changes at the occupational level. The crisis will set back Germany’s economic performance by three years in the long-term. As the worsening labour market situation will also cause lower labour participation rates, especially among women, the number of the projected unemployed in the “baseline projection” for 2020 and 2021 will only rise by around 400,000 compared with the “counterfactual scenario”. In the long term, however, the scarce supply of labour will be an inhibiting factor for economic growth. In addition, the crisis will inhibit overall wage growth in the short and medium term The results of the model show that occupations in gastronomy, tourism, and art and culture are particularly affected by the crisis. From 2025, however, the wage and employment levels that would have been achieved in the “counterfactual scenario” will be reached. By contrast, the short-term wage increases in the health care occupations are anticipatory effects. In the long-term, the baseline-projection does not forecast higher wage levels than the “counterfactual scenario”. Nevertheless, the labour supply in the health care occupations, especially in nursing, could increase in the long term because of the crisis. However, this will be because the COVID 19 pandemic may reduce the employment and wage opportunities that are available to health care professionals outside of the health care sector. Schock" interpretiert wird. So lassen sich über Veränderungen in der kurzen Frist auch persistente Folgen für die Erwerbs-und Einkommenschancen nach Berufen nachzeichnen. Abschn. 2 erläutert zunächst das Modellsystem. Um die kurz-, mittel-und langfristigen Auswirkungen der COVID-19-Krise darzustellen, wird eine "Basisprojektion", welche die derzeitig bekannten Einschnitte in der wirtschaftlichen Entwicklung abbildet, mit einem "kontrafaktischen Szenario" verglichen. Das kontrafaktische Szenario simuliert ausgehend vom Jahr 2019 eine Welt ohne Corona-Pandemie (Abschn. 3). Abschn. 4 zeigt die Unterschiede in den Entlohnungsund Erwerbschancen nach Beruf, die sich in beiden Szenarien ergeben. Der Beitrag schließt in Abschn. 5 mit einem Fazit. Die Langfristprojektionen des QuBe-Projektes bestehen aus einer Bevölkerungsprojektion (Fuchs et al. 2017) , einem darauf aufsetzenden Bildungsmodell (Kalinowski et al. 2021 ) und dem makroökonometrischen Input-Output-Modell INFORGE (Interindustry Forecasting Germany) (Ahlert et al. 2009; Maier et al. 2015) . Alle drei Modelltypen gehen in das Modellsystem mit Namen QINFORGE ein. Die Module sind miteinander verknüpft, indem sie entweder exogenen Input für die Bestimmung von Teilgrößen in anderen Modulen liefern (wie beispielsweise die Bevölkerungsprojektion an die Bestimmung der Arbeitsnachfrage oder Arbeitsangebot) oder endogene Rückkopplungseffekte auf die Einzelmodule ausüben (wie beispielsweise gleichzeitig der Lohn das Arbeitsangebot bestimmt und das Arbeitsangebot auch die Lohnentwicklung beeinflusst). Die aus QINFORGE entstehenden Projektionen reichen bis in das Jahr 2040 und wurden bislang vorwiegend für die Untersuchung unterschiedlicher Fragestellungen zum Strukturwandel herangezogen (Mönnig et al. , 2018 Zika et al. 2017 Zika et al. , 2019 . Das Modellsystem QINFORGE hebt sich von den internationalen und nationalen Projektionsmodellen (Bakens et al. 2018; Bonin et al. 2007 Wilson et al. 2016 ) ab, weil es die Kopplungsfunktion des Berufs zwischen der Arbeitsangebots-und -nachfrageseite explizit in das Zentrum der Analyse stellt. Dies ist möglich, da der erlernte Beruf der Befragten im Mikrozensus über den höchsten beruflichen Abschluss im Zusammenhang mit der Hauptfachrichtung in die nationale Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) überführt wurde (Maier und Helmrich 2012) . Hierdurch können berufliche Mobilitätmatrizen zwischen erlerntem und ausgeübtem Beruf ausgewiesen und für die Gegenüberstellung des berufsspezifischen Arbeitsangebots mit dem Bedarf an Erwerbstätigen im Beruf genutzt werden. Dies ermöglicht die Identifikation von Arbeitskräfteknappheiten auf Berufsebene, welche wiederum Rückwirkungen auf die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen auf Branchenebene zeigen. Der folgende Abschnitt zeigt zunächst die modulare Struktur von QINFORGE auf, um anschließend die einzelnen, für die vorliegende Fragestellung relevanten Modellelemente zu beschreiben. K Folgen der COVID-19-Krise auf die kurz-, mittel-und langfristigen Beschäftigungs-und... Abb. 1 gibt einen Überblick über die modulare Struktur von QINFORGE. Die demografische Entwicklung nach Alter, Geschlecht und Nationalität (roter Kasten in Abb. 1) beeinflusst sowohl das Arbeitsangebot als auch die Arbeitsnachfrage. Die Arbeitsnachfrage wird von der Bevölkerung über die Wirtschaftsentwicklung beeinflusst, wobei insbesondere die private Konsumnachfrage eine entscheidende Rolle spielt. Diese wird durch die Bevölkerung sowohl in ihrer Entwicklung (Sonnenburg et al. 2015) als auch in ihrer Struktur (Stöver und Wolter 2015; Aigner-Walder und Döring 2014) verändert. Darüber hinaus gehen mit einem sinkenden Erwerbspersonenpotenzial -ceteris paribus -die Produktionsmöglichkeiten in einer Volkswirtschaft zurück (Deutsche Bundesbank 2017) . Da vor allem Pflege-und Erziehungsleistungen aufgrund ihrer Nachfrager eng mit der Bevölkerungsentwicklung verknüpft sind, wird die Bestimmung der Arbeitsnachfrage für diese beiden Wirtschaftszweige aus dem ökonomischen Modellkontext von INFORGE ausgegliedert und in zwei Sub-Module ausgelagert. Das Angebot an Fachkräften mit einem erlernten Beruf bestimmt sich aus der alters-, geschlechts-und nationalitätsspezifischen Berufswahl und der damit in Verbindung stehenden Erwerbsneigung (grüner Kasten in Abb. 1). Diese Erwerbsneigung wird von konjunkturellen Entwicklungen beeinflusst (Cedefop 2010; Kriechel et al. 2013) . Das Angebot an Personen nach erlerntem Beruf wird über im Mikrozensus ermittelte berufliche Flexibilitätsmatrizen in Erwerbspersonen für einen Beruf umgerechnet (oranger Kasten). Das makroökonometrische Input-Output-Modell INFORGE berechnet hierbei die Arbeitsnachfrage (blauer Kasten). Die Erwerbstätigen nach Beruf werden den berufsspezifischen Erwerbspersonen gegenübergestellt. Bei berufsspezifischen Knappheiten ergeben sich Veränderungen in der berufsspezifischen Lohnstruktur (gelber Kasten). Die Wahl des "richtigen" Modelltyps hängt von der Fragestellung ab. Für eine langfristige Arbeitsmarktprojektion mit dem Ziel einer zukünftigen Engpassanalyse auf Berufsebene ist ein dynamisches Modell mit Strukturelementen notwendig. Allein diese beiden Bedingungen schließen Partialmodelle (Peichl et al. 2010) aus. Auch ausgeschlossen sind jegliche statischen Modelltypen. Ebenso unvereinbar ist damit die Philosophie des Gleichgewichtsgedankens (Meagher et al. 2015) , da gerade zukünftige Ungleichgewichte aufgedeckt werden sollen. Der Input-Output-Ansatz ist für den Strukturaspekt von entscheidendem Vorteil. Das makroökonometrische Input-Output-Modell INFORGE entspricht diesen Anforderungen. INFORGE (Ahlert et al. 2009; Maier et al. 2015) beschreibt das ökonomische Verhalten unterschiedlicher Wirtschaftsakteure 1 . Interindustrielle Verflechtungen werden explizit behandelt, so wie auch die Veränderung über die Zeit. Die Konten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) sind sowohl von der Nachfrage-als auch von der Angebotsseite ausgeglichen. Die Wirtschaftsentwicklung wird "bottom-up" auf Wirtschaftszweig und Güterebene beschrieben und das Bruttoinlandsprodukt bestimmt sich aus der Summe seiner Teile. Die dafür notwendige hohe Anzahl an Gleichungen wird simultan gelöst. Die Input-Output-Tabellen sind dabei vollständig in das Kontensystem der VGR implementiert. Die Einkommensentstehung, -verteilung und -verwendung ist ganzheitlich abgebildet. Bei Input-Output-Modellen werden auf der Arbeitsnachfrageseite zur Bestimmung der Erwerbstätigen in den Branchen unter anderem multi-sektorale makroökonomische Modelle verwendet, die um eine Input-Output-Tabelle aufgebaut sind (Wilson und Lindley 2007; für Deutschland: Maier et al. 2015; Prognos 2013) . 2 Input-Output-Tabellen beschreiben in einer sehr komprimierten Form die ökonomische Verflechtung zwischen Produktionsbereichen. Dynamische Input-Output-Modelle (Lehr et al. 2014 ) nutzen eine limitationale Produktionsfunktion, mit der die Produktion y über die Endnachfrage x und den technischen Koeffizienten .I A/ 1 bestimmt wird. Dynamische Input-Output-Modelle wie INFORGE kombinieren das Instrument der Ökonometrie mit der auf Input-Output-Tabellen basierenden limitationalen Pro-duktionsfunktion, um Anpassungsprozesse in der Wirtschaft abzubilden. Sie ähneln den dynamischen "computable general equilibrium" (CGE)-Modellen (Meagher et al. 2015) . Beide Modelltypen lösen zwar simultan und zeigen Pfadabhängigkeiten auf -außerdem fußen sie auf derselben Datenbasis und nicht-linearen Zielfunktionen -allerdings unterscheiden sie sich in der theoretischen Fundierung der Modelltypen. Makroökonometrische Input-Output-Modelle basieren in der Regel auf postkeynesianischen Eigenschaften, wie beispielsweise unfreiwillige Arbeitslosigkeit, Unsicherheit oder träge Preisbildung. Diese Modelltypen können nicht optimierenanders als die CGE-Modelle, welche auf Gleichgewichtspositionen ausgerichtet sind (West 2006) . Optimierungsmöglichkeiten können hierbei nur durch Simulationsrechnungen erzeugt werden (Pollitt et al. 2019) . Der mit dem Modell INFORGE berechnete Wachstumspfad beinhaltet den technologischen Wandel -allerdings nur insoweit, als er in der Vergangenheit empirisch beobachtbar war. Hierbei definieren die technischen Koeffizienten der Input-Output-Beziehungen den technologischen Wandel (Mönnig 2016) . Inputkoeffizienten sind der Anteil des Vorleistungseinsatzes eines Produkts im Verhältnis zur Produktion eines anderen Produkts. Veränderte Inputstrukturen können als Veränderungen im Produktmix innerhalb einer bestimmten Produktgruppe interpretiert werden (Meyer et al. 1999; Richter 1991 Darüber hinaus wird die durchschnittliche Jahresarbeitszeit exogen gesetzt. Langfristig zeigt sich hier ein Trend zurückgehender Jahresarbeitszeiten. Wird das Angebot an Arbeitskräften jedoch zu knapp, muss die durchschnittliche Jahresarbeitszeit geringfügig erhöht werden. In der Basisprojektion wird sie bis zum Jahr 2025 noch leicht sinken, um anschließend bis zum 2035 wieder das heutige Niveau zu erreichen. Der demografische Wandel ist eine entscheidende Einflussgröße auf die ökonomische Entwicklung. Die Bevölkerungsentwicklung wird aus der QuBe-Bevölkerungsprojektion (Fuchs et al. 2017; Kalinowski et al. 2021) entnommen. Spezifika des Bevölkerungsmoduls sind zum einen die Unterscheidung zwischen Deutschen und Nichtdeutschen und zum anderen die Schätzung der einzelnen Komponenten (Geburtenziffern, Überlebenswahrscheinlichkeiten, Zu-und Abwanderungen sowie Einbürgerungen) mit zeitreihenanalytischen Methoden sowie deren Fortschreibung für die Zukunft (Fuchs et al. 2017; Gorodetski et al. 2016 Die Arbeitsnachfrage avba in Stunden und nach Wirtschaftszweigen ist durch die Produktion und den Reallohn bestimmt. Während grundsätzlich eine steigende Realproduktion y positiv auf die Arbeitsnachfrage wirkt, dämpft ein steigender Reallohn w=p den Bedarf. Die Arbeitsnachfrage in Köpfen ergibt sich definitorisch durch die Division des geschätzten Arbeitsvolumens mit der exogen gesetzten Jahresarbeitszeit. Dabei stellt i = 1, ..., 63 den Index für die Wirtschaftszweige dar. Die Arbeitsvolumenquoten avbaq -definiert als Anteil der Arbeitsstunden einer Berufsgruppe im Wirtschaftszweig -hängen allein von den entsprechenden Lohndifferenzen ab (Maier et al. 2014) . Das heißt, die Arbeitsvolumenquote sinkt, wenn der Berufslohn in den 144 Berufsgruppen o im Wirtschaftszweig schneller steigt als der Durchschnittslohn im Wirtschaftszweig insgesamt. In Kombination ergibt die Schätzung des wirtschaftszweigspezifischen Arbeitsvolumens und die Arbeitsvolumenquoten nach Berufen im Wirtschaftszweig das Arbeitsvolumen av nach Wirtschaftszweigen und Berufen in Stunden. Die Zahl der Erwerbstätigen e nach Wirtschaftszweig und Beruf ergibt sich per Definition durch Division der Arbeitsvolumen mit der Jahresarbeitszeit. Dabei wird K die Dynamik der exogen vorgegebenen Jahresarbeitszeit nach Wirtschaftszweigen auf alle Berufsgruppen übertragen. Die wirtschaftszweigspezifischen Berufslöhne wiederum, die in die Schätzgleichung für die Arbeitsvolumenquoten bestimmend einfließen, ergeben sich aus der Lohnentwicklung in der jeweiligen Berufsgruppe w o und stehen in Abhängigkeit zur wirtschaftszweigspezifischen Produktivität y=e. Je produktiver ein Wirtschaftszweig wird, desto höher fällt die Entlohnung aus. Die Berufslohnentwicklung w o wiederum hängt neben dem Durchschnittslohn W von berufsspezifischer Knappheit ab. Das heißt, der Lohn in einer Berufsgruppe nimmt entsprechend zu, je enger das Verhältnis der Erwerbstätigen e zu den Erwerbspersonen ep ist. Während die Anzahl der Erwerbstätigen und das Arbeitsvolumen aus der VGR stammt, geht die Information, welche Berufe in welchen Wirtschaftszweigen nachgefragt werden, aus dem Mikrozensus und der Beschäftigtenhistorik der Bundesagentur für Arbeit hervor. Die Strukturinformationen des Mikrozensus dienen dazu, die verschiedenen Datenquellen mittels iterativer Randsummenanpassungsverfahren (Bachem und Korte 1979) so aufeinander abzustimmen, dass die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und ausschließlich geringfügig Beschäftigten nach ausgeübtem Beruf der Beschäftigtenhistorik und die Erwerbstätigen nach Wirtschaftszeig mit den Erwerbstätigen nach VGR übereinstimmen. Die berufsspezifischen Löhne sind Tageslöhne von Vollzeitbeschäftigten aus der Beschäftigtenhistorik . Sie werden nach Schätzung der zensierten Löhne (Büttner und Rässler 2008) direkt aus der Beschäftigtenhistorik entnommen. Wie bereits im vorherigen Abschnitt abgeleitet, nimmt das Arbeitsangebot auf Berufsgruppenebene Einfluss auf die Lohnentwicklung und somit auch auf die Arbeitsnachfrage im ökonomischen Kernmodell INFORGE. Jedoch wirkt sich auch die ökonomische Entwicklung auf das Arbeitsangebot aus. Grundlage der Arbeitsangebotsprojektion ist die QuBe-Bevölkerungsprojektion nach Geschlecht, Alter und Nationalität. Über ein Kohorten-Komponentenmodel (Kalinowski et al. 2021 ) wird das Arbeitsangebot nach erlerntem Beruf ermittelt. Hierfür werden die Bestände von Schülern und Studierenden mit konstanten Übergangsquoten des Jahres 2018 fortgeschrieben. Die Berufswahl stützt sich auf mikrozensusbasierte Auswertungen der Abgänger aus dem beruflichen Bildungssystem nach Berufsgruppen. Erkennbare Entwicklungen in der Berufswahl innerhalb einer K Qualifikationsstufe 3 werden mit logarithmierten Trends fortgeschrieben. Die Fortschreibung des Bestandes an Personen außerhalb des Bildungssystems nach Nationalität, Berufsgruppen, Qualifikationen, Geschlecht und Alter ergibt sich durch eine einfache Gleichung: Der Bestand am Jahresende entspricht dem Vorjahresbestand zuzüglich der Nettoübergänge aus dem Bildungssystem, des Wanderungssaldos und abzüglich der Sterbefälle. Für die Bestimmung der zukünftigen Erwerbspersonen wird der Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung nach Nationalität, Alter, Qualifikation und Geschlecht mit logarithmierten auslaufenden Trends fortgeschrieben. Die Erwerbsquoten werden differenziert nach Geschlecht, 14 Altersgruppen und Nationalität (Deutsche/Nichtdeutsche) in Abhängigkeit von autonomen Trends und arbeitsmarktrelevanten Indikatoren (preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, realem Stundenlohn, Erwerbstätigen pro Erwerbsperson sowie Dienstleistungsanteil (Cedefop 2010; Kriechel et al. 2013 )) auf Basis des Zeitraums von 1991 bis 2017 geschätzt. Dabei werden alle Schätzansätze einzeln und in unterschiedlichen Kombinationen mit Zeittrends und/oder Dummy-Variablen getestet. Außerdem wurden die Schätzgleichungen auf lag-Strukturen untersucht. Die Schätzgleichungen sind alle logarithmiert. Entsprechen die Vorzeichen den theoretischen, aus der Literatur abgeleiteten Erwartungen einer positiven signifikanten Korrelation (t-Statistik) und es besteht keine Autokorrelation (Durbin-Watson), werden sie in das Model übernommen. In gut einem Drittel der Fälle wird ein Bestimmtheitsmaß von mindestens 80 % erreicht. Es zeigt sich, dass die konjunkturelle Entwicklung (BIP/Kopf) vor allem bei Frauen (deutsche wie auch nicht deutsche) ein guter Indikator für die Entwicklung der Erwerbsquote ist. Auch der Dienstleistungsanteil weist insbesondere bei den über 40-Jährigen eine hohe Erklärungskraft auf. Die Erwerbstätigenknappheit liefert in Bezug auf Frauen hingegen kaum Erklärung bezüglich ihrer Erwerbsneigung. Der Zeittrend bei den jüngeren weiblichen Altersgruppen zeigt, dass sowohl bei deutschen als auch bei nichtdeutschen Frauen ein (autonomer) Trend zu einer erhöhten Erwerbsneigung besteht. Dies wird auch durch die Erkenntnis bestärkt, dass Reallohnsteigerungen kaum zu einer erhöhten Erwerbsneigung führen. Besonders stark fällt dies bei den ausländischen Frauen auf. Bei den Männern ist die Erwerbslosenquote -vor allem in den mittleren und älteren Jahrgängen -ein gutes Erklärungsmaß -die Wirtschaftsentwicklung hingegen nicht. Insbesondere in den jüngeren Jahrgängen nimmt hingegen der Reallohn positiv Einfluss auf die Erwerbsneigung. Die Erwerbsquoten EQ nach Geschlecht g, Alter a und Nationalität n werden mittels eines Schätzansatzes auf die Erwerbsquoten nach Qualifikationen q übertragen (Gl. 7). EQ n;g;a;q Dˇ1 Cˇ2 EQ n;g;a (7) Tab. Dunn 1960) . Die Wachstumsrate von EQ n;g;a;q wird anschließend auf die Erwerbsquoten nach erlerntem Beruf, differenziert nach 144 Berufsgruppen, übertragen. Für eine Bilanzierung von Arbeitskräftebedarf und -angebot nach Berufen ist jedoch nicht das Angebot nach erlerntem Beruf ausschlaggebend, sondern jenes Arbeitsangebot, welches unter Berücksichtigung beruflicher Mobilitätsprozesse zustande kommt. Diese berufliche Mobilität wird in Mobilitätsmatrizen widergespiegelt. Sie geben die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit in einem Erwerbsberuf, in Abhängigkeit vom höchsten erlernten beruflichen Abschluss wieder (Maier und Helmrich 2012) . Sie liegen getrennt nach Nationalität, Geschlecht, Alter (15 bis 34 Jahre, 35 bis 49 Jahre und über 50 Jahre) und vier Qualifikationsstufen für jeweils 144 Berufsgruppen vor. Diese Matrizen sind Ergebnis vergangener Mobilitätsprozesse und spiegeln somit zum einen die Tätigkeitsmöglichkeiten in Abhängigkeit vom erlernten beruflichen Abschluss wider. Zum anderen ist das Ausmaß an beruflicher Flexibilität aber auch das Ergebnis vergangener Marktchancen und -risiken. Tab. 2 zeigt die berufliche Mobilitätsmatrix, aggregiert aus allen Bevölkerungsgruppen, des Jahres 2017 nach Berufsbereichen (Einsteller der KldB 2010). Auf der Diagonalen der Tabelle ist der Anteil der Personen eingetragen, die in ihrem erlernten Berufssegment erwerbstätig sind. Bei den "Sprach-, Literatur-, Geistes-, Gesellschaftsund Wirtschaftswissenschaften, Medien, Kunst, Kultur und Gestaltung" ist dieser Steher-Anteil mit rund 24,2 % am geringsten. Rund 25,2 % wandern in den Berufsbereich "Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht und Verwaltung" ab, weitere 21,2 % in den Bereich "Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung". Im letztgenannten Berufsbereich ist der Steheranteil mit rund 73,5 % am höchsten. Personen ohne erlernten Beruf sind mit 30,4 % am häufigsten in "Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit" erwerbstätig. Für die Projektion wird unterstellt, dass die beobachteten Mobilitäten auch für die Zukunft Bestand haben. Mit einer langfristigen Veränderung des Arbeitsangebotes nach den genannten Bevölkerungsgruppen verändert sich somit auch das entsprechende Arbeitsangebot für die mit den jeweiligen erlernten Berufen ausübbaren Tätigkeiten. Um die Veränderung von Marktchancen gleichermaßen zu berücksichtigen, wird auch die Beziehung zwischen der berufsspezifischen Lohnentwicklung und der Veränderung des Steher-Anteils modelliert Um die Anpassungsprozesse von QINFORGE zu illustrieren, vergleichen wir ein kontrafaktisches Szenario, welches ausgehend vom Jahr 2019 die empirisch erfassten Trends und Verhaltensweisen in die Zukunft projiziert (Maier et al. 2020 Die Erholungsphase des Exports erstreckt sich entsprechend den Modellrechnungen aufgrund der weltweiten Unsicherheiten und unterschiedlichen Betroffenheit durch das Corona-Virus hingegen auf rund zwei Jahre ("langes V"). Unabhängig von der Corona-Pandemie sind die Risiken im Außenhandel -vor allem aufgrund der schwer einzuschätzenden Handelspolitik der USA -deutlich gestiegen. Ab dem Jahr 2025 ähneln die Wachstumsraten der Basisprojektion den erwarteten Wachstumsraten ohne Corona-Pandemie (kontrafaktisches Szenario). Der Wohlstand, der ohne die derzeitige Krise womöglich erreicht worden wäre, wird jedoch voraussichtlich erst mit einer ca. dreijährigen Verzögerung erreicht. Am Arbeitsmarkt zeigt sich in der Basisprojektion vor allem ein starker Rückgang des Arbeitsvolumens in Höhe von 5,5 % im Jahr 2020. 5 Im Jahr 2021 ist das Arbeitsvolumen allerdings fast wieder auf der Höhe des Jahres 2019. Trotz der möglichen Kurzarbeit wird aufgrund der Corona-Pandemie auch die Erwerbslosigkeit ansteigen. Selbst wenn betriebsbedingte Kündigungen oftmals vermieden werden können, so werden freiwerdende Stellen aufgrund der Unsicherheiten zunächst nicht wiederbesetzt (Hutter und Weber 2020) . In den Jahren 2020 und 2021 werden jeweils rund 600.000 Erwerbstätige weniger benötigt als dies im kontrafaktischen Szenario der Fall gewesen wäre. Da sich aufgrund der schlechteren Arbeitsmarktlage auch einige Erwerbspersonen vom Arbeitsmarkt zurückziehen werden (siehe Abschn. 2.5), steigt die Zahl der Erwerbslosen in beiden Jahren mit rund 400.000 Personen im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario geringer an. 6 Die zunehmende Unterbeschäftigung ist in der Entwicklung des Stundenlohns und der Jahresarbeitszeit der Beschäftigten berücksichtigt: So hemmt die Corona-Pandemie vor allem in der kurzen und mittleren Frist das Lohnwachstum, welches in einem durch Fachkräfteengpässe gekennzeichneten Arbeitsmarkt im kontrafaktischen Szenario möglich gewesen wäre. In einer "Welt ohne Corona-Virus" hätten die Arbeitnehmer auch mehr Arbeitsstunden anbieten müssen, um die Arbeitsnachfrage befriedigen zu können. In der Basisprojektion ist eine Steigerung der Jahresarbeitszeiten zwar ebenfalls notwendig, jedoch in einer etwas geringeren Dynamik. Das geringere Lohnwachstum sowie die geringeren durchschnittlichen Arbeitsstunden führen dazu, dass in der Basisprojektion zum Projektionsende im Jahr 2040 genauso viele Personen in Erwerbstätigkeit sein werden, wie es im kontrafaktischen Szenario der Fall gewesen wäre. Tab. 5 stellt für die Jahre von 2020 bis 2040 die Berufsgruppen (Dreisteller der KldB 2010) dar, welche im Vergleich der Basisprojektion zum kontrafaktischen Szenario die höchsten prozentualen Abweichungen in der Erwerbstätigkeit aufweisen. Da die Erwerbstätigkeit in den meisten Berufsgruppen aufgrund der COVID-19-Pandemie zurückgeht, sind die 20 Berufsgruppen mit den höchsten Erwerbstätigenverlusten dargestellt -hingegen nur 10 Berufsgruppen mit dem höchsten Zuwachs im Bedarf an Erwerbstätigen. Die Sortierung erfolgt anhand des Jahres 2020. Dabei werden nur Berufsgruppen betrachtet, die auch mindestens 20.000 Erwerbstätige stellen. Für ihre explizite Tätigkeit vielleicht mehr oder weniger gefragt ist. Am stärksten ist der Rückgang im jeweils zweistelligen Ausmaß in den Berufsgruppen "Gastronomie", "Hotellerie", "Tourismus und Sport" und "Speisenzubereitung". Zuwächse erwartet das Modell in den Berufen des Gesundheitsbereichs sowie in "Lehr-und Forschungstätigkeiten an Hochschulen". Dies ist eine Folge des Konjunkturpaketes, welches eine mittelfristige staatliche Förderung für das Bildungswesen sowie für Forschung und Entwicklung vorsieht. In allen anderen in Tab. 5 genannten Berufsgruppen nähert sich die Erwerbstätigkeit bis zum Jahr 2025 wieder dem Niveau der Basisprojektion an. Tab. 6 zeigt, dass in den Berufsgruppen mit einer zurückgehenden Erwerbstätigkeit auch ein geringeres Lohnwachstum zu erwarten ist, als es ohne die COVID-19-Pandemie der Fall gewesen wäre. Allerdings zeigt sich ebenfalls bis zum Jahr 2025 ein Aufholeffekt. Für die Berufe des Gesundheitsbereichs erwartet das Modell ein höheres Lohnniveau im Jahr 2020 als ohne Einfluss der Krise. Allerdings führen die Budgetrestriktionen im Gesundheitsbereich auch dazu, dass es sich bei den Lohnsteigerungen lediglich um einen Vorzieheffekt handelt. Ab dem Jahr 2023 wird in QINFORGE in der Basisprojektion für diese Berufsgruppen dasselbe nominale Lohnniveau prognostiziert wie im kontrafaktischen Szenario. Lediglich in "Lehr-und Forschungstätigkeiten an Hochschulen" zeigt sich in der Basisprojektion langfristig ein höheres Lohnniveau. Für die Veränderung des Arbeitsangebotes nach Berufen sind zwei Größen entscheidend (vgl. Abschn. 2.5 und 2.6): zum einen die Erwerbsquoten, die sich aufgrund der unterschiedlichen Konjunktur in beiden Szenarien voneinander unterschei-Tab. 6 Lohnveränderungen der Berufsgruppen mit den 20 stärksten Rückgängen und zehn stärksten Zuwächsen in der Erwerbstätigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie (Basisprojektion -kontrafaktisches Szenario) 2020 in Prozent und Anpassung bis 2040 Berufsgruppe Jahr 2020 2021 2022 2023 2025 2030 2035 2040 633 Gastronomie -7 -7 -2 1 1 1 0 0 632 Hotellerie -4 -5 -2 0 1 1 1 0 631 Tourismus und Sport -5 -7 -3 -1 1 0 0 0 293 Speisenzubereitung -6 -6 -2 1 1 1 0 0 941 Musik-, Gesangs-und Dirigententätigkeiten Tab. 8 im Anhang macht deutlich, dass das Arbeitsangebot vor allem in Berufsgruppen, welche ein mittleres Qualifikationsniveau voraussetzen und vorwiegend von Frauen gewählt werden, in der kurzen Frist zurückgehen könnte. Dies ist ein Ergebnis der langfristigen Trendschätzungen, wo sich ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Frauenerwerbsquote und der Konjunktur (BIP/Kopf) offenbarte. In den Berufsgruppen "Reinigung", "Gastronomie" und "Hotellerie" zeigt sich verbunden mit berufsspezifischen Abwanderungen sogar langfristig ein geringeres Arbeitsangebot. Von der Krise profitieren können die vorwiegend männlich dominierten Bauberufe. Im Rahmen ihrer beruflichen Mobilität bieten hier Erwerbspersonen aus der Industrie, welche im Zuge der COVID-19-Krise Arbeitsplätze abbaut, ihre Arbeitskraft verstärkt an. Tab. 7 zeigt mit der Gegenüberstellung der "Erwerbslosen" nach Berufsgruppen zwischen beiden Szenarien (Basisprojektion und kontrafaktisches Szenario) das Ergebnis der bedarfs-und angebotsseitigen Anpassungsprozesse. Bei der Zahl der Erwerbslosen handelt es sich um die Differenz zwischen den Erwerbspersonen, die ihre Arbeitskraft in einer Berufsgruppe anbieten und dem Bedarf an Erwerbstätigen in dieser Berufsgruppe. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass die Erwerbspersonen ihre Arbeitskraft in der Praxis auch in mehreren Berufen anbieten können. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nimmt die Zahl der Erwerbslosen (in Tausend Personen) vor allem in der "Gastronomie", der Tab. 7 Berufsgruppen mit den 20 stärksten Zuwächsen und zehn stärksten Rückgängen an "Erwerbslosen" aufgrund der COVID-19-Pandemie (Basisprojektion -kontrafaktisches Szenario) 2020 in Tausend Personen und Anpassung bis 2040 Berufsgruppe Jahr 2020 2021 2022 2023 2025 2030 2035 2040 633 Gastronomie 130 94 3 - "Speisenzubereitung", "Lagerwirtschaft, Post und Zustellung, Güterumschlag" und "Hotellerie" zu. Ein langfristig höheres Arbeitsangebot als Arbeitskräftebedarf zeigt sich jedoch nur in den "Versicherungs-und Finanzdienstleistungen". In allen anderen Berufsgruppen, deren Erwerbslosenzahlen im Jahr 2020 ansteigen, ist langfristig sogar ein Rückgang im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario erkennbar, weil auch das Arbeitsangebot leicht abnimmt. Damit trifft die Krise in der kurzen und mittleren Frist vor allem Berufe, in welchen Fachkräfte aus dem mittleren Qualifikationsbereich, aber auch Un-und Angelernte, eine Erwerbstätigkeit ausüben. Zu den Berufsgruppen mit einer geringeren Anzahl an Erwerbslosen im Jahr 2020 zählen zum einen die Berufe des Gesundheitswesens mit einem zunehmenden Bedarf an Erwerbstätigen, aber auch die Berufsgruppen "Hauswirtschaft-und Verbraucherberatung" oder "Reinigung", bei denen sich ein kleiner Teil der Erwerbspersonen vom Arbeitsmarkt zurückzieht. Langfristig ergibt sich aus QINFORGE, dass in der "Altenpflege" und in den Bereichen "Gesundheits-und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe" etwas mehr Erwerbspersonen ihre Arbeitskraft anbieten könnten, obwohl auch der Bedarf an Erwerbstätigen in der Basisprojektion geringfügig höher ausfällt als im kontrafaktischen Szenario. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Erwerbschancen in den anderen Berufen, welche qualifizierte Pflegekräfte ausüben können, in der Basisprojektion im Vergleich zu kontrafaktischen Szenario geringer sind. Ein ähnlicher Mechanismus zeigt sich in "Lehr-und Forschungstätigkeiten an Hochschulen". Hier ist der Bedarf an Erwerbstätigen in der "Basisprojektion" höher, die Erwerbs-und Entlohnungschancen in anderen Berufen aber weiterhin besser, wodurch die Differenz der benötigten Erwerbstätigen und potenziell zur Verfügung stehenden Erwerbspersonen im Beruf in der Basisprojektion geringer ausfällt. Die COVID-19-Pandemie hat Deutschland in einer robusten wirtschaftlichen Lage getroffen. Die makroökonomischen Fundamentalvariablen der Wirtschaft waren vor dem Wirtschaftseinbruch gesund und der Arbeitsmarkt stabil -mit einer Erwerbslosenquote auf historisch niedrigem Niveau. Die Ergebnisse des Szenario-Vergleichs offenbaren, dass die Krise die Wirtschaftsleistung Deutschlands langfristig um drei Jahre zurückwerfen wird. Trotz der möglichen Kurzarbeit wird aufgrund der Corona-Pandemie auch die Erwerbslosigkeit ansteigen. Für die Jahre 2020 und 2021 prognostiziert die Basisprojektion jeweils rund 600.000 Erwerbstätige weniger als im kontrafaktischen Szenario. Da sich aufgrund der schlechteren Arbeitsmarktlage aber auch einige Erwerbspersonen vom Arbeitsmarkt zurückziehen werden, steigt die Zahl der Erwerbslosen in beiden Jahren jedoch nur um rund 400.000 Personen im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario an. Die Unterbeschäftigung muss in der Veränderung der Jahresarbeitszeit berücksichtigt werden und beeinflusst dadurch auch die Entwicklung des Stundenlohns: So hemmt die Corona-Pandemie vor allem in der kurzen und mittleren Frist das Lohnwachstum, welches in einem durch Fachkräfteengpässe gekennzeichneten Arbeitsmarkt im kontrafaktischen Szenario möglich gewesen wäre. Dies führt dazu, dass die Basisprojektion zum Projektionsende im Jahr 2040 in etwa genauso viele Personen in Erwerbstätigkeit berechnet wie im kontrafaktischen Szenario. Die Annahmen der Branchenentwicklungen, welche sich auf aktuelle Erhebungen und Registerdaten mit Datenstand September 2020 stützen, offenbaren, dass das Arbeitskräfteangebot und der -bedarf nach Berufen durch die Krise unterschiedlich betroffen sein wird. Da die "Shutdowns" vorwiegend den Tourismus, die Gastrono-mie sowie Kunst und Kultur treffen, zeigt sich in den entsprechenden Berufen der stärkste Rückgang im Erwerbstätigenbedarf und in den Entlohnungen. So wird es in der Basisprojektion rund fünf Jahre dauern, bis eine Erwerbstätigkeit und ein nominales Lohnniveau erreicht wird, welches der Berechnung im kontrafaktischen Szenario entspricht. Bei den Erwerbsquoten wird deutlich, dass sich vor allem Frauen im mittleren Qualifikationsbereich durch die Krise vom Arbeitsmarkt zurückziehen und damit auf Einkommen verzichten. In Berufen des Gesundheitsbereichs steigt hingegen in der kurzen Frist die Nachfrage nach Erwerbstätigen. Aufgrund der Budgetrestriktionen des Gesundheitsbereichs werden die ebenfalls kurzfristigen Lohnsteigerungen von QINFORGE modellendogen als Vorzieheffekte gedeutet. Langfristig zeigt sich in der Basisprojektion im Gesundheitsbereich -und hier vor allem bei den Pflegeberufen -ein leicht höheres Arbeitsangebot als im kontrafaktischen Szenario. Dies ist jedoch weniger auf einen Pull-Faktor der Pflege in Form einer höheren Entlohnung, sondern eher auf geringere Pull-Faktoren aus anderen Berufen zurückzuführen. Durch die COVID-19-Pandemie wird die Entlohnung in alternativen Berufen, die für Pflegefachkräfte in Frage kommen, geringer. Eine ähnliche Arbeitsmarktsituation ergibt sich auch in den Bauberufen: Da in der Basisprojektion in der Industrie mehr Arbeitsplätze verloren gehen als im kontrafaktischen Szenario, bieten die vorwiegend männlichen Erwerbspersonen ihre Arbeitskraft eher in den tätigkeitsähnlichen Bauberufen an. Damit deutet sich an, dass die COVID-19-Krise das Arbeitsangebot in Berufen erhöhen könnte, in denen bereits heute ein Fachkräfteengpass diagnostiziert wird (Statistik der BA 2019), die aber bislang für die Erwerbspersonen weniger attraktiv waren. Gleichwohl stellt das knappe Arbeitsangebot langfristig einen hemmenden Faktor für das Wirtschaftswachstum dar. Auch in der Basisprojektion wird -insbesondere in den Pflegeberufen -das Arbeitsangebot langfristig nicht ausreichen, um die Arbeitsnachfrage zu befriedigen. Neben entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen wird deshalb auch Zuwanderung notwendig sein, um die Zahl der Erwerbspersonen zu erhöhen. Für die Analyse wurde die COVID-19-Krise als externer Schock betrachtet. Sie zeigt, dass vor allem Personen in Berufen, die ein mittleres Qualifikationsniveau voraussetzen, in den Entlohnungs-und Erwerbschancen in der kurzen und mittleren Frist beeinträchtigt werden. Hier könnten individuelle Qualifizierungsmaßnahmen helfen, um die Beschäftigung in weniger von der Krise betroffenen Berufen zu erhöhen. Langfristig können sie jedoch wieder im gleichen Maße am Arbeitsmarkt teilhaben wie in einem kontrafaktischen Szenario -sofern die Arbeitswelt wieder in die alten Verhaltensmuster zurückfällt. Dies muss aber nicht der Fall sein. So zeigt sich in der Krise eine weitaus stärkere Nutzung von Homeoffice und Videokonferenztools, welche auch nach der ökonomischen Bewältigung der Krise fortbestehen kann. Hier ist bekannt, dass gerade die Zugänge zu Homeoffice-Tätigkeiten nach Qualifikationsniveau ungleich verteilt sind (Mergener 2020). Die Auswirkungen einer solchen veränderten Arbeitsweise auf die beruflichen Beschäftigungs-und Entlohnungschancen müssten in weiteren Szenarien untersucht werden. Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. Das IAB/INFORGE-Modell. In: Schnur P, Zika G (Hrsg) Das IAB/INFORGE-Modell. Ein sektorales makroökonometrisches Projektions-und Simulationsmodell zur Vorausschätzung des längerfristigen Arbeitskräftebedarfs. IAB-Bibliothek The effects of population ageing on private consumption-a simulation for Austria based on household data up to 2050 On the RAS algorithm Labour market forecasts by education and occupation up to 2022 Zukunft von Bildung und Arbeit Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt -Fachkräfteengpassanalyse. Dezember 2019. Bundesagentur für Arbeit Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung, Nürnberg Bundesamt für Statistik (2019) Bildungsperspektiven. Szenarien 2018-2027 für das Bildungssystem. Bundesamt für Statistik, Neuchâtel Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2021) Jahreswirtschaftsbericht 2021. 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