key: cord-0067932-pckw8j4n authors: Vladova, Gergana; Ullrich, André; Bender, Benedict title: Chancen und Grenzen digitaler Lehre an Hochschulen aus Studierendenperspektive: Empirische Befunde und Gestaltungshinweise date: 2021-09-27 journal: HMD DOI: 10.1365/s40702-021-00796-y sha: 3075785547c652a5df76749e165cb37460220470 doc_id: 67932 cord_uid: pckw8j4n The design of qualitative, excellent teaching requires collaboration between teachers and learners. For this purpose, face-to-face teaching benefits from a long-standing tradition, while digital teaching is comparatively still at the beginning of its dissemination. A major developmental step toward the digitization of teaching was achieved in the context of university teaching during the Covid 19 pandemic in spring 2020, when face-to-face teaching was interrupted for months. During this time, important insights into the opportunities and limitations of digital teaching were gained. This paper presents selected results of a study conducted at four German universities and with 875 responses in spring 2020. The study uncovers opportunities and limitations of digital teaching from the students’ perspective and against the background of their experience in the completely digital semester. The results are used as a basis for deriving design guidelines for digital teaching and learning offerings. Based on a model for analyzing the design of teaching and learning formats, these indications are structured according to the elements learners, teachers, teaching content, environment and teaching style. Über die vergangenen 15 Jahre stieg der Grad an Digitalisierung in der Lehre rasant an. Anwendung fanden E-Learning-Plattformen zur Organisation der Lehre sowie virtuelle Kursformate zur Vermittlung von Wissen. Weiterhin wurden zunehmend auch Prüfungsformate digital durchgeführt. Obwohl digitale Bildungstechnologien schon seit Jahrzehnten in der Entwicklung sind, haben diese noch keine nachhaltig transformierende Wirkung auf den Bildungssektor ausgeübt. Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie wirkte jedoch als Katalysator für die vorhergehenden Entwicklungen. Der Universitätsbetrieb wurde digital aufrechterhalten und wichtige Erfahrungen über Lehren und Lernen mit digitalen Medien konnten gesammelt werden. Zu Beginn der Covid-19-Pandemie wurden sofortige Maßnahmen getroffen, um die Verbreitung des Virus zu bekämpfen. Als Folge dessen wurde unter anderem der Präsenzunterricht weltweit unterbrochen (Crawford et al. 2020) . Somit wurde ein Prozess über Monate unterbrochen, der nicht nur durch Weitergabe von Wissen sondern auch durch soziale, zwischenmenschliche Beziehungen geprägt ist. Die Hochschulbildung wurde von der Pandemie radikal betroffen (Nuere und de Miguel 2020; Watermeyer et al. 2020) . Während des Lockdowns mussten Bildungseinrichtungen ihre Aktivitäten sofort vom Klassenzimmer und dem Campus in eine virtuelle Umgebung verlagern, was die einzige Alternative zu einer vollständigen Handlungsunfähigkeit war (Crawford et al. 2020; Kamarianos et al. 2020 ; Karalis und Raikou 2020; Owusu-Fordjour et al. 2020 ). K Diese enorme Herausforderung für die Bildungsinstitute hat ebenso eine Möglichkeit eröffnet, einen großen Schritt Richtung Digitalisierung des Unterrichts zu erzielen und zu wichtigen Erkenntnissen zu gelangen. Es wurde beispielsweise festgestellt, dass nach Monaten online-Unterricht die Studierenden persönliche Treffen mit den Dozierenden vermehrt einforderten (Vladova et al. 2021) . Einerseits konnte die Digitalisierung als Katalysator für die Nutzung von Lehr-und Lernplattformen genutzt werden. Die Organisation der Lehreinheiten und entsprechender Materialien sowie Abgaben und auch Prüfungen brachte kurzzeitig sowohl Lehrende als auch Lernende teilweise an ihre Grenzen, langfristig gesehen erscheint diese Erfahrung jedoch als großer Mehrwert für die Gestaltung digitaler Lehre. Es konnte festgestellt werden, dass einzelne Formate, die im klassischen Frontalunterricht durchgeführt werden, auch in nicht-physischer Präsenz in geforderter Qualität durchführbar sind, andererseits lassen sich bestimmte Lehr-und Lerninhalte nicht digital vermitteln. Das deutet unter anderem eine zukünftige Tendenz zu hybriden Lehr-und Lernformaten an. Insbesondere bei künstlerischen Fachrichtungen zeigte sich eine leibliche Co-Präsenz als unabdingbar. Die langfristigen Auswirkungen dieses Einschnitts bei Lehr-und Lernformaten hin zur kompletten Digitalisierung der Lehre bleiben jedoch vorerst noch unklar. Um einen Beitrag auf dem Weg zur Beantwortung der Auswirkungen zu leisten, werden in diesem Beitrag die Einschätzung der Studierenden, als Kernzielgruppe der digitalen Lehre in Universitäten, hinsichtlich der vollständig digitalen Lehrperiode untersucht. Dabei stehen insbesondere deren Akzeptanz hinsichtlich dieses Formats sowie deren Wahrnehmung der Lehr-und Lernplattformen im Fokus. Mittels einer Umfrage an deutschen Hochschulen in der Zeit des ersten Lockdowns (Frühling/Sommer 2020) wurde in dieser Studie mit offenen und geschlossenen Fragen die Einstellung der Studierenden zur digitalen Lehre ermittelt. Ausgehend von den Ergebnissen dieser Umfrage werden im Beitrag Gestaltungshinweise und Erfolgsfaktoren für digitale Lehrformate beschrieben. Wir beleuchten aus Perspektive der Studierenden ebenso die größten Hürden bei der Digitalisierung der Lehre sowie das optimale Verhältnis zwischen Offline-und Online-Lehre. Weiterhin gehen wir auf die wahrgenommenen Grenzen der Wissensvermittlung, sozialer Interaktion und Lehrgestaltung bei digitalen Lernangeboten ein. Das Ergebnis bilden Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Qualität digitaler Lehre an Hochschulen. Qualitativ hochwertige Lehre ist eine gemeinsame Erfahrung von Lehrenden und Lernenden im Lernprozess, wobei beide voneinander lernen (Dees et al. 2007 Diese Elemente können als Ausgangspunkt für die Betrachtung und Analyse von Lehr-und Lehrsituationen verwendet werden und -im Sinne des vorgestellten Trans-aktionsmodells -Lehrkräfte bei der Gestaltung des Unterrichts zu unterstützen. In diesem Beitrag werden die Elemente zur Strukturierung der Analyse der Antworten der Studierenden in der Studie genutzt, mit dem Ziel, die Qualität des digitalen Lehr-und Lernsettings im komplett digitalen Modus während des Lockdowns zu bewerten und so strukturiert Handlungsempfehlungen für die Digitalisierung der Hochschulbildung zu generieren. Die diesem Beitrag zugrunde liegende Datenbasis wurde in einer Längsschnittstudie erhoben, die als Online-Umfrage durchgeführt wurde. Während der Vorlesungszeitraums des ersten COVID-19-Semesters (April bis Juli 2020) wurden Studierende zu vier verschiedenen Zeitpunkten (monatlich) hinsichtlich ihrer Wahrnehmung des digitalen Lernens befragt. Die Umfrage wurde an vier deutschen Universitäten jeweils in den gleichen Lehrveranstaltungen durchgeführt. In Universität 1 haben Masterstudierende der Wirtschaftsinformatik (WI) teilgenommen, in den übrigen drei Universitäten wurden Studierende der Fachrichtungen Musik und Kunst befragt. Es wurden keine Daten zu einer bestimmten Lehrveranstaltung erhoben, sondern zur Lehrsituation im digitalen Semester im Allgemeinen. Eine Besonderheit bieten digitale Einzelunterrichtsangebote bei den künstlerischen Fächern, hierzu wurde jedoch lediglich nach einer Einschätzung der Studierenden zu der Qualität dieser Unterrichtseinheiten gefragt, somit sind die Antworten für diesen Beitrag nicht relevant. Zentrales Erkenntnisinteresse der Umfrage war es, die Akzeptanz gegenüber digitaler Lehre durch Studierende zu erheben und weiterhin konkrete Vor-und Nachteile des digitalen Lernens zu erfassen. Dies wurde mittels vordefinierter Frage-und Antwortkategorien erhoben. Die Studie nutzte folgende theoretische Konstrukte als Grundlage: (1) Studien zur (Technologie-)Akzeptanz von E-Learning und (2) Studien zu den Vor-und Nachteilen von E-Learning im Vergleich zu Face-to-Face-oder Blended Learning. Es wurden, mit kleinen Modifizierungen, vorab getestete Skalen bei der Umfrage genutzt. Details zur Erhebungsmethodik, den genutzten Skalen sowie dem Fragebogen sind in Vladova et al. (2021a) In Bezug auf die Zusammenarbeit wird insbesondere der Austausch und das Feedback von und an Dozierenden durch die Digitalisierung als beeinträchtigt angesehen, wobei Studierende Lernen als "das Ergebnis einer lernfördernden Lehrer-Schüler-Beziehung" beschreiben und darauf hinweisen, dass durch die Unzulänglichkeiten bei der Übermittlung von Inhalten über die Technik, Distanz und Kommunikationsprobleme entstehen. Auch "das direktere Fragenstellen, das Gefühl irgendwo "aufgehoben" zu sein, wenn man etwas nicht versteht, oder sich unsicher bei etwas ist" sind im digitalen Raum nicht möglich. Das wird auch als Grund dafür angesehen, dass "die realistische Einschätzung der Lehrenden über den Arbeitsaufwand für Aufgaben" fehlt und von Studierenden mehr verlangt wird. In einer der Antworten wird die Kritik wie folgt zusammengefasst: "Wer glaubt, dass das Digitale die Zukunft ist bzw. vorangetrieben werden soll, einfach weil es da ist, ohne gewissenhaft reflektiert zu haben, was die Technik mit uns macht, ist ein Narr und naiv". Im Modell von Dees et al. (2007) wird darauf hingewiesen, dass die Eigenschaften der Lernenden bei der Gestaltung des Unterrichts berücksichtigt werden müssen. Im digitalen Raum ist es von Bedeutung, dass die notwendigen technischen Voraussetzungen auch bei Lernenden vorhanden sind. Jedoch verfügten 14 % der Befragten über keine stabile Internetverbindung und 20 % waren nicht sicher, ob ihre Verbindung stabil genug ist (N = 833). Dies weist darauf hin, dass ein Drittel der Studierenden technische Probleme im Unterricht hatte. Weiterhin ist für das Studium eine geeignete Lernumgebung notwendig. Hierzu bestehen ebenso Defizite bei einem Drittel der Befragten, die angaben, keinen geeigneten Platz zum Lernen zu haben. Unterschiede bestehen in Bezug auf das Studienfach der Befragten (ausführlich in Vladova et al. (2021a) diskutiert) . Generell äußerten sich Kunst und Musik-Studierende zu allen Fragen kritischer als Wirtschaftsinformatik-Studierende, was zu dem Schluss führt, dass sie (vollständig) technologievermittelte Lehre nicht in gleichem Maße akzeptieren wie Wirtschaftsinformatik-Studierende. Letztere haben laut der Ergebnisse der vorliegenden Studie die technologievermittelte Lehre mehr genossen als die anderen zwei Fachgruppen. Die Beantwortung der offenen Fragen erlaubt weitere Erkenntnisse dazu, was aus Sicht der Lernenden wünschenswert bei der Gestaltung der Lehre ist. Lernende möchten "noch stärker in den Lernprozess miteinbezogen werden, indem sie aktiver an Lehrveranstaltungen teilnehmen können (kleine Aufgaben, Quizfragen, unmittelbares Feedback) . Weiterhin sollten Lernspiele entwickelt werden, die mehr Spaß machen (Lernspiele)". Weiterhin soll der Austausch zwischen den Lernenden -fachlich und sozial -gefördert werden, das Studium wird nicht nur als Wissensvermittlung, sondern auch als "Möglichkeit für soziale Weiterentwicklung" gesehen. Darüber hinaus wird die Möglichkeit zur sozialen Interaktion als zu eingeschränkt empfunden. Es wird vermisst, "dass man auch mal privat vor oder nach dem Unterricht mit dem Professor oder Lehrenden quatschten kann unter vier Augen über Dinge, die einem am Herzen liegen". Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Analyse der Antworten der Studienteilnehmer*innen werden nachfolgend in Form von Gestaltungshinweisen zusammengefasst (vgl. Tab Es lässt sich zusammenfassen, dass an den befragten Hochschulen weiterhin dem vorgesehenen Unterrichtsplan gefolgt wurde -im Unterschied zu der Situation an Schulen, wo häufig der Unterricht unterbrochen und alternativ gestaltet wurde. Die Ausgangssituation dafür war jedoch unterschiedlich schwierig und hat insbesondere Lehrende stark herausfordert, didaktisch und methodisch qualitativ hochwertig zu lehren. Die ermittelten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Digitalisierung der Lehre an Hochschulen nicht lediglich der Einführung einer bestimmten Technologie in den Klassenraum gleichgestellt wird, sondern mit diversen spezifischen Herausforderungen verbunden ist. Die Erfahrung mit der komplett digitalen Lehre hat gezeigt, dass die Lernenden sowohl Vor-als auch Nachteile im digitalen Unterricht sehen. Auch wenn ihr Vertrauen in das Bildungssystem und insbesondere in die Lehrenden im Allgemeinen hoch ist, lenken die Ergebnisse die Aufmerksamkeit auf die Besonderheiten der zu vermittelten Inhalte (Wissensarten) und auf die spezifischen Merkmale der Lernenden als größte Herausforderungen für den Erfolg des digitalen Unterrichts. Unabhängig davon, ob die Lehrenden didaktisch und methodisch souverän die digitale Lehrumgebung gestalten, werden aus der Sicht der Studierenden nicht alle Inhalte gleichermaßen gut vermittelt. Auch ihre sozialen Bedürfnisse dürfen nicht vernachlässigt werden -die Hochschule wird nicht lediglich als eine Institution der Wissensvermittlung, sondern auch der Persönlichkeitsentwicklung angesehen. Die Studie hat weiterhin gezeigt, dass die notwendige technische Infrastruktur nicht überall in ausreichendem Maße vorhanden war, was den Lernprozess beeinträchtigt hat. Beispielsweise verzichteten Dozierende im Bereich Musik auf synchrone digitale Lehre und lösten die Herausforderungen der nicht ausreichender Audioqualität, indem sie sich Audioaufnahmen der Studierenden zusenden ließen und auf dieser Basis Feedback geben konnten. Demensprechend betrachten einige Studierende die Digitalisierung mit digitalen Medien in der Hochschullehre als positiv, andere eher als negativ und weitere, wiederum, sehen keine großen Unterschiede zwischen Online-und Offline-Lehre bzw. sind dem gegenüber indifferent eingestellt. Die Ergebnisse der Studie deuten klar darauf hin, dass maßgeschneiderte Ansätze, die sich im jeweiligen Anteil von Online-und Offline-Lehr-und Lernformaten unterscheiden, für Studierende verschiedener Fächer in Betracht gezogen werden sollten. Langfristig sollte weiterhin nicht nur die direkte Lehrpraxis, sondern auch die allgemeine hochschulspezifische Organisation der Lehrprozesse in Blick genommen werden: Notwendige administrative und organisatorische Veränderungen und eine Reorganisation der (gut etablierten) Praktiken, die Anpassung und Weiterentwicklung des Curriculums sowie eine stabile und vertrauensvolle technologische Infrastruktur erweisen sich als notwendig im digitalen Hochschulkontext. Ebenso K wichtig für den Erfolg digitaler Lehre sind die Organisation der Lernerfolgskontrolle sowie die Entwicklung einer neuen Kultur des technologievermittelten Unterrichts, einschließlich einer Netiquette mit Verhaltensnormen und Standards. Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. This work has been partly funded by the Federal Ministry of Education and Research of Germany (BMBF) under grant no. 16DII127 ("Deutsches Internet-Institut"). Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. 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