key: cord-0718162-i92kji4h authors: Binder, Johannes; Brunner, Maximilian; Maak, Matthias; Denz, Axel; Weber, Georg F.; Grützmann, Robert; Krautz, Christian title: Ökonomische Auswirkung der COVID-19-Pandemie in der Allgemein- und Viszeralchirurgie: Ein Vergleich von Leistungs- und Erlösdaten zweier Kliniken aus Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen date: 2021-06-21 journal: Chirurg DOI: 10.1007/s00104-021-01448-z sha: 4587b12c0b8e86516a05d13896cf54b070a296fd doc_id: 718162 cord_uid: i92kji4h BACKGROUND: During the first wave of the coronavirus disease 2019 (COVID-19) pandemic, German hospitals were required to limit the capacity for elective surgery to prevent the healthcare system from general overload. In March 2020, the German government passed the COVID-19 Hospital Relief Act that guaranteed compensation payments for these limitations. In this study the regional impact of this intervention were analyzed. MATERIAL AND METHODS: The performance data and revenue figures for the departments of general and visceral surgery of the University Hospital of Erlangen (UKER) and the District Hospital St. Anna Höchstadt/Aisch (KKH) during the period from 1 April to 30 June 2019 were compared with the respective period in 2020. RESULTS: There was a significant decrease in bed occupancy rates and case numbers of inpatient treatment. The latter declined by 20.06% in the UKER and 60.76% in the KKH. Nononcological elective surgery was reduced by 33.04% in the UKER and 60.87% in the KKH. The number of emergency procedures remained unchanged in the UKER, while they decreased by 51.58% in the KKH. The revenues from diagnosis-related groups (DRG) decreased by 22.12% (UKER) and 54% (KKH), respectively. After taking compensation payments and savings from variable material costs into account, the UKER recorded a loss of −3.87%, while there was a positive revenue effect of 6.5% in the KKH. DISCUSSION: The nonselective restriction of elective surgery had a significant impact on patient care and revenue figures at both locations. With respect to the increase of intensive care capacities, such untargeted measures do not appear to be efficient. In addition, the fixed rate of compensation payments led to an unbalanced distribution of the financial aid between the two departments. Aufgrund hoher Infektionszahlen mit zum Teil schweren Krankheitsverläufen hat die COVID-19("coronavirus disease 2019")-Pandemie bereits früh zu erheblichen Schwierigkeiten in den Gesundheitssystemen einiger Länder geführt. Zur Vermeidung der drohenden Überlastung des Deutschen Gesundheitssystems wurden alle Krankenhäuser im März 2020 dazu aufgefordert, planbare Operationen und Eingriffe zu verschieben. Hierdurch konnten zusätzliche Kapazitäten und Ressourcen zur Behandlung von COVID-19-Patienten freigesetzt werden [3] . Speziell im Fokus der Kapazitätssteigerung und Ressourcenbündelung waren hierbei die Intensivstationen. In Bayern trat im Zuge dessen am 19.03.2020 eine Allgemeinverfügung auf Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Kraft. Demnach hatten unterschiedliche Einrichtungen der Patientenversorgung "bis auf Weiteres alle planbaren Behandlungen zurückzustellen oder zu unterbrechen", um so zusätzliche materielle und personelle Ressourcen zu schaffen. Dennoch musste sichergestellt werden, dass es bei den weiterhin notwendigen Behandlungen zu keiner Einschränkung der Versorgungsqualität kam. Neben den sich daraus ergebenden medizinischen Herausforderungen traten auch mögliche wirtschaftliche Risiken in den Fokus. Als Grundlage der Ab- dass es während der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 in Deutschland einen signifikanten Rückgang medizinischer Notfälle gab [21] . Entsprechend dieser Entwicklung fand sich in einer aktuellen populationsbasierten Analyse in Deutschland eine signifikant geringere Anzahl von Patienten mit unkomplizierter Blinddarmentzündung. Diese Studie zeigte jedoch auch, dass sich die Häufigkeit, die Behandlungsrate und die Komplikationsrate der komplizierten Blinddarmentzündung nicht unterschied [18] . Inwieweit eine Reduktion notfallmäßiger Krankenhausaufnahmen und Eingriffe tatsächlich zu einer Einschränkung der Gesundheitsversorgung bzw. zu Gesundheitsgefährdung in Deutschland geführt hat, bleibt an dieser Stelle unklar. Im Laufe der Pandemie wurde deutlich, dass Patienten auch aufgrund von Ängsten vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 ("severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2") medizinische Einrichtungen meiden. Eine Folge der COVID-19-Pandemie könnte somit sein, dass onkologische Erkrankungen nicht oder erst in einem späteren Stadium entdeckt werden [13, 17] . Zudem könnte es aufgrund von Vermeidungsstrategien dazu kommen, dass weniger aggressive (effektivere) Therapieoptionen bevorzugt empfohlen werden [15] . Solche Entwicklungen wären jedoch hochproblematisch, da diese mit einer signifikanten Reduktion an gewonnenen Le-bensjahren einhergehen [23] . In den von uns betrachteten Kliniken konnten wir keine Hinweise auf eine Therapieverzögerung finden. Laut einer nationalen Umfrage gaben jedoch 34 % der Befragten an, dass sie aufgrund der Einschränkung des Normalbetriebs auch Verzögerungen in der onkologischen kolorektalen Chirurgie erwarten [2] . Diese Befürchtungen wurden später in einer bundesweiten Erhebung der Eingriffszahlen durch den Expertenbeirat des Bundesgesundheitsministeriums untermauert. Letzterer wies einen Rückgang von 12 % im ersten Halbjahr 2020 nach [1] . Die von Intensivkapazitäten entgegenstanden. In den unterschiedlichen Phasen der Pandemie gab es auch unterschiedliche Auslastungen der Intensivstationen. Im Falle einer Überbelastung müssen alle freiwerdenden Kapazitäten auch in kleineren Krankenhäusern genutzt werden. Während Phasen der Entspannung bei sinkender Auslastung sollte in den Augen der Autoren die intensivmedizinische Behandlung schwerkranker COVID-19-Patienten zur Sicherung einer optimalen Versorgung, wenn möglich, in Krankenhäusern der Maximalversorgung erfolgen. Somit könnte die ungezielte Einschränkung der Operationskapazitäten hier aus den genannten Gründe fehlgeleitet sein. Auch wenn die flächendeckende, ungezielte Einschränkung des Krankenhausregelbetriebs und der Operationskapazitäten nicht effizient war, so war sie dennoch effektiv. Ab der 12. Kalenderwoche sank die durchschnittliche Anzahl von Patienten auf Intensivstationen in Deutschland [1] . Zudem zeigen die vorliegenden Daten, dass die Einschränkungen auch ohne eine negative Beeinflussung der Behandlungsqualität (gemessen an Surrogatparametern wie z. B. Verweildauer, Wiederaufnahmerate und Mortalitätsrate) vollzogen werden können. Zu Beginn der Pandemie führten Stöß et al. eine nationale Umfrage unter den Ordinarien der deutschen Universitätskliniken der Allgemein-und Viszeralchirurgie durch [22] . Die geschätzten Veränderungen der Case-Mix-Punkte und der Erlöse wurden durchschnittlich mit -26 % ± 12 % bzw. -28 ± 12 % angegeben, was jeweils etwas höher ist als der in Erlangen beobachtete Rückgang. Die befragten Ordinarien gingen zudem von einer deutlichen Abnahme der Fallschwere (CMI = -20 ± 17 %) aus. Eine logische Erklärung dieser Erwartung ergibt sich möglicherweise aus der Tatsache, dass Intensivbetten für chirurgische Patienten nur noch eingeschränkt zugänglich waren und somit komplexe Operationen mit einem höheren Risiko für eine mögliche Intensivpflicht nicht in unveränderter Frequenz durchgeführt werden konnten. In Erlangen blieb der CMI unverändert. Diese Stabilität der Fallschwere lässt sich unter anderem auf einen relativ hohen Anteil an onkologischen und notfallmäßigen Eingriffen zurückführen (zu-sammenfast50 %allerEingriffe).Indiesem Kontext ist die Entwicklung der bundesweiten Zahlen viszeralchirurgischer Operationen interessant. Wie oben bereits erwähnt, lässt sich hier eine gewisse Priorisierung hochkomplexer Eingriffe erkennen [1] . Eine Priorisierung hochkomplexer Eingriffe könnte für Kliniken höherer Versorgungsstufen aber auch eine Möglichkeit zur Stabilisierung von CMI und Erlösen sein. Auf diese Weise erfüllen die Kliniken dann zwar die gesundheitspolitischen Vorgaben zur Reduktion von Operationskapazitäten, erreichen aber mit ho-her Wahrscheinlichkeit nicht eine maximale Entlastung der Intensivstationen. Im Vergleich zu der erwarteten und beobachteten Entwicklung der Erlöskennzahlen im universitären Maximalversorger reduzierten sich der CM und die DRG-Erlöse im Grundversorger Höchstadt um 54 %. Der CMI des KKH blieb statistisch unverändert. An dieser Stelle zeigt sich, dass kleine Krankenhäuser -wie das KKH -ohne die finanziellen Hilfen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes besonders stark von der Einschränkung des Krankenhausregelbetriebs getroffen werden. Die Zusammensetzung der Brutto-und Nettoerlöse (. Tab. 3) zeigt, dass die chirurgische Klinik des Krankenhauses der unteren Versorgungsstufe zu Beginn der Pandemie möglicherweise überproportional vergütet wurde. Legt man die abgestuften Freihaltepauschalen unseren Berechnungen zugrunde, so zeigt sich für beide Versorgungsstufen eine wesentlich ausgeglichenere Verteilung der Hilfen. Die Anpassungen der fixen Freihaltepauschale sind somit als wichtige Entscheidung zu werten. Der Expertenrat sah jedoch noch im August 2020 eine "Verlängerung der finanziellen Hilfen nach § 21 KHG [...] über den 30. September 2020 hinaus [...]" als nicht erforderlich an. Vielmehr solle ein individueller Ausgleich mit den Kostenträgern vereinbart werden [4] . Aufgrund der aktuellen zweiten Pandemiewelle wurden die abgestuften Freihaltepauschalen für den Zeitraum vom 18.11.2020 bis einschließlich 31.01.2021 wieder eingeführt. Finanzielle Hilfen für Krankenhäuser sind demnach weiter vorgesehen. Die Auszahlung erfolgt jedoch gezielter anhand der 7-Tages-Inzidenz (> 70) sowie der Zahl der freien Intensivbetten (< 25 %) an den Krankenhäusern, die mindestens die Notfallstufe 2 abdecken müssen [5, 16] . Da viele Krankenhäuser aktuell unter einem starken wirtschaftlichen Druck stehen, wird dieses Vorgehen bereits kritisiert [9, 12, 19] . Im Hinblick auf die fehlende Effizienz der flächendeckenden Einschränkung des Regelbetriebs erscheint eine Selektion der Auszahlung und somit eine gezielte, bedarfsgerechte Einschränkung jedoch wünschenswert. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. Background: During the first wave of the coronavirus disease 2019 (COVID- 19) pandemic, German hospitals were required to limit the capacity for elective surgery to prevent the healthcare system from general overload. In March 2020, the German government passed the COVID-19 Hospital Relief Act that guaranteed compensation payments for these limitations. In this study the regional impact of this intervention were analyzed. Material and methods: The performance data and revenue figures for the departments of general and visceral surgery of the University Hospital of Erlangen (UKER) and the District Hospital St. Anna Höchstadt/Aisch (KKH) during the period from 1 April to 30 June 2019 were compared with the respective period in 2020. Results: There was a significant decrease in bed occupancy rates and case numbers of inpatient treatment. The latter declined by 20.06% in the UKER and 60.76% in the KKH. Nononcological elective surgery was reduced by 33.04% in the UKER and 60.87% in the KKH. The number of emergency procedures remained unchanged in the UKER, while they decreased by 51.58% in the KKH. The revenues from diagnosis-related groups (DRG) decreased by 22.12% (UKER) and 54% (KKH), respectively. After taking compensation payments and savings from variable material costs into account, the UKER recorded a loss of -3.87%, while there was a positive revenue effect of 6.5% in the KKH. Discussion: The nonselective restriction of elective surgery had a significant impact on patient care and revenue figures at both locations. With respect to the increase of intensive care capacities, such untargeted measures do not appear to be efficient. In addition, the fixed rate of compensation payments led to an unbalanced distribution of the financial aid between the two departments. Hospital Relief Act · Coronavirus · Surgery · DRG billing data · Treatment quality Analysen zum Leistungsgeschehen, zur Erlössituation von Krankenhäusern und zu betroffenen Patienten und ihrer Versorgung in der Corona-Krise Oncological colorectal surgery during the COVID-19 pandemic-a national survey Referat L7 "Presse, Internet, Soziale Netzwerke" (2020) Coronavirus SARS-CoV-2: Chronik der bisherigen Maßnahmen Ab-schlussberichtzurÜberprüfungderAuswirkungen der Regelungen in den § § 21 bis 23 auf die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser durch den Beirat gemäß § 24 Krankenhausfinanzierungsgesetz Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz -KHG) § 21 Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser aufgrund von Sonderbelastungen durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 COVID-19-Ausgleichszahlungs-Anpassungs-Verordnung -AusglZAV vom 3. Juli 2020 (BGBl. 2020 | 1556) Wie stark trifft die Corona-Pandemie die chirurgische Klinik eines universitären Maximalversorgers? Dringender Appell der Deutschen Krankenhausgesellschaft und aller Landeskrankenhausgesellschaften an die Bundesregierung und die Regierungen in den Ländern zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme der deutschen Krankenhäuser und Sicherstellung der Patientenversorgung in der aktuellen Corona-Pandemie Presse/1.7.1_Pressemitteilungen/2020/Appell_ zur_Loesung_der_wirtschaftlichen_Probleme_ der_Krankenhaeuser_fuer_das_Gesamtjahr_ 2021.pdf. Zugegriffen: 29. Dez Coronakrise: Krankenhäusern drohen Ausfälle in Millionenhöhe Mehr Krankenhäuser sollen Freihaltepauschalen erhalten können Fewer cancer diagnoses during the COVID-19 epidemic in the Netherlands Streit um Krankenhausrechnungen: Der Gesetzgeber soll es richten Versorgung von Krebspatienten: Corona-Effekt in der Onkologie Prognose der Notfallstufen Impact of the COVID-19 pandemic on the symptomatic diagnosis of cancer: the view from primary care Impact of the COVID-19 pandemic on appendicitis treatment in Germany-a population-based analysis Krankenhausgesellschaft: Kliniken können bald Gehälter nicht mehr zahlen COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, Fallzahlen in Deutsch Medical emergencies during the COVID-19 pandemic. An analysis of emergency department data in Germany Effects of the SARS-CoV-2 pandemic on surgery-a national cross-sectional study Houlston RTurnbull C (2020) Collateral damage: the impact on outcomes from cancer surgery of the COVID-19 pandemic Vorläufige Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen -MDK-Reformgesetz