key: cord-0766476-4zq3xan2 authors: Bechstein, M.; Goebell, E.; Fiehler, J. title: Remote-Proctoring bei neuroradiologischen Interventionen date: 2021-01-22 journal: Nervenarzt DOI: 10.1007/s00115-020-01057-x sha: e89bf4cb6e1810c2b49ee857d3a23a95da3dc113 doc_id: 766476 cord_uid: 4zq3xan2 BACKGROUND: Endovascular procedures are paramount in the treatment of cerebrovascular diseases, e.g. thrombectomy for stroke. The continuous further development of the devices used for these procedures (e.g. catheters and stents) requires permanent learning by the treating physician. OBJECTIVE: Technical support options for new neuroendovascular procedures. METHODS: Integration of streaming technologies into the training concept for neuroradiologists. RESULTS: The transmission of angiographic images to a remote computer workstation in real time is possible independent of location by means of specific streaming technology. This approach enables a neuroendovascular specialist to advise geographically distant interventionalists when performing catheter interventions of the brain, to oversee the handling of the materials used and to instruct them if necessary (remote proctoring). CONCLUSION: Especially during emergency interventions and during travel restrictions, patient safety can be increased by connecting to another neuroendovascular specialist via live streaming. Neuroendovaskuläre Verfahren spielen eine wichtige Rolle in der Diagnostik und Therapie der meisten Gefäßerkrankungen des Gehirns. Komplexe Gefäßerkrankungen wie Aneurysmen werden mittlerweile häufiger endovaskulär als mit offenen chirurgischen Verfahren therapiert und das mit hohen Sicherheitsund Wirksamkeitsraten [1] . Die Ausweitung endovaskulärer Techniken auf die Behandlung des ischämischen Schlaganfalls hat einer großen Zahl von Patienten weltweit einen bedeutenden Nutzen gebracht. Die endovaskuläre Thrombektomie hat sich dadurch in den letzten Jahren erfolgreich als Goldstandard in der Behandlung von Verschlüssen großer Hirnarterien der vorderen Zirkulation durchgesetzt [2] [3] [4] . Die Indikationen für neuroendovaskuläre Techniken werden möglicherweise zukünftig weitere Krankheitsbilder umfassen. So wird derzeit die Wirksamkeit der Behandlung des chronischen subduralen Hämatoms (cSDH) mittels Embolisation der meningealen Arterien [5] [6] [7] und die Behandlung symptomatischer nichtstenotischer Plaques der A. carotis interna [8, 9] untersucht. Interventionalisten ist ein Engpass in der Weiterbildung Die gestiegene Nachfrage nach endovaskulären Eingriffen bedeutet für Krankenhäuser und akademische Zentren eine infrastrukturelle Herausforderung. So müssen Krankenhäuser, die eine 24stündige Schlaganfallbehandlung anbieten wollen, jederzeit ein Team an endovaskulär ausgebildeten Neuroradiologen und medizinisch-technischen Assistenten vorhalten. Die Zahl der Interventionalisten und die damit verbundenen Möglichkeiten der Ausbildung weiterer Interventionalisten sind jedoch beschränkt, was insbesondere bei Betrachtung im europäischen Maßstab den am häufigsten genannten Engpass bei der Weiterentwicklung der Schlaganfallversorgung darstellt [10] . Patienten mit intrakraniellen Aneurysmen und arteriovenösen Malformationen sollten primär in neurovaskulären Zentren behandelt und verlaufskontrolliert werden. Die Anwendung endovaskulärer Verfahren bei diesen Indikationen führt zu einem gestiegenen Bedarf an methodenspezifischer Weiterbildung der vor Ort endovaskulär tätigen Neuroradiologen, etwa in der Benutzung flussumleitender Stents ("flow diverter") oder flussunterbrechender Implantate ("flow disruptor"). Diese Techniken ermöglichen inzwischen auch die Behandlung vieler atypisch geformter Aneurysmen. Die betroffenen Patienten können aktuell weitgehend durch die bereits vorhandenen Neuroradiologen behandelt werden. Anders ist die Situation bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall aufgrund eines großen Gefäßverschlusses, die in 13.000 Fällen im Jahr in Deutschland mittels endovaskulärer Thrombektomie (EVT) behandelt werden [11] . Mittlerweile existieren in vielen Regionen Organisationsstrukturen, die die schnellstmögliche Vermittlung betroffener Patienten zu einem entsprechend qualifizierten neuroradiologischen Team ermöglichen. Weit verbreitet ist das "Dripand-ship"-Konzept: Der Patient wird unter laufender intravenöser tPA("tissue plasminogen activator")-Therapie in ein neurovaskuläres Zentrum transportiert. Die EVT kann theoretisch auch vor Ort in regionalen Krankenhäusern angebo-ten werden. Ein alternatives Konzept ist daher die Aussendung eines Neuroradiologen in ein peripheres Krankenhaus ("drip and drive"), um den Patienten vor Ort in der Angiographieeinheit der örtlichen Radiologie zu versorgen [12] [13] [14] . Während diese Konzepte vor allem für Metropolregionen geeignet sind, gestaltet sich die endovaskuläre Versorgung von Patienten in ländlicheren Regionen mit langen Transportzeiten weiterhin schwierig. Eine paneuropäische Studie hat entsprechend große geografische Ungleichheiten in der akuten Schlaganfallbehandlung aufgezeigt [10] : Die jährliche Zahl der Thrombektomien schwankte zwischen 0 und etwa 56/1000 ischämischen Schlaganfallpatienten im Jahr 2016. Die praktische Ausbildung eines Neuroradiologen im vollen Spektrum aller Eingriffe umfasst üblicherweise mehrere Jahre, aber auch allein die thrombektomiespezifische Weiterbildung von Neuroradiologen ist inklusive des Erlernens eines Komplikationsmanagements ein zeitaufwendiger Prozess von 6 bis 12 Monaten [15] . In dieser Zeit sollte ein Neuroradiologe in einem Krankenhaus mit hoher Falldichte zunächst von einem Experten direkt angeleitet und im Verlauf mit zunehmenden Freiheiten supervidiert werden. Dies ist meist regulärer Bestandteil des Weiterbildungskurrikulums in akademischen Zentren. Kleinere Krankenhäuser mit geringem Personalbestand können dagegen ihre Neuroradiologen nur eingeschränkt für eine erforderliche externe Hospitation freistellen. Kann anderweitig kein thrombektomiefähiger Neuroradiologe rekrutiert werden, muss sich das Krankenhaus aus der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten abmelden. Aber auch nach formalem Abschluss der endovaskulären Ausbildung müssen Techniken weiter gelernt und gelehrt werden, nicht zuletzt, weil sich die in den Eingriffen verwendeten Materialien permanent weiterentwickeln. Neue Materialien erfordern oft eine andere Handhabung, die entsprechend einge-übt werden muss. Dies wird zumeist an "Hands-on"-Kursen mit Flussmodellen und Simulatorenabsolviert [16] . Erfolgen danach die ersten elektiven klinischen Einsätze des neuen Produkts sind neben den technischen Produktspezialisten oftmals zusätzlich externe erfahrene ärztliche Anwender (Proctoren) zugegen, die den lokalen Kollegen mit ihrem spezifischen Wissen unterstützend zur Seite stehen. Ein solches Proctoring ist aber bei akuten Eingriffen (z. B. beim Schlaganfall) organisatorisch nicht darstellbar. Zudem kam es in den letzten Monaten durch COVID-19 ("coronavirus disease 2019") zu einer massiven Einschränkung der Reisetätigkeit, was ein Proctoring auch bei elektiven Fällen praktisch unmöglich machte. Eine mögliche Lösung für beide Szenarien ist ein Proctoring unter Verwendung eines externen Kamerasystems (Telementoring/Teleproctoring/ Remote-Proctoring; [17, 18] ). Der permanente Zugang zu solchen Möglichkeiten wird inzwischen in globalen Umfragen und Leitlinien ausdrücklich gefordert [19, 20] . Das Konzept des Telementorings wird in der Chirurgie bereits seit mehr als 20 Jahren eingesetzt, wobei sich insbesondere endoskopische Verfahren hierzu anbieten [21] . Aber auch mikroneurochirurgische Operationen [22] und endovaskuläre Eingriffe [23, 24] wurden bereits mit dieser Technologie begleitet. In einer Vielzahl von Studien wurden verschiedene methodische Ansätze zum Telementoring untersucht. Die Ergebnisse einer aktuellen Metaanalyse legen nahe, dass das Telementoring ein ähnliches Sicherheits-und Wirksamkeitsprofil wie die Unterstützung durch einen vor Ort anwesenden Mentor aufweist [21] . In insgesamt zwölf dieser Studien wurde das Telementoring direkt mit dem Mentoring vor Ort verglichen. So schlussfolgern die Autoren basierend auf den sehr guten Langzeitergebnissen nach Implantation von Aortenstents, dass das Telementoring eine ausgezeichnete Einübung endovaskulärer Fähigkeiten in die Routinepraxis in abgelegenen Gesundheitsversorgungsstandorten ermöglicht [24] . Sieben (58 %) zeigten keinen Unterschied in den Ergebnissen zwischen Telementoring und Vor-Ort-Betreuung. Keine Studie ergab, dass Telementoring zu schlechteren postoperativen Ergebnisse geführt hätte [21] . Eine Anwendung in der interventionellen Neuroradiologie war bis vor Kurzem noch nicht systematisch erfolgt. Eine Bildübertragung aus Angiographieräumen gab es lediglich im Rahmen von Konferenzen mit "live cases" mit aufwendiger Fernsehtechnik. Ein elektronischer Austausch zu akuten Behandlungsfällen fand teilweise mit einfachen kommerziellen Messenger-Diensten statt [25] . Das Interesse an ausgereifteren Methoden zum Remote-Proctoring hat durch COVID19 erheblich zugenommen [19] . Thrombektomie · Hirngefäßerkrankung · Telemedizin · Teleproctoring · Telestreamtechnologie Background. Endovascular procedures are paramount in the treatment of cerebrovascular diseases, e.g. thrombectomy for stroke. The continuous further development of the devices used for these procedures (e.g. catheters and stents) requires permanent learning by the treating physician. Objective. Technical support options for new neuroendovascular procedures. Methods. Integration of streaming technologies into the training concept for neuroradiologists. Results. The transmission of angiographic images to a remote computer workstation in real time is possible independent of location by means of specific streaming technology. This approach enables a neuroendovascular specialist to advise geographically distant interventionalists when performing catheter interventions of the brain, to oversee the handling of the materials used and to instruct them if necessary (remote proctoring). Conclusion. Especially during emergency interventions and during travel restrictions, patient safety can be increased by connecting to another neuroendovascular specialist via live streaming. Die technische Durchführbarkeit einer mittels Remote-Proctoring unterstützten Thrombektomie wurde unter Studienbedingungen an einem Angiographiesimulator untersucht [17] . Sechs Radiologen ohne vorherige Thrombektomieerfahrung führten jeweils eine Gesamtzahl von 36 Thrombektomien an einem endovaskulären Simulator der Firma Mentice durch (Mentice VIST G5; Mentice AB, Göteborg, Schweden). Die Szenari-en umfassten verschiedene embolische Großgefäßverschlüsse der vorderen und hinteren Zirkulation. Szenarienabhängig war entweder eine direkte Aspiration des Thrombus, die Platzierung eines Stent-Retrievers mit Bergung des Thrombus oder ein ergänzendes Stenting erforderlich. Die eingriffsführenden Ärzte wurden hierbei von einem erfahrenen Neuroradiologen angeleitet, der wechselnd nach jedem Szenario entweder direkt mit am Patiententisch stand (konventionelles Proctoring) oder mittels Telestreamtechnologie online von einem anderen Raum zugeschaltet war (Remote-Proctoring). Die primäre Ergebnisvariable war die Zeit bis zur Rekanalisation, gemessen ab dem Zeitpunkt des Einsetzens des ersten Katheters bis zur Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes. Sekundäre Zielvariablen waren die Zahl gescheiterter Thrombektomien, die Anzahl der für eine erfolgreiche Rekanalisation erforderlichen Versuche, die Handhabungsgenauigkeit des Stent-Retrievers, die Menge des verwendeten Kontrastmittels und die Durchleuchtungszeit. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in den Rekanalisationszeiten, der Anzahl gescheiterter Thrombektomien, im Kontrastmittelverbrauch, den Durchleuchtungszeiten oder der Handhabungsgenauigkeit des Stent-Retrievers gemessen. Fragebögen ergaben ebenfalls vergleichbare Ergebnisse für die subjektiv empfundene Sicherheit während des Eingriffes, der Verständlichkeit der Anweisungen und der Zufriedenheit der Behandler mit der manuellen Umsetzung der Anweisungen. Obwohl diese Studie durch ihre kleine Stichprobengröße und ihren experimentellen Aufbau begrenzt ist, deuten die Ergebnisse klar darauf hin, dass Neuroradiologen bei der Ausführung endovaskulärer Verfahren wie einer notfallmäßigen Thrombektomie von ortsfernen Spezialisten unterstützt werden können. Erste Erfahrungen aus elektiven neurovaskulären Eingriffen, aber auch bei Notfällen liegen zwischenzeitlich vor [26] Neben einer ortsunabhängigen Unterstützung der endovaskulären Akutversorgung von Schlaganfallpatienten bestehen noch weitere potenzielle Anwendungen des Livestreaming in der neuroendovaskulären Medizin. Diese sind als Übersicht einschließlich eventueller methodischer Limitationen in . Tab. 1 aufgeführt. Die Einsetzbarkeit der Robotertechnologie wird auch in der endovaskulären Therapie neurovaskulärer Erkrankungen ambitioniert vorangetrieben und kontrovers diskutiert [28, 29] . Unter viel Aufmerksamkeit wurden Anfang des Jahres 2020 drei Studien publiziert, in denen die roboterassistierte enovaskuläre Coil-Embolisation eines intrakraniellen Aneurysmas, diagnostische Angiographien und das Stenting von Karotisstenosen demonstriert wurden [30] [31] [32] Neuroendovascular surgery A randomized trial of intraarterial treatment for acute ischemic stroke Mechanical thrombectomy-a brief review of a revolutionary new treatment for thromboembolic stroke Endovascular thrombectomy after large-vessel ischaemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from five randomised trials Middle meningeal artery embolization for chronic subdural hematoma Embolization of the middle meningeal artery in patients with chronic subdural hematoma-a systematic review and meta-analysis Efficacy and safety of middle meningeal artery embolization in the management of refractory or chronic subdural hematomas: a systematic review and metaanalysis Prevalence of Ipsilateral nonstenotic carotid plaques on computed tomography angiography in embolic stroke of undetermined source Embolic stroke of undetermined source and symptomatic nonstenotic carotid disease Access to and delivery of acute ischaemic stroke treatments: a survey of national scientific societies and stroke experts in 44 European countries On the basis of the deGIR/DGNR register nationwide care for acute Ischemic stroke patients in 2016 and 2017 using mechanical thrombectomy by radiologists and Neuroradiologists Drip-and-drive": shipping the neurointerventionalist to provide mechanical thrombectomy in primary stroke centers Time metrics to endovascularthrombectomyin3triageconcepts:a prospective, observational study (NEUROSQUAD) Clinical results ofanewconceptofneurothrombectomycoverage at a remote hospital-"drive the doctor" Standards of practice in acute ischemic stroke intervention: international recommendations Validation studies of virtual reality simulation performance metrics for mechanical thrombectomy in ischemic stroke Training and supervision of thrombectomy by remote live streaming support (RESS) : randomized comparison using simulated stroke interventions Teleproctoring in vascular surgery to defy COVID-19 travel restrictions COVID-19 and neurointerventional service worldwide: a survey of the European Society of Minimally Invasive Neurological Therapy (ESMINT), the Society of NeuroInterventional Surgery (SNIS), the Sociedad Iberolatinoamericana de Neuroradiologia Diagnostica y Terapeutica (SILAN), the Society of Vascular and Interventional Neurology (SVIN), and the World Federation of Interventional and Therapeutic Neuroradiology (WFITN) Guidelines for balancing priorities in structural heart disease during the COVID-19 pandemic Telementoring of surgeons: a systematic review Virtual interactive presence for realtime, long-distance surgical collaboration during complex microsurgical procedures Telementoring during endovascular treatment of abdominal aortic aneurysms: a prospective study Long-term outcomes of a telementoring program for distant teaching of endovascular aneurysm repair Whatsapp in stroke systems: current use and regulatory concerns Republished: Interhospital teleproctoring of endovascular intracranialaneurysmtreatmentusingadedicated live-streaming technology: first experiences during the COVID-19 pandemic Robotics in neurointervention: the promise and the reality Neurointerventional robotics: challenges and opportunities Firstin-human, robotic-assisted neuroendovascular intervention Robotic assisted carotid artery stenting for the treatment of symptomatic carotid disease: technical feasibility and preliminary results Endovascular robotic: feasibility and proof of principle for diagnostic cerebral angiography and carotid artery stenting