key: cord-0786745-j6hpac4t authors: Dresler, T.; Guth, A.-L.; Lüpke, J.; Kropp, P. title: Psychologische Kopfschmerztherapie in Zeiten von COVID-19 date: 2020-10-08 journal: Schmerz DOI: 10.1007/s00482-020-00507-4 sha: 7aea665a3a73e781a2d110cf0d9726454d690d16 doc_id: 786745 cord_uid: j6hpac4t BACKGROUND: The coronavirus disease 2019 (COVID-19) pandemic has substantially changed life worldwide in 2020. This also influences the psychological treatment options of patients with headache. AIM: The present article intends to illustrate the different psychological forms of treatment for headache patients and their implementation during the COVID-19 pandemic. MATERIAL AND METHODS: Literature review and case reports. RESULTS: Even during the COVID-19 pandemic, psychological treatment enables the increased stress level in headache patients to be counteracted by using cognitive behavioral therapy and relaxation techniques. The changed living conditions are often unfavorable but sometimes also favorable in the course of disease. It can be shown that even during the pandemic, such favorable changes can be used to support patients to cope with their headache. CONCLUSION: The digital implementation of psychological approaches makes a major contribution to maintaining psychological treatment of headache patients, so that the individually changed needs can be addressed. With respect to content, stress regulation techniques and increased acceptance gain in importance. Regarding biofeedback there are limitations, which may be overcome by improved technical devices. Seit Beginn dieses Jahres sieht sich die Weltbevölkerung mit einer pandemischen Virusinfektion konfrontiert. Die von den Regierungen ergriffenen Maßnahmen, wie Grenzschließungen, Kontaktbegrenzung, Schul-und Kindergartenschließungen, Schließung von Freizeit-und Sporteinrichtungen, Homeoffice und Kurzarbeit, haben das alltägliche Leben stark verändert und erfordern vielfältige Anpassungen [10] . In der überwiegenden Mehrzahl von Studien werden negative psychische Folgen von Quarantäne beschrieben [4] . Auch direkte Einflüsse auf die Lebensqualität sind zu beobachten. So ließ sich kürzlich zeigen, dass Menschen in den deutschsprachigen Ländern nach Einführung des Lockdowns zwar länger schliefen, allerdings eine geringere Schlafqualität berichteten [3] . Die COVID-19-Pandemie hat auch Einfluss auf die Kopfschmerzbehandlung. Es gibt insbesondere bei sehr einschränkenden Maßnahmen (z. B. Lockdown) einen schlechteren Zugang zu Behandlern, sodass über alternative Behandlungsansätze nachgedacht werden muss ( [27] , vgl. auch Beitrag von Neeb et al. [21] zur Digitalisierung in dieser Ausgabe von Der Schmerz). Ein unklarer Zugang zu Behandlungsoptionen und Rezepten, das Verschieben nicht lebensnotwendiger Arztbesuche -all das führt zu Verunsicherung und Sorgen bei den Patienten und zum Teil auch auf Therapeutenseite. Die Beschränkungen greifen in das Alltagsleben ein und bergen zusätzliches Belastungspotenzial. Sie können aber je nach individueller Bewertung auch als Herausforderung oder Chance wahrgenommen werden. In . Tab. 1 sind mögliche Auswirkungen der behördlich angeordneten Pandemiemaßnahmen zusammengefasst. Negative Auswirkungen der aktuellen Lage liegen für Patienten mit Kopfschmerz etwa in der Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus [3] und in der erhöhten Stressbelastung, auch da diese zu den wichtigsten Migräneauslösern gehören [8] . Vermehrter Stress kann durch 4 finanzielle Sorgen, 4 Krankheitsängste, 4 zusätzliche Aufgaben, 4 [19] . Es muss aber nicht alles digital sein. Auch sich neu ergebende "analoge" Wege für Entspannung und Achtsamkeit, z. B. ein entspannender und achtsamer Spaziergang, können für sich entdeckt und in den Alltag eingebaut werden. Um eine "Kultur der Entspannung" zu fördern, müssen Informationen über Ent-spannungsverfahren und Anwendungsmöglichkeiten zugänglich gemacht werden (im Sinne von Psychoedukation). Biofeedback stellt einen Sammelbegriff für therapeutische Methoden dar, bei denen sogenannte Biosignale über spezielle Apparaturen gemessen und beispielsweise visuell bzw. akustisch kontinuierlich zurückgemeldet werden, um gezielt und willentlich verändert werden zu können. Der Patient lernt durch das Training, dass er selbst seine eigenen körperlichen Prozesse beeinflussen kann. Unterschieden wird unter anderem zwischen Elektroenzephalographie-, Elektromyographie(EMG)-oder Blutvolumenpuls(BVP)-Biofeedback. Während einige Biofeedbackverfahren zur allgemeinen Entspannung genutzt werden können, gibt es auch Verfahren, mit denen sich spezielle kopfschmerzassoziierte Prozesse gezielt beeinflussen lassen. Bei der Migräne kann das BVP-Biofeedback (auch Vasokonstriktionstraining genannt) eingesetzt werden, um dem Patienten beizubringen, die Weite der während der Attacke dilatierten Gefäße zu reduzieren. Das EMG-Biofeedback findet beispielsweise bei Spannungskopfschmerzen seinen Einsatz, wobei die Effektstärke im mittleren Bereich liegt. In der Behandlung von Spannungskopfschmerz stellte sich eine Kombination von Entspannungsverfahren und EMG-Biofeedback als am wirksamsten heraus [23] . Insbesondere bei chronischen Schmerzsyndromen zeigt sich ein besserer Behandlungserfolg im Vergleich zu anderen Behandlungsverfahren, wie dem bloßen Führen eines Kopfschmerztagebuchs oder einer Entspannungstherapie. Effekte konnten auch nach 15 Monaten noch gezeigt werden [23] . Das BVP-Biofeedback wird effizient bei Migräne eingesetzt [16] ; Metaanalysen bestätigen für bis zu 17 Monate stabile mittlere Effektstärken [22] . Neurofeedback kann eingesetzt werden, um Signale des Gehirns zu beeinflussen, z. B. das ereigniskorrelierte Potenzial der "contingent negative variation" (CNV); dabei wird über die Förderung kortikaler Habitua-tion bei der Reizverarbeitungsstörung, die mit Kopfschmerzen assoziiert ist, angesetzt [25] . Da Biofeedbackverfahren meist spezielle Apparaturen erforderlich machen, kann der Patient sie aktuell kaum zu Hause anwenden. Es können allerdings alternativ auch Apps für Biofeedback genutzt werden [5] . In . Tab. 3 haben wir exemplarisch Möglichkeiten aufgelistet, die in der psychologischen Behandlung der beiden obigen Fallbeispiele angewendet werden können. In der interdisziplinären multimodalen Kopfschmerztherapie haben sich die beschriebenen Ansätze etabliert und sind dort zum festen und durchaus abrechnungsrelevanten Bestandteil der Therapie geworden [11, 31] . Wie anhand der beiden Fallbeispiele deutlich wird, kann sich die veränderte Situation durch die COVID-19-Pandemie ganz unterschiedlich auf den Verlauf einer Kopfschmerzerkrankung auswirken. Mithilfe der dargestellten Verfahren kann individuell auf die Belastung und die neuen Erfahrungen des Patienten eingegangen werden, um Krankheitsund Stressbewältigungsstrategien zu fördern. In der Therapie während der CO-VID-19-Pandemie erscheint es besonders wichtig, die emotionale Reaktion des Patienten zu validieren und vor allem zu entpathologisieren. Hiermit einher sollte das Werben um Problemakzeptanz gehen. Die Migräne beispielsweise isteine Erkrankung, beidermiteinerVerstärkung der Symptomatik bei Stress zu rechnen ist, wobei nicht jedem Stress aus dem Weg gegangen werden kann. Dieses Problem, genauso wie das Problem COVID-19, kann nicht aufgelöst werden. Die Akzeptanz dieser Tatsachen sowie der Fokus auf aktive eigene Umgangsmöglichkeiten, wie die Nutzung von Entspannungsverfahren, und auf die Stärkung der Selbstwirksamkeit stellen daher sinnvolle und entlastende Ziele dar und können sogar eine Trainingsmöglichkeit sein für den Umgang mit etwaigen späteren psychosozialen Belastungen. Das Herausarbeiten früherer überstandener Krisen und positiver Veränderungen der Kopfschmerzhäufigkeit kann zu einer neuen Perspektive und Hoffnung beitragen und so entlasten. Bundestag: Die Folgen der Pandemie abfedern State of the art on the use of portable digital devices to assess stress in humans Effects of the COVID-19 lockdown on human sleep and restactivity rhythms The psychological impact of quarantine and how to reduce it: rapid review of the evidence Stress management Apps with regard to emotionfocused coping and behavior change techniques: a content analysis Evaluation of self-management support functions in Apps for people with persistent pain: systematic review Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie Psychologische Behandlungsverfahren bei Kopfschmerz PsychotherapieinderCoronakrise: Trendwende in der Online-Psychotherapie Psychische Probleme in der Pandemie -Beobachtungen während der COVID-19-Krise Integrated multidisciplinary care of headache disorders: anarrativereview Ein Behandlungsmanual zur Krankheitsbewältigung und Attackenprophylaxe bei Migräne An integrative cognitive behavioral therapy program for adults with migraine: a feasibility study Entspannungsverfahren in Therapie und Prävention, 3. Aufl. Hogrefe Experimentelle Untersuchungen zum motorischen Lernen: empirische Untersuchungen zur operanten Konditionierung von motorischen Einheiten und die Beeinflussung des Lernvorgangs durch Übungspausen Relaxation techniques and behavioural therapy for the treatment of migraine : Guidelines from the German Migraine and Headache Society Disease duration of episodic migraine correlates with modified amplitudes and habituation of contingent negative variation Relaxation training for anxiety: a tenyears systematic review with meta-analysis Effectiveness of mindfulness-and relaxationbased ehealth interventions for patients with medical conditions: a systematic review and synthesis Alterations in brain function after cognitive behavioral therapy for migraine in children and adolescents Digitalisierung in der Kopfschmerzbehandlung Efficacyofbiofeedback for migraine: a meta-analysis Meta-analysisof biofeedback for tension-type headache: efficacy, specificity, and treatment moderators Impact of quarantine due to COVID infection on migraine Neurofeedback-the significance of reinforcement and the search for an appropriate strategy for the success of self-regulation Effectiveness of online mindfulness-based interventions in improving mental health: a review and meta-analysis of randomised controlled trials Migraine care in the era of COVID-19: clinical pearls and plea to insurers Not all world leaders use Twitter in response to the COVID-19 pandemic: impact of the way of Angela Merkel on psychological distress, behaviour and risk perception Imaging attentional modulation of pain in the periaqueductal gray in humans Outcomes of a headache-specific cross-sectional multidisciplinary treatment program Multidisciplinary integrated headache care: a prospective 12-month follow-up observational study