key: cord-0797200-v8fq2lns authors: Zöllkau, Janine; Baier, Michael; Scherag, André; Schleußner, Ekkehard; Groten, Tanja title: Periodenprävalenz von SARS-CoV-2 in einer unselektierten Stichprobe schwangerer Frauen in Jena, Thüringen date: 2020-08-24 journal: Z Geburtshilfe Neonatol DOI: 10.1055/a-1206-1033 sha: 846b845a811d48d795cfc79a7738be9e9c7f1c93 doc_id: 797200 cord_uid: v8fq2lns Introduction Following an exponential increase in SARS-CoV-2 infections, the city of Jena, Thuringia, was the first in Germany to introduce mandatory mouth and nose coverings. An estimation of the SARS-CoV-2 period prevalence was achieved by screening an unselected cohort of pregnant women. Of interest was the number of unreported cases. Methods Upon admission to hospital, patients were screened for SARS-CoV-2 by a specific real-time PCR and antibodies determined by a specific SARS-CoV-2 IgG in serum by ELISA. The SARS-CoV-2 period prevalence was estimated using the Clopper–Pearson exact method, the group comparison with Fischerʼs exact test. Results From 6 April to 13 May 2020, 234 pregnant women were admitted to the Department of Obstetrics. A total of 225 (96.2%) SARS-CoV-2 PCRs were carried out and all remained negative. Specific IgG antibodies were detected in one (0.6%) of 180 (76.9%) antibody tests performed. The interval estimate of the period prevalence thus results in a 95% confidence interval between 0–1.7%. For 96 households with children, the period prevalence is 0–3.8%, which does not differ from the 0–4.8% for 76 households without children (p=1.00). Discussion This is the first report on the SARS-CoV-2 period prevalence of an unselected sample of pregnant women in Germany. Antibody testing showed no evidence of the feared high number of unreported asymptomatic SARS-CoV-2 infections. The seroconversion rate was below 1% (0.6%). Einleitung Die Stadt Jena, Thüringen, führte nach exponentiellem Anstieg der SARS-CoV-2 Infektionen bundesweit erstmalig eine Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase ein. Durch Screening einer unselektierten Kohorte von Schwangeren sollte eine Schätzung der SARS-CoV-2 Periodenprävalenz erfolgen. Von Interesse war die Frage nach der Dunkelziffer. Methoden Bei stationärer Aufnahme erfolgte ein Screening sowie eine Antikörperbestimmungen auf SARS-CoV-2, mittels spezifischer Real-Time-PCR und Bestimmung spezifischer SARS-CoV-2 IgG im Serum mittels ELISA. Die Schätzung der SARS-CoV2 Periodenprävalenz erfolgte nach der exakten Methode von Clopper und Pearson, der Gruppenvergleich mit Fischers exaktem Test. Ergebnisse Vom 06.04. bis 13.05.2020 wurden 234 Schwangere stationär aufgenommen. 225 (96,2 %) durchgeführte SARS-CoV2 PCR verblieben negativ. Bei einer (0,6 %) von 180 (76,9 %) erfolgten Antikörperbestimmungen wurden spezifische IgG-Antikörper detektiert. Die Intervallschätzung der Periodenprävalenz ergibt damit ein 95 %-Konfidenzintervall zwischen 0-1,7 %. Für 96 Haushalten mit Kindern ergibt sich eine Periodenprävalenz von 0-3,8 %, die sich nicht von der für 76 Haushalte ohne Kinder von 0-4,8 % unterscheidet (p = 1,00). Diskussion Erstmalig wird die SARS-CoV-2 Periodenprävalenz einer unselektierten Stichprobe Schwangerer in Deutschland erfasst. Es ergab sich kein Hinweis für eine befürchtet hohe Dunkelziffer asymptomatischer Schwangerer für unbemerkte SARS-CoV-2 Infektionen mittels Antikörpernachweis. Die messbare Serokonversionsrate lag bei unter 1 % (0,6 %). Introduction Following an exponential increase in SARS-CoV-2 infections, the city of Jena, Thuringia, was the first in Germany to introduce mandatory mouth and nose coverings. An estimation of the SARS-CoV-2 period prevalence was achieved by screening an unselected cohort of pregnant women. Of interest was the number of unreported cases. Methods Upon admission to hospital, patients were screened for SARS-CoV-2 by a specific real-time PCR and antibodies determined by a specific SARS-CoV-2 IgG in serum by ELISA. The SARS-CoV-2 period prevalence was estimated using the Clopper-Pearson exact method, the group comparison with Fischerʼs exact test. Results From 6 April to 13 May 2020, 234 pregnant women were admitted to the Department of Obstetrics. A total of 225 (96.2 %) SARS-CoV-2 PCRs were carried out and all remained negative. Specific IgG antibodies were detected in one (0.6 %) of 180 (76.9 %) antibody tests performed. The interval estimate of the period prevalence thus results in a 95 % confidence interval between 0-1.7 %. For 96 households with children, the period prevalence is 0-3.8 %, which does not differ from the 0-4.8 % for 76 households without children (p = 1.00). Die Infektion mit dem erstmalig am 07.01.2020 isolierten [1, 2] Coronavirus SARS-CoV-2 ist eine hochkontagiöse Tröpfcheninfektion, die sich von Mensch zu Mensch [3] überträgt und sich binnen weniger Monate global bis zur Pandemie ausbreitete. Deutschlandweit wurden krisenausgerichtete Maßnahmen zur Prävention der Infektionsausbreitung ergriffen. Hierbei waren neben zeitlichen auch deutliche regionale Unterschiede zu beobachten. Insbesondere im Gesundheitssystem wurden in Vorbereitung auf ein Massenaufkommen von intensivtherapiepflichtigen COVID-19 Patienten weitreichende Maßnahmen veranlasst, die zu einer radikalen Reduktion der elektiven Patientenversorgung in den Kliniken führte. Innerhalb des Gesundheitssystem kommt dabei der Geburtsmedizin eine Sonderposition zu, da die Versorgung Schwangerer und Gebärender grundsätzlich nicht elektiv sein kann und die Versorgung hier in fast unverändertem Umfang aufrechterhalten werden musste und wurde. Die Zusammensetzung des Kollektivs an Schwangeren und damit der Patientinnen in der Geburtsmedizin wurde daher durch die Maßnahmen zur Epidemie-Eingrenzung nicht beeinflusst. Schwangere stellen grundsätzlich eine unselektierte Stichprobe der ortsansässigen weiblichen Bevölkerung in der Altersgruppe zwischen 15 und 45 Jahren dar. Die Stadt Jena musste im März 2020 einen exponentiellen Anstieg der SARS-CoV2 Infektionen verzeichnen (▶Abb. Vom 06.04.2020 bis 13.05.2020 wurden alle in der Klinik für Geburtsmedizin des Universitätsklinikums Jena stationär behandelten Patientinnen einem Screening auf SARS-CoV-2 unterzogen. Das Screening erfolgte mittels PCR-Testung aus Rachenspülwasser. Discussion This is the first report on the SARS-CoV-2 period prevalence of an unselected sample of pregnant women in Germany. Antibody testing showed no evidence of the feared high number of unreported asymptomatic SARS-CoV-2 infections. The seroconversion rate was below 1 % (0.6 %). ▶Abb. 1 Fallzahlentwicklung SARS-CoV2-Infektion in Jena/Thüringen [15] Stand 11.05.2020. Vorliegende Informationen zu den im Haushalt der Schwangeren betreuten Kindern wurden erfragt und gingen in die deskriptive statistische Auswertung ein. Auf Basis der Ergebnisse der PCR-Screening-Untersuchung und für die Subgruppe der Schwangeren mit Antikörpertest wurden exakte 95 % Konfidenzintervalle für die Periodenprävalenz nach der Methode von Clopper und Pearson [4] kalkuliert. Für den Gruppenvergleich von Periodenprävalenzen verwendeten wir Fischers exakten Test und berichten zweiseitige exakte p-Werte; auf die Angabe von Effektschätzern des Gruppenvergleichs wurde verzichtet, da im Screening (ohne Antikörpertest) kein positives Testergebnis beobachtet wurde. Die Berechnungen erfolgen in R (Version 3.6.1). Die vorliegende Arbeit beschreibt erstmalig für Deutschland die SARS-CoV-2 Prävalenz einer unselektierten Stichprobe schwangerer Frauen und der von ihnen betreuten Kinder bei zunächst exponentiell ansteigenden Infektionszahlen und daraufhin frühzeitig umgesetzten Containmentmaßnahmen. Die klinische Manifestation der Infektion mit SARS-CoV-2 stellt sich variabel mit z. T. auch asymptomatischen Verläufen dar [5] . Aktuelle Screening-Untersuchungen schwangerer Frauen bei Hospitalisation in Regionen mit hohen Infektionsraten konnten einen relevanten Anteil SARS-CoV-2-positiver asymptomatischer Patientinnen von 6,2 % (London) bis 32,6 % (New York) nachweisen [6] [7] [8] . Der Beginn des konsekutiven Screenings von Patientinnen bei stationärer Aufnahme in der Klinik für Geburtsmedizin und damit der Beginn des Rekrutierungszeitraumes der vorliegenden Stichprobe liegt eine Woche nach Inkrafttreten der Verfügung zur Bedeckung von Mund und Nase in Jena. Unsere prospektive Untersuchung fand im "steady state" des lokalen Infektionsgeschehens statt (▶Abb. 1). Die beschriebene Stichprobe gehört dabei der Altersgruppe mit der höchstens Fallzahl in Jena an (▶Abb. 2). Nahezu alle COVID-19 Infizierten weisen binnen 10-20 Tagen nach Symptombeginn ein positives IgG auf [9] . Dieser indirekte SARS-CoV-2 Nachweis ist v. a. für Patientinnen ohne oder mit milden Symptomen und später Vorstellung (mehr als 2 Wochen nach Symptombeginn) von Bedeutung, wenn die PCR zum Virusnachweis bereits wieder negativ ist. ELISA-basierte Antikörpertests weisen dabei eine Spezifität von > 95 % für die Diagnose von COVID-19 auf [9] . Limitiert wird die Interpretation der Antikörpertestung bisher durch die noch unklare zeitliche Dynamik der Serokonversion nach Infektion mit SARS-CoV-2 [9, 10] und das Ausmaß einer damit potentiell einhergehenden Immunität [11] . Der singuläre Nachweis von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 in der untersuchten Kohorte zeigt, dass es während des exponentiellen Anstieges des Infektionsgeschehens zur Ausbildung einer messbaren, jedoch äußerst geringen Serokonversionsrate in dieser Bevölkerungsgruppe kam. Seit der pandemiebedingten Schließung der Kindertageseinrichtungen und Schulen fungierten Schwangere Frauen, die bedingt durch Beschäftigungsverbot oder Mutterschutz zu Hause waren, als Betreuungsperson im häuslichen Umfeld. Bemerkens-werter Weise wurden, selbst in dieser Ausnahmesituation, im Rahmen der Solidargemeinschaften von jeder fünften Schwangeren auch haushaltsfremde Kinder mitbetreut. Insgesamt wurden in den Haushalten der getesteten Frauen 225 Kinder betreut. Kinder aller Altersklassen können an COVID-19 erkranken. Klinische Verläufe sind in der Regel unspezifisch und milder als bei Erwachsenen [12] . Asymptomatische Verläufe werden mit ca. 15 % angegeben. Auch bei milder Symptomatik ist generell eine hohe Viruskonzentration in den Atemwegen nachweisbar [13] . Auch unter Berücksichtigung einer Inkubationszeit von durchschnittlich fünf Tagen (1-14 Tagen) und einer vermuteten Infektiosität von 1-2 Tagen vor bis ca. acht Tage nach Erkrankungsbeginn bei Kindern wird ein zumindest theoretisch hohes Übertragungspotential diskutiert, ist jedoch in seiner Bedeutung nicht abschließend geklärt [13, 14] . Bei der hohen Kontagiösität des Virus kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch die Kinder der hier getesteten Schwangeren keine SARS-CoV-2 Infektion durchgemacht hatten. Dies ist umso bemerkenswerter, weil in Jena nahezu alle Kinder ab dem Alter von einem Jahr Ganztagseinrichtungen besu- Literatur The Novel Coronavirus Originating in Wuhan, China: Challenges for Global Health Governance Coronaviridae Study Group of the International Committee on Taxonomy of V The species Severe acute respiratory syndrome-related coronavirus: classifying 2019-nCoV and naming it SARS-CoV-2 Characteristics of and Important Lessons From the Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Outbreak in China: Summary of a Report of 72314 Cases From the Chinese Center for Disease Control and Prevention The Use of Confidence or Fiducial Limits Illustrated in the Case of the Binomial Recommendations for critically ill patients with COVID-19 Universal Screening for SARS-CoV-2 in Women Admitted for Delivery SARS-CoV-2 in pregnancy: symptomatic pregnant women are only the tip of the iceberg COVID-19 infection among asymptomatic and symptomatic pregnant women: Two weeks of confirmed presentations to an affiliated pair of New York City hospitals Interpreting Diagnostic Tests for SARS-CoV-2 Diagnostic value and dynamic variance of serum antibody in coronavirus disease 2019 Privileges and Immunity Certification During the COVID-19 Pandemic Epidemiological characteristics of confirmed COVID-19 cases in Tianjin Korean Society of Epidemiology -nCo VTFT. An interim review of the epidemiological characteristics of 2019 novel coronavirus First Pediatric Case of Coronavirus Disease 2019 in Korea