key: cord-0822082-8jub0xfj authors: Tschaikowsky, T.; Becker von Rose, A.; Consalvo, S.; Pflüger, P.; Barthel, P.; Spinner, C. D.; Knier, B.; Kanz, K.-G.; Dommasch, M. title: Patientenzahlen im Rahmen der COVID-19-Pandemie in einer zentralen Notaufnahme date: 2020-07-08 journal: Notf Rett Med DOI: 10.1007/s10049-020-00757-w sha: 2bfe242099984de43e34a3d0562c02e889e88716 doc_id: 822082 cord_uid: 8jub0xfj BACKGROUND: Since end of March, the health care system in Germany has been placed into a state of emergency in order to gain resources for the spreading coronavirus disease 2019 (COVID-19) pandemic. The overall goal of this study is to evaluate the number of emergency room patients at the time of the pandemic in order to draw conclusions about the influence of the COVID 19 pandemic on the number of patients in an emergency department. MATERIALS AND METHODS: With this descriptive epidemiologic study we collected and analyzed anonymized patient-related data of 19,357 cases presenting to the emergency department of the Klinikum rechts der Isar (Munich) from 01 February 2019 to 30 April 2019 and from 01 February 2020 to 30 April 2020. RESULTS: Despite an increase in the number of patients from 2019 to 2020, there was a significant drop in the number of emergencies from February to March 2020 and proceeding in April to a level below that of 2019. This was particularly observed in the field of trauma surgery, with a 40% decrease in the number of patients. With regard to the individual complaint patterns in March 2020, it was found that an increased incidence of malaise (+47%) and breathing problems (+36%) was recorded, whereas back pain (−41%), wounds (−29%), thoracic (−24%) and abdominal pain (−23%) were significantly less common than in the previous year. In terms of the severity of the complaints, the decline was mainly due to complaints with a low degree of urgency. CONCLUSION: In the course of the COVID-19 pandemic we observed a significant decline in the number of patients in one of the largest emergency rooms in Munich. This has to be avoided with existing hospital capacities, in order to prevent potential damage to health caused by postponed or missing emergency presentations. Einleitung Aufgrund der steigenden Infektionen mit der neuartigen Atemwegserkrankung Coronavirus-disease-2019 in China hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 30.01.2020 eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen [17] . Gegen Ende Februar stiegen die Fallzahlen auch in Europa. Insbesondere in Norditalien kam es zu einem sprunghaften Anstieg an COVID-19-Patienten und auch in Deutschland gab es erneut Fälle von Infektionen mit SARS-CoV-2, nachdem es bereits im Januar nur einen Eintrag in der Region München gab [3] . Am 11.03.2020 wurde vonseiten der Weltgesundheitsorganisation der CO-VID-19-Ausbruch offiziell zu einer Pandemie erklärt [16] . Die nationale Seuchenschutzbehörde, das Robert Koch-Institut, bewertete die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland am 17.03.2020 insgesamt als "hoch" [7] . Analog hierzu hat die Bayerische Staatsregierung am 16 .03.2020 den Katastrophenfall ausgerufen und Ausgangsbeschränkungen erlassen, die ab dem 21.03.2020 bis zum 05.05.2020 galten und am 06.05.2020 durch Kontaktbeschränkungen ersetzt wurden [1, 4, 6, 11] . Im Zusammenhang mit dem Katastrophenfall haben das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration sowie das Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege am 24.03.2020 eine Allgemeinverfügung erlassen, in der unter anderem die Organisation der Krankenhausbelegung, Neukonzeption der IT-Steuerung und Meldepflichten, Schaffung zusätzlicher Kapazitäten, CO-VID-19-Koordinierungsgruppen der Krankenhäuser sowie organisatorische Maßnahmen für Krankenhäuser angeordnet wurden [5] . Entsprechend der vorhandenen Pandemie-und Notfallpläne wurden im Raum München schon nach dem Auftreten der ersten COVID-19-Fälle Vorkehrungen im Gesundheitswesen getroffen. Auch aufgrund der Berichterstattung aus Italien, Frankreich und Spanien wurden Krankenhauskapazitäten umfunktioniert und Intensivbetten geschaffen, um einem möglicherweise bevorstehenden großen Ansturm an Patienten gerecht zu werden [2] . [15, 18] . Bei Vorstellung der Patienten in der ZNA erfolgt nach personeller Identifikation eine medizinische Ersteinschätzung, auch "Triage" genannt, gemäß einem validierten System, dem Manchester Triage System (MTS; [10] ). Anhand von insgesamt 50 Beschwerdebildern und entsprechenden Präsentationsdiagrammen wird die Dringlichkeit des Notfalls festgestellt. Hierdurch wird die maximale Zeit bis zum ersten Arztkontakt definiert und nach einem Ampelprinzip von "blau" für nichtdringend bis "rot" für akute Lebensgefahr eingeteilt (. Tab. 1). Die verschiedenen Fachdisziplinen wurden hinsichtlich einer besseren Übersicht in übergeordnete Fachbereiche zusammengefasst. "Chirurgie" beinhaltet alle chirurgischen Subdisziplinen wie Unfall-, Viszeral-, Thorax-, Gefäß-, Mund-Kiefer-Gesichts-, Neurochirurgie und plastische Chirurgie. Die Fachbereiche innere Medizin und Neurologie werden im Folgenden als "Konservativ" zusammengefasst. Aufgrund der geringen Fallzahlen werden zur besseren Übersicht alle anderen Fachbereiche, wie Psychiatrie, Urologie, Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe, im Folgenden als "Andere" aufgeführt. In der ZNA des Klinikums RDI werden alle patientenbezogenen Daten mittels eines Notaufnahmeninformationssystem (ERPath, eHealth-Tec Innovations GmbH, Berlin, Deutschland) erhoben und gespeichert [8] . Notfall Rettungsmed https://doi.org/10.1007/s10049-020-00757-w © Der/die Autor(en) 2020 Background. Since end of March, the health care system in Germany has been placed into a state of emergency in order to gain resources for the spreading coronavirus disease 2019 (COVID-19) pandemic. The overall goal of this study is to evaluate the number of emergency room patients at the time of the pandemic in order to draw conclusions about the influence of the COVID 19 pandemic on the number of patients in an emergency department. Materials and methods. With this descriptive epidemiologic study we collected and analyzed anonymized patient-related data of 19,357 cases presenting to the emergency department of the Klinikum rechts der Isar (Munich) from 01 February 2019 to 30 April 2019 and from 01 February 2020 to 30 April 2020. Results. Despite an increase in the number of patients from 2019 to 2020, there was a significant drop in the number of emergencies from February to March 2020 and proceeding in April to a level below that of 2019. This was particularly observed in the field of trauma surgery, with a 40% decrease in the number of patients. With regard to the individual complaint patterns in March 2020, it was found that an increased incidence of malaise (+47%) and breathing problems (+36%) was recorded, whereas back pain (-41%), wounds (-29%), thoracic (-24%) and abdominal pain (-23%) were significantly less common than in the previous year. In terms of the severity of the complaints, the decline was mainly due to complaints with a low degree of urgency. In the course of the COVID-19 pandemic we observed a significant decline in the number of patients in one of the largest emergency rooms in Munich. This has to be avoided with existing hospital capacities, in order to prevent potential damage to health caused by postponed or missing emergency presentations. Im Fachbereich "Andere" wurden im beobachteten Zeitraum des Jahrs 2019 insgesamt 78 Patienten behandelt, während es im Jahr 2020 etwa 166 Patienten waren. Von Februar bis April desselben Jahrs blieben die Zahlen sowohl in 2019 als auch in 2020 weitgehend konstant mit einer maximalen Schwankung von etwa 0,3 Patienten pro Tag. Bezogen auf die 2 wichtigen Fachbereiche "Konservativ" und "Chirurgie" zeigt sich, dass im Jahr 2020 von Februar bis April ein zum Vorjahr überproportional deutlicher Rückgang der Patientenzahlen zu verzeichnen ist. Vergleicht man das Patientenaufkommens der Jahre 2019 und 2020 miteinander, ist klar zu erkennen, dass die Dringlichkeitsstufe "gelb" zugewinnt, wohingegen die Patientenzahlen für "blau" und "grün" zurückgingen (. Abb. 3). (. Abb. 4) . Hier zeigt sich eine deutliche Zunahme von "Unwohlsein bei Erwachsenen" (+47 % zum Vorjahr), "Atemprobleme bei Erwachsenen" (+36 % zum Vorjahr), während "Rückenschmerz" (-41 % zum Vorjahr), "Wunden" (-29 % zum Vorjahr) und "Thoraxschmerz" (-24 % zum Vorjahr) im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgenommen haben. Bestätigt wird dies durch eine deutliche Umverteilung der Beschwerdebilder, die im Rahmen der Triage erhoben werden. Wie in . Abb. 4 zu erkennen haben im Vergleich zum Jahr 2019 im März 2020 beispielsweise Atemwegs-probleme deutlich zugenommen und demgegenüber Kopfverletzungen und Rückenschmerzen deutlich abgenommen. Derartige Schwankungen können ebenfalls saisonal bedingt sein, insbesondere durch die jährlich auftretende Influenza-und Respiratory-Sinzytial-Virus(RSV)-Welle. Diese fiel im Jahr 2020 im Vergleich zu den vergangenen 5 Jahren mit einer Dauer von 11 Wochen allerdings deutlich kürzer aus und endete am 22.03.2020 [13] . Ebenso sind Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. BayerischesStaatsministeriumfürGesundheitund Pflege (2020) Bekanntmachung vom 20.03.2020, Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) -Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie, Az. Z6a-G8000-2020/122-98 Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen vom 23 Pressemitteilung vom 27.01.2020, Bestätigter Coronavirus-Fall in Bayern Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration Pressemitteilung vom 16.03.2020, Hermann stellt Katastrophenfall fest Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration, Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (2020) Bekanntmachung vom 24. März 2020: Notfallplan Corona-Pandemie: Allgemeinverfügung zur Bewältigung erheblicher Patientenzahlen in Krankenhäusern Bundesregierung (2020) Bundesregierung, Bekanntmachung vom 12.03.2020: Sozialkontakte vermeiden, Ausbreitung verlangsamen Robert-Koch-Institut stuft Risiko für die Bevölkerung jetzt als "hoch Das Notaufnahmen-Informationssystem Regelungen zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) Ersteinschätzung in der Notaufnahme: Das Manchester-Triage-System Bd. 3. Huber Portal München Betriebs-GmbH (2020) Corona-Lockerungen: Ausgangsbeschränkung entfällt zum 6.5 Archiv der Situationsberichte zu COVID-19 Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland Saison Influenza-Wochenbericht Radiological findings from 81 patients with COVID-19 pneumonia in Wuhan, China: a descriptive study Weltgesundheitsorganisation (2020) Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt COVID-19-Ausbruch zur Pandemie Erklärung des Generaldirektors der WHO über die Tagung des IGV-Notfallausschusses zum Neuartigen Coronavirus (2019-nCoV Therapeuticand triagestrategiesfor2019novelcoronavirusdisease in fever clinics Tab. 3 die Todeszahlen im Jahr 2020 mit 518 influenzabedingten Todesfällen um etwa 54 % niedriger als im Vorjahr [13, 14] . Ein weiterer Grund für den Rückgang an Notfallpatienten könnte die sinkende Zahl an Selbsteinweisungen sein. Infolge der medialen Präsenz der COVID-19-Pandemie und des erhöhten Ansteckungsrisikos in Krankenhäusern wäre es denkbar, dass sich derartige Bedenken auf die Konsultationsfrequenz der Patienten auswirken. Die Bekanntgabe der ersten Todesfälle in Deutschland am 09. März könnte ebenfalls dazu beigetragen haben [12] . Denkbar wäre ebenso, dass Beschwerden hierdurch länger ausgehalten werden bzw. ganz auf einen Arztbesuch verzichtet wird.Auch durch unterschiedliche Empfehlungen einzelner Fachgesellschaften, des RKI, der WHO, der Bundesländer und der EU-Staaten, herrscht unter der Bevölkerung Unsicherheit über den richtigen Umgang mit Schutzmaßnahmen im Rahmen der Pandemie. Durch fehlende soziale Kontakte könnten auch Faktoren wegfallen wie z. B. ein freundschaftlicher Rat, sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Bei Fehlen dieser laienbasierten Unterstützung wird soderGang ins Krankenhaus verzögert.Auch die veränderte Verteilung der Dringlichkeit von "blau" und "grün" hin zu "gelb", also zu einer zeitkritischeren Vorstellung, sowie die signifikante Zunahme der stationären Aufnahmen um 5 % im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr sprechen ebenfalls dafür, dass Patienten mit einer vermutlichen Bagatelle eher zu Hause bleiben und sich eher solche mit schwerwiegenderen Krankheitsbildern vorstellen. Es bleibt allerdings ungewiss, ob Patienten möglicherweise aufgrund dieser Bedenken so lange gewartet haben, bis eine ernstzunehmen-