key: cord-0898359-du86wd4z authors: Schwebke, I.; Eggers, M.; Gebel, J.; Geisel, B.; Glebe, D.; Rapp, I.; Steinmann, J.; Rabenau, F. title: Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren zur Anwendung im human-medizinischen Bereich: Stellungnahme des Arbeitskreises Viruzidie beim Robert Koch-Institut date: 2017-02-20 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-016-2509-2 sha: 61fd42b4990d58a00fbc0f6bf5ae68384a1bf5b2 doc_id: 898359 cord_uid: du86wd4z nan Desinfektionsmittel spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention von Infektionskrankheiten. Dabei ist der Nachweis der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln die grundlegende Voraussetzung für ihre erfolgreiche und sinnvolle Anwendung. Die Anforderungen an das Desinfektionsmittel leiten sich aus den Eigenschaften der zu inaktivierenden Erreger und den bestimmungsgemäßen Anwendungsbedingungen ab. Seit der Veröffentlichung der Stellungnahme des Arbeitskreises Viruzidie beim Robert Koch-Institut (RKI) 2004 [1] haben die darin definierten Wirkungsbereiche "begrenzt viruzid" und "viruzid" in Deutschland weitgehend Anwendung zur Deklaration der Wirksamkeit bzw. Auslobung der Produkte gefunden. In europäischen Normen wurde inzwischen ebenfalls eine Differenzierung der Viruswirksamkeit vorgenommen. Darin werden teilweise gleiche bzw. sehr ähnliche Begriffe mit anderem Inhalt verwendet, woraus immer wieder Unklarheiten bei den Anwendern resultieren. Die vorliegende Stellungnahme gibt das Ergebnis der Diskussion des Arbeitskreises Viruzidie beim RKI sowie des Fachausschusses Virusdesinfektion der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten und der Gesell-schaft für Virologie (DVV/GfV) und der Desinfektionsmittelkommission des Verbundes für Angewandte Hygiene (VAH) zur Viruswirksamkeit von Desinfektionsmitteln wieder und ersetzt damit die Stellungnahme von 2004 [1] . Ziel dieses Dokumentes ist es, wissenschaftlich begründete Anforderungen an die Prüfung der Viruswirksamkeit von Desinfektionsmitteln und die entsprechenden Prüfmethoden zusammenzustellen und daraus eine anwendungsorientierte Deklaration der Wirksamkeit abzuleiten. Die Entwicklungen in der entsprechenden europäischen Normung werden ebenfalls einbezogen. Diese Empfehlung gilt für die Anwendung von Desinfektionsmitteln im medizini- schen Bereich sowie zur Infektionsverhütung im nicht-medizinischen Bereich, z. B. in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertagesstätten oder in Bereichen, in denen eine Infektionsgefährdung bestehen kann (z. B. Tattoo-, Nagel-oder Kosmetikstudios, Fußpflege). Im Bereich der Lebensmittelhygiene gelten andere Empfehlungen. Im Anhang dieser Stellungnahme sind zur vertiefenden Information detailliertere Hinweise zu den Prüfmethoden und den Testviren im Kontext der Deklaration viruswirksamer Eigenschaften von Desinfektionsmitteln sowie deren Einsatzbereich aufgeführt. Das Spektrum humanmedizinisch relevanter Viren ist im Anhang 3, . Tabelle 4 dargestellt. Hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegen Desinfektionsmittel lassen sich aufgrund der Struktur zwei Gruppen unterscheiden -die behüllten und die unbehüllten Viren. Die daraus resultierenden Begriffe "begrenzt viruzid" und "viruzid" wurden bereits in der ersten Stellungnahme des Arbeitskreises [1] definiert. Aufgrund der Vielzahl der Ausbrüche durch Noroviren besteht großes Interesse, eine Wirksamkeit speziell gegen diese Viren auszuloben. Deshalb hatte das RKI mit dem DVV/GfV-Fachausschuss Virusdesinfektion 2014 eine gemeinsame Mitteilung [2] veröffentlicht, in der die Voraussetzungen für die Deklaration der Wirksamkeit gegen diese Viren festgelegt wurden. Neben Noroviren sind zwei weitere Viren -Rotaviren und Adenoviren -für eine Vielzahl von Infektionsausbrüchen verantwortlich. Sie gehören zu den unbehüllten Viren und zählen hierbei, wie auch die Noroviren, zu den Viren mit geringerer Hydrophilie. Sie sind leichter durch Desinfektionsmittel zu inaktivieren als andere ebenfalls unbehüllte, aber stärker hydrophile Viren wie z. B. Enteroviren, s. Anhang 2, . Abb. 1. Bereits 2012 veröffentlichte die DVV eine praxisnahe Prüfmethode für die Flächendesinfektion [3] , die auf der Basis des damaligen europäischen Normentwurfs [4] erarbeitet wurde. Diese Leitlinie un-terteilt die Wirksamkeit gegen unbehüllte Viren in zwei Bereiche: "low level viruzid" und "high level viruzid". Der Grund hierfür lag in den bereits zuvor beschriebenen strukturellen Eigenschaften der Viren und dem Bedarf, eine größere Zahl von Produkten für die Anwendungen gegen Adeno-, Noro-und Rotaviren ("low level viruzid") zur Verfügung zu haben. Mit dem Bereich "high level viruzid" werden die strengeren Anforderungen aufgrund der höheren Stabilität stärker hydrophiler Viren berücksichtigt. Auch das europäische Normungsgremium (CEN/TC 216) nahm in der DIN EN 14476/A1 [5] u. a. aufgrund der häufig fehlenden Verfügbarkeit "viruzid" wirksamer Produkte in verschiedenen europäischen Staaten erstmals eine Differenzierung der Wirksamkeit gegen Viren vor. Zusätzlich zur Kennzeichnung "virucidal activity"wurde die Bezeichnung "limited spectrum of virucidal activity" für Produkte eingeführt, die sowohl gegen behüllte Viren als auch gegen die definierten unbehüllte Testviren -Adenovirus und Murines Norovirus -wirksam sind. Somit erfordern beide Wirkungsbereiche -"low level viruzid" gemäß DVV-Leitlinie und "limited spectrum virucidal activity" nach DIN EN 14476/A1 -die Prüfung mit Adenoviren und murinen Noroviren. Die hier geschilderten Überlegungen, die sowohl die strukturellen Eigenschaften von Adeno-, Noro-und Rotaviren als auch ihre klinische Bedeutung berücksichtigen, legen es nahe, einen eigenen Wirkungsbereich für diese Viren festzulegen, der sie von den stärker hydrophilen Viren abgrenzt. Der Arbeitskreis Viruzidie definiert deshalb für Desinfektionsmittel, die behüllte Viren und zusätzlich Adeno-, Noro-und Rotaviren inaktivieren, erstmals den Wirkungsbereich "begrenzt viruzid PLUS". Damit kann die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln zukünftig gemäß den folgenden drei Wirkungsbereichen deklariert werden: 5 "begrenzt viruzid" -wirksam gegen behüllte Viren, 5 "begrenzt viruzid PLUS" -wirksam gegen behüllte Viren sowie zusätzlich gegen Adeno-, Noro-und Rotaviren oder Unter praktischen Gesichtspunkten lassen sich die folgenden Anwendungsbereiche 1 für Desinfektionsmittel gegen Viren unterscheiden: Die hygienische Händedesinfektion dient der Reduktion der transienten (nicht zur eigenen Flora gehörenden) Hautflora. Dagegen soll bei der chirurgischen Händedesinfektion die residente Flora reduziert werden, die in der Regel keine Viren enthält. Händedesinfektionsmittel werden durch Einreiben eines ausreichend großen Volumens auf der gesamten Oberfläche der Hände angewendet [6] . Aufgrund der Anforderungen an die Hautverträglichkeit stehen für die hygienische Händedesinfektion nur wenige Wirkstoffe bzw. Präparate zur Verfügung, die eine "viruzide" Wirksamkeit gewährleisten. Da in vielen Bereichen der Schutz vor behüllten Viren, die durch Blut und Körperflüssigkeiten übertragen werden (z. B. das Humane Immundefizienz Virus (HIV), Hepatitis-B-Virus (HBV) und Hepatitis-C-Virus (HCV)), im Vordergrund steht, erscheint es sinnvoll, für diesen Bereich in der Regel Mittel mit einer "begrenzt viruziden" Wirksamkeit einzusetzen. Beim Auftreten von Adeno-, Noro-oder Rotavirusinfektionen sind Mittel mit der Deklaration "begrenzt viruzid PLUS" geeignet. Sollen hingegen andere unbehüllte Viren (z. B. Enteroviren) inaktiviert werden, sind "viruzid" wirksame Desinfektionsmittel anzuwenden. Der Begriff "Instrumentendesinfektion" beinhaltet eine Desinfektion durch Eintauchen 2 . Sofern das Instrument ein semikritisches Medizinprodukt 3 ist, gibt die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte "Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten" [8] für die "abschließende Instrumentendesinfektion" vor, dass hierfür nur Desinfektionsmittel mit "viruzider" Wirksamkeit anzuwenden sind (wenn der Desinfektion keine Sterilisation folgt, wird sie als "abschließende Instrumentendesinfektion" bezeichnet). Für die Vorreinigung von Instrumenten in Tauchbädern kann aus Gründen des Personalschutzes ein reinigendes Desinfektionsmittel eingesetzt werden, das keine umfassende "viruzide" Wirksamkeit aufweist. Voraussetzung dafür 2 In europäischen Normen wird, wie auch im deutschen Sprachraum, der Begriff "Instrumentendesinfektion" synonym mit dem Begriff "Eintauchdesinfektion" verwendet. 3 Unter Flächendesinfektion versteht man Desinfektionsmaßnahmen auf Oberflächen; sie können z. B. durch Wischen, ggf. Sprühen oder im Ausnahmefall durch Begasungen erfolgen [9] . Bei gezielten Flächendesinfektionsmaßnahmen ist die Art des Erregers in der Mehrzahl der Fälle bekannt. Somit kann das benötigte Wirkspektrum in Abhängigkeit von dem zu inaktivierenden Virus ausgewählt werden. Bei routinemäßigen Maßnahmen zur Flächendesinfektion sind bei der Auswahl des Mittels Überlegungen zum erwarteten und hinsichtlich einer Übertragung relevanten Erregerspektrum zu berücksichtigen [9] . Die unter 3.2 genannte Empfehlung zur Aufbereitung von Medizinprodukten [8] ist zu beachten, wenn die Oberfläche eines Medizinproduktes desinfiziert werden soll. Chemothermische Desinfektionsverfahren werden bei Temperaturen ≥ 30°C in der Regel in speziellen Geräten durchgeführt. Chemothermische Wäschedesinfektionsverfahren werden in Waschmaschinen bei Temperaturen ≥30°C durchgeführt und sind deshalb nur mit Murinen Parvoviren als Testviren (s. a. Anhang A2.1.3) zu prüfen, woraus eine "viruzide" Wirksamkeit resultiert. Auch chemothermische Instrumentendesinfektionsverfahren werden in speziellen Maschinen durchgeführt, z. B. in Desinfektions-und Reinigungsgeräten für Endoskope. Bei Temperaturen ≥ 40°C wird hierbei ebenfalls das Murine Parvovirus als Testvirus eingesetzt und damit eine "viruzide" Wirksamkeit nachgewiesen. Die Desinfektionsmittelprüfung erfolgt in der Regel zunächst in einem quantitativen Suspensionsversuch und anschließendsoweit verfügbar -in einem praxisnahen Test. Ersterer stellt idealisierte Rahmenbedingungen dar, hat aber den Vorteil, dass er Aussagen zur grundsätzlichen Desinfektionsmittelwirksamkeit erlaubt (s. a. Anhang 1). Da die praktischen Anwendungsbedingungen des Desinfektionsmittels mit einer homogenen Suspension zumeist nicht widergespiegelt werden können, ist die Aussagekraft derartiger Untersuchungen entsprechend eingeschränkt. Praxisnahe Untersuchungen berücksichtigen dagegen wesentliche Aspekte der jeweiligen Anwendungsbedingungen. Die Prüfung im zweistufigen Verfahren -Prüfung der grundsätzlichen Wirksamkeit im quantitativen Suspensionstest und die anschließende Prüfung unter praxisnahen Bedingungen als Grundlage für die Auslobung von Anwendungsbedingungen -ist national wie international etabliert und wird von den Zulassungsbehörden gefordert. Die Sinnhaftigkeit dieses zweistufigen Prozesses wird durch Untersuchungen bestätigt, die beim Vergleich der im Suspensionsversuch und im praxisnahen Test ermittelten Ergebnisse für verschiedene Desinfektionsmittel zeigten, dass in der Mehrzahl der Fälle höhere Konzentrationen bzw. längere Einwirkzeiten im praxisnahen Test zum Erreichen der Wirksamkeitskriterien erforderlich sind [10] . Die Deklaration der Wirksamkeit darf deshalb, sobald allgemein anerkannte Testmethoden für praxisnahe Untersuchungen vorliegen, nur auf deren Basis unter Berücksichtigung der Ergebnisse im quantitativen Suspensionsversuch erfolgen. Bei der Prävention von Infektionskrankheiten spielen Desinfektionsmittel eine wichtige Rolle. Die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren kann in drei Wirkungsbereiche eingeteilt werden: 5 "begrenzt viruzid" -wirksam gegen behüllte Viren, 5 "begrenzt viruzid PLUS" -wirksam gegen behüllte Viren sowie zusätzlich gegen Adeno-, Noro-und Rotaviren oder 5 "viruzid" -wirksam gegen behüllte und unbehüllte Viren. [17] , wurde dieses Virus als gleichwertiges Prüfvirus in die Leitlinie [11, 18] aufgenommen. Für eine bisher nicht befristete Übergangszeit können beide Testviren alternativ eingesetzt werden. Beide Vacciniaviren sind auch in der entsprechenden europäischen Norm [5] als Testviren aufgeführt. Häufig wird eine dezidierte Auslobung speziell gegen einzelne Viren wie z. B. HCV, HIV oder HBV angestrebt. Abb. 1 8 Übersicht zur Einteilung der Viren nach strukturellen Eigenschaften. Nach Klein und Deforest [14] Eine solche spezifische Auslobung würde jedoch voraussetzen, dass die Testung nicht nur mit den repräsentativen Testviren für den Wirkungsbereich "begrenzt viruzid" (s. . Tabellen 2, 3) sondern tatsächlich mit dem jeweilig auszulobenden Virus erfolgt. Dies ist aus verschiedenen biologischen sowie methodischen und Sicherheitsaspekten problematisch, was im Folgenden dargelegt wird: HCV lässt sich in vitro bislang nur unter aufwendigen artifiziellen Bedingungen kultivieren [19] , die für routinemäßige Desinfektionsmittelprüfungen nicht geeignet sind. Für das in vielen Eigenschaften vergleichbare BVDV liegen jedoch aus der Validierung von Inaktivierungsverfahren bei der Herstellung von Blut und Blutprodukten umfangreiche Erfahrungen vor, die seine Verwendung als Testvirus auch für die Desinfektionsmittelprüfung nahe legen [20] . Eine ausdrückliche Deklaration der Wirkung gegen HCV allein auf der Basis von Prüfungen mit BVDV ist jedoch nicht gerechtfertigt. BVDV zeigt gegenüber vielen Wirkstoffen wie z. B. Alkoholen eine relativ hohe Empfindlichkeit, kann jedoch gegenüber oxidativ wirksamen Produkten (wie z. B. chlor-oder sauerstoffabspaltenden Produkten) zum Teil stabiler als Vacciniavirus sein. Oxidativ wirksame Produkte sollten deshalb auch mit diesem Testvirus geprüft werden. Auch die Auslobung der Wirksamkeit gegen HIV würde eine Prüfung unter Verwendung von HIV in Zellkulturen voraussetzen, welche jedoch aufgrund der Gefährlichkeit des Virus (Risikogruppe 3**) nicht erstrebenswert ist. Eine spezielle Problematik stellen Aussagen zur Wirksamkeit gegenüber HBV dar [21] . Bereits geringste Blutmengen können bei hoher HBV-Viruslast zu Infektionen führen und der Erreger kann im eingetrockneten Zustand mindestens sieben Tage infektiös bleiben [22] . Trotz der Verfügbarkeit eines wirksamen Impfstoffs sind HBV-Infektionen weiterhin ein großes globales Problem (weltweit sind schätzungsweise 240 Millionen Menschen, d. h. 3 % der Weltbevölkerung chronisch infiziert [23] ). Die Bewertung der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegenüber HBV war vor Etablierung des Begriffes "begrenzt viruzid" auch un-ter Experten Anlass für kontroverse Diskussionen bezüglich der Aussagekraft der durchgeführten Prüfverfahren. Die in der Vergangenheit verwendeten Surrogatprüfungen beruhten im Wesentlichen auf der Bestimmung der Modifikation der viralen DNA oder von infektionsrelevanten Epitopen der HBV-Oberflächenproteine. Diese Methoden zeigten in der Praxis oft erhebliche Schwächen, da eine Korrelation der erzielten Ergebnisse mit der tatsächlich noch vorhandenen Infektiosität vielfach nicht gegeben war. Somit war die Bezeichnung "wirksam gegen HBV" auf der Basis dieser Tests nicht in jedem Falle valide, da der Verlust der Infektiosität nur in begrenztem Umfang in einem biologischen System nachgewiesen werden konnte. Bei den verfügbaren HBV-Zellkultursystemen konnte in der Vergangenheit nur mit primären Hepatozyten gearbeitet werden, die nur eingeschränkt verfügbar sind und große inter-experimentelle Heterogenität zeigen. Inzwischen ist bekannt, dass ein spezifischer Gallensäuretransporter (NTCP) ein hoch-affiner Rezeptor für HBV ist [24] . Dies führte dazu, dass eine Vielzahl von weltweit verfügbaren HBVsuszeptiblen Zelllinien etabliert wurden [25] [26] [27] , die für Desinfektionsmittel-Wirksamkeitsstudien verwendet werden können. Die momentan verfügbaren suszeptiblen Zellkultursysteme für HBV wären daher mindestens so aussagekräftig, wie solche, die das mit dem HBV verwandte Enten-Hepatitis-B-Virus (DHBV) verwenden. Das DHBV-System benötigt die aufwändige Präparation von primären Entenhepatozyten; das (apathogene) DHBV fällt jedoch nur in Risikogruppe 1. Bei dem HBV-System sind suszeptible Zelllinien vorhanden, das Virus ist in die Risikogruppe 3** eingeordnet. Beide Testsysteme (DHBV/HBV) sind im Vergleich zu anderen Viruszellkultursystemen (noch) recht schwierig in der Handhabung und nur in einigen Speziallabors verfügbar. Unstrittig ist somit, dass derzeit Zellkultursysteme zum empfindlichen Nachweis von HBV nur eingeschränkt zur Verfügung stehen und daher im Vergleich zu anderen Virussystemen keine einfach zu validierende Prüfmethode für die Bestim-mung der Infektiosität von HBV zur Verfügung steht. Die Auslobung einer Wirksamkeit ausschließlich gegen HBV hat infolge der Akzeptanz der Deklaration "begrenzt viruzid" an Bedeutung verloren. Vergleichende Untersuchungen sind gegenwärtig eher im Bereich der Grundlagenforschung angesiedelt u. a. mit dem Ziel, die Deklaration "begrenzt viruzid" zu validieren. Dieser Wirkungsbereich beinhaltet Produkte, die gegen behüllte Viren und zusätzlich gegen Adeno-, Rota-und Noroviren angewendet werden können. Für Vertreter der Adeno-und Rotaviren existieren gut etablierte Zellkultursysteme. Adenoviren sind sowohl in der europäischen Norm wie auch in den DVV-Prüfmethoden als klinisch relevante Erreger und Vertreter der unbehüllten DNA-Viren mit eher lipophilen Eigenschaften als Testviren vorgeschrieben. In den aktuellen DVV-Leitlinien wird hierbei derselbe Stamm wie in der europäischen Norm verwendet. Da humane Noroviren bislang nicht in geeigneter Weise kultiviert werden können, wurde das MNV Stamm S99 als Surrogatvirus für die europäischen Normen [4, 5] und die DVV-Prüfmethoden [3, 11] ausgewählt. Humane Noroviren haben sich in einigen Studien [28] resistenter erwiesen als murine Noroviren, so dass die murinen Noroviren nicht als alleinige Testviren zur Deklaration der Wirksamkeit gegen Norovirus geeignet sind [2] . Die Desinfektionsmittelprüfungen mit Rotaviren liefern nur eingeschränkt anwendbare Ergebnisse, weil sie aus methodischen Gründen nicht mit einer Eiweißbelastung geprüft werden können. Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen schließen die mit Adenoviren und murinen Noroviren ermittelten Wirksamkeitsnachweise Rotaviren mit ein. Um ein weites Spektrum darstellen zu können, wurden für die Deklaration "vi- ruzid" sowohl unbehüllte DNA-als auch RNA-Viren ausgewählt, die unterschiedliche Grade hydrophiler bzw. liphophiler Eigenschaften aufweisen und deshalb eine unterschiedliche Stabilität gegenüber verschiedenen Desinfektionsmittelwirkstoffen besitzen. Im Unterschied zur europäischen Norm DIN EN 14476 [5] verlangt die Leitlinie von DVV/RKI [11] zusätzlich zur Testung von Polio-und Adenoviren sowie MNV auch die Prüfung von Polyomaviren. Polyomavirus SV40 ist bereits seit 1982 Prüfvirus der Richtlinie [15] (später Leitlinie [11, 18] ), weil zu dem damaligen Zeitpunkt SV40 und humane Papillomaviren (HPV) Mitglieder der heute nicht mehr existierenden Familie Papovaviridae waren und man folglich SV40 als Surrogat für Papillomaviren angesehen hat. In der Mitteilung der DVV aus dem Jahre 2015 fungiert weiterhin SV40 als Surrogat für Papillomaviren [29] . SV40 zeigt einige Besonderheiten wie die ausgeprägte Stabilität gegenüber Ethanol und Formaldehyd. Somit erweist sich SV40 in einigen Fällen resistenter als Polio-und Adenoviren, so dass insbesondere im Hinblick auf Papillomaviren auf die Testung dieser Viren nicht verzichtet werden kann, wenn eine "viruzide" Wirksamkeit deklariert werden soll. Die von der WHO gegenwärtig forcierten Maßnahmen zur Eradikation der Poliomyelitis erlauben, dass für die Desinfektionsmittelprüfung zurzeit noch der Polio-Impfstamm Typ-I, Stamm LSc-2ab verwendet werden darf [30] Bisher wurden nur zwei praxisnahe Prüfmethoden veröffentlicht: die Testmethode des RKI für behördlich angeordnete Desinfektionsmaßnahmen (1995) [13] und die DVV-Leitlinie für Prüfung von Flächendesinfektionsmitteln (ohne Mechanik, d. h. ohne Berücksichtigung einer ggf. zusätzlichen mechanischen Entfernung von Viren im Rahmen einer "Scheuer-Wisch-Desinfektion") (2012) [3] . Beide Prüfmethoden setzen eine Prüfung im quantitativen Suspensionstest mit allen unter A2.1 aufgeführten Testviren voraus und legen für den praxisnahen Test ausgewählte Testviren fest. Hinsichtlich praxisnaher Prüfungen erweist sich das Poliovirus insbesondere bei Flächendesinfektionsmitteln als weniger geeignet, da es bei Antrocknung unter Testbedingungen nur eine geringe Stabilität besitzt. Aus diesem Grund wurde es bei beiden Prüfmethoden durch MVM ersetzt, sofern eine umfassende "viruzide" Wirksamkeit ausgelobt werden soll. Parvoviren besitzen eine ähnlich hohe Stabilität wie das Poliovirus, sind jedoch resistent gegen Alkohole. Für Produkte, die nur Alkohole als Wirkstoffe enthalten, kann somit gegenwärtig kein Nachweis einer "viruziden" Wirksamkeit ("viruzid high level") geführt werden. In . Tabelle 4 erfolgt eine Zusammenstellung von im medizinischen Bereich sowie im nicht-medizinischen Bereich (z. B. in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertagesstätten oder in Bereichen in denen eine Infektionsgefährdung bestehen kann (z. B. Tattoo-, Nagel-oder Kosmetikstudios, Fußpflege)) relevanten Viren, deren Hauptübertragungswege sowie der Möglichkeit einer präventiven Impfung. Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren. Stellungnahme des Arbeitskreises Viruzidie beim Robert Koch-Institut (RKI) sowie des Fachausschusses "Virusdesinfektion" der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und der Desinfektionsmittelkommission der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) Mitteilung des Robert Koch-Institutes und des Fachausschusses Virusdesinfektion der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) Desinfektion bei Noroviren -Erläuterungen zur Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankenheiten (DVV) e. V. (2012) Leitlinie der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e. V. Quantitative Prüfung der viruziden Wirksamkeit chemischer Desinfektionsmittel auf nicht-porösen Oberflächen (Anwendung im Bereich Humanmedizin) DIN EN 16777 Chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika -Quantitativer Versuch auf nicht porösen Oberflächen ohne mechanische Einwirkung zur Bestimmung der viruziden Wirkung im humanmedizinischen Bereich -Prüfverfahren und Anforderungen DIN EN 14476/A1 Chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika -Quantitativer Suspensionsversuch zur Bestimmung der viruziden Wirkung im humanmedizinischen Bereich -Prüfverfahren und Anforderungen Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 59 des Gesetzes vom 18. Juli Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen Fachausschuss Virusdesinfektion der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. (DVV) und Desinfektionsmittel-Kommission im Verbund für Angewandte Hygiene e. V. (VAH) (2013) Praxisnahe Prüfung der viruziden Wirksamkeit von Flächendesinfektionsmitteln: Reicht der Suspensionstest zur Gewährleistung einer ausreichenden Wirksamkeit Leitlinie der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e. V. und des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln auf Wirksamkeit gegen Viren in der Humanmedizin. Fassung vom 1. Dezember DIN EN 14476/A2 Chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika -Quantitativer Suspensionsversuch zur Bestimmung der viruziden Wirkung im humanmedizinischen Bereich -Prüfverfahren und Anforderungen Richtlinie des Robert Koch-Institutes zur Prüfung der Viruzidie von chemischen Flächendesinfektionsmitteln und Instrumentendesinfektionsmitteln, die in die Liste gemäss Paragraph 10 c des Bundes-Seuchengesetzes aufgenommen werden sollen. Fassung vom 1. März Antiviral action of germicides Richtlinie des Bundesgesundheitsamtes und der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten zur Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln auf Wirksamkeit gegen Viren Kommentar zur Richtlinie des Bundesgesundheitsamtes und der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten zur Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln auf Wirksamkeit gegen Viren Can vaccinia virus be replaced by MVA virus for testing virucidal activity of chemical disinfectants? Leitlinie der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e. V. und des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln auf Wirksamkeit gegen Viren in der Humanmedizin. Fassung vom 1 Hepatitis C virus cell culture models-new perspectives for research and clinic EMA/CHMP/ BWP/706271/2010 Guideline on plasma-derived medicinal products Measures for disinfection and control of viral hepatitis. In: Block S (Hrsg) Disinfection, sterilization and preservation, Bd. 30 Inactivation of hepatitis B virus by intermediateto-high-level disinfectant chemicals Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten in Deutschland. Virushepatitis B und D im Jahr Sodium taurocholate cotransporting polypeptide is a functional receptor for human hepatitis B and D virus Infection of a human hepatoma cell line by hepatitis B virus Kinetics of the bile acid transporter and hepatitis B virus receptor Na+/taurocholate cotransporting polypeptide (NTCP) in hepatocytes Hepatitis B and D viruses exploit sodium taurocholate co-transporting polypeptide for species-specific entry into hepatocytes Attachment of noroviruses to stainless steel and their inactivation, using household disinfectants Mitteilung der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. (DVV) und des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Veröffentlichung der aktualisierten Fassung der Leitlinie zur Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln auf Wirksamkeit gegen Viren in der Humanmedizin (Suspensionstest) -Fassung vom 1. Dezember WHO Global Action Plan to minimize poliovirus facilityassociated risk after type-specific eradication of wild polioviruses and sequential cessation of oral polio vaccine use (GAPIII) Hepatitis A virus: a test method for virucidal activity Mitteilung des DVV-Desinfektionsausschuss zum Austausch des bovinen Parvovirus (Stamm Haden) gegen das murine Parvovirus (Stamm Crawford -Minute Virus of Mice, MVM) als Modellviren im Rahmen der Viruzidietestung (1.10