key: cord-0923490-ev4eybwm authors: Konturek, Peter C. title: Wie wirkt sich COVID-19 auf die intestinale Mikrobiota aus? date: 2021-09-09 journal: MMW Fortschr Med DOI: 10.1007/s15006-021-0200-5 sha: b96aedef0ee7de1a40a7be4eec198f08f26c06b1 doc_id: 923490 cord_uid: ev4eybwm Background: There is a bidirectional interaction between the intestines and lungs, the so-called lung-intestinal axis. Method: The review article reports on studies that deal with a possible influence of the intestinal microbiota on the immune response to a SARS-CoV-2 infection. Results and Conclusions: Studies have shown that COVID-19 is accompanied by dysbiosis that persists even after successful virus conversion (negative PCR). One study found that the severity of COVID-19 is associated with the intestinal microbiota. A dysbiosis could thus favor the so-called cytokine storm. There is indication that pre- and probiotics could boost the immune response in both the guts and lungs. Eine gesunde intestinale Mikrobiota stellt einen wichtigen Grundbaustein unserer Gesundheit dar. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass die Zusammensetzung der Darmmikrobiota von vielen Faktoren, wie Stress, Genetik, Ernährung, Antibiotika, Protonenpumpenhemmern, einem negativen frühkindlichen Umfeld oder Darminfektionen abhängt [4] . Die Wirkung der intestinalen Mikrobiota umfasst u.a. Konkurrenz um Nährstoffe, Biokonversion, Produktion von Vitaminen, antibakterielle Wirkung, Verbesserung der Darmbarriere, Wettbewerb um die sogenannten Bindungsstellen, Modulation der Inflammation und Immunmodulation [5] . In den letzten 10 Jahren konnte die Interaktion zwischen Darmmikrobiota und verschiedenen extraintestinalen Organen aufgezeichnet werden. Dazu gehören u.a. die Hirn-Darm-Achse, die Leber-Darm-Achse, die Lungen-Darm-Achse oder die Haut-Darm-Achse. Die Störung einer oder mehrerer dieser Achsen kann Konsequenzen im Sinne von neuen Erkrankungen außerhalb des Darmes haben [7] . Die intestinale Mikrobiota beeinflusst außerdem die Durchlässigkeit der Darmbarriere. Bei einem gesunden Darmmikrobiom können verschiedene schädliche Substanzen oder gefährliche Bakterien und Viren nicht vom Darm ins Blut gelangen [8] . krankung) verbunden [1] . In den letzten Jahren konnten verschiedene Faktoren charakterisiert werden, die die Zusammensetzung des Darmmikrobioms beeinflussen. Neben der Ernährung, die einen sehr wichtigen Einfluss auf die Qualität und Quantität der intestinalen Mikrobiota ausübt [6] , gehören hierzu auch Bewegung, die geografische Lokalisation, die Einnahme von Medikamenten, Komorbiditäten und vor allem der Alterungsprozess [9] . Mit zunehmendem Alter kommt es zu ungünstigen Verschiebungen zwischen negativen und positiven Bakterien. Der erhöhte Dysbiose-Index begünstigt somit kognitive Störungen, Immundefekte und metabolische Erkrankungen [10] . Die intestinale Mikrobiota stellt auch eine wichtige Quelle für verschiedene Metabolite dar, die die physiologische Funktion verschiedener Organe beeinflussen. Dazu gehören u. a. kurzkettige Fettsäuren, Vitamine, Gallensäuren, Phenolen oder Methylamine [11] . Die SARS-CoV-2-Pandemie stellte die Medizin auf der ganzen Welt vor große Herausforderungen. Mittlerweile sind weltweit an dieser Erkrankung ca. 3,4 Millionen (Stand 18.5.2021) Menschen gestorben [12] . Durch intensive Forschung wurde die Übertragung dieser Infektion besser charakterisiert. Die SARS-CoV-2-Viren vermehren sich nicht nur in der Lunge, sondern auch im Gastrointestinaltrakt [13] . Bereits bei anderen viralen Infektionen konnte eine Lungen-Darm-Achse beschrieben werden. So konnte gezeigt werden, dass die Störung der Darmmi-krobiota mit einer verstärkten Entzündung in der Lunge einhergeht. Auf der anderen Seite kann eine bakterielle Superinfektion in der Lunge die Dysbiose im Darm verstärken [14] . Eine Vielzahl von Studien konnte zeigen, dass die CO-VID-19-Infektion außerhalb der Lunge und vor allem im Gastrointestinaltrakt, in der Leber bzw. der Bauchspeicheldrüse zu verschiedenen Komplikationen führt [15] . Sars-CoV-2 Intest. Mikrobiom Bei Patienten, die an COVID-19 erkrankten, konnten in den Studien zwischen 8,8% und 79% gastrointestinale Manifestationen festgestellt werden. Bei etwa 30-40% der Betroffenen kommt es im Rahmen der COVID-Infektion zu einer verlängerten Ausscheidung von Coronaviren über den Darm im Stuhl [15] . Die COVID-19-Infektion hat einen enormen Einfluss auf die Mikrobiomforschung. Zum einen konnte gezeigt werden, dass die Viren durch die Aktivierung der Lungen-Darm-Achse negative Effekte auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota haben. Darüber hinaus führten die COVID-19-Infektionen zu bisher nicht bekannten Einschränkungen in unserem Leben (Lockdown), die ebenfalls negative Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota haben (einseitige Ernährung, Snacking, vermehrtes Rauchen und Alkoholkonsum, weniger Bewegung, Übergewicht) [17] . COVID-19 war auch Anlass zur Durchführung von verschiedenen lokalen, kleinen und großen Populationsstudien zur Rolle des Mikrobioms beim Verlauf dieser Erkrankung. Die Studien haben gezeigt, dass bei Eubiose im Darm (gesundes Mikrobiom) die Reaktion des Immunsystems der Lunge auf die virale Infektion (Interferon-Produktion, Aktivierung von T-Zellen) wesentlich besser und kontrollierter abläuft als bei Patienten mit Dysbiose. Beim dysbiotischen Darm sehen wir eine defekte Immunantwort der Lunge mit unkontrollierter Vermehrung der Viren und unkontrollierter Aktivierung des Immunsystems, einen sogenannten Zytokinsturm [18] . Die Studien konnten demonstrieren, dass bei einem gesunden Darmmikrobiom die Bindung der Viren an entsprechende Rezeptoren im Gastrointestinaltrakt vermindert ist. Darüber hinaus produzieren gute Bakterien (Symbionten) antimikrobielle und antivirale Substanzen. Schließlich werden bei Eubiose das angeborene und das erworbene Immunsystem effektiver aktiviert [19] . [22] . Basierend auf den Ergebnissen verschiedener Studien konnte außerdem gezeigt werden, dass die SARS-CoV-2-Infektion zur Dysregulation verschiedener Mikrobiota-Achsen führt, dazu gehört auch die Hirn-Darm-Achse. Das könnte möglicherweise erklären, warum Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion neurologische und psychiatrische Symptome entwickeln. Viele der Betroffenen klagen auch in der Rekonvaleszenzphase über mehrere Monate über eine ausgeprägte Abgeschlagenheit (Fatigue) und kognitive Störungen ("brain fog") [24] . Auf Grund der Tatsache, dass eine CO-VID-19-Infektion zu einer Darmdysbiose führt, untersuchten viele Forscher weltweit den Einfluss von Prebiotika, Probiotika oder einer Diät auf den Verlauf der Infektion und auf die Regeneration der Darmmikrobiota nach durchgemachter Infektion. Die industrialisierten Länder (USA, Länder Westeuropas), in denen eine "westliche" fettreiche und mikrobiomstörende Ernährungsweise dominiert, wurden besonders stark von der Pandemie betroffen. Eine Modifikation der prebiotischen Ernährung könnte eine präventive Bedeutung haben. Zu wichtigen diätetischen Empfehlungen gehören u a. der Verzehr von Obst und Gemüse, vor allem Brokkoli, Granatapfel, Kiwi und grüner Salat, darüber hinaus brauner Reis, Vollkornprodukte, Gerste, Bohnen, Linsen, Nüsse, Tofu und Kichererbse, außerdem Joghurt, Kefir, Buttermilch und Käse. Nahrungsmittel, wie z. B. Hamburger, Donuts, Süßigkeiten, verarbeitetes Fleisch, zuckerhaltige Nahrungsmittel, sollen auf alle Fälle gemieden werden [25] . Der Einsatz von Probiotika bei CO-VID-19 wird gerade in verschiedenen Studien untersucht. Es gibt zunehmende Hinweise dafür, dass Probiotika die Barrierefunktion stärken. Außerdem zeigen probiotische Stämme antientzündliche und immunmodulierende Effekte. Interessant sind die verschiedenen antiviralen Effekte von Probiotika. Dazu gehören u. a. die direkte Interaktion mit Coronaviren, die Blockade der viralen ACE-Rezeptoren, Stimulation der sogenannten antimikrobiellen Peptide, Stimmulation von IgA-Antikörpern und eine Reihe stimulierender Effekte auf das angeborene und erworbene Immunsystem. Die Studien konnten außerdem zeigen, dass Probiotika hemmende Effekte auf die Produktion von proentzündlichen Zytokinen und Stimulation von antiviralen Antikörpern ausüben [26] . In einer kürzlich publizierten Studie konnte demonstriert werden, dass Probiotika die Symptome bei Infektionen des oberen Respirationstraktes signifikant reduzierten. Diese Effekte waren bei Patienten älter als 45 Jahre oder mit Übergewicht (BMI > 30 kg/m 2 ) noch stärker ausgeprägt [26] . Basierend auf diesen Ergebnissen wurde postuliert, dass Probiotika durch entzündungshemmende Reaktionen bei Viruserkrankungen eine wichtige Rolle in der Prävention des Zytokinsturms im Rahmen eine COVID-19-Infektion spielen könnten (Abb. 1) [27] . Die entsprechenden prospektiven Studien stehen allerdings noch aus. Neben How does COVID-19 affect intestinal microbiota? Background: There is a bidirectional interaction between the intestines and lungs, the so-called lung-intestinal axis. Method: The review article reports on studies that deal with a possible influence of the intestinal microbiota on the immune response to a SARS-CoV-2 infection. Studies have shown that COVID-19 is accompanied by dysbiosis that persists even after successful virus conversion (negative PCR). One study found that the severity of COVID-19 is associated with the intestinal microbiota. A dysbiosis could thus favor the so-called cytokine storm. There is indication that pre-and probiotics could boost the immune response in both the guts and lungs. Lung-intestinal axis, intestinal microbiota, COVID-19, cytokine storm, probiotics Prof. Peter Konturek erklärt, dass kein Interessenkonflikt vorliegt. COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit