key: cord-0947294-3az0aij0 authors: Pfenninger, E. G.; Kaisers, U. X title: Bevorratung persönlicher Schutzausrüstung in Kliniken zur Vorbereitung auf eine Pandemie date: 2020-09-16 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s00101-020-00843-1 sha: 38af97f3a97c9e14dfbb10527115aadf1181242d doc_id: 947294 cord_uid: 3az0aij0 BACKGROUND: At the beginning of the SARS-CoV‑2 outbreak, personal protective equipment (PPE) was scarce worldwide, leading to the treatment of patients partially without sufficient protection for the medical personnel. In order to be prepared for a new epidemic or pandemic or a “second wave” of COVID-19 outbreak and to meet a renewed deficiency of PPE, considerations were made on how personnel and patients can be better protected by appropriate provisioning. OBJECTIVE: The aim of this study was to develop a tool to predict the necessary amount of PPE to be in stock at a transregional university hospital for a certain period of time during a pandemic. MATERIAL AND METHODS: The consumption of PPE needed for every patient was calculated based on the following data of the Ulm University Hospital: the total consumption of healthcare workers’ PPE for April 2020 recorded by the materials management department and the number of patients suffering from COVID-19 and their treatment days. From the amount of PPE necessary for every patient in the intensive care unit (ICU) or in an infection ward, a PPE calculator was created in which the estimated amount of PPE can be calculated with the input variables “patients in intensive care unit”, “patients in infection ward” and “treatment days”. To validate the PPE calculator, the actual consumption of PPE for May 2020 at the Ulm University hospital was compared to the theoretically calculated demand by the PPE calculator. RESULTS: In April 2020 PPE consisting of 18 different items were kept in stock at Ulm University Hospital and in total 1,995,500 individual items were used. 22 intensive care patients with 257 nursing days and in the infection ward 39 patients with 357 nursing days were treated for COVID-19 disease, leading to a total of 603.2 man-days. A total of 34,550 KN95 masks, 1,558,780 gloves and 1100 goggles or protective visors were used, with a daily average of 49 NK95 masks and 2216 gloves required per ICU patient. In May 2020, 6 ICU patients and 19 patients in infection wards were treated for COVID-19 with 34 nursing days in intensive care and 201 nursing days in infection wards. The use of PPE material was 39% lower than in the previous month but in absolute terms 82% and on average 39% higher than calculated. CONCLUSION: The developed tool allows our hospital to estimate the necessary amount of PPE to be kept in stock for future pandemics. By taking local conditions into account this tool can also be helpful for other hospitals. Seit dem Auftreten des neuartigen SARS-CoV-2 erstmalig in China im Dezember 2019, vermutlich von Wuhan ausgehend, erfolgte seither eine weltweite Pandemie. Eine unzureichende Risikobewertung in Bezug auf die Dringlichkeit der Situation und eine begrenzte Berichterstattung über das Virus in China haben teilweise zu einer raschen Verbreitung von CO-VID-19 geführt. Im Vergleich zu SARS und MERS hat sich COVID-19 schneller verbreitet, was einerseits auf die zunehmende Globalisierung und andererseits den Ausgangsort der Infektion zurückzuführen ist. Wuhan ist ein Knotenpunkt, der den Norden, Süden, Osten und Westen Chinas über Eisenbahnen und einen großen internationalen Flughafen verbindet. Die Zahl der weltweiten Anschlussflüge sowie der Zeitpunkt des Ausbruchs während des chinesischen Neujahrs (Lunar New Year) haben es dem Virus ermöglicht, in ganz China und schließlich weltweit Verbreitung zu finden [1] . Mit Stand vom 17.08.2020 sind in Deutschland 224.014 infizierte Personen gemeldet, wovon bisher 9232 an oder mit der durch SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19 verstorben sind [2] . Europaweit wurden 1.924.569 Infizierte und 179.660 Tote gemeldet [3] , und die WHO berichtet weltweit bis zu diesem Datum von 21.516.760 Infektionen und 766.663 Verstorbenen [4] . Zahlreiches ärztliches und nichtärztliches Personal im Gesundheitswesen waren während des MERS-und SARS-Ausbruchs infiziert; bei MERS waren dies 18,6 % der Infizierten und bei SARS 21 %. Ursächlich waren hierfür der Einsatz von infizierten Verneblern, endotracheales Absaugen sowie Intubation, kardiopulmonale Wiederbelebung, nasogastrale Ernährung und hoher Sauerstoff-Flow über Masken [1] . Wang et al. [5] berichteten, dass sich bis zum 24.02.2020 in China 2055 im medizinischen Bereich tätige Personen mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, davon verstarben 22 (1,1 %). Mehr als 90 % der Infizierten stammten aus der Provinz Hubei. Als einen der Gründe für die hohe Infektionsrate des medizinischen Personals nennen die Autoren den rasch auftretenden Mangel an persönlicher Schutzausrüstung (PSA) nach Ausbruch der Epidemie. Nach Rowan und Laffey [6] umfasst die im Gesundheitswesen verwendete PSA Handschuhe, Schürzen, langärmelige Kleider, Schutzbrillen, flüssigkeitsabweisende chirurgische Masken, Augen-, Nasen-und Mundschutz, Gesichtsvisiere und Atemschutzmasken. Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollten Schutzkleidung tragen, wenn die Gefahr des Kontakts mit Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten und Ausscheidungen besteht; dabei sollte eine geeignete PSA auf der Grundlage einer Risikobewertung des Einsatzgebiets ausgewählt werden. Besonderer Fokus ist auf luftgetragene Tröpfchen zu legen, die von mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten ausgeatmet oder durch Niesen versprüht werden. Diese können mehrere Meter gestreut werden und bis zu 30 min in der Luft verbleiben, auf glatten Oberflächen möglicherweise sogar mehrere Tage [7] . Welche Rolle massiv freigesetzte Aero-sole spielen, ist noch nicht endgültig klar [8] . Weltweit war von Anfang des SARS-CoV-2-Ausbruchs die Schutzausrüstung knapp, sodass medizinisches Personal teils ungeschützt Patienten behandeln musste [9] . Intensivstation 22 257 385,5 -140 -525,5 Infektionsstation 39 357 -35,7 -42 77,7 Manntage ------ Aus den so gewonnenen Verbrauchszahlen pro Patient auf der Intensivstation oder der Infektionsstation wurde ein Bedarfsrechner erstellen, in dem sich mit den Variablen "Patienten auf Intensivstation", "Patienten Infektionsstation" und "Behandlungstage" der jeweilige Bedarf an PSA errechnen lässt: Anaesthesist https://doi.org/10.1007/s00101-020-00843-1 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Background. At the beginning of the SARS-CoV-2 outbreak, personal protective equipment (PPE) was scarce worldwide, leading to the treatment of patients partially without sufficient protection for the medical personnel. In order to be prepared for a new epidemic or pandemic or a "second wave" of COVID-19 outbreak and to meet a renewed deficiency of PPE, considerations were made on how personnel and patients can be better protected by appropriate provisioning. Objective. The aim of this study was to develop a tool to predict the necessary amount of PPE to be in stock at a transregional university hospital for a certain period of time during a pandemic. Material and methods. The consumption of PPE needed for every patient was calculated based on the following data of the Ulm University Hospital: the total consumption of healthcare workers' PPE for April 2020 recorded by the materials management department and the number of patients suffering from COVID-19 and their treatment days. From the amount of PPE necessary for every patient in the intensive care unit (ICU) or in an infection ward, a PPE calculator was created in which the estimated amount of PPE can be calculated with the input variables "patients in intensive care unit", "patients in infection ward" and "treatment days". Ausgehend vondenVerbrauchszahlen an PSA im April 2020 entwickelten wir ein Tool, das bei Vorgabe einer Anzahl an infizierten Intensiv-und Infektionsstationspatienten sowie der Behandlungstage die Kalkulation der benötigten PSA erlaubt. Nachdem im März 2020 am Universitätsklinikum Ulm kaum COVID-19-Patienten behandelt werden mussten, ist der Verbrauch im Monat April gewissermaßen als "Erstbedarf " anzusehen. Da, wie schon dargestellt, weltweit initial ein Mangel an PSA bestand, halten wir es für sinnvoll, um einen optimalen Schutz des medizinischen Personals zu gewährleisten, einen solchen Erstbedarf zu bevorraten. Es wäre damit, ohne von Lieferschwierigkeiten abhängig zu sein, eine Behandlung infizierter Patienten zumindest über einen Monat möglich. Sollten gesetzliche Vorgaben erlassen werden, dass eine Bevorratung für einen längeren Zeitraum vorzunehmen ist, könnte der dafür nötige Bedarf problemlos kalkuliert werden. Die vorgenommene Kalkulation hat natürlich nur für das Universitätsklinikum Ulm Gültigkeit, jedoch wäre unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten auch eine Übertragung auf andere Kliniken möglich. Zu berücksichtigen wären z. B., abgeleitet aus den gemachten Erfahrungen der COVID-19-Pandemie, benötigte Intensivbetten, variable Anzahl an Infektionsbetten sowie sich aus dem Verlauf der Erkrankung ergebende Krankheitstage. Auffällig sind der komplette Rückgang des Verbrauchs von FFP2-Masken mit Ventil und die Reduzierung des Verbrauchs an FFP3-Masken mit Ventil auf die Hälfte im Mai 2020 an unserer Klinik. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlichte mit Datum vom 31.03.2020 zur Sicherheit von Atemschutzmasken mit Ventil: "Es gibt Masken ohne Ausatemventil und Masken mit Ausatemventil. Masken ohne Ventil filtern sowohl die eingeatmete Luft als auch die Ausatemluft und bieten daher sowohl einen Eigenschutz als auch einen Fremdschutz. Masken mit Ventil filtern nur die eingeatmete Luft und sind daher nicht für den Fremdschutz ausgelegt" [30] . Aufgrund dieser Mitteilung wurden zwar im April noch vorrätige Masken mit Auslassventil an unkritischen Stellen verwendet, aber im Mai 2020 der Einsatz teilweise oder ganz reduziert. Der Rückgang an FFP3-Masken mit einem gleichzeitigen Anstieg der FFP2-Masken um nahezu 100 % ist wohl einerseits dem Preis geschuldet und andererseits auf die Empfehlung des RKI zurückzuführen, dass beide Maskentypen bei Patienten mit COVID-19 zulässig sind [25, 26] . Da Atemschutzmasken mit Auslassventil eine Fremdgefährdung nicht verhindern, sollten sie unserer Meinung nach in die Bevorratung nicht eingehen. Der im Mai 2020 tatsächliche PSA-Verbrauch übersteigt den berechneten Bedarf um 81 %, dabei ging bei deutlich reduzierter Anzahl an zu behandelnden Patienten der tatsächliche Verbrauch nur um ca. ein Drittel gegenüber dem Vormonat zurück. Dieses überraschende Ergebnis lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen. Bei dem initial tatsächlich herrschenden oder befürchteten Mangel an PSA wurden evtl. nicht alle notwendigen Schutzmaßnahmen zur Infektionsprotektion befolgt, dies würde auch die relativ hohe Anzahl an infiziertem medizinischen Personal [5, 18] erklären. Zudem wurden auch Handlungsempfehlungen publiziert, die in einem gewissen Umfang die Wiederverwendung schon gebrauchter PSA erlaubten [28, 29] Einschränkungen ergeben sich daraus, dass die Verbrauchsmaterialerhebung zur Erstellung des PSA-Bedarfsrechner nur im April 2020 durchgeführt wurde. In diesem Zeitraum war am Universitätsklinikum Ulm der Höhepunkt der an COVID-19 Erkrankten zu verzeichnen. Ein niedrigerer oder höherer Anstieg der Infektionszahlen hätte zu anderen Verbrauchszahlen geführt. Sollte per Verordnung oder Gesetzesänderung eine länger initiale Vorhaltung an PSA notwendig werden, könnten sich durch geändertes Verbraucherverhalten eben-falls Verschiebungen ergeben. Letztendlich war auch ein gewisser "Schwund", v. a. an Atemschutzmasken durch unberechtigte Entwendung zu verzeichnen, der aber nicht näher kalkuliert werden kann. Durch das Herunterbrechen der Verbrauchszahlen auf einzelne Intensivund Infektionsstationspatienten ist aber eine akzeptable Näherung gewährleistet. Bei der Berechnung der Personaltage und damit des Verbrauchs an PSA wurde ein Pflegeschlüssel zugrunde gelegt, wie er seit dem 01.08.2020 Gültigkeit hat, wohingegen der Verbrauch an PSA im April 2020 erhoben wurde. Wir glaubenjedoch,dassdiesalsvorausschauende Betrachtung gerechtfertigt ist. Die Personaltage für Ärzte auf Intensiv-und Infektionsstationen wurden aus dem tatsächlichen Aufkommen der Arztbesetzung am Universitätskliniken Ulm abgeleitet und können in anderen Kliniken differieren. IndenVerbrauchanPSA gehtauchder Mehrbedarf in der Gesamtklinik ein, der durch die erhöhten Hygienemaßnahmen auf allen Allgemeinstationen und Funktionsbereichen während der SARS-CoV-2-Pandemie bedingt ist. Hierin ist auch der PSA-Bedarf für weiteres Personal implementiert, das Reinigungsarbeiten, Zuund Abholdienste für die Stationen usw. ausführt. Auch der Verbrauch im Operationsbereich kann nicht separat erfasst werden. Da die Kapazität im Operationsbereich allerdings stark zurückgefahren war und der Verbrauch an PSA für weiteres Personal in Relation zum Verbrauch auf Intensiv-und Infektionsstation gering ist, fällt dieser Bedarf nicht besonders ins Gewicht. Bei einer anderen Relation von Allgemeinbetten zu Intensivund IMC-Betten kann sich hier jedoch eine gewisse Verschiebung ergeben. Die Übertragung auf andere Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens, wie Rehabilitationseinrichtungen, Seniorenheime oder Arztpraxen, in denen andere Personalschlüssel zugrunde gelegt sind und keine oder meist keine Intensivbetten vorgehalten werden, ist nicht möglich. The SARS, MERS and novel coronavirus (COVID-19) epidemics, the newest and biggest global health threats: what lessons have we learned? COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit European Centre for Disease Prevention and Control (2020) COVID-19 situation update for the EU/EEA and the UK, as of 29 World Health Organization (2020) WHO coronavirus disease (COVID-19) Dashboard. Data last updated: 2020//11 Exploring the reasons for healthcare workers infected with novel coronavirus disease 2019 (COVID-19) in China Challenges and solutions for addressing critical shortage of supply chain for personal and protective equipment (PPE) arising from Coronavirus disease (COVID19) pandemic -Case study from the Republic of Ireland New coronavirus stable for hours on surfaces Medicine (2020) Rapid expert consultation on the possibility of bioaerosol spread of SARS-coV-2 for the COVID-19 pandemic Wenn aus Ärzten Superspreader werden Mehr Schutzmasken für medizinisches und pflegerisches Personal Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 14, ausgegeben zu Bonn am 27. März 2020 Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen der Krankenhäusern (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung -PpUGV) vom 28. Oktober Factors associated with mental health outcomes among health care workers exposed to coronavirus disease 2019 Burnout, job satisfaction, and medical malpractice among physicians Supporting the health care workforce during the COVID-19 global epidemic Mental health care for medical staff in China during the COVID-19 outbreak Potential legal liability for withdrawing or withholding ventilators during COVID-19: assessing the risks andidentifyingneededreforms Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 Severe acute respiratory syndrome (SARS): lessons learnt in Hong Kong Hospital stockpiling for disaster planning Filter performance of N99 and N95 facepiece respirators against viruses and ultrafine particles Global shortage of personal protective equipment amid COVID-19: supply chains, bottlenecks, and policy implications How to safely maintain equipment where hazardous materials may lurk Empfehlungen des RKI zu Hygienemaßnahmen im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2 Ressourcenschonender Einsatz von Mund-Nasen-Schutz(MNS)undFFP-Masken Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2020) Aktuelle Informationen zum Coronavirus SARS-CoV-2 Impact of the 2009 influenza A (H1N1) pandemic on Canadian health care workers: a survey on vaccination, illness, absenteeism, and personal protective equipment Regierung billigt Wiederverwendung von Schutzmasken in Ausnahmefällen Pressemitteilung Versorgung bei Atemschutzmasken sichern Community-Masken"), medizinischen Gesichtsmasken, sowie filtrierenden Halbmasken (FFP1, FFP2 und FFP3) im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2 / Covid-19) Frauenhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. (2020) Der "Maskenrechner" für Krankenhäuser Memorandum -Zur Vulnerabilität kritischer Infrastrukturen am Bundesdeutschen Klinken Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser. Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz