key: cord-0958235-lr5bxl3e authors: Gumz, Antje; Kanal, Sulenur; Ünser, Aydan; Kästner, Denise; Beck-Hiestermann, Franziska Marie Lea title: „In Videobehandlungen trotz Distanz Nähe schaffen“: Wie erlebten Psychotherapeuten die Durchführung von Videobehandlungen in Zeiten von COVID-19? date: 2021-08-25 journal: Psychotherapeut (Berl) DOI: 10.1007/s00278-021-00529-y sha: 23bed14926bd27c879262dee3a5043220205493c doc_id: 958235 cord_uid: lr5bxl3e BACKGROUND: As a result of the contact ban issued at the beginning of the coronavirus disease 2019 (COVID-19) outbreak in March 2020, psychotherapists provided significantly more video-based therapy (VBT) and most of them provided it the first time. To date, there is little research on how therapists experienced VBT during the pandemic and no studies are available that look at possible procedure-specific features. OBJECTIVE: The aim was to analyze what subjective experiences therapists of different guideline procedures had with the implementation of VBT in times of the COVID 19 pandemic and what advantages and disadvantages they experienced. METHODS: This was a mixed methods study with a cross-sectional online survey. In addition to quantitative data, seven open-ended questions were used to collect therapists’ subjective experiences with conducting VBT and analyzed using qualitative content analysis. The identified categories were subjected to a frequency analysis. Data from 174 medical or psychological psychotherapists were included in the analysis. RESULTS: Particularly frequently mentioned advantages were flexibility of location and time, continuity of contact during pandemic periods and avoidance of risk of infection. The most commonly cited disadvantage was the lack of sensory input, facial expressions, gestures, eye contact, and nonverbal communication. The VBT was well-accepted by most, but not all, patients. Technical problems made the implementation difficult. CONCLUSION: For many therapists VBT remained a stopgap solution that was not designed to last; however, VBT could help to solve known care problems (e.g., underprovision in rural areas) beyond the pandemic period. The results of the study make an important contribution to weighing up the opportunities and risks of VBT for psychotherapeutic care and for keeping an eye on possible dangers and difficulties. konkreten Vor-und Nachteilen sie dabei erlebten. Die Onlinetherapie umfasst ein mannigfaltiges Spektrum an möglichen Interventionen, wie beispielsweise psychoedukative Webseiten, Selbsthilfeprogramme, Chatberatung, Schreibtherapie oder videobasierte Onlinetherapiesitzungen. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit den videobasierten Onlinetherapiesitzungen (Videobehandlungen, Videosprechstunden [VB] ). Während der COVID-19-Pandemie wurde der VB eine für den Versorgungalltag bisher nicht dagewesene Relevanz zuteil. Die im Zuge der Pandemie im März 2020 erlassenen Kontaktverbote und Appelle zur sozialen Distanzierung führten vielfach zu einem Wechsel von "Face-to-face"-Therapie zur VB (Liu et al. 2021; Eichenberg 2021) . In kürzester Zeit mussten sich Psychotherapeuten und Patienten auf neue Bedingungen einstellen. Der VB kam und kommt in der aktuellen Pandemiesituation unvorhergesehen eine zunehmend größere Bedeutung zu (Wind et al. 2020) . Psychotherapie via digitalem Format ist keine neue Entdeckung (Wittson et al. 1961) . Da der Nutzen von VB allerdings kontrovers diskutiert wird, gab es präpandemisch eine Beschränkung der Abrechnungsmöglichkeit auf anteilig maximal 20 %. Dies limitierte die Verbreitung (BPtK 2020), obwohl die Wirksamkeit prinzipiell gutbelegtist(Anderssonetal. 2019). In der Pandemie wurde das Limit aufgehoben, und es kam zu einem sprunghaften Anstieg der Nutzung während des ersten Lockdowns von März bis Mai 2020 auf durchschnittlich 43 % (Beck-Hiestermann et al. 2021) . Dabei traten Therapeuten der VB mit verschiedenen Einstellungen gegenüber und bewerteten diese i. Allg. als "akzeptabel" bis "gleichwertig" (Connolly et al. 2020) . Ein systematisches Review zeigte, dass Vorerfahrung mit VB sowie die berufliche Erfahrung positiv beeinflussten, mit welcher Einstellung die Therapeuten an die Umstellung herangegangen sind (Békés und Aafjes-van Doorn 2020) . Trotz dieser Erkenntnisse ist es der Einmaligkeit der Situation immanent, dass es bisher wenig Forschung zum subjektiven Erle-ben und den Erfahrungen der Therapeuten mit VB während der Pandemie gibt. Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von VB im Allgemeinen (ländliche Unterversorgung, Erreichbarkeit vulnerabler Gruppen) und in der Pandemie im Besonderen ist es sinnvoll, Therapeuten zu diesen Punkten zu befragen. Die Erfahrungen von Klinikern können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Unterschiede zwischen Face-to-face-Therapie und VB genauer zu verstehen. Die Telemedizin erscheint in einer Zeit mit Sparzwang im Gesundheitswesen schnell als Allheilmittel, da die Gesundheitsversorgung häufig kostengünstiger und schneller verfügbar wird. Dies birgt gleichzeitig die Gefahr der Entpersonalisierung im Zwischenmenschlichen. Die Pandemie führte dazu, dass viele Psychotherapeuten damit konfrontiert wurden, VB zu erproben. Dies ermöglicht einen erfahrungsbasierten vorurteilsfreieren Blick auf die Chancen und Risiken der VB. Unseres Wissens existiert bisher lediglich eine niederländische Studie, die sich qualitativ mit den Erfahrungen der Therapeuten mit VB während der Pandemie (Feijt et al. 2020) auseinandersetzt. Im Ergebnis zeigte sich, dass technologische und Bedienungsprobleme eine Herausforderung darstellten. Weiterhin wurde festgestellt, dass sich VB nicht für alle Störungsbilder eignet, und teilweise wurden Schwierigkeiten beschrieben, online eine therapeutische Beziehung aufzubauen. Dennoch überwogen die positiven Aspekte: Flexibilität, Niedrigschwelligkeit und Zeitersparnis aufgrund fehlender Arbeitswege (Feijt et al. 2020 ). In Deutschland existiert eine "Blitzumfrage" der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV 2020), die zeigen konnte, dass deutsche Therapeuten offen gegenüber VB waren, allerdings zog die Mehrheit den persönlichen Kontakt aus therapeutischen Gründen vor. Nicht berücksichtigt wurden potenzielle Unterschiede zwischen den Richtlinienverfahren. Erfahrungen von Klinikern können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Chancen und Risiken der VB für die psychotherapeutische Versorgung unterschiedlicher Patientengruppen jenseits von Vorurteilen abzuwägen und mögliche Gefahren und Schwierigkeiten im Auge zu behalten. Auch angesichts der großen Relevanz der Überzeugtheit der Therapeuten vom angewandten Verfahren ("allegiance"; Wampold et al. 2018) ist die Perspektive der Versorger essenziell: Wären Therapeuten von dem Format nicht überzeugt, wäre zu erwarten, dass die Behandlungen weniger effektiv sind. Vor diesem Hintergrund soll in vorliegender Studie analysiert werden, welche subjektiven Erfahrungen Therapeuten unterschiedlicher Richtlinienverfahren mit der Durchführung von VB in Zeiten der COVID-19-Pandemie gemacht haben, und welche Vor-und Nachteile sie erlebten. Es handelt sich um eine querschnittliche "Mixed-methods"-Studie (qualitative Kategorienbildung mit anschließender quantitativer Häufigkeitsanalyse). Die Rekrutierung erfolgte vom 01.12.2020 bis 31.12.2020. Die Daten wurden anonym online erhoben (Umfrage-Software EFS Survey; Questback GmbH 2015, Berlin, Deutschland). Es wurden alle Ausbildungsinstitute in Deutschland sowie 5965 niedergelassene, in Therapeutensuchmaschinen gelistete Psychotherapeuten per E-Mail kontaktiert. Des Weiteren wurden soziale Netzwerke zur Rekrutierung genutzt. Zur Verbreitung im Sinne eines "Snowball-Effektes" befand sich am Ende der Umfrage ein Text zur Weiterleitung an Kollegen. Befragt wurden ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten aller Richtlinienverfahren (systemische Therapie, ST; analytische Psychotherapie, AP; tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, TP; Verhaltenstherapie, VT). Ausgeschlossen wurden andere Behandler, beispielsweise Heilpraktiker oder Coaches. Einschlusskriterien waren: therapeutische Erfahrung (approbiert oder in fortgeschrittener Ausbildung, Behandlungsphase), die Durchführung von mindestens einer onlinetherapeutischen Sitzung während des ersten Lockdowns von März bis Mai 2020 (jeweils erhoben durch Selbsteinschätzung). Die Erhebung beinhaltete einen quantitativen Teil mit u. a. soziodemografischen Angaben und Daten zu therapeutischer Ergebnisse der qualitativen Analyse Von 174 Probanden beantworteten 149 (87,1 %) die Freitextfelder. Die Response-Rate verteilte sich wie folgt auf die Richtlinienverfahren: 100 % der ST, 87,5 % der AP, 87,2 % der VT und 87,5 % der TP. So kamen 1392 schriftliche Einzelaussagen zusammen, die thematisch in 88 Sub-und 9 Oberkategorien geordnet wurden. Diese werden im folgenden Text beschrieben, wenn sie von mehr als 5 Teilnehmern benannt wurden. Eine Übersicht über alle Kategorien (einschließlich von n ≤ 5 Teilnehmenden benannte), illustrative Beispieläußerungen sowie Angaben zur Nennungshäufigkeit in Abhängigkeit vom Richtlinienverfahren gibt . Abb. 1. Vorteile bietet VB? Die Oberkategorie umfasst 14 Subkategorien. Am häufigsten benannt (von n = 56, etwa 32 % der Therapeuten) wurde der Vorteil, dass VB räumliche Distanz überbrücken kann sowie örtliche und zeitliche Flexibilität für Patienten und Therapeuten ermöglicht (Kategorie 1.1). Etwa 16 % der Therapeuten (n = 28) beschrieben Vorteile, die sich darauf beziehen, dass VB eine Therapiemöglichkeit für Patienten bietet, die nicht in die Praxis kommen können oder wollen, z. B. für infizierte oder chronisch kranke Patienten (1.2). Etwa 14 % (n = 24) erwähnten, dass VB Anfahrtswege, Kosten und Zeit für Patienten ersparen kann (1.3), 9 % (n = 15) benannten auch die Zeitersparnis für Therapeuten, den wegfallenden Arbeitsweg und leichtere Organisation (1.4). Von den Teilnehmenden berichteten 7 % (n = 13), dass VB einen Einblick in den Lebensraum der Patienten ermöglicht (1.5). Weitere erlebte Vorteile: Eine VB ist weniger anstrengend, weniger aufwendig für Therapeuten und ermöglicht eine bessere Psychohygiene (1.6; 6 %, n = 11), bietet mehr Offenheit und Sicherheit für die Patienten durch das vertraute Umfeld (1.7; 5 %, n = 8), eine erlebte stärkere Selbstöffnung der Patienten und damit ein besseres Verständnis der Störung (1.8; 4 %, n = 7). Eine VB ist näher am Alltag der Patienten, oder der Transfer in den Alltag gelingt besser (1.9; 3 %, n = 6). 3. Oberkategorie: Welche Nachteile hat VB? Diese umfasst 23 Subkategorien. Ein knappes Viertel der teilnehmenden Therapeuten (23 %, n = 40) beschrieb das Fehlen von Sinneseindrücken, Mimik, Gestik, Blickkontakt, Körpersprache, nonverbaler Kommunikation und anderer Informationen (Kategorie 3.1). Ein Distanzgefühl beschrieben 14 % (n = 24; 3.2), 13 % (n = 22) schrieben, dass der mitfühlende Austausch geringer ist, weniger Atmosphäre spürbar ist, und dass Einschwingungsprozesse fehlen (3.3), 12 % (n = 21) schrieben, dass bestimmte Interventionen oder Therapietechniken nicht durchführbar sind (3.4), jeweils etwa11 %(n = 20bzw.n = 19) empfinden, dass der reale persönliche Kontakt und die Präsenz fehlen (3.5), erleben weniger Intensität und Tiefe (3.6) und benannten den Nachteil, dass die Patienten bei VB keinen geschützten Raum haben (3.8), und dass der Therapieverlauf verlangsamt ist und weniger Fortschritte erzielt werden (3.7), etwa 10 % (n = 18) erleben bei VB weniger Emotionalität (3.9). Abb. 1 7 Kategoriensystem zu den Erfahrungen der Therapeuten mit der Durchführung von Videobehandlungen (VB) mit Häufigkeit der Nennung (absolut), illustrativen Beispieläußerungen sowie Häufigkeit der Nennung je Richtlinienverfahren (Prozent und absolut). AP analytische Psychotherapie, ST systemische Psychotherapie, COVID-19 "coronavirus disease 2019", EMDR Eye Movement Desensitization and Reprocessing, OT Onlinetherapie, P Patient/-en, T Therapeut/-en, Th Therapie/Therapien, TP tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, VT Verhaltenstherapie. Hellgrau unterlegt: von mehr als 25 teilnehmenden Therapeuten (14 %) benannt Etwa 9 % (n = 15) schrieben, bei VB ablenkbarer zu sein, dadurch weniger engagiert, weniger konzentriert zu arbeiten (3.10), 8 % (n = 14) erwähnten, dass das szenische Verstehen oder der Umgang mit Übertragung und Gegenübertragung erschwert sei (3.11). Es beschrieben 6 % der Teilnehmenden (n = 9) die Nachteile, dass kein Settingwechsel, kein Abstand zum Alltag für die Patienten besteht sowie kein Wechsel zwischen Privatem und Beruflichen für die Therapeuten (3.12). Von den Teilnehmenden gaben 5 % (n = 7) an, dass der Rahmen weniger klar und das Setting künstlich sei (3.13). Eine weitere Kategorie ist, dass der Patient bzw. die Patientin ablenkbarer sei (3 %, n = 6, 3.14). Diese umfasst 8 Subkategorien. Von den Therapeuten benannten 6 % (n = 10), dass erlebniszentrierte Methoden, Imaginationen, nonverbale Methoden, Aufstellungen, Stuhlarbeit nicht möglich sind (4.1). Diese umfasst 4 Subkategorien. Es schrieben 5 % (n = 8) der Therapeuten, dass VB für neue Patienten nicht geeignet ist (5.1), 4 % (n = 7), dass es schwierig bei Kindern, Familien und jüngeren Patienten sei (5.2). Es empfanden 3 % (n = 6), dass VB bei bestimmten Diagnosen nicht oder weniger geeignet ist (z. B. bei Patienten mit Persönlichkeits-, Kommunikations-, Angst-, Zwangs-, Bindungs-, Körperbildstörungen und Selbstwertproblemen, 5.3). 6. Oberkategorie: Wie positiv oder negativ erlebten Patienten und Therapeuten VB im Kontext der Pandemie? Diese umfasst 12 Subkategorien. Die Hälfte der Therapeuten (50 %, n = 86) schrieb, dass VB gut angenommen wurde, auf Verständnis und Akzeptanz stieß, dass die Patienten aufgeschlossen, neugierig weniger anstrengend, weniger Aufwand, bessere Psychohygiene für T 11 "weniger physiologisch anstrengend, man kann sich auch bewegen u. Impulse mal ausleben (Füße wackeln, in die Teetasse gähnen...)"; "Man braucht im Flur nicht aufzuräumen u. kann die Hausschuhe anlassen."; "größere Lebenszufriedenheit, da ich mehr in meiner Familie bin" 20.0 (2) 1.7 Mehr Offenheit und Sicherheit für P durch das vertraute Umfeld 8 "P sprechen teils offener, da sie sich im häuslichen Seƫng wohler fühlen" 30.0 (3) 1.8 stärkere Selbstöffnung, besseres Verständnis der Störung 7 "in Einzelfällen erleichterte Selbstöffnung des P"; "teilweise gewinnbringend, weil sich besƟmmte Symptome nur im häuslichen Kontext zeigen" 10.0 (1) 1.9 näher am Alltag der P, besserer Transfer in den Alltag "alltagsnah -man kann da ansetzen, wo es gerade brennt und dadurch auch neue Verhaltensweisen ausprobieren" 0.0 (0) 1.10 niedrigschwelliger hilŌ, Kontaktschwierigkeiten zu überwinden 5 "teilweise ein gutes Angebot für P, die sonst wegen Angststörung aus dem Kontakt gehen würden"; "Überwindung schizoider Barrieren" 0.0 (0) 1.12 Schutz der T vor Erregung u.a. Gegenübertragungsphänomenen 2 "Ich bin geschützter, wenn mein Gegenüber aggressiv, erregt, aufgebracht ist."; "emoƟonal finde ich den P-Kontakt weniger anstrengend als Face-to-face (im Sinne von abgemilderten Gegenübertragungsphänomenen" weniger anstrengend, weniger Aufwand, bessere Psychohygiene für T 11 "weniger physiologisch anstrengend, man kann sich auch bewegen u. Impulse mal ausleben (Füße wackeln, in die Teetasse gähnen...)"; "Man braucht im Flur nicht aufzuräumen u. kann die Hausschuhe anlassen."; "größere Lebenszufriedenheit, da ich mehr in meiner Familie bin" 20.0 (2) 1.7 Mehr Offenheit und Sicherheit für P durch das vertraute Umfeld 8 "P sprechen teils offener, da sie sich im häuslichen Seƫng wohler fühlen" 30.0 (3) 1.8 stärkere Selbstöffnung, besseres Verständnis der Störung 7 "in Einzelfällen erleichterte Selbstöffnung des P"; "teilweise gewinnbringend, weil sich besƟmmte Symptome nur im häuslichen Kontext zeigen" 10.0 (1) 1.9 näher am Alltag der P, besserer Transfer in den Alltag "alltagsnah -man kann da ansetzen, wo es gerade brennt und dadurch auch neue Verhaltensweisen ausprobieren" 0.0 (0) 1.10 niedrigschwelliger hilŌ, Kontaktschwierigkeiten zu überwinden 5 "teilweise ein gutes Angebot für P, die sonst wegen Angststörung aus dem Kontakt gehen würden"; "Überwindung schizoider Barrieren" 0.0 (0) 1.12 Schutz der T vor Erregung u.a. Gegenübertragungsphänomenen 2 "Ich bin geschützter, wenn mein Gegenüber aggressiv, erregt, aufgebracht ist."; "emoƟonal finde ich den P-Kontakt weniger anstrengend als Face-to-face (im Sinne von abgemilderten Gegenübertragungsphänomenen" 14.0 (7) 28.6 (6) 34.8 (24) 20.0 (2) 2.3 weniger Stundenausfall 8 "P sind zuverlässiger"; "Es gab weniger Absagen" 10.0 (5) Einkommen während des Lockdowns bleibt erhalten 5 "wirtschaŌliche Stabilität"; "keine finanziellen Einbußen" 6.0 Beziehung wurde stabilisiert 4 "Beziehung wurde stabilisiert durch Signal: komme, was wolle,sie sind nicht allein!"; "P fühlt sich wichƟg, da die T versucht, mit ihm im Prozess zu bleiben, auch wenn er/sie nicht in die Praxis kommen kann/möchte"; "Sich als Th-team gemeinsam mit etwas Neuem zu beschäŌigen, hat die therap. Beziehung in jedem der Fälle untermauert" 14.0 (7) 28.6 (6) 34.8 (24) 20.0 (2) 2.3 weniger Stundenausfall 8 "P sind zuverlässiger"; "Es gab weniger Absagen" 10.0 (5) Einkommen während des Lockdowns bleibt erhalten 5 "wirtschaŌliche Stabilität"; "keine finanziellen Einbußen" 6.0 Beziehung wurde stabilisiert 4 "Beziehung wurde stabilisiert durch Signal: komme, was wolle,sie sind nicht allein!"; "P fühlt sich wichƟg, da die T versucht, mit ihm im Prozess zu bleiben, auch wenn er/sie nicht in die Praxis kommen kann/möchte"; "Sich als Th-team gemeinsam mit etwas Neuem zu beschäŌigen, hat die therap. Beziehung in jedem der Fälle untermauert" (2) 0.0 (0) 6. Wie posiƟv oder negaƟv erlebten P und T VB im Kontext der Pandemie? 6.1 von P gut angenommen, P verständnisvoll, neugierig, aufgeschlossen, erleichtert, erfreut, dankbar, dass Th trotz Lockdown möglich war 86 "grundsätzlich sehr gut angenommen"; "Die P waren sehr dankbar und froh, nicht im SƟch gelassen zu werden."; "größtenteils offen, neugierig"; "Für P ist es eher ok, glaube ich." 56.0 0.0 (0) 6.10 Es gab nur wenige Stunden VB 9 "Insgesamt habe ich nur vier Wochen VB angeboten." 6.0 (3) 9.5 (2) 5.9 (4) 0.0 (0) 6.11 P waren genervt von VB oder technischen Problemen Gewöhnen an Präsenz nach VB 1 "Nach den Online-Sitzungen kommt eine Zeit, wo man sich an die Präsenz der P gewöhnen muss." 20.0 (2) 8.7 Vorerfahrungen mit VB 12 "haƩe bereits Erfahrungen mit Online-Kontakten" 10.0 (5) 9.5 (2) 2.9 (2) 30.0 (3) 8.8 Wechsel auf VB nur, wenn P dies wünschten 8 "Ich habe nur VB gemacht, wenn die P darum gebeten haben" 6.0 (3) 9.5 (2) 1.5 (1) 20.0 (2) 8.9 Offenheit und Akzeptanz der P "die Offenheit und BereitschaŌ der P" 4.0 Vorerfahrungen mit VB 12 "haƩe bereits Erfahrungen mit Online-Kontakten" 10.0 (5) 9.5 (2) 2.9 (2) 30.0 (3) 8.8 Wechsel auf VB nur, wenn P dies wünschten 8 "Ich habe nur VB gemacht, wenn die P darum gebeten haben" 6.0 (3) 9.5 (2) 1.5 (1) 20.0 (2) 8.9 Offenheit und Akzeptanz der P "die Offenheit und BereitschaŌ der P" 4.0 oder erfreut, erleichtert oder dankbar darüber waren, dass der Kontakt trotz Lockdown möglich war (6.1). Von den Teilnehmenden notierten 18 % (n = 31), dass Patienten VB ganz oder nach wenigen Sitzungen ablehnten oder die Therapie wegen der VB abbrachen (6.2). Es merkten 17 % (n = 29) an, dass VB keinen Einfluss auf den Therapieverlauf hatte (6.3); 14 % (n = 25) schrieben, dass VB zwar eine Notlösung und besser als nichts sei, jedoch nicht auf Dauer geeignet (6.4). Jeweils 8 % (n = 14 bzw. n = 13) erwähnten, dass die Patienten skeptisch (6.5) oder irritiert und verunsichert (6.6) waren. Als anstrengender für Therapeuten wurden VB von 7 % der Teilnehmenden (n = 12; 6.7) erlebt, 6 % (n = 10) waren nach anfänglicher Skepsis positiv überrascht (6.8) oder zeigten gemischte Reaktionen -teils Zustimmung, teils Ablehnung (6.9). Je 5 % (n = 9 bzw. n = 8) berichteten, dass sie nur wenige Stunden VB angeboten haben (6.10), bzw. dass die Patienten von VB oder technischen Problemen genervt waren (6.11). Weitere 7 Therapeuten (je 4 %) berichteten, dass die Patienten ungern wechselten, frustriert waren und die Präsenztherapie bevorzugen (6.12). 7. Oberkategorie: Welche weiteren Beobachtungen in Bezug auf VB wurden beschrieben? Diese umfasst 5 Subkategorien, die jeweils nur von einzelnen Therapeuten genannt wurden, und die sich nicht eindeutig den Vor-oder Nachteilen zuordnen ließen. Ausbildungsinstitut (11 %, n = 20, 8.4), Flexibilität, Mut, Lust, Offenheit, Neugier (11 %, n = 19, 8.5 An dieser Stelle muss jedoch auch ergänzt werden, dass in einer Reihe von Studien gezeigt wurde, dass eine gute therapeutische Allianz im Rahmen von VB hergestellt werden kann und oft zur Faceto-Face-Therapie vergleichbare Werte in Allianz-Ratings erreicht werden können (Simpson und Reid 2014; Cavanagh und Millings 2013; Sucala et al. 2012) . Interessanterweise zeigen sich Diskrepanzen in der Allianzeinschätzung im Vergleich von VB und Face-to-Face-Therapien am ehesten aus Sicht der Therapeuten, nicht jedoch aus der Perspektive der Patienten. So deuten die Ergebnisse einiger Studien auch darauf hin, dass die therapeuteneingeschätzte Allianz im Rahmen der VB niedriger ist, als dies in Face-to-Face-Therapien der Fall ist (Cataldo et al. 2021; Rees und Stone 2005) . Die Ursachen für diese z. T. widersprüchlichen Erfahrungen von Patienten und Therapeuten näher zu untersuchen, bleibt weiter von Bedeutung. Die in der aktuellen Untersuchung von den Therapeuten benannten Einschränkungen und Nachteile bieten wichtige Anhaltspunkte. Möglicherweise werden mit den gängigen Instrumenten zur Erfassung der Allianz auch die körperlichen und prosodischen Aspekte der Interaktion weniger sensitiv erfasst, oder das Fehlen dieser Aspekte bildet sich in den niedrigeren Werten der Therapeuten ab. Verfahrensspezifische Besonderheiten und verfahrensübergreifende Einschränkungen Bisherige Studien geben auch Hinweise auf Unterschiedezwischendentherapeutischen Verfahren bei der Bewertung der VB. So fand eine Untersuchung unter schwedischen und deutschen Psychotherapeuten, dass kognitive Verhaltenstherapeuten die VB positiver einschätzten als psychodynamische Kollegen (Schuster et al. 2020). Dieser Befund deckt sich mit den vorgestellten aktuellen Ergebnissen. Im Vergleich der Richtlinienverfahren fiel in der vorliegenden Studie auf, dass VT-Kollegen eher allgemeine Vorteile wie das Überbrücken von räumlicher Distanz oder zeitliche Flexibilität benannten, AP-Kollegen dagegen stärker die Kontinuität der Beziehung in Pandemiezeiten betonten. Passend dazu bewerteten die AP-Kollegen VB häufiger als "gute Notlösung", die aber nicht auf Dauer geeignet ist, wohingegen die VTler und STler häufiger als die Psychodynamiker angaben, dass ihre Patienten gute Akzeptanz, Verständnis, Dankbarkeit als Reaktion auf die VB zeigten, jedoch einige Interventionen (beispielsweise Stuhlarbeit, Exposition, Imagination) nur schwer möglich seien. Verfahrensübergreifend wurde berichtet, dass VB nicht für alle Patienten und Störungsbilder geeignet sei, was im Einklang mit den Ergebnissen der eingangs erwähnten niederländischen Studie steht (Feijt et al. 2020) . Einige Therapeuten erwähnten explizit, dass das Format für neue Patienten und bei Kindern oder jüngeren Patienten ungeeignet sei. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Umfrage der DPtV (2020). Einige Therapeuten erwähnten auch, dass es Patienten gab, die von der Distanz profitierten. Fast die Hälfte der Therapeuten, die an der Erhebung teilgenommen haben, beschrieb, dass technische Probleme die Durchführung der VB erschwerten. Dieses Problem, dass Zeit zur Lösung technischer Probleme statt für das Engagement für die Therapie verwendet wird, wurde auch von anderen Autoren aufgegriffen (Markowitz et al. 2021 Erfahrungen von Klinikern sind ein wertvoller Ausgangspunkt für weiterführende Forschungen zu den Chancen und Risiken der VB für die psychotherapeutische Versorgung unterschiedlicher Patientengruppen. Angesichts der großen Relevanz der Überzeugtheit der Therapeuten vom angewandten Verfahren (Allegiance; Wampold et al. 2018) ist die Perspektive der Versorger zum einen essenziell. Zum anderen liefern die Aussagen der Kliniker, v. a. jene, die über verschiedene Studien hinweg übereinstimmen, bedeutsame Hypothesen für weiterführende Forschungen. So ist es aus Sicht der Autoren ein zentrales Anliegen, die Bedeutung paralinguistischer, körperlicher und prosodischer Aspekte im therapeutischen Dialog und diesbezügliche Unterschiede zwischen Face-to-face-Therapien und VB weiterführend zu erforschen. Die vorliegende qualitative Analyse basiert auf einer großen Stichprobe, die alle Richtlinienverfahren einbezog. Die onlinebasierte Erhebung trug zur schnellen Rekrutierung vieler Teilnehmer bei, könnte jedoch auch einen Selektionsbias hin zu technikaffinen Studienteilnehmern mit sich gebracht haben, der bei der Bewertung der Ergebnisse berücksichtigt werden muss. Beim Vergleich der Charakteristika der aktuell rekrutierten Stichprobe mit der Gesamtheit der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Psychotherapeuten erscheint die prozentuale Verteilung der Richtlinienverfahren in der vorliegenden Studie relativ repräsentativ (mit einem Vorherrschen der VT, gefolgt von der TP). Die Teilnehmer der aktuellen Studie waren im Durchschnitt jedoch deutlich jünger. Dies liegt höchstwahrscheinlich im Einbezug von Ausbildungsteilnehmernbegründet. Das jüngere Durchschnittsalter könnte allerdings ebenso wie der Erhebungsmodus zu einer Verzerrung hin zu Teilnehmern mit einer größeren Affinität zu moderner Technik geführt haben. Zudem sollte das qualitativ entwickelte Kategoriensystem perspektivisch quantitativ überprüft werden. Längerfristig stellt sich die Frage, welche Rolle VB auch nach Abklingen der Pandemie in der Behandlungslandschaft einnehmen wird. Für viele Patienten und Therapeuten wird sie vermutlich durch die erlebten Einschränkungen in der therapeutischen Beziehungsgestaltung und durch mangelnde Umsetzbarkeit von Interventionen eine Notlösung bleiben. Gleichzeitig ist es durchaus vorstellbar, dass sie für einige Patienten mehr als eine "Überbrückung" ist. Insbesondere bei bekannten Problemen wie therapeutischer Unterversorgung auf dem Land oder vulnerablen Gruppen, die nicht in die Praxis kommen können (Mütter im Wochenbett, schwer kranke oder mobilitätseingeschränkte Patienten) kann VB einen Beitrag zur flächendeckenden Versorgung leisten. Welche Rolle das Fehlen paralinguistischer, körperlicher und prosodischer Aspekte im therapeutischen Dialog im Hinblick auf die Qualität der Psychotherapie spielt, sollte weiterführend erforscht werden. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation Internet-delivered psychological treatments: from innovation to implementation Psychotherapie in Zeiten von COVID-19: Eine Querschnittsbefragung deutscher Psychotherapeuten zur Online-Therapie Psychotherapists' attitudes toward online therapy during the COVID-19 pandemic Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) (2020) Jetzt auch Sprechstunde und Probatorik per Videobehandlung möglich A PerspectiveonClient-PsychologistRelationships in Videoconferencing Psychotherapy: Literature Review Inter)personal computing: the role of the therapeutic relationship in e-mental health A systematic review of providers' attitudes toward telemental health via videoconferencing DPtV) (2020) Blitzumfrage "Psychotherapeutische Videobehandlungen Onlinepsychotherapie in Zeiten der Coronapandemie Mental health care goes online: practitioners' experiences of providing mental health care during the COVID-19 pandemic Videoconferencing psychotherapy during the pandemic: exceptional times with enduring effects Die Qualität qualitativer Daten Globale Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen Psychotherapy at a distance Qualitative Inhaltsanalyse. 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To date, there is little research on how therapists experienced VBT during the pandemic and no studies are available that look at possible procedure-specific features. Objective: The aim was to analyze what subjective experiences therapists of different guideline procedures had with the implementation of VBT in times of the COVID 19 pandemic and what advantages and disadvantages they experienced. Methods: This was a mixed methods study with a cross-sectional online survey. In addition to quantitative data, seven open-ended questions were used to collect therapists' subjective experiences with conducting VBT and analyzed using qualitative content analysis. The identified categories were subjected to a frequency analysis. Data from 174 medical or psychological psychotherapists were included in the analysis. Results: Particularly frequently mentioned advantages were flexibility of location and time, continuity of contact during pandemic periods and avoidance of risk of infection. The most commonly cited disadvantage was the lack of sensory input, facial expressions, gestures, eye contact, and nonverbal communication. The VBT was wellaccepted by most, but not all, patients. Technical problems made the implementation difficult. Conclusion: For many therapists VBT remained a stopgap solution that was not designed to last; however, VBT could help to solve known care problems (e.g., underprovision in rural areas) beyond the pandemic period. The results of the study make an important contribution to weighing up the opportunities and risks of VBT for psychotherapeutic care and for keeping an eye on possible dangers and difficulties.