key: cord-0966554-i0dq00id authors: Claus, Nina; Schatz, Dörte; Wächter, Ilka; Nydahl, Peter; Richter, Sabine; Kiens, Michael title: 2 für 1: TOP-Sharing date: 2020-12-21 journal: Pflege Z DOI: 10.1007/s41906-020-0971-9 sha: 4291aeb9c43614fcabc5da626d50d1e85b919499 doc_id: 966554 cord_uid: i0dq00id Am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein wurde im Rahmen einer Teamfusion einer kardiologischen und onkologischen Kinderstation das Projekt TOP-Sharing eingeführt, bei dem sich zwei Pflegende eine Leitungsstelle zu 50% teilen und die anderen 50% in der Pflege arbeiten. Eine Evaluation vor und nach der Einführung von TOP-Sharing mittels wiederholter Befragung des Pflegeteams zeigte eine stabile Zufriedenheit der Pflegenden mit den Leitungen, dem Team, der Patientenversorgung und der persönlichen Work-Life-Balance. Die Leitungen berichten von einem geringeren Leistungsdruck, mehr Teamzugehörigkeit und auch mehr Zufriedenheit in der praktischen Pflege. ie Aufgaben und die Verantwortungen einer Stations-Teamleitung innerhalb eines Universitätsklinikums sind vielfältig und umfassen verschiedene Aufsichts-und Überwachungspflichten (Freund & Overlander 2019) . Auch wenn jede Teamleitung eine Stellvertretung hat, steht sie mit ihrer Kompetenz in der Hauptverantwortung (Reid & Dold 2017) . Angehende oder neue Führungskräfte können teilweise zögern, diese alleinige Verantwortung anzunehmen (Kelly, Lefton & Fischer 2019) . Wenn überdies zwei Stationen fusionieren sollen, stellt sich die Frage, wer die Leitung übernimmt. Innovative Managementideen können die Kompetenzen von Teamleitungen unterstützen und gleichzeitig Vorteile für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Patientinnen und Patienten aufweisen (Bender 2016 Evaluiert werden sollte, welche Auswirkungen sich durch die Einführung des TOP-Sharing-Managements auf die Ansichten, die Zufriedenheit und die Selbstwirksamkeitserwartung der beteiligten Pflegeteams feststellen lassen. Die Auswertung erfolgte anhand einer vorher/nachher-Befragung mittels selbst-konstruiertem Fragebogen inklusive Pretest. Die Umfragen fanden in zwei 14-tägigen Zeiträumen vor und ein Jahr nach der Einführung von TOP-Sharing statt. Der Fragebogen beinhaltete Fragen zu den Ansichten, der Zufriedenheit und der Selbstwirksamkeitserwartung der Pflegenden. Die Antworten zu den Ansichten konnten auf einer vierstufigen Likertskala mit "nein", "eher nein", "eher ja" und "ja" beantwortet werden. Die Antworten wurden mit Werten von 1 bis 4 kodiert. "4" entspricht einer vollen Zustimmung. Es wurde über alle Antworten ein Summenscore mit max. 48 Punkten gebildet. Die Fragen zur Zufriedenheit beinhalteten vier Dimensionen: die Zufriedenheit mit den Leitungen, dem Team, der Patientenversorgung und der persönlichen Work-Life-Balance. Die jeweilige Zufriedenheit konnte auf einer Skala von 0-10 angegeben werden (10 = maximale Zufriedenheit). Teamleitungen haben verschiedene Managementaufgaben, unter anderem die Befähigung des Teams, mit Problemen umgehen zu können. Die Skala Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) gibt Hinweise, wie sehr die Teilnehmerinnen und Teilnehmer davon überzeugt sind, mit Problemen umgehen zu können (Schwarzer 2004) . Die SWE beinhaltete zehn Fragen, die wie die Fragen nach Ansichten kodiert und summiert wurden (40 Pkt. = maximale SWE). Die Auswertung erfolgte statistisch, angegeben sind Median und Interquartilabstand (IQR). Zusätzlich wurden die Teamleitungen nach ihren Erfahrungen befragt. Die wesentlichen Ergebnisse der Befragung sind im Folgenden zusammengefasst. Teilnehmende: Insgesamt nahmen 39 Personen an beiden Befragungen teil, davon 22 (56,4%) vor und 17 (43,6%) nach der Einführung von TOP-Sharing. Die Rücklaufrate an ausgefüllten Fragebögen betrug vorher 71%, nachher 54,8%. Ansichten: Insgesamt haben alle teilnehmenden Pflegende die Fragen zu den Ansichten beantwortet (Tab. 1). Bei einigen Antworten sind zwar Unterschiede zwischen vorher und nachher zu erkennen, beispielsweise "Die Leitungen handeln fair": vorher Median 3 (IQR 3-4), was einem "eher ja" entspricht, hinterher 4 (3-4), was einem "ja" entspricht; der Unterschied ist allerdings statistisch nicht signifikant (p=1) und könnte auch zufällig sein. Über alle Antworten ist der Score insgesamt 38,5 (34,25-44) von 48 maximalen Punkten. Er war im Median vorher 40,5 (35,25-44) gegenüber nachher 37 (32,5-43,5) und nimmt also um 3,5 Pkt. geringfügig ab. Auch hier ist der Unterschied statistisch nicht signifikant und könnte auch zufällig sein (p=0,453). Eine Veränderung der Ansichten bei den beteiligten Pflegenden durch die Einführung von TOP-Sharing kann nicht nachgewiesen werden. Bei der Auswertung konnten die Auswirkungen der Einführung des TOP-Sharing-Managements auf die Ansichten, die Zufriedenheit und die Selbstwirksamkeitserwartung der beteiligten Pflege-teams evaluiert werden. Die Evaluation mittels wiederholter Befragung des Pflegeteams zeigte eine stabile Zufriedenheit der Pflegenden mit den Leitungen, dem Team, der Patientenversorgung und der persönlichen Work-Life-Balance. Ansichten, Zufriedenheit und SWE blieben im Allgemeinen unverändert. Dieses Ergebnis ist als positiv zu betrachten, da tiefgreifende organisatorische Veränderungen gewisse Risiken von Unzufriedenheit, Burn-Out oder Fluktuation beinhalten können (Kelly et al. 2019) . Die Beurteilung durch das Team bezüglich der Leitung, aber auch bezüglich der Versorgungsqualität zeigen stabile Werte. Den Leitungspflegenden scheint es damit gelungen zu sein, ihre Rollen zu verändern und zu etablieren (Engle et al. 2017) . Auch die Ansichten der Pflegenden bezüglich der Kommunikation, der Zusammenarbeit der Leitungen, dem sozialen Klima, der Versorgungsqualität, der Aufgabenverteilung und dem Konfliktmanagement zeigten keine bedeutsamen Unterschiede vor und nach der Einführung. Die Befragten gaben weiterhin ähnliche Antworten bei der Selbstwirksamkeitserwartung an. Damit scheint auch das Team durch die Leitungspflegenden effektiv und effizient durch den Veränderungsprozess begleitet worden zu sein. Das Team zeigte eine hohe Flexibilität und die Fähigkeit, mit Problemen umgehen zu können (Yu, Raphael, Mackay, Smith, & King 2019) . Beide Teamleitungen bewerteten ihre Erfahrungen als positiv. Sie haben sowohl ihre neuen Rollen als Leitung wie auch als Pflegekraft am Bett mitgestalten wie auch das Team dabei unterstützen können, sich in die neue Situation einzuleben. Die Teamleitungen haben daher eine wichtige Rolle als Change-Agents (Engle et al., 2017) . TOP-Sharing könnte daher auch während Veränderungsprozessen als mögliche Managementform erwogen werden. Zu bedenken ist, dass während des Projektzeitraums andere Faktoren einen Einfluss gespielt haben können, die in der Evaluation nicht berücksichtigt werden konnten, unter anderem ein Umzug in neue Räumlichkeiten, die Teamfusionen, veränderte Strukturen und Prozesse, die Covid-19 Krise, usw. Vor diesem Hintergrund können die Ergebnisse als überraschend stabil, als ein gutes Management der Teamleitungen und ein sehr fähiges Team interpretiert werden. Die Kombination mit weiteren Kennzahlen wie Krankheits-und Fluktuationsraten, Meldungen unerwünschter Sicherheitsereignisse, usw. wurde hier nicht berücksichtigt, könnte aber ggf. weitere Hinweise liefern. Alle (n=39) Vorher (n=22) Nachher (n=17) p a mit der/den Leitung/en… 8,25 (6,4-9) 8,7 (5,3-9,2) 7,8 (6,8-8,7) 0,659 mit dem Team... 8,2 (6,5-9,1) 8,6 (7,25-9,3) 8 (6-8,8) 0,257 mit der Patientenversorgung 6 (4-7,8) 5,6 (3,8-7,5) 6,7 (4,5-7,9) 0,357 mit meiner persönlichen Work-Life-Balance... 5,6 (3,1-7,4) 5,3 (2,4-7,7) 6,3 (4-6,8) 0,854 a Signifikanz unter der Annahme von doppelseitigem p<0,05 mit Mann-Whitney-U Test berechnet Conceptualizing clinical nurse leader practice: an interpretive synthesis What roles do middle managers play in implementation of innovative practices? Health Care Manage Rev Pflegemanagement Heute. Elsevier Nurse Leader Burnout, Satisfaction, and Work-Life Balance Leadership Training and the Problems of Competency Development Personal and work-related factors associated with nurse resilience: A systematic review FAZIT Die Evaluation der Einführung von TOP-Sharing zeigte eine stabile Zufriedenheit der Pflegenden und unveränderte Ansichten zu den gefragten Items.Die Einführung auf einer kardiologisch-onkologischen Kinderstation kann unter Berücksichtigung der genannten Grenzen als machbar und ohne erhebliche Einflüsse auf die Ansichten zu Teamleitungen, Zufriedenheiten und Selbstwirksamkeitserwartung der Pflegenden interpretiert werden.