key: cord-0980895-hqtobm84 authors: Winkler, Adalbert title: COVID-19, Grippewellen und ökonomische Aktivität — die Perspektive der Wirkungsanalyse date: 2020-05-20 journal: Wirtschaftsdienst DOI: 10.1007/s10273-020-2655-x sha: dc1563f7bc52f56ad800094e033fe49fb82a55d9 doc_id: 980895 cord_uid: hqtobm84 The German debate about the policy implications of the coronavirus becomes increasingly heated given different views on the mortality rate from SARS CoV-2, as well as the epidemiological and economic impact of lockdown measures imposed by the government. Impact analysis applying features of randomised control trials would provide clear evidence. However, this is currently unavailable due to a lack of an appropriate control group of countries without measures. Thus, polarisation is likely to rise if observed mortality rates remain low. Carl Christian von Weizsäcker ins Leben gerufenen Makrogruppe motiviert. Zudem danke ich Christian Breuer, Benjamin Born, Gerhard Illing, Holger Sandte, Oliver Stein und Eva Terberger für wertvolle Anregungen und Kommentare. 1 Es gibt natürlich auch negative Konsequenzen in anderen gesellschaftlichen Bereichen, die hier aber nicht thematisiert werden sollen. lich ist, also zu Hunderttausenden Toten führen würde, und 2) soziale Distanzierung die Ausbreitung wirkungsvoll eindämmt, gleichzeitig aber 3) mit starken Einbrüchen der ökonomischen Aktivität einhergeht. Dennoch ist es selbst ökonomisch sinnvoll, solche Maßnahmen staatlich zu verordnen, wenn freiwillige Maßnahmen das Coronavirus nicht (mehr) entscheidend bremsen und die Menschen aus Angst ökonomische Aktivitäten noch deutlicher und länger herunterfahren als ohne Lockdown. Diese Sichtweise hat in den ersten Wochen der Pandemie in Deutschland viel öffentliche Zustimmung erfahren. Die Ereignisse in Italien, Spanien und Frankreich bestätigten die Gefährlichkeit des Virus, jene in Großbritannien und den USA signalisierten, dass bei zu spätem staatlichem Handeln die ökonomische Tätigkeit ohnehin drastisch einbricht. Entsprechend gering erschienen die volkswirtschaftlichen Kosten der staatlich angeordneten Maßnahmen, während hohe "Erträge" in Form von vermiedenen Infektionen und Toten winkten. So kam es auch: Die Zahl der Toten blieb in Deutschland begrenzt, ohne dass dafür im Vergleich zu anderen Staaten mit einem stärkeren Einbruch der ökonomischen Aktivität "bezahlt" werden musste. Es gab und gibt aber auch eine andere Sicht, nämlich dass a) COVID-19 eine geringe Sterblichkeit aufweist, die einer mittelschweren Infl uenza ähnelt, b) die staatlich verordneten Maßnahmen das Virus nicht wirksam eindämmen, und c) diese Maßnahmen aber erhebliche negative ökonomische Wirkungen aufweisen und daher sofort zu beenden sind (Homburg, 2020a (Homburg, , 2020b Da der Erwartungswert linear ist, lässt sich Gleichung (1) schreiben als: Der erste Term auf der rechten Seite von Gleichung (2) Term auf der rechten Seite ist gleich null, weil T-und C-Länder statistisch identisch sind. Entsprechend wird Gleichung (2) zu: Gleichung (3) (Ferguson et al., 2020; Flaxman et al., 2020) . Mit einem kontrafaktischen Experiment belegen lässt sich dies aber wegen der fehlenden Beobachtbarkeit von X nicht. Zweifelsfrei ist nur, dass es mittlerweile Länder gibt, in denen die Zahl der mit COVID-19 in Verbindung gebrachten Todesfälle, Y 1 | T, (erheblich) über denen einer mittelschweren Grippe G liegt 2 und Übersterblichkeit herrscht (Euromomo, 2020; Wu et al., 2020) . Selbst wenn also von der Annahme ausgegangen wird, dass die staatlichen Maßnahmen unwirksam sind, d. h. Y 1 | T = Y 0 | C, kann die These, dass COVID-19 nicht schlimmer ist als eine mittelschwere Infl uenza, für diese Länder nicht mehr aufrechterhalten werden. (Piper, 2020) . Solche starken Abweichungen sind darin begründet, dass gerade zu Beginn des Prozesses die beobachtbaren Wachstumsraten mit stark unterschiedlichen Verläufen der Funktion im weiteren Verlauf vereinbar sind (Avery et al., 2020; Cochrane, 2020 Die Diskussion über die Verhältnismäßigkeit staatlich angeordneter Maßnahmen wird suggerierend oft so geführt, als seien allein diese Maßnahmen für den Einbruch der Wirtschaft verantwortlich. Dies ist aber nicht der Fall, denn zum einen wirken sich auch freiwillige Maßnahmen der sozialen Distanzierung sowie freiwillige und staatliche Maßnahmen in anderen Ländern negativ auf die hiesige wirtschaftliche Entwicklung aus. Die Methodik der Wirkungsanalyse zeigt aber auch hier, dass sich mangels geeigneter Kontrollgruppe und aufgrund von Antizipationsund Spillover-Effekten an RCT angelehnte Wirkungsanalysen nicht durchführen lassen (Glennerster und Takavashara, 2013) . Erneut lässt sich also die Wirkung staatlich angeordneter Maßnahmen nicht eindeutig ermitteln. The economics of microfi nance Policy Implications of Models of the Spread of Coronavirus: Perspectives and Opportunities for Economists How soon does it end? Die volkswirtschaftlichen Kosten des Corona-Shutdown für Deutschland: Eine Szenarienrechnung, ifo Schnelldienst Impact of non-pharmaceutical interventions (NPIs) to reduce COVID19 mortality and healthcare demand Estimating the number of infections and the impact of non-pharmaceutical interventions on COVID-19 Schweden wählt in Corona-Krise Sonderweg -die Wirtschaft bricht trotzdem ein Graphs and maps Running randomized evaluations: A practical guide The Effect of Virus Control Measures on the Outbreak Evidenz zur Coronainfektion und der Wirkung des Lockdown, Discussion Paper, 670, School of Economics and Management Warum Deutschlands Lockdown falsch ist -und Schweden vieles besser macht, Die Welt, 15 Longer-run economic consequences of pandemics, Working paper When Will COVID-19 End? Data-Driven Prediction, Data-Driven Innovation Lab This coronavirus model keeps being wrong. Why are we still listening to it? Szenario-Analysen zu den kurzfristigen wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie, KOF Forschungsstelle Präventions-Paradox": Drosten schickt Warnung an alle Lockdown-Kritiker, Focus Online Sterbefallzahlen und Übersterblichkeit Möglicherweise Herdenimmunität in Stockholm im Mai 000 Missing Deaths: Tracking the True Toll of the Coronavirus Outbreak Spillovers, ausgelöst von noch strikteren Maßnahmen bei Handelspartnern, ergeben können.Damit legt die Methodik der Wirkungsanalyse nahe, dass es selbst aus der Perspektive der herrschenden Sichtweise sinnvoll sein kann, bei den administrativen Maßnahmen nun im Zweifelsfall -also nicht bei der Frage von Großveranstaltungen etc. -etwas zu sehr zu lockern, und dafür stärker auf Mahnung und Warnung, also auf Freiwilligkeit bei klaren Rahmenbedingungen zu setzen, sowie Kapazitäten aufzubauen, um einer möglichen zweiten Infektionswelle besser begegnen zu können. Denn ein zu starkes Beharren auf restriktiven Maßnahmen zur Vermeidung einer zweiten Infektionswelle ist gerade dann nicht durchzuhalten, wenn a) dieses Beharren Erfolg zeigt, also mit weiterhin niedrigen Infektions-und Todeszahlen einhergeht, b) kein anderes Land, das von den Menschen als zu Deutschland passendes Kontrollland empfunden wird, eine zweite Welle erlebt und c) gleichzeitig die ökonomischen Hiobsbotschaften zunehmen, die vor allem der restriktiven Anti-Corona-Politik zugeschrieben werden. Denn dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer überstürzten Öffnung kommt. Wenn ich die herrschende Sichtweise zu COVID-19 richtig verstehe, ist es aber das Szenario einer überstürzten Öffnung, das es auf jeden Fall zu vermeiden gilt. The German debate about the policy implications of the coronavirus becomes increasingly heated given different views on the mortality rate from SARS CoV-2, as well as the epidemiological and economic impact of lockdown measures imposed by the government. Impact analysis applying features of randomised control trials would provide clear evidence. However, this is currently unavailable due to a lack of an appropriate control group of countries without measures. Thus, polarisation is likely to rise if observed mortality rates remain low. JEL Classifi cation: C31, I15, I18