key: cord-1024308-4eno0n8i authors: Pfäfflin, F.; Flick, H.; Vogtmann, M. title: Seltene virale Infektionen der Lunge date: 2020-07-20 journal: Pneumologe (Berl) DOI: 10.1007/s10405-020-00337-2 sha: 339d67e1b33dd9583019a2ac7580966d8a2c81e9 doc_id: 1024308 cord_uid: 4eno0n8i Due to the direct contact with the environment the lungs are exposed to a multitude of viruses. This article describes four viral pathogens, which can lead to pulmonary manifestations but are little known because they are rare in Germany. Avian influenza, Middle East respiratory syndrome (MERS), and Hantavirus infections are all zoonotic infections, whereas measles is a purely human disease. All four infections may lead to severe pulmonary complications with a high mortality. Measles, MERS and avian influenza can lead to far-reaching public health consequences due to transmission via individual patients within the human population. The article focusses on relevant aspects of epidemiology, clinical course, treatment, and prevention for each of the viruses. This knowledge seems to be important as cases of these diseases may occur at any time in Germany. Fallvignette Eine 26-jährige Patientin litt seit mehreren Wochen unter rezidivierendem Krankheitsgefühl, Dyspnoe und trockenem Husten. Die Beschwerden waren initial innerhalb weniger Tage aufgetreten, zusätzlich bestanden zu Beginn eine ausgeprägte Abgeschlagenheit und Fieber. Anamnestisch sei ambulant die Diagnose Asthma bronchiale gestellt worden, die verordnete inhalative Medikation habe jedoch keine Besserung erbracht. Etwa 2 Wochen nach Beginn der ersten Symptome trat zunächst am Kopf ein makulopapulöses Exanthem auf, das sich über den Stamm und die Extremitäten ausbreitete. Parallel intensivierten sich die klinischen Beschwerden (u. a. Fieber bis 39°C), sodass sich die Patientin in einer Notaufnahme vorstellte. Die Hauteffloreszenzen wurden dort als allergische Reaktion auf die inhalative Medikation gedeutet, und es erfolgte eine symptomatische Therapie ohne weitere Diagnostik. Im Verlauf der nächsten Wochen zeichnete sich eine spontane und langsame Besserung ab, und die Hauterscheinungen bildeten sich bereits zurück, als sich die Patientin in unserer pneumologisch-infektiologischen Ambulanz vorstellte. Die Anamnese ergab unter anderem, dass die Patientin bisher keine der von der STIKO (Ständige Impfkommission) empfohlenen Impfungen erhalten hatte. Serologisch fand sich ein positiver Nachweis von sowohl Ig(Immunglobulin)G-als auch IgM-Antikörpern gegen Masernviren, gut vereinbar mit einer kurz zurückliegenden Masernvirusinfektion. In der Thoraxröntgenaufnahme zeigte sich eine vermehrte peribronchiale Zeichnung im Mittellappen (. Abb. 1). Im Verlauf erfolgten weitere klinische und radiologische Kontrollen, eine spezifische Therapie war nicht notwendig. Die inhalative Therapie wurde beendet, und der Patientin wurden spezifische Impfungen empfohlen. Wildlebende Wasservögel stellen das Reservoir aller bei Vögeln beschriebener Influenza-A-Subtypen dar. Infektionen der Wasservögel verlaufen meist asymptomatisch. Hingegen sind Geflügelbestände durch Infektionen gefährdet, die sich als Leistungseinbußen bei intensiver Haltung ("low pathogenic avian influenza") oder auch als klassische Geflügelpest mit hoher Kontagiosität und Letalität ("high pathogenic avian influenza") äußern können. Von epidemiologisch ge-ringererBedeutungistdie Schweineinfluenza. Die Infektion kann sich bei Schweinen durch Symptome eines respiratorischen Infekts oder Aborte bei tragenden Sauen äußern. Schweine haben in ihren Atemwegen sowohl Rezeptoren für aviäre als auch für humane Influenzaviren. Bei gleichzeitiger Infektion mit Viren verschiedener Spezies kann es zu einem Reassortment (Austausch von Gensegmenten) kommen mit daraus resultierenden veränderten biologischen Eigenschaften. Eine menschliche Infektion mit aviärer Influenza resultiertmeistaus engem Kontakt zu infiziertem Geflügel bzw. dessen Ausscheidungen z. B. auf Geflügelmärkten. So haben rigorose Hygienemaßnahmen im Bereich der Geflügelmärkte entscheidend zur Kontrolle der von 2013 bis 2017 in China in mehreren Wellen aufgetretenen Epidemie durch Influenza A H7N9 beigetragen [18] . Kleine Cluster von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen wurden be- In Deutschland wurden bisher keine Erkrankungen durch Influenza A H5N1 oder H7N9 bekannt. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und die Paul-Ehrlich-Gesellschaft haben Empfehlungen zu humanen Infektionen durch aviäre Influenza A H7N9 formuliert [12] . Wesentlich ist die Infektionsprävention. Patienten sollten isoliert werden und, wenn möglich, bei Kontakt mit nicht infizierten Personen eine Mund-Nasen-Maske aufsetzen. Die persönliche Schutzausrüstung für Personal umfasst Schutzbrille, Atemschutz (FFP3 für Aerosol generierende Maßnahmen, sonst FFP2), Schutzkittel und Einmalhandschuhe. Schon der Verdacht auf eine Erkrankung ist meldepflichtig. Die Evidenz zur Wirksamkeit einer antiviralen Therapie ist limitiert. In der bereits genannten retrospektiven Studie aus Vietnam bei Infektionen durch Influenza A H5N1 überlebten 69 % der Patienten, die Oseltamivir erhalten hatten, im Vergleich zu 33 %, die nicht mitOseltamivir behandelt wurden [13] . In Anbetracht dermeistschwerenErkrankungerscheint derEinsatzvonNeuraminidasehemmern selbst dann indiziert, wenn die Therapie später als 48 h nach Symptombeginn eingeleitet wird. Gegebenenfalls sollte die Therapiedauer über die bei saisonaler Influenza übliche Dauer von 5 Tagen verlängert werden. Das bereits in den USA zur Therapie der Influenza zugelassene Baloxavir zeigte in vitro eine gute Effektivität gegenüber verschiedenen aviären und porcinen Influenzaviren [15] , sodass sich hier in Zukunft eine Behandlungsmöglichkeit ergeben könnte. Bisher gibt es keine Empfehlung der STIKO für eine Impfung gegen zoonotische Influenza. Impfstoffe gegen Influenza A H5N1 sind in Deutschland zugelassen und können z. B. bei beruflich exponiertem Personal in Speziallaboratorien eingesetzt werden. Due to the direct contact with the environment the lungs are exposed to a multitude of viruses. This article describes four viral pathogens, which can lead to pulmonary manifestations but are little known because they are rare in Germany. Avian influenza, Middle East respiratory syndrome (MERS), and Hantavirus infections are all zoonotic infections, whereas measles is a purely human disease. All four infections may lead to severe pulmonary complications with a high mortality. Measles, MERS and avian influenza can lead to far-reaching public health consequences due to transmission via individual patients within the human population. The article focusses on relevant aspects of epidemiology, clinical course, treatment, and prevention for each of the viruses. This knowledge seems to be important as cases of these diseases may occur at any time in Germany. Pneumonia · Avian influenza · Middle East respiratory syndrome · Measles · Hantavirus und akutem Nierenversagen in bis zu der Hälfte der Fälle [2] . Die erste Beschreibung der Hantaviren in der westlichen Medizin "verdanken" wir den kriegerischen Auseinandersetzungen auf der koreanischen Halbinsel in den 1950er-Jahren. Zwischen 1951 und 1953 wurde der Ausbruch eines neuartigen hämorrhagischen Fiebers unter Truppen der Vereinten Nationen ausführlich dokumentiert. Dennoch sollte es noch bis zum Jahr 1977 dauern, bis der verantwortliche Erreger, das Hantaanvirus, erstmals isoliert werden konnte. Hantaviren sind eine heterogene Gruppe von Viren, die weltweit in den Körpern kleiner Säugetiere (typischerweise Mäuse, Ratten und andere Nagetiere) beherbergt sind. Humane Erkrankungen werden somit als Zoonosen klassifiziert. Die jeweiligen Nagetiere übertragen nur bestimmte Virusspezies, weshalb die Verbreitung der unterschiedlichen Subtypen den Lebensräumen ihrer Wirtstiere entspricht. Die in Mitteleuropa dominanten Vertreter sind das Puumalavirus (PUUV) und das Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV). In Deutschland sind Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sowie der direkte oder indirekte Erregernachweis meldepflichtig [20] . Die jährlichen Meldezahlen in Deutschland schwanken stark in Abhängigkeit von Schwankungen der Population und Durchseuchung der Reservoirtiere (z. B. Fallzahl 2017: n = 1731, Fallzahl 2018: n = 235) [9] . Die hohe Variabilität der Fallzahlen ist somit von einer Vielzahl von Umweltfaktoren abhängig. Viren werden von den Wirtstieren ausgeschieden und können über Tage infektiös bleiben. Die Ansteckung erfolgt meist durch Inhalation (z. B. aufgewirbelter Staub) oder durch Kontakt von verletzter Haut zu kontaminiertem Material. Die Inkubationszeit beträgt meist 2 bis 4 Wochen. Abseits der als Hantaviruserkrankung bezeichneten schweren Krankheitsform verläuft ein Großteil der Infektionen asymptomatisch bzw. ohne spezifische Symptome. Weiterhin hängt die Schwere der Erkrankung auch von dem übertragenen Virussubtyp ab [20] . In schweren Fällen beginnt die Krankheit abrupt mit hohem Fieber über wenige Tage, begleitet von grippalen Symptomen wie Kopf-und Gliederschmerzen. Hantaviruserkrankung sind geografisch verschieden Klinisch werden 2 verschiedene Verlaufsformen unterschieden. Das hämor- Hrsg) (2011) Epidemiology and prevention of vaccinepreventable diseases (the pink book), 12. Aufl. The Public Health Foundation Middle East respiratory syndrome Factors associated with fatal cases of measles. A retrospective autopsy study Intravenous ribavirin for hantavirus pulmonary syndrome: safety and tolerance during 1 year of open-label experience. Ribavirin study group Hrsg) Textbook of pediatric infectious diseases, 6. Aufl MERS-coV infection tReated with a combination of lopinavir /ritonavir and interferonbeta-1b(MIRACLE) MERS-CoV outbreak following a single patient exposure in an emergency room in South Korea: an epidemiological outbreak study Successful treatment of adults with severe hantavirus pulmonary syndrome with extracorporeal membrane oxygenation Hantaviruserkrankungen in Deutschland: Hohe Fallzahlen im Frühsommer Clinical findings in 111 cases of influenza A (H7N9) virus infection Cardiopulmonary manifestations of hantavirus pulmonary syndrome Informations and recommendations of the German respiratory society and the Paul-Ehrlich-Society for chemotherapy concerning the outbreak of influenza A(H7N9) virus infections in humans Clinical features of human influenza A (H5N1) infection in Vietnam Susceptibility of influenza A, B, C, and D viruses to baloxavir Effects of ribavirin on measles Interventions to reduce zoonotic and pandemic risks from avian influenza in Asia Aktuelle Daten und Informationenzu Infektionskrankheiten und Public Health RKI (2015) RKI-Ratgeber Hantavirus-Erkrankung Flussschema zur Abklärung von MERS-Verdachtsfällen High-dose intravenous methylprednisolone for hantavirus cardiopulmonary syndrome in Chile: a doubleblind, randomized controlled clinical trial Measlesvaccines: WHO positionpaper 25. WHO (2019) Middle East respiratory syndrome coronavirus WHO (2020) Measles and rubella surveillance data Abb. 3 Mit dem Beginn des Fiebers (Prodromalphase/febrile Phase, 2 bis 8 Tage) kann es zu gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö kommen. Auch stärkste abdominelle Schmerzen sind beschrieben. Weitere Begleitsymptome sind Konjunktivitis, Petechien und Gesichtsrötung. Typischerweise fehlen bei der Entwicklung eines HPS/ HCPS in dieser Phase die Symptome eines respiratorischen Infekts abseits von trockenem Husten [14] .Die folgende kardiopulmonale Phase wird verursacht durch ein Kapillarleck im pulmonalen Gefäßbett. Dies führt bei den Patienten in unterschiedlichen Schweregraden zu Lungenödem, Schock und Koagulopathie bis hin zu schweren Arrhythmien und schließlich zum Tod [11] . Die Mortalität des HPS/HCPS wird mit 10-50 % angegeben. Die wichtigsten Maßnahmen bei Patienten mit einer schweren Hantaviruserkrankung sind supportiver Natur. Bei Entwicklung eines HPS/HCPS sollten die Patienten auf einer entsprechend ausgestatteten Intensivstation betreut werden, da eine Beatmungstherapie und kreislaufunterstützende Maßnahmen notwendig werden können. Entsprechend der Therapie von Patienten mit ARDS anderer Ätiologie wurden auch Patienten mit HPS/HCPS erfolgreich mit extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) therapiert [8] .Als antivirale Medikation wurde bisher primär die Rolle von Ribavirin untersucht. Die entsprechenden Studien konnten jedoch keinen signifikanten Rückgang der Mortalität bei Patienten mit HPS/HCPS nachweisen [4] . Ebenso scheint der Einsatz von Glukokortikoiden keinen Benefit zu bringen [23] . Eine Impfung steht nicht zur Verfügung.