key: cord-1034332-x4kdo7qd authors: Dettmeyer, R.; Lasczkowski, G.; Weber, A.; Wolter, T.; Kernbach-Wighton, G. title: Histopathologische Befunde bei therapierter und nichttherapierter SARS-CoV-2-Infektion – Bericht über 3 Autopsien date: 2020-07-06 journal: Rechtsmedizin (Berl) DOI: 10.1007/s00194-020-00408-x sha: 9d61a4e66ded71106192da59123c2560074693f0 doc_id: 1034332 cord_uid: x4kdo7qd According to the current state of knowledge, several internal organs are usually involved in cases of SARS-CoV‑2 infections with a fatal course. Pathological changes are primarily found in lung tissues but there are also reports concerning direct or indirect (histo)pathological changes due to SARS-CoV‑2 infections in samples from the kidneys, liver and myocardium. Comparing three fatal cases associated with SARS-CoV‑2 infections in men using conventional histological staining, there were partly identical findings that enabled interpretations with respect to the chronology and pathophysiology of the disease. Of the men two were invasively ventilated in the intensive care unit and one man died after 8 days in domestic quarantine without treatment. A wide spectrum of findings potentially associated with SARS-CoV‑2 must be taken into account. Einleitung Die Pandemie mit SARS-CoV-2 führt in Relation zur Zahl der bekannten Infizierten zu einer beachtlichen Mortalität, insbesondere Risikogruppen betreffend. Genannt werden als Risikofaktoren das Alter (>60 Jahre), das Geschlecht (männlich) und Begleiterkrankungen, v. a. Diabetes mellitus, eine COPD, Adipositas und rheumatische Erkrankungen. Klinisch verläuft die Infektion in der Anfangsphase weniger gravierend, bei letalen Verläufen wird jedoch von einer rasch auftretenden Verschlechterung des Zustands berichtet. Die Patienten werden intensivpflichtig und müssen, zunächst nichtinvasiv, später jedoch mitunter invasiv beatmet werden. Radiologische Befunde demonstrieren die ausgedehnte Schädigung des Lungengewebes mit "milchglasartigen" Verschattungen, die für eine SARS-CoV-2-Infektion charakteristisch sein sollen [14] . Berichtet wird von histologischen Befunden, wie einer möglicherweise viruscharakteristischen Endotheliitis, sowie von einer erhöhten Thromboseneigung [10, 15, 18] . Im Nierengewebe sollen inflammatorische Prozesse im Sinne einer Nephritis auftreten können. Berichtet wird zudem von einer "collapsing glomerulopathy" [6, 11] . Auch eine COVID-19-assoziierte Myokarditis ist möglich. Wenn zunächst auch Strömungen gegen Obduktionen bei SARS-CoV-2-Verstorbenen bestanden, so ist doch zu konstatieren, dass die Obduktion gerade in Zeiten neuer und damit noch nicht hinreichend sicher zu beurteilender Heraus-forderungen zum einen zur Klärung der Todesursache beiträgt und zum anderen über pathomorphologische Befunde klinische Beobachtungen zum Krankheitsverlauf begreifbar macht. So können Obduktionen Einfluss auf das Behandlungsmanagement haben und sind nicht zuletzt eine qualitätssichernde Maßnahme. Daneben sind Aspekte der Gewebegewinnung für Forschungszwecke zu erwähnen. Obduktionen in der Rechtsmedizin sowie in der Pathologie tragen zur weiteren Aufklärung bei, ihre Ergebnisse sollen einer suffizienten Therapie von Patienten zugutekommen [2-6, 8-10, 13 ]. Bei Bei makroskopisch altersentsprechenden Befunden des Ösophagus, des Gastrointestinaltrakts und der ableitenden Harnwege wurden von diesen Lokalisationen keine histologischen Schnitte angefertigt. Vom Lungengewebe wurden aus jedem Lungenlappen Proben aus der Peripherie und aus hilusnahen zentralen Arealen mikroskopisch untersucht, ebenso Lungenhiluslymphknoten, jeweils zahlreiche Proben vom Myokard und aus der Leber, zudem Proben von den Nieren, dem Pankreas, der Prostata, den Nebennieren und der Schilddrüse. Die mikroskopischen Untersuchungen mit konventionell-histologischen Färbungen (Hämalaun-Eosin, Elasticavan-Gieson, PAS, Grocott, Berliner Blau) ergaben bei den 3 Fällen keine signifikanten oder keinesfalls auf eine SARS-CoV-2-Infektion zu beziehende Befunde im Pankreas, in den Nebennieren und in der Prostata. Im Lungengewebe zeigten sich regulär entfaltete und belüftete Areale mit akuter Stauungshyperämie unter Einbeziehung der Septumkapillaren (. Abb. 1a). In an-deren Regionen stellten sich ausgeweitete Lungenalveolen dar, mit interstitieller, lymphozytärer Entzündung und Alveolitis (. Abb. 1b). Die Lichtungen der Lungenalveolen waren membranartig von homogen-eosinophilen Belägen geradezu austapeziert (. Abb. 1c; Fall 2), das Lungengewebe häufig mit in Organisation begriffenen hyalinen Membranen, entsprechend einer Karnifizierung alteriert (. Abb. 1d, Fall 1). Dazu fanden sich eine erhebliche Dilatation der Septumkapillaren und abgeschilferte Alveolarmakrophagen bei unterschiedlich ausgeprägter lymphozytärer Infiltration entlang der Kapillaren (. Abb. 2), gelegentlich auch perivaskulär, selten mit diskreter Ausdehnung bis an das Gefäßendothel. Die Alveolarmakrophagen, aber offenbar auch das respiratorische Epithel peripherer Äste des Bronchialbaums, wiesen eine auffällige Zell-und Kernpolymorphie auf, häufig mit prominenten Nukleoli in den Zellkernen, die leicht balloniert wirken -insgesamt im Sinne einer gering-bis mäßiggradigen Dysplasie (. Abb. 3). Das bereits partiell autolytische Lebergewebe wies in allen 3 Fällen eine unterschiedlich ausgeprägte Portalfibrose auf, in einem Fall einen beginnenden präzirrhotischen Leberparenchymumbau, jedoch in allen Fällen eine gerade nicht periportale, sondern läppchenzentrale feinbis grobtropfige sog. hypoxische Leberzellverfettung (. Abb. 4), in 2 Fällen begleitet von einer mittelgradigen diffusen Leberzellverfettung. Im Fall 1 waren periportal prominente abgelagerte Gallethromben zu sehen, obwohl makroskopisch keine Cholezystolithiasis gegeben und keine Abflussstörung erkennbar war. Auch konnte eine aszendierte Cholangitis ausgeschlossen werden. Im Myokard fanden sich jeweils Befunde passend zu einer Myokardhypertrophie mit Kaliberschwankungen der Kardiomyozyten, Kerngrößenunterschieden, interstitieller und perivaskulärer Fibrose, teilweise auch sektorale Koronarinsuffizienzschwielen in Höhe der Spitzen der Stellmuskeln sowie eine fokale Endokardfibrose. Die Kardiomyozyten ließen darüber hinaus, besser erkennbar in quer angeschnittenen Kardiomyozyten, diffus verteilte optisch leere Areale erkennen, bei denen neben einem Verlust an Muskelproteinen auch an eine hypoxische Verfettung von Kardiomyozyten gedacht werden muss (. Abb. 5). In einem Fall zeigte sich rechtsventrikulär betont eine streifige interstitielle lymphozytäre Myokarditis (. Abb. 6). Der streifige Charakter der Entzündung kann erklärt werden, durch eine sich auch hier entlang der Gefäßwände ausbreitende lymphozytäre Infiltration; ein Bild, welches mit der Annahme einer viralen Endotheliitis und (Peri-)Vaskulitis gut vereinbar ist. Im Nierengewebe fanden sich in 2 Fällen keine Befunde im Sinne einer Vaskulitis, Endotheliitis oder interstitiellen Nephritis. Auffällig waren jeweils eine deutliche Ausweitung und Ballonierung der Glomerulumschlingen (. Abb. 7). Stellenweise zeigte sich eine prominente zelluläre Auskleidung der Bowman-Kapsel (. Abb. 8); in einem Fall war eine fokale interstitielle lymphozytäre Nephritis vorhanden (. Abb. 9). Soweit mikroskopisch untersucht, zeigten die hilären und paraaortalen Lymphknoten bei allen 3 Verstorbenen eine unspezifische chronische Lymphadenitis regionalis. Einzig bei dem nichttherapierten Patienten (Fall 2) waren histologisch im Schilddrüsengewebe vermehrte intrakolloidale Resorptionsvakuolen nachweisbar (. Abb. 10). Ein Patient (Fall 3) bot klinisch nach Entwöhnung von der Beatmung und wenige Tage vor seinem Tode das Bild einer "critical illness neuropathy" and "critical illness myopathy" mit inkompletter Tetraplegie. Hier zeigten sich histologisch teils schmale, teils aufgehellte Muskelfaserschläuche (. Abb. 11). In allen 3 Fällen waren die hilären und paraaortalen Lymphknoten nicht auffällig vergrößert, auch wenn sich histologisch eine unspezifische Lymphadenitis zeigte. Ebenso fehlte jeweils eine entzündliche Milzreaktion, was jedoch selbst bei ausgedehnter bakterieller Bronchopneumonie nicht zwingend zeitnah zu erwarten ist (. Tab. 2). Bei zunächst SARS-CoV-2-positiven Befunden in allen 3 Fällen waren die Abstrichuntersuchungen auf SARS-CoV-2 in den Fällen 1 und 3 in den Tagen vor dem Tode negativ. Autoptisch entnommene Abstriche vom Lungengewebe ergaben folgende Befunde: 4 Fall 1: SARS-CoV-2 negativ; massenhaft Enterococcus faecalis, 4 Fall 2: SARS-CoV-2 positiv (Lungen, Herz, Nieren); massenhaft Proteus mirabilis, Rechtsmedizin https://doi.org/10.1007/s00194-020-00408-x © Der/die Autor(en) 2020 Zusammenfassung According to the current state of knowledge, several internal organs are usually involved in cases of SARS-CoV-2 infections with a fatal course. Pathological changes are primarily found in lung tissues but there are also reports concerning direct or indirect (histo)pathological changes due to SARS-CoV-2 infections in samples from the kidneys, liver and myocardium. Comparing three fatal cases associated with SARS-CoV-2 infections in men using conventional histological staining, there were partly identical findings that enabled interpretations with respect to the chronology and pathophysiology of the disease. Of the men two were invasively ventilated in the intensive care unit and one man died after 8 days in domestic quarantine without treatment. A wide spectrum of findings potentially associated with SARS-CoV-2 must be taken into account. [1, 4, 6, 7, 11, 12, 15, 16, 18] . Histologisch fällt auf, dass sowohl in den Lungen als auch in anderen Organen die lymphozytären Entzündungsinfiltrate eine offenbar gefäßwandassozi- ierte Ausbreitung zeigen, mit Hinweisen auf eine Endotheliitis sowie auf eine perivaskuläre Entzündung. Die Bindung des Entzündungsinfiltrates an Kapillar-bzw. Gefäßwände auf mikroskopischer Ebene könnte die histopathologisch auffällige streifige Ausdehnung des Entzündungsprozesses erklären, so etwa bei der hier nachgewiesenen SARS-CoV-2-assoziierten Myokarditis (Fall 3). Es bedarf jedoch einer höheren Zahl an Untersuchungen des Myokards zur Klärung der Frage, ob eine histomorphologisch charakteristische, streifige, gefäßwandassoziierte SARS-CoV-2-Myokarditis vorliegen kann. Bei den 3 hier präsentierten Fällen fand sich jeweils eine Leberzellverfettung vom auch hypoxischen Typ (. Abb. 6). Die jedenfalls fokal in den Kardiomyozyten nachweisbaren, vakuolär anmutenden Substanzdefekte (. Abb. 7) werden in der Literatur als Folge einer chronischen Hypoxie angesehen [2] . Die Histopathologie lässt insoweit Rückschlüsse auf die Pathophysiologie bei schwereren SARS-CoV-2-Infektionen zu [1, 15, 17] : Die hypoxischen Veränderungen in der Leber und im Myokard sprechen dafür, dass im Rahmen einer SARS-CoV-2-Pneumonie im Zeitverlauf ein zunehmender Teil der Sauerstoffaustauschfläche entzündungsbedingt ausfällt. Das betroffene Lungen-gewebe zeigt nachfolgend eine unzureichende Ausheilung der Pneumonie mit Karnifikation. Mit Erreichen einer bis zu einem gewissen Grade sicherlich individuell kritischen Grenze, in Abhängigkeit auch von der Vorschädigung des Lungengewebes (Emphysem, interstitielle Fibrose, COPD mit sog. Curschmann-Spiralen etc.), kommt es zu einer mehr oder weniger raschen Abnahme der Sauerstoffsättigung im Blut und in der Folge zur hypoxischen Leberzellverfettung und zur Schädigung der Kardiomyozyten, bei denen, vorbehaltlich immunhistochemischer Untersuchungen des Myokards, neben einer hypoxischen Verfettung auch an einen Verlust intrazytoplasmatischer Muskelproteine gedacht werden muss. In den Fällen 1 und 3 waren im Lungengewebe Bakterienkolonien nachweisbar und eine auch granulozytäre entzündliche Infiltration, entsprechend führten mikrobiologische Untersuchungen zum Nachweis bakterieller Erreger. Dies entspricht dem auch klinisch bekannten Verlauf einer primär viralen lymphozytären interstitiellen Pneumonie und sekundär bakteriellen Bronchopneumonie mit möglicher Entwicklung einer tödlichen Sepsis [2] . Bei (histopathologisch wie radiologisch darstellbarer) Karnifizierung des Inside the lungs of COVID-19 disease COVID-19 autopsies Forensic histopathology, 2. Aufl Dying with SARS-CoV-2 infection-an autopsy study of the first consecutive Püschel K (2020) Evidence for systematic autopsies in COVID-19 positive deceased: case report of the first German investigated COVID-19 death Autopsy in suspected COVID-19 cases COVID-19-associated collapsing glomerulopathy: an emerging entity Briefing on COVID-19 autopsy practice relating to possible cases of COVID-19 Konsequenzen von Autopsiebefunden für die Lebenden Protection of forensic scene investigation and postmortem examination during the epidemic period of COVID-19 Early histologic findings of pulmonary SARS-CoV-2 infection detected in surgical specimen Acute kindney injury due to collapsing glomerulopathy following COVID-19 infection Aktuelle Empfehlungen zum Umgang mit dem Verdacht auf COVID-19 in der rechtsmedizinischen Routine Low-dose chest CT for the diagnosis of COVID-19-a systematic, prospective comparison with PCR Gross and histopathological pulmonary findings in a COVID-19 associated death during self-isolation Endothelial cell infection and endotheliitis in COVID-19 Understanding pathways to death in patient with COVID-19 Autopsy findings and venous thrombolism in patients with COVID-19: a prospective cohort study