um um 11 l Mil 1 Miſſ T1 wº namerirurum an in "Ä 3 9O 15 ÖÖ349 153 O University of Michigan - BUHR - / ſ > - , ( Q , / T-S.- . . . - - - E TS - >- º - - - - - - -* - - *** - - - " O - «- F Q . . . .“ - Q -, " . . Z- , - * * , - *. Ä . W K , “ . N< - * S- V., V. . . ( º Q - M. »- - * . w» - 5 * - SR * * * V - F - - *. *. > Q - « * “ - - - -- * - - - - - F A* . * . . % ,,“ º / . " - - ºr . . - - & «- V D A . z- S> “--- > . N- * ? R- S - S Cºº - - - - - - - - . f G 2. - - - z, S- Ä - . . .“ f º Z_ * A*. * « / TA-" m ----- - -- - - - - - „“ . . ? -- . 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Dr. Hammer-Purgstall, Freiherr: Die Schuld der Templer. (Mit VII Tafeln.). Dr. Hammer-Purgstall, Freiherr: Das Pferd bei den Arabern Zweite Abtheilung. - Abhandlungen V 0n Nicht-Mitgliedern. Krem er, A. v.: Topographie von Damaskus. (Mit einem Plane nebst Erklärung) Seite °-V- 85 175 21 1 Erste Abtheilung. Abhandlungen von Mitgliedern der Akademie. Mit 7 Tafeln. DAS KAMEL VON Dr. FREIHERRN HAMMER - PURGST ALL, WIRKLICHEM MITGLIEDE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. (VORGELEGT IN DER SITZUNG DER PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE AM 1. DECEMBER MDCCCLII.) Anlass zu dieser Abhandlung über das Kamel ist die meines verehrten Freundes, Herrn Professors Karl Ritter im XIII. Bande seiner Erdkunde über die geographische Verbreitung des Kameeles. Er hat darin Alles erschöpft, was Reisende und Naturforscher über das Kamel bisher berichtet, ohne die arabischen Quellen selbst, welche ihm unzugänglich geblieben, benützt zu haben. Bochart ist der einzige Orientalist welcher in seinem Hierozoikon Einiges aus der Naturgeschichte Demiris benützt hat, wie- wohl die Quellen, wie diese Abhandlung zeigen wird, überreich strömten; dieselbe wird mit Beiseitelassung alles dessen was sich sowohl in Ritter's Abhandlung als in den von ihm benützten Reisebeschreibungen findet, sich einzig und allein an die arabischen Quellen halten und ein bisher noch nicht dagewesenes Beispiel aufstellen, wie durch die Wörterkunde und Philologie die Naturgeschichte und Physiologie geför- dert werden können: durch die blosse Zusammenstellung der in dasselbe Stofffach gehörigen Wörter gehen AUS den Gruppen derselben bisher unbekannte Thatsachen der Eigenschaften und Gewohnheiten des bespro- chenen Thieres hervor. Beim Pferde und der Palme würde sich dasselbe bewähren, indem der Araber dafür auch eine grosse Anzahl von Wörtern hat, deren Zahl sich aber mit der in dem arabischen Sprach- schatze über das Kamel vorhandenen keineswegs vergleichen kann. Wir tragen zuerst die schuldige Rechenschaft über die arabischen Quellen ab. « « Sehr frühe (schon im achten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung) haben arabische Philologen Bücher über das Kamel geschrieben; das bibliographische Wörterbuch Hádschi Chalfas führt unter dem Titel: das Buch der Kamele“) vier derselben auf; die älteste Literaturgeschichte aber der Araber, das Fihrist, und die Classen der Grammatiker von Soj üthi, führen aber weit mehr solche Bücher der !) Bei Flügel, Nr. 9752, von Ebü ſeid Säid B. Äüs Chaſredschi, Ebü Ämrü lshak B. Morrar (nicht Mirar, wie Flügel irrig ausspricht) Scheibäni, gest. 256 (869), Ismäi B. Käsim Ebü Äli el-Käli, gest. 356 (966), und Ebü Hätim Sehl (nicht Sahl, wie Flügel irrig ausspricht) B. Mohammed Sedschistáni, gest. 255 (868). Da Sin ein weicher Buchstabe ist, und Flügel selbst richtig Sedschistani ausspricht, so ist gar keine Ursache vorhanden, warum das Feth in Sehl nicht e statt a ausgesprochen werden sollte; es folgt nicht einmal auf dasselbe ein harter Buchstabe der die Aussprache a fordern könnte, sondern ein weicher he, wie in Sedschistani nach sin das weiche dsch im. Denkschriften der philos.-histor. CI. VI. Bd. «- l 2 Freiherr Hammer-Purgstall. Kamele auf, so dass wir im Stande sind, hier in der Note statt vier welche Hädschi Chalfa kannte, viermal so viel derselben aufzuführen“). * - Von diesen Sechzehn Büchern des Kamels ist auch nicht eines bis auf uns gekommen, oder wenig- stens auf keiner der europäischen Bibliotheken zu finden. Die ersten vorhandenen Quellen sind: 1) das persische Adscháibol-Machlükat von Mahmüd B. Ähmed aus Tüs, gest. i. J. d. H. 555 (1160), und 2) das spätere arabische Sekeria B. Mohammeds aus Kaswin (beide auf der k. k. Hofbibliothek vorhanden); 3) das Charide tol -Ädscháib, d. i. die Zahlperle der Wunder, von Sein eddin Ömer Ib nol-Werdi, gest. i. J. d. H. 746 (1345), in diesen drei Werken wird das Kamel nur kurz abge- handelt, und im Buche der Thiere von Dsch ähiſ, in welchem doch ein Artikel über dasselbe zu ver- muthen wäre, geht es ganz leer aus; hingegen behandelt 4) Kemäled din B. Mohammed B. is á ed- Demiri“), gest. i. J. d. H. 808 (1405), in seinem zoologischen Wörterbuche das Kamel in fünf und zwanzig verschiedenen Artikeln nach den verschiedenen Namen des männlichen und weiblichen Kamels, des Fohlens u. s. w.; in seine Fuſsstapfen traten 5) Ibn Had ſche, gest. 837 (1433), Verfasser des erreichten Wunsches in Thieren, Pflanzen und Mineralien *), und 6) der Verfasser des zu Konstantinopel in zwei Folianten gedruckten Motathref*), welcher im LX“ Hauptstücke die Liste von neunthalbhundert Thieren gibt, wovon drei und dreissig Namen dem Kamele angehören. Mehr als die beiden Ädschaibol- Mach lükat und die Nachschreiber Demiri ’s belehren über die Eigenschaften und die Gewohnheiten des Kamels die beiden grossen Philologen 7) Manfs ür es-Seäálibi, gest. i. J. d. H. 428 (1036), und 8) Meidáni, gest. i. J. d. H. 518 (1124), wovon jener die von dem Kamele hergenommenen Metonymien und dieser die dasselbe berührenden Sprichwörter sammelte; weit reichere Ausbeute für die Physiologie und Naturgeschichte des Kamels, als die obgenannten naturhistorischen und philologischen Werke, gewähren die Wörterbücher, unter denen 9) der Kamus Firufábád is, welcher sowohl zu Konstantinopel als zu Calcutta in Druck erschienen ist, den Vorrang. Sein Vorgänger war 9) D schew- her i, der Verfasser des S sih háh, dessen türkische Übersetzung VON Wankuli zu Konstantinopel bereits zwei Ausgaben erlebt hat; 10) das ebenfalls zu Konstantinopel gedruckte türkisch-arabisch-persi- sche Wörterbuch Lehdsch e tol – Lugát, welches siebzig dem Kamele angehörige Namen und ein paar Sprichwörter erklärt; endlich 11) d. B. das in der Sprache Genügende von Ebi Ishák Ibráhim, berühmt unter dem Namen Ibnol-Edschdäni, welcher in fünfzig Hauptstücken eine reichhaltige Synonymik und Epithetik enthält, wovon drei Hauptstücke (das 9., 10. und 11.) von dem Kamele, den Eigenschaften, Farben und dem Schritte des Kamels handeln. Aus diesen zwölf Quellen ist g-ms-mms=-am-m-aramº *) 1) Chalil B. Ähmed, gest. 170 (786) oder 175 (Geschichte der arab. Lit. III. B., S. 339); 2) Ebü Ämrü Ishak B. Morrar ersch-schei- bani, gest. 206 (821) und nicht, wie irrig bei Flügel, i. J. 256 (Geschichte der arab. Lit. III. B., nach Ibn Challikän); 3) Ebü Öbeide, gest. 209 (824), schrieb nicht nur ein Buch des Kamels, sondern auch des Kamel-Sattels (ebenda S. 415); 4) Kasem B. Moin, gest. 210 (825), (ebenda B. IV., S. 469); 5) Ebü ſeid B. Äüs B. Säbit, gest. 215 (830), gab der erste das Beispiel der Vergesell- schaftung der beiden nützlichsten Hausthiere des Arabers in seinem Buch e des Kamels und des Schafes; 6) Aſsmai, gest. 216 (831), (Gesch. d. arab. Lit. B. III., S. 419); 7) Ähmed B. Hätim, gest. 231 (845), (ebenda III, 428); 8) Ibnes-sikit, gest. 244 (858), sein Buch der Kamele wird nicht von Sojüthi, wohl aber vom Fihrist aufgeführt (Gesch. d. arab. Lit. IV, 470); 9) Ebü Hätim B. Sehl es-sedschistani, gest. 255 (868); 10) Ebü Anbes eſs-someiri, l. u. J. 270 (883), (Gesch. der arab. Literatur IV, 488); 11) Rijäschi, gest. 275 (888), der Schüler Moberred's und Ibn Doreid's; 12) der grosse Geschichtschreiber und Verfasser der „Bildung des Secretärs“ Ibn Koteibe, gest. 276 (889); 13) Ismail B. el-Käsim el-Kali, gest. 356 (966), (bei Sojüthi Nr. 890); unbekannt sind die Sterbejahre der folgenden Verfasser von Büchern des Kamels: 14) Ebü sijad el-Kilabi (bei Sojüthi Nr. 890); 15) Ebü Schemh; 16) der Dichter Rebiää el-Basri, der Beduine, schrieb das Buch des sehnsüchtigen Stöhnens des Kamels nach dem Lager seiner Jungen (Haninol-Ibl-fil-ewkät). *) Unglaublich ist es, dass in dem LXII. Hauptstücke des Motathref, welches dem Demiri ausgeschrieben, sowohl die Artikel ibl als dsch eml fehlen und nur ra hilet und rik áb das Reitkamel mit ein paar Zeilen vorkömmt. *) Bolügol-murád min el-haiwan wen–n ebät-wei-dsch emäd, auf der Hofbibliothek befindlich. *) el-Moth a treffi-kullin-fennin m ostat href, d. i. der das in jeder Wissenschaft Entzückende Abpflückende. Das Kamel. » Z der Fluss der vorliegenden Abhandlung zusammengeleitet, welcher in das Meer der arabischen Poesie mündet. Die letzte der genannten Quellen gibt zugleich den besten Fingerzeig zur Eintheilung unserer Arbeit. Alle Wörterbücher sind, wie bekannt, entweder nach dem Alphabete, nach den Wurzeln, oder nach Materien geordnet; die erste in europäischen Wörterbüchern allgemein übliche Anordnung ist gewiss die bequemste; die zweite welche in den Wörterbüchern der semitischen Sprachen vorherrscht“), beför- dert das gründliche etymologische Studium der Sprache; die dritte aber welche in Indien die beliebteste, erleichtert dem Physiologen und Ethiker die Arbeit, und ist eigentlich die philosophische Anordnung des ganzen Schatzes der Sprache. Das Kifájet (die letzterwähnte der obigen Quellen) ist zwar nur ein kleines bündiges Werk, nur ein Auszug aus dem reichen arabischen Sprachschatze, welches nur in drei Abschnitten von den Eigenschaften, den Farben und dem Gange des Kamels handelt, aber es gibt, wie gesagt, den Fingerzeig zur stofflichen Anordnung dieser philologischen Arbeit. Die Belege derselben, nämlich die aus den obigen Quellen geschöpften arabischen Wörter, sind weder alphabetisch noch nach den Wurzeln, sondern nach Materien geordnet; der erste hier vorzulesende Theil dieser Abhandlung wird auch die Nicht- orientalisten mit dem wissenschaftlichen Theile derselben befreunden; der zweite welcher als blosses Wörter- verzeichniss sich zur Vorlesung nicht eignet, wird die Belege des Gesagten, worunter auch für Naturforscher viel Neues, enthalten. Das Wörterverzeichniss enthält aber blos die lexikographischen Belege zu den ersten drei Theilen dieser Arbeit; in deren viertem welcher Beschreibungen des Kamels aus arabischen Dichtern enthält, die gegebene Übersetzung keines anderen philologischen Beleges bedarf. Nach dem Fingerzeige des Kifá- jet*), welches nur in drei Abschnitten von den Eigenschaften, den Farben und dem Gange des Kamels weder logisch, noch vollständig das Kamel behandelt, sei auch unser Wörterschatz nur logischer und vollständiger in drei Abtheilungen abgehandelt, in deren erster von dem Kamele und seinem thierischen Leben, in der zweiten von den Gliedern sammt anderen Bestandtheilen und Erzeugnissen seines Leibes, von den Eigen- schaften desselben, in der dritten von den Zuständen, von der Bestimmung und von der Pflege des Ka- mels die Rede sein wird. Diese drei Hauptabtheilungen zerfallen in die sechzehn folgenden Hauptstücke: I. Von den Namen, II. von der Gattung und den Arten, III. von dem Geschlechte, IV. von dem Alter, V. von der Begattung, VI. von der Schwangerschaft, WII. von der Geburt, VIII. von dem Säugen, IX. von der Nahrung und Weide, und X. von der Tränke des Kamels. Jede der beiden folgenden Abtheilungen zerfällt dann in drei Hauptstücke, nämlich die zweite: XI. von den Gliedern, XII. von den Bestandtheilen und Erzeugnissen, XIII. von den Eigenschaften des Kamels; endlich die dritte Abtheilung: XIV. von den Zuständen, XV. von der Bestimmung und XVI. von der Pflege des Kamels, woraus sich der grosse Werth desselben für den Araber von selbst ergibt; die poetischen Stellen, worinnen von diesem die Rede, machen dann den natürlichen Übergang zu dem philologischen vierten Theile, welcher in vier Haupt- stücken XVII. die Verse des Korans welche das Kameel betreffen, XVIII. die Stellen der Überlieferung, worin von demselben die Rede, XIX. die Sprichwörter die von dem Kamele hergenommen sind, XX. die poetische Beschreibung desselben liefern wird. Die vier letzten Hauptstücke, so wie sechs andere obige, nämlich das fünfte von der Begattung, das sechste von der Schwangerschaft, das siebente von der Geburt, das achte vom Säugen, das neunte von der Weide und das zehnte von der Tränke, haben keine Unter- abtheilungen, welche bei keinem der anderen fehlen, und bei einigen, wie z. B. bei dem der Glieder und *) Im Deutschen sind Kremsier's urteutsche Sprache nach ihren Stammwörtern und im Russischen Reiff's Wörterbuch welches die Wörter nach den Wurzeln ihrer Familien ordnet, Beipiele dieser Anordnung. - *) Bochart behandelt im Hierozoikon das Kamel in fünf Hauptstücken: 1) de cameli nomine, 2) de camelorum usu, 3) qui cameli dicantur Bierim, 4) de tribus camelorum speciebus, 5) de camelo proverbia. «Hº- N - -- 4 Freiherr Hammer-Purgstall. Eigenschaften sehr zahlreich sind, so zerfällt das erste Hauptstück von den Namen in die allgemeinen und die eigenen welche Individuen angehören, und in die der versammelten Individuen, d. i. die Heerden; das zweite Hauptstück der Gattung und Arten in die edlen und unedlen, und wieder nach den Benennungen, die entweder von Ländern oder Stämmen hergenommen sind; das dritte Hauptstück von dem Geschlechte in die zwei Abschnitte des Hengstes und der Stute; das vierte vom Alter in die drei Abschnitte des Fohlens, des jungen und des alten Kamels. In dem Hauptstücke der Glieder geben die zwölf vorzüglichsten der- selben eben so viele Abschnitte; das folgende Hauptstück von anderen Bestandtheilen und den Erzeugnissen des Leibes des Kamels zerfällt in die sechs Abschnitte: des Fleisches, des Blutes, des Fettes, des Spei- chels, des Schaumes und der Excremente. Von den Eigenschaften (welche entweder körperliche oder geistige, gute oder böse sind) werden einige, wie z. B. die der Farbe und des Haares, untergetheilt, andere dreissig haben im Arabischen viele Synonyme, welche im Deutschen nur mit Einem Worte angezeigt werden können, desto reichlicher aber im Arabischen der Belege bedacht sind. Unter die Zustände wer- den die Laute, nämlich Brüllen und Stöhnen, die Krankheiten, Bewegung und Ruhe gerechnet, das Schweigen, so wie der gesunde normale Zustand bedarf keines besonderen Abschnittes, wohl aber der der Krankheit, des Schrittes oder Laufes und der Ausruhung von demselben. Die wichtigsten Hauptstücke und welche am meisten Neues enthalten, sind die der Bestimmung und Pflege, in jenem erscheint in einem Dutzend von Abschnitten das Lastkamel, das Gastkamel, das Reitkamel (für die Männer), das Sänften- kamel (für die Frauen), das Courierkamel, das Hochzeitskamel, das Proviantkamel, das wassertragende Kamel, das wasserschöpfende Kamel, das Kriegs- oder Schlachtenkamel, das Wallfahrtskamel welches zu Mekka, und das Grabkamel welches am Grabe von Helden, Dichtern oder Freunden als Opfer ge- schlachtet wird. In dem Hauptstücke der Pflege und Wartung wird endlich von der Leitung und Auf- zäumung des Kamels, von dem Zaume, Sattel, Gurte, Halfter, Stempel und Treiber des Kamels sammt dem Rufe, Geschrei und Gesange des letzten gehandelt. So geben diese zwanzig Hauptstücke nicht weniger als hundert Abschnitte, was kein Wunder bei dem grossen Reichthume des vorliegenden Stoffes, denn die Zahl der zum Behufe dieser Arbeit als Belege derselben gesammelten Wörter sind nicht weniger als fast sechstausend“). v Die grosse Zahl von fast sechstausend erregt billig Verwunderung. Bochart sagt zwar, dass das Kamel im Arabischen bis sechshundert Namen habe, und in arabischen Grammatiken findet sich die Angabe, dass der Löwe tausend, das Pferd siebenhundert, das Schwert fünfhundert Namen habe. Die grosse Zahl von sechstausend ist aber bisher vom Kamele noch nirgends ausgesprochen und noch weniger nachgewiesen worden. Man würde sehr irren, wenn man diese grosse Anzahl von Wörtern alle für Synonyme des Pfer- des, Schwertes, Löwen oder des Kamels hielte; die wenigsten davon sind wirklich Synonyme, d. i. ganz gleichbedeutende oder fast gleichbedeutende Wörter, die meisten beziehen sich auf verschiedene Eigen- schaften, Zustände oder Gewohnheiten des besprochenen Thieres. Da die Synonymik in keiner anderen Sprache so ausgebildet erscheint, als in der arabischen, so sind hier ein paar Worte zur gehörigen Ver- ständigung und Belehrung nöthig. Alle Werke welche in europäischen Sprachen unter dem Namen von Synonymen erschienen sind“), heben nur die Verschiedenheit des Sinnes ganz oder fast gleichbedeutender Wörter hervor und bezwecken grösstentheils zu zeigen, dass es in keiner Sprache vollkommen gleichbedeu- tende Wörter gebe; dieses ist aber keineswegs so, denn ein und derselbe Gegenstand wird in verschiedenen *) Von diesen sechstausend Wörtern enthielt der Index rerum latinorum in Freitag's Wörterbuch kaum ein Zwölftel, sonach nur 439. *) Versuch einer allgemeinen lateinischen Synonymik von Ernesti, Wien 1814; Eberhard's Synonymik, ergänzt von Maass; Diction- naire des Synonymes françois par Beauzée, Girard, Roubaud; English Synonymes by George Grabb, London 1816; Tommaseo nuovo Dizionario de Sinonimi della lingua Italiana, Firenze 1830. Das Kamel. - 5 Landschaften mit verschiedenen Wörtern bezeichnet, so sind z. B. die deutschen Wörter: Obers, Sahne, Schmette, Rahm ganz gleichbedeutende, nur, dass sie in verschiedenen Landschaften Deutschlands gebraucht werden. Vollkommen gleichbedeutende Wörter häufen sich nur aus den verschiedenen Mund- arten einer Sprache an, und es ist kein Wunder, dass die arabische deren mehrere als andere zählt, weil die Araber ursprünglich ein nomadisches, in viele Stämme getheiltes Volk sind. Da das Wort Synonym in Europa sowohl für ganz gleichbedeutende als für fast gleichbedeutende Wörter gebraucht wird, so wäre es gewiss besser (wenn ein griechisches Wort dafür gebraucht werden soll), jene als Homonyme, diese als Homoionyme zu bezeichnen. Die beiden Pole jedes Wortes sind der Laut und die Bedeutung desselben, es gibt also in jeder Sprache nicht nur ganz gleichbedeutende und fast gleichbedeutende, sondern auch ganz gleichlautende und fast gleichlautende Wörter, d. i. Homophone und Homoiophone; von diesen beiden nehmen europäische Sprachlehren nur wenig Kunde“) und gewähren denselben höchstens in dem Hauptstücke der Rechtschreibung einen kleinen Raum, um die Verschiedenheit der Schreibweise anzudeuten, wie z. B. der Aal und die Ahle. Ganz anders verhält sich dieses bei den Arabern, bei denen die ganz gleichlautenden und fast gleichlautenden Wörter eine eben so grosse Rolle spielen als die ganz gleichbedeutenden und fast gleichbedeutenden; ja sie gehen noch weiter, indem sie Wörter welche zugleich gleichbedeutend und gleichlautend sind, und wieder andere welche nur schallverwandt sind und ohne alle Bedeutung blosse Füll- und Flickwörter für das Ohr sind, besonderen Fächern zuweisen. Der Araber betrachtet zuerst das Wort oder die Wurzel desselben an und für sich und ohne allen Bezug auf eine andere Wurzel; für diese vereinzelten Wurzeln hat er eine vierfache Abtheilung: die welche nur eine Bedeutung haben (Mononyme), die welche viele Bedeutungen haben (Polyonyme), die welche ganz entgegengesetzte Bedeutungen haben (Antionyme) und viertens die welche zugleich polyonym und antionym sind; von den letzten ist die Wurzel ädschefe die berühmteste, welche hun- dert Bedeutungen hat, und mehrere daraus abgeleitete Wörter haben wirklich entgegengesetzte, aber doch unter sich verwandte Bedeutungen, so z. B. bedeutet âdschuf den Himmel und die Hölle, die Sonne und das Jahr, ein altes Weib und den Hinteren. In Bezug auf ein zweites Wort gibt es 1) ganz gleichbedeu- tende Wörter (Homonyme“), 2) fast gleichbedeutende Wörter (Homoionyme”), 3) ganz gleichlautende Wörter (Homophone“), 4) fast gleichlautende Wörter (Homoiophone*), 5) Wörter welche zugleich gleichbe- deutend und gleichlautend sind“); auch an diesen fehlt es in anderen Sprachen nicht, nur dass sie in euro- päischen Sprachen wenig, im Arabischen aber sehr zahlreich, so z. B. im Deutschen schalten und walten, schlecken und lecken, kaudern und plaudern, knurren und pfnurren, knarren und schnarren, sausen und brausen, oder nicht ganz gleichlautende, wie lulen und lallen, zwicken und zwacken, rippeln und rappeln u. s. w., – der Reim dieser Wörter, welcher für das Ohr des Europäers in der zierlichen Prosa anstössig, hat für den Araber den grössten Reiz und, wo ihm ein gleichbedeutendes und gleichlautendes Wort fehlt, nimmt er 6) ein Füll- oder Flickwort"), das für sich gar keinen Sinn hat, und das er blos gebraucht, um sein reimsüchtiges Ohr zu befriedigen; dergleichen Füll- und Flickwörter fehlen auch in europäischen Sprachen, besonders in den Mundarten nicht, wie z. B. im Deutschen Schuri Muri, Raudig Schaudig, Gikel Gakel u. s. w. Alle diese sechs Classen haben in den arabischen Sprachlehren und Wörterbüchern besondere Kunstnamen, und sind in dem Miſher, d. i. dem Plektron ) Der Dictionnaire des mots homonymes de la langue françoise par Mr. Hurtaut, Paris 1775, sollte Dictionnaire des mots homophones et homoiophones heissen, indem derselbe nur gleichlautende oder fast gleichlautende Wörter enthält. – *) Foruk, Journ. asiat. troisième série, tome IV, p. 179 bis 199. – 8) –>Amoradif– “) J-Ä» GÄ el-motteſik wel mofterik. – °) – º2 –Ä el-mutelif wel mochtelif. – ") –>VW el-moteradif. – ") Sº el-etbää. 6 Freiherr Hammer - Purgstall. des grossen arabischen Grammatikers, Philologen, Vielwissers und Vielschreibers Soj üthi, in eben so vielen Hauptstücken umständlich behandelt"). Von diesen sechs Classen arabischer Homonymik und Homoio- nymik, Homophonik und Homoiophonik gehen uns hier eigentlich nur die gleichbedeutenden oder sinn- verwandten Wörter an, welche den arabischen Sprachschatz für die dem Kamel angehörigen Wörter auf die unglaubliche Zahl von sechstausend steigern; aber ehe wir mit dem ersten Hauptstücke, nämlich mit den Namen des Kamels, beginnen, müssen wir noch durch das Beispiel von ein paar Wurzelwörtern, von deren vielfachen Bedeutungen einige sich unmittelbar auf das Kamel beziehen, zuerst einen Begriff von der Vieldeutigkeit arabischer Wurzeln und hierdurch im Sinne Dr. Wienbarg's einen Beitrag zum Geheim- miss des Wortes geben *). Diese Wurzeln sind helle, rebäa und dschemele, von deren erster das magere Kamel, von deren zweiter das alle vier Tage getränkte Kamel und das im Frühling gebärende Kamel, von deren dritter aber das Kamel überhaupt seinen Namen hat. Von diesen drei Wurzelwörtern, von denen einige unmittelbar auf das Kamel sich beziehende Wörter abgeleitet werden, wählen wir noch die Wurzel gaſele, weil die von derselben abgeleiteten und in europäischen Sprachen aufgenommenen Wörter das Gafel, die Gaſelle und gazouiller auch Nichtorientalisten allbekannt, und weil die nähere Bekanntschaft mit dieser Wurzel ein auffallendes Beispiel darbeut, zu welchen Entdeckungen auch in an- deren Wissenschaften das etymologische Studium führt. Die Grundbedeutung der Wurzel gaſele ist eine dreifache: 1) erspann Baumwolle*), 2) er liebkoste den Frauen mit Gedichten“), 3) die Gaſelle hatte ein Junges"). Die Verbindung der letzten beiden Bedeutungen (von denen die Gaſelle, das Gaſel und ga- zouiller abstammen) durch den vermittelnden Begriff des Liebkosens und der Schmeichelei ist klar, nicht so, welche Verbindung zwischen diesen Begriffen und dem Spinnen bestehe; indessen ist es gerade diese Bedeutung welche in Verbindung mit den Stellen arabischer Dichter uns zu einer hieroglyphischen Ent- deckung führt. Das von der Wurzel gafele abgeleitete Wort gaſálet heisst die Sonne in ihrer vollen Strahlenpracht, weil sie die Fäden der Strahlen spinnt, ein Bild das auch der deutschen Sprache gemein, indem man sagt: Die Sonne spinnt; arabische Dichter sprechen von den Händen der Sonne, welche die Strahlen spinnen, und das erste Distichon des hohen Liedes der Araber, d. i. der Täijé des Ibnol- Fáridh spielt darauf an. Das Bild der mit Händen die Strahlen als Fäden spinnenden Sonne gibt die natürlichste und einfachste Erklärung des bisher unerklärten, unter den Hieroglyphen vorkommenden Bildes der Sonne, deren Strahlen ringsum von Händen umgeben sind. Wir gehen nun zu den drei Wurzelwörtern über, deren jedes in der nächsten Beziehung zu dem Kamel: Die Wurzel helle, mit welcher das Deutsche hell und Helle nicht nur schallverwandt, sondern auch sinnverwandt, heisst: 1) der Neumond fing an zu scheinen“), 2) der erste Regen fiel'), 3) er lobte Gott”); die nächste Verwandtschaft dieser drei Begriffe liegt am Tage, wenn man weiss, dass in Arabien mit dem Neumond gewöhnlich Regen eintritt, und dass die alten Araber so wie mehrere andere alte Völker das Eintreten das Neumondes als ein Naturfest feierten, indem sie denselben mit Freudengeschrei begrüss- ten; dieses Freudengeschrei ist das noch heute in ganz Syrien und Ägypten übliche Lili"), d. i. Aleluja! womit die auf den flachen Dächern der Häuser versammelten Weiber ihre Freude ausschreien und das auf viele Stunden weit gehört wird, daher tehli die Wiederholung der Formel la Ilah illallah. Mit keiner dieser beiden Bedeutungen des Lichtes und des Festgeschreies haben die vier folgenden Wörter etwas gemein, welche dem Kamele angehören, und alle vier von der Dünne und Krümme des Neumondes *) Im 27. Hauptstücke die moteradif, im 28. die etbää, im 46. die mutelif und mochtelif, im 47. die mottefik und mofterik. – *) Das Geheimniss des Wortes, ein Beitrag von Dr. Ludolf Wienbarg, Hamburg 1852. – ”) In fila duxit gossipium. – *) Amatorio ser- mone vel carmine blanditus est feminae. – °) Pullum habuit dorcas. – ") Apparuit, splendere cepit nova luna. – ") Primam pluviam fudit. –*) Invocavit laudavitque Deum. – ") Zu Canton wird die Bedeutung der Sylbe Lili (gebt Raum) von Mund zu Mund gehört. Abendblatt der Wiener Zeitung vom 5. März 1853 im Feuilleton: Der Engländer und Chinese. Das Kamel. 7 hergenommen sind: hilál, der Neumond, bedeutet auch 1) ein mag er es Kamel, weil dasselbe so dünn als der Neumond“), 2) das Brandmal das den Kamelen in der Form des Neumondes eingebrannt wird“), 3) das mondförmig gebogene Eisen welches die zwei Seiten des Kamelsattels verbindet*). Wenn von der Wurzel helle nur drei das Kamel angehende Wörter abgeleitet werden, so gibt jede der beiden folgenden Wurzeln ein Dutzend solcher Wörter. Die Grundbedeutung der Wurzel rebäá ist eine vierfache: 1) die Bedeutung des Zahlwortes vier, worin schon die des viertägigen Fiebers, der Tränke nach vier Tagen, der vier Vorderzähne und des heftigsten Laufes in welchem das Kamel mit allen vier Füssen ausgreift, vorhanden ist, 2) die der Frühlingszeit deren Verwandtschaft mit der Zahl vier entweder überhaupt in der morgenländischen und Aristotelischen Tugendzahl vier (weil der Frühling die trefflichste Jahreszeit) oder darin zu suchen, dass die zweite Hälfte des arabischen Frühlings Rebfios- sáni der vierte Monat des arabischen Jahres; die Beziehung zwei anderer Grundbedeutungen jener Wurzel, nämlich 3) des Frühlingsregens und 4) der grünenden Weide mit dem Frühling liegen auf der Hand; welche von diesen vier Grundbedeutungen in dem von dieser Wurzel abgeleiteten Dutzend arabischer Wör- ter welche das Kamel angehen, vorherrscht, ist aus dem Folgenden von selbst klar: 1) rebäá er hatte vier Kamele“), 2) das Kamel lief, die vier Füsse bewegend“), 3) ribön die Tränke der Kamele am vierten Tage"), 4) robön die im Frühjahr gebärende Kamelinn"), 5) das im Frühjahr geworfene Füllen“), 6) ribáä das die vier Vorderzähne im siebenten Jahre verlierende Kamel“), 7) rebäat der heftigste Lauf des Kamels"), 8) rábiáat, Plural re wäbi, das am vierten Tage zur Tränke geführte Kamel“), 9) robäi j Kamele welche die vier Vorderzähne verloren“), 10) ribiijet die im Frühjahr gebärende Kamelinn*), 11) morbi der Besitzer von Kamelen welche im Frühjahr gebären“), 12) mirbáä das Kamel das sein Junges bei sich hat“). Die Wurzel dschemele endlich von welcher der Name des Kamels in allen Sprachen abgeleitet ist, hat die vierfache Grundbedeutung: 1) das Kamel ist herangewachsen, 2) des Überflusses, 3) der Sammlung oder Summe und 4) der Schönheit; davon ist das folgende Dutzend sich auf das Kamel bezie- hender Wörter abgeleitet: 1) ds cheml, 2) dschémel, das Kamel; Plurale: 3) dschämil, 4) dsche- mál, 5) dschoml, 6) dsch emälet, 7) dschomalet, 8) dschomelát, 9) dschim elát, 10) dsche- máil, 11) edschämiI, 12) edschmäl die Kamele. Zuerst sei hier bemerkt, dass der gewöhnliche arabische Namen des Kamels im Arabischen ds cheml einsylbig und dann dschémel, im Hebräischen gamal, aber nie dschem él lautet; dass also die richtigste deutsche Aussprache das Kámel und nicht das Kamél ist”). » *) Camelus emaciatus. – *) Signum quodam (lunaris esse forma puto) camelis innueri solitum. – *) Ferramentum (lignumve) connectens duos incurvos selle cameline asseres. Freytag IV, 401. – *) Habuit camelos quatuor. – °) Quatiens quatuor pedes eucurrit camelus. – ") Aquatio camelorum, quae die quarto fit. – 7) Camela, quae veris tempore pullos producit. – *) Pullus cameli verno tempore natus. – °) Animal, cui exciderunt dentes anteriores quatuor, quod in camelis septimo fieri solet anno. – ”) Vehementissimus cameli cursus. –*) Qui quarto die ad aquam aguntur cameli. –*) Cameli, qui abjecerunt dentes quatuor.– *) Camela, quae initio veris parere solet. – *) Camelos veris tempore parientes habent. – ”) Quae pullum secum habet camela. – ”) Wiewohl das deutsche Kamel vom Griechischen x&u.7Xog abgeleitet ist, so ist die Aussprache Kam el dess- wegen doch eine irrige, weil das Wort im Griechischen nicht nach dem langen 9 xau. Aog, sondern nach dem auf dem « befindlichen Accente záurº).0a wie trárugog ( im Lateinischen päpyrus) auszusprechen ist, die Hellenisten des Mittel- alters (die eingeborenen Griechen ausgenommen) haben nie genau die prosodische Scansion der Verse von der Aussprache der Prosa, welche nicht die Länge der Sylben, sondern blos den Accent berücksichtigt, unterschieden, der Prosodiker scandirt richtig arm a vir um que can 6, während in der Prosa „ich singe“ nicht can 6, sondern eäno gesprochen wird: die Aussprache Käme 1 statt Kameel ist nicht nur dem arabischen Urworte, sondern auch dem Genius der deutschen Sprache gemäss, welche den Accent auf die erste Sylbe legt, und das C richtiger als das K, weil der arabische Anfangs- buchstabe (das Dschim, das hebräische Giml) wie das C der dritte Buchstabe des Alphabets ist. Dasselbe ist der Fall mit dem Worte Kaffeh, welches ursprünglich im Arabischen Kahwet heisst und also am richtigsten im Deutschen Käffe lauten würde, das aber aus der Türkei nach Europa gekommen, wo dann die Aussprache der Türken, welche Kah wé sprechen, in Frankreich und Deutschland üblich geworden. 8 Freiherr Hammer - Purgstall. Von derselben Wurzel wird dschomel, d. i. das Schiffstau, abgeleitet; daher einige Ausleger den Spruch des Evangeliums und des Korans vom Eingehen das Kamels in das Nadelöhr nicht vom Kamel, sondern vom Schiffstau verstanden wissen wollen. Die Begriffe der Schönheit und der Summe, welche in der Wurzel dschemele liegen, sind von dem Kamel übertragene Begriffe, denn dem Araber ist das Kamel der Inbegriff aller Schönheit, alles Besitzes Summe, weil ihn das Fleisch und die Milch des Kamels nährt, das Haar kleidet, die Haut als Überzug des Schildes schützt, weil er aus dem Urin Salmiak bereitet, weil ihm die Sehne als Geissel und der Mist als Holz zur Feuerung dient“). « a) Statt der bekannten Beschreibungen des Kamels durch Volney, Buffon und Cuvier“) stehe zum Schluss dieser Einleitung der Artikel des Kamels aus den Wundern der Geschöpfe Ähmed's von Tüs *), welche er in der Hälfte des zwölften Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung schrieb. „Der Vers des Korans: Sehen sie nicht, wie das Kamel erschaffen worden? genügt zum Lobe desselben. Das Kamel ist ein gesegnetes nützliches Thier, das wenig frisst, mit Wenigem zufrieden, demüthig und stark. Alle langhalsigen Thiere laufen gut und der Lauf verschönert sie, während derselbe die kurzhalsigen nur noch hässlicher macht. Ein König von Persien fragte eines Tages einen Araber, um ihn lächerlich zu machen: „Welches Thier schreit am lautesten?“ der Araber sagte: „Das Kamel.“ „Warum nennst Du nicht“, sagte der König, „den Kranich?“ Der Araber sagte: „Hebe das Kamel nur in die Luft, so wirst Du wissen, dass sein Geschrei stärker als das des Kranichs.“ – Der Chosroës fragte weiter: „Welches Fleisch ist das schmackhafteste?“ Der Araber sagte: „Das des Kamels.“ – „Warum sagst Du nicht,“ fragte der Chosroës, „das der Gans?“ „Brate nur,“ sagte der Araber, „das Fleisch des Kamels, damit Du wissest, dass es besser schmeckt als eine gebratene Gans.“ „Welches Thier,“ fragte der König, „ist das stärkste?“ Der Araber nannte das Kamel. „Warum nennst Du nicht den Elephan- ten?“ sagte der König. „Weil er beladen nicht so leicht aufsteht als das Kamel,“ antwortete der Araber. Der Chosroës befahl, dem Araber ein Kamel und ein Ehrenkleid zu geben. Eine besondere Eigenschaft des Kamels ist es, dass dasselbe, wann in der Brunst, aus dem Munde einen rothen Stoff auswirft, den man Schakschaka nennt, und, wenn es läuft, die Zunge, wie der Stier, nach der linken Seite (saman) ausstreckt, wie dies die Gewohnheit aller Thiere, wenn sie flüchtig davonlaufen; wird ein brünstiges Kamel geschlachtet, so sind die Hoden und die Leber, die das Kamel als Schaks chaka ausgeworfen, ver- schwunden; die Aerzte sagen, dass auch die Muskeln beim Tode desselben verschwinden; möglich ist es, dass dies nur bei Kamelen, deren Galle verderbt ist, der Fall. Das Kamel ist sehr grollender Natur, daher das arabische Sprichwort: Grollender als ein Kamel. Es leidet nicht, dass, wenn es sich be- gattet, Jemand daneben stehe; zur Zeit der Brunst, welche im Februar eintritt, bespringt das Kamel seine eigene Mutter; es gebiert erst nach Verlauf von zehn Monaten. Die obere Lippe desselben ist ge- spaiten und es wünscht immer nach der Sonne zu sehen; der Hund, welcher vom Milze des Kamels frisst, stirbt davon; kranken Kamelen thut ein Eichenzweig gut; das Kamel trinkt lieber das trübe Wasser als das reine und dieses nur gezwungen; die Lebenszeit des Kamels ist achtzig Jahre, es trinkt gewöhnlich nur alle fünf Tage; wenn es satt noch frisst, so stirbt es. Das Kamel hat Gemeinschaft mit den Dschinnen, wesshalb der Prophet verbot, an dem Orte, wo sich Kamele befinden, das Gebet zu verrichten. Kamele dieser Art sind in Jemen. Ergämidh, aus dem Stamme Ada, war Besitzer einer Heerde von Kamelen. !) Der Berichterstatter über Volney's Leben von M. Eugene Berger im Moniteur vom 14. Februar 1853 (M. Sainte-Beuve) sagt von dem Ende der meisterhaften Beschreibung des Kamels durch Volney, welcher dasselbe den einzigen Stützpunct (Tunique pivot) nennt, mit Recht: ee terme et cette image de pivot qui la termine un peu brusquement. Besser hätte Volney das Kamel, wie der Araber selbst, die Summe (dschoml) alles seines Habes und Besitzes, oder noch besser einen der beiden Pole der Welt des Arabers genannt, dessen anderer Pol die Palme ist. – *) Histoire naturelle des mammifères par Géoffroi Saint Hilaire et Fréderic Cuvier, Paris 1819. – *) Aus der Handschrift der Hofbibliothek, S. 310. »- Das Kamel. s - 9 Eines Tages sah er von Ferne ein männliches Kamel das weiss wie Papier, ein weibliches bespringen, das wie ein Stern glänzte. Die aus dieser Begattung erzeugten Kamele folgten dem Ergámidh. Dieser nahm sich vor, sein Lebelang ihnen zu folgen, um ihre Natur ganz zu studiren. Da hörte er eine Stimme (der Dschinnen) welche sagte: „Deine Kamele sind die Frucht unseres Hengstes, nun wähle Du, ob Du Poet oder Wegweiser sein willst. Ergámidh wählte das Letzte und (durch die Gabe der Dschinnen) war Keiner so wegkundig als er. Schebih B. Ökál erzählt: ich reiste von Jemen nach Mekka und fürchtete zur Wallfahrt zu spät zu kommen, da sah ich einen Mann auf einem Kamele, der sagte mir: Ich fürchte, Du kannst dieses Kamel nicht bemeistern, sonst brächte es Dich in einer Stunde nach Mekka. Ich setzte mich zu ihm auf's Kamel das er antrieb; es flog wie ein Pfeil dahin, so dass ich Berge und Wüsten nicht unterscheiden konnte, und brachte mich in kurzer Zeit nach Mekka. Nachdem ich die Wallfahrt verrichtet, sagte ich ihm, er möchte mir sein Kamel verkaufen; er sagte: Dieses Kamel ist aus der Landschaft Ärüdh, und will ich den Markt von Ssanáe besuchen, so bringt es mich in einem Augenblicke dahin. Ich fragte ihn, von welcher Race es sei, und er sagte mir, es sei von der Race Webär. Auch die Race Hüseschi stammt von den Dschinnen ab, andere Racen sind die äbdische, die persische, die mehe- rische, die ömmanische. Chidhr B. Häsin erzählt: Ich sah einen Araber auf einem schwachen Kamele, während ich ein gutes ritt. Ich sagte ihm spöttisch: Nimm mein Kamel und gib mir das Deine! Er sagte: Nein! Ich bot ihm hundert Goldstücke an, er sagte: nein; er wollte es auch um gebotene tausend nicht hergeben. Da sagte ich ihm: Nun, so zeige mir Etwas von seinem Gange! Er stiess einen Schrei aus, das Kamel eilte wie der Blitz dahin und holte im Laufe einen wilden Esel ein. Als ich wieder zu ihm kam, war er eben beschäftigt, dem wilden Esel die Haut abzuziehen; ich machte ihm neue Anträge, die er nicht annahm und verschwand. » Soleimán B. Abdolmelik (der Chalife der Beni Omeije) schrieb nach Jemen, dass man ihm von dort ein starkes jemenisches Kamel sende. Der von ihm Beauftragte fand ein solches und wollte es kaufen, der Besitzer wollte es aber gutwillig nicht hergeben, es sei denn, dass er ihn im Laufe einhole, er wolle es ihm dann umsonst geben. Der Beauftragte stimmte ein, wenn dem Kamele die Füsse gebunden würden. Der Besitzer des Kamels nahm die Bedingniss an, dass beide Füsse des Kamels gefesselt würden; als dies geschehen, stiess er einen mächtigen Schrei aus und das Kamel that einen gewaltigen Sprung, dann rannte es davon, ohne dass die welche es verfolgten, je wieder seine Spur finden konnten. Man sagt, dass solche Kamele die mit gebundenen Füssen rennen, von den Dschinnen herstammen. Nachdem diese getreue Übersetzung aus dem Persischen einen Begriff von der Art und Weise gege- ben, wie die Morgenländer Naturgeschichte behandeln, verfolge die Abhandlung den ihr oben in den Ein- theilungen vorgezeichneten Gang. I. Von den Namen des Kameles. 1) Allgemeine Namen. Der allgemeinste Name für das Kamel ist nicht, wie man insgemein glaubt, das arabische Wort dscheml oder dschemel, sondern J bl, unter welchem Titel Dem iri verschiedene Arten desselben und die auf das Kamel sich beziehenden Verse des Korans, Überlieferungen und Sprichwörter aufführt, welche in dem letzten Hauptstücke hier ihre Stelle finden werden. Das Wort dscheml wird nur von männlichen Kamelen gebraucht, im Gegensatze von náket, d. i. die Kamelinn *); bekannt ist die schon von Reiske in der Vorrede zur Übersetzung der Moällakát“) erzählte und in der Geschichte der arab. Literatur *) wiederholte Anekdote der beiden grossen Dichter Tharafa und Motel emmis, von denen der letzte, das Wort ds chem l gebrauchend von dem Brandmale desselben, sprach, während in Arabien !) Nükohä we dsch ema loh a heissen ihre weiblichen und männlichen Kamele in dem Gedichte Meskin ed – Där im i's in der Hamása Freytag's, S. 746. –*) Pag. XLIV. – *) I. B. S. 167. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. sº 1 () Freiherr Hammer-Purgstall. nur weiblichen Kamelen Male eingebrannt werden; Tharafa sagte hierauf: ist enüka el – ds cheml, d. i. das männliche Kamel ist zum weiblichen geworden, was sofort ein arabisches Sprichwort blieb. Alle anderen Namen des Kamels, deren die arabische Sprache eine so grosse Menge hat, bezeichnen entweder das Geschlecht oder das Alter, oder irgend eine andere Eigenschaft; das einzige allgemeine Wort für das Kamel, ohne Rücksicht auf das Geschlecht, Alter oder Eigenschaften, ist das Wort Jbl, welches das Kamel im Allgemeinen bedeutet, und an das sich kein historischer Begriff, wie bei den folgenden eigenen Namen, knüpft. Die metonymischen welche auch hier aufgeführt werden könnten, werden als Redefigur unmittelbar vor den poetischen Auszügen ihre Stelle finden. 2) Eigene Namen der Kamele. Das berühmteste derselben aus der Zeit der Unwissenheit, d. i. vor dem Islam, ist das Kamel des Propheten Ssálih, das im Koran vorkömmt und daher im letzten Hauptstücke wieder erwähnt werden wird. Dasselbe heisst auch das Kamel von Aád und kömmt in der Moällakät So- heir's vor: „32. Der Knaben zwei unglückliche sie dann gebar Wie das Kamel von Äád gesäugt und fertig war“ (weil es ungesäugt aus dem Felsen entsprungen). Dann das Kamel Besüs, welches die Ursache des vierzigjährigen Krieges zwischen den Stämmen Taglib und Bek, r; es hatte seinen Namen, weil es gemolken nicht Milch gab, weun es nicht Bes Bes angerufen ward. Unmittelbar nach demselben kommen die Kamele Mohammed's Koſswa, das er, als er Mekka verliess, mit Ebübekr bestieg, der hinter ihm sass, das reichlich Milch gab, und das nach der Auswanderung noch achtzehn Jahre lebte“); auf dem- selben zog Mohammed zur Eroberung Mekkas aus und zu den Füssen desselben warf sich eine Dichterinn der Koreisch, den Propheten um ihr Leben anflehend“), es hiess auch Adha und Dschedäá“). Von dem Kamele das Äische in der Schlachtritt, die sie dem Ali und Eb übekr im sechs und dreissigsten Jahre der Hidschret (656) lieferte“), hatte die Schlacht ihren Namen. Málik, B. Eschter hatte schon einen Fuss des Kamels verwundet, aber es stand noch auf den dreien und hielt die Schlacht aufrecht. Mohammed, der Sohn Ebübekr’s, steckte die Hand hinter den Vorhang der Sänfte, um zu sehen, ob die Schwester noch lebe; auf das lebendigste befühlt, schrie Äische: „Wer wagt es, die Hand zu legen an das Heiligthum des Harems des Propheten?“ – „Ich bin's, der Bruder des Weibes, welches das Harem des Propheten durch ihr unwürdiges Benehmen schändet.“ – Kebä das Meerkamel und ds chemel jehüdi das Juden- kamel, d. i. das Chamaeleon, gehören als Namen besonderer Thiere nicht hierher, wohl aber meshül, der Name des männlichen Kamels das dem Adschädsch angehörte“); Doheim, der Name des Kamels Ömer B. er-Rebbans, welches ihm die Köpfe seiner erschlagenen Brüder zutrug, daher das Sprichwort: „unglücklicher als Doheim“; seim er, das Kamel des Dichters Schemmäch; S chem ür und noch ein Dutzend anderer eigener Namen, die unter den Belegen vorkommen werden. In dem Schlachtgesange Ebü Berſet’s auf diesen Tag heisst es: „Dhabbes Söhn', am Tage des Kamels“)“. 3) Die Heerden. Ein arabisches Sprichwort sagt: Dattel und Dattel machen einen Korb voll, Kamel und Kamel macht eine Heerde"). Mehrere Kamele zusammen erhalten verschiedene Namen, je nachdem sie eine Schaar, einen Haufen oder eine ungezählte Menge in der Schlacht bilden; diesen ungezählten Haufen, wofür das Arabische über dreissig Benennungen hat, stehen die gezählten Heerden gegenüber, deren Namen sich gegen zwanzig belaufen und die nach ihrer Zahl verschiedene Benennungen erhalten, so haben die Heerden von fünfzehn bis achtzig, von hundertachtzig bis dreihundert, die von hundert und von tausend verschiedene Namen, die geheiligetste dieser Zahlen ist die von hundert, indem 1) Gemäldesaal B. I, S. 319. –*) Ebenda S. 173. –*) Kamus B. II, S. 555. – *) Hadschi Chalfa's chron. Tafeln, Äbülfeda und Gemäldesaal I, 335. – 5) Kamus III, 245. – ") Geschichte d. a. Liter. III, 922, wo durch Druckfehler „am Tage der Kamele“ steht, Ebü Berſet ist derselbe mit el Ääredsch, wornach Rückert. Beide als verschiedene Dichter anführt. – 7) Geschichte der arab. Literatur IV, S. 873. »- Das Kamel. *. sº M. schon bei den alten Arabern hundert Kamele die Sühne für ein Menschenleben und Hekatomben von Kamelen bei grossen Festen geschlachtet wurden. Über das Alter der hundert zur grossen Sühne gibt der Kamus“) nach der Secte der Schafii sowohl, welcher Firuſabadi angehörte, als nach der Lehre der Hanefi umständliche, von Freytag“) nur zur Hälfte aufgenommene Auskunft. Nach der Lehre der Schäff werden die Hundert in drei Theile getheilt, nämlich in 30 vierjährige, 30 fünfjährige, 40 sechs- oder siebenjährige; nach dem Ritus Hanefi in 4 Theile, nämlich 25 zweijährige , 25 drei- jährige, 25 vierjährige, 25 fünfjährige. II. Von dem Stamme und den Arten. Die Kamele zerfallen zuerst 4) in die edlen und 5) in die unedlen, und dann in die verschiedenen Arten deren Namen entweder 6) von Ländern oder 7) von Stämmen hergenommen sind. Da die Araber so viel auf Race halten und jeder derselben ein Kamel von edlerer Race besitzen will, so ist es kein Wunder, dass die Sprache zehnmal so viel Benennungen für edle als für unedle hat; wie in Europa die kleine Hand als eine aristokratische gilt, so ist dem Araber das Zeichen freier und edler Kamele das kleine und gespitzte Ohr, so heisst es in der Moällakát Tarafa's in der Beschreibung des Kamels: „Das feingespitzte Ohr bezeugt den Adel.“ Als Zeichen des Adels wird dem Kamel das Ohr beschnitten, so dass ein Lappe davon herunter hängt, ein solches Kamel heisst Mornim: Sie raubten schwarz' Kamel', sie nahmen es sich vor, Sie fanden viele dann mit dem beschnitt'nen Ohr *). Zu den unedlen gehören alle Mischlings-Racen, welche Heds chin heissen, was bisher von Reisenden und Naturforschern mit dem Kamel von edelster Race, nämlich mit dem Dromedar, welcher Há dschin oder Hedsch án heisst, vermengt worden ist. Es gibt nur zwei Arten von Kamelen, die einhöckerigen und die zweihöckerigen oder baktrischen“), der Dromedar ist nur das edelste der einhöckerigen Kamele; edle Kamel-Racen, deren Namen von Örtern hergenommen, sind die schäden is chen, schädkämischen, erhäbischen, katánischen, ſsa- hábischen, ſsar fs änischen, ſsarchadischen, rodeinischen, meherischen, äidänischen und die von Dehna, deren Namen häufig in den arabischen Gedichten vorkommen; wir begnügen uns, hier den Vers aus der Moällakát Antarets vorzuführen: Soll tragen mich zu Ihr Kamelinn von Schäden. Von Völkern haben die persischen und berberischen den Namen, so singt Moteneb bi: Ich opfere Frauenschritt (bei meiner Seele)! Dem schnellsten Lauf schnell rennender Kamele , Berberischer Kamele ”), deren Zehen Halb eingebogen sind von vielem Gehen, Leichtfüssige, sie sind des Lebens Stricke, Abwehrend Feinde und die Missgeschicke. Die Kamele von Jemen sind meistens schwarz, wie die der Beni Kelb, die hadr ham ütschen Kamele gehören der Landschaft Hadrh amüt, die themüdischen Kamele dem Stamme Themüd an; von den letzten sagt der grosse Dichter Nábiga auf das Kamel des Propheten Ssálih anspielend: Ich hab' gesehen das Kamel des Stamms The müd, Du bist der E s c här i Kamel durch hohen Muth"). *) II, 534. –*) III, 920. – *) S. Sº O2° C- - - - - - - bzw. 2,- -- „b Sojüthis Belege (Schewähia), auf der Pariser Bibliothek Bl. 28. – *) el-Bochti, das baktrische Kamel, wird insgemein für ein starkes genommen, so in den von Rückert II, S. 357 übersetzten Versen E bü Düweib’s, in Freytag's prov. arab. II, 353. – ”) Kamele von Bäd- schäwe, einem Stamme der Berber in Afrika. – ") Geschichte der arab. Literatur I, 520. 2 * 12 er Freiherr Hammer-Purgstall. Medschnün, der berühmte, aus Liebe wahnsinnige grosse Dichter, sagte, als er dem Verwalter des Almosens arabischer Stämme die von demselben erhaltenen edlen Kamele zurückgab: Ich gab zurück koreis c h it is c h es Kamel, Sobald ich sah, dass in der Worterfüllung Fehl, Sie zogen fort, und liessen mir allein zurück Den Gram, damit zu besseren mein hart Geschick ). - C. / So sagt Báis el-Hanefi in der Hamása: Des Mittags Hitze briet die wilde Kuh , Es ward gebraten das Kamel dazu, - Dess' Füsse weit, und das aus H ad hr amüt, Von hoher Brust, von auserwähltem Muth , Starkfleischiges, auf dem die Tapfern fliegen, Zuerst genannt, so oft die Stämme siegen; Der Vater und die Mutter zogen's auf, Ich ruhte nicht, bis mein es ward durch Kauf. Und die äſsferischen Kamele, d. i. die Goldkamele, so genannt, weil sie entweder Gold trugen oder von -- K ihrer Farbe, goldfarbene; Kamele des Königs Nömán, welche im Romane Antar's Aſsáfir, d.i. die Safran- gelben, genannt werden und insgemein el – Käbol-Moluk, d. i. das Reitthier der Könige, hiessen“). III. Von dem Geschlechte des Kamels. Es gibt ein halbes Hundert von Wörtern, welche 8) das männliche Kamel, und etwa zwanzig, welche 9) das weibliche Kamel bezeichnen, ohne Rücksicht auf die Eigenschaft, auf das bespringende Kamel oder die besprungene Kamelinn, deren Eigenschaften in das später folgende Hauptstück der Begattung gehören. IV. Von dem Alter des Kamels. Nach dem Alter zerfällt das Kamel 10) in das Fohlen, 11) in das junge Kamel, 12) in das alte Kamel, welches wieder in das alte, sehr alte und uralte unter- getheilt wird; das Fohlen des Kamels, welches Demiri unter dem Namen femik und karmel behandelt, hat verschiedene Namen, je nachdem es im Frühling oder zuletzt geboren, noch ungewissen Geschlechtes (gleich nach der Geburt), oder verwaiset ist. Nachdem das Kamel neun Jahre braucht bis es vollkommen ausgewachsen ist, so hat dasselbe für jedes dieser Jahre wieder besondere Namen; das zweijährige heisst, wenn es ein Männchen, Ibn lebün oder, wenn es ein Weiblein ist, Bint lebün, d. i. der Sohn oder die Tochter des Milchigen, auch Ibn oder Bint machá dh, wenn die Mutter schon wieder empfangen; erst dem siebenjährigen fallen die vier Vorderzähne aus und erst das neunjährige heisst bäfil. Der Dichter Efn ün , welcher den Ebü Dschehl in der Schlacht von Bedr tödtete, redete ihn mit den Versen an: + Was scheuest du dich denn mit mir zu schlagen, Volljährig bin ich und von festem Zahn, So ward ich von der Mutter schon getragen”), Von dem neunjährigen Kamel sagt der Dichter Sohaim: Vor mir, der fest an seinem Platz, Entflieht der Reiter Schaar, Dorthin wo Beute ich gemacht Zieh'n sie nach einem Jahr, Verzeih'n neunjährigem Kamel, Wenn's in Gefahr mich bringt*). *) Geschichte der arab. Literatur, II, 354. –*) Kamus, I, 615. – ”) Sojüthis Schewähid, Par. Hdschft. Bl. 38. E- --- Cº- C3. - . -- Ob- --> sº- º. Lese, -s J. *) Geschichte der arab. Literatur, III, 820. Das Kamel. « 1 Z und Solmi B. Rebäá“): Braten, Wein und ein Kamel, Das neun Jahr bereits zurückgelegt”), Das den Reiter, wie es ihn gelüstet, Durch die Wüst und weiten Steppen trägt. Die jungen Kamelinnen heissen insgemein kolüſs, was vielleicht verwandt mit colostrum; von den jungen Kamelinnen (koláſs) spricht ein unbekannter Dichter der Hamása Ebü Temmam's (bei Rückert): «. Nach dem Gepäck dort graset die Kamelinn*). Da die höchste Lebenszeit des Kamels dieselbe ist, welche die Psalmen und Herodot als das höchste Alter des Menschen angeben, nämlich achtzig Jahre, und da die Jugend desselben, wie die des Menschen, nur kurze Zeit dauert , so darf die grosse Menge von Wörtern welche die Araber für das alte Kamel haben, welches Demiri unter den Artikeln Aád und Schärif behandelt , nicht Wunder nehmen; es sind deren beiläufig, ohne allen Bezug auf Gebrechen des Alters, etwa ein halbes Hundert; ein halbes Dutzend bezeichnet das alte Kamel mit abgenützten, gelben und ausgefallenen Zähnen, und eben so viele das uralte Kamel. V. Von der Begattung des Kamels. 13) Zuerst wird hier der Hengst und die Stute blos in Bezug auf die Bespringung, ob der Hengst ein langsam oder schnell bespringender ist, ob derselbe nach einmaligem oder mehrmaligem Bespringen die Stute trächtig macht, so hat diese verschiedene Namen, je nachdem sie schwer oder leicht oder gar nicht empfängt, den Hengst flieht oder deren Schamtheile so ver- bunden sind, dass sie gar nicht empfangen kann. Hengste, welche nächtliche Befleckungen erleiden, oder welche, weil sie schon zu alt, pensionirt sind, das Bespringen selbst und die verschiedenen Arten desselben, das freiwillige oder gezwungene Bespringen, das Belegen mit gutem oder schlechtem Hengste, die Besprin- gung der schon schwangeren Weiblein, die Untersuchung der Kamelmutter mit der Hand, haben ein Dutzend von Namen. Der Gemeinsatz „Omne animal post coitum triste“ gilt vom Kamelhengste noch mehr als von irgend einem anderen Thiere, denn er ist gänzlich dahin und sondert sich von allen Weiblein ab, so dass er auf der Weide allein steht, desshalb nennen die Araber den vereinzelten Kanopus, der sonst So heil heisst, auch el – Fahl *), d. i. den Kamelhengst. Es gibt ein halbes Dutzend von Wörtern für die verschiedenen Weisen, wie sich das Kamel beim Bespringen geberdet, indem es den Schweif aufhebt, rechts und links schlägt u. s. w. Die besonderen Handlungen des Beriechens des Männchens vom Weibchen, des Lautes welchen das Glied in der Scheide macht, die gewaltsame Einführung des Gliedes haben wieder ihre besonderen Namen; des verbundenen Kamels ist schon oben erwähnt worden, die Gebärmutter der edlen Stute wird verbunden, damit sie nicht von einem unedlen Hengste belegt werde, wird die Stute aus Mangel dieser Vorsicht dennoch überrascht, so steckt der Araber, dem diese Missheirath unlieb, die Hand in die Gebärmutter, um den unedlen Samen herauszuschaffen; diese Handlung heisst maſst, und unstreitig ist das lateinische Wort masturbatio davon herzuleiten. G. VI. Von der Schwangerschaft. 14) Für schwangere Kamele hat die arabische Sprache bis fünfzig Wörter, je nach der Zahl der Monate welche die Schwangerschaft dauert, oder den zehnten Monat *) Geschichte der arab. Literatur, III. B., S. 898. –*) El-báfil ist ein neunjähriges Kamel und kein Ross, wie in Rückert's Übersetzung der Hamása II, S. 10 übersetzt. – *) Rückerts Hamása I, 94 sollte die junge Kamelinn heissen. – *) Ideler, Untersuchung über den Ursprung und die Bedeutung der Sternnamen S. 265, nach Golius; el-Fahl, das auch el-Fohl lautet, ist wurzel- und schallverwandt mit dem Deutschen Fohlen, die Araber nennen ihre classischen Dichter Fohül, d. i. Springhengste. d 14 Freiherr Hammer - Purgstall. überschreitet, für die Zeit, wo sich die Frucht bewegt oder nicht bewegt, für die schwangeren Kamele, so ihre Jungen von zwei oder drei Jahren noch säugen, für leicht trächtige oder gar nie trächtig werdende Kamelinnen, für schwangere welche nahe zum Entbinden, oder welche zu früh niederkommen, für solche deren Junges im Leibe der Mutter Haare bekömmt, und für solche welche den Schweif während der Schwangerschaft hoch tragen, für solche die sich schwanger stellen oder schwanger scheinen u. s. w. Von diesem halben Hundert von Wörtern findet sich in der Naturgeschichte Demiris der einzige Artikel eholfet, d. i. das trächtige Kamel, und wir bemerken hier nur noch, dass das gewöhnlichste Wort für schwanger werden oder trächtigsein (lakaha) dasselbe ist, das von der Vermählung männlicher Palmblüthe von weiblicher gebraucht wird. VII. Von der Geburt. 15) Die meisten Synonyme der hieher gehörigen Wörter befinden sich unter denen welche im Frühling geboren werden; es gibt besondere Wörter für die Geburtsschmerzen, für die Kamelinn welche aus Schmerz den Schweif aufhebt, für die welche im neunten Monate gebiert statt im zwölften, für die so über Ein Jahr trächtig gehen, für die Kamelinn welche wechselweise Männchen und Weibchen zur Welt bringt, für die welche nur ein Mal oder zwei Mal oder zu früh wirft, für die welche ein lebendiges oder todtes Junges gebiert u. s. w., in Allem über ein halbes Hundert von Wörtern. Das Naturkleid des Kamels wird unter den Metonymien vorkommen. VIII. Vom Säugen, Abspennen und der Liebe für das Junge. 16) Wir bemerken hier zuerst die an die Brust der Kamelinn gelegte Binde, wodurch das Kamel zu säugen verhindert wird, welche rid schlol – goráb, d. i. der Rabenfuss, heisst; das Kamel dem die Zitzen schwellen, das Kamel das Andere mit seinen Jungen säugt, das Kamel das ein Junges übers Jahr säugt, ein Dutzend von Wörtern. Sonderbar ist der von den Arabern bei dem Abspennen beobachtete Gebrauch; beim Aufgange des Kanopus richtet er das Saugende gegen diesen Stern, gibt jenem Jungen eine Ohrfeige und schwört: Bei Gott, Du wirst keinen Tropfen Milch mehr trinken! Das so abgespennte Kamel heisst Lathim “), d. i. das Geohrfeigte, daher sagt der Dichter Abdallah Ibn Ömer: H Hab ich ein Schwert und einen Gurt und ein Kamel, Das abgespennt erst ward mit einem Schlag zum Zeichen”). Wenn das Junge stirbt und die Mutter desshalb kein fremdes säugen will, wird dieses mit der Haut des gestorbenen bekleidet, damit die Mutter, durch den Geruch getäuscht, dasselbe für ihr eigenes halte und demselben die Brust gewähre. Ausser diesem Täuschungsmittel, womit der Araber die Kamelinn täuscht, errichtet er noch neben dem Jungen Schreckbilder von ausgestopften Menschen, um die Wölfe abzuhalten, welche, wie es scheint, sich nur an die Jungen und nicht an die ausgewachsenen Kamele wagen“), oder er stellt neben das Kamel das sein Junges verloren, dasselbe mit dem Kraute Semámet ausgestopft hin, damit es mehr Milch gebe“); endlich hiess Moáſenet das Junge eines Kamels dem man ein Bein im Munde bricht, dass es nicht mehr sauge"). «- Satyrisch sagt Ibn Mofrig: Fürwahr! dich säugten der Koreisch Brüste, Wie das Kamel die Strausse in der Wüste"). und Ebü serre: d Er säuget das Kamel im Mond wie Katzen, Die auf der Lauer steh'n auf junge Ratzen"). !) Lath im heisst auch ein Springhengst, Freytag III, 197. – *) Geschichte der arab. Literatur I. Bd., S. 483.– *) Freitag , 299 und 543, unter den Wörtern Ds c h eled und Chál. – *) Freytag I, 169 und II, 104, unter den Wörtern Beww und R em. – *) Freitag. – ") Geschichte der arab. Literatur I. Bd., S. 414. – 7) Ebenda II. Bd., S. 626. Das Kamel. D v 2. 15 Es gibt ein halbes Dutzend von Wörtern für das abgespennte Kamel welches Demiri unter dem Worte faſsil behandelt, und mehr als dreissig Wörter für die Liebe des Kamels zu seinen Jungen, welche IX. Von dem Frasse des Kamels. 17) Hierüber ist um so grössere Ausführlichkeit nöthig, je weniger die bisherigen Beschreiber des Kamels von der Nahrung desselben berichten und sich in dem Wenigen was sie darüber berichten, Irrthümer eingeschlichen haben. Ritter“) sagt nur in wenigen Zeilen, dass die Nahrung des Kamels holziges Wüstengestrippe, Salzpflanzen, Disteln, Tamariskennadeln, das dornigste eine der schönsten Eigenschaften desselben. Acaciengewächs und steinige Dattelkerne, welche das knorpelige Gebiss zermalmet; Futter werde ihm in der Regel nicht gereicht. – Hierüber sei bemerkt, dass die Dattelkerne dem Kamele nur als Brei zerstossen werden, und dass in den Belegen vier Wörter für die Fütterung aufgeführt werden; doppelt so viel für das gemästete Kamel, eine gleiche Zahl für das gefrässige und nur ein paar für das mässige. Das Kamel ist freilich meistens auf der Weide, auf die wir später zurückkommen, allein seine Nahrung besteht nicht nur aus derselben, sondern auch aus dem Brei von zerstossenen Datteln, womit es, so wie mit geschroteter Gerste und mit Klössen in denen Mehl mit Blättern gemischt ist, gemästet wird, oder auch mit Stroh und Heu gefüttert wird; Modharris B. Rebif Sagt: Ein Haus des Schutzes ist für Fremde unser Zelt, Worin es dem Kamel an Futter niemals fehlt”). mit diesen Kamelknödeln wird es im eigentlichsten Sinne geschoppt, wie bei uns Gänse und Kapaunen, indem ihm dieser Teig in den Hals gestopft wird; manche Kamele sind wählerisch und fressen nicht alles Futter, andere fressen aus Mangel an Futter Beine und Unrath, nur aus Mangel an Laub wird ihnen Fett gegeben, vom Fleische wird das stärkste Kamel schwach und schlaff. Hierüber belehrt uns der Dichter en–Nimr B. Tewleb*): Wir kamen langen Wegs und reisten zu dir her, Die Reise ist auf mageren Kamelen schwer; Wir gaben ihnen Fett, weil es an Laub gebrach, Vom Fleische wird Kamel, das stärkste, schlaff und schwach. Aus den Wörterbüchern lernen wir die verschiedenen Arten von Pflanzen kennen, von denen sich das Kamel nährt. Ausser dem bekannten Dornbusch, welcher Omm Gáilán, d. i. die Mutter der Gále oder der Geilen, heisst, frisst das Kamel am liebsten die Blätter des Baumes Erák, die Pflanze Imky“), die in Hidschaſ und Tihame wächst, den Strauch Katád, eine Art von Dragakanth, wovon die Kamele die davon zu viel fressen, Bauchweh bekommen”); die davon sich nährenden Kamele heissen Katádije, SO wie die vom Strauche sem er sich nährenden semerije"), und die welche den Strauch Retem (genista spartium) vor anderem Futter lieben, Retemije heissen; zwei andere Arten von Kamelen welche nach den Pflanzen, von denen sie sich nähren, benannt werden, lehrt uns ein ungenannter Dichter der Hamása Ebü Temmám's kennen"), nämlich die Tholáhijat und Hamadhijat, jene fressen von der dornigen Acacie (Thiláh), welche ihnen Bauchweh macht, diese von Sauerampfer oder anderen salzigen Kräutern die ihnen statt Brod dienen”); so sagt ein Dichter der Hamása: Wie kommen dir sie vor die fressen Saueramphen Und die th o l ähis chen die mager heftig stampfen *). *) XIII, S. 614. – *) Das ist an altem Heu und Stroh. Geschichte der arab. Literatur III, 949. – *) Geschichte der arab. Literatur I, 442. –*) Freytag III, 223. –*) Ebenda III, 396. – %) Fehlt bei Freytag, so wie das Folgende.–7) Freytag's Hamása, S. 791. –*) Ebenda Wörterbuch I, 427. 16 Freiherr Hammer-Purg stall. Ssafra ist eine Art von Kamelgras; die Sichel, womit man für das Kamel die zarten Äste abschneidet, hat ihren besonderen Namen, so wie die Pflanze die ein Kamel allein abweidet; sie fressen auch Colloquinten und sättigen sich von Karmel, so sagt der Dichter Tewbet B. Modharris et-Te- mimi in Bohtorfs Hamása“): s « - Das Kamel, das satt von Karmel's Frass *). Die Kamele welche besonders als Futter die Blätter des Dornenbaumes idhät lieben, heissen idhá- hijet. Wir lernen also hier ein Dutzend) von Pflanzen (deren botanische Bestimmung die Aufgabe aller reisender Botaniker) als Nahrungsmittel des Kamels kennen, das sich am liebsten auf der Weide befindet, wo es am liebsten frei weidet, öfters aber auch angebunden, von einem Sclaven gehütet, oder ganz von der Heerde getrennt, ganz allein und vereinzelt weidet, und sich daher auch oft verirrt und verliert. Die arabische Syno- nymik und Homoionymik für alle diese Begriffe ist eine sehr zahlreiche, indem die Weide bald eine süsse, bald eine saure, mit einem Dutzend von Wörtern, mit einem anderen Dutzend das Weiden, mit einem dritten Dutzend das weidende Kamel, das angebundene mit einem halben Dutzend, das freie mit sechzehn, das allein weidende mit zehn, das verirrte oder verlorene wieder mit einem Dutzend besonderer Wörter bezeichnet wird. Von der Kamel-Puste sagt Moten ebbi: Als auf die Puste Kamel' ich geführet, Waren die Augen der Sclaven verwirret, Einer sah Strausse, der Andere sah Palmen, Dieser nur Thürme, die Lichter umqualmen; Fester wir dachten im Sitz uns zu machen, Weil so unbändig wir mussten dess lachen *). - F H ºd H. Das " 4 O. S H. d G v / Die Weide erscheint vielfältig in arabischen Versen, so sagt Amrü Sülk, elb: Ein Morgentrinker, Schenker von Neujahreskleide, Wann die Kamele kehren von der nackten Weide"). Auf das freiweidende Kamel sagt Morret B. Hemmam: Ihr liesst auf freier Weide mein Kamel?) und wieder Kothbet B. Aüs“): Und futterlos Kamele nach den Weiden eilen. Die hungernden Kamele standen gleich den Speren"), Mit denen Wind' in traulichem Gespräch verkehren. X. Von der Tränke des Kamels. 18) Wie der Araber eine besondere Synonymik für die Weide, das Weiden und das geweidete Kamel hat, so auch für die Tränke, das Tränken und das getränkte Kamel. / Die Kamele drängen sich zur Tränke; so sagt der Dichter Hoſsain B. Wälet es – sedüsi in der kleinen Hamása Bohtori's: Ich seh', du nahst dich mir nur wann ich speise, Wie die Kamele sich zur Tränke drängen ”). 1) Freytag's Hamasa S. 791 bei Rückert: Was sagst du zu dem Lauf der Tatha-Fress'riennen, Hamd-Ess'riennen, trotz ihres magern Leibs Verfall? *) Geschichte der arab. Literatur IV, 761. – *) Arboris species infirmae. – ºd s- > 1 Sº. H s4d s4 s E. sº sº - * sº *) = vºr - # U2- Jº- --- (O > - Ob OX- *) Moten ebbi, der grösste arabische Dichter, Wien 1824, S. 371 mit der Note, worin die Verwandtschaft des unga- rischen Puste mit dem arabischen bus tat (eine kleine Ebene) und mit dem lateinischen bust um berührt ist. – °) Geschichte der arab. Literatur II, S. 621, wo in der Note das Neujahrgeschenk, das in einem Kamele besteht, als der Ursprung unseres Almanachs erklärt wird. – 7) Ebenda II, 832. –*) Ebenda II, 64:1. – ”) Ebenda II, 467. – !") Ebenda IV, 782. Das Kame . 17 Einige Kamele trinken nicht eher als bis die anderen weg sind, einige kehren, wenngleich weggetrie- ben, immer zur Tränke zurück, andere weigern sich zu trinken; das Kamel, das man nicht trinken lässt, fällt vom Fleisch; es gibt einen besonderen Ruf, womit die Kamele zur Tränke gerufen werden; von dem Gehen zur Tränke sagt der Dichter Sälebet B. Amri el-Abdi in der Mofadhdhaliät: Die Stuten deines Vaters fressen nur Arznei, um dünn zu scheinen in den Schaaren, Und werden nur getränkt, wann die Kamele Zur Tränke geh'n, mit Milch der wasserklaren!). Weil die Kamele zur Tränke rennen, so muss der sie begleitende Reiter galopiren, so sagt in der Hamása Ebü Temmám's der Dichter Ämrü B. Schäsch: Wenn nicht, so troll’ dich fort und geh' des Reiters Schritt, Der die Kamele tränkt, und schnell im Lauf auftritt*). Die Kamele werden entweder jeden Tag, und dies zu verschiedenen Zeiten, entweder Mittags oder Abends getränkt und können neun Tage ohne Wasser aushalten, so dass sie am spätesten am zehnten Tage getränkt werden müssen. Mehrere Stellen der Dichter spielen hierauf an, so sagt z. B. Sohaim B. Wásik er-Rebbáhi: s Kamel bin ich, das wird getränkt Nur jeden zweiten Tag, So dass ich jeden zweiten nur Gespann zu sein vermag”). So wie der Araber für das Kamel von dem Augenblicke an wo es geworfen wird, bis es im zehnten Jahre ausgewachsen ist, für jedes Jahr einen besonderen Namen hat, so auch verschiedene Namen für die Kamele welche am ersten, zweiten und so fort bis zum zehnten Tage getränkt werden. Die wasserlosen Kamele, d. i. die denen es an Wasser fehlt, werden von den durstigen unterschieden, welche zahl- reiche Synonyme haben, so dass die Zahl der arabischen Synonyme und Homoionyme für den Trunk des Kamels fast eine eben so grosse wie für den Frass desselben. XI. Von den Gliedern des Kamels. 19) Die von den Gliedern des Kamels hergenommenen Eigenschaftswörter werden unter den Abschnitten der einzelnen Glieder ihre Stelle finden, voraus geht aber ein Dutzend von Eigenschaftswörtern, welche den Bau und die Beschaffenheit des ganzen Kamels betreffen, welches ein wohlgebautes, starkgliederiges, grobbeiniges, festes oder schwankendes, grosses oder kleines, starkes oder schwaches, langes oder kurzes, dickes oder dünnes, hohes oder niederes sein kann. Die Zahl dieser Eigenschaftswörter im Arabischen ist ein paar Hundert, von denen das starke Kamel allein deren fünfzig, das grosse vierzig, das kleine zwanzig in Anspruch nimmt. Die hier in besonderen Abschnitten vorgeführten Glieder sind die Theile des Kopfes: Das Ohr, das Auge, die Nase, der Mund, nämlich die Lippen und Zähne, der Hals und der Nacken, die Brust mit den dazu gehörigen Zitzen, die Schultern, der Rücken mit dem dazu gehörigen Höcker, der Bauch und die Weichen, der Fuss, nämlich Vorder- und Hinterfüsse, wovon jene die Arme heissen, der Huf und die dazu gehörige Sohle, der Schweif und die Schamtheile. «. Das grossköpfige Kamel hat für sich besondere Benennungen, in einem Paar derselben ist der grosse Kopf mit dem langen Halse verschwistert; ist der Kopf verwundet, ist das Ohr gespalten, so hat der Reichthum der Sprache wieder besondere Wörter dafür. 20) Von den Ohren genügt hier zu sagen, dass die des Kamels beschnitten werden. *) Geschichte der arab. Literatur III, S. 814. – *) Ebenda III, S. 927. –*) Ebenda III, S. 820. – Denkschriften der philos.-histor. CI. VI. Bd. Z 18 Freiherr Hammer – Purgstall. 21) Die Augen des Kamels sind sowohl schöne als scharfe, desshalb sagt Motenebbi: Meine Augen, Augen der Kamele !). s Das scharfsichtige Kamel, das schielende Kamel haben besondere Namen, so das Weisse der Augen; merkwürdig ist der Überzug der Augen wider die Kälte, eine Art lederner Blenden, wie die unserer Pferde, um die Augen der Lastkamele vor Kälte zu schützen“). Um zu beurtheilen, ob ein Kamel fett genug sei geschlachtet zu werden, sieht der Araber dem Kamele ins Auge”). 22) Von dem Munde des Kamels berücksichtigt der Araber nur die Lippen und die Zähne. Die Lippen des Kamels welche gespalten sind, spielen eine grosse Rolle in der arabischen Wörterkunde und Philologie, indem die oberen und unteren, die langen und kurzen unterschieden werden; es gibt ein besonderes Wort für das zahnlose Kamel das seine Lippen nicht mehr hinaufziehen kann, und ein anderes Wort für das Stück Fleisch welches am Ende des Mundes des Kamels wie ein Zahn heraushängt“); dicke Lippen und dünne Wangen sind eine Schönheit des Kamels, so sagt der grosse Dichter Nábiga ed-Dobjáni: Schläft wohl der Herr des Doms, hört er, was ich erzähle: Der Menschen spendendster, der Geber der Kamele, Mit Schweif aufrüttelndem, die klippicht, dünner Wange, Dess' Schritt das Heil verbirgt, dess' Fuss von schnellem Gange"), C y Und der Dichter Amrü B. Schäsch: Seine Nathen sind wie Lippen der Kamele, Welche frische Frucht des Erákstrauches"). Die Zähne des Kamels haben verschiedene Namen und das Kamel selbst, je nachdem es die ersten oder die letzten Zähne hat, je nachdem dieselben gesund oder gebrochen, je nachdem dieselben weit oder, enge beisammen stehen; berühmt ist das Distichon des Dichters Aüs B. Hodschr: Kaum schärft ein edeles Kamel von uns den Zahn, Greift den von anderem Kamel die Fäulniss an 7). 23) Die Nase des Kamels heisst metonymisch das Vorderste, so wie der Schweif das Hinterste des Kamels; Dschäfer B. Kári hiess die Nase des Kamels aus folgendem Anlasse, den Seálibi in seinem Werke über die Metonymien erzählt: sein Vater Kári hatte eines Tages ein Kamel geschlachtet und vertheilte dasselbe unter sein Harem, als Dschäfer, damals noch Knabe, dazu kam, den Kopf des Kamels gegen seine Mutter hinzog und seine Hand auf die Nase des Kamels legte, welche, wie der Höcker, eines der Leckerbissen desselben. Der grosse Dichter Nabiga lobte den Kári in der Folge unter dem Namen der Nase des Kamels. 24) Der Hals und der Nacken des Kamels hat verschiedene Benennungen, je nachdem derselbe lang, kurz, dick oder krumm, das Innere und das Äussere desselben, der Ort, wo das Mal eingebrannt wird, der Ort desselben, wo es erwürgt wird, haben besondere Namen. So sagt Foräán Ibno-Aáref von seinem Sohne Moná fil: *) Moten ebbi, der grösste arabische Dichter, Wien 1824, S. 357. –*) Die gehörige Erläuterung findet sich schon in der Note des II. Theiles, S. 621, der arab. Literaturgeschichte. – *) Inspexit oculum cameli, num adeps ibi esset nec ne mactationis ergo. Freytag IV, 95. Merkwürdig genug ist von dieser Wurzel la chassa das Wort Telehiſs abgeleitet, welches die Erläuterung eines Werkes bedeutet, der Erläuterer schaut nämlich dem Werke ins Auge, ob es fett genug sei von ihm geschlachtet zu werden. – *) Carnis quaedam pars formam dentis referens, quae in extremo cameliore nascitur. Freytag I, 341, nach dem Kamus, Konstantinopolitaner Ausgabe, I, 810. – °) Geschichte der arab. Literatur I, 349. – ") Ebenda II, 528. – 7) Ebenda IV, 616. Das Kamel. z 19 Ich zog ihn auf so gross, dass er gar leicht Bis zu dem Nacken des Kameles reicht!). 25) Die Schultern werden gelobt, wenn sie breit sind, so sagt in den Mofadhdhaliat der Dichter el- Mosakkib el-Abdi: « d wann auf Kamel, breitschultrigem, ich flieh Und wie der Wind und Gul durch Wüsten zieh'*) 26) Die Brust und die Zitzen. Hochbrüstige Kamele sind besonders die himjerischen Kamele; die meisten Namen sind von der Weite oder Enge der Zitzenlöcher hergenommen; die Zitzen haben wieder besondere Namen; je nachdem sie gross oder klein, je nachdem viel oder wenig Milch darin; sie werden oft alle vier zusammengebunden und die Verrichtung zu diesem Zusammenbinden hat einen besonderen Namen, oft werden die Zitzen abgeschnitten, damit die Milch durch die vertrockneten nicht ausrinne. Ein durch abgeschittene Zitzen seiner Milch beraubtes Kamel gilt für besonders stark, ein solches Kamel mit abgeschnittenen Zitzen heisst Moſsarrimet und gilt nach dem Kamus für besonders stark“). Von der Brust und den Zitzen sind die Euter durch besondere Wörter unterschieden; Bischr B. Kabiſsa lobt in der Hamása das Kamel das in Medina bei Sonnenaufgang mit vollen Eutern, die ihm wie Eimer von der Brust hängen, sich bläht: * Das in Medina sich mit vollen Eutern bläht, Den Eimern gleich am Bauch, wann Früh die Sonn' aufgeht*). 27) Der Rücken hat verschiedene Namen, je nachdem er hoch oder nieder, fest oder schwach, eben so der Höcker, je nachdem er gross oder klein, fett oder mager, hoch oder nieder, je nachdem der- selbe in seiner vollen Fülle oder durch die Last, die das Kamel tragen musste, oder durch die Anstren- gung des Laufes geschmolzen. Nicht weniger als dreissig Wörter betreffen allein den Höcker. Der grosse Dichter Meimün el-Ääscha der schon im sechsten oder siebenten Jahre der Hidschret starb, sagt: Mit der Kamelinn, die im schnellen Lauf Der Weichen und des Höckers Fett gibt auf"). Ein vorzüglicher Leckerbissen sind die Fettschnitten des Höckers, welche Sedif heissen"); dieses einzige arabische Wort übersetzt Rückert mit dem fünffachen „Kamelfetthöckermahlzeit“ ). Physische Abmattung oder moralischer Schmerz vermindern das Fett des Höckers, so sagt Motenebbi: Wenn uns blos Entfernung trennte, sº Schmölze bald das Fett Kamelen im Genick; Könnten wir im Lauf zu Ihr gelangen, Magerten sie wie letzter Lebenshauch°). Wenn das Kamel den Höcker verliert, ist es auch um die Freude des Arabers geschehen, desshalb sagt Nábiga ed – Dobjáni"): Alle Freude ist gegangen fehl, Denn es fehlt der Höcker dem Kamel. *) Geschichte der arab: Literatur III, 932, wo aber statt Nacken Höcker steht. « Ich treibe das Kamel durch alle Stationen, Bis ich nach Bin et komm', wo die langhals'gen wohnen. (Gesch. d. arab. Lit. II, S. 380.) *) Geschichte der arab. Literatur III, S. 162. – *) Kuwwe ti mu erris dür. Kamus III, S. 496, siehe auch Willmet Antarae poema p. 154. – *) Rückert (II, 333) nimmt den eigenen Namen von Medina hier für das Nennwort der Stadt und macht aus den Eimern Waschnäpfe: Die ausseh'n, als ob städtische Waschnäpfe ihnen hangen Tief hinten unterm Bauche, wann das Frühroth aufgegangen. *) Geschichte der arab. Literatur I, S. 378. – ") Freytag II, S. 300, cameligibiadeps. – 7) Rückerts Hamása II, S. 291.– *) Motenebbi, S. 174. – ") Geschichte der arab. Literatur I, S. 349. 3 * 20 - - Freiherr Hammer-Purgstall. 28) Die Eigenschaftswörter des Bauches bezeichnen entweder den weiten oder eingezogenen Bauch; das dünnweichige und starkrippige Kamel wird vor anderen gepriesen, so sagt Sälebet B. Sáir: So traue dein Geschäft dünnweichigem Kamele, - « Dickwangigem, starkrippigem, das tapfer geht”). 29) Der Fuss. Der Araber heisst die Vorderfüsse die Arme des Kamels, er hat besondere Wörter für lang-, leicht- und schwerfüssige Kamele, für den Ort zwischen Knie und Lende; eine vorzügliche Rolle aber spielen die beiden Knie, was von zwei ganz gleichen und zusammenpassenden Dingen gesagt wird, so sagte Herim B. Kathba zu Aamir B. Thofeil und zu Alkama, die sich nicht von einander trennen wollten: Ihr seid die Knie des Kamels Die sich zugleich zur Erde lassen”). Die Vorderfüsse stehen weit von einander ab, wenn die Scheide zwischen denselben ihr gehöriges Mass hat. .. " Kamele, denen weit absteh'n die Vorderfüsse”). 30) Der Huf und die Sohle des Kamels haben einen besonderen Namen, ehe er gespalten und darnach... Makásch el –äiidi richtete die folgenden Distichen an Imriol-Kais el-Kelbi: Wohlverdienet, wohlverdienet Im r’olkais, Als die Hufe der Kamele brannten heiss*). Motenebbi singt”): Mich verlachte nur das Kamel so oft es den Mann sah, Dessenthalb es sich blutig die Sohlen geritzt. Und wieder: «- Es traten auf das Land die Stuten und die Fohlen, Da bohrte ich mit Küssen durch des Lastthiers Sohlen") Und wieder: Er führte das Kamel, das an den Sohlen bemalte Aus dem feindlichen Stamm beutebeladen zurück"). Und Äbdolafif B. foräret*): Ich rufe den Kamelen, deren Sohlen Gespalten durch des Winters strengen Frost. Der letzte Vers lehrt, dass der Frost die Sohlen spaltet; um die Kamele davor zu schützen, wird die Sohle des Kamels zweifach und dreifach mit Leder bekleidet; der Riemen womit diese Sandale dem Kamele an die Sohle gebunden wird, hat mehrere Namen und die Commentatoren der Moällakat Lebid's erläutern denselben umständlich in dem 23. Distichon, wo es vom Kamele heisst: Und dass wiewohl am Kopf heraussieht sein Gebein, Am Fuss' den Sohlen rie m' zerfetzt in Stücke klein. Auf den Sohlen werden die Kamele auch gemalt, daher sagt Motenebbi: Er führt das Kamel, das an den Sohlen gemerkte, Aus dem feindlichen Stamm beutebeladen zurück. 31) Der Schweif des Kamels spielt, wie wir gesehen, eine grosse Rolle, sowohl bei der Begat- tung als bei der Geburt, und ein Dutzend von Wörtern betrifft blos die Bewegungen desselben. Ein Kaufmann kam zu mir, ein Schändlicher, Mit einem Bart, wie des Kameles Schweif %). *) Geschichte der arab. Literatur III, S. 813. –*) Seálibis Metonymien. – *) Geschichte der arab. Literatur III, S. 352, aus Nabiga ed-Dobjani. – *) Ebenda III, 833. – *) Motenebbi's Übersetzung S. 384. – %) Ebenda S. 152. – 7) Ebenda S. 101. – °) Geschichte der arab. Literatur III, 915. – ") Kais B. Aaſsim el-Mankiri, in der Gesch. d. arab. Literatur I, 452. Das Kamel. - «- 21 Dann die schon oben vorgekommenen Verse"): « Der Menschen Spendenster, der Geber der Kamele, Mit Schweif aufrüttelndem. C 4 - So sagt Abdallah B. ät me: Dich betrügen die Kamele, welche schwankend gehen, Die mit Sattel und mit Polster wohl versehen, Die mit langen Schweifen wohlgeordnet stehen”). 32) Die Geschlechtstheile. Der Nerv des männlichen Gliedes des Kamels dient dem Araber als Geissel; er hat mehrere Namen für die Scheide des Gliedes; eine besondere Vorrichtung, um zu verhin- dern, dass der Urin nicht der Vorhaut des Gliedes schade. Dieser Gürtel entspricht der schon oben bei der Begattung erwähnten Binde, womit die Schamtheile der Kamelinn verbunden werden. Auf die Scham- theile des Kamels bezieht sich das folgende Distichon des Dichters el – He is em B. Adi: Die Zunge lässt er geh'n in ihrer vollen Schneide, Als biss er stets in des Kameles Eingeweide”). XII. Von den Erzeugnissen des Leibes des Kamels, nämlich: Milch, Blut, Fleisch, Fett, Speichel, Schaum und die Excremente. Wir übergehen hier die Milch, weil sie bei dem Milchkamele im Überflusse strömen wird. d 33) Das Blut des Kamels flösst, wie der Wein, Muth ein, desshalb sagte der grosse Dichter Ascha: Die klare Fluth, die wie das Blut Von dem Kamel der Seel' gibt Muth *). Ihm schmeckt die Blutwurst des Kameles nicht”). 34) Von dem Fleische des Kamels (welches die liebste Nahrung des Arabers) ist in arabischen Dichtern sehr oft die Rede, und wir werden bei den Sprichwörtern auf dasselbe zurückkommen. Schen- feri, von dessen berühmter Lämi jet auch Ritter Auszüge nach der ersten unvollkommenen“) Übersetzung Hrn. Fresnel's aufgenommen, sagt: Wenn die Missgeschicke heute mich auslassen Haben sie gewusst den Schen feri zu fassen, Haben sich sein Fleisch wie ein Kamel getheilt. H B - D S. f d ( f K B, Besonders schmeckt dem Araber das Fleisch des trächtigen Kamels, so sagt Solmiji B. Rebiäá in der Hamása: Beschert ich ihnen durch des Looses Pfeil Von trächtigem Kamel den besten Theil 7). G f Sebret B. Amr el – Fakási *) sagt in der Hamása: Als euerem Kamel ward Fleisch und Milch geraubt Auch in der Scholie der Hamása, deren Vers Rückert so übersetzt"): Mit Milchrahm und Kamelspeck, Der wachsen macht das Fleisch kommt kein Speck, sondern blos das Fleisch und der Höcker vor (Sinám). Der Fleischtopf der Sedus, welcher das Fleisch zweier geschlachteter Kamele fasste, wird in den Sprichwörtern erscheinen. *) Geschichte der arab. Literatur I, 349. – *) Ebenda III, 824. – *) Ebenda III, 378. – *) Ebenda III, 367. – *) Ebenda III, 453. – ") Eine zweite bessere lieferte er in den Lettres sur l'Arabe. – 7) Geschichte der arab. Literatur III, 899, in Rückert's Übersetzung der Hamása I, 218: - Da hat des Looses Pfeil, in meiner Hand gerühret, Begier'gen Gästen feist Kamelfleisch zugeſühret. – *) Geschichte der arab. Literatur III, 896. – °) EII, 223. 22 . Freiherr Hammer-Purgstall. 35) Das Fett. Ungemein zahlreich ist die arabische Synonymik für das fette Kamel, dessen Wörter sich auf ein halbes Hundert, und die für das magere Kamel auf die Hälfte belaufen. Die Stellen arabischer Dichter über das erste sind zahlreich, so sagt Imriolkais, der grösste der arabischen Dichter vor dem Islam: r Wo sie getheilet sich in's Fleisch mit Häst, K In's Fett, das weiss wie Schleppe von Damast!). So sagt el – Orján: s Er sprach: Siehst du, wie der Kamele. Fett Auf ihnen hoch, gleich den Palästen steht”). Und Modharris B. Ribii: (Ich) Bewirth' ihn Abends mit Kamelesfett, Und lob' ihn gerne, bis von mir er geht”). 36) Der Speichel und der gewöhnliche Schaum des Kamels, welcher keineswegs mit dem rothen folgenden zu vermischen. 37) Der Brunstschaum. Dieser braunröthliche Schaum der nur im Februar zur Zeit, wo die Kamele in der Brunst sind, erscheint, und wovon in der jüngsten Beschreibung des Kamels von Friedrich Cuvier ausführlich die Rede“), gilt dem Morgenländer, wie wir aus der Beschreibung Ahmed's von Tus gesehen, für die geschmolzene Leber oder gar für das aus zu heftiger Brunst geschmolzene Herz. Ausser dem dort erwähnten Schaks chaka hat dieser blutige Schaum noch ein paar andere Benennungen, und ist von dem rothen Schaume welcher das Maul des gebissenen Kamels deckt, zu unterscheiden. 38) Die Synonymik des Urins ist eine reichere als die des Kothes, weil der Araber nicht nur den Urin selbst, woraus er Salmiak bereitet, sondern auch die Art wie das Kamel pisst, ob gerade oder schief, ob es den Harn spritzt oder nicht, genau beobachtet und bezeichnet. n 39) Der Kamelkoth ist dem Araber so werther, als derselbe ihm an Holzes statt zur Feuerung dient. 40) Rotz, Auswurf der Zitzen und anderen Schmutz, der sich von der Haut des Kamels absondert, hat seine besonderen Benennungen, so wie das immer furzende Kamel. Wir gehen nun zu den Eigenschaftswörtern über, welche sich auf keines der Glieder oder anderen Bestandtheile des Kamels beziehen. XIII. Von der Farbe, dem Haare und anderen guten und bösen Eigenschaften des Kamels. 41) Das Haar und 42) die Farbe fallen fast zusammen, indem der Araber in dem letzten vorzüglich nur die Farbe betrachtet; die schönfarbigsten Kamele sind die weissen, dann aber unmittelbar die schwarzen aus Jemen, die der Beni Kelb und der Beni Tem im. Nicht Nedschd, sondern Jemen gilt für das vorzügliche Vaterland edler Kamele. Der Araber hat besondere Wörter für die weiss- und schwarzgesprenkelten , für die schwärzlichen, für die staubfarben, für die aschfarben; unter die geschätztesten gehören die rothen aus der Landschaft Dehná, so sagt der Dichter Remmáh B. Meijáde: Nachdem vorbei der Jugend Feuer, Kam er daher als alter Geier”), - B - / G. B H . S »- H dann die der Beni Abs und die goldgelben oder goldenen des Königs Nömán. Die anderen Eigenschaftswörter welche meistens mehr das Geistige als das Physische betreffen, theilen sich in ') Geschichte der arab. Liter. I, 289. – *) Ebenda III, 923. – *) Ebenda III, 949. – *) Le besoin de la reproduction se fait sentir en février et mars chez les Dromadaires, et il est si violent, qu'ils cessent tout-à-fait de manger, poussent de longs hurlements, et répandent par la bouche une bave épaisse; une liqueur fétide et brune sort alors aussi des fortes glandes qu'ils ont à la partie postérieure de la tête, et qui, aux autres époques de l'année, sont à-peu-près inactives. – *) Literatur-Geschichte der Araber III, 448. *. Das Kamel. • 2Z die lobenswürdigen und tadelnswerthen oder guten und bösen; sie geben von jedem derselben ein Dutzend: 43) vollkommene, 44) auserlesene, 45) schöne, 46) starke, grosse, mächtige, 47) feste, sichere, zur Strapatze tüchtige, 48) zarte, schlanke, 49) flinke, 50) fröhliche, 51) zahme, 52) geduldige, 53) leicht zu lenkende, 54) lange und hohe ; die bösen Eigenschaften sind hingegen: 55) das kleine, 56) das schwache, 57) das müde, 58) das harte, 59) das schwierige, hart zu regierende, 60) das bösartige überhaupt, 61) das träge und nachlässige, 62) das gefrässige, 63) das geile, 64) das närrische, 65) das bissige und gebissene, 66) Fehler der Haut. 4 Die guten Eigenschaften sowohl als die bösen haben bis achtzig, zusammen also hundert und sechzig verschiedene Wörter, von denen die meisten ganz gleichbedeutende (Homonyme), viele derselben aber auch nur fast gleichbedeutende (Homoionyme) sind; sonderbar genug findet sich für die bekannteste und sprich- wörtlich gewordene Eigenschaft des Grolles kein besonderes dem Kamel allein angeeignetes Wort, sondern nur das gewöhnliche Hikd, was sowohl von Menschen als Thieren gesagt wird und also nicht in die Syno- nymik des Kamels gehört. XIV. Von den Zuständen des Kamels. Hierunter begreifen wir das Geschrei und das Gestöhne, den Gang und Lauf des Kamels, die Krankheiten und Heilmittel derselben. - 67) Das Geschrei und Gebrülle des Kamels, welches von dem Gestöhne desselben ganz verschieden; zuerst sei des Lautes erwähnt, womit das Kamel sein Junges ruft, derselbe lautet Dah Dah! oder Deh Deh! daraus ist der türkische Name des Kamels Dewe entstanden; es gibt Kamele die von Zeit zu Zeit einen Laut von sich geben, andere die gar nicht schreien, andere die mässig und wenig, andere die sehr viel und laut, einige die schnell, und andere die langsam schreien, endlich solche die sich gegenseitig anbrüllen; hierauf sich beziehende Stellen von Dichtern sind die folgenden: Die Hyänen Somma’s heulen ungemein, Die Kamele, die uralten, heftig schrei'n”). Der grosse Dichter Ebü Nüwás sagte: Wenn der Emir mich säh', er hälf' mir mit Kamelen Mit dunkelen, die schreien wie der Klang von Schellen*). Milhat el-Dschermii sagt in der Beschreibung einer Wolke: Die Nacht durchwach' ich und die Wolke blitzt, Von einem Land zum andern aufgeschlitzt, Sie taumelt dunkelgrau, und wann sie fliesst So ruht sie nicht, bis sie sich ganz ergiesst; Sie brüllet donnernd über das Gefild, Wie ein Kamel, das andere anbrüllt; Sie gipfelt wie das grauliche Gestein, Das thürmt am Libanon in langen Reih'n”). Seäálibi unterscheidet genau zwischen dem Gebrülle und Gestöhne des Kamels und belehrt uns, dass das Gebrüll des Kamels als Metonymie stets das Gebrüll des in den Felsen eingeschlossenen Kamels des Propheten Ssálih bedeute, welches für immer im Gestein der Beni Themud eingeschlossen mit fürchter- lichem Laute fortbrüllt; die Pilger-Karawanen, wenn sie dort vorüberziehen, gehen mit verdoppeltem Schritte und lautem Geschrei, um das fürchterliche Gebrüll des in dem Felsen eingesperrten Prophetenkamels zu überschreien; es ist natürlich, dass die Pilger in dem Geschrei so vieler Tausende verschiedener Zungen das nicht zu überschreiende Gebrüll des Prophetenkamels zu vernehmen glauben. *) Abd B. Habib, Geschichte der arab. Literatur II, 648. –*) Ebenda III, S. 610. –*) Ebenda II, 952. 24 Freiherr Hammer-Purgstall. Für den Laut des Kamels, wenn dasselbe zu brüllen anfängt, hat die arabische Sprache allein vier Wörter, von dem ersten Beginn bis zum vollen ausgebildeten Laut“). Das den ersten Laut Ksch von sich gebende heisst Keschisch und findet sich in einem Distichon Dscherir's und in einer von Fereſdak an einen Freund Dscherir's gerichteten Kaſsidet“): S chijet kam wie weibliches Kamel, das junge, Das nach neunjährigem ausbrüllt mit voller Lunge ”). Wie wir oben bei der Weide und Tränke, um Unterabtheilungen zu gewinnen, die Weide, das Weiden und das weidende Kamel, die Tränke, das Tränken und das getränkte Kamel von einander unterschieden haben, so betrachten wir hier in besonderen Unterabtheilungen das Brüllen, das Gebrülle und das brüllende Kamel. Den schreienden oder brüllenden stehen die stummen oder schweigenden Kamele entgegen, welche sich die Last stillschweigend aufladen lassen, und welche desshalb ein ungenannter Dichter in dem Buche von der Reise und Ruhe in der Hamása in einem besonderen Gedichte preiset, das in dem letzten Hauptstücke dieser Abhandlung seinen Platz finden wird. »- Doch findet sich auch die Benennung dieser stummen Kamele welche Mos am mem heissen, schon in einem Distichon des Oheims des alten Dichters Ääscha Mos eijeb Ibn Abs: O A ami r's Söhne, fürchtet ihr nicht Gott? Es fürchtet das Kamel, das stumme, seinen Gott!“) 68) Das Gestöhne des Kamels. Seäälibi führt in seinem Buche der Metonymien die folgende Redensart der Araber an: „Ich werde dies nicht thun, so lange das Kamel stöhnt!“ d. i. nimmer – und eine andere Redensart: „Stöhnender als das alte Kamelweiblein,“ weil dasselbe stärker als die nicht so alten nach ihren Jungen stöhnt; dem Araber ist das Gestöhne des Kamels der Ausdruck der Zärtlichkeit für sein Junges und auch der Sehnsucht nach seinem Vaterlande, und er unterscheidet genau diese verschie- denen Arten von dem Grunzen (groaning) des Grolles und von dem Gebrülle des brünstigen Kamels. Ebü Temmam, einer der grössten arabischen Dichter, der Verfasser der von Freytag im arabischen Texte herausgegebenen und von Rückert ins Deutsche übersetzten Hamása, sagt in der schönen Beschreibung des Platzregens”, welche mit dem Distichon beginnt: Ich sehe nichts als schwarze Wolkenhaufen, Die wie Kamele um die Wette laufen, im eilften Distichon: « Der Donner lärmet an des Pred'gers Stelle, Die Erde brüllt gleich brünstigem Kamele. Der Held Dichter Motemmim B. Nüweiret") sagt: Wann Kamel, das alte, seinen Schmerz ausschreit, Stöhnen der Kamele Heerden weit und breit. Meim üm el-Äáscha, der Grosse, dessen schon oben bei dem Blute der Kamele erwähnt worden, der noch zur Zeit Mohammed's lebte und in der Lob-Kaſsidet desselben von dem Kamele das ihn trug, spricht, gebraucht schon in seiner berühmten, mit den sieben Moällakat wetteifernden, von S. de Sacy ins Französische übersetzten Kaſsidet das von Seäälibi erwähnte Sprichwort: Du schadest nicht so lang als stöhnen die Kamele 7). *) S. Fr. IV,37. –*) Sojüthis Schewähid Bl. 166; der Commentar erläutet Kes chisch als das junge weibliche Kamel, das noch nicht den Schalksch akat , d. i, den rothenschaum der Brunstauswirft. *) J5. z- _P X* U-O -X> . dies Wort fehlt bei Freytag, welcher doch mehrmal den Demiri als Quelle anführt. – *) Geschichte der arab. Literatur II, 479. –*) Ebenda I, 507. – *) Ebenda III, 307. – *) Ebenda III, 738. «) Das Kamel. 35 Morret B. Hemmám Morret“): . «- Weh' Äfwa Dir! Du nimmst Kameler eihen, Die ich gestellet Dir zur Wahl zur freien. Bei Gott! wenn Freunde wären nicht zerstreut, Der Lüge würde jener Mann gezeiht; Als Panzer wehrt es ab von uns die Wunden, a Und doch so glatt wie Schwarzbein, das geschunden, Ihr liesst auf freier Weide mein Kamel, Denn Heeresangriff schlug auf selbes fehl. Eine ganz besondere und bei den Kamelen welche ihre Jungen insgemein lieben, ausnahmsweise Unart C - a. z H G s ist die der Kamele welche Alük heissen, die ihrem Jungen zwar mit der Nase liebkosen, aber ihnen die Milch versagen, weil ihnen das Junge eines anderen Kameles besser gefällt als das ihrige. Im Schewähid Sojüthi's finden sich die folgenden Verse: Was nützt die Gabe mir, die als Älük mir werth, Das mit der Nas' liebkost und Milch doch nicht gewährt! *) " XV. Von der Bestimmung des Kamels. Der Eintheilung des Kamels nach den verschiedenen Arten seiner Bestimmung ist bereits in der Einleitung erwähnt worden; die erste und vorzüglichste dieser Bestimmungen nach welchen das Kamel in den zwölf folgenden Abschnitten erscheint, ist 73) die des Milchkam els das wir zuerst als solches, dann die Erzeugnisse desselben, die Milch, und endlich die Handlung des Melkens sammt der Zeit desselben und den dazu gehörigen Geschirren betrachten wollen. Das Milchkamel, wofür der Araber ein Dutzend von Synonymen hat ohne allen Bezug, ob dasselbe viel oder wenig Milch gebe, heisst gewöhnlich Likáh. Demiri hat einen besonderen Artikel desselben, welcher in dem Exemplare der Hofbibliothek anderthalb Seiten füllt und meistens mit den Ueberlieferungen des Propheten angefüllt ist, und zu dessen Ende Verse aus einem Werke des grossen Philologen Semach- sch eri, dann die eines unbekannten Dichters angeführt sind, in welchen aber des Milchkamels keine Er– wähnung geschieht und welche nur die Wahrheit aussprechen, dass die Nahrung und der Unterhalt nicht nach dem Verhältnisse der Wünsche und der Bemühungen darum, sondern nur durch die Vorsicht Gottes nach der Bestimmung derselben ausgetheilt werde *); desto häufiger sind die Stellen in anderen arabischen Dichtern, so sagt der Dichter Selmet B. Chor schob *) in dem Mofadhaliat: 1. Du spendest Milch kam e 1 und dann die weitern, Die reichsten mit den wohlgefüllten Eutern; Sie geh’n wie Pferde in den Karawanen, Vorrennend Hengsten alten in den Bahnen, Des Abends laufen sie bis Mer werät, Der Rest von edeler Kamele Saat. Sie ruhen nicht, weil sie den Hengsten gleichen, Sie schlagen mit dem Schweife sich die Weichen. und in derselben Sammlung alter Gedichte: Sohaim B. Wásik”): Des Mil c h kam els Verlust allein Ist's, was zum Herzen dringt. Manſsur B. Misdscháh edj– Dh abbij “) in der Hamása Ebü Temmám's: Kamelraub rächte ich an Milc h kam e le n, Auf Rach' vollständige ist stets zu zählen. Kamele von den schönsten zarten Jahren, Die schön wie Mädchen männerzeitge waren. º) Geschichte der arab. Literatur III, 831. – *) CM Cºe - S – se -H. Gº- Las - Zºº – Bl. 37. – *) Die 790. Nummer im Werke Demiri's. – *) Geschichte der arab. Literatur III, S. 822. – *) Ebenda S. 820. – *) Ebenda III, 953. «- - Z6 Freiherr Hammer-Purgstall. ebenda sagt el-Äär edsch el-Mannij): Die Mutter Sehl's hört nicht auf zu klagen, Ich weiss nicht, was der Grund des Schmerzens sei, Sie tadelt, dass ich tränke Werd mit Milch. Der Dichter Ibrahim B. Heremé sagt: Wir brauchen nicht die Milch von dem Kamele, Bei uns vertritt der Rebensaft die Stelle. und wieder: Der Melker gehet hinter dem Kamel, dem alten, Doch wird desshalb dem Stamm nicht Milch zukommen. und wieder: T Es geht der Melker zwar zu dem Kamel, Doch ruft er nicht den Stamm und hat dess' Hehl*). Der grosse Dichter Fereſdak erwähnt mehrmal der Kamele in seinen Versen, von denen die fol- genden zum Sprichworte geworden: Er lenkte rechts den Weg el Onſsolin, . Doch die Kamele zogen linker Seite hin ”). und wieder: Die , so in seine Obhut sich begeben, Sie können ohne Schafe und Kamele leben. *) und wieder in der Hamása: Ich schickte ihm ein dunkles, doch nicht Milch kam el. *) Der Dichter der Beni Hodeil el-Äälem, d. i. der Wissendste, sagt: Du rufest die Kamele auf, die Milch dir geben, Um Dich auf diese Art zu einem Herrn zu heben"). Teebeth a scherren, der Räuber Dichter, erwähnt mehrmal in seinen Gedichten der Dromedare und Milchkamele: Dass er des Stamm's Zuneigung mög' erfahren, Wie ich geneigt starkhufgen Dromedar en. und wieder: Der Milchkamele Herrn allein gedenkt er zuzusetzen 7). Menihat, von der Wurzel me nah a , heisst die Milchkamelinn welche Einem zum Genusse ihrer Milch, ihrer Jungen u. s. w. überlassen wird, von derselben Wurzel ist al–menah, das Festgeschenk, in Europa als Almanach eingebürgert. Das viele Milch gebende Kamel hat ein halbes Hundert von Homoio- nymen, wovon nur einige Synonyme mit abschattender Bedeutung, wie z. B. das Kamel dessen Milch ungemelkt ausströmt, das Kamel welches die Milch in Strahlen ausspritzt, das Kamel das wie ein Schlauch Milch strömt, das Kamel das seine Milch bald rinnen lässt und bald zurückzieht, das Kamel das auf Ein Melken zwei Geschirre füllt, das Kamel dessen Milch schnell sauer wird, das Kamel das immer Milch gibt, das Kamel das im Winter, und das nur gezwungen Milch gibt, u. s. w. - Für das wenig Milch gebende Kamel welches der Araber von dem ganz milchlosen unterscheidet, hat er wieder über dreissig Wörter, wovon die meisten Homoionyme des wenig Milch gebenden, manche *) Geschichte der arab. Literatur IIl, 921; z-W <>2». Sº Ö heisst wörtlich: dass ich opfere dem Werd (dem Hengste) die Milchkamelinn. – *) Ebenda 546, 547 und 548. – *) Ebenda II, 282. – *) Ebenda 272. –*) Freytags Hamása S. 743 und in Rück. Uebers. II, 291: Für ihn rüstet' ich ein schwang'r es, schwarzes, doch nicht Milch kam e 1, im Texte steht kein Wort von Rüstung und von schwanger; der oben wörtlich übersetzte Vers lautet: “ „8. A- Sº - – ") Geschichte der arab. Literatur II, 605. – 7) Rückert's Übersetzung der Hamása I, 187. 2< V a. Das Kamel. Z7 aber auch einen Nebenbegriff bezeichnen, z. B. weil man ihm sein Junges vorenthält oder weil es dasselbe verloren, oder das trotz grosser Zitzen nur wenig Milch gibt. Das Mifher Sojüthi's enthält allein die Er- klärung eines Dutzends blos auf das Milchkamel sich beziehender Wörter; auch die wenig Milch gebenden Kamele werden mehrmal von arabischen Dichtern erwähnt, so lobte Meskin ed – Dárimi schon den ersten Chalifen der Beni Omeije und seinen Sohn Jeſid: Es wanderen zu Dir Emirol-Mümin in Die Schaaren wie zu Nacht die Kath ä wachend hin, Mit glücklichem Gestirn, denn Fleiss gibt Leben, Selbst wenn Kamel und Schaf dir Milch nur wenig geben, Und wenn die Sonne einst im Westen sinket hin, So wird begrüsst. Je fid E m irol-M ü minin *). Kabiſsa B. D schäbir *) sagt in der Hamása Ebü Temmám's: Wir sind, die Söhne nicht des schwachen Milch kam els; Wir sind die Söhn' der Ross, der starken, der gesunden; Die Erde dehnt sich aus vor unser Schaaren Menge, Wir sind die Söhn' des Sand's und harter Felsenschrunden. Eds c h ä und Selm á sind für uns zwei feste Schlösser, Die beiden östlichen, die wir als wahr befunden, r C « Wº Der Dichter Dsch erir sagt in einem Lobgedichte auf Abdolmelik Ibn Merwän, wofür er hundert Kamele erhielt, das folgende Distichon in welchem der Name Omm Hir fe, der Name seiner Frau: Omm Hirſe ward geehrt, sie sprach darauf zur Stelle: Ich sah die Wässernden mit ihrem Milchkamele *). Das reichste Milchkamel heisst Dsch el ádet und diese Benennung findet sich in einer der berühm- C C. r G. Y testen zum Lobe des Chalifen Omer Ibn Abdol-Aáſiſ vom Dichter Ads chád sch gesungenen Kaſsidet: Bald waren ferne uns geblieben Wüsten Und Milchkamele mit den vollen Brüsten *). Das Kamel, das so viel Milch gibt, dass die Milch einige Geschirre anfüllt, hat mehr als Einen Namen. Die Milch des Kamels ist berauschend, und der Rausch den man sich davon antrinkt, hat einen anderen Namen als der Weinrausch; die Melkgelte ist aus Kamelleder gemacht, das mittelst Sand getrocknet und zur Schüssel geformt wird“). Die Synonymik für das Melken ist sehr zahlreich, je nachdem das Kamel ganz oder nur halb, in Reihen oder einzeln, mit der ganzen Hand oder nur mit den Fingerspitzen, viel oder wenig, gerne und leicht, immerfort oder nur zuweilen oder gar nicht mehr gemolken wird; die Kamele haben beim Melken verschiedene Unförme, das eine hebt den Kopf auf, das andere brüllt, das eine strampft sich während des Melkens ab, das andere beweiset sich überhaupt störrig; die Milch ist entweder süss oder sauer, kühlt schnell oder langsam aus, ist entweder rein oder mit Wasser vermischt, bleibt in den Zitzen zurück, oder klebt den Hüften der Kamele an, Der Dichter Ibn Herem e sagt: Wir brauchen nicht die Milch von dem Kamele, Bei uns vertritt der Rebensaft die Stelle "). *) Geschichte der arab. Literatur II, 335. – *) Ebenda III, 933. – 8) Sº 3° C 2»A -b CE ſº G - - - Southis schewähid, Par Handschrift, B. 10; in selber B 120 auch das Hemistich „ SL - JSG- – 4) \>>. U=º) ve. JL -F. –2° aº C) Cº- Das Schewähid ol–Mogni, Pariser Handschrift, Bl. 14, Kehrseite und 15. – *) Freytag's Wörterbuch I, S. 438. – ") Geschichte der arab. Literatur S. 546. Z8 Freiherr Ha mmer-Purgstall. Schon vor dem Islam sagte Hátim eth –Thaiji, der Freigebigste der Araber: Das Land von Ämrü, wo nicht Blutrach währt, Wo man von des Kameles Milch sich nährt ). Der Milchkamele erwähnt Imriolkais in den beiden ersten Distichen des neunten Gedichtes seines Diwans“), die wir um so mehr hierher setzen, als der Commentar des Schewähid“) die zwei Wörter Tenü fi und Kawáil, welche Frh. M. G. v. Slane für eigene Namen nimmt, als hohe Berge und niedere Hügel und Disár als den Hirten des Imriolkais erklärt: Lass die Beute mit Geschrei in ihren Zellen Und erzähle mir die Sage von den Reiskamelen Wie Disär mit Milchkamel zu Hügeln zieht Und des Hochgebirges Adler flieht. Die Zeiten des Melkens sind verschieden und nach denselben hat dasselbe, so wie die Kamele welche Früh oder Abends, bei Tag oder bei Nacht, oder um Mittag gemolken werden, verschiedene Namen; die gewöhnliche Zeit des Melkens ist Morgens und Abends und das dritte Melken zu Mittag oder um Mitternacht ist nur eine Ausnahme bei reichlich Milch gebenden Kamelen. Sowohl die Melkzeit, als die Zeit welche zwischen zwei Melkungen verfliesst, hat ihren besonderen Namen; von dem Überflusse der Milch, Derr, nimmt der Araber die Formel sowohl von Anwünschung als von Verwünschung her, so heisst das deutsche „Gott lohn's ihm“ auf Arabisch: lillahi derrehü, d. i. wörtlich: „Gott gebe ihm Ueberfluss an Milch“, oder verwünschend: „Gott strafe ihn!“ laderre der rehü! Eine andere Verwünschung lautet: la derreite we la etleite! d. i. „Du sollst nicht Ueberfluss an Milch haben und deinen Kamelen soll kein Junges folgen“ *). 74. Das Lastka mel. Demiri behandelt das Lastkamel unter zwei verschiedenen Artikeln, nämlich: 1) Mathi jet, welches der allgemeine Name für Lastthier; 2) Hamül et, d. i. das Lasttragende. Unter dem ersten führt Demiri zuerst die folgenden Verse Ebü1-Fadhl el-Dsche wherfs zum Lobe Medina's an: r Es hob der Schleier sich, mir leuchtete ein Mond, Den einzubilden sich Einbildung ungewohnt, Des Lastthiers Rücken, das hineilt zum Gottesboten, Ist als ein Reitkamel den Männern all' verboten; Betreten haben sie die beste, schönste Erde, Wofür der heil'gen Scheu Hochachtung ihnen werde – - H G. 9 H. H. S. r so sagte der Dichter Schemmäch zum Lobe Arába's, eines freigebigen Mannes der Anſsär: . K Wenn hin zum Arába mein Reitkamel mich trägt, Des Herzens Ader dann mir doppelt höher schlägt. K G - d. - H. “ Ab dállah Ibn Omer sagt, dass er einen Araber sah, welcher den siebenmaligen Umgang um die Käba verichtete, seine Mutter auf dem Rücken trug und dabei sang: Als Lastthier dien' ich ihr, das nicht verwirrt, Und sich nicht schreckt wann der Steigbügel klirrt, Sie trug mich auch und säugte mich dann gross, Mein Herr ist Gott, der hoch erhaben, gross! Hierauf folgen andere, nicht hieher gehörige Verse und die auf das Lastthier sich beziehenden Über- lieferungen welche unter dem Abschnitte derselben ihre Stelle finden werden. Unter Hamü let wird blos in zwei Zeilen bemerkt, dass das Wort nicht nur lasttragende Kamele, sondern auch lasttragende Esel bedeute. Das Kamel wird entweder schwer oder leicht beladen, oft überladen, es trägt viel oder wenig, *) Geschichte der arab. Literatur I, 176. – *) S. 32 des Textes und S. 49 der Übersetzung. – 8) Handschrift der Pariser Bibliothek, Bl. 103; hier kommen sowohl die Reisekamele, Rewähil, als die Milchkamele, Lebünát, vor –*) Freytag I, 198. Das Kamel. . « Z9 Waaren oder Gepäck, Moschus oder Wohlgerüche der Reisenden und wird darnach verschieden benannt, darunter sind mehrere von Burckhart gegebene Wörter die sich in den Wörterbüchern nicht befinden. Der Dichter el– Ewd i , einer der grossen Dichter der Zeit vor dem Islam, sagte, wie aus den S che wähid d.i. den Belegen Sojüthis zu Ibn Hischam's Mogniol-Lebib erhellet, die folgenden Verse welche in Musik gesungen wurden: - Wch” ihnen, wenn sie meine Lanzen sehen, Die Söhne Aämir's an dem Tag der Schlacht; Versammelt hatte Käab seine Schaaren, º. Und der Kamele, der bepackten, Macht ). Málik B. Harün el-Hindáni sagte in den von Äfsmäi gesammelten Gedichten“): Ich denke Selm á's und der Lastkamele, Die wie der Kath ä durch die Spieglung zieh'n. r . Koseir der grosse Dichter sagt: Als wir zu Minä den Besuch vollendet, Und angerührt des heiligen Hauses Säulen, Als wir beladen unsere Kamele Und Jeder trachtete nur fortzueilen”). Ab dállah B. Tháhir, der Sohn Süljemineins, d.i. des mit zwei rechten Händen Begabten, Statt- halters von Chorasan, ssgte: Zu Kümis sagten mir die Weggenossen: Was pack'st du die Kamele wieder auf, Ist denn die Sonne schon emporgeschossen? Ich sprach, die Sonne Grossmuth hat nun Lauf*). Der Dichter Gälibi sagte zum Lobe Ebü Äbbád Säbits *): Wenn ihm sich unsere Kamele nah'n, : Belastet selbe seine Grossmuth schwer, und Dáüd B. Selem"): Ich lasse die Kamele frei von Lasten, So oft wir nahe von Freigeb'gem rasten. « G In der Hamása Ebü Temmám's sagt Nábiga B. Aátiket"): Freigebig von Natur mit Loosespfeilen, Schwertragende Kamele auszutheilen. el-Akra sagt in Semachscheri's Frühling der Gerechten *). Ich sprach zu ihm, den ich zu Mekka traf, Als ihre Last abwarfen die Kamele. Ä. y C K F - H Der Dichter Ko seir B. Asa, welchen der Chalife Abdolmelik zu sehen verlangte und ihm zu erkennen gab, dass er ihn klein und unansehnlich finde, sagte aus dem Stegreife: Der Mann ist gross durch seinen Muth, Der schmückt ihn mehr als Gröss’ und Muth, Der Weihe ist zwar stark und gross, Doch tödtet ihn des Falken Stoss, Und gross, doch dumm ist Lastk am el Die Grösse macht nicht das Kamel ”). r 1) Geschichte der arab. Literatur I, 105. –*) Ebenda III, 830. – *) Ebenda II, 377. – *) Ebenda III, 86. – *) Ebenda S. 60. – "). Ebenda S. 445. – 7) Ebenda S. 956. – *) Ebenda S. 968. – «- *)--W ca-, G- ſº -FL – Dº Dº- =- 25 , Sojüthi's Belege (Schewähid) a. d. Par. Bibliothek, Bl. 17, Kehrseite 40 Freiherr Hammer-Purgstall. Das in diesem Distichon und insgemein für Lastkamele gebrauchte Wort ist B äir. Demiri sagt unter diesem Artikel *), dass es sowohl für männliche als weibliche Lastkamele gebraucht werde, und setzt über die Familie der Kamele die Auskunft hinzu, dass D schemel den Mann des Kameles, Naka das Weib, Küüd die Knaben und Kolüfs die Mädchen des Kameles bedeute; die Worte Mohammed's, die er dann anführt, werden in dem Abschnitte der Überlieferungen ihre Stelle finden. Die Lastkamele leben nicht mit den Milchkamelen, wie aus dem folgenden Distichon des Dichter Helden Doreid Ibn efs–ſsimmet erhellet: sº Wie Lastkamel mit Milchkamel nicht lebt”). Der Dichter Ächthal sagt: Wenn sich dem Sohn Suwär's die Lastkamele nah'n, So lohn' ihm Gott die Gab', indem er uns schmiert an ”). 75) Das wassertragende Kamel heisst insgemein Sákijet, wie die ägyptische Vorrichtung zur Bewässerung der Felder, der Wasserträger selbst heisst Saka, wie allen Reisenden welche je in Kon- stantinopel gewesen, allbekannt, dort rührt das volksthümlichste Sprichwort: Äferin Sak a, d. i. „Bravo Wasserträger!“ von der leichtfertigen Anekdote her, dass ein Mann den Wasserträger der in dem Hause nur den Schlauch Wassers entleeren sollte, bei seiner Frau traf, und ihn mit den obigen Worten begrüsste. Schodách Ibn Jämer el-Kináni“), ein Dichter der Hamása Ebü Temmáms, sagt: Bin ich denn stets, wann die Choſää kämpfen, Ein wassertragendes Kamel bereit? C Meim ün el– Aáscha, der grosse Dichter, spricht in den folgenden Versen von den wassertragenden Kamelen: Lass nun die Klagen ruh'n, da sind die Sängerinnen, Ich treibe das Kamel, durch das die Wasser rinnen, O sei behutsam, wann das Unglück droht mit Macht, Kein Mann, der nicht ein Mal als Nichtiger erwacht, Von ferne kommt die Lieb', die Dir beschieden Kein Lob für mich, wenn ich mit Deiner Näh' zufrieden. Du groll dem Grollenden, dem Liebenden gewähr' Der Liebe gleiches Mass, ja liebe ihn noch mehr *). 76) Das wasserschöpfende Kamel dessen so eben erwähnet worden, ist eben so wenig geschätzt, als 77) das proviant tragende Kamel, so sagt Dschoreibet B. el- Heisem ") in der Hamása Ebü Temmám's: Sie hielten für Kamele uns're Rosse , Als Vorrath fordern sie des Tod's Gericht. 1) Handschrift der Hofbibliothek I, Bl. 104. –*) Geschichte der arabischen Literatur IV, 830. – *) GE & CO sae 29 sºr-, 22- G & , 3 S Sojüthis Schewähid, Handschrift d. Par. Bibliothek, B. 37, Kehrs – 4) Geschichte der arab. Literatur III, 903; aus diesem Kamel welches, wie der Commentar ausdrücklich sagt, den Eimer trägt, macht Rückert (I, 44) ein Haus kamel und bezieht sich dabei auf das Schöpfkamel von Nr. 143, wo im arabischen Texte nä dh ih, hier aber nur dsch eml steht. – 9 –,- G- - - - - - - - - - - - - - –. S- -, 3 - Cº., - e- U-° Ex-V- --- -H. –eb & - OW - »--- G- 9 : " e. \ – DM * - > > >>> -- - >> 3 Urs „º 3 - Sojüthis Schewähid, Bl. 101, Kehrseite; in dem letzten Hemistich des ersten Distichons kommt ausser dem wassertragenden Kamel (Sewa ni, Plural von Sanijet) noch das Wort Será á vor, welches sich auf das schnell gehende Kamel bezieht. Im zweiten Distichon steht imri der Mann wie in Imrio kais. – ") III, 844. Das Kamel. 4 Kaſsam B. Rebáha, einer der alten Dichter der Hamása, sagt von den bewässernden Kamelen: Weh' dem bösen Unglücksloose, Das dem Stamm vom Bruder übrig bleibt, Welcher stiehlt die wässernden Kamele Und hinweg die kleinen treibt ). Die Proviantkamele haben mehrere Namen; die nur leer mitgehenden Lastthiere, um fallende zu er- setzen, werden durch einen besonderen Namen von denen stets zum Dienst oder zur Arbeit gebrauchten unterschieden, die letzten heissen Jämeliát, d. i. die Geschäftigen und kommen oft in Dichtern vor. 78) Das Sänften kam el. Sojüthi gibt in seinen Belegen zum Mogni Ibn Hischam's die Auskunft, dass ſän, im Plural eſäin, die Frauensänfte, auch das dieselbe tragende Kamel und die darin getragene Frau bedeute, weiters die für die Geschichte arabischer Poesie nicht gleichgiltige Kunde, dass mehrere grosse Dichter*) ihre Kaſsidete mit der Erwähnung der Frauensänfte begonnen oder beschlossen haben. In der Moällakät Soheir's ist das Distichon, worin die Frauensänfte vorkömmt, nach dem Schewähi d“) das zweite Distichon, in der Ausgabe Rosenmüller's erst das siebente, es lautet: Schaust Du mein Freund, siehst Du die Frauensänfte Hinziehen über Höh'n und Hügelränfte *). In der Lebens-Geschichte Doreid Ibneſs – fs im met’s, des Helden Dichters, spielt die Kamel- sänfte eine grosse Rolle. Er sagte: « Leicht antreibend Sänfte der Kamele Und mit ihr erreichend Ort und Stelle. Rebiäa (dies war der Treiber der Kamelsänfte) entgegnete: Als mir der Niedrigste der Reiter sagte: Lass fort die Sänfte geh'n, dass dich's nicht reue; Ich aber wandt die Sänfte gegen ihn, Dass er erführe, dass ich ihn nicht scheue. Diese in der Literaturgeschichte der Araber *) umständlich erzählte Anekdote ist das Seitenstück zu dem berühmten Sänftenabenteuer des grossen Dichters Imriolkais auf seiner Heimkehr vom Teiche Dáretol – Dsch old schºol, wo, nachdem er sein Kamel geschlachtet hatte, um seine Base und Geliebte Öneife zu bewirthen, diese ihn in ihre Sänfte nahm, in der er ihr aber keine Ruhe gönnte; dieses Sänftenabenteuer des grössten vorislamitischen Dichters ist in seiner Moällak át, dem ersten der sieben an der Käba aufgehangenen Gedichte, verewigt: Vergnügt verflossen mir die Tage wohl, Vor allen die von D är et o l – Dsch oldschol, Wo ich den Mädchen mein Kamel geschlachtet; Und Wunder! ihr Kamel mit mir befrachtet, Wo sie getheilet sich in's Fleisch mit Hast, Ins Fett, das weiss wie Schleppe von Damast; Oneiſe sagte unter'm Schleier: wehe! Du wirst mich zwingen, dass zu Fuss ich gehe, Und als die Sänfte dann der Last nachgab, Sie sprach: Du tödtest mein Kamel, steig' ab; Ich sagte: lass' ihm schiessen nur die Zäum', Verweig're mir nicht deinen Honigseim "). 1) Sojüthis Schewähid, Handschrift d. Par. Bibliothek, Bl. 104; hier kommen in dem zweiten Hemistich des ersten Distichons die zwei Wörter Hawäschi als kleine Kamele und Newädh als wässernde vor. – *) Die yon Sojüthi genannten Dichter sind: 1. Imriolkais, 2. Soheir B. Ebi Selma, 3. er – Räiji, 4. Modharris B. Rebii, 5. Obeid Ibn ol – Ebrafs, 6. el – Eswed B. Jäfer, 7. Thofeil el-Ganewi. Sojüthi's Schewähid, Handschrift d. Par. Bibliothek, S. 23. – *) Sojüthis Schewähid, Par, Handschrift, Bl. 91. – *) Der Commentar bei Rosenmüller sagt, dass Dsch ors om ein eigener Name sei, es heisst aber auch radix cumuli arenae prominentis. – °) I, S. 215. – ") Geschichte der arab. Literatur I, 389. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. 6 42. - Freiherr Hammer-Purgs tall. Ausser der Moällakát erwähnt Imriolkais der Kamelsänfte auch gleich im zweiten Gedichte seines Diwans: « " - - Mein Freund, Du siehest wann Du schauest hin Die Sänften, welche nach Scheäbáb zieh'n!), Vielfärb'gen Überzug, der griechisch *) für gewiss, Wie einer Palme Frucht, wie Jathreb's Paradies Ab dállah B. el-Hadschädsch*), einer der arabischen Dichter armen Schlucker, aber tapferen Kämpfer, sagte: - " Dich haben wir im Aug' und fürchten Trennung nicht, Wenn Sänfte des Kamels hervor aus Schleiern bricht, So wenn ein Rosenblatt fällt in den Becher Wein, Verbindet es sich leicht mit Trinkender Gebein. Ebü Kollábe eth-Thäbichi vergleicht die Eile der Zeit mit der des Sänftenkameles der Frauen“): Der Lauf der Zeit ist wunderlich zu schauen, Sie eilt wie das Kamel mit Last der Frauen. Schebib Ibnol-Berſsa (mit dem obigen Ibn Berſet nicht zu vermengen) sagt: Trock'nen Aug's, bis in den Morgenstunden Mit der Sänfte das Kamel verschwunden, Bis des Stamms Gebiet dem Wind zum Raube, War verfinsteret vom feinen Staube ”). Als Fadhl, die Sängerinn, den Dichter Ssäid B. Hamid besuchte, er sie zu bleiben bat und sie sich entschuldigte, sagte er °): - d «r - » Sie nahte sich, und wollte doch beglücken nicht, Und listig wandte sie von mir ihr Angesicht. Am Morgen ging sie auf als Sonne voll von Prangen, Sie scheint so nahe uns, doch wer kann sie erlangen ? So scheint die Sänfte des Kamels gen uns zu ziehen, Wenn sie auch flieht, und lässt uns uns're Fantasien. Manfsür B. Hadschim sagt in der Blumenlese Abd Rebbihis: Nicht unbeladen gingen die Kamele, Am Tage, wo sie den Palast verliess, Die Mädchen jede, die in Sänften sassen, Schien auf dem Thron die Königinn Balkis 7). Motenebbi *) vergleicht die mit Sänften belasteten Kamele mit Thalahbäumen, ein Baum dessen Blätterdach einer von Kamelen getragenen Sänfte ähnelt: Als die belasteten Kamele zogen Wie Thalah bäume, zog die Seele fort. 79) Das Reitkamel. Rik áb, welches auch Ráhilet, d. i. das Wanderkamel, heisst; unter diesen beiden Benennungen handelt dasselbe Demiri ") ab; das Wanderkamel, d. i. das der Karawanen, legt in der Regel (nach Ahmed el-Akb et) sechs Miglien, d.i. zwei Parasangen zurück. Diese Angabe ist eine irrige, indem die Tagreise der Karawanen zu acht Stunden gerechnet wird. Das zoologische Wörterbuch Ibn Hadschet's fertigt das Wanderkamel so wie das Reitkamel nur mit ein paar Zeilen ab, desto öfter kömmt es in den Dichtern vor; schon Aám ir B. Thofei l, der alte Dichter Held, sagt: Ich reite ein Kamel, das ich erwählt"). ze- ) Mac. Guckin de Slane le Diwan d'Amro'Ikais, pag. 23 des arab. Textes. –*) Von Antiochien. – *) Geschichte der arab. Literatur II, 510. *) Ebenda S. 640. – *) Ebenda II, 446. – %) Ebenda IV, 578. – 7) Ebenda IV, 889. – *) Motenebbi, der grösste arabische Dichter. Wien 1824, S. 45. – ") Handschrift der Hofbibliothek I, Bl. 292 und 396. – ”) Geschichte der arab. Literatur I, 195. -- - Das Kamel. 43 Lebid, der Verfasser der Moällakät, trug seiner Tochter auf , für das Geschenk Welid's von hundert jungen Kamelen zu danken; sie dankte ihm in einem Gedichte, worin von dem Reitkamele die Rede: – Auf dessen Rücken Ein schwarzer Sclav und das doch nimmer müd!). Der grosse Dichter Nábig a sagte: Dem Sohn Mah ärib's habe ich vermacht die Seele Mit meinem Augenpaar und wanderndem Kamele *). Der Dichter Fereſdak verwünschte das Kamel, das den Chálid als Landvogt trug: Gott schände das Kamel, auf welchem von Damaskus Der Chálid zu uns her als Landvogt ward gesendet *). Berühmt ist das Distichon einer Kaſsidet des Dichters Dscherir: Seid ihr nicht die besten derer Welche auf Kamele reiten ? *) derselbe sagte: - 0 Reiter des Kamels, hast Du nicht einst gesagt, Dass, gibst Du's dem Hosän, es ihm nur Böses tragt?”) und das berühmte Distichon: - Gewaltsamkeit gilt mehr als das Kamel zu reiten, Die Schläuche Weins sind kosendste der Zeiten"). Selbst Chalifen ritten auf Kamelen, so sagt Jüsuf eſs–sſaikal"): Sehe Wolken ich auf dem Kamele ruh'n Welches trägt vielleicht den grossen Herrn Harün. C f G Obeid er-Ráiji sagte: - Ich seh' des Lebens Ehr’ und Ruhm „ga “ Im Glauben nur und in dem Frieden, Das weiss der Niedrige, der steht Und reitet kein Kamel hienieden*). In einer der Kaſsidete Bohtorfs, des grossen Dichters, heisst es: Aus Ehrfurcht nur geschieht's für ihre Grösse, Dass ich mit dem Kamel das Land durchmesse °). Schenfer i der Schnelläufer, Räuber, Dichter, sagt in seiner berühmten Kaſsidet: Bin von denen nicht, die Finsternisse schrecken, Wann Kamel durchmisst der Wüste lange Strecken. In der Hamása Bohtoris sagt Gadháfir B. er-Riján: Nachtkamele fanden sich auf meiner Bahn, Sammt dem Jungen, dem hervorbricht erst der Zahn !"). in derselben Hamása sagt Chalef B. Chalife: Du wähnst, dass ich Kamel der Armuth reite ). Kor eith B. Oneif, den sein Stamm im Stiche liess, als er von einem feindlichen seines Kameles beraubt ward: v O wollte Gott, es stünden mir nun zu Befehle Des Raubzugs Reiter, sei's zu Pferd, sei's zu Kamele *). ) Geschichte der arab. Literatur I, S. 317. –*) Ebenda 345. –*) Ebenda II, 79. –*) Ebenda 286. –*) Ebenda 291. – *) Ebenda 292. – 7) Ebenda III, 543. – *) Ebenda III, 331. –*) Ebenda IV, 628. –*) Ebenda IV, 859. – 1) Ebenda 821. – 4*) LL » Uv- o.- M bº bH 3) z ſº e – Sojüthis Schewähid, Handschrift d. Par. Bibliothek, Bl. 28; hier werden genau die Reiter des Pferdes forsanen von den Reitern des Kameles rok banen unterschieden. 6* 44 H Freiherr Hammer-Pu rg st all. Nach Burckhardt ) heissen die Reitkamele in Ägypten und Afrika Hedsch ein und in Arabien Delül; hierüber ist zu bemerken, dass das Wort Delül sich in keinem einzigen Wörterbuche findet und dass die Dromedare oder Laufkamele nicht Hids che in, sondern Hádschin oder Hedschán heissen, welche die edelsten der Kamele, während He dschin im Gegentheil unedle Kamele, Bastarde die aus der Vermischung eines edlen Kamelhengstes und einer unedlen Kamelstute erzeugt sind. Das Wort Hedschin befindet sich im folgenden Distichon Mohelhil's, des ältesten arabischen Poeten: Als dem Heds chin am Fuss aufstiessen Schwierigkeiten”). Das in keinem Wörterbuche befindliche Wort delül ist entweder ein blos landschaftliches Wort statt dellal, das leitende, oder es ist verderbt aus dah ul, das So jüthi im Miſher für ein Reisekamel, oder aus Talül das Bochart *) als ein zweifärbiges erklärt. Des Delül erwähnt Burckhardt mehr als einmal, auch bei Gelegenheit der unter den Öneife üblichen Blutsühne, welche aus fünfzig Kamelinnen und einem Reitkamele (Delül), einer Stute, einem schwarzen Sclaven, einem Panzer und einer Flinte besteht. 80) Das Schlachten kam el , was von dem Schlachtkamele wohl zu unterscheiden, gehört weder zu den letzten noch zu den Lastkamelen, sondern eigentlich zu den Reitkamelen, indem ein Reiter darauf sitzt und der Araber unterscheidet es sowohl von dem Lastkamele als dem Gastkamele, welches für die Gäste geschlachtet wird. Ibn Abd Rebbihi, der grosse spanische Philolog und Dichter, erwähnt dasselbe in seinen Schlachtgedichten: In der Schlachten heftigstem Gemenge Ist der Ort für das Kamel zu enge *). Öhbán”) sagt im Diwane der Beni Hodeil: Heuschrecken warfen sich auf Ross und Mann, Wie auf's Kamel der Reiter stürzt hinan. Kotádet B. Meslem et sagt in der Hamása Ebü Temmáms"): Wann sich die Reiter treffen und die Speere Und in den Staub gehüllet sind die Heere, Wann trotzig stieren in den Staub Kamele Und blut'ge Stösse dringen in die Seele. Abdállah B. Mihdschen es – Sakaf i "), einer der Dichter welcher vor und in dem Islam lebte und ein tapferer Mann war, der den Wein liebte und besang, sagt in einem den Wein und die Schlacht beschreibenden Gedichte: Ich schoss erst als mein Kleid von Speeren ward zerrissen, Und rings um das Kamel das Blut in Strömen floss, Ich nahte dem Kamel, dem Sattel der Schabracke, Bei Bekr und Wail war die Verzweiflung los, Gott fluche denen, die Kamellast von mir nahmen, Sie wissen nicht, was Gott der Herr zu thun beschloss. Der Dichter D schon d ob *) in der Hamása erwähnt seines Kameles, das sich in der Schlacht von Ka de sije auszeichnete: Die Tadlerinnen wähnten, dass Dsch ond ob's Kamel Bei Chabt entblösset in der Ruhe steht, Doch, wenn sie zu Kadesije es sähen, Sie würden sagen, dass es rüstig geht. 4) Notes on the Bedouins and Wahábys, pag. 260; dass Burckhardt hier unter Heds eh ein nur das Dromedar meint, erhellt aus der Stelle S. 267: A good dromedary, or he dj ein. –*) cº SPO L.-- Schewähid, Par. Handschrift, Bl. 142, ist wörtlicher übersetzt als in der Geschichte der arab. Literatur I, 98. – *) II, 87. – *) Geschichte der arab. Literatur IV, 694. – *) Ebenda II, 642. – ") Ebenda III, 934 – 7) Ebenda I, S. 481. –*) Ebenda S. 483. Das Kamel. - 45 el-Har es B. eth-Tho feil“), ein vor dem Islam und in demselben lebender Dichter, sagt: Was suchst Du als den wilden Kampf, Kameletross in Staub und Dampf; Kamel, das trottet Stund' auf Stund', Mit rothem Auge wie ein Hund. und am lebendigsten beschreibt den Kampf des Schlachtenkamels Äüf B. Äthijet*) im Mofadhaliät: Ha! wir treiben erste nach den letzten, Wie Kamele drängen and'ren vor; Dreigetheilet schwimmen sie in Speeren, Füsse straucheln in dem blut'gen Moor, Die Gefang'nen lösen sich mit Gelde, Wann sie reich und in des Wohlstands Flor. Kamele welche im Kriege unverhofft als Beute aufstossen, haben einen besonderen Namen (Neschithät), von diesen singt Ibn An emet edh-dhabbi in der Hamása *). Von dem Schlachtenkamele gehen wir zu dem Schlachtkamele über, welches bei verschiedenen Gelegenheiten entweder für Gäste oder als Opfer zu Mekka, oder am Grabe geschlachtet wird; das bei Hoch- zeiten geschlachtete gehört unter die Gastkamele und ist verschieden von dem 81) Hochzeitsk am ele, welches die Braut trägt und das seines Schmuckes bewusst stolzen Schrittes einhergeht, so sagt L akith B. Soräre , der vorislamitische Dichter, von seiner Tochter bei- genannt Ebü Tocht enüs *): Wirst die Wangen Du zerschlagen? Wirst Dich wie Kamel betragen? Das einhertritt stolzen Schrittes: Braut! Dein harret der Genuss. Hochzeitskamele sind auch die welche die Gäste zur Hochzeit tragen, so sagte derselbe Dichter als sich seine Tochter Tocht enüs vermählte: je Und es zieh'n die Schaaren der Kamele, Als ob sich die Tochter Kais's vermähle. Diess ist eine Anspielung auf die hundert safranfarben Kamele *) welche der Chosroes Nus chir w an der Tochter des Kais B. Me süd zu ihrer Ausstattung gab. Süweih, er B. el – Häris") sagt in der Hamása Ebü Temmám's: Nicht minder ist mir Morgens seine Braut, Die wegführt das Kamel, auf's Herz gefallen. E bül F er e ds ch el-Kindi sagt in der Jetimet: Geschmücket für den Herrn der Braut, Als Lustkamel wie eine Braut. Bei den Schlachtkamelen, sei es nun, dass dieselben für Gäste, als Opfer am Grabe oder wegen einer anderen Ursache geschlachtet werden, betrachtet die arabische Synonymik zuerst die Art und Weise, wie das Kamel geschlachtet oder abgestochen wird; unter den Ursachen welche die Schlachtung eines Kamels fordern, ist schon der Besitz von hundert Kamelen, und das Kamel das geschlachtet wird, wenn einer hundert Kamele besitzt, hat einen besonderen Namen, sowie der Rumpf des geschlachteten Kamels u. s. w. Es rauschet aus dem Krug heraus die Fluth Wie aus des Schlachtkameles Hals – das Blut 7). !) Geschichte der arab. Literatur I, 232. –*) Ebenda III, S. 827. – *) Ebenda 839, mit der Anführung der Verse Rückert's, welcher für diese Art von Kamelen, das unverständliche Wort Munter beute geschaffen. – *) Geschichte der arab. Literatur I, S. 127. – *) Ebenda I, S. 127. Aſsäfis heissen zwar die Sperlinge, wie dort unter Einschaltungszeichen steht, aber auch die ſafranfarben, in welchem Sinne sie durchaus im Romane Antar vorkommen. – ") Ebenda III, S. 890. – 7) Moslim Ibnol- Welid in der Geschichte der arab. Literatur III, 652 und 656. - 46 - Freiherr Hammer – Purgstall. Der Wein entströmt wie's Blut der männlichen Kamele, Wann abgeschnitten wird vom Schlächter ihm die Kehle. Wenn die Kamel' ich schlachtet ab in Schaaren *). 82) Das Gastkam el welches um die Gäste zu bewirthen geschlachtet wird, hat mehrere Namen, darunter der berühmteste Kumá, der des grossköpfigen Kameles; von demselben sagt ein ungenannter Dichter in der Hamása Ebü Temmám's“), dass dem Hund das Niederknien des Kameles (zum Schlachten) erwünscht (weil er die Beiner desselben bekömmt), dem Kamel aber (das geschlachtet wird) verhasst *) sei. Belege zu dem Obigen aus arabischen Dichtern sind die folgenden: von dem Schlachten überhaupt sagt Lebid*): Ich seh' den Schlächter, der das Messer wetzet, Den Haufen der Kamele abzuschlachten. Seineb, die Tochter Ibn Thasrjets, sagte *): Kamele zittern vor dem Gastesfeuer, Das frisst das alte wie das junge Holz. Und Leila, die achjelische"): Sein Tisch war gut geschmücket mit Gelenken Vom baktrischen Kamel, mit Speis' und Tränken. Chanser Ibn Erkam"): Wie schlug das Gastkamel als Speis' euch an? Von dem geschlachteten Kamel die Schinken? Abdállah el-Haw alij in der Hamása Ebü Temmáms"): Gott lohn' dem K, äb die Schlachtung der Kamele, Der wegemüden, die er heimgeführt. Málik, B. Dschádet es –Sále b*): Dass ich Kamel ein junges schlachte Dir, Dess' Sohle blutbefleckt, ein edles Thier. Im Schewähid Sojüthis finden sich zwei Distichen, in deren ersterem von dem blos zum Genusse der Milch hergeliehenen Kamele die Rede, und ausdrücklich hinzugefügt wird, dass es nicht zum Schlachten hergegeben wird, zweitens wird hinzugefügt, dass das Wort Makämát vom Stehen herkomme, und also ein Ständchen sei, ganz im Gegensatze von Med schlis, was ein sitzender Kreis. Es kommt darum der Name des Loos-Kamels (Meiser), d. i. des jungen geschlachteten in zehn oder achtundzwanzig Theile getheilten Kamels vor, um welche die Araber mit unbeschlagenen Pfeilen (Akdäh) loosten, was der Koran verbot"). 83) Das Opfer kamel welches bei der Wallfahrt zu Mekka geschlachtet wird, hat mehrere Namen, darunter auch das Wort Heda, unter welchem dasselbe Demiri aufführt. Belege aus Dichtern sind: Meimün el-Aáscha“), der grosse vorislamitische Dichter sagt: Ich schwör's beim Heiligthum, zu dem der Heerden Mengen Als Opfer, und Kamele schnellen Schritts sich drängen. *) Hothait, in der Geschichte der arab. Literatur III, S. 877. –*) Freytag's Text S. 719, Rückerts Übersetzung II, 276. – *) Dieses Distichon übersetzt Rückert auf eine ohne die Noten ganz unverständliche Weise: Geliebt ist dem edlen Hund das Einstellen seines Thier's, Verhasst der Kamelinn; o wie gut es der Hund versteht! *) Geschichte der arab. Literatur I, 317. – *) Ebenda II, 699. – ") Ebenda 696. – 7) Ebenda III, 884. – *) Ebenda III, 912. – 9) Ebenda 940. –") Schwähid, Par. Handschrift, Bl, 74, Kehrseite, und 75. –*) Geschichte der arab. Literatur I, 374. Das Kamel. « 47 » / C Der grosse Dichter Ds chemil el – Oſret*): Ich schwör's bei den Kamelen, die nach Mekka zieh'n, und der grosse Dichter Sur – rommet“) oder Sir-rimme: Vollendet ist die Wallfahrt nur, wann die Kamele stehen, Und sie des Zügels ledig, weg von Charka gehen. Kamele werden nicht allein zu Mekka sondern auch zu Medina und anderswo geopfert, so sagt el-Edschdä B. Málik”) in dem Mofadhaliät: ºd Wehe dem weitschichtigen Kamele « So sagt Fereſdak im Lobgedichte Suleiman's des Sohnes Abdolmeliks in dem Schewähid Sojüthis die folgenden Verse, die auch desshalb merkwürdig, weil darin nicht nur die geschäftigen Kamele (Jämeliät), von denen oben die Rede war, sondern auch die ausgestopfte Puppe des verlornen Jungen vorkömmt: »- Du eilest, mein Kamel, hin nach Medina's Markt, Wie das sehnsüchtige durch Kindespupp' *) erstarkt, Du nahest dich dem Herrn von den Geschöpfen nun Wie Geschäftige im Tritte nimmer ruh'n, Zum Sichermachenden, der los von Fesseln macht. Du wirfst die Arme aus und wirfst davon die Fracht”). Ihr wisst, dass mein Kamel der Schönen Opfer fiel"). So wie die vorhergehenden Verse ein Belege zu den geschäftigen Kamelinnen und zu den Puppen r f G derselben sind, so die folgenden des grossen Dichters Ko seir Aſá, der bei den Kamelinnen schwört, die hin nach Mina (Mekk, a) tanzen, ein Beleg zu dem langsamen und schnellen Schritte desselben: Ich schwör's beim Herrn der Tanzenden, die hin nach Mina ziehen, Die bald im Trab und bald im Pass durch Länder fliehen 7). Manchmal ist von Wallfahrtskamelen die Rede, ohne dass sie geopfert werden, so sagte Kose ir*): Als wir zu Mina den Besuch vollendet, Und angerührt des heiligen Hauses Säulen, Als wir beladen unsere Kamele Und Jeder trachtete nur fortzueilen, Begannen wir gar mancherlei Gespräche, Und die Lastthiere rannten wie die Bäche. . 84) Das Grabkam el welches an dem Grabe des Helden oder Freundes geopfert wird, und wozu - C - die Belege häufig in Dichtern. A üs B. Hods chr“) sagt: - Ich lasse mein Kamel frei irren an dem Grab. Der grosse Dichter des Propheten Hasan B. Sabit“): Es scheuet mein Kamel sich vor dem Steine, Der decket zwei freigebigste der Hände. *) Geschichte der arab. Literatur II, 363. – *) Ebenda II, 408. –*) Ebenda III, 809. – *) Beww. – *) L + E. Jº Cº- - - - - - - - - F“ b SO- U- JSU -H. Jxel ÄL) _S- U-° G-2- -- U C- J. Ä- - - - - - U. OLG-ÄJ Handschrift der Pariser Bibliothek, Bl. 22, Kehrseite. Sura ist der Name des Marktes Medinad wie gewöhnlich Bagdad. – ") Geschichte der arab. Literatur II, 352. – 7) A-3 ) Ä- »NM Cº -HL L- G S-23) -U) –W- Sojüthis Schewähid, Pariser Handschrift, Bl. 16, Kehrseite. – *) Ebenda II, 377. – 9) Ebenda I, 111. – ") Ebenda I, 416. 48 Freiherr Hammer-Pu rgstall. Sijá del -Ädschem sagte auf den Tod Mohellib's B. Ssafret*): Gehest Du vorbei an seines Grabes Stelle, Opfere dort Dromedare und Kamele, Übertünch alsdann sein Grab mit ihrem Blute, Sclaven fallen als Schlachtopfer ihm zu Gute. Und wieder: Geh’st du an dem Grab vorbei, so bring ihm Spende, Opf're ihm Kamel und Pferde, die behende, Tränk' mit ihrem Blut die Seiten seines Grabes, Von den besten Theilen deines Guts und Habes *). Die Zahl der Kamele welche an dem Grabe geschlachtet werden, bemisst sich nicht nur nach dem Reichthume des Opfernden, sondern auch nach dem Werthe des Mannes dessen Manen die Kamele ge- opfert werden; so sagte die Schwester Welid's B. Tharif“), des Häuptlings der Schoräát, in der Todten- klage um ihren Bruder: Verschwünden bist du uns, des Frühlings schönste Zier, Wir opfern gerne tausend von Kamelen dir. XVI. Von der Aufzäumung, Sattelung, Stempelung, Wartung und dem Wert he des Kamels. Über die Aufzäumung des Kamels müssen wir um so umständlicher sein, als sich der, auch von Ritter wiederholte, Irrthum eingeschlichen, dass das Kamel ohne Zaum, Zügel und Gebiss, ohne Rück- halt oder ohne Antrieb gehe“), wir müssen daher die einzelnen Theile der Aufzäumung, die Halfter, den Strick, den Zaum, den Zügel und den Nasenriemen in besonderen Abschnitten behandeln, ehe wir zu dem Gurt und Sattel, und von diesem erst zu dem Treiber übergehen, der das Kamel bald mit Stock, bald mit Ruf und Gesang beständig antreiben muss. 85) Die Kamelhalfter. Für die Kamelhalfter hat der Araber mehrere Synonyme und nur ein Paar für das halfterlose Kamel, das also jedenfalls eine Ausnahme *). 86) Der Strick. Eine weit grössere Rolle als die Halfter spielen die Stricke, womit das Kamel angebunden wird, Zeuge dessen die folgenden Belege aus Dichtern; die Kamele werden damit eines an das andere gebunden: Ich bin Kamel das, an ein anderes gebunden, Den Strick abreisst, das andere verletzt mit Wunden"). Hädschiſ B. Äüf") sagt: Nicht unmöglich ist es, mich zu sehen, Wann die Stricke all' zu Grunde gehen, In satanischer Kamele Schaar, Die gerüstet schon von Jahr zu Jahr. Sáidet B. Amrü *) sagte: Wie soll ich das Kamel anbinden mit den Schafen, Die mit den Böcken untermischt, zerstreuet schlafen, was zur Genüge zeigt, dass Kamele nicht mit Schafen zusammengebunden werden. Der grosse Dichter Ebü Nü was ”) sagte: *) Geschichte der arab. Literatur II, 502. –*) Ebenda II, 241. –*) Ebenda III, 538. – *) Ritter's Erdkunde XIII, 620. – *) Die Stelle aus Rückert's Übersetzung der Hamása II, 136: Der Lieb', o Taiba, folgt' ich, bis ich nach deinem Sinn - Ein wund am Halfterstricke geführt Kamel nur bin, passt nicht hierher, weil Kowüd überhaupt nur ein geführtes Kamel bedeutet, und im Text kein Wort von Halfterstrick steht.– *) Geschichte der arab. Literatur I, 331. – 7) Ebenda II, 713. –*) Ebenda II, 651. – ”) Ebenda III, 616. Das Kamel. - A 9 Geehret bin ich, wann ich das Kamel besteige, Die Menschen bücken sich, indess ich mich nicht neige; Genossen find' ich dort, wo ich's Kamel anband, Mein Haus ist überall im grossen weiten Land. Ibn Sejábet et–Teimi”) sagt in der Hamása Ebü Temmám's: Du bist ein Sclave, der Kamele bindet und der Dichter er-Rääji“): Könnt' ich deiner Hilfe mich erfreuen, Flögen meine Falken in dem Freien, Gleich den Raben die mit ihren Krallen «- Auf die angebundenen Kamele fallen. Salim B. Kohfán *): Du schmäh' mich nicht, dass ich zu viel hergebe, Jedwed' Kamel darf seinen Strick erwarten, Sterb' ich, beweinen mich nicht die Kamele, Wann sie sich sättigen am Gras im Garten; Ich kenn' kein besser? Gut, als das Kamel, Nicht bess're Zeit, als die des Gast's zu warten. Er gab ihnen Pferd', um sie zu fesseln mit Fesseln, Er gab ihnen Kamel', um sie zu binden mit Strick'*). Die arabische Synonymik hat verschiedene Wörter für das Anbinden mit dem Stricke, je nachdem derselbe dient zwei Kamele zusammen, oder das eine mit dem Stricke am Halse, am Fusse oder am Knie zu binden; am merkwürdigsten ist hier das Wort äkala, welches das Anbinden des zur Blutsühne be- stimmten Kamels mit gebogenem Knie an das Thor des Mannes dem man die Blutsühne schuldig, bedeutet; es ist dieselbe Wurzel die in der achten Form die doppelte Bedeutung: binde das Pferd an, oder schwinge die Lanze, hat, und durch den schönen Spruch bekannt: äätakol fe tewekkol, d. i. schwinge die Lanze oder binde dein Pferd an und vertraue auf Gott. 87) Der Nasenring kömmt mehrmal in den Dichtern vor, so sagt Mohammed B. Musa el – Harrábi in der Jetimet Seäálibis: Es zürnet das Kamel dem Nasenring aus Holz, Indessen trägt es doch die Nas' im Leben stolz. Dieser Vers wird genügen zu beweisen, dass der Nasenring des Kamels aus Holz, wenn es auch der Kamus unter dem Worte Niha nicht ausdrücklich sagte; er ist verschieden von dem Holze Mihár, das dem baktrischen Kamele durch die Nase gesteckt wird; insgemein heisst der Nasenring Chith ám, er hat aber auch mehrere andere Namen; öfters wird dem Kamele die Nase verbunden und das Band oder der Strick womit dieses geschieht, haben ihre eigene Benennung. 88) Zaum und Zügel. Dem Modhadh B. Amrü), einem uralten arabischen Dichter, werden die folgenden Verse zugeschrieben: Was ihr seid, sind wir gewesen im Verein, Was ihr dermal seid, das werden wir auch sein; Treibet die Kamele an und zäumt sie auf Und vollendet eh' vollendet ist des Lebens Lauf. Der Gedanke des ersten Distichons ist derselbe des Liedes welches nach Plutarch bei griechischen Aufzügen und laut des Zeugnisses italienischer Geschichtschreiber unter den Mediceern zu Florenz gesungen ward; der Gedanke des zweiten Distichons ist derselbe des Koransverses: Sterbt eh' ihr sterbt! – 1) Geschichte der arab. Literatur III, 836. –*) Ebenda III, 885. –*) Ebenda III, 894. – *) Motenebbi's Übersetzung 411. – *) Geschichte der arab. Literatur I, 94. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. 7 50 - s - Freiherr Hammer-Pur (78 tall. Des Zügels und der Geissel des Kamels wird auch in den folgenden vier Versen erwähnt, als auf dem f G / 9 « H P. Markte der Beni Kainokäá das Kamel Dobján's vor dem Gebrause des Marktes und vor dem Getöse der Tschinellen zusammenschrack *): E- Bald hätte mein Kamel geworfen auf der Flur, Es schreckt die Leute, wann sich schrecket die Natur; Hätt' ich die Geissel nicht, ich müsste selbem folgen, Gewandter Reiter lenk' ich's mit dem Zügel nur. Dass die zaumlosen Kamele eine Ausnahme, erhellet am besten aus den Versen Motenebbi's“): Zwischen dem Stirnenhaar und dem Fuss geht strahlendes Licht auf, Welches ohne Zaum lenkt die Kamele zu ihr. Der gewöhnliche Name des Zügels (ſimám) kömmt in der Moällakät Lebid's vor, derselbe ist von dem scharfen Kapzaum der durch die durchbohrte Nase geht, unterschieden; das ganz aufgezäumte Kamel hat einen besonderen Namen “). Kiám heisst ein besonderes Band, womit das Maul des Kamels gebunden wird, damit es nicht kreissen oder niessen kann; eine sehr hübsche Anspielung auf das Maulband des Kameles der Geliebten die im Garten den liebenden Dichter nicht begleiten kann, finden sich in den fol- genden Versen eines der grössten arabischen Dichter in Andalus EbüOmer B. Fered sch, des Verfassers der grossen Blumenlese der Gärten: " . Junges zu tränken sie wäre nicht faul, Doch ist demselben verbunden das Maul; So auch der Garten genügen mir muss, Wo mir zu schauen und zu riechen Genuss. Keine der Weiden den die man vergisst, Da nur der Garten für Weiden de ist 4). Diese sechs Verse enthalten eben so viele auf das Kamel sich beziehende Worte: 1) Sakb, das Junge des Kamels; 2) Akäam, der Verband des Maules; 3) Ridhäá, der Strang; 4) Seváim, die Weidenden; 5) Moh, milát, die ohne Gurten frei wandelnden; 6) Meräa, die Kamelweide *). 89) Der Gurt ist ein zweifacher, der Brustgurt und der Bauchgurt, welche, so wie der Ort, wo diese beiden Gurte angelegt werden, ihren besonderen Namen haben. Ein ungenannter Dichter °) sagte zum Lobe Hasan B. Sehl's des Weſires Mämün’s: «. Mein Weib, als sie mich sah Kamele gürten, Die aufgelösten Zaum's") und Sattels irrten, Sie sprach: Wohin? da nicht mehr lebet Fadhl, Ich sagte: zu Hasan, dem Sohn von Sehl. Bischr B. Merwán sagte nach der von Rückert übersetzten Scholie in der Hamása“): In Geduld, wie des Kamels, am Rücken Wund, Dem der Brustgurt einschnitt und am Bauch der Bund. *) Geschichte der arab. Literatur I, 533 und 534. – *) Übersetzung, S. 212. – *) Kamus II, 228, el-Ibl el-mokarribet. – 4) Sºe) U° --+W a-s“ -HL la -- --- r – » « S- - - - - - - - - - - - - - *) Makarri, Handschrift der Gothaer Bibliothek, Folioband, welcher den ganzen von Herrn Gayangos herausgegebenen Band dieser andalusischen Handschrift enthält, Bl. 391, Kehrseite. – ") Geschichte der arab. Literatur III, 57. – 7) Durch Druckfehler Sau m's statt Zau m's. – *) Freytag's Hamása, S. 364, zweite Zeile, und in Rückert's Über- setzung 1, 205. - Das Kamel. 51 Örwet Ibnol-Werd '), der arme Schlucker und reiche Dichter, sagte, als er einmal in Noth gerieth: 0 - Im Lande ist mein einz'ger Wunsch und mein Begehren, Mich mit gegürteten Kamelen fortzuscheren. Sie tragen mich vielleicht zu einem Herrn der Heerden, Wo wir mit Honig und mit Duft empfangen werden. 90) Der Sattel. Die Synonymik der Araber für denselben ist eine sehr reiche, indem es nicht nur verschiedene Arten von Sättel (den Reitsattel und Saumsattel) und verschiedene Wörter für das Auflegen des einen und des anderen, sondern auch besondere Wörter für die Theile desselben, für die beiden Seiten, für den vorderen und hinteren Theil, für die Hölzer, Riemen und das neumondförmige Eisen desselben gibt; derselbe spielt nicht nur in der arabischen Dichtkunst, sondern auch in der arabischen Geschichte eine grosse Rolle. Mohammed hielt am Teiche Gadi r, wo er den Ali zu seinem Stellvertreter erklärte, die berühmte Rede, von welcher die Schii die Rechte der Familie Älfs auf das Chalifat herleiten, auf einer Kanzel die aus auf einander geschichteten Kamelsätteln gebildet war *). Ibn Nibásch wollte, wie die Hamása Bohtorfs erzählt, seine Schuld mit einem Kamelsattel (Dschelb) tilgen*). Burckhardt *) unter- scheidet den Sattel des Dromedars, den Packsattel des ägyptischen Bauers, den Sattel des Delül und den Saumsattel; ein Name des Kamelsattels ist Käte b”), woraus Rückert in seiner Übersetzung der Hamása ganz willkürlich einen Pferdesattel macht: Den Ritt versucht' ich, ob es möchte glücken Auf Pferdesattel und Kamelesrücken, während es nur eine von Kür verschiedene Art von Kamelsattel ist. Kitb heisst das ganze Zeug der wassertragenden Kamele, sowie die Kotüd, welches bei Freytag als das Holz des Sänftensattels erklärt wird, nach dem Schewähid Sojüthis Sattel und Zeug") des Reisekamels bedeutet. Mihdschen "), der Held Dichter, sagt: Ich nahte dem Kamel, dem Sattel, der Schabracke. Mit Sattel und mit Zeug auf hurtigem Kamel Rothbeinigem Strausse gleich, der in der Wüst' ein Riese, Und wie des Katha Frau, die ihren Jungen folget, Und in Scherüri's Au ihr Kind verwaiset trifft*). Rebii B. Si ja d"), der vorislamitische Dichter, sagte: Was Vernünftiger für Trost nun finden Als den Kamelen Sättel aufzubinden. 91) Kleid und Schmuck des Kamels. Zweier Stücke der Kamelesbekleidung, nämlich des Schuhes womit die Sohle bekleidet wird, und der Blende womit die Augen vor der Kälte geschützt werden, ist bereits bei den Augen und bei dem Fusse Erwähnung geschehen. *) Freytag's Hamása, S. 256. – *) Seäälibi's Metonymien , Nr. 1042. – *) Geschichte der arab. Literatur IV, 855. – *) Notes on the Bedouins and Wahäbys, p. 265 und 266, und gibt die verschiedenen Namen derselben. – ”) Freytag III, 396, Sella (Kitb) instruxit camelum. – ") Edätor-rahl. – 7) Geschichte der arab. Literatur I, 481. – *) U - --- --- --- - - >>> Gºººº -‘s Jººs» - G 3 - Je eſ cWs H. Sojüthis Schewähid. – ”) Geschichte der arab. Literatur I, 516. 7. 52 Freiherr Hammer- Purgstall. Fereſdak erwähnt in dem folgenden Distichon in seinem Lobgedichte auf Suleimán dem Sohne Welid's mehr als ein Strick der Aufzäumung und Bekleidung des Kamels *). Nachfolger auf dem Thron' es eilen auf dich zu Kamele mit dem Strick, dem Gurt, (des Sattels) und dem Schuh. Es gibt aber auch noch andere Kleidungsstücke, womit die Kamele entweder vor der Kälte geschützt oder bei feierlichen Gelegenheiten geputzt und geschmückt werden, so z. B. S cheli l, die Decken, womit die jungen Kamele wider die Kälte geschützet werden, welche auf türkisch Palas und Dschids chum heissen“). Ein den Kamelen über die Schulter geworfenes Tuch heisst auf arabisch sunow und auf türkisch tscholtar“). Kifl, welches Freytag blos als ein über die Euter der Kamelinn oder über die Hinterbacken derselben gelegtes Tuch erklärt, wird im Kamus“) noch als eine Art von Überwurf in der Form eines Ihrám, d. i. viereckigen Pilgermantels, beschrieben, dessen zwei Enden zusammengeknöpft werden, so dass das eine Ende vorne über den Sattel des Kamels hinaushängt, das andere Ende um darauf zu sitzen dient*). Näfe ist ein der Kamelbürde hinten angehängtes Stück Haut"). Wenn die Kamele bei feierlichen Gelegenheiten heraus- geputzt und geschmückt werden, so steckt man ihnen Büschel farbiger Wolle in die Ohren "), an die Brust werden ihnen Korallen gehängt *) und an den Hals Glocken; ein solches mit Schellen oder Glocken behan- genes Kamel heisst Mods cheldschelet"). Die geschmücktesten von allen Kamelen sind: das Hochzeits- kamel und das jährlich von Konstantinopel bei dem Auszuge der Wallfahrtskarawane mitziehende Kamel welches die Geschenke des Sultans nach Mekka bringt, Mahm il"), und dessen Auszug und Aufzug im Werke Mouradjea d'Ohsson's ”) umständlich beschrieben ist. 92) Das Lager und die Hürde des Kamels. Wenn die Aufzäumung und die Belastung des Kamels eine so reiche Synonymik hat, so ist die des ruhenden und ausrastenden Kamels nicht minder reich“), besonders die des sich lagernden und sich auf die Knie niederlassenden Kamels. Der Grund und Boden worauf es kniet, wird sorgfältig untersucht, denn der harte taugt ihm nicht; so sagt el-Edschdä B. Málik, in dem Mofadhaliät“): Dein Kamel kniet sich auf hartem Grunde. Dieses Niederknien heisst en a che, von dem Rufe „nach ! nach!“ womit der Kameltreiber das Kamel zum niederknien einladet; der Ort wo das Kamel sich niederkniet, hat verschiedene Namen. Von einem solchen Rastorte von Kamelen sagt Moten ebbi“): » Meine Kamel' entfernte ich vom Ort wo sie ausruh'n, War nicht statt der Streu Moschus der reinste gestreut? Zu dir kam das Kamel, die Sohlen gefärbet mit Blute, Als ob wäre der Huf zierlich gefasst in Rubin. 1) Schewähid, Pariser Bibliothek, Bl. 22, Kehrseite, Idrädsch wird vom Commentar als Schnelligkeit, Eile erklärt. “: x-V- A- 5 % --- L- ? - - G _) Cº. –*) Kamus III, 257; wir machen hier zwei lexikographische Würſe mit einem Stein, indem sowohl bei Freytag das Wort Schelil in dieser Bedeutung, als bei Meninski das Wort Dschid schura fehlt. –*) Kamus II, 782, das türkische Wort fehlt ebenfalls bei Meninski und Bianchi, ist aber nicht, wie es scheinen möchte, von dem Deutschen Schulter, sondern von dem Türkischen tsch ol, welches die Wüste bedeutet, herge- nommen. – *) Bd. III, 338. – *) Der Kamus wiederholt auf der letzten Zeile der obgedachten Seite, dass das K. ifl entweder aus Leinwand oder aus Dschadschim gemacht sei, das letzte Wort fehlt abermals in den obgenannten türkischen Wörterbüchern und man sieht daraus wie dieselben aus dem türkischen Kamus allein vervollständigt werden könnten. – %) Ebenda II, 857. – 7) Kamus I, 762. – *) Ebenda II, 96. – ") Ebenda III, 167. – ”) Die eigentliche Bedeutung von Mahmil ist ein Kamel das an beiden Seiten Säcke trägt, was bei den baskischen Maulthiertreibern le cacolet heisst (Revue des deux mondes, Decbr. 1852, p. 1053). –*) Kamus III, 262.–*) Die gewöhnlichste Benennung ist 2), - Me brek, was bei Burckhardt S. 113 nach der verderbten Vulgäraussprache ganz irrig G_ - geschrieben ist. – 1*) Geschichte der arab. Literatur III, 809. –*) Übersetzung S. 392. Das Kamel. 53 Die Kamele bleiben oft zu Hause, um so wie ihre Reiter auszuruhen: Nun haben die Kamele Zeit, zu Haus zu bleiben, Die auf denselben reiten und die selbe treiben!). Die fünf Glieder auf welche sich das Kamel niederlässt, haben ihren besonderen Namen (Sefinet) *) nämlich die zwei Hinterfüsse und die zwei Vorderfüsse und die Brust, nach Anderen die beiden Schenkel und die beiden Waden; von diesem Niederwerfen der Kamele ist metonymisch der Name der andächtigen Moslimen hergenommen, welche bei dem ihnen fünfmal des Tages vorgeschriebenen Gebete mit den beiden Knien und mit den beiden Füssen die Erde berühren und sich mit der Stirne auf dieselbe niederwerfen. Die Art wie sich das Kamel niederlegt, hat wieder verschiedene Benennungen, so z. B. das Kamel welches nicht mit beiden Knien zugleich, sondern mit einem nach dem anderen niederkniet (Mu wátiret); das Kamel welches, wenn es niederkniet, den Fuss bis an den dünnen Theil des Schenkels zurückzieht (Chá- diün)“); dann werden die verschiedenen Lagerorte des Kamels unterschieden, das zu kleine, das grosse, der Stall und die Hürde, merkwürdig genug heisst die letzte auch im arabischen Hird. Der Dichter Sur- rommet sagt: a Nur drei Kamele bleiben immerfort Mit schwarzem Gürtel in dem Lagerhort, Sie stehen eingepfahlet ohne Zier, Der Rest des Strickes als Halsband mir*). Das Kamel wird entweder auf der Weide ums Zelt angebunden, oder es wird in der Hürde einge- sperrt, und beides, sowohl das angebundene, als das freigelassene Kamel und dieses, es sei allein oder mit seinen Jungen freigelassen, hat wieder besondere Namen, im ersten Falle heisst es ch álij et, im zweiten Falle bis th, so sagt Mäkil B. Chüweiled, einer der Dichter der Beni Hodeil: Der Dew lem kam zu mir und ich sah ein, dass Chálid Sich mehr zu Jungfrau'n neige als zu Müttern ihren, Zu den Kamelinnen, die hohen Buckel haben, Und denen es genug, schielt man nach Töchtern ihren. Ihr gleich ist kein Kamel, nicht Bisth ) und nicht Chálijet"), Wenn sie sich niederlegt auf Liegegliedern 7) ihren. Könnt' ich deiner Hilfe mich erfreuen, Flögen meine Falken in dem Freien; Gleich den Raben die mit ihren Krallen Auf die angebundenen Kamele fallen *). 93) Die Stempelung. Burckhardt") gibt zwar fünf Zeilen über die Stempelung der Kamele und die Zeichen eilf verschiedener Stämme welche sie ihren Kamelen, um dieselben von einander zu unter- scheiden, einbrennen; wie mangelhaft aber diese Kunde sei, wird sogleich aus dem Reichthum der arabi- schen Synonymik über die Stempelung selbst erhellen: der Araber hat zuerst besondere Namen für das gestempelte und ungestempelte Kamel, dann unterscheidet er zwischen dem gewöhnlichen und besonderen Stempel, nur von ein Paar der letzten wird die Figur angegeben, von dem einen, dass er länglich, von dem anderen, dass er ringförmig sei, und künftigen Reisenden in Arabien bleibt es Vorbehalten in die Fuss- *) Geschichte der arab. Literatur III, 567. –*) Freytag I, 221 und Kamus III, 606. –*) Freytag I, 466, heisst es ganz un- verständlich: camel us cujus quum de cum bit n er vus in parte tenuior e tars i d es in it, im Kamus aber (Kon- stantin. Ausgabe II, 563) steht klar das Obige; weiters steht bei Freytag unter Chüweida: e a cameli conditio q ua e ad voe es bair ehädi des cript a est, nach dem Kanus aber bedeutet eh üweida nicht den obigen Zustand des Kamels, sondern den auf die obige Art auf den dünneren Thei des Schenkels (badschak) zurückgezogene Nerven. Fehlt abermals in den türkischen Wörterbüchern. – *) Kamus II, 405. – *) Bist h, ein mit seinem Jungen freigelassenes Kamel- weiblein. – ") Chálijet, ein freies Kamelweiblein, ohne sein Junges, das den Jungen anderer zu Liebe seine Milch verspritzt. – 7) Meb ärik, die vier Füsse und die Brust. Geschichte der arab. Literatur II, 612. – *) Geschichte der arab. Literatur III, S. 885. – °) S. 112 und 113. 54 Freiherr Hammer-Purgstall. stapfen Burckhardt's zu treten und über die verschiedenen Figuren der Stempel, der Stämme und der Racen welchen dieselben angehören, verlässliche Auskunft zu geben. In arabischen Gedichten ist häufig davon die Rede und aus den folgenden Versen des grossen Dichters Nábiga ed-Dobjáni *): Auf mich hast seine Schuld du übertragen, Und hast geworfen sie auf meine Hand, Das schwürige Kamel geht frei auf Weiden, Indessen das gesunde wird gebrannt, ist das Sprichwort entstanden: Das mit Geschwüren behaftete Kamel weidet frei, während dem gesunden Maale eingebrannt werden. Der Dichter Ebü Kollábe eth-Thäbichi“) ver- gleicht die Wellen damascenirter Klingen erst schwarzen wandelnden Ameisen, dann eingebrannten Kamelmaalen (B er ásin): Des Schmiedes Spuren sind am Schwert zu sehen, Die schaarenweis wie schwarze Ameis' gehen, Die Spuren seh'n sich wie Kamelm aal an, Wie sich im seichten Wasser wälzt der Schwan. Von diesen eingebrannten Maalen Merkzeichen sind jedoch zwei andere Arten von Maalen zu unter- scheiden: 1) die natürlichen Muttermaale und 2) die von den Riemen des Brust- oder Bauchgurtes dem Rücken eingedrückten, von den letzten heisst es in der Moällakät Tharafa's: Des Sattelriemens Maale auf den Weichen Dem Wasser in dem harten Felsen gleichen, Vereinet bald und bald getrennt gleich Stücken Von weissem Stoff, die altes Hemde flicken. Wir haben es hier weder mit diesen Maalen, noch mit den Muttermaalen, sondern blos mit den einge- brannten Merkmaalen, mit dem Stempel des Kamels zu thun. - Diese sind nicht immer sichtbar, sondern oft an heimlichen Orten eingebrannt, wo der Stempel dann Chibá, d. i. der heimliche, heisst *). Burckhardt sagt, dass die Maale gewöhnlich auf der linken Schulter oder am Nacken eingebrannt werden, allein es ist bereits unter den Gliedern bei dem Ohre und bei der Fusssohle der denselben eingebrannten Maale gedacht worden; diese Stempel haben ihren besonderen Namen, je nachdem sie dem Ohre, dem Halse, dem Nacken, dem Fusse, dem hinteren Schenkel, den Sohlen eingebrannt sind. Amrü Ibn Homeil el-L ahjan sagt: » Wir tödteten, wir schleppten fort die Frauen, Kamele mit gemaaltem Ohr zu schauen *). Von den Figuren ist die gewöhnlichste die kreisförmige des Ringes (Halka), diese mit einem Ringe gezeichneten Kamele heissen el-Mohallak, daher der in dem Schewähid Sojüthis") angeführte Vers Ör wet B. Hifám's"): - r Im Feuer sind das edele Kamel und das beringte. 4 Dieser Vers bezieht sich auf das edle Kamel und auf das mit einem Ringe gebrandmaalte, auf diese Stempelung durch's Feuer bezieht sich auch die oben bei den Unarten des Kamels erwähnte, den Hals in das Feuer oder vielmehr gegen dasselbe zu strecken, wodurch der Hals vom Rauche schwarz wird. Am dichterischsten ist die Stempelung in einem von Sojüthi in seinem Schewähid") erhaltenen Verse einer Kaſsidet ausgesprochen, womit der Dichter Soheir B. Ebi Selma den Sinän Ebü Härise lobte: Mit Feuer wurden dann getränket die Kamele. *) Geschichte der arab. Literatur I, 359. –*) Ebenda II, 641. –*) Kamus I, 17, und nach demselben Freytag's Wörterbuch I, 453. – *) Geschichte der arab. Literatur II, 653, mit dem Druckfehler gemaltem statt gemaaltem. – °) Pariser Hand- schrift, Bl. 97, Kehrseite, 5. Z. v. u. – ") G- » es wº -HL DW - - - – 7) Par. Handschrift, Bl. 75. »WU cº -- * > Das Kamel. 5 5 - HB « H C 4, s Und wieder im Buche el-Askeri's von den Uranfängen *): Sie tränkten ihr Kamel mit Gluth, Das Feuer auf dem Durstigen thut gut. Der Commentar erläutert, dass die Kamele bei der Tränke an ihren Brandmaalen erkannt wurden. 94) Die Pflege und Wartung des Kamels. Hierunter wird nicht nur die leibliche, sondern auch die geistige Pflege, besonders die Leitung und Abrichtung des Kamels verstanden. Wie der mittelst den Humanitäts-Wissenschaften gebildete Mensch erst durch diese Erziehung zum humanen oder wahren Menschen wird, so erscheint das Kamel dem Araber nur dann als ein ganzes und wahres Kamel, wenn es gehörig abgerichtet ist; das abgerichtete heisst el-Mon aw wak, d. i. das zum Kamele gemachte Kamel, wie wir im Deutschen ein gemachter Mensch sagen. So sagt der grosse Dichter Ds chemil“): Das Stehen langeweilt das abgerichtete Kamel. In der Abrichtung der Kamele hat der Strick viel zu thun, indem das Kamel bald mit demselben gebunden, bald freigelassen wird; ein Kamel, das nicht Milch gibt, wird angebunden und erst wenn es Milch gibt wieder freigelassen, es wird ihm der Mund verbunden, damit es nicht beisse; dem störrigen werden die vier Füsse zusammen gebunden, es wird eigentlich in den Bock gespannt*). Vorzüglich wird der Höcker gepflegt und wenn derselbe, sei es durch zu vieles Arbeiten und Gehen, sei es durch Hunger (weil das hungrige Kamel vom Fette seines Höckers zehrt) minder und nieder, weich und schlaff geworden, so wird das Kamel auf die Weide freigelassen, damit es sich erhole und wieder festes Fleisch bekomme und fett werde *). Eine vorzügliche Sorge für das Kamel besteht in der Mästung, Betheerung desselben und in der Führung zur Tränke, wovon schon in den Abschnitten der Nahrung und der Krankheiten die Rede gewesen. Gute Kamelwärter schlafen an der Seite der ihnen anvertrauten Kamele, so sagt Amrü Ibn Kai s"): Ist kein Phantom der Ben Omeijet unter Waffen, Da an der Seite des Kamels sie sorglos schlafen. Die Sclaven wachen nur bei den Kamelen"). Bei dem Milchkamele ist das Euter der vorzüglichste Gegenstand der Aufmerksamkeit des Arabers, es ist also natürlich, dass er besondere Wörter hat, um eine besondere Art und Weise, auf welche die Zitzen verbunden werden, zu bezeichnen. Der Wärter welcher sein Kamel nicht verlässt, hat eben so einen besonderen Namen") als das Kamel welches sein Lager nicht verlässt, so auch der sorgfältige Kamel- wärter der demselben stets in der Nähe bleibt und sich um die Bewegungen desselben bekümmert *). Der Aderlass des Kamels wird zwar manchmal als Heilmittel angewendet, öfter aber von den Beduinen in Hungersnoth um durch das Trinken des Blutes sich das Leben zu fristen. Um das störrige Kamel zu zähmen wird die Nase desselben durchbohrt und eine Bogensehne oder ein Riemen durch die Nase gesteckt, worauf demselben erst der Nasenring angelegt wird“). Die Jungen des Kamels werden neben den Müttern aufge- zogen”). Der Sorgfalt neben dem Kamele ausgestopfte Puppen aufzustellen, sei es um von den jungen die Wölfe abzuschrecken, sei es um die Mutter über den Verlust ihres Jungen zu trösten, ist schon oben erwähnet worden“). Das Leder worauf das Junge liegt, hat einen besonderen Namen. Das Wort Sáibe“), welches insgemein ein freigelassenes Lastthier, oder auch einen freigelassenen Sclaven bedeutet, hat in Bezug auf die Pflege des Kamels mehr als Eine Bedeutung, es bedeutet 1) das wegen eines gemachten 1) Schewähid, Pariser Handschrift, Bl. 75. 2,3 - J5 »E) , -H. DW rº. O» - – *) Schewähid, Pariser Hand- schrift, Bl. 108. G, A) Lºs –,, 0- 2 –*) Kamus I, 108. –*) Taha fsor. Kamüs, 89. –*) Geschichte der arab. Literatur II, 652. – ") Siliket B. Solket. Geschichte der arab. Literatur I, 259. – 7) Kamus II, 275. – *) Ebenda II, 894. – 9) Ebenda II, 252. – 0) Ebenda III, 713. –*) Ebenda III, 203. – *) Ebenda I, 165. 56 Freiherr Hammer-Purgstall. Gelübdes seines Besitzers von aller Arbeit enthobene Kamel, 2) das nach zehnmaliger Geburt eines weibli- chen Kamels freigegebene, eine schon vor Mohammed bestandene alte arabische Sitte, 3) das Kamel Grossmutter, welches aus Ehrfurcht für die Grossmutterschaft freigegeben wird; die Ceremonie dieser Freilassung besteht darin, dass man dem freigegebenen Kamele ein Stück Haut von dem Rücken weg- schneidet, oder ein Bein herausnimmt, um der ganzen Welt kund zu geben, dass dies ein von aller Arbeit befreites und von keiner Weide abzuweisendes Kamel sei; da sich einst ein Beduine beikommen liess, ein so bezeichnetes freigelassenes Kamel zu reiten, rief ihm ein anderer der ihm begegnete zu: „das Ver- botene ) reitet nur wer kein Recht dazu hat,“ was sofort als Sprichwort blieb. Der Wärter des Kamels bringt dasselbe in Bewegung und zur Ruhe *), er führt das verirrte zurück, er leitet es und reihet es*). Antar et“) sagt in seiner Moällakät: Gehorsam folgen die Kamele mir, Wann hohen Muths den Vorsatz ich ausführ', und der Dichter Held Sur-romm et*): Nach Chofwa lenket der Kamele Brust, Beweinet dorten die verlorne Lust, und einer der drei Dichter welche den Namen KoIl á ch") führen, sagt: Ich bin Kolläch, der Sohn Ds c henn ab’s, des Sohn's von Dsch ele, Des Hausgeräthes Vater, Reiter der Kamele. Von dem Leiter der Kamele ist der Treiber desselben verschieden, dessen hier so mehr in einem besonderen Abschnitte zu erwähnen ist, als nach irrigen Angaben von europäischen Beschreibern des Kamels dasselbe gar keines Treibers bedarf und ohne angetrieben zu werden seinen Lauf verfolgt; dies mag von edlen Kamelen die sich im Laufe vordrängen, wahr sein, ist aber bei den gewöhnlichen Last- kamelen nicht der Fall. «- 95) Der Treiber des Kam els erscheint häufig in arabischen Gedichten, so sagt Meimün el-Ääscha in der berühmtesten seiner Kaſsidete, eine Wolke beschreibend: Sie tränket unser Land, aus dem die Wolken floh'n, Aus dem die Treiber der Kamel' und Pferde zoh'n 7). Die zweite seiner berühmtesten Kaſsidete ist die zum Lobe Mohammed's gesungene, worin er von der Müdigkeit des Kamels spricht: Erbarmen hab' ich nicht mit seiner Müdigkeit Und seinem durch das Reisen abgenützten Huf, Bis es mich zu Mohammed nicht getragen, Zu Ihm, den als Propheten kündet an der Ruf °). Der Dichter Jefid B. Dhabbe redet in der Lobkaſsidet Welids II. sein Kamel Namens Soleima an, indem er sagt: ſº Sole im a, mein Kamel! verstehe, Tritt in die Spuren oder gehe, Von Selma habe ich gefunden Die gänzlich unbekannten Kunden. Mein Auge rief zu ihr mein Herz, In abgemess'nem Ernst und Scherz. Wir trieben heftig das Kamel, Zu wandeln aufgeschürzt und schnell, Wir trieben's an zu harter Fracht Um Mittag und um Mitternacht; *) Kamus I, 165. –*) Ebenda II, 210 und 216. – *) Ebenda II, 84, 780; I, 68; II, 850. – *) Geschichte der arab. Literatur I, 326. –*) Ebenda III, 150. – ") Ebenda III, 938. – 7) Ebenda I, 374. –*) Ebenda S. 365. » Das Kamel. 57 Und das Kamel war aufgelehnt, Als sich der Hügel Schatten dehnt, Es ging mit Augen hell und wach Dem Aufgange der Sonne nach, Bis dass das ganze Feld entlang Erscholl der Sperlinge Gesang ). Der Araber hat nicht nur verschiedene Synonyme für den Kameltreiber, sondern auch für die Art des Treibens, ob er es leicht oder scharf auf die Weide oder zum Verkauf treibt; für das scharfe Antreiben gibt es allein ein halbes Dutzend Synonyme, von denen hier eines zu erwähnen genug ist, nämlich Hawb oder Haw bet, das die Kamele mit Hopp! Hopp! antreiben heisst und eine Art der verschiedenen Treiblaute ist, wovon der gewöhnlichste, wie es schon früher gesagt worden, Haide! – Der Dichter Ähmed B. Ab dállah el-Lülüi sagt in der Jetimet *): Schrei Hei! *) wie man Kamel antreibt. Von dem Geschrei des Kameltreibers ist der Gesang desselben zu unterscheiden, den das Kamel mehr liebt als das Geschrei und um so lustiger rennt; der singende Kameltreiber folgt aber nicht dem Kamele, eben weil er es jetzt weder mit Geschrei noch mit Stock antreibt, sondern geht vor demselben her*). Die nach dem Sange sehr gierigen Kamele haben ihren besonderen Namen, so wie der schönsingende Kameltreiber; es scheint, dass es bei Karawanen eigene Kamelsänger gibt, wenn der Treiber selbst kein Sänger. Der Kamus“) erzählt die Entstehung der Sitte, das Kamel mit Gesang zu treiben, was auf arabisch Dei! D ei! heisst, und erklärt daraus den Ursprung dieses Wortes. Ein Beduine hatte seinen Sclaven in die Hand gebissen oder sonst verwundet, so dass dieser (der vermuthlich eine schöne Stimme hatte) darüber mit Wohllaut: Ja jedi Ja jedi! O meine Hand! O meine Hand! wehklagte; der Beduine bemerkte, dass diese wohllautende Wehklage seine Kamele zu schnellerem Gange aneiferte, worauf der Beduine dem Sclaven schön that, ihm ein Ehrenkleid anzog und vor den Kamelen singend hergehen liess, um den Lauf derselben zu beschleunigen. Aus dieser Anekdote des Ursprunges des Kamelgesanges erhellet schon, dass derselbe aus weicher Tonart ein schwermüthiger") sein muss. Die Sänger der Kamele gehen vor denselben her, wie ehemals bei den Janitscharen ihre Sänger vor den Truppen hergingen ). «P 96) Von dem Werthe des Kamels für den Araber. Wie hoch der Araber dieses für sein Leben in der Wüste geschaffene, ihm so nützliche und nothwendige Thier halten müsse, springt schon aus dem bisher Gesagten und besonders aus dem Hauptstücke von der Bestimmung und dem Gebrauche des Kamels in die Augen. Dieser Abschnitt kann also weiter nichts als die Zeugnisse der Araber aus dem Munde seiner Kamelhengste, d. i. seiner eigenen grossen Dichter, enthalten; die beiden Wörter Sch ewähid, d. i. die Zeugen für Belege, und Fohül, d. i. Kamelhengste für grosse Dichter, sind den Orientalisten nicht unbekannt, aber zur allgemeinen Verständlichkeit erfordern dieselben ein paar Worte, von denen selbst für Orientalisten Manches ganz neu sein wird, indem eine die grossen Dichter Fohül betreffende Stelle des Schewähid, d.i der Belege Sojüthis, bisher nirgends bekannt gemacht worden. Schewähid, d. i. die Zeugen, heissen dem arabischen, persischen und türkischen Gelehrten nicht Urkunden oder das was die europäische Geschäftssprache insgemein Belege heisst, sondern nur Stellen aus Dichtern, welche das Gesagte durch ihren Ausspruch bestätigen. Hadschi Chalfa führt in seinem bibliographischen Wörter- 1) Geschichte d. a. Liter. II, 571.–*) Handsch. d. Hofb., Bl. 87, Kehrseite.–*) Dei, das Geschrei, womit man das Kamel antreibt. – *) Kamus III, 397. – *) Ebenda III, 814. – ") Freytag verstümmelt diese Anekdote, indem er aus dem Sclaven Gulam einen Sohn macht, der auf Türkisch nicht Gulam, sondern Ogul heisst. – ") Geschichte des osmanischen Reiches VI, 390. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. 8 58 - Freiherr Hammer-Purgstall. buche ein halbes Dutzend an“). Die Schewäh id betitelten Commentare sind Werke welche die in berühmten grammatischen, rhetorischen, exegetischen oder Überlieferungswerken als Belege beigebrachten Verse aus grossen Dichtern erläutern. - - Dies ist aus Hadschi Chalfa's bibliographischem Werke bekannt; ganz unbekannt aber ist bisher die Stelle im Schewähid So jüth is“), welche die Auskunft enthält, dass der Ehrenname Fahl oder Fohl von den Arabern grossen Dichtern nicht eher ertheilt ward, als bis sie in ihren Gedichten irgend eine philosophi- sche oder ethische Wahrheit so klar und fasslich aussprachen, dass das Distichon bald in den Mund des Volkes überging; so erhielt der grösste arabische Dichter vor dem Islam Imriolkais nicht eher den Ehrennamen des Kamelhengstes als bis er gesagt: Was du verlangst gewähret Gott auf seine Weise, Die Tugend ist der beste Mantelsack der Reise *). Nábiga ed-Dobjani ward nicht eher der Kamelhengst beigenannt als bis er gesagt: Man kündet mir des Herrn Ebü Kabüs Versprechen, Wer Löwen sieht, der weiss, dass sie ihr Wort oft brechen *). So heir, der Sänger der Moällakát, würde ohne das folgende sechzigste Distichon desselben nicht der Kamelhengst beigenannt worden sein: -- Und wenn sein Naturell der Mann verstecket noch, So kennen es zuletzt die Menschen alle doch °). Der grosse Dichter Meimün el – Aáschá erhielt den Ehrennamen des Kamelhengstes als er gesagt: Du bist, Seläm et, stolz auf deines Kleides Glanz Und wirst hierin beschämt vom Scarabäus ganz "). -- Der berühmteste aller Weisheitssprüche, wodurch grosse Dichter zu dem Ehrennamen des Kamel- h engstes gelangten, ist der folgende des Dichters Leb id, des Sängers der Moällakät, welcher das erhabene und religiöse Wort gesagt: Ausser Gott ist alles nichtig, Alles Gute ist nur flüchtig 7). *) 1) Das Schewähid des Koranscommentares Beidhawi's; 2) das Schewähid des Ssahih Bochári's; 3) das Schewähid der Koransgebote von el-Efschin aus Córdoba; 4) und 5) die beiden Schewähid zur Elfje Ibn Máliks von Aini, das grosse und kleine; 6) die Schewähid Sojüthi's zum Mogniol-Lebib (was dem Verständigen genügt) zum syntaktischen Werke Ibn Hischäm's, welches Sojüthi commentirte und woraus die in dieser Abhandlung in Text und Übersetzung gegebenen Stellen. Es gibt aber noch mehr solcher Schewähid betitelten Commentare, deren ältester über die älteste arabische Grammatik das Buch Sibuje's von Semachscheri (fehlt bei Hadschi Chalfa) dem vierten Jahrhundert, der jüngste Sojüthis dem Ende des zehnten angehört und beinahe 700 Distichen solcher Belege von Dichtern enthält. Im Schewähid Sojüthis ist sehr oft das Schewähid Meſsr's angeführt, der auch ein Verfasser eines Tewdhih und eines Commentars zur Kaſsidet Belül die alle drei bei Hadschi Chalfa fehlen; vermuthlich ist der Verfasser der Überlieferer Jeſid Su Maſsr, dessen die arab. Literaturgesch. B. II, S. 110, Z. 4 erwähnt. Andere Werke dieser Art welche aber statt dem Titel Schewähi d den Titel S c h er h führen, sind die Commentare der Werke des Idh äh und Mift äh (bei Flügel Nr. 7443), der zu Konstantinopel gedruckte Commentar der Verse des Tel chifs und der bei Sojüthi im Schewähid (Pariser Handschrift Bl. 176, 1. S., 2. Z. v. u.) erwähnte Commentar Todmiris der Verse des Dschoml, fehlt bei Hadschi Chalfa, der Commentar der Verse des Iſsl äh ol–Man thik Ibnes Sikit's von Tebriſi (Schewähid Bl. 176, Kehrseite) u. a. –*) Pariser Handschrift Bl. 59. – » , - º) JS -- -- - - - - - - S eV *) - G- V - DJ- --, Urºs O - ) - U- G- - Wº- - - - - - - - Cº-e- 9 - - - - - - - - - - - - - - DJV - & Cº. - J- a - - - 03 Das Kamel. 59 Nach dieser Auskunft über die Dichter Kamelhengste (Fohül) und über die poetischen Belege (Sch ewähi d) geben wir die letzten über den Werth des Kamels, d. i. nicht über den Kaufpreis desselben, sondern über den Werth des Kamels für den Araber überhaupt. Ohne Kamel ist der Araber arm. Der Dichter Hodschijet B. el-Modharrib ) sagte: Zur Sclavinn sprach ich: geh' zu ihnen hin, / / Da an Kamelen ich verwaiset bin. O ha im e s–Sädij *): Ich schäme mich, wenn ich vorbei am Berge gehe, Am Berg, auf welchem ich nicht die Kamele sehe; Vom Sclaven schäm' ich mich Kamele zu begehr'n, Kamele sind gar viel im Land bei meinem Herrn. Der grosse Dichter Fere fdak “) sagte in einem Lobgedichte Esmá B. Cháridsche, der ihm hundert Kamele geschenkt hatte: Die, so in seine Obhut sich begeben, Sie können ohne Schafe und Kamele leben. Schafe und Kamele sind der Reichthum des Arabers, so sagt Aámir B. Ha ü th“) in der Hamása Ebü Temmám's: Ich lasse and're säubern ihren Teich, Mich machen Schafe und Kamel" nicht reich. Mit Kamelen werden die Schulden getilgt, so erklärt der Commentar der Hamása Ebü Temmám's die folgenden Verse Näbiga B. Äátiket's"): Freigebig von Natur, mit Loosespfeilen Schwertragende Kamele auszutheilen. Das Kamel ist für den Araber der Werth seines Daseins, seine Sühne, seine Liebe, sein Reichthum, sein Lobpreis, so sagt Kasámet B. Rewäh et es – sinbisi") in der Hamása Ebü Temmám's: weh dem Volke das, statt blut'ge Rach' zu nehmen, Mit Kamelen und mit Palmen sich begnügt. Der grosse Dichter Noſsaib") sagt von den Kamelen in Bezug auf den Lobpreis: Sie standen still und priesen dich, Wie du es würdig, auf der Stelle, Und wenn sie auch geschwiegen hätten, So priesen dich doch die Kamele. Das Kamel wird oft gegen Waffen vertauscht, so sagt schon Kais B. Soheir der König: Ist dir die Nachricht denn nicht zugekommen, Was mit Sijäd's Kamelen sich begeben, Dass sie im Stall des Koreischiten stehen, / Für Panzer und für Schwerter hingegeben *). Der Dichter el-Kahif"): Sie sprach: ich sehe nichts von den Kamelen; Du sagst: du seist den Wack’ren beizuzählen, Die Männer achten mich auch ohne die Kamele, Wenn ich sie nicht mit grossen Eutern zähle. Ein Haus, wo nie ein Kamel erschienen, ist ein ungesegnetes, so sagt Hodscheije Ibnol- Mod harr eb in der Hamása: Mein Haus sei als sei nie ein Kamel hier erschienen 19). *) Geschichte der arab. Literatur I, 171. –*) Ebenda S. 258. –*) Ebenda II, 272. –*) Ebenda III, 910. –*) Ebenda III, 956. – ") Ebenda III, 938. – 7) Ebenda II, 561. – *) Ebenda I, 91. – ”) Ebenda II, 561 und 562. – !") Freytags Hamása S. 523, Rückert's Übersetzung II, 26. « 8* 60 Freiherr Hammer-Purgstall. « Der Raub von Kamelen wird durch den Raub von anderen gerächt und der Beduine beweint sein geraubtes Kamel. Manfsür B. Misdscháh *) sagt in der Hamása Ebü Temmám's: Kamelraub rächte ich an Milchkamelen, Auf Rach vollständige ist stets zu zählen; Kamele von den schönsten zarten Jahren, Die schön wie Mädchen männerzeit'ge waren. Der Dichter Es wed B. semäat *) sagte nach der Schlacht von Bedr einem Weibe das ihr verlornes Kamel beweinte: Weint sie darüber, dass Kamel ihr fehlt? Ist's dies, was sie zurück vom Schlummer hält? Um das Kamel sollst du nicht Klag erheben, Beweine die zu Bedr gaben hin das Leben. Die Liebe für das Kamel gibt sich in den alten arabischen Gedichten häufig kund, so sagt Monach- chal el-Jeschkori *), einer der ältesten Dichter: Nach ausgeschlaf'nem Rausch verlangt mich Nach dem Kamele und nach dir, Ich liebe es, es liebet mich, Nach deinem hat das meine Gier. Abdállah B. Mihdschen ) der tapfere weinliebende Dichter: Du streichelst sein Kamel, von Liebe hingezogen. Die Sehnsucht nach dem Kamel, durch dessen Lauf in der Wüste der Beduine alle seine Sorgen beschwichtigt, wird vom Dichter Ebü Robeis *) in den folgenden Versen klar und kurz ausgedrückt: Zur Mutter Harb's, o mein Kamel, wann trägst du mich, Im Laufe tödtend allen Gram, der mich beschlich. r Der Ausruf „Ja Nakati!“ d. i. O meine Kamelinn! gilt sowohl dem Kamele als der Geliebten. Dass das Kamel das eigentliche Wahrzeichen des Arabers ist, erhellet am besten aus den folgenden Versen, womit der in Spanien eingewanderte Scheich Hamde weih es–Sarch asi, d. i. der Perser aus Sarchas, in einem an die Araber gerichteten Gedichte dieselben anspricht: O ihr Reiter von Lastthieren schwachen! Denen Zügel vom Kamel zu schaffen machen "). XVII. Von den Stellen des Korans, welche das Kamel betreffen. 97) Es sind deren ein Dutzend Verse deren wichtigster den Aberglauben der alten Araber in Betreff der Kamele Bahiret, Sáibet und Waſsilet aufhebt. Gott hat nichts festgesetzt über die Bahiret, Sáibet und Waſsilet "). Bahiret hiess in der Zeit vor dem Islam das Kamelweiblein das, wenn es nach einander fünf weibliche Kamele geworfen, mit aufgeschlitztem Ohr als frei erklärt ward; warf es das fünfte Mal ein männliches Junges, so wurde es geschlachtet und das Fleisch verzehrt *). Sáibet, d. i. das freigelassene Kamel, hiess das Kamelweiblein welches Grossmutter, mit aus dem Rücken geschnittener Schwarte freigelassen ward "). Waſsilet hiess vor dem Islam das weibliche Kamel oder auch Schaf welches siebenmal nach einander ein weibliches Junges geworfen, in welchem Falle die Milch desselben zu trinken erlaubt war und nicht *) Geschichte der arab. Literatur III, 953. –*) Ebenda I, 437. – *) Ebenda S. 159. – *) Ebenda S. 481. – *) Ebenda III, 843. – ") H r - Mºº- - 3 Call E A – C r U. – Makarri in dem Foliobande der Gothaer Bibliothek Bl. 367. – 7) V. 112. Kasimirski fertigt diese Stelle in der Note ganz kurz mit den folgenden Worten- ab: N oms des ch am ell es et des cha meaux qui se rattach ent à quelques superstitions des Arab es ido 1ätres. Desto nothwendiger ist oben die Erläuterung aus dem Kamus. – °) Kamus I, 757. – ”) Ebenda 165. Das Kamel. 4. 61 geschlachtet ward; warf es aber ein männliches Junges, so war die Milch desselben zu trinken verboten und es ward den Götzen geopfert *). Der wichtigste nach diesem Verse des Korans ist der zweimal in demselben wiederholte, in welchem das Loosen um das junge Kamel (Mei ser) verboten ward, welches geschlachtet, in zehn oder acht und zwanzig Theile getheilt ward und um dessen Fleisch die alten Araber mit unbeschlagenen Pfeilen looseten”). Sie werden dich fragen um den Wein und um die Pfeillo osung des jungen Kamels, sage ihnen Beides ist grosse Sünde und Nutzen den Menschen, aber die Sünde ist grösser als der Nutzen *). Das zweite Mal: O ihr ! die ihr glaubt! der Wein und das Loosen um das Kameljunge und die Götzenbilder und die Loospfeile sind schmu- tziges Werk des Satans *). Der 146. Vers der VI. Sure erlaubt zwar den Genuss des Kamelfleisches, so wie den des Rind- fleisches, verbietet aber dieselben paarweise zu schlachten: Von den Kamelen zwei und von den Rindern zwei”). In dem 74. Verse der VII. Sure ist von dem Kamele des Propheten Ssálih die Rede, welcher dem Stamme Themüd gesendet ward, er sprach: Diese Kamelinn sei euch ein klarer Beweis eueres Herrn, lasst sie also weiden auf der Erde Gottes und thut ihr nichts Böses, dass euerer nicht harr e schwere Pein. In dem 64. Verse der XI. Sure kehrt diese Legende mit denselben Worten zurück. Ssálih sprach: Diese Kamelinn sei euch ein klarer Beweis u. s. w. wie oben. In dem 28. Verse der XXII. Sure wird das Wallfahrtskamel als eines mit dünnen Weichen bezeichnet: Erlaube den Menschen die Wallfahrt, sie werden zu Dir kommen zu Fuss und auf den Kamelen mit dünnen Weichen und aus allen tiefen Gründen. Im 154. Verse der XXVI. Sure erscheint abermal das Kamel Ssálih's, welches eine der im Koran oft wiederholten ältesten Prophetenlegenden; Ssálih sprach: Dieser Kamelinn ist der Trank bestimmt wie euch; 155. Thut ihr kein Böses, sonst harrt euerer schwere P ein. 156. Aber sie er schlugen dieselbe und es begann sie zu reu'n. Noch ein Mal im 27. Verse der LIW. Sure : Wir sandten die Kamelinn ihnen zum Zwist, du aber beobachte die- selben und harre aus geduldig, und im 13. Verse der XCI. Sure: Es sprach zu ihnen der Pr op het Gottes: dies ist Gottes Kamel und sein Trank; 14. Und sie straften ihn zu lügen und schlugen sie todt. Der Vers des Korans, welcher auf die Wunder der Schöpfung des Kamels aufmerksam macht, ist der 17. der LXXXVIII. Sure: Sehen sie nicht wie das Kamel er- schaffen war d. - XVIII. Von den Worten Mohammed's über das Kamel. 98) In dem Sammler Bochärfs") finden sich über den obigen 28. Vers der XXII. Sure mehrere Zeugnisse von Genossen des Propheten, welche denselben zu Silhalife mit seinem Kamele beschäftiget sahen. Der Prophet bestimmte die Zeit des Beginnes der Wallfahrt in dem Augenblick, wo das vorhergehende Kamel zu Silhalife sich in Bewegung setzt"). Er hiess die Schlachtung des gebundenen Kamels gut *). Er erklärte sich für die Vortrefflichkeit des Ausleihens, wodurch ein ausgeborgtes Kamelweiblein el-Menihat einem Anderen zur Benützung überlassen wird“). Der Name der Kamelinn des Propheten (Koſswa)”), d. i. mit dem beschnittenen Ohre, wird durch Zeugnisse seiner Gefährten bestätigt"). In Demiris zoologischem Wörterbuche finden sich 1) Kamus III, 275. –*) Freytag III, 519. –*) II. S., 219. V. – *) V. S., 99. V. – *) VI. S., 144. V. – ") Handschrift der Hofbibliothek, S. 79. – 7) Ebenda S. 80, Kehrseite. – *) Ebenda 88, Kehrseite. – ") Ebenda Bl. 134. – ") Nach Kodhääi, den Gagnier im Leben Mohammed's anführt, hatte der Prophet drei Kamele, 1. Ko fswa, d. i. mit dem beschnittenen Ohre; 2. Ga dh ba, was dasselbe bedeutet, und 3. Dsch e daa, das verstümmelte, mit welchem er von Mekka auswanderte. – *) Sammler Bochári's, Handschrift der Hofbibliothek, Bl. 150. 62 Freiherr Hammer- Purgstall. « die folgenden Worte Mohammed's: Der Prophet sagte: Das Kamel ist Ehre für seinen Besitzer, das Schaf Segen, das Gute ist an die Stirnenhaare der Pferde gebunden bis an den Tag des Gerichts ). Er sagte: Schmäh et nicht das Kamel, denn in dem selben ist ein Wüstenhügel von Blut“). Die schönste der Überlieferungen Mohammed's über das Kamel ist wohl die folgende: Die Wissenschaft ist das verlor ne Kamel des Gläubigen, er nimmt sie wo er sie trifft als sein Eigenthum (und folglich auch von dem Ungläubigen). Er sagte: Nehmt nicht die Kamele gefangen, denn sie werden als Sühne des Blutes gegeben *). Man fragte den Propheten, ob das Kamelfleisch zu waschen, und er sagte: Waschet es; man fragte ihn, ob es erlaubt sei an Orten, wo Kamele lagern, das Gebet zu verrichten, er sagte: Betet nicht auf Kamel- lagern, denn sie sind des Teufels. Er sagte: Die Kamele sind von den Satanen erschaffen worden und es ist daher nicht noth wendig von denselben Almosen zu geben“). Der Prophet sagte: Wenn einer von Euch sich vermählt, eine Sclavinn, einen Sclaven oder ein Lastthier kauft, so nehme er es bei den Stirn en haaren und sage: O mein Gott, ich bitte Dich, du wollst mir das Gute des selben senden und das Böse desselben abwenden, und wenn Einer ein Last-Kamel (Báir) kauft, so berühre er die Spitze seines Höckers und bitte mit denselben Worten um Segen "). Das Kamel, das Äische in der berühmten von ihr verlornen Schlacht des Kamelsritt, hiess Asker “). Der Prophet der eines Tages in das Zelt eines Beduinen trat, worin ein störriges Kamel, berührte dessen Rücken und brachte es dadurch zur Ruhe, dann sagte er zu dem Besitzer desselben, der einer der Anſsaren war: Fürchtest du dich nicht vor Gott der dich zum Besitzer dieses Kamels gemacht, durch die Misshandlung desselben zu beleidigen, das selbe hat sich bei mir über d eine Misshandlung beklagt"). Der Prophet sagte, dass ihm Gott angetragen habe, dass sich die Thiere vor ihm nie derwürfen, dass er aber diesen Antrag nicht angenommen *). Unter dem Artikel Nákat werden von Demir i mehrere den Verkehr des Propheten mit Kamelen betreffende Anekdoten erzählt, wie die folgende: Der Prophet kehrte bei einem Beduinen ein, der ihn gut bewirthete, der Prophet sagte ihm, Etwas von ihm zu begehren; der Beduine sagte: O Prophet Gottes! mein Kamel trägt mich auf Reisen und seine Milch nährt meine Fa- milie, der Prophet sagte zu den Seinigen: Dieser hat keinen an deren Wunsch, als den des alten Weib es der Kinder Israels. Sie fragten ihn um die Kunde dieses alten Weibes, und der Prophet sagte: Als die Kinder Israels aus Ägygten zogen, verloren sie in der Fin- sterniss den Weg und sagten: was ist dies? – ihre Schriftgelehrten sagten, dass Joseph bei seinem Tode von dem Volke das Versprechen begehrt und erhalten, dass wenn es je aus Ägypten zöge, es seine Gebeine mit sich nähme. Wer kennt, sagte Moses, den Ort seines Grabes ? – sie nannten ein altes Weib – Moses sandte um die Alte und begehrte von ihr die Kunde des Grab es Joseph’s und fragte sie was sie dafür begehre, sie sagte, dass ich mit dir im Paradiese sei ”). 1) Sammler Bochári's, Handschrift der Hofbibliothek I, 13. – *) e» 3, es Öls U? b- & Sojüthi's Miſher , Pariser Handschrift S. 26. – *) Sammler Bochári's, Handschrift der Hofbibliothek, I, 3, Kehrseite, unter dem Artikel Ibel. – *) Ebenda S. 15. – 5) Ebenda Bl. 104. – 6) Ebenda Bl. 158, Kehrseite, unter dem Worte Ds c h em l. – 7) Ebenda Bl. 160, Kehr- seite. – 8) Ebenda II, 339, unter dem Artikel Na d ih, d. i. des wässernden Kamels. Ebenda Bl. 340, Kehrseite, wird die Legende des Kamels Ssalih's der Länge nach erzählt. –*) Ebenda Bl. 343; die Artikel, unter denen D emiri vom Kamel handelt, sind: 1. I b l das Kamel überhaupt; 2. B äir das Lastkamel; 3. Dsch eml das männliche Kamel; 4. H am ü1 et ein anderer Name für das Lastkamel; 5. R. á h il et das Karawanenkamel; 6. das Reitkamel; 7. Sc h ärif das alte Kamel; 8. Schüli die wenig Milch gebende; 9. Fahl der Kamelhengst; 10. Kol ü ſs die jungen Kamele; 11. Mathijet das Lastthier; 12. N á b die alte Kamelinn; 13. Na di h das wässernde Kamel; 14. He d á das Opferkamel; 15. Sag le b und el – Aihel das schnelle Kamel; 16. Komöd das von den Fliegen beunruhigte Kamel. Das Kamel. . 6Z XIX. Von den Sprichwörtern die sich auf das Kamel beziehen. 99) Ein Paar Sprich- wörter sind bereits in den vorhergehenden Abschnitten vorgekommen, es bestehen deren aber ein Paar hundert, von denen in Bochart nur vier hebräische die nicht hieher gehören und sieben arabische, in der Anzeige der von Freytag herausgegebenen Sprichwörter Meidänis “) aber über eine Centurie gegeben worden sind; wir schicken hier die von Bochart gegebenen sieben voraus, und lassen die anderen aus Meidäni folgen, deren die meisten entweder das schon Gesagte bestätigen, oder neue historische und naturhistorische Aufschlüsse geben: d 1) Die Menschen sind wie die Kamele, in deren hundert kaum ein gutes Reisekamel zu finden. 2) Sie sind wie die beiden Knie des Kamels (die sich zugleich niederlassen und zugleich aufstehen); ist schon oben von zwei ganz Gleichstimmigen und mit einander Gleichhandelnden in dem Abschnitte von dem Knie des Kamels vorgekommen. ; 3) Gesättigt mit Milch sind sie mit den Kamelen gegangen *). 4) Das Kamel wiederkaut aus seinem eigenen Bauche. 5) Mehr nach rückwärts strebend als der Urin des Kamels, welches nach hinten pisst*). 6) Sie sind in das Naturhemd oder Unschuldskleid des Kameles verfallen; den Sinn des Sprichwortes hat weder Bochart noch Freytag“) verstanden, über denselben lässt aber Seäälibi in seinem Werke über die Metonymien keinen Zweifel übrig, er sagt: das Naturhemd des Kamels, d. i. die feine Haut, worin das Kamel zur Welt kömmt, wird von etwas Einzigem, oder höchst Beschwerlichem gesagt, vom ersten, weil diese Haut nur dem weiblichen und nicht dem männlichen Kamele eigen ist, und zweitens weil die junge Kamelinn, welche damit zur Welt könmmt, sich ängstlich darin hin und her wirft. So sagt der Dichter Bahjáni: Das weibliche Kamel wirft weg die Haut, Worin ihr Junges sich mit Angst bewährt; und der Dichter Nábiga: Auf jeder Station sind sie von Kindern angefallen, Sie zürnen sich wie das Kamel in seiner Haut. 7) Die Frucht *) ist im Brunnen (worin das Getreide aufgehoben wird) und auf dem Rücken des Kameles, nämlich des wassertragenden (der Wasserschlauch). Der Kamus“) hat noch ein zweites von dem Naturhemde hergenommenes Sprichwort: 8) Das Naturhemd ist im Bauche zersprungen, was gleichbedeutend mit der Redensart: das Messer ist bis ins Bein gedrungen. 9) Die Kamele gehören mein, ich verkaufe sie nicht und verschenke sie nicht "). 10) Sie sind Kamele, die gerettet. Der Commentar sagt: dies Sprichwort schreibe sich von einem schwachen Kameljungen her, welches von einer Hyäne, weil es so schwach und mager, auf die Weide freigelassen worden sei, damit es fetter werde; das Kamel aber habe diese Erlaubniss zu seiner Rettung durch die Flucht benützt *). 11) Junge Kamele hindern ihren Besitzer an der Wanderung (weil der Besitzer sich von der Milch der Mutter nährt oder die jungen Kamele verkauft und also nicht nöthig hat seine Nahrung anderwärts zu suchen). !) Jahrbücher der Literatur. –*) R á kü, was Bochart lib. II, pag. 94, mit delectati sunt übersetzt. – *) Von Freitag, Prov. I, 456, nicht ganz richtig mit: c on t rar i or übersetzt. Dasselbe Sprichwort kömmt abermals im II. Theile S. 861 vor. – *) II, 349, quia camelo non esse potest illa membrana. – °) In Freytags Meidäni I, S. 234; dasselbe Sprich- wort, nur mit der Variante, dass statt se mir die Frucht, t em r die Dattel steht. – °) III, S. 840, l. Z. – 7) Freitag arabum proverbia Tom. I, pag. 89, mit Bezug auf Schulten's prov. Meid. pag. 47. – 8) Ebenda. 64 Freiherr Hammer-Purgstall. 12) Wer seine Kamele mit anderen mischt, um sich dem vorgeschriebenen Zehent zu entziehen, ist ein Schielender bei Nacht. 1 Der Commentar Meidänis führt zur Erklärung dieses Sprichwortes noch das Wort Mohammed's an: Du sollst deine Kamele nicht mischen und in einen Abgrund verbergen“). 13) Du wirst dem Kamele deiner Mutter nicht vorauslaufen *). 14) Wenn du melkst, so suche ein viel Milch gebendes Kameweilblein *). 15) Kamelkundiger als Honeif el-Hanátim“). Honeif B. Hanátim hatte es in seiner Kunde so weit gebracht, dass er seine Kamele nur alle zwölfte Tage tränkte, ihm steht nur Málik, B. Se id zur Seite, von dem das folgende Sprichwort sagt: 16) Kamelkundiger als Málik B. Seid B. Menát"). Diese zwei Kamelkundigen haben in der Geschichte der Kamele einen eben so grossen Namen, als in der Geschichte der Poesie die beiden Dichter welche den Namen des Kamels führen, nämlich Ebü Ab- dállah el-Dschemel"), d. i. das männliche Kamel, und Dibil ") das alte Kamel. 17) Wenn die bestimmte Zeit des Todes für das Kamel gekommen, so schweift es um den Brunn *) (in den es nicht hineinfällt). 18) Wo Kamelgedränge ist Wasser in Menge”). 19) Saidet wässerte sie (die Kamele) mit beiden Händen, d. i. mit allem Fleisse ”). 20) Verhasster als ein betheertes Kamel“) (weil der Theer das Mittel wider den Aussatz und der Araber nichts mehr hasst als ein schäbiges Kamel). 21) Das Pferd und das Kamel folgen dem Zügel“). 22) Der grosse Wurm hängt sich an das Innere der Schenkel des starken Kameles”) (wird von dem Niedrigen gesagt, der sich an einen Grossen und Starken hängt). 23) Die Kamele gewöhnen sich an die Beschwerden, aber nicht die Ziegen *). 24) Höher als der Höcker des Kamels“). - 25) Mehr an Unverdaulichkeit leidend als das abgespennte Kamel”). 26) Schwerer als die Last des Kamels Doheim"). Dieses, wie schon in einem vorigen Abschnitte gesagt worden, war mit den abgeschnittenen Köpfen der Söhne Ämrü B. Sahbáns befrachtet“). 27) Er kam auf dem Kamele des Schusters ”). 28) Das Kamel hat seine Sache und der Kameltreiber die seine ”). 29) Unverständiger als ein Lastkamel“). Ein Dichter sagte: Gross ist das Lastkamel, doch fehlt's ihm an Verstand, Die Gröss' genüget nicht, nichts geht ihm von der Hand, Ein Knabe lenket es und treibt immer fort Und hält zurück es dann an früchtelosem Ort, Die Sclavinn prügelt es, so viel sie immer will, Es schert sich nicht darum und kümmert sich nicht viel. *) Freytag arabum proverbia Tom. I, pag. 125. – *) Freytag I, p. 124, übersetzt das la tädü mit non prateribs. –*) Ebenda pag. 125. – *) Ebenda pag. 132. – °) Ebenda pag. 133. – °) Jetimet, in der Handschrift der Hofbibliothek, B. 74. – 7) Geschichte der arabischen Literatur. – *) Freytag I, p. 139. – ") Ebenda pag. 141. – %) Ebenda p. 948. – !) Ebenda pag. 196. – ”) Ebenda pag. 229; Freytag übersetzt s im am , welches der Kamelzügel, mit Funis, was nur die Halfter. – **) Ebenda pag. 239. – *) Ebenda pag. 246. – ”) Ebenda pag. 257. – ”) Ebenda pag. 258; Freytag übersetzt nicht richtig fa fs iI mit pullus, es sollte pullus ab actatus heissen. –*) Ebenda pag: 272. –*) Kömmt wieder p. 364 vor. – ”) Ebenda p. 339. – ”) Ebenda pag. 338 (sie haben verschiedenes Interesse, und nicht wie Freytag übersetzt: commodo est). – ”) Ebenda pag. 457. Das Kamel. 65 30) Das Milchkamel der Moslimen gibt reichlich Milch *). 31) Er machte, dass das Milchkamel auch wider dessen Willen reichlich Milch gab *). 32) Niedriger als der Wurm unfer dem Hufe des Kamels *); daher sagte Fer eſ dak: Du würdest den Ko leib schlechter finden Als unter'm Hufe des Kamels den Wurm. 33) Verächtlicher als das noch nicht abgespennte Junge eines Kamels *). 34) Gib dem Kamel sein Junges, so wird es zufrieden sein“). 35) Ich sehnte mich nach ihm wie das Kamel nach der ausgestopften Puppe seines ihm durch Unbild geraubten Jungen“). - 36) Die Kamelinn liess ihre Lippen herunterhängen aus Begierde gemelkt zu werden"). 37) Er ritt auf einer Kamelinn welche, vom Wasser zurückgetrieben, mit geschlossenen Augen auf dasselbe zurennt *) (von Einem der blindlings sich in eine Sache hineinstürzt). 38) Die Kamelinn welche nach ihrem verlorenen Jungen stöhnt, gibt keine Milch "), oder wie es im Kamus heisst: Es ist nichts Gutes in dem Gestöhne des Kamels nach seinem Jungen, wenn es dabei keine Milch gibt. - 39) Der Sattel thut dem wunden Rücken des Kamels weh“). 40) Mehr getränkt als das junge Kamel des Ibn Habenn ak“) (welches getränkt, vor dem Futter wieder zur Tränke zurückkehrte). 41) Schlechter als milchlose Jungen von Kamelen“), unter denen die reichlich Milch geben. Herge- nommen von dem Distichon des Kais B. el-Chatim: Wir brachten euch durch's Schwert zu unterwürfgem Leben, So dass ihr schlechter als Kamele ohne Milch Inmitten denen, welche Milch am meisten geben. 42) Zum Gehen tauglicher als die Sohle des Kamels“). 43) Es laufen sowohl die abgespennten Kamele als die mit weissen Beulen bedeckten“) (indem diese, wiewohl durch Krankheit geschwächt, jenen es gleichthun wollen). 44) Die Reitkamele gingen damit fort“) (von einer Nachricht die unter den Leuten herumgeht). 45) Der rothe Schaum der Brunst (Schikschika) wallte auf und setzte sich dann wieder ”). Dieses ist ein Wort Älfs an Ebül-Abbás, welcher, nachdem Ali eine schöne Rede gehalten hatte, denselben darin fortzufahren bat. 46) Unglücklicher als die Kamelinn der Besu s”) (welche die Ursache des vierzigjährigen Krieges zwischen den Stämmen Bekr und Taglib). « 47) Unglücklicher als ein dunkles Kamel“) (weil diese gewöhnlich landflüchtig werden). 48) Vorscheinender als der Führer der Kamele“). 49) Er schlug ihn wie fremde Kamele geschlagen werden“) (wenn sie sich zur Tränke drängen). 50) Ziegen nach Kamelen“) (wird von dem gesagt, der ehemals reich, dann arm wird). 51) Der getrocknete Urin des Kamels (Anijet) heilt das schäbige“). 52) Schnell bereite deinen Kamelen das Mahl“) (als Ermunterung schnell zu handeln). 53) Kehre Kamel zu deinem Lager zurück“). 1) Freytag arabum proverbia Tom. I, pag. 477. –*) Ebenda. –*) Ebenda pag. 511. – *) Ebenda pag. 516. – *) Ebenda pag. 532. – ") Ebenda pag. 533; Freytag übersetzt unverständlich: Propensus sum ejus causa ad cutem pulli iniuriae. – 7) Ebenda pag. 533. – *) Ebenda pag. 539. – ”) Ebenda pag. 559. – ”) Ebenda pag. 568. – **) Ebenda pag. 574. – *) Ebenda I, pag. 513. – ”) Ebenda pag. 575. –*) Ebenda pag. 609. – ”) Ebenda 649. – ”) Ebenda pag. 673. – ”) Ebenda pag. 683. –*) Ebenda pag. 698. – ”) Ebenda pag. 701. – ”) Ebenda II, pag. 4. – ”) Ebenda pag. 86. – *) Ebenda pag. 97. –*) Ebenda pag. 114. – *) Ebenda. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. 9 66 Freiherr Hammer-Purgstall. 54) Bei den Köpfen der Kamele stehen ihre Herren“). 55) Seine Naturanlage ist wie die des Kamels welches nach seiner Heimath verlangt“). 56) Seine Beule ist eine Pestbeule des Kamels und der Tod ist ihm bestimmt im Hause der Selulitin *). Der historische Anlass dieses Sprichwortes ist schon in dem Abschnitte der Krankheiten des Kamels bei der Beule berührt worden. - 57) Eifersüchtiger als der Hahn, als ein männliches Kamel, als ein Springhengst *). 58) Das Maul der Kamele ist der Ort wo sie untersucht werden") (vermuthlich des Alters willen, wie die Pferde). - 59) Das Gn der Zeit vor dem Islam den Götzen) geopferte Kamel ist der Anfang der Fortpflanzung") (von dem Gebrauche der alten Araber hergenommen das erste Junge des Kameles den Göttern zu schlachten). 60) Er sandte zu den durstigen Kamelen einen Wassersüchtigen mit vorgebogener Brust und eingezo- genem Rücken), d.i. er bestimmte zu einem schwierigen Geschäfte einen schwachen dazu nicht fähigen Mann. 61) Das abgespennte Junge eines störrigen Kameles welches sich durch ausgestopfte Puppen nicht schrecken lässt“). Dieses Sprichwort bezieht sich auf den schon erwähnten Gebrauch der Araber, dem säugenden Kamel, welches sein Junges verloren, die ausgestopfte Puppe desselben zur Seite zu stellen, damit es, wann die Puppe versteckt wird, ein fremdes Junges, dasselbe für das seine haltend, trinken lasse. Alles dieses ist aber bei dem störrigen Kamele welches das Säugende mit Füssen schlägt, überflüssig. - 62) Er hat das weibliche Kamel zum männlichen gemacht”). - Der historische Anlass dieses Sprichwortes aus einem Distichon des Dichters Tharafa ist schon früher erzählt worden. - : 63) Führt mir nur das (zum Aufsitzen) die Knie beugende Kamel vor”). Dieses zum Sprichwort gewordene Wort sagte ein Weib welches gerne auf einem Pferde geritten wäre, als ihr aber keines vorgeführt ward, sich mit einem Kamele begnügte. 64) Ein altes Kamel das noch die Wüsten durchwandert“) (wird von einem alten Manne gesagt, der noch rüstig). - 65) Er säuberte das Kamel von Würmern bis er es in seine Botmässigkeit brachte“) (wird von Einem gesagt, der den Anderen mit Wohlthaten überhäuft, um sein Herr zu werden). - 66) Die Kälte steckt in den Bäuchen der Kamele“) (weil mit der Geburtzeit der Kamele im Frühling die Kälte verschwindet). 67) Ein kleiner Wurm plagt das neunjährige Kamel“) (der Schwache den Starken). 68) Ein edler Springhengst, dessen Seiten von Stricken frei“). 69) Die Menschen sind verschieden, wie die kleinen Kamele und die zum Almosen bestimmten“). 70) Jedes Kamel das viele Haare unter dem Kinn hat, ist ein flüchtiges“) (weil der das Haar unter dem Kinn bewegende Wind dasselbe zur Flucht reizt). 71) Gleich einer Kamelinn, welche ihr bissiges Junges liebt“) (nämlich das säugende nicht zurück- stösst, wiewohl es das Euter beisst). - 72) Aller Kamele Stammbaum ist der seinige“), von Freytag unklar übersetzt mit: Omnis camelorum origo eo rum est. Er erzählt nach Meidáni die folgende Anekdote über den Ursprung dieses Sprichwortes. *) Freytag arabium proverbia, Tom. II, pag. 120. –*) Ebenda pag. 168. –*) Ebenda pag. 172 – *) Ebendapag. 190.–*) Ebenda pag. 202. – %) Ebenda pag. 212. – 7) Ebenda pag. 221. – *) Ebenda pag. 222. – ”) Ebenda pag. 246. – ”) Ebenda. – 1) Ebenda pag. 263 und wieder II, pag. 753. –*) Ebenda pag. 267, l. Z. – ”) Ebenda pag284. –*) Ebenda I. Z. – 15) Ebenda pag. 285. – ") Ebenda pag. 305. – ”) Ebenda pag. 312. –*) Ebenda pag. 313. – ”) Ebenda pag. 317 Dasselbe Sprichwort wird durch das im II. Bde., S. 757, „ der Stammbaum ist sein Brandmal“ ergänzt. Das Kamel 67 Einer der gestohlene Kamele verkaufte, wurde von den Käufern gefragt, wo das Haus der Kamele sei, er antwortete: fragt mich nicht so, sondern um das eingebrannte Maal, alle Kamele haben denselben Ursprung. Klarer spricht sich hierüber der Kamus aus, welchen Hr. Fr. wohl genannt, aber nicht gehörig verstanden hat. 73) Wie ein Kamel das in der Hürdebrüllt“). (Önnet, die Hürde, ist ein aus Bäumen aufgerichteter Stall). 74) Trefflicher wie das säugende Kamel, trefflicher als das abgespennte“). 75) Es ist nicht, wie du wähnst, die provianttragenden Kamele kämpfen nicht*). 76) Ein Kameltreiber ohne Kamel“) (von Einem der sich eines Dinges, oder einer Eigenschaft rühmt, die er nicht besitzt). . «. A. 77) Die Kamele weideten süsse Pflanzen und gingen dann zu den saueren über”) (Leid auf Freud). 78) Wie die zwei Knie des Kamels“) (ist schon oben von zwei unzertrennlichen und alles zugleich thuenden Gefährten vorgekommen). 79) Wie Einer der zwischen zwei an einander gebundene Kamele sich stürzt") (der von Beiden geschlagen wird). 80) Das mit Geschwüren behaftete Kamel weidet frei, während das gesunde gebrannt wird“). Dieses Sprichwort ist von dem folgenden Distichon Näbiga's hergenommen: Du warfst die Schuld auf mich, verliessest dann das Land, Geschwüriges ist frei, ein Anderes wird gebrannt. 81) Wie sich die Kamelinn welche sich unter den letzten befindet, sich nach den ersten Reihen sehnt"). 82) Alle Menschen kenneu ihr Kamel“). 4 83) Ich bin ein solcher dessen Kamel nicht geführt zu werden braucht“). Das Sprichwort schreibt sich vom alten Säd B. S äid Menát her, dem sein Sohn das Kamel führen wollte, als ob der Greis es nicht selbst leiten könnte. Dieses Sprichwortes erwähnt der Dichter Mochabbel und sagt dann sein hohes Alter beschreibend: Nun bin ich alt und trage nicht mehr Waffen, Vermag nicht mehr mit Zaum Kamel emporzuraffen. 84) Die zwei Ringe des Kamelgurtes unter dem Bauche desselben berühren sich“) (d.i. der Gurt ist festgeschnallt). - 85) Du wirst die Kamelinn mit den Fingerspitzen ausmelken“) (von Einem der durch Drohungen Etwas zu erhalten hofft). «- 86) Ihm gehen die Haare aus, wie dem sich niederlegenden Kamel“). 87) Der Kamelsattel liegt ihm fest auf“). 88) Ich werde dies nicht thun so lange der Sclave der Kamelinn (um sie zu melken) bes bes sagt”). 89) Ich weiss nicht wie ich dich Lügen strafen soll, du bewegst deine Zunge wie ein Kamel das nicht schwanger, mit dem Schweife wedelt"). 90) Dem Kamelfohlen schadet es nicht, wenn es von der Mutter getreten wird“). 91) Dem Kamelfohlen fehlt nicht die Liebe seiner Mutter“). 92) Ich habe in dieser Sache weder männliches, noch weibliches Kamel”) (d.i. ich habe damit nicht das Geringste zu schaffen, oder kein Interesse darin). *) Freytag arabum proverbia, Tom. II, pag. 328. – *) Ebenda pag. 328. – *) Ebenda pag. 329. – *) Ebenda; el-Hadi heisst der Kameltreiber schlechtweg, nicht praecinens agaso. – *) Ebenda pag. 342. – °) Ebenda pag. 361. – 7) Ebenda. – *) Ebenda pag. 360. – ") Ebenda pag. 379. – ”) Ebenda pag. 413. – *) Ebenda. –*) Ebenda pag. 428. – 18) Ebenda pag. 438. – *) Ebenda pag. 444. –*) Ebenda pag. 464. –*) Ebenda pag. 487. – 17) Ebenda pag. 497. – 1*) Ebenda pag. 498. – ”) Ebenda pag. 497. – ”) Ebenda pag. 499. 9* 68 x, Freiherr Hammer- Purgstall. Der Dichter er – Räiji sagte: Was hat Dich, Weib, so sehr entfremdet mir? Dass Du beständig sagst: nicht männliches, Nicht weibliches Kamel hab' ich allhier! 93) Ich werde dies nicht thun, so lang die Mutter des Kamels“) nach ihrem Jungen stöhnt, d. i. nimmer. 94) Wette nicht und sage nicht Verse auf einem störrigen Kamel“). Dieses Sprichwort ist aus den Lehren genommen, welche der Dichter Hothijet auf seinem Sterbebette als Vermächtniss seinen Freunden hinterliess. 95) Ich werde nicht der Erste sein, welcher der Kamelinn die Milch aussaugt“). Der Commentar Meidánis erzählt den Ursprung dieses Sprichwortes aus einem Verse des Dichters Hosein B. Rebiäá, um damit einen satyrischen seines Zeitgenossen des Dichters Dscherir zu erwiedern, der unter den Kamelinnen Weiber meinte: Nichtschwangere Kamele, sie sind ihm zu Befehle; Er macht sich nichts daraus, wenn schwangere ihn saugen aus. 96) Die Milch hält die Melkenden nicht auf“). 97) Verwunde die Kamele nicht, sie gehören entweder mir oder dir“). Diese Worte sagte Malik, B. el-Montefik, dem Bistham, der ihm seine Kamele wegtrieb und die- selben im Treiben verwundete, damit sie schneller gingen. 98) Dies ist kein Ort, wo die Kamele lagern“). 99) Anhänglicher als der Wurm dem Kamel"). 100) Unbrauchbarer als ein getränktes Kamelfohlen*). r 101) Er starb als ihm der Gurt aufgelöset ward”) (d. i. als es ihm am besten ging (wie dem Kamele, wenn man ihm den Gurt auflöset). 102) Lass mir Zeit, damit sich das Euter des Kamels wieder fülle“). 103) Wie wohlfeil wäre das Kamel, wärs nicht um die Katze“). Der Ursprung dieses Sprichwortes ist der folgende: Ein Beduine der über ein ihm entlaufenes Kamel toll geworden, machte ein Gelübde, dass, wenn er es fände, er es um ein Dirhem verkaufen wolle, als er es gefunden, reuete ihn das Gelübde, er hing ihm eine Katze an den Halz, ging auf den Markt und rief aus: Ein Kamel das nicht ohne die Katze verkauft wird, das Kamel kostet einen Dirhem, die Katze tausend ! 104) Der Tod ist minder zu achten als das Kamel“) (aus einem Verse den Abderrahman B. Attäb am Tage der berühmten Schlacht des Kamels gesagt: Ich bin der Sohn Ättäb's, es schallet hell mein Schwert; Weit minder ist der Tod, als das Kamel mir werth). 105) Die Weide des Besitzers der im Frühjahr werfenden Kamelinnen hat der Besitzer der im Sommer werfenden Kamelinnen abgeweidet“). 106) Er kehrt die Loosespfeile um (was erst nach der Theilung des zum Loosen bestimmten geschlachteten Kamels geschieht) während das zu schlachtende noch weidet“) (von zu voreiliger That). 107) Geschmackloser als das Fleisch des eben geborenen Kamels“). Dieses Sprichwort dankt seinen Ursprung den folgenden Versen el-E schär's, der damit seinen geizigen Oheim Ridhwán tadelte: *) Freytag arabum proverbia. Tom. II, pag. 501. – *) Ebenda. – ”) Ebenda pag. 521. – *) Ebenda pag. 523. – *) Ebenda pag. 535. – ") Ebenda pag. 532. – 7) Ebenda pag. 556.–*) Ebenda pag. 561.–*) Ebenda pag. 601. ”) Ebenda pag. 602. – *) Ebenda pag. 603. – *) Ebenda pag. 684. –*) Ebenda pag. 695. –*) Ebenda pag. 696. –*) Ebenda pag. 713. Das Kamel. 69 Du wendest dich Rid hw án von deinem Gast', Du mein ermahnend Wort gehöret hast, Die Leute kennen dich, dein Haus zumeist, Sie wissen, dass du reich und mächtig sei'st, Die zu dir kommen wissen all', es gelte Dein Haus als das des Hungers und der Kälte, Wie neugeworfenes Kamel ein Zwitter, Dess' Fleisch unschmackhaft, weder süss noch bitter, Unschmackhaft bist du gleich der Milch der süssen, So die Kamele auf den Sand vergiessen, Und den Versammlungen bist nicht geneigt, Als hätte dich ein Esel nur gezeugt. 108) Die Vollendung der Wallfahrt besteht darin, dass man den Kameltreiber prügle“). Dieses dem Grammatiker Aámesch zugeschriebene Wort scheint ein muthwilliger Ausbruch seiner Laune zu sein, nachdem er mit seinem Kameltreiber unzufrieden, denselben zu Mekka geprügelt hatte. 109) Der Mangel an Futter macht, dass die Kamele zum Verkaufe in Reihen geordnet werden“). 110) Die Kamelinn im Anfange ihrer Bissigkeit”). Dhar üs heisst ein bissiges Kamel, das den Mel- kenden beisst. s Der Kamus erklärt Dhar üs als das bissige Kamel, und nach demselben auch Freytag, in diesem fehlt aber die vom Kamüs gegebene, hierher gehörige Metonymie: Dhirs-ol-Báir, d. i. der Stockzahn des Kamels, welches der Name eines in der arabischen Geschichte berühmten Schwertes, dessen Besitzer Alkama B. fi-Kaif“). 11 1) Ich habe mein Geld ausgegeben und das Kamel zieht fort nach Mekka“) (von unnützer oder unwilliger Wallfahrt). 112) Die Kamelinn gebärt für den, von dem sie empfangen“). 113) Sie befinden sich so wohl wie die Augäpfel des Kamels") (Anspielung auf die unter dem Abschnitte der Augen erwähnte Art schon aus den Augen zu erkennen, ob die Kamele fett oder nicht). 114) Er befindet sich wohl, wie die Nachgeburt des Kamels”) (weil diese mit grünem Wasser weggeht, worin der Araber ein Bild fruchtbarer grüner Wiesen sieht). 115) Dies ist ein Ding, dessenthalb sich die Kamele nicht auf die Knie niederlassen“). 116) Verächtlicher als der Furz des Kamels”). 117) O meine Kamele! kehrt zu euerem Lager zurück“). 118) Wer kein gezähmtes Kamel hat, reitet auf einem ungezähmten“). 119) Er ist ungeduldig wie (im Sommer) am fünften Tage das nicht getränkte Kamel“). 120) Das Kamel wird auch eines leichten Übels willen gebrannt“). 121) Wer bildet den Koth des Kamels in dessen Hintern zu Kugeln?“). 122) Wie der so eine Heerde Kamele für leichte Spreu verkauft”). 123) Melke und trinke“), d. i. geniesse der Gegenwart. 124) Deine Kamele haben die Pflanzen Cholla (süsse) abgeweidet, gehe nun zu den saueren (Hamdh) über“) (die Araber heissen die süssen Pflanzen das Brot und die saueren das Fleisch des Kamels). 125) Die beste Rede ist die, deren Wörter Kamelhengste und deren Sinn Kameljunges“). 126) Das Kamel übernachtet mit seinem Sattel*). ºb *) Freytag arabum proverbia Tom. II, pag. 732. – *) Ebenda pag. 758. – *) Ebenda pag. 759. – *) Kamus Konsttp. Ausg., II. Th., pag. 253, eilfte Zeile. – ”) Freytag arabum proverbia Tom. II, pag. 799. – %) Ebenda pag. 845. – 7) Ebenda pag. 849. – *) Ebenda. – ”) Ebenda pag. 863. – ”) Ebenda pag. 895. – !!) "Ebenda pag. 908. – ”) Ebenda pag. 919.– *) Ebenda pag. 926. –*) Ebenda pag. 930. – ”) Ebenda IIl, pag. 44. – ”) Ebenda pag. 47. – 17) Ebenda pag. 111. – *) Ebenda pag. 136. – ”) Ebenda pag. 145. – ”) Ebenda pag. 190. 70 Freiherr Hammer-Purgstall. 127) Treib deine Kamele zurück, dich hat das Übel getroffen, was für ein Mensch bist du ). 128) Schicke dein Kamel nicht auf die Weide, die nicht umzäunt ist“). 129) So lange das alte Kamel rüstig, wird das junge Schaf nicht geachtet”). 130) Schlage ihn, wie man das fremde Kamel schlägt*) (wenn es sich unter die Trinkenden eindrängt). 131) Du hast die jungen Kamele zur Thihal verloren") (eine historische Anspielung deren Sinn: du erwartest Gutes von dem, dem du Böses gethan). - 132) Wenn die jungen Leute nicht ihrer Pflicht vergässen, so würde ich ihnen zu wissenthun, dass die Beine ihrer Kamele morsch“). * 133) Ich werde es nicht thun, so lange Kamele stöhnen"). 134) Lass dich selbst fallen, sonst wirft dich das Kamel ab“). 135) Wären Geduld und Dank zwei Lastkamele, so würde ich mich nicht sorgen wohin sie mich trügen"). 136) Die Zeit bleibt immer ein junges Kamel“). - 137) Ich bin der Baumstrunk an dem sich die schäbigen Kamele reiben“). 138) Diese Kamelinn und die Eselinn sind die Glieder die Nutzen bringen“) (die viele Junge werfen). 139) Er hat weder Blöckende noch Brüllende“), d. i. weder Schafe noch Kamele. 140) Er hat keine Stöhnende und Höhnende“), d. i. keine Kamelinn und keine Beischläferinn. Endlich das sowohl im Evangelium als im Koran vorkommende Sprichwort: - 141) Eher wird ein Kamel durch ein Nadelöhr eingehen“). Die Meinung der hebräischen und arabischen Exegeten welche dafür halten, dass hier von keinem Kamele (Dscheml), sondern von einem Schiffstau (Dschoml) die Rede sei, sind durch die folgenden in der Hamása erhaltenen Verse E bü Ö beides von einem hässlichen Weibe widerlegt: Und zwischen ihren Schenkeln eine Höhl', Wo ungehindert durchging ein Kamel ”). Hierher gehören auch die Verwünschungen wie: 142) La derre der ruhü, sein Kamel soll nicht Milch geben, oder der entgegengesetzte Wunsch 143) Lillahiderruhü, was so viel als: Gott segne ihn! heisst; 144) ma lehü dscheleb we la haleb, er habe keine männlichen jungen Kamele und keine weib- lichen Milch gebenden; 145) la efálehüma erſemet Omm hail, ich werde dies nicht thun, so lange die Mutter des einjährigen Kamels nach demselben stöhnt; 146) ma es ga we la erga, er gab weder Schaf, noch Kamel; 147) ma lehü sagijet we la ragijet, er hat weder Schaf, noch Kamel. Ehe wir von den Sprichwörtern welche der Araber die Leuchten der Rede nennt, zu den Versen, die ihm Juwelen und Edelsteine übergehen, sei noch der Metonymien erwähnt. In dem berühmten Werke Seäálibis über die Metonymien, bilden die von dem Kamele hergenommenen das dreiundzwanzigste Hauptstück; ohne die zu wiederholen, welche schon unter den Sprichwörtern vorgekommen, sei hier nur des Strahlens des Kamels erwähnt von Etwas das rückgängig, weil das Kamel nach Hinten strahlt; die Waffen des Kamels sind dessen Fette und Schönheit, weil die fetten und schönen Kamele mit Lasten verschonet werden; der Philologe Dscháhiſ sagt: dass der Mensch vom Kamele (dem bissigen) den Groll und die Geduld habe, in Bezug auf die letzte heisst dasselbe der Vater des Geduldigen, der Vater Jobs, und der Vater des harten Gesteines (Ebü Ssifwän)"). Die Kamelinn heisst die Mutter des Kothes (Omm dschär“). Der metonymische Name das Schiff der Wüste ist bekannt, nicht so *) Freytag arabum proverbia, Tom. III, pag. 192. –*) Ebenda pag. 193. – ”) Ebenda pag. 233. – *) Ebenda pag. 290. – *) Ebenda pag. 193. – ") Ebenda. – 7) Ebenda pag. 395. –*) Ebenda pag. 544. – ") Ebenda pag. 626. – ”) Freytag's Wörterbuch I, pag. 257. – !!) Ebenda pag. 258. –*) Ebenda pag. 265. –*) Ebenda pag. 219. –*) Ebenda pag. 62. – *) Ebenda. – ") Literatur der Araber III, pag. 417. – ") Demiri Handschrift der Hofbibliothek I, Bl. 159, Kehrseite, fehlt in Freytag's Wörterbuch unter den Metonymien der Väter. – *) Freytag I, pag. 54. Das Kamel. 71 die umgekehrte Metonymie, vermöge welcher das Schiff als das Kamel der grossen Wüste des Meeres erscheint; so heissen auch die Kamele die Wolken der Wüste, und die Wolken die Kamele des Himmels, so sagt der grosse Dichter Ebü–Temmám in der Beschreibung des Platzregens: Ich sehe Nichts als schwarze Wolkenhaufen, Die wie Kamele um die Wette laufen, Das Eine fern zu gehen nicht vermag, Das And're rennend, wie die Sonn am Tag ! Von edelen Kamelen sind sie nicht, Die scheckig sind von Hals und Angesicht, Die schwarz wie Nächte und wie Nubier sind, Und die nach fremden Höhen zieh'n geschwind, Die wie Anhänger schau'n auf ihren Herrn, Und als Gefährten ihm gehorchen gern, Die, wenn Gefahren grosse drohen, flieh'n, Und sich vor Heftigem zurückezieh'n!). So sagt der Dichter Remmáh B. Meijádé: Das Wasser steigt herunter aus den Wolken, Als würden wie Kamele sie gemolken”). Das Gestöhne und Gebrülle des Kamels, die fremden Kamele welche von dem Wasser weggeprügelt werden, das Naturhemd des Kamels, die beiden Knie, die Beulen des Kamels, das Kamel Ssálih's und Doheim's sind schon erwähnet worden, aber noch nicht das Kamel Henabaka's als etwas sehr Dummes, indem dessen Besitzer so dumm war, dass wenn es von der Tränke zurückkam, er es mit den anderen Kamelen die zur Tränke gingen, fortziehen liess, ohne es zuvor auf die Weide zu führen *). Das Kamel des Wasserträgers ist die Metonymie eines Wielgeplagten, der Gang der wasser tragenden Kamele wird von etwas Beschwerlichem, Ungemeinem gesagt; so sagt der Dichter Thirimmach: Ein Stamm, der niedriger als tränkende Kamele, Dabei verächtlicher als Nath des Schuhes ist*). Endlich der Tritt des blinden Kamels, welches der Tod, so heisst es in der Moällakät Soheir's: Der Tod, ein blind' Kamel, stampft in die Erde Den Einen, lässt dass Greis ein And'rer werde”). XX. Beschreibung des Kamels aus arabischen Dichtern. 100) Die Poesie ist die Spiegelhalterinn des Geistes und der Sitten der Völker für die Mit- und Nachwelt; in derselben spiegelt sich nicht nur die Gesinnung und das Gemüth ihrer Helden und Hirten, sondern auch die Einrichtung ihres Hauses und das Leben ihrer Hausthiere ab. Mit Recht nehmen die ethischen und philologischen Werke der Araber ihre Belege aus den grossen Dichtern des Volkes; in den vorhergehenden neunundneunzig Ab- schnitten sind zweihundert zwanzig Stellen aus arabischen Dichtern gegeben worden, wovon zweihundert aus der Geschichte der arabischen Literatur in Übersetzung und zwanzig neue aus dem Schewähid Sojüthis mit dem arabischen Texte in den Noten. Noch folgen die Beschreibungen des Kamels aus zwanzig der grössten und ältesten arabischen Dichter. Das Schew ähid Sojüthis gibt beiläufig siebenhundert Distichen aus siebzig alten arabischen Dichtern; auch in dieser Abhandlung sind die Belege nur aus den ältesten grossen Dichter der Araber in den ersten vier Jahrhunderten aus der Geschichte der arabischen Literatur gesammelt worden, angefangen von Mohelhil, d. i. dem Verfeinerer, welcher ein halbes Jahr- hundert vor Mohammed lebte und welcher der erste eine Kaſsidet sang, bis zu Motenebbi dem grössten arabischen Dichter der in der Hälfte des vierten Jahrhunderts der Hidschret, d. i. des zehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung, im Gefechte mit Räubern den Tod fand. Von den Moällakát, d. i. den *) Literaturgeschichte der Araber III, pag. 745. – *) Ebenda pag. 449. – *) Zeitschrift der morgenländischen Gesellschaft. – *) Ebenda. – °) Literaturgeschichte der Araber I, pag. 310, wo aber der Beistrich irrig gesetzt ist. – 72 Freiherr Hammer- Purgstall. sieben an der Kaba aufgehangenen Gedichten, erwähnen zwei (die Soheir's und des Hares) des Kamels nur gelegenheitlich in ein Paar bereits unter den Abschnitten, wohin sie gehören, als Belege gegebenen Distichen; die Verse der ersten Moällakát, d. i der des Imriolkais, des grössten Dichters vor dem Islam, welche die Sänften-Anekdote mit seiner geliebten Base erzählen, sind so wie die Sänften-Anekdote des Dichters Helden Doreid Ibneſs-ſsimet bereits vorgekommen; es erscheinen also nur noch die Be- schreibungen des Kamels aus den vier übrigen Moällakát, welche durch vielfache Übersetzungen und Commentare bekannt. Eben so die Beschreibung des Kamels, welche sich in dem Lobgedichte K, äb's B. Soheir auf Mohammed befindet. Der Dichter war bis dahin ein erklärter Feind Mohammed's und die Verlegenheit, in der er sich befand, den Propheten den er bisher als solchen nicht anerkannt, zu loben, ist aus dem ganzen Gedichte sehr ersichtlich; aus dieser Verlegenheit zog ihn das Kamel, von dessen Lob oder von dem des Pferdes die alten arabischen Dichter in ihren Kaſsideten zu dem Lobe des Helden oder der Geliebten übergehen, deren Preis der eigentliche Zweck (Kafsd) des ganzen Gedichtes, welches desshalb Kaſsidet, d. i. Zweckgedicht, heisst. Die Bánet-Soád enthält achtundfünfzig Distichen, wovon allein fünfundzwanzig, d. i. mehr als ein Drittel, vom Lobe des Kamels handeln, von dem der Dichter erst im achtunddreissigsten zu dem Lobe des Propheten, und nachdem er denselben in acht Distichen gelobt, zur Beschreibung des Löwen übergeht, und nachdem er wieder das einzelne berühmte Distichon: Wahrhaftig, der Prophet er ist ein indisch' Schwert, Von Gott gezog'nes, das auf Feinde niederfährt. zum Lobe des Propheten eingeschaltet, die Kaſsidet mit sieben Versen zum Lobe des Stammes Koreisch beschliesst. Der Preis Mohammed's füllt also in diesem berühmten Lobgedichte desselben nicht mehr als neun Distichen, während zwanzig dem Lobe des Kamels und die ersten zwölf der Geliebten geweiht sind. Von den ersten Worten derselben Bánet Soád, d. i. fort ist Felicitas, ist dieses Lobgedicht Mo- hammed's unter dem Namen der Kaſsidet Bánet-Soád bekannt, so wie das spätere berühmte Lobgedicht des Propheten von Buſ siri, das sich aber ausschliesslich mit demselben beschäftigt, unter dem Namen des Mantels (el – Bordet), welchen Mohammed dem Sohne Soheir's zur Belohnung des Lobgedichtes zuwarf, berühmt ist. Wenn Mr. de Sainte Beuve in der unlängst im Moniteur über Volney gegebenen Lebenskunde mit Recht sagt, dass in dem berühmtem Kupferstiche von Decamps, welcher den ägyptischen Joseph von seinen Brüdern verkauft vorstellt, nicht Joseph, sondern das Kamel die Hauptfigur ist, so kann von der Kaſsidet Käb des Sohnes Soheir's mit Recht gesagt werden, dass darin nicht der Prophet, sondern das Kamel die Hauptfigur, was bisher noch von keinem Übersetzer und Erklärer dieses berühmten Gedichtes kritisch bemerkt worden. Einen weit grösseren Werth als diese aus den Übersetzungen der Moällakát und der Bánet-Soäd bekannten Beschreibungen des Kamels hat das aus dem Schew áh id Sojüth fs gezogene, bisher ganz unbekannte Bruchstück des arabischen Dichters Mohelhil, nicht nur weil es hier zum ersten Mal in Text und Übersetzung erscheint, sondern vorzüglich, weil dadurch ausser Zweifel gesetzt wird, welches Sternen- bild von den Arabern unter dem Namen en– Nakat, d. i. der Kamelinn, bezeichnet wird; hierüber ist in dem trefflichen Werke Ideler's, über die Sternennamen der Araber, und auch sonst nirgends ge- nügende Auskunft anzutreffen. In Idel er's Untersuchungen“) kommt nur der Rücken der Kamelinn als ein Stern der Kassiopeia, der Kamelhengst als ein Namen des Kanopus, die jungen Kamele“) im Aldebaran vor, aber von der Kamelinn selbst (en – näkat) ist keine Rede. 1) Untersuchungen über den Ursprung und die Bedeutungen der Sternen-Namen. Berlin 1809, S. 84, 142, 143, 137 und 157. – 2) Kalaifs sind die jungen Kamele, nicht die kleinen, welche für sich eine reiche Synonymik haben; Ssogar en-nuk, was Ideler unrichtig als kleine Kamele übersetzt, heisst die Kleinen der Kamele, d. i. die Jungen derselben. Das Kamel. - f. 73 Der Kamus“) sagt blos, dass en–Nákat auch der Name einiger Sterne sei, welche die Gestalt eines Kamels vorstellen, was in Freytag's Wörterbuch“) mit stellarum nomen kurz wiedergegeben ist. Da ich auch nirgends anders hierüber Aufschluss fand, wandte ich mich an die unter dem Namen Endsche- meni Danisch, d. i. Versammlung des Wissens, zu Konstantinopel neu gegründete Akademie mit der Bitte um Belehrung, und erst einige Tage nach Abgang meines Briefes (auf welchen leider! keine Aus- kunft erfolgte), fand ich in dem Schewähid das sogleich folgende Bruchstück Mohelhi's, des ersten Gesetzgebers arabischer Poesie, welches keinen Zweifel übrig lässt, dass dem Araber das Sternbild des Orion, oder vielmehr seines Gürtels in der Gestalt einer Kamelinn erscheint. 1) Das wichtige Bruchstück Mohelhil's ist das folgende: O Nacht von ſi– Hasem, die mir als Lust beschert! Die wann verflossen, nicht mehr wiederkehrt, Die Nacht zu feráib mir lang erscheint Mein Aug', dass hier die Nacht so kurz, beweint, Des Morgens Weiss mich von der Nacht befreit, Das grosse Unglück stehet dann bei Seit', Die Sterne des Orion s scheinen nur, Mir ein Kamel, das folget auf der Flur, Kanopus in der Höh' mit Licht bekleidet, Als Springhengst abgemattet, einsam weidet; Prokyon und der Syrius sehen Beide Auf das Kamel vorlaufende mit Neide, Und wenn die Pleias aufgeht in der Früh', Ist's die Kameleheerd' in Regensprüh' *). Moh, elhil bevölkert den Himmel mit Kamelen, zuerst erscheint ihm Orion als ein altes Kamel (Aü d), Kanopus ist uns schon als das einsam am Südpol weidende Kamel bekannt, er heisst aber hier nicht Fohl, sondern kime tol-Dscheml, das bespringende männliche Kamel, die beiden Schär a, d. i. Syrius und Prokyon, sehen mit Eifersucht auf das vorlaufende Kamel (Kaff) hin, und wenn die Pleias aufgeht, so erscheint sie als Kamelheerde (Dschül) an einem regnerischen Tage. Es kömmt in diesem Bruchstück allein ein halbes Dutzend von Benennungen des Kamels und der besonderen Beziehung vor, die bei keinem anderen späteren Dichter so zusammengedrängt erscheinet. Wenn von den Verfassern der Moällakät Imriolkais von Mohammed der Fahnenträger der Poeten in ihrem Einzuge zur Hölle ge- nannt wird, so ist Tharafa gewiss der Fahnenträger derselben in der Beschreibung des Kamels. 2) Aus der Moällakát Tharafa's: 1. Zeltspuren glänzen nun in Chaula's Thal, 3. Als Máliks Sänften die von Ded herzogen Wie auf der Hand das eingebrannte Maal. Erschienen mir wie Schiffe auf den Wogen, 2. Auf dem Kamele sagten die Genossen: 4. Wie Schiffe von Adü1*) und B. Jamin, Ermanne dich und bleibe unverdrossen. Die nach dem Wind der Steuermänner zieh'n, *) Konstantinoplt. Ausg. III. Ba, S. 61, Z. 19. –*) IV. Bd., S. 354, Clm. 2, Z. 2. –*) Sojüthi's Schewähid, Par. Handschrift, S. 142. es) - Ds --- – S 3 es - e- es- –W --- J. G- - - - e. Je –bº. G D- L-F) 89 - ----- 3,- U- -SV Je - - G- ---- -- 4- S*U- es º2 vºr. U– -= J–--- - - > ------- --0-- 0 - 9 O-b - - -- * - G- U- - - L.-- - - - > *) Vermuthlich von der äthiopischen Stadt Ads)g, woran aber weder die Commentatoren noch die Übersetzer gedacht. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. 10 74 Freiherr Hammer-Purgstall. F 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. . Sie schneiden durch die Fluth mit ihren Rüsseln, Wie Spielender den Staub zum Scherz in Schüsseln. Im Stamme war ein schwarzgeaugtes Reh, An dem ich Perlen und Smaragden seh', Das ganz vereinzelt weidet in der Wüst' Und von des Erák's Früchten wählend frisst. Sie lacht, ihr dunkler Mund wie Blume glüht, Die aus dem feuchten Sande spriessend blüht. Mit Glanz der Sonne strahlen ihre Zähn', Das Zahnfleisch fast wie Spiessglas anzuseh'n, Ihr Glanz der Sonne gleich, ihr Angesicht Von Farbe reinster und auch runzlig nicht. Der Sorg' ich mich auf dem Kamel entzieh', Dem hurtigen, das rennet spät und früh, Das sicher geht wie Bahre auf der Heide, Die spurdurchfurchet gleich gestreiftem Kleide; Vollwangichstes, das laufet gleich dem Strauss, Der zieht vor anderen aschgrauen aus, Wettlaufend mit Kamel, dem edlen freien , Das auf gebahnter Strasse rennt im Freien, Sie zieht im Lenz mit anderen ihres Gleichen Zur Weide nach dem Thal, dem wasserreichen. Folgsam dem Ruf wehrt sie mit dichtem Schweif Rothbraunem Hengst, der zum Bespringen reif. Der weisse Schweif gleich Geierflügeln weht, Als wären sie dem Steissbein angenäht, Sie schlägt damit den Rücken und dann auch Das Euter trocken wie ein alter Schlauch. An ihren Schenkeln ist das Fleisch, das feste, So prall als wären's Thore einer Feste. Das Rückgrat grad, die Rippen sind ein Bogen , Der Hals ist straff in Wirbeln eingezogen, Die Seiten sind Baumhöhlen für das Wild, Die Lenden Bögen gleich mit Kraft gefüllt; Nicht von einander steht der Arme Paar, Wie Wasserträger trägt der Eimer Paar. Sie ist so fest wie röm'sche Brück inmitten, Der Bauherr schwor, er werde sie verkitten. Mit rothem Bart, mit starken Wirbelreih'n, Dess' Hinterfuss mit vorderem trifft ein. Die Vorderfüsse steh'n weit ab der Brust, Die Arme sind gebaut als Dach zur Lust. Grosskopfig lehnt sie sich im Lauf zur Seit', Die Schultern stehen ab vom Rücken weit. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. Z7. 38. 39. 40. 41. 42. 43. Des Sattelriemens Maale auf den Weichen, Dem Wasser in dem harten Felsen gleichen, Vereinet bald, und bald getrennt gleich Stücken, Von weissem Stoff, die altes Hemde flicken, Von langem Hals, der schnell empor sich hebt, Schiffschnabel, welcher auf dem Tigris schwebt. Dort wo zusammenläuft des Schädels Nath, Das Bein die Härte einer Feile hat, Damaskisches Papier sind ihre Wangen, Die Lippen als jemenisch' Leder hangen, Die Augen sind zwei Spiegel unter'n Brauen, Wie Wasser in der Felsenkluft zu schauen, Die Augen sind befreit von Gries und Sand, Wie die der Waldkuh, der ihr Kalb zur Hand, Die Ohren offen jedem Laut bei Nacht, Sei's, dass er murmelt oder Lärmen macht, Das feingespitzte Ohr verbürgt den Adel, Sie hört wie Haumal's Stier, der ohne Tadel, Ihr Herz leicht regsam und auffahrend leicht, Schlägt einem Stein, der zwischen Steinen, gleich. Gespalt'ne Lipp' und Nas' des Adels Zeugen, Die Erd' berührend schnellen Lauf erzeugend. Sie wird sich schnell, sie wird sich nicht bewegen, Aus Furcht vor dichtgeflocht'ner Geissel Schlägen, Sie legt den Kopf zur Höh' des Sattels nieder), Die Arme fliegen wie des Strausses Glieder. Ich wand're so auf ihr durch öde Wüste, Der Freund sagt: o, dass ich dich ferne wüsste! So sagt der Freund, der nur um mich besorgt, Wiewohl er sonst Nichts scheuet und besorgt, Und sagen sie: wer ist der Held der öde? Sie meinen mich, der weder faul noch blöde. Ich schwing' die Geissel und sie wacker rennt Durch das Gestein wo Mittagssonne brennt, . Sie schleppt den Schweif, wie Sclavinn das Gewand, Das weisse lange, wann ihr Herz in Brand. . Aus Furcht versteck' ich mich nicht in die Schlucht, Zum Dienste dem, der meine Hülfe sucht; . Du wirst mich in dem Kreis des Volkes finden, Und wenn du willst auch in der Schenke Gründen, . Am Morgen reich ich dir zum Trunk den Becher, Bist du nicht da, so sei vergnügt als Zecher. Er geht nun zur Beschreibung des Trinkgelages über und kehrt nur in später folgenden Distichen noch einmal zu dem Kamele zurück, in dem ersten spricht er von den Lastkamelen seines Bruders Mäbe d, dessen Tochter er später anredet; dann ist nicht mehr von dem Reitkamel, sondern von dem Kampfkamel und Gastkamel die Rede. 72. Ich habe ihm gesagt nicht and're Red', Besorgend Lastkamel von dem Mäbe d. Hier handelt es sich um die Lastkamele (Hamület); in den folgenden vier Distichen aber zuerst um die Kampfkamele und endlich in den zwei letzten um das geschlachtete Gastkamel. *) Da der Kopf des Kamels viel höher als sein Sattel, so muss das Kamel den Kopf niederlegen, wenn es den Sattel erreichen soll, woran Wullers nicht gedacht, als er übersetzte: ca put ejus altitudine c er tat cum media sella – richtiger ist die französische Übersetzung Caussin's: elletient sa tete a la hauteur du pomme au de la selle. Das Kamel. 75 88. 89. 90. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 35. 36. Z7. Wie viel Kamele schreckt' ich auf, die schliefen, Und die davon vor meinem Schwerte liefen, Da sank ein fleischiges Kamel ins Grab, Das Gut des Scheichs, der mager wie sein Stab, Der sprach, als Wad' und Schenkel sanken hin: Siehst du, was angerichtet schlechter Sinn! 3) Aus der Moällakát Lebid's. Auf der Kamelinn sei der Reisende gelagert, Die an den Lenden und dem Höcker abgemagert, Und die, wiewohl am Kopfe vorsteht das Gebein, Und ihrer Sohlen Riemen ist zerfetzet klein. Am Zügel fertig geht, des Laufes nimmer müd', Entleerter Wolke gleich, gepeitschet von dem Süd. Und gleich der Eselinn, der trächtigen, die flieht, Nachdem sich ihr Gemahl mit Stössen abgemüht*). Er rennet fort mit ihr auf Krümmungen der Hügel, Gelüst und Widerstand der Trächt'gen gibt ihm Flügel, Er rennet nach Thel büt, damit er von der Höh' Weit in das Land hinaus, ob nirgends Späher seh', Sechs Wintermonde lang sie harren dorten bang, Die Faste dünket ihm, die Faste dünkt ihr lang, Sie harren Beide aus in festem Sinn, in Ruh' (Der feste Vorsatz führt gewünschtem Ziele zu), Sie trotzen dort dem Dorn, der ihre Hüften schlägt, Dem Glühwind, dessen Gift der Sommer in sich trägt. Als stritten sie mitsamm um die Staubwolkensäule, Die sich wie Rauch erhebt von ihres Laufes Eile, Wie grünen Holzes Rauch, wovon die Dornen prasseln, Wie Rauch vom Scheiterhauf", worin Nordwinde rasseln; Sie rennet stets voran, denn so ist es ihr Brauch, Dass stets voran sie renn' und er ihr folge auch, . Bis zu dem kleinen Bach sie Beide dringen vor, Der angeschwellet ist durch dichtes Schilf und Rohr, Dess' Quelle sich ergiesst durch tiefumgrünte Matten, Umgeben von dem Grün, das kühl im Waldes-Schatten, Ist mein Kamel die Kuh, die wilde, der ein Leu Geraubt ihr Kind, indess' sie strollet sorgenfrei”). Die Kuh, stumpfnasige, getrennt von ihrem Kind', Sie rennet durch das Thal und über'n Berg geschwind, . Indessen in der Öd' die Wölfe allzumal, Von ihrem weissen Kind bereiten sich ein Mahl. 4) Aus der Moällakát Antarets. 91. 92. 93. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 51. 52. 53. 54. Er sprach: was thuen wir für diese That Dem Zecher, der dies angerichtet hat, Und dann: Er mag's benützen immerhin, Nur rettet was noch bleibt vor seinem Sinn. Die Mägde, des Kameles Junges brieten Und gaben mir des Höckers fette Schnitten. Sie liess sich geh'n in Ruh, als Wölf' es überfielen, Der Pfeil des Tod's irrt nie von vorgesteckten Zielen. Sie ist zu sehen dort inmitten Regengüssen, Die aus den Wolken auf die Heiden niederfliessen, Sie flüchtet sich zum Stamm des krummen Baums, des hohlen, Auf den die Wogen Sand's in Schichten niederrollen. In Wasserfällen stürzt auf ihren Leib der Regen In finstren Nächten, wo sich keine Sterne regen, Im Dunklen leuchtet sie mit weissem Angesicht, Gleich einer Perle, die hervor aus Muschel bricht. Des Morgens, wann der Tag, die Nacht mitsammen streiten, Beginnt sie auf dem Staub ausruhend fort zu gleiten, So irret sie herum im Hochland von S säid, Durch sieben Tage lang, vom Suchen sterbensmüd', Mit Brust, der trockenen, verzweiflungsvoll sie rennt, Wiewohl sie nicht gesäugt und auch nicht abgespennt. Sie höret Menschenstimm' und alsogleich erschreckt Sie vor dem Schreckenslaut dem fremden sich versteckt. Sie hütet ihre Scham, als wär' sie neugebor'n, Sie glaubt das Heer der Furcht sei. Hinten und sei Vorn. Bis dass die Jäger ganz verzweifelnd sie zu fassen, Die Hunde wider sie, die mageren, auslassen, . Nun sind sie ihr zunächst, da stellt sie sich zur Wehr Mit ihrem Hörnerpaar, das scharf wie Sem her's Speer, Sie nah'n sich ihr, sie weiss der Untergang sei nah, Und der gewisse Tod ist vor den Augen da, Sie springt auf Kesa b los, er stürzt mit Blut befleckt, Und als er sich erhebt ist Soch am”) hingestreckt. Ich reit auf dem Kamel durch Wüsten und durch Heiden, Wann sich die Hügel schon in Wasserspieglung kleiden, Ich führ’ den Vorsatz aus nicht später und nicht eher Und wenn mich tadelten desshalb auch die Schmäher. 22. Soll tragen mich zu ihr Kamelinn aus Schäden, 26. Sie folgen seinem Kopf, den hoch empor er tragt, Die milchlos fähig ist die Reise auszusteh'n“), Dem Sänftengiebel gleich, der an die Wolken schlagt. 23. Die wedelt mit dem Schweif und nach durchreister Nacht, 27. Zu fil – Aschiret sucht er auf gelegte Eier, Die Hügel schlaget stolz mit ihrer Sohle Macht, Wie ehrenloser Sclav im Pelz als Kleid der Feier. 24. Die Abends auch zerstampft die Hügel wie zuvor, 28. Es trinket mein Kamel aus Dohr odhain's Fluth, Die rennt dem Strausse gleich mit abgeschnitt'nem Ohr, Die Wasser von Dilem, die zur Bewäss'rung gut. 25. Um die die Füllinnen ”) sich sammeln in dem Kreis, 29. Von diesem kehrt es sich wie von der Katze ab Gleich den jemenischen um Hirten der nicht weiss. Mit grossem Kopf, die ihr beim Frasse Furcht eingab, *) Wider den Haufen seiner Nebenbuhler. – *) Sich auf ihren Gemahl verlassend. –*) Kesáb und Soch äm die Namen der Hunde. – *) Willmet bemerkt schon zu diesem Distichon, dass seine Vorgänger einen ganz anderen Sinn in dieses Distichon gelegt, als S ü ſeni, welcher den Vers so erklärt, dass dem Kamel die Milch nicht ausfliesst, weil ihm die Zitzen abge- schnitten. – *) Koloſs on-näám, die jungen Strausse, stehen hier für die Füllinnen des Kamels. 10 * 7 6 Freiherr Hammer - Purgstall. 30. So oft sich das Kamel im Zorne von ihr wendet, Sie pfnurrend ihre Klau'n entgegen selbem sendet. 32. SeinSchweiss gleicht schwarzem Pech, er gleichetschwarzem Harz Das siedend überfliesst entlang dem Kessel schwarz, 31. Es legt sich auf den Grund von feuchtem Ried) und Moor 33. Er quillet wann es zürnt der Glatze hinterm Ohr Und auf das trockne Schilf, das prasselnd knirscht empor, 5) Aus der Moällakät des Häres. 9. Ich bin es, der den Sorgen sich entzieht”) Wann mir der Gast mit schnellem Schritt entflieht. 10. Auf dem Kamel, das rennet wie der Strauss, Wann er zu seinen Jungen rennt nach Haus, 11. Ihn schreckt der Laut des Jägers, welcher da Am Nachmittag wann schon der Abend nah', 12. Wann es den Fuss aufhebt und niedersetzt, Siehst du den Staub wie leere Spreu zerfetzt, 13. Du siehst die Sohlen an dem Fuss zerissen, Von seinem Lauf im Feld und Wildernissen. 14. Des Mittags Fluth ergötzet mir die Seele, Der Sohn des Grams ist gleich dem Lastkamele”). Wie dem gebissenen Kamelhengste hervor. 15. Ereignisse und Kunden sind gekommen, Die mir die Ruhe und den Schlaf genommen, 16. Es haben unsre Brüder uns verrathen, Sie waren ungerecht in Worten und in Thaten, 17. Der Schuld'ge zog Unschuld'gen vor Gericht, Unschuld'gen schützte seine Unschuld nicht. 18. Sie wollten, jeder welcher machte Possen, Sei Gönner uns und wir die Schutzgenossen*). 19. Des Abends hielten sie im Zelte Rath, Und als es Morgen war begann die That, 20. Der schrie daher! der andere dahin! Die Pferde wicheren, Kamele zieh'n. Mit den Verfassern der Moällakät wetteifern drei grosse denselben ebenbürtige Dichter: Nábiga ed-Dobjáni, Meim ün el – Ascha und Alkamá der Kamelhengst, welche in der arabischen Literatur- geschichte eine besondere Classe bilden“); einzelne Verse von allen dreien sind bereits unter vorigen Abschnitten vorgekommen, aber von den beiden ersten sind besondere Beschreibungen zu erwähnen, und zwar zuerst von el-Ascha aus Sojüthis Schewähid, dessen Text hier in der Note folgt "). 6) Meimün el-Ascha. Mit meinem Lastkamel durchstreif' ich Berg und Hügel, Mit schwerer Last bepackt geb' ich demselben Flügel, Es zieht durch Wüsten hin und ihre fernen Stellen Zu ihm, der stets umringt mit Truppen von Kamelen, Er ehret sie im Stall und lohnet uns dafür, Wann aufgestanden sie zur Arbeit im Revier, Ein glänzendes Kamel, dem Magerkeit ansteht, Das den Verwandten treu, Familien nicht verräth, Gott sei ihm gnädig, weil es billig und weil treu, Den Männern überlässt zu schmähen laut und frei, Der Perser, Araber und der Himjer sie kennen Die Wüsten, die es pflegt bei ihnen zu durchrennen. O wenn die Könige durch Krieg belehret würden, Was sie uns aufgelegt an Last und schweren Bürden 7). *) Willmet und Jones übersetzten hier Rida als einen eigenen Namen, während es nur einen schlammigen Grund bedeutet, auf dem sich das Kamel lagert. – *) Eine Nachahmung des Distichon Tharafa's, mit dem er von seiner Liebsten zum Kamele übergeht. –*) Dem blinden. – *) Nach Suf eni hat dieses Distichon dreifach verschiedenen Sinn, wovon Jones und sein Nachbeter Hartmann den ersten, Wullers den zweiten und Causs in den dritten vorgezogen; nach den beiden anderen Auslegungen müsste das obige Distichon lauten: Sie wähnen jeder, der einschlägt den Pfahl, Sei Gönner uns und wir beschützt zumal. oder Sie wähnen jeder, welcher spielt den Herrn, Sei Schirmer uns, der uns beschütze gern. *) I. Bd., 11. Classe, S. 342. – " . . . . » WU - SL *–– C- –---- ob – Mo.- - - - - * – c=- ---- O- - Vºll elº - U- -H. B-“ - - - - - - - - - - - - - \-Ä 3 e- - - - - & » CG- -- ? # Ja-2 º. a.) –- ------- U2. ----- a Z->> > -- -- – 7) Sojüthi lehrt uns bei dieser Gelegenheit, dass es siebzehn Dichter des Namen Äseha gebe, dass Meimün el-Äscha, Im riolkais, en–Näbig a, Soheir und Tharafa die grössten Dichter vor dem Islam, und dass der Ehrenname des Kamelhengstes nur denen beigelegt wurde, deren Weisheitssprüche in's Volk übergingen. Pariser Handschrift Bl. 59. Das Kamel. 77 Eine ausführlichere Beschreibung gibt: 7) en–Nábiga ed-Dobjáni. Und dessen Fett aufschwellend hoch, die Gurten höhnt; Es freut sich wie der Stier, der wann der Tag sich neigt, Wiewohl allein, doch traut herum im Grase steigt. Da Rückkehr nicht zu hoffen steht, lass was du siehst, Und halt' dich an's Kamel, das stets gesattelt ist, An's alte fleischige, das immer fröhlich stöhnt, Nach der Beschreibung des Stieres, welche zehn Distichen einnimmt, kehrt er wieder zu dem Kamele zurück: Mich brachte das Kamel her zu Nömán dem Herrn, Der Menschen Gutes thut, sei's in der Näh', sei's fern, und ergiesst sich dann in sieben andere Distichen zum Lobe seines Gönners des Königs Nömán. Nach diesen sieben Distichen erscheint im Lobe der Freigebigkeit Nömán's wieder das Kamel: O O Er schenkt das edele Kamel mit Zubehör Sogleich und nicht erst nach mühseligem Gehör. Vollkommenes Kamel, gemästet mit Sad än*), Nicht solches, das der Last von Filz ist unterthan, Er schenket Tänzerinnen mit des Hausraths Quellen, Verschleierte an Zartheit schlagend die Gasellen, Und Pferdetross, auf dessen Schnelligkeit zu wetten Mit Vögeln, welche sich vor Hagelwolken retten, Kamele, denen weit absteh'n die Vorderfüsse, Die neu staffirt mit Sattel und mit Zeug aus Dschi fe”). 8) el-Motel emmis. Der Freund Tharafa's, welcher, klüger als derselbe, den Uriasbrief Amrü B. Hind's des Königs von Hire öffnete und so sein Leben rettete, ist bereits oben erwähnt worden, wo das als Sprichwort gäng und gäbe kritische Wort Tharafa's: Isten ük ol – D schemel, d. i. das männliche Kamel ward zum weiblichen, erwähnet worden“). Die Verse womit Motelem mis, als er nach Syrien kam, seine Stamm- genossen zur Blutrache Tharafa's aufmunterte, gehören zum Theile hieher: Ich lieb' Irák, und seine Leute, Sie aber suchen nur das Weite, Ich nahm den Abschied vom Arktur Und folgte nun den Kälbern nur*). Gegeisselt trabte das Kamel, Sich fürchtend vor des Jägers Hehl, Wenn es vom Liegort sich erhoben, So schwitzt es Tropfen dick wie Robben. Wann müd' Kamel ein and'res wird, Im Wüstendunst Cicade schwirrt; Es läuft um And're einzuholen (Die Kiesel tönen von den Sohlen) u. s. w. Ein Zeitgenosse von Motel emmis war der Dichter 9) el-Mosakkib el-Abdi. Dessen Namen eigentlich Äáir “). In dem Mofadhaliät ist eine Kaſsidet desselben von sieben und zwanzig Distichen, worin ein Lob des Kamels vorkömmt: Wann auf Kamel, breitschultrigem, ich flieh' Und wie der Wind und Gül durch Wüsten zieh' %), Es laufet wie der Strauss, und bei der Nacht Ist Schlauch und Zeug und Sattel seine Fracht, Mit Nacht bedeckt legt es wie ich die Glieder, Die Brust, den krummen Hals zum Schlafen nieder, Es hält sich an dem Baum 7) von seinem Herrn, Als Hüter des Gestad's °), davon nicht fern, Es steht dem Herrn zur Seit' wenn er's besteigt Und ist sich selbst vergessend ihm geneigt, Es rennet schnell wie Kathas, die in Haufen Sich nach der Tränke Ort zu Tode laufen, *) Sadán, eine Pflanze mit der das Kamel gemästet wird. – *) Literaturgeschichte der Araber I, 351 und 352. – °) Ebenda S. 304 und umständlich bei Caussin II, 343. – *) el –F erka d ein die beiden Kälber, das sind die beiden höchsten Sterne im kleinen Bären, wovon der eine der Polarstern. – °) Literaturgeschichte der Araber I, S. 161 und 162, und im Schewähid Sojüthis Bl. 45, wo Sojüthi sagt, dass sein Name Miskab oder Meskab ausgesprochen werden müsse, wiewohl nach Ibn Koteibe el-Mossakkib das richtige ist, weil sein Namen der Durchbohrende heisst; eben so sagt Sojüthi im Miſher, dass der Namen des Dichters Mosejjeb des Sohnes Äles richtiger Misejjeb oder Mesejjeb gesprochen werden müsse. – ") Literatur- geschichte der Araber I, S. 162, wo aber nur die beiden Verse, aber nicht die folgenden gegeben sind. – 7) Der Er äk. – *) Die Worte des Originals scherr jem- ol-bahr, d. i. das Böse der Fluthen des Meeres, erklärt der Commentar als das Gestade. 78 Freiherr Hammer-Purgstal/. Es trinket nicht") und wirft die Hufen aus, Will's Gott! es bringet mich mit Haut und Fett Als liefen Ziegen unverweilt nach Haus. Zu Ebü Kabüs Nöm än's Majestät *). In Sojüthis Schewähid") finden sich auch noch die folgenden sieben Distichen zum Lobe des Kamels: Du frag' um hohen Muth das Lastkamel, das grosse, Ich leg ihm an den Zaum, den Sattel dann zum Lauf, Das mächtig wie der Hammer, so des Schmieds Genosse, Die Satteldecke legt ihm meine Rechte auf, Wann ich auf selbigem durchwandere die Nacht Ich freue mich wenn ich mit Grossem es vergleiche, Und Unglück trauriger den Traurigen nur macht, Dass es so mager ist und seiner dünnen Weiche; Du sagst, wenn du es triffst, bereit zum Sänftengurt, Zum Amrü eil' ich hin, denn Am rü mir genügt Ist dies Gewohnheit denn, dass es beständig pfnurrt, Zum Bruder vom Gebirg', dess' Zeichen nimmer trügt. Ist denn die Welt zur Reis und Wanderung allhier Und bleibt hiernieden denn nichts and'res übrig mir? 10) Käb B. Soheir. Der Verfasser des oben erwähnten berühmten Lobgedichtes auf Mohammed von achtundfünfzig Distichen, in deren ersten siebenunddreissig vom Propheten, wie man sich überzeugen wird, kein Wort vorkömmt *): - - 1. So ääd entfloh zu meines Herzens Strafe, 13. Es weilt Soääd im Land mit den Kamelen, Das ihren Spuren folgt als treuer Sclave, Den freien, edelen, im Schritte schnellen, 2. So ääd als Morgens früh der Stamm aufbrach, 14. Nur die Kamelinn ziehet dort die Strasse, Zog als schwarzaugige Gaselle nach , Die, wenn auch wund, geht doch im Trab’ und Passe, 3. Die Zähne strahlten in dem hellen Scheine, 15. Die hinter ihrem Ohr vom Schweisse feucht, Als wären angefeuchtet sie vom Weine, Durch spurenlose Wüste rennt und keucht, 4. Gemischet mit des Bornes reiner Fluth, 16. Mit scharfem Aug', wie Kuh, die wilde, rennt, Der in dem Thale nordgekühlet ruht, Wann von der Sonne Stein und Hügel brennt, 5. Ein Wasserspiegel, den die Winde glätten, 17. Von dickem Hals und Fuss die stärkste, grösste, Die von dem weissen Marmorfels herweh'ten. Und von des Hengstes Töchtern sie die beste, 6. Wie herrlich! hielte Sie gegeb'nes Wort 18. Mit vollen Wangen und mit langem Nacken, Und folgte dem gegeb'nen Rath sofort! Mit Seiten, die gemacht sind zum Auſpacken, 7. Allein in ihrem Blute ist gemischt 19. Die Haut, wie Haut der Schildkröt stark und hart, Wortbruch und Unbeständigkeit zum Gischt, So dass der Wurm nicht stechen kann in's Mark, 8. Sie bleibet sich nicht stät und wechselt Spule, 20. Ihr Vater und ihr Bruder sind von Adel Wie in der Wüste Farbe wechseln Güle, Und ihre Öhme rennen ohne Tadel. 9. Sie hält nicht Wort, das sie dir gab zu Lieb', 21. Die Würmer geh'n auf ihr, allein die matten So wenig als das Wasser hält ein Sieb, Sie fallen ab von ihrer Brust, der glatten, 10. Dich täusche nicht was sie dir halb verheissen, 22. Wie wilder Esel, der vom Fleisch nicht lässt, Nur Träume sind's, betrüg'rische, die gleissen, - Dess' Vorderfüss' weit von der Brust und fest, 11. Orküb’s °) Versprechen ist's, was sie verspricht, 23. Es ragt vor Aug' und Nase das Gebein, Was sie versichert nur ein Gedicht. Es ragt der Backenknochen auf wie fester Stein"), 12. Ich hoffe zwar das Herz Ihr zu erweichen, 24. Sie schlägt mit dichtem Schweif bis an die Zitzen, Doch bild' ich mir nicht ein, dies zu erreichen. Die reich an Milch, dieselbe weit hinspritzen, *) Fe n eh ne het , es hält sich zurück (vom Trinken). – *) Ebü Kabüs, d. i. der Vorname Nöm än’s, erscheint erst im folgenden Distichon. – -AO Cº- ºWa H - - - >> >> Ex- º O- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - U-3» J-v.--) U Cº. - - ----- * = = => --> 2 x--- h I - J G. * ...“ G. G-> -- E.- - - - - - - - - - - - Ä *) Bl. 45. – *) Wir geben diese sieben und dreissig Verse um so mehr in der ganzen Übersetzung, als Rückert in seiner Übersetzung der Hamása (I, 152) die Distichen vom 14. bis zum 26. ganz ausgelassen hat. – *) Ork üb der Name eines Mannes, der seinem Bruder Datteln versprochen und immer Ausrede fand, sie ihm nicht zu geben. – °) Berthil, welches Freytag mit cla va feria übersetzt, heisst auch ein fester Stein. Das Kamel. 79 Wer schaut den Nasenberg, die Wang', das Ohr, Dem schwebet über'n Stamm kein Zweifel vor; Mit zartem, dünnem Fusse schreitet sie, Als ob berührte sie die Erde nie, Die braune Sohle macht die Kiesel rollen, Es schützt kein Überzug vom Fels die Sohlen, Sie wirft im Laufe aus den Vorderfuss, Wann um die Berge wallt des Dunstes Fluss. . Am Tage wo die Eidechs glüht als Braten, Als wäre von der Sonne sie gebraten, Wenn Heuschreck springt, der Treiber rufet zu Der Karawan: nun haltet Mittagsruh! Sie wirft die Arme aus, wie Witwe steht Im Witwenthum in Klage und Gebet, 25. 26. 27. 28. 30. 31. 32. Sie klagt mit schlaffem Arm dem Herrn die Noth, Seit man gekündet ihr der Söhne Tod. Die Brust zerfleischet sie mit Arm als Hand, Von selber hängt in Fetzen das Gewand; Es rennen hin, die so das Wort zutragen: Weh'! Ibn Ebi Solma ist erschlagen! Der Freund, den ich vorzog, verliess mich nun Und sprach: Ich habe Anderes zu thun, Ich sprach: lasst mich! ihr, welche vaterlos, Es folget seinen Lauf des Herren Loos. Der Sohn des Weib's, wie lang er auch mag leben, Wird eines Tag's man auf die Bahre heben. 33. 34. 35. 36. Z7. Nach diesen ältesten Dichtern die vor Mohammed oder zu seiner Zeit lebten, folgen nun die Dichter der drei ältesten Blumenlesen (die Mofadhaliat, die Hamása Ebü Temmám's und der von Sükkeri gesammelte Diwan der Beni Hodei). 11) el-Edschdä B. Málik, el-Hamdäni. Fragst du ob die Sänften zogen weiter, Und vergisst den Mord der edlen Reiter, Weh el – Häris! dir und meiner Seele, Wehe dem weitschrittigen Kamele! Opfern will ich's (schwören meine Lippen), Und bedecken dann mit meinen Rippen, Solches Unglück droht den Karawanen, Welche zieh'n auf mühevollen Bahnen; ( Eb' 0 m eir! hör' des Botens Kunde: Dein Kamel kniet sich auf hartem Grunde!). 12) Salebet B. Ssair B. Cho fääi B. Masin. Geschieht's, dass Fremder dich durch Weig'rungen quäle, So traue dein Geschäft dünnweichigem Kamele, Dickwangigem, starkrippigem, das tapfer geht, Das fleischig altem Hengst bereit zu Willen steht, So weiss, als hätte Ibn Haij et unerschüttert Mit Gyps und weissen Ziegeln sie gefüttert, Das Haar der Brust scheint Überzug aus Saffian, Es rennt mit Flügeln wie der flücht'ge Strauss hintan, Es fallen in dem Lauf, dem schnellen, diesem Strauss Die Federn, wie im Wind der Palme Blätter aus, Sie weidet ganz allein, da sie des Fleisches Last Mit der des prallen Bauchs in Eins zusammenfasst, Gedenkt der festen Reih'n nur dann, wann in der Nacht, Der finsteren, die Sonn' von ihrem Fusse lacht, Des Abends gehet sie vom Gurte ungehemmt, Indess' die reiche Milch wie Abendregen strömt, Sie trägt in Finsterniss ihr heimlich Maal zur Schau, Wie Tapferkeit als Kleid die waffenlose Frau. 13) el-Hakem el-Chofsri. Verstehst du was sie sei, ein Mädchen nur vielleicht Von weissem Angesicht, von Wohlgerüchen feucht, Von schönem Scherz; von Fleisch ist sie untadelhaft, Von Arm und Händen glatt und im Gefecht voll Kraft, Vor Morgen fördert sie nach Sabä schwarzen Schlauch, Und ohne Irrthum fliegt sie dann nach Hause auch; Gekürzet ist der Tag, wann Schlachtkamele stöhnen, Durch Sängerinnen, die der Lust im Fiñstern fröhnen, Bis dass ihr Tag erscheint am abendlichen Herd, Und sie sich beugen nicht dem Wort, das sie abwehrt, Mogiret ist der Herr von dünner Renner Zügen, Die vor dem Morgenroth gleich den Heuschrecken fliegen, Die wie der harte Stein sich sehnet nach Ballisten, Um Donnerwolken gleich die Gegend zu verwüsten. Ich schwör's beim Herrn, des Manns von glatter dummer Stirne, Die wie die Waldkuh stets gefällt auch ohn' Gehirne, Zerstreut ist in kürz'rer Zeit die Lust, die Wonne, Als zwischen Aufgang ist und vollem Glanz der Sonne“). Gebog'ner Füsse und vom Leib so dünn, Wie durst'ger Katha zieht zur Tränke hin, Sind Junge ihm verbrannt, so springt's im Feld Gen Himmel, rettend sich, wann Abend fällt; Zum Sohn Belal's führt Heid' und Finsterniss, Auf dem Kamel, das zürnt dem Hinderniss, Es zürnet dem Kamel, das hinter ihm, Stosst den zurück, der's fesseln will mit Riem'. *) Literaturgeschichte der Araber III, 809. – *) In der Literaturgeschichte der Araber III, 813, nur die ersten vier Verse der hier gegebenen Kaſsidet. 80 Freiherr Hammer- Purgstall. In früh'ster Früh verfolgt es Weges-Spur, Und naht dem Trank, dem Lager mählich nur, Es fliegt, wann schon verweht des Morgens Hauch, Zum Trank, der es erfreut, wie wenig auch, 14) Abdállah B. Ätme. Wie du dich bemühst, du wirst sie nicht mehr sehen, Dich betrügen die Kamele, welche schwankend gehen, Die mit Sattel und mit Polster wohl versehen, Die mit langen Schweifen wohlgeordnet stehen, 15) Koseir B. Afa, Es rennet nach dem vorgesteckten Ziel, Gleich Einem, dem der Strick der Hand entfiel, Begegnet es der Wind, er hält's nicht auf, Beseelend es vielmehr zu schnellem Lauf!). Die bestaubt uud strenge nie zurücke gehen, Wie ein Pferd von dünnen Weichen anzusehen, Die das säugende Kamel im Frühling geben, Abgespennte und der zeugende darneben*). H sº G 1 c - r . . .“ einer der berühmten arabischen Dichter-Liebeshelden sagt im Schewähid Sojüthi's: Ich brachte das Kamel der Beni Sohei Von ihrer Zelte Kreis zur nahen Weide Ziel, Ich stieg von ihr nicht ab als nur mit Schmerz und Gram, Indem ihr Schattenbild mit Lügen zu mir kam, Als weg nun zog das Volk, war sie die Puppe”) mir , Nur die Abwesenheit ist Arzenei dafür. In der Hamása enthält das achte Buch der Reise und Ruhe mehrere auf das Kamel sich beziehende Gedichte; die beiden ausgezeichnetsten sind die folgenden: 16) Ein Ungenannter. Gefangen waren sie in Kór h, und seinen Häusern Durch sieben Nächte lang beraubt von Blatt und Reisern, Bis dass ich ihr Geziem gebracht in guten Stand, Und so vollendete, was eben war zur Hand, Und mein Gepäck ich lud auf schweigende Kamele, Mit dickem Kopf beim Ohr, auf starke und auf schnelle, Sie rannten eifrig fort, bewundert ward ihr Lauf, Sie hoben hoch das Haupt und ihre Nacken auf, 17) Hakim B. Käbiſs á B. Dhirár. So wahr ich leb'! es hat verrathen mich der Sohn, Jetzt wo ich sein bedarf, da ging er mir davon, Und nicht das Paradies zu suchen gingest du, Die Dattel lockte dich und auch das Brod dazu, Der runde Laib den backt die Nabathäerinn, Bis dass die Rinde dann weit flieget vom Kamin?) Inzwischen von Karwer und Merweri der Wüste, Wie Bogen aus Nebä*) abgeprallet von der Rüste, Wie kommen sie dir vor, die fressen Sauerampfen”), Und die thola chischen"), die mager, heftig stampfen, Sie tragen ihre Last hindurch die ganze Nacht, Den Treiber obendrein, den müd' der Trieb gemacht. Ist dieses lieber dir als Säugkamele viele, Jungfräuliches und das als Mutter ist am Ziele, Das in Medina*) sich mit vollen Eutern bläht, Wie Eimern gleich am Bauch, wenn früh die Sonn' aufgeht, Und dessen Höcker ist Ameisenhaufen gleich, Die in der Nacht der Regen hat gedrücket gleich. Aus den Dictaten Säleb's im Schewähid Sojüthis"): i - r r ? 18) Ibn Akáb eth–Tháir. Er ging vorbei und rief! habt ihr Kamel' gesehen, Die mit fettem Höcker, die zum Quell viertägig gehen, Mit einem Sclaven, der von leichtem Knebelbart, Der in die Lüfte fliegt nach Sonnenstrahlen Art, 1) Literaturgeschichte der Araber III, S. 817. –*) Ebenda III, 824, nur die zwei ersten Distichen. –*) Beww, die ausgestopfte Kamelpuppe. Schewähid, Pariser Handschrift, Bl. 132. – ? –-- BW Y) U” -H. J-- GU->-------- ------- ------ - - - - - - WJ). - - – A 3 –ce Cº - - - G sº J-2 – OY *) Nebä das feste gelbe Holz, aus dem man Pfeile schnitzt, von Rückert verwandelt in Bogen „die man spannt und schiesset los mit Schall“. – °) hamadhijat, d. i. sauere Pflanzen, bei Rückert Hamd-Ess'rinnen, was auf deutsch Lobesserinnen heisst, denn Hamd heisst, wie aus dem Spruche el– h am d-lillah, d. i. Lob sei Gott! erhellt, das Lob; das sauere Futter aber heisst ham dh und nicht hamd. – ") thil ahije heissen (Freytag III, pag. 63) die Kamelinnen welche von der Acacie t hilah fressen, bei Rückert II, S. 332, Talha-Fress'rinnen. – ") hat a ja thir lehu kis chro heisst: bis die Rinde davon fliegt, und nicht wie in Rückert's Übersetzung II, pag. 333: „So wohl gedörrt, dass daran die Rinden knacken“. – *) Medina ist hier der eigene Name der Stadt, den Rückert blos mit Stadt übersetzt. – °) Pariser Handschrift, Bl. 124. Das Kamel. 81 Ein Sclave den Gebell ganz aus der Fassung bringt, Wann sich empor der Sand vermischt dem Staube schwingt, Die Menschen ausser mir, sie jagten all' bei Nacht, Kamele, flüchtige, als Opfer dargebracht, Ich sprach: zum Lohne geb' ich das Kamel des Gastes! Bereite ein Geschirr, ein reines, wohlgefasstes. Still hielt sich das Kamel beim Melken im Gestein, Das nicht bedarf gestreichelt von der Hand zu sein, Die beiden Vorderfüss', sie bildeten die Hand, Wie Trappenhaut, von der empor Gefieder stand, Ich gab ihm dann die Milch des starken das nie matt, Und drückt die Augen zu, dass er schon übersatt. Als der Genosse sprach, sagt ich: bei Gott ! ich schwöre, Dass du genügest mir und dass ich dein gehöre ). Eines der schönsten Gedichte auf das Kamel ist wohl das M elihs, eines der edelsten und grössten Dichters der Beni H, 0 deil, welches das letzte der in der Geschichte der arabischen Literatur aus dem Diwan der Beni H. od ei gegebenen sechsundsiebzig, es hat im Ganzen zweiundvierzig Distichen, wovon hier nur die erste Hälfte, in so weit das Lob des Kameles geht, mitgetheilt werden. 19) Melih. Ungeduldig bist du, wann sich Morgens Schleier heben Und zu Nailé hin die ersten Frühlingsregen streben; Wann zu Karawanenaufbruch sie das Zeichen geben, Doch die geilen angebund'nen Hengste widerstreben. Wie der Tiefe Gärten sind getränket uns're Gärten Von den Wolken, den mit reichem Regenstrom beschwerten. Vom Gestad' des Meeres I räk's kamen sie gezogen, Bis sie sich erhoben gleich der Berge höchsten Bogen. Brüllend wie die jungen Pferde bei dem Maaleinbrennen, Wie die Löwen, wann sie vom Begattungstriebe brennen; Weisse Wolken, brüllend wie Kamele eingesperrte, Denen man den Zutritt zu Kamelinnen verwehrte, Zu Kamelinnen die gerne sich zur Erde bücken, Und die Last gestickter Sänften nehmen auf den Rücken; Die hochschultrig immer kalt sind anzufühlen, Wann des Sommers Hitzen Meer in Sud aufwühlen. Seht sie steh'n, gerad und aufrecht, gleich Bananenzweigen, Wann sich ihre Blätter den jemen'schen Winden neigen; Ihre Wangen paradiesisch schön wie Haudha's Thäler, Ihre Hüften gleich Sandhügeln, strotzend ohne Fehler; Wie sie mit dem langen, weichen, zarten Halse wallen, Gleich den Wetterwolken welchen helle Blitz entfallen. Leicht und fröhlich siehst du steh'n sie, dann vorübergehen, Wie die Winde welche über sand'ge Strecken wehen. 9 -- U- --- - - - - - ---- -- - - - –=-- *–--- -- Cº – –-s“ _) C- > 2. ée u –--- *U W. ---- -- 2<. – a- –- *L . >>– –-Lºs -9 Gº- ſº 2- WAJ --- --- --- a- =--- –- Cºuls - - Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. -HL -HL -H. X- -H. -HL -HL -HL -H. 29- - Us es»U Gº- e– –- -- 2–= a– – Z-3-0 e-X- F* | » – “G b- --- J– – a) ÄSU - - - – = G- - -“ - - – -- -- -- ----- * -- -- M. J– «W – sº Waſ - al. C-3 Caº Jº 3 11 82 - Freiherr Hammer-Purgstall. Wie gewaltsam weggenommene Kamele, Reich geschmückt mit Schönheit (ohne Parallele); Mit kostbaren Sätteln sind sie ausgeschmücket, Mit dem Augenwinkel der an der Hüri entzücket, Ihres Mundes Wasser ist in Schnee gekühlet, Ist gemischt mit Moschus und mit Wein gespület; Ihres langen Halses beide Seiten bieten Ein Gemische von Goldkörnern und von Chrysolithen; Ihre schweren Hüften sind vom Fuss emporgehalten Mit der glatten weissen Haut, worinnen keine Spalten; Ihrer Knöchelringe Ränder sich so lange biegen, Bis als Silberflittern sie in alle Winde fliegen; Wann sie endlich sind zu lang im Stalle eingesperrt, Wann zu lange ihnen Ruh' der Liegerstätte währt, Strömen über ihrer beiden Halsesadern Rücken, Ströme Schweisses, mächtig wie zum Überbrücken. An der Schönheit geben sie nichts nach den jungen Mädchen, Welchen Safran ziehet um das Aug' ein gelbes Rädchen. Schnelle geh'n sie durch die Wasserspiegelung der Wüste, Wie die Nachen, wann sie frei im Meer von Schilfrohrmiste, Légen nieder sich bald rechts, bald links, auf ihre Brüste, Wie es ihnen eingibt ihres Busens Lieggelüste; Und ihr Blut, wann sie geschlachtet von den Opferklingen, Gleich dem rothen Golde oder persischen Syringen; Ihren Frauen-Sänften folgen aus dem Aug' die Thränen, Dessen höchste Schönheit ist der Liebe stilles Sehnen !). 20) Motenebbi, der grösste Dichter der Araber, schliesse die poetische Heerschau des Kamels: Mein Kamel kennt keines, von dem es im Laufen ereilt wird, Und die Geissel vermag nicht zu beflügeln den Schritt, Ihm genüget der Zügel, der Zaum, die Halfter, das Leitseil, d Sammt dem Riemen und Strick, fest um den Sattel geschnürt. Wahrlich, mein Kamel, es eilet den and'ren bei weitem (Im gemässigten Schritt), Winden und Stürmen zuvor; Über Hügel und Thal, dieselben im Laufe vereinend Als ein einziges Feld, flach in die Eb'ne gestreckt; Denn es erfolgt in geflügeltem Lauf Ibn Öbeidä1 lah, Welcher die Wüsten zur Flur, Thäler zu Bergen erhebt*). Auf Kamele reih'n Kamele Sie wie Körner Mehls im Mehle, Und sie fassen ein als Saum Unwirthbarer Wüsten Raum”). Hätt' ich's vermocht, so hätt' ich abgehalten den Regen Von der Kamele Schaar, die sie zur Weide gesandt. Wolken, wenn getrennt, sind wie die Brüder des Raben, Was die Raben schrei'n, träufeln die Wolken aus Schmerz. Wenn die Kamele zieh'n durch die weite grünende Steppe, Scheint sie grünes Kleid, welches zerreisset ihr Strick. Gurten tragen sie, doch die Kühe welche darinnen, Ziehen mit Gewalt Herzen der Männer an sich. Wenn ich sie anseh' entsinket die Lanze den Händen, Und aus Schwäche fällt mir von dem Finger der Ring*). ') Literaturgeschichte der Araber II, pag. 678. –*) Motenebbi, der grösste arabische Dichter. Wien 1824, S. 4. –*) Ebenda S. 149. Dass die starken Kamele ihr Fleisch verlieren, zeigt, dass du sie zu vielen beschwerlichen Reisen verwendest, um die Absichten deiner Grossmuth zu erfüllen. – *) Ebenda S. 391. Das Kamel. «. 83 Hengst und Kamele die Junge noch tragen, Können, weil stumm sie, die Bitte nicht sagen, Dass Er als Lastthier sie möchte besäumen, Dass Er sie ritte mit Sattel und Zäumen, Dass Er sie schütze vor Plagen und Wehen, Dass sie gesichert zur Tränke hingehen. Sicher ist Wasser vom strömenden Regen, Gehend und kommend auf Wegen und Stegen. Löwen erliegen den füchsischen Künsten, Feinde versenkst Du in Meere von Dünsten; Wenn Du statt Lanzen bedienst Dich der Perlen, Richtest zu Grunde Du sie mit den Perlen. Nichts bleibt zu jagen als nur die Dämonen, Welche die finsteren Wüsten bewohnen, Auf den Kamelen, die Wasser entbehren !). Vom Geize ist entfernt ein edles Naturell Weit gröss're Strecken, als durchrennet das Kamel, Das nicht ermüdende, das nicht ist zu ermüden, Dem die Ermüdung nur zum Ekel ist beschieden. Es schwankt einher im Gang, betrunken nach dem Schein, Als wäre es berauscht von Seiner Wimpern Wein. Es schleppt mit Müh' nach sich das Fett des Unterleibes, Als ob es fürchtete, vom Weg zurücke bleib' es. Wenn's nach der Fluth mich sehnt, die Seinem Mund entströmt, So fliehet die Geduld so bald die Sehnsucht kömmt. Welch ein Gebiss ! welch eine Kehle! welche Weichen! Welch Fuss! welch Hals! welch Brüllen sonder Gleichen! Sein Gang der Wüsten Raum mit solchen Schritt durchmisst! Der selbst das abgerittene Kamel verdriesst. Umschnallt mit Schwert, genüget mir die eigne Kunde, In die gehüllt ich in dem Finst’ren mach' die Runde. Wenn mich der Freund verschmäht, mir sich gewähret nicht, Nehm' ich zu kleiner List die niedre Zuflucht nicht; Denn zwischen Ost und West gibt es der Posten viele, Statt Einem Land' setz' ich ein and'res mir zum Ziele. Mein vorgestecktes Ziel ist des Emir's Besuch, Der mich enthebt von allem anderen Besuch*). So ist denn in den hundert Abschnitten dieser Abhandlung die Hekatombe des Kamels, von dessen Individuen der Araber immer hundert zu grossen und feierlichen Opfern bestimmt, vollendet und zum ersten Male das in anderen Sprachen wohl nachahmbare, aber wegen der Armuth ihrer Synonymik in keiner derselben, und selbst nicht in der arabischen (welche für keinen anderen Gegenstand so viele Wörter hat, als für das Kamel) je an Wörterzahl zu erreichende Beispiel gegeben, was die Lexikographie allein, ohne Beihilfe der Grammatik und Philologie, blos durch logische Anordnung der Wörter für andere Wissenschaften, namentlich für die naturhistorischen zu leisten vermag; durch diese Abhandlung wird von neuem bestätiget, dass die Geschichte eines Thieres eben so wenig als die eines Volkes ohne stete Be- rücksichtigung der Dichter welche nicht nur die Meister des Wortes, sondern auch die Lehrer des Volkes, die Beschreiber seiner Sitten und seines Geistes, vollständig geschrieben werden kann. - ) Motenebbi, S. 423. –*) Ebenda S. 96 und 97. «. 11 * 84. Freiherr Hammer-Purgstall. Das Kamel. Bisher sind hier nur die philologischen Belege zur Geschichte des Kamels gegeben worden, nun folgt die Legion der nicht zur Vorlesung geeigneten lexikographischen, welche in beinahe sechstausend arabischen Wörtern mit der deutschen Übersetzung bestehen. Für die Mühe, diese Unzahl von Wörtern aus den besten arabischen Wörterbüchern (aus dem Ssihhah Dsch e wh, er is, aus dem Kamus Firuſabadis, aus den Metonymien Seäálibis, aus der Naturgeschichte Demiris, aus dem Kifai jet und Leh- dsch et ol-lugat) gesammelt und geordnet, und die nach allen Winden des Alphabets zerstreuten Kamele in Eine Heerde vereinet zu haben, nimmt der Sammler den arabischen metonymischen Namen des Kamels in Anspruch als: Sohn oder Vater der Geduld. d (Die lexikographischen Belege folgen im nächsten Bande.) ÜBER HEINRICH DEN TEICHNER VON THE0D0R GE0RG v. KARAJAN, WIRKLICHEM MITGLIEDE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. (GELESEN IN DER SITZUNG DER PHILOSOPHISCH – HISTORISCHEN CLASSE AM XI. UND XVIII. OCTOBER MDCCCLIV.) Was unsere Literaturgeschichten von Gottsched bis heute über Heinrich den Teichner zu sagen wissen, scheint mir weder verlässlich genug, noch sonst zureichend. Aus beschränkter Kenntniss so umfangreichen, zudem meist ungedruckten Stoffes liess sich auch begreiflicher Weise nur ein mangelhaftes Bild gewinnen. Erschöpfende Lectüre aber konnte in unserem Falle den Literarhistorikern nicht wohl zugemuthet werden. Sie sind gewohnt, und man verlangt es von ihnen, die einzelnen Theile ihrer Gemälde möglichst bestimmt und abgeschlossen zu behandeln, dabei ihre Ideen mit breitem Pinsel warm aufzutragen, das aber wäre unmöglich, wenn sie sich zögernd mit Einzelnem zu sehr aufhielten. Es schien daher räthlich, dass sich einmal ein minder Eiliger, wenn auch minder Ideenreicher, der Kärnerarbeit unterziehe und die ungefüge Last der teichnerischen Gedichte durchlese, damit endlich das vergilbte Blatt das in unseren Literaturgeschichten Heinrichs über- kommenes, zu skizzenhaftes Bild trägt, durch ein ausgeführteres, hoffentlich auch ähnlicheres ersetzt werden könne. «- Eine Vorarbeit dazu wird hier geliefert, ein Vorrath ehrlich geriebener Farben, die nun der Literarhistoriker getrost verwenden möge. Ich habe mich auf die Schilderung der Persönlichkeit des Dichters, wie sie aus seinen Arbeiten hervortritt, beschränkt, denn das schien mir vor Allem nöthig. Andere mögen die ästhetische Würdigung seiner Arbeiten versuchen, für welche die in den Anmerkungen niedergelegte Ährenlese aus ihnen reicheren Stoff bietet als bisher zur Hand lag. Man wird mir es hoffentlich Dank wissen, dass ich nach meinen Kräften vorerst in dieser Richtung thätig war. Von den Handschriften die ich unten, Anmerkung Nr. 226, aufzähle, habe ich ABCDEF und M ganz durchgelesen und zwar die Wiener in Abschriften Goldhanns, die übrigen in den Originalen oder Drucken. Nach einer Vermehrung der Lectüre hatte ich darnach begreiflicher Weise weder 86 Th. G. v. Karajan. Begierde, noch schien sie mir unerlässlich. Was in diesen reichen Quellen begegnet und aus ihnen hier niedergelegt wird, dürfte vor der Hand wohl genügen und es ist nicht wahrscheinlich, dass mir Wesentliches entgangen sei. Abschliessen wollte ich aber am Ende doch auch einmal. Man wird ohnedies das hier Gelieferte viel zu kleinlich finden, ich aber bin der Meinung, dass solche Arbeiten mit anderem Maasse zu messen seien, als zusammenfassende Literaturgeschichten. Ich habe zudem die reichste Anführung von Beweisstellen nicht vermieden. Mich bestimmte dazu die Betrachtung, dass unser Dichter kaum je vollständig herausgegeben werden dürfte und dass durch Veröffentlichung zahlreicher Auszüge den Interessen der Wissenschaft rasch und ausreichend genügt werden könne. Ich weiss auch gar nicht, ob unser Dichter die gewaltige Mühe einer kritischen Gesammtausgabe verdiene. Ich habe die Beweisstellen vorerst in lesbarer, durchaus nicht unumstösslicher Form meiner Abhandlung beigegeben. Was ich übrigens mittheile, und das mögen gut sechs tausend Zeilen sein, ist ungedruckt, auf das Gedruckte habe ich allenthalben nur verwiesen. Die Buchstaben und Zahlen der übrigen Verweisungen beziehen sich auf die Bezeichnungen und Blätter der Handschriften in der obenerwähnten Anmerkung Nr. 226. Über Heinrich den Teichner. 87 M am e. Viele deutsche Dichter des Mittelalters haben sich in ihren Werken nicht genannt. Es geschah aus verschiedenen Gründen. Manche, namentlich solche welche geistliche Stoffe bearbeiteten, unterliessen es aus Demuth, andere aus Bescheidenheit, einige aus Vorsicht. Dennoch sind uns die Namen der Mehrzahl nicht unbekannt geblieben. Das Gefühl der Dankbarkeit nämlich bewog die Nachfolger, die Namen ihrer Vorbilder der Vergessenheit zu entziehen; ja es ward im dreizehnten Jahrhunderte Sitte, die bedeutenderen Meister der Blüthezeit deutscher Dichtkunst in geordneten Namenreihen zu preisen, gewöhnlich mit dem Geständnisse der eigenen Unzulänglichkeit. War dieses abgelegt, dann liess man häufig den eigenen Namen, wenn auch in bescheidener Ferne, jenen berühmten folgen. So wurde die Nennung der Namen allmählich Sitte. Als aber mit der Zeit die Dichtkunst zum Gewerbe herabsank, geistlose Dichterlinge und Sänger nur mehr vom Gute der Vergangenheit zehrten, jedem ihrer Vorträge durch den Glanz berühmter Namen Zuhörer und Käufer zu gewinnen suchten, ja Unbedeutendes, oft ihre eigenen Erzeugnisse, berühmten Namen unterschoben, da ward es für die Wenigen die in dem herbstlichen Nachwuchse noch Tüchtiges leisteten, zur Ehrenpflicht, statt mit fremden Federn sich zu schmücken, unter ihren eigenen Namen aufzutreten, was sie vortrugen als ihr ehrliches Eigenthum zu bezeichnen. Dieser so erklärlichen Sitte folgte auch Heinrich Teichner, indem er jedes seiner Gedichte am Schlusse durch seinen Namen als sein Werk bezeichnete. Die älteste der Wiener Handschriften, A, schliesst mehr als fünfthalb hundert Gedichte mit den Worten: "Alſo ſprach der Teychnaer'. Die vorausgehende Zeile bindet dann überall den Namen mittelst der verschiedensten Reime auf –aere an den Gedankengang des übrigen Gedichtes. Dies ist aber nicht blos in der bezeichneten Handschrift der Fall, auch alle übrigen zeigen Teichners Namen, entweder am Ende der Gedichte oder in ihrer Mitte. Fehlt diese Beglaubigung, dann spricht gewöhnlich auch Form und Inhalt entschieden gegen Heinrichs Autorschaft. - Die mir bekannt gewordenen Handschriften schwanken aber in der Überlieferung des Namens. Während nämlich A und B überall als Schlussformel der Gedichte Alſo ſprach der Teychnaer zeigt, hat D Teichner neben "Teychner mit Alſo ſprach der', E Teichner und Teichnaer' deichnaer' dichnaer', dieses am häufigsten. Einige Male auch dichnaer', was aber wahrscheinlich auch nichts als deichnaer sein soll. So Bl. 64“, 69, 71“, 73", 74 und 75", F Teychner', H teichner, wie es scheint, endlich L Teychnar' und M'teychnaer'. Eine ganz abweichende Form des Namens bietet G, in tichtnaer', was aber wahrscheinlich nichts ist, als Grille eines überklugen Abschreibers. Am ungleichmässigsten erscheint unser Name in C geschrieben und zwar in folgenden verschiedenen Formen: Teychnar', Teichner', teychner', Teychnaer', theychnar' und 'teichnaer'. Trotz dieser Schwankungen ist aber C dennoch am vollständigsten über des Dichters Namen unterrichtet. Sie ist nämlich die einzige unter den oben angeführten Handschriften, welche den Taufnamen unseres Dichters in der Regel mittheilt. Und auch darin weicht sie von den übrigen ab, dass sie eine andere und verschiedenartig wechselnde Schlussformel dem schwankenden Namen beifügt. Sie hat nämlich bald: got gnad Heinrich dem Teichnaer Bl. 15", 83", 105“, 119"; alſo ſprach Heinrich Teichnaer 17", 90“, 101" u. s. w.; bald: Alſo ret Heinrich Teichnaer 18“. 88 ºd Th. G. v. Karajan. So verschiedenartig aber auch die Formen unseres Namens, selbst in ein und derselben Handschrift genannt werden müssen, so lässt sich doch als Durchschnittsformel aller mit Sicherheit Teichnaere oder mit hergestelltem langen Tichnaere aufstellen. Die Schreibweise der einzelnen Handschriften schwankt auch sonst in der Bezeichnung des langen i allenthalben zwischen ei und ey. Die eingeschobene Tenuis nach dem ch in der Handschrift G, ist, wie schon oben bemerkt wurde, gewiss nur einem Deutungsversuche des Abschreibers beizulegen, denn in allen übrigen Handschriften, darunter den ältesten, begegnet sie nicht. Was aber nun bedeutet der Name "Tichnaere'? Bei der Ableitung Alth. –ári oder –ari, Gramm. 2, 128, Mittelh. –aere und –er, Gramm. 2, 128 und 131 , kann an zweierlei gedacht werden. Erstens an einen Ortsnamen, jetzt Teich oder Teichen, und zweitens an eine Ableitung zur Bezeichnung einer fortgesetzten Thätigkeit, von einem Vollworte tichen. Wir wollen beide Fälle erwägen. - s Ein Ortsname "Teich oder Teichen', Dat. plur., wäre am ungezwungensten in jenen Gegenden zu suchen welchen unser Heinrich nach den bezeichnenden Eigenthümlichkeiten seiner Sprache angehört, somit im Gebiete der österreichisch-bairischen Mundart. Nun aber zeigt sich weder in Österreich noch in Baiern ein Ort dieses Namens, man wollte denn an 'Daign' im Salzburgischen denken, ein und eine halbe Stunde von Neumarkt, oder an einen der beiden Orte Deicht im Hausruckkreise Österreichs ob der Enns, bei Frankenburg und zwischen Beierbach und Neunkirchen. Doch stimmt keiner der bezeichneten Namen, wie man sieht, genau zu dem unseres Dichters, ja die letzteren fügen einen Laut hinzu, welchen die Schreibweise aller Handschriften gegen eine verweigert. Zudem müsste, abgesehen von diesem Bedenken, auch noch eine fehlerhafte Ableitung von einem Dativ plur. oder einem schwachen Dativ sing. angenommen werden. Vergl. Gramm. 2, 128 die Anmerkung. Es scheint daher räthlicher, an eine Ableitung von einem Vollworte tichen zu denken. Bei einem Nicht-Adeligen, wie unserm Heinrich, der nirgends her genannt wird, liegt zudem die Bezeichnung nach einer bestimmten Thätigkeit des Namensträgers oder eines seiner Vorfahren näher, als bei einem Adeligen. Wir werden uns also vor Allem um die Bedeutung des Vollwortes tichen zu kümmern haben. Jac. Grimm in der Grammatik 4, 335 und 336 und zwar im Texte und in der Anmerkung hat sich mit diesem ablautenden Vollworte viele Mühe gegeben und eine Reihe von Beispielen zur Erforschung der ursprünglichen Bedeutung dieses Wortes in Betrachtung gezogen. Es ist ihm aber nicht gelungen sie zu ermitteln. Es wird dies dadurch erklärlich, dass das Vollwort tichen in den bis jetzt bekannten Denkmälern unserer ältesten Sprache fehlt. Schon fürs Althochdeutsche sind keine Belege vorhanden, wir sind also lediglich an das Mittel- und Neuhochdeutsche gewiesen. Immerhin misslich genug. J. Grimm hat an der angeführten Stelle der Grammatik acht Belege aus mhd. Denkmälern aufgeführt. Eine allen entsprechende Bedeutung die, wie Grimm aus der häufig dazu construirten Präposition mit' vermuthet, ursprünglich eine sinnliche wird gewesen sein, wagte er aber aus ihnen nicht zu folgern. Auch die Volkssprache die neben dem Mittelhochdeutschen allenfalls noch Aufschluss gewähren könnte, da sich in ihr oft sehr alte Worte neben der Schriftsprache erhalten haben, gibt im gegebenen Falle keinen bestimmten Aufschluss, am wenigsten einen solchen der über die oben vermisste allgemeine, sinnliche Bedeutung Entscheidendes in die Wagschale legte. Im Gegentheile finden wir auch in ihr nur gezwungen zu vereinigende Bedeutungen überliefert. Erstens weist Schmeller im bairischen Wörterbuche 1, 351 nach, dass deichen zuweilen in der Bedeutung von büssen verwendet werde, und dass zweitens daneben deichen und teuchen' im Sinne von schleichen begegne. Ein tichenaere, gebildet von mhd. ich tichene', wie glichsenaere von ſich gelichsene, wäre dann entweder ein Büsser oder ein Schleicher. w Ausser diesen beiden Bedeutungen finden sich aber auch noch ganz verschiedene. So drittens ebenda 1, 363 ein Wort des Hüttenwesens, nämlich deuhel, deuchel, deil, theil', also wohl auch deihel, deichel', Über Heinrich den Teichner. « 4 89 erklärt für: Klumpen Roheisens der im Frischherd eingeschmolzen wird und aus welchem man immer das bessere herauszieht, so dass man sich unter deichen das Herausziehen, Herausarbeiten denken könnte, was dann ganz gut zu einer vierten, ebenda 1,426, aufgeführten Verwendung stimmte, die dann ebenfalls ein Werk des deichens bezeichnete. Schmeller berichtet nämlich, dass in Baiern die gebohrten Baumstämme zu Wasserleitungen, die also wohl gedeicht, das ist ausgearbeitet, ausgehöhlt wurden, die Teuchen' heissen, was obigem deuchel' entspräche. Frisch im deutsch-lateinischen Wörterbuche 2, 395, b gibt fünftens als Bedeutung für deichen' an: "Ein Stück Land mit aufgeworfener Erde einfassen, gegen den Einbruch des See- oder Fluss-Wassers. Dies gilt natürlich nur für Gegenden in denen vor dem eindringenden Wasser durch ausgegrabene, geteichte Erdwälle ein Schutz nöthig scheint. Unsere Teiche dagegen sind Wasserbehälter welche solche Wälle vor dem Abflusse schützen müssen. Häufiger noch wird in unseren Gegenden der Behälter selbst durch ºteichen tiefer ausgehöhlt, um die Ansammlung einer grösseren Menge von Wasser zu erzielen. Ein tichenaere könnte also nach den eben aufgezählten fünferlei Bedeutungen des Vollwortes tichen auch fünferlei bezeichnen: einen Büsser, Schleicher, Hüttenmann, Teichgräber oder endlich einen Erzeuger von Brunnen- und Wasserleitungsröhren. Für eine der letzteren drei Bedeutungen scheint Teichners an vielen Stellen seiner Dichtungen zu Tage liegende grosse Verehrung des Handwerkerstandes zu sprechen, den er preist, wo er nur Gelegenheit findet, wohl in dankbarer Erinnerung an den Stand seiner Vorältern. Unter den oben aufgezählten Handwerken aber wird wohl das letzte noch am ehesten an die Erlangung eines gewissen Grades von Wohlstand denken lassen. Nur ein solcher aber scheint mir für Heinrichs Vorältern die Möglichkeit zu umschliessen, dem Sohne oder Enkel soviel Bildung gewinnen zu lassen, um ihn für den Herrendienst oder später gar für die Spruchdichtung zu befähigen. Dass diesem Schlusse im äussersten Falle nur Wahrscheinlichkeit zukommen könne, brauche ich wohl nicht zu bemerken. Den Taufnamen unseres Dichters, wie ich schon oben erwähnt habe, nennt sehr oft in der Schlussformel der Gedichte, wie in der Überschrift ihrer Sammlung die Handschrift C. Würde sie dies aber auch mit allen übrigen unterlassen haben, so wäre er dennoch nicht unbekannt geblieben, da ihn uns ein Zeitgenosse Teichners Peter Suchenwirt in seiner herzlichen Leichenrede auf den dahingeschiedenen Freund, und zwar auf Zeile 88, S. 65 der Ausgabe Primissers, bewahrt hat. Auch im Innern eines seiner Gedichte, ich meine das mit der Überschrift: Von ſcham und überhoeren, Bl. 377“ der Handschrift C, hat ihn Teichner selbst für gesammelte, aufmerksame Leser niedergelegt. Wir werden auf dieses Gedicht später bei anderer Gelegenheit zurückkommen müssen. Gottsched (1760) kannte denselben noch nicht, wohl aber Denis (1800) in seiner Beschreibung der theol. Handschriften der k. k. Hofbibliothek 2, 1675 und zwar aus der Handschrift C. Der Zuname unseres Dichters begegnet übrigens in den verschiedenen Handschriften bald mit, bald ohne Artikel. Die älteren zeigen ihn in der Regel und dem Sinne entsprechender mit dem Artikel. Erst als die Bedeutung des Namens sich verdunkelte, dieser immer mehr und mehr zur blos formellen Bezeichnung herabsank, fiel der Artikel wie bei Taufnamen hinweg. Lebenszeit. Trotz der grossen Anzahl von Gedichten die uns von Teichner erhalten sind, und obwohl der bei weitem überwiegende Theil derselben nur wirkliche Verhältnisse und Zustände schildert und beurtheilt, hält es dennoch äusserst schwer in ihnen bestimmte Anhaltspuncte zu entdecken, welche Schlüsse auf Jahreszahlen gestatten. Diese auffallende Erscheinung erklärt sich zum Theile aus einer Eigenheit unseres Dichters. Er liebte es nämlich nicht und äussert sich hierüber ganz bestimmt zweimal in dem Gedichte: Von einem ſpiegel', Denkschriften der philos.- histor. C. VI. Bd. 12 90 Th. G. v. Karajan A. 146“, unten Anmerkung Nr. 192 mitgetheilt, die Namen derjenigen zu nennen, über die er spreche. So ist es gekommen, dass wir in den mehr als siebenhundert Gedichten und siebenzigtausend Versen die wir von ihm besitzen, kaum zwei bis drei Eigennamen von Zeitgenossen begegnen. Der Natur der Gedichte gegenüber die da, wo sie von der Gegenwart sprechen, fast nur zu rügen finden, kann eine so seltene Schonung und Mässigung in Bezug auf Heinrich selbst allerdings nur gebilligt werden, ja sie gereicht seinem milden, echt christlichen Sinne der überall nur die Sünde hasst, nicht den Sünder, gar sehr zur Ehre, uns aber entgeht dadurch in geschichtlicher Hinsicht eine grosse Ausbeute, denn unsere sonstigen Quellen über die Zeit Teichners sind von der Art, dass wir nur in den wenigsten Fällen im Stande sein werden, die Belege seinen Aussprüchen beizufügen. Wir werden daher seine Urtheile, wie scharf sie auch klingen mögen, in gutem Vertrauen hinnehmen müssen, sie werden uns belehrend warnen, wir aber kaum im Stande sein, überall den prüfenden und richtenden Maaſsstab an sie zu legen. Hinsichtlich der Nennung bestimmter Namen bildet übrigens Teichner ein merkwürdiges Gegenstück zu seinem Zeitgenossen und Landsmanne Suchenwirt, dessen Gedichte überall von geschichtlichen Namen wimmeln. Die beiden Freunde sind aber auch sonst als Gegenstücke zu betrachten. Während nämlich Suchenwirt überall zu preisen und zu jubeln findet, sieht sich Teichner veranlasst allenthalben zu rügen und zu klagen. Der Blick des ersteren war mehr nach aussen, jener des zweiten mehr nach innen gerichtet. «- Wir wollen die wenigen Gedichte welche allein aus der grossen Gesammtzahl der übrigen sichere Anhaltspuncte über die Lebenszeit Heinrichs gewähren, nun näher betrachten. Es sind im Ganzen zwölf und unter diesen befinden sich zwei, welche allerdings auf bestimmte geschichtliche Ereignisse hinweisen, deren Feststellung aber mir wenigstens aus unseren bisherigen Quellen nicht gelingen wollte. Diese zwei gehören daher allerdings in die Reihe der hier aufzuführenden Gedichte, mögen aber einstweilen bis zu ihrer gelungenen Feststellung am Ende unserer Reihe den Blick der Geschichtsforscher auf sich lenken. Ich will übrigens hier, bevor ich die Aufzählung beginne, noch eine allgemeine Bemerkung über die Lebenszeit unseres Dichters voranstellen. W. In den meisten unserer deutschen Literaturgeschichten findet sich die Angabe, Teichner sei ein Dichter aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts. Die Richtigkeit dieser Behauptung ist bisher durch nichts bewiesen worden. Sie kann auch nur zum Theile zugegeben werden. Nirgends findet sich auch nur ein Versuch hierüber ins Klare zu kommen, zu ermitteln, ob die fünfzig Jahre der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts Teichners ganze dichterische Thätigkeit umschliessen oder nicht. Schon der verhältnissmässig geschicktere Bau der Verse, den Gottsched schon vor fast hundert Jahren bemerkte, wie die ziemliche Reinheit der Reime hätte auffallen sollen und musste es bedenklich erscheinen lassen, diesen Dichter bis ans Ende des vierzehnten Jahrhunderts zu rücken. Er gehört auch ganz gewiss dem grösseren Theile seiner Lebenszeit nach in die erste Hälfte desselben. So viel wenigstens lässt sich auch ohne Zuhilfenahme der oben erwähnten zehn Gedichte aus der Betrachtung des Inhaltes der übrigen schliessen. Man gelangt dadurch zu dem Ergebnisse, dass Teichner das Jahr 1378 gewiss nicht überlebt habe, denn obwohl er sich allenthalben in zahllosen Klagen und bitteren Vorwürfen über Rom und die so sehr gesunkenen Sitten der Geistlichkeit seiner Zeif ergeht, so lässt er sich doch nirgends über das folgenreichste, dabei, besonders von seinem Standpuncte aus, beklagenswertheste Ereigniss in der Kirche vernehmen, ich meine die Doppelwahl Urbans VI. und Clemens VII., sondern spricht im Gegentheile überall nur von éinem Papste, hat somit das unheilvolle Schisma des Herbstes 1378 kaum erlebt. Diese Zeitgrenze noch um ein Jahr zu kürzen soll uns durch die nähere Betrachtung der erwähnten zehn Gedichte gelingen, zu der wir nun übergehen. Wir wollen sie in der Reihenfolge vornehmen, die ihr Inhalt der Zeit nach ergibt. Über Heinrich den Teichner. 91 Auf Blatt 106" der Handschrift A beginnt Heinrich ein Gedicht unter der Überschrift "Von der büren kriec', das ist: Von einem Wettstreite unter den Bauern', mit der Erzählung eines bisher völlig unbekannten Ereignisses aus dem Leben des österreichischen Herzogs Friedrich des Schönen, das der Dichter nur desshalb zum Besten gibt, um vor unnützem uud unberufenem Streiten zu warnen. Da der Herzog im gegebenen Falle weder gelobt noch getadelt wird, so nimmt der Dichter keinen Anstand seinen Helden ausnahmsweise mit Namen zu nennen, wodurch uns ein ganz sicherer Anhaltspunct für unsere Betrachtung zu Theil wird. Eines Tages', so erzählt Heinrich, zankten sich die Bauern in solchem Grade, dass sie mit Schlägen über einander geriethen und zwar eines wunderlichen Streitpunctes wegen. Ein Theil derselben hielt es nämlich mit dem Kaiser, der andere rühmte auf dessen Kosten überwiegend den von Österreich. Um das Ansehen dieser beiden Fürsten nun ward einer der Bauern ganz jämmerlich von dem anderen Theile geschlagen. Dies trug sich in den Tagen zu, als König Friedrich noch gesund war. Der ritt denn vor das Haus des wund geschlagenen Bauern und dieser hervorstürzend zeigte ihm seine blauen Flecken und rief: "Herr, ich stand auf Eurer Seite und erhob Euch über den Kaiser! Die anderen aber lobten jenen, als wär er weit vorzüglicher denn Ihr. So kriegten mich drei unter sich und brachten mich um Euretwillen tüchtig zu Fall!' Da sprach der König: Schau, beruhige dich. Was der Kaiser denen gibt, die dort auf seiner Seite standen, das trachte getreu und sorgfältig zu erfahren, so will ich dir gerade so viel geben, dass du für meine Sache dich erklärt hast!' Und so kam der wunde Mann von seinem Herrn ohne alle Gabe'). In dieser Erzählung die offenbar Erlebtes enthält, ist eine Stelle die einen Schluss auf die Entstehungszeit unseres Gedichtes möglich macht. Ich meine die eilfte Zeile des Original-Textes: dö künic Fridrich lebt gesunt. Wäre sie nämlich nach dem Tode des Herzogs geschrieben, so wäre der Zusatz gesunt ein ganz müssiger zu nennen, denn der Dichter hätte dann vollkommen dasselbe erreicht, wenn er einfach sagte: 'das geschah als Herzog Friedrich lebte und um einen Reim auf lebte konnte Teichner doch wohl nicht verlegen sein? Es war aber hier dem Dichter offenbar darum zu thun, die Möglichkeit des Reitens für den Herzog der bekanntlich seine letzten Jahre siech auf der Burg zu Guttenstein verlebte, seinen Zeitgenossen gegenüber zu begründen. Desshalb der Zusatz gesunt', der für uns aber den Wink enthält, dass der Herzog oder wie ihn der Dichter wohlweislich nennt, der König Friedrich, was ihn abermals als Zeitgenossen erkennen lässt, damals noch lebte, mit anderen Worten, dass unser Gedicht zwischen den Jahren 1328 und 1330 entstanden sein wird. Schlagend ist diese Wahrnehmung allerdings nicht zu nennen, dennoch schien sie mir bei dem Mangel ähnlicher Anhalts- puncte Berücksichtigung zu verdienen. Das eben besprochene Gedicht ist nämlich zufällig das einzige, welches aus einem bestimmten äusseren geschichtlichen Grund in die Zeit vor 1350 gesetzt werden kann. Dass ausserdem viele der mehr als siebenhundert Gedichte Teichners vor dieses Jahr fallen werden, ist nicht zu bezweifeln. Ich will auch im Laufe der Untersuchung auf mehrere hinweisen, welche aus inneren Gründen, aus den Ansichten die Teichner in ihnen kund gibt, im Gegenhalte zu jenen seiner reiferen Jahre, ganz entschieden dafür sprechen, dass sie seinen jüngeren Jahren angehören. Hier aber, wo nur von bestimmten, geschichtlichen Anhaltspuncten zu sprechen ist, waren sie offenbar nicht mit aufzuführen. *) Zeinmàl büren sich zertruogen, daz sie an einander fluogen, umb ein ſeltsam widerbieten. Ein teil in den keiser hieten, der ander den von Österrtch hiez bezzer ungelich. Umb der zweier vürsten ër ward ein büre unmäzen sèr von dem andern teil geslagen. Daz vuogt sich ze den tagen, dó künic Fridrich lebt gesunt. Der reit dö vür den büren wunt. Der lief und zeigte im daz meil. Herre, ich was an iwerm teil und jach, ir, waert dem keiser ob. Die andern reten skeiser lob, er solde verre ob iu sin. Alsö bin ich under drin durch iwer willen gelegen vast. Dó ſprach der künie: 'Schou und raſt. Waz der keiser disen git, die varent an ſinem ſtrit, daz erware rehte und eben, alsó vil wil ich dir geben, daz du mir häst bi gestän.' Alsö ſchiet der wunde man von dem herren än alle gäb'. + 2 * 92 . Th. G. v. Karajan. In spätere Zeit weist ein zweites Gedicht mit der Überschrift: Von des leders tiurung', das ist von dem hohen Preise des Leders. Es steht auf Blatt 179" der Handschrift C. In demselben wird die Schuld dieses Übelstandes auf den grösseren Verbrauch des Stoffes geschoben, veranlasst durch die unmässige Länge der Schnabelschuhe. Die für unseren Zweck beweisenden Stellen lauten: Um was der Rock zu kurz ist, um das ist der Schuh zu lang mit seiner Spitze vorne, ähnlich dem krummen Horne eines Widders'. . . . . . Sie steigen damit einher wie die Störche *). Erwünschten Aufschluss über den Beginn dieser thörichten Mode gibt uns die alte, gleichzeitige Limburger Chronik, Fasti Limburgenses etc. (Heidelberg) 1617., 8. und zwar auf S. 20 und 21, in der ganz zu Teichner passenden Stelle: "Dar nach machten sie die röck also kurtz, eine ſpann under den gürtel. Auch trugen sie hoicken (Mäntel), die waren all umb rund und gantz. Das hiese man Glocken, die waren weit, lang und auch kurtz. Da giengen lange ſchnebel an den ſchuhen'. Die Nachweisung über diese neuwe kleidung gibt die Chronik zum Jahre 1350, und nicht viel später dürfte unser Gedicht zu setzen sein, in welchem der Abgang des Leders als etwas neues, ungewohntes besprochen wird. Ganz entschieden im Jahre 1359 oder 1360 entstanden ist das Gedicht von der werlde irreganc, das ist von dem falschen, nicht zum Ziele führenden Wege dieser Welt. Es steht in der Handschrift C, auf Blatt 265" ff. An einer Stelle desselben wundert sich der Dichter, wie doch die Welt so gar nicht zur Besinnung komme, nicht nachdenkend werde über die wunderbare Erscheinung die Gott nunmehr durch länger als zehn Jahre an dem plötzlichen Tod von Frauen und Männern gezeigt habe. Niemand kümmere oder ängstige sich dieses allgemeinen Sterbens wegen, das doch so unerwartet über die Leute komme. Es wäre Zeit, dies zu bedenken und sich guten Dingen zuzuwenden'“). Dass hier die furchtbare Seuche des schwarzen Todes gemeint ist, kann nicht zweifelhaft sein. Ihr Ausbruch im Jahre 1348 in Italien ist bekannt. Nach Österreich gelangte sie durch Krain, Kärnten und die Steiermark noch im selben Jahre. Sie wüthete auf dem Lande so fürchterlich, dass hie und da das Vieh nicht von den Feldern getrieben wurde, weil ganze Ortschaften ausstarben. Man sehe die Jahrbücher des Klosters Neuberg in Steiermark bei Pertz Monum. SS. 9, 675, 45. In Wien selbst trat sie im folgenden Jahre so furchtbar auf, dass oft an einem Tage acht Hundert bis tausend Menschen ihr zum Opfer fielen. Eine Klosterneuburger Chronik bei Pertz l. c. 9, 736,3 sagt talis pestilencia nunquam visa fuit, nec visa est, was ganz zu Teichners nie kein wunder was sö gröz stimmt. Über das Auftauchen dieser Seuche in Österreich sind zum Jahre 1349 zu vergleichen: die Jahrbücher Melks, bei Pertz 9, 513, 20, die Neubergs, ebenda 676, 5, das Kalendarium Zwetlense, ebenda 692, 26, die Jahrbücher des Klosters Neuburg, ebenda 736, 3, jene Matsees, ebenda 829, 32, endlich die kleine Klosterneuburger Chronik in unserem Archive 7, 233. » Das vierte Gedicht, das zu erwägen ist, findet sich in Lassbergs Liedersaal 1, 476 abgedruckt und trägt die Überschrift: von der friunge, das ist von dem Rechte der Freistätten. Auch dieses, wie die oben erwogenen, wird ein Gelegenheits-Gedicht sein. Teichner spricht sich in demselben grundsätzlich und aufs entschiedenste für Freistätten überhaupt aus, jedoch mit der Beschränkung, dass er den Verbrecher durch sie nur in so lange geschützt wünscht, bis seine Schuld oder Unschuld durch den Richter ermittelt wird. In diesem Sinne sei schon im alten Testamente von Freistätten die Rede und so allein wirkten sie Gutes. *) Waz der rok hät abeganc, als vil ist der ſchuoch ze lanc und diu ſpitze an den ſchuohen vorn, als diu krumpen widders horn . . . . als die ſtorken habent gank ist ir gank und ir gebaer'. - r *) Ich hän betrahtet hie und dort, gar üf ein ende und ort dirre werde irregane, daz diu an witze ist só kranc, daz sie niht bedenken wil, dazsi in ernest ode in pil, daz wunder dazgot hät getän mit dem töde an froun an man, iezuo mèr dan zehen jär... daz ist ein nöt vor aller nöt, daz nieman den gemeinen töt wil niht fürhten noch besorgen. Der hiute lebet der ſtirbet morgen. Des solte wir uns ſtaete bedenken und zuo guoten dingen lenken unser herz und daz gemüete, und vlizen uns aller güete. Nie kein wunder was só gröz'. Über Heinrich den Teichner. 9Z s Ich halte aber unser Gedicht, und wohl mit Recht, für einen versteckten Angriff auf Herzog Rudolphs IV. von Österreich überstürzte Aufhebung alter Rechte und Freiheiten und namentlich jene der Freistätten in dem neuen Stadtrechte für Wien vom 20. Juli 1361. Ich glaube es ist gegen die Stelle in demselben gerichtet: "Wir tuon abe alle friunge, fwer die in den kreizen des ſtatfrits ze Wienne her bräht hät'. Kurz, Österr. unter Herz. Rudolph IV. S. 369. Unser Gedicht wird somit wohl in oder nach dem Juli 1361 entstanden sein. Noch entschiedener als Gelegenheits-Gedicht gibt sich das bei Lassberg im Liedersaale 3, 269–271 stehende mit der Uberschrift 'Papst und Keiser zu erkennen. Unser Dichter ward nämlich aufgefordert, etwas über die politischen Verwirrungen seiner Zeit zu dichten. Da antwortet er, dies sei schwer, ja gefährlich. Denn wenn er die beiden Häupter der Christenheit ins Auge fasse, so dürfe er nicht tadeln, denn die seien beide heilig, heilic vater, heilic rich', und es gezieme sich nicht, sie zu recht zu weisen. Alle Verwirrung sei jetzt durchs Geld entstanden. Der Papst besteure die Geistlichen, der Kaiser aber nehme sich ihrer an, ebenso manche andere mächtige Fürsten. Das geschehe wohl auch nur, weil sie vielleicht selbst Kirchen und Klöster ihrer Länder brandschatzen wollen. Was er nun sagen möge, immer werde er nach einer Seite hin verletzen. Es werde ihm dann gehen wie jenem Pfeiffer, dem der eine blasen befiehlt, der andere schweigen. Da geh es in jedem Falle dem Pfeiffer an den Pelz. Jetzt eben gebiete der Papst, die Geistlichkeit solle den sechsten Theil ihres Einkommens (den sehsten nuz' heisst es Zeile 41) nach Rom steuern und der Kaiser verwehre es. Das sei gerade so wie mit dem Pfeiffer. Er werde sich zu hüten wissen, hier zu entscheiden u. s. w. Man sieht, hier liegt eine bestimmte Thatsache zu Grunde die unserem Gedichte voran ging, wenn nicht es veranlasste, ich meine die Einforderung des sechsten Pfennings von dem geistlichen Einkommen. Schon im Jahre 1359 auf dem Reichstage zu Mainz hatte sich Kaiser Karl IV. entschieden gegen die Einsammlung eines ausserordentlichen Zehents vom gesammten geistlichen Einkommen erklärt, und dem päpstlichen Gesandten Philipp von Cabassolo, Bischofe von Cavaillon, seine bestimmteste Weigerung kund- gegeben. Pelzels Leben Karls IV. 2, 594. Es ist nicht zu zweifeln, dass die wiederholte Einforderung einer noch ungleich höheren Steuer bei ihm auf noch ernsteren Widerspruch wird gestossen sein. Wann aber wurde diese Forderung gestellt? Wo ist die Bulle die sie anordnete? Diese kann ich allerdings im Augenblicke nicht beibringen, wohl aber eine andere Urkunde die diese Einsammlung, als im Frühjahre 1364 geschehen, unwiderleglich darthut. Da sie ungedruckt, kurz und für unseren Zweck wichtig ist, mag sie in der Anmerkung ein bescheidenes Plätzchen finden, um so mehr, als ihr höhere als blos örtliche Bedeutung zukommt, besonders wenn die Bulle Urbans V. wirklich nicht gedruckt ist, wie ich vermuthe“). *) Ego Johannes plebanus Ecclesie ſancti Laurencii in Mürzthal Salzburgenſis dyocesis in Jure Canonico licenciatus ac ſedis apoſtolice ſubcollector Notum facio vniuerſis preſentes literas inſpecturis ac aliis omnibus quorum intereſt uel intererit. Quod venerabilis in christopater dominus Herbordus Abbas Milstatensis ordinis ſancti Benedicti Salzburgensis dyocesis michi apoſtolice fedis nomine tradidit ac in veritate realiter numerauit et assignauit nomine ſubsidii auctoritate sedis apoſtolice ab ipſo petiti ſextam partem omnium redituum fructuum etprouentuum ecclesie ſue antedicte eo quia predicta sua ecclesia non erat nec est in regiſtris apostolice Camere taxata ac nomine eiuſdem ſexte partis perſoluit Sexaginta florenos aureos boniac legalis ponderis Petens humiliter ac deuote quatenus excomunicationis ac interdicti sententias si quas ob negligenciam solucionis subsidii antedicti Idem Abbas fuaque ecclesia quomodolibet incidissent misericorditer tollerem ac plenarie relaxarem qua propter dictum dominum Herbordum Abbatem Milstatensem et eius ecclesiam nec non omnes alios quorum interest habentes ad hoc plenam potestatem de predictis lx" florenis si et in quantum predictam sextam partem plene constituunt preſentibus quitto ae quittum et quittos pronuncio et decerno. Ipſum insuper Abbatem ab excomunicationis sententia absoluens ac interdicti sententiam ſi quam ecclesia sua hac racione contraxerit plenarie relaxando. In cuius rei teſtimonium sigillum meum preſentibus est appenſum Actum Salzburge in domo habitationismee. xvj die Mensis Aprilis Anno domini Millesimo C. C. C. l. xiiijo Hora veſperarum uel quasi preſentibus diſcretis viris Friderico layco dicto Weizzenekker Vlrico dicto Hofman layco familiari meo teſtibus ad premissa vocatis ſimul et Rogatis (1364, 16. April, Salz- burg). (Siegel fehlt.) (K. k. geh. Haus-, Hof- und Staats-Archiv.) 94 Th. G. v. Karajan. Die Einforderung wird also wohl im Jahre 1363 befohlen und unser Gedicht ohne Zweifel um dieselbe Zeit entstanden sein. - - d Die eben Mode gewordene Ritterfahrt nach Preussen, mit welcher Herzog Leopold von Österreich im November 1370 begonnen hatte, vergl. Lichnowsky Gesch. d. Haus. Habsburg. 4, 141; und Kurz Öst. unter H. Albrecht III., 1, 77, gibt unserem Heinrich in dreien Gedichten Veranlassung, über diese nach seiner Ansicht thörichten Feldzüge tüchtig loszuziehen. Doch wir wollen ihn lieber selbst hören. So schildert er in der Handschrift C, Blatt 210“ einen verliebten Narren der sich um die Gunst einer Spröden bewirbt, und da sie sich immer und immer weigert alle möglichen Mittel anwendet, um ihr Herz endlich zu erweichen. Unter anderem lässt er sich auch vernehmen, er wolle seinen Bart so lange ungeschoren lassen, bis er heimkehre von der Fahrt nach Preussen die er der Geliebten zu Ehren gelobt habe"). Bei einer anderen Gelegenheit, in dem Gedichte: Wie ein gewaltiger herre leben sol', Blatt 66“ der Handschrift A, bemerkt Heinrich: Mancher fährt ritterlicher Thaten wegen über Meer. Es wäre wohl besser, er liesse es und bliebe bei seinen Leuten. Schützte er die, so dass ihnen kein Unrecht geschehe, damit würde er eben so heilig, als wenn er dort in Preussen gekämpft hätte"). Ja im Gedichte: Daz die herren niht Vride ſchaffent', Blatt 172“ bis 173“ derselben Handschrift, lässt er sich noch viel bestimmter über diese Grille seiner Zeit vernehmen. Kein Vernünftiger sagt er könne sich über diese Preussenfahrten freuen. Man schütze vor, es geschehe der Gottesmutter zu Ehren, lasse aber dabei in der Heimath Witwen und Waisen im Elende'. 'Der edle Ritter schaffe lieber da Schutz und Ordnung, so dass er die Armen rette, Raubburgen und andere Schädigungen welche die Leute von dem Ihren treiben, verhindere. Wer den Armen weh thue an Leib oder Gut, der sei auch ein Heide, auf den sollte man vor Allem los schlagen, dann erst zu den fernen Heiden ziehen. Aber der Ritter der hier Übles wisse und nicht Ordnung schaffe, sondern nur dort hin fahre, an dem sei nichts'. Will er ums Himmelreich fechten, so schlichte er vorerst das Unrecht seiner Heimath. Da wird er des Fechtens nicht müssig werden. Sage er da in der Schranne jedem die Wahrheit, dann könne er auch recht bald erschlagen und heiliger werden als je auf einer Preussenfahrt. Und wenn ich mir denn fährt er fort die guten Ritter so denke. Brächten sie doch noch gute Sitte, Tugenden oder wenigstens ein gutes Gericht ins Land, dann sollte es mich nicht Wunder nehmen, so bringt aber keiner auch nur das Geringste heim, sondern sie führen nur noch Geld aus dem Lande in die Heidenschaft, während Ritter und Knechte daheim in Armuth darben'"). u. Aus allen diesen Stellen geht so viel unwiderleglich hervor, dass die sie enthaltenden Gedichte noth- wendig nach dem November 1370 entstanden sein müssen. - In eine etwas spätere Zeit noch und zwar in die Jahre 1372 bis 1375 scheint das Gedicht zu gehören: Von unfrid zwischen dem landesfürsten und den herren', Blatt 126“ der Handschrift C. In ihm wird die *) Ez werde dan diureis volbräht, der ich gein Priuzen hän gedäht'. _ ") Maneger vert durch ritter tät über mer. Des waer wol rät, waer der sinen liuten bi und taete die unrehtes vri. Dä würde er als heilic mit, sam er dort ze Priuzen ſtrit'. «. ") Als nü von der Priuzenreis, der vreut sich selten ein weis. Ez sol durch unser vrowen sin. Er laet arme liut in pin, witwen, weisen in sim lant'. . . Daz so ein ritter, daz waer reht, wider tuon und wider ſtän, sö hiet er als vil lónes van, sam mit der Priuzen vert. Daz er dä heime die armen nert, roubhiuser, ander ſchaden, daz die liut hät überladen und ſie von dem iren ſcheid. Er ist immer genuog ein heid, der den armen übel tuot umb ir lip und ir guot. Die solt man des êrsten slahn, dar näch üf die heiden gähn. Aver wiln er übel weiz und ungeriht in sinem kreiz, und laet daz unberihtet ſtän und vert dä hin, dä ist niht an'. "Welle er vehtn umbz himelrich, ſó mache erz dä heime gelich, waz dä unrehtes si. Er wirt niemère vehtens vri, daz er in der ſchrannen ſeit iedem man die wärheit. Er würde erslagen in kurzer zit und würde als heilic mit dem ſtrit, sam mit keiner Priuzenvart'. 'Nu gedenk ich an die ritter guot: braehtens doch ein guoten fit, oder etelich tugent mit, ein guot gerihte in disiu lant, só taet ez mir doch niht só ant, nu siht sie niemen niht bringen. Sie füerent niur die pfenninge üz dem lant in d'heidenschaft, ritter, kneht die sint behaft mit armuot in disem lant'. Über Heinrich den Teichner. 95 Sage vom Gleichnisse des Menenius Agrippa über die Widersetzlichkeit der Glieder des menschlichen Körpers aufgeführt und dann bemerkt: "Land und Leute, die sich von ihrem Fürsten lossagen, können kein dauerndes Heil gewinnen, so wie auch der Fürst ohne Hilfe der Landschaft nicht bestehen kann...... So sind wir die Glieder des Fürsten und er unser Bauch. Eine Trennung ist hier nicht wohl möglich. Wie jeder Landstand zu vollkommener Treue ohne alle Widersetzlichkeit dem Landesherren verpflichtet ist, so soll auch der Fürst an seinem Theile zu gleichem verbunden sein“). Auch zu diesem Gedichte scheint mir die Veranlassung in den Ereignissen jener Tage zu liegen. Ein Jahrbuch des Klosters Zwetel, bei Pertz Monum. SS. 9, 694, 48 und 52, hat uns nämlich aus den Jahren 1372 und 1375 drei Fälle von Widersetzlichkeiten der Landherren gegen den Herzog aufbewahrt, und wie vieles andere mag geschehen sein, dessen unsere dürftigen Quellen gar nicht erwähnen. Obige Quelle berichtet nun zum Jahre 1372: Herzog Albrecht habe die Burg Schoenberg im W. O. M. B. belagern müssen, bis sich endlich ihr Herr, dominus Schoenbergarus', also ein "lantherre, demselben auf Gnade und Ungnade ergeben habe. Gleiches erzählt die Quelle zum nämlichen Jahre von der Burg zu Grueb im V. U. M. B., nördlich von Stockerau, welche der Herzog durch vier Wochen belagern musste, bis sich endlich ihr Besitzer, der herzogliche Truchsesse Albert von Grueb, seinem Herren ergab. Noch erbitterter und ungleich gefährlicher war die Widersetzlichkeit des Grafen Heinrich von Schaunberg, welche eben diese Quelle zum Jahre 1375 berichtet. Sie führte zur Belagerung der Burg desselben. Bei dieser Gelegenheit wird bemerkt, der Herzog habe dabei nichts Entscheidendes erwirken können, nam aliqui barones ejus', also wieder lantherren', fuerunt proditores, id est Holwanger, scilicet dominus Haidenreich de Maissaw et quamplures domini', so dass der Herzog die Belagerung aufgeben musste. Er habe später mehrere dieser Landherren für ihre Treulosigkeit empfindlich gezüchtigt, darunter, ausser dem Meissauer welcher wie wir wissen Hofmarschall des Herzogs war (man sehe Wurmbrands Collect. S. 287), dessen Obersthofmeister Hannsen von Liechtenstein und andere. Die Warnung Teichners hatte also, wie man sieht, wohl ihren guten Grund in den erwähnten Ereignissen seiner Zeit. Hiemit sind wir bei dem letzten Gedichte angelangt, das, mir wenigstens, bestimmte geschichtliche Anhaltspuncte zu gewähren schien und zugleich uns belehrt, dass Heinrich den September des Jahres 1377, in welchem Gregor XI. den päpstlichen Stuhl wieder nach Rom zurück verlegte, kaum erlebt haben dürfte. Er erzählt nämlich in diesem langen Gedichte das sich in der Handschrift C auf den Blättern 233" bis 236“ erhalten hat, wie ihn einer gefragt habe, ob denn die Welt je wieder sich bessern werde? Da habe er geantwortet, er hoffe dies nur, wenn Papst und Kaiser die Besserung selbst in die Hand nähmen, und beide zu Rom sesshaft würden. Denn wie es unmöglich sei, dass ein Mensch dem das Haupt abgeschlagen und von dannen geführt sei, leben könne, eben so könne das römische Reich sich nicht erheben, so lange seine beiden Häupter ferne hindan geführt seien. Desshalb sind wir auch so lange Zeit wehrlos gewesen. Gewährt uns Gott das Glück, dass die beiden Häupter des römischen Reiches wiederkehren und ihre Glieder an sich ziehen, dann könne es wieder so werden, wie einst, als die Gewaltigen hoch empor gerichtet waren'. . . . . . Sie sollen auch niemals fliehen, weder der Papst noch der Kaiser, sondern überall an der Spitze stehen'. . . . Wo der Hauptmann fliehe, da sei das ganze Heer geliefert. Der wichtigere Theil dieses langen und ungedruckten Gedichtes mag in der Anmerkung Platz finden“). *) Lant und liute eins vürsten hol mac die eng niht wol genesen, ſö mac ouch der fürst niht wesen än die hilf der lantschaft'. . . . alsó sin wir des fürsten glider und er unser büch her wider, daz mans niht wol geteilen kan. Alsó ein ieglich lantman ist gebunden dem landeshern ganzer triu än allez wern, alsö sol sin der fürst hinwider reht gebunden denselben sider'. ") "Von dem päbest'. Einer vräget mich der maer: ob daz iht verſehlich waer, daz diu werlt ſich wider kërt von ir bösheit, diu sich mèrt, oder obz noch bezzer würde'? Dö ſprach ich: 'ir ſünden bürde der mac nimmer werden pfant, danne ez naemz der päbst in hant und der keiser mit ir kraft. Daz sie würden ſidelhaft beide ze Röm, ſó würde gerechen oft ein krümbe, die wir ſehen, die 96 Th. G. v. Karajan. Aus diesen Äusserungen geht ganz klar hervor: einmal, dass unser Gedicht nothwendig vor dem September 1377 verfasst sein muss, weil durch die Rückverlegung des päpstlichen Stuhles nach Rom, die in diesem Monate erfolgte, unserem Heinrich für seine Klagen und Hoffnungen nach dieser Zeit jeder Grund gefehlt hätte, und zweitens, dass unter dem allenthalben erwähnten Kaiser nothwendig Karl IV. zu verstehen ist, des heiligen römischen Reiches Stiefvater', wie ihn die spätere Zeit nannte, und der auch von seinen Zeitgenossen bitter getadelt wurde, weil er meistens ausserhalb Deutschlands lebte und überhaupt weniger des Reiches als seinen eigenen Vortheil im Auge hatte. Es erübrigt nur noch die im Eingange unseres Abschnittes erwähnten beiden Gedichte anzureihen, welche allerdings sich auf bestimmte geschichtliche Vorgänge beziehen, deren Nachweisung mir aber dermal wenigstens nicht gelingen wollte. Vielleicht sind andere glücklicher als ich. * » Das Gedicht mit der Überschrift: Von dem scheffe, in der Handschrift C auf Blatt 211“, beginnt folgendermassen: Mir sagte einer eine seltsame Neuigkeit. Es sei zwischen Baiern und Österreich, bei der Stadt Linz ein Schiff aufgestellt worden, welches Leute nach Ungern und zwar nach Ofen führen sollte'. Die Münchener Handschrift E, Bl. 82“, hat statt Ofen flanckmund' d. i. Alt-Slankament in der jetzigen Militärgrenze, beim Einflusse der Theiss in die Donau. Alle die von grossem Besitze in Armuth verfallen seien, die sollten auf dieses Schiff gehen'. An diesen Eingang nun knüpft Heinrich allerhand gute Lehren und Warnungen, als: man solle nicht jeden Taugenichts aufnehmen, denn er werde doch nichts Nützliches schaffen u. s. w. Docen in Aretins Beiträgen 7, 329 und 9, 1086 erblickte in diesem Schiffe nur die Idee des späteren Narrenschiffes. Wollte man dies auch rücksichtlich des hierauf im Gedichte Folgenden zugeben, so scheinen mir dennoch die örtlichen Erwähnungen des Einganges auf ein geschichtliches Ereigniss zu deuten, das zu dem Folgenden nur die Veranlassung gab. Zu vergleichen ist übrigens der Abdruck dieses Gedichtes mit hergestelltem Texte in Seb. Brants Narrenschiff, herausgegeben von Fr. Zarncke, S. LXI und LXII. Bestimmtes aber über diese Ausrüstung eines Schiffes mit Ansiedlern, wie es scheint, konnte man niht erwern kan äne die zwën gewaltic man. Wie ez niht müglich waere gelich, daz ein mensche üferdenrich möhte geleben näch den tagen, dó im daz houbt wart abgeslagen und von dannen gefuort ein rast: alsö lit der körper tast üf dem römschen ertrich, des gelouben christenlich beidiu houbt hin danne gescheiden, wo bi drizec tageweiden. Des sin wir lange zit entwert. Wanne uns got die ſeelde beschert, daz diu houbt her wider kaemen und diu gelider an sich naemen, sö würde ez noch als guot sam vor, dödiu gewaltigen wärn enbor. Swen man ſträft der ſprichet drät: "nu sint die niht an ir ſtat, die ze vordrist ſolten gän, als sie wol gehoeret an in der kristen ordenunge bant'. "Wennes kaemen üfir ſtant, ſö waere got ir helfaere vor al daz wider waere. Waern diu houbt am büche beſtanden, só waere fride in allen landen, und kaemn diu houbet her wider an den büch, só würde sider ieder mensch dest baz betwungen in fin rehte ordenunge, daz die priester giengn als phaffen, ritter ritterlich geschaffen'. . . . . . . Alsó hät der Sàtanäs die gewaltigen leien, phaffen, die zer gewaltsint beschaffen, mit der gitekeit gestillet, daz ir keiner nimmer billet, als er billich kallt und ſchrir. Niur: hil du mir, só hil ich dir', dä mit ist diu herde verlorn, daz man nimmér ſträft als vorn'. . . . . . des kan nimmer werden bant, ez müest unser herre machen andriu houbt von niwen ſachen üf den büch der kristenheit, der gemüet niht anders seit, dan gerehtikeit üf haben näch der alten buochstaben, daz man geschriben reht liez gän, só würde ez noch als guot dä van sam vor ie bi keiner zit, daz man noch gerne lebte sit. Aber diu wil daz niht geschiht, sö wirt ez boeser, bezzer niht . . . . . . Dä mit macht mich niemen heiser, daz ich ſprich: der päbst, der keiser solten bi einander sin, ze Röme in solhem schin, mit der triwe und mit begir.' Swaz dir wirrt, daz wirrt ouch mir', ſpraech der keisr dem päbest zuo, wir sullen nimmer haben ru0, und ſwaz din ban niht über mac, só verhenge ich minen flac mit minem ſwerte iſnin'. Alsö soltens hellic sin, triu und wärhaft mit einander. Doch ein keiser hät wol wander in allen kristenlanden vol, dä man unreht wern sol und der wärheit bi gestän und sich dar umb toeten län. Pàbst und keiser suln niht vliehen vor dem töt, dazwil ich ziehen an Sant Pétr in ſolhem dinc. Der vloch ouch des tödestwine üz der ftat der Römaere. Dó vuogt ſichz in dem maere, daz im unser herre erschein. Dö verjach Sant Péter rein: lieber her, war hästu muot'? Dó ſprach er: "ich wil mins bluot noch mèr vergiezen in der ſtat für der menschen missetät'. Dó verstuont Sant Péter zehant, daz er soll der marter bant in Römaere stat empfähen, und begund hin wider gähen. Dà bi ist ze merken wol, daz der bäbst niht vliehen ſol noch der keiser tödes hitze. Sie solten stn an der ſpitze, dar näch bischofe und die andern'. . . . . . Dazhimelrich mac niemen bejagen, er muoz daz leben drumbe wagen und ein hiute umb d'ander geben. Wellens aber näch pfenninc ſtreben und ſich dä mit teilen läzen, só gènt sie vil ein ander ſträzen, dan Sant Péter der guot. Swá ein houbtman vliehen tuot, daz ist dem ganzen her ein bruch'. «) Über Heinrich den Teichner. 97 ich nicht auffinden. Vermuthen liesse sich, dass sie auf Veranlassung oder mit Gutheissung König Ludwigs geschehen sei, der deutschen Ansiedlungen in Ungern günstig war“). » Das zweite hier anzureihende Gedicht nimmt unsere Wissbegierde in noch höherem Grade in Anspruch. Es ist längst gedruckt in Lassbergs Liedersaal 1, 627, und betrifft die geheimen Gesellschaften jener Zeit. Teichner spricht sich in diesem Gedichte das wahrscheinlich auch durch ein bestimmtes, uns leider unbekanntes Ereigniss veranlasst wurde, entschieden gegen die geheimen Gesellschaften aus. Es komme durch sie nichts Gutes zu Stande, meint er, man gebe nur seinen Willen in ihnen gefangen, während sie einem gesunden Rechtsleben zum Nachtheile gereichten. Man schwöre sich gegenseitig Unterstützung zu und dadurch sei selbst vor Gericht kein Recht zu finden für den, der in keiner solchen Verbindung stehe. Fassen wir das Ergebniss unserer bisherigen Untersuchung über die Lebenszeit Teichners aus den angeführten zehn Gedichten, deren geschichtliche Grundlagen sich auf bestimmte Jahre zurückführen lassen, übersichtlich zusammen, so stellt sich für die Reihe derselben folgende Jahresfolge heraus. Für das Gedicht I 1328–1330; für II 1350 ff.; III 1359, 1360 ff.; IV nach dem Juli 1361; W 1363 ff.; VI, VII und VIII nach dem November 1370; IX 1370–1375; endlich X vor dem September 1377. Es ergibt sich also im Ganzen, wenn man obige Jahresfolge auf die im äussersten Falle möglichen Grenzen zusammenrückt, die Zeit von 13.30 bis 1375, oder eine Reihe von 45 Jahren für die Zeit der dichterischen Thätigkeit Teichners, was, nimmt man etwa zwanzig Jahre für den Anfang derselben an, für Heinrich eine Lebenszeit von etlichen sechzig Jahren bedingt. Doch wir wollen sehen, ob sich nicht in den Werken unseres Dichters auch noch Bestätigungen anderer Art für unsere Annahme finden lassen. Es scheint mir aber zweckmässig, bevor ich diese neuen Belege über das Alter unseres Heinrich vorführe, ihn selbst über die Zeitgrenze zu befragen, die ihm als media vita', als 'äge de retour' erschien. Er bleibt uns auch hierüber die Antwort nicht schuldig, und wir lernen aus ihr, dass ihm nicht wie uns das vierzigste Jahr als Höhenpunct der besten Kraft erschien, sondern dass ihm für die Mitte des Lebens die Reihe der nächstfolgenden zehn Jahre galt. Er äussert nämlich in dem Gedichte Von der sèle', Blatt 156" der Handschrift A: Wenn der Mensch zu den Fünfzigen gelangt, versteht er es am besten zu gebahren. Er steht zu der Zeit in der Fülle seiner Kraft und dessen was er zu leisten vermag, denn er hat die Mitte seines Lebens erreicht.“). v. - Wir werden also, diesen Gesichtspunct unseres Heinrich im Auge, Äusserungen wie die folgenden nicht wohl in die Zeit vor seinen Fünfzigen zu setzen haben. Wenn er z. B., Lassbergs Liedersaal 3, 291, Z. 76, bemerkt, er habe die Welt ausgekostet, ihr Wesen, ihren Lohn erfahren. Von nun an wolle er anders leben. Die Zeit die ihm noch gegönnt sei, die ihm die Welt noch nicht entzogen, um die sie ihn mit ihrem schalen Wesen noch nicht betrogen habe, zu besserem verwenden. Oder wenn er ebenda S. 296, Z. 37 ff., vom tollen Springen beim Tanze der neuesten Zeit sprechend, bemerkt: "Ich denke wohl noch an die Zeiten in denen es anders war, in denen ein Tänzer ein Glas voll gewürzten Weines auf seinem Haupte tragen konnte, ohne es zu verschütten, und man den Reigen ruhiger tanzte als jetzt. Grau von Haaren nennt sich übrigens Teichner wiederholt. So in dem Gedichte: Von der werde, Lassbergs Lieders. 1, 458, Z. 46, und in jenem Won ammen und kammerwiben', Bl. 202" der Handschrift C. W ”) Mir sagt einr ein ſeltſam maere, wie ein ſcheff gestellet waere zwischen Beirn und Österlant bi der ſtat daz Linz genant. Daz solte liut gein Ungern tragen, hin gegen Öfen hörte ich ſagen. Al die von grözem guot kaemen, vieln in armuot, die solten üf daz ſcheff gän’ etc. »- , «. «- *) Swen der mensche ist bi fünfzic järn, só kan er aller best gebärn und ist in der besten kraft, und ist ouch sin meisterſchaft aller beste bi der zit, die wile er üf der mittelit'. Denkschriften der philos. – histor. Cl. VI. Bd. 1Z 98 Th. G. v. Karajan. In anderen Gedichten aber schildert er sich geradezu als alten Mann, ja Greis. So in jenem: Von der werlt louf, C. 264“, in dem er sich wehmüthig so vernehmen lässt: Wie war ich doch unbesonnen, dass ich noch in kräftigem Alter so viel sündigte, und wusste doch die Zeit nicht in der der Tod mich ergreifen würde. Da bildete ich mir thöricht ein, das wolle ich abbüssen, wenn ich einmal alt würde. Nun kann es aber so kommen, dass ich niedergebeugt von Leiden und Klagen nicht mehr die Kraft besitze zur Busse oder die Schärfe der Einsicht, um des heiligen Geistes theilhaftig zu werden, der mich anregt, das Üble zu lassen, das Gute zu thun. Denn wahrlich dazu ist die höchste Zeit, da das Alter bereits auf mir lastet. Oft denk ich mir: du willst nimmer froh werden und nur Busse thun, und doch ists, als thät ich nur einen Streich ins Wasser!'“) Noch trauriger klingt folgende Stelle in dem Gedichte "Von der sèle, Handschrift A, Blatt 263“, aus der man so recht den Greis klagen hört: "Darüber bin ich mit mir im Klaren. Als ich ein junges Blut noch zunahm an Kraft und aufwärts stieg als Mann, da hatte ich froheren Muth als jetzt, da es zur Grube geht. Ich erinnere mich noch der Zeit, da ich an einem Tage weiter ging, als ich jetzt in zweien reiten kann, dass ich den Berg hinan schneller lief, als ich ihn jetzt abwärts gehe. Was man selbst erfahren, das glaubt man ungleich besser, als was einem die Leute sagen. Wie oft hört ich, das Alter komme mit Beschwerden heran, dennoch wollt ichs niemals glauben, bis ichs jetzt selber erfahre und dulde. Im Alter', fährt er fort, 'könne man nicht mehr so wirken, wie in der Jugend. Es gehe einem mit dem Körper fast wie dem Handwerker mit seinem Werkzeuge. Abgenützt wirke es nicht mehr so gut, könne aber geschliffen werden, nicht so unser Körper’. (Genau derselbe Gedanke begegnet uns im Buche der Weisheit, Handschrift F, Blatt 13".) Dann könne man seine Kraft nicht wieder gewinnen. Der Körper empfinde im Alter täglich nur neue Schmerzen, bald am Haupte, bald im Herzen und den ganzen Leib entlang'“). Auch an einer anderen Stelle, Handschrift A, Blatt 174", spricht Heinrich von seinem siechen und kranken Körper", schildert sich aber dort noch als einen Mann, der die Wahl habe, ein Weib zu nehmen oder nicht. Wir müssen also annehmen, dass ihn die eben erwähnten, im Alter gewöhnlichen Leiden doppelt schwer werden getroffen haben. » Sie werden aber nicht wohl vor dem Ablaufe seiner sechziger Jahre anzunehmen sein, da sich Heinrich noch mit Fünfzigen kräftig, ja auf der Mitte des Lebens stehend fühlte. Rufen wir uns nun ins Gedächtniss, dass wir oben die geschichtlichen Spuren in seinen Gedichten bis zum Jahre 1375 herab verfolgen konnten, und schlagen wir jetzt von dieser Jahres-Summe die Mehrzahl der sechziger Jahre Heinrichs, etwa 66 bis 68, ab, so ergibt sich in runder Zahl das erste Jahrzehend des vierzehnten Jahrhunderts, also 1300 bis 1310, als die Zeit, innerhalb welcher nothwendig das Geburtsjahr unseres Dichters zu suchen ist. Ein Ergebniss das zu der oben auf anderem Wege gewonnenen Folgerung einer 45 Jahre währenden schriftstellerischen Thätigkeit Heinrichs überraschend stimmt. Wir sind somit, wenn nicht alles täuscht, von nun an im Stande, mit grösserer Bestimmtheit als bisher, die Lebenszeit Teichners anzugeben. Est ist dadurch für die Literaturgeschichte in Bezug auf die *) Ich hän mich sère überdäht, daz ich mit mines libes maht é gesündet hán sö vil und -weste leider niht daz zil, wan der töt mich grifet an. Alsó het ich tumben wän, ich welle büezen werd ich alt. Sö wirtz lihte alsö gestalt, daz ich niht gebüezen mac vor leid unde jämerklac, und hän lihte niht den ſin näch des heilgen geistes gewin. Der sendet mir in minen muot, daz übel läzen, tuon daz guot. Des waere wärlich michel zit, sit daz alter üf mir lit. Ich gedenk mir dicke alsö, ich welle nimmer wesen frö und niur büezen alle tac, daz ist als ein wazzerslac !' *) Bf mir selp ich wol verstän, die wile ich was ein stigent man mit der kraft in jungem bluot, dö was mir vil baz ze muot, danne sigent iezuo ze grunt. Ich gedenk wol noch der ſtunt, daz ich verrer gie ein tac, dan ich nu zwén geriten mac, ouch ich gèn berge sneller lief, dan ich nu gèn gegen der tief. Waz ich versuochet hän min tage, daz geloub ich vil baz dan die sage. Nü ist vil vom alter geseit, wie daz kom mit arbeit, und geloubte sin nie wol, unz ichz nu selp versuoch und dol'. ... .. Daz ist al am lip verlorn, den man nimmer mac geslfen, daz er müge sin kraft begrifen. Er empfint niur niwer ſmerzen, alle tac im houbt, am herzen und im ganzen lip zetal'. Über Heinrich den Teichner. Einreihung unseres Dichters an der ihm gebührenden Stelle festerer Boden gewonnen. Es erübrigt aber zur genaueren Kenntniss dieses Mannes, sowohl in Bezug auf seine äusseren Lebensverhältnisse, als auf die Darstellung seines inneren Wesens, die Untersuchung noch mancher Einzelnheiten. So ist es, um gleich nach dem Nächsten zu greifen, in unseren Literaturgeschichten fast zur stätigen Formel geworden, Teichner einen österreichischen Dichter zu nennen aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts, der sich grösstentheils zu Wien aufhielt. s r Was von dem zweiten Theile dieser Signatur zu halten ist, haben wir oben gesehen und lässt uns jetzt, nachdem wir einmal zu zweifeln begonnen haben, nicht ruhen, bis nicht auch die übrigen Theile eindringlicherer Prüfung unterzogen sind. Heimath, Aufenthaltsort. Ein schlagendes Zeugniss für die Heimath Heinrich des Teichners, sei es nun durch eigenes Geständniss, wie bei Wolfram von Eschenbach, Ulrich von Liechtenstein, Seifrid Helbling, Ottacker, Jansen von Enenkel u. s. w.; durch örtliche Bezeichnungen, wie bei Gottfried von Strassburg, Rudolf von Ems u. s. w.; durch urkundliche Nachweisungen, Angaben von Zeitgenossen oder Späterer findet sich leider nirgends vor. Wir sind daher bei ihm lediglich auf die nähere Prüfung und Erwägung seiner Werke nach Sprache und Inhalt angewiesen. Was vor Allem seine Sprache betrifft, so lässt sich aus ihnen eine Reihe von Beweisen aufführen, welche ihn entschieden der österreichisch-bairischen Mundart zutheilen. So z. B. der zuweilen wiederkehrende Reim o: a, so briutegom: an. Lassbergs Liedersaal 1, 451, Z. 3, varn: zorn, C. 83“, enbarn: verlorn, A. 9“, und unzählige Male von: an: man und noch schärfer ausgeprägt o: á in von: verlän, A. 10“, während im Innern der Verse überall nur von begegnet. Ferner diesem Verhältnisse entsprechend, und zwar durch Vermittelung eines in o abgeschwächten ou, Reime wie boum: genam. A. 54“ und zweimal noch geschärft zu louft: fläft, C. 104“ und D. 141". Ferner kaem: boum, E. 73“, Col. a; kaemen: böumen, A. 23"; ſaech: ouch, A. 63"; äffen: roufen, A. 22“. Also dialektisch: kam: bam; kamen: bamen; ſah: a; affen: raffen. Vergl. Schmellers Gram. 40. Obwohl, wie ich schon oben bemerkte, Teichner den Reim wie Vers in der Regel sorgfältig behandelt, wodurch diese Abirrungen nur noch mehr ins Gewicht fallen. Die Ausbeute würde desshalb auch für den der vollständige Verzeichnisse über alle Werke Heinrichs besässe, nicht sehr ergiebig ausfallen. Dieser Mundart ist ferner beizuzählen das häufige Vorkommen der Nebenformen mahte, mehte für mohte, möhte, hiet, III. sing. praet. conj., A. 24“, 25"; mier: tier, A. 231"; dier: vier , C. 177"; in = intus: fin, A. 4“, A. 150"; drin=tribus: fin, A. 196"; die Adverbial – Formen iendert, niendert allenthalben. Vergl. Gr. 3, 221 und Schmeller 1, 7; die in allen Handschriften wiederkehrende Verwendung der Anlaut-Partikel er- in der Form von der–; der ziemlich stätige Gebrauch der Formen bischolf, suone =judicium, suon=filius. Noch hervorstechender der Gebrauch des aus einem verlorenen gothischen Dualis gebildeten Pron. poss. enker für iuwer. C. 57“, enk für iuch, es für ir in der bezeichnenden Stelle A. 66": Só ſpricht der rihter enker klag, die es habt üf mich getän, die meht es lieber haben län’, wo es Heinrichen gerade darum zu thun war, die Ungerechtigkeiten heimathlicher Richter zu schildern. Endlich die Verwendung von Worten wie kren für Meerrettig A. 20", Schmeller 2, 385, wepse, wepsen-nest für mhd. wefſe A. 177“, fleiſchbank für mhd. fleiſchranne, fleischtisch C. 193", pentzer, vergl. Schmeller bair. Wb. 1, 182 in C. 5"; ſtadel für mhd. ſchiune, ſchiure in D. 75"; ſinkel=Vertiefung: winkel, A. 14“, Schmeller 3, 274; hamen=impedire, domare, den lip hamen: ſchamen, A. 18“, Schmeller 2, 191; Zadel, A. 18', 27“, = Mangel, Abgang, bei Wolfram, Ottacker, Helbling; aebern = hervortreten, hervorbrechen, A. 40", Schmeller 1, 10; der gilf A. 25" = Zänker, Schreier, Schmeller 2, 39 u. s. w. 13 * 1 0 0 - - Th. G. v. Karajan. Doch alle diese Belege, und ihre Zahl lässt sich noch bedeutend vermehren, beweisen nur, was wir schon beim Beginne der Aufzählung bemerkten, dass unser Dichter entschieden der bairisch-österreichischen Mundart zuzutheilen ist. Mehr lässt sich aus ihnen allein mit Sicherheit nicht erweisen. Dazu müsste sich Heinrich der gesonderten Spielart der Sprache Österreichs gegen jene Baierns mehr hingeben, als er in der That erkennen lässt. Denn alle seine Abirrungen von der gemein - mittelhochdeutschen Sprechweise seiner Zeit sind nur solche, die sich vollkommen gleich auch im Gebiete des Nachbarlandes Baiern beobachten lassen und durch die seltene Sorgfalt Schmellers in dessen Sammlungen Wort für Wort nach- zuweisen sind. Um daher einen Dichter wie Heinrich der sich überhaupt einer reineren Sprache, einer sorgfältigeren Behandlung des Reimes und Verses befleisst, als z. B. sein jüngerer Zeitgenosse Suchenwirt, diesem mit Bestimmtheit als Landsmann beizugesellen, muss sich unser Blick von der Sprache ab, die unserem Beginnen im Allgemeinen nur nicht entgegen sein darf, mehr dem Inhalte seiner Dichtungen zuwenden. Zeigt sich dieser in hinlänglichem Masse als ein überwiegend österreichischer, dann werden wir keinen Anstand nehmen dürfen, Heinrich in dem weiteren Kreise seiner Mundart, dem engeren Österreichs zuzuweisen. Zu diesem Versuche wollen wir jetzt übergehen und hoffentlich nicht vergeblich. Bevor ich aber die nähere Betrachtung der einzelnen, schlagenden Stellen zur Erweisung des Satzes beginne, dass in Heinrichs Werken überwiegend von österreichischen Verhältnissen die Rede ist, muss ich im Allgemeinen bemerken, dass fast alle seine Gedichte in denen von seiner Zeit gesprochen wird, von denselben, geradezu typisch wiederkehrenden Rügen und Klagen erfüllt sind. Immer wieder wird die moralische Verkommenheit seiner Tage geschildert und beklagt; die Sucht zu scheinen was man nicht ist; der Mangel an innerem Gehalte, hinter äusserem Flitterwerke sich bergend; der Übermuth einzelner Stände, namentlich der Bauern; die Entartung anderer; die Werthlosigkeit derjenigen die ihren Mitmenschen voran leuchten sollten durch erhebende Tugenden; die Versunkenheit der Geistlichen in körperlichem Wohlleben; als Gegenstück die Missachtung der Ermahnungen der Besseren aus ihrer Mitte und ihres Ansehens; die Entartung der Ritterschaft, in wohlfeilen Tändeleien und Zurschautragung lächerlichen Gepränges sich kundgebend; die trostlose Beschaffenheit des eheligen Verhältnisses; die Prunksucht der Frauen; ihr Mangel an häuslichem Sinne; ihr Neid gegen andere Frauen; ihre Ungebundenheit in Bezug auf ehelige Treue: dieser entsprechend die gleiche Gewissenlosigkeit ihrer Männer, von denen sie hinwieder oft roh und rücksichtslos behandelt werden; der Leichtsinn, die Unverschämtheit der Dienstleute; diesen gegenüber die harte, schonungslose Behandlung derselben durch ihre Herren; die sittliche, für Höheres fast unempfindliche Stumpfheit dieser letzteren; die unverzeihliche Bestechlichkeit des Richterstandes u. s. w. Alle diese Rügen kehren, wie gesagt, allenthalben wieder und werden an jenen Stellen an denen zufällig schärfere, örtliche Bezeichnung sichtbar wird, so dass sie sich für unseren beabsichtigten Zweck vorzugsweise eignen, nicht etwa anders dargestellt, sondern vollkommen jenen ohne nähere örtliche Andeutung vorgebrachten entsprechend. Dies gestattet uns natürlich den naheliegenden Schluss, dass beide Arten von Rügen und Klagen auf derselben Grundlage ruhen werden, dass unser Dichter überall die sittlichen Gebrechen seiner Heimath geschildert habe, als welche an jenen hervorgehobenen Stellen Österreich ganz deutlich hervortritt. « Wir werden also, gelingt uns die Nachweisung, dass an diesen letzteren unzweifelhaft Österreich gemeint sei, das volle Recht gewinnen zu dem Schlusse, dass Teichner allenthalben die sittlichen und staatlichen Gebrechen Österreichs zum überwiegenden Vorwurf seiner Dichtungen gewählt habe und dass umgekehrt, im Einklange mit seiner Mundart, dieses Land dem er fast ausschliessend seine wärmste Theilnahme, seine reichste Thätigkeit, sein unermüdliches Bestreben für die Hebung der sittlichen Gebrechen desselben widmete, ohne Zweifel seine Heimath wird gewesen sein, mit anderen Worten, dass Heinrich ein Österreicher war. Über Heinrich den Teichner. s “ 1 01 Schon die oben S. 90 folgg. bei den Untersuchungen über die Lebenszeit unseres Dichters in neun Fällen von zwölfen geschichtlich nachgewiesenen, ganz deutlichen Beziehungen auf Österreich können als erste Hälfte des zu liefernden Beweises angesehen werden. Die hier neuerdings hervortretenden Merkmale werden mit jenen vereint nur um so bedeutender ins Gewicht fallen. Ganz entschieden auf Österreich und die uns aus Seifried Helbling I, 586 ff., bekannten verwüstenden Fehdezüge der lantherren im Innern des Herzogthums bezieht sich das Gedicht: von den biurischen herren auf Blatt 62“ der Handschrift A. «. Die Stelle: "Nichts ward je so fürchterlich, als der Bauer auf einem Fehdezuge. Vor ihm kann nichts erhalten werden. Es muss alles mit ihm hinweg, Schlüssel, Löffel, Spindel, Leintuch. Was er nur erhaschen kann, gilt ihm alles gleich'“), muss geradezu eine Parallelstelle zu Seifrids Zeile 658 ff. genannt werden. Heinrich kannte auch wirklich Helblings Gedichte, wie im Verlaufe unserer Untersuchung noch an zwei anderen Stellen nachgewiesen werden soll. «» Und sind denn diese Klagen über die heillose Wirthschaft der als Edelknechte verwendeten Bauern sowie über die kleineren Grundbesitzer oder Landherren die für doch nichts galten als gewappnete Bauern, und zur Zeit der Ernte und Feldbestellung vom Heereszuge schmählich davonliefen, nicht hinlänglich aus Helbling und Ottacker bekannt? Kann ein Zweifel sein, dass auch in der folgenden Schilderung etwas anderes als biurische herren' Österreichs gemeint seien? - Sehr treffend nämlich vergleicht Teichner im gleich darauf folgenden Gedichte derselben Handschrift, auf Blatt 62, unter der Überschrift: von den zwiteren, diese Herren mit Fledermäusen die sich je nach ihrem Vortheile bald als Vogel, bald als Maus gebährdeten. Gilt es ins Feld zu ziehen, so sagen sie, sie hätten auf ihren Feldern zu schaffen, die Landesangelegenheiten gingen sie nichts an. Sollen sie Steuern bezahlen, so rufen sie: wir sind Edelleute. Wir zahlen im Felde mit unserer Haut, mit Schild und Speer dem Feinde gegenüber. So sind sie bald Vogel, bald Maus. Da das Gedicht zu hübsch und nicht zu lange ist, so theile ich es in der Anmerkung ganz mit“). Diese Verhältnisse bezeichnet geradezu als österreichische das Gedicht: von den Österherren, Hand- schrift A, Blatt 171". Der Dichter klagt in demselben, dass die Landherren zu ihren Heerbannszügen Bauern aufbieten, weil sie wohlfeiler zu stehen kämen als Edelknechte. Desshalb geschehe es, dass dieses Volk so gerne entweiche, wenn es zum scharfen Kampfe komme. Man thäte besser, meint er, man liesse sie heimziehen zum Dreschen, sie schafften doch nichts Tüchtiges. Hervorheben will ich aber in diesem Gedichte das ich in der Anmerkung absichtlich ganz mittheile, den Eifer mit welchem Heinrich das Land Österreich gegen den Vorwurf vertheidigt, als sei das Volk desselben feiger Art. Man finde da, meint er, *) Doch wart nie kein dine só vreis, ſam ein büre in einer reis. Dem mac niht vor bestän, ez muoz im allez volgen dan, slüzzel, löffel, ſpindel, blähen. Allez daz er mac ergähen ist im allez ſament gelich'. - *) Ez geschach ze einen ziten, daz die vogele wolten strften. Näch der fledermüs sie santen. Diu ſprach daz sie bekanten, daz sie niht ein vogel hiez, daz man sie der reise erliez, wan sie waere ein müsgenant. Dó verliezen sie sizehant, daz ſie ir an dem ſtrit niht gewuogen. Dar näch ſich die miuse zetruogen, daz sie wolden einander schaden. Dar zuo wart sie ouch geladen. Dó ſprach sie: 'waz gëtiuch an? nu ſeht ir, daz ich vedern hän. Ich gehoere an der vogle pfliht. Alsö gestuont sie dewederm niht, si Wolte vogel und müs wesen. Ie mit wiu si mohte genesen, dä mit wolte sie sich haben. Dem geltchent ſmaehlich knaben, die gebüren wolten sin und dühten sich doch edel und vin, äventiurten mit den edln und übersähen niht ein medl daz dem tanz noch anderswär, ſwä ſich ſamt der tumben ſchar. Swä ſich hebt ein landes nöt, daz der fürst gein hove gebót allen die vom lantiht hän, sönement sie sich arbeit an, sie enhaben niht von dem.lant. Daz geloubet in der fürſte zehant und tuot sie dá heime bestán und hebt aver ein anderz an, legt üfz lant ein gröze ſtiure. Só jehents dan: wir sin ze tiure, daz wir mit den büren zinsen. Wir müezen üf dem velde dinsen mit ſchilt, mit ſper, wir edel liute, dazwir wägen müezen d'hiute. Dà von gebe wir deheine habe. Alsó redent sie sich abe, als der fledermiuse geschach, die man dewederz haben sach und wolt doch beidenthalben Sn. Daz wart an eim büren ſchºn, der hiez lange ein edelman. Dö ſprach in der rihter an umb ein buoz, diu wart genant Waer er ein edel man bekant, só solt er zehen marke geben, hiet er aber eins büren leben, er kaem mit sehzec phenninc ab. E daz er dem rihter gab zehen mark, dötet er reht: er waere gerne edel kne ht'. Nu hänt sich vergangen diu maer, alsó ſprach der Tichnaer. 1 02 Th. G. v. Karajan. tüchtiger Kriegsleute genug. Das sei wie mit den Blumen auf dem Felde, neben der edelsten stünde oft ein werthloses Kraut. Das sei wohl allenthalben so'“). Nicht minder nöthigend spricht für Österreich folgende Stelle in Lassbergs Liedersaal 3, 295, Zeile 10 ff., in dem Gedichte: "Diu niuwe werlt, mit welcher Heinrich an den schon früher durch Neidhart den er mit Namen anführt, geschilderten Übermuth der österreichischen Bauern erinnert. Zu Herrn Neidharts Zeiten, bemerkt er, fand man über die entarteten Sitten der Bauern, ihre Lebensweise, ihre Kleidung, zu tadeln genug. Jetzt sei das Übel von den Bauern auf die Edlen übergegangen und desshalb fehle es auch ihm nicht an Stoff zu Rügen. Also, schliessen wir, ist auch hier wieder von österreichischen Zuständen die Rede. Ein fünftes und sechstes Gedicht lässt uns abermals eine Beziehung zu Helbling und zwar zu dessen Schilderung des Umsichgreifens der schwäbischen Sitten in Österreich gewahr werden. Wie nämlich Seifrid am Ausgange des dreizehnten Jahrhunderts den Einfluss des durch Albrecht I. vom Rheine her eingeführten schwäbischen Adels allenthalben bitter tadelt, so rügt auch Heinrich in dem Gedichte: von den höhen sloiern mit drizec vachen', Blatt 176“ der Handschrift A, und in einem zweiten auf Blatt 92" derselben Handschrift die Sucht seiner Landsleute sich schwäbischer Tracht und Sitte völlig hinzugeben. Diese Mode war so allgemein verbreitet, dass unserem Dichter sogar ein eigenes Wort zur Bezeichnung derselben zu Gebote stand, das er auch in mehreren anderen seiner Gedichte ohne alle weitere Erklärung verwenden konnte. Man hiess sie nämlich rinischeit', das ist 'Rheinischheit'. Wir lernen dadurch erstens, dass auch jene anderen Gedichte in welchen die Rheinischheit getadelt wird, auf Österreich zu beziehen sind, und zweitens, dass Teichner überall, wo er von den landen oder 'disem lande spricht, Österreich meint, wenn er sich nicht durch einen besonderen Zusatz für ein anderes Land ausspricht. Fast überflüssig scheint es mir hier noch einmal, nach fünfzehn Belegstellen, auf die in verschiedenen Gedichten unseres Teichner zu Tage tretende Abneigung desselben gegen die Kreuzzüge nach Preussen zu erinnern, vor denen er aus Gründen der Menschlichkeit und Klugheit, wo er kann, abräth. Einige Stellen sind schon oben näher bezeichnet und sprechen schlagend dafür, dass sich Teichner mit seinem Tadel an seine Landsleute, die Österreicher, wandte. Wen sollt er auch sonst vor diesem tollen und unchristlichen ") "Ich giene ze Wienne an einem tage, dä hörte ich eines büren klage. Er ſprach: mich wundert harte sèr, ez wirt al tage sens mèr und nimt doch an der tiurunge ouf. Wanne ich ſengs und arlinc kouf, só ist ez vertiwert gar und nimt ouf von jär ze jär, und weiz niht von wiu daz si'. Dó ſprach sin nächgebür dä bi: dazwil ich dir machen ſchin. Ez wil nindert ein büre sin, er welle ganziu wäpen haben; schilt und helm sint ſchöne begraben, al sin ziug von sen kluoc. Die wilen giengen mit dem pfluoc, die welln nu ſtechen, wäpen hän. Dä wirb daz isen tiure van in dem lant ze Österrtch. Wen sich hebt ein ungelich und ein hervart in dem lant, der dem fürſten hät benant sehzic helme ſchoene behuot, só naeme er vier und zweinze vür guot, dar an sich ze läzen waer. Büren sün und zehentnaer füert man durch den ringen kouf. Man bringt zehen büren ouf mit dem guot ze maneger zit, daz man eim, dä ère an lit, ze einer reise muoste geben. Dä wirt der herre ze ſchand eneben. Ob er manlich hie erschine, söwirt siner büren miner, die fliehent mit dem érsten dan. Waz ſol dan der érber man vehten mit sin eines wer? Wenne er verlorn hät sin her, so vliuht er ouch den selben flac. Ir habt gehöret manegen tac, wie gar guot ein werkman st. Ist er guotes ziuges fri, só mac er gewürken niht. Alsö ist ein herre enwiht, der niht èrber diener hät; die sint sin ziuc fruo und ſpät, daz er mit in würken muoz. Sin vehten hiet gar kurzen fuoz, wie gar gröz ein herre waer, hiet er ſümie dienaer. Die sint sin ziuc in ſolher wis, daz er ritterlichen pris mit in ſchafft und würken tuot, ob sie wirdic sint und guot. Aver bringt er büren dar, sö schafft er alsó lützel zwär als ein guoter werkman mit boesem ziuge würken kan. Des man die Österherren zihet, daz ez irethalben wichet, dä man kriegen sol und vehten, daz ist von den bürenknehten, die sie von den pfluogen ziehent und dan mit dem ërsten vliehent. Des zihet man den herren dan, er geb die fluht mit sóvil man. Dä solt der herre gedenken an und liez die büren dreschen gän. Und taetens guoten helfe schin, sö kaemens üz dem wortelin, daz sie heizent zagehaft. Man vint als guote ritterschaft ze Osterriche, weiz ich wol, só man sie indert vinden sol ze aller ritterschefte tät, dä einer gèn dem andern ſtät. Daz sie hänt daz wort gewunnen, daz ist noch dä von geſpunnen, daz sie die büren durch die ringe fuorten zuo dem herten dinge, dä von bediutez itewiz. Aver legtens ir vliz üf die edlen in dem lant, si liten nimmermère ſchant. Nu läzents edel liut verderben und wellent mit den büren werben. Dä von ltdents arcwän. In aller werlde hin und dan, fwä man kumt üf und nider vint man boese liut und bider. Alsó istz ze Österrch, daz die liut sint ungelich, einer boes, der ander guot'. Vergl. übrigens Helbling 1, 157. Swer sie alle schelten tuot, daz ist niht ein wistuom. Waz mac des ein edel bluom, stèt ein boes krüt dä neben ? Daz sol man üz dem garten geben und liez die edel bluomen ſtän. Alsó ſolt man einen man ſchelten, der dä übel si, und liez sin nächgebüren vr, die dä lebentäne ſwaere. Alſó ſprach der Tichnaere'. s Über Heinrich den Teichner. 1 0Z Beginnen warnen, als gerade die, die sich ihm bereits einmal hingegeben hatten, ich meine im Jahre 1370. Dass sein Bemühen im bezeichneten Falle ein vergebliches war, lehrt die Wiederholung dieser Fahrten im Jahre 1377. Vielleicht hat er aber diese nicht mehr erlebt, sonst würde er sich wahrscheinlich noch erbitterter haben vernehmen lassen. Es wird sich wohl, nach all den geschilderten Verhältnissen und Beziehungen als nicht leicht zu bezweifelnde Thatsache hinstellen lassen, dass unser Teichner in seinen vielen Gedichten allenthalben Zustände Österreichs meine und dass dieses Land am natürlichsten auch als seine Heimath anzunehmen sei, da zu diesem Schlusse ausser dem Inhalte der Gedichte auch ihre Sprache stimmt, ihm wenigstens in nichts entgegen ist. Wo aber in Österreich mag er sich aufgehalten haben? In vielen unserer Literaturgeschichten heisst es freilich mit vieler Bestimmtheit meistens zu Wien, wo sind aber die Beweise dafür? Mir sind sie bis jetzt unbekannt geblieben. In all den siebenzig Tausend Zeilen die ich von ihm durchlas, stiessen mir, wenn ich nichts übersehen habe, was bei unhergestellten Texten am Ende auch nicht unmöglich wäre, im Ganzen vier Stellen auf, von denen nur zwei ausdrücklich Wien nennen, die beiden übrigen nur schwach an einen Aufenthalt zu Wien denken lassen. Hier sind sie. Erstens spricht Heinrich in dem ergötzlichen Gedichte von des Tichnaeres hirät', Wiener Jahrb. d. Lit., Bd. 1, Anzeige – Blatt S. 29, Zeile 29, von Wien als jenem Orte, wo er in der Schranne dem fürchterlichen Weibe gegenüber endlich sein Recht gefunden habe, und zweitens beginnt er das oben abgedruckte Gedicht von den Österherren mit den Worten: "Ich giene ze Wienne an einem tac. Wer sich aus diesen beiden Stellen einen Schluss auf Heinrichs Aufenthaltsort im Allgemeinen gestattet, scheint mir nicht wissenschaftlich zu verfahren, noch weniger wer es aus den folgenden beiden Stellen wagen würde. Heinrich sagt nämlich, Blatt 164“ der Handschrift A: 'Ich habe manche sagen hören, in grossen Städten sei das zu loben, dass man daselbst Gottesdienst finde so viel einer nur wünschen mag. Gottesdienst ist da allerdings genug, man dient aber da trotzdem mehr der Thorheit als dem Herrn'”). Daraus liesse sich im äussersten Falle, nach Zusammenhalt dieser Stelle mit Äusserungen Teichners in anderen seiner Gedichte, höchstens folgern, dass er während dieses Gedichtes sich in einer grossen Stadt, vielleicht zu Wien aufgehalten habe. Aus der letzten hier anzuführenden Stelle endlich, Blatt 57“ der Handschrift C: Tritt dort ein Mann von feiner Lebensart vor die Frauen, dann mag er grössere Angst haben, als mitten im Wienerwalde, wo die Leute tödtlich verwundet werden', durch die Räuber nämlich, liesse sich höchstens so viel schliessen, dass einem zu Wien sich Aufhaltenden bei dieser Gelegenheit der Wienerwald eher einfallen konnte, als etwa einem Franken, der dabei wahrscheinlich den Spesshart oder Thüringerwald genannt hätte. So viel scheint wenigstens aus dem Gesagten klar hervorzugehen, dass man nicht im Allgemeinen behaupten könne, Heinrich Teichner habe sich meistens zu Wien aufgehalten. Dass dieses zuweilen geschehen, nur das beweisen die beiden zuerst angeführten Belegstellen. Bildung. Bisher haben wir versucht unseren Dichter in seinen allgemeinsten Beziehungen zur Aussenwelt, hinsichtlich seines Namens, seiner Lebenszeit, Heimath und Aufenthaltsortes genauer kennen zu lernen. In den folgenden Untersuchungen soll sich unser Blick mehr auf sein inneres Leben richten, auf die 17) "Ich hän manege hoeren jehen, ez s in grözen ſteten guot, dä hab ein man näch sinem muot gotes dienest, waz er wil. Dä ist gotes dienest wil, dannoch dient man dem tumben mé etc. 104 Th. G. v. Karajan. geistige Beschaffenheit seines Wesens überhaupt. Wir werden daher vor Allem zu betrachten haben, mit welchen geistigen Mitteln ausgerüstet er die wirre Bahn des Lebens betrat. -- t Die Stellung die er in diesem später eingenommen hat, soll uns nach der eben in Angriff genommenen Abtheilung Stoff zu weiteren Untersuchungen bieten. - F Es scheint mir zweckmässig, die Beantwortung der Frage nach der Beschaffenheit der Bildung Teichners in zwei Theile zu sondern. Zuerst nämlich will ich alles das aufzählen, was ich mir aus dessen zerstreuten Äusserungen angemerkt habe über die verschiedenen Kenntnisse, die er sich erworben hat, und dann übergehen zur Schilderung des Ergebnisses derselben in Bezug auf seine Lebensansichten und seinen Charakter. d - - I. K e n n t n is s e. a) Elementare: Lesen, Schreiben, Sprachen u. s. w. Ich beginne mit der Vorfrage, ob sich Heinrich die Kenntnisse die er besass, aus Vorträgen Anderer erworben habe, oder ob er etwa selbst lesen konnte? - Fünfzehn Stellen sind es im Ganzen, welche uns auf diese Frage Antwort geben, unter diesen aber drei welche es nicht in bestimmter Weise thun, und eine welche allen übrigen gerade zu widersprechen scheint. «- «- Zu den nicht entscheidenden rechne ich folgende: "Ich höre in den Büchern lesen', A. 180", "In einem Buche steht geschrieben', A. 216”) und eine dritte, A. 219", an welcher der Dichter äussert: "Dass die Erde noch so gut sei wie einst, das gesteht jeder, der ein Naturkundiger ist, in der Wissenschaft manches gelesen oder aus dem Vortrage der Lehrer vernommen hat“). Aus den beiden ersten Stellen ist nichts zu schliessen, weil nicht gesagt ist, dass Heinrich immer nur Gelesenes gehört oder zu Lesendes gesehen, zuweilen nicht auch selbst gelesen habe, aus der dritten aber nicht, weil hier lesen im alten Texte auch in der nicht unmöglichen Bedeutung von aufsammeln verwendet sein kann. Schlagend aber sind folgende Stellen: In einem Rechtsbuche las ich, A. 221". In dem Buche der Römer las ich', C. 45". Im Buche der Väter las ich zweimal C. 97“ und 249". Endlich: "Wenn ich die heilige Schrift ansehe, so schreibt Paulus' etc. A. 2 14“. Diese Stellen berechtigen uns wohl, den Ausdruck lesen', der bekanntlich bei mittelalterlichen Dichtern zuweilen andere Bedeutungen zulässt, bei Heinrich auch in den in der Anmerkung angeführten Stellen wirklich im Sinne von ein Buch, eine Schrift lesen zu nehmen“). Dies lehrt uns aber auch zu gleicher Zeit, eine Stelle in Suchenwirts Rede auf den Tod Teichners, in Primissers Ausgabe S. 64, Z. 63, behutsamer zu deuten, als man es auf den ersten Blick zu thun versucht sein könnte. Ich meine die Worte des Original-Textes: wan er ein flehter leie was, der nie kein ſchrift gelért noch las. Hier ist nämlich nicht Schrift als Geschriebenes im Allgemeinen aufzufassen, sondern Schrift bedeutet hier die Bibel, und zwar offenbar die lateinische Vulgata. Diese konnte er allerdings nicht lesen, sondern gelangte nur durch Vorträge verschiedener Lehrer in die Kenntniss ihres Inhaltes, den er dann in Kurzem wieder geschickt zum Gemeingute zu machen verstand, was uns Suchenwirt in der ”) "Ich hoere an den buochen lesen'. An eim buoche geschriben ſtät'. ”) "Dazdiu erde si als guot, als é vor, daz hilt kein muot, der natürlich sich verstät und in der kunst gelesen hät und ouch in der léraere ſage'. - - «- ”) Ein klósenaere gesezzen was in einem walde, als ich las', A. 159b. Unser herre got mit gesange hät sin ërsten lop enpfangen von den engeln, als ich las, A. 229 a. Swer die wärheit drucket nider, der hät got verkoufet sider michels mèr dan Jüdas, der tetz einmál, als ich las, A. 221 b. und vil grözer dinge ich las, diu got mit den liuten worht', A. 205". Von einem sºeligen abt ich las', C. 252h. Von einem richen künic ich las, C. 275b. als ich von S. Péter lis', E. 31a Col. b. Über Heinrich den Teichner. - 1 05 Zeile 58 ff. verräth und bekennt, dass er für einen Laien gut in der heiligen Schrift unterrichtet war. Diese Stelle Suchenwirts widerspricht also, betrachtet man sie näher, nicht den von mir nachgewiesenen, aus denen ersichtlich ist, dass Heinrich allerdings lesen konnte. Ja sogar eine scheinbar noch schlagen- dere Stelle, eine Äusserung Teichners selbst (A. 232“, sie soll weiter unten vollständig mitgetheilt werden), durch welche er sich zwar geléret', d. i. unterrichtet aber dennoch näch den buochstaben.... aller kunst beschaben' nennt, kann nicht beweisen, dass Heinrich des Lesens nicht kundig war, sondern sagt den oben gelieferten schlagenden Beweisen gegenüber nur so viel aus, dass er sich einen nach den Regeln der Kunst geschulten Gelehrten nicht nennen wollte, noch konnte. Er verstand ja gar nicht Latein, wie wir gleich sehen werden, es fehlte ihm also die Grundbedingung der damaligen gelehrten Bildung. Nicht mit derselben Sicherheit kann man behaupten, dass Heinrich auch schreiben konnte, obwohl es nicht unwahrscheinlich ist. An einer Stelle, A. 204“, bemerkt er, von der Erbsünde sprechend, wir seien ihrer durch die Taufe ledig worden, wie es Jesus Christus gewesen, von dem ich schreibe, dass er von ihr unberührt geblieben". Ebenso denkt er sich auch an einer zweiten Stelle, A. 244“, schreibend. Er sagt nämlich: So mancher spricht von mir, es sei nicht gut, dass ich Geistliche, Ritter und Frauen tadle und so von ihnen schreibe'“). Zur Bestätigung meiner oben angeführten Ansicht, dass an der bezeichneten Stelle Suchenwirts die lateinische Vulgata gemeint sei, die desshalb Heinrich nicht zu lesen verstand, kann ich eine Belegstelle aus einem seiner Gedichte anführen, nämlich aus jenem von der verwandelunge, A. 5, an der er geradezu bekennt, dass er nicht Latein verstehe. Er sagt daselbst: Gott ist uns ganz auf dieselbe Weise verborgen, wie deutsche Gedanken in lateinischen Worten sich bergen, so dass ich, wie nahe ich auch immer stehen möge, ihren Sinn nicht verstehe'“). Andere Sprachen scheint Heinrich wohl auch nicht gekannt zu haben, ich glaube nicht einmal französisch, womit spätere mittelhochdeutsche Dichter gerne ein wenig vornehm thaten. In seinen Gedichten findet sich fast keine Spur der sonst so beliebten Sprachmengerei. Eines der äusserst wenigen Beispiele der Art setze ich in die Anmerkung. Es steht in A, Blatt 127" *). b) Höhere: vaterländische Literatur, Gelehrtes u. s. w. Die eben geschilderten Vorkenntnisse scheint Heinrich emsig benützt zu haben, wenigstens finden wir ihn für einen Laien und für die damalige Zeit mehr als gewöhnlich belesen. Dies ist um so verdienstlicher, als die Errichtung einer höheren Bildungsanstalt in Österreich und ihre Einwirkung auf die Gesammtheit der Bildung erst in die letzten Lebensjahre unseres Teichner fällt, somit für ihn so viel wie noch gar nicht vorhanden war, ich meine die Errichtung der Wiener Hochschule im Jahre 1365. Man muss übrigens, will man meine Äusserung nicht missverstehen, wohl bedenken, dass in jener Zeit eine allgemeine encyklopädische Bildung, wie sie jetzt nur zu wohlfeilen Kaufes zu erlangen ist, nicht so leicht zu finden war. Wir werden aber aus seinen bald anzuführenden Äusserungen lernen, dass er nach verschiedenen Richtungen hin über mancherlei ganz gut Bescheid wusste. So war er ziemlich vertraut mit der schönen Literatur Deutschlands. Von dem ritterlich – epischen Theile derselben und seinem Inhalte spricht er ein paar Male im Allgemeinen. So äussert er z. B., A. 187“, *!) Só sint etlich komen ze hulden üzerhalp der muoter lip in der touf, und den ich schrip, daz er ist beliben sleht, beid von tät und ouch von reht, daz was Jésus Christ allein'. 'Maneger ſpricht, ez s niht guot, daz ich phaſfen, ritter, wip alsó ſträf und von in ſchrip.' «- *) Got ist uns verborgen vor zglicher wise mit verspartem tor, alsö lätin versperren kan diutschiu wort, ſºwie näh ich stän, daz ich niht erken diu wort, ob ichzdiutsche reden hört, daz ichz bi einzgem wort erkant. *) Wan er (der Mai) mit siner schoi (joie). Der mai ist rehte als ein boi (catena) und ein vanknüsse mit der nöt u. s. w.' Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. 14 1 06 Th. G. v. Karajan. der Inhalt der deutschen Bücher sei grösstentheils der Verherrlichung ritterlicher Thaten gewidmet. Und an einer zweiten Stelle, in Lassbergs Liedersaal 2, 476, Zeile 112, und 478, Z. 194, spricht er von den Thaten der recken', von denen man ehemals las, d. i. geschrieben hat”). R Unter den eben erwähnten Recken und Helden scheint aber Teichner nicht die heimischen verstanden zu haben. Denn auffallender Weise erwähnt er nirgends der deutschen Heldensage ausdrücklich, da die Stelle C. 104": wie man von den Recken schreibt, die mit Thieren kämpften“) nieht nothwendig und ausschliessend auf Dietrichs oder Siegfrieds Kämpfe bezogen werden muss. Ja es ist, als ob Heinrich selbst da, wo er es ganz ungezwungen hätte thun können, absichtlich die heimischen Helden zu nennen vermeide. So bespricht er, A. 22“, in dem Gedichte von den vehtaeren die Überwindung von Riesen ausdrücklich, bei welcher Gelegenheit man am natürlichsten die Anführung irgend eines Helden der deutschen Sage hätte erwarten sollen. Er aber vermeidet es und erwähnt lieber den biblischen Samson“). Auch sonst, wenn ich nichts übersehen habe, begegnet nirgends eine Stelle, welche sich unmittelbar auf die deutsche Heldensage bezöge, obwohl manchmal dazu Veranlassung gewesen wäre, und unser Dichter es liebt, seine sonst zu trockenen Ermahnungen überall mit Beispielen und Erzählungen zu würzen. Seine Gedichte wimmeln geradezu von eingeflochtenen Histörchen und Sagen. Viele enthalten sogar ihrer mehrere, manchmal auf ganz engem Raume zusammengedrängt. So, um nur Einiges anzuführen, begegnen wir in dem Gedichte von zweierleie sündaeren', A. 77“, allein drei Erzählungen, unter welchen sich zwei bekanntere befinden, als jene von dem Strassenräuber der täglich ein Ave Maria betete und der zuletzt bei der Gottesmutter Gnade findet, und jene andere von einem christlichen Leander der ein Ave Maria auf den Lippen untersinkt und für den Himmel erhalten wird. Von Sagen werden unter anderen aufgeführt jene vom Abte Ebro der nach 317 Jahren in sein Kloster wiederkehrt, von niemandem erkannt, A. 236"; jene vom frommen Knechte Fridolin und dessen Gang nach dem Eisenhammer, der hier als Kalkofen erscheint, vergl. Neues berlin. Jahrb. für deutsche Sprache, Band 9, 210, Z. 75, C. 206“ u. s. w. Aber auch heitere, wie jene von den Siechen im Hospitale, unter die der Teufel tritt mit der Anzeige, er wolle den Siechsten mit sich nehmen, wornach sich plötzlich alles besser fühlt, C. 147"; oder von jenem anderen Teufel der während der Abwesenheit des Abtes in dessen Gestalt ins Kloster kommt und nun alle Mönche zum Bruche der Ordensregel verleitet, C. 252". Die erstere dieser beiden Sagen berührt sich mit jener vom Eulenspiegel, die letztere mit jener vom Bruder Rausch u. s. w. « Auch an Fabeln fehlt es nicht. Im Ganzen begegnen wir etwa einem Duzend. Als z. B. A. 56" und C. 143“, jener von der Eiche und dem Schilfrohr; A. 62", von der Fledermaus; A. 72“, vom Bären, Wolfen und Esel; A. 73", derselben; A. 98", vom Häher und den anderen Vögeln; A. 224", von der Krähe; C. 8“, vom kranken Löwen, Wolfen und Fuchs; C. 253" und Lassbergs Liedersaal 1, 401, vom Löwen, Fuchs, Wolf und Bär; C. 296", vom Krebse und dessen Sohne; Lassbergs Liedersaal 3, 433, vom Pelikan und seinen Jungen; A. 62“ und 63“, jener vom Frosche und der Egge u. s. w. « Aus der Vorliebe Teichners für solche Stoffe, namentlich Erzählungen und Sagen, die er oft auf die wunderlichste Weise zu Belegen für seine Lehren und Ermahnungen verwendet, erklärt sich auch dessen Bekanntschaft mit Sammelwerken, wie die Kaiser-Chronik und die Gesta Romanorum denen er die Sagen *) Swaz man diutscher buoche pflac, diu ſtènt niur von ritter tät, man vint an deheiner ſtat von eim lithüsaere geschriben waz er frumbcheit hab getriben u. s. w.' 'Waz man è von recken las, daz ist vor im ein goukelmaer. Sie möhten wunders mé bejagen dan al die recken, die noch wären'. *) Als man schribet von den recken, daz sie vähten mit den tieren'. *) Maneger ſpricht: waer ich ein rise, ich wolde (lahen ien und dise, ich wolde èren vil begän und waer ichz halt her Samsán. Über Heinrich den Teichner. - «. 1 07 von Crescentia, C. 45“, von Menenius Agrippa, C. 125“, wird entnommen haben“). Ferner mit den sogenannten Vitas patrum', C. 97" und 249“, aus denen er die Geschichte vom Altvater Abraham und seiner Nichte Maria, so wie jene von dem Einsiedler und dem Engel mit den Weintrauben nacherzählt hat”). Ausser auf diese Werke beruft er sich einmal auf eine Chronik', wahrscheinlich eine der vielen Welt- Chroniken Ottackers, Enenkels, Rudolfs von Ems oder Heinrichs von München, und zwar bei der Erzählung von jenem Könige dessen Tochter einen Bürger liebt und der ihre Vereheligung gestattet, C. 277“). Auch den Schwabenspiegel hat er vermuthlich gelesen, wie man aus A. 221" schliessen kann, wo er die Fürsprecher ermahnt, nur für Wahrheit in die Schranken zu treten und sich dabei auf ein Rechtsbuch beruft, wahrscheinlich auf die Stelle im Schwabenspiegel, Landrecht § 72, Seite 71, der Ausgabe Wackernagels“). 4 - Besonders bewandert aber zeigt sich Heinrich in Sprichwörtern. Ich will auch dafür einige Belegstellen in der Anmerkung aufführen. Alle zu geben würde viel zu vielen Raum erheischen, da seine Gedichte allenthalben von solchen erfüllt sind“). Daraus erklärt sich auch seine grosse Vorliebe für Freidank, welchen er an sehr vielen Stellen die ich in der Anmerkung gesammelt habe, mit Namen aufführt, zuweilen ohne diesen“). - Auch unter den vielen anderen Anführungen von Sprichwörtern wird manches begegnen, das in seiner ursprünglichen Fassung Freidank angehört, das ich aber in der gegebenen nicht mit Sicherheit ihm beizulegen gewagt habe”). Es war mir übrigens auch nicht darum zu thun, nachzuweisen, was alles Teichner von Freidank kannte, sondern nur, dass er ihn genauer kannte. º Ausser den bisher erwähnten Werken der deutschen National-Literatur lässt sich für Heinrich noch auf Bekanntschaft mit folgenden schliessen. ”) In der Römaere buoch ich las, daz ein gewaltic künic was, der wolt varn ein hervart etc.' 'Ez geschach ze einer zit, gar ein wunderlicher ſtrit zwischn dem büche und den geliden etc.' *) In der väter buoch ich las, daz ein gemeine vrowe was, daz man dóvil wunder ſeit von ir ſchoene und vlaeticheit etc.' In der väter buoch ich las, daz zeim mäl ein man was, dem ein engel bräht sin ſpise etc.' Auch Lassbergs Lieders. 3, 467. ”) Ouch ein chrönik alsö seit von eins künigs gedultekeit, wie er het ein tohter zart, der ein burgaere holt wart etc.' °°) In einem rehtbuoch ich las, daz der vorſprech sol gedagen aller lüge, er sol ſagen einvalt wärheit än gewaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. **) Ez was ein ſprichwort manegen tac, ſwer geſpotes gerne pflac, daz der ze geſpote dihet' A. 186b. Ez ist ein ſprichwort und ist alt: fwenne ein dinc der dritte weiz, só istz ouch über al den kreiz'. A. 40. Und ist ein altſprochen wort: ſwer rätes vrägt, der ſuoche guot.' A. 41". Daz was ein ſprichwort manec zil: ſ.wer ſich went guoter dinge, sö hilft ims got volbringen'. A. 21 a. 'Ez was ein ſprichwort manec jär: ſwer eins kleins niht läzen wil, der verliusetzwir ſö vil'. A. 22 bis a. Diu werlt ein altez ſprichwort hät: ez würde nie eins zagen rät.' A. 144b. Ir habt gehört vor manegen ziten: bezzer kampf den hals ab'. A. 144b. Ir habt gehöret manec zit: wer einem vrumben dienen kan, daz der niht verliuset dran'. A. 145a. Als ein ſprichwort, daz dä ftät: ſwä gelich fins gelichen hät, dä sin beidiu wolgemuot'. A. 218b u. s. w. ”) Als her Wridank é gedäht: ſwaz der hunt hinzkirchen gé, sö ist er doch ein hunt als é'. A. 32a. Als her Fridank ſprach hie vor: ſwer fin ère bedenken kan in zorn, der ist ein wiser man'. A. 56a (W. Grimm 92, 17), (wer niht wizze wer er fi, der ſchelte ſiner nächbürn dri' war umbe ſprach her Fridank daz?" A. 56a (W. Grimm 62, 16). Alsö solt wir wesen rein von ſünden und von ezzen, als her Fridank hät gemezzen: ſwer von ſünden viren mac, daz ist ein rehter vire tac A. 31 a (W. Grimm 36, 23). 'Ez ist nindert ein orden guot, äne dem man reht tuot, ſprach Vridank und ist wär'. A. 19" (W. Grimm 31, 22). Staech ieglich eit als ein dorn, ir würde sö vil niht geſworn, hät her Vridank é geseit'. A. 111a und 209 a (W. Grimm 122, 21). Als her Fridank hät verjehen: etlich kneht hät den muot, daz er lobt ſwaz ſin herre tuot. Daz ist ein ungetriwer ſite, dä betriugt ern herren mite'. A. 73b (W. Grimm 50, 2). Mich wundert ſºwie wol ieman tuot, daz ez der fünft niht hät vür guot, alſö ſprach her Fridank'. A. 88b (W. Grimm 106, 22). 'Ez ist nieman ſö marterlich, ſam ſwache, die dä werdentrich, hät her Fridank gejehen'. A. 93b. Als her Fridanc ſpricht hie vorn: ſwaz man lobt an einem man, dä legt er sinen vliz an'. A. 176a (W. Grimm 61, 25). Als her Fridank geſprochen hät: ich geloub, den widerslac niemen wol verbieten mac'. A. 207a (W. Grimm 127, 16). Daz her Fridank ſpricht und ſchribt: daz der wehsel nieman missezimt, ſwer güete vür die ſchoene nimt'. B. 215a (W. Grimm 104, 18). Als her Fridank ſpricht dä van: diu werlt git uns hie allen näch hönic bitter gallen'. C. 265b (W. Grimm 30, 25). Ohne Nennung des Namens: Sich vergäht als schiere ein man, sam er sich versümen kan. Dast ein ſprichwort manegen tac. A. 58b (W. Grimm 116, 23). *) Z. B. Alsö ein meister ſchribt und list: ſwem man kleine gäbe git und er des niht danket sit, só ist er niht wert dar näch, daz er gröze gäbe enpfäch'. A. 32b. - H4 * 1 08 » Th. G. v. Karajan. Vor allem mit Neidharts Dichtungen. Er erwähnt desselben zweimal. Erstens ohne Nennung des Namens, indem er von dessen bekannter Figur des Herrn Engelmar den auch Helbling auf gleiche Weise aufführt 8, 283, und dessen tollem Treiben auf dem Marchfelde spricht, in Lassbergs Liedersaal 2, 474, Z. 54, und das zweite Mal in der schon oben S. 102 erwähnten Stelle über dessen Schilderungen des Übermuthes der österreichischen Bauern. Ebenda 3, 295, Z. 10 ff.“) Wolframs Parzival kannte Heinrich sowohl seinem Inhalte, als seinem Umfange nach, A. 128, 190 und 146". In letzterer Beziehung bemerkt er, mancher rede von den eben besprochenen Dingen so viel, wäre es in ein Buch zu bringen, es würde ein grosser Parzival daraus”). Äusserungen des Franciscaners Bruder Berthold dessen berühmte Predigten Heinrich wahrscheinlich gelesen hatte, führt er an zwei Stellen an, A. 203 und 275“), so wie er in dem langen Lobgedichte auf die Gottesmutter, unter der Überschrift: Von unser frowen wirdekeit, A. 74“ bis 76, augenscheinlich Konrads von Würzburg berühmte Goldene Schmiede nachzuahmen suchte. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass Teichner auch das uns noch erhaltene deutsche Gedicht von Sanct Oswalt kannte, wie weiter unten gezeigt werden soll. Genauere Bekanntschaft aber mit den Dichtungen seines Landsmannes und Gesinnungsgenossen Seifrid Helbling verrathen, ausser der bereits oben S. 101 unserer Abhandlung erwähnten Parallel-Stelle über die schändlichen und unverzeihlichen Räubereien der als Edelknechte das Gefolge kleinerer Landherren bildenden Bauernsöhne, und den obenS. 102 erwähnten Beziehungen zu demselben noch folgende zwei Wahrnehmungen. Erstens, dass das in Lassbergs Liedersaal 2, 33–35 abgedruckte Gedicht: "Das Recht und das Reich', offenbar nichts anderes ist als eine Variation und Erweiterung der von Helbling 8, 722 ff. geäusserten Ansicht: Só ist daz riche niur daz reht. Swá daz reht niht enwaer, dä waer dazriche wandelbaer u. s. w. Dann Zweitens die ganz auf gleiche Art und zwar sogar nach demselben Gedichte Helblings 8, 530 ff., von unserem Heinrich in seinem Gedichte: "Von den biurischen herren', A. 62“–63", im Eingange und am Schlusse angeführte Fabel vom Frosche und der Egge, die Helbling genau so politisch deutet wie Teichner und die bis jetzt ausser bei Seifrid nirgends nachzuweisen ist. Ich gebe in der Anmerkung zuerst die beiden Erwähnungen Heinrichs, dann zur Beurtheilung des erwähnten Verhältnisses die Stelle aus Helbling"). Auch das Wenige, was sich in Heinrichs Dichtungen allenfalls als Kenntniss von der alten Welt ansehen liesse, wird wohl nur durch Anführungen oder Bearbeitungen einzelner Stoffe in Werken der deutschen National-Literatur vermittelt aufzufassen sein. Es ist wie gesagt nur Weniges, da sich der durch und durch christliche Sinn Heinrichs mit überwiegender Vorliebe dem christlichen Wesen und dessen Erscheinun- gen in Geschichte und Sage zuwandte. - » Am häufigsten erwähnt er Aussprüche des Aristoteles. So in dem Gedichte: Von zorn und kriec, das ist von Leidenschaftlichkeit und Hader, in Lassbergs Liedersaal 1, 447, Z. 88 und 89, die Forderung desselben, dass in der Welt eine Sonderung der Stände herrschen solle. Dann desselben Ermahnung, man solle nie ganze Stände und Körperschaften tadeln, sondern immer nur jene Glieder derselben welche *) Engelmär ſö ſpaeher ſin üf dem Markfelt nie gepflac, sam der tuot am kirchtac'. 'Bi hern Nitharts ziten vorn want man niuwer ſite genuoc von der büren ungewuoc mit gebaere und gewant' etc. ”) Her Parzivål, von dem man ſeit , der was sliunic ze aller zit und sluoc tiefer wunden wit, dannu tuont die hovegallen mit ir üppeclichem ſchallen'. 'Her Gamuret, her Parzivål, dä west nieman irs lebens zal, wer si waeren, waz sie hieten'. “Maneger ret sö vil zden dingen, moht manz in ein buoch bringen, ez wurde ein grözer Parziväl”. ”) Bruoder Berhtolt geſprochen hät: üz den wälden vlieht und gät!' Bruoder Berhtolt ſeit vür wär, wan die niuwen ſite der gewant und die kurzen rocke üfstänt, só habe diu wärheit abeganc'. ”) "Wäfen ! waz wir herren haben !' ſprach der vrosch do er wart betaben mit der eiden üf dem velt'. als dort ſprach des vrosches kint: "Ei! waz herren ob uns sint!' wendiu eid hin über vliuzet', und Helbling: “Allez herren!' ſprach der vroſch, gie diu eide über in' etc. « Über Heinrich den Teichner 1 09 Tadelnswerthes begehen, A. 207“. Endlich dessen Ausspruch, der sei ein Thor zu nennen, der ein Hauswesen zu führen habe und nicht rede wo es Schaden abzuwehren gelte, A. 116. Heinrich spricht übrigens allenthalben mit Achtung von Aristoteles, nennt ihn einen grossen Philosophen', wenn er ihn auch wegen des vermeintlichen Liebesverhältnisses zur Phyllis, das unser Dichter, C. 270“, vielleicht aus dem noch erhaltenen deutschen Gedichte Aristoteles und Fillis', z. B. bei Hagen Gesammt- abentheuer 1, 17, vergl. Einleitung S. LXXV, kannte, nicht in Schutz nehmen will. Die Aristoteles betreffenden Stellen weise ich in die Anmerkung“). - H Die Erwähnungen Alexanders des Grossen, A. 69" und 150“, werden nicht minder durch deutsche Bearbeitungen der sagenhaften Geschichte dieses Königs vermittelt sein. So z. B. der an der ersten Stelle erwähnte Zug desselben zur Eroberung des Paradieses ohne alle Frage durch des Pfaffen Lamprechts Erzählung, Zeile 6463 ff. Nicht minder deutet die zweite in der Anmerkung aufgeführte Stelle auf die bei Lamprecht, Z. 7096 ff., erzählte Bekehrung des Königs“). d . « Die in dem Gedichte: Von einem wisen meister, A. 207", erwähnte Äusserung Seneca's"), so wie die dort und auch an ein paar anderen Orten erscheinenden Erzählungen von Philosophen der alten Welt werden wohl einer deutschen Bearbeitung des von Walther Burleigh im dreizehnten Jahrhunderte verfassten Werkes: "De vita et moribus philosophorum et poetarum entnommen sein, ein Werk, das unter dem Titel Von dem leben der heidnischen meister schon sehr früh in Deutschland bekannt war. Eine Übersetzung des Meisters Hanns Lobenzweig von Riedlingen, die wohl älter ist als die dem Jahre 1452 angehörige Handschrift derselben, führt Hoffmann in den Handschriften der Hofbibliothek zu Wien auf, S. 207. Zum Schlusse will ich hier noch erwähnen, dass Heinrich auch die antike Sage vom Phönix und dessen Erneuung in der Flamme kannte, wie man aus dem liber sapientiae, Handschrift F., Bl. 14“, ersieht. Viel mehr aber als die Erwerbung von Kenntnissen über die alte Welt zog unseren Heinrich alles an, was zur Lehre des Heilandes in näherer oder fernerer Beziehung stand. Er war durchdrungen von der Wahrheit dieser Lehre, so ergriffen von dem Drange, den Trost den sie dem Gläubigen gewährt, nach seinen Kräften auch anderen und zwar möglichst vielen mitzutheilen, dass seine Gedichte allenthalben davon erfüllt sind. Ein überwiegender Theil derselben ist daher zu den religiösen zu zählen. Überall zeigt sich in ihnen eine grosse, für einen Laien ungewöhnliche Bekanntschaft mit den verschiedensten Theilen der heiligen Schrift, und zwar in so reicher Fülle, dass ich die Aufzählung aller Anführungen derselben unterlassen muss. Auch sein Zeitgenosse Suchenwirt, in der oben angeführten Rede auf Teichner, Z. 58 ff., spricht von dessen reicher Kenntniss in dieser Beziehung, und wie er es verstanden habe, in ganz kurzer Zeit Lehren des Evangeliums, wie Äusserungen christlicher Lehrer zum Gemeingute zu machen. Heinrich beschäftigte sich übrigens nicht blos mit der heiligen Schrift allein, sondern auch mit den Erklärern derselben. So erwähnt er der Erläuterungen des heiligen Ambrosius in dem Gedichte: Von Joachims kündung', B. 201“, und unten soll eine Stelle aufgeführt werden, an welcher er geradezu darauf dringt, dass man nicht beim Texte der Bibel allein stehen bleibe. Wer taub gegen die Heilslehre sei, scheint unserem Heinrich verdientermassen dem Untergange geweiht. Falle ein Blinder in den Schnee, so äussert er A 4“, so beklage das jeder weise Mann, geschehe *) Aristotiles der ſeit: diu werlt ordnung welle hän. Aristotiles der ſpricht: man sol kein gemeine ſträfen etc. Aristotiles der seit: er si mit törheit überladen, der niht ret umb sinen ſchaden und doch ein hüs besorgen muoz'. Als der gröz philosophus, meister Aristotiles genant, den diu liebe vienc und bant, daz kam von sinen ſchulden dan' etc. **) Alexander üfund nider al diu werlt was undertän, dannoch het er vürbaz wän wie erz päradis gewunge. Waer im wol an gelungen, dannoch hiets im niht genuogt'. Alexander in gotes kraft lebt mit grözer herschaft. Dó er al die werlt erwaht, in gotze nihte bräht und sin räche an im ervolt. Dannoch het er waz er wolt, wie er sich des einen bewac' etc. *") Sénecá der meister wis ſpricht daz vil rihte und ſpis sº ein roup des menſchen leben'. 1 1 0 Th. G. v. Karajan. es aber einem Sehenden, dann bekenne jeder, wie ist ihm doch Recht geschehen! Desshalb stehe die Sache jetzt bedenklicher als früher (das ist vor dem Christenthume). Wer sich den Sünden hingebe, sei blind mit sehenden Augen'“). & Unser Dichter ergreift daher überall die Gelegenheit, dogmatische Kenntnisse durch seine Arbeiten zu verbreiten. So z. B. wird in dem Gedichte: Von der verwandelunge', A. 5“ und 5“, mit reichem Auf- wande von Vergleichen und Betrachtungen eine Deutung des Altargeheimnisses versucht, die Anwesenheit des Herrn im Abendmahle durch die Allgegenwart Gottes erklärt u. s. w. In einem anderen Gedichte, B. 211“, wird, wie ich glaube, ein im Mittelalter unter dem Namen Pro- cessus beatae Mariae virginis weit verbreitetes Buch als Veranlassung genommen, Teichners Überzeugung von der unbefleckten Empfängniss in weitere Kreise einzuführen“). - Es kann übrigens nicht geläugnet werden, dass Heinrich für einen Nicht-Theologen über gewisse Angelpuncte der christlichen Lehre, die sich aber erst nach genauerem Erfassen des Geistes derselben kund geben, gut unterrichtet war. So findet er den Hauptunterschied des christlichen Glaubens von jenem der Juden und Heiden darin, dass diese nicht die Allmacht Gottes anerkennen, denn thäten sie dies wirklich, meint er, so müsste die Lehre von den Wundern für sie nichts Anstössiges enthalten. Gerade das aber sei ein Hauptgrund der Scheidung; denn nun sei für sie das Wunder der Menschwerdung Christi gänzlich verschlossen. Sie glaubten also Irriges, denn sie legten dem Erschaffenen grössere Macht bei, als dem Schöpfer selbst, setzten dadurch die Natur über Gott. Das ist beiläufig der Sinn einer langen Stelle in dem Gedichte: "Daz got niht ungemach lidet', A. 235**). Ein solcher Standpunct setzt aber für einen Laien jener Zeiten gewiss mehr als gewöhnliche Kenntnisse und Auffassungsgabe voraus. Sind auch solche Ansichten nicht lediglich durch eigenes Nachdenken in Heinrich entstanden, sondern eher durch Belehrung von Aussen, sei es nun durch Predigten oder Lectüre, so spricht schon die blosse Empfänglichkeit Heinrichs für derlei Dinge für dessen höheren geistigen Sinn im Allgemeinen. «) « Auch dafür, dass die auf solche Weise ihm von Aussen zugekommenen Kenntnisse und Ansichten in seinem Inneren redlich durchgearbeitet wurden, ja zuweilen nachhaltige Kämpfe gegen den Zweifel und gegen scheinbare Widersprüche in ihm erregten, lassen sich in seinen Gedichten Spuren auffinden. Die sittliche wie religiöse Verkommenheit seiner im Argen liegenden Zeit gaben ihm übrigens Veranlassung genug, sich der Erforschung seines Inneren mit redlichem Ernste hinzugeben, die Lehren die ihm Zukamen, durch prüfende Betrachtung seiner selbst und der Aussenwelt noch ein- dringlicher sich eigen zu machen. So wendet sich sein Blick einmal auf die bekannte Stelle der Bibel in welcher auf die Frage, was das Stärkste sei auf Erden, mit dem Ausspruche geantwortet wird: der Wein, ein Weib und des Königs Leib, wobei er keinen Anstand nimmt, selbst gegen die **) Viele ein blinter in ein ſné, daz klagte ieglich wiser ſin, velt der gesehent näch darin, dó würde anders niht gejehen, wan wie rehte dem ist geschehen. Dä von ez nü herter lit, dan ie bi deheiner zit. Die sich sünden vlzent fint, die ſint mit gesehenden ougen blint'. «- *) Mir kam vür, daz ist niht lanc, unser vrowen vürganc'. Daz ich tihten solt dä von etc. Man hat dieses Buch dem Juristen Bartolus de Saxoferrato zugeschrieben, der 1313 geboren wurde. Das Endurtheil in demselben trägt aber die Jahreszahl 1311 , wesshalb man auch an einen älteren Verfasser denken könnte. Vergl. Grässes Literärgesch. II, 2, 320. In beiden Fällen aber kann das Bekanntwerden desselben in die Tage unseres Dichters fallen. *) Dar an lit daz ungesleht, daz der geloube ist underscheiden enzwischen christen, juden, heiden. Juden, heiden gelouben hän, unser her müge niht begän wider der natüre gebot. Sö waer natüre über got. Daz ist ein natürlich vint, daz vater und muoter Würkent sint. Kumt ein kint von einer meit, dä ist gotlich underscheit, ez enist niht natürlich, ez muoz komen von himelrich, von dem meister der natür. Daz selp wirt den juden sür, daz sie geloubent an die geſchaft baz dan an sin meisterschaft, der die natür beschaffen hab' u. s. w. «- Über Heinrich den Teichner. «. 111 Bibel sich auszusprechen, denn er wisse etwas, das noch grössere Macht auf Erden ausübe, nämlich den Pfennig, A. 211**). ſ: Ernsterer Natur, als dieses zwar bittere, aber auch halb satyrische Ergebniss seiner Selbstbetrachtung - - sind die Bedenklichkeiten die in ihm die Erwägung des Satzes: Gott habe Alles erschaffen, hervorrief. Denn da gerieth Heinrich auf die für ihn quälende Schlussfolgerung: also hat Gott auch das Böse erschaffen? Diese Frage scheint ihn so anhaltend beschäftigt zu haben, dass er sie in einem eigenen langen Gedichte, A 1 14": Von übel und guot, verarbeitete. Im Eingange desselben denkt er sich kämpfend, selbst gegen die Geistlichkeit. Schlüsslich entscheidet er sich aber dahin, Gott habe allerdings das Üble erschaffen, aber nur als Sporn zum Guten“). Einen zweiten , mächtigeren Kampf noch rief in seinem Inneren der trügerische Fehlschluss hervor: Gott sei allwissend, folglich sehe er auch in die Zukunft; in dieser müsse also Alles schon vorher bestimmt sein und ist dies der Fall, dann sei auch vorher entschieden, wer zur Hölle, wer gegen den Himmel fahren würde. Folglich sei Gott daran Schuld, dass so viele Seelen dem Bösen verfallen. Den Stoff zu dem Gedichte: Ob got schuldic si, daz die liute gein helle varent, A. 172“, bot ihm die Aufstellung dieses Satzes, der unseren Heinrich zu der in der Anmerkung gegebenen Äusserung verleitete“). Kaum aber war diese falsche Folgerung niedergeschrieben, so kam, wie es scheint, unserem Dichter bessere Einsicht, so dass er in dem unmittelbar darauf folgenden Gedichte, A. 173" bis 174", sich selbst widerlegte, die Feder ergriff und das frühere Gedicht vom Anfange bis zu Ende durchstrich. So findet es sich noch in der Wiener Handschrift A, wahrscheinlich nach dem Originale des Dichters durchstrichen, indem bei der Abschriftnahme der Schreiber entdeckt haben mochte, dass das nächste Gedicht nur ver- ständlich sei, wenn das durchstrichene vorangehe. Der Eingang wie der Verlauf dieses zweiten Gedichtes gibt Zeugniss von der Entrüstung Heinrichs über seine frühere Ansicht, ja in dem auf dieses zweite unmittelbar folgenden Gedichte nennt er seine eigene früher ausgesprochene Ansicht einen irrigen Wahn dummer Leute. Ich stelle in der Anmerkung die beiden auf den hier geschilderten Verlauf Bezug nehmenden Belege zusammen“). 4. So viel sieht man übrigens aus dem bis jetzt Gesagten, dass Teichnern die Gewinnung klarer und rechtgläubiger Kenntnisse über die göttlichen Dinge gar sehr am Herzen lag. Daher auch sein Bestreben, sich den lautersten Quellen über diese Fragen zuzuwenden, die Ansichten der Kirchenväter und Kirchenlehrer über sie kennen zu lernen. Die häufigen Berufungen auf diese recht- fertigen eine solche Annahme. So erwähnt er Äusserungen des heiligen Hieronymus, A. 44', des heiligen *) "Einer vräget mich der maer: waz daz allersterkist waer? Dö sprach ich: 'her biderman, ſwer die bibel lesen kan, dä stèt wol geschriben bi, daz ein herre vräget dri: waz daz sterkist müge gestn? Dö ſprach einr: ez waer der win; einer: ez waeren wip; einer: des küniges lip, der waere ſtark vür alliu dinc. Dö ſpraeche ich: der phenninc. Der hab noch die groesten kraft, wan er hab die herschaft, daz im al diu werlt näch zoget. Swer dan vor den andern broget, der ist vür die hindern guot. Swer ein andern ziehen tuot, der ist ſterker dan der hinder. Er möhte in geziehen minder, hiete er niht die kraft über in. Ie daz ſterker ziuhet hin von natür den kranker teil. Dä von ich dem phenninc teil, daz er hab die groeſten maht, sit im al diu werlt näch gäht. Künige, keiser wähent an näch dem phenninc riten, gän. Hiet der keiser niht ze geben, só belib im niemen neben, än sin diener schid er dan, sö waere er als ein ander man' u. s. w. *) Ezwirt gevrägt an maneger ſtat: ob got iht übel beſchaffen hät? Só krieg ich mit allen phaffen, er hab übel und guot beschaffen. Mit dem gelouben ichz bewaer' u. s. w. - ”) "Dä von ſprich ich äne lougen: unser her muoz ſchuldie wesen an der verloren ungenesen, die dä koment in die hel'. **) Nu hän ich geſprochen vor: got sº niht üfrehtem ſpor, er hab die liut gein helle geschaffen. Dazwil ich nu widerklaffen. Er ist gar unschuldic dran. Schüef er die liut hinz helle gän, daz waere niht gereht und guot. Swer den liuten gewalttuot, der ist ouch selbe niht gesleht. Unser her waer niht gereht wenne er die liut hinz helle twung u. s. w. A. 173" und weiter auf Blatt 173". Daz er (der Mensch) wol od übel tuot, daz stèt niht an finem (Gottes) muot. Nu ist vriiu wal gegeben, er mac wol ode übel leben, got wil niem hinz himel twingen, noch mit ſlegen gein helle bringen. Der menſche ſtët üf eime zil, daz ergêt war er wil'. 1 1 2 «- - Th. G. v. Karajan. Ambrosius, B. 201, 207“, des heiligen Gregorius, A. 129", des heiligen Anselm von Canterbury, B. 205 und 205", 207 und 207“, endlich 209*). k «. Am vertrautesten aber unter allen Kirchenvätern zeigt sich Heinrich mit den Ansichten des heiligen Augustinus. Die Anführung derselben ist eine so zahlreiche und so vielseitige, dass es fast nicht möglich ist anzunehmen, Teichner kenne das alles nur aus gelegentlichen Anführungen Anderer. Ich zähle zum Beweise dessen in der Anmerkung alle Stellen auf, an welchen Äusserungen dieses Kirchenvaters in den Gedichten Teichners begegnen“). Es scheint mir dieser grossen Vertrautheit Heinrichs mit dem Geiste Augustins gegenüber die Annahme natürlicher, er habe seine Kenntniss der unmittelbaren Lectüre von Schriften desselben entnommen. Dem steht auch nicht entgegen, dass unser Dichter nicht Latein verstand, denn die Schriften dieses Kirchenvaters wurden in Deutschland schon im neunten Jahrhunderte übersetzt. Ich erinnere nur an das in Endlichers und Hoffmanns Fragmenta theotisca, Ed. II., S. 20 ff., abgedruckte Bruchstück der 76. Predigt desselben. Auch die liebliche Sage von Augustin und dem Knaben der das Meer ausschöpfen wollte, kennt Heinrich, wie man aus einer Stelle, A. 75“, lernt“); so wie eine andere, C. 244“, ersehen lässt, dass er sich auch mit Nachrichten über dessen Leben vertraut gemacht habe“). Ausser mit jenen Augustins scheint sich Heinrich auch vorzüglich mit den Ansichten des heiligen Bernhard von Clairvaux über die verschiedensten Gegenstände beschäftigt zu haben, wie die wiederholten in der Anmerkung zusammengestellten Berufungen auf denselben darthun“). Auffallend spärlich sind aber Teichners Erwähnungen aus dem Leben der Heiligen zu nennen. Seiner im Ganzen doch mehr nüchternen Natur mögen die, namentlich seit dem zwölften Jahrhunderte häufig mit Unwahrscheinlichem überladenen und verzerrten Erzählungen aus dem Leben derselben widerstrebt haben. Am häufigsten noch beruft er sich auf das Leben des heiligen Oswalt, das er vielleicht aus dem uns noch erhaltenen deutschen Gedichte kannte. Wenigstens begegnet das von Teichner erwähnte freiwillige Auf- geben des Königreiches durch Oswalt in dem bezeichneten Gedichte, nicht aber in dem älteren Leben der Acta sanctorum, in jenem des Beda, wie auch nicht in den Zusätzen zur Legenda aurea des Jacobus a Voragine, in Grässes Ausgabe S. 904. Teichner spricht von S. Oswalt an folgenden Stellen seiner Gedichte: A. 34, 68, 162 und 296. Die erwähnte Stelle wegen Aufgebung des Königreiches setze ich in die Anmerkung“). Ausser der Legende S. Oswalts erwähnt Heinrich noch jene der heiligen Elisabeth, A. 68“, 162“ und C. 296"; des heiligen Martins, A. 68" und 162“. Auf das Leben aller drei beruft er sich in E. 47“, Col. b. Auf jenes des heiligen Stephans, A. 232"; Georgs, A. 240", und Bartholomäus, A. 162'. Welchem Heiligenleben die in der Handschrift A, Blatt 24" und 25“ erzählte Sage angehöre, von dem *) Sand Jerónimus der schribt: die daz kirchen swigent niht, die sint boeser mit ir pfliht, dan die valſchen juden dort, die unser herren ſwacher wort und gespottes übertriben und im under d'ougen ſpiben. Dannoch boeser heizt er die, die däniht gefwigent hie, só man sol daz kirchen ſtän' u. s. w. “Sant Ambrósius der rein in einem buoch geschriben vant, daz her Moises tet bekant' u. s. w. Sant Ambrósius der guoter ſprach: im zem diu reinist muoter' u. s. w. Man list von eim, der tet ein mort. Sand Grégorjüs daz niht verhört, er hät daz maere geschriben ie u. s. w. W. **) A. 68b, 75 a, 100b, 103 b, 128b, 160 b, 173b, 194a, 242b. – B. 201b, 202a, 202b, 203b zwei Stellen, 205b, 207b, 210b. – C. 83 a, 101 b, 123 b, 171 b, 187a, 189 a, 206 a, 239 a, 244 a. – D. 6a, 141 b. – E. 43 a, 45b. – F. 16a, 30 a. – Endlich Lassbergs Liedersaal 1, 480, Z. 190 und 2, 556, Z. 191. °") Daz waere als ein kindes hant ſchephen wolt des meres bach'. *) Von Sant Augustin man list, wie er bihtic worden ist her von finer kintheit. Wie ſö kleiniudinc er ſeit, daz zwën hunt im ſcherz ſich bizzen, dä von er bihte und seit sin gewizzen. Ouch ein ſpinne er ſpinnen ſach ir gewebe, dä bihte er näch, daz im sin zit dä mit verswant, daz er got die wil niht mant, die wile er schout zuo der gespunst'. **) A. 103b und 104a, 194 a und 195b. – B. 206b an zwei Stellen. – C. 60 a. – D. 6a; endlich F. 25a. **) Als der guot Sant Oswalt, der ein künierich teilt ume. Daz het er von got entnumen, war umbe solt er daz versparn? Zu vergleichen ist auch A. 68b. Über Heinrich den Teichner. « 1 1 Z Könige, der vor den Armen niederzuknieen pflegte und zwei Kisten als Sinnbild verwahrte, die eine mit Nattern und Schlangen gefüllt, die andere mit den herrlichsten Gewürzen und Kräutern, deren erste die Reichen, die zweite die Armen bezeichnen sollte, weiss ich dermal nicht anzugeben. Hiermit ist die Aufzählung bestimmter positiver Kenntnisse Teichners beendigt, wenigstens in so weit sie sich vereinzelt in seinen Gedichten erkennen lassen. Dass Heinrich mehr wusste, als gerade aus seinen Sprüchen mit bestimmten Zügen zu entnehmen ist, zweifle ich keinen Augenblick. Denn seine ganze Auffassung des Lebens nach allen Richtungen hin ist eine geläutertere, höhere und von Ideen getragene, die namentlich in seiner Zeit und Umgebung nichts weniger als häufig begegnen. Dies setzt natürlich, wenn auch nur geistigen Umgang mit bedeutenderen Menschen voraus, als sie seine Zeit zu Tage förderte. Er hat gewiss in der immer wiederholten Lectüre ihm werth gewordener Schriften Ersatz gefunden für die seltene Roheit und Freudelosigkeit seiner Tage. Man darf sich daher nicht wundern, wenn seine Gedichte fast nur didaktische Zwecke im Auge behalten. Wenn er überall ermahnt und warnt, klagt und tadelt, ja oft trostlos an seiner Zeit verzweifelt, so ist dies ein ehrenderes Zeugniss für ihn, als wenn er vom Leben abgewandt in schönen Träumen nur sich selbst gelebt hätte, unbekümmert um die moralischen Gebrechen und den Jammer seiner Tage. Er mag wohl nur zu gut gefühlt haben, dass einer Zeit wie der seinen mit blossem Wissen nicht zu helfen sei. Hier galt es anders sein als man war, woraus für jene die dieses Bedürfniss erkannten die heilige Pflicht erwuchs, mit gutem Beispiele voranzugehen, nicht blos zu lehren, sondern selbst zu sein, was man von Anderen verlangte. Er spricht sich hierüber in zwei Gedichten klar aus. In dem ersten bemerkt er: "Einer fragte mich, wem ein Mann zu vergleichen wäre, der als grosser Gelehrter bekannt, dennoch all der Tugend entbehre, die sich für einen solchen gezieme?' Da sagte ich: Einem Schuster der es verstehe Anderen Schuhe zu machen, und selber barfuss einhergehe. Gerade so ists mit dem der alles weiss und tadelnswerth lebt. Da wärs wohl besser, das Wissen hinzugeben und im Leben recht zu bestehen, als am Wissen reich, an Tugend arm zu sein'. Lassbergs Liedersaal 1, 417. A / Schöner noch ist das zweite Gedicht zu nennen, aus welchem ich folgende Äusserungen hervorhebe: Und wenn ich alles könnte und wüsste was jemals war und annoch ist, ich führe dennoch nimmer gut, wäre ich nicht vom rechten Glauben durchdrungen und sprächen nicht gute Handlungen für mich. Was taugt auch der grösste Meister der das Gute weiss, das Üble thut? Wissen, das ist euch wohl bekannt, ist ein glänzendes Licht, mit dem man leuchten mag hin zum Ziele, dem wahren Glauben. Will einer diesen Weg uns zeigen, so thue ers einfach, gut und recht, nicht auf und nieder, hin und her. Und wenn er alles ergründet hat was der Herr und die scharfsinnigsten Meister mit all ihrer geistigen Kraft begonnen und erfahren haben, es schützt ihn nicht, ist er an gutem Handeln säumig. Das Wissen tadle ich darum nicht. Wäre das reichste Wissen mein Eigen, ich würde es nur dazu nützen, die Wahrheit zu fördern, das Unrecht zu bekämpfen', A. 147*). ºr Dass es Heinrich mit diesen Äusserungen vollkommen Ernst war, kann man daran ersehen, dass er selbst überall auf gründliches Wissen drang. So z. B. begnügte er sich nicht, was ich schon oben *) Ob ich al daz kund und wist, daz ie was und iemèr ist, ich wüer dannoch nimmer wol, ich waer dan rehtes gelouben vol und hiete guotiu werk dä neben, daran stät dazéwie leben. Wä vür ist der meister guot, der wol weiz und übel tuot?". . . . . Wan diu kunst diu heizt ein schin und ein lieht, daz wizzt ir wol, daz man dà mit liuhten sol an des rehten gelouben zil. Swer die wege dan zeigen wil, der sol zeigen die gesliht, üfund nider vüeren niht, ie zuo hin und dan her wider'.... Ob er allez daz besunnen, daz unser herre hät begunnen und al die kluoge meisterschaft, die almeister mit ir kraft hänt betihtet und erwarn, ez mac in allez niht bewarn, ist eſ an guoten werken laz'..... Die kunst schilt ich dar umbe niht. Kund ich aller künste pfliht, die kund ich gerne durch den fin, daz ich hülf der wärheit hin und widerret daz unreht waer. Alſö ſprach der Tichnaer'. Denkschriften der philos. –histor. Cl. VI. Bd. «- 15 114 Th. G. v. Karajan. erwähnte, mit der blossen Lectüre der heiligen Schrift, sondern verlangte, dass man auch die Glosse neben ihr lese, sonst sei sie schädlich, statt nützlich. Und desshalb sagt er war ich stets bemüht über alles was mir neues an Wissen begegnet, ein Urtheil durch genaue Betrachtung und Erkundigung zu gewinnen, bevor ich es mir eigen machte. C. 199“). - . Teichner konnte sich desshalb wohl auch ohne Anmassung an verschiedenen Stellen seiner Gedichte einen wissenschaftlich gebildeten Mann nennen. So zählt er sich selbstverständlich, in dem Gedichte von der wertlouf, C. 294, zu jenen welche sich Kenntnisse durch Lectüre wie Unterricht erworben haben. Ferner äussert er an einem anderen Orte: "Wenn man ihn einen gelehrten (d. i. unterrichteten) Mann nenne, so habe man nicht Unrecht, denn er sei beides gelehrt und nicht gelehrt. Er habe natürliche Anlagen, sei somit durch Gott und die Natur mit natürlichem Wissen ausgerüstet, wenn man ihn auch nicht einen Schul- gelehrten nennen könne. In diesem Sinne sei er gelehrt und nicht gelehrt, A. 232"; zu ergänzen aus B. 224“. Unsere Stelle haben wir schon oben S. 105 näher erwogen. In derselben Handschrift A, auf Blatt 10“, gesteht er, er sei allerdings gelehrt, fügt aber bescheiden hinzu: er lerne noch von Stund zu Stunde”). II. Ergebnisse der Bildung, a) Verhältniss zu Gott, Dass das redliche Bestreben Heinrichs, durch das Wissen zum Glauben zu gelangen, kein fruchtloses blieb, sondern ihn zu dem erquickenden und kräftigenden Gefühle eines unerschütterlichen Gottvertrauens leitete, lehren manche zerstreute Äusserungen in seinen Gedichten. So spricht er mit Zuversicht davon, dass Gottes Güte überall walte, seien auch die Wege die sie gehe, die Wahl die sie treffe, uns häufig unbegreiflich; denn es trete oft das Unerwartetste ein, und geschehe nicht worauf man sicher rechnete; es stehe alles in Gottes Hand, A. 145“. Mancher heisse ein reicher Mann der es doch nie gewesen. Wie mag der auch reich sein, der nie Seelenruhe gewann? Diese erlange nur, wer reich sei an inniger Liebe zu Gott, wen sie durchglühe vom Wirbel bis zur Zehe . . . . . .Wo Gott ist, da sei nichts zu verlieren, da herrsche bleibende Freudigkeit, A. 69". Das Zeichen des Kreuzes, äussert er an einer dritten Stelle, gebe ihm solche Zuversicht, dass er auf den wüstesten Wegen nicht von Angst ergriffen werde, denn er fürchte nur Gott, der könne ihn fällen, nicht der böse Dämon der ihn selbst an den Stufen des Altars verführen würde, hätte er von Gott Gewalt dazu, A. 96“. Und schön begründet er die erhebende Ansicht, dass der Herr Niemanden im Voraus erwählt habe, dass der Weg zu ihm Jedem offen stehe, mit den Worten: Seine Gnade ist wie eine Quelle die an der Sonne zu Tage fliesst, an freier Stelle für jeden Wanderer. Da stehe sein Erbarmen Jedem bereit, der nur schöpfen wolle, A. 135°"). ”) "Ir hoeret wol, diu heilic ſchrift sº ein vellung und ein gift sö mans näch dem text verstät und die glös dar zuo niht hät'.. . Dá von hän ich mich gevlizzen, ſwaz mir kumt von künsten vür, daz ich rehte beschou und ſpür waz diu meinung drüber si, é daz ich belib dä bi'. A ”) Swer in künsten gelesen hät und ouch in der lèrer ſag, der geloubet nimmer tag, dazdiu werlt üf nemen tuo'. 'Einer ſpricht, ich hän gelesen in der ſchuöl und si gelärt, só redet einr die widervart, ich sº ein leie Än al geschrift. Die sint beide üf rehter trift, dazir enweder unreht giht. Ich bin geléret und ouch niht. Von natürlich geléret bin und von got, der git mir sin . . . aber näch den buochstaben bin ich aller kunst beschaben. Só bin ich geléret unde niht'. . . . Der hät gar unwisen sin, er hoert wol daz ich geléret bin, und lerne noch von ſtund ze ſtund'. a) ”) Gotes güete hät die kraft, daz sie nieman mac ergähen. Suocht mans verre, so ist sie nähen, suocht mans höch, só ist sie nider, suocht mans in der tiefe wider, só ists über allen himeln höch. Daz er den ſchächer an sich zöch und den Jüdas von im liez, der sin junger was und hiez, si stuonden beide in siner hant' u. s. w. Man heizt mangen einen richen man, der kein richeit nie gewan. Ei wie mac der rich gesin, der nimmer wirt än herzen pin? Ez hät niemen richen gewin, än den ein richiu, gotlich min hät durchgluot unz üſ den ſtant. Swaz man waent, ez tuo im ant, daz begert er ze einer labe, in hät von der hoech her abe só erwült Über Heinrich den Teichner. 1 15 Diese vertrauensvolle Zuversicht auf die Weisheit und Gerechtigkeit Gottes liess unserem Heinrich das grösste Übel, die härteste Prüfung als eine Gnade des Herrn erscheinen. So betrachtet er selbst eine unglückliche Ehe als eine Pflanzschule der Heiligkeit, A. 50“, preist den Herrn nach seinen gnädigen Fügungen, A. 82“, und war selbst dann, als seiner Person das Schrecklichste auf Erden drohte, die gezwungene Verbindung mit einem verhassten Weibe, noch voll Zuversicht und Dank, indem er ausruft: Gott der hat mich nie verlassen, das hat er auch jetzt gethan!' C. 217“). «. Stille Ergebung in den Willen des Herrn, selbst wenn er uns am empfindlichsten heimsucht, nennt er unsere Pflicht, A. 123"; ja sündhaft erscheint es ihm sogar, lange zu schlafen und den Dienst des Herrn dadurch zu versäumen, C. 6". Selbst Kindern solle man es nicht gestatten, denn sie würden dadurch in ihren Pflichten lässig, D. 9“”). 2. -- Und als er sich einmal zweifelnd fragt, warum denn Gott, dem alles möglich war, den Menschen nicht so erschaffen habe, dass er ohne Leiden und Kämpfe den Himmel erreiche? da antwortet er: Er konnte es nicht, denn dann würde der Mensch nicht zur Erkenntniss Gottes gelangen, den Leitstern verlieren, der ihn auf der Bahn des Lebens lenken soll. Was man nicht kenne, darnach sehne man sich auch nicht, D. 85". Ganz erfüllt von dieser freudigen Zuversicht auf die Weisheit des Schöpfers ist das schöne Gedicht: Von unserm herren', beginnend: Leib und Seele haben geringeren Werth, als das sittliche Vertrauen das sich Gott ganz hingibt. Sei es nun gut oder schlecht, es geschieht doch nur was Gott will u. s. w. A. 53"). Dieser fromme Sinn geht bei Teichner so weit, dass ihm Gott einmal auf daz èwie guot, daz niht mèr in ſ'inen muot komen mac von ſiner geſchaft, wan got selp mit ſiner kraft hät gehüst in siner brust. Swä got ist, dä ist niht vlust, dä ist ein ſtaetiu wunne'. . . .“ich hän einen ſegen, ſwä ich lig in wüesten wegen, dazmir nimmer grüst noch eist: vater, sun, heiliger geist!' Swenne ich mich daran verläz, só bin ich sicher vürbaz, daz wart nie sö wildes vol, got möhte mich behüeten wol. Só möht mich ouch sin slac gewinnen . . . . ob ich vor einem alterslief, ich waere nindert ze höch, ze tief, der tiuvel hiet mich schier erwalt, wan er hiet von got den gewalt. Nu stèt ez al in gotes hant, dä von ist mir nindert ant, swä ich bin bi naht, bi tac. Ich würhte niur den gotes slac, der vünde mich ouch, ſwä ich waer. Alſó ſprach der Tichnaer'. ... Singenäde ist als ein brunnen, der da vliuzet an der ſunnen, gar an einem vrien zil, daz in ſchepfet (wer dà wil. Alsó ist sin barmekeit gemein und aller werlt bereit, allen die niur ſchepfen wellen. Ich hört einen nie gezellen, dem singenäde versaget waer. Also sprach der Tichnaer'. u. *) Hät ein übel wip ein man, dä wirt er geheiligt van, ob er niht hin wider vluocht. Sówirt ouch ein wip beruocht und geheiligt mit eim man, der sich übels vlizen kan, ob siz wil durch got vertragn. Aber wils hin wider bägn, sö verliuset sie ir lón'. 'Ez ist geschehen an maneger stat, daz der ſchüre geslagen hät ein witez velt über al und lie einen acker ſmal üf dem witen velde gar, daz im klein noch gröz niht war. Daz geſchach niur von der fuog, daz er got den zehenden truog, des behielt er im die niun. Got der siht durch alle ziun, im mac niht verborgen sin'. Got der hät mich nie verlän, alſö hät er ouch nü getän!' *) Der unserm herren gehörſam tuot, daz er ez allez hät vür guot, fwie unser herre mit im wil, er geb im wénic oder vil, er setze in höch oder nider, daz er niht spricht dä wider und lobt niur got ze aller vrist, der selbe mensch gehörsam ist und ist ein rehter gotes kneht'. “Sö mac einer gröze ſträf vor dem gerihte gotes hän, der die zit verkéren kan, daz er unsers herren tac macht ze naht und fläfen pflac'. . . Aber ſwer ein kint laet fläfen, daz im wirt im ſläfen baz, dazwirt éwiclichen laz, dan daz ez reht gezogen waer. Alsö ſprach der Tichnaer'. "") Bt der vinstr erkent man ſchºn, bi der truckn erkent man naz. Swer des ſüren nie besaz, der weste niht waz ſüeze waer'. Lip und ſèle ist niht sö guot, sam ein wol gesiter muot, der an got leit alſ in ſach. Ez si wirdec oder ſwach, ſwer ſich dar umb grimme vil, ez geſchiht niur waz got wil! Ich waere ouch junger, dan ich bin, hiet ich ë gehabt den ſin, daz ich mich an got hiet län. Sö was dazvil oft min wän, daz ich anderz wolt dan got, ſwaz niht gie näch mim gebot, daz ich ungedultic lebt. Swaz ich dä widerſtrebt, ſö ward ez boeser, bezzer nie, unz daz ich den ſtrit verlie und hän mich an got verlän. Swaz er wil, daz si getän. Sit hän ich geruowten ſin. Ez kumt oft ein ſiecher hin, ein geſunter wirt begraben. Swaz ein man gewis wil haben, daz gët im von handen drät; des er keinen tröst niht hät, dazwirt im ze handen bräht. Dä erzeigt uns got sin maht, daz er selp wil herre sin. Hietz ein man in finem ſchrin, wil ez got, ez wirt ein ber; laege ez ze underist am mer, wil ez got, ez gèt im zuo. Dä von si der mensch mit ruo, läz wider got sinen ſtrit, der dä nemen kan und git. Wil ich hin, só wil er her, ſwelch ende ich den willen kèr, ſömuoz ich doch ze leste ſtän dä mir got der meinung gan. Daz hän ich alsö besunnen. Daz ich wac ze gröz gewunnen, daz wart mir ein herzen klage. Man siht manegen naht und tage gröze arbeit hän näch guot, und kumt niemèr üz armuot; só ist maneger gar verlegen und velt üfin als ein regen silber, golt und ander ſpil, dazs im selbem dunk ze vil. Dà von weiz ich bezzers niht, dan der al sin zuoversiht setze an got än allen list. Swenne ein dinc ergangen ist, daz man niht erwenden kan, ſolmanzabe herzen län, got tuot alliu dinc durch guot. Wir sin umb manegez ungemuot, des got niur ze danken waer. Alsö ſprach der Tichnaer'. 15* 11 6 «. Th. G. v. Karajan. pantheistische Weise als Weltseele erscheint. Es gibt nur éine Seele, éin Leben, das alle Wesen durch- dringt. Gott ist die Seele, der Träger aller Geschöpfe, ohne ihn kann nichts leben'. Diese Seele erfülle alles, wie das Meer alle materiellen Dinge mit seiner Feuchtigkeit durchdringe, A. 157“). Solchen, zuweilen auf Abwege führenden Gedanken gibt sich Teichner öfters hin, und sie ergreifen ihn dann so, dass er in lange Erörterungen geräth, die uns freilich hie und da fast komisch erscheinen, ihn aber mächtig erfüllten. So frägt er in Glaubenssachen ängstlich nach dem rechten Wege, als er durch die Äusserungen verschiedener Prediger auf widersprechende Folgerungen gerieth, und lässt die Weisheit ihm eine Mittelstrasse anrathen, für die er den einfachen Glauben erklärt und die Weisheit äussern lässt: "Wie ein Mann in fremdem Lande, der den rechten Weg nicht zu finden weiss, sich einfach auf die von einem Kundigen erfragte Mittelstrasse zwischen allen möglichen Steigen und Wegen nach rechts und links verlassen muss, so sei es auch mit dem Glauben, auch hier führe nur die in Einfalt und Demuth verfolgte Mittelstrasse zum Ziele', F. 48“. Er lässt ferner die Weisheit warnen vor allem unnützen Grübeln, das nur auf Abwege führe“). / Demselben Gedanken begegnen wir auch an anderen Stellen. So äussert er C. 151": "Das liegt abseits der Strasse menschlicher Einsicht, das sollen wir dem Glauben anheimgeben'. Dann A. 238“: Der Herr hat sich unserem Wissen verborgen. Ihn findet fürwahr nur der, der sich der Einfalt und Tugend hingibt. Endlich F. 76": "Fehlte uns Wissen und dessen Handhabung, wer sollte dann Irrgläubige bekämpfen? Aber der, der den rechten Glauben hat, der schiebe alle Grübeleien bei Seite, und glaube in Einfalt'“). b) Ernste fast ascetische Richtung. Schon aus dem bisher Gesagten lässt sich die ernste Richtung erkennen, die Heinrichs ganzes Wesen einhielt. Wir wollen uns jetzt mit dieser noch eindringlicher beschäftigen und ihn über die Beweg- gründe derselben, so wie über seine Ansichten vom Leben und dem in ihm einzuschlagenden Wege vernehmen. . In dem hübschen Gedichte: Warumbe maneger wénic lachet, beantwortet Teichner ausführlich die an ihn gerichtete Frage: warum er immer so düster sei und selten da erscheine, wo Freude und Kurzweil herrsche? mit den Worten: Ein Mann der in der Fremde wandere, zudem umgeben von Feinden, der werde wohl selten fröhlich gefunden. Keiner sei so tapfer, dass er von drei überstarken Feinden zum Kampfe herausgefordert noch freudig erscheine. So gehe es ihm aber. Seine Feinde seien die Welt, die Nähe des Bösen und seines eigenen Leibes Begierlichkeit. Das gebe staeten Kampf und lasse ihn nicht "!) Ein kluoger meister ſeit daz maere, daz niuwan eine ſèle waere in aller eréatüre leben. Dä begunde ich zwiveln neben und dühte mich unmügelich. Ich was der kunst niht sórich, daz ich den sin verstanden hiet, daz aller créatüre diet von einer sèle geleben kunden. Doch hän ich her näch funden, daz ez ein rehtiu wärheit si. Daz verstët dem mere bi, daz durchyliuzet berg und tal und machet Vruhtic über al. In welhem berc niht wazzer waer, der waere aller vrühte laer. Sit daz mer dan vruht muoz geben, só istz ein sèle und ein leben, aller créatüre haft. Alsö ist got aller geschaft ein sèle und ein üftrac, daz niht än in geligen mac' u. s. w. °) Dó ſprach ich, ir (der Prediger) meisterschaft macht mich wild und irrehaft, dazdiu lère ist ungelich. Hiute ist einer kunsterich, der bewist mich eines maere, só ist morgn ein bredigaere, der leit disen meister nider und bewist mich anders sider. Dar näch der drit sie beide verkért. Liebiu vrowe, wist und lért, wie ich bi den sachen war ?" (Die Weisheit antwortet:) Als ein man in vremdem kreiz, der sich niht zberihten weiz, der muoz niuwan frägund gän.' Sö ſpricht ie der zeigund man: Schou daz ist diu mitter sträz. Alle ſtig niur varn läz, die dä wüerent üf und abe und besunderlich dich habe näch der mittern ſträzen guot. Daz ist daz dü mit diemuot einvalticlichen gelouben ſolt u. s. w. Später lässt Heinrich die Weisheit äussern: daz gehoert den gelouben an, dä sol niemen grübeln in', und 'Ob ein meister kunsterich dich mit künsten grifet an, ſö ſprich niur: ich wil beſtän bi dem einvaltigen gelouben'. « *) Daz ist üz menschen ſinne ſträzen, daz ſül wir dem gelouben läzen'. Alſö hät sich unser her aller kunſt verborgen gar, daz in niemen windet zwär, dan mit einvaltiger tugent . . . Swer ſich ſetzt in tugentleben, der vint got àn widerſtreben'. “Waer niht kunst und meiſterschaft, wer möht ketzern widerſtän? Aber ein reht geloubic man, der lät alle trahtung wichen und geloubt niur einvalticlichen'. - Über Heinrich den Teichner. - 1 17 fröhlich werden. Dass er sich einen Fremden nenne, geschehe desshalb, weil er sich wie ein verirrter Wanderer in der Welt nicht zurecht finde, nicht zu erkennen vermöge, wer ihm wohl wolle und wer nicht, denn wer ihm süsse Worte biete, handle anders, und so fahre er wegelos im trügerischen Rohre dahin'. . . Ansehen und Reichthum der Welt, das Andere erfreue, schaffe nach seiner Ansicht nur Trübsal und störe die Ruhe der Seele. . . . dazu wisse keiner ob er auf der rechten Fährte ziehe oder irre fahre, ob er Gott wohlgefällig sei oder nicht. ... Wenn einer dabei freudig sein könne, sei es wohl ein Wunder zu nennen, A. 196"). -- s An einer zweiten Stelle, in dem Gedichte: Von des tödes flä, das ist von des Todes Fuſsspuren, A. 11", äussert er: die Ungewissheit der Todesstunde nicht nur, mehr noch die Unsicherheit, wie es dann um die Seele stünde, mache einen Vernünftigen wohl mit Recht ernst und bekümmere sein Inneres. Wer dabei lustig sein könne, der müsse wohl arm an rechter Einsicht sein'. 'Es ist nicht so lustig auf der Erde', bemerkt er an einer dritten Stelle, A. 195", sieht man wie leichtsinnig die Menschen dahin leben und bedenkt man wie sich dadurch ihre Schuld täglich mehre. Der Mensch komme zudem mit Klagen auf die Welt, lebe in ihr mit Schmerzen, und fahre betrübt und freudenleer dahin. Zu verwundern sei nur, wie dabei einer lachen könne“). er“ - » - Wer nicht lieber von Gott höre, als von dem Narrenspiele dieser Welt, der mag wohl wenig Liebe zu dem Höchsten haben', A. 20". Aufwärts müsse sich unser Blick richten. Mit Nöthigung und Anstrengung nur sei die Höhe zu erklimmen, früh und spät müsse der Körper sich abmühen', A. 162“. Und doch', bemerkt er an einer dritten Stelle, A. 104“, sei das, was man dafür erlange, leichten Kaufes zu erwerben. Ein ewiges Leben voll Freude stehe uns offen, wollten wir nur die Sünde dafür hingeben'"). "*) Einer vräget mich der maer: war umbe ich só trüric waer, daz ich selten ret und lachet wä man freud und kurzwil machet?" Dó ſprach ich: "Ein ellent man selten froelich werden kan, hät er dar zuo vientschaft. Ez ist keinr als manhaft, des mich dunkt in minem ſin, wan er vehten solt mit drin dä im ie einer ze ſtark waer, er enwaere aller freuden laer. Alsö wird ich nimmer vr, ich muoz vehten wider dri, der mir ie einer waer ze ſtark, disiu wert, des tiuvels mark, und mines eigen libes gir. Dise dri ſtaete in mir vehten tuont än üfhab. Dä von gët mir lachens ab. Und als ich geſprochen hän, daz ich bin ein ellent man, daz ich niht erkennen mag wer mich rehte im herzen trag oder wer mich anders meinet. Der mir ſüeziu wort bescheinet, só sint andriu werk dä bi. Dä bin ich der ſträzen vri und louf ellende in dem rör'. . . . und ist wol ein irre varn der einez ret, ein anderz tuot. Dar näch kan ein slehter muot sich gerihten zkeiner zit. Daz selp ellent und der ſtrit vorgenant, die tuont mich ſwachen, daz ich ſelten mac gelachen, wä ich bin den liuten bi. Waer ich dan des alles yri, daz die dri mit mir iht waehten, noch kein ellent nimmer brehten, dannoch müest ich trürie sin, wan ich weiz kein dine vor min, daz mich mache wol gemuot. Werltlich ère, werltlich guot, daz den liuten vreud sol geben, dä ist niht wan trüebsal neben. Sömèr sin ein man besitzen tuot, só minnr er ſläfet unde ruot, er hät niur dester mé ze ſchaffen. In hiez al diu werlt ein affen, den diu ſchran hät überseit, und hiet niur hinz morgen beit, daz man in danne an galgen hie, daz der funge und lachent gie: dannoch gemlicher ist sin muot, der sich vreut und lachen tuot bi der widerwertikeit. Jeder menſch ist überseit, daz er ſterben muoz und sol, und weiz daz für die wärheit wol, und weiz wie und zwelher mäz: dannoch ist daz groezer daz, daz daz niemen Weiz vür wär, ob er wolod übel war, ob er si in gotes zorn, ode inz himelrich erkorn. Swer dä bi ist vreuden rich , daz ist wol als wunderlich als ein überseiter man, der nu sigen muoz hin dan, daz der lachet, froelich waer. Alſö ſprach der Tiehnaer'. V- 65) Maneger vrägt: wie ich mich gehabe?' 'Mir gienge an deheiner flaht niht abe, wan ich niuwan waere gesunt. Ich hän einen ſwaeren bunt, der mir allerhertist lit, daz ich niht wizzen kan die zitwan mich der tötgrifet an. Dä vür niemen niht kan, künic noch keiser, klein noch gröz, daz macht mich an vreuden blöz. Waz möhte groezerz ouch gesin, daz ich die wärheit weiz vor min, daz ich muoz an tödes pil und enweiz niht ze welher wil oder wie der ſèle geschaech? Ob mich iemen trüren saech, ir sult ez niht vür wunder wegen. Waer wir wis wir solten pflegen ſorgen einhalp mèr dan lachen'. . . . . fwer niht trüren wel dä bi, der ist rehter sinne hol. Ich kan mich niht gehaben wol'. Dem mit ſünden wolltegelich ist, der mért sin schult alle tac. Swer daz besorget, ob sich der am lachen borget, daz sol niemen Wundern sèr. Ez waere daz ze wundern mèr, daz ein mensch erlachen mag. Er kumt in die werlt mit klag und lebt in der werlt mit ſmerzen, und kumt mit betrüebtem herzen ab der werlt und vreuden laer'. v. ") Swer von got niht hoeren wil und hoeret lieber gumpel ſpil, dà sullen wir erkennen bi, daz er gotes vriunt niht si'. Sö ist daz himelrich hin ouf. Swer ſich richtet üf den louf, dä gehoeret nöt und arbeit zuo. Er muoz ftigen ſpät und fruo und dem lip reht ob geligen. Daz ist wider berg gestigen, ſwer dem libe wé tuot'. 'Swer des giht, daz himelrich si ze koufen herticlich, der verstët niht reht diu maer. Ich weiz niht daz baz veil waer, dan dazèwie vreuden leben, sitz uns got umb sünd wolt geben, daz ist daz boesist daz ie wart. Só ist dehein dinc só zart, alsö der himel werden kan. Den veilt uns got umb d’sünde an, die solt wir umbe sust verläzen'. 1 18 - Th. G. v. Karajan. Nach einer längeren Erwägung der beiden Worte saelde und gelücke', zu der er in der Münchener Handschrift E, auf Blatt 32“, Col. b, wiederkehrt und welche so häufig gebraucht und verwechselt würden, scheidet Heinrich ihre Bedeutung auf folgende Weise. Mit saelde sei das edlere, innere Gelingen zu bezeichnen, mit gelücke die Gewinnung äusserer Vortheile. Darnach spricht er sich dahin aus: er für seinen Theil halte sich an die saelde'. Gelänge es ihm nur stets, dann wäre er ein heiliger Mann zu nennen. Das gelücke', dem die Welt nachstrebe, das halte den Menschen gefangen und nehme üblen Lauf, A. 118". 'Auch ein Nero', heisst es an einer anderen Stelle, A. 217“, habe äusseren Glanz und Ansehen gewonnen, und doch sei seine innere Würdigkeit eine geringe gewesen. Wer nicht im Innern durch seine sittliche Kraft ein biederer Mann sei, der werde nie durch äussere Dinge Würdigkeit erlangen'"). "Die Seele müsse herrschen über den Körper, sich ihm nicht gefangen geben. Er müsse ihr dienen. Und sie könne es, ihr sei die Kraft dazu gegeben', so äussert Heinrich in dem Gedichte von der séle und dem lip', A. 149", und bemerkt im Verfolge: Wer tüchtige Gesinnung zu erwerben weiss, der wird auch frischen Muth behalten'. . . Ist der Geist tüchtig, so jüngt dies auch den Körper”). Der Kampf aber der Seele mit dem Körper ziehe sich durch das ganze Leben hin, der Antheil des Himmels und der Erde am Menschen liege in ihm zu Tage. Im Alter werde allerdings die Willenskraft schwächer, aber auch die Kraft des Körpers leiste nicht mehr so viel Widerstand. Trotz dem währe der Kampf unausgesetzt fort. Man sehe daran, dass nimmermehr friedlich zusammenstimme, was seiner Natur nach nicht im Einklange sei'. Dies zum Theile der Inhalt des Gedichtes: Von der sèle, A. 152“). Darum sei es nöthig, stets den Körper in Banden zu halten: Wer seinen Körper besiegen will, der muss ihn ohne Unterlass wie einen Leithund binden mit der Leine der Mässigkeit, A. 18“"). Wem nur materielles Wohl im Leben Bedeutung habe, dem wäre besser, nie geboren zu sein" meint Heinrich, A. 114“, und drückt an anderen Stellen seine entschiedene Geringschätzung des Treibens der Welt und ihrer Verehrer aus. "Es ist in dieser Einöde nur tiefer Schmerz zu gewinnen', A. 202". "Mein Gewissen treibt mich an, Alles zu fliehen, was nach der Welt sich stellt', A. 12“. Wer die Welt zu erwägen versteht, der muss sie fliehen wie einen hinterlistig beissenden Hund'. Niemand, selbst der Tugendhafteste nicht, kommt fleckenlos von ihr, nimmt er irgendwie Theil an ihrem Treiben. Denn sie ist thöricht. Sie preist zuweilen das Tadelnswerthe, und schilt den der handelt wie er soll. Wer will sich davor schützen?' A. 59"”). "7) Doch wolte ich än allen tuk die sºelde vür daz gelücke hän, sö würde ich ein heilic man. Dazdiu werlt vür gelücke hät, daz behabt den menschen mit der ſtat, daz hät wandelbaeren louf, einer abe der ander ouf u. s. w. Swer niht ist ein biderb man, inwendeclich von eigem willen, daz der nimmer kan erbillen wirdekeit ab üzern sachen, liezt in halt ze keiser machen, als der Nèró, wizzet wol' u. s. w. "s) “Wan diu sèle sol daz àz ze allen ziten twingen, phrengen, niht in allen ſachen hengen. Ez ist unsers herren ban, daz wir niht sö liebes hän, daz uns ziuch von sim gebot'. . . . . daz macht anders niht dan pin, daz sich ein mensche grimmen tuot. Swer sich naeme ein guoten muot, der waer lange in junger wis. An dem lip ich niht enpris, ist er lange in siner kraft. Ist der geist tugenthaft, daz jungt den lip allermeist. Dä von würkt ezniur der geist, daz einer vür dem andern griset u. s. w. "") Daz ist von eim dinc gemacht: der mensche ist von zweier saht, von dem himel, von der erden und muoz ouch hin wider werden beidenthalp geteilet schön'. . . . . . daz seht an einem alten man. Wenne im gèt diu kraft hin dan, só gèt im ouch der tugenden abe. Daz macht ouch dazdiu séle iht habe staete ze würken guoter sach an dem alten menschen ſwach, ſam die wile er junc was'. . . . ez git wunderlichen schal: daz niht mit einander hal, dazwirt nimmer reht gedoenet. Alsó ist diu sèle gehoenet mit dem lip unorden- haft u. s. w. w 79) Swer sinen lip wil überwinden, der muoz in als ein rüden binden ze allen ziten mit der mäz' u. s. w. "!) Maneger seit, im werd niht mé, dan daz er ezze und trinke hie. Der waere baz geborn nie, dem der erd niht mér solt werden, dan daz er verzert üferden . . . .'wan ez ist in dieser wüest anders niht wan herzen sèr!'. ..'ſö heizt mich min gewizzen vliehen al daz wertlich ist getän'. . .“Swer die werlt ahten kunt, der flüch sie wirs dan einen hund, der vaerinc biz, daz weiz ich wol. Ez ist nieman só tugent vol, der von ir komäne meil, gewint er an ir deheinen teil, wan sie unverstendic ist. Sie priset laster manege vrist, und schilt ër den rehtgebärn. Wer möhte ſich dä bi bewarn?" » Über Heinrich den Teichner. 1 9 Teichner geht in seiner ernsten, fast ascetischen Lebensansicht so weit, Trübsal und Leiden geradezu willkommen zu heissen, denn in ihnen lerne der Mensch sich selbst erkennen und richte den Blick zu Gott. Das sei ein Gewinn der nicht um alles in der Welt zu theuer erkauft sei. Nur Weisen sei es gegönnt, diesen herben Weg zu meiden, D. 75“. Wenn mein Herz gepeinigt wird, das sollte mich nur um so mehr freuen' bemerkt er, A. 11", als zu leben ohne Ungemach, denn darauf folge sicher Trübsal, wie der Winter auf den Mai'. Freigebigkeit und Kasteiung des Leibes halte er für die grösste Tugend', A. 162“). Nur durch strenge Beobachtung unserer Pflichten sei der Himmel zu erklimmen, wer regellos lebe, mit dem gehe es abwärts, A. 18“. Es gebe keine Hinterthüre, durch die man wohlfeileren Kaufes in den Himmel gelangen könne', A. 157". Nur wer den Leib bezwinge, gewinne das Himmelreich', A. 162“”). Diese Reihe von Äusserungen klingt ernst genug. Dennoch war unser Teichner auch ein Freund frischen, fröhlichen Muthes. Ja wenn er bei guter Laune war, schrieb er wohl auch einmal einen tollen Schwank, wie jenen mit der Überschrift: Daz wambiz, der in Lassbergs Liedersaal 2, 473 zu finden ist, oder jenes muthwillige Gedicht über die Betrügereien der Schmiede, E. 66“, Col. a, ff.; über jene der Schneider, C. 171"; von dem auf dem Freithofe begrabenen Esel, C. 129"; jenes von den Spitznamen der Handwerker, C. 5"; oder äusserte in einer heiteren Stunde: "Es ist kein Leben, ausser in froher Stimmung. Missmuth ist eine Fessel. Und besässe einer tausend Länder, ihm wäre doch nicht wohl, bliebe er beständig in Unmuth', A. 187". Drum muss Weisheit und Dummheit im Leben sich mischen. Ist die Last gleichmässig vertheilt, so wird sie dem Rücken minder lästig. Hängt sie an einer Seite über, so schmerzt das den Träger', A. 187". Desshalb billigt es Teichner auch, dass hohe Herren, die sonst unter der Zahl der Geschäfte zusammenbrechen würden, sich Hofnarren halten. Das wirke wie wenn der Schmied erhitztes Eisen im Wasser kühle, und man Wein mit Wasser mische', A. 187°”). Doch kommen ähnliche heitere und lebenslustige Äusserungen in seinen Bekenntnissen nur ausnahms- weise vor. Sein Sinn war zu sehr nach Oben gerichtet. Er wollte der ganzen, geistigen Thätigkeit des Menschen jenen ihn adelnden Zug nach Aufwärts überall eingeprägt sehen. Was zu Gott führt schien ihm darum über alles wichtig. «. Daher die so häufigen Ermahnungen in seinen Gedichten, den Geboten der Kirche gerecht zu werden. Wie die Natter äussert er A. 184“, zerhacke man sie, sich durch Kräuter heile, und fühle sie ihre Haut schlecht, sie abstreife, ins Wasser gehe, sich an die Sonne lege und die neue Haut dadurch kräftige, so solle der Mensch durch Beichte, Busse und den Gottesdienst sich kräftigen'. Ist es uns "*) Wan ich lebe in herzen pin, solt ich baz in vreuden sin, dan än allen ungemach. Dä gèt trüebsal her näch, wie daz kumten widerstrit. Alsö näch süezer meienzt gët ein süre wintergal. Sögèt ouch näch winters quäl gar ein süezer sumertac'. Einer vräget mich der maer, welhz diu groeste tugent waer? Dó ſprach ich . . .“Miltekeit, des libes pin', vor unserm herrn im himelrich macht die engel vreudebaer'. « ”) Swer ſinen orden behaltet, welher flaht er ordens waltet, der gëtze berge inz himelrich. Swer danne lebt unordenlich, näch dem lip, der muoz hin abe'. . . . Im Irrthume sei wer glaube daz der himel sº gemacht und gezimbert in der aht, als man werltlich hiuser tuo, dä man tür und slüzzel zuo haben muoz, wil mans entsparn. Der hät diu maer niht rehte ervarn. An dem himel ist ninder want noch ein tür, diu mit der hant werd gespert noch üf getän. Sant Péter sol die slüzzel hän und sol daz himelrich entsliezen, alsö ist der büren liezen'. . . . sie verstèntz niur werltlich. Só man reht verstët diu maere só ist ieglich bihtigaere an Sant Péters stat gewüegt... daz ist al ein geistlich dine und ist den gesellen ſwaer. Alsó ſprach der Tichnaer'. Ez ist anders niht gelebt, dan in höhem muot geſwebt, ungemüete ist ein bant. Hiet ein man üftüsent lant, im waere dannoch nimmer wol, waere er alweg zornes vol'. . . . Alsö muoz gemischet sin diu wisheit mit der tumpheit. Swá der ſoum geliche treit, daz zebricht den rucke niht: ſwä manz einhalp hangen ſiht, dä geschiht dem rucke wé'.... Einer vräget mich der maer: zwiu ein herre goukelaer und narren in sim hüse hiet?" Dó ſprach ich: die vüert er mit, daz er gewinne guoten muot, wan sin sin und ouch sin bluot kumt absiner rehten stat, ſó bringt er sich her wider drät, daz er ſiht die tumpheit. Wenne er ſich ze verre verjeit in der grözen sorgen phliht, só würde er an im selp enwiht, saech er niht die tumpheit sider. Dä mit bringt er sich her wider in ein rehten senften muot. Nu seht ir wie der fmit tuot, der sin isn im fiwer lindet, wenne er dan der weiche emphindet, só hert erz in eim wazzer kalt. Alsö ist der herre gestalt. Wenne er erweicht in sorgen grözen, só begint er sich ze ſtözen in die kelt der ſtampeni, sókumt er wider im selbem bi. Ez möhte ein her niht lange leben, solt er ſtaete in ſorgen ſtreben: só muoz er sich her wider bringen mit den üppeclichen dingen. Als der wazzer mischt mit win, alsó muoz gemischet sin diu wisheit mit der tumpheit'. 7 4 ) 1 20 Th. G. v. Karajan. gelungen, durch Beichte und Busse unsern Willen so zu bändigen, dass wir die Sünde meiden und das Gute erfassen, dann wohl uns, dass wir leben!' A. 31" *). a. » "Die freiwillige Enthaltsamkeit in der Fastenzeit ziere den Menschen meint Heinrich, A. 30“, und erhebe ihn über das Thier das solche Gewalt des Geistes über den Körper nicht besitze "). "Doch nur dann hätten diese Übungen Werth bemerkt er, A. 124", wenn sie freiwillig und mit Zerknirschung unternommen würden und schildert lebendig einen Thörichten der durch Bestechung eines unwürdigen Priesters auf einem bequemeren Wege erreichen will, was nur auf dem unbequemsten möglich ist, A. 31*"). Eben so trefflich ist die Schilderung der zwecklosen Wallfahrten nach Rom. Da sie nicht mit gehörigem Sinne unternommen würden, verfehlten sie auch ganz ihren heilsamen Zweck, sie schadeten statt zu nützen. Solche Wallfahrer glichen den Schweinen die hier aus der reinigenden Fluth kämen und sich dort wieder in den alten Unrath legten', A. 32”). Eben so sei der Besuch der Kirche nutzlos, wenn er nicht mit wahrer Andacht verbunden sei, so sehr er sonst vor Allem empfohlen werden müsse und von Heinrich überall aufs Eindringlichste verlangt wird. So A. 182, 214“ und 43“. Doch sei es mit dem ewigen Beten allein nicht abgethan, wenn nicht die Erfüllung der sonstigen Pflichten des Menschen mit dem Gebete Hand in Hand gehe, C. 244“”). Das Kirchengehen und Beten Mancher sei nichts als Furcht vor der Hölle. Nicht Überzeugung und Durch- drungensein von Gottes Erhabenheit und Güte. Solche Gebete taugten nichts, meint er E. 46“, Col. a. Man schütze nicht vor, wendet Teichner den Tadlern des häufigen Kirchenbesuches ein, A. 43“, die Priester seien nicht so, wie sie sein sollten. Das schade der Messe nicht, nur dem Priester, ist er kein würdiger Diener des Herrn"). «- - Heinrich selbst versäumte, wo er nur konnte, nie den Besuch der Kirche. Er erzählt uns, C. 207“, ein Erlebniss, in dem er für seinen Theil eine höhere Mahnung erblickte, keine Fahrt ohne vorher gehörte Messe zu beginnen. Man erkennt in dem Geschichtchen, das ich auszugsweise in der Anmerkung mittheile, recht lebendig den frommen Sinn unseres Dichters”). ”) Diu näter hät só wisen muot, wilen ir daz houbt niht ſwirt, ob sie halt geteilet wirt, in der mitte enzweigeslagen, sie macht sich ganz in kurzen tagen mit der wurzen, die si kent'.... . Sö ist ouch der näter muot, wan ir daz alter wé tuot, daz sie die hiut wil läzen, si vast só lange und ist ungäzen, daz ir diu hüt slutter wol, sö sliuft sie durch ein engez hol und ſtroufet üz der alten hiut . ... só ſchowets wä si ein wazzer windet und wescht sich schöne üz eim brunnen und leit ſich dar näch an die sunnen, dazdiu niwe hüt an ier gestarret und gevestet schier'. ") Mit der vasten wir uns zieren und besundern von den tieren, daz wir dem lip nemen singier. Wir waeren wol als ander tier, wan daz vasten niht enwaer' u. s. w. ") "Daz dunkt im allez samt ze swaer, daz er deheinez wil begän. Er spricht: er sº ein christenman, er hab niemanne benomen sin leben, zwiu man im sölhe buoz sul geben ? und wirt dem bihtigaere gehaz. Dar näch gët er vürbaz wà er siht einen phaffen, der trunken ist und versläfen, dem kouft er ein stutzen win und setzt den nider neben sin, der sol in dan hinz himel bringen und wigt im dan sin bösheit ringe, daz gar tötlich ist und ſwaer'. "Man vertgein Röm durch sünde verlän, só wirt maneger wirs getän, wenne er kumt von Röm her wider. Sö dunket er sich heilic sider und waent er hab von helle röst al sin vorvordern erlöst und wirt boeser sit wan vor. Der solt nimmer komn vorz tor, er solt nü hie heim bestän, der sich boesern wolt hie van. . . . . Nu wirt maneger boeser sit wan im der antläz wirt gegeben. Der tuot reht mit sinem leben als ein ſwin, daz sich reinet und sich zehant hin wider leinet in der alten lachen vluot. War zuo ist sin waschen guot, der sich wil hin wider legen? Er waer vil baz dä heime gelegen, só hiet er doch niht müeden vuoz, behielt als mèr den alten ruoz, hiet er muot hin wider inz bäht'. « ") Nu möhte einer ſprechen liht, dem diu wärheit waere pin: wir kunnen niht ze kirche fin über tac als nunnen, phaffen, wir hän ander dinc ze ſchaffen. Der verstët niht minen rät. Ich ſag niht von beten ſtät, ich ſag niur von ordnung hän. Wan des pflaege ein ieglich man, des er pflegen solt von reht, dä mit waere er gotes kneht, ob er wénic ze kirchen drung'. *") 'Ez mac der messe niht geschaden, ob der priester ist geladen mit eim sündelichen muot. Ez ist diu mess von im als guot, sam von dem aller besten man, den diu wert geleisten kan'. . . .“Alsó vliust der leie niht dran, hät der phaff niht reht sin ambet'. *) Zeinmál was ich in dem wän, daz ich tagewit riten wolt, und besorgt mich ob ich solt messe hoeren an der ſtat, daz mir niht wurd diu wile ze ſpät, daz ich niht komn möht dort hin. Alsó reit ich in dem sin äne messe ze minem ſchaden, daz ich kom üz rehten pfaden und verreit mich in wildez gehage, daz ich an dem andern tage küme ze àbent dort hin quam. Waz ich zeiner tagwit nam dar üz wurden grözer zwö, und was al die zit unvrö, und het gröz herzen sèr. Dä von tuon ichz nimmer mèr, daz ich von der messe als il. Ez ist niemèr im tac ein wildiu alsö wols volbräht'. 7 S ) Über Heinrich den Teichner. 1 21 Höher noch als den fleissigen Besuch der Kirche schlug aber Heinrich, und mit Recht, die Übung guter Werke an. Manche meinen, bemerkt er A. 163", das Gebet allein vermöge schon Alles. Das Gebet, selbst der Kinder für den Vater, könne Niemand aus der Hölle erlösen. Ein Gott ergebenes Leben vermöge den Kirchenbesuch nöthigen Falles zu ersetzen. Johannes in der Wüste habe keine Kirchen besucht und sei doch viel besser geworden, als die, die so häufig zur Kirche laufen, und in Lüge leben, A. 164*). Mit Kirchenlaufen und Klosterbauen sei es nicht abgethan, gute Handlungen liessen den Tugendhaften erst wirklich erkennen, A. 168“. Mancher laufe zur Kirche und schlage an sein Herz mit beiden Fäusten, sei aber dabei gegen Arme übler als ein Heide. Da müsse es mit sonderbaren Dingen zugehen, sollte der, der die Armen hinopfere, das Himmelreich erlangen', A. 26"*). « Mit dem Glauben allein, so wenig wie mit dem Gebete sei es abgethan, A. 168", 19" und 19". Ohne gute Werke sei beides wirkungslos. Ein langes Leben ohne gute Werke sei durch seine Länge ein Unglück zu nennen, denn die Sündenlast werde dadurch nur um so grösser, A. 9"*). sº An anderen Stellen macht Teichner die ganz richtige Bemerkung, durch gute Werke steigere sich die Liebe zu Gott, A. 21“*). « «- Wenn wir in unserer bisherigen Schilderung der Ansichten Teichners über die göttlichen Dinge und ihr Verhältniss zum Leben überall Gelegenheit fanden, ihn als einen durchaus klar und scharf unter- scheidenden, dabei von echt christlichem Geiste erfüllten Mann aufzufassen, so dürfen wir billigerweise auch jene Merkmale nicht mit Stillschweigen übergehen, welche ihn zum Theile in ganz eigenthümlichen, geradezu wunderlichen Ansichten religiöser und philosophischer Art, zum Theile in jenen seiner Zeit befangen erkennen lassen. Zu den Wunderlichkeiten der ersten Art möchte ich folgende Ansichten zählen. Als der Teufel aus dem Himmel verstossen worden sei, habe Gott den Menschen für dessen Gestühle bestimmt. Der menschgewordene Heiland habe für ihn den Eintritt ins Paradies vermittelt, A. 153”). Die Erschaffung der Welt sei Gott nicht schwer gefallen, er habe sie mit Ruhe und Freude zu Stande gebracht, A. 234"). Die Gottesmutter habe eine zweite Sinfluth nur dadurch verhüetet, dass sie auf den Knien so lange vor Gott gefleht, bis diese ganz blutig geworden, das sei eine Behauptung der Irrgläubigen; Maria sei einig mit dem Herrn, es bedürfe keiner solchen Bitten, A. 167**). Christus habe seine Mutter so in sein Reich eingeführt, wie *) Alsó waer bezzer nimmer trit hinz der kirchen komen zwär und waer getriu àn allen vär. Ieglich mensche windet got, ſwä er behaltet ſin gebot. Sant Johan die werlt verswuor dó er in die wüeste vuor, daz er vil wénic ze kirchen gie: und wart vil bezzer dan die, die nu vil ze kirchen loufent und sóvalſchlichen koufent'. ... 'Dämit ist der mensch betrogen, wirt er in die helle gezogen, in kan niemen her üz beten'. « *) Maneger hinz kirchen draft und slaht imz herz mit fiusten beiden und ist wirs dan ein heiden armen liuten manec ſtunt. Waer daz niht ein ſpaeher fund, fünd erz himelrich alsust mit der armen liute flust?" Ez ist geloubens nü als vil, als hie vor bi keinem zil, guotiu werk, diu sint dar van. Sant Paulus ſpricht: dä si niht an, ist der geloub der werke laer'. *) Swer niht guoter werke begät, die wile er die zit hät, daz er hin louft än widerkèr, langez leben schat im mèr, dan ez im geyrumen kan. Der niht wil von ſünden län, dem ist langez leben ein vel, ie langer leben, ie tiefer hel'. » *) Der nu gotlich liep niht hät, dem wil ich wol geben rät, wä mit er fin mac gewinnen. Er sol guoter werke beginnen, ie baz von zit ze zit, emzicheit gewonheit git'. - °°) Der tiuvel viel von himelrich. Dä wart des gestüele bar, dö schuof got den menschen dar. Vogel, vieh und ander leben wart hinz himel niht gegeben üf daz laere gestüele sider. Got der ſprach: ich kom her nider, daz ich den menschen wold ernern, ich wolt den sünder niht verhern, ich wil daz er éwiclichen lebe u. s. W. *. *) Got der leit niht arbeit, dó er die werlt beschaffen hät. Er stuont stille an einer ſtat und beschuof mit sinem worte wol, wie diu werlt loufen sol von anevanc unz an daz lest'.. ... unser herre leit niht ſwaer, als ich sprach der mülnaer, wan er sin müle gerihtet wol'.. ... dä von hät sich got enphlihtet, er beschuof die werlt mit ruo und siht ouch mit vröuden zuo, daz in niemen betrüeben kan u. s. w. § - *) Dö gèt aver ein anders näch, daz ist ouch ein ketzerheit, ez wirt niur her näch geseit: ez habz unser vrouwe erwant, diu habe kniet üf daz lant, daz ir diu knie gebluotet hänt und hab ez got erbeten an mit vil manegem zaher heiz. Daz ist ein dinc, daz ich weiz, daz ez mit nihte mac gestn. Sö waere ungemach und pin dort daz himel rehte als hie, wenne diu Ougen und diu knie liten Denkschriften der philos.- histor. Cl. VI. Bd. 16 1 22 Th. G. v. Karajan. jener Kaiser die arme Jungfrau die er geehligt, neben sich zur Herrinn machte, A. 28 bis 29". Sanct Peter habe von dem Tage an, an welchem er den Herrn verläugnet hatte, immer nasse Augen behalten, E. 31“, Col. a. Eben so sonderbar genannt müssen die wunderlichen Fragen werden, mit deren Beantwortung sich Heinrich zuweilen abmüht. So z. B.: Hat die Schlange im Paradiese die Worte verstanden, mit denen sie Eva verführte? A. 160“. Wer war Schaffer im Paradiese, während Christus auf Erden weilte? A. 145". Wer ist aus folgenden der Schlechteste, ein Jude, ein Heide oder ein böser Christ? A. 133". War der Teufel ein Bauer oder ein Adeliger? E. 64“, Col. a. Ferner Einfälle wie: der Adel auf Erden stamme von dem Sohne Noahs ab, der die Blösse des Vaters bedeckte, von den übrigen der Bauernstand, A. 139". Zu vergleichen mit E. 64“, Col. a. Wenn während des Gottesdienstes plötzlich vor der Kirche auf dem Freithofe der Herr erschiene, so wollte Teichner die Kirche vor dem Ende doch nicht verlassen, denn er glaube zuversichtlich des Herrn Wort eben so wahrhaftig in der Kirche zu vernehmen und seinem wahren Leibe eben so nahe zu sein, als wenn er ihn vor derselben von Angesicht zu Angesicht schauen und hören würde, A. 216“). Nicht minder wunderlich klingt die in zwei Gedichten klar ausgesprochene Ansicht, der Mensch habe drei Seelen ? das Thier zwei, alles andere Wachsende eine, A. 153” und 154". Der Sitz der Seele sei im Herzen und sie sei einer glühenden Kohle zu vergleichen. So wie diese in allen Richtungen hin ihre Wärme ausströme, so auch die Seele ihr Gefühl. Desshalb würden auch selbst bei jungen Leuten Hände und Füsse am ersten kalt und könne man an diesen die grössten Schmerzen ertragen, ohne dass die Seele erliege, A. 155". Der Mensch sei am Morgen besser als am Abend, das komme von der Kraft der Sonne, A. 165“). Man hänge die Verbrecher auf und begrabe die Biederen. Man thäte besser die Biederen aufzuhängen, und ihre Lebensgeschichte daneben, die Schlechten aber zu begraben, damit man sie sobald als nur möglich vergesse, C. 148", und dergleichen mehr. Die eben aufgezählten, unserer Zeit fast nicht mehr begreiflichen Ansichten können mehr subjectiver Art heissen, während die jetzt zu betrachtenden in allgemein verbreiteten Ansichten jener Zeit und in ihrem bis zum Äussersten gläubigen Sinne wurzelten. A. Vor Allem ist hieher zu zählen der damals so sehr verbreitete Glaube an den Einfluss der Gestirne auf die Schicksale der Menschen. In dieser Hinsicht begegnen wir folgenden Äusserungen: Jeder Mensch sämlich arbeit'. . . . dä von hab des niemen wän, daz unser vrowe klag und wein. Sie ist mit unserm hern enein. Swaz si wil, daz wil ouch er, ſwaz er wil, daz ist ir ger'. . . .'Ez ist daz ein valschiu ſage, daz got ie den muot gewünne, daz er sölher sach begünne, als die meister hänt gesetzet. Wan só wurd sin wort geletzet, wan got selber hät geſworn er gewun nimmer mé den zorn, daz er die werlt alsó erslach, sam in der alten werlt geschach' u. s. w. d *) Nu verstèt den gelouben min. Sold ich in der kirchen sin, wan der priester messe list, und ich vür ein wärheit wist, daz got üf dem frithove waer, rehte in aller der gebaer sam er mensche was getän, ich wolde bi der messe stän. Wan ich üz der kirchen gie, só bewaerte ich zwivel hie, daz ich niht geloubt vür wär, daz er alsó ganz und gar in des priester hant mac gesin, sam er hie üf erde schin und noch ist ze himelrich. Ich taete ouch nimmer wich ſwä ich bi der bredige ſaez dä man daz évangélimaez und daz heilic gotes Wort, ob ich wür die wärheit hört, unser her waer vor dem tor, daz er bredigen wolt dä vor, ich wolte in der kirchen wesen, dä ich hört den priester lesen waz daz èvangéli seit, wan ez ist diu wärheit und gotes wort alsö stèt, sam erz selp hie üzen ret, ob daz mügelich wesen kund, daz der ſchepfer an der ſtund üf die werlt nu bredigen gie und lèrt doch anders niht hie, danne er vor geléret hät, als dä ze èvangéli ſtät'. 4 ”) "Mir sint dri sache bekant. Man siht grüenen bere und lant, daz hät die sèl, dä grüent ez van, wan kein dinc gewahsen kan, wenne ez wirt der sèle vri. Vogel, tier, ſwaz lebentic si, daz muoz zwö séle hän, die gruntsèl, dä wahst ez van, die ander sèle ist só gestalt, daz ez empfindet warm und kalt, waz im wol oder übel tuot. Diu dritte séle ist só guot, diu muoz éwiclichen leben, sie wirt ouch niur dem menſchen geben. Der hät drier sèlen kraft: daz er wahst als ander geſchaft und empfindet als ein tier, diu dritte sèle ist só zier, diu dä immer leben sol, sº verstèt übel unde wol, bescheidenliche waz man wil' u. s. w. . . . "Der mensche dri sèle hät. Diu eine verrümet ninder stat und ist ein geist und keiniu mé, dan diu empfindet wol und wé, diu mac niht ein geist sin, diu dä ltdt von grifen pin. Diu drit, diu grüent als loup und gras und verrint als ander äz' u. s. w. 'Ez ist von der sunne kraft. Alliu dinc sint tugenthaft wan diu sunne komen sol, daz versté wir alle wol. Swer ein ſiechtuom an im hät, daz riht sich näch der hane krät und wirt senfter vil dan é. Wenne dan mitter tac ergê, só gët daz ungesunt her wider. . . .'Ez ist ouch der buoch ſag, wan sich scheidet naht und tag, só gewint der tiuvel gewaltes vil, daz er prüevet mort und ſpil mé dan an destages zit. An den zwein ez lit, daz man smorgens sinne hät groezer dan des äbents spät' u. s. w. Über Heinrich den Teichner. | 23 habe seinen Planeten, in welchem sein ganzer Geist befangen sei, so dass er unter dessen Einfluss die rechte Bahn einschlage und mit unausgesetztem Bemühen nach ihm wirke', A. 175°”). Mit erwünschter Ausführlichkeit ist diese Ansicht der Zeit in den Gedichten: Von den elementen', A. 15"; Von dem libe, A. 17“, und: Wie ein man leben ſol', A. 18', niedergelegt. In dem Gedichte: Von den tugenden, wird noch folgende Erläuterung hinzugefügt: "Die Gesinnung jedes Menschen richte sich nach dem Sterne unter welchem er geboren sei. Sehe man an einem Bauern tapferes und adeliges Benehmen, so rühre das von dem Sterne her, unter dem er geboren sei', A. 51“). In dem von Docen in den Miscell. 2, 230 aus der Münchener Handschrift E. mitgetheilten Gedichte wird dem entsprechend geäussert: Bei der Geburt des Menschen wirke ein Stern mit, der es verursache, dass er edler oder unedler Gesinnung zufalle'. Vergl. auch Bl. 50, Col. a, derselben Handschrift“). Ein anderer allgemein verbreiteter Aberglaube legte manchem Steine wunderbare Kräfte bei. So z. B. die Macht, den der ihn trage unsichtbar zu machen. Auch Teichner glaubte dies, wie man aus A. 7", C. 297" und E. 29" sehen kann. Zudem spricht er in einem dritten Gedichte von einem Steine der den heiter mache, der ihn des Morgens ansehe, aber diese Kraft verliere, so wie sein Träger sündige. Lassbergs Liedersaal 2, 12, Z. 63 ff. Dass die Taube keine Galle habe, die Ameise im Alter an Kraft zunehme, was Heinrich in B. 210“ und E. 62, Col. a, behauptet, waren eben so allgemein verbreitete Meinungen, wie jene, dass gewisse Segensformeln die Wunden der Pferde, wie den Blutfluss heilen können. Teichner führt an zwei Stellen solche Formeln auf. Ich theile sie in der Anmerkung aus der Handschrift A. 41" und C. 163" mit”). Der gläubige Sinn jener Tage erblickte in Allem Wunder und unmittelbare Einwirkung der Gottheit. Daher in Heinrichs Gedichten die gläubige Erzählung mehrerer solcher Geschichten. Wie von dem Manne der auf freiem Felde seinen verfolgenden Feinden dadurch entkommt, dass ihn das umklammerte Kreuz des Heilands plötzlich unsichtbar macht, A. 74". Die Wundergeschichte von jenem Christusbilde das sich statt der Füsse den Mund küssen lässt, als Belohnung für eine schöne Handlung, C. 242" u. s. w. Solcher Glaube verlieh aber den Menschen jener Zeit eine Zuversicht im Leben, die die unsrige entbehrt. So erblickte Heinrich sich überall von seinem Schutzengel und Schutzheiligen beschirmt, A. 127“ ünd 127", und betrachtete den gewissenhaften Priester als der Sünde fast entrückt durch die häufige Beichte und das täglich in der Messe empfangene Abendmahl, A. 134“ u. s. w. Diese Gläubigkeit geht freilich hie und da einmal auch bis über die Grenze des Denkbaren hinaus. So z. B., wenn Heinrich in vollem Ernste die Geschichte erzählt von einem Hunde und einem Affen die ihren Herrn Barmherzigkeit lehren, A. 112" ff. Im Ganzen aber verleiht sie manchen Schilderungen wohlthuende Wärme und einen ungeheuchelten Ernst der auf festem Grunde ruhte. s“ «r Anziehend ist daneben die durch eine Reihe von Stellen zu belegende Beobachtung, wie sich Heinrichs echt christlicher Sinn gegen einzelne abergläubische Ansichten seiner Zeit dennoch sträubte. So nennt er es einen Glauben der alten Weiber, dass der, der im Wasser umkomme, von Gott verstossen sei, A. 95“), und trägt **) Ieder mensch hät sin planeten, dä sin sin ist inne geweten und lät in mit im rehte leben. Er muoz mit im selp streben mit emziclicher arbeit'. «- ”) Ieder mensch hät einen ſtern, dä der lip ist under gebern. Dä ist der mensch näch gemuot. Daz ein gebüre vrumclich tuot und hät adelich gebär, daz kumt von dem ſterne dar, dä der lp ist under geborn' u. s. w. ”) Ein ieglich menſche muoz ſich wern von nätür der missetät. Einer baz geneiget stät zuo den ſünden, dan der ander. Daz ist von der ſterne wander'. *) "Dä hilfet man den pferden mit, wan sie wurmbizzec sin, só tuot man diz wort schin: als leit si dir wurm hie, als unserm herren alle die, die dä gebent valschen rät!' 'Man tuot ein wurm des lebens vr, dä mit diupfert besezzen sint, mit den selben worten swint: als leit si dir wurm hie, als gote die valſchen zungen ie!' Só verstilt man ouch daz bluot dä mit, daz man ſpricht üf wunden snit: als leit si dir bluot zergän, als unserm herren dirre man, der dä verteilt und ſwert mit gevaer!' ”) 'Ez ist ein geloub der alten wip, ſwer in dem wazzer verliust den lip, daz der si von got vertriben u. S. w. - 16 * 1 24. Th. G. v. Karajan. sogar keine Scheu mit sich selbst in Widerspruch zu gerathen, eine von ihm, wie wir sahen, wiederholt ausgesprochene Meinung, über den Einfluss der Gestirne auf den Menschen, später durch eine Reihe von Gründen zu widerlegen. Ich stelle diese Polemik Heinrichs gegen sich selbst in der Anmerkung zusammen und mache hier nur noch darauf aufmerksam, wie in dem Gedichte: "Daz man dem lip niht volgen sol', A. 175“, vielleicht der Wendepunct zu ihr niedergelegt ist”). Ein ähnlicher Widerspruch gegen eine von ihm selbst geäusserte Ansicht scheint mir auch in folgender Stelle zu liegen, welche gewissermassen gegen die oben erwähnte pantheistische Ansicht von der Weltseele gerichtet ist. In einem Gedichte nämlich, in Lassbergs Liedersaal 2, 34, Z. 56 ff., heisst es: Die Logik lehre, Gott und die Natur seien eins. Das sei aber irrig, denn der, der nehmen kann und geben, sei höher zu achten, als der, der bloss empfange. Die Natur aber lebe durch die Gabe Gottes, somit sei sie ihm unmöglich gleich zu achten'. . Zum Schlusse der Betrachtung jener Ansichten Teichners, die mit denen seiner Zeit stimmen oder sie bekämpfen, will ich hier noch auf Einiges hinweisen, das in den Bereich der Natur-Philosophie oder, wenn man lieber will, der Kenntniss und Deutung physischer Erscheinungen gehört. So unternimmt er es in dem langen Gedichte: Von den Elementen', A. 148“, die Ansicht zu widerlegen, dass die Erde sich selbst trage, in sich selbst Erhaltung und Zweck finde, und stellt als den Träger derselben die Gnade Gottes hin. Das Gedicht ist anziehend für die Kenntniss des Standes der physicalischen Erdkunde seiner Zeit und verdiente genauere Untersuchung. Leider ist es zu lange, als dass ich es in der Anmerkung ganz unterbringen könnte"). In dem Buche der Weisheit', F. 15“, spricht Heinrich vom Firmamente, das ihm lauft, und lässt die Weisheit verkünden, am jüngsten Tage werde dieser Lauf plötzlich gehemmt werden“). An einem anderen Orte, A. 150", erwähnt er das Entweichen der Seele aus dem Körper und wie etliche lehrten, dies erfolge durch Nase und Mund, dem sei aber nicht so, das geschehe vielmehr auf ähnliche Weise, wie ein Licht, ohne materielle Öffnungen zu benöthigen, durch das Glas dringe“). Mit der Behauptung einiger die als Sitz der Seele das Gehirn bezeichneten, erklärt sich Teichner nur theilweise einverstanden in dem Gedichte: Von lip und sèle', A. 151"”). - ”) "Ich hän gehört von manegem man, daz die sternsehere wizzen, wer zer helles verslizzen. Etelich ſterne si der art, ſwer under im geborn wart, daz der müez gein helle warn, daz künne niemen bewarn. Só heiz ich daz unwärhaft. Só hiet der ſterne groezer kraft dan got selp? Dazwizzt vür wär, ez stët an gotes handen gar. Si mügen reden wol näeh wän, daz sie ſprechent: diser man ist under eime sterne geborn daz er éwic ist verlorn, ez wel den got wunder erzeigen und sin hertez gemüete neigen in ein tugenthaft gemuot!' Got sint mügelich alliu guot' u. s. w. A. 34 a. Und hän gehört von manegem manne, ez si ein ieglich mensche gespannen und gebunden mit eim ſtern, daz er mit nihte mügenbern, er müeze süntlich leben. Einer müeze ze vehten ſtreben, sö müeze einer ſteln gän, só müeze einer friunde hän, só müeze einer trunken wesen, ode er künd mit nihte geneſen, wan er vom trinken züge. Daz ist allez ſamt ein lüge. Ein ieglich mensche zwingt sich wol, und iſt er guotes willen vol'. Docens Miscell. 2, 234. Swie der mensch geborn si, gar eim üblen ſterne bi, hät er ſchame und wisen muot, er went sich wolüf allez guot, dazdiu natür verderbet wirt und alle tugent üz im birt, A. 175 a. Swenne ich an daz wort (Christi) gedenk, so enruoche ich waz iemen seit von der ſterne mehtikeit. Ich geloube an einen got besunder, der daz obrist und dazunder allez hät in sinem ban, im sint die ſterne undertän', A. 166b. - ”) Swer daz geloubt und sinnen tuot, daz diu erde und wazzers vluot si gezimbert und geladn anders denne üf gotes genädn, der gët mir mit kunste vor. Ich wil ſterben üf dem ſpor, dazs niht hab dan got, des gewalt und sin gebot elliu dinc enbor üf treit' U. S. W. *) "Daz der himel loufen tuot, daz ist niur der werlt ze guot, daz er fruhtic macht daz nider. Des bedarf man niender sider näch den urteillichen ſtunden, dä von wirt der himel bunden, daz er nimmer geloufen mac'. W ”) "Etelich meister tuont uns kunt, datz der nasen und datz dem munt sol diu séle ir sträzen gän, daz ist niht, daz merk dar an, daz man einem munt und nasen mac verzimbern und verglasen, daz kein luckel mac hin in, dannoch gët diu sèl dä hin... dä von hät diu sèl kein tor, si gét mit versparter tür in den menschen und hervür. Swaz geistlich ist, daz hät niht mäz, dä von gelichet niht baz der sèle, dan ein lieht im glas' u. s. w. ”) "Die meister ſprechent ouch dä bi dazdiu sèle im hirne si. Si ist über al im lebe und doch in der hirnschübe ist sie mit der besten kraft'. Über Heinrich den Teichner. » 125 c) Charakter. Alle bisher aufgezählten Äusserungen Teichners gaben mehr oder minder Zeugniss von den mannigfachen Kenntnissen die er sich erworben, und von dem Eindrucke den diese in seiner für alles Höhere empfänglichen Seele zurückgelassen hatten. Ich gehe nunmehr, bevor ich zur Schilderung seiner äusseren Lebensverhältnisse gelange, an die Betrachtung des Gesammtergebnisses seiner Bildung, natürlich nur in so weit als es sich aus den zerstreuten Äusserungen in seinen Gedichten erkennen lässt. Dass wir aus so vereinzelten, gelegentlichen, daher nichts weniger als vollständigen Beiträgen kein erschöpfendes Gesammtbild seines Charakters erwarten dürfen, liegt auf der Hand. Dennoch wird dasselbe im Ganzen hoffentlich ausreichen und günstiger lauten, als er gewiss selbst, lebte er noch, uns zugestehen wollte. Denn er war ein gewissenhafter Beurtheiler seiner selbst. Er gestand wehmüthig er wünschte sich nichts mehr, als sich selbst genau zu kennen, dafür wollte er alles andere Wissen hingeben', A. 96““), und fällte über sich wohl ein zu scharfes Urtheil, als er die Zeilen niederschrieb: So viel erkenne ich an mir selbst, dass man nicht besser wird. Ich bin jetzt doppelt so wenig werth, als ich mir einst zu sein zugestehen konnte. Ich habe abgenommen an Treue und Glauben im Vergleiche mit jener Zeit, in der ich noch wenig erfahren hatte. Lassbergs Liedersaal 1, 457, Z. 1 1 ff.“). » Wollen wir mit einem Worte Teichners ganzes Streben und Sein zusammenfassen, die Richtung und das Ergebniss seines Fühlens und Denkens, seiner Kenntnisse und Erfahrungen, so müssen wir als solches die Sehnsucht und das Ringen nach sittlicher Vervollkommnung bezeichnen, oder, um im Sinne jener Zeit zu sprechen, das Streben sich Gott zu nähern. Die Begeisterung für dieses edle Ziel durchdringt jedes seiner Worte. Sein Blick ist überall besorgt auf die scharfe Beobachtung des Abstandes gerichtet zwischen dem Gange seiner Zeit und jenem zur sittlichen Vervollkommnung, so wie auf die Mittel, die rechte Bahn wo sie ihm verlassen schien, wieder zu gewinnen. Diesem Grundzuge seines Charakters, der in dem unermüdlichen Bestreben sich kundgab, die moralische Besserung seiner vielseitig siechen Zeit ins Werk zu richten, werden wir unsere Anerkennung nicht versagen können. A Es schien daher Heinrich vor Allem unerlässlich, die Hände nicht in den Schooss zu legen, sondern unausgesetzt das höchste Ziel im Auge zu behalten. Die Liebe zu Gott allein genüge nicht, äussert er A. 4“, der Mensch müsse selbst Hand anlegen, sich selbst bestimmen, nicht alles von der Gnade des Allmächtigen erwarten, hier gälte es tugendhaft zu handeln in Liebe und Furcht des Herrn“). Es genüge nicht, dass einer dem andern die rechte Bahn zeige, schlägt nicht auch er sie wirklich ein. Mit Stille- stehen gelange man nicht zum Ziele, A. 4“. Nur Selbstthätigkeit, Reue und moralischer Kampf gegen sich selbst könne den Sünder retten, nicht das Gebet und die Lehre anderer allein, seine eigene Willenskraft müsse ihn schützen“). Der Weg der Tugend aber sei ein lohnenderer, bemerkt er A. 112“, ein %) Wenne ich einz noch künnen solt, niht mèr kunst ich wünschen wolt, wenne ich mich niur selben kant!' ”) An mir ſelp ich wol verstän, daz ſich nieman gebezzern kan. Ich bin boeser zweier hant, dan ich vor an mir bekant. Ich hän minder gelouben, triwe, dan é vor in miner niwe'. ”) Swer än die minne (Gottes) wilwesen und wil ouch äne vorht genesen, der wil got vür nihte hän. Der hät als sère missetän, der got trüwet al ze vil, sam der im niht getrüwen wil'. *Waz yrumt der mir ein sträzen zeig, wan ich mich dar näch niht neig ? daz zeigen brachte niht anzzil. Swà der mensch hin komen wil, dä hin muoz er varn ode gén, er enkumt niht durch ſtille ſtën u. s. w. *) Allez daz got ie liez werden, ſteine, griez, graz unde loup, vogel, tier, mertropfen, ſtoup und waz ouch mensche ie wart, waeren dazal engel zart, ez kunde allez niht ein boesen von der rehtekeit erloesen, ob ez allez umb in baet. Dä ist diu rehtekeit als ſtaet, als sich diu güete hie lät vinden. Die enkan niemen überlinden üf der werlte bi ir verten. Alsókan ouch überherten nieman dort die rehtekeit. Daz hän ich dar umbe geseit, daz kein mensche niht verzag, ſwie gar vil er ſünden pflag, wil er niuwan von fünden län; und daz nieman üf den wän sünden darf, daz in diu güet heilen müge än rehtez gemüet. Er muoz guoten willen hän, Wolze tuon und übel län, só ſchaffet im diu barmunc huot' u. s. w. 1 26 - -« Th. G. v. Karajan. freudenvollerer als jener zum Bösen. Man kaufe die Hölle mit ungleich bittererem Leide als den Himmel, den man mit freudiger innerer Zuversicht erlange ”). Schon der Verkehr mit den Guten unter den Menschen sei ein erhebendes Gefühl, der Verlust desselben allein schon eine bittere Strafe sündigen Beginnens, A. 104". Demselben Gedanken begegnen wir auch in einem Gedichte der Münchener Handschrift E. auf Blatt 74“, Col. a. Die Tugend sei ein Ehrenkleid, das dem der sich hüte vor der Missethat, besseren Empfang bereite als dem Freunde üppigen Treibens, erscheine er auch noch so schön und zierlich, A. 105°”). Lieber die grössten Opfer gebracht, als in Schanden gelebt, A. 116"; den Schmerz den die Züchtigung des Kindes gewährt, lieber ertragen, als das tiefere Leid, die Theuersten in Schanden leben, in Schmach sterben zu sehen, A. 53"). . Wahrhaftigkeit in Allem und Jedem, bemerkt er, nicht blos in Worten, gehe ihm über Alles und sei das sicherste Heilmittel der Sünde. Wissen habe ihm nur Werth , wenn es dazu diene, der Wahrheit Bahn zu brechen, das Unrichtige zu widerlegen', A. 148°”). Wie solle auch ohne Wahrheit die Liebe zum Nächsten erwachsen? A. 209"). Wahrheit und Treue seien ja doch die theuersten Güter auf Erden. Wahrheit führe zur himmlischen Heimath, bahne ehrenvoll die Wege durchs Leben; Lüge treibe zum Abgrund der Hölle, A. 225““). Ohne jene sei keine Rettung. Was man von ihr dichte und sage möge Niemand missbilligen, A. 61"“). Tadle ich die Welt, wie sie es verdient, denn sie ist werthlos und verächtlich, so erwerbe ich mir allerdings nur Feinde, indem ich ihr die Wahrheit verkünde, schweig ich aber, dann sündige ich. Darum will ich die Wahrheit sagen und kost' es selbst mein Leben', C. 110““). Und wirst du um der Wahrheit willen begraben, Gott der will die Wahrheit haben'. . . . . Seht, wie ein Sieb, was man auch Wasser darein schöpfe, nie voll wird, dennoch ist die Läuterung zu loben. Gerade so gehe es dem der die Wahrheit verkünde. Bleibe ihm auch kein Freund, so doch das Bewusstsein, der Wahrheit gedient zu haben. Lassbergs Liedersaal 2, 536, Z. 37 ff. Die Welt sei jetzt so krank , weil die Wahrheit in ihr verschwinde. Wo sie ihren Glanz verliere, da schwinde auch die Liebe, da kehre Verzweiflung und Trauer ein. . . . . Desshalb seien auch wahre Freunde und Freundschaft so selten. . . .Wie will ich den auch lieben, dem ich nicht trauen kann, nicht glauben was er sagt? Liebe kommt nur von Wahrheit, C. 278” “). Zu vergleichen mit Lassbergs Liedersaal 2, 537, Z. 78 ff. Werde ein Lügner erstochen, 105) "Hät der niht unwisen muot, der dä kouft der helle gluot vür dazèwie vreuden leben? Ich geloube än widerstreben, daz man die hel vil herter kouft, dan manz himelrich erlouft. Swer sich vlizet rehter fach, der ist al zit mit gemach und lät sich in vröuden ſchouwen: so wird diser vil sère zerblouwen, hiute gewangen, morgen wunt, er gewint niemèr liebe stunt, der dem tiuvel ist undertän'. s 0") Dà von wünsch ich nimmer tac, daz ich den boesen wol behac. Ich wil irdienst verkiesen, wan ich müest die gouten verliesen'. Tugent ist der éren kleit. Swer sich hüet vor missetät, den hät man baz an aller ſtat, dan der ſchoen und vlaetic schint und enist geilen werken vint'. 107) Sö wolt ich guotes vil üfgeben, é ich wold in schanden leben'. . . .“Swer daz niht geliden mac, daz ein kint weinens pflae, ob erz ſtreich mit eime ris umb sin unberihte wis, er wirt liden daz unguot, daz im vil unsanfter tuot, daz sin kint mit ſchanden wirbt und gar lasterlichen stirbt: ein besemslac vil bezzer waer'. - 108) Die kunst schilt ich dar umbe niht. Kund ich aller künste pfliht, die kund ich gerne durch den sin, daz ich hülf der wärheit hin und widerret daz unreht waer'. - 10°) Swådiu wärheit vliust den ſchin, dä mac ouch kein liebe sin: dä ist niht wan zwivel, trüren'. 110) Dà sule wir verstén bi, daz niht tiurer ist, dan wär und getriu àn allen vär.... wärheit hätze himel rest und ist hie in èren ſtegent, aber lüge hinz helle regent'. 11) Än wärheit niemen genesen kan, des solz nieman vür übel hän, ſwä man die wärheit list und seit'. **) Möht ich ſträfen dwerlt vol, diu ist nu boese und unèrhaft! Ich verdien wol vientschaft, wan ich der werlt die wärheit künde: ſwige ich dan, des hän ich sünde. Doch ich wil die wärheit ſagen, und würde ich halt dar umbe erslagen!' «» ***) Einer vräget mich der maer: wä von diu werlt só krank waer?" Dó ſprach ich: daz macht daz ein, daz diu wärheit nü ist klein. Swà diu wärheit verliust den ſchºn, dä mac ouch kein liebe sin: dä ist niht wan zwivel, trüren'. ... dä von ist diu werlt só laer rehter friunde und friuntschaft, daz diu wärheit ist verdraft. Wie mac ich den liep hän, dem ich niht getrüwen kan, noch gelouben waz er seit? liebe kumt von wärheit'. - W- Über Heinrich den Teichner. r 127 um den wäre wenig zu klagen, dass man aber einen tödte, der die Wahrheit sage, das sei traurig. Damit kräftige man die Lüge, dass man die Unwahrheit belohne, die Wahrheit strafe. Lassbergs Liedersaal 3, 285, Z. 75 ff. Vergl. ebenda das Gedicht auf S. 2, 467. Desshalb missbilligt Teichner auch in dem kräftigen Gedichte: Von beidenthalben', A. 204', die Haltung derjenigen die nach beiden Seiten hin sich neigen, der Wahrheit dadurch nicht Zeugniss gäben. Ausser auf Wahrheit und Entschiedenheit, die Teichner zum tugendhaften Handeln für unerlässlich hielt und für die er sich überall ausspricht, dringt er auf Mässigkeit. Wer seinen Körper nicht bezwingen kann, gebärdet sich einem Thiere gleich (gerade so in E. 33“, Col. b) und wird Schande und Schaden erreichen', äussert er A. 104“; und bei Gelegenheit, als man ihn wiederholt fragte, warum er dem Weine nur so selten zuspreche, antwortet er: "Man solle sich nur solchen beigesellen, die einen verständiger machten. Das sei aber beim Weine nicht der Fall, der einen nicht selten aller Sinne beraube. Desshalb trinke er ihn nur mässig. Ich wollte selbst meinen Vater verlassen, bewegte er mich zu Unverstand und thörichtem Treiben, wie es die Trunkenheit thut, A. 59““). Noch strenger zeigt sich Heinrich gegen Unkeuschheit. Er nennt sie in einem eigenen, ausschlüsslich ihrer Erwägung gewidmeten Gedichte, A. 103“, die grösste aller Sünden, und schlägt an einem anderen Orte eine sehr harte Strafe zur Unterdrückung des Ehebruches vor, A. 112“. Er war somit in diesen Dingen einer viel strengeren Ansicht als seine Zeitgenossen und das französischem Wesen nachfolgende Ritterthum, das er auch sonst, wie wir später an seinem Orte sehen werden, gar hart mitnimmt. » Den guten Eigenschaften ritterlichen, wohlgezogenen Benehmens zeigt sich aber Teichner nichts weniger als abhold. Vielmehr dringt er in einem eigenen Gedichte mit der Überschrift: Von zuht, A. 53, auf Aneignung dieses unentbehrlichen Vorzuges der ihm als eine wohlthuende Schranke, somit auch als eine Schutzwehr der Tugend erscheint. Zudem, äussert er, mache Wohlgezogenheit und feine Sitte das Leben erst angenehm. Ein Mensch, der ihrer entbehre, gleiche einem geschmacklosen Gerichte ohne Salz. Wie tugendhaft einer sein möge, fehle ihm diese Würze, so werde er zu keiner Geltung gelangen“). Wie sittlich strenge aber auch Heinrich überall erscheint, dennoch verkannte er nicht die Vortheile, ja Vorzüge die ein kluges Benehmen der Welt gegenüber gewähre. Im Gegentheile, er zeigt sich allenthalben als ein scharfsichtiger Beobachter seiner Umgebung und lässt hie und da Äusserungen fallen, die von feiner Menschenkenntniss zeugen und die Vorbedingung klugen und den Verhältnissen entsprechenden Benehmens sind. So räth er einem jungen Manne der nach Hof will: "Höre und sehe, sprich mit Mass und sage dein Geheimniss Niemanden, denn es bricht hervor und wäre es nach einem Jahre', A. 40°”). Trefflich sind seine Äusserungen über die Behandlung der Dienstleute in dem Gedichte: Daz ein herre **) Swer sin lip niht twingen kan, daz ist viehischen getän, ez ist ſchande und ſchadebaer'. . . . Ich wirt vil gevrägt umb daz: war umbe ich den win verläz?" Des sol niemen wundern zwär. Ich bin selber sinne bar, naeme ich danne ein geseln an mich, der waere als toerisch als ich, da würde wénic guotes geschaffen, der win macht manegen affen. West ich indert einen man, der mér sin hiet, dan ich hän, den wold ich ze gesellen minnen, aber der mich wolt der sinnen berouben, die ich hän bi mir, der geselleschaft ich enbir. Dä von trink ich win ze mäzen. Ich wolt minen vater läzen, wold er mich unsinnec machen und mich bringen ze tumben ſachen. Trunkenheit niht anders tuot'. ”) "Ich hän besinnet übel und guot, nü ist al sache behuot mit der zuht als ichz verstän. Waz er hät, waz er kan, só man lang dä von geseit, sówirt doch hinz lest gevreit, ob er si ein zühtic man mit den ſachen, die er kan? Sprechent dan sin umbesaeze: ez ist allez sin gelaeze diemüetee, tugentvol', ſö ſpricht man: 'ez ist wol, daz im gèt sin dine so eben: er müeze mit saelden leben!' Wie schoene ein spise ist bereit, si hät doch niht lustekeit die wile mans niht gesalzen hät. Alsó ist ſwaz iemen begät, ritterschaft und ander pris, daz ist rehte ze glicher wis, sam ez ungesalzen si: ist er höchvertic bi, só verdirbt erz allez mit. Swaz ein mensch hät guoten sit, daz ist allez samt enwiht, salzt erz mit den zühten niht'. *") "Mich vrägt ein junger man der maer, waz ze hof daz nützist waer, der mit éren wolt bestän? dó ſprach ich: daz best ich kan, daz ist besunderlichen daz: hoer und ſich, red mit der mäz. Sag dein tougen niemen gar, ez aebert würher überz jär . . . dä von hät niht bezzer kraft, dan hoeren, sehen, ſtille dagen'. 1 28 Th. G. v. Karajan. tugenthaft sol singein sinen dienaeren, in der Handschrift A., Bl. 115"; ferner die psychologisch ganz richtige Bemerkung über die im Frauenhaus lebenden gemeinen Vrowen', dass selbst diese noch um Rang und Ansehen stritten, also selbst dann noch empfindlich im Puncte der Ehre wären, A. 241““) u. s. w. Gleiches Zeugniss geben viele porträtähnliche Schilderungen einzelner Stände, die sich allenthalben zerstreut in seinen Gedichten finden. So z. B. die Charakteristik der Hofleute, der Herren und Bauern, der Kammerfrauen, der Ammen, der Schildknechte, der Jäger u. s. w. » -. Trotz seiner grossen Begeisterung für Wahrheit und ihre Verbreitung, warnt er doch auch vor dem Schaden den sie bewirken könne, wenn sie am unrechten Orte und nicht mit Maass und Erwägung aller Umstände eröffnet werde. Lassbergs Liedersaal 1, 436 und 441. Sie verletze häufig nur, ohne zu nützen, wird sie da verschwendet wo sie nicht helfen kann, und erbittere nur, werde sie schonungslos vorgebracht. Es sei oft besser in Dingen die einem unmittelbar nicht betreffen oder einem nicht zugewiesen sind, zu schweigen, C. 254“). Man sehe sich die Leute mit denen man verkehre, so genau als möglich an, lehrt Teichner an anderen Stellen, denn manche trügen ihre innere Natur nicht so sichtbar zur Schau. Wolle man einen Mann erkennen, der sittlich wenig werth sei, so genüge es manchmal schon, irgend einen Guten zu loben, gleich wird er mit seinen verborgenen Künsten hervorrücken und irgend etwas Nachtheiliges von jenem zum Besten geben, sei es auch nur: er zeige sich nicht so, wie er sei', A. 37°”). Am gefährlichsten im Leben seien jene die unter dem Schilde freundlicher Dienste die Leute zu Nichtswürdigem antreiben, vom rechten Leben abhalten. Solche dienten dem Teufel, nur unter schöner und glatter Form, A. 36°”). *. - Selbst das Glück, wenn es einem lächle, sei nur auf kluge Weise zu benützen. Es gleiche dem Werkzeuge in der Hand des Werkmannes. Gutes und Böses wird er nach seinem Willen mit ihm zu schaffen wissen. Gerade wie ein Hauswirth mit seinem Ingesinde könne der Mensch, kehre das Glück bei ihm ein, Gutes und Böses mit ihm vollführen. Glück ohne weise Vorsicht führe zum Sturze, obwohl es von Gott komme, C. 281**). «- Die hier aufgezählten Äusserungen welche in manchen anderen Abschnitten unserer Untersuchung reiche Ergänzung finden, auch hier leicht vermehrt werden konnten, mögen hinreichen zum Beweise, dass Teichner kein moralischer Schwärmer war, dass er das Leben und die Menschen kannte. Nur um so gewichtiger für die Auffassung seines Charakters muss daher, trotz dieses richtigen Blickes, die Milde und Duldsamkeit genannt werden, zu der er unausgesetzt in seinen Gedichten ermahnte. 17) Sóweiz ich liut, die hänt ein amt, daz ist aller dinge verschamt und wellen dannoch ère hän, gemeiniu wip. Dä ist niht an dehein guot, niur sünde und ſchant, und kriegent dannoch umb den ftant, daz einiu vor der andern gät. Diu allermeist gesundet hät, diu wil ze aller vordrist gän, si spricht zuo ir gespiln dän: hervart unde manec lant, daz iu nimmer wirt bekant. Ir torstet niht gesehen dar, dä ich mèr dan zweinzie jär hän gewarn hin und her. In vier ſtriten oder mèr dä man mich gesehen hät und kömt ir nie üz der ſtat. Welt ir iuch gein mir genözen?" Man vint niem sóéren blözen, er welle dannoch ère hän’ u. s. w. **) Aber der än allez bedecken von einem andern übel seit, ſºwie wol daz ist diu wärheit, só waer bezzer ſtille dagen . . . dar umbe (wer mit yride wil leben, der gedenke reht und eben, waz er niht gebezzern kam, só solt er ouch nihtz boesern an, dä mit het er sich behuot . . . . wärheit ist das obrist guot, só man ie wislich reden tuot: aber si wirt gar oft geseit mit ſölher unbescheidenheit, daz vil bezzer waere ein ſtumb, oder ſprechen ſich weiz niht drumb'. Swaz einen menschen niht an gät, noch im niem enpholhen hät, dem waer ſwign ein edel phliht, oder sprechn: "ich weiz sin niht'. » ”) Swer einen boesen wil erkennen, der solniur einen vrumen nennen und sage von im etewaz guots, só ist der ungetriuwen muots mit verborgner kunst zehant, und seit von im etlich schamt: er si niht sam er sich zeig', dä bi wirt erkant der veig'. ”) 'Ez ist dem menschen niht só swaer, sam der friuntlich sündet, die liute ze bósheit ſchündet und sie sümt an rehtem leben. Der dient dem tiuvel schöne und eben'. - ”!) Daz gelücke ist rehte bekant, als ein ziuc in werkmannes hant, der wol würken kan dá mit wes in lust näch sinem ſit, der im guot ode übel birt. Alsó ist der mensch ein wirt des gelückes daz er hät, daz er guot oder übel tät dä mit verfüeren mac ein zit. Aber ſwä niht wisheit lit bf dem gelük, só istz ein val, ſºwie ez kumt von got zetal'. Über Heinrich den Teichner. - - " * 1 29 Dieser Grundzug im Charakter unseres Heinrich lässt erkennen, wie nahe er jener gewiss edlen, wenn auch nicht in Allem richtigen Lebensansicht stand, dass man nur alles kennen müsse, um alles zü dulden. Als gewissenhafter Erforscher seiner selbst war er wohl auch zur Überzeugung gelangt, dass selbst der stärkste Wille, das Ergebniss langen Kampfes mit uns selbst, im Gewühle des Lebens oft ermatte, dass der Starke den Schwachen durch Unduldsamkeit vollends entmuthige, und dass der nirgends hindurch dringe der sich an Allem stosse. --- Es scheint mir übrigens, in Erwägung der allseitig geschichtlichen Unterlagen der Gedichte Teichners, unabweisliche Pflicht, diesem hervorstechenden Merkmale seines Charakters volle Aufmerksamkeit zuzu- wenden. Die Nachweisung des sonst so nachsichtigen und verträglichen Sinnes unseres Heinrich wird nämlich dem scharfen Tadel der Sitten seiner Zeit nur um so grösseres Gewicht beilegen. Denn es liegt der Schluss nahe: wie arg muss die Zeit gewesen sein die einen so milden Charakter zu solchen Urtheilen drängte? Ich werde daher im Folgenden sorgfältig alle zerstreuten Äusserungen Heinrichs in dieser Beziehung zusammenfassen, und selbst jene nicht übergehen die uns erkennen lassen, dass er ohne Frage zuweilen auch das äusserste Mass der Duldung überschritten habe, dadurch mit sich selbst in Widerspruch gerathen sei. Denn es ist uns hier nicht um die verschwommene Skizze eines Ideals zu thun, sondern um den scharfen Umriss eines wirklichen Menschen, mit all seinen Vorzügen und Gebrechen. *, Teichner war im Allgemeinen kein Freund von vieler Gemeinschaft, er liebte vielmehr, was ganz seinem sonstigen Charakter entspricht, stille, behagliche Einsamkeit. Je weniger Gemeinschaft, äussert er, je weniger leidenschaftliche Befangenheit, je näher dem Himmelreiche. Selbst Freundschaft scheitere an den Gefahren zu grosser Geselligkeit. Lieber frei sein, als sich in Bande begeben. Wollte ich dies, so liesse ich mir lieber eine Kutte schneiden, das käme wenigstens meiner Seele zu Statten. Wozu auch? Ist es nicht besser, ich verzehre was ich habe in Ruhe und ohne Verdruss, als dass ich mich hindränge, wo Hader herrscht? Denn es ist unmöglich, dass Jemand aus einer grösseren Gemeinschaft ohne Nachtheil, ohne Sünde komme u. s. w. So äussert sich Heinrich in dem Gedichte: Von zorn und kriec', in Lassbergs Liedersaal 1, 446. Wir werden uns also wohl denken, dass er den Verkehr mit Vielen nicht gar eifrig gesucht habe, obwohl gerade ein Charakter wie der seine, der überall auszugleichen, zu vermitteln suchte, der sich selbst scharf, andere milde beurtheilte, geradezu ein Gewinn, ein Bindungsmittel für die Gesellschaft genannt werden muss. Er liebte es auch nicht, viel von sich und seinen Eigenschaften zu sprechen. Er hielt es für männlicher lieber etwas tüchtiges zu sein, als viel zu prahlen. Daher folgender Ausspruch in E. 56, Col. a, den ich in die Anmerkung weise“). u. Wenn er auch besorgt von den Fehlern anderer sprach, so hielt er sich selbst doch nie für fehlerlos. Darum äussert er, E. 41“, Col. a: Heisst einer sich selbst gut und schilt die anderen, der ist nichts werth und verdient Tadel'“). Er zählte sich vielmehr häufig denen bei, an die er seine Ermahnungen richtete. So sagt er, C. 265“, er habe die Zeit gut zu handeln versäumt. "Wir achten wenig auf Gottes Gebot. Was man uns auch lehrt und sagt, das dringt ebenso leicht in einen Felsen. So bethört die Welt'“). 'Fügt mir Jemand eine Unbilde zu, so thu ich ja der Welt dasselbe. Darum lass ich Manchem etwas hingehen, damit auch er mir meine Schuld verzeihe. Sagt man von mir Übles, so will ichs den Leuten vergeben, denn ich thu ihnen ja dessgleichen. Und würde ich mich auch noch so zur Wehre setzen, ich *) Swer ſich rüemt, daz ist niht guot. Dä von mac ichz niht geſträfen, weder an leien noch an phaffen, der findinc verbergen kan. Man windet mangen ſtillen man, der mé tuot, dan ander dri'. *) Swer ſich ſelben heizet guot und ein andern ſchelten tuot, der ist boese und laſterbaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. *) Gotes gebot, der aht wir klein, ez gienge als lihte in einen ſtein ſwaz man uns léret unde ſeit. Daz macht der werde törheit!" Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. - 17 1 Z0 Th. G. v. Karajan. könnte doch nicht alles wieder vergelten, was die Dummen von mir sprechen. Ja gelänge mir es auch, indem ich meine Feinde ermordete, erstäche, so würde ich mich nur selbst in der Hölle Flammen bringen', A. 47" º). w" Wie milde klingt nicht folgendes Geständniss: "Dem Herzen Gottes liege der Heide so nahe wie der gute Mönch, und Niemand wisse, welcher von beiden früher das Himmelreich erlange. Einer den die Welt verurtheile, könne zuweilen mit Recht sich sicherer fühlen, als der den sie makellos und gut nenne. Gott gebe seinen Willen hierüber aus dem Grunde nicht kund, damit sich keiner für gut halte oder den andern für thöricht, wie er auch Unrecht zu haben scheine. Niemand wisse, wer die Gerechten seien, C. 257*). «. • G Um ein Urtheil befragt, verwahrt sich Teichner ausdrücklich und sorgfältig gegen die Zumuthung, als wolle er damit die Sache zur Entscheidung bringen, und bemerkt: "Ich bin leider nicht so geschickt, ähnliche Dinge erschöpfend zu beurtheilen', A. 198". In dem langen Gedichte A. 231“ bis 233" lässt er sich missbilligend darüber vernehmen, dass die Menschen so scharf seien in ihren Urtheilen. Habe doch jedes Ding zwei Seiten, so dass selbst die entgegengesetztesten Urtheile über denselben Gegenstand in gewisser Beziehung richtig sein könnten, fasse man diesen nur vom rechten Standpuncte auf. Als Beweis der milden, versöhnlichen Art Teichners kann auch die Beobachtung dienen, dass er nirgends jene deren Sitten er tadelte mit Namen nannte oder so kenntlich bezeichnete, dass man auf sie verfallen musste. Er will durchaus Erbitterung vermeiden”). Ein einziges Mal weicht er von dieser Regel ab, in der Münchener Handschrift E., Bl. 66“, Col. a, wo er die Betrügereien eines Schmiedes rügt, den er also einführt: Ein alter fmit hiez Berhtolt u. s. w. »- Bei jeder Gelegenheit ermahnt Teichner, dem bisher Erwogenen entsprechend, Fürsten und Grosse zu milder, freundlicher Behandlung ihrer Unterthanen und Diener. Es ziere, sagt er A. 1 15“, den Herrn, wenn er grüezic das ist freundlich mit seinen Leuten umgehe, und in dem Gedichte mit der Überschrift: Der Feind seiner selbst, in Lassbergs Liedersaal 1, 463 ff., berührt er das warnende Beispiel jenes Königs, der statt mit Milde und Freundlichkeit, mit Strenge und Rücksichtslosigkeit gegen seine Unter- thanen verfuhr und desshalb sein Reich verlor. So habe er sich vernehmen lassen, er wolle die Stände seines Reiches wie ein Pferd mit den Spornen antreiben. Gerade das aber hätte ihm die Landherren entfremdet und ihn gestürzt. Das mag', bemerkt Heinrich, allen Fürsten eine Lehre sein, dass sie ihren üblen Muth nicht gegen jene kehren, die mit Wort und That ihnen im Guten bereit sind. Es sei aber eine alte Lehre, dass man mit Güte mehr erreiche, als mit Strenge. Selbst die Thiere mache man durch milde Behandlung schneller zahm, als durch üble und grämige. Möglich, dass unter dem erwähnten Könige Ottokar von Böhmen gemeint ist, dessen harte Behandlung, namentlich der steierischen Landherren, Gegenstand allgemeiner Klage und Missbilligung war. «- . ”) Tuot mir iemen ein unfuoc, sötuon ich ouch der wert genuoc, dä von läz ich gerne in hult, der mir iht tuot, dazmir min ſchult ouch dä mit werde abgebeit. Ob man iht übles von mir seit, só sag ich ouch von liuten vil. Dä von ich in vergeben wil ſwaz man üblez von mir ret. Swaz ich mich danne wider blaet, ich möht ez dannoch niht gerechen, waz die tumben von mir ſprechen. Ob ichz allez samt dan raeche, min vinde ermort und erstaeche, sö staeche ich mich ſelben niur und braehte mich inz helleviur'. 'Der heiden got als nähen lit als ein guoter klösterman, wan daz niemen begrifen kan, welher ſchierst gein himel war. Dem diu werlt verteilet gar, der wirt etewen baz behuot, dan den man heizet rein und guot. Des er (gott) niem wil wizzen län, und geschiht daz in dem wän, daz sich niem sol dunken guot, noch ein andern heizn unvruot, fwie gar unreht er ſchin, man weiz niht wer die gerehten sin'. 126) “Ich kund ſchelten, loben, beid. Nu waer mir ſelbem ſchelten leid, der mich schult und hiez mich nider. Só istz ouch andern liuten wider. Dä von wil ich schelten läzen und wil ein geliche ſträzen allen menschen zeigen hin mit bescheidenlichem sin, daz ez niemen zorn tuot. Ich rede oft von einem muot, der vor langist ist begraben, und mag ich einen bi mir haben, der des selben begät, des sit diser begangen hät, von dem ich die rede enbür. Der einem wirft sinlaster vür mit dem namen und offenbär, dar umb gët man dicke ze här und ist den liutn unmäzen ſwaer. Alsö ſprach der Tichnaer', A. 146a. - 127) Über Heinrich den Teichner. - 1 Z In einem hübschen Gedichte, A. 23" ff., unter der Überschrift: Von der herren gruoz, dringt Teichner auf milde und freundliche Behandlung der Armen. Sie kleide dem Edelmanne wohl, sagt er, und die Güte sei nicht umsonst verschwendet, denn der Arme zahle heim nach seinen Kräften, mit seiner kleinen wohlthuenden Gabe, der Dankbarkeit. Den Schutz der Armen nennt Heinrich an einem anderen Orte geradezu eine Pflicht des Gewaltigen. Er solle sie vertheidigen und gälte es selbst sein Leben, wie ein treuer Hirte für seine Heerde wird zu sterben wissen', Lassbergs Liedersaal 1, 428. Ja er betrachtet den Aufwand den seine Zeit mit prunkenden Kleidern trieb, als eine Beraubung der Armen, als höchst sündhaft. In einem Gedichte der Handschrift E. 37“, Col. a, klagt er über die eitlen Frauen die alles beichteten, nur nicht den Übermuth, die Beraubung der Armen die sie sich durch ihre Kleiderpracht zu Schulden kommen liessen“). Wer die Armen missachte, erniedrige sich nur selbst, denn der Arme sei nicht weniger werth als der Reiche, C. 292“). Doch verkennt er auch nicht ihre Schwächen und wie sie durch die Armuth den Wohlhabenden und in günstigerer Stellung Lebenden gehässig würden, A. 185°”). Doch, meint er, sie schadeten sich damit nur selbst, denn sie würden jenseits für ihre Undankbarkeit nur um so mehr zu büssen haben. - Ja selbst gegen seine Zunftgenossen zeigt sich unser Dichter milde und duldsam. Er äussert allerdings, der Kunstgeschmack sei zerfahren, einem behage nur dies, dem anderen nur jenes, vielen nur Musik, anderen nur burleske Spiele, Fiedeln, Pfeifen, Pauken u. s. w., dennoch solle man jeden dulden nach seiner Art. Verstünde er es besser, so würde er Besseres vorbringen. Jeder wäre gerne trefflich. Das sei wie im Walde, wo alle möglichen Vögel durcheinander sängen, jeder nach seiner Begabung. Nur durch diese Mannigfaltigkeit entstünde Unterschied und Vorrang. Gäbe es keine Thoren, wer wäre dann weise? u. s. w., A. 228°”). - « Wir wollen aber zum Schlusse Teichners milden und duldsamen Charakter auf die für ihn, bei seinem grossen Eifer in Glaubenssachen, schwierigste Probe stellen, ihn über sein Verhältniss zu Andersgläubigen befragen und sehen, ob er auch in dieser Hinsicht sich gleich geblieben oder völlig in den Ansichten seiner Zeit befangen war. Von der Gerechtigkeit Gottes sprechend äussert Heinrich, A. 136“, der Herr werde zuversichtlich allen gleiches Recht gewähren, Juden, Heiden und Christen, denn sie seien ja alle seine Kinder. Aber auch hier auf Erden schon solle man allen Andersgläubigen gleichen Rechtsschutz gönnen , meint er, in dem Gedichte von den Freistätten, in Lassbergs Liedersaal 1, 476, obwohl er unbedenklich zwischen Juden, Heiden und Ketzer Mörder einreiht und an einer dritten Stelle, A. 130", geradezu erklärt, alle Nicht- Christen wären besser ungeboren, denn sie gehörten ja doch der Hölle an. Am duldsamsten erscheint ”) Aber dazsi unvergolten, diu armen liuten nimt daz ir, durch die höhen ſlojir und daz der ſoumüf d' erde flicht, daz seit si niht an deheiner bicht und ist der sèle ein ſwaerez bant. Wenne sie die sache rehte bekant, si ſpraeche: ich hän eins roubers muot. Ich nim armen liutn ir guot'. Deswil sie kein gewizzen hän, si giht sie si unschuldic an' u. s. w. ”) Ez ist der arm mensch als guot, als der riche sömanz besint. Die wile er niht bösheit sint, só gehoert er ze guoter tät als der riche zaller ſtat. Niur daz er sich selben swacht, der den armen unwirdic macht'. ”) Só ist über tac ir klaffen niur von den herren, von den phaffen. Und die richen burgaere, wie die komen in helle ſwaere, daz betrahtents zaller ſtunt. Só ſpricht got selp üz ſinem munt: Ir sult niem gein helle beruomen, daz ir iht selbe wert vertuomen'. ”) "Dar umbe sol ein meister liden ieden man in ſinem mäz. Künde er baz, só taete er baz. Ieder man waer gerne guot. Swem dan got die saelde tuot, daz er vür die andern kan, dan soll man des geniezen län arme kneht und niht entgelten. Als die vogel sunder schelten in den wälden singent al und doch niht in einem ſchal. Nahtegal und raben sanc hät gar ungelichen klanc. Ieden vogel in siner wis, einen lüt, den andern lis, hoert man singen durch einander, gar än alles nides wander, dazdiu nahtegal die grá niht vertribet durch ir gä!' Alsö sol der künstic man än ſträfen, niden län die minner künnen dan er. Etelich hänt gelückes mèr, an kunst unverschuldet: sit der walt vil vogel duldet, unglicher ſtimmen äne zorn, alsö wil got wise und törn künstic und unkünstic liden. Dä von sol man niemen niden ... Hiet wir alle gelichen muot, sö hiet niemanden vürganc. Bi der ſwerze kent man blanc, bi der küele kent man hitz. Waeren niht die liute än witz, sówist nieman wer wise waer'. H7 : 1 Z 2 Th. G. v. Karajan. übrigens Teichner noch gegen die Juden, die er sogar einmal in Schutz zu nehmen wagt, gegen die Beschuldigung, als wären sie die Ursache an den harten Schicksalsschlägen seiner Tage, A. 17**). Daran, meint er, sei vielmehr der Kampf zwischen den Christen selbst Schuld, nämlich zwischen Papst und Kaiser. Er hält übrigens nicht viel auf die häufig angeregte Bekehrung der Juden die man auch ihm zugemuthet habe, denn diese blieben nicht lange haften an dem neu erwählten Glauben, schlügen in Ketzerei um, und wären dann schlechter als zuvor, C. 268“). Zu vergleichen mit A. 123“). & Unerbittlich zeigt er sich aber gegen Ketzer die er gelegentlich, C. 294“, mit den Maulwürfen vergleicht die in der Finster fortwühlten, das Tageslicht gar nicht vertrügen. Er erklärt sie geradezu für reif, dass man sie ertränke, rädere, hänge und verbrenne, damit sie von Sünden frei würden. Lassbergs Liedersaal 1, 429. Auch die Vertilgung der Heiden erscheint ihm, wie seiner Zeit, als etwas ganz Natürliches das mit dem Erschlagen eines Christen nicht zu vergleichen sei. Einen solchen will er überhaupt nicht verletzt wissen, A. 22“). Solche Macht üben die Ansichten der Zeit selbst auf einen milden, weichen Charakter der sonst für alles Gute und Schöne eiferte, dem jede Gewaltthat verhasst war. » - Die Zunge sei seine Waffe, äussert er A. 107“, er werde keine andere tragen. Schelte ihn einer einen unwürdigen Mann, so werde er ihn nicht wieder beschimpfen, sondern ihn ruhig einen würdevollen und biedern nennen. Er hätte schon Manches so hingenommen und sich auf diese Weise mit der Zunge gerächt, während er überall böse Gesellschaft geflohen habe, weil in ihr auch die schönste Rede nichts helfe, A. 107**). Sich selbst Recht zu schaffen verwarf Teichner durchaus, denn bei jedem Rechtshandel müssten dreie thätig sein, Kläger, Richter und Wertheidiger. Wer sich selbst Recht schaffe, zerstöre die wohlthätige Ordnung und setze sich an Gottes Statt. Lassbergs Liedersaal 1, 427. Die Aufwallung der Leute würde am besten mit sanften Worten besiegt, so wie der Koch den überwallenden Hafen vom Feuer ziehe und durch Eingiessen kalten Wassers zur Ruhe bringe, A. 226'. Den Bösen solle man mit Geduld besiegen, äussert er wiederholt, A. 107" und 108', und führt das Beispiel der Xantippe auf. Übles von Anderen zu sagen, sei eine verwerfliche Rache, nur Gutes solle man verbreiten, C. 124“”). **) Daz diu werlt noch lebt in riuwen von kumber und von manegen ſlegen wil maneger üf die juden legen, daz ist umb der christen ſtrit'. « ***) Maneger ſpricht: ich ſol mich rihten und sol von juden, heiden tihten: ich möhte manegen bringen ze touf. Só ſprich ich: 'daz ist ein louf wider mich; ez gehoert den an, der diu judenbüecher kan, bibel, ſaltr üfendes zil. Swer mit juden reden wil, der muoz niur üz ir buochen die bewaerung nemn und ſuochen. Swer die prophecie kan und ist ein behenter man in judenkünsten von natür, der nimt wol einen juden vür kurzwilich durch kluocheit; aber ez ist ein arbeit unvervenclich und verlorn. Alsö ich hän geſprochen vorn, sie erkennents baz dan wir, wan diu büecher sint ir, dä manz allez vint geschriben, waz got wunders hät getriben her von Adämes aneyanc. Ich hän einz in minem gedanc, ob ich waer só künsterich, daz ich die juden gar wislich wolt wol bringen zuo der touf, dannoch hielte ich mich dran ouf und bedaeht mich ë ichztaet, wan si belibent ſelten ſtaet, daz erwirt ein ketzer sit und noch boeser verre und wit. Swer ſich vlizet juden toufen, der ist gelich in allem loufen als der dieben hilfet hin'. *) Sam der juden toufen tuot, der wirt ſelten einer guot, er verkèr ſich näch der touf. ”) . . . . waer ichz halt her Samson, ich wolt von leben niemen ſcheiden, ez waere dan gén einem heiden: ich wolt keinen christen letzen'. »- **") "Ich wird oft gevrägt der vräg: 'wes ich niht langiu mezzer trag?" Daz tuon ich in der waenunge, daz man ſpricht: 'des menschen zunge si vür alliu wäfen guot. Dä von hän ich mich behuot, daz ich niht langiu mezzer vüer. Niuwan die zungen ich rüer, dä mit gesige ich allen an. Hiez mich einer einen lihten man, daz lieze ich mit guotem sin und ſpraeche niur: 'liep herre min, ir sit erbaere unde bider!' Daz ich in niht schilt hin wider, dä mit hän ich in überwunden, ob ich laeg vor im gebunden, daz er mir nimmer slac geslüege. Und hän vil der ungewüege überhöret mit dem ſagen. Die gröziu swert und wambis tragent und wolten niemen niht vertragen, die sint ze töt dä bi erslagen, ſwaz sie hieten üf sich geladn, und lebe noch von gotes genädn, daz diu zung mich hät gewert. Só hät ouch mich vil ofte ernert, daz ich boese geselschaft liez, luoder, ſpil und ſolch geniez. Swer ſich dar zuo pflihten wil, dem hilft ſchoeniu rede niht vil. Swie reht er hät, ez hilft im klein' u. s. w. -- ***) Dem halt vient ist ein man, dannoch zimt im niht daz er ſprech mit andern an der zech, daz im si unérhaft. Mit gedank man niemen ſträft, aber mit wort, diu bringent tät. Dä von ſwer niht genäden hät von eim menschen guotz ze sagen, der sol ouch des boesen gedagen. Guotiu dinge sol man witen und den boesen wider ſtriten, als uns got geboten hät, liep ze hän an bruoder ſtat'. Über Heinrich den Teichner. 1 33 Vergeben, das sei die edelste Rache und der klar ausgesprochene Wille Gottes, E. 43', Col. b, Hoffärtige wären nur durch Demuth und Unterwürfigkeit zu besiegen, E. 35", Col. b”). Kann mir einer nicht schaden und folgt er nicht meinem Rathe, so mag er meinethalben Recht behalten. Man sage mit Grund, das sei ein biederer Mann, der Manches nachsichtig hinnehme. Mancher mag ein Wörtlein nicht hinnehmen, ertrage aber eine ganze Last von Schande, A. 106"“). In Dingen, die einen nicht unmittelbar berühren, dulde man lieber irgend ein verletzendes Wort, als dass man seine Seeligkeit dafür aufs Spiel setze. Man kümmere sich überhaupt so wenig als möglich um das Treiben Anderer, so lange es einen nicht unmittelbar berühre, A. 186““). «- Teichner geht zuweilen sogar bis zur äussersten Grenze der Duldsamkeit, was ihm in seiner doch noch zum Theile ritterlichen Zeit gewiss von Manchem sehr übel genommen wurde. So räth er, C. 277“, geradezu, man solle wörtlichen Beleidigungen gegenüber die Geduld so weit als möglich treiben und sich nicht durch falsche Scham abhalten lassen, gelegentlich auch einmal zu fliehen, und überhaupt sei es besser, dies lieber mit gesundem Leibe zu thun, als mit siechem zu wünschen, es gethan zu haben“). Eben so unritterlich genannt muss der Rath werden den er in dem Gedichte: ja und nein, C. 290, ertheilt. Ein weiser Mann solle stets so vorsichtig reden, dass er geschickt umlenken könne, wenn es nöthig sei, indem er hinzufüge, seine Rede sei so oder so zu verstehen. Dadurch bliebe er jeden Falls im Vortheile“ ). Diese gewiss nicht zu billigende Lehre erklärt sich bei Teichner am natürlichsten aus seinem angeborenen etwas zaghaften Charakter den die christliche Milde und Duldsamkeit nicht härten konnte und dessen Spuren bei manchen Gelegenheiten recht scharf hervortreten, wie wir weiter unten zu beobachten Veranlassung finden werden. So z. B. auf fast komische Weise in seiner Heirathsangelegenheit die ihn bis zur Verzweiflung ängstigte, dann auch in manchen religiösen Scrupeln und Bedenklichkeiten u. s. w. Im Ganzen aber wird man über seinen Charakter nur ein günstiges Urtheil zu fällen berechtigt sein, denn als Hauptzüge desselben lassen sich, nach unseren Nachweisungen, reger Eifer für die Tugend, innige, ungeheuchelte Liebe zu Gott, allseitiges Streben nach Wahrheit, und als Ausfluss derselben Strenge gegen sich selbst, milde Duldsamkeit gegen Andere, auffassen. Dass dabei Heinrich nicht frei war von manchen Schwächen und Inconsequenzen, wird der ihm nicht zu hoch anrechnen der seine gewiss mangelhafte Bildung unter dem Einflusse seiner siechen Zeit in Erwägung zieht und lieber den Blick in gerechter Schonung auf die Licht- als auf die Schattenseiten seines Charakters richtet. Reichliche Nachlese zu dem hier Zusammengestellten soll sich übrigens im Verfolge unserer Unter- suchung ergeben. - *) *Wan zwén geliche in höchſart sint, daz kan nimmer werden lint, dan der eine muoz sich neigen und dem andern dienst erzeigen. Swenne der ein ſich neigen tuot, só wirt diser wol gemuot und dient im immer vürbaz'. ”) Swer mir niht geschaden mac und mir niht volgt en zit, só läz ich im zehant den ſtrit. Man giht er ſi ein biderb man, der über- hoeren kan. Maneger wil niht lidn ein wort und lidet maneger ſchanden hort'. ”) Ez ist baz ein wort geliten, dan alle saelekeit vermiten'. . . . "Mir ist dar umbe gar unmaer, wie ein ander zer ſin guot, die wile er miner habe niht tuot'. . . .“Aver zert ein man ſinguot, wie er wil näch ſinem muot, dä hän ich niht ze trahten van. Mich betrahtet oft ein man, des er unmäzen wol enbaer'. . . . Sö ist daz beste und ouch daz meist, der im ſelben nutz wil ſin, daz erz läz än allen pin, ſwaz man trahte näch und vor, und belibe üf eime ſpor'. « *) Dä von ſol ſich niemen ſchamen gedultekeit, ez ist ein ër. Sö der mensch vertreit ie mèr, só ie groezer vrumt er pris, dan er geheizzen wirt der wis, ſwä ez den wisen wirt bekant. Aber tören ſprechent zehant, er si zagehaft, ein tör, der ein wörtel git enbor. Daran sol sich niemen kèren, der beliben wil mit êren. Maneger wil ſich fliehens ſchamen mit dem gesunden lichamen und wil niemanne frides gewern: über ein wile fluhe er gern, wan erwirt zeinem fiechen. Söwer bezzer ſwigen, fliehen mit geſundem lip und guot'. - R. ***) "Dar umbe ret ein wiser man ze aller zit mit vürgedenken, daz erz mac herwider lenken, geschiht ſin nót, mit bescheidenheit, daz er ſpricht: ich hänz geseit, aber ir soltz alsö verstän'. Dä mit ziuhet er sich van und gesigt üf allen orten mit finen bescheiden K • A 9 worten. Aber fwenne er ſprichet jä' oder 'nein', ſö ist er ſäüf den einen teil gedigen üz der mitte und muoz dä ligen, wil er sèle Q * A 9 und èr niht ſenken. Dä von waere ze bedenken überz niht und überz jä' üf den frien willen dä, welher teil der bezzer waer'. 134 . . Th. G. v. Karajan. III. Lebens-Verhältnisse. a) Reich oder arm? Heinrich der Teichner ist nach den oben S. 98 in Erwägung gezogenen Anhaltspuncten in dem Jahrzehend von 13.00 bis 13 10, höchst wahrscheinlich in Österreich, und wie nicht zu zweifeln ist von nicht adeligen Ältern geboren. Nirgends wenigstens wird ihm der Titel "Herr' beigelegt oder begegnen Äusse- rungen, welche auf adelige Abkunft irgendwie einen Schluss gestatteten. Im Gegentheile, er zeigt sich überall voll Achtung, ja Vorliebe für die unteren Stände, die er, wo sich nur Gelegenheit findet, gegen die Anmassungen der oberen in Schutz nimmt. W Von seinen Ältern spricht aber Heinrich nirgends ausdrücklich. Nur Einmal erinnert er im Allgemeinen an die Achtung, die man ihnen schuldig sei, selbst wenn sie wunderlich, ja lästig würden, und versichert ein zweites Mal, er wollte selbst seinen Vater verlassen, würde er ihn zu Thörichtem verleiten. Ersteres in A. 139", letzteres ebenda 59“. An beiden Orten aber, wie man sieht, ist keine Auskunft über ihre bürgerliche Stellung zu gewinnen. Auch über den Stand Teichners selbst ist keine bestimmte Nachweisung überliefert, wenigstens ist eine solche mir bis zur Stunde nicht bekannt geworden. Alles, was sich darüber erfahren lässt, muss aus gelegentlichen, in seinen Gedichten zerstreuten Äusserungen abgenommen werden. Suchenwirt sagt uns in seiner Rede auf Teichner nur so viel, dass er dem geistlichen Stande nicht angehört habe, wan er ein slehter leie was', heisst es auf Zeile 63 und Seite 64 der Ausgabe Primissers. Dieses Ergebniss war aber auch aus Teichners eigenen Äusserungen zu gewinnen, ja noch einige Neben- umstände dazu. So nennt er sich selbst einen Laien in der langen Stelle A. 232", und erzählt uns in B. 199“, dass sich Manche gar sehr über ihn verwundert hätten, wie er als ein einfacher Laie solchen sonst fremde Dinge unternehme“). Da sagt er, er mache es wie der Koch, der seine Speise auf mannigfache Art zu würzen verstehe. So wähle er aus verschiedenen Wissenszweigen seine Stoffe, bald aus der Kenntniss der Natur, bald aus jener der göttlichen Dinge, und menge abwechselnd. Beides. Nicht der blos, meint er an einer anderen Stelle, E. 49", sei ein Geistlicher, der die Kutte trage, sondern auch wer dem weltlichen Treiben überhaupt widersage, sei er nun ein Ritter oder ein Knecht“). Mancher halte sich schon für gut, weil er in ein Kloster gegangen und schwärzere Kleider trage als früher. Verliesse er lieber den Weg der Sünde und bändigte er den bösen Willen, dann könnte man ihn einen Jünger Gottes nennen. Trage er aber nur den äusseren Schein an sich und zeige er sich guten Willens bar, dann sei er nichts als ein Judasbruder“). Vermöchte die Kutte schon heilig zu machen, so hätte er sie längst erwählt und wäre sie noch so unbequem, ”) Maneger ſeit: in wunder gröz, daz ich fi ein leie blöz und só vremder dinge var?" Só ſprich ich: daz bringe ich dar als ein edel koch ſin ſpis tempern tuot in maneger wis.' Alsö nim ich hie und dort üz den künsten mine wort von natür und geistlich, daz ich durch einander ſtrich'. *) Maneger ſpricht: ez vele miner kunstwerltlich ére und gotes gunst. Wenne ich daz gelichen tuo, dä ſprach got ein anderz zuo: Swer daz niht mit ir wil tragen, der hät ouch ir widersagen und ist doch got ze willen lebent'. Die der wärheit widerstrebent, die ſint unserm herren wider. Er ſi wirdec oder nider, in der kutten, mit dem ſchilt, (wer ſich mit der kutten vilt, ſwer der gerehticheit niht wart, der ist gotes widerpart, er ist der kutten vlorn. Aber ſºwer durch iemens zorn wil die rehticheit verſwigen üf dem velt und üf den ſtigen oder ſwaz ertrag von kleiden, er ist von der werde gescheiden und bewaert ein geistlich leben. Dä von heizt die wert üf geben, ſwer ſich in ein klöster git, daz er ſol verſmaehen fit liegen, triegen, valſchen gelt. Smaehlich dinc, daz ist diu welt. Swer dem ſelp ist widerfagen, der ist ein geistlich leben tragen, er ſi ritter oder kneht'. Maneger dunkt ſich dar umb guot, daz er ſich in ein klöſter git und verkért diu kleider fit, daz diu ſwerzer ſint dan vor. Wan er liez der fünden ſpor und würf den boesen willen nider und haete guoten willen ſider, ſó möhte er gotes junger ſin. Aber hät er guoten ſchin und iſt guotes willen blöz, ſö iſt er Jüdäs genöz'. « 4 145 ) Über Heinrich den Teichner. 135 *, versichert Heinrich A. 84, und erzählt, C. 264'“), er habe sehr oft schon den Gedanken gehabt, in ein Kloster zu gehen, ihn habe aber stets die Befürchtung abgehalten, es möge dort Spott und Hoffahrt, Hass und Neid eben so häufig sich finden als in der Welt, so dass er um sein Seelenheil besorgt, den Eintritt unterlassen habe. » »- Diese Aussagen stimmen also vollkommen zu Suchenwirt und beweisen, dass Heinrich weltlichen Standes war. In der erwähnten Rede seines Freundes wird aber durchaus nichts genauer Bestimmendes in dieser Hinsicht angegeben. Wir können aus den Zeilen 69 bis 73 nur schliessen, dass Heinrich kaum jenen unteren Ständen angehört habe, welche lediglich auf ihrer Hände Arbeit und die Wohlthätigkeit Anderer gewiesen sind. Denn, wie wir dort lernen, besass er selbst einiges Vermögen das er aber nicht auf unnütze Weise vergeudete, sondern wohlthätigen und frommen Zwecken widmete, Spitäler und Kirchen, so wie die Schaar der Dürftigen freigebig betheilte. Doch wir wollen sehen wie diese Angaben zu Teichners eigenen Äusserungen stimmen. Es wird sich bei der näheren Betrachtung derselben auch noch mancher andere Zug am Bilde unseres Heinrich erkennen lassen. v « Auf die Frage: wie es ihm gehe? antwortet er, er habe auf keinerlei Weise Mangel, wäre er nur in geistiger Hinsicht frisch und gesund, A. 11“. Und dem entsprechend sagt er an einer zweiten Stelle, Lassbergs Liedersaal 1, 447, ihm scheine es klüger, er verzehre das was er besitze in Bequemlichkeit und ohne Verdruss, als dass er sich in Hader mische. Wie eine dritte Stelle entnehmen lässt, galt er für einen Mann der seine Bedürfnisse gedeckt hatte, denn er erwähnt, A. 223“, als die Leute ihn ohne Schwert einher gehen sahen, hätten sie ihn gescholten und ihm zugerufen, er besässe doch wohl so viel, um sich ein Schwert zahlen zu können, und gehe schmachvoll ohne Wehre herum. Wenn er auch nicht für reich gelten konnte, was die unten folgenden Stellen lehren, so müssen wir ihn doch für einen Mann halten der sein Auskommen hatte und wohl auch mehr, wie sich aus anderen schliessen lässt. In ersterer Beziehung weise ich auf folgende Äusserungen hin. Einmal, dass ihn die Welt bald reich machen würde, könnte er es nur über sich gewinnen, ihr thörichtes Beginnen zu loben. Er hätte wohl viermal so viel als er besitze, wollte er sich damit beflecken. Lassbergs Liedersaal 3, 389 und 390. Er verarge es Niemandem, sagt er an einer anderen Stelle, A. 69“), wenn er nach Vermögen ringe; könnte er selbst welches verdienen, so hätte er es gerne in vollem Masse, jedoch nur, um Ehrenwerthes und den Himmel zu erstreben, vor anderem Reichthume beschütze ihn Gott u. s. w. Es rufe mancher aus, er kümmere sich nicht einen Birnstiel um alle Schande, hätt er nur recht Geld. Das sei ein Thor ohne alle Frage, der so etwas der Ehre vorziehe. Er für seinen Theil wollte lieber doppelt so alt als er schon sei, auf einem kleinen Höflein sitzen und sich kümmerlich fortbringen, spräche man nur: das ist ein Mann, auf dem man sich verlassen kann!' statt dass er zehn Burgen besässe und stünde im Rufe der Treulosigkeit, A. 86**). ”) Möht diu kutte heilic gemachen, ſó wolt ichs nimmer lanc geſparn, ich wolte in ein kutten varn, fwie gar ungenaem ſie waer'. . . . “Wil ofte hän ich den muot, ich welle in ein klöster ziehen und die valſchen werlt vliehen: ſö gedenke ich dä bi, daz lihte in dem klöster fi ſpot und höchvart, haz und nit als vil sam üf der wit und verlür die sèle als gar als ich waer der kutten bar, alsö läz ichz hin gän'. » - s ”) Al daz grüenet hät ouch leben, dem muoz got ſin lipnar geben, daz ir keinez ſorgen pfligt. Niuwan der mensch zelt und wigt guot. Daz leid ich dar umb niemen. Möht ich ſelp iht guotes dienen, ich hiet gerne volliu vaz, doch niht anders, dan umb daz, daz ich ère bejeit dä mit und daz himelrich erstrit. Vor anderm guot mich got behüet, dazmin kiste laege ungemüet wider got und werltlich min. Zwiu waer mir aller werlt gewin, dä mit ich werltlich ére gewun und üz gotes érn entrun ? Bezzer daz verbrunnen waer'. . *) So giht maneger: umb alle schant gaeb er niht ein birnstil, hiet er niuwan pfennine vil'. Der ist ein tör sunder wän, er wil daz vür ère hän! Hät ein man vil guot und gewalt, ſö wolt ich sitzen zwir sö alt üf einem kleinen hovelin, dä ich mit kumber möhte fin, daz man ſpraeche hin und dan: der ist ein rehte getriuwer man!', dan daz ich gewaltic waere zehen veste und hiet daz maere daz man ſpraech: der triuwelös!' « 1 Z6 « Th. G. v. Karajan. . . Er hätte wohl auch nichts dagegen, äussert er bei einer anderen Veranlassung, F. 24“), wenn er in prächtigem Gewande einhergehen könnte, da man nun einmal schon so viel darauf halte, lässt aber die Weisheit in Person ihm hierauf entgegnen: sei darum lieber ein biederer Mann im Innern, und kümmere dich nicht um überflüssiges Gewand, es ist doch nichts als Eitelkeit'. So spricht in der Regel kein armer Mann. Auch durch andere Stellen wird unser Schluss bestätigt. So entscheidet sich Heinrich bei Gelegenheit seines Beinbruches dafür, er wolle ein anderes Mal lieber Knechte zu seiner Wartung aufnehmen, als eine Wärterin, C. 216" und Wiener Jahrb. d. Lit. 1, Anzeigebl. 29, Z. 47, und schildert in C. 104 das Treiben der Knechte und Mägde auf eine Weise die Selbsterfahrung beurkundet. Dazu stimmt auch die genaue Kenntniss der Betrügereien der Arbeitsleute in den Weingärten, denen er in dem Gedichte: Von zimberliuten', A. 117", tüchtig zu Leibe geht, was gewiss auch auf eigenem Erlebnisse beruht. Ganz entschieden aber auf einen gewissen Grad von Wohlhabenheit weisen die häufigen Klagen hin über den Verdruss und die Undankbarkeit die man ernte, wenn man Geld, wenn auch ohne alle Zinsen verleihe. Er hat diesem Gegenstande ein eigenes Gedicht gewidmet, in A. 209“. Mancher spricht mich mit den schönsten Worten an", klagt er in Lassbergs Liedersaal 1, 458, "Lieber Freund, borg mir doch auf einige Zeit, versuche meine Verlässlichkeit!' Nun hab' ich aber auch alles versucht, jung und alt, und bin mit Schaden grau geworden, fügt er hinzu, und entschuldigt sich an anderer Stelle: Es sei einem guten Manne angenehm, Armen beizuspringen, wären sie nur verlässlicher in der Bezahlung; so aber müsse jeder Bedenken tragen Geld auszuleihen', C. 180° und A. 123““). Wie schon Suchenwirts Nachricht lehrt, hing Teichners Herz wenig am Gelde. Der Reichthum nach dem er ringe, bemerkt er A. 48“, der sei im Himmel zu suchen“). Dort würde der Arme lieber gesehen als der Reiche und Gott suche jenen um so härter heim, weil er ihn bessern wolle“). Freiwillige Armuth, versichert Heinrich wiederholt, A. 198“ und 188“, sei ein Triumph über den Bösen der durch Geld und Ansehen die meisten verlocke. Wenn daher Teichner an ein Paar Stellen, wie A. 10" und Lass- bergs Liedersaal 1, 502, sich zu den armen Leuten zählt, so hat er entweder nur seine bescheidenen Geldmittel die seinem regen Bestreben Gutes zu thun nimmermehr genügen wollten, im Auge, oder die Gedichte welche diese Stellen enthalten, sind in seinen früheren Lebensjahren geschrieben, in denen er wohl noch nicht in so günstigen Verhältnissen stand, wie in den späteren. All diese Belegstellen geben also keinen verlässlichen Anhaltspunct über den Stand Heinrichs, sie lehren alle nur, dass er nicht arm zu nennen war. Irre ich nicht, so lässt sich aber dennoch aus einigen anderen Stellen ein Schluss auf den Stand unseres Dichters ziehen, wenigstens für die jüngeren Jahren desselben; denn in den späteren war er, wie wir oben S. 135 hörten, nicht mehr in der Lage und wohl auch nicht mehr darauf angewiesen, auf diesem Wege für seine Existenzthätig zu sein. Darum zählt er sich nämlich nicht zu den Herren, wie man aus A. 63" sieht, sondern klagt vielmehr über deren Versprechungen, ”) "Dó sprach ich: daz ist min klage und hiet dar umbe gerne guot, daz ich waere baz behuot mit gewant, mit kleidern rich. Man hät niemen wirdiclich , . dan der ſchoeniu kleider hät; der besitzt die besten ſtat'. Da erwidert die Weisheit: "Dä von bis ein biderb man inwendeclich, daz ist min rät, und ahte niht üf überic wät, ez enist niht dan üppekeit'. º ”) "Daz man ein in armuot leben siht, den andern rich, daz macht allez daz gelich, daz man niemanne gelouben kan. Alsö muoz ein triuwer man sunderlich ſingelt ſparn und vor lihen ſich bewarn, daz er gerne lich von der hant än brief, än sigel, äne pfant, möhte er niur an einem wizzen, ob er der wärheit waere gevlizzen und niht ein triegaere waer'. Liuten niht só zorn tuot, ſam der einem liht ein guot und nimt kein gesuoch dä van, wan er ez dan wil wider hän, daz im jener vintschaft treit, der im billiche dank seit, daz er im ze ſtaten quam, só ist er im vint und gram. Daz ist den liuten ſwaerer pin'. *) Von [inem ſchatz ret ieglich man, ich wil ouch reden dä van, dar näch ſich min herze ſent. Swaz al diu werlt ze einander dent, daz ist gein der richeit niht, ich mein des himelriches pfliht. *) Arme liute im lieber fint und den er vil ze liden tuot, die ſint im liep in finem muot. Daz erzeigt er in daran, daz ers hie wil büezen län'. Über Heinrich den Teichner. 1 Z 7 die sie nur zu oft nicht erfüllten“), und an einer anderen oben angeführten Stelle spricht er davon, welchen Herren er sich wählen würde. Er nennt sich aber auch zum Unterschiede vom Herren geradezu einen Knecht, A. 231"“), und erzählt uns an einem anderen Orte eine ganze Scene, aus welcher sein einstiges Dienstverhältniss zu einem gewaltigen, dabei weisen Herren unwiderleglich hervorgeht. Ich verweise die kurze Erzählung in der wir Heinrich als jungen Mann voll Eifer für Mässigkeit, unüberlegt seinen Herrn ermahnend, wieder erkennen würden, auch wenn ihn sein Herr nicht mit dem Taufnamen anspräche, aus C. 277“ in die Anmerkung“). Auch sonst denkt sich unser Dichter als in Dienstverhältnissen gestanden, so C. 129“”), und kennt alle Schattirungen des Herrendienstes genau. Ganz besonders aber schildert er den schweren und wenig dankbaren Dienst eines Edelknechtes an mehreren Stellen, als A. 63“, C. 204", 266", 6“ und 8". Er schont in diesen Schilderungen weder die Knechte, noch die Herren und erklärt den Dienst eines Schildknechtes für den härtesten auf Erden. Namentlich ist an den letzten beiden Stellen die Schilderung so lebendig und naturgetreu, dass man aus ihr allein schon geneigt wäre auf Selbsterlebtes zu schliessen, würde nicht durch andere Stellen dieser Schluss überflüssig. Er widmet dem Lobe dieses Standes sogar ein abgesondertes Gedicht, in Lassbergs Liedersaal 2, 11–15. Doch auch die parallelen, äusserst gelungenen Schilderungen anderer Dienstleute, als der Marstaller in C. 210“, der Kämmerer in C. 267“, der Köche in C. 266“, der Kammerweiber in C. 201“ und 202“, wie auch der schon erwähnten Prellereien der Schmiede in E. 66“, Col. a, zeugen von genauem Vertrautsein mit den verschiedenen Verhältnissen des Herrendienstes. Nicht unerwähnt will ich endlich lassen, dass sich Teichner selbst, in dem Gedichte C. 260“, von einer Frau', also der Gemahlinn eines Herren', 'Dienstherren, mit 'du' anreden lässt, während er mit dem ihrem Stande gebührenden Ihr antwortet. Wahrscheinlich auf ein ehemaliges Dienstverhältniss Heinrichs bezieht sich auch die in der Anmerkung“) wiedergegebene Stelle aus A. 38. Zum Verständniss derselben erwähne ich nur, dass Teichner im Eingange bemerke, wenn einer einem Hunde einen Knochen hinwerfe, und ein zweiter suche sich desselben zu bemächtigen, so schütze der Herr sein Thier vor diesem Raube. Nicht so gerecht seien häufig Herren gegen ihre Amtleute, wie sichs doch gebührte. Teichner stand also wohl in jüngeren Jahren in einem Dienstverhältnisse zu einem mächtigen, wahr- scheinlich österreichischen Herren, ein Verhältniss das sich auch bei anderen in Österreich lebenden ***) Der hunt, der sóvil grein, daz ist iegelich lazzer man, der ſich wol zuo machen kan mit den worten àn die tät und al zit an den winkel gät, ſó man ſol gein winden ſtän. Swä ich ſaeh ein biderb man, der mir in noeten ſtüend enneben, waer ich ein her, dem wold ich geben'. . . . . dà von ſolt der herre geben ze aller zit ſin guoten liuten. Swer ſich an der herren triuten läzen wil, der var ſin ſträzen. Ich wil mich an got verläzen, des genäd niht ende hät. Gelobt mir ein her vilguoter tät, er ist vil lihte morgen töt. Der mir tegelich büezt der nöt, der sol triuwen von mir walten, aber der mich heizt enthalten alle tac und git mir niht, wenne er mich in noeten siht, ob ich den in noeten ſaech, ſpraech ich dan: enthalt dich aech!' d H. ***) Ieglich dinc hät underſcheit, dannoch vint man üf der weit, daz sie beide sint gereht. Einer ſpraech: ich waer ein kneht'; einer ſpraech: ich waer ein tier', die ſint bède wär an mier. Näch der ſèl bin ein man, waz ich libes halben hän, daz ist tierlich, ſeht ir wol, daz ich durst und hunger dol. Kelte, hitze, wahsen, ſterben, daz ist al ein tierlich werben, aber der verstendic muot, daz ich verstën boes unde guot und tuo mich des boesen vri, und belebe dem guoten bi, dar näch bin ich menſch ze ſchriben'. 1°°) Só ist ouch guot der leide vertrag, ſwer in leidegt oder ſchilt, daz erz niht mit übel gilt. Man erkennet wise, törn aller best bi rede in zorn. Alsö ein wiser, gewaltic man het ein einvalt undertän. Dö wart beider ſin bekant, daz der kneht den herrenmant, er waer trunken ze àbent rich. Dö verjach er gedulteclich: "Lieber Heinrich, dü häst reht, ich bin hint ein trunken kneht. Kum ein ander mäl zuo mir, là mich reden dan mit dir, daz wir bêde nühter fin'. Daran wart fin tugent ſchºn, daz er ſach die einwalt an und niht ſträft den undertän. Dar umb wart im baz geſprochen, danne erz hiet an im gerochen'. ”) Kaem ich an eines herren, dem ich nie het dienst getän' u. s. w. ”) Dem gelichent ambetliut. Vint ein herre ein biderben man, dem er fines ambtes gan und im trüwet als er ſol, ſó ſint die andern nides vol, die ouch diz ambet gerne hieten und ruochent, wie sie in verrieten. Sie beſagent in mit maneger flaht. Daz nie kom in fin gedaht, dazwirt vür wär üfin genant. Wan in dan der herre bekant, daz er waere üf rehtem ſpor, ſó ſolt er im wizen vor und baz hän in finer huot. Alsó der wirt dem hunde tuot. Wenne er im daz bein gan, ſö jeit er die andern wan, daz sie in niender turren gerüeren. Ez enmac nieman ein ambet wüeren, rehteclich ſunder wän, ez muoz der herre vür in ſtän' u. s. W. Denkschriften der philos. –histor. Cl. VI. Bd. 18 1 Z 8 - Th. G. v. Karajan. Dichtern, als Reinmar, Walther, Neidhart, Seifried, Ottacker u. s. w. beobachten lässt. In späteren Jahren scheint er nicht mehr in solchen Beziehungen gestanden zu haben, und lebte unabhängig von seinen eigenen, wenn auch nicht glänzenden Mitteln. «- b) Verheirathet oder ledig? - In der Untersuchung über seine äusseren Lebensverhältnisse vorwärts schreitend, wollen wir jetzt die Frage vornehmen, ob Heinrich vereheligt war oder nicht? Es wird uns die Beantwortung derselben einen erwünschten Maſsstab an die Hand geben zur Beurtheilung einer grossen Anzahl in seinen Gedichten zerstreuter Äusserungen über das schöne Geschlecht und dessen Licht- und Schattenseiten in seinen Tagen. Trotz seiner ernsten, durch und durch frommen Gesinnung war Teichner kein Feind oder auch nur unempfindlich für die guten Eigenschaften und Reize des schönen Geschlechtes. Er gesteht ganz offen, dass der Anblick eines jungen Mädchens sein Herz erfreue und mit Dankbarkeit gegen Gott erfülle, könnte er es nur vor allen Gefahren durch seine Lehre schützen, A. 78“. Ganz in ritterlichem Sinne bemerkt er, schon desshalb müsse man die Frauen hoch halten, weil sie den Mann mit frischem Muthe erfüllten. Alle Meister der Kunst vermöchten nicht einen Zaghaften muthig zu machen, eine Frau erfülle Hunderte mit frischem Muthe und gliche der Sonne die alles froh mache, während sie selbst doch makellos bliebe. Man beklage die im Kampfe Gefallenen, hätte aber mehr Ursache den Verlust einer solchen Frau zu beklagen die Hunderten frohen Muth verleihe, E. 69“ ff. Das ganze Gedicht ist der Verherrlichung der Frauen gewidmet und scheint in Heinrichs jüngere Jahre zu gehören. Gleiches gilt von einem Gedichte mit der Überschrift: Von röten münden, in A. 91“, welches mit warmen Worten das Glück der Liebe schildert. Eine Stelle daraus mag in der Anmerkung stehen, und eine zweite aus A. 190" sich ihr anschliessen“). - . Teichner scheint die Ansicht gehabt zu haben, dass wahre, echte Liebe dem Menschen nur einmal beschieden sei, denn er räth Witwen in vollem Ernste nicht ein zweites Mal eine Ehe einzugehen, sondern lieber das verlorene Glück durch frommes Leben bis ans Ende würdig zu beschliessen, in A. 122“. Aus einer anderen, vereinzelten Stelle wird sich aber vermuthen lassen, dass Heinrich in der Liebe nicht glücklich war und zwar desshalb nicht, weil er keine Gegenliebe habe finden können. Er gesteht bei dieser Gelegenheit, dass seine Geliebte ihrer Abkunft nach ihm nicht ebenbürtig war. Mehr ist aus dieser kurzen Stelle die in der Anmerkung stehen mag nicht abzunehmen. Sie findet sich A. 54“”). Einem Manne wie Teichner gegenüber ist aber bei dieser Äusserung nicht an die gewöhnlichen Klagen der Minne- sänger zu denken, deren Wesen ihm überhaupt völlig fremd, ja zuwider war. Wo immer Heinrich von der Ehe spricht, geschieht es jedesmal mit der grössten Achtung vor diesem Stande. Er nennt dieses Verhältniss an mehreren Stellen geradezu ein heiliges, wenn es aus reiner ”) "Ich wart gevräget vremder wort: Swaz üf der werlt der obrist hort undr allen horten möhte gesin?' Ich ſprach: Ein rötez mündelin zarter vrowen wol gemuot. Daz iſt ein ſchatz über allez guot, daz in kisten lit begraben. Ez kan niht ungemüete verjagen alsó der gruoz der zarten vrowen und ein minneclich anſchowen, ſchoen gebieten aller orten mit gebaere und mit worten. Koment liebiu werk enzwiſchen, ſwä dazwirt alſö gemiſchen, daz ſint Vröuden volliu vaz, dä ist ir beider herzen baz, dan ob aller werlde golt an ir biutelligen ſolt. Swaz der menſche im herzen trage, ez ſi vröude oder klage, daz allez ſament muoz hin dan, ſwà liebez wip bi liebem man ſö gar minneclichen lit' u. s. w. Swà liebez wip und lieber man gelichen willn ze einander hän, den möhte ſanfter niht geſchehen'. H 'Ezwirt geſehen manec ſtunt, daz zwei liut von herzen grunt werdent gluot von der geſchiht, daz niur einz daz andr an fiht und ſich in einem hänt geſehen. Daz mac von natür geschehen, daz ist niht ein wunder gar. Aver daz ist wol ein wunder zewär wider der natüre ſin, daz ich der unreine bin, die ich vor allen wiben kroene. Daz macht tugent oder ſchoene, diu ſich hät zuo ir gesellet. Dä durch sie mir wolgevellet, ſwie diu art ist ungelich'. Über Heinrich den Teichner. - 1 39 Liebe eingegangen werde, A. 189“). Gott selbst habe diese Verbindung verherrlicht, A. 180°"). Der Seelenbund der Eheleute, wenn er ein redlicher sei, könne nur zum Guten führen, A. 139““). Der sei wohl ein wahrhaft glücklicher Mann zu nennen, der, ein gleichgesinntes Weib zur Seite, die Bahn der Ehre und Tugend wandle. Die seien wohl hier und dort im Glücke, A. 176°“). Er kenne kein grösseres Glück, fügt er A. 191“ hinzu, als wenn zwei Liebende sich verbänden und einherschritten auf dem rechten Pfade. Das sei Freude ohne Leid“). d » In A. 121" ist das ganze Gedicht: Von der konschaft dem Lobe des Ehestandes gewidmet, und im darauffolgenden Gedichte, A. 122, räth Heinrich selbst den Ärmsten sich zu vereheligen. Bedenklichkeiten wegen des Unterhaltes der Kinder zeigten nur von Mangel an Gottvertrauen, wer handle wie er solle, den verlasse der Herr nicht. « Heinrich hat aber dabei stets die Ehe wie sie sein sollte im Auge, und manche dieser Gedichte mögen wohl in seinen jüngeren Jahren geschrieben sein. Je älter er wurde, je nüchterner, ernster und bedenklicher wurden über diese Dinge seine Ansichten. In früheren Zeiten, meint er, A. 190“, habe man weniger um Abkunft oder um Gold und Silber gefragt, mehr um ehrenwerthe Gesinnung, selbst Königinnen hätten Ritter zur Ehe genommen“), jetzt sei das anders, man trachte nur nach äusseren Vortheilen, A. 218““), und zwar von beiden Seiten. Da könne es nicht fehlen an Täuschungen aller Art. Die Gebrechen und Untugenden der Frauen blieben verborgen bis nach der Hochzeit, wie der Hafner seine lückenhaften Geschirre verstreiche, so dass die Löcher erst am Feuer zu Tage kämen. Dieselben Künste aber würden auch beim Freien zu Schanden. Ehelige Treue halte manche Frau für lästigen Zwang, und manche Männer wären so thöricht, sich darauf sogar etwas einzubilden, wenn ihre Frauen von den Anbetern sprächen die ihnen dienstbar seien. Darüber lässt sich ein Gedicht der Handschrift A., Bl. 181“ ff., vernehmen. Unbegründete Eifersüchtelei die nicht haben wolle, dass die Frau mit anderen Männern freundlich sei, sei allerdings lächerlich, A. 125“, das habe aber auch seine Grenzen. Jeden Falles sei das Geschäft des Freiens ein gefährliches und gewagtes”), bei dem auch gar zu viel auf den Ruf der zu Freienden ankäme. Der täusche aber oft. Es gehe einem dabei wie dem Kaufmanne der nach Empfehlungen seiner Geschäftsfreunde einkaufe, E. 54", Col. b”). Dieses dunkle Colorit mag nach und nach immer mehr in den Dichtungen Heinrichs eingetreten sein, so dass man ihm Vorwürfe machte, als sage er nur Übles von den Frauen. Dagegen nun vertheidigt er 160) Konſchaft iſt ein heilicheit. Swá der wil ze einander treit, dä iſt rehtiu konſchaft; àne willen hätz niht kraft. Betwungen eit iſt laezlich, fökumt nieman inz himelrich äne willen, wist ir wol' u. s. w. «. ”) Christus licham, als man ſeit, iſt diu obrist heilicheit; dar näch iſt diu konſchaft, die hät der ſchepfer tugenthaft selp gericht, dazwist ir wol'. ”) Liebez wip und lieber man, diu dä konliut fint genant, daz iſt niht ein werltlich ſchant, ez ziuht ouch niht in helle pin, ob ſie ordenlichen ſin'. ”) "Er ist wol ein ſeelic man, der nächéren trahten kan und hät ein wip in ſolhem muot, diu ouch niht anders trahten tuot, dan näch tugenthaftem weſen. Diu ſint hie und dort geneſen'. *) "Ich enweiz niht daz bezzer waer, dan dä zwei liep mit triwen vor kaemen üf ein rehtez ſpor und ſich nement zuo der é. Dä ist liep än allez wé'. - ”) Her Gamuret, her Parzivål, dä west nieman ir lebens zal, wer ſie waeren, waz ſie hieten. Durch ir ritterlich erbieten ſie ze ſollhen wirden kämen, dazs edel küneginnen nämen'. d *. ”) "Kirchen lihen, konschaft, mit der gºtekeit behaft, ez ist beidenthalben ſwaer; wan vil ſelten ein ſchuolaer an dem ërsten traht und yreit näch der ſèle faelikeit oder wer der heilic fi, der der kirchen raſtet bi. Ez ist niur von örst fin vrägn, waz diu kirche gelts müge tragn. Alsó ſiht der briutegam weder zuht noch ſchoene an, ez ist niur ſin èrste vräg, waz ſie guotes gehaben mac'. ”) Alsó muoz er gelückes pflegen, der ein liep än allez wegen in ſin herze versliuzt und ſenkt; aber der sich vor bedenkt, daz vil leides näch ergät, dä von hät er gelücks wol rät, der vor betrahtet die geſchiht, die dä von komen oder niht, als daz gelük ist wandelbaer'. z «. *7°) Swer ein wip nemen ſol, der tuot weder minr noch mèr als ein koufman der näch lèr ffner friunde koufen tuot. Sö wart nie kein war ſö guot, noch förflich an ze ſchowen, als die zarten, kluogen frowen, die mit zühten fint gemeit. Diu kräm, diu ist nu üz geleit zuo der vaſnaht ſunderlich' u. s. w. 18* 140 Th. G. v. Karajan. sich an mehreren Stellen die ich in die Anmerkung weise, so in C. 261", A. 223, C. 187°"). Sein Tadel, führt er aus, solle die Tugendhaften und Guten unter den Frauen nicht verletzen. Im Gegentheile, er wünsche, dass ihre Männer ihren Lehren und Bitten folgten. Das gereiche keinem Ehemanne zur Schande, folge er dem guten Rathe seiner Gattinn, der vom Herzen komme und desshalb auch zu Herzen gehen solle. Ein gutes Weib wird ihrem Manne an den ihr Schicksal ja auch gebunden ist gewiss nichts Übles rathen. Diese Gedanken begegnen in den unten an einander gereihten Stellen aus A. 113“, C. 261" und C. 14"”). Gegen tadelnswerthe Frauen aber zu Felde zu ziehen, unterlässt er nirgends. Es findet sich in seinen Gedichten zerstreut eine ganze Reihe von Schilderungen und Verurtheilungen der verschiedensten Frauen dieser Art. Wer eine böse Frau habe, bemerkt er im Allgemeinen, A. 89“, habe gar nicht nöthig in das Kloster zu gehen, um seine Sünden abzubüssen und den Himmel zu erlangen. Selbst wenn er ein Mörder wäre, würde er heilig“). Die bösen Weiber rieben die Sünden von ihren Männern so gut wie das Feuer der Hölle, A. 90°“). Am erbittertsten zeigt sich Heinrich gegen schamlose, freche Weiber die mit dem Worte noch ärger sündigten als mit dem Körper und zu jenem nicht durch die Natur angetrieben würden, A. 53°”). Einen ehrenwerthen Mann müsse der Übermuth solcher Weiber zurückstossen die namentlich zu Fastnachtszeiten sich alles erlaubten, B. 215, C. 214, E. 54, Col. b “). Und als man ihm ein- wendet, es kleide doch einer schönen Frau, wenn sie in hoher Gesellschaft durch ihre Gewandtheit in der Rede und im Benehmen jeden fessle und sich dienstbar mache, da meint Teichner: Was braucht sie viele Redekünste? Weiss sie nur in ihrem Hause so zu walten, dass es ihm zur Ehre gereicht, Versteht sie ihre Leute durch Ermahnungen auf der rechten Bahn zu erhalten, und kann sie dazu ihr Vaterunser beten, dann kann sie genug reden. Da braucht es keines Disputirens aus allen sieben freien Künsten, auch hat sie keinen Anwalt vorzustellen in der Schranne. Sie wird auf diese Weise das Glück und den Wohlstand ihres 17) Maneger ſeit ich ſchelt die frowen. Nu verſtüend ichz vür ein loben, der mich wist von ſiten groben. Wan der waer den frowen gram, der ſie lérte zuht und ſcham, ſö waer jenr ir friunt ze ſchriben, der ſiléret höchvart triben. Daz ist niht, dä merket bi, daz ouch jenz gelogen fi, daz in der trag nit und haz, der ſiléret zuht und mäz und ſi wist von übermuot'... wislich vroudiu ſinne hät, diu geziht mich nimmer sit, daz ich den vrowen wider ſtrit; ſi verſtët wol, daz ich lèr, anderz niht, dan zuht und èr'. "Maneger ſpricht: ich rede ſwaer und ze ſcharpflich von den vrowen'. Des iſt niht, daz läz ich ſchowen, ez gët biderbe vroun niht an, die ſint üz genomen van. Niur die boesen, die ez tribent und ſich mit dem dinc unwibent, die ſint mit der rede gefträft'. 'Ez ſpricht oft ein tumber lip: war umb ich ſträfe alſö diu wip, man ſolèren vrowen, phaffen' u. s. w. 7°) Man ſpricht: er ſº niht ein man, der ſim wibe ist undertän'. 'Ein biderb wip, diu tugent lért, diu iſt des zallen ziten wert, daz man ir gehörſam fi... ſi ist dem man gebunden mèr, dan die valſchen rätgeben. “Wir müezen mit einander leben' denkt ein vrouwe 'fwie daz gät!' dä von hät ir lèr niht grät, sie gët von herzen än gevaer'. Ez iſt rehte als boes ein man, der niht volgt eim bidern wip, diu im raet, daz ſèle und lip waer daz beste hie und dort'. 2. «- «- **) Ez ist jenr ein rehter tör, der ein übel wip hät und wil umb ſin missetät varn noch in klöſterpin. Lät in halt ein mörder fin, hät erz gedulteclich vür guot, daz daz übel wip im tuot, er wirt heilic als ein man, der keins übel nie began'. 17*) Ich hängetiht von üblen wiben, diu die sünde ab den mannen ribentalsó daz viwr im wize tuot'. 7°) "Ich bin keinem dine als gram, als eime wip än alle ſcham, daz dä heizet gemeinez wip. Dar umbe haz ich niht ir lip, daz sie maneges willen tuot, ich ſchilt ſi niur umb daz unguot, daz sie ſich zuht verwigt und aller boesen dinge pfligt, diu ſie weiz üf allem ort, boes gebaer und boeser wort. Daz ist den èrn ein ſunder val. Ob sie wüer in vrecher wal, liez die zuht, niht under wegen, ſó hiet ſi doch der wiſen ſegen, ez ſpraechen beidiu wip und man: Man sol ir ſchonen ſwä man kan, ez ist ein alſö zühtic vrou'. Swaz ſie ander ſünden brou, ob sie ſich zeinem manne leit, daz waer natürlich menscheit, daz waere underſcheiden baz. Aber ditz ist übermäz, boesiu wort und ungevu0 c'. » 17") Swer niht vallen welle in ſpot, hüet ſich vor ſchoenen wiben, diu man übermuot ſiht triben. Er sº herre ode arm man, er hät niht gewinnes dran, ſwer ſich alſö überwibet'. "Ich hän einz in minem muot, fwenne ich nemen wil ein wip, fö wil ich ſchouwen ir lip und ir gebaer am vaſchangtac. Ist ſi dan in rehter wäg mit den worten aller var, ſö beftêts ouch über jär. Die wolt ich ze hüsvrou prisen. Aber diu ſich lät verwisen mit üppekeit am vaſchangtac, dazsi tribt daz wirst si mac, boesiu wort und boes gebaer, diu ist mir ze wip unmaer'. . . . wil ich ein ëman werden, ſö wil ich keine nemen üferden, dan besunderlich ein frowen, diu ſich ze vaſnaht lät ſchowen mit ſchoenen zühten höchgemuot. Swelch ſich dan in zühten fruot winden lät, wizzt vür wär, din beſtät ouch überzjär als ein wol verſuochtez ſwert'. Über Heinrich den Teichner. 1 41 Gatten mehr fördern, als wenn sie an allen Höflein glänze, B. 215°"). Der Hochmuth der Frauen sei der Ruin der trefflichsten Männer, A. 28°”), selbst der Beichtvater derselben scheitere an dieser Leiden- schaft, C. 255°”). º Der sonst so milde Teichner fordert strengen Gehorsam der Frauen in der Ehe, und warnt vor allem Gezänke und Widerbellen, ja er geht so weit an mehreren Stellen geradezu körperliche Züchtigung ungehorsamer Frauen gut zu heissen. So A. 49", C. 261“ und A. 113“). Denn der Mann müsse herrschen in der Ehe wie die Seele im Körper, E. 37", Col. b, und 38, Col. a”). Desshalb ist Teichner auch so übel auf die alten Weiber zu sprechen die junge Ehefrauen zum Ungehorsam, zur Auflehnung gegen ihre Ehemänner verleiteten. Man sollte sie verbrennen, meint er in C. 177“, dem Teufel in der Hölle sei noch eher zu trauen. Ebenda 178°“). - - Man sieht, Teichner kannte nicht blos die rosige Seite der Ehe, und hielt sie für keine leichte Aufgabe, die reiflich überlegt, einmal übernommen aber strenge und makellos durchgeführt werden müsse”). Darum war er auch unerbittlich gegen den Ehebrecher, A. 19“, den er durch die härtesten Strafen gezüchtigt wünscht, wie wir oben sahen, und dessen Vergehen er für die grösste Sünde hielt“). Er für seinen Theil missachtete die Ehe nicht, doch stand ihm Ehelosigkeit im Dienste des Herrn höher, oder wie er sich ausgedrückt haben würde, die werltlich minne schien ihm verboten um der gotes 177) Dise rede ein vrowe hoert, diu was üppie und betoert, dazs ouch wênc dä heime ſaz. Diu verjach zu0 mir in haz: "ich hiet unreht an den ſachen. Ich ſolt jene bezzer machen, die man ſiht ze höven traben, wan die lernent hengen, haben , rede und were, vil ſtampen, des waeren die verlegen vr, die enkunden reden noch gebärn, als ein reisic wip eryarn ie dem man mit rede an gesigt, der mit ir ze reden pfligt. Dó ſprach ich: 'Dà lit niht an, daz ein vrou vil reden kan. Waz bedarf si reden mèr? Wansi ſchaft ir hüses ér und den paternoster kan und ouch ſträftir undertän und die wist üfrehte fuog, daran kan sie reden genuog, dazs niht disputierens darf üz den ſiben künften ſcharf. Sö ists ouch der ſach wol vri, dazsi iemannes vürſprechſ i in der ſchranne über jär. Dà von ist si bezzer zwär, diu dä heime beliben tuot und dä mèrt ir mannes guot und ir hüs in èren hät, dan diu indert hövel hät ſiwelle ſich dä ſehen län. Dä wirt daz hüs niht richer van, ez ist ouch niht éren gebent'. ”) Nu ſiht man vroun gén alter gän, wan ſi gént her wider dan, só hänt sie ſünde zwir sö gröz: und sint ir man ouch ſinnelös, die den wiben volgent mit, disem höchvertigen fit. Sie kumt heim mit grözer klag: Min liep kint, vür disen tag mac ich niht mèr vröude hän! Daz ich der sol näch gän, diu mir ist vil gar ze nider! Ich getrou dir wol du tuost darwider, und hät dich al diu werlt vür guot: und liez du disen übermuot, daz müeste wol ein wunder fin! Bin ich dir liep, daz tuostu ſchin. Só verwendst du disen haz'. Und bringt den guoten man an daz, daz er lip und guot vertuot'. 1 - ”) "Daz ist swaer ob allen dingen (das Geschäft eines Beichtvaters), er hät manegen widerpart und funder von der höchvart. Doch allermeist von frouwen, die man übermuot ſiht bouwen'. ”) Ein vrouwe gehörſam fol weſen ir man, wil fi geneſen än ſträfe, äne flege. Manegiu ſeit, daz ſie niht mege ir man gehörſam fin, ſi müeze wider bägn und grinn. Si wirt niur dester mé geſlagen, anders kan ichz niht vür tragen, alsö ichz hin und her verſtän'. Der fin wip mit guotem kan niht geziehen näch fim willen, fö muoz erz mit ſlegen ſtillen'. Dä von ſolt er ir diu gelider ze beiden ſiten machen weich mit viuſten und mit knittel ſtreich, daz ſi ſpraech: Min lieber man, ſwaz du wilt, dazſi getán'. ”) ... diu ſèle, diu ist beſuccht, daz ſi meiſter fi des libes, als sol, der man des wibes ouch gewaltic fin als vil, ob sie in unreht wisen wil, daz er ſich des wider habe. Er ist ein wip und niht ein knabe, làt er ſich daz wip betwingen... er ist vürbaz niht ein man, wan er der wibe ist undertän anders, dan im wol an ſtät'. *) ... wie ich diu boesen alten wibe mohte erkennen, wenne man ſie wolte ſecken, brennen, dar zuo trüeg ich gerne ein zoun. Nimt ein guoter man ein froun, diu gerne behielte (in gebot, alsö ez ist geſetzt von got, daz ein frouwe gehörſam fi, ſö ſpricht daz alte wip dä bi: 'liebiutohter, went din man als du in hin vür wilt hän. Swie du in wendst im èrsten jär, als häst du in vür ſich dar. Davon hab dich von èrfte wider, ziuht er üf, só ziuch du nider, redet er einz, só ret du vier, und ſwaz er güetlich ret mit dier, só tuo anders niht dan bägn und wind ab im dinen kragn, dä mit bringst du in ze twalm, daz du in ziuheſt an eim halm war du hin wilt, und hab des vliz, ſpricht er ſwarz, ſó ſprich du wiz. Sprichst du, du wellest üz gän, spricht er dan: min wip, wol dan, wir sullen gèn', sö hab dich wider. Stét er üf, só sitz du nider, fwaz er ſpricht, dazwidertrip, sö wirstu ein gewaltic wip. Lá im nindert einen ſtrit'. Dar zuo trüege ich gerne ſchit, daz man brennen solt die boesen und die werlt von ir erloesen... Mit der rede ich daz bestel, daz der tiuvel in der hel ist getriuwer manecwalt, dan diu boesen wibe alt'. ”) Konſchaft ist ze wegen ringe, aber wil mans reht vol bringen, ſöweiz ich niht daz herter waer'. -- *) Si wellenz al vür nihte hän èbrechen und iſt só swaer, ich enweiz niht waz groezer waer, fit ez ist der obrist ordn, den got selbe hät erkorn'. Und vom Ehebrecher redend: er tuot katzen gar gelich, er gelicht ouch wol dem ſwin, daz ab ſchoenem angerlin an ein boese hülben gät, der ein reine konen hät und gët von ir in einen ſtal zeinem wibe an ëren ſmal. Só hät er ouch eins kever muot, der an deheiner ſtat niht ruot, dan wä er ein boesez hor ſiht, und rast üf ſchoenen bluomen niht. Alsö tuot der ébrechaere'. 1 42 Th. G. v. Karajan. minne willen. Vergleiche die Andeutungen in den beiden in der Anmerkung gegebenen Stellen aus A. 162 und 139'“). Ausführlich spricht er sich hierüber an einem zweiten Orte aus, A. 55". Die betreffende Stelle weise ich ebenfalls in die Anmerkung”). - - - Seinem strengen Sinne schien es undenkbar, dass man in der Ehe wie im Mönchskleide gleiche sittliche Vollkommenheit erreichen könne. Jeden dieser beiden Stände hielt er für einen Stand der Busse, beide Vereinigt aber, bemerkt er, störten sich gegenseitig und wären so gegen die Kirche, A. 120". Zu Vergleichen mit Lassbergs Liedersaal 1, 423 und 1, 451“). Teichner blieb also ledig, wie sich aus mehreren Stellen seiner Gedichte abnehmen lässt. So z. B. aus C. 214", wo er davon spricht, was er thun Wollte, wenn er ein Weib nehmen würde. An zwei anderen Stellen, A. 174“ und E. 54“, bezeichnet er sich als einen Mann, der heirathen könnte, wenn er wollte, so wie er, Lassbergs Liedersaal 1, 502, von dem Falle spricht, wenn er ein Weib hätte. Dass er während seines schon öfters erwähnten Beinbruches nicht Verheirathet war, geht ganz klar aus dem Gedichte selbst hervor, auf welches ich mich oben berufen habe. Eine Stelle aber in demselben, ich meine Zeile 35 und 36 des Schottkyschen Druckes, lässt fast schliessen, dass Teichner damals schon über die Jahre hinaus war, in denen man vernünftiger Weise heirathen sollte. Was übrigens Heinrich über den Verlust von Kindern durch den Tod wiederholt äussert, einmal A. 123", das andere Mal A. 202" *), wird gewiss bei jedem der einen solchen Schmerz je erlitten hat, die Überzeugung begründen, dass Heinrich, wenn er auch verheirathet gewesen wäre, sicher nie Kinder hatte. Teichner als Dichter. Wir wenden uns nunmehr, nachdem wir alles erwogen haben, was sich in Teichners Schriften über seine äusseren Lebensverhältnisse vorfindet, zur näheren Betrachtung des Mannes in dem von ihm erwählten Berufe als Dichter. Wir wollen ihn zuerst darüber befragen, wie ihm die Aufgabe die er sich stellte überhaupt erschienen sei, was er im Allgemeinen über den Beruf des Dichters für eine Ansicht hatte, und darnach sehen, wie er für seinen Theil die gewählte Aufgabe verwirklichte, und ob sein Streben von Erfolg gekrönt war oder nicht. Teichner hielt sich, wie jeden Christen, vor Allem für einen Sendboten des Herrn, bestimmt in reinem, tugendhaftem Streben zu vollbringen, was uns auferlegt worden, wofür der Heiland gekommen sei vom ”) Als der ein liebez wip hät an dem bette undz doch verlät, daz er niht ſünde mit ir begé, der tuot dem lip unmäzen wé und bringt die séle inz himelrich'. 'Ez sintander menſchen wil, klösterliute und ander diet, den got verböt und widerriet werltlich minn, ſam ich é ſprach'. ”) Diu ſelbe liep, diu alle kunder twingt und ziuhet näch ir hant iſt natürlich liep genant. Diu betwinget menſche und tier, daz sie mit herzenlicher gier ze einander müezen vallen. Diu selp liep hät ein gallen, ist gar tötlich und unſtaet. Ich weiz ein liep, wer die laet in fin herze än allen dorn, der ist ſaeleclich geborn. Diu iſt ſüez än allez für und iſt wider die natür. Diu ſelp liep iſt under ſcheiden, daz ein jude, ein wilder heiden als wol legt des rehten zuo al ſin liep ſpäte unde vruo. Daz muoz geiſtlich minne weſen. Swer die hät, der iſt geneſen und iſt gotes mitvolgaere und ſin junger än gewaere, alſö die zwelfe wilent wärn. Daz hän ich alſö erwarn: got wil niemen ze junger hän, er muoz vriunt und guot verlän und allez daz werltlich ſi. Halt fin ſelbes lip dä bi muoz er ganzlich von im geben'. . ”) "Mir iſt ein orden worden kunt, daz man bezzers niht envunt. Wan man heilic würd dà mit, ſó waerz ein ſeeldenricher fit, aber ez hät kein regel niht, daz ein münch in konen pfliht gemaehelt einer vrouwen hant. Daz iſt nu komen in dazlant. Wenne ich wizzen ſolt daz maer, daz ez vom päbeſt komen waer, ich wolt ez nimmer tac geſparn, ich wolte in den orden varn, daz ich geiſtlich lón enphie und hiet ouch ein konen hie gemaehelt als ein briutegom'. *) Ob der himelkeiser vºn einem nimt ein kindelin und daz kroent im himelrich – daz doch baz iſt ungelich, dan aller wert pris bejagen – dä von ſolt manz lützel klagen wenne ein kindel waer begraben. Daz moht niht baz gewarn haben ... Dä von ſolt man got loben, wan er nimt ein kindlin klein von der valſchen werlt gemein und im die éwic vreude git. Daz iſt diu beſte höchzit. Ez mac fin friunden helfen nie, wan ez würd ein keiſer hie. Man ſolniuwan klagen die, die mit ſünden werdent gris und dan ſterbent in der wis, die selben waeren ze klagen wol. Jene niemen klagen ſol, die dä ſterbent ſünden blöz, die ſint dort vürften genöz éwiclich än alle ſwaer'. Dä von iftz ein toeriſch klage, wan man jungiu kindel kleit, wan daz kumt än arbeit in dazèwie himelrich' u. S. W. Über Heinrich den Teichner. . 143 Himmel zur Erde. Nur wer Christus folge werde erhalten, A. 126" ”). Die Verkündigung der Wahrheit, sei sie auch nicht lohnend, hielt er für seine Pflicht, A. 140°“), und es erschien ihm jene Schaar feiler Sänger und Lobhudler verächtlich, die jeden Herren zu äffen verstehe, jedem dasselbe Loblied singe und doch versichere, es sei ausschliessend auf ihn gedichtet, denn nirgends finde sich seines Gleichen u. s. w., C. 209" "). Er aber wollte seine Kunst lieber den Leuten gleich einem Spiegel vorhalten, darin arm und reich sich ersehen könnte. Es würde sich schon jeder in dem Spiegel wiederfinden, er brauche den einzelnen nicht zu nennen. So theile er seine Belehrung, seinen Rath Hohen und Niederen mit. Mancher freilich frage, ob man denn Teichnern auch den Namen eines Meisters geben könne, ob er nicht vielmehr nur ein rohes Stück eines solchen sei? Doch geschehe dies aus Neid, meint er, und werde ihn in seinem Tadel zwar etwas mässiger, aber nicht stumm machen, A. 146“). Belehrung stünde ihm höher als Unterhaltung. Die Betrachtung unserer Fehler mache ihn aber so ernst, dass er das heitere Saitenspiel nur muthlos zur Hand nehme, A. 75" *). Diesen didaktischen Zweck seiner Thätigkeit im Auge schrieb Teichner das lange Gedicht "Waz diu nützest kunst si', A. 228“, in welchem er sich ganz entschieden für den Vorzug des Spruches vor dem Liede ausspricht. Er führt diesen Gedanken mit den verschiedensten Gründen durch, theils solchen, welche die Erhabenheit des einfachen Wortes erweisen sollen, theils anderen, welche den grösseren Nutzen der Rede vor dem Gesange erkennen lassen. Eine Predigt, meint er, wirke nützlicher und nachhaltiger als zehn gesungene Messen. Dem sittlich verkommenen Wesen seiner Tage sei ernste Ermahnung zuträglicher, als heiterer, dadurch noch mehr zerstreuender Gesang u. S. w. So dass er sich im Ganzen für das wort gegen die wise entscheidet. Unter all seinen Gedichten findet sich auch nicht éin ”) Alſö ffn wir al gelich als die boten üf ertrich, daz wir gotes bot volbringen mit reinen, tugenthaften dingen, als unſer herre Ièſus Christ in boteſchaft gegangen iſt üz dem himel üf die erden. Swer nu welle behalten werden, der gé ſinem wege näch'. 1") "Ich bin ouch vil manegem ſwaer, dem ich ſage die wärheit vor und in wise üf rehten ſpor. Daz hät er dik vor übel gar, unz er gevelt in harmſchar mäch finem fin, fökumt er wider und kleit mir finen gebreſten ſider: “Ich bin reht nu komen daran, daz ich unreht hän getän. Hiet ich gevolget diner lèr, ich waere nie gewalln in ſèr', und iſt mir holt näch den tagen. Dä von ſol man die wärheit ſagen. Ez ist des êrst ein bitterkeit, hin nächſöwirt fin dank gefeit'. ”!) Manegen ſinger windet man, der die herren äffen kan, daz er ſingt ein lobeliet, daz von niem hät underſchiet. Er ſagt den herren, alten, jungen: daz liet hàn ich von iu geſungen. Ich enweiz keinen lebendig, dä ſö gröziu ère an lig, ſam an iu beſunderlich. Ir waert ein vürfte über alliurich, mit allen tugenden ſunder ſtrit! Ir wizzet niht waz an iu lit! Min fin iſt leider niht ſó breit, daz ich iuwer werdekeit mac gedenken und befliezen!' Sölät der her ſich niht verdriezen, er begäb den tugent blözen. Sökumt er dan zuo finem genözen, dem ſingt er, ouch daz ſelbe lob: er ſi allen vürſten ob und ein helt über alle riſen!' Alſö leicht er jen und diſen'. - --- * d ”) Von einem ſpiegel. Ein ſpiegel an ein ſiule geflagen, der mac die ſiule niht getragen und iſt doch den liuten guot, daz ieder menſch näch finem muot in dem ſpiegel ſich erſchout. Und iſt der ſpiegel ſö gebout, daz er in im ſelbem halt und gemeldet wes man walt, dä inne ze ſchouwen ſpät und vruo, dä geliche ich Chriſtum zuo. Dà inne ſiht ein ieglich man finiuwerk und finen wän, wes er gepflegen hät und wie noch fin wille ftät, wes er vürbaz phlegen wil. Saezen hundert bi dem fpil, ſó ſaech ieder menſch ſin leben in der kunſt ſchoene und eben, als in einem ſpiegel breit. Der die kunft liſt und ſeit, der weiz niht waz ſi hänt getän, er ſiht ſi al wol üzen an und weiz niht wie ir leben fi. Ich gelich den ſpiegel vri mit miner kunſt eigenlich. Dar zu0 ſehent arm und rich. Ieglicher weiz ſin leben wol, waz er tuon und läzen ſol, und doch mit beſcheidenheit iſt min kunft der werlt bereit, ob ich kant ir aller fin, daz ichz nindert ſeit von in, dort noch hie, in keiner war, ich hab niuwan den ſpiegel dar, wer ſich dä inne ſchouwen wil. Daz ich min kunſt niemanne verſtil, hab ich ſi allen liuten vor, alſö der ſpiegel in eim tor allen liuten iſt gemein. Daz er ſich dä mit mache rein, des hätieglich menſch die wal. Alſö teil ich üfund ztal mine kunſt mit aller diet, als ein menſch dem andern riet, und hän grözen nit dä bi. Maneger vräget: wer ich fi? ob ich ein meiſter müge fin ode ein knoll der meiſter vin?" Dar zuo ſprich ich anders niht: ich bin ot rehte als man wiht (?). Sech mich iemen ungefleht, der ſprech zu0 mir, ich hab niht reht. Hab ich aber rehten ſin, ſö läz er mich fin der ich bin und gunne mir än valſchen wän, des mir unſer herre gan'. "Ich kunde ſchelten, loben, beid. Nu waer mir ſelbem ſchelten leid, der mich ſchult und hiez mich nider, föiftz ouch andern liuten wider, dä von wil ich ſchelten läzen und wil ein geliehe ſträzen allen menſchen zeigen hin, mit bescheidenlichem fin, daz ez niemanne zorn tuot. Ich rede oft von einem muot, der vor langest ist begraben, und mag ich einen bi mir haben, der des ſelben begät, des sit diser begangen hät, von dem ich die rede enbür. Der einem wirft finlaſter vür mit dem namen und offenbär, dar umb gèt man dicke ze här und iſt den liutn unmäzen ſwaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. ***) Seitenspil iſt ſö getän, ez jeit den vint und kürzt den tae, alsö ist ez vindes ſlac und git vreud und kürzt die vrift baz dan aller meiſter liſt. Swenne ich betraht min miſſetät und waz got geſprochen hät, ſö mac ich niht vroelich fin. Swaz ich ſeiten hiet vor min, ſó hän ich ze verre gefin in der übermäz der ſünden, umb die rehtecheit zergründen, daz ich nu verzagen Wil'. 144 Th. G. v. Karajan Lied, der Spruch überwiegt in allem und jedem. In der Münchner Handschrift Blatt 46“, Col. a, nennt er sich selbst einen Sprecher', also Spruchsprecher. - Überall in seinen zahlreichen Gedichten zeigt er sich geschäftig, auf gestellte Anfragen Auskunft und Belehrung zu ertheilen. Bald ist es ein Herr, bald ein Knecht, ein Bauer, ein Bürger, eine Braut, ein Jüngling u. s. w. die um Rath fragen, und Heinrich selbst sagt mit einer gewissen Befriedigung, dass er um die verschiedensten Dinge befragt werde, A. 51““). In dem gelungenen Gedichte über die Kammerweiber und Ammen beruft er sich auf die Aufforderung eines Kämmerers, C. 203“), in einem anderen auf die eines Mönches, A. 93"”), in einem dritten ist es ein unglücklicher Adeliger der seine Erlebnisse besprochen wünscht, A. 208"”). Heinrich hält seine abhandelnde Erwägung der verschiedensten Verhältnisse geradezu für ein Bedürfniss, C. 201”). Stoff zu Belehrung, meint er, werde ihm nie fehlen, glaube auch mancher, er (Teichner) könne nun ausruhen und habe keine Veranlassung mehr zu dichten. Erblicke er neue Sitten, so sei ihm neuer Stoff zu Gedichten geboten. Lassbergs Liedersaal 3, 295. Seine Belehrungen religiöser Natur scheinen von manchen missbilligend aufgenommen worden zu sein, denn er erzählt uns, C. 244“”), man häbe von ihm gesagt, er solle doch lieber in ein Kloster gehen und dort von der Wahrung der Seele und dem ewigen Leben Reden halten. Wer dankt ihm das auch? Sagte er doch lieber von ritterlichen Dingen und von der Minne, das zöge mehr an. Von unserem Herrgott mag er alten Weibern vorerzählen, nicht Rittern'. Doch das machte unseren Heinrich nicht irre, denn er bemerkt hiezu nur, es schade diesen Weltleuten nicht, wenn sie von Gott hörten: es sei ihnen nützer als den Mönchen im Kloster, die ohnedies vor vielen weltlichen Gefahren geschützt seien. " + Aus einer Stelle in einem anderen Gedichte, Lassbergs Liedersaal 2, 11, Z. 21 ff., lernt man übrigens, dass Teichner zu seiner Zeit nicht der einzige war, welcher geistliche Kenntnisse besass und verbreitete, ohne selbst Geistlicher zu sein. Es ist aber dort nicht gesagt, dass es wie bei Teichner in Versen geschehen sei. Ja er wurde sogar zuweilen aufgefordert, seine dichterische Befähigung zur Bekehrung von Juden und Heiden anzuwenden, C. 268“), was er aber entschieden ablehnte. « Im Allgemeinen erschien ihm nur Edles und Gutes im strengsten Sinne des Wortes als allein würdiger Stoff der Dichtkunst. Er bemerkt übrigens, A. 52”), es sei eine oft gehörte, aber gewiss irrige Ansicht, *) Ich wirt mancher ſach gevreit. Einer bat, daz ich im ſeit, welher bezzer waer getän u. s. W. ”) "Dannoch iſt ir ſchalcheit vil, daz ich al niht ſagen wil, daz die ère berüert ein teil, dar umbe ich lihte gewünne unheil. Ich hiet daz ouch niht gar bedäht, hiet mich ein kamraer dran niht bräht'. - ”) "Dókom ein minner bruoder dar ... und bat mich tihten von dem fin'. - ”) Einer klagt mir ſèr und ſaget, waz er ungelückes traget, daz ich tihten ſolt der van. Dó ſprach ich: 'min her, ſagt an' u. s. w. ”) "Ich hän manec ſach gemezzen und het einez nähen vergezzen, daz ein nötdurft iſt ze ſchriben'. ”) "Maneger ſpricht: der Tichnaer ſolt niur in ein klöſter varn, er ret niur zuo der ſèle bewarn und ze éwiclichem leben. Waz ſol man im dar umbe geben? Wenne er ſagte von ritterſchaft und von minne daz hiet kraft. Man ſol alten wiben zagen von unſerm herren gote ſagen, daz gehoeret ritterſchaft niht an'. . ."Dä von ſolt er (der Weltmann) got beſorgen michels mèr, dan der verborgen in der gräwen kutten lit, wan got im al ſin ère git, der dä iſt der obriſt man. Dä wil er niht hoeren van und hoeret gern vom ritter, helt, wie fin wäpen fi geftelt, der im nie erböt ein guot. Aber der im alle triuwe tuot, von dem iſt im hoeren ſwaer'. Maneger ſpricht: "ich ſol mich rihten und ſol von juden, heiden tihten, ich möhte manegen bringen ze touf u. s. w. (Man sehe die Fortsetzung in der Anmerkung Nr. 133.) - « "Man giht: 'ez fi ein altez reht, daz man tiht von keinem kneht, man sül von grözen herren tihten'. Dazwil ich iu wol vernihten. Diu heilic ſchrift, diu ſeit uns blöz, ez fi nieman edel, noch gröz, dan der edelichen tuot. Ob der tiuvel hiet den muot, daz er tugent möhte bejagen, man ſoltz billiche von im ſagen. Swä der edel untugent phligt, dar zuo niht ze loben wigt... Swá ein nider man wirtrich, lebt er wol mit ſiner habe, daz man in lobt üf und abe, daz iſt dik den andern zorn, die von adel fint geborn. Die dá ſprechent: er fi niur der, fwie man in priſe hin und her, und meldent ſinen anevanc. Hät diu mitte ein guoten ganc und daz end, man ſol in priſen und billich zuo den edlen wiſen, er iſt ein rehter edelman, dä verläz ſich niemen van, ob ſin vater ein gebüre hiez. Der üz einer miure ſtiez biderbeliut, ſó waerens guot. Der unedelichen tuot, waz iſt dan fin edelheit? Swaz ſin Vater hät bejeit, dä iſt der fun niht edel van: wil er ſin ein edelman, muoz im selp der rücke krachen, daz er grift näch guoten ſachen und tuot ſich lihter dinge laer. Alſö ſprach der Tichnaer'. 200) 20.) Über Heinrich den Teichner. «. «. 1 45 dass man nur solche Stoffe behandeln solle, in denen grosse Herren vorkämen, ein Knecht eigne sich gar nicht zum Gegenstande eines Gedichtes. Er aber sei mit der heiligen Schrift der Meinung, dass der gross und edel sei, der edel handle. Und wenn der Teufel die Tugend sich eigen mache, dann hätte man ein Recht, von ihm zu erzählen. Heinrich nimmt daher auch nirgends Anstand, selbst ziemlich schlüpfrige Geschichten als Veranlassung moralischer Belehrung zu wählen. So die Geschichte des Altvaters Abraham und seiner Nichte Maria, C. 97“, jene gleich darauf folgende von einer Kaufmannsfrau und einem Ritter, C. 99", u. s. w. Mit der Belehrung allein aber, so wenig wie oben mit dem Gebete und Kirchenbesuche, gibt sich Teichner zufrieden. Als auf eine nothwendige Ergänzung dringt er entschieden auf sittlich reines Leben des- jenigen, der es unternimmt andere zu belehren. Und wenn einer noch so schön zu reden wüsste, alle Kunst mit seinem Balg umschlösse, er wäre doch ein Schalk zu nennen, übte er nicht gute Werke daneben', A. 85“). In Bezug auf dichterische Befähigung äussert Teichner in einem Spruche, in Lassbergs Liedersaal 2, 551, Z. 7 ff., nur der sei ein Dichter zu nennen, der den behandelten Stoff selbst erfinde oder einen gegebenen mit eigenen Gedanken darstelle, nicht der der ihn aus fremder Sprache übertrage, denn dann wären alle Prediger Dichter. Dichten sei Erfinden, es sei Niemand ein Dichter, ausser der Neues bringe. Die Darstellung der sittlichen Gebrechen seiner Zeit in einer reichen Menge seiner Gedichte hielt er für eine würdige dichterische Aufgabe. Wie er uns erzählt, ist er oft seines unumwundenen Tadels wegen zur Rede gestellt worden, namentlich desshalb, weil er auch Geistliche, Ritter und Frauen übel angelassen habe. Er könne sich aber darüber keinen Vorwurf machen, sagt er A. 244“”), denn diese Stände seien verpflichtet mit gutem, sittlichem Beispiele voranzugehen und ihrem Stande gemäss zu leben, unterliessen sie es, dann seien sie werth, dass man sie ermahne, ja tadle. Ausser den sittlichen Zuständen seiner Zeit bot die Gottesmutter unserem Heinrich einen unerschöpf- lichen Stoff zu Gedichten, dessen zu ofte Wiederkehr hie und da sehr lästig wird. Er klagt in dem Gedichte A. 74“ darüber, dass er oft in Verlegenheit sei, über was er dichten solle, da der Geschmack so getheilt sei. Er finde, dass ein Gedicht auf Maria noch am wenigsten Anstoss gebe“). Auch Suchenwirt, in der wiederholt angeführten Rede auf Teichner, erwähnt Z. 74 der grossen Liebe und Verehrung die sein Freund für die Gottesmutter an den Tag gelegt habe. Von der dichterischen Thätigkeit unseres Heinrich geben mehrere Belegstellen Zeugniss. Einmal berichtet er in einem Gedichte, in Lassbergs Liedersaal 3, 295, Z. 1 ff. , man habe sich öfters gegen ihn ”) Alsö wirt der verwifet, der fin kunſt alſö verſwiget, alsó vaft ſich der betriuget, der ſö füezeclichen lért und ſich ſelben doch unért mit eim ungewüerten leben. Der dä guoten rät kan geben und gèt ouch ſelber näch dem ſpor, als er ſeit den liuten vor, dä diu werk bi worten ſint, die ſint unser herren kint. Der wollért und übel lebt, wie der gein helle ſtrebt, ſam er ſich verfümet hab, üz ambet unde im rät! Man heizt manegen einen ſüezen man, der füezer rede vil kan; waer alliukunft in ſinem balk, er waere ſiner ſèle ein ſchalk, iſt er an guoten werken läer.' "Maneger ſpricht: ez fi niht guot, daz ich phaffen, ritter, wibe alſö ſträf und von in ſchribe'. Só ſprich ich: ez waer niht guot? Daz kumt nimmer in min muot, daz ich phaffen, ritter ſchelt, noch kein wip in diser welt, diu dä wiplichen tuot. . . Swer ein ritter weſen wil und ein phaf, der trage ſin orden, als in got hät üz erkorn ...Vrouwen, phaffen, ritterſchaft und varnde liute ſint gezäft, daz fi zühtic ſolten leben und ouch guotiu bilt geben. Só naemen ſie ir lipnar äne ſünde und äne vär, man gaeb ins ouch billich. Man opfert in des tiuvels rich, ſwaz man git umb ſcheltwort; und iſt jenem ouch ein mort, der mit ſchelten guot bejeit und mit boeser ſchalcheit'. 'Ich hän betrahtet hin und dar, und kan niht begrifen gar, von welher ſach ich tiht und ſag, daz allen liuten wol behag. Daz ich von einem wundrer ſeit, waz der wunders hiet bejeit, daz hiet der zehend niht vür guot. Red ich dan von meien bluot und von kleiner vogelin sane, daz waere ouch etelichem zlane. Red ich dan von reinen wiben, wie si mannes leit vertriben, dö gienge ouch etelicher besunder. Red ich von gotes wunder, dem doch niht gelichen kan, dannoch gienge éin tumber man. Dä von weiz ich nindert maere, daz als guotze hoeren waere aller chriſtenheit gemeine, sam von unſer vrouwen eine. Maneger ſeit, wes ich niht tiht von der wünneclichen geſiht, die der meie prüeven kan, wenne er richet walt und plän? Daz allen würſten waere ze vil, daz iſt im läht, werz ahten wil, er hät den winder ſchiere verniht. Ob ich richlich dä von tiht, ſó braeht ich min kunſt zeleit. Ich heiz ez allez angelweit, dirre werde goukelwis, wie möht in dan des meien pris mit der wärheit höch geſwingen? Ich enweiz niht under allen dingen dä von lihter ze tihten fi, mit der volge und zadels vri, dan Marien werdekeit. W. Denkschriften der philos.– histor. CI. VI. Bd. «- 19 203) 1 46 d Th. G. v. Karajan. geäussert, er würde jetzt wohl das Dichten aufgeben, da er schon so viel gedichtet habe. Und an einer anderen Stelle erzählt er, mancher wundere sich sehr, dass er noch immer Stoff zu dichten finde, nachdem er schon alles mögliche behandelt habe. Er sei aber anderer Ansicht, denn an Maria allein finde er Stoff zu dichten für tausend Jahre, A. 55°“). Selbst während seines Beinbruches unterlässt er es nicht, Woche für Woche zu dichten und beklagt es als etwas ganz ausserordentliches, dass er der Auf- regung oder Beängstigung wegen die ihm sein Rechtshandel mit der Wärterinn verursachte drei Wochen und darüber nichts gedichtet habe. Jahrb. d. Liter., Bd. 1, Anzeigebl. S. 29, Z. 73. Viele, bemerkt er bei anderer Gelegenheit, hätten sogar geäussert, es käme ihnen unmöglich vor, dass er alle seine Kunst vom heiligen Geiste erlangt habe, es müsse der Teufel dabei im Spiele sein, wogegen er sich natürlich vertheidigt und die Misstrauischen auf die Gnade Gottes verweist, A. 234“”). An einer schon oben erwähnten Stelle, Lassbergs Liedersaal 3, 289, Z. 23, nennt er sich selbst, trotz seiner sonstigen Bescheidenheit, einen so geschickten Mann, dass er durch die Dichtkunst reich zu werden vermöchte, könnte er sich nur entschliessen, das Treiben der Welt gut zu heissen, und zählt sich selbst, A. 67", halb und halb zu den Meistern”). - 1. Dass Teichner in seiner Zeit zu den beliebteren Dichtern gehörte, lehrt schon die uns noch erhaltene, nicht unbedeutende Anzahl von Handschriften seiner Gedichte und die Aufnahme vieler derselben in grössere Sammlungen. Noch hundertzwanzig Jahre nach seinem Tode konnte ihn Augustin von Hammerstetten in seiner Widmung einiger Gedichte Heinrichs an die Churfürsten von Sachsen Friedrich und Johann einen berühmten und wohl bekannten Dichter nennen. Jakobs und Ukerts Beiträge z. ält. Liter. 2, 312. Am schlagendsten aber, sowohl für die Thätigkeit Heinrichs, als die Theilnahme der Zeitgenossen an seinen Gedichten spricht die grosse Anzahl derselben. Zu vorliegender Untersuchung allein wurden von mir siebenhundert und sechs durchgegangen, welche zusammengenommen über siebenzig Tausend Zeilen umfassen, und ich habe nicht alle mir bekannt gewordenen Handschriften benützt. Vieles wird noch in grösseren Mischsammlungen zu finden sein. Über die Lebensweise, die Teichner in seinem Berufe einhielt, begegnen in dessen Gedichten einige Andeutungen, die ich hier zusammenstellen will. w Er scheint ein Freund des Frühaufstehens gewesen zu sein. Er lobt wenigstens diese Gewohnheit “). Lange zu schlafen, in einem eigenen Gedichte, A. 189“. Eine Stelle daraus setze ich in die Anmerkung meinte Heinrich, sei Undankbarkeit gegen den Schöpfer. Kein Thier schlafe so lange wie der Mensch. Des Morgens während der heiligen Zeit des Messelesens zu schlafen scheine ihm Sünde. Dass es Heinrich damit Ernst war bezeugt Suchenwirt, an der erwähnten Stelle S. 64, Z. 40, an der er erzählt, dass Teichner den Frühgottesdienst nie versäumte. Dieser hatte bekanntlich Statt des morgens wenne der tag her gie'. *0) Maneger giht: in wunder ſèr, waz ich welle tihten mèr? ich habe alliu dinc beſunnen'. Só bekenne ich einen brunnen, ich enmöht in niht volahten gar, und ſolt ich tihten tüſent jär’ u. s. w. Maria nämlich. *") Man hoeret mèr dan einen jehen, daz ez niht müglich ſi von got, daz mir des heilgen geiſtes gebot ſamlich kunst müg in gegraben, ich müez die kunſt vom tiuvel haben. Die ſint rehtes gelouben laer. Got der iſt der ſchepfaer des tiuvels und aller geſchaft, dä von hät er groezer kraft, dan natür und tiuvels rät, fit ers beide geſchaffen hät. Der tiuvel hät niht ze geben, noch natür. Ez ſtèt daz leben und diu kunſt in eines hant, der der ſchepfaer iſt genant, der iſt der man und niemen mèr. Dä von gib ich im die èr, daz ich hängenäden wil, daz ich rede von wiu man wil. Daz tuot got, ich tuon ſin niht... Ich weiz daz wol in minem muot, daz nieman git die kunſt, dan got ſelp mit ſiner gunſt ... Ez hät niem die meiſterſchaft, daz er iht von im ſelbem tuo. .. Kunſt mac niemen nemen, geben, ez iſt ein ſunder gotes gäb. Waer diu kunſt ein werltlich hab, ſó waere niem an ſinnen blint, ſö liezs ein vater ſinem kint. . . Niemen kunſt gelernen kan, er muoz ſelber etewaz hän, daz im got von himel gap. Wenne er hät ein urhap, ſö mac er begrifen mèr. Ez iſt ein verlorniu lèr, ſwaz man einem léren tuot, der niht hät an finem muot kleiner kunſt, diu eigen waer'. Alſö ſprach der Tichnaer'. *07) “Ich wiliu ſagen ſolch unbild, fö gar vremde unde wild, daz ez kein meiſter nie besan'. °) Dazüferden lebt und blüet, daz iſt des morgens dieneſthaft und in finer beſten kraft...loup und gras hät bezzer maht des morgens, denne gein der naht'. - - Über Heinrich den Teichner. - 1 47 Ferner liebte Teichner einsame Spaziergänge in den Wald, um zu dichten, und erwähnt ihrer mehrere Male. So z. B. A. 200“, C. 219“ u. s. w. Er war überhaupt nicht gerne viel in Gesellschaft, wie wir schon oben S. 129 gehört haben. Man hielt ihn, wie er A. 60" erzählt, desshalb für einen wunderlichen Mann. Dagegen vertheidigt er sich und sagt, er vertrage nur zu laute Gesellschaft nicht. Wo man mit Mässigkeit trinke, da wolle er gerne weilen, bei anderen Gelagen sei ihm schon eine kurze Zeit unerträglich“). Er hatte auch keinen Sinn für das Spiel, das er geradezu einen Verlust nennt, man möge dabei gewinnen oder nicht. Man verliere doch zuletzt Leib und Seele, A. 122“. Fechten, tolle, ausgelassene Reden bei Spiel und Wein waren ihm ebenso verhasst, C. 174“. Er war ein Wassertrinker und preist diese Gewohnheit an einer Stelle, die ich aus A. 85“ in die Anmerkung“) setze. . Ganz entsetzlich aber waren ihm die tollen Faschingsfreuden, über die er sich wiederholt missbilligend vernehmen lässt. So A. 29" und 208“. Man lasse aber auch niemanden dabei ungeschoren, meint er, nenne ihn einen Egoisten, wenn er nicht Theil nehme an dem tollen Treiben, das am Ende für nichts anderes gut sei, als dem Teufel seinen Willen zu thun“). Ebenso widerwärtig war ihm das tolle Tanzen. Wenn einer aus einem Lande käme, äussert Teichner A. 159", in welchem das Reien nicht üblich ist, ich glaube es müsste ihm über alle Massen wunderlich vorkommen. Verlangte man um des Himmels willen eine solche Anstrengung, man unterliesse sie wohl. Da es aber dem Teufel diene, sei den Leuten wohl dabei. Sollen sie eine Weile in der Kirche stehen, so dünke sie das länger als ein Jahr, A. 159“). Das unsittliche Auf- und Niedertreten, bemerkt Heinrich an einer zweiten Stelle A. 160“, könne den Tanzenden bei Gott nur verhasst machen“). Gasthäuser besuchte Teichner nur selten und hatte sich dadurch den Hass mancher Wirtshaus- schlemmer zugezogen, die er dagegen für Thoren erklärte. Er äussert A. 186“): 'Ich, der ich der ganzen Welt davon abrathe, sollte selbst ein lockeres Leben führen? Dann wäre um meine Kunst wenig zu geben. Der Thor aber sitze beim Wein und bekrittle das Leben der Vernünftigen, als sei es werthlos'. Sie hielten nichts auf Geselligkeit', murrt er, und thäten vornehm Jahr aus Jahr ein'. Auf ähnliche Weise lässt sich Heinrich auch A. 128" vernehmen. ”) Maneger ſprichet: daz ich ſi gar ein wunderlicher man, ich welle niht ze geſellen gän'. Bi guoten geſelln ich gerne waer, dä man ungevuog verbaer, aber dä man rouft und ſticht, einr dem andern daz ſin abbricht, diu geſellschaft iſt enwiht. Ich schiuch dcheinen geſellen niht, ich vliuch niuwan ir ungevuoc, der man hoert und ſiht genuoc. Wenn daz lithüs wirt erwüllet, einer ſpringt, der ander büllet, der wil roufen, dirre ſtechen. Swá ich ſaech mit zühten zechen, dä verdrüz mich nimmer zwär, aber ſwä man gët ze här, dä iſt ein kurziuzft ze ſwaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. & s *”) "Dä von ſwer geſunt wil fin, der läzetswenne guoten win und trink ein wazzers trunk dä bi; fit der menſch von wazzer ſº, ſö mèrt inz wazzer zwir ſó wit. Maneger ſpiicht: er ſtürbe enzit, solters wines ſich erlän." Wie hänt den die alten getän, der maneger hundert jär genas, und west niht waz ein win was? Dä von enruocht waz iemen ſeit. Swer ſich wonet maezecheit, des waere lip und ſèle geſunt'. - **) Ich hoer von jungen und von alten, man ſül die vasnaht törheit walten, daz ſº ein altiu richeit. Swer des giht, der hät misseit, daz ez si rehtiu ſach. Ez iſt ein boes gewonheit ſwach, dä mit mans tiuvels willen tuot; ez iſt vür ander niht guot. Die aller wirsest kunnen gebärn, die hänt aller best gewarn'. Alsó ich ſprich: der gerne ſez und der üppecheit vergaez', ſö ſpricht ieder man dä neben: er welle niur im ſelbem leben. Er ist niht ein geſelle zwär!' Alsó bringt man manegen dar, der ſin gerne überic waer . . . der halt gerne zühtic lebt, als ich vor geſprochen hän, der muoz mit den andern dan üppic ſin und ſinnelaer'. **) Mich dunkt ouch noch in minem fin, wenne einer kaeme uz dem lant, dä niht reien waere bekant, ez dühtn unmäzen wunderlich. Litmanz umb daz himelrich, ſin würde niht ſóvil getän. Swaz dem tiuvel gehoeret an, dä mit iſt den liuten wol. Swá man got dienen ſol, daz iſt ze allen ziten lanc . . . füllens ein wile zkirchen stän, daz iſt in langer dan ein jär u. s. w. **) Der mit zühten tanzen pflaege, daz waer hundertstunt ſo waege, ſam daz treten üfund nider. Er iſt gote vaste wider umb den ſelben ridewanz, dan umb zühticlichen tanz'. **) Maneger hazzet mich umb daz, daz ich diu lithüs büw mit mäz. Der ist niht ein wiſer man. Nu rät ich al der werlt dä van, ſolt ich ſelp dan luoders pflegen, ſó waer min kunſt ringe ze wegen... Sö ſitzt der toerisch hinz dem win und traht der wiſen leben: ez ſi mit bösheit umbe geben. Er kom zuo den geſellen ninder. Er fi ein ſmeckler ſumer und winder!' 19 * 1 48 «. Th. G. v. Karajan. Diese Wahrnehmung allein schon spricht dagegen, dass Teichner an öffentlichen Orten um Geld sang. Ganz entschieden aber das Gedicht "Von ungelichem sinne, das ich in der Anmerkung, aus A. 88", voll- ständig mittheile, denn in ihm erklärt Teichner geradezu, dass er sich um die so verschiedenen Wünsche der Zuhörer nicht viel kümmere, sondern nur davon sage und singe, worauf er sich verstehe und wovon alle Kunst herfliesse“). Dass wir uns darunter im Sinne Teichners nur höhere Dinge zu denken haben, kann wohl nicht zweifelhaft sein, ebenso wenig, dass die Gedichte Teichners sich zum Vortrage in der Wirts- stube durchaus nicht eigneten. Schon der Umstand, dass in dem eben mitgetheilten Gedichte alle Zuhörer Heinrich ihrzen, spricht gegen die Annahme, dass er ein gewöhnlicher Wirtshaussänger war. In einem anderen Gedichte, A. 87“, nennt ihn ein Adeliger, den Heinrich gebührendermassen mit Herr' anredet, dieser ihn mit du', dennoch artig seinen gesellen', und lässt ihm durch seine Gemahlinn einen Trunk anbieten, was er gewiss nicht gethan hätte, wenn Teichner ein gewöhnlicher Wirtsstubensänger gewesen wäre. Dieser nimmt auch keinen Anstand den Herren über eine gethane Äusserung zur Rede zu stellen“). Wie sich aus dem Gedichte von gernden liuten', C. 190", schliessen lässt, mag Teichner, vielleicht in seinen jüngeren Jahren, zur Zahl der Gehrenden', das ist fahrenden Sänger gehört haben, die an die Höfe der Herren zogen und daselbst als Gegengabe für ihre Kunst Bewirtung und mancherlei Unter- stützung fanden. Dies stimmte auch ganz zu seinem oben aus anderen Stellen vermutheten Dienstverhält- nisse zu einem gewaltigen Herren, bei dem er durch längere Zeit mag verweilt haben. So viel wenigstens sieht man aus dem oben angeführten und in der Anmerkung mitgetheilten Gedichte, dass dieser Stand ihm als kein mit persönlicher Ehrenhaftigkeit und der Würde der Kunst unverträglicher erschien“). ”) "Von ungelchem ſinne. Mich wundert, ſwie wol iemen tuot, daz ez der vünft niht hät vür guot, alſö ſprach her Fridank. Ich klag ouch den ſelben gank. Saezen wünf in einer ſchar, kaem der ſehste gangen dar, ſºwie dazſi mit kurze wil, ſó iſt einer an der zil oder zwën, diez fin beträgt. Swie ez den andern wol behagt, ez gevelt in allen nimmer. Nu kan einr in fm gezimmer nimmer leben manegentag, daz ez in allen wol behag, dä von iſt ez mir vil ſwaer und miner kunſt alſö enbaer gegen aller menſchen ſin, da ich einer gegen ſehſen bin. Só wil jener niht ſam der. Sö ſpricht jener: “Lusent her! ſagt uns von hern Ecken klingen!' Sö ſpricht der ander: 'Er sol ſingen! wir hän an lihter predige genuoc'. Só ſpricht der drit: 'Ez waere kluoc, ſwaz er ret von manegen ſachen, künde erz niuwan fwaebiſch machen, näch der lantſpräch üfund ab'. Só ſpricht der vierd: 'Miner gäbgan ich niem, dan ſeitenſpil!' Sö ſpricht der vünft: “Swerz ahten wil, ſó iſt niht vor pfifen ſchal'. Sö ſpricht der ſehſt: Der püken hal pris ich noch vor aller kunſt'. Só ſpricht der ſibent: Er hiet min gunſt, der mir der lären ſpilt'. Só ſpricht der aht: 'Niht süezer hillt, dan der mit der herpfen kan'. Alſö ret ein ieglich man von natür üf ſin geding; ſwaz ich dä bi ſag und fing, ich hän noch manegen widerſtrit. Maneger ſpricht, daz ich noch bit, der ander ſpricht: "Nu machet ouf!' Ieder man näch ſinem louf, der wilvröude, jener klag. Und waer ich mit voller wäg Ariſtótiles mit kunſt, ich möhte näch ir aller gunft niht reden bi dem zil; einer niht ſam die andern wil. Ez giht: Er hat manegen rät, der zuo dem wege gezimbert hät'. Alſö hän ich raete vil. Ich ſetze ez üf ein mitter zil, dä vil maneger vür mich kért und mich ſunderlichen lért; ieder man näch ſinem muot. Daz hän ich allez ſamt vür guot und rede ich doch niur waz ich kan und alliu kunſt ſich ſchepfet van. Unſer herre Jéſu Chriſt, der kan nimmer tages vriſt al der werde willen begén, der wilregen, jener ſnè, daz dem iſt rine, iſt diſem ſwaer. Alſö ſprach der Tichnaer.' *”) "Ich kam hinz einem biderman. Er ſprach: "Lieber, nü ſag an, waz häftuiezuo niuwez getiht?“ Dö ſprach ich: "Ich hän verniht einen boesen valſchen zagen'. Dó ſprach er: 'Du solt mir ſagen, wer er f der tugent laer. Dö ſeit ich im wer er waer. Dó ſprach er: "Hab immer dank. Vrou, nu trag her guoten trank, là mich disem geſellen ſchenken. Ich wil im immer daran gedenken, daz er hät von dem geſprochen und hät mich an im gerochen und manegen biderman getriu!' Ich sprach: "Lieber her, von wiu ſit ir im ſö yint und gram, daz ir lachet ſiner ſcham und mir ſchenket umb daz ſchelten?' Dö ſprach er: “Er muoz enkelten, daz im nieman guotes gan. Er hät mir dehein leit getän und hän in mit ougen nie geſehen, uiuwan daz ich die liut hoer jehen, daz er ſi ein valſcher zage' u. s. w. 4- ”) "Von gernden liuten. Einer vräget mich der maer: wie diu rede erhaben waer, daz man von gernden liuten ſeit wie maneger guot vür ère treit?' Dó ſprach ich: des weiz ich niht. Doch min ſin ein teil vergiht, ez hab ez niur ein ſwacher vunden, der ſin selbes laſterwunden wolt bedecken mit den ſachen. Alſö man vint vil manegen ſwachen, der umb pfenninc leien, phaffen lät bi (inem wibe ſläfen, der ſelbe nimmt vür ère guot. Und der die liut verräten tuot, od aber wie er guot gewan, des er lasterlich muoz bestän in dem ſtok und in der ſchrangen, der hät guot vür ère enpfangen. Aber ſºwer mit rehter kunft gewinnet guot und herren gunst, daz ist niht für ère genozzen. Lieht und winster hät verslozzen ſchant und ére in ſolher heit, ſwer mit èren ſich betreit, der gét offenlich dä mite; aber ein boeſer hät den ſte, der mit laſter ſich begät, daz er niur in winkeln ſtät, daz er ſorgt er werde gevrägt, wie er ſinguot habe bejagt und werd lihte gebüezt dä bi. Aber ein varent man ist vri vor den fürſtn und anders war, daz im niemen umb ein här umb dazguot mac zuo geſprechen. Er tuot niemen flahen, ſtechen, noch betwingen umb ſin gäb. Swer im gerne git ſin hab umb die kunſt, des ſagt er dank. Dä mit hät er üzgank als ein büman ze glicher heit, ob im niht ieder acker treit, dannoch Über Heinrich den Teichner. 4 149 In späterer Zeit besuchte er keine Höfe mehr, sondern rieth im Gegentheil Rittern und Edelknechten davon ab. Sie thäten besser, meint er, sich dem Pfluge zuzuwenden, denn am Hofe sei nichts mehr zu holen, weder feine Sitte, noch Wohlhabenheit. Was solle dann dort ein edler Mann suchen? Und als man sich darüber verwunderte, warum er so gegen sich selbst spreche und nicht mehr den Höfen nachziehe, da erwiedert er: Riethe ich das eine und thäte ich das andere, so handelte ich betrügerisch und unklug. Wie jetzt die Welt beschaffen ist, mag niemand an Höfe ziehen, als wer schmeicheln kann und schwätzen. Nur der Heuchler erhalte sich, wer dazu nicht tauge, werde an Höfen umsonst weilen. So lässt er sich in dem Gedichte: 'Daz die fürsten niht gebent vernehmen, A. 202“ “), welches wahrscheinlich in seine späteren Jahre zu setzen ist. r Dass er in früherer Zeit sein Theil in der Welt mag herumgewandert sein, lässt sich aus ein paar Äusserungen schliessen. Einmal, C. 189“, der Mensch müsse in die Fremde, wolle er Ansehen und Ver- mögen gewinnen. Wer immer daheim liege, werde sich nie vorwärts helfen'”). Dann an einer zweiten Stelle, in welcher er die Erfahrung ausspricht, dass soweit er auch in der Welt herum gekommen sei, die Menschen überall gleich wunderliche Ansichten hätten, C. 264““). Auch die an einer dritten Stelle mit vielem Ingrimm ausgesprochene Erbitterung gegen betrügerische Gastwirte, die er ärger nennt als Strassen- räuber, gegen die sich der Reisende doch wehren könne, wird er wohl allmählich auf seinen Wanderungen gesammelt und endlich in dem Gedichte C. 209“ niedergelegt haben. So viel lässt sich aus zerstreuten Bemerkungen über die Lebensweise Heinrichs abnehmen. Einiges wird sich noch unten aus späteren Anführungen nachtragen lassen. Das Ergebniss der unermüdlichen literarischen Thätigkeit Heinrichs liegt in seinen zahlreichen Gedichten zu Tage. Ich habe schon oben bemerkt, dass uns von ihm zum mindesten 706 einzelne Gedichte erhalten sind, die mehr als siebenzig Tausend Verse umfassen. Wahrscheinlich liegt aber noch manches in einzelnen Mischsammlungen zerstreut. *. «» Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass der Charakter dieser langen Reihe von Gedichten in den Theilen, die nicht geistlichen Betrachtungen und Ermahnungen gewidmet sind, deren Anzahl aber leider sehr gross genannt werden muss, jenem der Dichtungen Seifried Helblings und des Stricker am nächsten verwandt ist. Ersterem besonders in Beziehung auf den Tadel der Landessitten und gewisser, vorzugweise österreichischer Gebrechen und Eigenheiten, Letzterem rücksichtlich mancher Schilderungen der unteren Stände und der allenthalben eingeflochtenen Erzählungen, Fabeln und Allegorien. Man muss büwt er in näch wän. Alſö tuot der varent man, daz nieman ſ'in kunſt verziht. Ob ez al niht wol gediht, dannoch hät er guoten muot, daz er niemen noeten tuot, noch betwingen umb ſin geben. Dä verstèt die wärheit neben, daz er guot mit èren hät, ſwer ſich mit rehter kunſt begät. Ez ist unscheidenlich. Man ſiht manegen werden rich än die kunst von herren hant, ſwer daz tuot, daz ist ein ſchant, der änkunſt die herren neift. Aber ſwer mit kunſt erreiſt herren gäbe und ir ſegen, der ist dä hin niht ze wegen, daz er guot vür ère empfäch; fit er daz treit àn allez dach, offenlich vor ritter, knaben, daz im niem mac üf gehaben. Wan die ère treit man offenlichen, laſter ſiht man in winkel ſlichen. Dä von bin ich underriht, wie daz guot mit ſchanden pfliht, daz man mimt und git in gevaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. «- ***) Só ist ouch beſcheidenheit und diu zuht von hof verjeit, dä ist niht dan unfuog. Dä von habt iuch zuo dem pfluog, rittr und kneht, daz ist min rät. Sit der hof só übel ſtät, daz man nimmer zuht dä ſiht und ouch guotes richet niht, waz ſol denne ein edel man nu ze hofe ze ſchaffen hän? Maneger ſeit, in wunder ſèr, war umbe ich ſö wider kèr? War umbe ich niht ze höven wander?" Riet ich einz und taet daz ander, ſö ſpraech iegelich wol gemuoter: er ret wol und übel tuot er'. Daz waer valſch und unbeſcheiden, wolt ich andern liuten leiden, des ich ſelber vlizec waer. Ez ist nieman hovebaer, als diu werlt nu ist geſchaffen, dan der ſmeichen kan und klaffen. Ougeldienst, der tuot beliben, ſwer des nu niht wil triben, dem ſint die höve unnuzbaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. *!") Einer vräget mich der maer: welher baz ze èren waer, ein man der ſtaet dä heimeligt, od einer der wandern pfligt?' Dö ſprach ich: der heimlege man vil ſelten ére und guot gewan. Ein ieder muoz zden fremden hern, wil er wip und kindel nern, wan diu vremde oft helfen tuot'. °) Diu werlt hät wunderlichen fin. Als verreich ie gewarn bin, só litez al in gelicher wäg' u. s.w. 150 Es Th. G. v. Karajan aber seinen beiden Vorbildern unbedingt reichere Erfindungsgabe und geschicktere, kunstgemässere Hand- habung und Bekleidung des Stoffes zugestehen. Während nämlich jene stets die künstlerische Gestaltung im Auge behalten, vertieft sich Teichner überall so sehr in seine didaktischen Zwecke, dass er ungescheut mit den einfachsten, oft ganz unpoetischen Worten die gewöhnlichsten Dinge des Breiten vorbringt, ja gerne das einmal Gesagte, wie ein Schulmeister, noch ein zweites, ja ein drittes Mal einschärft und anempfiehlt. Aus manchem seiner Gedichte liesse sich durch blosse Kürzungen ein ungleich besseres machen, und ein anderes wird nur dadurch formlos, dass sich Heinrich, sei es nun in der Mitte oder am Ende desselben, einem ihn ergreifenden Gedanken, meist religiöser Art, hingibt und nun darauf los ermahnt und predigt, ohne Rücksicht auf den ganz guten Eingang des Gedichtes, den er nach und nach völlig aus dem Gesichte verliert und zuletzt dahin geräth, wohin zu gelangen er anfangs gewiss nicht die Absicht hatte. Er wählte sich auch desshalb mit Vorliebe solche Stoffe, welche sich in irgend welche Beziehung zur Religion bringen liessen. Dazu eigneten sich ganz besonders Rügen der gesunkenen Sitten seiner Zeit. Manche Gedichte sind aber ausschliessend geistlichen Ermahnungen und Betrachtungen gewidmet, wie z. B. Von der rehten riuwe, A. 129“, auch in Lassbergs Liedersaal 1, 487; Vom heiligen Geist', A. 130“, Liedersaal 4, 449; Von gotes marter', A. 131“, Liedersaal 3, 439; Von boesen kristen', A. 133", u. s. w. Diese Gedichte dehnen sich dann auch begreiflicherweise über die Gebühr lange aus. So schwillt ihm das in B. auf Blatt 199 bis 211“ stehende Gedicht unter der Überschrift Joachims Kündung zu mehr als zweitausend Zeilen an und ist dabei nur eine Reihenfolge von Lobsprüchen auf die Gottesmutter und ihre unbefleckte Empfängniss, welche aus allen möglichen Kirchenvätern ver- theidigt wird, im Gefolge einer Schaar wenig passender Vergleiche und unnützer, häufig unziemlicher Spitz- findigkeiten und Grübeleien. Das Buch der Weisheit in der Handschrift zu Gotha, ein langes und langweiliges Gespräch über alle möglichen religiösen und philosophischen Fragen, erreicht auf 85 Blättern ebenfalls über zweitausend Zeilen. Darin wird verhandelt über die Freuden des Himmels, was das Unglück sei? ob Adam gestorben wäre, wenn er nicht gesündigt hätte? ob die Welt je besser war? wer glücklicher sei der Arme oder der Reiche? ob man denn nicht für die alten Tage sparen soll? oder doch wenigstens für die Kinder? u. s. w. Auf die letzte Frage lässt Teichner die Weisheit antworten, man solle dafür die Kinder lieber in einem Handwerke oder in der Kunst unterrichten lassen, was nicht ohne Bedeutung in Bezug auf die Anschauungsweise unseres Dichters ist, so wie zwei andere Bemerkungen in demselben Gedichte uns belehren, dass es in seinen jüngeren Jahren entstanden sein wird. Einmal nämlich, Bl. 27“, denkt er sich als verheiratheten Mann, der für seine einstigen Kinder sparen müsse, und Bl. 34" beklagt er es, dass keine Kreuzzüge mehr unternommen würden, was seinen Ansichten in späterer Zeit durchaus widerspricht. « Ähnliche spitzfindige, aber eigentlich doch müssige Fragen, wie die oben erwähnten, wählte sich Teichner nicht selten als Stoffe zu Gedichten. So erörtert er z. B. in A. 192“ die Frage: ob ein Reicher in den Himmel komme?, entscheidet sich endlich, nach mancherlei irreführenden Wendungen, für nein und begründet diese Entscheidung zuletzt durch die unerwartete Betrachtung, dass ja niemand auf Erden reich sei, denn reich sei ja nur wer Eigenthum besitze. Was sei denn aber unser eigen? oder sei nicht jeder auf Erden ein armer Sünder zu nennen? sei nicht unser ganzes Leben armselig ? u. s. w. Man wird manchem Ähnlichen in seinen Gedichten begegnen, das man am Ende langweilig finden mag, aber Unsittliches in frecher oder verkappter Form wird sich nirgends nachweisen lassen und desshalb zweifle ich keinen Augenblick, dass das in Hagens Gesammtabenteuer 2, 241 gedruckte Gedicht das warme Almosen gewiss nicht von Teichner ist, obwohl es die Wiener Handschrift, C. Blatt 232“, mit seinem Namen - bezeichnet. Das wird aber wahrscheinlich durch den Schreiber muthwilliger Weise geschehen sein, der Über Heinrich den Teichner. 151 sich auch sonst nicht hat enthalten können, ein paar andere schlechte Verse seiner Fabrik hinzuzufügen. Bei Hagen, der das Gedicht aus mehreren Handschriften mittheilt, fehlt daher auch Teichners Name. Am häufigsten benützte Teichner irgend eine kurze Erzählung, manchmal auch mehrere zu seinen Sprüchen. Sie dienen überall nur seinem didaktischen Zwecke, auch wenn sie sich anscheinend nichts weniger als dazu eignen. Teichner ist kühn genug, fügen sie sich nicht willig, sie selbst mit Gewalt zu zwingen. Mehrere Erzählungen verwendet zeigen sich z. B. in C. 37", wo deren drei begegnen, in A. 17" zwei, A. 224" ebenfalls zwei u. s. w. Die Benützung derselben zu didaktischen Zwecken, auf höchst wunderliche Weise bewerkstelligt, erscheint in A. 193“, wo die Erzählung von dem Manne, der sich einbildete todt zu sein und desshalb keine Nahrung mehr zu sich nehmen wollte, auf das letzte Abendmahl Christi gedeutet wird. Noch bequemer musste Heinrich für seine Zwecke die Allegorie erscheinen, die er denn auch nicht selten anwendet. So z. B. ausser in dem langen Gedichte "Liber sapientiae der Gothaer Handschrift, in jenem Von unseres herren tohter', A. 200"; Von triuwe und wärheit', A. 201“; Wie wärheit und lüge ſtritent', A. 212"; Von den kurzen rocken', C. 219"; Von des tiuvels drin tohtern', C. 239“, u. s. w. Die Fabel und Parabel lieferte ihm nicht minder erwünschten Stoff zu didaktischen Anwendungen. Die erstere findet sich z. B. in nachstehenden Gedichten benützt: Von den üppigen', A. 56“, Von den zwiteren', A. 62“, 'Die von vorht kein buoze gebent', A. 72“, Von übermuot', A. 98", "Der eim hilft üfsin selbes schaden', A. 224", "Von geileren ze hove', C. 8“, Diemüetekeit wider übermout, C. 143“, “Von der ſmächeit', C. 253" und Liedersaal 1, 401, Ein sträf und lère, C. 296“, u. s. w.. Die letztere in einem einzigen Gedichte: Von der wert unstaetekeit, A. 12“. Nur in seltenen Fällen entlehnte Teichner den Stoff bestimmten Ereignissen seiner oder früherer Zeit, wie jenem Streite zwischen einem Grafen im Oberlande und einem Herzoge, C. 17“, dem Berichte von den kämpfenden Frauen in Baiern, A. 28", und "Von bruoder Otten kirchvart, C. 242". Auch die Gedichte: daz Vriunde kriegent und daz ein ſtat niht mit der andern hielt', A. 93“ und 93", beziehen sich vielleicht auf Zeitereignisse, ganz entschieden aber die oben auf Seite 91 bis 97 näher betrachteten Gelegenheitsgedichte. Dass übrigens Heinrich zu den Schilderungen der Sitten seiner Zeit und Umgebung oft Berichte von Augenzeugen und Betheiligten benützte, lehrt ausser der grossen Anschaulichkeit derselben, auch C. 203“, wo er geradezu solche erwähnt. Werfen wir einen prüfenden Blick auf die Gesammtmasse der uns von Teichner erhaltenen Gedichte, so müssen wir gestehen, dass, abgesehen von dem geschichtlichen Interesse, welches einer nicht unbedeu- tenden Anzahl unter ihnen unbestritten zukommt, die Mehrzahl derselben auch an sich als Gedichte genommen nicht ohne Werth sind. Wie ich schon oben bemerkte, liegt der Hauptfehler unseres Dichters darin, dass er sich von einzelnen Gedanken, namentlich religiöser Natur, auf Kosten der künstlerischen Gestaltung seiner Arbeiten hinreissen lässt und plötzlich wie festgebannt in ermahnenden und abhandelnden Ton verfällt, dadurch das nothwendige Ebenmass, den ursprünglichen Plan seines Gedichtes hinopfert und aus lauter Begierde die Menschen zu bessern, seine Gedichte verschlechtert. Doch fehlt es dem gegenüber auch nicht an vielem Gelungenen und Werthwollen. Ich will hier auf einiges dieser Art hinweisen und werde es nicht unterlassen, darnach auch Beispiele vom Gegentheile anzuführen. Durch den Stoff wie durch die Behandlungsweise desselben zeichnet sich vorzüglich eine Reihe von Schilderungen mancher Stände und Verhältnisse aus, welche hie und da mit wirklich dramatischer Leben- digkeit vorgeführt werden. So z. B. die Schilderung der Verdriesslichkeiten und des Undankes beim Geld- verleihen in A. 209"; die Zeichnung hochfärtiger Frauen beim Opfergange, in dem Gedichte Von höch- vart der paternoster, aus dem unter Anderem auch zu entnehmen ist, dass in Österreich zu Teichners Zeiten das öffentliche Ballwerfen, wie zur Zeit Neidharts, noch in Übung war, C. 111“ (ich setze diese 152 Th. G. v. Karajan. letztere Stelle in die Anmerkung“); die vortreffliche und ausführliche Schilderung der tollen, neumodischen Tracht der Lions jener Zeit, welche vom Rheine nach Österreich gelangt war. In demselben Gedichte die Darstellung der Leiden eines Schildknechtes bei einem diesem Wesen fröhnenden Herrn. Man sieht ganz dramatisch wie ein solcher Schildknecht ein für alles gemietheter zu nennen war, denn er muss zugleich den Bedienten, den Kammerdiener, den Reitknecht, den Stalljungen, den Laufburschen, kurz alles in allem abgeben und bekommt dazu noch mageren Lohn, Schläge und Schimpfnamen, C. 224“. Nicht minder gelungen ist das Porträt der Wirtshaushelden in dem Gedichte Von lithüsaeren', C. 182“, in welchem das laute Prahlen verschuldeter, windiger Kerle in der Wirtsstube geschildert wird, ihnen gegenüber recht anschaulich das stille und ruhige Benehmen der ordentlichen Leute, die in Gesprächen ihren Wein verzehren und dem tollen Lumpen endlich weichen, der selbst den Wirt keck und vorlaut anlässt, hat er auch nur drei Heller in der Tasche. Von gleicher Lebendigkeit und Wahrheit durchdrungen sind die Schilderungen der verschiedenen Eigenheiten der Knechte in C. 204“, der Küchenmeister in C. 193“, der Kammerweiber und Ammen in C. 201“, der Kaufleute in C. 116“, der Spieler und Trinker in A. 59" und 60", u. s. w. Durch die mehr lyrische Behandlung zeichnen sich folgende Gedichte aus, in denen sich poetische Anschauung der verschiedensten Gegenstände mit sinnigen und ernsten Betrachtungen vereinigt. So z. B. das Gedicht "Vom töt', das zu den gelungensten aller Gedichte Teichners gehört und das ich desshalb auszugsweise in der Anmerkung aus C. 101“) wiedergebe. Ich theile es nicht ganz mit, weil es zu lang wäre und wie so manche Gedichte unseres Heinrich durch die Kürzung nur gewinnt. Zunächst an dieses Gedicht reiht sich jenes an mit der Überschrift "Von dem menschen, in A. 126", dass sich durch Einfachheit und Wahrheit auszeichnet. Einen Theil desselben setze ich in die Anmerkung“). Gleichen Vorzug muss man der einfachen und dabei frischen Behandlung der Legende von der heiligen Dorothea zuerkennen, in A. 102“. Ein recht launiges und lebendiges Gedicht ist jenes vom Pfennige, in A. 21 1", in welchem dessen Allmacht verkündet und auf die Gebrechen der Zeit tüchtig losgezogen wird. Auch das Gedicht "Vom nide birgt schöne Gedanken und ist geschickt behandelt. In der Anmerkung theile ich eine längere Stelle Y-> daraus mit und zwar nach A. 57“). Ebenso gelungen muss das Gedicht "Von den die sich vertroestent in **) Ir opfergank ist só kluoc, daz ſie küm von state ſlift, aber fwenne siez velt begrift, dä man dem tiuvel dienen tuot und den bal in übermuot einz dem andern wirft und git, ſö ſpringt ſie zweier klafter wit' u. s. w. ”) "Ob ich gieng von einer ſchar und dó sagen müest vür wär, wes sie pflägen in dem gemach, ſó waer daz der wärheit ſach, ob ich ſpraech: ſie ſterbent al'. Saech ichs halt in vreuden ſchal, dannoch waer diu wärest nöt, ob ich ſpraech: ſie ligent töt'. . . Naht und tac daz iſt der töt, der uns allen wider böt. Där umb ſwer mich ſagen baet, waz diu werlt gemeinclich taet, ſó waere an dem meisten wär, ob ich ſpraech: ſie ſterbent gar'. . . Unser leben ist minner, mèr, als der ſich verloufet ſèr in eim walde und gät in wän, daz er nindert weiz dä van. Hät er gelük, er trift daz zil, minner, mèr ist unserm ſpil. Wir hän al gèn himel muot, und doch nieman wizzen tuot mit der wärheit, zwivels vr, wä er in dem walde ſi; ob er fi in gotes zorn, ode dem himelriche erkorn, unz der lip die sèle üf git. Sö ist si komen üf die wit üz dem walt der menſcheit und ſiht nu al ir arbeit, daz ſie niht mèr gët näch wän. Rehte als diser waltman vür die wärheit weiz die buoz, daz er üz dem walde muoz, aber wä, wie und wan, des erkent er niht unz dan, daz der walt ein ende hät' u. s. w. «- ”) Ez taget lang und nahtet drät. Wan der tac nu üf gät, dannoch istz ein langiu zit, é daz lieht wirtsó wit, daz man wol gesehen kan. Wan diu sunne ist undergän, só. ist ez naht in einer il. Alsö ist des menſchen zil zuo dem grap und wahset lanc, è er gewehset zuo dem gane, alsö ein menſche wesen sol, den diu werlt hät vür vol. Ez ist nöt und arbeit, é daz man üf werdekeit wirt derzogen und volbräht. Wenne er dan von siner maht kéret und nimt wider ab, sö ist er gähens alt und grab, daz er magert und erblindet und ouch michels dräter ſwindet, dan er hät genomen ouf. Alsö ist der werlt louf. Ieglich dine zuo siner ſtat louft her wider zwir só drät, dan ez hät geloufen dan' u. s. w. sº *) Den die wisen habent ſchön, den hazzet ie der ſwachen dön, anders niht dan umb ſin èr. Dem er nie erböt kein ſèr, dem iſt ſin werdekeit ze ſwaer. . . . Nit und èr wart nie geſcheiden. Künic und keisr enkünnen gerechen waz die tumben von in ſprechen in steten, dörfern, im geriute. Dannoch ſint ez biderb liute, ſö die nidaere ſint vertän. Dà von ſwer gemach wil hän, der ſwige ſtil und walt des rehten. Wolt er tumbe rede üzrehten, er müeste al die werlt verkèrn. Wolt er ſich mit gäbe nern, hiet er aller Werlde guot, er möht aller menſchen muot niht ze willen teilen, geben. Al der werlde zwillen leben, ſol ſich niemen nemen an; man ſol die ſwachen waren län und streben näch der wisen gunſt. Die gewinnet man mit lähter kunſt. Swer ſich niuwan ſelben ërt, dä mit hät er an ſich kért der wiſen gunſt än slege, än gäb, daz ſie im diennt mit lp und hab'. Über Heinrich den Teichner. - 15Z A. 9" genannt werden. Nicht minder jenes Von der werlt törheit', C. 259", "Von übermuot', C. 267", eines ohne Titel in A. 214“ u. s. w. An schönen wahrhaft poetischen Gedanken fehlt es allenthalben nicht. So gleich in A. 119" die Äusserung: Gott gebe den Seinen den schönsten Lohn, nämlich, dass sie alle Welt lieb haben müsse. Oder in D. 78“ das Unglück gleiche einem Zaume den Gott den Menschen anlege, um sie zum Guten zu leiten. Durch den Glauben grüne Gott, C. 297". Diese Welt gleiche einem überfrorenen See, Niemand wisse wo ihm die trügerische Decke unter den Füssen einbrechen werde, Lassbergs Lieder- saal 3, 291. Ein plötzlich Reichgewordener gleiche einem Kürbisse, der schnell anschwelle, alles um sich aussauge und ebenso schnell wieder nach dem ersten Reife dahin schwinde, A. 207“, u. s.w. Eine schöne Stelle aus dem Gedichte: Von gewalticheit verweise ich in die Anmerkung, und zwar aus A. 1”). Doch diese Beispiele und Hinweisungen mögen vor der Hand genügen als schwache Belege für die Geschicklichkeit Teichners, genauere Einsicht kann nur in den Werken selbst gewonnen werden, und wird sich zum Theile auch aus den in den Anmerkungen mitgetheilten Stellen festigen lassen. Damit nun den Lichtstellen die Schattenseiten nicht fehlen, will ich auch auf einiges Misslungene hindeuten. V - « Durch unpassenden, werworrenen und gänzlich unpoetischen Stoff zeichnen sich aus die Gedichte “Von der vrowe, A. 90", "Daz niemen sol verzagen, A. 98", "Daz die richen den armen vil unreht tuont', A. 164", "Wie ein kneht sol urloup nemen', A. 164"; dann die läppischen Gedichte A. 208 bis 21 1", in welchen des Breiten erzählt wird, wann der Teufel zur Ader lasse? Antwort: im Fasching; wann er ins Bad gehe?" Antwort: am Fasching-Montag; wann er am zornigsten sei? Antwort: in der ersten Fasten- woche. Ähnliche Missgriffe in der Wahl des Stoffes bieten auch die Gedichte C. 141" Ob der tötze vliehen si?', A. 156“ Von der sèle, und gleich nach diesem ein zweites mit derselben Überschrift. Bei manchen dieser Stoffe begreift man wirklich nicht, wie ein sonst nicht unbegabter Dichter sich so Jämmer- liches, ja manchmal sich von selbst Verstehendes zum Stoffe wählen konnte. Am Misslingen anderer Gedichte trägt weniger der Stoff Schuld, als die verfehlte Behandlungsart desselben. So bei dem Gedichte A. 99“ Von der wert, dann bei jenem: "Von unser vrowen geſchepf, A. 99“, das von unpassenden, höchst materiellen Vergleichen wimmelt und im Ganzen verworren und unnatürlich genannt werden muss. Ebenso A. 198“ Wie man den tiuvel angesigt, in welchem ein Mönch mit einem Esel verglichen wird und behauptet, man müsse hier für einen Narren gelten, wolle man jenseits ein Weiser sein. Das Gedicht: Von unser Vrowen vürganc, B. 211“, ergeht sich unerquicklich in endlosem Gereime über die unbefleckte Empfängniss Mariä, mit müssigen Vermuthungen und Grübeleien abwechselnd. Das Gedicht "Von Lucifers val', A. 48“, entbehrt jedes Planes und behandelt etwas von der Überschrift völlig Verschiedenes. Sehr matt und läppisch sind auch die Gedichte Von üblen wiben', A. 50"; Vontugenden', A. 51“; Von zuht, A. 53“. In einem anderen Gedichte, A. 58“, wird unpassend gezeigt, Gott habe durch die niuwe é die alte widerrufen, wie man Münzen widerrufe, und dieser ganz materielle Vergleich des Breiten durchgeführt. Ebenso unpassend muss der Vergleich genannt werden, mit dem das Gedicht "Von unserem herren', A. 44“, sich abmüht, zwischen jenem Kaiser der sich todt stellte und auf diese Weise jene kennen lernen wollte, die ihn lieb haben oder nicht, und dem Heilande, der auch nur scheinbar gestorben sei und jetzt jene erkenne, die ihn wahrhaft liebten oder nicht. Doch genug von diesen Sünden, die durch eine grosse Zahl besserer Gedichte reichlich auf- gewogen werden. Die Lectüre Teichners wird durch diese Missgriffe und namentlich durch seine ”) Ez muoz diu wärheit vür ſich gän. Swer die rösen grifet an, sol ſich vor den dornen hüeten. Alsö ist bi gotes güete gerehtikeit ein ſcharpfer dorn. Man sol würhten gotes zorn, niemèr ſünden üf ſin güet. Wir süln die wil der anger blüet bluomen brechen unde bouwen, wel wir Vruht näch arbeit ſchouwen, die wile uns wert der genäden zit, daz uns got ze vinden git daz himelrich in walt, üf ſträzen. Wand er niemen wil verläzen, die in fuochent, klein und gröz, und ſich tuont der ſünden blöz'. Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. 20 154 Th. G. v. Karajan. vorwiegende Neigung überall zu ermahnen und zu predigen freilich stellenweise sehr peinlich, aber von der anderen Seite muss auch das zu seiner Ehre angeführt werden, dass er überall auf eigenen Füssen geht, nicht wie die Verfasser jener unsäglich langweiligen Rittergedichte der späteren Zeit nur mit Schablonen arbeitet und am Ende doch überall wirkliche Zustände der Welt und seiner Zeit zur Unterlage seiner Ermahnungen und Schilderungen nimmt. Sie werden dadurch für immer geschichtlichen Werth in Anspruch nehmen können, wenn auch ihre poetische und namentlich ästhetische Bedeutung hie und da gering, ja geradezu gleich Null sein sollte. Um auch Einiges über die Form der Dichtungen Heinrichs zu sagen, halte ich Folgendes zu erwähnen für nöthig. . a In metrischer Beziehung sind sie durchwegs alle gleich geformt. Da er kein einziges seiner Gedichte, wenigstens so viel davon mir bekannt wurde, zum gesungenen Vortrage bestimmte, so zeigt sich auch nirgends ein Strophenbau. Er verwendet überall nur die gewöhnlichen Reimpaare mit viermal gehobenen stumpfen, dreimal gehobenen klingenden Zeilen. Ausnahmsweise, aber nicht selten, begegnen auch klingende Reimzeilen von vier Hebungen. Zeilen ohne Auftact sind bei ihm häufig, wesshalb man so oft vom trochäischen Versmasse Teichners liest. Dieser Ausdruck ist in doppelter Beziehung unrichtig. Einmal weil die Bezeichnung antiker Versmasse für unsere deutschen Verse, die nach einem ganz anderen Gesetze gemessen sind, überhaupt unpassend ist, dann aber weil man mit diesem trochäischen Versmasse, wollte man auch den Namen hingehen lassen, für Teichner nicht ausreicht, ausser man würde zugeben, dass die jambisch gemessenen Zeilen, wie eine Menge anderer in denen zweisylbiger Auftact offenbar vorhanden ist, was man aus den darauf gereimten Zeilen ohne denselben erkennen kann, den trochäischen das Gleichgewicht halten, ja in vielen Gedichten sie bei weitem an Zahl übertreffen. Der trochäische Vers wäre aber dann sehr liederlich eingehalten und es liegt näher anzunehmen, dass Heinrich stellenweise nur den Auf- tact nicht für nothwendig hielt, was er auch wirklich nicht ist. Ein Gedicht: Von den ſehenden blinden, in A. 84“, hat Heinrich ausnahmsweise durchgehends in dreimal gehobenen stumpfen Reimzeilen gedichtet. Die Verszahl der einzelnen Sprüche ist sehr verschieden und wechselt von etlichen zwanzig Zeilen bis über ein paar Tausend. Im Durchschnitte zählen sie aber zweihundert Zeilen. Die meisten Gedichte beginnen in der Form eines erzählenden Gespräches. Teichner berichtet nämlich sehr oft, dieser oder jener habe an ihn folgende Frage gestellt. Die Frage gibt ihm dann Veranlassung zu den mannigfachsten Erörterungen und Entgegnungen. Mit solchen Frageformeln, die für Teichner geradezu charakteristisch genannt werden müssen, beginnen unter den mir bekannt gewordenen sieben- hundert sechs Gedichten 164, also beiläufig ein Viertheil. Die Bitte um Belehrung kommt aber auch häufig statt am Anfange der Gedichte in der Mitte derselben vor, so in mehr als einem Dutzend Von Sprüchen, oder wird auf mannigfache Weise umschrieben, wie in C. 123“, C. 83“ u. s. w. Diese Form nähert sich dem Streitgedichte oder der Tenzone. Ein förmliches Gedicht aber dieser Art ist jenes mit der Überschrift: daz got in allen sachen si', in welchem sich Teichner einem loyeus gegenüber denkt, den er 'meister nennt und dessen Einwendungen gegen den Satz, dass Gott allgegenwärtig sei, er zu wider- legen sucht. Es steht in der Handschrift A. auf Blatt 150° ff. » Die übrigen Gedichte Teichners, mit Ausschluss der blos religiösen, nähern sich der Form der Stricke- rischen bispel', ohne sie an Zierlichkeit der Darstellung überhaupt oder an Gewandtheit der Wechselrede zu erreichen. Jene Gedichte dagegen, welche die Schilderung der Sitten seiner Zeit sich vorwiegend zum Gegenstande nehmen, gemahnen am meisten an Seifried Helblings Satyren und Klagen, ohne sie in Bezug auf politische Einsicht und reges Vaterlandsgefühl zu erreichen. Teichner war mehr Moralist, Seifried mehr Publicist, wenn man dieses moderne Wort auf einen Schriftsteller des Mittel- alters, der ein eifriger Verfechter landschaftlicher Interessen war, anwenden darf, da ein solcher von dem Über Heinrich den Teichner. - « 155 kosmo-politischen Höhenpuncte eines heutigen Publicisten keine Ahnung hatte, so wenig wie dieser eine von der praktischen Nüchternheit Seifrieds oder Ähnlicher. Teichners Gedichte sind uns in dreizehn Handschriften überliefert. Fünf davon liegen zu Wien; ferner je eine zu München, zu Prag, zu Gotha, zu Heidelberg, zu Mörsburg am Bodensee, zu Berlin und Leipzig; endlich zwei Blätter der einzigen bisher bekannten Pergamenthandschrift zu Petersburg. Davon gehören zwei Wiener und die Münchener Handschrift, so wie die Petersburger Bruchstücke noch entschieden dem vierzehnten Jahrhunderte an. Keine der älteren Handschriften ist aber eigentlich gut zu nennen. Die beiden Wiener sind wenig sorgfältige Abschriften, während die Münchener die sprachlichen Eigenthümlichkeiten der Heimat ihres Schreibers, wahrscheinlich eines Augsburgers, überall zur Schau trägt. Die Petersburger Bruchstücke leiden an einem ähnlichen Gebrechen und sind zudem gar zu lückenhaft. Die übrigen Hand- schriften sind nicht besser als die meisten ihrer Zeit. Der Bequemlichkeit wegen stelle ich in der Anmer- kung die näheren Nachweisungen über alle dreizehn Handschriften zusammen, die ich der leichteren Berufung wegen mit den Buchstaben A – N bezeichnet habe“). Mir ist nicht unwahrscheinlich, dass die beiden Handschriften A und C dem Autographon Teichners mittelbar verwandt seien. Zu dieser Annahme bestimmt mich folgende Wahrnehmung. Es zeigt sich nämlich eine gewisse natürliche Folge einzelner Gedichte in ihnen, die keine absichtliche und nach Vollendung aller bewerkstelligte sein kann, weil sonst gewiss alle Gedichte verwandten Inhaltes an einander gereiht worden wären, was nicht der Fall ist. Dies lässt schliessen, dass den Schreibern von A und C wahrscheinlich eine Vorlage diente, welche noch die chronologische Ordnung der Entstehung der einzelnen Gedichte bewahrte. Daher die Folge der verschiedenen Sprüche über denselben Gegenstand, nach gewissen sich zuweilen wiederholenden Gruppen, auf den Versuch hinweisen wird, denselben Stoff verschiedenartig zu behandeln, was in einem Handexemplare, in welches Teichner die einzelnen Gedichte nach ihrer Entstehung eintrug, sich natürlich gerade auf die beobachtete Weise musste erkennen lassen. Aber auch die Gedichte verschiedenen Inhaltes zeigen hie und da eine gewisse Folge nach der Zeit ihrer Entstehung, wenigstens finden sich in ihnen Übergänge von Gedanken aus einem Gedichte in das nächste, mit etwas geänderter Auffassung, während sich nirgends eine Berufung auf ein folgendes Gedicht zeigt, sondern immer nur auf das unmittelbar vorhergehende. Ich will dies durch einige Beispiele belegen. So findet sich ein offenbares Hinübergehen der Gedanken von einem Gedichte in das oder die zunächst folgenden bei den nachstehenden. Aus dem Gedichte: Von dem herbste', A. 105“, nach dem unmittelbar darauffolgenden Von der büren kriec, A. 106“, und "Von dem heiligen geiste', A. 106"; aus jenem Von gedultikeit', A. 107", nach jenem Von boeser rede', A. 108, und Von schelten, A. 108"; aus jenem Von kerrinern', A. 109", nach jenem Vom vicari', A. 1 10“; aus jenem Daz got den menschen mit manegen ſachen bekért, A. 112“, °°) A. Wien. Neue Numer 2901, sonst Recens. 2074. Papier, XIV. Jahrhundert, Fol., 246 Blätter. 39 39 93 2819 3 39 23 2075. 99 XIV. 99 39 235 33 2y 33 33 - 2848 9 33 39 3013 29 XV. 92 3) 299 99 33 33 2880 9 93 93 3058. 39 XV. 39 99 174 39 . München. Cod. germ. Numer 574. Papier, XIV. Jahrhundert, Fol., 85 Blätter. Aretins Beiträge 9, 1079–86. . Gotha. Ch. B. Numer 271. Papier, XIV.–XV. Jahrhundert. Jacobs und Uckerts Beiträge II, 2, 312 ff. . Mörsburg am Bodensee. Im Besitze des Freiherrn v. Lassberg. Papier, XIV. Jahrhundert, 49 Abgedruckt in dessen Liedersaal. . Heidelberg. Cod. pal. 384. Papier, XV. Jahrhundert, 49 Berlin. Ms. germ. q. 361. Papier, XV. Jahrhundert, 89 Aretins Beiträge 9, 1079. . Leipzig, im J. 1855 bei T. 0. Weigel. Papier, XV. Jahrhundert,4% 284 Blätter. Auf diesen unter Anderem auch 40 Gedichte Teichners. . Prag. Böhm. Museum. Numer 325. Papier, XV. Jahrhundert, Fol., in Klara Hätzlerins Liederbuch. Ausgabe von K. Haltaus in der Basseschen Sammlung, Bd. 8. «- d « M. Petersburg, Kaiserl. Bibliothek. Pergament, XV. Jahrhundert, 8°: 2 Blätter. Abgedruckt in Rud. Minzloff, Die altdeutschen Handschriften der kaiserl. Bibliothek zu St. Petersburg. St. Petersburg 1853. 89: S. 27–30. « N. Wien. Hofbibliothek. Papier, XV. Jahrhundert, 129 33 Blätter. 20 * 156 Th. G. v. Karajan. nach jenem “Von miteliden', A. 113"; aus jenem Von der phaffen bihte, A. 133“, nach jenem Von kirchvarten', A. 134“; aus jenem "Von der séle, A. 153“, nach jenem Von engeln', A. 154“; aus jenem “Von der sèle, A. 157“, nach jenem Von gotes gewalt, A. 157“. Ebenso durch denselben Gedanken stellenweise verbunden zeigen sich die Gedichte auf Blatt A. 173“ ohne Titel mit den beiden darauf folgenden: Daz got schult si, daz die liute gein helle warnt, A. 173" und 174“ ebenfalls ohne Titel. Auf gleiche Weise sind verkettet die Gedichte: Warumb maneger wénic lachet', A. 196“, mit Von des tiufels kamph, A. 196", und "Wie man dem tiufel an gesiget', A. 197"; das Gedicht: "Daz man trüren mit vreude mische, A. 187", mit jenem Von ſagºeren', A. 188"; Waz daz aller sterckist si', A. 188“, mit Den sin eigen guot besitzet, A. 188"; Daz gehörsam nütze si', A. 204“, mit Daz man got niht sträfen sol', A. 205"; Wie got die liute ziuhet, A. 213“, mit dem darauf folgenden Gedichte ohne Überschrift auf Bl. 214" und dem nächst folgenden auf Bl. 215“, ebenfalls ohne Überschrift, u. s. f. Sogar gewisse Worte und Wortformen kehren plötzlich in sich folgenden Gedichten ungewöhnlich oft wieder, während sie nach einiger Zeit vergessen oder nicht mehr angewandt werden. Durch solche äussere Dinge verbunden erscheinen die Gedichte auf den Blättern A. 173", 174 und 175', auf 228 und 230". Der Durchgang derselben Gedanken durch mehrere sich folgende Gedichte lässt sich ebenso wie in der Handschrift A auch in C beobachten. Z. B. in den Gedichten: Daz man die buoze niht sol inz alter ſparn', C. 263"; Von der wert louf, C. 264" und C. 265, 277"; Von ſchalkheit, C. 278"; Von dem faschang, C. 214“; Von ſchoenen höchvertigen wiben', C. 217“, und Von den kurzen rocken', C. 219“ u. s. w. Die übrigen oben erwähnten Merkmale müssen als auch für diese Handschrift geltend ange- nommen werden, so dass auch zwischen ihr und Teichners Autographon wenigstens mittelbare Beziehungen werden anzunehmen sein. Der Abschreiber dieser Handschrift war übrigens ein ungleich sorgfältigerer als jener von A, obwohl er dem fünfzehnten Jahrhunderte angehört, während A noch in die Lebenszeit Teichners zu fallen scheint. - So viel mag für unsere Untersuchung über die Werke Teichners und ihre Überlieferung vorerst genügen. Es erübrigt nur noch zum Schlusse unserer Betrachtungen, nachdem wir uns bisher über- wiegend mit dem Dichter an sich, seiner Bildung und ihrem Ergebnisse, seinem Stande und seiner Thätig- keit beschäftigt haben, zur Darstellung seines Verhältnisses zur Aussenwelt überzugehen. Es wird uns dies zu gleicher Zeit ein Bild seiner Tage, ein Gemälde der sittlichen Zustände seiner Zeit gewähren, natürlich nur in dem Lichte und dem Rahmen, den seine Persönlichkeit ihm verlieh und verleihen konnte. Aber als die Stimme eines scharf beobachtenden Zeitgenossen werden diese Äusserungen ihren Werth für immer behalten. Ich will bei der Darstellung dieser Verhältnisse folgenden Gang einhalten. Voran stelle ich einige Äusserungen Teichners, welche sich mehr auf seine nächste Umgebung, auf bittere Erfahrungen zu beziehen scheinen, die er in dieser zu machen Gelegenheit fand. Hierauf werde ich alles zusammenstellen, was er über einzelne Stände der staatlichen Gesellschaft äussert und endlich zuletzt die allgemeinen Bemerkungen über seine Zeit, ihren geistigen und sittlichen Charakter folgen lassen. Das Gemälde wird im Ganzen einen nichts weniger als erfreulichen Eindruck hervorrufen und muss natürlich, will man gerecht sein, der subjec- tiven Färbung entkleidet werden, die unwillkürlich, auch bei dem edelsten Bestreben nach Wahrheit, sich geltend macht. Ich brauche übrigens wohl nicht zu bemerken, dass die überwiegende Mehrzahl des Gerügten in der von Teichner durchlebten Zeit nur zu gerechte Begründung fand. Von der Treue sprechend ruft Heinrich bitter aus: Wer sie doch zu finden wüsste! Niemand weiss es, und ich stosse überall nur auf verkappte List. Wo ich Treue erwarte und freundliches Lächeln mir entgegenkommt, da muss ich in Sorgen sein. Mancher gibt mir einen guten Morgen der mich lieber Über Heinrich den Teichner. 157 begraben sähe. Wo ich mir Thau erwarte fällt ein Hagel auf mich herab. Vorne das Anlitz einer Jungfrau, hinten der Schwanz einer Schlange, das ist das Bild der Welt! A. 40°” der beste Freund (Verwandte) sei, da spricht er: "Der Pfennig, den mag man hoch halten, gleich seinen Vater, denn er bewährt sich auch überall', A. 222“). Nur Undank sei aller Enden zu finden. Helfe man einem mit einer dargestreckten Summe aus der Noth, so verheisse er alles mögliche und halte nichts. Wer sich Missmuth und zu späte Reue ersparen wolle, der gebe nichts um Versicherungen und Verschreibungen. Das Pfand in der einen Hand, das Geld in der anderen, nur so sei den Leuten zu trauen' u. s. w., A. 209“; vergl. A. 144“). Er beklagt es in dem Gedichte: Die alte und neue Welt', in Lassbergs Liedersaal 1, 457, bitter, dass sein Zutrauen zu den Menschen so gesunken sei, doch daran trage nicht er, sondern die vielen Täuschungen Schuld, die er erfahren habe. Selbst die nächsten Bluts- ). Und als ihn einer frägt wer verwandten seien im Eigennutze befangen, und lauerten nur auf den Tod derjenigen, von denen sie zu erben hätten, A. 12”). Wolle einer etwas für sein Seelenheil thun, so verlasse er sich ja nicht auf Verwandte oder Kinder, Lassbergs Liedersaal 3, 435, Z. 86 ff. Man komme nach und nach dahin, dass man sich auf sich selbst beschränke, denn die man gute Gesellen nenne, die brächten wenig Gutes zur Schau, A. 186”). Man thäte am Besten, sich so wenig als möglich um das Gerede der Leute zu kümmern, A. 126“, A. 57” und 58“). Wer verhüten wolle, dass ihn die Leute nicht beneiden, der müsse ein Bettler werden, sich in Leinen kleiden und unter die Stiege legen, denn wer nach irgend einer Auszeichnung strebe, werde begeifert, A. 228“) und A. 37“). Das Gerede über die Kunst sei ebenso thöricht und könnte einem alles verleiden. Trage einer etwas vor, so verstünden es die Leute nicht und tadelten doch. Das ”) Der si (die triuwe) niuwan winden kund! Sóweiz niemen wä ſie iſt, ich winde meiſteil valſchen lift. Dä ich triwen mich versan und mich lieplich lachet an, vor den muoz ich mich beſorgen. Mir git maneger guoten morgen, der mich lieber ſaech begraben. Daz ich vür ein tou wil haben, dazwirt mir vil oft ein hagel. Juncvroun blik und fangen zagel, alsö iſt diu werlt geſtalt'. ”) Einer vräget mich der maer: wer der beſte vriunt waer, den der menſch gehaben kan? Dó ſprach ich: Näch minem wän ſó weiz ich under allen mägn bezzers niht, torst ichz geſagen, dan den pfenninc. Swer den hät, der iſt wert an aller ſtat, wie ein vater fin genant'. . .“Swer in hät, der hät ouch èr, waerr ein jude und gienge am ſtabe. Dä von niemen wunder habe, daz man pfenninc gerne hät'. ”) Ieder man ſich baz erzeiget ze geheizen, dan gewern. Dä von ſwer nu welle enbern ungemuot und afterriu, der nem guotiu pfant vür triu und vür brief alsziezuo ſtät'. . .“Nu besorg ich bi dem wander, dazz noch üf den weg gediht, daz dem andern niemen liht und ouch bürgelſchaft verſpricht. ... Ez ist allez mit gevaer. Ich weiz niht daz bezzer waer, als diu werlt nu iſt bekant: gib du mir in eine hant und là dir in die ander geben', dä hiet niemen trüebsal neben. Aver brief und bürgelſchaft, fwer ſich dä mit tuot behaft, der muoz sunder gelücke hän, ob er än ſchaden kumt dar van und än gröz herzen ſwaer. Alſö ſprach der Tichnaer'. ”) Alsö wirt der menſch verwidert, wan inz alter hät genidert, daz sin niemen mèr geniuzet. Siniukint sint halt verdriuzet, durch der willn er vruo und ſpät üflip, üfsèle genomen hät. Diu ſprechent dan: der arm man, daz der niht gesterben kan! Wie lanc sol er daz hüs verrünen?" Wan daz geſchiht von finen ſünen, ſó ist daz niht wunderhaft, ob fin giht diu lantschaft: “ez waere gar ein nützer töt, der den menſchen ſchid vom bröt'. Alsö ist ir aller klae, daz er niht gesterben mac. Sin wip diu schriet wäfen üf den töt! Er si entſläfen, daz ern niht welle beſtän und nem doch manegen biderben man, der der werlt nützer waer'. m ”) Der niur ſtille geſwigen kund und liez reden üf und abe, ez gerou in nimmer fit. An der tören ſpot niht lit, sö wirz rehte bedenken wellen. Die man heizet guot gesellen, die legent wénic guotes wür'. ”) An die trahtung sich niemen kèr. Begé ein man wes er hab èr und wä mit er die sèle bewar, dem gé er näch und ahte ein här waz diu werlt betrahten kan. Swer imz lätze herzen gän, der wirt nimmer wol gemuot. Só er ie mèr dä wider tuot, só ez ie witer kumt ze maer. Alsó ſprach der Tichnaer'. 'Ieder man trip sin behagen und läzüfund nider sagen'. ”) Swer ſich des wil machen vr und ſich von dem nide entslahen, der gé niur in einer plahen undr ein ſtieg und leg sich nider, sö benit in niemen sider: aber wil er in ëren ſtreben, er wirt nidens niht begeben. Só er ie höhr in éren gät, só er ie groezer nider hät'. *) Wan ein man tuot übel und guot, swer daz guot dan under tuot und daz übel bringt ze blik, dä érkent man nides pik. Redent drizec einem wol, só ist einer nides vol. Daz erzeigt ſich al zehant und ſpricht: "Ir habt im niht erkant als ich in mit ſiner tät. Er ist niht viſch unz an den grät!' Daz macht in boes wie guot er si. Dä sol man erkennen bivalſchen muot und nidekeit. Ein getriwer man mir kleit: "Ich leb in grözes nides pfliht!' Dó ſprach ich: Wiltu des niht, só tuo dich niur der ëren abe und gé beteln mit dem ſtabe, só nit dich niemen vür daz zil. Swer in èren ſtigen wil, der wirt nides niht erlän, ein ieglich ambt muoz nider hän. Ein ritter treit dem andern haz wan im ſtät ſin mantel baz. Vrowen ſint ouch nides vol, hät man ein vür d’ander wol. Ein ſchuoſter finen gesellen nit, ob er anders mèr zesnit. Swer dem al wil an gesigen und mit êren ob geligen, dä weiz ich niht bezzers bi, dan daz er gedultec fi und läz der rehtekeit niht abe. Got er in ſinem herzen habe und geb umb nider niht ein kol'. Wº 158 Th. G. v. Karajan. sei so wie mit jenem Narren, der zwei Ritter einen Habicht loben hörte, hinging, ihn verzehrte, dann aber die Zähe desselben tadelte, A. 128“). «- V«. Er wisse recht gut, dass man Jedermann freundlich behandeln solle, dass Theilnahme alle Leiden erleichtere, A. 126“”), er aber für seinen Theil sei dahin gekommen, dass er die Leute mit gleicher Münze bezahle, dass er stolzes Begegnen mit Stolz erwidere, genau den Plunder um den anderen gebe, den jener ihn werth halte, A. 24“). Über die verschiedenen Stände seiner Zeit und Umgebung äussert Teichner im Allgemeinen, er halte es für nöthig, dass eine schärfere Sonderung derselben auch in der äusseren Erscheinung statthabe, und beantragt geradezu eine Kleiderordnung. Das sei wichtiger als man meine, denn mancher hätte durch sein sich vordrängen den Himmel verloren und auch hier sich zu Grunde gerichtet, A. 28*). Gehe der Bauer am Pfluge, so adle ihn das und erhalte ihn, masse er sich aber höfische Sitte an, so werde er hoffärtig und gehe zu Grunde, E. 41“, Col. b”). Zur Beurtheilung der Verhältnisse des geistlichen Standes seiner Zeit findet sich in Teichners Dichtungen eine ergiebige Ausbeute. Denn nimmt er auch denselben, was ganz zu seinem sonstigen über- wiegend religiösen Sinne stimmt, mit warmer Theilnahme in Schutz, so ist er doch wieder von der anderen Seite ein so entschiedener Freund der Wahrheit und ein so strenger, sittlicher Richter, dass er, wenn auch bedauerd und in hohem Grade verletzt, ja erbittert, die damaligen Gebrechen des von ihm so hoch gehaltenen Standes ohne Bedenken rügt. Wiederholt warnt er aber, und dies kann seiner Einsicht und Billigkeit nur zur Ehre gereichen, die Person nicht mit der Würde zu vermengen, und nimmt dasselbe Recht auch für die Träger weltlicher Würden in Anspruch, A. 205**). Der Durchführung dieses Gedankens für den geistlichen Stand hat er ein eigenes Gedicht gewidmet, welches ohne Überschrift in der Handschrift A. auf Blatt 81“ und 81“ steht, und bemerkt zum Schutze der Geistlichen an einem anderen Orte, A. 82“, man möge doch stets bedenken, dass der Priester Tag und Nacht zum Dienste der Laien bereit und dass mancher nur desshalb auf jene übel zu sprechen sei, weil er Zehent und Opfergut für sich haben wolle”). Man sage den Geistlichen, berichtet er A. 82“, alles üble nach. Hat einer einmal etwas Unpassendes gesagt, so wird es wochenlange wieder erzählt; was er gutes gesprochen, um das ***) Daz ist rehte ze glicher wis, der niht kunst kan verstän und er hoert von einem man, der kluoger kunst wirt gezigen, só wil er nimmer mé geligen, er wil hoeren sinen sin. Ob dan jener kumt dä hin, só verstët er niht daran und giht er si ein gumpelman und man hab in an gelogen. Alsó wirt diu kunst betrogen, diu man tumben liuten seit. Diu ist rehte gelicher heit, als dem habech dort geschach, der sin leben vlöz dar näch, daz in die ritter hiezen guot, dó verstuont des tören muot, daz er ein guot prin waer. Daz ist gar ein verlornez maer, der im heizet ſingen, ſagen, und wil selp niht ſtille dagen. Daz ist weder diz noch daz' u. s. w. *") "Nu seht ir wol ein mostvaz, dem ist guot daz man drin ſtichet, alsö ist (wer ſich beſprichet mit guotem vriunt in ungemach, im wirt dester baz her näch. Wan man teilt ein bürde ze drin und git iedem man daz sin, ez ist in allen ſenfter tragen'. ”) Só gar lützel vliust er dran, der im niht rede laet erbarmen, sö man grüezen sol die armen. Bi mir selp ich wol verstän, mich grüezet oft ein zühtic man, der betwingt mit ſinem gruoz, daz ich von im göuden muoz. Der mir niht geben hät und gebläet vür mich gät, vür den gén ich ouch geblät und gib umb in die selben grät, die er waenet umb mich geben. Wolt der keiser in höchvart leben, äne gruoz, er würde unmaere. Só der man ie hoeher waere, so ie baz sold er sich nider hän, dä mit kaem sin lop hin dan. Swer höch wint den kragen, ſöwirt vil sins lobs verdagen'. *) Daz man einen orden satzt, daz niemen vür den andern tratzt, daz man ordnet mit gewant, iedem menſchen näch ſim bant. Daz eins ritters vrouwe trüege, daz ir èren wol genüege, und ein burgrin daz ir zaem, und daz niemen vürbaz kaem. Und gebüt daz vesticlich, só kaem manec inz himelrich, der ſust kumt in helle pin und muoz ouch sust verdorben ſin'. ”) Wan ein gebüre habet den pfluoc, daz iſt adelic genuoc, dä wirt er ouch behalten mit. Aber wil er hofsit an sich nemen für den gart, só belibt er niht an finer art, er hät höchvertlich getän'. ”) Man sol daz niht ſehen an, ob die gebieter sündic sin, dannoch sol ich tuon daz min, daz man mir gebiut von reht. Aller gewalt ist gotes kneht, er si boese oder guot'. *) Phaffen ſint der leien kneht, müezn in al zit sin gereht, naht und tac, ſwan sie gebieten. Dä von sol man si billich mieten'. . . Maneger giht der phaffen leben si mit törheit übergeben, dä von wil erz selber hän waz die phaffen gehoeret an, zehentgarb und opferguot. Triwn der hät niht wisen muot u. s. w. «. Über Heinrich den Teichner. 159 kümmere sich niemand und doch sei die Lehre der Geistlichen noch das einzige Mittel, um aus der sittlich so gesunkenen Zeit zur Seeligkeit zu gelangen“). Folgte man nur ehrlich ihrer Lehre! A. 43“). Die Würde des Priesters sei eine erhabene, er sei nur selbst Schuld, wenn seine Person nicht geachtet werde, wer sie zu wahren wisse, geniesse auch Ansehen und verdiene es, A. 80*). Teichner nennt einigemale seine Zeit ungerecht gegen den geistlichen Stand. Ein jeder Laie, bemerkt er A. 207“, greife mit Begier nach geistlichem Gute, selbst Juden seien an manchen Orten mehr geschützt vor willkürlichem Eingriffe als die Geistlichen“). Die Folge davon sei, dass sie sich selbst Schutz zu schaffen suchten, bewaffnet einher gingen. Die Ritter, die sie schützen sollten, fielen selbst in ihre Besitzungen ein. Ebenda“). Grosser Herren Diener würden geachtet wo sie nur hinkämen; nenne sich dagegen einer einen Diener Gottes, so mag er sich zur Thüre setzen, tadelt Teichner A. 241“, und erzählt an einem anderen Orte, E. 47“, Col. a, es gebe für die Leute kein grösseres Vergnügen, als wenn einer über Geistliche und Nonnen recht Ärgerliches zu erzählen wisse”). Nichtsdestoweniger tadelte Teichner aber auch was ihm an den Geistlichen seiner Zeit tadelnswerth erschien. So, um zuerst mit den Weltgeistlichen zu beginnen, klagt er über die Bestechlichkeit der Bischöfe bei Verleihung von Pfründen, indem er eine äusserst anstössige Geschichte zum Besten gibt, in A. 108“, und im nächsten Gedichte, Bl. 109", mit scharfem Worte missbilligt, dass der Priester sich mehr um die Einkünfte seiner Pfründe, als um die Seelen seiner Pfarrkinder zu thun mache, unbekümmert wie es den Schaafen gehe, wenn ihm nur die Wolle bleibe, A. 110“. Die Bestechlichkeit der Bischöfe bot ihm ausserdem noch Veranlassung zu einem zweiten Gedichte, mit der Überschrift: Von gitegen geistlichen liuten', das er durch eine komische Erzählung zu würzen suchte. Gleich verhasst ist Heinrich die Geld- jägerei mancher Capelläne an den Höfen hoher Adeliger, deren ganzes Sinnen und Trachten dahin gerichtet sei, recht viel Opfergeld zu gewinnen. Sie suchten jede Fahrt ihrer Herren zu hintertreiben, damit ihnen das Opfergeld nicht entgehe, und ein fahrender Sänger, der auf die Burg ihres Herrn komme, sei ihnen ein Gräuel, weil er durch diesen beschenkt werde, C. 266“ und 266”). Noch erbitterter ist Heinrich über den Missbrauch der mit den Romfahrten und Ablässen getrieben wurde. Habe einer noch so Arges begangen, so fahre er nach Rom und kaufe sich los. Die Armen entbehrten nothwendig dieses Vortheiles und müssten folgerichtig verloren sein, A. 167”). *) Alsó ist al weg ein zweien zwischen phaffen unde leien . . . maneger giht, der phaffen lèr si niht anders wan näch gäb. Der ist niht ein wiser knab. Git man in des libes genist, só gebent sie daz éwic ist. Diu werlt ist in solher sünd, daz niemen zhimel kumen künd, solt der phaffe niht enwesen'. *) Priester lère ist gotes tür, dà durch man ze himel gät. Swer gotes junger welle werden, der volg den priestern hie üferden, die s sint hie an gotes ſtat, ſwer in volget, des wirt rät'. *) Phaffheit diu hät wirden vil, sie lät sich biegen wie man wil. Swers zuo der rehten hant wil kèrn, der lebet hie und dort mit êrn. Swer sich kërt zder tenken hant, der wirt hie und dort geschant. Wie der phaff sich selben handelt, alsö wirt mit im gewandelt, der sich ërt den ërt man ouch'. ”) Sit die leien in memen wellen waz in ir veter hänt gegeben, sich hebet als übelz leben, niur umb nemen allermeist. Só ist phaffenguot verweist. Des begert ein ieglich man, wie erz niur begrifen kan, dazmanz halt für ſünd niht hät. Juden sint an maneger ſtat baz geschermet und gefrit'. ”) Swer den phaffen wolt verbieten, dazs niht ſwert und mezzer hieten, der ſolt ouch verboten hän, daz sie nieman rüeret an, vrävenlich ir lip, ir guot. Aber sit man ähten tuot vrävenlich ir lip, ir hab, só gezaem halt münchen grab, daz sie trüegen ſwert und wäfen, ich geſwig der leienphaffen. Ez ſtèt phaffn unphefflich an, dazmans siht mit ſwerten gän, dannoch wirs dem rittr an ſtät, daz er hengt der missetät, dä man phaffen nimt ir guot, die er haben solt in huot'. ”) Zwén koment in ein lant, hinz eim wirt, wer der waer. Sö waer der eine ein dienaer etwà eins grözen herrn, des pflaeg man än allen werrn und büt imz schön mit aller ſach. Dirre würde gesetzet fwach, der sich gotes dienaer nant. Er müest sitzen bi der want oder verr hin bi der tür' u. s. w. . . . Só ist ir kurzwil aller groest, ſwelher dan daz aller boest von phaffen und von nunnen ſeit, sö lächents al und ſint gemeit und hänt wirde und freud dä mit'. « *) Dannoch ist ein ander mit an dem selben capellän. Kumt dem herrn ein varent man, dem er etewaz geben tuot, sö gedenkt er in sim muot: diser varent man der mac ditz verwüesten einen tac, daz hülf mich ein ganzez jär'. ”) Nu pfligt man anders niht dan vräz, unkiusch, höchvart, boeser dinc; sö git er danne ein phenninc ze einem antläz än ſwär, sö ist er heilic ganz und gar'. º. 160 -- Th. G. v. Karajan. Um den Lebenslauf der Weltgeistlichen, bemerkt er, stünde es nicht viel besser als um jenen der Laien. Sie sollten strenge Keuschheit beobachten, A. 103“, und müssten sich von Ehebrechern und Wucherern desselben Verbrechens anklagen lassen, ohne sich rechtfertigen zu können, C. 68“). Mancher Pfarrer dürfe die sittlichen Gebrechen seiner Pfarrkinder nicht rügen, weil er dann selbst der Sünden des Spiels, der Unkeuschheit und des Wuchers angeklagt würde, C. 69“). Das Übelste an der Sache sei aber noch das Ärgerniss und böse Beispiel, das sie gäben, A. 83', ja die Laien beruften sich sogar zu ihrer Entschuldigung auf den Vorgang der Bischöfe, Prälaten und Pfarrer, A. 80“). Die Geistlichen, klagt Teichner in demselben Gedichte, hätten aber nie noch so leichtfertig gelebt, als eben jetzt. Es könne sie Niemand werth halten, da sie sich selbst durch ihr verwerfliches Leben zum Gespötte machten. Unkeuschheit, Völlerei, ausgelas- sene Reden, Raufen und Stechen in Weinhäusern, das sei ihr Leben. Wenn sie selbst nicht mehr könnten, zahlten sie freche Männer und Weiber, dass sie an ihrer Statt die rohesten Dinge in Worten und Hand- lungen trieben, A. 244**). Sie zögen mit den Rittern in Waffen einher und benähmen sich doch nicht so, wie es sich für edle Ritter gezieme. Auf alten Gemälden sehe man den Priester überall mit einem Buche in der Hand dargestellt. Wenn jetzt einer einen Geistlichen malen sollte nach seinem Treiben, so müsste ihm zur Seite ein Weib erscheinen, in dessen Hand ein Spielbrett, um die Lenden ein Schwert und langes Messer, C. 175**). Auch über die Klostergeistlichen seiner Zeit ist aus den Äusserungen Teichners Manches zu schliessen. Heinrich kannte sehr gut die gewöhnlichen Gebrechen der klösterlichen Gemeinschaft. So warnt er in dem Gedichte Vom här und langen barten', C. 83“, einen der Lust hatte ins Kloster zu gehen, um volle Seelenruhe zu gewinnen, er möge sich nicht täuschen, die Aufregung, die Empfindlichkeit steigere sich nur, wenn man gezwungen sei mit denen zu leben, die einen verletzen. Da werde man nimmer froh. Eher mag einer im Fegefeuer ohne Neid und Aufregung leben, als in einem Kloster. Man gehe in solche nicht, um es da recht gut zu haben, sondern um Busse zu thun“). Die Kutte erleichtere nur den heiligen Wandel, heilig mache sie noch nicht, Lassbergs Liedersaal 3, 278, die Regel auch nicht; nur wenn der heilige Sinn hinzutrete, werde der Zweck der Kutte erreicht, A. 84“). Verdienstlicher sei es aber noch, wenn man ausserhalb des Klosters zu solchem Wandel gelange; denn der Kampf sei dann nur um so schwieriger und verdienstlicher, E. 74“, Col. b und 75“, Col. a und b. *0) Ob er wuochraer legt in ban od ein èbrechaer mit wiben, der ſpricht: her phaffe, làt ez beliben. Tuot ir mich umb ſölhz in ban, war umbe tuot irz ſelber dan? Alsö muoz der phaffe gedagen'. 25) Ein Bauer spricht zum Pfarrherren: Lieber her söweiz ich wol, sit ich allez rüegen sol, ich muoz von ërste iuwer ſchult ſagen und iuwer ungedult. Ir sit der boest mit ſpil, mit wiben. So man dan wuocherer vertriben üz der kirchen mit dem ban, sö müezet ir von ërste dan üz der kirchen haben kér'. z. 25*) Ich ſchilt niht an phaffen mèr, dan daz sie ze fünden lèr gebent mit ir boesen bilden. Swer die fünd niht mac gewilden, tuo doch tougenlich hin dan, daz nieman geboesert werd dä van'. “Wan der tiuvel twingt die phaffen, daz sie tuont nächsiner gier, sö twingt er ouch die leien ſchier u. S. w. **) Nu sint sie selp goukelaer. Ez tribetiezuo niem sóvil boeser wort und buobenspil, als etelich ritter unde phaffen. Swà sie selp niht kunnen ſchaffen mit ſchelten, mit boesem dine, dä gebents gewant und Pfennine boesen man und boesen wiben, daz sie ſchelten, unzuht triben und unsers herren gebot zebrechen'. - 25) Und doch die phaffen frevelhaft tragent mit der ritterschaft ſwert und wäfen ſpät und fruo. Dä sol niemen reden zuo und verstènt doch keinen weg, daz siez tuont in rehter pfleg'. . .“Wägemälet stènt die alten, die von got nu sinterkorn, sö stêtie gemält dà vorn daz er ein buoch hät in der hant. Aber fwer nu an ein want mälen wolt vil manegen phaffen, er wurd wunderlich geschaffen. An der einen ſiten dan müest ein wip gemälet stän und ein ſpilbret in der hant, und ein ſwert umb ſich geſpant. Wä sie tafel, trinkhorn an der fºten truogen vorn, daz hät nü ein ſwert umbgeben und ein Basler lanc dä neben'. 255) Dö ſprach ich: daz lä wol varn, dan du kumstalrèrst in zorn, wan du wirst zuo den gebunden, die dich trüebent ze allen ſtunden, und wirst nimmer wol gemuot”. . . . Alsö hän ich gemachet guot, daz im weizen baz ein man möht án nit, än zorn bestän, dan in klöstern oder ſust. Man vert niht durch wollust in diu klöster, niur durch buoz' u. S. w. 256) Der zün die bluom niht vruhten kan, ez muoz von der wurzen varn. Alsö kan uns niht bewarn klöstermüre, klösterwät. Wan der mensch niht wurzen hät ze gotes minn, ze rehtem sit, er muoz der regel volgen niht. Daz ist anders niht ze loben. Der tiuvel tru0c im himel oben englisch wät und half im niht, dó sin wille Was enwiht'. Über Heinrich den Teichner. 1 61 Von den Äbten bemerkt Teichner sehr bitter, sie seien wie der Nusshäher in der Fabel, der sich alle möglichen bunten Federn zusammengebettelt habe und mit ihnen endlich bekleidet übermüthig ward. Vor der Wahl versprächen sie alles, gewählt erfüllten sie wenig oder nichts, A. 99". Der Streit um Rangverhältnisse sei in den Klöstern ebenso lästig wie ausser ihnen. Es gelangten nämlich Bürgerliche und Adelige in selbe und trotz der principiellen Gleichheit aller, als Brüder und Schwestern, sei doch des Geschimpfes kein Ende. In manchen Klöstern gebe es zudem Regularen, die sich ihres Standes schämten und keine Mönche sein wollten, was wieder Grund zu Klagen liefere, A. 170”). Es zeige sich allenthalben zweierlei Hoffart, bemerkt Teichner an einer anderen Stelle, E. 42“, Col. a und b, eine zu Tage tretende, die in prunkenden Kleidern und äusserem Ansehen überhaupt sich kund gebe, und eine verborgene welche man häufig in Klöstern finde. Sie erzeuge ein Vordrängen über die Genossen und bringe der Seele Schaden, indem sie Hass und Neid in der Gemeinschaft nähre”). In jenem merkwürdigen Gedichte über die geheimen Gesellschaften seiner Zeit, in Lassbergs Lieder- saal 1, 126, klagt Teichner, Zeile 62 ff., dass diese ihre Verbindungen auch bis in die Klöster erstreckt hätten und daselbst den Hader und die Parteiungen mehrten. Das Verhältniss der Klöster zum Rural- Clerus gebe zudem Kampf und Streit genug, namentlich in Bezug auf die Mendicanten. Teichner nimmt dabei die Klöster in Schutz, denn, bemerkt er, die gesammelten Gaben seien ja doch von den Besitzern freiwillig gespendet. Etwas anderes sei es, wenn die Klöster sich Eingriffe in die pfarrlichen Rechte der Weltgeistlichen gestatteten, da seien diese in ihrem Rechte. Die Klöster gäben allerdings auch Almosen, aber mit wenig freudigem Sinne. Hätten die Pfarrherren Noth, so thäten sie gut, sich auch an die Klöster zu halten. Diese würden lieber ihnen etwas zuwenden, als grossen Herren, die ihnen häufig mit ihren Einlagerungen zur Last würden, u. s. w. Mit diesen Verhältnissen beschäftigt sich das Gedicht: "Daz münich und phaffen mit einander kriegent', A. 83" ff. Viel übler noch zu sprechen ist Teichner auf die Nonnenklöster. Die Schilderung, die er in dem Gedichte Von den nunnen', A. 120°, niedergelegt hat, ist nichts weniger als erfreulicher Natur. In ihr erscheinen die Mitglieder solcher Klöster von Leidenschaften ergriffen, die ihrer Regel gerade entgegengesetzt sind. Teichner versucht es auch gar nicht, diesen Zustand irgendwie zu bemänteln, sondern bemerkt im Gegen- theile, die Nonnen seien selbst schuld daran, dass man sich so Übles von ihnen erzähle”). . Nicht besseren Kaufes kommen die weltlichen Stände weg. Die höheren unter ihnen scheinen Teichner besonders gesunken und doch gebühre ihnen kein besonderes Vorrecht. Der sei geadelt', meint er A. 143”), der Armen und Reichen diene, Leib und Gut nicht achte, wo es gilt dem Feinde ”7) Nu sint diu klöster niht behuot vor höchvart und vor übermuot. Burgaere unde edel liut in diu klöster sint gestriut undr einander man und vroun. Dä wirt höchvart vil gebroun. Einr den andern ſmaehen tuot, er si von art niht als guot. Sie suln al geliche sin in gotlicher minne ſchin. Der gote waste dienen kan, ez si vrouwe oder man, der ist der edlist an der ſtat, dä man ſich begeben hät'. . . Ez ist etlich regelaer, derz ie gerne beide waer, geistlich und der werde bi, und schamt ſich daz er münich si. Daz ist ein gröziu missetät. Allez daz dä regel hät, daz ist ouch münch än underscheit'. *) Diu ander höchvart ist verſpart, der vil maneger in klöstern pfligt, daz er niht bedenkt und wigt ſinen ſchaden und ſingevelle. Daz er ſprichet: in der helle belibe er èwiclich verslozzen, è daz er ſinem genozzen wolt ein kleinen haz vergeben. Daz ist daz geistlich höchvart leben'. . . . Aber höchvart der gedank und des hazzes tribt den lip, die hänt münch und alliu wip', . . . daz sie gerne wider sprechent und sich al zit gerne rechent u. s. w. ”) Nu vint man leider seltn ein nunne, sie habe in dem herzen einen. Wan sie solt den salter meinen, só ist anders niht ir aht, dan daz sie ein kleinoet macht und im minnebrief erziugt. Seht obs der tiuvel triugt! Ez sol allez geistlich sin, doch treit mangiu kindelin bi dem selben guoten leben, daz man heizet die begeben und seit boesiumaere van. Dä sint sie selbe schuldic an'. Vergl. Lassbergs Liedersaal 1, 422. °°) Einem Bauern ertheilt Heinrich den Rath: “Welt iriuch an wirden méren und werdn ein rehter edel man, só sit den liuten undertän und dienet aller meneclich, sie sin arm oder rich. Lät iuwer äventiuren varn, ſwä man folgein winden ſcharn, dä sitze vordrist ze aller pfliht. Lip und guot daz wegt als niht dä man pris bejagen tuot. Só sit ir als wirdec und als guot als von art ein edel degen. Welt ir aver sin verlegen und äventiuren datz dem win, sö wirtiu gemachet schin, wer iuwer vater gewesen si' u. s. W. Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. 21 162 . Th. G. v. Karajan. entgegenzutreten". So werde auch ein niedrig Geborener edel', A. 159" und E. 42', Col. a”). Ein körper- licher Unterschied zwischen Adeligen und Nichtadeligen bestünde ja doch nicht, A. 230”); ein König selbst, handle er übel, sei unadelig zu nennen. Es helfe dem unfruchtbaren Baume nichts, sei er von noch so edler Art, man gönne ihm doch den Raum nicht den er unnütz dem Acker entziehe. Auch der Adel der nichts Gutes schaffe verdiene die Nahrung nicht die er verzehre, u. s. w..“). Man sieht in diesen Äusserungen Teichners schon die Wirkungen des immer mehr und mehr sich entwickelnden Städtewesens, in dessen Gefolge die grössere Bedeutung der mittleren Stände sich geltend machte. Dennoch entschuldigte er Manches am Adel, der Stellung wegen die er einnehme. Der Undank, sagt er z. B. C. 28“, der grossen Herren häufig zu Theil werde, verbittere sie und mache sie hartherzig. Sie würden oft geizig genannt, weil sie kein Geld spendeten. Was sie aber ihren Leuten sonst Gutes erwiesen, das werde nicht erwogen, jeder wolle nur Geld haben”). Hohe Herren, bemerkt er an einer anderen Stelle, A. 124“), seien nicht zu beneiden, denn bei grosser Verantwortlichkeit könnten sie doch Niemandem zu Danke leben. Mancher, der seine eigene Habe nicht zu verwalten wisse, meine, er wollte Land und Leute besser in Ordnung halten als die Herren. Nichtsdestoweniger ist aber Teichner auf die Grossen seiner Zeit und Umgebung sehr übel zu sprechen. Er schreibt ihnen mit dürren Worten die allgemeine Verderbniss der Sitten zu. Sie und die Geistlichen gäben das übelste Beispiel, denn sie gingen den Krebsgang, C. 297“). Dadurch nehme der Sinn fürs Gute und Rechte ab, A. 147“. Sie seien der Meinung es genüge, wenn sie ihr Geld mit thörichten Weibern vergeudeten. Daher käme es aber auch, dass keiner ein hohes Alter erreiche und mancher arme Mann zehn Fürsten in seinem Lande erlebe, A. 172“”). W Treue und Wahrheit sei von den Grossen gewichen, klagt Teichner A. 212“, drum hielten sie auch schlechte Gerichte, vor denen durch Bestechung alles zu erlangen wäre, C. 15“). Geiz und wucherische ***) Daz macht einen werden man. Er sº klein oder gröz von geburt, er wirt genöz bidermannes wol, wan er würket waz er sol und hüet sich vor der höchvart, só geswiget man der art und seit niur sin tugentleben'. . . . Adel der wirt niht bekant an dem höchvertigem gewant, niur an tugenthaftem leben. Swaz im ist zwürkenne geben, ob er dà belibet an, daz ist adelich getän. ”) Nu sin wir al von einer bruot, dä von ist ouch niemen guot vür den andern, dan dä mit, waz er mèr hät guoter sit. Dä mit ist er vür ze setzen. Man sol keinen dar umb letzen, ſwie sin vater waer getän, ist er selp ein biderb man'. . . . Dä stèt diu wärheit bi, daz der Iip niht edel si', weil er nach dem Tode abschreckend werde, sit er keine tugent hät. Wan diu sèle ir sträze gät, solt der lich am edel sin?" - - ”) Swer ie tuot daz meiſte ringen näch got und der wisen rät und der sich hüet vor missetät, der ist der edelst in der welt. Wan man edel waer durch gelt, daz ein man vil phennge hiet, so müesten juden und alliu gebiet und der tiufel edel sin, die doch hänt vollen ſchrin. Swer aller meist des rehten tuot näch got und der wisen muot, der ist der edelst sicherlich. Ein büre in daz himelrich nimmer kumt, dazwist vür wär, ez kument niur die edlen dar; doch hät nieman edlen muot, dan der adelichen tuot, dem ist daz himelrich bereit. Ez ist niht biurischeit, dan niur ſünde und unfuoc. Der dä drischt und habt den pfluoe, der ist dar umbe niht ein bür. Und ist ein künic an zuhte sür, der ist sich flizent tiufels rät, der ist unedel von der tät, er kumt in den himel niht u. s. w. E. 65a. Só verdient er (der Adel) niht sin ſpise. Er ist rehte ze glicher wise als ein boum , des niem geniuzet und doch ackers vil besliuzet. Wan ein boum niht tragen wil, man aht sin edel niht gar vil, man riut in üz dem acker dan. Alsö wirt der edel man hin gebrochn in éwic pin, der die armen liut solt vrin und prüeft in niuwan herzen (waer. Alsó ſprach der Tichnaer'. A. 23b. ”) Ist daz niht ein gröziu gäb, daz er ère, lip und hab setzet üf durch einen kneht. Dä von ſprich ich wol und reht, daz ein herre gedienen mac vil mèr und baz an einem tac sinem kneht in ſolhem varn, dan ein kneht in drizec järn' u. s. w. ”) "Dä von darf ez nieman zeln, herschaft si ein sanftez wesen. Maneger seit: würd er gelesen, daz er solt ein herre sin, er wolt leben in anderm ſchin, dan ſich die herren winden län!' Der waent ez si niht anders dran, dan sitz und mach den becher laer. Sö ist ez al ein andermaer'. . . “Maneger traht der herren leben, der ein huob niht mac gebouwen. Der wolt lant und liute beschouwen?" °°°) Des ich niemen ſchuldige neben, dan der grözen herren leben. Unser gröze leien, phaffen, die ze rihter sint geschaffen, die sint al in krebzen bilt, daz macht ouch die andern wilt'. « *. ”) "Man vint manegen armen man, der zehen vürsten denken kan in einem lande unde mèr. Wan sie besitzent guot und èr, só waenents niht anders triben, dan guot vertuon mit tumben wiben'. - ”) Wan die herren hieten heil, daz sie rehtes gerihtes pflaegen, ſich der miete und gäbe verwaegen, dä mit diu wärheit wirt verzogen, só würde dester minner gelogen' . . . dö ſprach er: daz gelicht den maern, daz die herren ſchuldic waern?" Dö ſprach ich: du hastz erräten'. Über Heinrich den Teichner. s 16Z Gelüste brächten sie dazu, und dadurch gäben sie abermals das verwerflichste Beispiel, denn die kleineren Herren machten es ihnen nach, A. 202“ und C. 257““). Sie kargten mit dem Lohne ihrer Edelknechte, während sie mit dem elenden Kammervolke die Nächte hindurch schwelgten und prassten. Dies der Inhalt des Gedichtes: Von den kamraeren ze hove, C. 90“. Mancher Herr nehme Waffenknechte auf, denen er alles Mögliche verheisse. Da dränge sich alles herzu und der arme Knecht stecke sich beim Juden in Schulden, um in geziemender Rüstung zu erscheinen. Siege nun der Herr und der Knecht verlange seine Bezahlung, so erhalte er wieder nichts als Verheissungen, während der Jude auf Bezahlung dringe und den Knecht beim Herren belange, ja mit dessen Einwilligung, wofür ihm der Jude die Hälfte des Erlöses verspreche, den armen Knecht pfände, und hätte er noch so viele Kinder. Dies erzählt Teichner erbittert in dem Gedichte: Von guot geheizen', A. 142“, und es hält schwer für solche Bedrückung des Armen einen Ausdruck zu finden. Auch an anderen Orten wiederholt Heinrich dieselbe Klage, z. B. in der Fabel von der Beichte des Bären, Wolfen und Esel, A. 73“, in der er den Herren ihrer Gewaltthätigkeiten und Ungerechtigkeiten wegen die Rolle des Bären zutheilt. Aber auch Ritter und Knechte werden ihrer Räubereien wegen in dem- selben Gedichte unter dem Wolfe begriffen. An einer zweiten Stelle thut Heinrich mit dürren Worten den harten Ausspruch, ein Herr der armen Leuten nicht Zwang anthue sei eine Seltenheit, A. 67°”). Sie besteuerten ihre Unterthanen so übermässig, dass es einen an jenen Thoren gemahne, der eine Gans hatte, die täglich ein goldenes Ei legte, und ihr aus Habgier den Bauch aufschnitt, um mehr auf einmal zu erlangen, während doch der Wohlstand und gute Wille der Unterthanen der wahre Schatz der Herren sei, C. 224“ ”). Zum Theile trüge aber an diesen ungerechten Vorgängen die Umgebung Schuld, die die Grossen um sich duldeten. Sei auch ein ehrlicher Mann darunter, so würde er häufig gar nicht gehört oder nur zum Deckmantel für Beschlüsse gebraucht, denen er seine Zustimmung nicht gegeben habe, ja nicht geben konnte, da sie gar nicht zu seiner Kenntniss gelangten, A. 201“). Am rührigsten zeige sich um die grossen Herren das Volk der hofwerren', Ohrenbläser, die sie über alles mögliche im Verborgenen und in einsamer Stunde, dazu falsch unterrichteten. Dieses Volk gleiche den Eulen, die nur in öder Einsamkeit ihr scheussliches Gekrächze beginnen. All ihre Mitvögel hassten sie darum, umschwirrten sie am hellen Tage und griffen sie an wo sie nur könnten, C. 73'. An jene Ohrenbläser reihe sich zudem durchtriebenes Schreibervolk, das Teichner in einem eigenen Gedichte, A. 40", geisselt. Bis zu den Thürhütern herab erstreckt sich sein Tadel. Zu solchen, meint Heinrich C. 72', würden gewöhnlich abgefäumte Kerle gewählt, die das Haus ihres Herren nach ihrem Belieben öffneten oder abschlössen, Niemanden vorliessen, der nicht *"). Einer bat, daz ich im seit, wà von wuocher, gitecheit waer genomm von allen fünden? Dö ſprach ich: daz tuot sich zünden von dem einen sicherlichen, daz die gewaltgen und die richen selber hordent und niht gebent. Ist ein fürst näch ëren ſtrebent oder zwën, ſö sint liht vier, die dä ſprechent: 'trag her mier'! und ot niht gebent wider. Dar näch rihtent ſich die nider'. . . . Sft die fürsten sint só wis, daz sie niemen wellent geben, wes suln dan die edlen leben anders dan des pfluoges gäb? E dóvant ein edel knab zweier ſlaht den fürsten neben, daz er lernet zühtie leben und bescheidenlichen muot und ouch richer wart an guot; daz ist allez samt nu verlorn, daz man nimmer git als vorn, só ist ouch bescheidenheit und diu zuht von hof verjeit'. . . . "Niemen sich gerüemen mac der herren gunst und irgäb, unz dazmans emphangen hab'. ”9) Ez ist seltn ein her só gut, ern tuo armen liuten twanc'. o ”!) Nem wirz dan gemeineclich, só ist aller herren rich und ir ſchatz ir undertän. Wan er sie mac ze richist hän, als nützer sint sie im ſpil. Wan er sie haben muoz und wil, só sint sie al in guotem willen; wil er sie aber hiure villen, er muoz vil gelückes hän, daz si im hinzjär bi gestän'. ”) Dazir (die Wahrheit) ſprecht, die fürsten häniezuo keinen wisen man in ir rät, nu wist ir wol, daz noch meister künste vol sint den grözen hoven bi; ir ist selten einer vri'. Dó ſprach sie: "Daz mac wol sin, daz sie begerent min; aber in keiner saelekeit (?). Anders niht, dan dazmanz seit, wan er tuot ein missetät, daz man ſpricht: ez tuotz sin rät', daz er wort niht weiz dä van. Der muoz dan in schulden ſtän. Wan er schalkheit verfüeren tuot oder liht sin selbes muot, só giht ieder man dä neben: daz sint niur die rätgeben' u. s. w. - 2H * 1 64 « g Th. G. v. Karajan. Mauth bezahle. Dabei nähmen sie ihren Zoll von Juden und Christen. Wie man aus dem eben angeführten Gedichte, C. 72“, sieht, waren es häufig hinkende und halbblinde Leute. Ehemals sei man an Höfe gezogen, um da Tugend und gute Sitte zu lernen, wer jetzt Tugend besitze und Schamhaftigkeit der gelte nichts bei Hofe. Muthwilliges und tolles Leben, wer das verstehe, der sei jetzt ein Hofmann, A. 92“). Wer sittsames Benehmen und Tugend sich aneignen wolle frage nicht lange nach dem Hofe, denn der habe aufgehört eine Schule der Tugend zu sein, nur Bubenleben sei da zu finden, böse Nachrede und toller Tanz, A. 128°”). Tüchtige Leute hätten sich dort verloren und "hovegallen', das sind Klatschmäuler, die jede Neuigkeit brühheiss nach Hofe schleppten, seien an ihrer Stelle zu finden, A. 128" und 187”). Die Herren selbst hätten Wohlgefallen an dem böswilligen und unsittlichen Geschwätze und dadurch verbreite sich diese verwerfliche Sitte auch in anderen Kreisen, A. 243”). Doch nicht blos die höheren Stände seiner Heimath schienen Teichner in gesunkenem Zustande, auch die mittleren und unteren hatten nach seiner Ansicht arge Gebrechen an sich. Er nimmt auch den Stand nicht aus, dem er selbst zu Zeiten, wenigstens zum Theile mag angehört haben, jenen der fahrenden Sänger. Auch sie, sagt er, Lassbergs Liedersaal 2, 536, verkündeten nicht mehr muthig die Wahrheit. Der Lohn hätte ihnen den Mund verstopft, sie wüssten nun nichts als zu loben und den Leuten das vorzusagen was ihnen angenehm sei. Um die Wahrheit kümmerten sie sich wenig. Gleicher Bestechung unterlegen sei auch der Stand der Fürsprecher. Sie seien keine Rechtsfreunde mehr, sondern Rechtsverdreher, A. 1 11". Sie sollten sich eigentlich nur um den Schutz des Rechtes und der Wahrheit annehmen, nur das vertheidigen was wahr sei, A. 220", sie aber verwendeten die Weisheit der Schule, die Lehren der Philosophie, die man ihnen zur Wertheidigung des christlichen Glaubens gegen Juden, Ketzer und Heiden beigebracht habe, nur zur Rechtsverdrehung vor Gericht, A. 219" bis 220"*"). Vom Stande der Handwerker sind es vorzüglich Maurer, Zimmerleute, Schneider und Schmiede, die in mehreren Gedichten ihrer Gewinnsucht wegen gegeisselt werden. So in A. 117“, C. 172“, E. 66", Col. a. A. - 278) 'E dó wartgein hove gewarn, niuwan durch zuht und ſchöne gebärn, daz man tugent an sich nam. Swer nu tugent hät und ſcham, der hätze hove wil kleinen pris. Buobenleben und gumpelwis, ſºwer des iezuovil kan, der ist ein rehter hoveman'. ”) "Dö sprach ich: ſwer guot gebär und tugent an sich nemen wil, der sol gein hove niht vrägen vil. Daz was é ein ſchuol der tugent, daz man kindel in der jugent dä hin liez in ſolhem muot, daz sie zühtic wurden und guot. Daz ist leider nu dä hin. Datz hove hät nieman gewin, än der buobenleben kan, ſchelten, ſpringen als ein man, der dä hät die sinne verlorn. Die man wilen hiet vür törn, sie sulen nü die besten sin’ u. s. w. ”) 'Her Parziväl, von dem man seit, der was sliunic zaller zit und sluoc tiefer wunden wit, dan nütuont die hovegallen mit ir üppeclichem ſchallen. Ich wolte niht ein galle sin'. . . . 'Ez ist niht só ſchadebaer einem hern als hovegallen, die dem herren wellen gevallen. Wan der her nu raſten wil, sökumt jenr und ſeit im vil: Lieber herre, só und sust. Daran nemt ir grözen vlust, und macht den herren ungemuot' u. s. w. *7") Sögevelt den herren niht só wol, sam boesiu wort und scheltens vol. Der daz vor in tribet vil, dem gebent sie waz er wil. Dä von wehst diu missetät'. . . . Wan die herren gebnt ir guot dä hin dä man zuhtlich tuot, só wird der zuht dester mér. Sö hät ez sich verwandelt sèr. Swaz unserm herren zorn tuot, dazgit den herren guoten muot und ist ir kurzwil und ir ſchimpf'. . . Nu gebent die herren bröt und win und ir guot umb missetät'. W. ”7) Einer vräget mich der maer: wem ein meister geliche waer in den edlen künsten drin, in der loyk, philosophin und ouch in rhetorikä?" Dö ſprach ich: den geliche ich sä sunderliche zeinem man, der verslahen, goukeln kan, daz sie im aller kluocheit jehent, die sinkluocheit an gesehent. Alsó ist den künsten drin. Dä mit gèt der meister hin durch die andern mit ſchal, daz sie im siges jehent al, wie gar wär er hab unreht. Und ist allez ungesleht, daz er selber giht ze lest: ich hän ez wol bewaert und vest, und ist al mit kunst geschehen. Ich wilz aber allez widerjehen. Und legt selp daz vorder nider und bewaert ein anderz sider, dazsi im aber hellent bi". . . Nü sints komen üz der ſchuol in die schrannen und in rät. Dä man gröze missetät mit den edlen künsten tuot. SWer iht hätze klagen muot, gültz ein lant, er ist dä van, hät niur jenr ein goukelman, der ein wärheit kan verdrucken und ein lüge würher zucken' u. s. w. Man sol bi der wärheit stän, lüge diu gehoert dem tiufel an. Só ist got diu wärheit. Swer dä wider kriegt und seit, daz ist gote widerstrit' u. s. w. Über Heinrich den Teichner. 1 65 Den Stand der Kaufleute nennt Teichner, in C. 116“, den nutzhaftesten', das ist einträglichsten. Er stellt ihn in dieser Hinsicht höher als den Bauernstand, weil er nicht blos erzeuge, sondern das durch ihn Erzeugte auch in Verkehr setze. Sehr in Ehren aber hält er überall diesen letzteren dem er eine schöne Lobrede widmet, die in der Anmerkung stehen mag, aus C. 236“”). Die Bauern selbst dagegen schienen Teichner nicht sehr lobens- werth und er schildert sie überall mit grellen Farben naturgetreu. Er nennt sie übermüthig im Zustande der Wohlhabenheit und nur erträglich, wenn sie arm seien. Man lernt aus Heinrichs zerstreuten Bemerkungen, dass der österreichische Bauer seiner Zeit nicht viel verschieden war von jenem, dessen Übermuth und Prunksucht um anderthalb Jahrhunderte früher Neidhart geisselte. Trinken, ritterlicher Aufwand in Kleidern, ewige Kämpfe und Habgier scheinen auch noch zu Teichners Zeiten die hervorstechenden Laster der österreichischen Bauern gewesen zu sein, D. 75“, A. 67**). Ihr ewiges Murren neben plumpem Übermuth schildert Teichner sehr gut in dem Gedichte: Daz got niht ungebezzert lät', A. 89“. Auf ganz zuletzt verspart hab ich mir die Zusammenstellung der Ansichten unseres Dichters über einen Stand, dessen Verherrlichung und Anpreisung die Meister deutscher Dichtkunst des Mittelalters einen guten Theil ihrer Thätigkeit widmeten, und dessen ferner Abglanz selbst unseren nüchteren Teichner noch mit Achtung erfüllte, ich meine den Ritterstand und das Ritterwesen. Beides lebte dem Namen nach allerdings noch, zu Teichners Zeiten, und Männer von seinem Alter hatten noch glänzendere Tage dieses Standes erlebt. Er war aber unläugbar bereits im Abwelken begriffen und musste in dieser traurigen Gestalt, die sich so gar nicht mit seinem eigentlichen Wesen vertrug, dem Spotte mehr als eine Seite zum Angriffe bieten. Ich reihe zuerst jene Äusserungen Teichners an einander welche für das Ritterwesen an sich sprechen und werde jene folgen lassen in denen er sich gegen dasselbe, natürlich in der Gestalt, wie es zu seiner Zeit fortsiechte, erklärt. Einst, bemerkt er A. 128", waren die Ritter sittsam wie Frauen und tüchtig wo es galt Helme durch- zuhauen. Die Liebe war der Preis des würdigen Ritters. Die sei nun billiger zu haben, ein jeder Schüssel- junge erjage sie durch elendes Geschwätze. Minnegesang und Ritterschaft die hätte man früher des höchsten Preises würdig gehalten, jetzt seien sie dahin, A. 91**). Früher sei das höchte Ziel des Strebens Ruhm gewesen, jetzt trachte Alles nur Geld zu erwerben. Der Herr zahle seine Knechte schlecht und ernte dafür den Ruhm, den sie ihm durch ihren gesunkenen Muth erwürben, A. 64“. ”) "Dä vür (den Mönchstand) lob ich den büman, der alle werlt nern kan. Er lätsin pfluoc umb strichen, wer mac sich im gelichen? Ez wart nie kein künic só edel, wä er ſaez üfsim gesedel, haet er win und bröt niht, sin edel würde gar enwiht, er müest höchvart län beliben. Swazs dà ze hove kurzwil triben daz kumt von den büliuten; si wolten dan selp ackern, riuten. . . Dar umb rät ich dir, Ritterschaft, du habst den büren in huot' u. s. w. 'Alsö der büren armuot ist bezzer dan irrichen, wan sie machent sieche und lichen in gelücke ſeht ir wol. Habent sie ir stedel vol, so ist anders niht ir flehten, dan vil trinken unde vehten und mit hüfen gein der hel. Aber hänt sie ungewel, só ist wénic ir gelich mit trahtung näch dem himelrich, daz sie mit dem kriuze loufent und diu wambiz gröz verkoufent, ſwert und ſpiz umb lipnar'. . . . Waer diu werlt der herren blöz und die büren selber herrn, ez waer niem ein wil Än werrn, si slüegen an einander hin, liezn einan- der kleinen gewin. Mit dem zins und mit der ſtiure waerens zwir als ungehiure, dan die herren mit ir gewin'. Wilen wären helde guot, die wären zühtic als die vrouwen, ſwä man solt durch helme houwen, dä wärens girec als die leun'. . . . Swenne ein dinc dä ère an lit sich gemein den tumben git, só ist sin wirdekeit dä hin. Dä bi merk der minne sin. Der nam wilent niemen war, wan biderb liute aller war. Diu ritterschaft, diu ist nu abe und ist niendr ein schüzzelknabe, noch ein buobe ern nem sichz an. Swaz im leides wirt getän, des zihet er die minne zehant. Daz ist der minne ein gröziu ſchant, daz sie sö gemein ist wor- den. E truoc den hoehsten orden üf der wert der minne kraft. Minnesane, ritterſchaft, maneger zuht sie wilen pflägn durch der minne pris bejagn; sie gap sich niur umb richen hort. Nu git sie sich umb boesiu wort. Diu wol gezogen sint dar van, als ich é geſprochen hän. Ieder buob die minne ziht, wan sin dinc sich ungelicht'. 279) 2so) 1 66 Th. G. v. Karajan. So komme es aber auch, dass wenns zu fechten gelte, viele dem Dienstherren davon liefen, A. 182". Der Beruf des Ritters sei ein ernster und würdiger, fasse man ihn im Sinne seiner Bestimmung auf. Hier gelte es nicht schlafen und faul sein, sondern überall Sträfliches verfolgen, bedrohtes Recht und Sitte schützen, nicht in thörichten Liebeleien die Zeit vergeuden und die männliche Kraft, Lassbergs Liedersaal 2, 14 und 15. Der Schutz der Armen, der Witwen und Waisen, das sei die Pflicht des Ritters, E. 41“, Col. b, nicht nutzloses Stechen und Turnieren oder thörichte Fahrten nach Preussen, A. 172”). Genüge der Ritter seinem Berufe, so habe er ein hartes Dienstleben, angestrengter als ein Tagwerker und gefährlicher, denn dieser wage doch sein Leben nicht, wenn er dresche oder im Weinberge haue. Dafür erwarte jetzt den Ritter karger Lohn und wenig treue und anerkennende Pflege von Seite der Dienstherren, A. 64“). Durch solche Übelstände kam es nach und nach dahin, dass das Ritterwesen in Heinrichs Tagen all seinen Glanz verlor und in den Augen Wieler zu einer nutzlosen Spielerei herabsank. In diesem Sinne äussert sich auch Teichner allenthalben über dasselbe. Als ihn einer frägt, was besser sei, Turnieren und Stechen oder Tanzen, Reien, Würfeln und Schlemmen ? da antwortet er auf die an sich schon in Bezug auf ritterliche Beschäftigungen geringschätzige Frage ebenso wenig schonend: Wer turniere und steche geniesse etwas mehr Ansehen. Auf beiden Wegen werde Geld verthan, auf dem ersteren aber wenigstens auf edlere Weise. Es verleihe doch noch einen gewissen Glanz, obwohl manches alte Geschlecht die Ritterschaft ge- radezu nur wie einen Titel zum Geldverschwenden ansehe und seinen Gliedern davon abrathe, A. 187**). Viel besser sei es zwar nie gewesen als ein Glücksspiel, denn man wage kecken Muthes Verlust und Gewinn dabei. Der gestern im Glanze sass, sei Tages darauf kummervoll. Der gestern nichts galt, gelte heute für einen tüchtigen Mann u. s. w., A. 94“). So weit aber komme es jetzt in der Regel gar *) Diu ritterschaft ist dar zuo geſatzt; wan ein arm man beſchatzt kumt geloufen, ſwer der si, den sol der ritter machen vri. Sin wäpen sol ze aller zit bi im liegen, ſwenne ez schrit, daz er si bereit darzuo und daz unreht wider tuo. Dar umb hät man ritter- schaft üfgesetzet und gezäft, niht durch ſtechen und turnieren. Daz ist niur der wert hofieren, diu git ir lön dar ume, als in die recken hänt genumen, von den man noch ſingt und ſeit, waz sie jämers hänt bejeit. Die sint in der helle fweben. Samlich lön wirt im gegeben, der noch wüestet lip und guot in höchvart, in übermuot und wirt den armen nimmer holt, den er räten, helfen solt. Alsö nu von der Priuzenreis, der vreut sich selten ein weis. Ez sol durch unser vrowen sin. Er laet arme Jiut in pin, witwen, weisen in sim lant, die vehtent mit ir selbes hant' u. s. w. 4. » r *) Ez ist drier slahte bluot, daz ze himel ruofen tuot umb geriht in lütem dön, daz ist: umb des armen lön, daz die richen Brechent ab. Zwär sö weiz ich mindert gäb, die man als hart verdienen tuot, als rittr und kneht, die lp und guot al zit habent üf der wäc, alsö daz sie naht und tac nimmer sicher kunnen sin. Daz ist ein vil herter pin, dan eim taghguwaere geschiht. Der vürht doch des libes niht, wä er driſchet, houwet. Dä von wan mans beſchouwet, só wirt niht verdient sö wöl, als dazrittern, knehten sol. Daz kumt sie an mit grözem sèr, dan ieden man betwingt sin èr, daz er belibt an rehtem gevert. Herrendienst wart nie só hert und wart ir geben nie só klein. Daz ist von dem dine al ein, daz ieder man sin ère wigt und gerne des beſtën pfligt, würd im nimmer ein pfenninc. Ist ez dan ein solhez dine, daz ritter, kneht vil lieber stürben, als daz sie anders würben; dan der herren pris beger; só solt der herre michels mèr triu und èr her wider wegen, guoter diener triulich pflegen' u. s. w «r “Einer bat, ich taet im schin, welhez bezzer möhte gesin, der turnierens, ſtechens pfligt, oder tanzen, reien, würfel wigt?'. . . Ich ſprach: der hät wirden mèr, der turnieren, ſtechen tribt, dan der wirfelt unde ſchibt. Ez wirt mit beidem guot verhert, doch wirt daz vil baz verkért, daz man zert biguotem dink; turnieren, ſtechen üf dem rink, und mit schoenen vroun vertän. Der wirt des sinn doch èrlich än, der hät ſchoener vrowen gruoz, daz man von im göuden muoz unz an dem urteilichen tac. Swaz mañdiutscher buoche phlac, diu stènt niur von ritter tät; man vint an deheiner stat von eim Itthüsere geschriben, waz er frumkeit hab getriben. Sin wirt niht ze guot gedäht, er ist hie und dort verſmäht; er lebt in des vihes mäz. Dä biſultir merken daz, dazturnieren, ſtechn ist bezzer wil, dan tanzen, reien, luoder ſpil. Nu ist diu werlt sö tugent laer, ob einr in eim geslehte waer, dem näch éren stèt der muot, daz in allen kaem ze guot, ob er wüere in ritterschaft, só jehents al er si behaft, er welsins guotes werden Än. Só solten si dem biderben man al helfen mit dem ieren, daz ermöhte baz hofieren und gewarn dester baz. Sich möhte lihte gewüegen daz, daz er kaem üf samlich ér, daz er in möhte gehelfen mèr, danal ir kobern und ir trank. Ez ist ofte ein geslehte krank, die von einem koment ouf, dazir wirt ein grözer houf von des einen vrumekeit, der ze guoten dingen reit. Dem soltens alle helfe bieten, wan si einen vriunt hieten, der nächéren trahten wolt. Sö werdents im nimmer holt, unz daz im got sin helfe tuot, daz er gewinnet ère und guot, só gewint er vriunde vil' u. s. w. s - Man muoz wägen vlust und gewin. Ez ist rehte ein gelicher sin topelspil und ritterleben. Der dä gester saz gar eben, der hät hiut der saelden niht; der dan gester was enwiht, der ist hiute ein biderb man. Man sol wägen hin und dan. Velt er hiute, ich val Jiht morgen u. s. w. 283) Über Heinrich den Teichner. . 1 67 nicht, man richte sich die Sachen billiger ein. In alter Zeit sei Turnieren und Stechen ein Vergnügen für grosse Herren gewesen. Man habe da mit vollen Händen Gaben vertheilt, jetzt sei das anders. Ein jeder Landedelmann stelle auf seinem Dorfe ein Stechen und Turnier an. Damit es ihm aber nicht zu hoch zu stehen komme, müsse jeder Gast sein Essen mitbringen, wolle er nicht mit leerem Magen heimkehren. Ehemals habe man solche Kampfproben angestellt, damit die Herren die tüchtigen Männer erkennen konnten, und sie im Falle der Noth erwählen. Jetzt stächen die Leute zwecklos auf ihre eigene Faust hin und vergeudeten nur ihr bischen Vermögen, A. 142“). Niemand könne zu solchem Beginnen rathen. Man thue besser sich daran gar nicht zu betheiligen. Die Fürsten selbst unterliessen es. Es hätte auch der nutz- lose Aufwand manchen Herren so herabgebracht, dass er seine Tochter mit seinem Gute, und zwar als Kauf- bedingung, Bürgern und Bauern verheirathen müsse, wolle er dieses in Geld umsetzen, damit seine Gläu- biger zu befriedigen, E. 53 bis 54“). Andere wüssten allerdings aus dem Ritterwesen auch Nutzen zu ziehen, aber auf unerlaubten und unritterlichen Wegen. Statt nämlich Witwen und Waisen zu schützen, raubten, mordeten und schädigten sie, F. 47”). Während die Ritter der Vergangenheit für den Glauben sich hinopferten, wollten diese von Gott kaum reden hören, denn das sei in ihren Augen kein Gegenstand für Ritter, nur für alte Weiber und Feiglinge, A. 9**). 0 Wahrhaft gottlos erscheint unserm Heinrich das sonst übliche Kampfsuchen herumziehender Ritter. Er nennt sie schlechter als Diebe, denn vor diesen könne man sich doch schützen, A. 218°”). Demselbe *) Man kért daz hinder reht her vür. An der alten werlt ich ſpür, ſwà man turnieren, ſtechen solt, dem was niemen ander holt, dan die grözen herren rich. Die gäben ouch meneclich ezzen, trinken gar genuoc. . . Nu ist seltn ein edel man, er welle in sim hove hän ein ſtechen und ein foreis, dä bi git man niemen ſpis, dä muoz ieder man sin nar selp mit im bringen dar, wil er niht ungezzen sin. E dötet man ſtechen ſchin, daz ein her versuocht ein man. Swelher guot was üf dem ban, dem wac er guot an der nöt, dà zuo gap er win und bröt, ros und hengest, hofgewant. Nu ſtechents üfir selbes bant, si wizzent selbe niht umb wiu. Hiet er ein hüebel oder driu, diu hät er verstochen drät. Ieder man ein hövel hät durch sin selbes willen gruoft und üppekeit gepruoft'. *) Ich wart gevrägt: von wiu daz kaem, daz diuvreud só vaſt ab naem, daz sich nieman freut als é? Ob daz von den fürsten gé, oder von ir undertän? Ez muoz von den fürsten gän', alsö antwurt ich hin wider. Nu seht ir wol, daz alliu gelider ſich dem houbet rihtent näch. Die wil man fürstn in freuden ſach, só freut sich alliu ritterschaft. Nu sint die fürſten trüebehaft, si turren selten kost getragn, als ir vordern ringe wägn ros uud hengst und ander geben. Dö sach man von gote leben gräfen, frien, dienestman, die hulfen ouch ir undertän, ouch wärens alle freudenrich. Nu sint die fürsten al unglich. Dä von ſprechent gräfen, frin: wir kunnen niemen geholfen fin, sit daz uns niemen hilfe erböt. So ist ouch den rittern, knehten nöt, sö sie gèn ir undertän ouch daz ſelp ze worte hän: wir hulfn in gerne und hülf uns iem'. . .dan von den fürsten allermeist. Wenne man ze hofe reist, dä ſpricht niemen diz noch daz: und habt ir trunken oder gäz, oder wie ist iu ze muot?" Man erbiut halt nieman guot. Wilent het ein ritter ſchön mit koste und mit ander lön, man erböt im wirde und ër, daz sie hèten guotes mèr wan sie von den hofen reisten. Nu lät mans al ir habe verleisten und spricht nieman: 'habe dank'. Mich frägt ein her, daz ist niht lank: zuo wem man ſich nu rihten ſol? Dö ſprach ich: 'her, nu ſeht ir wol, wer niht hät, der ist unwert, und ſich daz nider kért näch dem obern ze aller zit. Allez daz diu werlt umb git, daz riht ſich näch der obern louf, alsóriht iuch ouch hinouf näch den obern, ob ir welt. Die man nu vür die besten zelt, die ſiht nieman kurzwil machen . . . riht iuch näch den niuwen ſiten, welt ir afterriu niht hän, wan iuwer habe nu wirt vertän. Wan iral iuwer habe verstecht, sö wirtz iu lasterlich gezecht, daz ein büre ſitzt dä neben, dem müest ir dan iwr tohter geben'. Dö ſprach der ritter: "Dü häst wär. Wenne ich dort hin ſtechen war, ſömuoz ich hie dazmin verſetzen. Burgaeren und ouch andern letzen, den muoz ich dan von armuot min tohter geben zuo dem guot, daz hie vor min eigen was, wand er dazguot an sich gelas, dä nimt er dan min tohter mite, diu wol eins biderben mannes bite; und liez ich dort min üppekeit, der mir nieman dank seit. Ich wil von dem ſtechen län'. Dö ſprach ich: Guoter biderman, tuot wie ir ander frumen ſeht'. Maneger ſeit ich habe niht reht, daz ich ritterschaft als leid; daz tuon ich niht bi minem eid, än daz ich ein wärheit sag. Mit wiu der man verderben mag, vil bezzer daz verläzen waer'. ”) Ritterschaft ist ouch verkért, die hät got dar zuo behért, daz sie witewen, weisen fride; nu hät sich ir ſwert verriden mèr ze rouben, zucken, neisen, dan ze ſchirmen witewen, weisen'. *) Man sol alten wiben, zagen von unserm herre gote sagen, daz gehoeret ritterschaft niht an'. ”) "Dä von ſprich ich ungelogen, daz der vehter boeser s. Vor des ſchant ist nieman vrt. Er betrüebt ein ganz gemein. Aver ein diup, der stilt liht zwein oder drin, der wirt derhangen, dä mit istz ouch gar vergangen. Aber, sam ich hän geſprochen, wan der vehter wirt derſtochen dä kumt her und vriunt ze müen und vertribt mit siner küen üz dem dorfe manegen man, daz der muoz ſin huobe län, der eim diube gewiche nimmer. Vor im sö ſpart er sin zimmer, daz er sicher vor im waer. Só ſpricht dan ein vehtaer, vehten daz sièrlich, aver ſteln lasterlich. Dar zuo ſprich ich aver zehant, ich sage niht von èr, von ſchant, ich ſage niur von ſchedlicheit'. 1 68 « Th. G. v. Karajan. Tadel begegnen wir auch an einer zweiten Stelle, in A. 23". Ich theile auch diese mit, weil sie lehrreich ist und zeigt, wie der Sinn der Zeit im Vergleiche mit den vorausgehenden beiden Jahrhunderten ein so ganz verschiedener geworden war”). Merkwürdig in dieser Hinsicht ist auch eine Stelle, in C. 221“, an welcher Teichner den völlig unritterlichen Sinn mancher Damen seiner Zeit schildern will, und wie sie mehr auf Geld und Wohlleben hielten, als auf ritterliche Sträusse und unermüdliches Stechen, das nicht für den Hunger gehe“). Er unterlässt es auch nirgends das Ritterwesen seiner Zeit und das Nachäffen der entschwundenen zu verspotten. So ist das Gedicht: Von der magenfreud', C. 197“, offenbar gegen die ritterlichen Tagelieder gerichtet. Ich setze es in die Anmerkung mit einem zweiten Gedichte: Von den wäpen, in welchem die typischen Übertreibungen mancher Rittergedichte lächerlich gemacht werden, und zwar aus A. 147**). Ist ihm einerseits die Sucht zu turnieren und zu stechen ein thörichtes Gaukelspiel, A. 143“), so stellt er andererseits die laxe Treue der Ritter gegen ihre Frauen, welche besonders auf Heerfahrten zu Tage trete, als einen Gräuel dar, A. 173“. » n Was der Ritter in langen Jahren hinopfere, sowohl an Gut als Blut, stehe in gar keinem Verhältnisse zu dem, bemerkt Teichner A. 240“, was er dafür erlange. Es schiene ihm viel nützlicher, statt gegen die Heiden zu ziehen, daheim die Ungläubigen zu bekehren und armen Leuten Ruhe und Frieden zu schaffen, A. 147*). ”) "Daz ist kein ër, daz ist ein ſchant, ſwä er (der vehtaere) indert wirt genant, daz in vliuhet wip und man. Wolt er lop und ère begän, ſwaz er umb wambiz geben muoz und dem rihtaere ze buoz, daz solt er armen liuten geben und sin nächgebüren neben, dä würde er ze èren van. Só man in indert her saech gän, dä hüeb sich ein geschelle: Sich, wol in her, liep geselle! Lät uns den gesellen in!' Datz dem tanze, datz dem win dä würde im michels baz geſprochen, dan ob er waehte ein ganze wochen; und taete daz mit minnerm guot, dan er doch dä vertuot . . . Ich weiz boeser dink genuoc, doch ist vehten boeser vil dan kein dink daz ich wizzen wil; ich kan niht guotes dran verstèn. Ob mit einander spilent zwén, só gewint der ein doch ie, swie sie dan gewehtent hie, só gewallents beide in ſwaere. Swer niht riht dem maere, der ſpricht zuo mir: in dunke wol, ich sº aller zagheit vol, ich riete niuwan hindr die tür und hielte niender her wür'. Der wil min rede niht verstän. Ich rät hin zuo und ouch her van. Alsó lit. ez umb den sit: fwä man vür witwen, weisen ſtrit, dä wolt ich räten, helfen zuo; ſwaz man anders vehten tuo, daz gepris ich nimmer tag. Ich wolt è immer heizen zag, sumlich vehtn ich nimmer pris, daz dä geschiht in toerper wis, datz dem tanze und datz dem win. Man sol under helme sin manlich, küene und unverzeit, dä man guot und ère bejeit. Swà man vliuset guot und ère, dä zuo gib ich nimmer lère, bezzer dä gevlohen waer. Alsö ſprach der Tichnaer'. »? ”) Der Dichter lässt eine Dame äussern: Iwer ſtechen niht vür hunger gàt, daz ir tuot an maneger ſtat mit dem knütel, mit dem ſper, daz ir gebäret als ein ber, reist in den landen hin und wider. Und ſtaecht ir hundert ritter nider, ir haet niur dester müeder bein; daz vüllet unsern biutel klein'. . .Minnesanc und ritterschaft, dazwirt allez gewegen ring, als man siht die pfenning'. ***) Von der magen freud'. Der gotes fride uns hiute bewar, waz man uns git, daz ezz wir gar, daz friſt uns unser leben. Ir herren, merket eben, ez ist gar ein herte zit, wä herzen liep bi liebe lit, und hänt morgens niht ze ezzen. Daz klagt ich der vermezzen. Dö ſprach diu minneclich her näch: Swaz du lidest ungemach, des mac dich min röter munt wol ergetzen ze aller ſtunt'. Dó ſprach ich: 'Bi dem ergetzen muoz ich min nötpfant ſetzen'. Sie ſprach: "Lieber junger man, dà ſult ir niht trahten van. Min röter munt hät freuden vil vür allez guot, werz ahten wil'. Ich ſprach: "Vrou, des krieg ich niht, aber al freude waere enwiht, wan diu magenfreud niht waer'. Got genäd Heinrich dem Tichnaer'. Waz man von den wäpen seit, daz ist niht al diu wärheit, dä ist vil gelogenes an. Dä man die wärheit rete van, waz ein biderb ritter tuot, daz waere wol ze hoeren guot, aber dämanz überliuget, daz ein ritter hab erziuget daz allen richen waere ze gröz, daz ist gespottes hüsgenöz. Ich weiz niht dar ze ſprechen: daz ein ritter mac zebrechen maneger ſper bi sinen tagen, dan der Swarzwalt mac getragen zwige und est!' (der ist sö breit, zweinzic mile, als man ſeit) dä mit giht er, manec ſper hab der halt hin und her zebrochen und ze houfen bräht. Hurtà, herre, wie er vaht! Als der wint in dem rör, iezuo hinden, iezuo vor! Alsö treiperz üf und ab. Er schutet liute in daz grab houfen wise, als die birn von den boumen rirn, wanne er überzftec ist!' 'Er hät gevohten manec wrist, daz ez in den bergen hal, als ein donner slüege ze tal!' Wie mac dazdiu wärheit wesen?" « - ”) "Dä bi ist diu werlt bekant, dazsi ist ein goukelſpil, turnieren, ſtechen des ist vil, und mac anders niht gesin, dan wer den andern bringt in pin, der heizet dan ein biderman". t r ºs ”) Nu vint man manegen ritter guot, der zweinzic jär vergiuzt ſin bluot und laet sich jämerlichen villen und lit daz durch der werlt willen. Lit erz umb die rehtekeit, im waerez himelrich bereit als eim andern marteraer. Ich waen daz ie sö gröze ſwaer kein marteraer erliten hab umb die himelischen gäb, die die ritter liden müezen umb der tumben werlte grüezen. Daz ist weder jenz noch daz. Ob er hiute in wirden ſaz und ein andern ſtichet nider, morgen kumt ein ander sider und ſticht in mit ſiner hant, dä mit ist er éren pfant'. 'Maneger vert in die heidenschaft durch des rehten gelouben kraft, und hät in sinem hüse die, daz er groezer lón enphie hieng er die an ein wide und ſchüefe armen liuten vride von der finen ungewuoc'. * - Über Heinrich den Teichner. - 169 Das Ansehen das der tüchtige Hauswirth geniesse und der Segen den er um sich verbreite, sei gewiss ein heilsameres Wirken als jenes unstäte Herumziehen in weiter Ferne, A. 88“, bemerkt er, und führt diesen Gedanken ausser in dem eben bezeichneten, recht lebendigen Gedichte auch noch in einem zweiten aus, das ich theilweise in der Anmerkung aus A. 115“ wiedergebe“). Nicht genug, dass der Ritter so lange er Kraft in sich fühle durch seine häufigen Fahrten Witwen und Waisen mehr bedränge als schütze, so werde er in seinen alten Tagen meistens ein Betbruder, der dann seine vielen Sünden durch unausgesetztes Kirchen- gehen wieder gut zu machen suche. Er könne sich dann nicht selbst um die Verwaltung seines Besitzthumes, von der er nichts verstehe, annehmen, sondern suche irgend einen hartherzigen Amtmann, der nun, ärger als er es thun würde, die armen Leute bedränge. So sei er jung und alt seinen Mitmenschen zur Qual, E. 40", Col. a und b ”). Auf ähnliche Weise findet Teichner der Klagen über das entartete Ritterwesen seiner Zeit an manchen Stellen kein Ende und gibt sich zuweilen, wo sich Gelegenheit dazu bietet, als wenig ritterlich gesinnt zu erkennen. Diesen Ansichten wird er sich aber erst in späterer Zeit hingegeben haben, denn aus früherer findet sich in seinen Dichtungen manche ganz ritterliche Äusserung. Gehörte er ja doch selbst in seinem Dienstverhältnisse zu einem mächtigen Herren durch einige Zeit diesem Stande an. . Als noch unritterlicher müssen aber folgende Äusserungen bezeichnet werden. In seine Hand werde keine eiserne Waffe mehr kommen, wesshalb er auch kein Schwert trage, was man ihm auch darüber Vorwürfe mache. Er werde sich in keinen Zweikampf einlassen, denn er halte es für besser zu entfliehen, wenn der Kampf anders nicht zu vermeiden sei, A. 223”). Noch befremdender klingen aber folgende Stellen, die nur in dem ausserordentlich religiösen, bis zum äussersten milden und in Leiden und Demüthi- gungen willkommene Mittel zur christlichen Vervollkommnung erblickenden Sinne des vorgerückten Alters unseres Teichner eine Erklärung finden können. Von jedem Anderen vorgebracht, müssten sie in Erwägung *) Einer bat, ich seite im daz, wen ich möhte prisen baz, der ritterschaft üf velde trib oder der dä heime blib und lebte in sinem hüse schön? Dö ſprach ich: Den besten lön hät ein edliu wirtschaft, wan dazlop hät ganze kraft, daz im niemen wandel git. Aber ſwaz ein ritter ſtrit üf dem velde gewehten mag, und ist an dem guot ein zag, fó ſpricht man: Solte daz niht sin, só waer der ritter guot und fin'. . . Aber ein wirt in tugende leben, swä man dä gedenket an, só heizt man in ein biderman, daz nieman ſprichet, waer daz niht'. Man ſpricht niur vür ſich hin geriht: daz ist ein reinez edlez bluotº, daz man einem doch niht tuot, der niur küen ist mit dem slage und ist an dem guot ein zage. Maneger ist am velde guot und hät só kargen muot, è er einem gaeb ein bröt, er slüege é zwén durch in ze töt oder waehte ein ganze wochen'. . .“Swer ein wazzer versuochen wil, der versuochz niur an dem zil, dä manz fiht von urſprinc gän. Alsó kost man einen man niender baz dan an der ſtat, dä er hüs und heime hät. "Er ist guot mit dem ſper, und hät deheiner tugent mér', daz ist samz ungesalzen waer. Macht ein ritter ſatel laer etlich jär, daz nimt doch abe; só wirt er hüsen in dem grabe, dan er im niht entwichen kan. Alsö sul wir daz verstän, daz hüsen dazobrist si, dà muoz ein man ersterben bi, wan im der wäpen wirt ze ſwaer' u. s. w. . . . die ritter sint gemachet, daz sie witwen, weisen frin. Nu prüevet nieman groezer pin als etlich ritter mit ir reisen. Die betrüebent witwen, weisen die wil diu jugentüfin lit, hinz dort in ir alters zit, daz er nimmer mac gewarn. Só wil er dan die sèle bewarn und giht, er wel nu kéren wider, und welniuwan gein kirchen gän. Só setzt er dan ein ambtman und emphilht im al sin dinc. Und ist der armen liuten rinc, daz er in guotlichen tuot, so ist er dem hern vür nihtiu guot, er setzt in mit der wart abe und ſchouwet wie er einen habe, der dä lebt än al erbarmen, daz im vluochent riche und arme; den lät er nimmer mé dä van. Wenne dan kumt ein arm man und ſprichet: Lieber herre min, ir sult mir genaedic fin!' ſö ſpricht der herre: "Liebez kint, wart dä man den ſchaffer vint, ſwaz der tuot, daz ist getän. Ich bin wordn ein anderman, und hän mich unserm hern ergeben, ich wart niemérüfwerltlich leben, der ſchaffer der hät minen gewalt' u. s. w. Maneger ſpricht zuo mir in ſchelten: ich hiet wol ein ſwert ze gelten, und gé lasterlich än wer'. Dó ſprich ich : . . . ſwie man viht, só vliust man dran. Daz erkenne ich und verstän, dä von ist mir vehtn unmaer. West ichz iht nutzebaer, ich wolte vreidiclich gebärn. Nu hänt si beid niht wol gewarn, der dä sleht und der erslagen. Der dä sleht, der muoz vertragen gotes und der werlde zorn, só hät jenr daz leben verlorn, sö verliesent beide dran. Daz er drizec järe gewan, daz verslahet im ein slac, dà von geviht ich nimmer tac, die wfle ichz immer mac verziehen. Maneger seit: er scham sich vliehen', só ist niuwan dazmin klac, wanne ich niht entrinnen mac'. Aber wie man vihtet ſust, dä ist niht wan ſchant und fluſt . . . dä von kumt kein ſwert von sen in min hant durch vehten niht, wan ein wiser meister giht, daz der wise gedultige allen dingen an gesige'. Ez ist ouch der wisen ſage: er sº tiuwer der vertrage und niht boes mit übel gelt'. “Swen mir diu bescheidenheit und min guotiu rede üz treit, mé dan vehten, widerbägn, só wil ich kein ſwert tragen'. Denkschriften der philos. –histor. Cl. VI. Bd. 22 And 295) 296) 170 & R Th. G. v. Karajan. der Zeit der sie angehören geradezu als unbegreiflich erscheinen. Er äussert nämlich A. 22”): Jeder Zweikampf rufe, sei er vorüber, Reue hervor, denn beide Theile hätten verloren, der gefallene und der entfliehende. Wenn er auch zuweilen entschlossen sei, sich mit einem zu schlagen, der ihn hintergehen wollte oder zum Besten habe, so überlege er sich doch die Sache und finde, dass sie durch den Zweikampf nur übler werde. Dann mässige er seine Aufwallung und trage seinem Gegner einen Trunk an, den dieser annehme und ihm einen entgegen bezahle. Auf diese Weise würde alle Beschwerde für beide Theile vermieden. Dieser Ansicht entsprechend räth Heinrich auch, in Fehden seinen Verwandten nicht beizustehen, was dem damaligen Zeitgeiste schnurstracks entgegen war, A. 45“. Doch nicht in diesem Punkte allein zeigt sich Teichner in Opposition zu seiner Zeit, er muss im Ganzen als mit ihr zerfallen bezeichnet werden. - Nicht das blos macht er ihr zum Vorwurfe, dass sie keinen Sinn habe für echte Poesie, die in alter Zeit der Menschen Herz erfreute, A. 92“), und zierlicher geklungen habe als der Bombast der Gegenwart, in der man launenhaft bald dies, bald jenes gut heisse, bald Geigenklang, bald Paukenschall oder freches Spiel der Gaukler, dem dann der tüchtigste Meister weichen müsse, A. 228°”). Sie habe, sagt er, überhaupt keine Achtung vor Wissen und feiner Sitte, deren Vertreter man einst so hoch hielt. Ihr zählten sie zu den Letzten, Juden und Wucherer hätten in ihr den Vortritt vor den gelehrtesten Meistern, A. 200“). Unter Sechzigen nehme kaum Einer ein Buch zur Hand, das Würfelbrett sei ihm lieber, A. 201”). Der Sinn Aller sei jetzt auf Geld gerichtet und wie man Andere hinters Licht führen könne. Einst hätten weise Männer ihr Geld hinweggeworfen und wären dem Wissen nachgezogen, jetzt habe sichs verkehrt, man werfe das Wissen hinweg und strecke die Hände nach dem Gelde hin, F. 37“). Alles was die frühere Zeit erfreut habe, gelte der jetzigen nichts, klagt Teichner an einer anderen Stelle, A. 21 1“, das einzige was sie bewege sei Reichthum“). Feine Sitte und Tapferkeit, die seien fast aus der Welt verschwunden, ”) Swie man viht, só geriutz her näch. Sie hänt běd niht wol gekouft, der dà lft und der hin louft'. Wan ich iezuo hän den sin, ich wel mich mit einem raffen, der mich triegen wil und affen, wan ich dan bedenk die sach, daz ichs niuwan boeser mach wie ich vehtens mit im phlige, wan ich daz só rehte erwige, sö läz ich den zorn sinken, und ſprich zuo im: “Wiltü einz trinken? daz kouf ich im mit goutem muot. Dä mit só mach ich in só guot, daz er mir einez kouft her wider, und iſt mir geholfen fider und beliben béde än ſwaere. Alsó ſprach der Tichnaere'. ”) "Ich hörte einen ritter gris, der ſprach: "Ich kan gebären niht als man nu gebären siht, einer üf der ander abe, sam ir deheiner ſinne habe. Só singents ouch só wunderlich, sam sie wellen würgen sich. Der sich vaftlich würgen kan, der hät nü daz best getän. Der alten liet iſt gar vergezzen diu dä wären ſchöne gemezzen mit der wise und mit den worten'. ”) "Einer hätze singen gunst, dar umb git er kleider ſpise; só wil einer worte und wise, dar umb git er sinen solt; só ist einer pfifen holt; einem ist mit vidlen wol, dar umb git er sinen zol; só dunkt einem püken guot; sö ist einer wol gemuot, wanne er buoben vor im hät, die dä tribent missetät, boes gebaere und boesiu wort, dar umb git er sinen hort. Só ist einem wol mit törn, dà mit lischt er sinen zorn und wirt wol gemuot von in, iederman näch sinem sin . . . alsö ist diu gunst der Welt. Jederman sin pfenninc zelt umb die kunst, diu im gevelt, ez si gouklaer oder törn, oder meister üz erkorn. Oft ein meister kumt dä hin, dä man niht git umb in und setzt buoben, narren wür'. ”) Ez ist lanc geſprochen vor: ſwen got ërt und ſetzt enbor, daz in diu werlt ouch ëren sol'. Só hät unser her só wol niemen gewirdet in der zit, sam dä kunst und zuht an lit. Dä von solt sie diu werlt ouch èren. Aver ez tuot sich vast verkéren. Ez was etwen wol der louf, daz man kunst und zuht hin ouf hät gesetzet zuo den besten, und sint leider nü die lesten und sint halt só gar unmaer, daz man juden, wuocheraer setzt vür kluoge meister hie'. H ”) "Daz nu liht bi sehzgen einer naem ein buoch in hant durch lesen, daz halt niem bi im wolt wesen, ez ſpraech iederman zehant: far wol hin mit dinem tant! läz uns würfelbret her tragen!' °) E dó was der werlt gedank üz geteilt in manegen gank, iederman het sunder gunst. Einer was gewilt ze kunst, einrüf ritterlichen pris. Nü ist iezuo niemen wis, dan der pfenninc gwinnen kan und betriegen ander man . . . Man hörte é von meiſtern ſagen, daz ſiez guot wurfn in bach und niur künsten liefen näch; daz hät ſich verwandelt ſider, man wirft alle kunst wol mider und recket näch dem ſchatz die hant'. s °) E dà pflae man maneger flaht, iederman als im behagt; einer saz, der ander jagt, etlich ſungen niuwen ſanc; só het nu einer den gedanc wie er ein guoter ritter waer; só was einr ein tihtaer guoter buoch und meisterschaft; sökért einer sin und kraft wie er klöster, kirchen mèrt; daz ist allez nü verkért, daz sin nieman tar gepflegen. Waer ein man halt üf den wegen, daz er pflaeg der alten fuog, só ſpraech iederman: 'nu luog, er ist ein verdorbner man, wil er solchem dinc näch gän. Er solt lieber trahtn umb guot'. Über Heinrich den Teichner. .“ A 17 1 A. 159“, wer den grössten Schatz an Pfennigen besitze, der sei der Geachtetste. Der Priester selbst führe statt des Buches ein Spielbrett in der Hand, F. 44”). : Treue und Wort gelte nichts mehr. Einst hätte man auf ein gegebenes Wort Burg und Land vertraut, A. 91“), jetzt traue keiner dem Andern und fordere Pfänder statt eines Wortes, A. 209"). Um Briefe und Handfeste habe die alte Zeit sich nicht ängstlich gekümmert, wie die jetzige, und doch helfe es ihr nichts, denn auch diese würden nicht beachtet, Lassbergs Liedersaal, 2, 538. Gewaltthaten, ja Todschläge kämen in solcher Anzahl vor, wie nie vorher, F. 58"); der Glaube sei gesunken und die Gebote der Kirche würden nur lässig beobachtet, ja derjenige gehöhnt, ein altes Weib genannt, der bete, faste und die Kirche besuche, A. 166" und C. 223”). Es fehle an sittlichem Ernste, an dem Sinne für Recht, Ehre und Schande; die Lüge hätte dafür allgemeine Duldung erlangt, C. 244" und F. 34“). Unnützer Aufwand und lächerliche Prunksucht im Gewande, das zudem fremdem Wesen nachgeäfft werde, das sei es wornach die Leute jagten. Keine Frau begnüge sich mehr mit éiner Magd. Wenn sie zur Kirche gehe, sollen ihr viere auf dem Fusse folgen, als ob sie in den Kampf zöge. Besitze einer zwölf Mark Einkommen, so verlange seine Frau einen dreissigfachen Schleier und zehn Mäntel an der Stange (im Schranke), A. 176”). Junge Leute schämten sich des Standes und Wesens ihrer Väter und gingen mit langen und gescheitelten ”) 'Ez was wilen in der welt, daz man wag vür allez gelt schoene, zuht und manheit. Diu ist üz der welt verjeit, des mangelt man unmäzen sèr'... Als man sach die alten horden kriſten glouben, gotlich ër, alsó hordent minr noch mèr nu die phaffen ſachn der welt und doch allermeist näch gelt. Swer daz allermeist besitzt, der heizt erbaer und bewitzt. Als man é den besten nant, dà man guotiu buoch näch vant, alsö heizt er nü der best, der vil pfennine lätze lest. Wür diu buoch ein bret in d'hant, der uns näch zwein würfeln sant!' u. s. w. ”) "Swer des giht, der werlde kraft si als guot, als tugenthaft sam noch ie biziten vor, der ist niht üf rehter ſpor. Dazwil ich iu wol bewisen. Ez ist gewesen bi den grisen, sazt ein man sin triu ze pfant, man sazte umbe bürge, lant, daz ſin niemen wider- ſprach. Nu ist ez in der werlt sö fwach, trinkt ein man ein pfenwert win, man wil ein bezzer phantlin dan sin triuwe von im hän. Dà von hab des niemen wän, dazdiu werlt als veste sté, als sie hät gestanden é'. ”) "Daz sich niemen vreut von herzen, als man wilen hät getän, dó man sich an wort moht län! Daz ist allez samt nu verlorn, daz sich niemen reht als vorn an des andern rede mac làn. Der halt ist ein biderb man, sö geloubt man im sin niht, daz man würht, er si enwiht, als die andern vor bekant, daz man wil ein bezzer phant, dan sin triuwe von im hän'. « Dö ſprach ich: 'sö tuot mir sagen, liebiu frou, von den erslagen, daz dazsö gemein ist worden. Daz die liut ein ander morden, daz ist é gar seltsam gewesen. Wä von einem wart gelesen und geseit er waer derstochen, daz geschiht nu alle wochen. Daz halt niem vür ihte hät, ez ist gar ein gemeine tät'. ”) 'Ez ist worden heidenschaft in der werde hin und dar. Swes der heiden wirt gewarsmorgens, dà geloubt er an. Daz hätal die werlt durch gän, man geloubet alter wissag und waz natür gewürken mag. Daz ist wider gotes gebot . . . Nu hät diu werlt sö kranken muot, wie gar lihte iht wurde gefeit, sö ist man der vart bereit und geloubt ez michel mèr, dan der zwelf boten lér'. . . Daz (die tägliche Communion) ist nü vergangen sit, daz bi drizec jàrn ein man gotes reht niht hät getän. Und ist iezuo niem só guot, sam der gotes reht niht tuot und unkristenlichen lebt. Ob ein man nu dar näch ſtrebt, daz er gotes reht wil leisten, er muoz vliehen von den meisten in ein vrömbde phar hin dan, daz man sin niht gesehen kan, daz er leistet gotes reht, daz man ſpricht: er si ein kneht, als ein münch ode altez wip'. . . Ob ein menſche guotes pfligt oder nimt sich guoter tugent an, beten, wasten, kirchengän, ſó ſpricht iederman: ist der niht ein altiu vrou?. . . Er kumt üz der kirchen niht, er ist aller werlt enwiht'. Ich weiz niht waz drüz werden sol, daz in nieman hät vür vol, der nu kristenlichen vert?" ”) Ieder mensch wil niuwan ſcherzen und wil liden deheinen ſmerzen, noch got deheinen dienst erzeigen'. . . “Daz ist allez nü vermiten. Daz man wilent hiez ein ſchant, daz ist nü ein ère genant. E dö stift man kirchenkoer, daz hät nü ouch üfhoer; man ziuhet wol den kirchen van waz die alten gestiftet hän. Ez was é ein gröziu ſchant, der ein lügnaer was genant, daz ist nü gemeiner louf, daz halt niemen ahtet drouf, daz erz wel vür laster hän, daz man in heizt ein lügeman; ez wirt triu und brief gebrochen. Dä von hät er unwär geſprochen, der daz giht, der werlde ſpor ſtè noch alsó wol als vor. Ez ist maneger wise erzeiget , daz ir kraft ſich hät geneiget. Man las é von rihtaern, wie gar reht und vrumb die waern, daz sie rihten hinz ir kinden; daz wir ouch nu ſelten winden ein só gemeinen rihtaer allen liuten än gewaer. Ezit al nu an der buoz, ſwer mèr hät, der selbe muoz ouch den rein verbrennet hän. E dö wart vil ftrit getän durch des kristen gelouben willen, nu siht man die kristen willen, ein den andern umb sin guot, und die heiden sint geruot, den man é mit ſtrit ob lag' u. s. w. *!") Und wil daz wip vier dieren hän, wan sie sol ze kirchen gän, sam sie ftriten, vehten wel, só gët er mit eim gesel. Só istz nu komen in die welt. Hät ein man bi zwelf mark gelt, só wil sin wip ein slojer haben bi drizec vachen ſchön begaben und zehen mentel an der stang'. 22 - 172 - Th. G. v. Karajan. Haaren einher wie Mädchen, hätten aber auch unstäten Sinn wie diese, A. 91“). Die Knechte machtens dann ihren Herren nach, damit man sie für solche halte; ja mancher gehe noch zierlicher einher wie sein Gebieter, C. 179**). Über die Tollheit des Costüms seiner Zeit klagt Teichner wiederholt an mehreren Stellen, die hier nicht alle näher betrachtet werden können. Ich will sie aber doch für mögliche Benützung an einander reihen, weil sie sehr zerstreut sind, A. 92“, 93"; C. 191", 219, 273“, 276', 277", Lassbergs Liedersaal 3, 295. * So sei es gekommen, dass Sittenreinheit und Wahrhaftigkeit unterliege. Schmeichelei und übel angewandte Schonung gegen die Fehlenden, mit denen man es nicht verderben wolle, thäten das Ihre, Lassbergs Liedersaal 2, 538 ff. Die Leute vertrügen die Wahrheit gar nicht mehr, A. 140° und 165", und so äffe sich denn alles gegenseitig. Einer tadle des andern Wesen, bessere sich selbst aber nicht, A. 13”). Das sei eben ein Hauptgebrechen der Gegenwart, dass sie weitsichtig sei. Was Jedem zunächst liege, sehe er nicht, in der Ferne aber falle ihm der kleinste Makel am Leben seiner Umgebung auf. So geschehe es, dass keiner sich bessere, C. 283““). Tugend sei nie noch so selten gewesen und das Üble so allgemein, Lassbergs Liedersaal 2, 457. Einen Hauptgrund aber zur bittersten Klage fand Teichner in dem verwahrlosten Zustande der Gerichte seiner Zeit. Immer wieder beklagt er dieses Gebrechen. Die Bestechlichkeit der Richter und den schlep- penden Gerichtszug tädelt das Gedicht: Von den rehten und unrehten', das höchst lehrreiche Einzelheiten über das Gerichtswesen zu Teichners Zeit enthält. Eine charakteristische Stelle aus demselben setze ich in die Anmerkung”). Eben so scharf rügen dieselben Gebrechen die besonderen Gedichte: Von dem geriht', A. 65“, und Von den rihtaeren', A. 65“. In ihnen wird gezeigt, wie bei der Beschaffenheit des österreichischen Richterstandes seiner Zeit der Straffällige besser daran sei als der Kläger, der jedenfalls sein Geld verliere ohne sein Recht zu erlangen. Die Richter, so klagt Heinrich an einer anderen Stelle, A. 23", nähmen auch zu viele Rücksicht auf den Stand der Beklagten. Seien diese vom Adel, so erlange der Arme schwer sein Recht, wiewohl dies nicht im Sinne des Landesfürsten liege“). Ebenso gehe es ihm wenn *) 'Ez ist oft ein junger worden, der ſich ſchamt des vater orden und wil sich näch der muoter machen mit wunderlichen ſachen. Langez här und engiu ſcheitel, vast gepresset in ein reitel, als man vrown gezopfet siht. . . . Daz die man ſich hänt gevrouwet mit der gestalt, als ir nu ſchouwet, die hät ouch der muot gewibet, daz er selten ſtaete belibet...'Langez här und kurzen muot, ſpricht man ſuln die vrowen hän, alsó litez umb die man. Manegem ist daz här gar lanc und daz gemüete unmäzen kranc'. **) Ez vergät sich oft dä van, daz man ſetzt den kneht hin an und den herren niderhalp baz, umb die selben unmäz, daz sich ziuht der witzic kneht mit den kleidern baz und reht, dan sin her der goukelman' u. s. w. **) Sö ist diu werlt kinder vol, und hänt sie alle kindes muot, den die wärheit zorn tuot'... Daz diu werlt trºbt und jeit, daz ist lüge und valſcheit. Swer dä trahtet fruo und ſpät, daz er triu und wärheit hät, der ist niht ein werltlich ſtam, er hät einen andern nam, er heizt ein gerehter man. Dä ſcheidet sich diu werlt hin dan, diu valsch unde wandelhaft'. . . Ich hän getrahtet manec ſtunt, waz diu werlt wesen kunt, daz ezniuwan werde ſchin. Diu werlt mac niht anders gesin, wan äff du mich, so äff ich dich'. Swenne ich in al ir winkel sich, só ist niht anders ir gerine, dan daz einer des andern dinc traht und wigt und ret dä van, daz niemen alsö gebären kan, im werde ie ein meil gegeben u. s. w. *) Einer bat, ich solt im sagen, war umb diu werlt só wirt geslagen, und sich doch nieman bezzern wil? Dó ſprach ich: daz ist als vil, als ein brest heizt übersiht, daz einer mac gesehen niht, wer den selben bresten hät, waz im gar ze nähen ſtät, und ſht verr hin dan ein ſach. Mit dem selben ungemach iſt diu werlt vaft umbegeben. Einer ſiht des andern leben, waz gebresten an im fi, und daz allernähst hie bi an im ſelp, daz ist im wilt u. s. w. - ”) 'Ez ſprichet oft ein tumber kneht: in dem lant sint boesiu reht!' Daz ist gelogen, diu reht sint guot, aber boes der unreht tuot. Dan man daz reht niht boes ſol heizen, wan ez ist guot in allen kreizen, aber die sin pflegaere sint, die sint oft an frumkeit blint und mit bösheit übergangen. Swá her Gebhart kumt in d' ſchrangen, dä her Nemhart rihter ist, daz ist gar ein ungenist armer liut, in solher wäc, daz der rihter lengt den tac und verziuht eim armen man, daz erz reht niht erlangen kan. Daz heizet dan ein lantreht, ez hieze baz ein ungesleht' u. s. w. - ”) Ein arm man der leit nöt, die im ein edel man erböt. Swaz er datz dem rihter kleit, der ſach an fin edelheit und wolt im gerihten nie, unz er vür den herren gie und im selbem kleit sin ſwaer. Dó ſprach der her zdem rihtaer: “War umbe tuost du niht ein reht?" Ez ist jener ein edel kneht ſprach der rihter, der in greint(?) alsö hän ich daz gemeint, daz ich niht gerihtet hän'. Dö ſprach der herre: "Ein edelman, der sol adeliche tuon, daz er ſchaffe armen ſuon. Dä wirt edelheit an bekant. Er mac edel stn genant, aver er hät sin niht bewaert' u. s. w. Über Heinrich den Teichner. «. 173 er einem Reichen gegenüber stehe, der mit seinem Gelde das Recht zu seinen Gunsten zu drehen verstehe, A. 41"). . Traurige Erfahrungen der mannigfachsten Art, so wie die genauere Betrachtung seiner Zeit brachten Teichner, so scheint es, allmählich dahin, dass er sich von der Welt und ihrem Treiben fast gänzlich abwandte. Äusserungen, wie die in dem Gedichte: Die neue Welt, Lassbergs Liedersaal 3, 295 ff., dann in jenem: 'Der Werth der Welt, ebenda 3, 275, und 1,457, "Die alte und neue Welt, niedergelegten, auf welche ich im Allgemeinen verweise, klingen schon bitter genug, wahrhaft verzweifelt aber eine, in A. 10", begeg- nende Stelle, in welcher Teichner es geradezu ausspricht, es gebe keinen Guten mehr auf Erden. Schwester, Bruder, Vater, Mutter, niemandem könne man sich ganz vertrauen. Wer sein Gut erhalten wolle, der nehme es in seine eigenen Hände und verfüge darüber nach seinem Belieben“). Es sei zudem auch nicht zu hoffen, dass die Welt gebessert werde, denn die schärfsten Strafen selbst blieben wirkungslos, führten doch nicht zur Besserung, A. 17”). Wer Gott behagen wolle, müsse sich der Welt entziehen und sein Sinnen geradezu wider sie richten, wolle er sich retten, A. 169**). Er wandte sich also hoffnungslos von ihr und hielt das Ende der Welt mit so vielen der Biedersten unter seinen Zeitgenossen für bald bevorstehend. Dies spricht er aus in dem Gedichte: "Daz ez niht wol in der werde ſtät, A. 219. So entschwindet Heinrichs Bild unseren Blicken. Wollen wir den Gesammt-Eindruck den es hervor- ruft in wenige Worte fassen, so müssen wir es als das eines ehrlichen, frommen, nicht unbegabten, aber auch nicht genialen Mannes bezeichnen, der strenge gegen sich und andere, nicht eigentlich ein Charakter war, wozu ihn sein überweiches Gemüth wenig befähigte. So ging er, ohne Zweifel mehr duldend als fördernd, mehr betrachtend als handelnd, kaum aber beneidenswerth, einsam und düster durchs Leben. *!") Einez heizet ſmirw die hant', dó daz kom in ditziu lant, dó was dem reht der halsabe. Swie gar reht ein armer habe, im wirt dehein reht getän. Er möht al mèr dä heime beſtän, wan er in die ſchrannen wil. Die dä habent guotes vil, die erkoufent mit ir guot, daz man im kein reht niht tuot. Swie gar reht er ist bekant, der niht ze fmirwen hat die hant, daz ist ein jämerlich bejac. **) Uf der wert ist niemen guoter, ſwester, bruoder, vater, muoter, dem ich mich ergeben wolt. Swenne ich guotes haben solt, ich wolt ez hie in minen henden selp behalten, wür hin senden, die wile ich sin gewaltic waer. Alſö ſprach der Tichnaer'. **) Maneger ſpricht: Ob einer gie von der helle und seite uns hie, waz man dort ungemach erlite, dä wurde maneger gebezzert mite'. Des gelouben bin ich laere, wan ich sich wol offenbaere, einer siht den andern ſtechen, fleipfen, brennen und zebrechen üf dem rat und an der widen, und kan man den doch niht gewriden'. ”) Swer dem ſchepfer wil behagen, der muoz der werlde wider ſtän. ..diu ist üppec und betrogen. Wil er dan mit got genesen, sö muoz er zallen ziten wesen wider die werlt mit sinem muot, als ein rehter kempfe tuot'. - 174 Th. G. v. Karajan. Über Heinrich den Teichner. GANG DER UNTERSUCHUNG. Des Dichters Name. a) Zuname S. 87; b) Taufname 87 und 89. Lebenszeit. Geschichtliche Anhaltspuncte in zwöf Gedichten S. 89 bis 98. Bestätigung aus sonstigen zerstreuten Äusserungen und Untersuchung über dessen Lebensdauer S. 98 bis 99. Heimath. Nachgewiesen aus seiner Sprache S. 99; aus dem Inhalte seiner Dichtungen S. 100 bis 103. Aufenthaltsort S. 103. Bildung. Kenntnisse: a) Vorkenntnisse: Lesen, Schreiben, Sprachen u. s. w. S. 104 und 105. b) Höhere: Schöne Literatur. Deutsche National-Literatur S. 105 bis 109; Ritterlich-episches S. 106; Deutsche Heldensage S. 106; Erzählungen, Sagen, Fabeln S. 106 und 107; Welt-Chroniken S. 107; Schwaben- spiegel S. 107; Sprichwörter S. 107; Freidank S. 107; Neidhart S. 108; Wolfram S. 108; Bruder Berthold S. 108; Gedicht von S. Oswalt S. 108 und 113; Seifrid Helbling S. 108. Wissenschaftliches. Alte Welt: Aristoteles S. 109; Alexander der Grosse S. 109; Seneca und andere Philosophen S. 109; Sage vom Phönix S. 109. Kirchliches: Heilige Schrift S. 109; Commentare über diese S. 109. Dogmatisches S. 110 und 111; Processus Mariae S. 110; Kirchenväter: Hieronymus, Ambrosius, Gregorius, Anselmus, Augustinus, Bernhard von Clairvaux S. 111 und 112; Heiligen-Leben S. 112; St. Oswalt, Elisabeth, Martin, Stephan, Georg, Bartholomäus S. 112. Ergebnisse der Bildung. Ansichten: Religiöse und moralische. Gut sein höher als Wissen S. 113; Verhältniss zu Gott S. 114 bis 116; religiöse Bedenken und Zweifel S. 115 und 116; Ernste fast ascetische Richtung S. 116 bis 121; Wunderlichkeiten S. 121 bis 123; Zeit– An- sichten S. 123; Aberglaube S. 123 und 124; Naturhistorisches S. 124. Charakter. Begeisterung für die Tugend S. 125; Übung derselben S. 125 und 126; Wahrhaftig- keit und Entschiedenheit S. 126 und 127; Sittenstrenge S. 127; Lebensklugheit S. 127 und 128; Moralische Duldsamkeit, Nachgiebigkeit S. 129 und 130; Milde, Freundlichkeit S. 130 und 131; Religiöse Duldsamkeit S. 131 und 132; Verträglich- keit S. 132 und 133. «. . Lebens – Verhältnisse. Stand: Geistlich oder Laie? S. 134 und 135; Arm oder reich ? S. 135 und 136; Dienstverhältniss S. 137 und 138; Verheirathet oder ledig? S. 138; Verhältniss zum schönen Ge- schlecht S. 139 und 140; Äusserungen über die Ehe und Frauen S. 141 bis 142. Heinrich als Dichter. Didaktische Richtung S. 142 bis 145; Thätigkeit S. 145 und 146; Beliebt oder unbeliebt? S. 146; Lebensweise S. 146 und 147; Wanderungen S. 148 und 149: Werke S. 149 bis 150; Stoffe derselben S. 150 und 151; Frageformel S. 150; Erzählungen S. 151; Allegorien S. 151; Fabel, Parabel S. 151; Ereignisse S. 151; Gelungenes S. 151 bis 153; Misslungenes S. 153; Form der Dichtungen S. 154; Überlieferung, Handschriften S. 155 bis 156. Verhältniss zur Aussenwelt: Zu verschiedenen Ständen S. 158; Zum geistlichen überhaupt S. 158 bis 160; Zu Klöstern S. 160 und 161; Zu den weltlichen Ständen S. 161 bis 170; Zu den höheren S. 162 bis 164; Zu den mittleren und unteren S. 164 bis 170; Zu den Advocaten S. 164; Zu Kaufleuten und Handwerkern S. 164 und 165; Zu den Bauern S. 165; Zum Ritterwesen S. 165 bis 170; Zu seiner Zeit im Allgemeinen S. 170 bis 173. 1 75 DIE SCHULD DER TEMPLER. VON D* FREIHERRN HAMMER-PURGSTALL, wIRKLICHEM MITGLIEDE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WIssENsCHAFTEN. : : (MIT VII TAFELN) (VORGELEGT IN DEN SITZUNGEN DER PHILOSOPHISCH – HISTORISCHEN CLASSE IM JÄNNER MDCCCLIV.) Vor sechs und dreissig Jahren habe ich in dem sechsten Bande der Fundgruben des Orients in dem Mysterium Baphometis revelatum die Geheimlehre der Templer und die Schuld derselben aus den Baphometen des k. k. Antiken-Cabinetes und ihren arabischen Inschriften, aus den Sculpturen alter Templerhof-Ruinen, aus den Aussagen der Templer, die mit diesen Denkmalen roher Kunst des Mittelalters vollkommen übereinstimmen, nachgewiesen. Die Behauptung, dass ihre Geheimlehre eine gnostische, musste, nachdem seit einem halben Jahrtausend in der Geschichte alle Urkunden und Denkmale welche die Wahrheit bezeugen sollten, verschwunden waren, eine grosse Anzahl von Gegnern finden. Diese können in drei Classen getheilet werden: erstens in die welche sich für die Unschuld der Templer im vorhinein schon desshalb erklärten, weil die Templer von einem Könige und einem Papste als schuldig verurtheilt worden waren; zweitens alle Freimaurer, weil ihre Symbolik augenscheinlich die der Templer ist, und die also in der Ehre des Tempelordens die ihrer Gesellschaft gefährdet glauben; drittens die ritterlichen Liebhaber der Geschichte, welche, weil der Orden Beispiele grosser Tapferkeit und mannhafter Standhaftigkeit aufzuweisen hat, den Templern auch alle anderen Tugenden eines Ritters beilegen zu müssen glaubten, wiewohl dem ritterlichen Sinne des Mittelalters welcher den Frauen huldigte, nichts entfernter als der Geist des Templerordens. Namhafte Dichter hatten sich in der jüngsten Zeit des Gegenstandes als eines poetisch dankbaren bemächtigt und wenn Werner in den Söhnen des Thales ihre Schuld zugab, so stand doch Raynouard in seiner Tragödie: Les templiers, für die Unschuld derselben ein; es war natürlich, dass er sich als Wertheidiger derselben wider den Angriff in die vordersten Reihen stellte und die Gegenrede wider seine Einrede wurde von den Wertheidigern mit Still- schweigen übergangen, so wie Matter's Geschichte des Gnosticismus, welche die Fortdauer gnostischer Secten bis in das Mittelalter herunter beweiset. v Die Ungläubigkeit der Gegner des Mysterium Baphometis revelatum ist nur in so weit verzeihlich, als dieselben nicht arabisch verstanden und ihnen über die Richtigkeit der Leseart und Übersetzung der arabischen Inschriften kein Urtheil zustand; doch unverzeihlich ist es, dass Orientalisten von Namen und 176 v - Freiherr Hammer-Purgstall. Ruf, die ich, wie meinen seligen Freund, den Freiherrn Silvestre de Sagy, zu wiederholten Malen in Briefen aufforderte sich öffentlich zu erklären ob denn die Buchstaben, womit die lateinischen Wörter wie Cantate, Mete u. s. w. auf den Baphometen arabisch geschrieben sind, auf irgend eine andere Weise gelesen werden könnten, so dass sie irgend ein arabisches Wort bedeuteten, unverzeihlich ist es, dass bei der vorhandenen Unmöglichkeit diese arabischen Buchstaben anders als Mete und Cantate zu lesen, doch von keinem einzigen Orientalisten das verlangte Zeugniss öffentlich ertheilt ward und also auch bei nicht arabisch verstehenden Lesern der Wahrheit ihr volles Recht nicht geworden. Mit Recht sagt Herr Mignard, dessen drei Schriften“) über die Coffrets des Duc de Blacas den nächsten Anlass zu dieser Abhandlung gegeben: „Mr. de Hammer se plaint avec raison que Mr. Silvestre „de Sacy nait pas voulu voir que ces mots Mete et Cantate des inscriptions autour de l'image ne „signifient absolument rien en arabe.“ Erst in jüngster Zeit hat dieses Mitglied der Akademie von Dijon (Herr Mignard) den Fund eines der zwei Coffrets des Duc de Blacas in den Ruinen eines Tempelhofes nachgewiesen, die arabischen Inschriften des dort gefundenen Coffrets mit Hilfe eines des Arabischen kundigen französischen Officiers von Algier (Mr. de la Poterie)*) eben so wie ich richtig gelesen und übersetzt und seine Stimme zur Vertheidigung meiner Ansicht erhoben. Um so mehr ist es meine Pflicht, diese Stimme und den auf die Templer sich beziehenden Inhalt der drei Werke Herrn Mignard's zur Kenntniss der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und zur grösseren Öffentlichkeit zu bringen. Ehe ich aber von dem Inhalte dieser drei Werke spreche, ist es nöthig in der obigen Erzählung fortzufahren. Sieben Jahre waren seit der Erscheinung des Mysterium Baphometis verflossen, als mir im Jahre 1825 zu Mailand im Salon Sr. D. des Herrn Fürsten von Metternich der Herr Herzog von Blacas die von ihm veranlassten Lithographien seiner beiden Coffrets übergab, über deren Fundort er mir aber nichts Näheres anzugeben wusste, als dass der eine in Frankreich, der andere in Italien aufgefunden worden. Ich erkannte auf den ersten Blick dieselbe Abbildung des männlich-weiblichen gnostischen Idols mit den Ketten der Aionen, welche sich auf den in den Fundgruben des Orients abgebildeten Denkmalen befinden, und dieselben arabischen Inschriften. Ich erbot mich sogleich dieselben zu erklären und bat um die Erlaubniss meine, auf Kosten des Herrn Duc de Blacas zu druckende Abhandlung über seine beiden Coffrets ihm widmen zu dürfen. Indess vergingen wieder sieben Jahre, ehe meine Abhandlung deren Herausgabe Herr Reinaud auf sich genommen, unter dem Titel: Mémoire sur deux coffrets gnostiques du moyen age du cabinet de M. le Duc de Blacas, Paris 1832, mit sieben Kupfertafeln (drei von jedem Coffret und eine siebente, worauf die in den Fundgruben gegebenen Denkmale zur Vergleichung wieder- holt waren) in Druck erschien. Dieses Memoire ist nie in den Buchhandel gekommen, Duc de Blacas hat die Exemplare blos unter seine Freunde vertheilt. - Erst neun Jahre später erschien in dem ersten Bande der Collection de documents inédits sur l'histoire de France der von Herrn Michelet herausgegebene Process der Templer, und im verflossenen Jahre der zweite Band desselben. Herr Michelet sprach sich sowohl in der Vorrede des ersten Bandes als in einem in der Revue des deua mondes enthaltenen Aufsatze nach den in der Aussage der Templer vorliegenden Bekenntnissen keinesweges zu Gunsten der Templer aus. Lorsque je donnais au public la première partie de mes éclaircissements sur les pratiques occultes des Templiers, je n'avais pas sous ma main la précieuse collection des Documents inédits de l'Histoire de France; mais je viens de lire scrupuleusement cet ouvrage, et jºy ai puisé unfaisceau de preuves qui !) 1. Histoire de différents cultes, superstitions et pratiques mystérieuses d'une contrée bourgoignonne. Par Mignard. Dijon 1851. In Quart. 2. Monographie du coffret de M. le Duc de Blacas. Par Mignard. Paris 1852. Quart. 3. Suite de la monographie du coffret de M. le Duc de Blacas, ou preuves du Manichéisme de l'ordre du temple. Par Mignard. Paris 1853. Quart. *) Histoire de différens cultes, pag.78. Die Schuld der Templer. 177 corrobèrent tout ce que j'ai avancé en premier lieu. Ainsi, l'existence de l'idole ou figure barbue, point sur lequel ily a eu le plus de division, ne doit plus aujourd'hui faire l'ombre d'un doute, puisque après avoir fourni la preuve matérielle, jy ajoute des témoignages historiques irréfragables. Les voici: ar » «. L'acte d'accusation portait que les Templiers adoraient des tétes dans leurs grands chapitres et assemblées spécialement et dans les instructions que Guillaume de Paris, um des inquisiteurs, envoyait aua provinces, il ordonnait d'interroger les Templiers sur une idole qui est en forme d'une teste d'homme, à (avec) une grande barbe. 0r, le frère Jean Taillefer, du diocèse de Langres, recu membre de l'ordre & Mormans (en Bourgogne), déclara qu' on avait placé devant lui, sur l'autel de la chapelle où se fit la cérémonie d' initiation, une idole représentant une figure humaine. Herr Michelet hat sein historisches Endurtheil zwar auf die Erscheinung des zweiten Bandes der Acten, welcher alle in anderen französischen Archiven befindlichen auf die Templer, ihre Statuten und ihren Process beziehenden Acten enthalten sollte, verschoben, indem er zum Schlusse der Vorrede des ersten Bandes sagt: 1 s „La série des pièces une fois complétée et ordonnée, nous pourrons essayer de les apprécier, den „déterminer la valeur, enfin de résumer le proces, den donner lesens historique, et de mieux motiver „le jugement que nous avons hasardé ailleurs sur une si vaste et si obscure question.“ Zehn Jahre liess der erste Theil auf den zweiten warten, vor dessen Erscheinung ein letztes Wort über die Schuld der Templer zu sprechen vorlaut gewesen wäre. In demselben gibt Herr Michelet, dieser gelehrte und unparteiische Durchforscher aller templerischen Urkunden, sein aus denselben geschöpftes letztes Urtheil über die Geheimlehre und folglich die Schuld der Templer ab, er bekennt offenherzig dass er in Folge dieser Actenstücke seine von der Kenntniss derselben im dritten Bande der histoire de France zu Gunsten des Ordens ausgesprochene Ansichten wesentlich habe modificiren müssen. Du reste, fährt er fort, quelque opinion qu'on adopte sur la règle des Templiers et l'innocence primitive de l'ordre , il n'est pas difficile d'arréter um jugement sur les désordres de son dernier dge. Il suffit de remarquer dans les interrogatoires que nous publions , que les dénégations sont presque toutes iden- tiques, comme si elles étaient dictées d'après un formulaire convenu; quau contraire les aveua sont tous différents, variés selon les circonstances spéciales, souvent très naives, qui leur donnent un caractère particulier de véracité. Dieses Endurtheil Herrn Michelets, welches sich auf die Aussagen der Templer stützt, und noch mehr die Lesung der beiden Bände der Process-Acten genügt, um Unbefangene von der Schuld der Templer zu überzeugen. Ja sogar der erste Band allein und die darin enthaltenen Aussagen genügten, um in einem von Leidenschaft nicht geblendeten, oder durch anderes Interesse irre geleiteten Urtheile die vollkommenste Überzeugung von der Schuld der Templer herzustellen. Unter diese Unbefangenen gehört doch keineswegs Herr Dr. Wilhelm Havemann, der Verfasser der Geschichte des Ausgangs des Tempelherrenordens“), welche fünf Jahre nach Veröffent- lichung des ersten Bandes der Process-Acten erschienen ist. Sobald ich aus der allgemeinen Zeitung ersehen, dass Dr. Havemann zu Göttingen sich mit einer neuen Geschichte der Templer beschäftige, hielt ich es, da derselbe das nicht in den Buchhandel gekommene Mémoire sur les deux coffrets de Mr. le Duc de Blacas nicht kennen konnte, für meine Pflicht, ihm das Memoire zuzusenden; allein laut seiner Antwort kam es zu spät, um auf dasselbe gehörig Rücksicht nehmen zu können. Seine Arbeit war vollendet (son siege etoit fait, wie Vertot in einem ähnlichen Falle antwortete), dennoch nahm Herr Havemann von dem erwähnten Memoire in den letzten Bogen seines Werkes und in der Vorrede auf eine *) Geschichte des Ausgangs des Tempelherrenordens von Dr. Wilhelm Havemann. Stuttgart und Tübingen 1846. Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. 23 1 78 - Freiherr Hammer-Purgstall. die Wichtigkeit dieser Denkmale im Geiste seines Werkes (welches eine blinde Vertheidigung der Templer) ganz beseitigende und unterschätzende Weise Kunde, wodurch wir in die Nothwendigkeit gesetzt sind, noch ehe wir uns mit den jüngsten drei Schriften beschäftigen, mit einem einzigen Beweise schlagend zu antworten. Herr Havemann sagt in der Vorrede in Bezug auf das Mémoire sur les deux coffrets es ist „kein Beweis versucht, dass die obgenannten Kästchen Eigenthum der Templer gewesen, dass sie auf „irgend eine Weise unmittelbar auf den Orden Bezug hatten, dass sie an Stätten gefunden, die einst den „Templern gehörten“. «- s Der halbe Beweis, dass die obgenannten Kästchen Eigenthum der Templer gewesen, dass sie auf irgend eine Weise unmittelbar auf den Orden Bezug hatten, ist durch die Zusammenstelluug der darauf befindlichen Figuren und Inschriften mit den Baphometen des k. k. Antiken-Cabinetes geliefert worden, der ganze Beweis aber, „dass sie an Stätten gefunden worden seien, die einst den Templern gehörten“, den ich in dem Memoire unmöglich liefern konnte, weil der Besitzer der Kästchen mir selbst nicht mehr zu sagen wusste, als dass das eine in Burgund, das andere in Italien gefunden worden sei, ist nun durch die drei erwähnten Schriften Herrn Mignard's auf das genügendste und glänzendste hergestellt. Derselbe weiset nämlich urkundlich nach, dass das eine dieser Kästchen an dem bei Esserois gelegenen la Cave genannten Orte in den Ruinen des ehemaligen Tempelhofes von Voulaine gefunden worden sei“). Das in dem Mysterium Baphometis revelatum Gesagte wird aber nicht nur durch diesen Beweis des Fundortes, sondern durch die Processacten selbst gerechtfertiget, die Herr Dr. Havemann, ungeachtet sie die schlagendsten Beweise von der Schuld der Templer enthalten, auf eine vor dem Richter- stuhle unparteiischer Kritik keinesweges zu rechtfertigende Art unterschätzt und zurückweiset, wesshalb, ehe wir zu der nähern Inhaltsanzeige der drei Schriften Herrn Mignard's und zu den aus den Processaeten selbst genommenen Beweisen schreiten, noch ein paar Worte über Herrn Havemann's Buch erforderlich sind. „Wären“, sagt er S. 357 zu Ende seines Werkes, „die Vorwürfe in den Statuten begründet, nach „welchen die Aufnahme erfolgte, so hätten die Aussagen im Verhöre in allen Haupt- „beziehungen übereinstimmend lauten müssen“*). Die Gehaltlosigkeit dieser Voraussetzung wird weiter unten durch den aus den Acten selbst geführten Beweis erhellen, dass die Aussagen in allen Haupt beziehungen über ein stimmend lauten. s „Es kam“ (sagt Herr Havemann selbst S. 356) „Alles auf den Beweis an, dass der Orden in den „eigentlichsten Elementen seines Lebens, in seinen auf das Innigste von der katholischen Lehre durch- „drungenen Statuten ketzerisch sei.“ Wir werden in der Folge sehen, dass die Aussagen (die sehr wenigen der Wertheidiger ausgenommen) darin, dass der Aufzunehmende Christum verläugnen und das Kreuz anspeien musste, ein stimmig, dass also der Geist des Ordens in allen Haupt beziehungen und in seinen geheimen Statuten wirklich ketzerisch war. Die Vernommenen sprechen zu wiederholten Malen von den geheimen Statuten (puncta secreta) und dennoch folgert Herr Havemann (S. 358) auf ganz unbegreifliche Weise „dass die Richter das Dasein geheimer Statuten neben den bekannten keines- *) Voici maintenamt deua lettres de madame la comtesse Victorine de Chastenay, propriétaire du château d'Essarois : Uné de ces lettres établit la filiation du coffre, et l'autre montre les rapports de voisinage entre la maison des chevaliers du Temple de Voulaine et la contrée oü a été trouvé ce coffret. Wir verweisen auf die beiden in der Monographie du coffret de M. le Due de Blacas S. 18 in der Note gegebenen Briefe. « *) Höchst sonderbarer Weise fällt Herr Dr. H. als Recensent des II. Bandes der Processacten (Nr. 131 u. 132) selbst in den schnei- dendsten Widerspruch, indem er dort die hier oben geläugnete Übereinstimmung der Aussagen wider Herrn Michelet vertheidigt: „Die Aussagen der Geständigen,“ sagt er, „eoncentriren sich in den Puncten der Anklage (und) Zeugen fast zur völligen Identität.“ Diese von Herrn Dr. H. in seinem Werke geläugnete, in seiner Recension behauptete Identität besteht nur in den vier Haupt- puncten der Anklage, Alles Übrige trägt, wie Herr Michelet sagt, selbst durch die Naivität der Aussagen den charakteristischen Stämpel der Wahrheit an sich. - Die Schuld der Templer. «- 179 wegs argwohnten“. In den bekannten Statuten und in der vom heiligen Bernard dem Orden gegebenen Regel konnte freilich von der Verläugnung Christi keine Rede sein, da aber fast alle Vernommenen in der Beschreibung ihrer Aufnahme einstimmig melden, dass, nachdem sie eingekleidet waren, sie auf die Seite in der Capelle oder hinter den Altar geführet worden, wo ihnen von den Aufnehmenden die Verläug- nung Christi und die Anspeiung des Kreuzes zugemuthet ward, da bei der Weigerung des Aufzunehmenden der Aufnehmende bei dem so eben geleisteten Schwur in Allem den Statuten des Ordens zu gehorsamen, sich auf die geheimen Puncte desselben berief, so konnten die Richter unmöglich, wie Herr Havemann sagt, das Dasein geheimer Statuten keineswegs arg wohnen. Dass alle Aufgenommenen welche die Zumuthung der Verläugnung Christi und die Anspeiung des Kreuzes aussagten, darüber einstimmig, dass sie Christum nur mit dem Munde und nicht im Herzen verläugneten, dass sie das Kreuz nicht selbst anspieen, sondern nur auf die Seite spieen, ist ganz natürlich, weil sie durch das Bekenntniss der wirklichen Verläugnung Christi und der wirklichen Anspeiung des Kreuzes schon im Voraus ihr Todes- urtheil gesprochen hätten. Die Aufnehmenden beschwichtigten das Gewissen der sich weigernden Aufzuneh- menden, indem sie ihnen sagten, sie könnten, wenn sie dies für Sünde hielten, dieselbe ja in der Folge beichten; sie konnten beichten wo sie wollten, aber nicht wem sie wollten. Nec poterant, absque licencia, nisi sacerdotibus ordinis confiter“) quod non debebant confiteri nisi fratribus vel donatis presbyteris dicti ordinis“). Precipiebatur quod non confiterentur nisi presbyteris ordinis sine eorum licencia“). Absque licencia non poteramt nisi sacerdotibus ordinis confiteri*). Indessen war dieses Verbot keinem andern Priester als denen des Ordens zu beichten, nicht immer dem Aufzuneh- menden eingeschärft, non fuit ei inhibitum quod non confiterentur nisi sacerdotibus ordinis*). Die Aufnehmenden lachten manchmal über die Gewissenszweifel der Aufzunehmenden: quibus sic factis, dictus 0do incepit subridere quasi dispiciendo ipsum testem, ut sibi visum fuit“), und sagten ihnen, dass es nur Scherz: et cum pse testis diceret quod hoc nullo modo faceret, dictus frater Raynaudus diait eidem ridendo: Non cures, quia hoc non est nisi quedam truffa") – ein andermal trieben die Aufnehmenden die Heuchelei so weit, dass sie über die Einfalt und Verlegenheit der Aufzunehmenden und über die Noth- wendigkeit dies von ihnen fordern zu müssen, bitter weinten: et dictus frater Guido amare flevit quando precepit ei quod abnegaret Ihesum, dirit ei quod hoc oportebat eum facere, et quod non haberet pro malo, quia hoc erat de punctis ordinis et pse idem fecerat; et si volebat, poterat de hoc confiteri et purgare conscienciam suam“) et flevit dictus receptor et dirit, quod hoc mullum displicebat sibi, quia oportebat fieri supra dicta et quod abnegarent ore non corde. Nach diesem hier nöthigen Vorworte über Dr. Havemanns Werk gehen wir zur näheren Inhalts- anzeige der drei Schriften Herrn Mignard's und von dieser zu den Aussagen des Templerprocesses über, in welchem das in dem Mysterium Baphometis revelatum Gesagte vollkommen bestätigt wird. Von den beiden Coffrets des Herrn Herzogs von Blacas hat Herr Mignard sich ausschliesslich mit dem in den Ruinen des Tempelhofes von Voulaine gefundenen beschäftigt und von dem zweiten, welches von Volterra in Toscana stammt, keine Kunde genommen; wir hingegen werden hier von dem in drei Schriften des Herrn Mignard zur Genüge erläuterten ersten Coffret grösstentheils Umgang nehmen und dafür um so ausführlicher von dem zweiten sprechen, dessen Beschreibung einen Theil des nicht in den Buchhandel gekommenen Mémoire sur les deux coffrets de Mr. le Duc de Blacas bildet. Wir würden das erste Kästchen hier ganz und gar mit Stillschweigen übergehen, wenn es uns nicht darum zu thun wäre durch die Lesung und Übersetzung der Inschriften einen schlagenden Beweis (weil das Kästchen in einem alten Tempelhof aufgefunden ward) der *) Procès des Templiers, p. 517. *) Ebenda p. 226. *) Ebenda p. 438. *) Ebenda p. 563. *) Ebenda p. 505. ") Ebenda p. 531. 7) Ebenda p. 510. *) Ebenda p. 628. 23 * 180 Freiherr Hammer- Pu rgstall. Übereinstimmung der Aussagen der Templer mit dem in einem ihrer Häuser aufgefundenen Denkmale aufzustellen und zweitens die Behauptung, dass die Baphomete des k. k. Antiken-Cabinetes sich augen- scheinlich auf die gnostische Secte der Ophiten beziehen, zu wiederholen, während Herr Mignard die auf dem Coffret von Voulaine befindlichen Abbildungen als der ketzerischen Secte der Manichäer oder Katharen angehörig erklärt. Zur Erreichung des erwähnten doppelten Zweckes werden hier (Taf. VII, 1) die Figuren eines Gefässes des k. k. Antiken-Cabinetes, welches dieselbe arabische Inschrift trägt, welche die beiden Kästchen des Herrn Herzogs von Blacas aus den Fundgruben des Orients wiederholt, von dem aber durch Herrn Mignard besprochenen Coffret alle Reihen der Abbildungen, nämlich die des Deckels und der beiden Seiten den Zeichnungen Herrn Mignard's nachgestochen, welche genauer als die mir vom Herrn Herzog von Blacas mitgetheilten Lithographien, weil auf jenen der in den erwähnten Lithographien nicht herausgehobene Charakter des Mannweibes getreuer abgebildet worden ist. Die anderen Zeichnungen (Taf. IV, V, VI), welche die Abbildungen des in Italien aufgefundenen Kästchens vorstellen, sind denen des nicht in den Buchhandel gekommenen Mémoire sur les deux Coffrets nachgestochen. Herr Mignard hat den Bart der Mete, welcher in den Lithographien des Herrn Herzogs v. Blacas fehlt, mit Recht als vorhanden vorausgesetzt, und ehe er wusste, dass jene Lithographien vom Duc de Blacas, und nicht von mir herrühren, mich dieser Unterlassungssünde beschuldigt, hierüber aber besser aufgeklärt, die Beschuldigung zurückgenommen. - Die männlich-weibliche Mete (so schreiben die arabischen Inschriften das Wort) hält in beiden Händen die Ketten der Aionen, hat ober dem Kopfe Sonne und Mond , zu den Füssen den Druidenfuss, einen Stern und den Todtenkopf. Die arabische Inschrift zur Rechten der Mete lautet: (Taf. I) - - - - - - - - - Dies ist die Mete des Gürtels und Sieben, du läugnest den Allerhöchsten Tp oxto z. Über die Form der Buchstaben ist nur zu bemerken, dass bei dem Worte du (Ente) der Punct des Nun statt oben unten angesetzt ist und dass das Elif und Ta fehlt, da aber das Wort Ente auf den arabischen Inschriften der Baphomete des k. k. Antiken-Cabinetes vor Monkir klar zu lesen, so kann über die wahre Leseart trotz des mangelnden Elifs und Ta kein Zweifel sein. In der arabischen Inschrift zur linken Seite der Mete hat der unkundige Stecher noch mehr Ver- wirrung angerichtet, nicht nur durch Versetzung von Wörtern, sondern auch von Buchstaben; so gehören die beiden Wörter Kane neslna, das ist: „unser Stamm ist oder sind“ zu dem auf der anderen Seite stehenden sebaa (sieben) nämlich unser Stamm sind sieben (die sieben Aionen, die wie die Glieder einer Kette zusammenhängen), und so finden sich diese Wörter richtig auf einander folgend in den Inschriften der templerischen Denkmale des k. k. Antiken-Cabinetes; ausser dieser Wörterversetzung sind auch die Buchstaben des kane versetzt, indem das Nun vor Neslna, das Kefelif (Ka) aber hinter dem- selben steht. Das folgende Wort heisst, Náschi: d. i. der Sprossende (germinans), das hierauf folgende heisst: unsere Rückkehr; das letzte ist abermal Tif (TpoxTog), nur verkehrt, wie noch heute das Wort Hu (Jehova) auf den Schrifttafeln der Klöster der Derwische recht und verkehrt geschrieben zu lesen ist, eine Schreibart, die auch jüngst bei den Siegelstechern in Europa zur Mode geworden. Da die Stecher dieser Inschriften des Arabischen unkundig waren, so darf die Verwirrung welche sie durch Versetzung von Buchstaben und Wörtern sich zu Schulden kommen liessen, nicht im geringsten Wunder nehmen; wer mit griechischen und römischen Inschriften bekannt ist, weiss am besten, wie oft in denselben Schreibfehler oder Versetzungen von Buchstaben vorkommen. Dies ist die wahrscheinlichste Erklärung der in diesen arabischen Inschriften vorherrschenden Verwirrung von Wörtern und Buchstaben; es ist aber auch möglich, dass diese Versetzung eine absichtliche gewesen sei um die zwar des arabischen Die Schuld der Templer. H. 181 Alphabetes, aber nicht der ganzen Formel Kundigen über die wahre Leseart und den Sinn derselben irre zu führen. Die Inschrift zur Linken lautet also auf arabisch: - -:- (-:-). - - G- OE) - u- o fuit origo nostra germinans reditus noster est Fpoxro, auch das Wort Meäbná ist entstellt, oder viel- mehr umgekehrt, indem zuerst na dann das schlecht ausgefallene ma mit einer Oberlänge, dann das mea (Mim Elif) steht; alle diese Wörter befinden sich auch auf anderen Inschriften templerischer Denkmale und sind in dem Mysterium Baphometis revelatum zur Genüge erklärt worden, nur die zwei kurzen Inschriften ober dem Kopfe und zu den Füssen der Mete finden sich nirgends anders und verdienen ganz besondere Beachtung. Zu den Füssen (Taf. D steht mit arabischen Buchstaben geschrieben das lateinische Wort: Cantate a UöY Dieses Wort ist nebst dem der mit arabischen Buchstaben geschriebenen Mete aus ein unwiderleg- licher Beweis, dass diese Inschriften nicht rein arabisch, sondern mit lateinischen und griechischen Wörtern gemengt von Europäern zur Verhüllung ihrer gnostischen Lehre und Liturgie vor Prophanen vermengt worden waren. Es ist unmöglich die arabischen Schriftzüge, womit die Wörter Mete und Cantate geschrieben sind, auf irgend eine andere Weise zu lesen und den Sinn irgend eines arabischen Wortes darein zu legen. Ich habe schon meinen seligen Freund Frh. S. de Saçy vergebens aufgefordert, aus diesen Buchstaben den Sinn irgend eines arabischen Wortes herauszubringen und alle Arabologen werden sich vergebens bemühen diese arabischen Schriftzüge anders als wie sie wirklich gemeint sind, nämlich als Mete und Cantate zu lesen. Also Cantate, singt oder lobsingt, was die in diese Geheimlehre Eingeweihten singen oder lob- singen sollen, steht ober dem Kopfe geschrieben, Jalla Sidna (U2- aM) U2. W Ya 0 Gott unser Herr! – Es ist unmöglich, dass die Aussage des Templers Raimond durch einen schlagenderen Beweis als diese Inschrift bestätiget werde. In den Acten des Processes bei Dupuy (p. 94) heisst es: Raimond Rubui déposa, „que les autres pour l'adoration de l'idole, ubi er al depict a figura Baffo meti; et le supérieur, baisant cette idole, dit: Ya lla verbum saracenicum.“ » In seiner Geschichte sagt Dupuy hierüber: „Un autre ajoute cette particularité que le supérieur montrant l'idole, dit ce mot sarrasin Yhalla.“ Wer immer in Vorderasien gereiset, hat das Wort Jallah, d. i. O Gott! oft genug gehört. Sidna, unser Herr! ist allen gebildeten Europäern schon vom spanischen Cid her bekannt, so wie die Araber in Spanien den christlichen Helden Sid, d. i. den Herrn, nannten, so ward Sidney Smith in Syrien und Ägypten nie anders als Sidna, d.i. unser Herr! angeredet. Dieser Gott und Herr der Geheimlehre der Templer ist hier in dem Mannweibe Mete oder Baphometus vorgestellt, ubi erat depicta figura Baffomeli. Wiewohl Baffomet bei den Schriftstellern des Mittelalters auch als Verstümmelung von Mohammed vor- kömmt, so ist in den Aussagen der Templer doch nie der Prophet, sondern das Mannweib Mete gemeint, das auch Baphometus genannt ward, dessen Etymologie als Bapm Mºrg Nicolai wohl richtig getroffen hat, wiewohl ihn Dr. Havemann desshalb ungerechter Weise angreift. Die Taufe der Mete war keine Wasser- taufe, sondern eine Feuertaufe, wie sie auf einer der schmalen Seiten des Kästchens von Volterra abgebildet ist (worauf wir weiter unten zurückkommen werden), wo der Neophyte mit dem Hintern auf dem brennen- den Holzstosse liegt, was nur eine Symbolik ihrer schändlichen Mysterien. Die Wassertaufe ist auf der entgegengesetzten schmalen Seite des Kästchens abgebildet, wo der zu Taufende mit Wasser begossen aus einem die weibliche Scham vorstellenden Gefässe hervorschlieft, das sich deutlicher auf dem Gefässe des k. k. Antiken-Cabinetes befindet, wo unter der Sonne das aus der Mutter hervorschliefende Kind. 182 Freiherr Hammer-Purgstall. Von den drei Schriften des Herrn Mignard, die zur näheren Besprechung vorliegen, zerfällt die erste i. J. 1851 zu Dijon geschriebene in zwei Theile deren erster die römischen Alterthümer bei Esserois, der zweite die des Mittelalters beschreibt; die ersten sind durch sieben Kupfertafeln erläutert, die zweiten durch zwei andere Lithographien deren eine den Plan des alten Tempelhofes in dem la Cave genannten Orte (wo das templerische Kästchen in den Ruinen gefunden worden), die andere den Deckel des gefundenen Kästchens nach der Lithographie meines Mémoire sur les deuv coffrets de Mr. le Duc de Blacas nach- gestochen enthält. - Wir übergehen hier, als nicht in den Kreis dieser Abhandlung gehörig, die erste Hälfte der römischen Alterthümer, nämlich das Geschichtliche des alten Apollotempels ) gänzlich und erwähnen blos der zweiten Hälfte welche das an den Ufern des Flüsschens la Cave aufgefundene Kästchen mit seinen Inschriften als ein templerisches gnostisches bespricht; das zweite im folgenden Jahre zu Paris erschienene und dem Sohne des Herzogs von Blacas gewidmete Werk“) (97 S. in Quart) gibt erst die schon oben erwähnten Urkunden über den Fundort des Kästchens in den Ruinen des alten Templerpriorats von Voulaine an den Ufern des Flüsschens la Cave, und zieht aus den veröffentlichten Processacten alles was zunächst auf die Abbildungen des Kästchens und auf das Templerpriorat von Voulaine Bezug hat“). Nach diesen Tempelaufnahmen welche nur zunächst die Gegend von Dijon betreffen, ist der folgende Abschnitt, Recherches sur l'origine du reniement exprimé dans l'inscription du coffret par le mot Tanker, etc., et sur la valeur de l'épithéte latine g erminans, blos der Untersuchung über den Sinn der beiden arabischen Wörter Tanker du verläug nest und Naschi sprossend, gewidmet, welche theils aus den Lehren der Gnostiker, theils aus den Aussagen der Templer erkläret werden, und worüber wir weiter Nichts zu bemerken haben, da das Resultat derselben ganz mit dem was in dem Mysterium Baphometis revelatum gesagt worden, übereinstimmt. Die einzige diesem Werke beigegebene Kupfertafel ist der in meinem Mémoire sur les deuw coffrets de Mr. le Duc de Blacas gegebenen nachgestochen und mit diesem fällt das von Herrn Mignard Gesagte zusammen. «- Nicht so das dritte“) welches schon in dem Titel die Verschiedenheit der Meinung des Verfassers von dem Mysterium Baphometis revelatum ankündiget, indem es die Templer aus den Abbildungen des in den Ruinen ihres Priorats gefundenen Kästchens für Manichäer erklärt, indessen auf den in dem k. k. Antiken-Cabinete befindlichen Denkmalen deren Zeichnung dem Mysterium Baphometis revelatum bei- gegeben ist, ihre Geheimlehre sich als die der Ophiten darstellt. Ob sie nun Manichäer oder Ophiten gewesen seien, ist in Bezug auf ihre Schuld und auf die Anklage einer von den Lehren der Kirche abweichenden Ketzerei ganz und gar gleichgiltig. Sei ihre Geheimlehre die der Ophiten oder die der Manichäer gewesen, so waren sie immer Ketzer. In der That finden sich auf dem zu Voulaine befindlichen Kästchen keine der ophitischen Vorstellungen welche auf dem Gefässe des k. k. Antiken-Cabinetes so grell in die Augen springen, und welche, in der siebenten, dem Mémoire sur les deux coffrets de M. le Duc de Blacas beigegebenen sieben Kupfertafeln abgebildet, als die fünfte auch dieser Abhandlung beiliegt. Hier züngeln die Ophiten mit den Schlangen die sich um ihre Schenkeln, ihre Arme und ihren Rücken winden; auf dem templerischen Kreuze (dem griechischen T, das schon in der Apokalypse als Stirnenmaal *) Historique d'un temple dédié à Apollon. *) Monographie du coffret de M. le Duc de Blacas. Paris 1852. *) J'ai lu avec soin les deux volumes de la collection des Mémoires inédits sur l'histoire de France, relatifs au procès des Templiers, et j'ai remarqué que la cérémonie de l'initiation était généralement la méme pour tous, à part les épisodes divers auaquelsont donné lieu le caractère, la simplicité ou la susceptibilité de chacun. Toutefois, pour ne laisser aucun doute sur l' existence d'aussi étranges initiations, je vais ciler des faits, en choisissant plus particulièremen ceux qui se rattachent au prieuré de Voulaine, aua commanderies qui en dépendent, et, enfin, à quelques anneves du diocèse de Langres. *) Suite de la monogra- phie du coffret de M. le Duc de Blacas, ou preuves du manichéisme de l'ordre du Temple. Paris 1853. Die Schuld der Templer. 18Z vorkömmt) hängt nicht der Heiland sonder die Schlange als der Gegenstand ihrer Verehrung. Diese Abbildungen lassen über die Natur des Ophitendienstes welchen die Kirchenväter näher beschreiben, keinen Zweifel übrig. Übrigens aber befindet sich auf demselben Gefässe ganz getreu dieselbe mann-weibliche Figur, wie auf dem Deckel des burgundischen Templerkästchens, die Mete deren Kopfbedeckung die der Cybele ist, und die in den Händen die Ketten der Aionen hält. Diese Figur und die beigegebene arabische Inschrift, welche ganz dieselbe wie die auf dem burgundischen Templerkästchen, stellt den Beweis her, dass das Gefäss des k. k. Antiken-Cabinetes und das burgundische Templerkästchen einer und derselben Geheimlehre, nämlich der der Templer angehören. Die Verschiedenheit der übrigen Abbildungen ist mir übrigens bei der Beschreibung dieses Kästchens im Mémoire sur les deux coffrets von selbst aufgefallen und ich habe durch die Anführung der vom Papste Gregor IX. an die Bischöfe von Hildesheim, Minden, Lübek und Ratzeburg wider die Ketzerei der Stedingianer gerichteten Bulle dieselben einigermassen zu erklären gesucht. Ich gestehe, dass Herrn Mignard's Forschungen und angeführte Stellen, deren Resultat die vollkommene Über- einstimmung der Abbildung des templerischen Kästchens mit den Lehren der Manichäer und Katharisten, befriedigender ist und dass daraus der Schluss zu ziehen, dass die Stedingianer selbst eine verderbte Secte der Manichäer oder Katharen waren. Herrn Mignard's Folge der Monographie wiederholt nicht nur die schon in der zweiten Mono- graphie gegebene Abbildung des Deckels des Kästchens, nämlich der Mete mit Sonne und Mond ober dem Kopfe, mit Stern, Todtenkopf und Druidenfuss unter den Füssen (in der verbesserten Zeichnung mit dem Barte), sondern stellt unter dieselbe drei Figuren desselben Idoles aus den Kupferplatten des Mysterium Baphometis, deren eine auch den Stern, den Todtenkopf und den Druidenfuss hat, und wodurch also der volle Beweis, dass die baphometischen Denkmale des k. k. Antiken-Cabinetes eben so wie das in den Ruinen des Tempelhofes zu Voulaine gefundene Kästchen den Templern angehören, vollkommen hergestellt ist. Die erste lithographirte Tafel des dritten Werkes stellt den Ursprung des Sturzbaches la Cave, die drei anderen die auf der Vorder- und Rückseite, dann auf der rechten und linken Seite des Kästchens befind- lichen Abbildungen vor. - Im Eingange der Folge der Monographie verbreitet sich Herr Mignard umständlich über den mann-weiblichen Charakter der Mete, die er als Intelligence übersetzt, und welche von den Gnostikern Sophia, Charis, Ennoja, Sige, Barbelo, Prunike, Photine u. s. w. genannt ward, und welche der heilige Geist der Gnostiker; der erste Aion welchem die anderen sieben folgten, deren Vorbild die sieben Amschespande der Perser und die sieben Gaben des heiligen Geistes; er führt die wider die Manichäer gerichteten Stellen des heiligen Augustin an, nach deren pantheistischer Lehre der leidende Jesus in allem Samen der Bäume, Kräuter, Menschen und Thiere erschien ). Herr Mignard bezieht mit Recht auf diese Vorstellung nicht nur das Germinans der arabischen Inschriften der templerischen Denkmale und das qui germinare facit des Templer-Processes, sondern auch die schändliche Masturbation der Abbildungen des Kästchens. (Taf. III, E) Auf diesen Abbildungen sind die Sacramente der Taufe und der Eucharistie, jene durch die Feuer- taufe der Sodomie (Taf. II, C) diese durch die Masturbation (Taf. III, E) entheiligt. Mit Recht erklärt Herr Mignard“) das kleine Bild der Vorderseite (Taf. III) als den Splenditen ens der Manichäer oder Katharisten, welcher die Kleinen zu sich kommen lässt, von denen einer auf dem Krokodil (dem Symbole der Welt) reitet, der andere vom Splenditenens an sich gezogen wird; auf der linken Seite des Splenditenens steht der Steuermann des Lichtschiffes in demselben mit dem Steuer in der Rechten, und Zur Rechten des Splenditenens ein ihn krönender Engel welcher (damit ja kein Zweifel über die Schänd- *) Pag. 23. –*) Pag. 33. 184. Freiherr Hammer-Purgstall. lichkeit dieser Symbole obwalten möge) ein Skelet des Rückenwirbels im Arme hält. Herr Mignard sagt: „Purifier la partie venant de Dieu par la séparation d'avec celle venant de son antagoniste la matière, et aller chercher cette partie divine jusque dans les plus infames émanations du corps de l'homme et de la femme et jusque dans les mystères les plus secrets de la conception, telle était la conséquence of la triste doctrine de Manès conduisait ceux qui l'avaient adoptée.“ Wir verweisen, was die Details betrifft, auf das Werk Herrn Mignard's und bemerken nur, dass bei dem Opfer der Masturbation der Hierophante die achtzinkige Krone (das Symbol der gnostischen Ogdoas) trägt. Das über die Schulter hängende Wehrgehänge ist in den Lithographien Herrn Mignard's sehr schwach, in denen des Mémoire sur les deua coffrets sehr deutlich ausgedrückt, so wie überhaupt die Lithographien des Mémoire sur les deux coffrets (den dort fehlenden Bart der Mete abgerechnet) weit schärfer und deutlicher als die der Werke Herrn Mignard's. w Zur schändlichen Masturbation des templerischen Opferpriesters, welche in einem Ecke der Abbildung durch die emporgehaltene Opfertasse zum Theile verdeckt wird, ist in der anderen Ecke die unverdeckte Parallele des Cultus welchen die Anbetenden den Hoden der Mete erweisen; der Oberpriester hat auch zwei unten enge, oben weite Säcke anhängen, in welchen vermuthlich umgekehrt die auf der Opfertasse befindlichen Karafen stacken. Damit über die Bedeutung dieser Karafen als Symbol kein Zweifel übrig bleibe, schlieft, wie schon oben gesagt worden, aus dem auf dem Gefässe des k. k. Antiken–Cabinetes abgebildeten der Kindskopf hervor, und das arabische Wort Karafet ist als Carafe ins Französische und in andere europäische Sprachen übergegangen“). «. Der Beschreibung des burgundischen Templerkästchens hat Herr Mignard noch eine Statistique de la milice du Temple ressortissant du grand prieuré de Voulaine, autrement dit grand prieuré de Champagne angehängt. g * Wir gehen nun zur Beschreibung des zweiten Kästchens des Herrn Herzogs von Blacas über, von welchem Herr Mignard in seinen drei Schriften gar keine Kenntniss genommen und welches wir hiermit (da das Mémoire sur le deux coffrets nicht in den Buchhandel gekommen) mit den drei dazu gehörigen Litho- graphien zur Öffentlichkeit bringen. Wir beginnen mit der Hauptseite, worauf sich die arabische Inschrift befindet, diese lautet abermals mit versetzten Wörtern und mit einiger Verschiedenheit von den anderen sowohl auf den Denkmalen des k. k. Antiken-Cabinetes, als auf dem templerischen Kästchen von Voulaine befindlichen Inschriften“) º DU UN- neslnanartiſ, unser Stamm ist das Feuer des Hintern. Die Bestä- tigung dieser Inschrift befindet sich in der Abbildung. Nun folgt in der arabischen Inschrift ein höchst wichtiges, auf keinem der anderen bekannten arabischen templerischen Inschriften vorkommendes Wort, nämlich: Äs das griechische Bap) und hernach als Mete, wovon die erste Hälfte, nämlich das Mim und Elif sehr deutlich, die zweite Hälfte das Te aber entweder ganz ausgelassen, oder in dem Striche ober dem Elif zu suchen ist. Hier ist also Nikolai's Vermuthung welche Herr Havemann so wegwerfend behandelt hat, dass Bafometus nichts als eine Verstümmelung der Taufe der Mete sei, auf das Unwidersprechlichste gerecht- fertiget, und es kann darüber, dass alle diese Vorstellungen bafometische und also templerische seien, nicht mehr der geringste Zweifel obwalten. Die Taufe der Mete ist unter der arabischen Inschrift vorgestellt, indem zwei nackte Eingeweihte die Karafe welche das weibliche Zeugungsglied vorstellt, über das Feuer halten, um dieselbe zu verbrennen, *) Daher das deutsche Karafindel; wie die Karafel in das Französische als carafe übergegangen, so auch das arabische Dscharet Gle- als jarre, das el–garet 53- als Algarade, das Meskin G- als mesquin, das Machſen C # als magasin, die fard et 2? als farde, der Scherbet Cº - als sorbet u. s. w. –*) Auf dem Steine fehlen die Puncte der Pà Die Schuld der Templer. »- »- 185 so dass die Leseart: Unser Ursprung ist das Feuer, hierdurch commentirt wird; ein anderer auf einem Widder oder Bocke reitender nackter Eingeweihter mit einem Schlachtmesser in der Hand schlachtet das Opferthier dessen Blut in ein darunter gesetztes Gefäss quillt; die zweite Linie enthält die auch auf anderen arabischen Inschriften dieser Art befindlichen Wörter: CY S- und Sieben waren, worauf in den anderen Inschriften erst das Wort ne sln a folgt, hernach LX - Monkeri verläugnend, wobei das Ente du, welches sich auf den anderen Inschriften klar befindet, in ein Nun oder Ja mit zwei Puneten unterhalb verderbt ist, so wie das Mim des Wortes Monkeri die Gestalt eines He hat. M. Da mein seliger Freund S. de Sacy in einem seiner Briefe Zweifel darüber erhoben, ob das Wort Monkir unbedingt als renegans übersetzt werden könne, so werden für Orientalisten ein Paar aus classi- schen Werken der Araber genommene Beispiele hier an ihrem Orte sein. In dem sechsten Bande der Charidet, d. i der grossen Blumenlese imád-eddin's des Staatssecretärs Ssaläheddin's) befindet sich das folgende Distichon des ägyptischen Dichters Abdállah B. Ismail: 3. -- =-- - - - - - * - E.- U-– M. - - Läugne nicht, dass du zu viel gelobt! Läugnen Gärten ihre Feuchtigkeit? dann sagt der Dichter Ebül-Hasan Ibnol-Ds chemil aus Tripolis: - * * *s- , “ , ſº G- - * -> O-2 - - - Die Menschen geizen mit der Freundschaft und Tractaten, Die Fernsten läugnen nur, die Nächsten die verrathen.”) Das arabische Wort nekere heisst läugnen, abläugnen, die Templer läugneten die Gottheit Christi, sie wollten aber desshalb nicht für Apostaten gelten, in welchem Falle sie das Wort morted hätten gebrauchen müssen. is Wie auf dieser längeren Seite des Kästchens von Volterra das Opfer des Widders oder Bockes vor- gestellt ist, so wird auf der anderen entgegengesetzten der Cultus des Stieres, oder vielmehr des Kalbes, von den ebenfalls ganz nackten Eingeweihten mit Kränzen, Schnarren, Karafen gefeiert. Am Fusse des Altars worauf der Stier, oder vielmehr das Kalb steht, liegt eine Halbtrommel und ein Blasebalg, um keinen Zweifel überzulassen, dass dieser Altar eigentlich ein Ofen sei und dass es sich auch hier um die Feuertaufe handle, welche auf dem Kästchen von Voulaine durch einen Ofen worauf der Einzuweihende sitzt (Taf. II, C), und auf der schmalen Seite des Kästchens von Volterra (Taf. V, H) durch einen flammenden Scheiterstoss vorgestellt ist, worauf der Einzuweihende rücklings liegt; auf der entgegengesetzten schmalen Seite des Kästchens ist die der Feuertaufe entgegengesetzte Wassertaufe (Taf. V, G) vorgestellt, indem der zu Taufende aus dem karafenartig geformten Gefässe (woraus auf dem im k. k. Antiken-Cabinete befindlichen Gefässe der Kindskopf hervorschlieft) sich herausdrängt; auf dem oben angebrachten Postamente ist eine Eule welche der Handlung zusieht. Die Abbildungen des Kästchens von Volterra stellen also nebst dem Opfer des Widder s und dem Cultus des Kalbes, blos die Wasser- und Feuertaufe vor, welche letzte in der arabischen Inschrift als Taufe der Mete bezeichnet ist, so dass die Abbildungen mit der Inschrift vollkommen zusammenpassen und sich gegenseitig erklären. Es bleibt uns also nur über die Verehrung des Kalbes noch ein Wort zu sagen übrig. -- 1) Pariser Handschrift Nr. 137, Bl. 131. – *) Pariser Handschrift Nr. 1374, Bl. 195, Kehrseite. Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. »- «. 24 186 Freiherr Hämm er-Pur gs tall. Ibn Wa hschijé “), der bekannte arabische Schriftsteller des zehnten Jahrhunderts unserer Zeit- rechnung, der in Europa durch die englische Übersetzung seines Werkes über die alten Alphabete“) bekannt, gibt in diesem Werke (S. 90) als die Abbildung des grössten Geheimnisses einen geflügelten Skarabäus mit gekröntem Menschenkopfe und der Tafel eines Diagrammes in den Händen; er nennt diese Figur Bahomid mit dem Beisatze Charuf, d. i. das Schaf. Das Wort Charuf könnte vielleicht als ein Schreibfehler für Charnuf (pudendum mulieris) gedeutet werden, aber wahrscheinlicher meinte Ibn Wahschijé hiedurch nichts als die Achamoth, den gnostischen Aion, den die Templer Mete, die Gnostiker aber auch das Schaf“) nannten. » Das Männchen des Schafes ist der Widder, der hier auf der Tafel der arabischen Inschrift geschlachtet wird und der also keines weiteren Commentares bedarf, das Kalb das auf der anderen Seite auf dem Altare, oder vielmehr auf dem Ofen steht und welchem durch die Eingeweihten mit allerlei Instrumenten gehuldiget wird, ist zunächst wohl mit dem Cultus des Kalbes bei den Drusen welche schon zur Zeit der Templer bestanden, verwandt, kann aber auch seine nächste Verwandtschaft mit dem Apis nicht verläugnen, indem der rechts von dem Anschauenden stehende Eingeweihte in der linken Hand das sogenannte Henkelkreuz (crux ansata) (Taf. I) welcher aber auch zugleich das Kreuz und der Stab der Templer, und in der rechten Hand eine Rolle worauf ein Vogel abgebildet ist; diese Rolle findet ihre Erklärung am besten in dem mächtigsten aller moslimischen Amulete welches schon in der encyklopädischen Übersicht der Wissen- schaften des Orients (S. 494) abgebildet ist und unter welchem die Verse: » Der Mond und die Plejaden, Ein Vögelein das Körner frisst, Der Name dess der Ewig ist, Hiermit hat Salomon die Geister vorgeladen. Wiewohl in der jüngsten Zeit die Erklärer der Hieroglyphen die in dem Henkelkreuze vormals nur den Nilschlüssel sahen, das Henkelkreuz als die Hieroglyphe des göttlichen Lebens erklären, so habe ich jedoch in demselben nie etwas anderes, als was es den Templern bedeutete, nämlich das Symbol der zeugenden Kraft, so wie in den karafenförmigen Gefässen das Symbol der gebährenden gesehen. Ein Seiten- stück zu den auf diesem Kästchen abgebildeten Orgien befindet sich hier nach der Kupferplatte des Mysterium Baphometis revelatum abgebildet (Taf. VII, 1). * Was den Gebrauch dieser Kästchen bei den Templern betrifft, so vermuthet Herr Mignard (was nichts weniger als unwahrscheinlich), dass dieselben zur Aufbewahrung der geheimen Gürtel bestimmt waren, welche in dem Processe der Templer eine so grosse Rolle spielen und welche von dem gewöhnlichen Gürtel der Mönche wohl zu unterscheiden; dieselben waren vermuthlich grün und schlangenförmig und wir begründen diese Vermuthung wieder aus arabischen Texten. Der ägyptische Dichter Ahmed B. Belál sagt Gn der Charidet“): * =---- ------ -– J.-G.- - - - * - - - - - - - - - - - - *) In der Literaturgeschichte der Araber V. Bd., S. 404. –*) Antient Alphabets and hieroglyphies explained by Ahmed bin Abubekr bin Wahshid (Wahschijé) and in english by Joseph Hammer. London 1806. – *) Et quoniam erravit Achamoth extra pleroma, et quaesita est a salvatore manifestare eum, dicunt in eo quod dixit semet pervenisse ad eam quae erravit ovem Irenaeus. Opera, éd. de Paris. 1710, pag. 39 et 80. – *) Pariser Handschrift S. 151, Kehrseite. Die Schuld der Templer. 187 Mir nah'te von den Ben Nach all Ebü Säid, ein voller Mond zumal, Der als ein Christ nur nach dem Kreuze trachtet, Und dann am Tag des Fest's ein Opfer schlachtet, Der gürtet sich mit seines grünen Gürtels Kraft, Und dessen Wuchs gerad wie Säulenschaft. Merkwürdiger als diese Stelle ist die folgende des ägyptischen Dichters Modschbir B. Mohammed, welcher i. J. 540 (1 145) gestorben, und welcher, als zur Feier des über die Kreuzfahrer bei der Brücke von Kairo erfochtenen Sieges das Zelt der Freude (Chaimetol-ferah) aufgeschlagen ward, in seinem Sieges- gedichte die geschlagenen Kreuzfahrer gerade als Schlangen brüder anspricht: Die Schlangenbrüder sind's, die zweifeln an der Welt, Seitdem sie, mit der Brust im Staub', zum Trank gefällt. * --Vºg - G- es - - - - - - - - Dieses Distichon bezeichnet die Schlangenbrüder als Weltverächter und Trinker. Wer konnten im Heere der Kreuzfahrer wohl die Schlangenbrüder sein, welchen noch überdies der Staub in dem sie gefället worden, als Trinkort angewiesen wird ? wer konnten sie anders sein, als die Templer denen nicht nur von den Arabern das zu viele Trinken zum Vorwurf gemacht ward, und welche die Welt verachten (deren Symbol das Krokodil, dem sie die Kinder entreissen.) Der Gürtel war schon bei den Gebern das Zeichen der Priesterweihe und des reinen Feuerdienstes; die Moslimen welche den Gürtel an der Kutte der Einsiedler und Mönche sahen, hielten denselben auch für ein äusseres Zeichen des Christenthums, und die Dichter (besonders die persischen) schrieben denselben ohne Unterschied sowohl Gebern als Christen als das Unterscheidungszeichen ihres Glaubens zu. - Die Vermuthung, dass der Gürtel schlangenförmig sich um die Lenden schlang, wird durch einen der Baphomete des k. k. Antiken-Cabinetes bestätigt, dem sich die Schlange um die Mitte als Gürtel schlingt. Dieses Idol, die Vorstellung der ophitischen Orgien auf einem baphometischen Gefässe des k. k. Antiken- Cabinetes, worauf dieselbe Inschrift wie auf dem im Tempelhofe zu Voulaine gefundenen vorkommt, und diese Anrede des ägyptischen Dichters dürfte wohl als Beweis genügen, dass die älteste Geheimlehre der Templer nicht die der Manichäer oder Katharen sondern die der Ophiten gewesen, wesshalb sie der ägyptische Dichter als Brüder der Schlangen (Achueſs-ſsill) anspricht. - Nach der Beschreibung der beiden Coffrets des Herrn Duc de Blacas, deren eines durch seinen Fundort im Tempelhofe zu Voulaine von Herrn Mignard als ein templerisches erwiesen worden ist, und das dieselben arabischen Inschriften trägt, wie die baphometischen Denkmale des k. k. Antiken-Cabinetes und wie das zweite aus Volterra herstammende Kästchen, auf welchem die Feuertaufe der Mete nicht nur bildlich dargestellt, sondern auch in der arabischen Inschrift ausgesprochen ist, nach der Beschreibung dieser beiden Kästchen, durch welche die im Mysterium Baphometis revelatum enthüllte Schuld der Templer die vollkommenste Bestätigung erhält, wenden wir uns zu den Acten des Templerprocesses, deren erster Band erst zwölf Jahre nach der Erscheinung jener Abhandlung in den Fundgruben veröffentlicht worden und also als bestätigender Beweis nicht früher benützt werden konnte. Durch diese Acten erhält nicht nur die Anklage von der Verläugnung Christi und der Anspeiung des Kreuzes, sondern auch die auf templerischen Denkmalen abgebildete Feuertaufe die vollste Bestätigung. - Wir wollen diese bestätigenden Aussagen immer mit genauer Anführung des lateinischen Textes nach der Ordnung, wie sie im Processe vorkommen, anführen und jedesmal die Stelle welche der Aussagende im Orden bekleidete, genau bezeichnen, um hiermit der Behauptung Dr. Havemann's, „dass die Geständigen 24 * 188 sæ Freiherr Hammer- Purgstall. meistens nur Servienten, mit wenigen Ausnahmen, den derben Beschäftigungem der Kriegsknechte, Auf- wärter, Handwerker, Hirten, Landbauer angehörtem, und dass ihre, dem höherem Ständem angehörendem Gebieter zum Theile von denselben ausgeschlossem gewesem seien*') — geradezu vermeinend entgegen zu tretem und dem unparteiischem Urtheile über diese Aussagen (welehe Herr Havemamn , nicht gibt) freien Lauf zu lassen. Darüber, dass diese Commission der Richter keine weltliche, sondern eine geistliche, micht vom Könige, sondern vom Papste ausgegangene gewesen sei, hat Herr Mignard das Nöthige bemerkt, und wir setzen desshalb dessem Worte hierher: „Les commissaires royaux avaient d'abord ahuri les accusés et leur avaient quelquefois arraché des aveux par la violence: aussi les Templiers, et leur grand maître em particulier, protestèrent-ils, et lorsqu'ils furent en présence des hauts dignitaires ecclésiastiques, qui eon- duisirent les débats avee ealme et ménagement, les Templiers reprirent de l'assurance, et leurs dépositions respirèrent toute liberté. C'est parmi ces dépositions dignes de confianee, que j'ai étudié eette grande affaire, laquelle ne doit plus être, ce me semble aujourd'hui, en litige, gräee au do eum ent imp ortant que j'ai pu fournir à la sciemee, et qui eadre si biem avec l'esprit et avec le fomd des aveux faits devant l'autorité ecclésiastique**). - - 1) Gleich die erste der hier Zusammengestellten Aussagen, die eines sechzigjährigem Greises, ist die eines Vorstehers eines Tempelhauses (Preceptor domus Templi de insula Bohardi); er sagt aus, dass der ihn aufnehmende Präceptor ihm bei der Aufnahme gesagt: quod oportebat eum abnegare Dominum nostrum, non recollens (recolligens) si Jhesum vel Christum vel Crucifixum nominavit, sed dixit ipsi testi quod totum est unum — dixit quod dictus frater qui eum recepit, dixit sibi quod spueret super quandam parvam crucem que erat ibi, et ipsi ad mandatum ejusdem semel spuit juxta dictam aucem*). - 2) Johan n es Taylafer de Gene (frater serviens) abnegavit semel Christum, dixit quod fuit sibi preceptum ut spueret supra crucem*). - & 3) Der Engländer Jo fi a n n e 8 d e H í n q u e m e t a : precepit sibi quod negaret ter Jhesum et quod spueret super quamdam crucem oblatam ibidem ; adiciens se abnegasse Jhesum ad preceptum dicti militis, ter, ore, non corde, et spuisse ter juxta dictam crucem *). - 4) Hu g ue t u 8 de B u r i s ward von seinem Bruder (fratre serviente preceptore die te domus) aufgenommem ; hier ist der klarste Beweis, dass die Servienten des Ordens keineswegs, wie es Herrm Havemamn die Wahrheit zu entstellen beliebt, blos Kriegsknechte, Aufwärter, Hirten und Landbauer, sondern wirkliche Vorsteher von Tempelhäusern, welehe also das geistige Lebem des Ordens sehr wohl erfassen konntem ; unter dem Servienten waren nicht blos Geistliche zu verstehen, welehe dem Orden auch in den höchsten Ämtern dientem. Interrogatus per que verba negaverat Jhesum, respondit quod per hee verba: Je r e mey Dieu, je reme y Die u, je r eney Die u °). 5) G e ra r d u 8 de P a 8 a g i o. Item dixit quod, post predictum juramentum per eum prestitum, fuit eidem ostensa quedam crux lignea et petitum ab eo si eredebat quod hoe esset Deus, et eum ipse respon- disset quod erat ymago crucifixi, fuit ei dictum quod non crederet hoe, immo erat quoddam frustrum ligni et Dominus noster erat in celis. — Item dixit quod post premissa fuit sibi preceptum quod spueret super dictam crucem et pedibus conculcaret eandem, et ipse spuit super eam, sed tamen noluit eam conculcare, nisi pedam crucis, propter ejus reverenciam'). • 6) G u a ufr e d u s de Tatam (frater) ward ebenfalls von einem Laienbruder, der damals Präeeptor, aufgenommen: predictus frater Joannes, precepit eidem, priusquam induisset sibi mantellum ordinis, quod abnegarat ter Jhesum, et abnegavit ter, ut dixit: Je reney Jhesu, je reney Jhesu, je rem ey 4) Gesehiehte des Ausgangs des Tempelherren-Ordens S. 372. — *) Monographie du Coffret de M. le Due de Blaeas. Paris 1852. p. 43. *) Procès des Templiers I, p. 179. — *) Ebenda p. 188. — 8) Ebenda p. 193. — ") Ebenda p. 206. — 7) Ebenda p. 213. Die Schuld der Templer. 189 Jhesu. Post modum dictus preceptor fecit aportari quamdam crucem, precipiens eidem testi quod spueret super eam, et spuit juxta eam, non tamen voluit, ut dixit, spuere super eam'). er g 7) Raym o n d u s d e Vas s ín í a cho (miles) precepit ei quod abnegaret crucem mantelli, et spueret super eam, et calcaret eam pedibus in despectu illius qui fuerat crucifixus in ea; et ipse testis adimplens mandatum abnegavit dictam crucem*). — Item, dixit quod in predicta recepcione sua fuit ei dictum per dictum receptorem suum quod secundum p u n et a ordinis debebat eum osculari in ore et in umbilieo, et precepit quod oscularetur eum in dictis locis, et ipse osculatus fuit eum in ore et super vestes existentes super umbilieum, sed non super carnem nudam*). Nee dixit dicto militi quod posset eommiscere se eum aliis fratribus, quia dictus miles erat senex. Sed bene dixit hoe dicto Bertrando, qui erat juvenis *). 8) B aldoynus de sancto Justo (Prä ceptor) sagte von seiner eigenem Aufnahme aus: Preceptor dixit ipsi quod abnegaret Deum, et eum dictus testis perterritus facere recusaret, subjunxit dictus frater preceptor quod oportebat eum ita facere, aliter male accideret sibi*), hier erscheint bereits der wierte. Laienbruder als Präeeptor, Vorsteher eines Tempelhofes, während es Herrn Dr. Havemamm gefallem hat, alle Templer-Laienbrüder zu Hausknechten des Ordens zu machem. 9) G% || letus de En crey o (frater serviens) praecepit ei dictus frater Johannes (der fünfte Laiem- bru der Prä eeptor) quod spueret super dictum librum (Missale); et dictus frater Johannes declaravit, carnaliter poterant commisceri *). • • « 10) Jaeob us de Tre eis dixtus frater Rudolphus (der se ehste Laienbru der Präeeptor) dixit ei quod abnegaret Nostre Sire qui pependit in cruce et ipse respuit hoe facere, sicut dixit, sed postmodum timens quod interficerent eum, ut dixit, quia habebant ibi unum magnum evaginatum ensem, abnegavit ter dicendo, ter ore, sicut dixit, sed non corde: „J e reni Nostr e Sir e, post- quod quam vos vultis* '). 11) Johann e s B e r t al d i (Serviens) respondit quod in recepcione sua ille qui recepit eum, imposito sibi mantello, precepit ei quod abnegaret Jhesum, et quod spueret super crucem. Ipse timore ductus cum primo resisteret, et non prodesset ei, et receptor diceret ei quod professus erat, et quod, nisi faceret predicta, poneretur in quadam fovea, abnegavit ore, non corde *). - 12) Joh, an nes de Thar a (Praeceptor) respondit quod in recepcione fratrum dicti ordinis, facie- bant eos communiter vovere, eastitatem, obedienciam et vivere sine proprio, et postmodum abnegare Jhesum Christum. Requisitus quomodo abnegaverat ipse Christum, respondit quod tradito sibi mantello . dictus preceptor precepit ei quod abnegaret Christum. — Juravit tune insuper, ut dixit, se conservaturum bona Templi et seeretum e apitulorum et ordinis*). . 13) und 14) Fratres Petr u s de Claramon te et Ja c o b u s d e Vi a Parìs ì a (Servientes). . Precepit (recipiens) dicto fratri Petro quod abnegaret Christum, quid hoe erat faciendum secundum ob servam ei am ordinis et quod eciam debebat spuere supra crucem et facere oscula supradicta. — Finaliter ad ejus mandatum abnegavit Christum"). •_ Die 0b servancia ordinis ist hier gleichbedeutend mit den geheimen Statutem, die oben schon als puncta ordinis vorgekommen sind und sogleich wieder vorkommen werdem. . In recepcione autem dicti fratris Jacobi, dixit fuisse servata illa que supra deposuit fuisse facta in recepcione sua“). • - 15) G alte r u s de Burìs (frater) dixit preceptor quod secundum pun eta or dimis eorum debebat abnegare Christum — et quod adhue eciam secundum puncta ordinis debebat spuere super crucem'*). 1) Procès des Templiers I, p. 222. — *) Ebenda p. 233. — 8) Ebenda p. 234. — *) Ebenda p. 235. — *) Ebenda p. 242. — ") Ebenda p. 250. — 3) Ebenda p. 254. — 8) Ebenda p. 270. — 9) Ebenda p. 291. — 10) Ebenda p. 293. — 11) Ebendà p. 293. — **) Ebenda p. 297 190 Freiherr Hammer-Purgstall. 16) Stephanus de Dìvìone (presbyter'), also ein Priester und kein Laienbruder) preceptor dixit quod secundum o b s e r van eias or dimis eorum recepti debebant osculari in ano receptores*) respondit se jurasse quod non revellaret se ereta ordinis et capitulorum nee modum recepcionis sue *). 17) 0do de Dona Petra (presbyter), also abermals ein Priester und kein Laienbruder, post que precepit sibi idem receptor quod spueret super ymaginem Crucifixi que erat indicto missali, et ipse testis spuit non super ipsam ymaginem Crucifixi nec super librum sed prope ipsum. — Item precepit eidem dictus receptor, ut dixit, quod ipse abnegaret Crucifixum cujus ymago erat in dicto libro. — Item dixit ei idem preceptor quod secundum observaciones ordinis eorum ipse testis debebat ipsum receptorem osculari retro in amo — sed quia ipse testis erat presbiter, remittebat sibi osculum supradictum*). 18) Garne rìu8 de Ven e 8 i (Serviens) postque dictus receptor precepit eidem testi quod spueret supra dictam ymaginem Crucifixi existentem in libro — quia dixerat sibi quod istud erat de pu n ctis , ordinis. Postmodum idem preceptor precepit eidem ut dixit quod abnegaret Deum et cum ipse testis de hoe dolens reluctaretur dixit ei dictus receptor: „ne timeas oportet te facere quia hoc est preceptum ordinis.“ Et tune abnegavit ore, non tamen, corde. Quibus peractis ad preeeptum ipsius preceptoris fuit eum osculatus in carne nuda dorsi inter Zonam et bragale *). •v -» 19) Aimericus de Burìs (presbyter), also ein Priester und zwar ein seehzigjähriger. Item dixit quod predictus receptor precepit ei quod abnegaret Dominum et abnegavit; postmodum precepit ei quod spueret super ymaginem Crucifixi, que erat in dictu libro, et ipse spuit non supra sed juxta ; et insuper fuit oscu- latus dictum receptorem primo in ore et postea super camisiam supra bracale, sed dictus receptor precepit ei quod oscularetur eum magis infra et predicta dicebat esse dictus receptor de statutis ordinis '). 20) A r b e rtus de Colu m pn îs. Et postmodum dictus receptor traditit sibi mantellum ordinis quo tradito precepit ei quod spueret super ymaginem Crucifixi depictum in ipso libro — et dixit ei quod predicta debebant fieri secundum p u m ct a ordinis. Item precepit ei quod abnegaret Deum — Quia hoe oportebat eum facere secundum pu m cta o r dinis. Item dixit eundem receptorem precepisse eidem quod oscularetur eum retro in amo et cum ipse testis instaret ne faceret osculationem predictam, dictus receptor dixit quod secundum pu m e ta o r dimis debebat facere predicta nisi remitteretur ei '). 21) Theobaldus de Tav e r n í a co (Serviens). Et dictus receptor dixit ei ostendendo sibi Crucem existentem super altare in qua erat ymago Christi depicta: abnega illum qui representatur per effigiem illám existentem in Cruce — et ipse respondit: Quomodo possem abnegare creatorem meum? et receptor respondit ei quod abnegaret eum ore et non corde quia hoe erat de pum etis ordinis — postmodum de mandato ipsius receptoris osculatus fuit ipsum receptorem retro circa zonam super carnem nudam. Precepit ei insuper — quod spueret contra dictam Crucem et ipse spuit juxta eam *). 22) Petrus de L o ys o n (Serviens). Quibus peractis recesserunt dicti duo fratres astantes de capella et ipse remansit cum receptore prope altare, in quo erat quedam Crux lignea erecta eum ymagine Crucifixi depicta, et precepit ei dictus receptor quod abnegaret dictam Crucem *). Postea precepit ei quod spueret super dictam Crucem et spuit juxta eam, deinde precepit ei quod oscularetur eum retro super braeale, quia oportebat sie eum facere "). 23) Joham m e s Quem tîm î (Serviens). Quo tradito (mantello) fecit eum jurare quod servaret secreta ordines et quod obediret quibuseumque mandatis sibi faciendis per superiores suos dicti ordinis: post quod quidem juramentum dictus receptor dixit ei quod secundum consuetudinem ordinis oportebat eum negare Deum et precepit ei quod negaret. — Postmodum dictus receptor accepta quadem Cruce enea de altari in 1) Procès des Templiers I, p. 301. — *) Ebenda p. 302. — 8) Ebenda p. 304. — *) Ebenda p. 307. — *) Ebenda p. 312. — ") Ebenda p. 317. — 7) Ebenda p. 324. — 8) Ebenda p. 325. — °) Ebenda p. 328. — 40) Ebenda p. 329. Die Schuld der Templer. 1 91 ºp qua erat ymago Crucifixi precepit eidem testi quod spueret super eam – quod ita oportebat eum facere quia sic erat in ordine consuetum“). Durch den Schwur allen Befehlen des Aufnehmenden zu gehorchen und die Geheimnisse des Ordens nicht zu verrathen, gab sich der Aufzunehmende im Voraus gefangen. 24) Johannes de sancto Ques to (Serviens). Etjurare fecit eum (receptor) super quemdam librum quierat missale quod servaret bonus usus et bonas consuetudines ordinis, et quodteneret secreta capitulorum“). Diese guten Gebräuche und Gewohnheiten des Ordens waren die gleich auf diesen Schwur geforderte Verläugnung Christi, Anspeiung des Kreuzes und der Kuss auf den Hintern. Postque dictus receptor habens in manu sua quamdam crucem ligneam, in qua erat depicta ymago Crucifixi precepit ei quod abnegaret Deum et spueret supra dictam Crucem – post premissa dictus receptor precepit ei quod osculatur eum in ano et levavit vestes suas – et ipse testis fuit eum osculatus in carne nuda inter bracale et zonam*). 25) Johannes de Brandlis (presbyter), also ein Priester und kein Laienbruder. Fecit um jurare super quoddam missale quod esset obedienspreceptis domus Templi et quod non revelaret secretaeorum – et apperto dicto missali, et ostensa ymagine Crucifixi qüe erat in dicto missali, predictus preceptor dixit ei quod abnegaret Deum et quod spueret super dictum ymaginem – finaliter, quia precepit ei quod hoc faceret in virtute juramenti prestiti per eum abnegavit ore non corde et spuit non supra dictam ymaginem sed juxta. Dixit eiinsuper dictus receptor quod secundam observanciam ordinis debebat eum osculari in dorso super carnem nudam sed quia erat presbyter remittebatei osculum supradictum. Item precepit dictus receptor quod quando celebraret non diceret verba per que fit consecratio et confectio sacramenti *). Der letzte Zusatz, welcher nur von Priestern und nicht von Laien begehrt werden konnte, ist sehr wichtig, weil er mit der auf den Coffrets abgebildeten Entheiligung der Eucharistie in Verbindung steht. 26) Bartholomeus de Glano (Serviens). Et fecit (receptor) eum jurare super quemdam librum, in quo erat ymago Crucifixi depicta ut sibi videtur, quod servaret secreta ordinis et quod esset obediens superioribus suis. In Folge dieses geleisteten Doppelschwures, die Geheimnisse des Ordens nicht zu verrathen und den Oberen zu gehorchen, ward sogleich das Unglaubliche gefordert. Postque precepit ei quod abnegaret Deum et quod spueret super ymaginem predictam quia hoc debebat facereut dixit secumdum puncta ordinis; dixit insuper quod sifratres indigerent lecto accommodaret eis suum et quod permitteret eos jacere cum eo*). «- 27) Rayman dus de Villa Mostrue (Serviens). Postque precepit eidem testi quod spueret super dictam Crucem et quod negaret Deum – quia dictus receptor dixit ei quod hoc debebat fieri secumdum puncta ordin is non fuit ausus contradicere quia timebat“). - 28) Symon de Corbone (Serviens). Postque (nach der Übergabe des Templermantels und dem oberwähnten Schwure) idem receptor attulit quamdem Crucem ligneam, in qua erat depictaymago Crucifixi et precepit ei quod spueret super dictam Crucem "). 29) Gobert us de Silhi (Serviens). Postmodum tradititsibimantellumpostque precepit ei quod spueret super quamdem Crucem Veterem ligneam paryam pictam – postmödum precepit ei quod abnegaret Deum“). 30) Johannes de Vive riis (Serviens). Juravit supra quemdam librum castitatem et obedientiam suis superioribus vivere sine proprio et servare secreta ordines, postque dictus frater. Postque dictus frater apportavit quamdam Crucem ligneam, in qua erat depicta ymago Crucifixi, quam posuit super terram et dictus receptor precepit ei quod spueret super dictam Crucem et quod oscularetur ipsum in ano, et ipse levavit eidem receptori vestis et finxit se osculari eum versus Bracale; postea precepit ei quod abnegaret Deum et negavit ore non corde, quia dixit ei receptor quod predicta erant de preceptis ordinis et libenter 1) Procès des Templiers I, p. 335. – *) Ebenda p. 339. –*) Ebenda p. 339. – *) Ebenda p. 342. – *) Ebenda p. 345. – ") Ebenda p. 349. – 7) Ebenda p. 351. –*) Ebenda p. 353. «. -- 192 Freiherr Hammer- Purgstall. (testis) ex tune exivisset inde si ausus fuisset'). Diese Einschüchterung durch angedrohtem Kerker, oder andere Gewaltthat findet sich in mehrerem Aussagem und sind sehr matürlich in dem Munde der Aussagendem, die darin ihre Entschuldigung fandem. - 31) Matheus de Tillego der siebenzigjährige Laienbruder. Diese Aussage zeichnet sigh dureh die grössere Redseligkeit des Alters aus. Er sagt klar, was wir schon oben bemerkt, dass alle die Schändlich- keiten kraft des geleisteten Schwures gefordert wurden: et dixit ei (receptor) „Venite vos promissistis obedire mihi et estis meus subjectus, et accepit unam Crucem ligneam de altari veterem et dixit ei quod abnegaret figuram illam, et ipse testis junctis manibus dixit ista verba: h a! sir e, pour Dieu mer eis quo modo hoc facerem? et receptor respondit, quod oportebat cum facere predicta quia erat subjectus suus et tunc negavit dictam figuram ore non corde ; post quam abnegacionem precepit quod spueret super eam, et ipse finxit se spuere sed sputum non emisit; postmodum precepit quod oscularetur eum in carne nuda et discoperuit circa femur et ipse osculatus eum in anea (ano?) circa illum, postmodum dixit ei ista verba: et devant aliquantulum levando sibi vestes ; per quod intellexit ipse testis quod injungeret quod deberet eum osculari ante circa femoralla; verum tamen non euravit dictus receptor quod fieret dictum oseulum**). 32) Sym o m de Lech u n o (frater). Postque dictus receptor vocavit reum juxta quamdam archam supra qua erat quedam crux lignea et precepit ei quod in despectum Dei spueret super eam — quia ita debebat facere secundum ob servaneiam religionis eorum, — dixit ei insuper quod negaret Deum — et quod oscularetur in ano *). « : «* 33) Johannes d e B o île n c o u rt (frater). Confessus se abnegasse Deum in recepcione sua *). 34) Pet r u s de Po i g n e n c o r t (frater). Postque precepit ei, quod abnegaret Deum — quod hoe oportebat eum facere, quia hoc erat de pun ctis ordinis — postmodum precepit ei quod spueret super quamdam.Crucem metallinam, in qua erat ymago Crucifixi, quia hoc erat eciam in punctis ordinis, — et ultra hoc erat alias punctus scilicet, si aliquus ex fratribus ordinis requirebat eum quod eommisceretur cum eo debebat hoc pati *). • 35) Petrus de B o u c h eu r e s (frater). Postmodum dictus receptor ostendit ei ymaginem Crucifixi et precepit quod abnegaret dictum Crucifixum, quod oportebat ei predictum facere, quia erat de punctis ordini s — postea precepit ei dictus receptor quod oscularet eum in umbilico et retro in spina dorsi in earne nuda, quia oportebat eum facere predicta secumdum puncta ordinis — non scit si commiscebantur fratres earnaliter sed de dicta commiscione fuit ei preceptum quod super desposuit "). 36) Johannes de Polh e í court (frater) dixit predictum receptorem dixisse eidem quod secundum puncta ordinis debebat eum osculari retro suptus zonam in squina '). - 37) G e ra / du8 de Causso (miles) dixerunt ipsi testi et aliis duobus qui recepti fuerunt eum eodem ostendentes dictam Crucem quod abnegaret Deum et cum ipsi responderent se non facturos, dixerunt quod hoc oportebat eos facere et evaginaverunt enses, quos portabant, et tunc ipse testis et predicti duo recepti cum eo exteriti inermes abnegaverunt Deum *). & - 38) Derselbe sagt vom der Aufnahme eines ungenamntem Priesters zu Toulouse aus: traxerunt dictum receptum in angulo dicte aule et verterunt dorsa sua aliis et videtur ei quod fecerunt eum abnegare Deum *). Der Aufgenommene war ein Priester. 39) R u dolphus de Gisi (Serviens). Preceptor domus Templi et reeeptor Campamie pro domino rege Francorum. Dienender Bruder, Vorsteher eines Tempelhauses und Aufnehmer im Namen des Königs vom Frankreich, also selbst ein hoher Beamter des Ordens. Er unterscheidet sehr genau zwischen dem ursprünglichen *) Procès des Templiers I, p. 356. — *) Ebenda p. 360 u. 361. — 8) Ebenda p. 366. — *) Ebenda p. 369. — 8) Ebenda p. 374 u. 372. — ") Ebenda p. 375. — 7) Ebenda p. 378. — 8) Ebenda p. 386. — 9) Ebenda p. 389. - Die Schuld der Templer. .- - 193 Statutem (der Ordensregel des heiligen Bernards) und den geheimen Artikeln welehe die Verläugnung Christi und Anspeiung des Kreuzes forderten: Quamdiu fuit servata regula eis tradita (a beato Bernardo) ordo bene profecit. Postmodum nescit a quo nec quando fuerunt introducti errores in ordine contenti in articulis unde in recepcionibus fratris ordinis apportabatur unum missale, in quo erat ymago Crucifixi vel alia Crux et precipiebatur illis qui recipiebantur a receptoribus quod negarent Deum vel Jesum Christum et quod spuerent super ymaginem vel supra Crucem. Dicebatur eciam eisdem receptis in recepcionibus eorum quod si habent calorem naturalem quod poterant carnaliter commisceri cum fratribus eorum et recepti osculabantur receptorem inter umbilieum et pectus in carne nuda *). 40) Hu go de Calm o n t e (miles). Et dictus frater receptor (abermals ein Laienbruder receptor) dixit ei quod ex quo factus erat frater miles Templi oportebat quod abnegaret Deum. Postque dictus preceptor domus extraxit quamdam Crucem ligneam ; et precepit ei quod spueret super eam et dixerunt quod haec erant secreta ordinis *). 41) Adam de Vollem court (frater, receptor, miles). Hier ist also der Soldat Welchen Dr. Havemann als einen den Geist des Ordens zu fassem unfähigen Zeugen abweiset, der Vorsteher eines Tempelhauses und so auch der Aufnehmende welcher von seiner eigenem Aufnahme aussagt, dass er vom Bruder Peter Normann miles et preceptor aufgenommem worden. Precepit dictus frater eidem testi quod diceret Jhesum Christum esse falsam prophetam. — Et quod spueret super quamdam Crucem ligneam de parvo altari assumptam et super quoddam sedile collocatam *). v 42) Pe t r u s d e B o cli (frater, miles). Preceperunt ei quod abnegaret Deum, dixerunt eciam ei, quod oporteret eum spuere super Crueem *). • � . 43) Guido Delph in i (frater, miles). Der Aufnehmende ist wieder ein Krieger. — Etdictus miles precepit ei, quod abnegaret Deum, quod abnegaret la propheta (sic); postmodum precepit ei quod spueret super quamdam Crucem, nescit ligneam aut metallinam que erat juxta dictum altare. — Postmodum dixit ei dictus miles, quod si haberet calorem naturalem porterat commisceri earnaliter eum fratribus ordinis*). 44) R ay n a u d u s d e Tr e mp / a í o (frater). Curatus ecclesie Templi Parisiensis. Hier ist der Auf- genommene und Aussagende also wieder ein Priester und zugleich Pfarrer der Tempelkirche zu Paris. Postque preeepit ei (reeeptor) immediate quod abnegaret Deum et spueret super Crucem mantelli"). 45) Jo han n e 8 de Sancto Lupo (serviens). Etinduit vestes ordinis et preceperunt ei, quod abnegaret Deum et ipse respondit: quomodo posset hoc facere, et ipsi dixerunt, quod hoe oportebat eum facere et nisi hoe faceret punirent eum in tali loco ubi haberet pati. — Postmodum preceperunt ei, quod spueret super crucem mantelli unius eorum sibi ostensam — credit, quod reciperentur alii communiter in ordine secundum quod deposuit se fuisse receptum et quod abnegarent Deum et preciperetur, quod spuerent super crucem '). . 46) Albertus de Can e//is (miles) preceptor bailivie insule Sicilie. Der hier Aussagende ist abermals ein Krieger, und zugleich Worsteher der Tempelballei in Siciliem. Post que dictus frater dixit idem testi ostendento Crucem mantelli, quod ille qui fuerat crucifixus in cruce erat falsus propheta et quod non crederet in eum, nee haberet spem, nee fidem in eum, et quod in despectum ejus spueret super Crucem mantelli ipsius testis, et eum ipse testis responderet, quod nulla modo hoc faceret et incepisset flere, dictus frater posuit unam manum ad eultellum armorum quem portabat et aliam manum posuit superspatulis dicti testis et fuit comminatus, quod jugularet et projiceret eum in latrinam, que erat juxta dictam cameram nisi faceret quod sibi injungebat et tune dictus testis timore mortis ut dixit dixit *). *) Procès des Templiers I, p. 394 u. 395. — *) Ebenda p. 404. — 8) Ebenda p. 411. — *) Ebenda p. 414. — 3) Ebenda p. 417. — ") Ebenda p. 425. — 7) Ebenda p. 436. — 8) Ebenda p. 432. Denkschriftem der philos.-histor. Cl. VI. Bd. 25 194 • Freiherr Hammer- Purgstall. Postmodum dixit ei quod oscularet eum retro in spina dorsi et in umbilico dicens quod hoc non fiebat pro malo sed ita servabatur in ordine'). ¢ .* 47) Philipus Ag a te (frater serviens, preceptor), dienender Bruder der zugleich Vorsteher eines Tempelhauses, sagt aus: Et ipse abnegavit in receptione sua et recepit duos et mandavit quod aliqui ex astantibus facerent eos abnegare Deum. Befragt wo und von wem er aufgenommen wordem, mennt er den diemenden Bruder Alveretus, der damals Präceptor der Normandie, und einen anderem diemenden Bruder Andrea de Rosaio, Vorsteher des Tempelhofes de ara vallis Dionysi. Post que duxit eum ad quamdam cameram, in qua induit sibi vestes ordinis et preeepit ei quod abnegaret Deum — et praedictus praeceptor subjunxit: oportet te hoe facere et tunc ipse testis dixit: abnegatus sit*). 48) Bartholom a e u s de Tr e c í s (frater serviens). Dixerunt quod oporteret eum abnegare Deum et spuere super quamdam Crucem — respondit quod nullo modo faceret hoe. Tamen nihilominus abnegavit ore non eorde et spuit non super sed juxta quamdam Crucem ligneam*). 49) 0th o de An on e (frater serviens). Precepit quod abnegaret Deum et quod spueret super quamdam Crucem, abnegavit Deum ore non corde et spuit non supra sed juxta dictam Crucem*). 50) L am b ertus de Co r m ell í s (frater). Deinde precepit ei quod abnegaret Deum vel Jhesum, sed non recolit (recolligit) bene si dixit Deum vel Jhesum. — Finaliter abnegavit Deum vel Jhesum ore non corde; postmodum precepit ei quod spueret super quamdam Crueem ligneam nescit a quo allatam, positam super quamdam sedem de palea, et ipse spuit non super sed juxta*). 51) Robertus de Cor meliis (frater) precepit ei (preceptor) quod abnegaret Deum et quod spueret super dictam ymaginem Crucifixi et quod eum oseularetur retro in spina dorsi, quia hoe erat de preceptis sed non expresse de quibus preeeptis scillieet ordinis vel alterius alieujus superioris"). • 52) Thoma8 de Jam v alle (Jemville) (presbiter), ein Priester also und kein diemender Bruder, dixit sibi (preceptor) quod abnegaret Deum et quod spueret super quamdam Crucem metallinam — et dictus testis respondit: quomodo possum hoe facere? dictus frater Galterus (er war aufgemommen wordem durch den diemenden Bruder Garimum de Grandi Villarii, welcher damals Worsteher eines Tempelhauses) subjunxit: oportet hoc vos facere, quia hoc est de punctis ordinis. — Postmodum dixit ei quod secundum pun eta ordinis poterat eum fratribus earnaliter eommisceri etipsi eum eo; et dixit ipsi testi quod debebathoe pati'). 53) R o b e r t u 8 le B r i o ys (Serviens preceptor domus Templi). Abermals ein diemender Bruder, Vorsteher eines Tempelhauses. Postquam dictus frater P. Gande duxit eum ad quamdam cameram et eam firmavit interius et dixit ei, quod ex quo erat allegatus ordinis et ordo sibi, oportebat quod ipse sciret statum eorum et faeeret que ipse preciperet ei — P. precepit ei, quod abnegaret Deum — quod oportebat eum hoe facere, quia ita faciebant omnes, qui recipiebantur in dicto ordine — et tune ipse testis valde dolens et tristis racione juramenti per eum prestiti et timore ductus abnegavit Deum ore non corde. Post- modum precepit dictus frater P. quod spueret super quamdam crucem metallinum, in quo erat ymago Crucifixi, quia hoc debebat facere secundum dicta puncta ordinis. — Postmodum dixit ei quod secundum dicta puncta ordinis poterat earnaliter eommisceri fratribus ipsius ordinis et debebat pati quod alii com- miscerentur eidem *). . 54) G îu e l m u s de Platea (frater serviens, preceptor) domus d'Oysemont. Abermals ein diemender Bruder, Vorsteher eines Tempelhofes*). 55) Der fromme Franciscaner (religiosus vir frater Stephanus de ordine fratrum minorum) qui diee- batur aliqua scire de contentis in articulis super quibus inquirunt domini commissarii nach dem Schwur auf *) Procès des Templiers I, p. 426. — *) Ebenda p. 428. — 8) Ebenda p. 434. — *) Ebenda p. 437. — 5) Ebenda p. 440. — ") Ebenda p. 442. — 7) Ebenda p. 445. — °) Ebenda p. 451 u. 452. — °) Ebenda p. 452. - Die Schuld der Templer. 195 das Evangelium, die Wahrheit zu sagen, sagte aus, dass er vor Zwanzig Jahren der Aufnahme des Kriegers (Ritters) Stephanus Ancelinus beigewohnt, welchen mam in Woraus über die bei der Aufnahme zu bestehendem Proben scherzend und laehend aufgezogen, der aber damals geantwortet: quod hoe non faceret et si diee- retur ei, quod, eum gladio perforaret anum dicti receptoris fecerunt ei jurare, quod post receptionum suam revelaret eis modum dicte sui receptionis et professionis. Als am folgemden Tage die Freunde ihn batem, ihnen Kraft seines Schwures die Wahrheit über die Aufnahme zu sagem, bat er ganz traurig damit verschont zu werden, und erst in der Folge bekannte er, quod Templarii in eus receptione fecerunt eum abnegare Christum et dixerunt di quod Christus erat falsus propheta et propter hoc facerunt eum spuere super Crucem et cum pedibus conculcare'). Von derselben Seham und Reue missbraucht worden zu sein, gibt die folgende Aussage Zeugniss. 56) Der Templer Berlio sagte zu seinem Freunde Hugo: quod malet quod parentes ejus submersissent eum in aqua que erat ibi proxima quod fecissent eum templarium et cum dictus Hugo eonaretur eum iterum verbis dulcibus consulari idem Berlio dixit ei: Vade non loquaris mihi amplius de hoe vel vade ad fratrem meum ed dicas ei quod extrahat me de ista religione; quod si non faciat offendam totum genus meum vel interficiam me*). Das Seitenstück zu diesen beidem Aussagen ist die folgende: • • 57) des Ritters Guiehard von der Aufnahme des Ritters Hugo de Marchent, weleher über seine geheime Aufnahme so verzweifelt war, dass er sieh ein Siegel mit der Insehrift: Sigillum H ug o mi s per diti stechen liess. Et eum fuissent inclusi eum dicta Hugone pertantum temporis spacium, quod existentes extra cameram et expectantes erant valde tedio affecti, apperuerunt dictam cameram et adduxerunt dictum Hugonem — et dictus fuit valde palidus et quasi turbatus el stupefactus; de quo idem testis ut dixit fuit plurimum admiratus, quia dictus Hugo fuerat valde voluntarius ad ingressum et institerat multum penes dictum testem, quod faceret ipsum fiere militem Templi et in eadem die, priusquam intravisset cameram dictus Hugo erat valde letus et fortis et robustus — et requisivit eumdem Hugonem quare fuerat ita stupefactus in die precedenti et adhue esse videbatur, respòndit idem Hugo quod nunquam deinceps letut esse posset, nee in concordia eordis — et dictus Hugo fecerat fieri quodam sigillum, in cujus circumfereneia erat sculptum: Sigillum Hug o nis p er diti. Er starb naeh anderthalb Jahren aus Werzweiflung*). 58) Johann e 8 de Boll en c o u r t (frater serviens) precepit ei preceptor, quod abnegaret Deum et ipse testis respondit, quod hoe nullo modo faceret, tune dictus frater Johannes — dixit ei quod hoe eum oportebat facere, quia erat de punctis religio mis eorum et quod diceret hoe ore, dicet non corde, et tune ipse testis abnegavit ore non eorde. Postea precepit ei quod spueret super quamdam erueem depictam in parga- meno — quia hoc debebat facere secundum dicta p u n cta ordinis, — deinde quod debebat eum osculari in umbilico et 'quod poterat licite commisceri fratribus ordinis et pati quod eommiscerentur cum eo *). 59) E g ìd ì us de Rota n g i (presbyter), also ein Priester und kein diemender Bruder. Deinde dictus frater Galterus precepit ei, quod abnegaret Jhesum Christum; et cum ipse testis diceret quod nullo modo faceret quia erat bonus Christianus et esse volebat, dictus frater Galterus respondit: talem vos reputamus et esse volumus, sed oportet vos abnegare, quia hoc est de p un ctis m o stri ordinis, — Tunc ipse testis abnegavit ore non corde, deinde precepit ei quod spueret super ymaginem Christi Crucifixi depictam in dictu missali — dixit idem ei quod osculatur eum in umbilico — et credit quod dixit preceptor quod fratres ordines poterant eum eo carnaliter commisceri et ipsi cum eis secundum puncta ordinis *). 60 und 61) Petrus l'Es c a rp a et Nîc ol au 8 d e B o n te r, precepit preceptor quod abnegarent Jhesum Christum et quod spuerent super Crucem, quia hoc debebant facere seeundum pun eta ordinis et ipsi abnegaverunt es spuerunt juxta Crucem "). *) Procès desTempliersI, p. 456. — *) Ebendap. 457. — *) Ebenda p.184 u. 185. --*) Ebenda p. 462. — 8) Ebenda p. 464.—0) Ebenda p. 465. 25 * 196 Freiherr Ham mer-Purgstall. 62) Johann e 8 d e s an cto Ju s to (Serviens). Precepit ei preceptor, quod abnegaret Jhesum Christum et cum ipse testis responderet se hoe mullo modo facturum, dictus frater Bernardus dixit ei quod oportebat eum facere predicta, quia ipse ita fecerat in recepcione sua *). 63) Johannes l e Gam b i e r de Gr a n di (frater serviens). Finaliter instigacione diobuli et timore ducti abnegaverunt Deum ; postea precepit eis, quod spuerent super quamdam crucem et spuit super non juxta ; postea precepit eis quod oscuiarentur eum in amo, dicens quod omnia ista erant de punctis ordinis*). 64) P. de s an et o Ju s to (frater serviens preceptor domus Templi), wieder ein dienender Bruder, Vorsteher eines Tempelhauses, Postea dictus magister precepit ei quod abnegaret illum qui erat in quamdam Cruce — in qua erat ymago Crucifixi; et eum ipse testis respondisset, quod hoc non faceret, dictus magister dixit ei quod hoc oportebat eum facere secundum p u meta ordinis eorum et tunc ipse testis abnegavit ore mon corde; postea precepit ei quod spueret super Crucem predictam et ipse non spuit super sed juxta; postea dixit ei, quod secundum pu n et a dicti ordinis debebat osculari eum in amo et umbilico et in peetore — deinde dixit ei quod seeundum puncta predicta ordinis poterat commisceri fratribus ordinis et pati quod ipsi commiscerentur cum eo *). 65) Fulco de Null íaco (frater serviens et preceptor domus). Abermals ein diemender Bruder, Vorsteher eines Tempelhauses. Postea precepit ei, quod abnegaret Deum et ipse testis rogavit eum instanter quod non eogeretur facere hoc, dictus vero receptor respondit quod oportebat eum hoc facere, quia talis erat ordo suus *). • 66) Al elimus de L în e r ì ì s (frater serviens). Deinde precepit ei (receptor) quod abnegaret Deum es cum ipse testis respondisset se hoc non facturum, dictus receptor dixit, quod hoc oportebat facere, quia hoc erat de punctis ordinis — deinde precepit ei, quod spueret super quamdam crucem — positam in terra; et cum bis contradixisset, quod hoc debebat facere secundum puncta ordinis ipse testis cum amari- tudine spuit non super, sed juxta. Postea dixit quod secundum pun et a dicti o r dinis debebat osculari eum in ano — postea dixit ei, quod secundum pum eta dicti ordinis poterat carnaliter commisceri fratribus dicti ordinis et pati quod ipsi commiscerentur cum eo*). * 67) Nicolaus d e Me anney (Serviens). Post ea dixit ei, quod alia puncta erant in ordine eorum que oportebat eum servare; primo dixit, quod oportebat eum spuere super quamdam erueem de panno rubeo (rubro) allatam per ipsum receptorem in terra positam et precepit quod spueret super eam, et ipse testis nolluit spuere super sed juxta. Seeondo preeepit quod abnegaret Deum — et tune abnegavit ore, non eorde. Post ea dixit, qund secundum dicta pum eta debebat eum osculari in anno; sed ipse non fuit eum osculatus, quia dixit receptor quod parceret ei, deinde dixit ei, quod secundum puncta predicta poterat carnaliter eommiseeri fratribus et pati quod ipsi commiscerentur eum eo, hoe tamen non fecit, nee fuit requisitus"). 68) Th o m as de B om eo u r t (frater serviens). Post vota vera et juramenta predicta dixit ei dictus receptor, quod secundum p u n et a ordinis debebat abnegare Deum — deinde precepit ei, quod spueret super quamdam parvam Crucem positam per ipsum receptorem super quoddam parvum scamnum, — dixit ei quod hoc oportebat eum facere, quia erat de p u n etis or dimis, deinde dixit ei quod secundum dicta pumeta debebat eum osculari in ano et preeepit quod eum oscularetur — subsequenter dixit ei, quod secundum dicta puncta poterat carnaliter commisceri fratribus ordinis et pati quod ipsi commiscerentur cum eo '). 69) Joh am m e s de G r e s s í b u s (frater serviens, preceptor domus Templi), wieder ein diemender Bruder, Vorsteher eines Tempelhauses. Precepit ei (receptor) quod abnegaret Deum — quod hoe oportebat *) Procès des Templiers I, p. 469. — *) Ebenda p. 472. — 8) Ebenda p. 473. — *) Ebenda p. 477 u. 478. — *) Ebenda p. 479. — °) Ebenda p. 485. — 7) Ebenda p. 486. Die Schuld der Templer. 197 eum facere quia talis erat religio eorum — postque dixit ei, quod secundam dictam religionem eorum poterat carnaliter commisceri fratribus ordinis et pati quod ipsi commiscerentur eum eo '). 70) Hugo d' 0ys imo n t (frater serviens). Traxit ipsum testem circa latus altaris et dixit ei quod ex quo obligatus erat eorum religioni oportebat ipsum abnegare Deum — quod hoe oportebat eum facere quia erat de pun ctis religionis eorum. Post que precepit ei qüod spueret super quamdam parvam Crucem, — dixit ei quod hoc oportebat eum facere quia erat de punctis ordinis. Postea dixit ei quod secundum puncta dicti ordinis non poterat nec debebat negare corpus suum fratribus ordinis cum eo volentibus car- maliter eommisceri, nec ipsi se ei *). - - 71) Petrus de Arb leyo (Serviens). Postea ceteris fratribus recedentibus dixit frater Matheus (Serviens). Dixit frater Matheus trahens eum retro altare, dixit ei quod abnegaret Deum — quod hoe oportebat eum facere, alioquin esset ineareeratus et perditus; — Deinde precepit ei quod spueret super quamdam Crucem ligneam, in qua erat ymago Crucifixi — Deinde precepit ei quod osculatur eum in umbilieo*). 72) G u îllî el mus de Ar r e b leyo (frater), elemosinarius regius preceptor dómus Templi. Ein diemender Bruder, aber zugleich königlicher Almosenier und Vorsteher eines Tempelhauses. (Also wieder einer der hier vorkommemdem mit einem höheren Amte des Ordens bekleidetem Brüder.) Postea dictus frater Guillielmus accepit umam Crucem de altari argentatam, in qua erat ymago Crucifixi et firmatis ostiis capelle predicte, precepit ei quod abnegaret Jhesum Christum. — Dixit ei: Oportet quod hoc facias, quia promissisti obedienciam et thesaurarius precepit tibi quod tu faceres illa que mos diceremus tibi et nisi velles facere tu esses mortuus et perditus, nam ita est consuetum fieri. — Deinde precepit quod spueret supra dictam Crucem. — Deinde dixit ei quod poterat secundum consuetudinem ordinis carnaliter commiseeri fratribus ordinis. — Postque dixit ei quod secundum eonsuetudinem ordinis debebat osculari receptorem velejus locum tenentem in ano, sed ipsi remittebant ei dictum osculum, volebat tamen, quod si requireretur a fratribus ordinis an dictum osculum fecisset responderet quod sic *). 73) Jacob us le Verjus (Serviens). Et post modum inverunt ad prandium, quo assumto receptor predictus voeavit eum solum ante dictem eapellam, et precepit ei existenti juxta altare quod abnegaret Deum et dictus testis eredit quod truffando diceret dicta verba et respondit quod hoc non faceret et dictus receptor dixit ei quod hoe oportebat eum facere; quo audito abnegavit Deum ore non corde. Deinde precepit ei quod spueret super quamdam Crucem ligneam, in qua non erat ymago Crucifixi*). 74) Johannes de Buffa vent (frater serviens), dixit receptor quod oportebat eum abnegareDeum et spuere super Crucem et cum ipse testis diceret quod hoe nullo modo faceret dictus frater Raymundus dixit ei ridendo: non cures quia hoc est nisi tamen truffa. Postque, ad preceptum dicti receptoris, cum aliquan- tulum repugnasset, finaliter abnegavit Deum ore, non corde. Postea precepit ei quod spueret super quamdam Crucem ligneam, in qua nulla erat pictura mee ymago. Der Bruder Rainaud versichert dann weiter dem Aufzunehmenden, Alles dies sei nur Spass gewesen, er möge sich nichts daraus machen, der Aufnehmende sei nur ein Spassvogel"). • 75) Petrus de Blesis. Der Priester mit acht anderem Templern'). Preceptor ducens ipsum testem ad quamdam cameram, extraxit quamdam Crucem ligneam de subtus vestes suas petens ab ipso teste si credebat in illum qui representabatur in ymaginem in dicta Cruci existentem ; quo respondente quod sie, precepit ei quod abnegaret Deum et spueret supra dictam Crueem; eo vero respondente quod hoc non faceret, dixit quod hoe oportebat eum facere ex quo promiserat et juraverat obedienciam religioni eorum — postea precepit ei quod oseularetur eum in umbilico *). 4) Procès des Templiers I, p. 488 u. 489. — *) Ebenda p. 492. — 8) Ebenda p. 497. — *) Ebenda p. 501. — *) Ebenda p. 504. — °) Dictus receptor erat quidam truffator, qui sie truffabatur. Ehenda p. 510. — 7) Ebenda p. 511. — °) Ebenda p. 516. 198 Freiherr Hammer-Pur g 8tall. 76) Symon d e Corm e88i, frater serviens deinde dictus, Johannes de Amesio traxit ipsum testem ad unum angulum canere — et dixit ei, ostendes sibi quamdam Crucem ligneam, in qua erat ymago Crucifixi quod abnegaret illum prophetam, qui representabatur per dictam ymaginem, qui fuerat positus in cruce, et cum ipse testis diceret quod hoc nullo modo faceret, dixit ei quod oportebat eum facere quia ita faciebant alii — postea precepit ei quod spueret supra dictam Crucem*). *» 77) Petrus Peca rdi, frater serviens preceptor Domus Templi. Also abermals ein dienender Bruder, der zugleich Vorsteher eines Tempelhauses. Dictus receptor clauso ostio capelle traxit ipsum testem prope altare et ostensa quadem Cruce lignea, in qua nulla erat ymago Crucifixi precepit quod spueret super eam; et cum ipse testis respondisset quod hoc nullo modo faceret, dixit quod ita debebat facere et eciam abnegare Deum, ista tamen nulli ex fratribus revellaret, ted confiteretur de predictus alicui*). 78) Chr istâ anus de Bêc eyo , frater serviens, dictus frater Humbertus (receptor) ostensa idem quadam Cruce lignea retro altare, in qua non erat ymago Christi, dixit ei quod abnegaret Deum et cum ipse testis mollet hoc facere, dixit ei quod hoc oportebat eum facere, sed postmodum, si vellet, poterat de hoc confiteri, et tune ipse testis abnegavit Deum ore, non corde, postea precepit ei quod spueret supra dictam Crucem et ipse noluit spuere supra sed juxta*). • *• 79) Jo ha n n e s de Corm ele, frater. Precepit ei (receptor) presentibus eciam aliis qui adfuerunt tradi- cione mantelli, quod abnegaret Deum — quod hoc oportebat eum facere — postea precepit ei quod spueret supra quamdam Crucem ligneam, quam tenebat in manu sua — postea dixit ei quod poterat carnaliter commis- ceri cum fratribus ordinis et pati quod commiscerentur eum eo — Deinde precepit ei quod oscularetur in anno*). 80) Pe t r u s de C/, er r u t o, frater quibus (vestibus ordinis) assumptis paulo post predictus frater (receptor) duxit eumdem ad quemdam pratellum prope ecclesiam, et ostendens ei quamdam Crucem ligneam in qua nulla erat ymago — precepit ei quod spueret supra eam et ipso teste respondente quod hoc nullo, modo faceret dictus Odo dixit ei, quod hoe oportebat ipsum facere et tune abnegavit ore, non corde. Quibus sic factis dictus Odo incepit subridere quasi despiciendo ipsum testem ut sibi visum fuit. De osculis inhonestis, erimine sodomito vel aliis illicitis non fuit locutus eidem*). - » 81) Helias de Jof ro, serviens. Post que duxit receptor ipsum testem ad quamdam cameram, et precepit ei quod abnegaret Deum et quod spueret supra quamdam Crucem ligneam quam idem preceptor tenebat in manum, et cum ipse testis respondisset quod hoc nullo modo faceret et quod prius dimitteret mantellum ordinis dictus receptor dixit ei, quod non poterat dimittere dictum mantellum ex quo ipsum assumserat, nec exire ordinem eorum et quod oportebat eum predicta facere quia erat de punctis ordinis et quo non exiret dictam cameram quousque predicta fecisset et cum ipse testis responderet se nullo modo predicta facturum, inclusit ipsum in dicta camera recedens ab eo et in dicta die mon fecit sibi ministrari nisi panem et aquam. Mane vero sequenti veniens ad ipsum in dicta camera precepit eo denuo quod faceret abnegacionem et spuicionem predictas, comminans ei quod nisi hoc faceret esset perditus; et tune ipse testis timore ductus ut dixit abnegavit Deum ore, non corde, et spuit non supra sed juxta dictam Crucem Precepit autem ei dictus preceptor quod de predictis illicitis nemini loqueretur, quia si hoe faceret esset perditus"). 82) Matheus de Cress on Essart, serviens, preceptor domus, abermals ein dienender Bruder, der zugleich Worsteher eines Tempelhauses. Et dictus frater receptor dixit eidem testi quod abnegaret Deum quod hoc oportebat eum facere quia ita faciebant alii — Postmodum precepit ei quod spuerat super quam- dam Crucem metallinam, in qua erat ymago Crucifixi ut sibi videtur, quam tenebat alter frater in Manu sua Ille eciam, qui tenebat dictam Crucem in manu, dixit eidem testi, quod eum debebat osculari in ano'). 1) Procès des Templiers I, p. 518 u. 519. — *) Ebenda p. 523. — *) Ebenda p. 525. — *) Ebenda p. 527. — *) Ebenda p. 531. — 0) Ebenda p. 533. — 7) Ebenda p. 536. Die Schuld der Templer. 199 83) Pom c í us de Bono 0pere, frater serviens frater ordinis portans eapucium ante faciem propter quod non potuit discernere si erat dictus preceptor vel alius et laternam cum lumine, quia nondum erat dies, habens in manibus posuit quamdam Crucem ligneam, in qua non erat ymago Crucifixi in manu (m) ipsius testis, petens ab eo, si credebat in ipsam Crucem et ipso teste respondente quod sic, dixit ei: deinceps non credas et spue supra ipsam *). -» 84) Johann es de B e s 8 u, Serviens, aufgenommen dureh Bruder A dam de Calmis den Krieger (miles), wiewohl Herr Dr. Havemann die Soldaten als Unwissende den Hausknechten beizuzählen beliebt. Quo facto (nach Einkleidung mit dem Mante!) preeeperunt ei quod abnegaret ymaginem Crucifixi depietam in libro super quem juraverat et puod spuet super eam — quod hoe oportebat eum facere quia inelussus errat in dicta capella et consuetum erat ita fieri; et tunc ipse testis abnegavit ore, non corde et non spuit supra sed juxta dictam ymaginem*). - 85) The ob al du 8 de B a s í m o nte, Serviens. Postmodum dictus frater duxit ipsum testem ad quamdam logiam, in qua fiebant aliquando dolia, et aportavit quamdam Crucem ligneam depictam quam ibidem ostendit ipsi testi precipiens ei quod abnegaret Deum. — Postea precepit ei quod spueret supra dictam Crueem; deinde dixit ei quod poterat, si valebat, cum fratribus ordinis earnaliter commiseeri. — Postmodum preeepit ei quod osculabatur eum in ano*). - 86) Jacob us de Co r m ele, fratres serviens, aufgenommen vom diemenden Bruder, Vorsteher eines Tempelhofes, Johann e s de S er m ay, qui (receptor) ducens ipsum testem retro altare et osten- dens ei quamdam Crucem ligneam, in qua erat depicta ymago Crucifixi, precepit ei ter, in virtute juramenti, prestiti per eum de obediendo preceptoribus suis, quod abnegaret illum, qui erat in dicta Cruce; et tunc ipse testis tenore juramenti per eum prestiti, abnegavit ore, non corde. Postmodum precepit ei quod spueret super dictam Crucem et spuit ipse juxta, non supra. Deinde dixit ei, quod ipse testis spoliaret se; — et cum spoliasset se nudum, exeeptis braecis dictus frater dixit ei, quod osculare- tur ipsum testem inter umbilieum et pectus, vel quod ipse testis, si magis volebat, oscularetur eum in dicto loco, recipiens in virtutem juramenti prestiti per eum, quod nemiini revellaret predicta *). 87) Johan ne 8 de Nivella, frater serviens preceptor, der dienemde Bruder, Vorsteher eimes Tempelhauses. Postque (nach der Einkleidung mit dem Mantel) recedente dicto presbytero prefatus recep- tor solus existens in dicta aula — eum ipso teste precepit ei quod abnegaret Deum, quod hoe oportebat eum facere et quod abnegaret ore, non corde. * Postmodum ostendens ipsi testi quamdam Crucem ligneam, in qua non erat ymago Crucifixi mee pictura aliqua aparebat, pecit ab ipso teste si credebat quod in dicta Cruce esset propheta, quo respondente quod non, quia non erat ibi ejusdem ymago, precepit ei quod spueret super dietám Crucem, et ipse spuit non supra sed juxta, postei precepit ei, quod oscularetur eum in ano, et ipse testis noluit eum oseulari *). 88) Jo h an m es de Va m b e l / an t frater serviens. Postque (nach der Einkleidung mit dem Mantel und dem Baret) aliis recedentibus dictus receptor eapella post eorum recessu aperta remanente traxit ipsum testem retro altare et ostensa sibi quadam Cruce lignea, quam tenebat idem receptor in manu , in qua erat ymago Crucifixi, pecit ab ipso teste si credebat in illum ostendendo in dictam ymaginem Crucifixi. Quo respon- dente quod sic, dixit ei quod non crederet in eum, qui fuerat falsus propheta et quod negaret Deum — quod oportebat ipsum testem predicta facere, abnegavit ipse testis ore, non corde, ut dixit. Postque precepit ei quod spueret supra dictam Crucem — Deinde fecit ipsum testem spoliari in eamisia et bracis et fuit supra braccas osculatus ipsum testem prope anum, postmodum dixit ei quod poterat fratribus ordinis carnaliter commisceri, si volebat et ipsum pati debebat; hoe tamen non fecit, et respondit sibi quod nunquam faceret"). 4) Procès des Templiers I, p. 539. — *) Ebenda p. 541.— *) Ebenda p. 544. — *) Ebenda p. 546. — °) Ebenda p. 549. — ") Ebenda p. 552. 200 *. F;reierr Hammer-Purgstall. 89) Thomas Quinti ni, frater serviens. Postque (nach der Einkleidung) recedentibus aliis porta capelle apperta remanente, dictus receptor dixit eidem testi satis prope altari existenti quod abnegaret ter Deum et cum ipse testis responderet, quod hoc nullo modo faceret et fleret, dixit ei, quod non curaret quia oportebat eum hoc facere et de hoe posset postmodum confiteri et Deus bene indulgeret ei, tune ipse testis abnegavit Deum ter ore, non corde. Post que precepit ei quod ter spueret supra quamdam Crucem ligneam nescit unde allatam, quam tenebat in manu, in qua non recolit (recolligit) se picturam vel ymaginem aliquam vidisse. — De osculis inhonestis et crimine sodomitieo non fuit locutus ei dictus receptor '). Der Auf- nehmende war der diemende Bruder Philipp Agate, Vorsteher der Ballei Normandie. 90) Stephanus de Do m o n t, frater serviens dixit quod de mandato dicti receptoris spuerat juxta Crucem; et dixit quod predicta non reputabat illicita, quia si fecit, fecisset ore, non corde*). 91) 0do de Castro dum i, frater serviens (dieser Aufnehmende war der Krieger Guillaume Gaudin, Vorsteher einer Tempelballei, also keineswegs ein unwissender Untergeordneter, wie Herr Dr. Havemann glauben machen möchte) dictus receptor voevit ipsum testem solum in quadam camera dicte domus, in qua jacebat dictus receptor et firmata porta precepit ei, quod abnegaret Jhesum Christum — dixit (receptor) quod hoe oportebat eum facere alioquin moriretur et tunc ipse testis timore ductus abnegavit Jhesum Christum cum dolore eordis ore, non eorde; et ostendit ei quamdam Crucem ligneam, •* nescit a quo allatam, in qua erat ymago Crucifixi, non tamen de sputo illicito nec de osculo inhonesto, nec de aliqua re illicita fuit sibi locutus, de hoc tantum quod per fas vel nefas se cure aquireret ordini, quia hoe poterat se cure faeere sine peccato *). 92) Humber t u s d e Germ illa, frater serviens duxerunt ipsum testem eirea erepusculum noctis ad quamdam aliam cameram dicte domus et ostio firmato preceperunt ei quod abnegaret Deum — quod hoc oportebat eum facere, quia alii ita faciebant, adjicientes quod hoe poterat facere ore, non corde, et tunc ipse testis timore ductus preceptor horam et quia ipsi fratres erant fortes et robusti et ipse erat juvenis, abnegavit Deum ore, non corde, postmodum dictus Humbertus, qui erat antiquior extraxit de suptus vestes suas quamdam Crucem ligneam, in qua erat ymago Crucifixi depicta et precepit ei quod spueret supra eam et ipse testis noluit spuere supra sed juxta, et dixit eis, quod de dictis conquereretur, et ipsi dixerunt, quod si hoc faceret vel revellaret cuidam predicta interficerent eum *). 93) Guillielmus de G ii, frater serviens. Postque frater Galterus serviens qui adfuerat dicte receptioni sue, duxit eum ad quamdam cameram et clauso ostio dixit ei quod abnegaret Deum — quod hoe oportebat eum facere — deinde precepit ei quod spueret super quamdam Crucem ligneam depictam que erat in dicta camera nescit per quem allatam et ipse noluit spuere supra sed juxta; dixit eciam ei quod, si volebat, poterat carnaliter commisceri fratribus ordinis et id ipsum pati debebat*). 94) Johan m e s de G îs î, presbyter. Also ein Priester und kein diemender Bruder. Postque recentibus aliquibus ex dictis fratribus non recolit quibus et aliis, nescit quibus eciam remanentibus precepit (receptor) dicto Toussanez primo, et secundo ipsi testi quod abnegaret Deum, quod hoc oportebat eos facere, quia hoe erat de punctis ordinis; et flevit dictus receptor et dixit quod hoe multum displicebat sibi, quia oportebat fieri supradicta, et quod abnegarent ore, non corde. — Deinde precepit eis quod spuerent contra ymaginem Crucifixi depictam in dicto libro super quem juraverat, quod hoc erat eciam de punctis ordinis. — Postea dixit eidem testi et eciam dicto Toussanez quod si essent in loco, in quo haberent penuriam lectorum quod recolligerent alios fratres in lectis suis — Postea precepit eidem testi quod oscularetur eum sub pectore"). 95) Nicola u s d e Treci, frater serviens. Postmodum aliquibus ex astantibus reeetentibus dictus Petrus serviens trahens ipsum testem ad partem in dicta camera, dixit ei quod aliqua fuerant obmissa, que *) Procès des Templiers I, p. 555. — *) Ebenda p. 557. — °) Ebenda p. 559. — *) Ebenda p. 562. — 5) Ebenda p. 565. — ") Ebenda p. 568. Die Schuld der Templer. 201 oportebat eum facere. Videlicet quia oportebat eum abnegare Deum et cum ipse testis respondisset quod hoc nullo modo faceret, quia esset contra Deum et sanctam ecclesiam, dixit ei: Saltem dicas hoc ore et non corde, et tune ipse testis abnegavit Deum ore, non corde. Deinde extrahens idem Petrus desuptus raubam suam quamdam parvam Crucem ligneam, in qua nulla apparebat ymago Crucifixi, et ipsi testi ostendens precepit quod spueret super eam, et ipse testis versa facie finxit se spuisse *). 96) Pe t r u s de Ce re el ìs, frater serviens. Postmodum unus eorum (fratrum qui aderant recepcioni) precepit ei quod abnegaret Deum — et tunc ipse testis timore ductus, quia erat juvenis, et ipsi erant robusciores et forciores ipso, et eamara erat firmata, abnegavit Deum ore, non corde ut dixit. — Postea extraxit dictus frater quamdam Crucem ligneam, in qua nulla erat ymago Crucifixi, desuptus mantellum, et precepit ei quod spueret super eam*). ' • - 97) Eg ìd ìus d e Ch e o r u to, frater serviens. Postmodum duxit eos retro altare ceteris fratribus remanentibus in eapella predicta et preeepit eis quod abnegarent Deum et quod spuerant super quamdam Crucem ligneam, in qua nulla apparebat ymago Crucifixi, que consueverat portari super mortuos et ipsi noluerunt abnegare Deum nee spuere super dictam Crucem, spuerunt tamen juxta. Postea preeepit eis quod eum oscularentur in amo dicens quod predicta illicita erant de pu n ctis ordinis*). . • 98) Johann es de Ni c í , frater serviens. Postmodum, precepit ei dictus receptor quod abnegaret Deum et eum ipse testis diceret quod hoc non faceret dixit ei quod oportebat hoe eum facere quia hoc erat de p unetis ordin is. — Deinde precepit ei quod spueret. super quamdam Crucem ligneam in qua non erat ymago Crucifixi, quam dictus presbyter aportaverat et posuerat super terram. — Deinde dixit ei, quod, se volebat, poterat earnaliter commisceri fratribus ordinis et id ipsum pati de eis. , Hoc tamen mon fecit nec fuit requisitus, nec scit quod alii fratres facerent. Deinde precepit ei, que oscularetur eum in ano, sed hoe noluit facere. Alia illicita non intervenerunt in receptione sua predicta*). 99) R ad o l p h u s d e Sal í c i b u s, frater serviens. Dictus Morellus trahens ipsum testem ad partem in dicta eapella, dixit ei quod oportebat ipsum abnegare Deum, de quo fuit ipse testis multum stupefactus, respondens quod hoc nullo modo faceret. Instante tamen dicto Maurello et dicente quod hoc faceret saltem ore, non corde, dictus testis abnegavit ore, non corde. Postea precepit ei quod spuèret super quamdam parvam Crucem ligneam, in qua nulla erat ymago Crucifixi, quam extraxit de subtus mantellum, sed ipse testis noluit spuere supra, sed spuit juxta*). - . 100) Pe t r u 8 de 8 a mcto Ma m e r to, frater serviens. Postea duxit receptor eum ad eameram, quod indueret vestes ordinis et, clauso ostio precepit ei quod abnegaret Deum ; et eum ipse respondisset quod hoc non faceret aliquo modo precepit eidem quod spueret super quamdam parvam Crucem ligneam ablatam de ecclesia, in qua nullam vidit ymaginem Crucifixi et ipso teste respondente quod hoc non faceret, precepit ei, quod eum oseularetur in ano *). - ¢ 101) Joh an nes de Elemos in a, frater serviens. Postmodum (naeh der Einkleidung) eeteris recedentibus clausa porta dicte capelle per dictum receptorem, voeato ipse teste prope altare, dictus receptor tenens in manu sua quamdam Crucem eream de altari, ut credit, acceptam, dixit ei, quod spueret per (super) eam. — Et cum ipse testis diceret, quod hoc, salva sua gracia, non faceret, et tune ipse testis, qui erat juvenis et verevatur eum ut dixit spuit non super eam, sed juxta. Quo facto dictus receptor dixit ei: Vade, fatue, confitearis '). - 102) R ay n a n d u 8 B e r g e r o n , frater serviens. Postmodum (nach der Einkleidung) vero dictus reeeptor duxit ipsum testem et alios, qui fuerunt recepti eum eo ad quamdam parvam eameram dicte capelle *) Procès des Templiers I, p. 572. — *) Ebenda p. 576. — 8) Ebenda p. 579. — *) Ebenda p. 582. — 8) Ebenda p. 584. — ") Ebenda p. 587. — 7) Ebenda p. 590. • - s * - Denkschriften der philos. — histor. Cl. VI. Bd. - 26 202 Freiherr Hamm e r- Purgsta//. contiguam ceteris qui adfuerant recedentibus, vel in predicta capella remanentibus et preeepit dicto testis et aliis quod abnegaret Deum. — Postea precepit eis quod spuerent super quamdam Crucem ligneam per ipsum allatam et in quodam sedili positam, in qua nulla erat ymago, quod ita hoc oportebat eos facere qui a talia erant puncta or dimis. Postmodum vero dictus receptor dixit eis, quod si moverentur calore maturali, poterant ad invicem unus cum altero carnaliter eommisceri, quod tamen ipse testis non fecit, nee fuit requisitus. Deinde preeepit eis, quod eum oscularentur in amo; et eum ipsi dicerent, quod hoc esset turpissimum facere ipsi dixit, quod oportebat eos hoc facere, quia erat de p um etis ordinis, et tune ipse et alii fuerunt ipsum receptorem relevantem panos, osculati in amo, vel juxta '). Credit, quod illi, qui * nollent facere predicta illicita in recepcione graviter puniti essent et qui revelarent secreta eapitulorum, vel modum recepcionis perpetuo carceri traderentur, dicens quod mon sua recepcione ipsa et alii, qui fuerunt cum ipso recepti, juraverunt, quod non revelarent secreta ' capitulorum nec modum recepcionis eorum. Injunctum fuit ei et aliis cum eo, quod non eonfiterentur, nisi sacerdotibus ordinis. — Credit quod multi exierunt ordinem propter feditates predictas et quod grandia scandala suspicio et infamia contra ordinem sint exorta *). - « - 103) Johan n e s d e Tu r n o, frater serviens thesauriarius Templi (der sehom unter Nr. 69 als Aufnehmender erwähnt worden), sagt über seine eigene Aufnahme aus: Postmodum dictus Guillielmus Fabri (dieser war frater serviens preeeptor domus, also in diesem Aussagen abermals ein diemender Bruder mit höherem Amte im Ordem betraut). Duxit ipsum testem ad quamdam cameram, in qua exueret vestes seculares et indueret vestes ordinis ; et cum induisset dictas vestes ordinis precepit ei, quod abnegaret Deum. — Deinde dixit ei dictus Guillielmus quod spueret super quamdam Crucem, et ipse noluit spueret super, sed juxta. — Postmodum precepit ei, quod oscularetur ipsum Guillielmum vestibus intermediis super mamillam*). 104) G e r a r d u s de Rupe Am ato r îs, presbyter, also ein Priester und kein diemender Bruder. Post que dicti fratres duxerunt ipsem testem ad quemdam angulum dicte capelle obscurum juxta fontes, predietis receptore et presbytero remanentibus prope altare, ubi prius erant ut exueret vestes seculares et indueret vestes religionis et eum eas induisset, predicti duo fratres dixerunt ei, quod abnegaret Dominum Jhesum, quia hoc erat de punctis ordinis, et eum ipse testis, qui tunc erat circiter quatuordecim annorum aliquantulum restitisset, finaliter abnegavit Dominum Jhesum ore, non corde ut dixit. Requisitus si scit vel eredit, quod alii fratres ordinis reciperentur eommuniter in toto ordine sicut deposuit se fuisse receptum abnegando Jhesum, respondit se eredere quod sie et ita ereditit ex quo fuit in dicto ordine. Item dixit quod statim pro professis habebantur et quod clamdestine recipiebantur nullis presentibus, nisi fratribus ordinis, ex quo eredit, quod esset suspicio contra eos, et quod illi, qui noluissent facere predicta illicita, vel qui ea vel secreta capitulorum aut modum recepcionis revelassent, fuissent incarcerati, vel aliter male tractati — Credit quod totus ordo servasset, quod magnus magister cum conventu statuisset et quod propter predicta sint nunc grandia scandala suspicio et infamia contra ordinem exorta et quod confessata per eum essent nota fratribus ordinis, sed non extraneis *). 105) Step h an u 8 l a8 G o r s o /as, frater serviens. Post que predicti fratres duxerunt ipsum prope fontes dicte capelle et dixerunt ei, quod abnegaret Jhesum, et ipse testis, qui juvenis erat tune, videns quod eis erat astrictus, abnegavit Jhesum ore, non corde*). • 106) Ay m e r í c u 8 d e Prîmî, frater serviens. Post ea dictus receptor in presencia aliorum fratrum precepit eidem testi quod abnegaret Jhesum — et tunc ipse testis ter abnegavit Jhesum mom intendens ex hoc abnegare Jhesum Christum Creatorem suum ut dixit. — Requisitus si scit vel eredit, quod omnes fratres 1) Procès des Templiers I, p. 592 u. 593. — *) Ebenda p. 594. — 8) Ebenda p. 597. — *) Ebenda p. 602 bis 604.—*) Ebenda p. 605 u. 606. Die Schuld der Templer. • *. 203 ordinis abnegaret Jhesum in receptionibus suis, vel post, respondit se credere, quod sie, et quod uniformiter in toto ordine predieto reciperentur'). • . . . - ¢ 107) Po n c í u s d e Ma s u al í e r, frater serviens. Post que dicti fratres duxerunt ipsum testem versus cornu altaris in quodam loco ubscuro et dictus Sequinus precepit ei, quod abnegaret Jhesum et ipse testis, qui erat tunc decem, vel duodecim annorum, abnegavit Jhesum, sed non credebat quod preciperet ei quod abnegaret Jhesum Christum, nec quod ibi faceret aliquid in prejudicium anime sue *). 108) Helyas de B r i g olio. Zugleieh mit dem Vorigen aufgenommem. Post premissa duxerunt dictum Helyam ad predietum loeum obscurum, ad quem duxerunt ipsum testem (Masualier) et credit quod eodem modo fecerunt eum abnegare Jhesum et spuere super terram sicut fecerat ipse testis et idem credit, quod fecerunt omnes alii, qui recipiebantur in ordine*). 109) Johan mes Fab r á frater, serviens. Aufgenommen durch dem diemenden Bruder Petrum de Quadrivio, wieder Vorsteher eines Hauses. Postmodum dicti fratres duxerunt ipsum fratrem prope fontem et dictus Antonius precepit ei quod abnegaret ter Jhesum, dicens, quod hoc erat ex stat ut o ordinis, et tume ipse testis abnegavit ter Jhesum ore, non corde et intellexit, quod per Jhesum intelligerent Jhesum Christum. Post eà precepit ei dictus Antonius, quod spueret ter supra terram, et ipse spuit ter, non tamen erat ibi aliqua Crux, nee fuit ei dictum expresse, quod despueret in despectum Jhesu; et eredit, quod omnes alii, qui fuerunt recepti in dicto ordine ubique post recepcionem ejusdem testis fecerint abnegationem et spuicionem predictas, — ipse tamen non eredit fuisse primus, qui predicta illicita fecerit*). 110) H u g o l a H u g o n í a , frater serviens. Duxerunt ipsum testem ad quemdam angulum obscurum dicte capelle ubi ipse (preceptor) precepit ei quod abnegaret ter Jhesum Christum. Postea precepit ei quod spueret ter in terram *). - 111) G u í l l ì el mus de Fonte, frater serviens. Postea dictus frater duxit eum retro altare ut indueret ibi vestes religionis et cum eas induisset precepit sibi quod abnegaret Deum, et cum ipse testis respondisset, quod hoe mullo modo faceret, quia mom erat licitum nec honestum, dixit ei dictus frater, quod hoc oportebat eum facere, quia hoc erat de punctis ordinis; et tune ipse testis dixit, quod si abnegaret, abnegaret ore, non corde. Postea dixit ei, quod se eundu m diet a p um et a poterat éarnaliter commisceri fratribus ordinis et ipsi sibi "). • 112) Petrus d e San cto M a ven c îo, frater serviens. Postmodum — dictus preceptor submissa voce precepit eidem testi ad ejus pedes sedenti, quod abnegaret Deum, et cum ipse testis respondisset, quod hoc nullo modo faceret, dixit ei, quod oportebat eum facere, quia hoc erat de punctis ordinis; et tune ipse testis abnegavit ore, non corde, multum ex hoc tristis et dolens ut dixit. Deinde precepit ei, quod spueret super quamdam crucem ligneam per ipsum preceptorem ibidem po- sitam, in qua erat ut sibi videtur, ymago Crucifixi, et ipse testis mon in despectum Dei et Crucis, ut dixit, sed propter obedienciam, quam promisit, spuit non super, sed juxta dietam Crucem, quia dixit ei, quod hoe erat de pu n etis ordinis; et insuper quod debebat seeundum diet a pun cta eundem receptori osculari in amo, si idem receptor volebat, non tamen precepit ei, quod faceret dictum osculum, nec ipsum fecit. Postmodum dixit ei, quod seeundum di et a p uneta poterat fratribus ordinis earnaliter eommisceri et ipsi cum eo, hoc tamen non fecit, nec fuit requisitus '). 113) G er ardus de Man ach ìv ìlla, frater serviens. Quo facto precepit ei in presencio predictorum, quod ex quo juraverat servare puncta ordinis, abnegaret Deum, quia hoc erat de pun ctis dicti ordinis, et eum aliquantulum restitisset, demum negavit Deum, ore, non corde. Deinde precepit ei, quod 1) Procès des Temp]iers I, 609. — *) Ebenda p. 612. — 8) Ebenda p. 612. — *) Ebenda 615. — °) Ebenda 617. — ") Ebenda p. 620. — 7) Ebenda p. 623. 26 • 204 - ' Freiherr Ham m er- Pu rg stal l. spueret super quamdam crucem ligneam ibidem existentem, in qua nulla erat ymago Crucifixi ; et eum ipse testis aliquantulum restitisset, finaliter spuit non super, sed juxta dictam erucem. Postmodum dixit ei, quod se eu m dum dicta pun cta ordinis poterat carnaliter eommisceri fratribus ordinis et ipsi cum eo *). 114) Radolphus .de Tav e rni a c o, frater serviens, preceptor domus Wille Dei (abermals ein dienender Bruder, von welehem ausdrücklich gesagt ist, dass er zugleich Vorsteher eines Tempelhauses). Postque (nach der Einkleidung) in presencia predictorum precepit ei (receptor), quod abnegaret Jhesum; et eum ipse testis, respondisset, quod hoc nullo modo faceret, dixit ei, quod hoe oportebat eum facere, quia hoc erat de pu n ctis or dimis, et quia o m nes, fratre s dicti ordinis, quantumcunque nobiles et potentes hoe fàciebant; et tune ipse testis abnegavit Jhesum ore, non corde, ut dixit. Postque precepit ei, quod spuerat super Crucem mantelli ejusdem fratris in terra positi, quia hoc erat de dictis pun ctis. Deinde dixit ei, quod, ex quo voverat castitatem, debebat abstinere a mulieribus, ne ordo infamaretur; verumtamen, secum du m dicta pum et a, si habebat calorem naturalem poterat refrigerari et carnaliter commisceri fratribus ordinis et ipsi eum eo ; item dixit, quod vidit recipi per eundem modum, quoad lieita et quoad illicita supradicta hoe excepto, quod aliquando Crux non erat mantelli, sed aliqua alia, infrascriptos, scilicet fratrem Radolphum, . fratrem Baudoinum de Pyceyj (er selbst habe auf ebem diese Weise dem Bruder Guido de Latigniaco aufgenommem *). - * 115) Qu i d o de Latig n ì ac o Sic c o, amare flevit quando preeepit ei, quod abnegaret Jhesum, dixit ei, quod oportebat eum facere et non haberet pro malo, quia h o e erat de pun ctis ordinis et ipse idem fecerat; et si volebat poterat de hoc confiteri et purgare conscienciam suam *). • •116) B o n o de Vollem ìs, frater serviens. Deinde precepit eis in presencia predictorum quod spuerent super quamdam Crucem ejusdem mantelli eorum ibidem positam, dicens quod hoc et alia illicita sequencia erant de pu n etis ordinis et quod oportebat eos faeere predicta; et tume ipse testis et dictus Albertus multum fleverunt, et dictus testis dixit, quod prius exiret religionem quam faceret predicta sed finaliter dictus Albertus spuit primo non super, sed juxta dictam Crueem et pòst ipsum dictus testis. Deinde precepit eis, quod abnegaret Jhesum, non faciendo mencionem, nee de Christo, nec de Deo; et cum dictus Albertus abnegasset, ipse testis abnegavit ore, mon corde, credens ut dixit eumdem Albertum similiter ore, non corde negasse. Deinde dixit ei, quod poterant invicem et cum aliis fratribus carnaliter commisceri et id ipsum pati, nam, c u m vovis sent castitate m non d eb ebant ac cedere a d muliere s; alia illicita non intervenerunt, sed eredit quod in recepcionibus aliorum, vel post eommuniter intervenirent dicta illicita et non alia in articulis contenta. Statim pro professis habebantur. Clandistine recipiebantur ex quo credit, quod esset suspicio mala contra eos. Injungebatur per sacramentum, me revelarent secreta capitulorum, et qui revelassent puniti fuissent, nescit qualiter. — Fratres scientes errores predictos fuerunt negligentes, quia non corexerunt eos, nee denunciaverunt ecclesie *). 117) Dom in ie us de Divione, frater serviens, preeeptor domus Templi. Hier ist also der diemende Bruder wieder Zugleich Vorsteher eines Tempelhauses ; der siebzigjährige Greis sagt über seine eigene Aufnahme, die vor dreissig Jahren stattgehabt, aus: der ihm Aufnehmende war der diemende Bruder Anrieus de Döla, frater serviens, magister passagii ultramarini *). Der letzte war nieht mur Vorsteher eines Tem- pelhofes, sondern aueh zugleieh der Meister der überseeischen Überfuhr. Post que (nach der Einkleidung) precepit eidem testi in presencia aliorum quod abnegaret Jhesum nullam aliam faciendo mencionem, nec de Christo, nee de Deo, et cum ipse testis reclamaret et diceret se predicta nullo modo facturum, dixit ei, quod hoc oportebat eum facere, quia erat de punctis ordinis; et tunc ipse testis abnegavit Jhesum ore, non corde, ut dixit. Quo facto, precepit ei quod spueret super *) Procès des Templiers I, p. 625. — *) Ebenda p. 627. — 3) Ebenda p. 628. — *) Ebenda p. 631. — s) Ebenda p. 632. Die Schuld der Templer. s* 205 Crueem mantelli ipsius testis, quia hoc debebat faeere se eu ndum di et a pu n eta ordinis et ipse spuit mon supra sed juxta *). 118) Anricus de Favarolis, frater serviens. Mit mehreren Anderem : zugleich aufgenommem. Deinde precepit eis, quod abnegarent Jhesum, — dixit eis, quod oportebat eos facere predicta, ex quo promiserant obedire, quia talia erant puncta ordinis. — Post que precepit eis, quod quilebet spueret super Crucem mantelli sui, nam hoc debebant facere se eundum die ta puncta et omnes spuerunt non supra, sed juxta dictas Cruces secundum ordinem, secundum quem abnegaverant *). 119) Vir m u ndus de San c o n ï, frater serviens. Quo facto (nach der Einkleidung mit dem Mante!) dictus receptor precipit ipsi testi in presencia aliorum, quod abnegaret Deum et cum ipse testis esset stupe faetus et resisteret, dictus receptor dixit ei, quod hoe oportebat eum facere, quia talia erant pun et a or dinis; et tune ipse testis dolens et tristis, ut dixit, ab negavit Deum ore, non e or de. Precepit eciam dicio testiidem receptor quod spueret super quamdam Crucem ligneam, quam depositam, nescit per quem allatam, in qua nulla erat ymago, quod ipse recordetur, et eum idem testis eciam hoe eontradiceret faeere, dicto receptore asserente, quod talia erant pun cta ordinis , ipse testis non spuit supra, sed juxta dictam crucem. Dixit eidem testi receptor predictus, quod si moveretur calore naturali poterat carnaliter commisceri eum fratribus ordinis et ipsi eum eo; — respondit eciam requisitus se credere quod alii communiter reciperentur in ordine per modum illum per quem deposuit se fuisse respectum. Dictum fuit eis quod statim habebantur pro professis et quod non poterant exire ordinem. Clam recipiebantur nullis presentibus misi fratribus ordinis*). • - 120) Nicolaus de Compendis, frater serviens, preceptor domus Templi. Endlich wieder ein diemender Bruder, Vorsteher eines Tempelhauses. Postmodum dixit ei (receptor) ibidem et in presencia predictorum, quod abnegaret Jhesum, et eum ipse testis multum restitisset, finaliter, audito a dicto receptore, quod hoc debebat fieri secundum consuetudinem ordinis, abnegavit Jhesum ore, non corde, ut dixit. Deinde precepit ei quod spueret super quamdam crucem ligneam factam de quodam baculo fisso, ibidem positam, dicens quod, secundum dictam consuetudinem hoc eum facere oportebat, quia omnes alii de ordine faciebant, et tunc ipse testis spuit non supra sed juxta dictam crucem. Postmodum dixit ei quod si haberet calorem naturalem poterat refrigerari et earnaliter eommisceri cum fratribus ordinis et ipsi eum eo. — Dicebatur eis, quod absque excommunicacione non poterant egredi de ordine. Clandestine recipiebantur ex quo credit quod aliquam haberent suspicionem contra eos *). Wir haben diese hundert und zwanzig Aussagen, welehe alle in den vier den Templern angeschuldigten umerlaubtem Puncten (quator illicita, wie sie in dem Aussagem heissem) übereinstimmem: nämlich die Ver- läugnung Christi, die Anspeiumg des Kreuzes, der unanständige Kuss und die Befugniss zur Sodomie, ummittelbar auf einander folgem lassen, ohne dieselben durch irgend eine Bemerkung oder Betrachtung als die welche das vom Herrn Dr. Havemamm geläugnete Ansehen der Servientem betrifft, zu unterbrechen, und haltem dieselben für mehr als genügend um die vollste Überzeugung von der Schuld der Templer herzu- stellen, wemm auch die mit der Anklage und den Aussagen vollkommen übereinstimmenden Baphomete und Kästehen mit den arabischen Inschriften gar nicht existirtem, wir haltem es daher für überflüssig aus dem zweitem Bande die Aussagen der hundert vierzig Ordensbrüder , aus demen nur sechzehn nichts von den dureh dritthalb humdert Aussagen bestätigtem Gräueln wissen wollen, hier weiter folgen zu lassem. Wir stellen num die sieh aus diesen Aussagen von selbst ergebenden Bemerkungen hier zusammen. Abgesehen wom allen vorhandemen im Mysterium Baphometis revelatum veröffentliehtem Denkmalem (von demen die Zeit gewiss noeh mehrere mit sehlagendem Beweisen der Inschriften, der Abbildungen umd des 1) Procès des Templiers I, p. 633. — *) Ebenda p. 635. — 8) Ebenda p. 638. — *) Ebenda p. 640. 206 Freiherr Hammer- Purgstall. Fundortes in Vorschein bringen wird), abgesehen von den im ersten Theile dieser Denkschrift bereits vor- gebrachten Beweisen der Übereinstimmung der Inschriften und der Abbildungen der beiden Coffrets mit den Anklagen und Aussagen der Templer würden die hier zusammengestellten Aussagen der Templer allein genügen die Schuld irreligiöser nnd schändlicher Ceremonien bei der Aufnahme zu beweisen. Absichtlich sind hier nur die Aussagen welche über die bei der Aufnahme beobachteten vier uner- laubten Dinge übereinstimmen, gegeben und jene welche die Köpfe (capita) und geheimen Gürtel (cordulae) betreffen und wovon Herr Mignard ein Dutzend zusammengestellt hat, mit Stillschweigen übergangen worden; nicht blos um das in den drei Schriften Herrn Mignard's bereits Gesagte nicht unnütz zu wiederholen, sondern auch, weil die meisten Aussagen, selbst die welche über die vier unerlaubten Puncte der Aufnahme einstimmig, von den Köpfen und Idolen, von den geheimen Gürteln und der Anrührung derselben an den Köpfen nichts wissen. Die Ursachen dieser Unwissenheit werden sogleich weiter unten besprochen werden, indessen halten wir uns blos an das Resultat der hier gegebenen Aussagen. - Durch die denselben eingeschalteten deutschen Bemerkungen über die Servienten welche zugleich Präceptoren von Tempelhäusern, oder andere hohe Ämter bekleideten, wird Dr. Havemann's schnöder Seitenblick auf die Servienten gänzlich entkräftet. - - - „Unter den Geständigen,“ sagt er: „befindet sich eine unverhältnissmässig geringe Zahl von Rittern, es sind meistentheils Servienten u. s. w..“ in der schon oben angeführten Stelle. ·. Er hat ganz übersehen, oder übersehen wollen, dass die Regierung des Ordens nach dem Grossmeister nicht in der Hand der Krieger und der Priester, sondern in der Hand der Laienbrüder oder Servienten lag, welche die Vorsteher der Tempelhäuser, und welche die geheimen Capitel des Ordens abhielten. Fratres Laici quitenebant dicta capitula“). Diese (nicht die Priester) ertheiten bei dem Schlusse der Capiteln die Lossprechung von den Sünden und Verzeihung derselben, wie Gott der Magdalena und dem linken Schächer verziehen“). Die Servienten waren mit den niedrigsten Diensten des Ordens, aber auch den höchsten Ämtern desselben bekleidet und es ist nicht wahr, was Herr Dr. Havemann sagt: „dass die Aus- sagenden mit wenigen Ausnahmen den derben Beschäftigungen der Kriegsknechte, Aufwärter, Handwerker, Hirten und Landbauer angehörten.“ Unter den hier gegebenen Aussagen befinden sich nicht nur die von mehreren Priestern, sondern nur ein einziger Servient kömmt als Aufseher der Heerden und Felder, d. i. als Ökonom des Ordens vor. Ebenso unwahr als die vorhergehende Behauptung Dr. Havemann's ist die, dass den Templern ihre Sünden nur Priestern des Ordens zu beichten, nicht unbedingt vorgeschrieben war. Die das Gegentheil beweisenden Stellen sind schon oben gegeben worden, viele aber übertraten dieses Gebot, indem sie ausser dem Orden beichteten, was um so natürlicher als alle die welche sich die Sünde der Verläugnung Christi und die Anspeiung des Kreuzes zu beichten für verpflichtet hielten, wohl eher einen anderen Priester (Beichtvater) aufsuchen mussten als den ihres Ordens, der mit denselben Ceremonien wie sie aufgenommen, in denselben vielleicht nichts Unerlaubtes fand. Das ängstliche Gewissen der Strenggläubigen welche sich der Ver- läugnung Christi und der Anspeiung des Kreuzes weigerten, beruhigten die Aufnehmenden selbst durch den Rath, dass wenn die Aufgenommenen das von ihnen Geforderte für Sünde hielten, sie es ja beichten könnten: Fatue confitearis; oder durch die Versicherung, dass alles dieses nur Scherz (truffa); oder der Aufnehmende gab den sich aus Gewissenszweifel der Verläugnung und Anspeiung weigernden Aufzunehmenden oft selbst ausser der Beichte andere Mittel an die Hand, um ihr Gewissen zu beruhigen, indem er ihnen sagte, dass sie Jesum Christum nur mit dem Munde, nicht im Herzen (ore non corde) verläugnen, dass sie nur neben, nicht auf das Kreuz speien dürften. *) Procès des Templiers I, p. 600. –*) Ebenda. Die Schuld der Templer. F 207 Es ist also sehr natürlich, dass alle Aussagen darin übereinstimmen, dass sie Jesum Christum nur mit dem Munde und nicht im Herzen verläugnet, dass sie, nicht wie es gefordert ward, auf das Kreuz, sondern nur neben dasselbe gespien haben wollten, denn Keiner wollte sich der Gottesverläugnung und der Anspeiung des Kreuzes, wodurch sie dem Scheiterhaufen verfielen, schuldig gemacht haben. Dass die Commissäre und Richter auf die Wahrheit dieser Angabe nicht viel hielten, beweiset das denselben häufig beigesetzte ut dixit. - « Einige der Aufnehmenden glaubten die Sache den Aufzunehmenden zu erleichtern, indem sie Jesum Christum gar nicht für Gott, sondern für einen Propheten, und obendrein noch für einen falschen gelten liessen, hierin also weit ärger, als die von ihnen bekämpften Ungläubigen, indem selbst der Koran Jesum als einen wahren Propheten anerkennt. Eben so wenig als die Aufgenommenen wirkliche Gottesläugner und Verunehrer des Kreuzes sein wollten, eben so wenig und noch weniger wollten sie jemals von der ihnen ertheilten Befugniss der Sodomie Gebrauch gemacht haben. Wie hätten sie sich zu einem solchen Geständniss entschliessen können, welches sie nicht nur in den Augen ihrer Richter geschändet, son- dern auch im Voraus den Flammen überliefert hätte. Keiner wollte sich also zur Sodomie hergegeben, keiner davon gehört, oder auch nur daran geglaubt haben, und doch war das unnatürlichste der Laster unter Mönchen und Soldaten in Asien das natürlichste, wie ehemals bei den Janitscharen. In den Aussagen des zweiten Bandes gestehen einige sogar die Sodomie ein. Es kömmt hier aber gar nicht darauf an, die einzelnen Fälle zu beweisen, sondern blos auf die bei der Aufnahme den Auf- genommenen ertheilte Befugniss fleischlicher Vermischung unter einander; diese war ihnen erlaubt und nur der Umgang mit Weibern verboten, denn die Keuschheit war ihnen nichts anderes als die Enthaltung von Weibern, damit der Orden nicht in's Geschrei käme ). s Das Gelübde des Gehorsams, der Armuth und der Keuschheit, welches die Aufzunehmenden vor der Einkleidung beschworen, erhielt sogleich nach derselben durch die Auslegung der Aufnehmenden einen ganz anderen als den gewöhnlichen Sinn. Kraft des vom Aufgenommenen auf den Gehorsam gegen die Oberen geleisteten Eides forderte der Aufnehmende die Gottesläugnung, die Anspeiung des Kreuzes, und weil der Aufzunehmende den guten Gebräuchen und Gewohnheiten des Ordens sich zu fügen ge- schworen, ward das Obige und der unanständige Kuss gefordert; quia hoc erat de punctis – secundum obs er Vanciam ordinis. Die Armuth ward nur von den Einzelnen, aber nicht von dem Orden verstanden, denn dem Templer war es Pflicht durch Recht oder Unrecht den Orden zu bereichern, weil diess keine Sünde *); das Gelübde der Keuschheit endlich bezog sich blos auf den Umgang mit Weibern. Dieser geheime Sinn des abgelegten Schwures der Ordensgelübde ward dem Aufgenommenen sogleich nach der Einkleidung mit dem Mantel und Baret, durch die geforderten Proben der Gottesverläugnung, Kreuzanspeiung und des unanständigen Kusses klar gemacht. Diese Proben wurden von denen die sich deren weigerten, mit An- drohung von Kerker und Strafen erzwungen. Die sich Weigernden wurden für Schwachköpfe (Fatui) gehalten und also ganz gewiss nicht zu den höheren geheimen Graden und Capiteln, wo die Baphomete und die Schlangengürtel vorkamen, zugelassen, was nur mit denen die sich aus den auferlegten Proben nichts machten, der Fall sein konnte. Diese starken Geister gestanden natürlich vor den Commissären und Richtern von der Schuld des Ordens nichts ein. - Dasselbe konnte auch von allen denen vorausgesetzt werden, die sich den Orden zu Vertheidigen antrugen, es war unnütz sie vor die zweite geistliche Commission zu ziehen, wo keine Folter angewendet wurde, da sie sich in Voraus erklärt hatten, den Orden nur lobpreisen zu wollen. *) Ex quo veverat castitatem debebat abstinere a mulieribus ne ordo infamaretur, p. 627. *) Quod per fas vel nefas secure acquireret ordine, quia hoc poterat secure facere sine peccato, p. 559. 208 e Freiherr Hammer-Purgstall. Es waren deren ein halbes Tausend, aber es blieb nur bei den Worten und der gute Wille kam nicht zur That, sie entschuldigten sich Alle, dass es ihnen an Fähigkeit der Rede gebreche, oder dass ihre Oberen als besser unterrichtet, die Sache besser führen würden, oder dass sie Sachwalter (Procuratores) begehrten, auf deren Wertheidigung sie compromittirten. Endlich wurden vier Procuratoren ernannt). Diese vier Laien traten im Namen so vieler Hunderte auf, welche sich den Orden vertheidigen zu wollen, angetragen, sie erschienen vor der Commission als Lobpreiser der Tugenden und der äusseren lobenswerthen Einrichtung des Ordens, seiner Almosen, seiner Gastfreiheit und seines feierlichen Gottesdienstes, der Tapferkeit der Ritter und ihres zur Eroberung des heiligen Landes vergossenen Blutes. An sie schloss sich der Grossmeister Jacob Molay an, der seine erste Aussage zurücknahm und dem Kanzler Nogar et, welcher ihm den Aus- spruch Saladin's über die Sodomie der Templer vorhielt, dies niemals gehört zu haben, versicherte *). Die vier Wertheidiger des Ordens brachten einmal vier Brüder mit sich, die mit ihnen einverstanden, den Orden priesen und von nichts Üblen zu sagen wussten. Humbertus de Bodio wusste ebenfalls nichts Böses auszusagen, da er nie bei einem Capitel gewesen“). Ausser diesen sagte der Servient Rajnerius de Larchant aus, dass bei seiner Aufnahme nichts Ungebührliches vorgekommen und dass er anderen nicht beigewohnt“). Dessgleichen der Servient Johannes de Rumpre und der Servient Johannes de Cormele“), welche von ihrer Aufnahme nichts Unerlaubtes zu sagen wussten. Auf dieses Dutzend von Aussagen beschränken sich im ersten Bande der Process-Acten von den in demselben vorkommenden anderthalb hundert Aussagen die dem Orden günstigen Zeugnisse, alle anderen von denen hier hundert und zwanzig angeführt worden, und die gleichlautenden mehrerer Brüder deren Worte in den Acten des Processes nicht angeführt, sind gar nicht gezählt worden. Im zweiten Bande der Process-Acten sagen Robert de Reinheval und Pierre de Montchauvet, die Servienten Griselli und Guillaume d'Errée, dann Helyas Reynaud und Petrus Theobaldi nebst zehn anderen Präceptoren, also in Allem nur sechzehn, für die tadellose Aufnahme aus; diese mit dem obigen Dutzend des ersten Bandes machen nur acht und zwanzig der Wertheidiger aus, welche nur ein Neuntel der die Schuld bekennenden Aussagen. Dieses Verhältniss allein von sechsunddreissig entschuldigenden gegen zwei hundert und zwanzig beschworene Aussagen bricht den Templern den Stab“). Sorgfältig hat Herr Havemann, so wie alle bisherigen Wertheidiger des Ordens dieses Verhältniss von acht und zwanzig entschuldigenden gegen zweihundert und fünfzig in beiden Bänden der Process-Acten beschuldigende beschworene Aussagen mit Stillschweigen übergangen; um die Parteilichkeit und historische Gewissenlosigkeit Dr. Havemann's, welcher versichert dass die Commissäre-Richter aus den ihnen gemachten Geständnissen gar nicht auf das Dasein geheimer Statuten schliessen konnten, in das vollste Licht zu setzen, wird die folgende Aussage genügen: - Gervasi us de Belv a c o, Vorsteher eines Tempelhauses, versicherte seinem Freunde Radolphus de Praellis schon fünf oder sechs Jahre vor Aufhebung des Ordens mehr als hundert Mal: Quod in ordine Templariorum erat quidam punctus ita mirabilis et ita precipiebatur celari, quod idem Gervasius ita citto vellet caput suum amputari, quam vellet ipsum punctum per se revelare tum tamen scieri posset quod ipse revelasset. n *) Die Priester Reginaldo de Pruino und Petrus de Bononia, dann die Ritter Wilhelm Chambonnet und Bertrand de Sartiges. *) Procès des Templiers I, p. 44. –*) Ebenda p. 265. –*) Ebenda p. 494. – *) Ebenda p. 520. ") En un Diario de Barcelona hallo lassiguientes noticias, de cuya autenticidad no salgo responsable: En aquest any (1274) fonch la destruccio dels Templaris y tots en un dia per tots los tres regnes. = En aquest any (1307) fonch deposat lordre dels Templaris e moriren la maior part a mala mort, e degollats, per lo gran pecat que ab ells era. Don Jaime Villanueva Viage literario a las iglesias de España. Madrid 1851. XIX. Bd. S. 198. Die auf die Aufhebung der Templer in Spanien bezüglichen Urkunden befinden sich schon im V. Bande Carta LIV. pag. 175 bis 232. Die Schuld der Templer. 209 *. Dixit eciam quod eodem modo dixit sibi dictus frater Gervasius quod eciam in capitulo generali templariorum erat quidam punctus adeo secretus, quod si idem magister Radolphus illum punctum videret, quocunque infortunio sive eciam Rex Francorum wideret, non obstante metu et pena quibuscunque, ipsum videntem tenentes capitulum pro posse suo interficerent, neminis quandocunque auctoritati deferentes. Dixit eciam pluries idem frater Gervasius eidem magistro Radolpho quod habebat quemdam librum parvulum quem bene ostendebat de statutis suis ordinis, sed alium se creciorum habe bat, quem pro totomundo non ostenderet“). s Item ex eo quia audivit pluries quod quidem templarius nomine Gervasius, de quo deposuit magistri Radolphus de Praelis habebat quemdam librum continentem plura statuta dicti ordinis qui videbantur ipse testi satis bona , cui dixit: alia sunt statua in ordine n 0 Str 0 , q U am sint ista. Et idem frater Gervasius dicebat quasi gemendo, quod eramt alia puncta in dicto ordine, que non aderat alicui revelare, et si revelaret, haberet de hoc multum pati“). « »- Wie hätten nach dieser beschworenen Aussage und indem fast in jedem Geständniss die Verhörten aussagen, dass bei ihrer Weigerung sich dem Begehren der Gottesläugnung, der Kreuzanspeiung und des unanständigen Kusses zu fügen, die Aufnehmenden ihnen sagten, dass sie dies nach den Punct en des Ordens thun müssten, wie hätten die Untersuchungs – Commissäre an dem Dasein geheimer Statuten zweifeln können ? - Wir haben hier nur die Puncte, in welchen zwei hundert und fünfzig anklagende Aussagen gegen acht und zwanzig entlastende übereinstimmten, herausgehoben, ohne die Puncte, worin sie nicht überein- stimmten, wie zum Beispiel die der Köpfe, der Gürtel u. s. w. zu berühren. Nur ein Dutzend (welche Herr Mignard gesammelt) sprechen hiervon. Es war natürlich, dass wenn auch die obigen Proben von allen Aufgenommenen gefordert wurden, nur diejenigen die sich gewissenlos über die geforderten Proben hinwegsetzten, zur Aufnahme in den geheimen Grad für tauglich befunden und zu den geheimsten Capiteln, in denen die Baphomete und die an denselben angerührten Schlangengürtel figurirten, zugelassen wurden. Diese Aussagen finden ihre Bestätigung in den noch vorhandenen templerischen baphometischen Denkmalen, deren Inschriften aus den Acten des Processes ganz unvermuthete Bestätigung erhalten, wovon hier ein ganz neues, bisher nirgends berührtes Beispiel: Das Wort tif (podex), welches in den arabischen Inschriften vorkömmt, ist in ganz Syrien und Ägypten gang und gäbe und der französische Namen Jean B aptiste ein verrufener blos des Lautes und Wortspieles wegen mit dem arabischen Dschanbetiſ (latus podicis). Hieraus erklärt sich die Vorliebe der Templer für den geliebten Jünger des Herrn. Die Aufnahmen und Capiteln wurden zwar auch an anderen Festtagen, aber meistens und vorzüglich an dem Feste Johannes des Täufers gehalten: In festo Nativitatis beati Johannis Baptiste *). Circa instans festum Nativitatis beat Johannis Baptiste erunt septem annivel circa in capella domus Templi etc.“). In capitulio generali, quod celebratur in festo Nativitatis beati Johannis Baptiste“). Circa instans festum beati Johannis erunt decem anni, vel circa, quod ipse receptus fuerat in capella domus Templi etc."). In festo Nativitatis beatis Johannis Baptiste fuerunt tres anni in dicta capitulio fuit reconciatus"). Circa instans festum Nativitatis beati Johannis Baptiste erunt septem anni, quod ipse receptus fuerat*). Die veneris ante festum Nativitatis beati Johannis Baptiste fuerunt octo anni, vel circa quod ipse fuerat receptus“). Circa festum Nativitatis beati Johannis Baptiste preteritum fuerunt sedecim anni quod fuit receptus fuerat”). In festu Nativitatis beatiJohannis Baptiste proximo preterito fuerunt septemanni quod fuit receptus“). Non steterat *) Procès des Templiers I, p. 175. –*) Ebenda p. 177. –*) Ebenda p. 406. – *) Ebenda p. 575. – *) Ebenda p. 501. – %) Ebenda p. 554 – 7) Ebenda p. 553. –*) Ebenda p. 567. –*) Ebenda p. 589. – 10) Ebenda p. 402. – 1) Ebenda p. 413. Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. ? G 27 21 0 Freiherr Hammer-Pur gstall. Die Schuld der Templer. in ordine Templi, nisi in fest0 Nativitatis beati Johannis Baptiste usque ad festum beati Remigii“). In festu Nativitatis beati Johannis Baptiste fuit receptus in capella domus Templi Parisiensis“). - 4. Nachdem aus den arabischen Inschriften des in den Tempelruinen von Volaine gefundenen Kästchens (welche dieselben, wie die aus den Baphometen des k. k. Antiken-Cabinetes), aus der arabischen Inschrift des ähnlichen Kästchens von Volterra (auf welchem die Taufe der Mete, d. i. die Feuertaufe der Templer, erwähnt, und unterhalb der Inschrift bildlich dargestellt ist), aus den zwei hundert zwanzig über- einstimmenden Geständnissen der verhörten Templer (die alle darin einig), dass bei der Aufnahme die Gottes- läugnung, die Anspeiung des Kreuzes sammt dem unanständigen Kusse gefordert und die Befugniss zur Sodomie ertheilt ward, kann über die Schuld der Templer kein weiterer Zweifel obwalten. Wir wiederholen hier nicht die Betrachtungen Herrn Mignard's, welcher auch den Charakter dieser zweiten Untersuchungs- Commission welche aus Geistlichen bestand, und keine Gewalt anwendete um Geständnisse zu erzwingen, dem Resultate seiner Forschungen beifügt, und erlauben uns nur zum Schlusse dieser Abhandlung die folgende Betrachtung über den Widerspruch der exoterischen und der esoterischen Lehre der Templer und über den Muth womit die Wertheidiger des Ordens in das Feuer gingen, hinzuzusetzen. Die Templer welche mit vollem Bewusstsein der Schuld des Ordens die Reinheit seiner Sitten und Satzungen vertheidigten, und sich dafür dem Flammentode weihten, bewiesen hierdurch nicht mindere Tapferkeit und Aufopferung als die, womit sie die Wertheidigung des gelobten Landes und die Wieder- eroberung Jerusalems bezweckten. Man hat von Missionären gehört, welche gepredigt, was sie nicht geglaubt, von Officieren welche von einer ganz anderen politischen Gesinnung als die, für die sie fochten, durchdrungen, aus militärischem Ehrgefühl in die Schlacht gingen“). Nur wer sich zu dieser Höhe des Ehrenpunctes erheben kann, wird es begreifen, dass trotz der Missbilligung der geheimen Puncte des Ordens, seine Mitglieder zur Vertheidigung desselben ihr Leben einsetzten und sich durch den bei ihrer Aufnahme geleisteten Schwur die Geheimnisse des Ordens zu bewahren für immer gebunden glaubten. Das Sittenverderbniss der Templer und die Geheimlehre ihres Ordens war ein Auswuchs des Orients, in welchem der blinde Gehorsam und die Geheimlehre der Assassinen (die kurz vor den Kreuzzügen entstanden und die weisse Mäntel und rothe Gürtel trugen) vor den Templern vorhanden war. Eben am Schlusse dieser Abhandlung kommt uns der Moniteur vom 10. Jänner d. J. zu Händen, worin ein mit Rappetti unterzeichneter Aufsatz: Les frères du temple, épisode de l'histoire du XIV. siècle, dessen Literatur von den Schriften Dupuy's, Moldenhauer's, Raynouard's, Michelet's und dem Mysterium Baphometis revelat um Kenntnissnimmt. „Mr. de Hammer invoque, heisst es, pour demontrer Phéterodoxie du temple, Tidole dont on avait reproché l'adoration à cet ordre religieux. – Mr. Raynouard reprit la plume.“ In den Noten wird Herrn Raynouard's refutation du Baphometisme de Mr. de Hammer dans le journal des Savans 1819, S. 254, aber keineswegs meine Entgegnung an Hrn. Raynouard, welche sich zu Ende des VI. Bandes der Fundgruben befindet, angeführt, statt derselben befindet sich in der Note folgender sonderbare Zusatz: Le système de Mr. de Hammer a d'ailleurs été refuté en Allemagne notamment par Mr. Gruber de Grubenfels. Von diesem Werke ist aber weder mir noch Jemand Andern das Geringste bekannt. Herr Rappetti hätte wenigstens die Quellen seiner unrichtigen Angaben, wenn er sie nicht etwa selbst aus der Luft greift, anführen sollen. *) Procès des Templiers I. p. 439. –*) Ebenda p. 475. –*) „Comme on irait galamment sur le pré pour une cause à laquelle on se dévoue plutöt qu'on n'y croit.“ Sainte-Beuve, Portraits contemporains, I, p. 13. lammer-Purgstall. Die Schuld der Templer Denkschriften der kAkadd Wissensch philos histor CVIBd.1855. Taf I. Lithugedrink kHof. Staatsdruckerei Hammer-Purgstall. Die Schuld der Templer Taf. - - ein Hof Saarckere lenkschriften der kAkadd Wissensch philos histor CVI B 1855 Hammer-Purgstall. Die Schuld der Templer r . - - Denkschriften dkAkaddW philos histor CVI Bd. 1855 T T- . Taf III 7- z- - Lihuge inkkof Staatsdruckerei Hammer-Purgstall. Die Schuld der Templer Taf IV - T - ich gerin ºf saaruckerei Denkschriften Akawpoc v B 185 j – F / \ – T – T . W2 - - - - TT ------ – - - - TafW er kAkadd Wissensch philos, histor (V B 1855 er of Sasrcer Hammer-Purgstall D Mºu der Templer aſ W. Lithuerink kHou Staatsruckerei Denkschriften der kAkadd Wissensch philos histor Cl. VI Bd. 1855 - Hammer-Purgstall. Die Schuld der Templer. Tat wi K zº-Tº =----- - –< 2 - – – –<_><_>> --- W w j . . --- FT S-^ –“-T-–--->-->-->-<_<_D Denkschriften der kais. Akad, der Wissenschaften, philos-histor. C. WI. Bd. 1855. ÄCºzza/a/OZ w – F7Ka er c / . . 211 DAS PFERD BEI DEN ARABERN. VON D* FREIHERRN HAMMER-PURGSTALL, WIRKLICHEM MITGLIEDE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. (VORGELEGT IN DEN SITZUNGEN DER PHILOSOPHISCH – HISTORISCHEN CLASSE IM JUNI MDCCCLIV.) Diese Abhandlung ist ein Seitenstück zu der vor einem Jahre gelesenen über das Kamel. Nachdem das nützlichste Thier der Araber von allen Seiten philologisch überblicket worden, gebührt dem edelsten vor allen anderen der Vorzug; wie das Pferd überhaupt das edelste der Hausthiere, so ist unter allen Racen das arabische als das edelste anerkannt. Erst seit dem Beginne dieses Jahrhunderts haben sich europäische Pferdekenner damit literarisch beschäftiget, der erste, mein seliger Freund, Graf Wenzeslaus Rcewuski, in den Fundgruben des Orients, von dessen schätzbarem Aufsatze die neuesten Schriftner über das arabische Pferd“) der französische Doctor Mr. Perron *), der französiche General Daumas*) und der französische Viceconsul Mazoillier“) keine Kunde hatten oder nahmen. s Von Reisenden haben davon nur Niebuhr, Fürst Pükler im Vorbeigehen sehr kurze und oberflächliche Nachrichten, und der französische Reisende Damoiseau, von dem das Meiste erwartet werden durfte, weil er mit dem Auftrage, Pferde zu kaufen, nach dem Oriente geschickt ward, gar keine über das arabische Pferd gegeben. Diese Abhandlung soll nichts von dem in den genannten halben Dutzend europäischer Bücher Gesagten wiederholen, sondern nur bei Gelegenheit dieselben berichtigen und nur aus arabischen hippolo- gischen ünd veterinärischen Werken oder Wörterbüchern schöpfen und vor allen die bisher nirgends gegebene Literatur dieser Werke aufstellen. Bisher war von den hier gegebenen sechs und achtzig derselben nur ein *) Notice sur les chevaux arabes. Mines de l'Orient. Tom. V, p. 49; und: Sur l'introduction du sang oriental des chevaux en Europe. Ebenda p. 333. – *) Le Näcéri. La perfection des deux arts outraité complet d'hippologie et d'hippiatrie Arabes; ouvrage publié par ordre et sous les auspices du Ministère de l'intérieur, de l'agriculture et du commerce. Traduit de r Arabe d'Abou Bekr Ibn Bedr, par M. Perron, Chevalier de la légion d'honneur, membre de la société Asiatique de Paris, de la société Asiatique de Leipsick etc. – *) Les Chevaux du Sahara par E. Daumas, Général de Division, Conseiller d' Etat, Directeur des Affaires d'Algérie; seconde édition augmentée de nombreux Documents par l'Emir Abd-el-Kader; ouvrage publié avec TAutori- sation du Ministre de la Guerre. Paris 1853. Principes généraux du Cavalier Arabe, par le général E. Daumas. Deuxième Edition. Paris 1854. Dazu noch das im vorigen Jahre zu Paris erschienene hippologische Werk: Recueil d'éléments l'Hippologie, d'après Mr. Girard, le Baron Richerand, Milne Edwards, Lecoq, Gronier, Hurtrel d'Arboyal et Beucher de Saint-Ange, destiné aux Officiers de Cavalerie, par le Chevalier L. de Quillin an. Paris 1854. – *) Les chevaux Arabes de la Syrie. Par J. Mazoillier, Vice- consul de France à Tarsous. Paris 1854. 27 8 212 « Freiherr Hammer-Pur gstall. einziges, nämlich das von Herrn Perron unter dem Namen le Näcéri in Übersetzung angekündigte Kämil efs-fsanaat ein, d. i. der Vollkommene in zwei Künsten, dem Namen nach aber nicht zuerst durch Herrn Perron, sondern durch den Grafen Rcewuski, welcher daraus in seinem ersten Aufsatze die Eintheilung der Racen gegeben und dann in dem fünften Bande der Übersetzung von Hadschi Chalfa's bibliographischem Wörterbuche ) dem vollständigen Titel nach bekannt gemacht worden. Dieses berühmteste und vollständigste aller hippologischen und veterinärischen Werke der Araber, welches von Herrn Perron in französischer Übersetzung zu erwarten (denn der bisher erschienene erste Band ist nur eine Einleitung zur Übersetzung) ist aber zugleich eines der spätesten, indem es der Hälfte des achten Jahrhunderts der Hidschret, des vierzehnten der christlichen Zeitrechnung, angehört. Von den früheren Werken hat Herr Perron nicht die geringste Kunde. Die Encyklopädie Taschköprisades (der Schlüssel der Wissenschaften) nennt unter dem Artikel der Veterinärkunst (lmol-beithare) das Werk des Arztes Honein's B. Ishak's“), welcher im Jahre 264 (877) gestorben“), aber schon vor Honein B. Ishak bestanden mehrere Werke der grössten arabischen Philologen sowohl über die Physiologie des Pferdes, als über die Pflege desselben; es ist aber durchaus nicht wahr, was der Emir Abdol-Kadir in einem vom General Daumas in seinem Werke mitgetheilten Schreiben versichert, dass Ebü Obeide allein ein halbes Hundert von Werken über die Pferde geschrieben habe“). Ebü Obeide schrieb nicht fünfzig, sondern nur fünf, die Pferde und ihre Wartung betreffende Werke, welche sogleich mit jenen Titeln aus der in der Literaturgeschichte der Araber nach den erschö– pfendsten Quellen derselben“) gegeben sind. A. B i b l i 0 g r a p h i e. I. Von den arabischen, persischen und türkischen Werken. Das älteste bekannte arabische Werk ist: 1) Das Buch der Rosse, von Kasem B. Maan B. Abderrähman B. Abdällah B. Mesüd, welchem der Chalife Mehdi, + 169 (785), eine Richterstelle ver- lieh“); 2) das Buch der Pferde des Grammatikers Lixikographen Ebü Amrüesch-Scheibani + 206 (821"); 3) d. B. der Physiologie des Pferdes, vom Grammatiker Lixikographen el-Kothrob + 206 (821*); 4) d. B. der Ruhe der Pferde, von EbüObeide + 209 (824); 5) d. B. der Rosse (Chajel); 6) d. B. des Sattels; 7) d. B. des Zügels; 8) d. B. des Pferdes (Feres); 9) d. B. der Namen der Pferde, vom selben. Mit EbüObeide wetteiferte als grosser Philologe el- Äfsmäi, welcher der Verfasser 10) des Buches des Losens mit Pferden; 11) d. B. der Physiologie des Pferdes (Feres); 12) d. B. der Rosse. Weit berühmter als durch diese drei Werke ist Äsmäi durch das in der Literaturgeschichte der Araber übersetzte philologische Gedicht welches die zwanzig von den Vögeln her- genommenen Namen einzelner Glieder des Pferdes aufzählt"), diese dort nach den Quellen erzählte und in der Note aus den Wörterbüchern belegte Anekdote wird vom Emir Abdol-Kadir in seinem Schreiben an General Daumas gänzlich entstellt, indem er den Aſsmäi mit dem Ebü Obeide verwechselt und den ) Nr.9735. Alles was Herr Perron Seite 380 seines Näſsiri von den zahlreichen Werken Äfsmäi's fabelt, ist seine Erfindung. Hier sind seine Worte: Le travail renfermoit non seulement les noms des chevaux célèbres de l'antiquité arabe, non seulement présentoit l’ ob ituaire hippique du passé, il étoit aussi un traité ex professo de la science hippologique de l'hipponomie et en mème temps untraité d' hippiatrie. Nach dieser Angabe hätte Äfsmäi über die Namen, die Sterbefälle, die Reitkunst und die Pferdeheilkunde geschrieben, aber in der Liste seiner zahlreichen Werke befindet sich (ausser den drei obigen) kein auf Pferde sich beziehendes Kitabol – es m á, we fiat, For üsijet und Beit harn um e, welche ihm Hr. Perron wie der Emir Äbdolkadir dem Öbeide fünfzig statt fünf Werke zuschreibt !!! *) Der Schlüssel der Wissenschaften. Handschrift der Hofbibliothek S. 67, zweite Zeile. –*) Literaturgeschichte der Araber IV. Bd., S. 338. –*) Un d'eux, Abou-Obeida, contemporain du fils d'Haroun-al-Raschid, a composé à lui seul cinquante volumes sur les chevaux. – °) Literaturgeschichte der Araber, III. Bd., S. 415. –*) Lord Munster's Fihrist, p. 94. – ") Literaturgeschichte der Araber, III. Bd., S. 317.–*) Ebenda III. Bd., S. 318. –*) Ebenda III. Bd., S. 421. Das Pferd bei den Arabern. » 21 Z eigentlichen Witz des Gedichtes, dass die Namen dieser zwanzig Glieder des Pferdes von Vögeln herge- genommen sind, ganz mit Stillschweigen übergangen wird; 13) d. B. der Rosse, von Hischäm Ibn Ibrahim el–Kelbö + 213 (828), einer der beiden Säbit, nämlich 14) Sábit Ebü, Sabit Ali, der Zeitgenosse Öbeid B. Sellám's, welcher i. J. 224 (838) starb, hinterliess nebst einer Physiologie des Menschen eine Physiologie des Pferdes *); 15) d. B. der Rosse, von Ibnol-Äräbi + 231 (848*); 16) d. B. der Rosse, von Ahmed B. Hatim“) dem Schüler Aſsmäſs + 231 (841) nicht zu verwechseln mit 17) Hätimes-sedschistáni + 255 (868), welcher ein Buch des Pferdes hinterliess"); mit 18) d. B. des Sattels und des Zaumes von Ibnes-sikit + 244 (858"); 19) d. B. der Rosse (Chajel), von Ebi Mohkim Mohammed B. Hischäm esch-Scheibäni el-Lagawi + 245 (859"); 20) d. B. der Rosse, von Abderrahman Mohammed Ibn Abdállah Ibn Amrü*) + 228 (841); 21) das grosse Buch der Rosse, von Ibn Ebi Thähir + 280 (893"); 22) d. B. der Begegnung der Reiter, vom selben“); 23). d. B. der Begegnung der Reiter, von Mohammed B. Hábik“); 24) d. B. der Kunstgriffe (Bend) des Reiters, von Ibn Koteibe aus Kufa † 270 (883“); 25) d. B. der Reiter, von Ebi Chalife“); 26) d. B. des Schmuckes der Menschen und der Pferde, von Ibnol-Kali + 288 (900“); 27) d. B. der Namen der arabischen Pferde und ihrer Reiter, von Ibnol-Arebi “); 28) d. B. der Kämpfe der Reiter, von Ebi Ali Ismail B. el-Kasem el-Kali dem Grammatiker“); 29) d. B. der Physiologie des Pferdes, von Ebü Ishak Ibrähim B. Mohammed Ibnes-Sera B. Sehl ef-ſudſchädſch † 315 (927"); 30) d. B. des Sattels und des Zügels, von Ibn Dorit + 321 (933“); 31) die Physiologie des Pferdes, von Ebübekr Mohammed B. el-Käsim † 328 (939“); 33) d. B. der Rosse, von Ebül-Feredsch er-Rjaschi + 248 (862“); 34) d. B. der Pferde, vom ersten Enbari+304 (906“); 35) d. B. der Rosse, von Mohammed B. Abbas el-Jesidi† 306(908“); 36) d. B. der Rosse, von es-sedschädschi+ 311 (913“); 37) d. B. der Physi ologi e des Pferd es, von Haſan B. Ahmed Ebü Mohammed, berühmt als Abdschani + 428 (1036“); 38) d. B. der Reitkunst, von Ibnol – Feredsch Abderrahman B. Ali Ibnol-Dscheſeri + 598 (1007); 39) d. B. der Rosse, von Ibn Dschäfer B. Ridhwán + 655 (1257); 40) d. B. der moham- medanischen Reitkunst, von Schemseddin Mohammed B. Ebibekr B. Kasem el-Dschüſi + 751 (1350); 41) der strömende Regen in den die Rosse betreffenden Sachen, vom Scheich Hafiſ Siradscheddin Ömer B. Reslän B. Naſsr el-Bolkain + 805 (1402), abgekürzt aus dem 42) Werke von den Eigenschaften der Pferde des Mohammed Abdol-Munien B. Chalel ed-Dimiath“). Ohne Bestimmung des Sterbejahres gibt das Fihrist Lord Munsters nach dem Fihrist Ibnon – Nedims noch die folgenden Werke: 43) d. B. der Pferde der Araber und ihrer Reiter, von Ibn Sijád; 44) d. B. der Ross- händler (Dschelláb) und der Namen der Rosse, von Mohammed B. Selläm; 45) d. B. der Physiologie des Pferdes, von Kermani: 46) d. B. der Eigenschaften der Pferde, ihrer Namen zu Mekka, von Ebil-Eschäs Aasiſ B. el-Fadhl el-Fadhäl”); 47) die Physiologie des Pferdes, von Mohammed B. Ahmed Ebü Thajib Ibnol – Weschä“); 48) d. B. der Rosse, von Ebi Said es-saburi; 49) die Kaſsidet der Beschreibung des Pferdes, von Chalef B. Haján, in ein und siebzig Distichen”). Die Bibliothek des Escurials besitzt ausser dem schon oben erwähnten Buche der Namen der Pferde und *) Literaturgeschichte der Araber III, 383. –*) Fihrist Ibnon-Nedim's. – *) Ebenda. – *) Ebenda. – *) Bei Flügel, Nr. 10365. – ") Literaturgeschichte der Araber IV, S. 472. Lord Munster's Fihrist S. 94. – 7) In Flügel's Hadschi Chalfa unter Nr. 10103. – *) In Lord Münster's Fihrist S. 96. –*) Ebenda. – 9) Ebenda S. 94. –*) Ebenda. – *) Ebenda. – *) Ebenda. Hier sei bemerkt, dass auf derselben Seite das Buch der Namen der Rosse von Ebi Obeide mit dem irrigen Sterbejahre 270 vorkömmt. – *) In Lord Münster's Fihrist S. 96 zweimal, einmal ohne das Sterbejahr. – 1°) Ebenda S. 96 l. Z. – %) Ebenda S. 96. – 17) Ebenda S. 96. –*) Ebenda S. 95. – ") Ebenda S. 95. – ”) Literaturgeschichte der Araber III, 330, d. B. d. Pferde. – *) Fihrist Ibnon – Nedim's. – ”) Ebenda. – ”) Ibn Challikan. – *) Fihrist Ibnon-Nedim's. –*) In Flügel's Hadschi Chalfa, Nr. 9535. –*) Lord Munster's Fihrist, S. 97. –*) Sojuthi Nr. 26. – *) Im Dschemheretol-Islam der Leydner Bibliothek, III. Hauptstück, XIII. Buch. 2 14 Freiherr Hammer-Purgstall. ihrer Reiter von Mohammed B. Sijäd el-Arebi noch; 50) das Buch der Genealogie der Rosse und ihrer Kunde, von Ebül-Mondir Hischam B. Mohammed el-Kelbi von Valencia“) und 51) d. B. der Aufwendung alles Fleiss es zur Benützung der Pferde, was Casirius mit theatrum equestre übersetzt, von Ebü Mohammed Abdällah Lachmi aus Cordova, in vier Theilen und acht und sechzig Capiteln, welchem am Ende noch eine Übersicht der Reitkunst angehängt ist; der Verfasser widmete sein Werk dem dritten Herrscher der letzten Dynastie von Granada, Mohammed el-Manſsür, welcher im ersten Jahre des achten Jahrhunderts der Hidschret, des vierzehnten der christlichen Zeitrechnung, den Thron bestieg“). Die bodleianische Bibliothek besitzt von den obgenannten Werken das Bolkaini“), die Bibliothek von Leyden vier oben nicht erwähnte Werke, nämlich: 52) d. B. der Reitkunst, von Ihn Jäkübel-Chathali; 53) von dem Nutzen der Rosse; 54) ein Buch der Veterinär kunst, ohne Angabe des Verfassers; und 55) das Buch der Rosse, von Mohammed B. Jakübel – Chajali , welcher wohl Einer und derselbe mit dem oben geschriebenen Chathali“); d. B. der Rosse in der Form eines Wörterbuches, von el-Hasan B. Ähmed el-Eswed, † 428 (1036) [Sojuthi Nr. 995]. » Aus allen Quellen, aus welchen die gegebene Kunde des halben Hunderts hippologischer und veteri- närischer Werke geschöpft ist, konnte Herr Perron eben sowohl schöpfen als der Verfasser dieser Denkschrift, aber nicht so aus dem Dutzend der das Pferd betreffenden Handschriften der Hofbibliothek, von denen eine das Náfsiri, zu dessen Übersetzung Perron bisher die Einleitung herausgegeben, die anderen eilf aber aus der Sammlung des Verfassers dieser Denkschrift der Hofbibliothek einverleibt, und in den Jahrbüchern der Literatur katalogirt worden sind“). Mit dem Erwerbe dieses seltenen Schatzes veterinä- rischer und hippologischer Handschriften, den keine andere Bibliothek besitzt, hat es die folgende Bewandt- niss. Als der Verfasser Ende März des ersten Jahres dieses Jahrhunderts zu Rosette sich aufhielt, machte er die Bekanntschaft eines Franzosen, Mamluken, der auch ein Liebhaber von Pferden und Büchern. Ein Tauschhandel von europäischen Büchern, worunter ein zu Rom gedrucktes italienisch-arabisches Wörter- buch, erwarb dem Verfasser dieser Denkschrift die eilfveterinärischen Handschriften welche in den Jahrbüchern katalogirt sind, und von denen drei als besonders wichtig hervorgehoben zu werden verdienen, nämlich: 56) Der Vollkommene in zwei Künsten, von Mohammed Ibn Hiſäm, ein älteres und von dem Näſsiri ganz verschiedenes Werk welchem dieses nur den Titel nachgebildet hat“); 57) eine ungemein kostbare Handschrift über die Reitkunst und ihre verschiedenen Kunstgriffe, welches ohne Namen des Verfassers, nach der Angabe desselben aus dem Bücherschatze Salomons des Sohnes Davids ins Arabische übertragen worden sein soll"); 58) d. B. der Rosse, von Rüjetol-Ekber (vielleicht Rübeh, dem Grossen“); 59) d. B. der Zucht in der Wissenschaft des Pferdes, von unserem Herrn, dem Imam Ali, das mit gleichem Rechte dem vierten Chalifen, wie das obige dem Könige Salomon zugeschrieben wird"); 60) d. B. des Nutzens in der Zucht der edlen Hengste und Stuten"); 61) d. B. von der Physiognomik der Rosse, d. i. von den Merkmalen und Kennzeichen derselben, welches mit gleichem Rechte dem Imriolkais zugeschrieben wird, wie die vorhergehenden dem Salomon und Ali º). Alle diese Werke sind arabisch; persisch hingegen: 62) d. B. der Rosse, dessen Inhalt im Kataloge gegeben“), türkisch hingegen vier andere Beitharname“) 63), 64), 65), 66). Der Verfasser des letzten ist Káfifáde, dem die Verfasserschaft weniger streitig gemacht werden dürfte, als die des vor- letzten dem Aristoteles, welcher im Texte als Verfasser desselben angegeben wird. *) Casirius MDCC. – *) Derselbe DCCCXCVII. –*) Nicoll's bibliothecae Bodleianae catalogus p. 173 und 174. –*) Im alten Kataloge der Leydner Bibliothek, Nr. 824 bis 827, wird Chajali, das ist der Pferdekenner oder Pferdeliebhaber, einmal mit Ghatalentis und einmal mit Ghail ei übersetzt.–*) XV. Veterinärkunde Nr. 166 bis 176. –") Im Kataloge Nr. 166. – 7) Ebenda Nr. 168. – 8) Ebenda Nr. 168. –*) Ebenda Nr. 169. – 9) Ebenda Nr. 170. – !!) Ebenda Nr. 171. –*) Ebenda Nr. 172. –*) Ebenda von Nr. 173, 174, 175 und 176. Das Pferd bei den Arabern. v 215 Von den drei ausgezeichneten hippologischen Handschriften der Hofbibliothek müssen wir bei der ersten, dem Vollkommenen in zwei Künsten, länger verweilen, nicht nur, weil derselbe der Vorläufer des gleichen Titel führenden Näſsir i, sondern auch, weil in demselben von anderen bisher unbekannten Hippologen Kunde gegeben wird, deren Werke also den obigen zuzuzählen sind, und wegen des Namens des Verfassers Mohammed B. Achi Hifäm el-Ds chili, d. i. aus Gilan; derselbe nennt als Quellen 67) den Schoaib B. Ämrü“), 68) den Ebübekr Ahmed B. Ishak, den Secretär welcher aus dem S sagir des Ah wäfi“) geschöpft, und 69) den Ebü Kara Mohammed B. Suleiman B. Galib”), welcher seine Kunde von einem Veterinärartzte aus Chorasan 70) Namens Ebü Leis hatte. Was den Namen des Verfassers des Vorläufers des Näſsiri betrifft, so heisst er Mohammed B. Achi B. Hifäm el-Dschili. Das Merkwürdigste in diesem Titel ist das Wort Achi, welches keineswegs wie man zu glauben versucht sein könnte, Bruder (indem er ja nicht der Sohn seines Bruders sein konnte) sondern einen Bruder Ritter bedeutet, deren Ibn Bathuta in seiner Reisebeschreibung mehrere erwähnt; zum erstenmale ist darauf in dem i. J. 1827 erschienenen ersten Bande der osmanischen Geschichte *) aufmerksam gemacht und dabei bemerkt worden, dass Bratulli das Wort seiner Quellen als Achilleri ganz unübersetzt liess; fünfzehn Jahre später wurde in den Jahrbüchern der Literatur”) bei der Anzeige der portugiesischen Übersetzung des ersten Bandes der Reisen Ibn Bathutas bemerkt, dass diese Brüd er (Achi) alle auch den Namen Ritter (Feta) führten und die Namen der Balleien der moslimischen Ritter, welche Ibn Bathuta besuchte, wurden angegeben; sieben Jahre darnach ward zum ersten Male im Journal Asiatique das Ritterthum der Araber welches früher da gewesen als das christliche, durch eine besondere Abhandlung vom Verfasser dieser in das gehörige Licht gestellt“). Dr. Perron nimmt in seinem oben angeführten Vorläufer der französischen Übersetzung des Náſsir i das Dasein des arabischen Ritter- thums als eine bekannte Sache an, ohne jedoch weder das Werk Fauriel's, noch den Aufsatz im Journal Asiatique zu nennen und bringt Irrthümer vor, die hier zu vernichten Pflicht ist. Er nimmt zuerst den Plural von Feta (welcher Fetat lautet) für einen weiblichen, und ruft also Ritterinnen ins Leben, welche in Arabien nie bestanden: „Les fétät étaient les chevalières, c'est-à-direles jouvencelles, les belles jeunes filles, les femmes admirant et felicitant les fétá, les mères se glorifiant de leurs fils aux beaux coursiers, aux belles lances, les soeurs célébrant les prouesses et la vaillantise de leurs frères“). Hr. Perron hat nicht bedacht, dass wenn Feta der Ritter, die Ritterinn Fetijet heisst, und dass der Plural von Fetijet nicht Fetat (was der männliche) sondern Fetiat lauten müsste, so dass also seine ganze Hypothese von Ritterinnen welche die ritterlichen Thaten ihrer Söhne oder Brüder priesen, zu Boden fällt. Eben so gross als dieser grammatische Irrthum ist der historische, in welchen H. P. verfällt, indem er über die Dauer des arabischen Ritterthums gerade das Umgekehrte der historischen Wahrheit sagt: La chevalerie arabe vécut moins longtemps encore que la chevalerie européenne. Celle-ci dura environ trois siècles, celle-là ne dura que deux siècles“). Umgekehrt heisst es in dem oben angeführten Aufsatze des Journal Asiatique: „La chevalerie arabe était donc bien plus vivace que la chevalerie européenne, dont le terme le plus long ne dépasse pas trois siècles“ *). Es ist unbegreiflich wie Hr. P. welcher doch den Spruch anführt: la fetailla Ali (es ist kein Ritter als Äl), wodurch der Eidam des Propheten zum Muster aller Ritter gestempelt wird, und welcher doch wissen musste, dass das arabische Ritterthum in Spanien erst mit der Vertreibung der Mauren erlosch, demselben nur eine Dauer von zweihundert Jahren zuschreiben kann; die Blüthe desselben entwickelte sich freilich erst zur Zeit der Kreuzzüge (mit den Kreuzfahrern kam auch 1) Blatt 86 das rothe Nr., Kehrseite. –*) Ebenda S. 88. –*) Ebenda 147, Kehrseite. – *) S. 160 und 590. –*) B. XCVIII, S. 110 und 111. – °) La chevalerie des Arabes. Antérieure à celle de l'Europe, de l' influence de la première sur la seconde. Journal Asiatique quatrième Série. Tom. XIII. – 7) Le Naceri p. 278. – *) Ebenda S. 281. –*) Journal Asiat. Série IV, Tom. XIII, p. 13. 216 . e« Freiherr Hammer-Pur gstall. die Blüthe des christlichen Ritterthums von Asien nach Europa) aber Ritter gab es in Arabien auch schon vor Ali und vor dem Islam. Der alte arabische Dichter Schemmäch beklagte den Tod des Chalifen Ömer in den folgenden Versen: . v Ich rief als Stellvertreter ihn, er hörte mich, Ein edler Ritt er der nicht fremd dem Haus, Ein Ritter der die Schüssel fällt und Lanzen tränket, Der schlägt den Kopf des Kämpen den er schleppt mit Graus; Ein Ritter der zufrieden nicht mit nied'rem Leben, Und in des Stammes Zelten schlägt die Krone aus ). H. P. nennt in seinem Náſ siri von den Rittern, guten Reitern und Dichtern nur den Thofeil, Soheir, die beiden Rebiäat (den der Pferde und den Vorläufer el-Mokaddem) und die beiden grossen Dichter Imriolkais und Antar (welche eben so grosse Ritter als Dichter) nach Hrn. Caussin's schätzbarem Werke. Statt diesem halben Dutzend nennt die Literaturgeschichte der Araber (in der siebenten Classe des ersten Bandes) Dichter, Helden und Ritter deren nicht weniger als zwei und zwanzig, eben so nennt Herr Perron“) vier Dichter Schnelläufer, während in der achten Classe der Literaturgeschichte deren acht mit ihren Gedichten und Lebensumständen vorkommen. Der erste Band der Literaturgeschichte war zwei Jahre vor dem Werke Hrn. Perron's erschienen. Wir stellen an denselben nicht die Forderung deutsch zu verstehen, wohl aber die französischen Aufsätze des Journal Asiatique, so wie die der Mines de l'Orient zu kennen und also gegen seine Vorfahrer denen er nachgeschrieben, durch Nennung ihrer Namen gerecht zu sein. Graf Wenzeslaus Rcewuski hat in den Fundgruben des Orients der erste über die Racen der arabischen Pferde und ihre Merkmale geschrieben, und der dort“) lithographirte Umriss des arabischen Pferdes mit den auf die einzelnen Glieder gezogenen Linien ist ein weit vollständigerer als der in Herrn Perron's Näſsiri mitgetheilte Umriss; das was im Journal Asiatique über das arabische Ritterthum, dessen Beginn, Blüthe und Dauer gesagt worden, ist nach Fauriel in seiner Geschichte der provençalischen Poesie, worin er den Einfluss der arabischen auf dieselbe nachweiset, die erste Beleuchtung des arabischen Ritterthums aus den Quellen, Hr. Perron hat aber die Aufsätze der Mines de l'Orient und des Journal Asiatique mit gänzlichem Stillschweigen übergangen; wenn dieses hier gerügt wird, so handelt es sich nicht darum, meinem seligen Freunde oder mir, wohl aber den Fundgruben des Orients und dem Journal Asiatique die Priorität und der Kaiserstadt und dem Kaiserreiche den Vorzug zu wahren, dass die erste Kunde über arabische Pferde und ihrer Racen von Wien ausgegangen und dass das arabische Ritterthum von einem österreichischen Orientalisten zum ersten Male gehörig beleuchtet worden ist. Der Verfasser des Näcéri, Herr Perron, kennt weiter nichts von dem Zustande des Stalles und der Reitkunst in Ägypten nach der Regierung Melik en-Näſsirs, der ersten Dynastie der Mamluken, der dreimal von dem Beginne des achten Jahrhunderts der Hidschret (dem vierzehnten der christlichen Zeitrechnung) bis in die Mitte desselben herrschte, er weiss nichts von einem anderen en-Näſsir, dem Sohne Berküks, welcher ein halbes Jahrhundert später in Ägypten herrschte, welcher der zweiten Dynastie der Mamluken, nämlich den Mamluken Tscherkessen angehört, und welcher mit seinem Namensgenossen Melik, en–Näſsir, dem Sultan der Mamluken Bahariten in der Liebhaberei in Pferden wettgeeifert zu haben scheint. Wenigstens war der Oberststallmeister welcher ein paar Jahre später“) der grosse Emir Seifedd in eth-Th anbuga el- Kirmischi von so allmächtigem Einflusse, dass er als solcher i. J. 818 (1415) öffentliche Aufzüge aller Beamten des Staates und des Hofes, aller Stände und Zünfte und aller Religionen veranstaltete, und dieselben dafür mit Auflagen für den öffentlichen Schatz beschwerte; es verlohnt sich der Mühe, diese seltsame und *) Literaturgeschichte der Araber, I, 471. –*) P. 264. – *) II. Bd. S. 60. –*) Im Jahre 820 (1417). Makrisis Geschichte der Dynastien, III. Bd., Pariser Handschrift Nr. 674, Bl. 135, l. Z. 1. S. Das Pferd bei den Arabern. 217 bisher in Europa ganz unbekannte Erscheinung aus einer der besten Quellen ägyptischer Geschichte, nämlich aus dem Soluk, Mak riſ f's kennen zu lernen. Im Rebiul-Achir d. J.818 (Junius 1415) wurden diese öffentlichen Aufzüge für alle Beamten des Staates und des Hofes, für alle Stände und Zünfte ausgerufen; am 9. des Monats ritt der Oberststallmeister, der Emir eth-Than buga el – Kirmis chi mit allem seinem Gefolge und Mamluken, mit den Sclaven (Gilmán) des sultanischen Palastes, den Bereitern (Rokkáb) aus der arabischen Familie Jesár, den Herdwachen (el – O dschá kije), den Veterinärärzten (el-Bejáthire, verderbt aus veterinarius) und den Ssofis der fähirischen Medrese, welche gegenüber den beiden Palästen, von welcher er die Oberaufsicht hatte, in feierlichem Aufzuge gegen das Kettenthor aus; mit ihnen die Elephanten, die Giraffen und die Trommeln, unter grossem Zulaufe von Männern und Weibern welche durch Possen erlustiget wurden; der Oberststallmeister gab den Fakihen (Rechtsgelehrten) der ihrer Aufsicht übergebenen Medrese Vacanz; am folgenden Tage ritt der grosse Fürst und Atabeg des Heeres mit allen seiner Aufsicht untergebenen Beamten des manſsür'schen Spitals, mit den Ärzten, Wundärzten, Augen- ärzten, Koranslesern und Gebetausrufern und den Bewohnern der Elephanteninsel aus (deren Einkünfte eine Stiftung für das Spital); am folgenden Tage, dem eilften des Monats, ritten der Obersthofmeister, die Aufseher der Truppen und der Krongüter mit ihren Sclaven und Angehörigen aus; den ganzen Tag ward zu Kairo ausgerufen und alle Juden und Christen und die Zünfte wurden in Bewegung gesetzt, kein Kauf- mann und Handwerker, kein Koch und Wasserträger blieb ruhig; hierauf zog der geheime Secretär (Katibos-sirr) mit allen ihm untergebenen Postbeamten (B eridi je, das verderbte Vere darii), und Fertigern des Namenszuges (el-Muwakkäin) und ihrem Gefolge auf; am vierzehnten wurden die Märkte und die Waarenlager Kairo's geleert, und die Bewohner desselben zogen alle aus, indem drohende Ausrufe Alle die zurückblieben, schreckten; das Ende dieser öffentlichen Erlustigungen und Aufzüge war, dass die Christen und Juden zwanzig tausend Dinare (Ducaten) zahlen mussten, dass der Obersthofmeister den Beamten des Diwans zwanzigtausend Dinare, der Weſir den Hofbeamten eben so viel, der Aufseher der Krongüter seinen Beauftragten fünfzehntausend Dinare, also in allem fünf und siebzigtausend Dinare auferlegten“). Vor Sultan Kilawun, welchem das Werk des Vollkommenen in beiden Künsten, die Pferde abzurichten und zu pflegen gewidmet ist, war schon der vierte Sultan der Mamluken vom Nile, welcher ein Menschenalter vor ihm regierte, Sultan Sáh, ir Beib er sel–Bond ok d ari, der unter dem zweiten Beinamen den Lesern der Tausend und Einen Nacht, den Geschichtsforschern aber der Kreuzzüge als der grosse Herrscher Ägyptens, welcher den Kreuzzügen durch die Wiedereroberung Akka's und aller anderen syrischen Städte ein Ende machte, zur Genüge bekannt ist, ein grosser Liebhaber von Pferden und Pfleger derselben. Der in neun dicken Quartbänden auf der Hofbibliothek sich befindende Autograph Ibn Forat's, welcher die Geschichte v. J. 500 (1106) bis zum J. 700 (1301) enthält, und woraus für die Geschichte der Kreuzzüge ausser der durch Herrn Quatremere mitgetheilten Nachricht vom Brande der Bibliothek von Tripolis noch keine Auszüge gegeben worden, enthält an mehreren Stellen Kunde über die Pferdliebhaberei des grossen Herrschers Sultan Sáhir Beibers. Die Lebensgeschichte desselben ist durch zwei namhafte Geschichtsschreiber beschrieben worden, durch den Richter von Haleb Ibn Scheddád, dessen Biographie Ssaläheddin's Schultens im arabischen Texte mit lateinischer Über- setzung herausgegeben“) und durch den Richter Feth eddin Ibn Abdeth-Th ähir, welchen Hadschi Chalfa nicht kennt. Nach dem letzten, dessen Biographie Sultans Beibers eine der Quellen der Geschichte Ibn Forat's, erzählt dieser i. J. 662 (1263) bei Gelegenheit des Festaufzuges, wie folgt*): 1) Makriſ's So luk limä arifeti duwel el-Molu k, d. i. der Wandel zur Kenntniss der Dynastien der Könige, III. Bd., Par. Hndschr., Nr. 645, Bl. 121 bis 122. – *) Bei Flügel Nr. 7330, wo statt des lindesten Säusellautes ſ der verschärfte stärkste, nämlich statt ſähir Tzahir und statt Beibers Bibars steht. –*) Ibn Forat, Hdschr. d. Hofbibl., VI. Bd., Bl. 24 u. 54. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd 28 218 Freiherr Hammer-Purgstall. Der Richter Mohije ddin Ibn Abd eth-Thähir, der Verfasser der Biographie Melik, eſ-fähir's sagt: „der Richter Fethedd in Ibn Senaol-M ülk, hat mir, es ist nun ein Jahr, erzählt: der Sultan hielt seinen Einzug in einem Kleide von gelbem Atlas, dessen Werth zehntausend Ducaten, er zog nach dem Rennplatze des Festes und vor ihm die Pferde welche der Herr von Medina in Begleitung seines Sohnes zum Geschenke geschickt, sie kamen aus Nedschd und waren gegen Kamele, Sclavinnen und reiche Stoffe eingetauscht worden; der Sultan schenkte ihm dafür zweitausend Ducaten, ausser den Ehrenkleidern, und dem Sohne noch überdies eine Ladung von Kleidern.“ Diese Pferde waren, wie man sagt: Und Pferde deren Reiter Cuirassiere *) Als wenn der Wind daher auf Wogen führe, Der Speer”) am Ohr und wenn der Stahl nicht wäre, Man unterschiede nicht das Ohr (auf Ehre), Sie wenden sich zu Ihm, zu dem Geliebten, Sie kommen aus Jemen, zieh'n nach Ägypten *) Zu Ihm *); wär' seine Huld der Erde Schatten, So deckten Seine Tugenden die Matten. 3. -- --“ - - - S.2 ºº- Ozelºſ re J- - - -HL EU - – – sº U- Ds d – -2- O) 3. - –Ä Gº -HL * --- G-2 ºf“ - - - - - - - - - - - - 4-sº * --- - - - - - - - - - - - - - - - - Der Sultan setzte jedem der Emire der im Pfeilschuss den Kürbis treffen würde, von diesen Pferden eines zur Belohnung aus, es wurden die Reiter die nur ein Pferd hatten (Moferidi), die Mamluken, die Soldaten (Dschindi), jeder wie sich gebühret, beschenkt; der Sultan betheilte zuerst die Emire nach ihren Classen, dann die Moferidi , d. i. Besitzer eines einzigen Pferdes, die Bahar i je, d. i. die Mam- luken vom Nile, die ſ ähirije, d. i. die Mamluken des Sultans, die zum Ringe (Halka, das Haulca der französischen Geschichtschreiber der Kreuzzüge), d. i. die zur nächsten Umgebung des Sultans Gehörigen und die Soldaten. Das Volk kam schon früh Morgens mit Lanzen, der Sultan erschien zur Zeit des Gebetes und des Speisens, die Leute stiegen zu Pferde und bekleideten sich (mit den Ehrenkleidern), der Sultan stieg zu Pferde, sah den Pfeilschiessern und der Austheilung der Ehrenkleider zu. Es waren die Gesandten Berke’s (des Herrschers von Kipdschak) zugegen, damit sie die Menge der Truppen, die schöne Kleidung derselben, die Sorgfalt des Sultans, die Schönheit der Männer und der ausgezeichneten Pferde bezeugen könnten. Unter den Begebenheiten des Jahres 666 (1263) heisst es“): in diesem Jahre wurden auf die sulta- mischen Pferde fünfzigtausend Ducaten verwendet; schon Gott hat auf die Vermehrung derselben im Koran hingewiesen, indem Er gesagt: Rüstet was ihr vermögt, und der Prophet, über den Gottes Heil sei, hat gesagt: dass das Gute an die Stirnenhaare der Pferde gebunden bis an den jüngsten Tag, die Pferde sind dem Mann entweder Lohn, oder Zier, oder Last; das erste sind sie dem Manne der dieselben auf Gottes Wegen besorgt zum heiligen Kriege, jeder Schritt derselben ist ihm Lohn und Verdienst, die zweiten dienen ihm zur Ehre, und er vergisst sie nicht, wenn es ihm gut oder übel geht; zur Last sind sie ihm nur, wenn er dieselben für Kämpen im heiligen Kriege besorgen muss. *) Säriün, die Bepanzerten. –*) Kana, das Lateinische canna. –*) Im Texte steht noch: Äla ismillah, d. i in Gottes Namen. – *) Melik, dem Könige. – *) Ibn Forat, Handschrift der Hofbibliothek, VI. Bd., Bl. 39, Kehrseite. Das Pferd bei den Arabern. 219 Im Jahre 666 (1267) handelt ein Abschnitt von den Geschenken welche aus Jemen kamen, darunter zwanzig Pferde mit atlassenen, goldgestickten Decken“). Dieser Abschnitt dessen Übersetzung aber nicht hieher gehört, enthält treffliche Beiträge zur Geschichte des Waarenverkehres zwischen Ägypten und Arabien in der Hälfte des zwölften Jahrhunderts unserer Zeitrechnung. Wie mangelhaft das Werk Herrn Perron's sei, erhellet schon daraus, dass er von einem Dutzend Hippodromen (Meidan), welche die Topographie Makriffs aufführt, nicht mehr als deren fünf gibt, die von ihm gegebenen sind der naſsirische, meharische, der des Klosters Sirjakus, der der Citadelle d. i. der Ibn Taul un's, der von Kabak. In der Topographie Makriffs (Ausgabe von Kairo) sind aber die folgenden nach der Ordnung, in welcher sie angelegt wurden, angeführt“): 1) der Ibn Taulun's, 2) Achschid's, 3) der des Palastes (el- Kaſsr), 4) der von Karakusch (des Erbauers der Citadelle unter Ssaläheddin), 5) der des Prinzen Meliko 1-Afif des Sohnes Saladins, 6) der efs-Ssálihs des letzten Fürsten der Beni Ejub, 7) der Sáhir's, d. i. Beibers Bondokdarfs, 8) der des Elephantenteiches, 9) der meh arische, 10) der des Klosters Sirjakus, 11) der Naſsirische; der von Herrn Perron aufgeführte Meidan el- Kabak ist, wie aus dem Inhalte des Abschnittes erhellet, der Sáh, irische oder vom Sultan Beibers el-Bondokdari angelegte, welchen Herr Perron auch den schwarzen, oder den des Kabak nennt, das letzte heisst nichts als Kürbis, indem nach einem solchen auf dem Rennplatze geschossen ward. Herr Perron übersetzt den Kürbis aber mit Jaquemart, was nach dem Wörterbuche der Akademie“) nichts als eine metallene Figur bedeutet, welche mit einem Hammer an der Thurmuhr die Stunden schlägt; es ist ein Räthsel, wie eine solche Figur auf den fähirischen Rennplatz kommen konnte. Herr Perron führt zwar mehr als einmal den Makriſ an, aber die für den Zweck seiner Prolegomene wichtigste Stelle welche von der Aufsicht des Stallwesens unter den Sultanen der Mamluken Tscherkessen handelt, erwähnt er auch nicht mit Einem Worte. Es gab zu Kairo ein halbes Dutzend von Hof- und Staatsämtern deren Träger den Namen Naſir, d. i. Aufseher (Inspecteur) führten, diese von Makrif umständlich mit dem Kreise ihrer Amts- pflichten und Beschäftigungen aufgeführten Aufseherschaften waren: 1) die der Erpressungen, 2) die der Häuser, 3) die des öffentlichen Schatzes, 4) die der Ställe, 5) die der Truppen, 6) die der Krongüter. Wir übersetzen nun aus Makrifi den Abschnitt der vierten dieser Aufseherschaften, nämlich den der Aufseherschaft der Ställe. „Dieses erhabene Amt besteht noch heut zu Tage (zu Makriſ i's Zeit, d. i. im fünfzehnten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung), der Gegenstand desselben sind die Einkünfte der Ställe und Streulager (Monác hät), das Futter der Pferde und der Sold der Diener, der Gebräuche und des Herkommens, kurz Alles das, was zu den Ställen gehört; der Erste welcher dieses Amt mit neuem Wirkungkreise versah, war el-Melik, en–Naſsir Mohammed B. Kila ün; er war der Erste welcher den Rang des Oberst- stallmeisters erhob und in den Ställen die Uschäkije“), (welche türkische Stallknechte) und die arabischen Bereiter (Rokk,ábe), sein Vater Manſsür Kilaün verlangte meistens nur nach arabischen Pferden aus der Wüste Barka, und man weiss nicht, dass er ein Pferd theurer gezahlt als fünftausend Dirhem; er sagte, *) Ibn Forat, VI. Bd., Bl. 126. –*) Makriffs Topographie in zwei Folianten, gedruckt zu Kairo im J. 1270 (1854), II. Bd., S. 197–199. *) Das Wörterbuch von Napoléon Landais hat noch zwei andere Bedeutungen: 1) Ressort qui fait lever la vis du balancier quand elle a fait son effort pour l'empreinte; 2) Ancienne épée, die aber eben so wenig als der metallene Stundenschläger zu einem Rennplatz gymnastischer Spiele, deren Ziel das Bogenschiessen, dienen. 1) En-Naſar fil maſalim (Makriſi II, 207). 2) Naſar el- Bojut (Mak. II, 224). 3) Naſar Beitol-Mal, später auch die Aufseherschaft des Hofes (Naſar ed-Dewlet) genannt (Mak. ebenda). 4) Naſar el-Iſsthablat (Mak. ebenda). 5) Naſarol-Dschisch (Mak. II, 227). Naſarol-Chaſs (Mak. ebenda). – *) Im Texte steht hier statt des gewöhnlichen Usch äkije, d. i. die Knaben oder Sclaven, Odsch äkije, die sonst von der türkischen Eroberung Ägyptens an datiren. S. Gesch. d. osm. Reichs VII, 513, 302 und 44; VIII, 298; IX, 28 und X, 362; und des osm. Reichs Staats- verfassung und Staatsverwaltung I, 362; II, 24, 190, 211, 426. 28* 220 *. Freiherr Hammer- Purgstall. die Pferde Barka's seien zu Allem nützlich, während die arabischen Pferde nur zur Zierde gereichten, sein Sohn Naſsir war aber in die arabischen Pferde der Stämme Mo henna und Fadhl und anderer ver- narrt, er erwies denselben die grössten Ehren und gab grenzenlose Preise für ihre Pferde; die Familie Mohenna suchte arabische Rennpferde, folgte den Spuren edler Pferde und überzahlte dieselben, wodurch die arabischen Pferde sehr im Werthe gestiegen, die Männer des Hauses Mohenna gelangten unter Naſsir zu den höchsten Würden. Er liebte nicht die Pferde von Barka, und wenn er einige von denselben erhielt, so verschenkte er sie an auswärtige Emire, indem er jene nicht den Pferden der Familie des Hauses Mohenna gleichhielt, die Glieder dieses Hauses, die Geschätztesten seiner Emire und die Nächsten seines Innersten (el – Chaſsikijé), er verstand sich sehr wohl auf die Maale der Pferde und auf ihren Stammbaum, er hörte nicht auf, die Namen derjenigen zu wiederholen, welche ihm diese Pferde gebracht, und überzahlte dieselben. Er zog die Bewohner von Bahrein, Lafsa, Kathif, Hidscháf und frák an sich, er zahlte für ein Pferd von zehntausend bis zwanzig- und dreissigtausend Dirhem, und gab wohl auch fünfzehn- hundert Goldstücke für eines, ausserdem, dass er den Besitzer mit herrlichen Kleidern auszeichnete und dessen Weibern Zuckerwerk schickte, es gab keinen Besitzer freier, d. i. edler Pferde, der ihm dieselben nicht vorführte, sein Verlangen stieg immer mehr und mehr; eines Tages gab er auf einmal durch die Hand Kerimeddin's, des Aufsehers der Krongüter, eine Million Dirhem aus, und dies wiederholte sich mehr als einmal; für ein einziges Pferd aus dem Gestüte der Familie Mohenna gab er sechzig- bis siebzigtausend Dirhem, für Stuten zahlte er achtzig- bis neunzigtausend, eine welche die Tochter der Bauchigen (Bintol- Kers cha) hiess, kaufte er um hunderttausend Dirhem, für manche gab er fünftausend Miskale in Gold, ausser Geschenken welche in syrischen Dörfern bestanden; seine Huld für Pferde war unendlich, er suchte dieselben selbst auf, wann ein Pferd alt ward, so sandte er es vor dem Hause frei zu weiden (dsche schär), er liess berühmte Hengste vor seinen Augen die Stuten bespringen; die Schreiber des Stalles mussten die Namen der Pferde und Fohlen in Bücher eintragen, er hatte so viele Pferde, dass die Sorge selbe durch Händler herbeizuschleppen (dschelb) ganz überflüssig, er gab aber auch keines derselben an Pferde- händler weg; auf diese Art ward das Haus Mohenna vor Anderen mächtig und reich, sie waren zahlreicher und angesehener an seinem Hofe als alle anderen Araber, die Anzahl der zu seiner Zeit frei weidenden Pferde war gegen dreitausend, alle Jahre wurden ihm neue dargebracht, die Fohlen wurden ihm vorgeführt und den arabischen Reitern zur Abrichtung übergeben, er verschickte dieselben meistens an seine vertrau- testen Emire und freute sich zu sagen: diese Stute ist die Tochter von dem und dem (Hengste) und dieser Hengst ist der Sohn von der und der (Stute), er setzte dann das Alter und den Preis, um den er die Mutter gekauft hatte, dazu; seinen Emiren trug er scharf auf, Pferde abzumagern (ta dh mi r), d. i. in der für das Wettrennen nöthigen Diät zu halten. Jeder Emir musste vier Pferde zum Wettlaufe abmagern, und der Oberststallmeister ging ihnen hierin im Namen des Sultans mit gutem Beispiele vor, er bot ihnen auf die Kunde davon geheim zu halten, so verlautbarte, dass eine (vom Sultan) zum Wettrennen gesandte Stute dem Oberststallmeister (Idgemisch) gehöre, aus Furcht, dass derselben nicht eines von den Pferden der Emire vorrenne, was ihm unerträglich gewesen wäre, und was er für ein übles Vorzeichen der Abnahme seiner Regierung angesehen hätte; das Wettrennen fand alljährlich am Rennplatze Kabak Statt, er erschien selbst dabei mit ihren zum Rennlaufe abgemagerten Pferden, er sass auf dem seinen, bis der Rennlauf vollendet war, es waren hundert fünfzig Renner und nicht mehr. Es begab sich, dass ein Rappe des Emirs Kuth lu buga el-Fach ri drei Jahre nach einander beim Wettrennen allen ägyptischen Pferden vorlief, da sandte der Emir Mohenna dem Sultan einen Falben der bisher allen ägyptischen Pferden vorgelaufen, und sagte, dass er denselben wieder zurücknehme, wenn er den Preis nicht davontrüge, doch dürfe denselben beim Wettrennen nur ein Beduine reiten; der Sultan ritt wie gewöhnlich aus, um das Wettrennen zu schauen, mit ihm Suleiman und Musa, die Söhne Mohenna's, die Renner wurden wie gewöhnlich Das Pferd bei den Arabern. ar .» 221 am Birketol – Hadsch (dem Pilgerteiche) losgelassen, das Pferd Mohenna's ritt ein Beduine ohne Sattel, ohne andere Kleidung als ein Hemd und eine Mütze, als er vor den anderen Pferden am Ziele angelangt, stellte er sich vor den Sultan und schrie: Glück Dir heute o Mohenna, dem nichts wehe thut, während es dem Sultan wehe thut, dass seine Pferde überholt und die Abmagerung zu Nichte geworden. Bei seinem Tode hinterliess Mohammed en –Naſsir viertausend achthundert Pferde, und mehr als fünf- tausend edle Dromedare, meherische und koreischitische Kamele, nach ihm hörte das Wettrennen auf, aber schon Berkük, der erste Sultan der Mamluken Tscherkessen (Vorfahrer und Vater Naſsir's), hatte bei seinem Tode siebentausend Pferde und fünfzehntausend Kamele“) hinterlassen.“ Herr Perron führt im Naſsiri von arabischen Schriftstellern zwar das Ägän i und den Demiri an, ohne jedoch zu erwähnen, dass den letzten Graf Rzewuski vor ihm in den Fundgruben des Orients benützte, dann die Topographie Makriffs und das Miſher (nicht Moſhir) So juthis, aber er hat sich nicht die Mühe gegeben aus Demiri weder die früheren Hippologen auf welche sich dieser beruft, auszuziehen, noch alle Artikel in welchen Demiri von Pferden handelt, namhaft zu machen; mehr als einmal führt Demiri das oben erwähnte Buch der Rosse des Häff Scherefellahed-Dimiathi an *) und 71) das Buch der Pferde des Richters Ebül-Kasim Ali B. Mohammed en - Nachäi *). Herr Perron kennt nur das 72) Naſsiri, dessen Verfasser Ebüb ekr Ibn ol Bedr el – Beithár einer der Thierärzte Melik, on- Naſsir Mohammed B. Kilawün's war, und sein Werk in zwei Theile, nämlich über die Heilung und Abrichtung der Pferde theilte“). Herr Perron gibt in seinem Werke (S. 76) den einzigen Artikel 1) des Pferdes (Feres) aus Demiri, übergeht aber mit Stillschweigen die anderen, nämlich 2) el – Borrak, das fabelhafte Pferd der nächtlichen Himmelfahrt des Propheten, 3) B er fün, das Lastpferd, 4) Chajel, die Rosse, 5) Äsdsched ijet, gezäumtes Reitpferd der Könige, 6) el– Felü, die kleinen Füllen, 7) el-Mehr, das Füllen, 8) en – Neds chib, das edle Pferd, 9) en–Nikl, das starke Pferd, 10) el– Heikel, das lange Pferd, 11) Rem eket, das Saumpferd, 12) Kewſ an, das langsame Lastpferd, also nicht weniger als ein Dutzend Artikel, von denen Herr Perron nur einen einzigen benützt hat. Ausser diesen zwei und siebzig hippologischen Werken deren Verfasser und Titel hier genannt sind, und 73) Dem iris zoologischem Wörterbuche, bestehen noch mehrere andere Werke welche umständlich von den Pferden handeln, und von denen nur die folgenden vier genannt seien, weil sie in dieser Abhandlung benützt sind. 74) Das Wörterbuch Semach scher is, in welchem fünf Abschnitte von dem Pferde handeln, nämlich 1) von den Reit- und Lastthieren, 2) von den Gliedern des Pferdes, 3) von den Farben des Pferdes, 4) von den verschiedenen Namen des Pferdes, 5) von den Werkzeugen zur Besorgung des Pferdes“). 75) Das arabische Wörterbuch el-Kifajet fil-lugat, drei Abschnitte, nämlich 1) von den Rossen und dem Laufe derselben, 2) von den Schaaren der Pferde, 3) von den Namen der Renner“). 76) In der Bildung des Secretärs, von Ibn Koteibe + 276 (889) acht Abschnitte, nämlich 1) von den Rossen (Chajel) und dem beliebten Naturell (Chulk) derselben, 2) von den angebornen Fehlern, 3) von den angenommenen Fehlern der Pferde, 4) von der Natur der Pferde, 5) von den Benennungen der Pferde nach ihren Kennzeichen, 6) nach ihren Farben, 7) von den nicht beliebten Eigenschaften derselben, 8) von den Rennern. Der Commentar hiezu 77) von Bathliusi, 78) die Metonymien Seäälébis, 79) das grosse Mohádherät Isfahamis, 80) in dem persischen Adschäibol machlükát Ahmeds von Thüs, 81) im arabischen Kaſwini der Artikel vom Pferde, 82) die Handschrift des Herrn von Gayangos, woraus die *) Makriſ II, 225. –*) Im Artikel des Pferdes (Feres), Handschrift der Hofbiblth, II, 218 Kehrseite und 220. –*) Ebenda S. 220. –*) Das Wort Serthafe, das sich schon im Diwan Dscherir's, aber weder im Dsche wheri, noch im Firuſab adi findet, wird vom Verfasser des Naſsiri selbst als Tertib we Tälim ol-Ch ajel, d. i. die Abrichtung der Pferde, erklärt; die Abkunft des Wortes ist unbekannt. – ”) In dem Kataloge meiner Handschriften, LXII. Bd., Nr. 16. – ") Ebenda Nr. 17. 222 «- Freiherr Hammer-Purgstall. Auszüge in den Sitzungsberichten gegeben worden, 83) die goldenen Wiesen Mesud fs, 84) Ibn Naſsr B. Jäküb schrieb das Buch der Früchte der Humanität in den Vergleichungen des Pferdes“), 85) die Anzeige dessen was zu den eigenen Namen der Pferde gehört, vom Scheich Mohammed Äjádh aus Tanta, dem Lehrer Herrn Perron's, der dasselbe unter dem Titel: Nobiliaire de chevaux Arabes mittheilt; 86) das bewahrte, Kenntnisse sammelnde Buch dessen voriger Besitzer (dermalen befindet es sich zu Petersburg) Graf Wenzeslaus Rzewuski über den Inhalt desselben (in den Fundgruben des Orients V, p. 340) Kunde gegeben; hier sind also nicht weniger als sechs und achtzig Werke welche von Pferden, ihren Namen, Eigenschaften, Krankheiten, Heilung, Abrichtung und Pflege derselben handeln; Herr Perron kennt ausser dem Naſ siri und Demiri kein einziges derselben; diese Unkenntniss rächt sich vielfältig durch die Mangelhaftigkeit des Näc eri , vorzüglich in den historischen Kunden, indem derselbe von den Chalifen der Beni Omeije, welche die ersten im Islam den Luxus der Pferde begünstigten und Wettrennen der Pferde hielten, nicht das Geringste weiss; diese waren die beiden Chalifen Hischäm und Welid, von dem ersten erzählt Mesudi in den goldenen Wiesen“), dass er ein grosser Liebhaber von Pferden, deren er viertausend in seinen Ställen hatte, eine Zahl, die weder vor dem Islam noch nach dem Islam ein König in seinen Ställen hatte; dieser Angabe widerspricht zwar die des zweiten Buches Paralipomenon, nach welcher Salomon vierzigtausend Pferde in seinen Ställen gehabt haben soll“), was aber vielleicht nur ein Schreibfehler vierzigtausend statt viertausend. Die Dichter priesen den Reichthum Hischäm's in Pferden, Kleidern, Waffen und Hausgeräthe aller Arten. Der Nachfolger Hischäm's Welid, der Sohn Jeſid's des Sohnes Abdolmeliks, führte die Wettrennen ein und gab denselben besondere Namen, sein bestes Pferd, das alle anderen im Laufe zurückliess, hiess Sindi, welches noch trefflicher als das beste Pferd Hischäm's, welches Said hiess“). Mesudi bezieht sich auf das Umständlichere das er von den Pferden und Rennern (Kitabol-ews a th) in seinem Buche der mittleren Geschichte gesagt“). Unter den Chalifen der Beni Abbás nennt Herr Perron zwar Harün und Mám ün die grossen Gönner der Wissenschaften, auch als vorzügliche Liebhaber der Pferde, aber er weiss nicht das Geringste weder von Motewekkil, dem zehnten Chalifen der Beni Abbás, noch von Mote wek, kil, dem Herrscher der Benil-efthas in Spanien, der ein eben so grosser Pferdeliebhaber als sein Namensgenosse der Chalife von Bagdad, den Beweis davon geben die von Makarri“) erhaltenen Verse des Dichters Nahali und die von Makarri hinzugefügte Bemerkung, dass Motewekkil seinen Namensgenossen den Chalifen an Liebhaberei der Pferde noch übertroffen habe. Nahali sagte auf einen Rappen desselben, welcher auf seinem Hinter- theile sechs weisse Puncte hatte: - Es ritt der volle Mond ein schwimmend Pferd, Das allen Winden seinen Rücken kehrt; Das Kleid der Nacht reicht ihm bis an die Waden, Am Hintertheil erscheinen die Pleiaden, Es tauchte in den See des Morgens ein, Der zeichnete mit Weiss der Ringe Reih'n, Von Jedermann begehrt, mit langen Füssen, Vor denen die des Steinbocks weichen müssen. Aus der gegebenen Bibliographie der arabischen Hippologie erhellet, dass die Werke der Araber über das Pferd in vier Classen zerfallen, wovon die eine blos Historisches und Philologisches, die andere Naturhistorisches und Physiologisches enthalten, die dritte sich blos mit der Veterinärkunde, d. i. mit *) Literaturgesch. d. Araber. – *) Handschr. der Hofbibl. Bl. 261, Kehrseite u. f. – *) Habuit quoque Salomon quadraginta millia equorum in stabulis. Paral. II, CIX, 25. Herr Perron führt diese Stelle an, aber ganz falsch im IV. B. der Könige, C. IV, V. 26, wo nichts dergleichen, wie am besten aus der Concordanz der Bibel zu ersehen. – *) Mesudi, Handschr der Hofbibl, Bl. 264, Kehrseite. – *) Ebenda Bl. 263. – ") Handschrift der Gothaer Bibl., Fol. Bd., Bl. 425, Kehrseite. Das Pferd bei den Arabern. - 223 den Krankheiten der Pferde und ihrer Heilung, und die vierte sich blos mit der Reitkunst beschäftiget; die zwei letzten, die Namen der Krankheiten abgerechnet, liegen ausser dem Kreise dieser Abhandlung, welche sich nicht mit den Arzneien und der Reitkunst, sondern einzig und allein mit dem Philologischen und Physiologischen, mit den Namen, Racen, Gliedern, Kennzeichen und Merkmalen, mit der Nahrung, Pflege und Bestimmung des Pferdes bei den Arabern in zwanzig Hauptstücken, wovon das erste, die Bücher- kunde, bereits gegeben worden, beschäftiget, nämlich: A. Bibliographisches: I. Titel der Werke und Namen ihrer Verfasser. B. Philologisches: II. die Namen; III. Philologisches, nämlich Stellen des Ko- rans, der Überlieferung, Sprichwörter und Gedichte. C. Physiologisches: IV. allgemeine und besondere Physiologie; V. die Racen; VI. das Geschlecht und das Alter; VII. die Geburt; VIII. die guten und schlechten Eigenschaften, Fehler und Unförme; IX. die Glieder; X. die Entleerungen (Secretionen); XI. von den Haaren und der Farbe; XII. von dem Schalle und Laute (das Wiehern und das Geschrei); XIII. die Blässen; XIV. die Kreise; XV. die eingebrannten Maale; XVI. die Bewegung (Gang, Lauf, Sprung, Anfall); XVII. die Nahrung; XVIII. die Kleidung, d. i. die Zäumung; XIX. von der Pflege des Pferdes; XX. die Bestimmung. A. Bibliographisches ist bereits abgehandelt worden. B. P h i 1 0 1 0 g is c h es. II. Von den Namen des Pferdes. Die Namen zerfallen in gemeine Nennwörter und eigene Namen, in metaphorische und metonymische und die Nennwörter welche nicht einzelne Individuen sondern Mengen bezeichnen. 1. Die Nennwört er für einzelne Pferde. Die Pferde insgemein heissen Chajel), der Besitzer von solchen Chajjál*), das Reitpferd Feres“) (dessen Wurzel mit dem deutschen Pferd verwandt), das Lastpferd Berſün*), die unedlen Pferde Kidisch“) (im Plural Ek ádisch“) oder Hemle dsch') (im Plural Hemálidsch), das kleine Pferd unter den Gestirnen heisst ol–F er s ol – E wel*), d. i. das erste Pferd, der Pegasus, el– Fers ol- r K Aà fem“), d. i. das grosse Pferd; ein Pferd heisst auch Hinber") und Adschuſ“), welches insgemein ein altes Weib bedeutet. 2. Nennwörter für Mengen oder Schaaren von Pferden. Chair“) und Kiráä“), synonym mit Chajel, die Pferde, zahlreich sind die Synonyme für Schaaren von Pferden“); so sagt Moten ebbi: Die Pferde drängen sich in Schaaren, Die Lanze tränkt mit Blut die Erde. Der Reiterschaaren und des Pferdegedränges wird häufig in Gedichten erwähnt, so sagt Motenebbi: *) 0-> Moten ebbi, der grösste arabische Dichter, Wien 1824, S. 32: Mit einem Pferde rennt er vor der Reiterschaar, Das schnell wie Wind vom Streifzug heimgekehret war. *) Jº- D U>” *) >> -- 5) uº-U-º. *) Reiske, welchen Freytag (IV, 18) anführt, hat vollkommen Unrecht die unedlen Pferde Ek, ädisch mit e qui generosi zu übersetzen. 7) * Ä* s) J, U- 9) cº- U- 10) - Cº ) Jº-F *) LS- 18) Sº 1*) e-.-2- G_° –2-“ * - J-eb ÜS U-D WS We- J-> Jº- - Ä-- - - d_ - sºr Äl, Cº. --- --- -- J.Lº W. - - - - EL -22 U 2 - 92- ---- --- 224 1 s Freiherr Hammer-Purgstall. Wehe dem Mann der sich empört dem Sohne von Jahja, Und der Reiterschaar welche die Stätte nicht sucht *). Von Ost und West drängt sich zu Dir das Volk der Erde, Darob beklagen sich die Strassen und die Pferde *). Spitziger bin ich als der Speer im Gedränge der Pferde, Hunger halt' ich aus, trotz dem entschlossensten Fuchs”). Im Fluss' Kabäkib schwand von dem Gedränge Der Reiterei zu Nichts des Wassers Menge *). Wenn Er mit Reiterei den Fluss durchschwimmt, Das Auge nur Genick und Kopf ausnimmt”). Über Pferde fällt. Er her, Mit der Schaar fängt Er das Heer"). Da der arabische Sprachschatz nicht weniger als drei und dreissig Wörter für Reiterschaar und Pferde- gedränge hat, so ist den arabischen Dichtern die Wahl der Synonyme nicht schwer. 3. Metonymische Namen, welche mit den Wörtern Vater oder Mutter oder Tochter zusammengesetzt. Demiri gibt unter dem Artikel Fer es die folgenden: der Vater des Begehrenden "), der Vater des Tapferen”), der Vater des Errei- chenden“), der Vater des Durchdringenden“), der Vater der vierzigtägigen Abmagerung“), der Vater des Rettenden“), der Vater der Nacht“). Die beiden letzten fehlen bei Freytag, wiewohl er den Demiri benützt hat, sowohl unter dem Worte Ab ü als unter den Wurzeln Dhamar und Nedscha. - Die Töchter des festen Vorsatzes“), die Töchter des Weges“). 4. Metaphorische Namen. Zu denselben gehören auch die meisten Namen der Pferde des Propheten und Asdsched jet“), d. i. die goldgeschmückte Cavalcade, welches nach dem von Demiri angeführten Dschewheri den mit Sclaven ausgeschmückten Reitaufzug der Könige bedeutet; ein Beispiel der metaphorischen Namen sind die folgenden aus dem Ritterromane Antar’s, welche darin alle für das Pferd gebraucht werden: das Gross- müthige“), das Vorlaufende“), das Einholende“), das bei der Nacht wandelnde”), das Aufrichtige“), das Wolkige “), der Strauss“), das sich Wendende“), das Raubende“), das wie der Wind Heftige”), das Hurtige “), der Sakrfalke“), die Wolke *), der Adler ”), der Stern *), das wie ein Canal strömende”), das Wahrsagende“), das Wissendste *), das Gelehrige*), das langsam Gehende ”), das Wiehernde "), das Langschweifige“), das Schwarze *), das sich Tummelnde"), der Kanopus“), das Geierbegabte“), das Kühne “), das Träufende *), das Hin- und Herirrende *), das Tödtende *), das ungestraft Blut » Motenebbi, der grösste arabische Dichter, Wien 1824, S. 41. –*) Ebenda S. 98. –*) Ebends 14 – » Ebenda S. 262. –*) Ebenda S. 263. –*) Ebenda S. 420. – 7) –l- z. *) S“ 2) *) D)-- 2)") U2) 2)“) AL-z) *) e- 3. *) UAW 2 ) C- Sº *) G - SU ") L2- ) »- *) G-M") G-OW *) Golla *) Ge- *) - »- *) -- *) –D- *) --- *) --- *) ... *) 2 ) --- *) - -) –LO -) –,Wº) U- LI º) - *) - *) 02.) *) J2) *) JºW *) OÄ *) Jº- *) J.-*) - Ä Es *) 2,-*) J-W *) J.- *) US- Das Pferd bei den Arabern. . k 225 vergiessende ), das Wegweisende *), das Werbürgende“), das Hervorgehende *), das Schauende“), das Hilfreiche "), das Vorscheinende "), das Siegende *), das sich selbst Stützende“), das Hütende”), das Besuchende ”), der Falke“), das wie eine Lanze Zitternde”), das Gastfreie “), das Edle“), das Leichte”), das Unumschränkte“), das allen andern Vorlaufende“), die Rose“), der Blitz“), der Donner*), das Fliegende *), das Vielgehende“), das Schneidende“), das Hindernde“), das Geschwinde“), das Starkrippige“), das die Erde mit dem Fuss schlagende“), das Aufsteigende“), das Zurücktreibende“), das Anstürmende”), das wie das Meer Aufbrausende“), das Geliebte *), das Trotzige *), das belebten Schrittes Gehende“), das Ansehnliche“), der Wolf"). Im Ägani finden sich unter dem Artikel Soheri B. Dschenab's die beiden metaphorischen Namen des Pferdes“), das Band der wilden Thiere”), das Band der Wetten, weil der beim Wettrennen für dasselbe Wettende sich selbst Fesseln anlegte. General Daumas gibt in seinem trefflichen Werke noch die folgenden zwölf metaphorischen Namen des Pferdes: der Retter, das Glück, der mit Nahrung Betheilte, der Gewinn, nicht l'Heureux, der Glückliche, das Gute , (Chair, nicht Khrer) der Rettende , nicht le Persévérant, mein Unterhalt, nicht mon Bien, die Gaselle, die Schneidende, die Koralle, die Braut, Abdolkadir gibt im Werke des Generalen Daumas (S. 26) die zwei folgenden: der Wurfspiess“), der männliche Strauss“). 6. Die Namen der Pferde des Propheten. Da die Araber von den Pferden des Propheten ihre edelsten Racen ableiten, da sowohl General Daumas als Dr. Perron dieselben in ihren Werken einer besonderen Aufmerksamkeit gewürdiget haben, ohne zu wissen, dass die Namen der sieben, über welche alle Überlieferer übereinstimmen, schon längst aus den Noten Gagnier's“) welcher die Lebensbeschreibung Mohammed's aus Abülfeda herausgegeben, bekannt, da General Daumas über dieselben vom Emir Abdol-Kadir übel berichtet worden ist, Dr. Perron aber dieselben aus dem Chamis“) des Richters von Diarbekr † 966 (1558) vollständig liefert, ist nähere Untersuchung an ihrer Stelle. Abdol-Kadir nennt das erste Pferd Oskub, Dr. Perron richtiger Sakbi; aus dem zweiten welches das Schwimmende heisst, macht Abdol-Kadir das siebente mit der Übersetzung la Nage, das dritte Pferd el-Morte dschiſ, d. i. das sich im freien Rhythmus Bewegende, hat bei Abdo- Kadir gar keine Zahl, das sechste bei el-Bahif, Abdol-Kadir das dritte, heisst bei diesem le Trainant, bei Naceri l'Effleur ant, bei Gagnier cauda terram tegens; das vierte im Naceri El-Lizáz, l'accolé, im Gagnier se commovens von Abdol-Kadir verderbt in El-Hezzez, was wirklich der sich Bewegende, und nicht le fix é, l'adhérant heisst. Un cinquième (sagt Abdol-Kadir im Werke des Generalen Daumas) se nommait la Colline, dieser Name kommt weder im Abülfeda, noch im Chamis vor. Der Emir Abdol- Kadir kennt nur sieben Namen der Pferde des Propheten, Herr Perron gibt aber ausser den sieben, über welche alle übrigen übereinstimmen, noch vierzehn andere“). *) Jº- *) Ja ) J. C ) -- D - 9 -5 ) -- 0. -- 9 -- *) -- ") LG *) .. 18) u-S *) – A ) - - 16) – - “) GA) *) G-M *) 22,") G. M*) S*) 2. **) Duº 2) Seº *) SW *) S. - *) SA2 *) U-O *) U-W") -- *) Zºº) 2-Wº) - - *) ÄCº) Sº *) Gys "O-gº") sº - o Dº as ") -- 0 oºº *) Ismael Abül-Feda, de vita, et rebus gestis Mohammedis, Oxoniae 1723, pag. 155. –*) Nicht Chamisi wie im Naceri S. 99, wo Tárik el - kam i ci, während der Titel: Chamis fi Ah wal en – Nefs en–Nefis, bei Flügel Nr. 4807, wenn der Titel dieses Werkes je Tarichi Chamis gelautet hätte, müsste derselbe von Hadschi Chalfa unter Tarich aufgeführt worden sein, was nicht der Fall ist; die fünfgetheilte Schaar heisst Chamis und nicht Chamisi. – *) Gagnier p. 155 nennt den Ver- fasser des Haiwethol – haiwan Tirmidi statt Demiri, was irrig. «- Denkschriften der philos.– histor. Cl. VI. Bd. 29 2 2 6 Freiherr Hammer-Purgstall. 7. Die eigenen Namen berühmter Pferde. Es würde sehr überflüssig sein, die folgende Liste von drei hundert derselben zu geben, wenn Herr Professor Freytag dieselben aus dem Kamus aufgenommen hätte, da er aber alle eigenen Namen, sowohl der Geschichte als Geographie aufzunehmen verschmäht hat, so bleibt den Orientalisten welche Liebhaber von Geschichte und Geographie, und für den künftigen Verfasser eines vollständigeren arabischen Wörter- buches noch die reichste Nachlese aus dem Kamus übrig. » 1) El-Ebfach, das Pferd Äüf B. Kahil el-Eslemis; 2) Ebü Karbe, das Pferd Obeid Ibn Eſher's; 3) Moſahim, der eigene Name eines Pferdes; 4) el-Eb ds cher, das Pferd Antaret B. Scheddäd's, welches auch als Ebhar geschrieben gefunden wird; 5) el-Edschdel, so hiessen drei berühmte Pferde, das Ebü ſerr el-Gaharis, das Alis und das Dschelaa's, des Sohnes Madakerbs; 6) el-Ähdsch ár, das Pferd Hamám's B. Morret esch-Scheibanis; 7) el-Esani, ein dem Stamme der Beni Hibthat gehöriges Pferd; 8) Eren, das Pferd Omeir B. Dschebel el-Bedschilis; 9) el-Esk, das Pferd der Söhne Äbdällah B. Ämrü B. Kelsüm's; 10) Wadhhia, der Name einer Stute; 11) el-Efkel, das Pferd Neſäl B. Ämrü el-Murdis; 12) el-Ewlak, das Pferd Medschnün's und Moharrik B. Amrüs, zugleich der Namen des Schwertes Chalid B. Welid's; 13) Befwe, das Pferd des Ebü Sewadsch, eines berühmten Reiters des Stammes Dhabije; 14) el-Berſet, das Pferd des Prophetengefährten Äbbás Ibn Mirdas; 15) el- Bariſ, das Pferd Beihes el-Dscheremis; 16) el–Bett, der Namen zweier Pferde; 17) el – Berrit, der eigene Name eines Pferdes; 18) el–Berk, das Pferd Ibno-Arkas; 19) el-Bäis, das Pferd Amrü B. Madakerb's; 20) el–Befig, der eigene Name eines berühmten Pferdes; 21) Bisch ret, das Pferd Mawije's B. Kais; 22) Beläá, der Name dreier Pferde, nämlich: des Abdällah B. el-Haris, des Eswed B. Refää und der Beni Sedus; 23) Behim, das Pferd der Beni Kilab B. Rebia, heisst eigentlich ein ein- farbiges Pferd; 24) Behram, das Pferd Noman's B. Atbe B. el-Itki; 25) O mm Bei dh a, d. i. die Mutter der Weisse, das Pferd Käneb B. itäb's; 26) el-Tadmori, das Pferd der Beni Sälebe B. Säd; 27) Teriak, das Pferd des Stammes Chaſredsch; 28) sa dik, das Pferd Monkiſ B. Tharif; 29) el- D s c h a fil, ein Pferd der Beni Dobjan; 30) el-Dschaſ i 9 der eigene Name eines Pferdes; 31) el- Dsch er adet, d. i. die Heuschrecke, ist das Pferd Äbdällah el-Schorahi's Ebü Kitáde Haris B. Robifs und Selamet B. Nihar B. Ebil – Eswed's; 32) el-Dsch erial, das Pferd des Abbás B. Mirdas und das des Kais B. Soheir Nimri; 33) Tah dschil, der Name eines berühmten Pferdes; 34) Dsch olwa, > der Name mehrerer Stuten; 35) Hammal, das Pferd Auf B. Mathar's; 36) Dsch e müh, d. i. das Hals- stärrige, das Pferd Moslim Ibn Amrü el-Bahilfs; 37) el-Dschenah, das Pferd Haufran B. Scherik's, dann der Name eines Pferdes der Beni Selim, das Pferd Mohammed B. Mesleme el-Anſsaris und Ökbet B. Ebi Möith's; 38) el–Dschen ber, das Pferd Dschädet B. Mirdas; 39) el-Dschun, d.i. die Finsterniss, 1) Sº Kamus Constantinopolitaner Ausgabe 1.537. *) a $ 2. Ebenda 229. *) - - III. 472. *). - 756 *) Jº-A II. 160. 6) »SWEbenda I.812.) GAI. 336. *) GA III. 592. *) e. AIII. 94. ") *U-2“, III.860. 1) 0LG III. 317. *) Gº II. 864. *) , . . 44. ) LM II. 160. ) 3. II. 161. ) EM 1.293. ") E- M L 293. *) G-M II 867. ") –-M I. 338 20) Sº II. 702. *) - 1.767. *) - II. 509. *) sºn, oö. " fW- III. 405. *) U2- º II. 413. *) 3 -0.5 I. 859. *) GU II. 876. *) G > II. 876. *) US- III. 165. *) ess- III. 784. *) šºy- I. 586. *) OA III. 162. 83) U- III. 173. *) s»- II. 785. *) JE> III. 185. *) z- I. 462. 37) Z- I. 463. *) º-I. 803. *) G III. 612. Das Pferd bei den Arabern. -. 227 der Name der acht Pferde Merwan Ibn ſinbáä des Äbsiten, des Häris B. Ebi Schemer des Gasaniten, des Hasil, aus dem Stamme der Beni Dhabi, des Kateb B. Selith en-Nehedi, des Málik B. Nuweire el-Jerbuui, des Imriolkais B. Hodschr, des Älkama B. Adi und des Moawije B. Amrü B. el-Haris; 40) Dschihinam, das Pferd B. Hasán's (des Dichters); 41) el-Hadsch ná, das Pferd Moawije el-Bekajs; 42) Haffet, das Pferd Chalid B. Dschäfers; 43) Harir, das Pferd Harir Meimün B. Müsa el-Meris; 44) el- Hosamiet, das Pferd Hamid B. Bahrs el-Kelbi ; 45) el–H asir, das Pferd Äbdällah B. Hajans; 46) Hafiret, das Pferd Soraká B. Máliks der, als er den Propheten verfolgen wollte, damit in die Erde versank; 47) el – Ham h am , das Pferd Älfs, das des Hischam B. Abdolmelik des Chalifen der Beni Omeije, des Hasan et-Thaji und des Lokman B. Monsir; 48) el-Hamamet, d. i. die Taube, der Name des Pferdes Ajas B. Kabilat und des Kira B. Seid; 49) Holeil, des Pferdes Miksem B. Koser's, ein Abkömmling des Hengstes Harün; 50) Homeil, der Name eines Pferdes, Abkömmling des Hengstes 51) Harün, das Pferd Moslim B. Ämrü el-Bähelis, oder Schakik B. Dscherir el-Bähilis; 52) Chabál, das Pferd des Dichters Lebid mit einem Verse des Dichters Lebid, in welchem ausser dem Pferde Chabál noch drei andere: Näámet, der Strauss, Dschun, das Fürstenpferd, Adscheli , das adelige, genannt werden; 53) Ch ob ás, das Pferd Ibn Dscherir's; 54) Chidam, das Pferd des Hajásch B. Kas B. el–Aur; 55) el-Huiſum, auch Fersol-Haiwel, das ist das Pferd des Lebens genannt, das Pferd des Wassers, auf welchem die Israeliten bei dem Durchzuge durch das rothe Meer ritten, und der Name des Reitpferdes Gabriel's. Zu den berühmten Pferden gehört auch das Soraká's, welches, als sein Besitzer den Propheten verfolgen wollte, mit allen Vieren in die Erde sank, worauf Soraká sagt: Bei Gott! o Ebü Hakem, ich war Zeuge, Mein Pferd sank in den Grund mit allen Vieren. Er rief den Propheten zu Hilfe, und als auf dessen Gebet sich Soraká's Pferd von der Erde losrang, dankte ihm Soraká durch die bekannten schönen Verse die als Inschrift an Schlössern sehr gut passen. Gott schütze Deinen Ruf, der gut, Das grösste Deiner Güter, Geh' sicher ein in Seiner Hut, Er ist der beste Hüter ). Die gemeinsten metonymischen Namen für edle Pferde sind die von Awedsch, oder vielmehr Äüdsch abstammenden, so sagt Motenebbi: Schwerter und Lanzen und Ross stammen vom edlen Äüdsch *). » 56) el-Mihladsch, das Pferd Harmeles B. Mäkil; 57) Charme, das Pferd des Seidol-Fewaris Dhabi und des Radschid B. Schemmas el-Mäni ; 58) Charte, das Pferd Hemmams; 59) el– Chiſsaf, der Hengst Semir B. Rebiät el-Bahilfs; 60) Chath ar, das Pferd Hansalet B. Äämir en-Nemiris; *) Literaturgeschichte der Araber, I, Seite 424. – *) Dass Audsch und nicht Awe dsch die richtige Aussprache sei, lehrt der Commentar Motenebbi's (Motenebbi , der grösste arabische Dichter, Wien 1824, S. 380); die Abkömmlinge dieses berühmten Hengstes hiessen Audschije, den Namen Audsch, d. i. der Krumme, hatte derselbe erhalten, weil in einer Nacht, wo der Herr desselben sich auf ihm vor den Feinden rettete, aus übergrosser Anstrengung der Rückgrat des Pferdes sich krümmte und krumm blieb, und Literaturgeschichte der Araber VI. Bd., S. 510. * - 40) -- III. 421. *) U- III. 614. *) 3 - II. 738. *) L - L 817. *) -- III. 428. *) --- I. 822. *) LG-) I. 826. *) --- In 435. *) -- In 435. *) J.- III. 183. *) J.- III. 185. ) 0, - In 614. *) ÜU- III. 191. *)U-L- II. 230. *) --- In 439. *). - III. 427. 56) D- ") ad-- III. 440. *) a>- I, 301. *) –-A II. 756. ") -- I. 843. 29 * Aº. 228 Freiherr Hammer-Purgstall. 61) Chathaf, der eigene Name eines Pferdes; 62) Chafider, das Pferd Ebül-Eswed B. Hamran; 63) el - Halláb, das Pferd Halláb aus den Beni Taglib; 64) Chanſiſ, das Pferd Äkfän Dibabis; 65) el – Chansa, das Pferd Ömeire B. Thark el-Jerbuis; 66) Dahis, das durch den Wettlauf berühmte Pferd Dahis B. Soheir's; 67) ed-Deisak, das Pferd des Stammes Adewije; 68) e d-Debsa, die Stute Modschaschi B. Mesüd's; 69) Do bas, das Pferd Dschebbar B. Ferth's; 70) Debsi , der eigene Name einer Stute; 71) Der hem, das Pferd Chidasch B. Soheir's; 72) ed –Doldol, der Name des berühmten Maulthieres welches Mokafkas (Apokaukus) dem Propheten zum Geschenk machte; 73) ed- Demledsch, das Pferd Möáf B. Amrü B. el-Dschemuh el-Anſsaris; 74) Dem uk, der Name eines durch ein Hemistich berühmten Pferdes; 75) ed-Dinari, das Pferd des Gefährten des Propheten Dinar el- Anſsaris; 76) Düe eb, das Pferd der Benil-Anber; 77) Satol–D schilál, das Pferd Hilal el-Eseds; 78) fat er – Remmäh, die Stute des Stammes Dabije, aus dessen Auffahren die Bewohner des Stammes gute Vorbedeutung für Leute schöpften; 79) faton-no süü, das Pferd Bostam B. Kais; 80) faton – näál, das Pferd Sobeir B. Awäms; 81) fir ret, das Pferd des Äbbás B, Mirdas, welcher in der Zeit vor Mohammed der Reiter der firet hiess; 82) ſefuf, das Pferd des Königs Nöman B. Monfir; 83) ſeibet, das Pferd Hadschif el-Esedis; 84) ful– chimar, das Pferd des Málik B. Nuweire und des Sobeir B. Awäm; 85) ful- charak, das Pferd Eswed B. Kardes und Mötib's, aus dem Stamme der Beni Gani; 86) ſu – feil, das Pferd Scheiban's; 87) fu– sahim, das Pferd Meslim B. Meschcharet ed-Dabis; 88) sahm, das Pferd Nöman's B. Monfir's; 89) fu– schemr á h , das Pferd Málik B. Aüf en-Nadharis; 90) fu- eſ s–ſs ofe, der Zuname eines Pferdes, das auch 91) Ebül Chafeſ und Äáwedsch hiess; 92) fu- Thilal, das Pferd Ebü Selma Ibn Rebiäa's; 93) ful Aakal, das Pferd Hauth's Ibn Dschabir's“); 94) ful- Ank , das Pferd Mikdad B. Eswed's; 95) ful-Lemmet, das Pferd Akásche B. Mohſsin's; 96) ful-Mute, der Name eines Pferdes der Beni Esed; 97) ful-Wufchüm, das Pferd Äbdällah B. Adijel – Bordschumi's; 98) ful – W oküf, das Pferd Nehschel B. Darini's; 99) Roch eil, ein Pferd der Beni Dschäfer B. Kilab; 100) Räschen, ein Pferd des Stammes Murad; 10 1) ſur –risch, das Pferd ſemh B. Hind el-Dschewlani's; 102) Räschisch, ein Pferd des Stammes Dschofi; 103) Rascha, das Pferd des Mälk B. Dschäfer, welcher der Grossvater des Dichters Lebid; 104) Rogw, der Name eines Pferdes; 105) Rakib, das Pferd Sibrkan's B. Bedr; 106) er-Rakim, das Pferd Chiram Ibn Wäbiſsaſs; 107) er-Rekää, das Pferd des Seid B. Abbás, aus den Beni Semák,; 108) ſä d er – Rokob, der Name des Pferdes welches die Gesandtschaft der Beni Efd dem Salomon darbrachte; 109) famil, das Pferd Moawije B. Mirdas es- 1) III. 293. ") –as-Il. 751. *) 22 - 1 604 *) -u.- I. 113. ") - - I 726. *) a-A II. 234. ") U-2 II. 236. ") - M II. 411. *) - > II. 235. ") . . . > II. 235. 7") - > II. 235. 7.) * > III. 450. *) Mal III. 450. C3- § U- LS“ – 73) Fºº) I. 401. *) 2 - > III. 88. ”) L5„Wº 1. 860. 7) -; > I. 125. ") J). Cô III. 66. 7*) z- Sº I. 461. 79) S- Sß I. 679. *) U-Ä) -5 II. 365. *) G I. 875. *) –,5 II. 762. sº) º I. 132. *) BA 3° *) 3 - 93 II 893. *) 0.5 - S III 27. *) <“ 23 II. 478. *) - ") Z-L“ 23 L 547. ") 5,2 , S II. 796. ") -- „ II.796. *) JD- 93 III. 273. *) Jº-) »S *) G- 2 S III. 50. ") &W 2 S III. 564. ") aA 93 I. 329. ")2.923 III 576 *) –3,23 Ebenda.") U- In 223 ") G- II 638. ") U-Cºs II. 332. ") Gºr- II. 530. ") USB II. 332. ") => III. 826. *) - 53 I. 146. ") Ä III. 468. 07) SÄ II. 889. *) – M 23 I. 617. ") 0-B III. 235. Das Pferd bei den Arabern. 229 selemi's; 1 10) e ſ-f eba, das Pferd Aſsides aus dem Stamme Thaiji ; 1 11) fad schil, das Pferd ſeidol- Chajel's; 112) ſeh dem, ein Pferd Antarets, des Dichters, und Bischr B. Ämrü er-Rijáchis; 113) e - fe lud sch, das Pferd des Abdällah B. Dschahesch el-Kinani ; 114) el – Weſn, das Pferd Schebib B. Deisem's; 115) e ſ– feit, das Pferd Moawije's B. Säd's; 116) e ſ-feitije, das Pferd Lebid B. Ämrü el-Gasani's ; 117) e sch-sch omusch, das Pferd Eswed B. Scherik's, das Jesid B. Haſäk's, das Suweid B. Haſäk's, das Abdallah B. Aimir el-Koreschis, das Schebib B. Dscherrad's aus den Beni Wahid; 118) es- sebuh, das Pferd Rebäat B. Dschoschm's; 119) se bdsched, ist schon oben als Name des Pferdes des Propheten vorgekommen, ist aber auch der Name des Pferdes Dschäfer's B. Ebi Thalib's; 120) sirhan, das Pferd Ömäret B. Harb el-Bohtoris und das des Moharris B. Nadhala; 121) sek áb, das Pferd Edschdaá B. Málik's; 122) es – suset, das Pferd Nöman Ebü Monſ ir's; 123) sehwa, der Name eines Pferdes; 124) es-sem hat, das Pferd Thajär's des Gefährten des Propheten; 125) es ch-schakra, Name des Pferdes Monſir und Dhabi's, dann des Soheir B. Dschodeime und des Chálid B. Dschäfer, des Haüth el-Fokási, des Gaſ jet B. Dschoschm und des Scheithan B. Cathim, wird unter den Sprichwörtern wieder vorkommen ); 126) Schemer, das Pferd des Grossvaters des Dichters Dschemil B. Äbdällah B. Moammer“); 127) e sch-schaka, die Stute des Dhabiat B. Niär: 128) Schewlet, das Pferd des ſeidol-Fewär's , aus dem Stamme der Dhabi. In der Hamasa: Ich stürmte auf ihn zu meines Schewlet Brut“); 129) es f-fsafin, das Pferd Málik B. Harm el-Hemdanis; 130) fs a dif, das Pferd des Wásith el-Dschoschmi und des Abdällah B. el-Hadſchädsch es-sälebi: 131) eſs- ſsamär, das Pferd Dscherräh B. Aufs und das Jeſid B. Haſäk's; 132) eſs–ſs amut, das Pferd des Abbás B. Mirdas, des Prophetengefährten und des Chaffaf B. Nedbe. In der Hamasa Rückerts Nr. 155: Eh den Reiter des Samuel ich sah. 133) ſso neib, das Pferd Scheiban des Inders, 134) ſso beib, der Name eines Pferdes; 135) eſs–ſs ari h, das Pferd Abd Jagus B. Harb's, das Pferd der Beni Nehschel und das der Beni Lahm; 136) D hob eih, das Pferd Haſsin B. Dschemmams und Chawat B. Dschobers; 137) Dhabub, das Pferd Dschemánet el-Hariris; 138) Dhair, der Name eines vom berühmten Fürsten Harün stammenden Pferdes; 139) Thalka, der Name eines Pferdes; 140) Thawale, der Name eines dem Stamme der Beni Dhabiäa gehörigen Pferdes; 141) Thajär, das Pferd Thajär's Reisán el-Chaulänis; 142) Otom, Name eines Pferdes; 143) Salim, der Name des Pferdes Fadhalet B. Hind's; 144) Aárim, das Pferd Äárim Monfir B. el -Äälems; 145)Öb eid, d. i. der kleine Sclave, Name eines Pferdes; 146) Ads chret, das Pferd Näfs aus den BeniGani; 147) Äfáb, das Pferd Beda’s, des Sohnes Kais; 148) Äfbat, das Pferd Jefid B. Sehfis; 149) el-Arádet, das Pferd RebiaIbn Sijäd's el-Kelbi und Kolhajet el-Arenis; 150)Arkub, Name eines Pferdes; 151) el-Ärü dh, das Pferd Korret-ol-Esedis; 152) Arib, Name eines Pferdes; *) Kamus I. 921. –*) Ebenda I. 924. –*) Jahrbücher der Literatur. CXVIII. S. 50. ") U ) I. 153. ") 0-3 II. 232. *) >> I, 477 *) Z-„ . . 407. *) G, III. 715. *) - WI. 304. ") &# I. 304. ") U.,sº) II. 252. *) Zºº- I. 477. 1) -- I, 477. *) O- L 479. *) - Cº I. 162. *) Ä I. 29. *), Mi. 85. e) -- 1 482. -) US II 988 s) * *) Wº sº) Län. 26. *) GGA II 659. ") –-- II.791. *). - * I. 940. *) Ege“ Ausnahmsweise auch bei Freytag. II 519. º) -- I. 1843. *) - L 178. *) 2 - 1 408, so S- 1 493 *) - 1. 86. ") –- 1. 799. ") - m. 3. ") ºben 275 14) Jº- n 13. 12) - III. 510. 18) es II. 508 *) DS III. 513. *) 2 - 60. ") sL= II. 23. 17) --- I. 200. *) - - 1.200. *) 52-W I. 641. *) - - L 204. *) U2- II. 427. *) – - L 203 230 Freiherr Hammer-Purgstall. 153) Ärari, Name eines Pferdes; 154) Jäsub, der Bienenweisel, Name eines Pferdes; 155) Äfs a, d. i. der Stab , Name verschiedener Pferde, namentlich der Stute des Dschomatol-Ebresch und Schebis B. Ämrüs, so heisst es in der Hamasa (Freytag S. 311): Ich ritt den Aſsa, was Rückert (I, S. 238) mit: Da ritt ich meinen Starken übersetzt, dem Leser aber die Wahl übrig lässt, ob er nicht gar: Da ritt ich meinen Stecken lesen wolle. -- 156) Aſsferi, das Pferd Mohammed B. Imaſs, des Bruders des Hadschädsch, ein Abkömmling des berühmten Hengstes Harün; 157) el-Äthäf, das Pferd Amrü B. Madakerb's; 158) Affer, das Pferd Sälim B. Äämir el-Äfir, Hätim's, ein Abkömmling des Hengstes Harün; 159) Afil, Name eines Pferdes der Beni Dschoheine; 160) el-Anf , das Pferd Sinán B. Schoreith's; 161) Äkkal, das Pferd des Hauth B. Dschabur; 162) Önáb, das Pferd Melik, B. Nüweiris; 163) el-Ömeire, das Pferd Hanſala B. Sejur's; 164) Äüweidsch, das Pferd Örwet Ibno-Werd's; 165) el-Äüwedsch, der Name eines berühmten Hengstes welcher ursprünglich den B. Kinde gehörte, der von ihnen aber auf die B. Selim und von diesen auf die Beni Hilál überging, die Abkömmlinge derselben sind nicht minder berühmt als die des Hengstes Harün und heissen Äü dschiat, wie die anderen el-Harüniat (der Freundschaftshengst). Der edlen Pferde, welche von 166) Äüdsch und fil-Okal, mit dem berühmten Pferde Hauth's B. Dschabir's wetteiferten, erwähnt Ibn Chakan in der Lebensbeschreibung des Prinzen Radhibillah“). 167) Äüridsch, das Pferd des Thofeil B. Schoäis; 168) Fatüd, das Pferd des Rebfi B. Sijád, des Nöman B. Monfil « und des Adschlah B. Kasith's; 169) Gabra, nicht nur der Name des durch den Wettlauf mit Dähis berühmten Pferdes, sondern auch der Name Haml B. Bedr's und Kidámet B. Maſserds; 170) el-Garrak, das Pferd Bedrs, des Sohnes Kais; 171) el-Gaſalet, das Pferd Mohſim B. Erkam's: 172) Gelwa, Name eines Pferdes; 173) Gasch wa, der Name einer berühmten Stute; 174) Gaſif, das Pferd Abdoläff Hätims, ein Abkömmling des Hengstes Harün; 175) Gafiſi, Beiname eines Pferdes; 176) Gamamet, d. i. der Wolle , ein Pferd der Könige von Hire aus der Familie Monfir, so hiess auch das Schwert Jaſär's; 177) Fera fir, das Pferd des Äämir B. Kais el-Eschdschái, so hiess auch das Schwert Aamir B. Jeſid el – Kináne's; 178) Korakir, das Pferd Aámirs B. Kais; 179) Karſah, Name eines Pferdes; 180) Fotheir, das Pferd welches Kais B. Dhirär dem Rokád B. Monfir geschenkt; 181) Fojüdh, das Pferd Ötbe B. Ebi Sofjans; 182) Feidhan, das Pferd der Beni Dhobal B. Niſar; 183) Fejjad h, ein Pferd des Stammes der Beni Dschäd; 184) el – Kidám, das Pferd Örwet B. Anán el-Abdis und das Pferd Abdällah B. fdschänen- Nehedi's; 185) Kadsch, der Name eines Pferdes; 186) Kadád, das Pferd Kais el-Ghadhiris; 187) Karha, der Name zweier Pferde; 188) Korſol, das Pferd Hodeise B. Bedr's und Thofeil B. Malik's; 189) Karmel, der Name eines Pferdes Örwet B. *) Literaturgeschichte der Araber, VI. Bd., S. 35. « *) GM-I 27. *) -- 1 205 *) -- *) 3,2- 1. 34. "O –a- I. 811. *) g- º) - - 1. 37. *) - ") JE-III. 293. ") -L-Ausnahmsweise auch bei Freytag II. 199. ") 2 :-) II. 44. *) S -) I. 426. ") Tz-)Ebenda. ") - -) II. 85. ") S23-") >, ") LE") GL- II. 819. *) WA III. 303. *) „E III. 892. 7),é 7) LG- “) es g=") - - II. 527. *) L 1. 67. *) sº I. 879. ") SY I. 987. *) Das II. 49. *) U-„ II.440. *) U2. Ebenda. *) OWas Ebenda. *) a III. 535. 85) Zºº 505. 18) e 25 668. *) => I. 507. *) U__s III. 324. *) 0:25 Das Pferd bei den Arabern. » - 23 Werd's; 190) Karith, der Name einer Stute; 191) Kassam, der Name eines Pferdes der BeniDschäd: 192) Kathüf, das Pferd Dschäbir B. Málik, esch-schemchis; 193) Ka ſa , das Pferd Möáf , des Inders; 194) Katád i, ein Pferd der Beni Chaſredsch; 195) Kathib, das Pferd Sabik B. Ssord's; 196) Kiſsäf, ein Pferd der Beni Koscheiri: 197) Kamilet, das Pferd Ämrü B. Madakerbs und Jefid B. Kinäns; 198) Kebbe, das Pferd des Kais B. Bergüs; 199) K, er á f, das Pferd B. Älkamás er –fikwänis; 200) Kiſáſ, das Pferd Haſsin B. Älkama es-Solemis; 201) K, er scha, das Pferd Bosthom B. Kais; 202) Kelhabe ist der Name des Reiters des Pferdes Ärädil, der Name eines Dichters und zugleich eines Pferdes des Propheten; 203) K omeit, der Fuchs, der Name mehrerer Pferde, der Name eines berühmten Dichters und zugleich des rothen Weines, was arabischen Dichtern zu häufigen Wortspielen Anlass gab; 204) Ken fet, der Name des Pferdes Mokid Schemmas es-Sadi; 205) Kefit, das Pferd Haján B. Kitade es-sedusis; 206) el-Kuweis, das Pferd Seleme B. el-Hauscheb's; 207) Mekbes, das Pferd Öteibe B. el-Haris und des Amrü B. Sahhär's; 208) el–Láhik, der Name der Pferde Moawije B. Ebi Sofjan's, des Gani B. Ääſsar, des Charidschiten Häfük, des Öaijine B. Haris; 209) Lahif , der Name eines Pferdes des Propheten, welches ihm Rebiät Ebil-Bera geschenkt hatte; 210) el-Liſaſ, der Name des demselben vom Statthalter Alexandrias Mokafka's (Apokaukus) dargebrachten Pferdes; 21 1) Lafim, das Pferd sei er-Rebadschis und des Bischr B. Amrü B. Ehibs; 212) el – Lathim, das ist das geor- feigte, das Pferd Rebiät B. Mokaddem und des Fadhälet B. Hind el-Gadhiris: 213) Laab, der Name eines berühmten Pferdes; 214) Balik, das Pferd des Rechtsgelehrten Ebü Möamer; 215) el-Äfik, das Pferd Fokaim B. Dscherir's; 216) el-Melük, das Pferd Medschnün's und Moharrik B. Amrüs; 217) Naſsih, das Pferd des Haris B. Meraga, des Fadhálet B. Hind und des Süweid B. Scheddat; 218) el- Mebah, das Pferd Ökbet B. Salims; 219) el-Máih, das Pferd des Mirdás B. Hawij; 220) Motemathir, der Name eines Pferdes; 221) el–Motegif, das Pferd Ebü Fit Harmel es-seduss; 222) el–Mote- h e dschir, das Pferd des Abd Jagus B. Ämrü B. Morre; 223) el–Mihadsch, das Pferd Málik's B. Äüfen-Naſsris und des Ebü Dschehl (des im Koran Verfluchten); 224) el–Mid schah, scheint dasselbe mit dem letzten zu sein, indem der Kamus als den Namen der Besitzer sowohl den Ebü Dschelás als den Mälik B. Aüfs, den letzten aber statt Naſsri oder Naſsari mit Nadhari angibt; 225) el-Modschalis, ein Pferd der Beni Ökai, oder eines der Beni Koſsaim; 226) el-Mids ch ſam, ein Pferd der Beni Jerbüü; 227) el–m och, der eigene Name eines Pferdes; 228) el – m esch hur, das Pferd Sälebe B. Schihab el–Dschedel's“); 229) Mihleſ, das Pferd Amrü B. Lewi et-Teimis; 230) el-Hanefa, das Pferd Hodeife B. Bedr’s; 231) Mochalis, ein Pferd der Beni Hilal, oder der Beni Ökail, oder der Beni Fokaim; 232) el-Middäás, das Pferd des Äkrä B. Häbis; 233) Modrik, der eigene Name eines *) I. 928. ") La S II. 503. º.) Es III. 539. *)– „as II. 827. º). 277. *) 52 5 666. *) – as ") – Las II. 827. ") ÄLY m. 341. ºe) EI 242 º) l II. 298. *) 3 LSI. 298. *) : Yº) - 1. 55. sº) - I. 323. *) L& II. 199. º) - $ 1.322. *) U-, WII. 280. *) U-C II. 282. *) G-OW II. 49. *) –- II. 840. *) LW II. 200. *) GOW III. 558. * *) sa) III. 558. *) L- I. 261. *) EWU III. 76. *) GSW III. 864. *) G„L- II.864. *) Sº I. 827. 28) SA I. 524, 29) Z) I. 524. *) Lašll I. 111. *) – Äl II. 822. *) =é“ II. 150. *) z- I. 438. *) S- 225) u". II. 223. *) - III. 414. ”7) # III.585.*).zel *) - *) L- II. 744 *) UJ- II. 32. *) U-leal II. 239. *) ) - III. 85. 232 . Freiherr Hammer-Purgstall. Pferdes; 234) Merhaba, der Name eines Pferdes in Hadhramaut; 235) el-Morted schif, d. i. das Schönwiehernde, der Name eines Pferdes des Propheten; 236) el–Merhub, das Pferd Dschomeih B. eth –Thamah's; 237) el-Meſnuk, das Pferd Amirs B. Thofers; 238) el-Mesfuh, das Pferd Sscachr B. Amrü B. el – Haris; 239) el–Maſs ád, das Pferd Nebiset B. Habib's; 240) el – Mathar, das Pferd Mochajel B. Schedschenes; 241) el-Maruf, das Pferd Selemet el-Gádiris; 242) Marufet, das Pferd Sobeir Ibnol-Awams; 243) el-Mäni, der eigene Name eines Pferdes; 244) el–Mäaſet, das Pferd Chamchäm's B. Hamlet's; 245) es ch-schäalet, das Pferd des Kais B. sibáäs; 246) el-Mekhül, das Pferd des Äli B. Schebib el-Efdis; 247) el-Mokesser, das Pferd Öteibe B. el-Häris B. Schihab's; 248) el–Molaet ist der Name des Pferdes des Propheten, dessen Beinamen Omol-Mortedschir , d. i. die Mutter des sich im schönen Rhythmus Bewegenden oder Schönwiehernden; diesen Namen hat weder der Emir Abdol-Kadir, noch Dr. Perron anzugeben gewusst; 249) Hiráwetol-Ä áfáb, das ist der Stock der Ledigen, das Pferd Rijan's B. Hüwais, wird unter den Sprichwörtern wieder vorkommen; 250) el– Minheſ, das Pferd des Ibad B. el – Haſsin; 251) el-Mendub, das Pferd Ebü Thalha Seid B. Sehl el-Anſsaris, welches der Prophet ritt und sich darüber mit dem Worte: „wir fanden es wie das Meer“ aussprach; diesen Namen führte auch das Pferd Moslim, B. Rebiät el-Bahilfs; 252) el–Minschak, das Pferd Hodschr B. Moawije's; 253) el – Motefe dschir, das Pferd des Haris B. Dälet; 254) el- Minh, eb, das Pferd Äwije B. Selma's; 255) el-Mejas, das Pferd des Schakik B. Dschese el– Fetjes, d. i. des Ritterlichen; 256) en– Naſsib, das Pferd Hüwai's B. Bodscheir; 257) Nahham, der eigene Name eines Pferdes; 258) Nahle, das Pferd Sebi B. el-Chatims; 259) Niſsab, das Pferd Málik, B. Nuweire's; 260) en–Näámet, d. i. der Strauss, so hiessen die Pferde des Haris B. Ibad, des Chálid B. Nadhlet el-Esedi, des Mirdas B. Moaf el-Dschoschmi, des Oainijet B. Aus el-Maliki, des Mosäfi B. Abdol-Aſif, des Mofachar el-Gaberi und des Kiraſs el-Efdi; 261) en-Nehhat, das Pferd Lähik B. en-Nedschar's; 262) Nehát, der eigene Name eines Pferdes; 263) en-Nobák, das Pferd Seffäh B. Chalid et-Taglibis und das Koleib B. Rebiaät et-Taglibis; 264) el-Waliki, ein Pferd des Stammes Choſaa; 265) Woháif, das Pferd Ämrü B. eth-Thofei's; 266) el – Waháfet, das Pferd Olaset B. Dschela's; 267) el-werd el-ägis, der eigene Name eines Pferdes; 268) el– Heid eb, das Pferd Äbd Amrü B. Räschid's; 269) Hebüd, das Pferd Amrü B. el-Dschähid's; 270) el-Herrar, das Pferd Moawije B. Ibad's; 271) el – Hoth ähith, der eigene Name eines Pferdes; 272) Jesar, das Pferd ſul-giſsat Hosein B. Jeſid's; 273) el-Jaf i, das Pferd Wälies, des Bruders ſewdet B. Amrüs. Im Nacer Herrn Perron's enden nach der vorislamitischen arabischen Geschichte Herrn Caussin's, nach dem Tode Sobeir's, der Stute 274) Hadfa; 275) Kasa und 276) Haüwar; dann 277) der Hengst Sahm es – Sefinah genannt, welche mit den zwei und zwanzig Namen der Pferde des Propheten und einem Dutzend, 23) -->- Ausnahmsweise bei Freytag. II. 131. ”) Ä II. 177. aa) -3-A I. 150. 237) JÄAusnahmsweise auch bei Freyt. 1.250. *) D-W. 480 *)--1 692 *). Am 9. *) – Am 800. *) . - Ebenda. *) - In 585 *) 3 -) II. 188. *) Äl-Ü III. 254. *) JA III. 337. *) , Xl II. 97. *s) DA I. 54. aº) - -A SºVa I. 204. aso) - II. 205. as) ->>A I.266. **) ). A) III. 362. ***) - II. 64. 25) –A I. 276. *) „Al II. 296 ºs) -) I. 271. 257) - Ausnahmsweise auch bei Freytag. ”) e- III. 258. 259) --- I. 274. 260) - III. 568. 20) SÄ III, 944. ***) L, I. 322. 269) B. III. 757. *) , III. 67. 2.) –- » II. 845. *) E-, II. 845. *) U-ëA 2, II. 266. *) –- º I. 285. *) 3,2 I. 714. *70) »Es II. 152. *) Lasa) II. 528. *) Dl. II. 157. ***) Sº II. 70 . Das Pferd bei den Arabern. 2ZZ vielleicht im Kamus übersehenen, die Liste der dreihundert eigenen Namen arabischer Pferde vervoll- ständigen. Durch diese Liste sind auch die Namen der berühmtesten arabischen Reiter und Pferdeliebhaber ersichtlich, wovon schon Dr. Perron nach Dr. Caussin's Geschichte den Rebiá B. Mokaddem, den Ämrü B. Ma dak erb (dem er zweimal Madikaribe“) schenkt), den Thofeil el-Chaijel, den ſeidol- Chaijel aufführt. Da öfters unter einem und demselben Namen die Pferde mehrerer Besitzer genannt sind, so beläuft sich die Zahl der hier genannten Pferde über dreihundert. Von allen diesen Pferden erfreut sich ausser Dahis und Gabra nebst dem Endscher und dem Afsa auch der Merfuk Äämir B. Thofeil's poetischen Ruhms. Es weiss mein Pferd Merſuk, dass mein stete Berühmt wie Stösse des Messias sein. Siehst du Mer fuk auf dich den Speer gerichtet? Als edles Pferd wirst du geduldig sein”). Nach den Namen des Pferdes nehmen Stellen des Korans, der Überlieferung und der Sprichwörter und die Gedichte die Aufmerksamkeit des Philologen in Anspruch. «- 8. Stellen des Korans. Die hunderte Sure des Korans führt den Namen der Renner. Gott schwört: 1. Vers: Bei den Pferden die dem Wettlaufe rennen, 2. „ Unter deren Hufen die Kiesel brennen; » 3. „ Die sich am Wagen wettlaufend zum Laufe drängen, 4. „ Die in Staubwolken daher sprengen, 5. „ Und die feindliche Geschwader trennen; 6. „ Der Mensch ist gegen seinen Herrn undankbar, 7. „ Er selbst bezeuget es als wahr: 8. „ Er liebt zu sehr Reichthum und Pracht; 9. „ Weiss er denn nicht, dass an jenem Tag, wo erhellet wird des Grabes Nacht, 10. „ Und wo, was im Busen schlägt, wird an Tag gebracht, 11. „ Weiss er denn nicht, das an jenem Tag der Herr hat auf Alles Acht? Ausserdem: LI. Sure, 14. Vers: Der Mensch trägt Begierde nach Weibern, Kindern, nach gewölbten Haufen WIII. XVI. LIX. XVII. 35 99 99 99 Goldes und Silbers, nach ausgezeichneten Pferden. d 63. „ Rüstet wieder sie (die Ungläubigen), was ihr Vermögt an Pferden. 8. „ Gott schuf Pferde, Maulthiere und Esel, dass ihr sie besteiget und zum Schmucke. *, Und zu dem was Gott seinen Gesandten bestimmt hat an Beute und an Pferden. 65. „ Falle sie an mit deinem Pferde. Zu bemerken ist, dass hier durchaus nur das Wort Chajel gebraucht wird, und das Wort Feres im Koran gar nicht vorkommt. 4) Madak erbi, im Kamus, Konstantinopolitaner Ausgabe, I, S. 249. Fethetein ile, also Mada, dann mit Idhafat oder ohne Ifa fet, d. i. K. erbi oder Kerb. –*) Literaturgeschichte der Araber, I. Bd., S. 197. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. - Z0 234 Freiherr Hammer-Purgstall 9. Überlieferungsstellen. Wir übergehen hier die welche Dr. Perron in seinem Näceri aus dem Artikel des Pferdes des zoolo- gischen Wörterbuches Demiris übersetzt hat, welche aber keineswegs die wenigen im Demiri befind- lichen im Artikel Chajel indem die folgenden von Herrn Perron mit Stillschweigen übergangen sind. An die Stirnenhaare der Pferde ist das Gute gebunden bis an den Tag des Gerichtes als Lohn und Beute. h a Als Gott das Pferd schaffen wollte, sagte er zum Südwinde, ich will aus dir ein Geschöpf schaffen, zur Ehre meiner Heiligen, zur Erniederung meiner Feinde, aus Huld für die, so mir gehorsam. Der Südwind sprach: Erschaffe es, o Herr! Da nahm Gott vom Südwinde eine Handvoll und schuf daraus das Pferd; er sprach: Dein Name sei arabisch, das Gute sei gebunden an Deine Stirnenhaare, die Beute an Deinen Rücken, Dir sei gegeben den Unterhalt des Lebens zu erweitern, ich habe Dich begünstigt vor anderen Lastthieren, ich habe Deinen Besitzer zu Deinem Freund gemacht, ich habe Dir die Kraft zum Fliegen verliehen ohne Flügel, sei es im Angriff, sei es im Rückzug; ich will auf Deinen Rücken Männer setzen, die mich preisen und loben und mir Halleluja singen. Dann sprach der Prophet ferner: Als die Engel dies hörten, sprachen sie: Wir sind die Engel, die Dich loben und preisen und Dir Alleluja singen; was macht mir das *), Gott schuf das Pferd, dessen Nacken der Nacken des Glücks, und womit er begabt wen er will aus seinen Propheten und Gesandten. Und als das Pferd mit seinen Füssen die Erde berührt hatte, sprach Gott: Erniedrige durch dein Wiehern die Götzendiener und fülle damit ihre Ohren, und fülle mit Schrecken ihre Herzen; und als Gott dem Adam alle Dinge gezeigt, die er erschaffen, sagte er: wähle Dir von meinen Geschöpfen was Du willst, und er erwählte das Pferd. Da sprach Gott der Herr: Du hast Deine Ehre erwählt und die Ehre Deiner Kinder, eine für immer dauernde durch Aionen und Aionen. – Demiri erzählt dann dieselbe Überlieferung mit unbedeutender Verschiedenheit nach dem Werke Schifa eſs-fodür d. i. die Heilung der Brüste, und dann die folgende nach Tirmidi über die Pferde des Paradieses, als man ihn gefragt, ob es dort wohl Pferde gebe: B. -- u Wenn Du ins Paradies eingehst, kommt Dir ein rubinfarbes geflügeltes Pferd entgegen, das Dich trägt und mit Dir fliegt wohin Du willst. Der ältere Kamil eſs–ſs an äatéin, d. i. der Vollkommene in zwei Künsten (Mohammed B. Achi Hiſams) beginnt mit den folgenden Überlieferungen: Ein Mann kam zum Propheten und sagte ihm: mich (langweilt) die Nacht – der Prophet sagte: binde das freie Pferd (Atik) an – hast du nicht das Wort Gottes gehört: rüstet euch wider sie so viel ihr vermögt an Macht und Pferde wach, um damit zu schrecken die Feinde Gottes und die eurig en“). Der Prophet sagte: es wird Niemand mit Phantasien geplagt in einem Hause, worinnen ein freies Pferd. Der Prophet liebte nichts so sehr als Weiber und Pferde. Der Prophet verbot die Zähne, die Ohren und die Stirnenhaare der Pferde zu verstümmeln. Der Prophet sagte: der beste Erwerb ist der eines Mannes der die Zügel seines Pferdes auf den Wegen Gottes führt. - Der Prophet sagte: der beste Reichthum sind fliessende Quellen auf weichem Grunde und ein Pferd das ein anderes im Bauche trägt, oder dem ein anderes folgt. In der Überlieferung wird erzählt, dass jede Nacht ein Engel zu jedem Pferde niedersteigt, die Stirnenhaare desselben ergreift und ihm und seinem Besitzer Segen wünscht, ausgenommen das welches an dem Halse Schellen trägt. Der Prophet bewunderte *) Fe ma salekie, Handschrift der Hofbibl. I, Bl. 246, Kehrseite. –*) VIII. Sure, 63. Vers. Das Pferd bei den Arabern. 235 und liebte die Pferde und die Weiber, er empfahl die Besorgung der Pferde (Irthibat), welche verdienstvoll, Gutes und Segen bringt“). Kitáde Ibn Dáämet überliefert: Jesus der Sohn Maria’s traf den Iblis (den Teufel), den Verfluchten auf dem Durchschnittspuncte dreier Wege, er fragte ihn: was pflegt dich zu drücken und durchschneidet dir den Rücken ? er antwortete: Das Wiehern des Pferdes in einem festen Schlosse – ich betrete kein Haus worin ein Pferd, dies pflegt mich zu drücken, was mir aber durchschneidet den Rücken ist das Morgen- gebet vor Sonnenaufgang. Hischäm (der grosse Genealoge) erzählt aus dem Munde seines Vaters nach Ebü Ssálih, und dieser nach Ibn Abbás, dem Oheim des Propheten, dieser habe gesagt: der Erste welcher ein Pferd ritt, sei Ismail, der Sohn Abrahams gewesen, welcher auch der erste arabisch gesprochen, und vom Bogen den Pfeil geschossen, Gott habe ihm zu Liebe aus dem Meere (von der Seeküste) hundert Pferde zugeführt, die er dann zu Mekka geweidet. V. Nach Wákidi , dem ersten grossen Geschichtsschreiber der Araber, wird von David erzählt, dass er die Pferde sehr geliebt, tausend derselben seinem Sohne Salomon vererbt, der dieselben dann zum Wett- rennen abmagern und abrichten liess. Gott führte ihm aus dem Meere tausend Pferde zu, sie wurden ihm zur Mittagszeit vorgeführt, mit dieser Pferdeschau beschäftigte er sich bis Nachmittags, und vergass darüber das Gebet; er hatte bis Nachmittags neunhundert Pferde besichtigt, da sagte er: es ist nichts Gutes in den Pferden welche mich der Erwähnung meines Herrn vergessen machten, verwarf die neunhundert besichtigten Pferde und sagte, nachdem er sein Gebet verrichtet hatte, diese hundert sind mir lieber als jene neun- hundert die mich der Erwähnung meines Herrn vergessen machten“). Der Prophet sagte: haltet euch an die Stuten, denn ihr Rücken ist Ehre und ihr Bauch Schatz. Er sagte: kämpft nur auf Stuten, denn sie harnen und rennen, während die Hengste den Urin zurück- behalten bis sie freigelassen werden *). - Die Pferde sind dreierlei, die einen das Verdienst, die andern zum Schmuck des Mannes, die dritten um Last zu tragen, die verdienstlichen sind die vom Manne auf den Wegen Gottes besorgten, sie nützen ihm auf Wiese und Garten und schaffen ihm auf beiden Nutzen; sie gewähren ihm zweifachen Adel durch ihre Leistungen und durch ihre Excremente, wenn er an einem Flusse vorbeigeht und sie vom Trinken nicht abhält, so ist dies allein schon Verdienst“). 10. Metonymien. In dem Werke des grossen Philologen Seálebi handelt das XXIV. Hauptstück von den Pferden und Maulthieren und enthält zwölf Metonymien, wovon aber sechs Sprichwörter in den folgenden Abschnitt gehören: der Schebdiſ (der Rappe) des Choſroes Per wiſ, hinlänglich aus der Liebesgeschichte desselben mit der schönen Schirin bekannt; das rothe Pferd (Eschkär) Mer wán's, des letzten Chalifen der Beni Omeije (in der Geschichte nicht minder berühmt als der vorhergehende), den er um dreimalhundert- tausend Dirhem kaufte, und wodurch seine Regierung nicht minder verherrlichet ward als durch den Staats–Secretär Abdol-Hamid, durch den Gebetausrufer Bäleb eki, den Kameltreiber Selam und *) Handschrift der Hofbibl. Bl. 3, ober der ersten Zeile steht fünfmal das Wort Wakf geschrieben, zum Beweise, dass die Handschrift der Bibliothek einer Moschee gehörte und derselben entwendet ward, was vermuthlich bei der Empörung Kairo's und der Ver- wüstung der Moschee Hakim Biemrillah's geschah, dasselbe ist auch der Fall mit dem zweiten Bande des Agani , welches im selben Büchertausche von demselben Franzosen Mamluken erworben ward. –*) Handschrift der Hofbibliothek, Bl. 4, nun folgt die oben gegebene Überlieferung von der Schöpfung des Pferdes, dann die vorhergehenden mit weniger Abweichung, und dann die Ein- theilung des Werkes in vier und zwanzig Hauptstücke. –*) Naſ siri , Handschrift der Hofbibliothek, Bl. 25, Kehrseite. –*) Kamus, Konstantinopolitaner Ausgabe, II. Bd., S. 785. 30 * 236 Freiherr Hammer-Purgstall. den Verschnittenen Kew ser; der Reiter des Schecken (el – Eblak) ein Feldherr welcher die Perser besiegte; das Unglück des Dahis, das Pferd des Kais B. Soheir, das den vierzigjährigen Krieg zwischen den Stämmen Abs und Dobjan entzündete; der Trenner der Pferde (Färikol-Chajel), der schnellste Wettrenner, welcher die anderen Pferde trennt und sie besiegt; der schlechte Hengst (Fohles-su), der seine Verwandten und Angehörigen vernachlässiget. w-. 11. Sprichwörter. Beim Wettlauf erkennt man die Renner. Sich ähnlich an Kräften, wie zwei Renner im Wettlaufe. Er zürnt, wie das Pferd dem Zügel. Auch das schwierige Pferd wird bestiegen, nachdem es ausgeschlagen. Zwei Dinge halte für schändlich, mageres Pferd und mageres Weib. Elendem Pferde fehlt es nicht an Jungen. Pferde sind glücklich, antwortete der Dichter Dscherir B. Ab dállah einem Araber, der ihm vorwarf, auf der linken Seite des Pferdes abgestiegen zu sein; das Wortspiel liegt im Worte Jemin, was sowohl Glück als die rechte Seite bedeutet. Nachdem er sich lange gesträubt, unterwarf sich der Hengst Jaäfür. Es genüge Dir (wenn Du nicht reiten kannst), Dein Geräthe dem Sattel anzuhängen. Ihr Sattel hat nachgegeben, d. i. ihre Lage hat sich verschlimmert. Schneller als ein ausreissendes Pferd. Das störrige Pferd schlug aus schnell gegen den Schnellen. Die Pferde kennen ihre Reiter, sind kundiger als dieselben. Schicke nicht das Füllen dem der Huf verletzt ist. Lass' den Zügel nach und das Pferd wird sanft sein. Er hat den Zügel auf den Hals geworfen, d. i. freigelassen (il a läché la bride). Oft wird ein störriges Pferd sanft. Seine beiden Pferde vergleichen sich nicht, und gehen nicht gleichen Schrittes in der Lüge von einem Lügner. Ein schäbiges Pferd hat keinen weissen Schönheitsfleck auf der Stirne. Aus dem Werke Seálebis 9 Demiris, Meidänis und aus dem Kamus: Die Stirn enhaare der Pferde, das Höchste und Edelste im Gegensatze des Schweifes der Kühe, welche das Gemeinste und Niedrigste. Die Einbildungen der Pferde von überstiegenen Begriffen und zu hohen Forderungen der Leute die sich nicht begnügen Maulesel zu reiten. Der Lauf der vollzähnigen Pfer de (Dscheriol-Moſekkiät), MO ſ ekki heisst das Pferd das zwei Jahre nach vollbrachter Zahnung in der vollsten Kraft. Nikl, heisst ein Pferd, das ein fester Mann, wie man auch im Deutschen sagt, ein starker Nikl, daher das arabische Sprichwort: In allah o jahabb en – nik, äl’ en– nik, l. Gott liebt den Nikl auf dem Nikl ). Das Freilassen störriger Pferde (Thalakol-Dschomüh) wird von der Ausgelassenheit des Trunkes und der Jugend gesagt. Der Verschneider des Chiſsaf (Chiſsaf), ein Mann des Stammes Bähile, welcher seinen Chiſsaf genannten Hengst lieber verschnitt als einem Könige zur Bespringung gewährte“). Unter dem Artikel Chajel gibt Demiri die folgenden Sprichwörter: Die Pferde sind wissen der als ihre Reiter, was der Prophet am Tage der Schlacht von Honein gesagt. Es ist nichts Gutes in der Besteigung der Pferde an einem anderen Orte, als wo sie - gewöhnlich bestiegen werden (sei es in der Ebene, sei es an der Wand“). Derselbe unter dem Artikel Feres: Scharfsichtiger als ein Pferd. Gehorsamer als ein Pferd. Heftiger als ein Pferd. Von schlimmer er Vor bedeutung als ein rothes Pferd“). Aus dem Kamus. Der Stock der Ledigen (Hirawetol-Äääb), der Name des Pferdes dessen Besitzer es ledigen Burschen auslieh, damit sie auf demselben kämpfend sich Beute zum Heirathsgut erwerben könnten, man sagt daher von einem sehr geschätzten Dinge: geschätzter als der Stecken der Ledigen“). Der Belik läuft und wird doch getadelt von Einem der Recht thut und doch getadelt wird“). Der *) Freytag IV, 336.–*) Der ganze Abschnitt ist in der morgenländischen Zeitschrift übersetzt, das letzte Sprichwort auch bei Frey- tag I, S. 493. –*) Demiri, Handschrift der Hofbibliothek, I. Bd., BI. 249. – *) Ebenda Bl. 230. – ”) Kamus, I. Bd., S. 205. – ") Freytag, I. Bd., S. 155. «" / Das Pferd bei den Arabern. 237 b Eblak begehrt die schwangere Stute, die denselben nicht annimmt, von einem ganz fruchtlosen Dinge“). Von schlimmerer Vorbedeutung als der Stute Schakra, welche Ursache des Unter- ganges ihres Reiters, wie der Kamus einfach erzählt“). Schakra bedarf keiner Erläuterung, weil dieselbe ohnedies in den eigenen Namen vorgekommen“). s 12. Gedichte. Herr Perron gibt im Náceri die Auszüge aus drei Moällakát welche das Lob des Pferdes enthalten, nämlich aus der Antarets, Ibn Kolsüms und des Imriolkais, die durch lateinische Übersetzungen und die französische Herrn Caussin's längst bekannt, vergisst aber des berühmtesten Lobes des Pferdes im Diwan des Imriolkais. Nach diesem ist Montenebbi (der grösste Dichter der Araber im Islam, wie Imriolkais vor dem Islam) der grösste Lobredner des Pferdes, der von Räubern angegriffen, noch seine berühmten Verse: Mich kennt das Ross, die Nacht, das Schlachtrevier, Der Schlag, der Stoss, die Feder, das Papier hersagte, und dann kämpfend den Geist aufgab. Madakerbi, einer der ältesten vorislamitischen Helden sagte schon: Ich wünsche mir ein Pferd, das frei, Mit einem Reiter, wie ein Leu*). Dschondob, die Gemahlinn des Imriolkais erkannte in dem Wettstreite ihres Gemahls mit dem Dichter Alkama in der Beschreibung der Pferde diesem den Preis zu, Imriolkais sagte: Geschreckt von der Geisel, vom Schenkel gedrückt, Sie lassen im Laufe die Strausse zurück. Alkam a entgegnete: a- Am Zügel gehalten, vom Laufe entzückt, Sie rennen wie Winde, vom Preise beglückt. Alkama hiess von nun an der Hengst“). Rebiaat B. Tharif B. Temim sagte: Als Du Heerhaufen sahst, mit Pferden ohne Fehl Als über sie des Todes Geier flogen"). Der Dichter el-Bettin sagt im kd Abd Rebbihis: Ich ritt im Traum ein Pferd, das auserwählt, Mit einem Sclaven, und die Hand voll Geld 7). Mohammed B. el – Ho sein el– Farsi en – Na h wi: Wie herrlich schön, ich glaubte nicht vordem, Dass Sättel würden Blitzen aufgeladen, Orion dienet ihm als Brustgehänge, Ihm eingebrannt als Maal sind die Pleiaden *). Der Prinz Ebü Merwan Öbeidállah, der Sohn Jusuf B. Taschfins, des Eroberers von Spanien, sagte: Die Grösse und die Höhe sind verschwunden, Nachdem ich Hengste ritt, lieg ich gebunden”). Von den Helden und Rittern, welche ihren Namen von den Pferden hernehmen, ist bereits der Sei dol- Chajel, d. i. der Seid der Pferde genannt worden; derselbe ist nicht zu vermengen mit ſeidol-fewaris, *) Kamus, II. Bd., S. 853, mit einem Distichon, worin dieses Sprichwort vorkömmt. –*) I. 93. –*) I. 921. –*) Literaturgeschichte der Araber I. Bd., S. 209. – *) Ebenda S. 376. – °) Ebenda II, S. 345. – 7) Ebenda IV, S. 875. –*) Ebenda V, S. 1011. – *) Ebenda VI, S. 97. 238 h Freiherr Hammer-Purgstall. d. i. dem Seid der Reiter“). Ebül-Fewaris, d. i. der Vater der Reiter, ist Antaret der Sänger der Moallakat, dieser Name wird aber überhaupt Rittern und Liebhabern der Pferde beigelegt, so sagt in der Hamasa Bohtors der Dichter Hanák, B. Senet el-Absi: 0 Reitervater, wirst Du es ertragen, Dass mit Verlust die Könige Dich schlagen!”) Im zoologischen Wörterbuche Demiris befinden sich unter den verschiedenen Artikeln des Pferdes die folgenden Verse: Ebü Suleiman el-Chathábi sagte in seinem Lobe der Einsamkeit: Ich lieb' die Einsamkeit und bleibe gern zu Haus, Die Einsamkeit gewährt nur Lust und Freude mir, Mich hat die Zeit belehrt, mir liegt nicht viel daran, Wenn ich auswandere und nicht besucht bin für und für, Ich werde nie, so lang mein Leben währt, begehren Besitz von einem Pferd, Reitaufzug vom Emir”). Ibn Abdol-Birr führt im T emh, id die folgenden Verse des Ibn Äbbás an: Liebt die Pferde, harrt geduldig aus, Ehre bringen sie euch in das Haus; Geh'n die Pferde auch verloren, Sind sie doch wie eingeboren. Täglich theilen wir mit ihnen Flor und Schmuck sie zu bedienen*). Häufig beschreibt das Pferd Moten ebb i: Sein Pferd ist dick und hat am Bauch die Weit“, die wahre, Das Steissbein überreichen weit des Schweifes Haare. Geht es zurück, so siehet man den Nacken nicht, Und wenn es vorwärts geht, sieht man den Schenkel nicht. Ein Stoss genügt, die Feinde in den Staub zu strecken, Die Erde bebet auf vor seines Hufschlag's Schrecken. Die Erde wird mit Blut wie Saffian gefärbt, Gleich einer Perle die aus Scham mit Roth sich färbt. Der Schweiss beginnt dem Ross in Strömen zu entfliessen, In Strömen, wie sie nicht die Augen sonst vergiessen. Von Seinen Schaaren bleibet keine Wüste leer, Und alle Thäler deckt als ein Gebirg Sein Heer *). Von Ost und West drängt sich zu Dir das Volk der Erde, Darob beklagen sich die Strassen und die Pferde. Wie ein Harem, trägt sicher mich mein Pferd, Es hebt zugleich den Vor- und Hinterfuss, Und thut, was ihm befehlen Hand und Fuss. In Heere fährt mein Schwert, sehr dünn gefegt, Und schlägt bis Meer des Todes Wogen schlägt. Mich kennt das Ross, die Nacht, das Schlachtrevier, Der Schlag, der Stoss, die Feder, das Papier"). Auf die Ohren des Pferd's schau ich, das schwarz wie die Nacht ist, Dessen Stirnenhaar weilt, wie in Nächten der Stern, Überflüssiges Fleisch umschlottert selten den Körper, Schlottert hin und her, wenn es beweget die Brust. Wenn ich den Zaum anzieh', spalt' ich mit dem Rappen die Nächte, Wenn ich den Zaum nachlass', spielet er froh mit dem Kopf", Jedes aufgeregte Wild erreich' ich mit selbem, Gleich, wenn ich sitze ab, wie wenn ich steige hinauf. *) Literaturgeschichte der Araber, III. Bd., S. 893. –*) Ebenda IV, S. 757. –*) Demiri, Handschrift der Hofbibliothek, I, S. 245. – *) Ebenda Kehrseite. –*) Motenebbi, der grösste arabische Dichter, Wien 1824, S. 97 und 98. – %) Ebenda S. 243. Das Pferd bei den Arabern. - »- 239 Wie wahrhaftige Freunde, sind wenig die edelen Pferde, Wenn auch viel dem Aug' dessen, der selbe nicht prüft. Wenn Du am Pferd nichts schaust, als die Schönheit der Jugend und Glieder, Bleibet Deinem Aug' wirkliche Schönheit versteckt ). & Ich pries den Stamm, und wenn ich mehr der Jahre zähle, Preis' ich im Liede noch die Stuten und Kamele*). Es hört nicht auf Dein Pferd im Blut zu waten, Bis dass es taumelt wie der Mann berauscht *). Es tosten um ihn auf die Pferd' als Wogen, Er stand im Feld' als Berg, durch Nichts bewogen. Mit seinen Pferden deckte Er die Erde, Und ordnete Gebirg wie eine Heerde*). Im Schatten schlafen sie der Pferde, Die Strausse tödten, Wölfe rauben"). Und Pferde fliegen, gleich den Aaren; Der Tod belebet ihren Geist"). Das Ross läuft dem Kamel voraus ?). Mit so starkem Sinn, führ' ich die Pferde nach Arre dschan, Dass der eschene Speer selber in Stücke zerbricht*). Andere Verse Motenebbi's werden unter den einzelnen Abschnitten ihre Stelle finden. G Abdolgaffür, der Weſir Secretär sagte zum Lobe eines Emir's und eines Eisenschimmels Renners: O Herr, es bleibe Deinem Leben Mit Liebe Deine Gröss' ergeben; Ein Renner in der Grossmuth Bahn, Gehst allen And'ren Du voran; Gott segne Deinen edlen Gaul, Mit glatter Wang und weitem Maul'; Mit Brust von Stahl und Eisenweichen, Dess' Schultern nur den Rennern gleichen, Der, wann er wiehert laut und wild, Als edelstes der Pferde gilt; Gespréngelt ist er schwarz und weiss, Als wär’ er von Geburt ein Greis; Er rennt fort in solcher Hitze, Dass ihm nachkommen nicht die Blitze"). Ibn Seidün, der berühmte Wefir und Dichter verglich sich selbst mit einem Pferde: Ich bin ein Pferd, dess' Vorderfuss beschwingt In schnellem Laufe zu dem Ziele dringt, Das in dem Stalle stehend auf drei Füssen"), Durch Wiehern sich beklagt, so steh'n zu müssen”). Zwar finster wie die Nacht auf ihren Wegen, Kömmt es mir wie der Morgen doch entgegen, Der Morgen hat die Augen ihm geküsst, Zum langen Tag die Nacht geworden ist. Wenn es ansprengt, beschämet es den Blitz, Und überrennet, wann es rennt, den Witz *). » Kemaleddin Abdällah el-Hosein B. Abdol-Baki Ibn Haris verfasste i. J. 553 (1158) eine zwanzig Distichen lange Kaſsidet, woraus die folgende Beschreibung eines Pferdes: *) Motenebbi S. 349. – *) Ebenda S. 123. – *) Ebenda S. 203. –*) Ebenda S. 222. –*) Ebenda S. 308. – ") Ebenda S. 309. ") Ebenda S. 342. – °) Ebenda S. 891. – 9) Literaturgeschichte der Araber VI. Bd., S. 137. – ”) Mit dem vierten angebunden. **) Literaturgeschichte der Araber VI. Bd., S. 151. –*) Ebenda VII. Bd., S. 146. 240 h Freiherr Hammer-Purgstall. Wer ist es, der mit ihm an Vorsatz es aufnimmt, Der wie das edle Pferd nach hohem Zwecke schwimmt, Das fliegt daher wie Blitz in ausgegoss'nem Lauf, Indess' der Reiter nie zu schnalzen höret auf Ein edles Pferd das auf der Bahn gleich Strömung rinnt Und das das Kleid des Ruhms den andern vorgewinnt, Das ohne Tadel ist im Rennen und im Reiten Und dessen Schweif das Weisse überhäuft bei Weiten. Die Huld Grossmüthiger besiegelt ihre Gabe, Ich über Silberswerth mich längst erhoben habe; Ich frug nach dem Geschmack und als ich ihn entdeckt, Da war es reines Schwarz von keiner Bläss' gefleckt. Wer fragt um zweite Thräne, kann mich beleid'gen nur, Nicht Einer hat genug die edele Natur *). Als eine besonders kühne Redefigur gibt Schihabeddin Ahmed el-Chafedschi in seiner poetischen Blüthenlese welche den Titel des Basilikons *) der Verständigen führt, die folgenden Verse als Beschreibung der Schönheit eines Pferdes vom grossen Dichter dem Prinzen Ibnol-Motef: Wenn nicht der Name Gottes wäre”), So fehlte wenig nur (auf meine Ehre), Dass sie es nicht mit Augen frässen Und tränken dann zu ihrem Essen. 3 - a Y “W, Sº * - - - - - - - a= . Ausser diesen erwähnten und zum Theil bekannten Dichtern welche das Lob der Pferde besungen, besteht aber eine besondere Kaſsidet Chalef B. Hajan's el-Maſinis, welche in ein und siebzig Distichen von der Beschreibung des Pferdes handelt, und welche nicht nur Herrn Perron, sondern allen Orientalisten bisher unbekannt geblieben, sie befindet sich im Buche des Dschemheretol-Islam, d. i. der Universität des Islams, auf der Leydner Bibliothek“), einer in Europa einzigen Handschrift, eine höchst schätzbare Blüthen- lese welche aber vom Verfasser nicht, wie Herr Dozy ganz irrig sagt, dem grossen Saladin, sondern seinem Grossneffen Ssaläheddin II., dem Sohne Melik, el-Kamil's, des Sohnes Melik, el-Äádiºs, des Sohnes Ssaláheddin's I. zugeeignet worden, sie beginnt, wie alle arabischen Kaſsideten, nicht mit dem Gegen- stande selbst, welcher hier die Beschreibung des Pferdes, sondern mit dem Hause der Geliebten, mit dem Zelte Selma's, geht dann zur Beschreibung von Tränken über, zu denen alle Thiere der Wüste her- beieilen, und unter denen sich auch ein Pferd befindet, das nun beschrieben wird. Hier ist der Machlass, d. i. der Übergang zum eigentlichen Stoffe der Kaſsidet; dieselbe endet mit einem Male, wozu auch die Frauen ihre Braten bringen, welche sie für die Jäger bereitet haben, denn das beschriebene Pferd ist ein Jagdpferd. 1) Charidet, Pariser Handschrift Nr. 1447, Bl. 158, Kehrseite. –*) Rihanetol-olebba, Handschrift der Hofbibliothek, Bl. 57, Kehrseite. *) Der Namen Gottes, den das Pferd als Talisman auf der Stirne trägt. Das Pferd bei den Arabern. 24 1 Beschreibung des Pferdes von Chalef B. Maján el-Maſini “). Entfernt ist Selma's Haus, das Zelt der Ben Morrár, Für beide Augen ist des Schlafes Speise gar, Das Zeichen linker Hand bewähret ihre Flucht Und das bewähret mir arab’schen Pferdes Zucht. Es ist ein Glücksgestirn in diesem Zelt' erschienen, Das mit dem Hufe schlägt des Himmels höchste Zinnen; Gebunden oder frei auf Schnelle stets bedacht, Von stärkem dicken Hals, wie Löwinn finstrer Nacht, In ihren Händen sind gebogne glatte Klingen, Die von Soreidsch tief in das Gebein eindringen. Jenseits ist Naſih’s Land und fürchterlich Geheule, Der Widerhall ertönt nur vom Geheul der Eule; - Dort ist der Tränken Quell vom Wasser, das getrübet, Zu dem der Durstige zurückzugeh'n nicht liebet, Wo Wölfe krummen Mauls erheben ihr Gebrülle, Und Pferde vollen Lauf's sich zeigen in der Fülle, Wie mancher Wichtige macht ausser'm Zelte Halt, Wie mancher Löwe liegt dort in dem Hinterhalt! Von Schlangen braunen und gesprenkelten (ein Tross) Von giftgeschwollenen wie Berge fest und gross, Die taub und schweigend sind von langem, weitem Schlund', Sie wachen dort wo sich nicht Gäste geben kund, *) Nr. CCCCXI von Dozy's Kat. I. Bd., S. 274. U- –>> G Öl- U' –W- > We-- Cº- es, --- OB G---- S. – Cº. - - - U2- Sº,- a CD- º Ö-- -- * - es- 2-5-EM Ls Né al- alav ) U- » BAG- - - JºW--- Cº. deo Z-W > – sº G- 2 -- G- U- G- - - sº- -- == -- G- er º2- HE) -- -- G- 2 S-02- - - - sº 5 a Gl- 32- D- Obs- C-" , - -- - G- - -Yº - ess as“ - bes»- - G- Svrº Denkschriften der philos. – histor. Cl. VI. Bd. »W 2-3 W- D> S ZH. 242 Freiherr Hammer-Purgstall. Von solcher Trockenheit, dass fliegen auf die Funken, Wie wann das Feuer fasst des Gadha feste Strunken. Zwei Augen deren Ball gleich einer Kohle glüht, Und in den Kopf sich dreht wie Mühlenrad das sprüht, Wenn es zusammennimmt die Vorderfüss' im Lauf", So fliegt am Ziele schon der Staub der Worfel auf, Es läuft in Einem fort wie auf der Mühl' die Glocke Zum Zeichen, dass das Werk in seinem Fortgang stocke, Und wann die Hitze beisst im Sommer das Gestein, So setzt es seine Zähn' wie Nichts in Felsen ein; Und wann es vorwärts geht auf einmal oder zwei, Erweitert sich sein Lauf so weit es immer sei. Mit Sehnsucht füllet mich der Laut der Turteltaube, Der Datteltrauben Tanz, der Schreier in der Laube. Die Klagen von dem Blatt, die an dem Morgen tönen, Die Palmenzweige die an Rührigkeit gewöhnen, Die Melodien die sie von den Zweigen streut, Sie weckt die Leidenschaft von der vergangnen Zeit, Das Halsband kleidet sie als Schmuck für's ganze Leben, Und wann sie ruft, so ist die Klag ihr eingegeben. Ich seh' nicht Weinende die weinte so wie sie, - Denn ihre Thränen sind geseh'n, gefunden nie, Sie folgt dem Genius der treibt sie in die Enge, Den das Verderben bringt im Netze ins Gedränge, Sie weinet, wann herein Verzweiflung schwarze bricht, Und solches Weinen wird zurückgestossen nicht; ----- -- e?“ La -– - G a - - - - - - - – a- U-. lº, Us es ÄJ-- -- - - W M 3 - - - - -FL es H. -- O2 . - - - O-- - sa= -- Es a es... -. -- 3 sº - - - - - - - - - --- Sº - G .. =- - - - - - - - - es Y-3 G-W- C. - - ZEW-U- Ö= ------- ------ - - - - - - - - ----- ---- - - - -, 3-, C- sa- - - -a FC - – C- -- -- => s . Sº ,-- - sº -S- ºa- es. -- - - - - - - - - * -H. Das Pferd bei den Arabern. 243 Erjaget wurde sie von Vogelfängerstricken, Wiewohl durch Flügel ihr die Rettung konnte glücken, Ein Mann von Eisenklau'n und ohne Sclavengruppen, . Dem nur zum Kleide dient der Harnisch mit den Schuppen, Sie schauet hinter ihm die Vögel und die Thiere, Die retten sich vor ihm in waldige Reviere; Er aber einsam lauscht auf einem Bergesgipfel (Schwer zu ersteigendem) auf eines Baumes Wipfel, Und wann ihm dorten dann das Licht des Morgens leuchtet Und seines Bogens Sehn' der Morgenthau befeuchtet, Wann er die Eisenklau'n nach dem Specht ) ausstrecket, Und schon des Kath a Blut die Nase ihm beflecket, Der aufsteigt in die Höh' und kreiset sich im Fliegen, Bis dass als Beut er fällt dort, wo er aufgestiegen; Er sieht der Katha Schaar, die nahen sich den Quellen, Es hat kein Eimer noch getrübet diese hellen, Sie rennen hier zum Quell' zu trinken nach Gelüste, Und werfen ab den Flaum im Laufe durch die Wüste, Sie geh'n zur Tränke hin, doch ohne zu bedenken, Ob ihnen Proviant die Folge werde schenken. Des Schreckens denket es des Durstgen, der vergangen, Der Fetzen achtend nicht, die an der Sohle hangen, Hier ist der Eilenden zum Wasser eine Menge, Von Wiederkehrenden ist dorten ein Gedränge. So sind die Tränken voll, der Obhut nicht verschlossen, Es sind allein davon die Nackten ausgestossen, -ſ =- z- G. - - F“ - - - - - - . . GºY G- - - - - - - - –A---- Ge--- G- - - - - - - - - -Mes, EW - º. - -- - - - S. sº 2 - G- - - - - - - - - - - - - - - - - -- -- -- - e“ - - -V- - - - - - - - W») - U- - - - - - - - - Dº– sººº -- G3 - * -– es,-- V»- » –- - - - Gº-L. ºse- O2- - - - - - - - - - - -H. s 93- a- Deb- - - >>b aº G- Ä- a es - - - - - - - 3 - - - - Os” *) Karijet, ein Vogel mit langen Füssen, langem Schnabel, grünem Rücken. Demiri. 31 * 244 Freiherr Hammer -Purgstall. Darunter auch ein Pferd, ein dunkler Katha fast Mit aufgerissner Brust, das wüthet und das rast; So oft es läuft und fliegt im Lauf, zurück es lässt Den Südwind und den Nord, den Ostwind und den West, Mit Flügeln scheint's begabt, so die Natur ihm gab, Es stürzet wie der Blitz aus dem Gewölk' herab, Nur solche Pferde sind's, die zu erretten streben, In Grabesdurstigen vom frühen Tod das Leben, Der Sohn des Durstigen desselben Speichel trinkt, Der ihm wie zarte Haut 1) des Kind’s entgegenblinkt, Der Rücken rauh zum Spiel und scheckig allenfalls, Die Kehle roth und gelb, das Zäpfchen in dem Hals, Ich weih' mich dir! der Morgen hat die Nacht zerrissen, Auf meinem Pferd, das glatt mit zarten weichen Füssen, Mit langem Vorderfuss, von Knöcheln zart und fein, Das durch Korallen spricht bedürftig nicht des Schrei'n, Von dickem Hintertheil, das aufgebauscht und rund, Die Füsse säulenfest und dessen Huf nicht wund, Von ausgeschweiftem Ohr, dess' Brücke wohlgespannt, Von umfangreichem Schlund', dem Esslust stets zur Hand, Der Ort wo wächst der Bart bis an die Kehle geht, Die Haut der Brust ist weit und die voll Majestät. Neun Theile müssen lang beim schönen Pferde sein Und zu dem Ebenmass sind and're neun stets klein, Neun Theile seien stark, neun Theile seien schwach, Fünf Theilen, welche feucht, folgt Fünf, die trockne, nach. s-W 2 –e»-- Gºe - - - - - - e CL- G- -- -- --- G 0,- DÄ) ,S-= 2 Kº -- º-S- G- Ua-s –>>> -- - »--- IS --- --- -- ----- G, Geº- U-–a- Gº AL- U- - - es - - - - R>. - es - Cº-Gº. -, e=- --- - 23.ºº U-, C-, DS Z- Gesa - - - - - ------- Cº-VºJº- - - > Jºv= 2- - Ös) - - - >--- - -- G- Gle Sº -- Sº 3 C --- Sº » es,” G - - --> G-- - 89- U- - > Le U- > *) sella, membrana qua in utero foetus involutus est. Das Pferd bei den Arabern. - 245 Neun Theile, welche dick, neun and're die fein, Das Wiehern soll beliebt, der Gang voll Würde sein, Neun Dinge, welche nah und die entfernten neun, Doch ohne Schwierigkeit und leicht soll jedes sein. Acht Dinge welche breit, acht Dinge welche schmal, Fest steh’ es in den Reih'n, der Gang sei fest zumal, Vom Vogel hat es fünf – wer sah ein Pferd wie dies, Der weiss was ich gemeint, der kennt es für gewiss. Bald scheint es ein Rab', ein Katha bald zu sein, Ein Geier bald und bald ein Weisl von der Bein ) Die Schultern, wann es läuft verwandeln sich in Flügel, Es laufet nach Begier und achtet nicht der Zügel, Es ward uns als die Frucht der edelsten Begattung, Wir opferen uns auf für diese Art und Gattung, Es flüchtet sich vom Rohr *) als des Gehorsams Ziel, Es trinke von der Milch so viel es immer will, Den Futterer ernährt's, ihn und sein Haus nicht nur, Und immer wird verfolgt von And'ren seine Spur; Wiewohl es laut aufschreit wie die Hyänen brüllen, So wird es doch geführt am Leitseil wie die Füllen, Der wohlbeleibte Mann er bringt es in das Feuer, Mit Bauch geschmeidigem und Fussband das geheuer, Sie wenden sich wie Blitz, sie stellen dich in Reih'n, Zermalmen mit dem Huf das härteste Gestein, Sie regen auf den Staub das Pflaster für die Wunden, Sie zünden an die Gluth zu geben Feierkunden, a- U- - - - - - - - - Jºº SE > >>- Sº, es - - - - - - Oa- S 2 Gº S 2 - - - - - - - - - OF - OT - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Gº - L= sº G - - - - - - - Es Öl- sº S- - - Sº2- G- - - -- --- - - - - - - - - - - - - - *---- J= .. . J.-) O2° W . . . » sº.- - - - - - - - -- -- La-Z--“ Gaºue. - - --- -- -- ? «- es- DU »A. O> 3 - -H. se». »- - - -H. *) Die Biene. –*) Die Reitgerte. -- Z 1** 246 Freiherr Hammer-Purgstall. Das Pferd bei den Arabern. Der Sclave läuft ihm nach um seine Spur zu finden, Bald ist es im Gesicht, bald sieht er es verschwinden, Es regt den Menschen auf wie Lob zur Tapferkeit, Und reibt den Zahn wie Hirt, der blutig sucht den Streit, Zwei Mädchen kamen leicht zu solchem Heirathsgut, Der dritten ward es nur nach dem vergoss'nen Blut. Wir freuen uns der Jagd und kehren nun nach Haus'. Die Erde ist geschmückt, vom Lenz' gestattet aus. Die Tafel hat mit uns der Nachbarn Schaar getheilt, Sie essen das was rein (und essen's unverweilt), Sie waren wohl damit wie eine Braut zufrieden, O weh, dass ihnen nicht zu klagen auch beschieden, Die Frauen kamen auch, sie brachten ihre Thaten, Sie assen von der Jagd, was sie gebraten hatten, Sie kamen her geschmückt mit würz'gem Duft durchhauchet, Mit Amuleten die vom Zaubrer angehauchet). O-W sº z-Wu-') H. Uasº- C- --- EW- –> > >> - -- -- * O- - l, -3 U-33 UP- º, - . als J 2-2 US- US Cy” se-- 5 % 2- ---- fº- Wº _) –=-, S- . . – ? . ux-E> U- a ->> > es) - - - - - - - - - - - - - ) Der letzte Vers bezieht sich auf den vierten der CXIII. Sure: Ich flüchte mich zum Herrn vor dem Bösen der Weiber, die in Knoten hauchen. Zweite Abtheilung. Abhandlungen von Nicht-Mitgliedern. Mit 1 Plane. TOPOGRAPHIE VON DAMASCUS KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN HERAUSGEGEBEN VON A. V. K REM FR. (Fortsetzung a. d. V. Bde.) 4. BaZäre und Wie Titel der Stadt. Nirgends lassen sich die Eigenthümlichkeiten und der Charakter eines Volkes, dessen Sitten, Gebräuche und Denkungsweisen so gut studiren, als auf den Bazaren einer morgenländischen Stadt; hier drängt sich die Volksmasse im dichten Gewühl; aus den fernsten Theilen Asiens sieht man hier Sprösslinge der ver- schiedensten Völkerstämme neben einander, ehrwürdige Figuren in langen fliegenden Gewändern schreiten würdevoll einher, geheimnissvolle Frauengestalten ganz in lange Schleier eingehüllt lassen durch die Gluth der Augen auf Jugend und Schönheit schliessen; hier sieht man ernste Türken langsamen Schrittes mit dem Selbstbewusstsein, das ihnen als der herrschenden Nation innewohnt, herumgehen; während ein Negerknabe die lange Pfeife seinem Herrn nachträgt; hier sieht man Perser mit edlen, feinen Gesichts- zügen die nur durch einen Zug von Schlauheit etwas entstellt sind, die Italiäner des Orients, mit hohen, spitzigen Schafpelzmützen, eng anschliessendem Überrock der durch einen Gürtel zusammen gehalten wird, in dem ein langer Dolch mit chorasanischer Klinge steckt, sich ergehen; den Inder erkennt man an seinen dunklen sonnverbrannten Gesichtszügen die stets eine gewisse beschauliche Ruhe ausdrücken, seinen blendend weissen Turban hat er mit besonderer Sorgfalt ums Haupt gewunden und lässt das eine Zipfel desselben rückwärts über den Nacken in anmuthigen Falten herabhängen; den Mekkaner verräth allsogleich seine olivenbraune Gesichtsfarbe die durch den weissen Turban noch mehr hervorgehoben wird, und die Sorgfalt mit der er gekleidet ist, im rosenrothen Kaftan, weisser, seidener, feingestreifter Dschubbe, die Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. Abhandl. v. Nichtmitgl. d 2 «r A. v. Krem er. um die Lenden durch einen Shawl zusammengehalten wird, aus der Würde mit der er einhergeht, erkennt man in ihm den Bürger der Metropole des Islams, während das dunkle Feuer seiner Augen jedem Ungläu- bigen tödlichen Hass auszusprechen scheint. v Neben ihm sieht man die Söhne des glücklichen Arabiens, aus Jemen oder Hadramaut, die sich durch Kaffeehandel grosse Reichthümer erwerben, und deren viele nicht blos in Damascus, sondern eben so in Cairo ansässig sind; sie sind erkennbar durch noch dunklere fast negerähnliche Gesichtsfarbe, doch ist der Typus rein semitisch, längliche Nase, feines Kinn, kleiner Mund, hohe Stirne, tiefliegende Augen und nicht ganz unmerklich erhobenen Backenknochen; neben ihnen sieht man Turkomanen in Schafpelzen die dem Mantel der ungrischen Bauern nicht unähnlich sind, den Kopf mit einer spitzigen Mütze von Filz, um die ein Shawl gewunden ist, bedeckt, mit schweren Reitstiefeln, faltigen Beinkleidern, während im Gürtel ein langer Jataghan und silberbeschlagene Pistolen stecken. Dieses Gewühl von Menschen in den verschie- densten, malerischesten Trachten macht das Leben auf den Bazaren einer grossen morgenländischen Stadt“) zum buntesten und farbenreichsten; man glaubt fast, auf den ersten Eindruck hin, in die goldene Zeit der Bermekiden versetzt worden zu sein, welcher Eindruck freilich gleich verschwindet, wenn man die verödeten Nebengassen und die mit Einsturz drohenden elenden Wohnhäuser sieht. Vor Allem wollen wir jetzt ein anschauliches Bild der Bazare selbst zu entwerfen versuchen. Der Bazar ist eine Strasse, zu deren beiden Seiten sich in langen Reihen Gewölbe hinziehen, worin die Buden der Kaufleute sind. Die Mauern dieser Gewölbe sind 20–25 Fuss hoch, und auf diesen Mauern ruht eine Decke von Holz, die dem ganzen Bazar bedeckt, und eben sowohl vor Sonne als Regen schützt. In einigen Städten, wie z. B. in Haleb, welche Stadt wegen der Schönheit ihrer Bazare und Chane berühmt ist, sind die ersteren ganz über- wölbt. Im Sommer herrscht daselbst stets die angenehmste Kühle welche durch beständiges Aufspritzen mit Wasser vermehrt wird, so wie im Winter selbst bei Regenwetter die Bazare ein angenehmer Spazier- gang sind. Von Stelle zu Stelle sind oben an der Mauer Luftfenster angebracht, um sowohl dem Lichte als der Luft Zutritt zu verschaffen; eben so sind von Stelle zu Stelle Bogen gewölbt, auf welchen die hölzerne Decke ruht. Zu beiden Seiten des Bazares zieht sich die ganze Länge desselben hinab eine anderthalb Schuh hohe und zwei bis drei Schuh breite Bank hin, die aus Lehm und Steinen aufgeführt ist, und Mastäbbe à 22. d. i. Schemel, genannt wird; es hat diese Bank für die Kaufleute den Vortheil, dass sie darauf ihre Waaren zur Schau ausstellen, und auf den darauf ausgebreiteten Teppichen sitzend, behaglich ihre Pfeifen schmauchen können, ohne von dem Gewühle das stets auf den Bazaren auf und abwogt, belästigt zu wer- den, so wie für den Käufer das Angenehme, dass er sich daselbst niederlassen und mit Musse die Waaren mustern und um dieselben feilschen kann, was im Oriente keineswegs ein so leichtes Geschäft als bei uns; übrigens wird durch diese Mastäbbe der Weg des Bazars sehr verengt, so dass oft, wenn Holz auf Kamelen oder anderen Lastthieren vorbeigeführt wird, wovon ein beladenes die ganze Breite des Weges einnimmt, kein anderer Ausweg übrig bleibt, als sich auf eine solche Mastäbbe zu flüchten. Oft wird eine Mastäbbe ganz mit Holz verkleidet, und durch zwei an beiden Enden errichtete Bretterwände von den übri- gen Buden getrennt, wo dann diese Bude natürlich vor den übrigen hervortritt und unmittelbar am Wege liegt. In Verzierung und Ausschmückung derselben zeichnen sich die Damascener aus. Die Form ist ganz dieselbe, wie die derer welche man bei uns zur Zeit einer Messe aufzuschlagen pflegt. Zur Nachtzeit wird die Bude durch einen während des Tages nach oben aufgezogenen, so wie durch einen zweiten von unten hinauf ziehbaren Deckel geschlossen. Im Inneren sind die Buden gewöhnlich himmelblau, auch oft grün und violett angestrichen und mit vergoldeten Arabesken verziert, zwischen welchen kleine Spiegel eingelegt *) Und eine solche ist Damascus, dessen Bevölkerung ich wenigstens auf 100,000 Seelen schätze. Topographie von Damascus. Z sind. Auf dem während des Tages aufgezogenen Deckel der wie ein Regendach hinausragt, sind gewöhn- lich ausser den erwähnten Verzierungen auch noch Stücke Papier mit kalligraphischen Schriftproben auf- geklebt, die fromme Sprüche, wie z. B. MäschäAlläh was Gott will; tawakkelt-al-Alläh: ich vertraue auf Gott, oder Mohammed, oder das mohammedanische Glaubensbekenntniss: lä Iláh illá-l-Alläh wa Mohammed Resül Alläh enthalten. Die Eintheilung der Buden ist meistens so getroffen, dass sich rückwärts eine kleine Stube befindet, wo das Magazin ist, häufig ist dieses Stübchen durch eine hölzerne Bretterwand von dem vorderen Theil getrennt, der offen ist, und wo der Kaufmann seine Waaren auf die das Auge am mei- sten anziehende Weise anzuordnen sucht; einen sehr angenehmen Eindruck macht die schöne Sitte man- cher Kaufleute zwischen ihre Waaren grosse Buschen von Weilchen, Schneeglöckchen, Anemonen oder anderen Blumen einzutheilen. Der Kaufmann sitzt mit gekreuzten Beinen mitten zwischen den um ihn aus- gebreiteten Waaren vor der Thür des Hinterstübchens das oft vergoldet ist. Fast immer sieht man die arabischen Kaufleute mit der Pfeife im Munde und dem Rechenbuche (Def- ter) in der Hand, worin auch die geringste eingegangene Summe allsogleich eingetragen wird. Manche Buden sind durch Malereien verunziert, die „alla franca“ genannt werden, und in plumpen Darstellungen von fränkischen Schlössern die an Seen liegen, und geraden steifen Cypressen, wovon jede mit einem ein- zigen Pinselstriche gemalt wird, bestehen; alle Proportionen sind verfehlt und diese Landschaften werden den chinesischen Darstellungen ähnlich, welche letztere aber wenigstens den Vorzug der Originalität haben. Solche Zwitterdinge die nicht arabisch und nicht fränkisch sind, mögen vielleicht dem türkischen Geschmacke zusagen, widerstehen aber dem gebildeten Kunstsinne des Europäers. Wir kommen nun auf die Bevölkerung der Bazare zu sprechen, d. i. die Leute, welche man beständig auf den Bazaren trifft, und die daselbst ihr tägliches Brod gewinnen. Vor allem müssen wir der Wasser- träger oder Sakká erwähnen. Da in Damascus an allen Ecken und Enden der Strassen Quellen sind, so würde das Geschäft Wasser zu verkaufen wohl keines der einträglichsten sein; es verkaufen desshalb die damascener Wasserträger Scherbete und andere kühlende Getränke. Das beliebteste ist ein Absud von schwarzen Rosinen, der im Sommer sehr kühlend ist, oder ein Absud der Wurzel Araksüs. Diese Getränke trägt der Sakká entweder in einem Schlauche der aus Ziegenfell bereitet ist, oder in einer Glasflasche, deren Hals er mit einem Stück Schnee verstopft, um das Getränke kühl zu erhalten; in der Hand trägt er zwei messingene Schalen, Täsa genannt, oder zwei Becher aus Porzellan (Zebdije) mit welchen er stets klap- pert um die Durstigen aufmerksam zu machen, dabei ruft er: Sebil Alläh ja Atschänin: Ein frommes Werk, o Durstige! oder Beredá jäAtschän: Kaltes, o Durstiger! Will er einschenken, so drückt er mit dem lin- ken Arm den Schlauch den er an einem Riemen trägt, das Getränke spritzt dann aus der messingenen Pipe heraus, und er fängt es mit der in der rechten Hand gehaltenen Schale auf. Nach diesen Getränkeverkäufern kommen die Verkäufer von Süssigkeiten Haläwät; dieser Süssigkei- ten gibt es sehr viele verschiedene Arten, wir zählen nur hier deren vorzüglichste auf: Kunäfe ist das Lieb- lingsgericht der Damascener; es ist dies ein zäher Kuchen aus Zucker, Dibs und Mehl bereitet, der vom gemeinen Volke in grossen Massen als Frühstück mit Brod verzehrt wird; dann Kataif, eine Art süsser Nudeln; Mamüle, Kuchen aus Butterteig u. s. w.; ausserdem sieht man auf den Bazaren in allen Ecken Leute stehen, die eine Art aus Mehl, Zucker, Stärkmehl (Nescha) und Dibs (d.i. dick eingesottenem Rosinensaft) verfertigte Sulze „Balüde“ verkaufen; eine andere Art Sulze wird aus Sahne, Zucker und Pistazien bereitet, und heisst: Kischk-el-Fukarä, d. i. Sulze der Armen (per ironiam) desshalb, weil sie theuerer als die anderen Gattungen ist; auf dem Bazare kostet ein ziemlich grosses Stück davon 5 Para. Man weiss diesen Sulzen alle Farben zu geben, als rosenfarb, blau, gelb, u. s. w. Die Sulzen werden auf grossen blecher- nen Platten, die Sinje º- heissen, ausgelegt, und auf leicht tragbaren aus Rohr verfertigten Tischchen herum getragen. So gehen diese Sulzverkäufer von Bazar zu Bazar und gewinnen auf diese Art jeden Tag a* 4 A. v. Kremer. zwischen 5–10 Piaster, was zu ihrem Unterhalte bei weitem hinreicht. In allen Ecken der Bazare sieht man Leute sitzen, die gedörrte Feigen (Tin jäbis) oder gepresste Datteln, Adschwe genannt, d. i. Dattel- brod, verkaufen, die Occa Feigen zu 10 Para, die Occa Datteln zu 15–20 Para. Noch sind die Ver- käufer von Zwieback nicht zu vergessen, die alle möglichen Gattungen von „Kak“ CA d. i. rundem Zwieback verkaufen, welche in ganz Syrien sehr beliebt sind, und eine gesunde Nahrung bieten; besonders auf längeren Reisen sehr anzuempfehlen, da sie sich gut aufbewahren lassen. Auf den Bazaren treiben sich noch Pfeifenputzer (Musellikäti) und Pfeifenanzünder herum, eine dem Oriente ganz eigene Profession, die wir ungeachtet aller Theilung der Arbeit noch nicht in Europa haben; ein Pfeifenputzer ist mit langen Drathstäben versehen, mit denen er die Pfeifenröhren reinigt, während ein anderer in einem eisernen Behälter stets glühende Kohlen herumträgt, um damit die Wasserpfeifen anzu- zünden; man gibt ihm den Tombak für die Wasserpfeife, er wäscht ihn, bereitet ihn zu, zündet die Pfeife und raucht sie an, er erhält für alles das nicht mehr als einen Para; beide gewinnen so während des Tages einige Para, von denen sie leben. Einen nicht unbedeutenden Theil der Bazarbevölkerung machen die Derwische aus, worunter sich die Mewlewi jedem der in Konstantinopel war, durch ihre weissen konischen Filzmützen zu erkennen geben; dann die Scheiche oder Wahnsinnigen die besonders von den Orientalen als Heilige verehrt werden, weil sie glauben, ihr irdischer Blick sei getrübt durch die innere überirdische Anschauung Gottes, welcher sie theilhaftig werden; diese sieht man oft ganz nackt, kaum mit einer über die Schultern geworfenen groben Decke verhüllt durch die Strassen wandern, andere sind fantastisch mit bunten Mützen und aus alten Eisenstücken improvisirten Harnischen bekleidet, und mit Keulen, Äxten, Lanzen bewaffnet. Wie unpassend es ist, solchen Wahnsinnigen noch Waffen in die Hand zu geben, dafür mag Folgendes einen Beweis lie- fern: Einer dieser in Damascus herumlaufenden Wahnsinnigen war mit einer eisernen Keule bewaffnet, und hatte die Manie, alle Leute die ihm unterkamen mit dieser Keule auf der Stirn zu berühren, was sich auch das abergläubische Volk in Damascus gern gefallen liess; in einem Anfalle von, wie es scheint, göttlicher Begeisterung, hieb aber einmal der Wahnsinnige etwas zu stark zu, so dass der Mann dem er seinen Segen ertheilen wollte, auf der Stelle todt blieb. Viele dieser Irrsinnigen sind wirklich gefährlich; anstatt sie aber in ein Narrenhaus zu sperren, lässt man sie frei herumgehen. So ist ein gewisser Scheich-ed-Dennes d. i. der Schmutzige US-M immer auf dem Bazar der Sämereihändler zu sehen, er ist ganz nackt, nur manchmal trägt er eine wollene Kotze; er hat die Manie auf allen Eseln reiten zu wollen. Wenn nun die Bauern ihre mit Holz beladenen Esel aus den Dörfern in die Stadt herein treiben, wirft er die Holzladung herab, setzt sich auf den Esel und reitet fort, der Bauer aber rennt nach und ruft: Bärek, bärek, d. i. segne mich, oder, ertheile mir deinen Segen! worauf jener dem Bauer die Hand auf den Kopf legt und ihm ins Gesicht bläst. Der Bauer ist darüber ganz glücklich, und sagt: Nehári abjad , d. i. mein Tag ist ein glücklicher. Unter diesen Irrsinnigen gibt es viele Betrüger die, zu faul zu arbeiten, sich die Bettler-Profession als die bequemste wählen; ein grober Rock, eine oben zugespitzte alte Derwisch- mütze und das Keschkül, JLXS. die Bettlerschale, in der er die Almosen sammelt, machen seinen Anzug aus, so geht er durch die Bazare und Strassen und dies reicht hin, um ihn in den Ruf der Heiligkeit zu bringen. Wenn man den Mohammedanern bemerkt, dass viele unter den Derwischen Betrüger sein könnten, antworten sie blos: el-Insän-la-jaref limen Alläh jati sirru, d. i. der Mensch weiss nicht, wem Gott sein Geheimniss verleiht, d. i. wem Gott sich zu erkennen gibt und offenbart. Eigentliche Bettler findet man aber dessen ungeachtet auf den Bazaren von Damascus nicht viel mehr als in einer grossen europäischen Stadt, was in der Billigkeit des Lebens und der Leichtigkeit des Erwerbes seine Ursache haben mag; hin- gegen ist man auf dem Lande in jedem Dorfe sicher von dem nächsten besten Jungen oder Greis, dem Topographie von Damascus. 1 5 man begegnet, um ein Almosen angesprochen zu werden, weil sie zum Betteln blos Gewinnsucht treibt, da sie hoffen, von dem unklugen Fremden leicht ein Stück Geld bekommen zu können. Wir schreiten nun zur Beschreibung der vorzüglichsten Bazare der Stadt. Vom Thore der Stadt Bäb- el-Dschäbije erstreckt sich ein langer gerader Bazar mit wenigen Unterbrechungen bis zum Thore Bäb- esch-Scherk der ganzen Länge der geraden Strasse (via recta) entlang; dieser Bazar hat jedoch nach sei- nen verschiedenen Theilen verschiedene Namen. Der vom Thore Bäb-el-Dschäbije bis zum grossen Chan des Soleiman Päschä sich erstreckende Theil desselben heisst „Sük-Dschama“ d. i. in der Damascener Aussprache, eigentlich Suk Dschakmak von einem sogenannten Stadthalter von Damascus, der den auf diesen Bazar befindlichen Chan Dschakmak erbaute, hier werden Tücher, Seidenzeuge, Shawls, Spezereien, Seiler- arbeiten, Beduinenmäntel, Posamentierarbeiten, Teppiche und so weiter verkauft; auf diesem Markt treibt sich stets die grösste Volksmenge herum, so dass man oft nur mit Mühe durchschreiten kann. Buden mit den verschiedensten Waaren gefüllt, folgen in bunter Abwechslung auf einander, Buden der Kräutler, wo in glä– sernen Gefässen, oder in grossen Töpfen alten chinesischen Porzellans alle Arten von Kräutern, Sämereien, Sandelholz, Aloeholz, Ambra, Moschus u. s. w. geordnet sind; zwischen diesen verschiedenartigen Waaren hängen bemalte Wachskerzen, Fänüs d.i. Lampen von bemaltem Papier, Kokosnüsse, Kränze gedörrter Feigen, grosse goldgelbe Cetrate (Kebbäd) auf das Geschmackvollste angeordnet; in anderen Buden sieht man die herrlichsten Seidenzeuge, bunte, roth und gelbgestreifte Kopftücher für Beduinen, weiss und schwarz gestreifte Beduinenmäntel, Abáje genannt, himmelblaue, hellbraune oder rothe mit Gold eingewirkte für reiche Leute, daneben Buden mit rothen Kappen, Tarbüsch, wovon die für die Weiber bestimmten oben noch reich mit Gold verziert sind; gleich daneben sind die Producte europäischer Industrie in Massen zierlich angeord– net, Leinwandstoffe aus dem fernen Amerika, blaue, rosenrothe Organtine, Musseline, Schleier aus schwei- zerischen Fabriken, gewirkte Strümpfe und Handschuhe, so wie Shawle aus Kaschmir, gleich daneben Sammtstücke aus Choräsän und Persien in höchster Farbenpracht; es ist ein solcher Bazar einer grossen orientalischen Stadt eine permanente Industrie-Ausstellung aller Völker. Gleich am Thore Bäb-el-Dschäbije ist der hübsche Chán-el-Murädnije, so genannt, weil er der reichen Familie Murädi angehört; dieser Chan hat im Hofraume eine im ersten Stockwerke herumlaufende Galerie: der Hof ist ganz mit Holzstämmen überdeckt, die auf über den Hof gespannten steinernen Bogen ruhen. Auf diesen folgt der schöne und geräumige Chän-ez-Zeit, d. i. der Chan des Öhls, so genannt, weil alles Öhl das nach Damascus kommt, in diesen Chan gebracht und daselbst verzollt werden muss. Dieser Chan nimmt sich mit den um den Hofraum zu ebener Erde und oben im ersten Stockwerke herumlaufenden gewölbten Gängen recht hübsch aus. Etwas weiter hinauf folgt der Chän-Dschakmak, ein kleiner Chan, von dem, wie gesagt, der ganze Bazar seinen Namen erhalten hat. Auf diesen Chan folgt der Chan des Soleiman Pascha, der nach dem des Asad Pascha der schönste von ganz Damascus ist; er ist eben so wie der Chan des Asad Pascha mit abwechselnden horizontalen Lagen schwarzer und weisser Steine bekleidet, und der ganze Hofraum ist überwölbt mit zwei Kuppeln, wovon die erstere etwas kleiner als die zweite. Im ersten Stocke laufen rings um den Hof, in dessen Mitte ein grosses Wasserbecken ist, Galerien. Die Bogen welche die Kuppeln tragen sind fast noch kühner gespannt als im Chan des Asad Pascha. Am Ende dieses Bazares liegt der Chän-el-Hamäsne, d. i. Chan der Leute aus Homs; ausserdem sind in diesem Bazare noch mehrere öffentliche Bäder die mit grosser Eleganz ausgestattet sind, worunter sich beson- ders das ganz nahe am Chän-el-Hamäs'ne gelegene Bad Hammäm-el-Misk, d. i. das Moschusbad, auszeichnet; hier sind noch überdies drei Schreibschulen für Kinder. An diesen Bazar schliesst sich etwas weiter ober dem Chan des Soleiman Pascha der Bazar der Schach- telmacher Sük-el-Ö'lebije an, der achtzig Schritte lang ist. Durch einen kühn gespannten alten Bogen betritt man den Bazar Mädenet-esch-Schahm, wo Victualien verkauft werden; daran schliesst sich dann der 6 A. v. Kremer. Markt Taht-el-Kanätir an, dann folgt ein Theil der geraden Strasse, der Sük-el-Ahad heisst, auf diesen der Derb-es-Sultäni, dann die Quelle Täli-el-Fudda, d. i. Silberquelle, mit dem darnach benannten Theil der Strasse „Tali-Ubbe“ (E Sºe) d. i. Quelle der Kuppel, weil diese Wasserleitung mit einer niederen Kuppel überwölbt ist, hierauf kommt der Theil der geraden Strasse, der Charäb heisst, von wo an bis zum Thore Bäb-esch-Scherki die Strasse Derb-esch-Scherk genannt wird. So sind alle diese verschiedenen Namen nur für die einzige gerade Strasse *) „via recta“ da, welche nach ihren verschiedenen Theilen ver- schiedene Namen führt. Da wo der Markt der Ö'lebije, der so eben genannt wurde, sich an den Markt Sük-Dschakmak anschliesst, läuft der Markt der Kräutler Sük-el-Buzürije geradwinklig von Sük-Dschakmak aus, während demselben gegenüber sich die Buden befinden, wo die herrlichen damascener Seidenzeuge, Brokate, wegen welcher Damascus ehemals berühmt war, durch die einfache Manipulation des Schlagens mit einem schweren hölzernen Klöpfel geglättet und geglänzt werden. Auf den Markt der Kräutler folgen in bunter Abwechs- lung die Buden der Confiturenverkäufer und Sämereihändler, ihre Buden sind alle mit kleinen Spiégelchen eingelegt, mit Vergoldungen und bunter Malerei geziert; hier werden alle Arten feiner Süssigkeiten die in Damascus köstlicher als in anderen morgenländischen Städten bereitet werden, verkauft, als mit Zucker über- kandirte Cetrate (Murabba-l-Kebbád), Weichselsulze, eingemachte Kirschen, Quittäpfel, Veilchen, Pistacien, Datteln aus Baghdäd und Mekke, Feigen aus Haleb, Kokosnüsse, Rosenzucker, Bonbons aller Arten, Speze- reien, Dufthölzer, alles das ist in jeder Bude aufs Netteste zur Schau ausgelegt und aufs Zierlichste ange- ordnet. Diesen Bazar ziert noch überdies der Chan des Asad Pascha, dessen Beschreibung wir schon früher gegeben haben. Letztgenanntem Chane gegenüber liegt der kleine Chán-el-Amüd, d. i. der Chan der Säule, dessen Hofraum mit einer Kuppel überwölbt ist, und in dessen zweitem kleineren Hofe sich das Gewölbe auf eine alte Säule stützt, von welcher der ganze Chan den Namen erhielt. Weiter hinab ist der Chán-es- Sawwäf, d. i. des Wollverkäufers, auf den das Meh'keme oder Ortsgericht folgt. Neben diesem ist der kleine Chan des Wollverkäufers Chän-es-Sawwäf-es-Saghir. Neben dem Chán-es-Sawwäf steht eine kleine Moschee, deren schöne aus Quadern erbaute Halle, jetzt als Mehkeme, d. i. als Gerichtshof benützt wird. Das Thor ist in schönem altarabischen Style mit Tropfsteinverzierungen erbaut, ganz aus massiven Steinen; im Innern der Halle ist ein viereckiges Wasserbecken. Im Hintergrunde dieser Halle ist der Boden um einen Schuh erhöht und hier sitzen auf untergebreiteten Matten und Teppichen die Richter. An diese Meh'keme stösst das, wie man sagt, herrlich eingerichtete Haus des Asad Pascha, des Stifters des nach ihm benannten Chans, das jetzt von seinen Söhnen bewohnt wird. Gegenüber dem Chan-es-Sawwäf-es-Saghir ist eine wie es scheint erst neuerlich erbaute Fontaine an der Mauer angebracht und neben dieser eine Capelle, deren Inneres ganz unbedeutend ist, die aber desshalb erwähnt zu werden verdient, weil im inneren, von der Gasse aus nicht sichtbaren Hofraume des Gebäudes sich das Grab des berühmten Sultans Kiläün-el- Elf befindet*). Nördlich und südlich vom Chan des Asad Pascha laufen Strassen längs der Mauer des Chans hin; auf der südlichen Seite ist die Warräka oder Sük-el-Warräkin, wo Papier verkauft wird; da aber auf diesem Bazar auch alle Arten Hülsenfrüchte und getrocknete Früchte so wie Reis und dgl. feil geboten werden, so wird auch dieser Bazar Sük-er-Ruzz, d. i. Reismarkt, genannt, es sind daselbst die bei- den Chane in denen diese Früchte aufgespeichert werden, Chán-er-Ruzz genannt, der grössere und der kleinere. In der Strasse die auf der nördlichen Seite des Chans des Asad Pascha hinläuft, ist eine Medrese, deren Bauart der besseren Zeit entspricht, die aber jetzt in ein Privathaus verwandelt worden ist. Das Thor ist mit schönen Tropfsteinbildungen gebaut und trägt folgende Inschrift: 1) Evangelium, Acta Apostol. caput IX, 11. *) Herrschte von 1279–1290 (d. H. 678–689). Topographie von Damascus. 7 º, 2 OW -9») - - - - - WG-) WF --- Cº-Ä Ä) - sº- -- A ÖV - S - D - B & D S. z ºº & B sº - C -------- - wo uns der Name des Erbauers Aidemir-el-Muni *) hinreichenden Aufschluss über die Zeit der Erbauung gibt. Oberhalb dieser Medrese ist eine Torbe, d.i. ein Grabgebäude, das jetzt ganz verlassen und dem Ver- falle nahe ist; es ist aus gut behauenen Quadersteinen erbaut, eben so wie die so eben beschriebene Aide- mirische Medrese, und trägt folgende schöne Inschrift ober dem Fensterbalken in den Stein gehauen: J. eb- -, G- »e - G- (sie) es MV- - J.- º. - Jº G- AV- ------ -- Jº-Jº- u-, - - - - - - - J*, zu deutsch: Dies ist das uns bestimmte Haus, Das nur allein für ewig steht, Stets im Gedächtniss wahre, dass Bald seine Pforte Dir aufgeht; Drum handle fromm, denn fromme That Ist bess'rer Trost als Freundes Red'. Auf dem Balken ober dem zweiten Fenster steht ebenfalls in verschlungenen Neschi-Zügen: ------- 2WA-O - JG " -> " - GS“ G 9- - - Gº –- aºs - - - - - Gese» - -- -- - zu deutsch: Es sprach der grosse Emir, der Glaubenskämpe, der Glückselige, der für den Glauben verstorbene Seif-ed-Din-Ebu-l-Dscheisch Ali Ibn Kilidsch, Ibn Abd-Allah, dessen Gott sich erbarme, der gepriesen sei: „es ist dies ein frommer Rath“ und er befahl, dass derselbe nach seinem Tode auf sein Grabmal geschrieben werde. Der Markt der Kräutler oder Sük-el-Buzürije (ag., M G3.) hiess ehemals Sük-el-Kamh (S*) d. i. Getreidemarkt, unter welchem Namen er auch in I'lmewis topographischem Werke über Damascus vor- kommt; an diesen Bazar schliesst sich der Sük-es-Siläh, d. i. Waffenmarkt, an, jetzt aber Sük-et-Tütun, d.i. Tabakmarkt, genannt, weil daselbst vor allem Tabak und Tombak verkauft werden, auch sind daselbst Buden mit Kleinwaaren und einige in denen Leinzeug verkauft wird. Hier ist der Chán-et-Tütun, der sich durch nichts besonderes von den übrigen Chanen von Damascus auszeichnet; ein zweiter kleinerer und auf diesem Bazare befindlicher Chán heisst Chan-el-Moradnije; zu Ende dieses Bazars führt der Weg durch zwei kleine alterthümlich aussehende gewölbte Thore auf den Markt der Schuster, Sük-es-Surmajätije, den wir später beschreiben werden, während wir jetzt auf den an den Tabakmarkt stossenden Sük-el-Harir, d. i. Seidenmarkt, übergehen. ) Deutsche Übersetzung: "» Im Namen Gottes des Allbarmherzigen, Allmilden. Es befahl den Bau. dieser Medrese, der gesegneten, und stiftete sie für den Koran, den siegreichen, und die schafiitischen Rechtsgelehrten . . . . . . . . . durch Bemühung des Emires Aidemir-el-Muini. *) Starb im Jahre 667 nach I'lmewi. Siehe mein Mittel-Syrien und Damascus, S. 79. 8 - - A. v. Kremer. Es ist auf diesem Bazar eine alte Medrese von solidem Bau, die jetzt mit offenbar neu erfundenen Namen Medreset-Sük-el-Harir, d. i. Medrese vom Seidenmarkt genannt wird. Auf diesem Markte ist der schöne grosse Chán-el-Harir, wo alle Seide aufgespeichert wird, zugleich der einzige Chan von Damascus, der im Style der grossen Chane von Haleb erbaut ist; um einen grossen länglich-viereckigen Hofraum her- um laufen gewölbte Gänge und im ersten Stockwerke offene Corridore, hinter welchen die Magazine sind. Der Hofraum ist nicht überwölbt, wie bei den anderen Chanen von Damascus, weil dies schon bei dessen Räumigkeit ein eben so schwieriges als zweckloses Unternehmen, da es im Sommer fast nie regnet und die Waaren im offenen Hofraume eben so gut als in einem überwölbten untergebracht sind, im Winter aber sowohl in den Magazinen als unter den gewölbten Gängen Raum genug ist, wo die Waaren vor dem Unfug des Wetters geschützt werden können. Gegenüber diesem Chän-el-Harir befindet sich eine kleine Halle die gegen den Chan hin offen und auf eine Säule von rothem Marmor gestützt ist, in welcher die Seide unter gerichtlicher Aufsicht abgewogen wird. Auf diesem Bazare sind die meisten Buden mit europäischen Fabricaten und Kleinwaaren versehen, als: Nürnberger Compassen, kleinen Taschenspiegeln, plattirten Leuchtern, Essbestecken, dann Handschuhen und Strümpfen aus Wolle, die in Kaschmir oder wie richtiger ist, in Kurdistan gewoben werden, und gegen Kälte sehr gut schützen, und dergleichen Gegenständen; daselbst sind noch verschiedene Buden, wo nichts als die Art Zwieback, die Kalk heisst, verkauft wird. – An diesen Bazar schliessen sich der Sük-Bäb-el- Berid an, der am Thore der grossen Moschee Bäb-el-Berid, dem Thore des Boten vorbei führt; auf diesem Bazar werden Kleiderstoffe für Frauen, Foularde, Leinwandwaaren, gestickte Sommerzeuge, Seidenzeuge, „Alädsche“ genannt, so wie eine grosse Anzahl von Zeugen und Waaren verkauft, die sich gleich auf den ersten Anblick durch ein englisches Fabrikszeichen als europäische Fabricate zu erkennen geben. Dieser Bazar läuft in gerader Linie fort und führt zum „Bäb-el-Berid“ genannten Thore der grossen Mosche, wo über den Bazar vor dem Thore eine hohe Kuppel kühn gewölbt ist, die Kubbet-Bäb-el-Berid heisst, auf deren vier inneren Seiten folgende Inschriften stehen: - aW --- &--- >»- g JX L Was Gott Will ! Sporne Deines Rosses Flanken von Damascus fort, Denn es fügen kühne Löwen sich gehorchend ihrem Wort. aW) - –M - * - - - - - - - Cº- G Gd G . Sa - –) - –- wº Auf Gott vertraue ich ! Sollte zwischen Dschabije und Berid's Thor untergeh'n Ein Mond – tausend sind's, die für ihn neu ersteh'n. aW J2-3 X-2 a. M. a) à-82 – alW U° J$ Gua * * CS - - - Es ist kein Gott ausser Gott und Mohammed ist sein Prophet! Jeder, den Du siehst des Weges ziehen, klagt und spricht: O dass ich doch wüsste, wer beherrscht dies Land voll Licht! Topographie von Damascus. 9 Es ist diese Inschrift mit schönen Neschizügen und mit schwarzer Farbe geschrieben; das Alter derselben kann daher höchstens fünf bis sechs Jahrhunderte betragen. Unter dem Volke von Damascus geht die Sage, ein König von Damascus habe mit diesen stolzen Worten dem Feinde der die Stadt zu belagern kam, geantwortet. - Unter dieser Kuppel theilt sich der Bazar in zwei Arme, der eine läuft gerade fort und führt zum Grabe des Königs Melik-ed-Dähir Beibers, der zweite wendet sich westlich und führt auf den Markt der Asrünje heisst. Gleich neben dieser Kuppel steht der schöne Chán-el-Moradnije der eben so wie die bereits vorher angeführten gleichnamigen, der wohlhabenden Kaufherrnfamilie Morádi angehört. Gleich am Anfange des Marktes Sük-Bäb-el-Berid ist eines der schönsten öffentlichen Bäder von Damascus, das in der Sprachweise der Damascener Hammám-el-äschäni genannt wird, eigentlich aber Hammám-el-Käschäni heisst, von einer Art feiner Erde die aus Käschän gebracht und in den Bädern zum Reiben der Haut gebraucht wird, um dadurch den Schmutz von derselben zu entfernen“). 4. Dieses schöne Bad ist geschmackvoll mit Arabeskenmalereien ausgeschmückt und die Wände sind noch überdies durch eingelegte glasirte Ziegel verziert“). Der Boden ist aus farbigen Marmorstücken mosaik- artig zusammengesetzt, während aus einem Becken von gleichem Stoff in der Mitte des Badzimmers das Wasser in einem beständigen Springbrunnen emporspringt, daneben stehen auf einem Gestelle in Reihen Wasserpfeifen in glänzenden Messingbeschlägen. Knaben auf hohen Stelzschuhen einherschreitend bedienen die Badegäste die, nachdem sie die Feuerprobe des Knochenknackens, Abscheuerns und der heissesten Schwitzstube überstanden haben, in behaglicher Ruhe bis ans Kinn in weisse Tücher eingehüllt auf langen Ruhebetten der Länge nach ausgestreckt liegen, dabei ihren Kaffee schlürfen und ihre Wasserpfeifen rau- chen, was alles zusammen nur zwanzig Para, d. i. 2% Kreuzer in unserem Gelde, kostet. In den Bädern von Haleb bedient man sich statt der obengenannten Erdart eines gelben Steines der Beilüni genannt wird; es wird mit diesem Steine besonders die harte Haut an den Fussohlen gerieben. Auf diesem Bazare sind vier Chane: der Chán-el-Gumruk oder das Mauthhaus, ist aus weissen und schwarzen Steinlagen aufgebaut, länglicher Form und der Hofraum von vier auf einander folgenden Kup- peln überwölbt; auf jeder Seite des Hofraumes sind Nischen die bei zwei Klafter hoch, zwei und eine halbe Klafter tief, so wie ein und eine halbe Klafter breit sind, wo die Waarenballen aufgeschichtet und die Lastthiere angebunden werden. - Der zweite Chan ist der kleine des Scheichs von Katana, so nach dem nahe bei Damascus gelegenen Dorfe Katana genannt. Der dritte Chan ist der grosse des Scheichs von Katana zur linken Hand, wenn man den Bazar zum Thore Bäb-el-Berid hinaufgeht; ganz unbedeutend ist der sogenannte Chán-el-Haremein. Dieser Bazar führt auf den Markt Asrünije durch das Thor Bäb-en-Nasr, es hat dieser Markt seinen Namen von der daselbst befindlichen Medreset-el-Asrünije, welche wieder so benannt ward nach ihrem Stifter, dem berühmten Rechtsgelehrten Scheref-ed-Din Ibn Ebi Asrün, geboren in Mosul im Jahre 493, dessen Grab auch daselbst ist. Dieser Bazar ist einer der zierlichsten von Damascus, es werden daselbst besonders Wohlgerüche, Kleinwaaren (Churde genannt) verkauft, als Spiegel, Leuchter, Rosenkränze von Korallen, Achat, Carneol und Sandelholz, kleine Glasgefässe, Flaschen für Wasserpfeifen, Pfeifendeckel aus Messingdrath und dgl. mehr. Unter den Inhabern der Buden bemerkte ich hier viele Mewlewi-Derwische, die also ungeachtet ihrer Versunkenheit in göttliche Liebe, dennoch auch auf irdischen Gewinn zu fahnden scheinen. - *) Siehe im geographischen Wörterbuche Merasid-el-Ittila den Artikel: Käschän. *) Fabriken solcher persischer Fayence waren vor Alters in Isnik. Geschichte des osmanischen Reiches von J. v. Hammer, Zweite Ausgabe Bd. I, pag. 107. Denkschriften der philos.-histor. C. VI. Bd. Abhandl. v. Nichtmitgl. b 1 0 A. v. Krem er. Vor diesem Markte breitet sich ein Platz oder vielmehr eine sehr breite Strasse aus, die links hinab zum Neumarkt Sük-el-Dschedid führt, während zur Rechten das Schloss von Damascus liegt: daher heisst auch dieser Platz Taht-el-Kala'; hier müssen wir, bevor wir zur Beschreibung der um das Schloss herum sich verzweigenden Bazare übergehen, anhalten, um die Schilderung der bisher genannten Bazare zu ver- vollständigen und deren sämmtliche Verzweigungen anzugeben. Der Bazar welcher den Sük-Bäb-el-Berid mit dem Sük-Dschakmak in Verbindung setzt, heisst Sük-el- Chajjätin, d. i. Markt der Schneider, oder auch Sük-el-Dschüchije, d. i. der Tuchhändler. Auf diesem Markte, wo auch die Kürschner ihre Buden haben, macht sich besonders der schöne Chän-el-Kumäsch und das Bad Hammäm-el-Chajjátin bemerkbar. “ Wir haben jetzt noch den Bazar der Schuster, den wir bei der Schilderung des Marktes Sük-es-Siläh übergingen, zu beschreiben. Es erstreckt sich dieser Markt der Schuster von dem darnach benannten Thore der grossen Moschee, dem Thore Bäb-es-Surmájatije, unter den Säulengängen vor diesem Thore hin; es ist da in den Buden der Schuster eine unendliche Auswahl von Schnabelschuhen aus rothem Leder, Tasüma genannt, oder hohen Schnabelstiefeln, wie man sie beim Reiten braucht „Dschizme“, oder gelben Pantof- feln (Bäbüdsch) oder endlich Unterschuhen aus dünnem, gelbem Leder, „Mezd“ auf arabisch, Labdschin auf türkisch genannt. Es zieht sich dieser Markt der Schuster vom so eben genannten Thore der Moschee an der westlichen Mauer derselben bis zum Thore des Boten hinab, während vom Thore der Schuster an der Bazar Sük-el-Kabäkibije sich bis zum Thore Bäb-en-Naufara erstreckt, in gerader Richtung an der südlichen Mauer der Moschee hinabziehend. Dieser Bazar ist ganz gewölbt und Eigenthum der Moschee, es fliesst also das aus der Miethe der Buden erwachsende Einkommen in die Casse derselben. Auf diesem Bazar sind die Buden der Tischler; es beschäftigen sich diese vorzüglich mit Verfertigung der hohen Stelz- schuhe, auf denen die Araberinnen zu Hause herumgehen, und die den Zweck haben, das Nachschleppen ihrer übermässig langen Gewänder zu verhindern, es werden diese Stelzschuhe, auf arabisch (-55) Kabkäb nach dem klappernden Tone genannt, aus Cypressenholz geschnitzt und zur Zierde mit Perlmutter und Elfen- bein eingelegt. Spiegel, kleine Tischchen, ebenso verziert, werden hier in Menge gearbeitet, dann aber auch noch vorzüglich Truhen aus Cypressenholz, in welchen die Mitgift der Braut übergeben wird; jedes Mäd- chen bekommt bei ihrer Verheirathung eine solche Truhe „Sandük“, die meistens mit Holzschnitzwerk nett verziert ist, als einen wesentlichen Bestandtheil der Ausstattung, die Dschiház (J.-) heisst, in das Haus ihres Mannes mit. Neben diesem Bazare liegt der Markt der Goldschmiede, „Sägha“ genannt, eine abge- sonderte, geschlossene Halle, deren Dach von mehreren alten Säulen getragen, zur Nachtzeit abgesperrt wird; es war diese Halle ehemals ein Magazin der grossen Moschee, wo das zur Erleuchtung derselben nothwendige Öl so wie die Wachskerzen aufbewahrt wurden. Auf diesem Bazar ist für den Fremden beinahe gar nichts zu sehen; da die Goldschmiede die meistens Christen sind, all ihr Hab und Gut in höl- zernen Truhen die vor ihnen stehen, geborgen haben, so dass man beim ersten Besuche des Marktes der Goldschmiede fast gar nichts zu sehen bekommt; erst wenn man mehr bekannt wird, sieht man oft schöne alte Steine und antike Münzen, für die aber die Besitzer übertriebene Preise verlangen, da sie, verdorben durch die reisenden Engländer, jede Antike, sei sie werthvoll oder nicht, als einen Schatz betrachten. Zur Nachtzeit werden die Thore dieses Bazars gesperrt, und es sind noch ausserdem Wächter bestellt; der immerhin nicht unbedeutende Werth der hier aufgehäuften Güter macht allerdings eine solche Vorsicht höchst nothwendig. Dieser Markt, eben so wie jener der Tischler und Schuster, ist Eigenthum der grossen Moschee. » Der Wollmarkt, Sük-el-Kutn, läuft neben dem Sük-el-Dschakmak parallel mit diesem hin. Dieser Markt ist zu beiden Seiten mit Buden der Wollhändler eingefasst und mit steinernen Bögen überwölbt, auf denen die Holzdecke ruht. Die Baumwolle wird hier keineswegs nach der in Europa üblichen Weise Topographie von Damascus. 1 gekrämpelt; an einem Bogen aus elastischem Holze ist eine starke Darmsaite gespannt und mit dieser wird die Wolle geschlagen und so viel besser gereinigt, als mit einer Krämpelbank. Der Bogen heisst Kaus (US) und die Leute welche mit diesem Bogen die Wolle schlagen, Kawwäsin, woraus im Damascener Dialekte Chawwäsin geworden ist, wonach die ganze Gasse Mahallet-el-Cháwwas in heisst. Auf diesem Markte sind auch Tuchdrucker die auf wollene Zeuge mit freier Hand mittelst metallener Stempel ver- schiedene Zierathen abdrucken. Es mündet dieser Bazar einige Schritte vor dem Thore Bäb-el-Dschäbije in den Markt Sük-Dschakmak'; von bedeutenden Gebäuden ist auf diesem Markte gar nichts zu bemerken, als ein alter solid gebauter Minaret, der Madenet-Sitt-esch-Schäm genannt wird; hier ist auch das schlechte Grabgebäude eines Scheichs, dessen Name Scheich-el-Tscherkes ist und der als Heiliger und gleichsam Schutzpatron der Wollkrämpler verehrt wird. Eines anderen Marktes, des Sük-el-Kädi, müssen wir nun erwähnen, der auch Kaimerjie genannt wird; letzteren Namen erhielt der Markt von der schönen Moschee Kaimerjie, die daselbst steht. Es liegt dieser Bazar nördlich vom Sük-Madenet-esch-Schahm und Sük-el-Ahad; er läuft parallel mit letzterem; es sind auf diesem Markte nur Buden von Victualienhändlern und Webern; der untere Theil desselben ist ganz überwölbt, und die kühne Spannung der Gewölbe verdient Beachtung. Die Medreset-el-Kaimerije ist ein Gebäude mittlerer Grösse, mit steingepflastertem Hofe, in dessen Mitte ein Wasserbecken sich befin– det; um den Hof herum laufen auf allen Seiten Säulengänge und im ersten Stocke gegen den Hof hin, offene Corridore. Die Medrese hat zwei schöne Säulen die das innere Portal tragen, und zwei Eckpfeiler; je zwei Säulen dienen einer kleinen Kuppel zur Stütze, so dass die der Gasse Zugekehrte Fronte des Gebäu- des drei Kuppeln hat. Die Wände des Gebäudes sind roth, blau und weiss bemalt. Nicht weit von diesem Gebäude ist eine alte elend gebaute Medrese, jetzt von maghrebinischen Flüchtlingen bewohnt, die daselbst, von Almosen sich nähernd, ein faules Leben führen. Wir haben jetzt nur noch Weniges über die Bazare zu sagen, die sich an den Thoren Bäb Tümä, Bäb-esch-scherki und Bäb-esch-Schäghür befinden: es sind dies Märkte, wo blos Victualien verkauft wer- den oder ansässige Handwerker, als Weber, Tischler, Zinnlöther u. s. w. ihre Buden haben“). Es umfassen die eben genannten Bazare auch das christliche und jüdische Viertel; da dieselben sich aber durch gar kein bedeutenderes Bauwerk auszeichnen und die Klöster und Kirchen der Christen, so wie die Synagoge der Juden in meinem „Mittelsyrien und Damascus“ S. 237, 48, ihre Besprechung gefunden haben, so wer- den sie hier füglich nicht weiter angeführt; unter den zum Verkauf ausgebotenen Lebensmitteln finden den grössten Absatz: Fleisch, und zwar blos Hammelfleisch, Früchte, Gemüse, und vor allen „Leben“, d. i. saure Milch, Käse, Süssigkeiten. Im Winter werden auch gedörrte Fische verkauft, die aus dem Orontes und dem See von Tiberias kommen; denn die Flüsse von Damascus haben nur eine einzige Gattung kleiner geschmackloser Fische. Auffallend ist die grosse Masse von grösseren und kleineren, oft sehr schön gear- beiteten kupfernen und messingenen Gefässen, die man auf diesen Märkten sieht. Es sind diese Gefässe oft mit schön eingearbeiteten Inschriften, Sprüchen aus dem Koran, Arabesken verziert. Die grosse Mühe, welche die Verzierung eines solchen Gefässes kosten muss, beweiset allein, dass diese Gefässe ehemals blos in den besseren Ständen gebraucht werden konnten; bei der allmählichen Verarmung und Entvölkerung war aber eine so grosse Masse solcher Gefässe vorhanden, dass sie tief im Werthe sanken. Es werden diese Gefässe Dähirije, d. i. dahirische, genannt, und zwar desshalb, weil man behauptet, sie seien besonders zur Zeit des Königs Melik-ed-Dähir Beibers in der Mode gewesen, wo die Grossen ihr ganzes Hausservice aus solchen Gefässen hatten, wesshalb man noch häufig auf diesen Gefässen nebst frommen Sprüchen die Namen der ehemaligen Inhaber eingegraben findet; ausserdem liebten es die Orientalen noch desshalb auf ihren Gefässen Schriftzüge anzubringen, da sie den Buchstaben an und für sich eine talismanische Kraft beilegen, wie es auch bei Gebäuden bemerkt werden kann, wo Inschriften oft in solcher Höhe und auf solche b* 12 » - « - A. v. Krem er. Art angebracht sind, dass sie nicht gelesen werden können: wie zum Beispiele Inschriften die rings um einen Minaret herumlaufen. - - Dass die oben besprochenen Gefässe persischen Ursprunges sind, lässt sich nicht bezweifeln, auch werden solche Gefässe von den in Damascus ansässigen Schiiten mit grösster Sorgsamkeit als Familiengut vom Vater auf den Sohn vererbt und um keinen Preis verkauft. In Ägypten sind derlei Gefässe lange nicht so häufig. - Es ist jetzt der im Umfange der so eben beschriebenen Bazare gelegenen Gebäude Erwähnung zu thun; es sind besonders in dem so eben beschriebenen Theile der Stadt mehrere alte Medreseen, an denen auch noch zum Theile die ursprünglichen Inschriften erhalten sind, was unsere Aufmerksamkeit um so mehr ihnen zuwendet. In der Strasse die vom Markte Sük-Bäb-el-Berid auslaufend nördlich zum Grabe des Königs Melik- ed-Dähir Beibers führt, ist eine grosse Anzahl von alten Medreseen zu bemerken, von welchen jedoch keine mehr ihren ursprünglichen Zweck erfüllt, sondern die alle in Privatwohnungen umgewandelt worden sind; die einzige Medrese die als solche besteht, ist die neuere Medreset-el-Moradnije, die aber eben erst kürz- lich von einem Gliede der schon früher genannten Familie der Morädi gegründet und bestiftet worden ist. Auf diese folgt die alte Medreset-el-Ikbälije, die sich von Privathäusern blos dadurch unterscheidet, dass sie ganz aus Quadersteinen sehr fest erbaut ist; ihr Name ist jetzt den Bewohnern der Gasse selbst nicht mehr bekannt, nur durch das topographische Werk Ilmewis war ich im Stande den Namen dieser Medrese zu bestimmen, und es ist desshalb vom hohen Interesse die Localität dieser Medrese zu kennen, weil daselbt die beiden berühmtesten arabischen Biographen Ibn-Challikän und Nawawi lehrten und Vorlesungen hielten; der noch jetzt lesbare Theil der Inschrift ober dem Thore dieser Medrese lautet wie folgt: E- 2- JS - CA -a - - - - SWG-) WF º“ - ->> -- Gºº::::::: º C- A-M Cº- Im Namen Gottes des Allbarmherzigen, Allmilden. Es befahl die Erbauung dieser gesegneten Medrese der berühmte Dschemäl-ed-Daule, der Freigelassene der berühmten Frau Herrin, von Damascus . . . . . . starb im Jahre 603. «d Es folgen nun mehrere Medreseen die aber Privathäuser geworden sind, und wo man die Aufschriften abgerissen hat, damit die Medrese nicht als Staatseigenthum vom derzeitigen Besitzer zurückgefordert werde. Eine nicht unbedeutende Anzahl von Medreseen ist in dem Stadtviertel, das zwischen dem Bazar Sük – Bäb-el-Berid und dem Markte Sük-Dschakmak liegt. Die wichtigste dieser Medreseen ist die des Abdallah Pascha, die zwar neueren Ursprunges ist, indem sie von dem reichen und freigebigen Abdallah Pascha erst vor einem Jahrhunderte gestiftet wurde, aber desshalb besonders nähere Beachtung verdient, da sie die grösste öffentliche Bibliothek in Damascus enthält. Der Bau der Medrese ist sehr geschmackvoll und in der Anordnung dem der früher beschriebenen Kaimerije nicht unähnlich, nur hat diese Medrese zwei Stock- werke, während zwei offene Säulengänge über einander gebaut um den Hof herumlaufen. Die Medrese hat an Wakfen, d. i. Stiftungen, ein bedeutendes Einkommen. Da einer der daselhst lebenden Scheiche mir Freund war, so konnte ich mir genaue Kenntnisse über die Verhältnisse der Professoren verschaffen: eigentliche Vorlesungen über streng wissenschaftliche Gegenstände werden nicht gehalten, da es an fähigen Lehrern fehlt; es lernen nur kleine Knaben daselbst den Koran lesen und schreiben; mein Scheich hielt ausserdem noch Vorlesungen über mohammedanisches Erbrecht und türkische Sprache. Es sind aber diese Professoren keineswegs dort angestellt, sondcrn arme Gelehrte erhalten in der Medrese zu Folge einer Verfügung des Stifters freie Wohnung, wogegen sie verpflichtet sind alle Freitage am Grabe des Stifters Topographie von Damascus. 1 Z der Medrese eine Chatme abzuhalten, d. i. den ganzen Koran durchzulesen; es werden diese Scheiche Bedienstete der Medrese „Erbäb-el-Wazäif“ (– º» - 3) genannt. Für ihre Vorlesungen bekommen sie von den Schülern monatlich eine sehr geringe Summe, etwa von jedem zwanzig Piaster, d. i. in unserem Gelde zwei Gulden, ausserdem aber zeitweise Geschenke in Lebensmitteln. Die Zimmer dieser daselbst wohnenden armen Gelehrten bestehen in sehr engen Kammern ohne Fenster, die ihr Licht durch die auf den Gang der um den Hof herumläuft, sich öffnende Thüre erhalten. - Die Bibliothek der Medrese steht unter der Aufsicht eines Bibliothekars Näzir (LBU), der aber Bücher an jeden Studenten und Gelehrten ohne hinreichende Sicherheit verleiht, woher es kömmt, dass die schön- sten Werke abhanden kommen. Es ist diese Medrese etwas unterhalb des Einganges in den Bazar Sük-et- Tutun in der Strasse gelegen, die vom Sük-el-Buzürije auf den Sük-el-Chajätin führt. Nahe am Grabe Nür-ed-Din's auf dem so eben genannten Bazar ist eine alte Medrese mit kufischer Inschrift über dem Thore, welche aber ganz unlesbar ist; nahe dabei in einer Seitenstrasse desselben Bazares ist die Medreset-en-Nihläwi, ein schönes Gebäude. In demselben Viertel ist auch die Medreset- er-Rihänije mit folgender Inschrift: ) O-, Gaº JS - WW-- - - - - SG- WF Als Jahreszahl der Erbauung ist das Jahr 575 angegeben. Nicht weit von dieser Medrese ist die so wie die vorhergehende ganz einfach gebaute Medreset-esch-Schämijet-el-berränijet-el-husämije, wo auf dem Stein keine Jahreszahl der Erbauung angegeben ist. Die Medrese sieht ganz wie ein Privathaus aus; das Thor ist gewölbt, enge und nieder, und auf dem Steine ober dem Thore ist eine Inschrift eingegraben, wo der Name des Erbauers genannt wird. Der Stein scheint an mehreren Stellen absichtlich verstümmelt worden zu sein. Die erste Zeile der Inschrift lautet: 09.- CA -- -- --, SG- "F 2 L d WA- «- º O s«G <29- j ) -2 GG---- - Gºss LEO Die Jahreszahl fehlt. - Ausser dieser Medrese haben wir noch die As'rünije zu nennen, von welcher der ganze Bazar den Namen erhielt, sie ist jetzt ebenfalls in Verfall. Bei diesem allgemeinen Verfall der Medreseen kann man nicht umhin, sich den Spruch des Propheten ins Gedächtniss zurückzurufen: Zwei Dinge werden den Unter- gang meines Volkes herbei führen: Vernachlässigung der Wissenschaften und Anhäufung von irdischen Gütern (OW) S-3 - 2), C- G - DOs - - a.- a - a) J.-2 J.). Ausser den hier angeführten Medreseen gibt es noch viele, wovon jedoch jetzt die meisten in Verfall gerathen sind. , - Wir fahren nun in der Beschreibung der Bazare von Damascus da fort, wo wir abgebrochen haben, nämlich von dem Markte As'rünije an. Von hier führt eine breite schöne Strasse die zu beiden Seiten mit Kaffeehäusern und Buden eingefasst ist, zu einem der schönsten Märkte von Damascus, dem Neumarkte Sük-el-Dschedid, derselbe ist geräumig und ganz mit Holz überdeckt; zu beiden Seiten reihen sich hier 1) Übersetzung: - Im Namen Gottes des Allbarmherzigen, Allmilden. Es befahl den Bau dieser gesegneten Medrese der hochgeehrte Dschemäl-ed- Din Rhän. *) Übersetzung: Im Namen Gottes des Allbarmherzigen, Allmilden. Es stiftete diese gesegnete Medrese die grosse Chatun (Frau), Zierde des Glaubens, Herrinn von Damascus, Mutter des Husám-ed-Din Ibn Ejjüb. 14 »- A. v. Kremer. Bude an Bude, wo herrliche Seidenstoffe, Pelzwaaren, vergoldete Pfeifenröhre in der schönsten Farben- pracht neben einander prangen. Auf dem Neumarkt ist die Medreset-el-Ahmedije und eine kleine Moschee. Eine Fortsetzung dieses Marktes bildet der Markt der Griechen Sük-el-Erwäm, er gehört zu dem beleb- testen von Damascus; daselbst werden Kleidungsstücke, Waffen, Polster, Spiegel, Hausgeräthe und ähnliche Gegenstände verkauft. Der Markt selbst hat die Gestalt eines länglichen Viereckes das von mehreren Gän- gen durchschnitten ist; hier ist jeden Morgen bis zur Zeit des Nachmittagsgebetes ein grosses Gedränge von Leuten die kaufen oder verkaufen wollen, denn hier werden Gegenstände aller Art öffentlich verstei- gert; den Gegenstand den man verkaufen will gibt man irgend einem öffentlichen Ausrufer Delläl, der den Bazar auf- und abgeht, den Gegenstand ausrufend. Dem Meistbietenden überlässt er die Waare gegen gleich bare Bezahlung, von der er gewisse Procente hat. Am Ausgange dieses Bazares ist ein altes Thor das mit eisernen Flügelthüren geschlossen werden kann. Hier werden die kostbarsten Waffen verkauft, herrliche Säbel, Gewehre, Dolche mit chorasanischen Klingen; eine gute, alte Damascener Klinge wird oft mit 3 bis 4000 Piaster bezahlt. 4 B. Tritt man bei dem obenerwähnten Thore hinaus, so steht man vor dem Seräi, d. i. dem Regierungs- gebäude das an der Stelle des von Nür-ed-Din gegründeten Palastes, der Där-el-Adl, d. i. Haus der Gerechtigkeit, hiess, erbaut ist. Es ist dies ein im halbeuropäischen Geschmacke von Ibrähim Pascha gegrün- detes Gebäude. Im Innern desselben ist ein sehr grosser Hof in dem die Truppen vor den Augen des Seriaskers oder des Militärgouverneurs der im Seräi wohnt, zu exerciren pflegen; die dabei befindlichen Stallungen sind sehr solid aus Steinen gebaut, eben so wie der ganze Unterbau, während das erste Stock- werk aus Holz und Lehm sehr wenig dauerhaft scheint. Hier sind die Kanzleien der höheren Officiere, und von hier geht die Leitung aller militärischen Angelegenheiten der Paschaliks aus. Vom Seräi aus bis zum Thore Bäb-el-Dschäbije erstreckt sich eine lange breite Strasse die mit Buden aller Art und Kaffeehäusern zu beiden Seiten eingefasst ist; es heisst diese Strasse Derwischije von der schönen daselbst befindlichen Moschee Derwischije, die aber neuerer Bauart ist, indem sie vor beiläufig zweihundert Jahren von Derwisch- Pascha erbaut ward“). Oberhalb dieser Moschee ist eine schön gebaute halbverfallene Grabkuppel, unter der wahrscheinlich irgend ein alter Emir schläft; neben derselben ragt eine herrliche alte Cypresse empor. Diese Strasse wird von einigen dichtbelaubten Platanen beschattet; weiter hinauf zum Stadtthore Bäb-el-Dschäbije hin heisst die Strasse Sük-el-Charrätin (GeL), d.i. Markt der Drechsler, weil daselbst eine grosse Anzahl von Drechslern ihre Buden haben, worin sie verschiedene Hausgeräthe, als hölzerne Pfeifen, Leuchter, Sessel u. s. w. auf eine sehr einfache Weise aus Holz verfertigen. Daselbst ist eine schöne, augenscheinlich aus den besten Zeiten der arabischen Baukunst stammende Moschee, deren schönes Thor mit Tropfsteinverzie- rungen geschmückt ist, Dschäm-el-Charrätin genannt. Hier mündet die Strasse der Drechsler in den Bazar der sich vor dem Thore Bäb-el-Dschäbije und der Moschee Sinänije her ausdehnt. Wir kehren jetzt zum Thore des Seräis abermals zurück, um den unterhalb desselben sich ausdehnenden Markt zu beschreiben; es ist dies der Sük-el-Kumeile, d. i. in Damascener Aussprache Su-el-Uméle, d. i. der Läusemarkt, welchen Namen er davon erhielt, weil dies der Trödelmarkt von Damascus, wo nur alte Gegenstände, Gewänder, Tarbusche, Waffen, Kochgeschirr u. s. w. verkauft werden. Am Ende dieses Marktes steht ein Bad mit einer Kuppel überwölbt, zu dessen beiden Seiten einerseits der Sük-es-Serüd- schije, d. i. der Markt der Sattler, andererseits der Sük-ez-Zeräblije sich ausdehnen. Während der Neumarkt und Markt der Griechen auf der südlichen Seite des Schlosses sich hinab- ziehen, zieht sich auf dessen nördlicher Seite der Markt der Sattler hin; es bietet dieser Markt Sättel aller *) Siehe Abd-el-Ghanij's Reisen, oder auch Dschihannuma pag. 578. Topographie von Damascus. 15 Art, so wie Riemen, Satteldecken, „lebbäde“ genannt, und allerlei Reitzeug. Die gewöhnliche Art türki- scher Sättel mit hohem Sattelknopf ist bekannt; eine andere in Europa minder bekannte ist die welche man Mirdschaha, d. i. Schaukel nennt. Es sind diese Sättel ganz aus Tuch mit kurzen Steigbügeln, sie schliessen sich dem Leibe des Pferdes an, und sind, da gar kein Holz in ihnen ist, sehr angenehm beim Reiten; reiche Türken bedienen sich nur solcher Sättel die oft prachtvoll mit Gold gestickt sind; man nennt sie auch baghdadische Sättel. Eine andere Art sind die hohen Packsättel „Dschulàl,“ welche man besonders auf Rahwänpferden, d. i. Passgängern, benützt. Auf dem Markte der Sattler bekommt man noch eine Art sehr zweckmässiger Reisewasserflaschen aus Leder, Mattära (éola-) genannt, in denen sich das Wasser stets frisch erhält. Auf diesem Markte ist eine kleine Moschee, Dschämi Sidi-es-Serüdschi genannt, worin das Grab eines Sattlers der im Geruche der Heiligkeit starb, und der jetzt gleichsam als Patron der Sattlerzunft verehrt wird, so dass sie bei ihm ihre Eide schwören. Vom Markte der Sattler kommt man auf den Bazar der Zeltmacher, Sük-el-Chaimätje; es darf uns nicht Wunder nehmen, dass diese einen eigenen Bazar haben, denn in einer Stadt, von der alljährlich die grosse Pilgerkarawane nach Mekke geht, ist eine grosse Nachfrage nach Zelten. Hier auf diesem Bazar bewundert man einen ungeheuren Ahornbaum der, wie die Volkssage will, von Abraham gepflanzt worden sein soll. Vom Sük-el-Chaimátije führt eine lange breite Strasse, zu deren beiden Seiten Buden, wo gedörrte Früchte verkauft werden und wo der Eselmarkt Sük-el-Hamir ist, auf dem auch Packsättel ausgebessert und verfertigt werden, längs dem Graben des Schlosses von Damascus hinauf zum Bazar Sük-el-Menäch- lije (Jes U-), Bazar der Siebmacher genannt, obwohl jetzt bloss Schuster diesen Bazar inne haben, der eben desshalb auch Bewäbdschijet-el-Kebire genannt wird. Hier ist das schöne Kaffeehaus Kahwet-et-Me- nachlije; es besteht in einer grossen Vorhalle die auf Säulen ruht, welche gelb und blau bemalt sind; in dieser Halle ist ein stets fliessender Springbrunnen, an den Wänden herum stehen niedere mit Stroh über- flochtene Sessel für die Gäste. Wasserpfeifen und Kaffee werden gereicht. Ein zweites, inneres Gemach ist auf ähnliche Art eingerichtet und führt auf eine von Weidenbäumen umgebene Terrasse hinaus, zwischen welcher und den Mauern des Schlosses von Damascus die rauschenden Wellen des Bäniäs strömen, die einige Schritte weiter oben unter einem festgewölbten Bogen der Amja (aº-) genannt wird und wahr- scheinlich einer römischen Wasserleitung angehört, verschwinden, um unter dem Thore Bäb-el-Feredsch durchströmend, sich durch die Stadt zu vertheilen. Am Ende dieses Marktes ist ein festgebautes mit eisen- beschlagenen Flügeln versehenes Thor welches wahrscheinlich das alte Bäb-el-Feredsch ist. Durch dieses Thor gelangt man am Schlosse vorbei wieder auf den Platz Taht-el-Kala, von dem wir bei unserer Beschreibung der um das Schloss herum sich erstreckenden Bazare ausgingen. (.. » Das Kaffeehaus Menächlije ist eines der beliebtesten von Damascus. Abends kommen Sänger und Musikanten die das Känün oder Rabäb spielen, dann wird das Kaffeehaus mit Glaslämpchen die mit Stricken an der Decke befestigt sind, erleuchtet, und es ist das grösste Vergnügen des Damasceners hier Abends ruhig den Duft des Tabaks gekühlt durch das Wasser einzusaugen, und dabei gedankenlos den einför- migen wehmüthigen Tönen des Gesanges, der die hoffnungslosen Leiden und Schmerzen irgend eines Lie- benden schildert, zu lauschen, oder vielleicht die Erzählung der oft vorgetragenen Heldenthaten Antars zu hören, dessen Abenteuer in wohlklingender Rede von irgend einem der zahlreichen Erzähler declamirt wer- den, die dieses als Handwerk betreiben und auch desshalb Anätire (Singular Antar) genannt werden. So und auf diese Art allein bringt der arabische Spiessbürger seine langen Abende zu, oft halbe Nächte, manch- mal auch im freundschaftlichen Geplauder mit seinen Bekannten, was Mosámera genannt wird und schon ein Leiblingszeitvertreib der alten Araber war; höhere, edlere, geistigere Genüsse sind ihm fremd und er weiss sie nicht zu schätzen. 16 s - 4. v. Krem er. Vom vorderen Thore des Seräi's bis zum Sük-es-Serüdschije und der Strasse Zeräblije erstreckt sich der Sük-el-Kumeile; das einzige beachtungswerthe Gebäude auf diesem Bazar ist das Grab des Sidi Chalil, eines mohammedanischen Heiligen. Es ist eine auf vier Pfeilern ruhende und nach allen Seiten offene Kuppel die in einem kleinen, überall ummauerten Gärtchen steht; von der Strasse aus kann man durch ein Fenster der Gartenmauer hineinsehen. « » » - « Der Sük-el-Kumeile (Uméle)läuft, wie schon oben bemerkt wurde, in den Sük-es-Serüdschije und Sük- ez-Zeräblije aus, von welchen beiden Märkten jetzt nur noch der letztere zu beschreiben bleibt. Zurbül (U32- ) heisst arabisch der Bauernschuh der nicht, wie die Schuhe der Städter spitzig, sondern vorne abgerundet ist, davon hat dieser Markt, auf dem solche Schuhe verfertigt werden, seinen Namen erhalten. Dieser Bazar führt auf den grossen Platz der Sük-el-Cheil und Sük-el-Dschemäl heisst, d. i. Pferde- und Kamel-Markt, es ist dies einer der schönsten Plätze von Damascus, nicht etwa wegen der Reinlichkeit oder Zierlichkeit oder schönen Gebäude, sondern vielmehr wegen des eigenthümlich orientalischen Charakters, den dieser Platz durch die schönen Platanenbäume und die darunter in allen Ecken errichteten Kaffeebuden hat, wo sich immer eine grosse Masse Müssiggänger aufhält; das einzige schöne daselbst befindliche Gebäude ist die grosse Moschee Dschämi IIboghá, die aber von aussen ganz einfach und unbedeutend scheint. Es bietet der Sük-el-Cheil besonders in frühen Morgenstunden einen sehr belebten Anblick, indem daselbst die Bauern aus den Dörfern und die Beduinen ihre Pferde herbeibringen und Vorreiten, um sie zu verkaufen. Hier kann man gute Pferde oft zu recht billigen Preisen kaufen. Jeder Kauf wird unter der Bedingung geschlos- sen, dass das Pferd sägh-u-selim sei, d. i. ohne Fehl ; hat der Verkäufer innerhalb drei Tagen ein wesent- liches Gebrechen entdeckt, so kann er den Kauf rückgängig machen. Besonders kommen im Frühjahr grosse Schaaren wilder Pferde aus Kleinasien an, Dschelläb genannt, die vorzüglich wegen ihrer Ausdauer und Stärke gesucht werden. An diesen Platz schliesst sich der Bazar Sük-el-Chadrawät, d. i. Markt der Gemüse an; an diesen der Sük-el-Hamir wo Esel verkauft, und Sük-el-Dschulalatje, wo grosse viereckige Lastsättel für die Esel und Maulthiere verfertigt werden. Letzterer Bazar verzweigt sich in den der Menächlije, den wir bereits früher beschrieben haben, und in die Strasse die Mahallet-el-Hawäsije genannt wird, weil daselbst sich Holzmagazine befinden, in denen Stämme von Pappelbäumen aufbewahrt werden, die man auch dort behaut und von welchen man in Damascus einen starken Verbrauch macht, um damit die Zimmer zu decken, was aber, da das Holz der Pappelbäume sehr leicht fault, den Übelstand hat, dass im Winter, wenn eine bedeutende Schneemasse die Dächer belastet, dieselben leicht einbrechen. Diese Strasse der Hawäslije führt zum Thore Bäb-el-Amära und in die Vorstadt Amära. Das ein- zige beachtenswerthe Gebäude daselbst ist die schöne Moschee Dschäm-el-Muallak“), deren schönes mit Tropfsteinverzierungen geschmücktes Thor sowie dessen ganze Bauart darauf hindeuten, dass sie aus der besten Zeit der arabischen Baukunst stammt; doch ist diese Moschee jetzt dem Verfalle nahe. Wir gehen nun zur Beschreibung der sich hinter dem Seräi erstreckenden Strasse Derb-el-Merdsche über. Es sind daselbst jetzt vier grosse von Ibrähim Pascha erbaute Casernen die sehr geräumig und solid und bei 8–10000 Mann fassen können, mit Stallungen für eine bedeutende Menge von Pferden; selbst die schöne Moschee Dschämi Tengiz die, nach den noch übrigen Grundmauern zu urtheilen, eine der grössten und bestgebautesten von Damascus gewesen sein muss, liess Ibrahim Pascha in eine Caserne um- wandeln, wo jetzt, wie das Gerede geht, eine Militärschule (Medreset-Harbije) errichtet werden soll. Daneben ist eine schöne jetzt leider halbverfallene Moschee oder ein Grabgebäude, von dessen verstüm- melter Inschrift nur so viel mehr übrig ist: „Das ist das Grab Lutfi Pascha's.“ «. *) In Ägypten Zurbün genannt. *) Von Nür-ed-Din erbaut. Topographie von Damascus. 17 . . . . . . . . . > Daneben ist ein Haus Mewlewije genannt, wo sich Derwische des Mewlewi-Ordens aufhalten. Die Strasse führt in's offene Land hinaus, denn hier sind keine Spuren der Stadtmauern mehr übrig. Gärten reihen sich an Gärten, deren Vegetation hier um so üppiger ist, als auf der nördlichen Seite der Strasse die Ebene Merdsche hinzieht, eine reich bewässerte, von Gärten überfüllte längliche Niederung, aus deren üppigem Baumwuchs alte mit Kuppeln überbaute Kioske, so wie die Kuppeln von Grabmonumenten pittoresk hervorragen, während jenseits der Niederung in der geringen Entfernung einer Stunde Wegs die kahlen, rothbraunen Felsenhügel sich heben, auf deren Gipfel man die beiden Kuppeln Kubbet-es-Sejjár und die Kubbet-A/bd-en-Nasr sieht. Knapp ober der scharf abgegrenzten Linie der Haine und Gärten die Säli- hije von Damascus scheiden, sieht man dieses liebliche Dorf am Fusse der Felshügel sich hinaufziehen mit zahlreichen Kuppeln, Minareten und Moscheen. An die Moschee Dschämi Ilboghá, die Ibrahim Pascha in eine Peksomad- oder Zwiebackfabrik ver- wandelt hatte, schliesst sich eine sehr schöne Strasse an, in der die schönen Häuser einiger türkischer Grossen, worunter besonders das Haus des Chálid Pascha. Diese Strasse führt zu einer schön gebauten Moschee die Käa genannt wird; das Thor ist in gutem Geschmack mit Tropfsteinverzierungen geschmückt, ober welchen Arabesken mit blauer und rother Fayence eingelegt sind. Es ist dies eine der sieben Käa. von Damascus, wovon eine hinter dem Seräi, eine bei der omejadischen Moschee, eine in der Sueika und eine am Sük-el-Buzürije ist; die zwei letzten sind mir unbekannt geblieben. Daneben ist ein stets fliessen- der Brunnen, auf welchem wie auf der Käa eine halbverwitterte Inschrift in verwickelten arabischen Schrift- zügen der Art die Sulus genannt wird, steht, wovon ich die Worte: "v---- º.- º.- º.------- entzifferte. Dieses steht auf dem Brunnen geschrieben, auf der Käa las ich die Inschrift der Jahreszahl º.-- 2 Cº. - S-») d. i. 784 d. H. der Erbauung. Von hier an beginnt der Stadttheil Bahsa der sich bis zur Bawwäbet-Sük-Särüdschä ausdehnt, von welcher in dem sogenannten Garten Bostän Mismär die Reste einer von Ibrahim Pascha im grossartigen Masstabe angefangenen Caserne zu sehen sind. Der Markt Sük-Särüdschä ist eine sehr lange und mit zahlreichen Buden besetzte Gasse die sich durch die ganze Länge der Vorstadt Sük-Särüdschá durchzieht, zu beiden Seiten dieser langen Gasse laufen Sackgassen aus. Auf diesem Bazare Sük-Särüdschá liegen fünf Medreseen die aber grösstentheils verfallen und in kleine Kinderschulen, „Kuttäb“ genannt, verwandelt worden sind. - An diese Strasse schliesst sich dann die schöne Vorstadt Häret-el-dschedide an, wo lauterherrliche, grosse Häuser reicher Kaufleute und Türken, darauf folgt die Vorstadt Aaibe, eines der grössten Viertel von Damascus, wo ehemals das Dorf Auzá stand, das aber durch beständigen Anbau mit der Stadt vereinigt wurde. Obwohl dieser Stadttheil sehr gross ist, so ist er doch eben wegen seines neueren Ursprungs an alten Bauwerken sehr arm, dasselbe gilt von dem daran stossenden grossen Stadttheil Amära. In der Aaibe ist nur die einzige Moschee Dschämi-et-Taube bemerkenswerth, weniger wegen der Schönheit der Bauart, als wegen der Ausdehnung derselben. Auf die Vorstadt Amäre folgt der lange Markt Mezl-el-Kasab, eigentlich Mesdschid-el-Kasab, von einer nahe am Thore Bäb-es-Seläme befindlichen Moschee so genannt. Dieser lange Bazar dehnt sich bis nahe zum Thore Bäb-es-Seläme aus, wo er am verfallenen Bade Ham- mäm-es-Sultän endet, und von wo dann die durch Gärten fortziehende Strasse Derb-es-Sultäni bis zum ) Übersetzung: Der Adilische, Kämpe des Glaubens, Gott der Erhabene erleuchte ihn, der König Dähir, den Gott siegreich machen wolle. Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. Abhandl. v. Nichtmitgl. C 81 A. v. Krem er. Thore Bäb-Tümá führt. Alle diese Stadtviertel erhalten ihr Wasser durch Seitencanäle vom Flusse Törá. Hinter den Häusern dieser Vorstädte dehnen sich Gärten bis zum Dorfe Sälihije aus. Hinter der Vorstadt Aaibe liegt der grösste Friedhof von Damascus, Makbaret-Dahdäh. Der Fried- hof Merdsch Dahdäh erhielt seinen Namen vom Ebü Dahdäh, dem Genossen des Propheten, der daselbst begraben ward; daselbst ist das Grab des Abd-er-Rahmán, des Sohnes des Ebü Bekr; richtiger ist jedoch die Angabe, es sei dies das Grab des Abd-er-Rahmän Ibn Mohammed Ibn Ebi Bekr, wie auch ehemals auf der Grabschrift zu lesen gewesen sein soll. Auf diesem Friedhofe ist eine besondere Abtheilung für die Fremden bestimmt, die in Damascus sterben und daselbst beerdigt werden. Auf der westlichen Seite die- ses Friedhofes fliesst ein Zweig des Flusses Törá. Der Friedhof selbst gewährt einen sehr schönen Anblick; er ist viereckiger Gestalt, zahllose Gräber aller Art bedecken ihn; die Verschiedenheit der Farben, da manche Gräber roth angestrichen sind, während andere weiss und gelb sind, geben demselben ein viel schöneres Ansehen, als unsere Friedhöfe haben. Die meisten Gräber sind aus gelblichem oder röthlichem Thon in der Form unserer Dächer zugespitzt gebaut, damit der Regen abfliesse. Vor dem Grabe ist eine aufrecht stehende Steinplatte, worauf ein paar Verse aus dem Koran und der Name des Verstorbenen ein- gehauen sind. Es wird diese Steinplatte Schähid, d. i. Zeuge, genannt, weil sie durch ihre Inschrift Zeug- niss gibt, dass hier ein Gläubiger beerdigt sei. Vor vielen dieser Steinplatten pflanzt die fromme Sorgfalt der Nachkommen einen Zweig des Buxbaumes oder Blumen und andere immergrüne Zweige hin als Beweis kindlicher Ehrfurcht oder freundestreuen Andenkens, und zwar in eine kleine Öffnung am oberen Ende des Grabes, die mit dem Grabgewölbe in Verbindung steht und Lahd heisst; man glaubt, dass durch dieses Loch die Gebete und Segnungen des am Grabe betenden Verwandten zum Todten dringen. Unter der grossen Masse der gemeinen Gräber erhebt sich hie und da ein grösseres mit roth oder gelb angestriche- nem Gitter versehenes, mit einer kleinen Kuppel darauf, die auf diesem Gitter ruht, oder einer aus Steinen solid erbauten Grabkuppel. Es steht eine halbverfallene solche Grabkuppel am Ufer des obengenannten Armes des Törá; an dieser Torbet ist gar keine Inschrift zu bemerken. Etwas weiter ober dieser steht eine Mühle, die durch den oben genannten Arm, über den sie gebaut ist, getrieben wird, und Tahhänet Dahdäh, d. i. Dahdäh's Mühle heisst; weiter östlich an der Mühle liegt die kleine Torbet des Scheichs Ebü Bekr Ibn-Abd-er-Rahmän Ibn Ebi Bekr. Ein hoher Nussbaum so wie mehrere Aprikosenbäume behüten diese friedliche Ruhestätte an der ebenfalls ein Bach vorüber fliesst; gegenüber dieser steht eine viel grös- sere Torbet, an der aber ebenfallss keine Inschrift sich befindet. Ringsum ist dieser ganze Friedhof der mehrere hundert Schritte lang und breit ist, mit Gärten umgeben, in denen herrliche Nuss- und Aprikosen- bäume stehen. In einem dieser Gärten auf der östlichen Seite des Friedhofes steht eine sehr schöne Tor- bet an einem Bache, ringsum von hohen alten Nussbäumen und blühenden Aprikosenbäumen überragt; der Unterbau der Kuppel besteht aus vier von allen Seiten offenen Pfeilern, welche aus massiven Quadersteinen die enge Zusammengefügt sind, erbaut ist, darüber wölbt sich in zwei Absätzen eine aus gebrannten Ziegeln schön gebaute Kuppel. Wessen Grab da sei, ist mir unbekannt, da ich keine Inschrift sah. Ich hätte gewünscht, den Namen dessen zu kennen, der so poetisch gefühlt hatte, dass er am murmelnden Bache unter den blüthenbedeckten Ästen der Muschmuschbäume ein kühles Gewölbe zur ewigen Ruhestätte sich auserwählte. Vom Friedhofe Makbaret-ed-Dahdäh aus sieht man die omejadische Moschee in ihrer schönsten Pracht und den ganzen grossartigen Dimensionen ihres Baues; in der Mitte erhebt sich die ungeheuere in der Sonne wie Feuer glänzende Kupferdecke der Kubbet-en-Nesr, vor dieser der Minaret, Madenet-el-Arüs, östlich von diesen der schöne Madenet Isa und westlich der Madenet-el-Gharbije. Diese beiden äussersten Enden der Moschee verbindet die aus massiven Steinen erbaute Mauer der Moschee. Geht man von die- sem östlichen Wege des Friedhofes Dahdäh wieder zurück in die Vorstadt A'aibe, so kömmt man an einer Topographie von Damascus. 19 in schönem Style aus schwarzen und weissen Steinen erbauten Medrese vorbei, deren in die glatten Wände eingehauene Arabesken, so wie das schöne mit Tropfsteinverzierungen gebaute Thor beweisen, dass sie aus alter guter Zeit stamme; es ist dies die jetzt verlassene Medreset-en-Nahhäsin. Der Friedhof Makbaret-ed-Dadäh ist fünf hundert Schritte lang und zwei hundert Schritte breit. Nachdem wir so den nördlichen Theil der Stadt beschrieben haben, gehen wir nun zur Beschreibung des südlichen Theiles über, und fangen dabei als Anhaltspunct von der Moschee Dschämi-es-Sinänije an. Hinter der Moschee Sinänije steht ein kleines Gebäude aus Steinen, wahrscheinlich eine ehemalige Medrese, wo jetzt eine Mehkeme, d. i. ein Ortsgericht, ist, auf diese folgt der Bazar Sük-es-Sinänije, welcher, der Bauart nach, wohl der schönste in ganz Damascus ist. Er ist zwanzig Fuss breit und ganz bedeckt, von 10 zu 10 Schritten sind steinerne Bögen in einer Höhe von nahe dreissig Fuss über den Bazar gespannt, und auſ diesen Bögen ruht ein Dach von Holz; solcher Bögen zählte ich neunzehn, und da sie immer zehn Schritte von einander entfernt sind, so kann man die Länge des Bazars auf zweihundert Schritte angeben. Dort wo dieser Bazar aufhört, läuft eine breite gerade Strasse bis zur Strasse Meidän hin, in die sie bei der Moschee Dschämi-el-Idein einmündet. s Gleich ober diesem Bazar ist eine herrliche Medrese mit Tropfsteinverzierungen am Thore und an den Fenstern in alter Bauart von schwarzen und weissen Steinen, sie ist auf der rechten Seite der Strasse gelegen, wenn man zum Meidán hingeht, und heisst Medreset-es-Sinänije, welcher Name offenbar nicht der ursprüngliche, echte ist; dann folgt auf derselben Seite die alte aus schönen abwechselnden Lagen weisser und schwarzer Steine aufgebaute Moschee Dschämi-es-Säbünije, die besonders durch die geschmackvollen auf der Vorderseite und über dem Thore eingehauenen Arabesken sich bemerkbar macht. Das Thor hat Tropfstein- verzierungen; auch der Minaret ist recht schön. Auf der anderen Seite der Strasse nicht weit von dieser Medrese ist eine schön gebaute Kuppel zu sehen, die mit Kupfer bedeckt und ein der Familie des A/bdallah Pascha, des Stifters der gleichnamigen Medrese, gehöriges Grabmal ist, bei welchem eine Bawwäbe, die in das Stadtviertel Schäghür führt. Gegenüber der Medreset-es-Säbünije ist eine Quelle die den Säbüni, d. i. den Seifner, ebenfalls als Stifter nennt; ober dieser folgt eine schöne Torbet mit zwei Kuppeln aus schwar- zen und weissen Steinen erbaut, und auf letztere noch zwei halbverfallene Grabmäler ohne Inschrift. Auf der anderen Seite der Strasse ist ober der Moschee Dschämi-es-Säbüni eine schöne Moschee mit einer Kuppel überwölbt, die aber nicht Torbet zu sein scheint, und die, nachdem ich drei Personen vergeblich um den Namen gefragt hatte, mir endlich als Scheibänije genannt wurde. Dieser folgen noch zwei fast ganz verfallene Medresen. Diese breite Strasse ist zu beiden Seiten mit Medresen und Torbeten förmlich eingefasst, so dass man sie mit Recht die Gräberstrasse von Damascus nennen könnte; sie öffnet sich auf der einen Seite nach dem Friedhofe Makbaret-Bäb-es-Saghir, nach der anderen führt sie in die Vorstädte Sueika und Meidän hinaus. Parallel mit dieser Strasse lauft die Strasse Sikket-Kasr-Haddschädsch, in der, wie es wenigstens der Name verräth, wenn auch nicht die geringste Spur eines alten Baues mehr zu sehen ist, doch der Palast des berühmten Tyrannen Haddschädsch gestanden haben muss. In dieser Strasse ist kein anderes öffentliches Gebäude, als eine kleine halbverfallene Medrese ohne Aufschrift, in deren Hof- raum man stets faule Maghrebiner schlafen sieht. Diese Faulenzer haben sich hier ordentlich eingenistet und werden von den Gaben frommer Gläubiger genährt, so wie von dem Einkommen der Medrese aus Wakfen. Der ganze Sük-es-Sinänije ist fromme Stiftung (Wakf) und sein Einkommen vom Miethgeld der Buden gehört der Moschee-es-Sinänije. Der nächstfolgende Markt Sük-es-Seridsche ist die Fortsetzung der langen Strasse von Damascus. Derselbe beginnt von der Mosche Sinänije an und zieht sich bis zum Thore Bäb-et-Täbitije hin, er ist mit Buden von Victualienhändlern, Bädern, Kaffeehäusern angefüllt, und hat fast gar keine merkwürdigen Gebäude; die einzige daselbst befindliche Moschee ist die Dschämi-en-Näbi mit einem Minarete unschöner G“ -- >“S IN. (l (ºs) ( º) JM, Z Süd. a ist die Mosche, b die Säulengänge vor der Moschee, mm sind Wohnzimmer für Derwische, zz ist der Hofraum, cd sind die im Hofraume befindlichen Wasserbecken. Jeder Derwisch erhält täglich Brod, Fleisch und Reis. Geht man beim nördlichen Thore z hinaus, so kommt man in eine Gasse, gebildet durch Nebengebäude, wo das Bad und die Wohnungen der Frauen der verheiratheten Derwische. Bei dieser Moschee ist auch eine Medrese von schöner Bauart; für jeden Professor daselbst ist eine tägliche Besoldung von sechzig Para angewiesen, eben so wird den hier einkehrenden armen Reisenden und Fremden täglich zweimal Speise gereicht, und sie werden noch überdies mit Geld unterstützt. Hierauf kommt man in eine lange Gasse die sich zwischen hainartig mit hohen Bäumen bewachsenen und reichlich bewässerten Grundstücken hinzieht, welche zum Theile als Wakf zur Tekkije gehören, welche Strasse in die Stadt zurückführt. X Als ich an den Zellen der Derwische vorbeiging, sah ich das Thor einer dieser Zellen geöffnet. Der Inhaber derselben kam gerade aus einer anderen Zelle zurück, von wo er sich das Heft eines Manuscriptes geholt hatte, ich warf einen Blick in die Zelle, sie war nicht übertüncht, sondern die Wände boten die Farbe des Lehms dar, aus dem sie erbaut waren, der Boden war von keiner Natte, von keinem Teppich bedeckt, kein Möbel überflüssigen Luxus verzierte diese ärmliche Wohnung, ausser einer Pritsche von Holz, auf der man aber schwerlich zu weich liegen mochte. Das Heft des arabischen Manuscripts in der Hand des ärmlich gekleideten Bewohners dieser Zelle liess mich neugierig, ob es denn eine jener zahlreichen Schriften über mohammedanische Religion oder etwas Poetisches oder Historisches sei. Die Kleidung des Derwisches bestand in einem Kumbäz, d. i. langen Leibrock, der mit einem weissen Schäsch oder Shawl um die Mitte zusammengehalten war, auf dem Haupte hatte er einen weissen Turban. Vergeblich suchte ich ein Ge- spräch mit ihm anzuknüpfen, der Mann mochte an mir vielleicht den Geruch des Unglaubens verspürt haben; meine Anrede kurz abweisend, zog er sich in seine Zelle zurück. Die über die Moschee gewölbte Kuppel befindet sich auf der südlichen Seite des innern Hofraumes, der ganz mit Marmor gepflastert; zu beiden Seiten dieser Kuppel erheben sich die zwei schlanken Minarete, während um den ganzen Hofraum herum Säulengänge laufen, unter denen einzelne Zimmer für die Derwische sind; jedes dieser Zimmer ist mit einer kleinen Kuppel überwölbt, sämmtliche Kuppeln sind mit Bleitafeln gedeckt. Die Zahl dieser Kuppeln ist vier und zwanzig, die Säulen sind alle aus Marmor. In der Mitte des Hofraumes sind zwei marmorne Wasserbecken mit Springbrunnen ). *) Siehe Dschihannuma, p. 578. Z0 «. « « A. v. Kremer. 2. Schilderung verschiedener Localitäten in und um Damascus durch Eingeborne“). Eine der schönsten Zierden von Damascus ist das Schloss durch seinen schönen Bau und seine Grösse; daselbst ist die Grabstätte des Ebü-Dorda; ferner eine Moschee, wo die Freitagspredigt wie in der Stadt abgehalten wird; hier war ein Bad, eine Mühle und verschiedene Buden, ferner das Münzhaus, in dem die Münzen geschlagen wurden; die Magazine; daselbst war eine Terrasse zur Aussicht; wer darauf stand, hatte die schönste Aussicht, und sie war so hoch, wie die Häupter der Berge; sie wurde bei der Belagerung des Schlosses durch Timurlenk in Brand gesteckt, und hat jetzt nur mehr zwei Drittel ihrer Grösse; im Schlosse sind Brunnen und Wasserleitungen, so dass im Falle einer Belagerung des Schlosses, wenn das Wasser abgeschnitten wird, die Brunnen die Burg mit Wasser versehen. Durch das Schloss fliesst der Fluss Banias, der sich darin in zwei Theile zertheilt, wovon der eine ausserhalb des Schlosses zum Verbrauch der Stadt fortfliesst, während der andere bestimmt ist, die Unreinigkeiten fortzuführen, dieser letztere Arm heisst Koleit (im Damascener Dialekte Olét); dieser fliesst unter der Erde in der Tiefe von zwölf Fuss fort, während ober demselben das reine Wasser sich in vielfache Canäle verzweigt rechts und links, so dass sieben Canäle süssen Wassers neben einander fliessen, ohne dass sich der eine mit dem andern vermengt; die Abzugscanäle fallen in den Olét, der durch die Stadt fliesst und dieselbe am Thore Bäb-os-Saghir verlässt, bis er sich an dem Orte Mahallet-el-Mezás in der Erde verliert, in den Feldern, wo Wicken (Bikije), Klee (Fassa) gesäet wird; er bewässert auch zum Theile die Hanf- pflanzungen. Der Platz Vor dem Schlosse. Der Platz vor dem Schlosse ist einer der schönsten Plätze in Damascus: da sind Häuser und Buden aller Art; da ist der Chan der Melonen; Där-el-Battich, wo alle möglichen Früchte verkauft werden. Da ist die bekannte Quelle, berühmt wegen der Kälte, Süsse und Leichtigkeit des Wassers. Weiter unten ist der Bazar, wo rohes Tuch verkauft wird, noch weiter unten der Bazar, wo fertige Kleider verkauft werden, wovon einer für die Männer, ein anderer für die Weiber bestimmt ist; dann kommt der Bazar des Pelz- werkes und der Abájen, d. i. Beduinenmäntel; dann der Markt der Kupferwaaren, der Lederer (Udmijin), dann der Sattler, der Pferde, Kamehle und Schafe und der Sük – el-Menächlije. Diese Bazare sind stets voll von Menschen, Morgens und Abends, bis spät in die Nacht, wenn vom Schlosse die Pauken erschallen; es ist nämlich folgende Sitte in Damascus: Auf dem Schlosse sind drei Pauken; im ersten Drittel der Nacht thut man nur auf jede Pauke einen Schlag, im zweiten Drittel zwei Schläge, im dritten Drittel der Nacht drei Schläge; dann steigt der Mueddin in der omejadischen Moschee auf den Minaret Madenet – el-Arüs und hängt dort die Lampen aus. Es werden hier immer am Freitage zwei Predigten abgehalten, die eine in der Medreset-el-Muejjedje, die andere in der Moschee Dschäm-Ilbogha; es ist dies eine der schönsten Moscheen von Damascus. In der Mitte des Hofes ist ein Wasserbecken mit einem Springbrunnen der sechs Schuh hoch sich emporschwingt; ober demselben ist eine Rebe hinaufgezogen, mit deren herabhängenden Trauben das Wasser spielt, daneben sind zwei Gärtchen in welchen man alle Arten Früchte, wohlriechende Kräuter und Blumen findet; die Fenster der Moschee haben die Aussicht nach drei Seiten hin; die erste auf den Pferdemarkt, die zweite auf den Platz Bein – en – Nehrein von Westen; die südliche Seite sieht auf den Barrada und die Bäume und Haine die dort sind. Die Moschee hat drei Thore; das erste, das östliche, gegenüber dem Schlosse, heisst Bäb – el-Halak, das zweite, nördliche, heisst Bäb– el– Feredsch , das dritte, westliche von dem man auf Stufen in das Thal hinabsteigt, heisst Bäb-et-Torrehät. *) Es sind diese Schilderungen dem Werke Fadail-esch-Schäm entnommen, das ich in Syrien ankaufte, und welches sich auf der kais. Hofbibliothek befindet. Topographie von Damascus. s -- - Z1 WE. Der Ort Bein – en– Nehrein ist einer der schönsten Spaziergänge von Damascus, dort sind Buden auf- geschlagen, wo man allerlei Dinge zu kaufen bekömmt, Katäif und Scherbete, Früchte, Kebäb, Käse, eingemachte Früchte, saure Milch; dort sind Stühle zum Sitzen und ein Bad; eine Brücke führt auf eine hübsche Insel an deren Spitze sich der Barrada in zwei Theile theilt; der sich hier absondernde Fluss heisst Nehr-es-Kälih; dort sind zwei grosse Plätze auf denen die jungen Leute das Dscheridspiel spielen. Dort hört man stets das melancholische Tönen der Wasserräder auf welche viele arabische Dichter schöne Verse dichteten, wie z. B.: Es fliessen trauervoll die Thränen Von ihren Wangen (d. i. der Wasserräder) still und sacht, Es rinnen ihre Thränen fort, Darob der Garten freudig lacht. Oder: «- Es sprach zu uns ein Wasserrad mit Klagen – Wir wussten keine Antwort d'rauf zu sagen – Ist's nicht erstaunlich, dass obgleich ich mich stets drehe Ich doch mich nicht entfern' aus dieser Nähe ? Mein Körper ist ohn' Haupt, das Kreuz ist aufgerissen Und über meine Lippen lass' ich Thränenströme fliessen. Es ist hier darauf aufmerksam zu machen, welch grosse Liebe für ihre Wasserräder und deren melancholische Töne die Orientalen haben. In Haleb und in Damascus sieht man oft in den Gärten die Weiber in ihren weissen Schleiern im Kreise um ein Wasserrad sitzen und unter dem Plätschern des Wassers und dem Knarren des Rades die Zeit im Gespräche verbringen. Den Städten Homs und Hama wird es als Vorzug angerechnet, dass diese beiden Städte so viele Wasserräder haben; eben so machen die Wasserräder in Nubien das Glück des nubischen Bauers aus, er schmiert sie absichtlich nicht mit Fett ein, damit sie recht knarren, und in der That hat er auch Recht, denn die Wasserräder allein machen allen Reichthum aus, da ohne Wasserräder der von der Sonne ausgedorrte Boden ihm keine Ernte geben würde; überhaupt ist das Wasserrad dem Orientalen das Emblem des ackerbaulichen Aufschwunges und desshalb hochgeehrt und geschätzt. Der Name Naüra hat sich noch jetzt im Spanischen erhalten, was um so begreiflicher, als die Wasserräder zur Bewässerung der paradiesischen Ebenen Andalusiens, der Wega u. s. w., die unter der maurischen Herrschaft aufs trefflichste bebaut waren, viel beitrugen. – Die Medreset-el- Käschänije soll so viel Fenster haben, als das Jahr Tage; die Fenster sind so gebaut, dass die Sonne nie hinein scheinen kann; es ist dies auf eine höchst künstliche Art ausgerechnet worden. Die Moschee Tenkiz ist am Orte der Scherf-el-Ednà heisst, ebenfalls ein sehr schönes Gebäude. An die Merdsche schliesst sich der Ort Schakrä und der Meidän an, daselbst stand der Kasr-el-Eblak; mehrere Dichter besingen die Schönheit dieses Thales. Es scheint die ganze Gegend bis zur Rabwe, die jetzt unter dem Namen Merdsche begriffen wird, ehemals Dschilek genannt worden zu sein, während der Theil der rechts vom Ufer des Barrada liegt, der die Merdsche durchfliesst, Schakrä heisst, und die zur linken Seite gelegene Wiese Meidän oder Rennbahn hiess, noch heutigen Tages Giök Meidän, d. i. blauer Meidän, Von den Türken genannt. Folgendes sind Verse verschiedener Dichter auf diese Gegend. Ibn Schehid singt auf den Meidän und das Schakrä: « Wie Dschilek lieblich ist kein Land und keine Flur, Bekannt ist dieses aller Welt und reine Wahrheit; Und sehn' ich mich nach Abwechslung, dann wähl ich nur: Es lieget ja vor mir Schakrä sowohl als der Meidän. Ibn Temim, der Emir, singt: O wundervoll seid ihr, Damaskens zwei Rennbahnen, Dort ist die herrlich schöne ilöh', nach der man gehet Und zwischen beiden fliesst der Fluss so hell und klar, Er strahlt wie ein der Scheid' entzog'nes Schwert. Z2 " A. v. Kremer. Ein Anderer singt, die Schakrä beschreibend: Nach der Schakrå in Dschilek's Fluren ziehe, Dort zu dem grünen Teppich mit verhängten Zügel fliege, Zum Flussbett steige nieder, wo die Erde Moschus ist Und wo des Flusses Well' hin über Perlen fliesst. Die Gegend Scherf-el-A'lä ist die nördlich von der Wiese Merdsche gelegene Gegend; Scherf-el- Edna aber die südlich von derselben gelegene“). M Die Mühle Tahün – esch – Schakrä ist in der Merdsche vor Damascus ober dem Schlosse des Melik-od Dähir Ebü-l-Futuhät Beibers, dem Kasr-el-Eblak, gelegen; in der Nähe war ein kleiner Bazar, in dem bei ein und zwanzig Buden, zu deren Ende eine Moschee stand, welche die Aussicht auf den Barrada hatte; es ist dies die Moschee an deren Stelle jetzt die Tekkijet des Sultan Selim erbaut worden ist. Der Verfasser des Werkes aus dem diese Notizen genommen sind, bemerkt: die Mühle ist jetzt nicht mehr in Gang; es wurde dieselbe vom Scherif Burhän-ed-Din-on-Nabols unter der Herrschaft des Sultans Kaitbai's zerstört; es war damals die ganze Merdsche höchst bebaut und bewohnt: die zwei Höhen (Scherf) zu beiden Seiten der Merdsche werden deren Flügel genant; desshalb singt ein Dichter: Es löschten meine Thränen nicht des Schmerzes Flammen, Als ich dereinst in Merdsche dachte meiner Lieben; Einsam schloss ich den Schmerz in meinen Busen ein Und sah ringsum die Leute, die's im Thal gar lustig trieben. Zu den schönsten Orten von Damascus gehören noch ausserdem die beiden Plätze Chalchäl und Moneibi“; in der Gegend Chalchäl sind ein kleiner Markt, Buden, ein Ofen und ein Bad, daselbst wohnen die Türken, hier sind zwei Zellen, die Edhemije und die der Juden, dort wohnen die angesehensten und reichsten Leute. In Moneibi sind ein Bad und Backstuben; daselbst ist die Medreset-el-Chatünije; ein herrliches Gebäude, durch dessen Hof der Banias fliesst, so wie die Kannawät am Thore desselben; die Fenster haben die Aussicht auf die Merdsche; in dieser Medrese sind viele herrliche Marmorplatten. Dieser Stadttheil ist einer der schönsten von Damascus wegen seiner schönen Lage. Ein weiterer sehr schöner Belustigungsort ist Dschebhe, ein viereckiges Stück Landes, das beiläufig zwei Feddän gross ist, es ist überdacht, und ringsum mit Trauerweiden , Nussbäumen , Platanen besetzt, von mit Natten belegten Sitzen umgeben, und von allen vier Seiten vom Wasser umflossen; in der Mitte sind Wasser-Bassins mit Springbrunnen; es ist dieser Ort am Ufer des Barrada, rund herum sind Buden, wo sich Alles dessen man bedarf, vorfindet; daselbst werden besonders Natten, Decken und Mäntel verkauft. Auf diesen Ort singt der Dichter Ali Ibn Said: Für Dschebhe ist in meinem Herzen eine Liebe, Die ich sonst nur dem Mädchenangesicht geweiht, Es tanzen dort des Wassers Wellen lustig fort, Dieweil ein dicht Geäste frischen Schatten leiht ; Die Sonne möchte dort die Nacht verplaudern, Desshalb ergilbt sie, wenn sie scheiden muss, zur Abendzeit. Es liegt dieser Ort zwischen dem Banias und der Kannawät. Ein anderer Belustigungsort heisst Katije; es ist ein Platz am Flusse Barrada, an dem dort viele Wasserräder stehen. Ein anderer Unter- haltungsplatz ist der Ort der Behnesije heisst, wo viele Bäume, Früchte und Quellen sind; von hier führt die Brücke Dschisr – Ibn – Schawäsch zur Merdsche, in der Nähe sind Felder und Gärten die unter dem Namen Homeis bekannt sind. Ober diesem Orte ist der Stadttheil Neirebein, wo ein Markt und ein Bad, !) Siehe Dschihannuma, türkische Ausgabe, p. 577. Topographie von Damascus. 33 i das Hammám-ez-Zumurrud, d. i. Bad der Smaragden, heisst, so wie eine Moschee mit Predigt; in diesem Stadtviertel wohnen die reichsten und angesehensten Leute; hier ist das Haus des Kadi-l-Kudät; von hier aus kommt man zur Rabwe; merkwürdig ist es, dass wenn man vom Thore der Moschee Ilbogha heraus- geht, man immer unter Räumen zwischen. Wässern und im kühlen Schatten wandelt, so dass man die Sonne nicht ein einziges Mal sieht. Bedr-ed-Din Lülü-ed-Dehebi beschreibt das Stadtviertel Neirebein in folgenden Versen ): - Stets segne mir das Thal von Neirebein, Denn dort hab' ich des Lebens sel'gsten Tag verbracht, Es wusste wohl, dass ich mich zu ergötzen war gesinnt, Desshalb legt es vor mir den Teppich aus in Blumenpracht; Den Ästen flüstert's ein, dass ich genaht, d'rum schütteln Sie Früchte nieder, duftend durch die Luft mit Macht; Das helle Wasser in den Bächen selbst gehorchet mir, Denn als ich badete, da floss es still und sacht. Die Felsenschlucht Rabwe. Einige Überlieferungen sagen, die Rabwe“) ward von den Kanaanitern eröffnet. Diese Sage, dass die Rabwe von Kanaanitern erbaut worden sei, ist allein hinreichend, zu beweisen, dass der Glaube an die künstliche Entstehung dieser Felsenschlucht als Werk von Menschenhänden volks- thümlich sei; in der Rabwe ist in der westlichen Bergwand eine hübsche Grotte, wo die Form einer Gebet- nische ist, die vom Volke als Wallfahrtsort besucht wird; daselbst ist eine Moschee mit Predigt, Schulen, so wie auch noch mehrere andere kleinere Moscheen mit Hallen; es ist daselbst ein Quell der el–Main heisst; daselbst sind zwei kleine Bazare die der Fluss Barrada durchschneidet; hier sind Fischer stets beschäftigt, die Fische zu fangen, während andere sie sogleich braten. Auf dem Markte der Rabwe werden täglich fünf und zwanzig Schafe geschlachtet und ausserdem wird noch Fleisch aus der Stadt gebracht; zehn Garköche sind hier beschäftigt, die nichts Anderes zu thun haben, als zu kochen und aus den Kesseln die Portionen zu schöpfen; zwei Backöfen sind dort und drei Bäckerbuden; was aber das Obst anbelangt, so ist das dort in so grosser Menge vorhanden, dass es fast gar keinen Werth mehr hat; ein Rotl (2 Pfund) Maulbeeren kauft man für einen Viertel Dirhem; ein damascener Rotl Muschmusch und Äpfel um denselben Preis; dort ist ein Bad das seines Gleichen nicht hat durch Reinlichkeit und Wasserreichthum, dessen Fenster haben die Aussicht auf den Fluss; unter demselben ist die Terrasse *) der Moschee Medschid –ed – Deilemi , die von Nur-ed-Din restaurirt wurde. Nur-ed-Din hat diese Moschee mit Stiftungen bereichert, stellte Koransleser, Prediger, so wie Professoren an, welche den Bochári zu erklären haben. Mueddine, Ferrasche, Pförtner u. s. w. und Lampenanzünder. Darauf singt Tadsch-ed-Din-el-Kindi: Als Nur-ed-Din, der fromme Herrscher, in den Gärten Ringsum der Reichen Schlösser in der Luft sah ragen, Erbaut er auf der Rabwe dort ein Schloss so hoch Und hehr, in dem die Armen sich gar wohl behagen. 1) Neirebein ist vielleicht gar kein Stadtviertel, sondern viel wahrscheinlicher blos der Collectivname der Gärten die sich von der Bahsa gen die Rabwe erstrecken. - -. *) Rabwat-el-Minschar, d. i. der Säge heisst sie, weil in der Mitte der Felsenschlucht auf der einen Seite, wo die Gebirgs-Schichten bloss liegen, eine solche so kantig und zackig hervorsteht, dass gar nicht viel Phantasie dazu gehört, um sie einer Säge zu vergleichen. - «- 3) Das Wort Tarima haben mir Damascener erklärt als Balcon von Holz, wie er an verschiedenen Kaas zu bemerken ist. Abd- el-Ghani in seiner Reisebeschreibung erklärt es als gleichbedeutend mit Riwäk, d. i. Säulengang, welcher Ansicht ich mich in der Übersetzung anschliesse. - Denkschriften der philos.-histor. Cl. VI. Bd. Abhandl. v. Nichtmitgl. - G 34 A. v. Kremer. Der Emir Ibn-Temim singt: Wie herrlich seh' ich dort den Thurm aufragend stehen, Es wird mein Aug' nimmer müd' ihn zu besehen, Es liegen dort des Thales Reize ausgegossen, Aug', Ohr und Gesicht sind dort von der gleichen Lust umschlossen; Die Rabwe thürmt sich hinten auf, Es scheint, als hielt sich auf der Sterne Lauf, Die Gärten dort umspinnt der Flüsse Silberkette, Die Bäume tragen Früchte um die Wette. Wie oft in stiller Nacht schmiegt dort mein Lieb' sich an, So schmiegsam und so zart gleich einem Zweig von Ban; Ich klag' ihr meiner Liebe Qualen unter Rosen: Es klagt ihr Aug' mir ob der Stunden, der schlaflosen Erst als die Stern ich sah erbleichen, Und als die Morgenluft zum Aufbruch gab das Zeichen: Da schieden wir und gingen in der Keuschheit Schleppgewand Zum Bethaus, Gott allein war die Wahrheit bekannt. Diese Kaa erbaute Nur-ed-Din auf einem Vorsprunge des Berges, sie ist ganz mit Holz getäfelt; ober ihr fliesst der Fluss Jezid und unter ihr der Fluss Tora; es bietet diese Kaa einen herrlichen Anblick. Einer der schönsten Puncte von Damascus ist der Ort, wo sich die sieben Flüsse theilen. In dem Zwischenraume vom Thore Bab-es-Seläme bis zum Thore Bab Tuma sollen drei hundert sechzig Bächlein sein. Die sieben Flüsse von Damascus sind folgende: Jezid und Tora, fliessen am Rande des östlichen Gebirges; der Fluss Barrada fliesst mitten durch den Thalgrund, der Fluss Banias, Kannawät, Nehr-el- Maghnije und Daräni am westlichen Berge. Das Wasser des Barrada soll Kummer und Traurigkeit verscheuchen. Sehr schön sind die Verse des Dichters, des Emir Dirbás: Der Fluss ist in der Bäume schlank. Geäst verliebt: So kömmt's, dass er in seiner Well' ihr Bild stets wiedergibt, Da naht in Eifersucht der West ihr Wehen Und bringt die Zweige aus des Flusses Nähen, Desshalb sieh’st Du sobald Du hörst des Lüftchens Säuseln, Den Fluss die Stirn vor Zorne kräuseln. Am Fusse des Berges Kasiün sind die Hawákir; es scheidet sie von der Rabwe der Bergrücken des Dorfes Dumar, welchem gegenüber die Kubbet-es Sejjár; es geht die Sage, dass Sejjár und Beschär zwei Derwische waren, beide sich der Betrachtung Gottes ergaben und auf den Gipfeln der Berge die bei der Rabwe stehen, lebten; sie waren wunderwirkende Männer und ihnen erbaute man die zwei Kuppeln; es geht die Sage, dass die Weisen der Griechen diese wohlriechenden Kräuter und Blüthen gesäet haben die unten am Fusse des Berges Kasiün wachsen, damit der Westwind ihre Düfte den Bewohnern der Stadt Zutrage. - Eines der schönsten Dörfer um Damascus ist Dareja, südlich vom Stadttheile Schueike; daselbst sind die Gräber der beiden berühmten Heiligen Ebü-Soleiman-ed-Daräni und Ebü-Moslim-el-Chauläni; von diesem Dorfe kommen die herrlichen Melonen Battich-ed-Daräni. – Ein ferneres Dorf ist das Dorf Beldä, östlich vom Dorfe Karbil gelegen, alles zwischen diesen Dörfern gelegene Land ist mit Weingärten bebaut. Von Weintrauben gibt es viele Gattungen in Damascus, als: Beledi, die gemeinste Gattung, Chanäsiri, Asimi, Zeini, Beitmüni, Kanädili, Efrendschi, Mokähili, Beid'– el–Hamäm, Holwani, Bewärschi Tschebeli, Kasif, Ebzáz-el-Kelbe, Kaschlisch, Kunäni, Abidi, Schachmäni, Dschozäni, Darani, Muschmusch-el-Asfur, Aráiischi, d. i. die auf Plantagen gezogenen, Rümi, Neschhebi, Asiri, Rizk-ot-Teir, Somäki, Scharäwi, Derbeli, Kári, Alewi, Ainuni, Muwarrak, Murasas, Muchdarr, Hamädi, Tufähi, Ruhbäni, Zumurrudi, Muberrid. In den Feldern um das Grab des Scheich Arslän herum wird besonders viel Chsachchäsch, Topographie von Damascus. 35 Mohn, gesäet. In dem östlich vom Grabe des Scheich Arslän gelegenen Districte sind die Pfirsich- pflanzungen; dieses Thal heisst Wädi-t-Tahtäni; keine andere Blüthe als die des Pfirsichbaumes wird gegessen, wegen deren Süsse und Aroma; man kennt in Damascus neunerlei Pfirsich-Arten: Berzi, Kasäbi, Sälimi, Sini, Rukki, Abbäsi, Tufähi, Ebü–ferwe, Medschhül. Der schönste Platz der Umgegend von Damascus ist der welcher Merdsche , d. i. die Wiese, heisst, die sich vom unteren Thal Wädi-t–Tähtäni bis zum See erstreckt. Dasselbe hat 360 Dörfer (es ist dies eine Redensart, um die grosse Anzahl der Dörfer zu bezeichnen); es werden in dieser Ebene alle Arten von Körnern gesäet, vorzüglich aber Gerste, Schair. Einer der schönsten Orte von Damascus ist noch ferner Damir, ein altes Dorf, von wo man die guten gelben Melonen von Damir bringt; deren Arten sind: Samarkandi, Sultäni, Schemam. Einer der schönsten Plätze um Damascus ist Berze, ein Dorf nördlich vom Damir; daselbst ist die Hütte des Abraham; aus diesem Dorfe kommen die herrlichen Feigen deren man sechzehn Gattungen zählt. Es sind diese: Mezzi, Berzi, Mäsüni, Rümi, Ballbekki, Kaſb-el-Ghazál, Gharib, Taifüri, Schi- tewi, Dschebeli, Hufeiräni, Mulki, U'seili, Moketteb, Medschhül, Rizk-ot-Teir. Das Dorf Käbrim besteht aus zwei Dörfern, dem oberen und unteren. Daselbst ist ein Fleck, Masstabbet – es – Sultän genannt, der einen Feddän gross ist; man steigt auf denselben auf etlichen und zwanzig Stufen hinauf von allen vier Seiten. Darauf steht ein hübsches Haus, in welchem die Könige und Sultane, wenn sie sich auf die Reise begaben, abzusteigen pflegten, von diesem Dorfe kommen die besten Gurken. Beit Lihja und Annähe sind zwei Dörfer, deren erstes von Einigen Beit-el-Ilähe genannt wird. Eva soll in der Zeit Lihja gewesen sein: in der omejadischen Moschee am Thore Bäb Dschirün, nahe bei dem Ölmagazin, in welchem jetzt der Bazar der Goldschmiede, ist ein schwarzer Stein, es soll dies der Opferstein gewesen sein, auf dem Adam und ebenso Kain und Abel opferten. Dieser Stein wurde von Annäbe dort hin gebracht. Annäbe ist jetzt ein grosser Ort. «. Die Ursache der Benennung ist die, dass ein Priester zur Zeit der Griechen in einem Thurme dort lebte, er erkrankte und war am Rande des Todes; da kam ein griechischer Kaufmann des Weges, der unter anderen fünf Ladungen Weintrauben hatte, denn diese fehlten in Damascus gänzlich; mit diesen Weintrauben heilte sich der Priester und gesundete; derselbe bepflanzte nun die umliegenden Felder mit Weinreben und desshalb ward das Dorf Annäbe genannt. Weitere Dörfer sind Seträ und Mekrä; zwischen diesen beiden Dörfern liegt ein Ort der Julk heisst, an diesem versammeln sich die Leute zur Zeit wenn die Pfirsichbäume in Blüthe sind, begiessen die Stämme mit Wasser und zünden in der Nacht in Eierschalen Lampen an, die sie dann auf dem Wasser fortschwimmen lassen; eben so hängen sie angezündete Orangenschalen auf die Bäume, schlagen Zelte in den Gärten auf und bringen dort die Zeit in grösster Freudigkeit zu. Alle diese Dörfer liegen auf der östlichen Seite von Damascus. - Darauf singt ein Dichter: Wir wallten hin zum Hain von Julk, Der uns mit Huld aufnahm und ehrte; Es boten uns die Zweige Früchte dar, Die jüngst ein Blumenkelch gebar. Ein Anderer singt: Sieh den Hain von Julk im Blumenschmuck, Walle hin, es kam die Stunde der Wallfahrt, Die Erde steht in ihrer Blüthen Pracht Und schmücket sich mit Blumenkränzen fein und zart. Nahe bei diesem Dorfe ist der liebliche Ort Behnesije. Z6 A. v. Kremer. Topographie von Damascus. Zwei der schönsten Plätze in der Umgegend von Damascus sind die Orte Ard' Meitür und Seilün. Der erste welcher daselbst Pflanzungen angelegt haben soll, war Soleimän Ibn-Abd-el-Melik. Einer der schönsten Orte von Damascus ist ferner Sehm, das an Sälihije grenzt, es ist dies ein Weg, der mittendurch zwischen Häusern, Schlössern und Gärten führt. « Die zwei Dörfer, wo die besten Maulbeeren gedeihen, sind Bezän und Basär. Ferner müssen wir Sälihijes Erwähnung thun; es ist dieses Dorf voll von Medreseen, Grabstätten , so dass man eine Meile lang zwischen nichts als Medreseen und herrlichen Gebäuden hinschreitet; wie manche schöne Medrese ist dort in Trümmern, von der nichts weiter mehr übrig ist, als die Grundfesten; gar manche dieser Medreseen mag bei sich selbst sagen: Jetzt bin ich schmachbedeckt, nachdem in meinen Hallen die Koran-Verse wieder- tönten; die andere sagt: Jetzt bin ich ein Pferdestall, nachdem ich eher ein Bethaus für Fromme und Fastende war; die dritte sagt: Sie haben mich niedergerissen und mir das Dach entrissen; eine vierte klagt: Sie haben meine Mauern zerstört und das Thor verkauft, ein Hundestall bin ich geworden, nachdem die Werke verschleudert worden sind. Wie herrlich muss dereinst die Dschämi-el-Dscherákise, wie schön muss die Roknije gewesen sein, wie Schade um die Dschämi – el-Efrem und die Näsirije. Die Dschämi – el Dscherákise ist am Anfange von Sälihije an der Mündung des Marktes. Die Gärten von Sälihije sind über- reich an Früchten und die Bewohner von Sälihije schenken meistens den Bewohnern der Stadt Orangen, Kebäde (Cetrati) und andere herrliche Früchte. Sälihije liegt am Fusse des Berges Kasiün; dieser Berg wird für heilig gehalten, in demselben ist die Höhle der Siebenschläfer; ferner die Bluthöhle, in der man in der Nacht eines jeden Freitags einen Tropfen Blutes sehen soll. Einer der schönsten Plätze in Damascus ist das Dorf Menin, nördlich vom Berge Kasiün; dort ist das Grab zweier berühmter Scheiche, des Scheich Dschendel und des Scheichs Ebü–r – Ridschäl. Von Menin kommen die meninischen Nüsse, berühmt wegen der weichen Schale; man kennt fünferlei Arten. – Die Länge der Ghuta wird von Einheimischen auf dreissig Meilen angegeben und ihre Breite auf fünfzehn Meilen; in der Ghuta findet man Bäume die viererlei verschiedene Früchte tragen, wie Muschmusch, Reineclauden, Äpfel und Birnen; dies findet man jetzt noch in Damascus und es ist auch das Pfropfen der Obstbäume „Tatim“ genannt, ganz gebräuchlich. Kremer Topographie von Damaskus W § Sd - s“ * ? e . «G § Sarah der Scheic/ 0 St Zºº Jidz § Pºss Aleslav ZWÖcz . -- sº. S s Y-SA & Äs Z/E Sº Baô-Mºsdzä º. s zyczy/azzcy/G 7%or Sº_ (ar/en. «5 % P. 5 Ody/c/z J/a/bazz-gº-Za/. (ZÖ/. Sº . «56F Es # sº º. 57 G # Zº/fcz ſº S J/é/////Z- d S Joázarz Gazzzzzz Fº SJ S S = S # # *= == S2 > Z Z Anmerkung, –zºzºva- Zezzzdäezzo erzz&zcz § Z%cºledº Mºar/zwºczazz- T- § –aaaaaaaaa- Zé Zäºzog de Jºacl/. 99 --€“ § = zºgezzzczazz dez. Wºc/ez zwo sie Gaºrée/2. # Je/xé xe 3.6 z äsé. § # S # SA - SF- § # S # 7 E WeSt. – Lith.u. gedr in d.kkilofu- Staatsdruckerei. Denkschriften der k. Akad. d. Wissensch. philos. histor Cl. WLBd. 1854. Erklärung der Nummern des Planes. Via recta. . Bäb-es-Seláme. . Bäb-Tümá. . Mahallet-el-Ferráin. . Mezl-el-Kasab. . Bab-el-Ferädis. . Sük-el-Kädi. . Antusch. . Suk-el-Buzürije. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. Chan-er-Ruzz-es-saghir. Chan-er-Ruzz-el-Kebir. Haus des Asad Pascha. Medrese des Abdallah Pascha. Chan des Asad Pascha. Suk-et-Tutun. Medreset-Suk-el-Harir. Chan-el-Harir. Bazar der Goldschmiede. Kabkabije. Naufara. Moschee. Grab des Melik-ed-Dahir. Medrese. Hamam-el-A'kk. Asrunije. Grab des Nur-ed-Din. Suk-el-Chajjatin und Suk-Bab-el-Berid. Bab-el-Dschabije. Suk-el-Dschedid. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. Derwischije. Dschami'-el-Charratin. Suk-el-Kumeile. Moschee. Suk-el-Dschemal. Suk-ez-Zerablije. Suk-el-Chermatije. Suk-es-Surudschije. Suk-el-Bawabdschije. Bab-el-Feredsch. Bab-en-Nasr. Hawaslije. Dschami-el-Muallak. Bab-el-Amara. Medreset-en-Nahhasin. Sikket-Kasr-Hadschadsch. Bab-esch-Schaghur. Bab-es-Saghir. Dschami-el-Idein. Dschami-Sidi-Dschunian. Dschami-Mendschek. Dschami-er-Rifäi. Mesdschid-Sad-ed-Din. Kaat-el-Ula. Dschami-Schihab-ed-Din. Grabkuppel. Bab-el-Kanawat. Bab-es-Seridsche. Ä"göÄ## ------- ---------- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -. -------- D> SFÄ º.) - - 22-< -º.- º. Ä. - . .“ ----- < ZAC- Ä .. > - . . . “º sº S s DS S N Ä) D) K Sº * - . U ) ) - N sº : ISNÄSI SIS ) DD ) D-DO 22 22 22 º.Ä. Tºº STE==--“FºGº -– 1 - > > SSF > D Dº Dº Dº 22- - - S- - NTY ) - *** Lºs - * T-S - ss KS SIS" Nº - I - DD D 2. Ä* DDD R) DRO DDDDDDDDD- E > DºD ) 5. 5 SE> > > º2- *) DDD DBX>D Sº D+-D --- SO DE - ESI S SSSSST-SSFIN.FSE>TNEWS E »H > > 2. Ä 555 RS O-O NOD>> >>>>>D2 Sº º .. K.- º. Q - - ^. & <. 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