B 528732 -- -.. - - - + - - --- Yeo- [PHILIVOLOLULUNUDIULUI 18370 W LULUULUULETU UTERTULIINI D RC ARTES SCIENTIA A HAN. " . . IINIHILIST ! OUHODOW HDMIOTAHIRINHHATTINTHHINE L LIBRARY WRITAS OF THE VIVERSITY OF MICHI Switzitivuminen ja TATTOO A MUNTITNIKA TERLIKEWUKE UNIVERS 11 il! TURIBUSUNU OOOOOO W S . PI pi R WITHIU . . YO WW TIVO INNONOHTUIEL NURUL . .. TO KE Lowoli . ." . . - SEE 1 I VIC SZ .73 bu . 6 - 7 10 QUAERIS.PENINSULAM AMOENANT CIRCUMSPICES . . .. 1 LIS LEA 1.-: . :. : ill!! 7. . www. El meu B om/D DATINYA'YO AYYOMTYNYT Statoil . . . . APATINIAITRITANITINIUIUTI with a unid EtikuuummHMETITUTUNAN BAHA ! WEN ainuTMITTELUA ntisensen E . . . . 13," BUSIWATUM A RATHAHARAKATINIS .LOADINIMUMANITARI DIATAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA RANIMINTATAS - * . . - - - - . . . - -- . -Ri. -. .....-- . . - on - No.1. Kauzmann, Theodor. Beiträge für den ge- richtlich-chemischen nachweis des mor- phins und narcotins... 1808. No.2. Kubly, Melchior. Ueber das wirksame princip und einige andere bestand theile der sennesblätter. 1865.. No.3. Laurentz, Hugo. Beitrag zum forensisch- chemischen nachweis des hydrochinon und arbutin im thierkörper. 1886. No.4. Löwensohn, Ezechiel Boris. Ueber veratroi- din im vergleich zu veratrin. 1890. No.5. Masing, Emil. Die verbindungen des cantha- ridins mit anorganischen basen. 1866. NO.6. Masing, P.G.A. Beiträge für den gerichtlich- chemischen nachweis des strychnins... 1868. NO.2. Müller, Johannes. Untersuchungen über das verhalten der convolvulins und jalapins in thier körper. 1885. No.8. Oehren, Franz. Ueber das vorkommen der chinasäure in galium mollugo. 1865. No.9. Pander, Eugen. Beiträge zu dem gerichtlich chemischen nachweis des brucins, emetins . und physostigmins... 1871. No.10, Parfenow, Ilja. Chemisch-pharmacognostische untersuchung der braunen amerikanischen chinarinden... 1885. No.11. Petersenn, Carl. Beiträge zur kenntniss von dem verhalten des putriden giftes in faulendem blute. 1869. No.12, Radecki, Rudolf Friedrich. Die canthari- dinvergiftung. 1866, No.13. Radziwillowicz, Raphael. Ueber nachweis und wirkung des cytisins. 1887, ! /* -- . .- .1.. . . . . ... -- . -. .- .: - Sider in---YA - - -- -- - - -- - - - - ..- - ' Beiträge i wie .. .....'' für den gerichtlich-chemischen Nachweis des Morphins und Narcotins in thierischen Flüssigkeiten und Geweben. Eine mit Genehmigung Einer Hochverordneten Medicinischen Facultät der Kaiserl. Universität zu Dorpat zur Erlang ung der Würde eines Doctors der Medicin verfasste und für die öffentliche Vertheidigung bestimmte Nbhan diung Von Theodor Kauzmann. ----Soo DORPAT 1868. Gedruckt bei Heinrich L aa k ma n n. Gedruckt auf Verfügung der medicinischen Facultät. Dorpat, den 15. Januar 1868. Dr. G. v. Oettingen, (Nr. 9.) d. Z. Decan der med. Facultät. .-. Zur feierlichen 2@CTOR - PROMOTION des Herrn Theodor Kauzmann, Sonnabend, den 3. Febr., Vormittags 11 Uhr, im grossen Hörsaale der Kaiserlichen Universität stattfinden wird, laden ergebenst ein Dorpat, Decan und Mitglieder d. 1. Febr. 1868. welche der medicinischen Facultät. . . . Gedruckt auf Verfügung der Dorpat, den 15. Januar 1868. (Nr. 9.) Vorliegendes Thema verdanke ich der Güte des Herrn rung desselben in jeder Beziehung wesentlich unterstützt hat. Ihm für diese freundliche und aufopfernde Hilfelei- stung meinen Dank öffentlich hier aussprechen zu können, gereicht mir zur angenehmen Plicht. 24 Unter den Vergiftungen spielen die durch Opium und seine Präparate veranlassten eine wichtige Rolle. Sie liefern ihr Hauptcontingent zur Classe der zufälligen und nächstdem zu der der Selbstvergiftungen. Das häufige Vorkommen der- selben in ersterwähnter Beziehung erklärt sich aus der weiten Verbreitung, welche die in Rede stehenden Substanzen nament- lich durch ihre ausgedehnte arzneiliche Anwendung gefunden haben, und es gehört daher auch der grösste Theil dieser Fälle in das Gebiet der sogenannten medicinalen Vergiftung. Zum Selbstmord werden die Opiate ihrer wenig qualvollen Wirkungs- weise wegen häufig anderen Giften vorgezogen, zumal ihre Be- schaffung verhältnissmässig geringe Schwierigkeiten bereitet; und in der That muss deren Verwendung zu besagtem Zweck eine durchaus rationelle genannt werden. Endlich finden sich in der betreffenden Literatur auch ein- zelne Fälle von Giftmord durch Opium oder seine Präparate verzeichnet. Ich erinnere nur an den bekannten 1823 vor den Assisen zu Paris verhandelten Process gegen den Dr. Castaing. Immerhin sind solche Fälle noch aves rarissimae in den An- nalen der Giftmordprocesse und werden es wohl auch bleiben, schon weil der bittere Geschmack der betreffenden Substanzen sie zu obigem Zweck untauglich erscheinen lässt. Es sei mir gestattet, hier einige statistische Zahlenangaben, wie sie von Taylor') und Husemann") mitgetheilt werden, . . t - .. ... . · --- - - - -- ... - - 1) Die Gifte. Deutsch von Seydeler. Cöln 1863. Bd. I. S. 428. 2) Handbuch der Toxicol. Berlin 1862. S. 63 u. S. 353. wiederzugeben, da sie einen guten Einblick in die bedeutende Frequenz der Opiumvergiftungen gewähren. In England be- trug (nach der Med. Gaz. Vol. XXV, p. 204) in den Jahren 1837 und 1838 die Zahl der Todesfälle durch Gift, wo letzteres seiner Qualität nach bekannt war, 527. Von diesen kamen auf Opiate nicht weniger als 198 (Laudanum 133, Opium 42, Mor- phium aceticum 2, andere Präparate 21) eine Zahl, die von keinem der anderen Gifte, selbst nicht vom Arsenik (185) er- reicht wurde. Im Jahre 1840 ereigneten sich in demselben Lande 349 tödtliche Vergiftungen, darunter 75 allein durch Opiumpräparate (durch Arsenik nur 32). Von den in den Jahren 1852---56 vorgekommenen 411 Todesfällen durch Gift waren 141 durch Opium und Opium- präparate verursacht (durch cyanhaltige Stoffe 34, durch Arse- nik 27, durch Bleisalze 23, durch Mineralsäuren 15, durch Oxal- säure 13, durch Quecksilber 10 und durch Strychnin 21. - Guy: Principles of forensic med. London 1861). Nach einem Bericht von Wilson („The Bane and the Antidote,“ Birmingham 1856) kamen im Hospital zu Birming- ham in den Jahren 1848 bis 1856 im Ganzen 63 Vergiftungs- fälle zur Behandlung. Darunter waren 13 durch Opiumprä- parate veranlasst, wiederuin eine Zahl, hinter welcher die der übrigen aufgezählten Gifte zurückbleibt. Ein ähnliches Verhältniss stellt sich unter den in den Jahren 1854 bis 1856 in Guy's Hospital beobachteten 27 Ver- giftungsfällen heraus, wo ebenfalls das Laudanum, mit der höch- sten Ziffer (5) vertreten ist. Wie in England, so scheinen auch in Nord-Amerika die Opiate in Bezug auf die Vergiftungen den ersten Rang zu be- haupten. In New-York ereigneten sich innerhalb drei Jahren in 83 constatirten Into xicationsfällen 39 durch Opiumtinctur, 8 durch Opium und 3 durch Morphium, also 60,2% (Galtier). Auf der europäischen Festlande ist die Frequenz dieser 1 T 1 Vergiftungen zwar eine bedeutend geringere, immerhin aber gross genug, um den Opiaten ihre Bedeutung für die Toxico- logie zu sichern. Das ergiebt sich zur Genüge aus der in der betreffenden Literatur zahlreich vertretenen Casuistik. An ge- naueren Zahlenangaben fehlt es leider in dieser Beziehung sehr. Was mir an derartigen Zusammenstellungen zugänglich gewe- sen, beschränkt sich auf Folgendes: Unter 44 in Frankreich vorgekommenen und von Brière de Bois mond erwähnten Fällen von Selbstvergiftung, in denen sich das Gift genau verzeichnet findet, war 5 Mal Opium dazu benutzt worden. Unter 94 in den Jahren 1825-1832 in dem- selben Lande stattgefundenen Intoxicationen, über die Briand berichtet, wird das Opium nur einmal genannt. Nach den Zu- sammenstellungen Flandin's kam im Jahre 1841 unter 52 Vergiftungen nur eine Opiumvergiftung (Laudanum) vor, in den Jahren 1842, 1843 und 1844 dagegen unter 48, resp. 49 und 51 Intoxicationsfällen keine einzige. In einer auf Dänemark bezüglichen Angabe für die Jahre 1830 bis 1835 finden sich unter der Gesammtzahl von 99 Ver- giftungen nur 2 Opiumvergiftungen verzeichnet. Für Deutschland und die übrigen europäischen Länder habe ich keine hierauf bezüglichen Zahlen auffinden können. Wegen dieser, wie aus dem Angeführten ersichtlich, in der That nicht zu übersehenden Bedeutung der Opiate für den Gifttod haben die genannten Mittel naturgemäss schon seit lange die Aufmerksamkeit der Aerzte und namentlich der To- xicologen auf sich gelenkt. Besonders auf dem Gebiete der Giftwirkung, der Symptomatologie, der Ermittelung der tödtli- chen Dosis u. s. w. ist im Laufe der Zeit theils durch Vergif- tungsversuche an Thieren, theils durch Veröffentlichung von dahin bezüglichen Vergiftungsfällen an Menschen, wie auch durch's Studium der physiologischen und therapeutischen Wir- kungen der in Rede stehenden Substanzen ein überaus grosses Material zusammengetragen worden, und wird noch gegenwär- Y tig in dieser Richtung eifrig fortgearbeitet, indem besonders das verschiedene Verhalten der bereits zahlreich aus dem Opium dargestellten Alkaloide zum thierischen Organismus den Ge- genstand der Untersuchung bildet. Wenn man trotzdem in diesen Fragen noch zu keinen übereinstimmenden Resultaten gelangt ist und die Ansichten der Forscher sich vielfach geradezu widersprechen, so hat das seinen Grund in den erheblichen Schwierigkeiten, mit denen man gerade beim Experimentiren mit den Opiaten dadurch zu kämpfen hat, dass die Differenzen in der Wirkung auf die ver- schiedenen Thierspecies bei diesen Stoffen in einem Masse her- vortreten, wie vielleicht bei keinem anderen, und sogar in der- selben Species die Individualität von wesentlichem Belang ist, in welcher Beziehung ich namentlich auf die Wirkungen des Opiums, resp. Morphiums auf den Menschen verweise. Auf die berührten, aus den angeführten Gründen wenig Erfolg versprechenden Fragen einzugehen, hat nicht in dem Plane dieser Arbeit gelegen. Man erwarte daher in dem Fol- ich bei der Anführung der einzelnen Experimente die nur bei- läufig und oberflächlich beobachteten Symptome nach Applica- tion des betreffenden Giftes kurz erwähne, so geschieht das nur in der Erwägung, dass von demjenigen, der sich etwa versucht fühlen sollte, in dieser Richtung noch weitere Experimente an- zustellen, doch noch vielleicht Einiges verwerthet werden könnte. Irgend welche Schlüsse aus dem in dieser Hinsicht nur spär- lichen und unvollkommenen Material zu ziehen, halte ich mich nicht für berechtigt. . Ich gehe daher gleich zu der Frage über, deren Beant- wortung den Vorwurf nachstehender Experimente gebildet hat, nämlich zu der Frage, in wie weit nach stattgefundener Ver- giftung durch Morphium, resp. Opium eine solche durch chemi- sche Analyse sich constatiren lässt. Auch auf diesem Gebiete ist mir schon vielfach vorgearbeitet worden. Immerhin existiren aber noch in manchen beachtenswerthen Punkten Widersprüche und Lücken, die der Erledigung harren. So erschien es na- mentlich wünschenswerth, durch Versuche an Thieren die Mög- lichkeit, das genannte Alkaloid nicht nur im Magen und Darm, sondern besonders auch nach seiner Resorption im Blut und anderen Organen des Körpers, wie auch nach seiner etwaigen Ausscheidung durch den Harn in letzterem nachweisen zu kön- nen, darzuthun, da die in jüngster Zeit wesentlich vervoll- kommneten Abscheidungsmethoden zum grössten Theil nur an Lösungen des reinen Alkaloids oder an künstlich bereiteten Gemengen desselben mit Harn, Blut, oder verschiedenen Organ- theilen erprobt sind, was ihren Werth für forensische Zwecke noch nicht genügend documentirt. Dazu kommt noch, dass selbst in neuester Zeit von Cloëtta 1) die Möglichkeit eines derartigen Nachweises auf Grund ähnlicher Versuche bestritten und darauf hin die Wahrscheinlichkeit einer in dem Organismus stattfindenden Zersetzung des Alkaloids gegründet worden ist. Uin die Alkaloide durch die ihnen zukommenden Reactio- nen mit der gehörigen, für forensische Untersuchungen durchaus erforderlichen Sicherheit nachweisen zu können, ist es vor allen Dingen geboten, dieselben zuvor in möglichst reinem, wo thun- lich în krystallinischem Zustande abgeschieden zu haben, widri- genfalls man selbst mit den empfindlichsten und characteristisch- sten Reactionen zu keinen oder nur höchst zweifelhaften Resul- lassen. Nächst diesem Erforderniss kommt es weiter wesentlich darauf an, dass die anzuwendende Abscheidungsmethode uns die Garantie bietet, durch dieselbe das Alkaloid auch seiner Quantität nach möglichst vollständig zu gewinnen. Dass dieses nicht nur für die in jedem Falle wünschenswerthe quantitative Bestimmung des beigebrachten Giftes, sondern selbst für die qualitative von Wichtigkeit ist, da die Alkaloide oft, namentlich LU 1) Virchow's Archiv, Bd. XXXV S. 369. wenn sie zum Nachweise stattgefundener Resorption in den zweiten Wegen gesucht werden sollen, in so geringer Menge vorhanden sind, dass schon die Beschaffung eines zu den ver- schiedenen anzustellenden Identitäts-Proben hinreichenden Ma- terials Schwierigkeiten bereitet, – liegt auf der Hand. Endlich bildet auch möglichste Einfachheit der ganzen Procedur einen, wenn auch erst in dritter Reihe in Betracht zu ziehenden, so doch jedenfalls nicht zu übersehenden Vorzug der einzuschla- genden Methode. Nach diesen allgemeinen Gesichtspunkten hat man sich auch bei der Wahl des speciell die Abscheidung der Opium- O L ONAY Von den zahlreichen zur Ermittelung des Morphin-Gehaltes im Opium oder zur Darstellung der Alkaloide aus letzterem benutzten Methoden, die sich meist auf Fällung des wässrigen oder alkoholischen Opiumauszuges durch Ammoniak oder eine andere Base gründen, kann hier abgesehen werden, da diesel- ben für forensische Untersuchungen, wo man stets mit verhält- nissmässig kleinen Dosen zu operiren hat, selten anwendbar sind. Die Verfahrungsweisen, die speciell für die gerichtlich- chemische Untersuchung auf Opium, resp. seine Alkaloide vor. geschlagen und angewandt sind, fallen zum grössten Theil mit den zu dem gleichen Zweck für die Abscheidung der Alkaloide im Allgemeinen angegebenen zusammen. Die Zahl derselben ist bereits eine recht erhebliche, der thatsächliche Werth vieler aber nur sehr gering zu veranschlagen. Es liegt nicht in meiner Absicht, eine auch nur einigermassen erschöpfende Darstellung und Kritik dieser Methoden zu geben. Ich werde mich vielmehr darauf beschränken, nur auf die von mir be- nutzte Methode näher einzugehen und von den übrigen einzelne für die Morphinabscheidung wichtigere kurz zu berühren. Unter den älteren Methoden scheint namentlich die Las- saigne'sche ) eine weitere Verwendung gefunden zu haben. 1) Refer. in den Annal, de Chimie et de Physique, T. XXV p. 102, 1824, TY - . . . - .. -- 10 t Er dampft die verdächtige Substanz, wenn sie eine Flüssigkeit darstellt, bei gelinder Wärme zur Trockene ein, behandelt den Rückstand mit Alkohol, um das (essigsaure) Morphin zu lösen und die animalischen Substanzen möglichst zu trennen, filtrirt, verdampft abermals und nimmt den Rückstand in Wasser auf, um die Fette aus demselben zu entfernen. Die wässrige Lö- sung wird nach vorhergängiger Filtration der freiwilligen Ver- dunstung überlassen. Mit dem so erhaltenen Rückstande wer- den dann die Reactionen auf Morphin angestellt, welches bis- weilen, wenn die Lösung rein und das Alkaloid reichlich ver- treten war, in krystallinischem Zustande erhalten werden soll. Ist die zu prüfende Substanz eine feste, so wird sie nach vor- angeschickter Zerkleinerung eine Zeit lang mit Wasser gekocht und mit diesem wässrigen Auszuge weiter wie oben verfahren. Reagirt das Untersuchungsobject alkalisch, so wird der Alkohol, resp. das Wasser zuvor mit Essigsäure angesäuert. Auf diese Weise gelang es Lassaigne, Morphin in den erbrochenen lassen eines Thieres, dem die genannte Substanz beigebracht war, nachzuweisen. Desgleichen konnte in dem Magen einer durch 5 Gran Morphin vergifteten Katze letzteres dargethan werden, nicht aber in dem Darm, dem Herzen und dem Blute desselben Thieres. Ebensowenig gelang ihm der Nachweis in dem durch einen Aderlass entnommenen Blute eines Hundes, welchem 12 Stunden zuvor 36 Gran Morph. acet. in die Crural-Vene injicirt worden waren. Ein ähnlicher Ver- such an einem Pferde, dem 30 Gran desselben Alkaloids direct in's Blut gebracht waren und dem das Blut 5/4 Stunden darauf entzogen wurde, führte gleichfalls zu negativem Resultat. Da- gegen konnte er in einem anderen, unter den gleichen Verhält- nissen angestellten und nur in soweit modificirten Experimente, als die Blutentleerung schon 10 Minuten nach der Injection vor- genommen wurde, Spuren von Morphin in dem Blute constatiren. Diese Resultate, verglichen mit denen, die erhalten wur- den, wenn Thierblut ausserhalb des lebenden Organismus mit 11 JUUL Morphium aceticum versetzt wurde, wo letzteres nach der an. gegebenen Methode sich leicht nachweisen liess, führten Las- saigne zu dem Schluss, dass das Morphin entweder in dem Blut rasch eine Zersetzung erleide oder bald aus demselben ausgeschieden würde. Es sei daher ein vergebliches Bemühen, im Blute solcher, die an Morphinvergiftung gestorben, dieses Gift wieder aufzusuchen. Um einem wesentlichen Mangel seiner Methode abzuhelfen, nämlich der Unmöglichkeit, das Alkaloid auf die angegebene Weise aus einem Gemenge von organischen Substanzen gehörig rein darzustellen, hat Lassaigne ferner vorgeschlagen, die wässrige Lösung des Alkohol-Rückstandes mit basisch-essigsau- rem Bleioxyd zu behandeln, welches die eiweissartigen und färbenden Substanzen niederschlagen soll, während das Morphin- salz in Lösung bleibt. Diese vom Blei - Niederschlag getrennte und kaum mehr gefärbte Flüssigkeit wird von dem überschüs- sigen Bleisalz durch Einleiten von Schwefel-Wasserstoffgas be- freit, filtrirt (wenn noch Färbung zugegen, durch Thierkohle) und schliesslich, um eine erneute Färbung zu vermeiden, über Schwefelsäure verdunstet. Der angeführten Methode wird namentlich auch von Or- fila 1) und Christison?) das Wort geredet. Ersterer hat die- selbe vielfach geprüft und zugleich auch die auf diese Weise erzielten Resultate mit denen verglichen, welche sich durch das von Dublanc befürwortete Verfahren erhalten lassen. Er kam dabei zu dem Schluss, dass die Methode des letzteren durchaus unzulänglich sei. Dublanc 3) verfährt in der Weise, dass er die organischen Substanzen durch alkoholische Galläpfeltinctur fällt und die von diesem Niederschlage getrennte Flüssigkeit, welche' gerbsaures Morphin gelöst enthält, mit Gelatine behan- 1) Traité de Toxicologie. Paris 1843. 2) Abhandlung über die Gifte. Aus dem Englischen übersetzt. Weimar 1831. 3) Journal de Pharm, X. 425. Refer, von Orfila a. a. (). 12 delt, wodurch das Morphin frei werden soll. Orfila erhielt auf diese Weise das Alkaloid stets mit färbenden Substanzen, mit Fett, mit Glutin und verschiedenen Salzen gemengt und konnte daher auch keine deutliche Farbenreaction nach Zusatz von Salpetersäure erzielen. Er verwirft daher diese Methode voll- ständig aus folgenden, gewiss berechtigten Gründen: 1) die Methode giebt kein Mittel an die Hand zur Abtrennung der Fette; 2) sie sorgt nicht für gehörige Abscheidung der Farb- stoffe; 3) Verunreinigungen mit gerbsaurem Glutin sind nicht zu vermeiden, weil Spuren dieser Verbindung immer in Lösung bleiben; 4) endlich sind auch die Verbindungen der Gerbsäure mit anderen animalischen Substanzen durchaus nicht immer vollkommen unlöslich in Alkohol und bleiben daher mit dem etwa vorhandenen Alkaloid zugleich im Rückstande. So fand Orfila z. B., dass ein alkoholischer Auszug aus normalem Harn mit Gerbsäure einen Niederschlag lieferte, welcher zu einem nicht geringen Theil in Alkohol löslich war. Die Lassaigne'sche Methode dagegen lieferte ihm weit günstigere Resultate. Nach dieser verfahrend war er im Stande, nicht nur aus künstlich bereiteten Gemengen von Morphin oder Opium mit organischen Substanzen das betreffende Alkaloid soweit wieder zu isoliren, dass dessen Gegenwart durch ver- schiedene Farbenreactionen (von denen er in erster Reihe auf die rothe Färbung durch Salpetersäure, in zweiter auf die blaue durch Eisenchlorid Gewicht legt) sich deutlich zu erkennen gab, sondern es gelang ihm der Nachweis gleichermassen auch in verschiedenen Organen und im Harn solcher Thiere, denen er Morphin beigebracht hatte. So applicirte er z. B. sechs Hunden je 1–2 Gramm wässriges mit Wasser angerührtes Opiumextract subcutan auf die innere Schenkelfläche. Diese Thiere wurden nach 28, resp. 30 und 36 Stunden strangulirt, nachdem ihnen der Penis mehrere Stunden zuvor unterbunden war. Der Harn dieser 6 Hunde wurde vereinigt und lieferte eine Quantität von 180 Gramm. Mit dieser Flüssigkeit verfuhr er wie oben ange- . 11 13 YY t 11 geben und konnte in dem schliesslichen Rückstande durch Sal- petersäure eine rothe, und durch Jodsäure und Amylon eine blaue Farbe hervorrufen. Die Lebern, Milzen, Nieren, Lungen und Herzen dieser Thiere wurden zerkleinert und gleichfalls gemeinschaftlich derselben Procedur unterworfen. Auch hier traten die genannten Farben-Reactionen ein. Zu dem gleichen Resultat gelangte er in einem anderen Experiment, bei welchem er zwei Hunden 4 und 6 Gramm Opiumextract, in Wasser ge- löst, in den Magen brachte und wie oben die verschiedenen Organe und den Harn beider Thiere gemeinschaftlich auf Mor- phin untersuchte. Ferner wurden von Orfila mehrere Versuche derart aus- geführt, dass er Hunde mit Morphin vergiftete und deren Le- bern isolirt der Untersuchung unterwarf. Die Behandlung mit Bleiessig und Kohle unterliess er in diesen Fällen und gewann daher auch einen dunkelbraun gefärbten Rückstand, welcher aber nichtsdestoweniger mit concentrirter Salpetersäure eine exquisit rothe Farbe lieferte, während freilich die Reaction durch Eisenchlorid ausblieb. Der Geschmack des Rückstandes war bitter. Die Lebern nicht vergifteter Thiere, genau auf dieselbe Weise behandelt, zeigten keine derartige Farbenreac- tion und keine Bitterkeit, woher er sich für berechtigt hält, schon aus der genannten Reaction auf Gegenwart von Morphin schliessen zu dürfen. Trotz dieser verhältnissmässig günstigen Resultate verkennt doch auch Orfila selbst nicht die in mancher Beziehung zu Tage tretende Unzulänglichkeit der von ihm befürworteten Methode. So konnte er vermittelst derselben das Alkaloid oft nicht so rein erhalten, um alle Reactionen des letzteren anstel- len zu können. Namentlich liess ihn auch die Eisenchlorid- Probe oft im Stich, indem sich statt der erforderlichen blauen Farbe eine grüne, rothe, oder braune einstellte, bedingt durch die Gegenwart fremder Substanzen, besonders verschiedener Farbstoffe. Ebenso gelang es ihm nie, das Alkaloid in kry- Ini WY nen 14 stallinischer Form zu erhalten, es sei denn, dass er mit so grossen Dosen operirte, wie sie in Vergiftungsfällen kaum je- mals, selbst nicht im Mageninhalt oder in dem Erbrochenen S nn 1 wenn anderweitige Anzeichen für den Vergiftungstod durch Morphin nicht vorliegen, einen solchen allein durch die genann- ten Farbenreactionen constatiren zu wollen, indem er diese Be- weismittel in einem solchen Fall nur als Verdachtgründe gel- ten lässt. Noch reservirter spricht sich in dieser Beziehung Chri- stison aus, der zwar auch die Lassaigne'sche Methode, als die beste der bis dahin bekannten, zur Constatirung einer Mor- phin- resp. Opiumvergiftung angewandt wissen will, indem er die Möglichkeit anerkennt, auf diese Weise die Gegenwart des genannten Alkaloids bisweilen, wenn auch nicht mit absoluter Gewissheit, so doch wenigstens mit grosser Wahrscheinlichkeit, darzuthun. Auf eigene Erfahrung gestützt zweifelt er jedoch an dem günstigen Erfolge der Analyse, wenn man es mit einem Gemenge von Opium und organischen Substanzen zu thun hat. So konnte er z. B. in einer Mischung von 10 Gran Opium mit 4 Unzen Porter oder Milch keine andere Eigenschaft des Mor- phins darthun, als seine Bitterkeit. In einem Vergiftungsfalle, vorher erbrochen zu haben, 5 Stunden darauf gestorben war, konnte er in dem Mageninhalte, der in der bekannten Weise behandelt worden war, nur die Bitterkeit des Morphins nach- weisen. Zu kaum günstigeren Resultaten gelangte er in einem zweiten Fall, wo eine Person 2 Unzen Laudanum geschluckt entleert worden war. Auch in dieser, so erhaltenen Magen- flüssigkeit erzielte er für die Gegenwart des Morphins keine anderen Beweise, als einen bitteren Geschmack und eine unvoll- kommene Farbenreaction nach Zusatz von Salpetersäure, wäh- rend doch der characteristische Opium - Geruch und die, wenn 15 auch unvollkommen erfolgte Mekonsäure-Reaction durch Eisen- chlorid für die Anwesenheit des Opiums sprachen. Da es sich nun in diesen Fällen um verhältnissmässig bedeutende Gift- quantitäten handelte und auch die Zeit, während welcher das Gift der vitalen Einwirkung im Magen ausgesetzt war, kürzer war, als es gewöhnlich in tödtlichen Fällen zu sein pflegt, so kommt Christison zu folgendem Schluss: „dass bei Vergif- tung mit Opium der gerichtliche Arzt oft mittelst der besten bis jetzt bekannten analytischen Methoden keinen genügenden, ja manchmal gar keinen Beweis der Anwesenheit des Giftes im Inhalte des Magens erlangen wird“. In Betreff der Zweckmässigkeit der genannten Methoden habe ich schliesslich nur noch wenig hinzuzufügen, da schon das Angeführte nicht zu Gunsten derselben spricht. Die Du- blanc'sche Methode kann ich übergehn, nachdem schon Or- fila aus triftigen Gründen den Stab über dieselbe gebrochen. Ebenso dürfte aber zur Zeit auch das Lassaigne'sche Ver- fahren kaum mehr seine Vertreter finden, denn sowohl die An- wendung des Bleiessigs als die der Thierkohle ist mit wesent- lichen Uebelständen verknüpft. Ersterer bedingt einmal keine vollständige Fällung der fremdartigen Substanzen (daher auch die nachträgliche Behandlung mit Kohle empfohlen worden ist) und zweitens tritt, worauf Stas) namentlich aufmerksam macht, der zur Entfernung des überschüssigen Bleioxyds erforderliche Schwefelwasserstoff mit einzelnen organischen Stoffen in Ver- bindung, welche dann durch Einwirkung der Luft oder gerin- ger Wärme leicht verändert werden, so dass die Flüssigkeit sich rasch färbt und einen ihr hartnäckig anhaftenden Geruch annimmt. · Dass auch die Behandlung der verdächtigen Flüssigkeit mit Thierkohle unzulässig ist, ergiebt sich schon aus dem Um- stande, dass dieselbe bald (wie das bei der in Rede stehenden 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. B. 84. S. 380. 16 M Methode der Fall) dazu dienen soll, die Flüssigkeit zu entfär- ben und eine reinere Lösung des Alcaloids herzustellen, bald dagegen angewandt wird um einen, dem obigen gerade entge- gengesetzten Effect zu erzielen, nämlich das Alkaloid der Lö- sung vollständig zu entziehen. In letzterem Sinne haben Gra- ham und Hoffmann) die Thierkohle benutzt und darauf ein eigenes Verfahren zur Abscheidung von Alkaloiden gegründet, indem sie die zu untersuchende Flüssigkeit eine Zeit lang mit Kohle behandeln, filtriren und schliesslich der letzteren das Alkaloid durch Kochen mit Alkohol entziehen. Dass in beiden Fällen Verluste fast unvermeidlich sind, liegt auf der Hand, und zwar in dem ersteren dadurch, dass ein oft sehr beträcht- licher Theil des Alkaloids beim Entfärben der Lösung durch Thierkohle von dieser energisch zurückgehalten wird. So be- handelte z. B. Lefort) eine alkoholische Lösung von 0,1 Grm. Morphin mit 100 Grm. Thierkohle und konnte der letzteren das Alkaloid trotz 5maliger Behandlung mit bald kaltem, bald warmem starkem Alkohol nicht wieder vollständig entziehen. Für den zweiten Fall (Methode von Graham u. Hoffmann) entspringt aus der wechselnden Beschaffenheit der Kohle eine Quelle von nicht unbedeutenden Verlusten, indem der Grad der Vollständigkeit, mit welcher das Gift von dieser aufgenom- men wird, wesentlich von der Güte des genannten Materials bedingt wird, welche aber schwer zu controlliren ist. Ausser- dem lassen sich noch manche andere Bedenken gegen die An- wendung der Thierkohle zu letzterem Zwech geltend machen. So ist es nach Dragendorff3) fraglich, ob alle Säuren mit den betreffenden Alkaloiden Salze bilden, die in gleicher Weise kräftig von der Kohle gebunden werden; auch hält er es für wahrscheinlich, dass der grössere oder geringere Säuregehalt 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. B. 83. S. 39. 2) Journ. de Pharm. et de Chimie. 3. Serie. T. XI. pag. 97. Refer, in d. Zeitschr. f. analyt. Chemie von Fresenius. Jahrg. I. S. 134. 3) APXHB) CyÆebnoň me%. U obiecte, rur. 1865. KH. IV. 4. II. ctp. 39. 117 der Lösung auf den ganzen Process von wesentlichem Einfluss ist. Aus den angeführten Gründen empfiehlt sich also die Me- thode von Graham und Hoffmann, die ich hier eingeschal- tet habe, da ich gerade auf die Anwendung der Kohle zu spre- chen kam, auch nicht zur Abscheidung der Opiumalkaloide, und ich werde daher auf dieselbe nicht weiter Rücksicht nehmen. Um aber nochmals auf das Lassaigne'sche Verfahren zurückzukommen, so habe ich soeben das Missliche der An- wendung des Bleiessigs und der Thierkohle darzuthun gesucht und früher auch schon der ungenügenden Resultate Erwähnung gethan, zu denen man nothwendig gelangt, wenn man sich darauf beschränkt, den wässrigen Auszug der verdächtigen Sub. stanz zur Trockene zu bringen, den Rückstand mit Alkohol zu behandeln, zu filtriren, abermals zu verdunsten, den Rückstand in Wasser aufzunehmen und schliesslich diese wässrige Lösung abzudampfen, wie Lassaigne es vorgeschlagen. Die überaus günstigen Resultate, die Winkler'), nach dieser Methode verfahrend, in neuester Zeit in dem unten (cf. d. Anmerkung?) beschriebenen Vergiftungsfall erzielt haben will, müssen daher in der That auffallen. 1) N. Repert. f. Pharm. v. Buchner. B. XVI. H. I. S. 35. 1867. 2) Es handelte sich um einen, einige Wochen alten Säugling, der am Abend eine Portion einer wässrigen Abkochung von einem ziemlich gros- sen vertrockneten Mohnkopf genossen hatte und am darauf folgenden Tage zwischen 11-12 Uhr Mittags gestorben war. Symptome und Leichenbefund konnten für Opiumvergiſtung sprechen. Der Magen nebst Inhalt, mit etwas Weingeist übergossen, wurde Winkler zur Untersuchung übergeben. Der Mageninhalt bestand aus einer braunröthlich gefärbten, mit Fetttheilchen und coagulirtem Schleim untermengten, an sich ziemlich klaren Flüssigkeit von rein weingeistigem Geruch und stark saurer Reaction. Der Gesammt- inhalt betrug 13 Drachmen. Er wurde, weil an sich sauer reagirend, ohne weiteres bis zur dünnen Syrupsconsistenz auf dem Wasserbade abgedampft, der Rückstand dreimal mit je einer Unze heissem reinem Weingeist von 80° R. ausgezogen, die filtrirten Auszüge vereinigt und im Wasserbade einge- dampft. Es hinterblieb ein amorpher, fast durchsichtiger gummiähnlicher Rückstand, welcher 25 Grm. betrug. Dieser wurde mit wenig kaltem de- stillirtem Wasser übergossen. Der grösste Theil löste sich dabei leicht mit bräunlich gelber Farbe, unter Hinterlassung einer sehr geringen Menge ei- 18 Dass es auch Anderen gelungen ist, auf diesem Wege Morphin zu finden, unterliegt keinern Zweifel. So thut Taylor 1) eines Vergiftungsfalles durch Morphium muriaticum Erwähnung, wo er im Stande war, letzteres durch blosse Anwendung heissen Alkohols im Magen zu constatiren. Das gleiche bezeugen auch die bereits angeführten Versuche von Orfila und Lassaigne. Immer aber handelte es sich hier um grössere Giftquantitäten und dennoch standen die Erfolge, wenigstens soweit sie von den beiden letztgenannten Autoren mitgetheilt sind, weit hinter denen zurück, welche Winkler in dem erwähnten Fall erzielt nes schmutzig bräunlichgelben Fettes und einer sehr geringen Menge eines gelblichweissen krystallinischen Pulvers, welches sich durch Abschlämmen leicht von dem vorhandenen Fett trennen liess und sich sehr leicht in ko- chendem Wasser löste. Die noch heiss filtrirte Lösung schied beim lang- samen Verdunsten nach und nach einige sehr feine Kryställchen aus, welche sich gegen Chlorwasserstoffsäure wie reinstes Narceïn verhielten. Die von dem Rückstand abfiltrirte wässrige Lösung wurde nun noch bis zum Ge- wicht von 200 Grm. mit destilirtem Wasser verdünnt und in zwei gleiche Theile getheilt. Die eine Portiou dieser Flüssigkeit färbte sich auf Zusatz von sehr wenig neutraler Eisenchloridlösung sehr bemerklich bläulich-grün, wie eine verdünnte Lösung eines Morphinsalzes; die andere Hälfte wurde in einer kleinen gläsernen Abrauchschale mit Ammoniakflüssigkeit im Ue- berschuss versetzt; hierbei schied sich sogleich ein fein pulveriger schmutzig- gelbweisser Niederschlag aus, welcher sich im Ammoniaküberschuss fast ganz wieder auflöste. Beim gelinden Erwärmen der Lösung schied sich während des Verflüchtigens des freien Ammoniaks nach und nach an den Wandungen des Schälchens ein deutlich krystallinischer Anflug aus. Die- ser, aus mikroscopischen Kryställchen bestehende Anflug, welcher im Lichte stark glänzte, verhielt sich genau wie reines Morphium, und färbte sich namentlich durch neutrales Eisenchlorid sogleich dunkelblau. Nach dem Abgiessen der Flüssigkeit und Abwaschen der Krystalle mit Wasser wurden diese in sehr wenig heissem Weingeist gelöst und die klare Lösung auf einigen Uhrgläsern dem freiwilligen Verdunsten überlassen. Das Morphium hinterblieb hierbei in gut ausgebildeten Kryställchen, welche unter dem Mikroscop genau die characteristische Gestalt der Morphiumkrystalle zeigten und sich gegen Eisenchlorid und Jodsäure wie reinstes Morphium verhiel- ten. Nach der Reaction, welche Eisenchlorid in der Gesammtflüssigkeit der Morphiumlösung bewirkte, enthielt dieselbe annähernd /20 Gr. Morphium. Mekonsäure konnte durch die bekannten Reagentien nicht ermitteit.werden; die in der Flüssigkeit enthaltene Säure wurde als Milchsäure erkannt. Ich lese Gr. = Gran, da sonst Gramm im Aufsatze = Grm. abgekürzt ist. 1) a. a. 0. B. III. S. 71. 19 haben will, wo doch offenbar nur eine sehr geringe Menge des Alkaloids, wenn auch gewiss genügend, um den Tod des Kindes herbeizuführen, zur Verwendung gekommen sein kann. Ich masse es mir nicht an, das Winkler'sche Verfahren und seine Schlüsse einer endgültigen Kritik zu unterwerfen, was ich Che- mikern von Fach überlassen muss. Nur auf einzelne, mir auf- fallend erscheinende Punkte will ich aufmerksam machen. So hätte meiner Ansicht nach Winkler nach den von ihm gewon- nenen Resultaten auf eine weit grössere Giftquantität schliessen müssen, als er es gethan. Er schätzt die ganze Menge auf circa 1/20 Gran Morphin, sich stützend auf die Farbenreaction, die er nach Zusatz von Eisenchloridlösung zu der Lösung des Rückstandes in 200 Gramm Wasser erhielt. Nun ist aber nach dem Zeugniss aller Autoren zum Eintritt der erwähnten Reaction eine verhältnissinässig concentrirte Morphinlösung erforderlich. Eine Lösung von 1/20 Gran Morphin in 200 CC. Wasser bildet aber ein Verhältniss von 1 : 60000, in welchem sicher die Eisenchlorid - Probe vollständig im Stich lässt. Ich habe zwar keine fortlaufende Versuchsreihe zur Bestimmung der Empfind- lichkeitsgränze der genannten Reaction angestellt, aber letztere bei einer Verdünnung von 1 Theil Morphinsulphat in 2000 Thei- len Wasser nie, und bei einer Lösung von 1 : 600 nur ganz spurenhaft eintreten gesehn. Setze ich nun die Intensität der im letzteren Fall von mir erzielten Farbenreaction gleich der, die Winkler in dem genannten Fall beobachtet hat, - und dazu halte ich mich mindestens für berechtigt, da eine noch geringere Färbung wohl kaum mehr als Identitätsreaction für Morphin Geltung haben kann, - so müsste in dem Winkler- schen Fall die Morphium - Quantität 0,33 Grm. oder mehr als 5 Grap betragen haben. Das stimmt nun aber allerdings schlecht zu der jedenfalls geringen Quantität des Giftes, die das Kind mit einer Abkochung von nur einem Mohnkopf erhalten haben kann, und Winkler befindet sich meiner Ansicht nach in der überaus misslichen Lage, eine bedeutend grössere Quan- 2* 12 20 1 tität des Giftes aus dem Magen isolirt zu haben, als in den- selben eingeführt war. Dass diese Differenz darin ihre Er- klärung findet, dass in der That eine grössere Giftmenge, als angegeben, zur Anwendung gekommen ist, scheint mir nicht wahrscheinlich, wenigstens geben die mitgetheilten Anteceden- tien zu dieser Vermuthung durchaus keinen Anlass. Ich kann daher nicht umhin, in Betreff der Zuverlässigkeit dieser Beob- achtung einige Zweifel zu hegen. Auch ist nicht recht zu ver- stehen, was Winkler darunter meint, wenn er behauptet, Kry- stalle gewonnen zu haben, „welche sich gegen Chlorwasserstoff- säure wie reinstes Narceïn verhielten. Nach seinen eigenen Angaben wird das aus Mohnköpfen gewonnene Narceïn durch Salzsäure nicht blau gefärbt, und wenn früher Pelletier von einer Blaufärbung des Narceïns durch Salzsäure gesprochen hat, so ist es einerseits bekannt, dass das jetzt im Handel vorkom- mende Narceïn diese Reaction nicht zeigt und dass dieselbe. andererseits auch bei dem Pelletier'schen Narceïn nach mehr- maligem Umkrystallisiren aus Alkohol schwindet, also offenbar nur einer Verunreinigung zugeschrieben werden kann. Ein weiteres Verfahren, das namentlich in neuerer Zeit, wie zur Abscheidung der Alkaloide im Allgemeinen, so auch speciell zu der des Morphins eine ausgedehnte, ja fast alleinige Verwendung gefunden hat, ist das von Stas 1). Er behandelt die zu untersuchende Substanz mit dem doppelten Gewicht rei- nen möglichst starken Weingeistes, dem je nach der Menge und dem Zustande des Untersuchungsobjectes 1/2 bis 2 Gramm Wein- oder Oxalsäure zugesetzt worden ist, und erwärmt die Mischung auf 70–75° C. Nach dem Erkalten wird filtrirt, der Rückstand mit starkem Weingeist ausgewaschen und die Flüssigkeit im luftleeren Raum bei einer 35° C. nicht übersteigenden Tempe- ratur verdunstet. Scheiden sich dabei Fette oder andere unlös- liche Substanzen ab, so filtrirt man abermals durch ein mit 1) Bulletin de l'acad. royale de méd. de Belgique. Refer. in den Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 84 S. 379. 21 Wasser benetztes Filter und verdampft das Filtrat nebst dem Waschwasser im luftleeren Raum oder in einer Glocke über Schwefelsäure bis fast zur Trockene. Der Rückstand wird dann mit kaltem absolutem Weingeist ausgezogen und der weingei- stige Auszug an der Luft oder besser im luftleeren Raum ab- gedunstet; der zurückbleibende saure Rückstand wird in mög- lichst wenig Wasser gelöst und zu der Lösung nach und nach reines pulverisirtes zweifachkohlensaures Kali oder Natron hin- zugefügt, bis bei erneutem Zusatz keine Kohlensäure-Entwicke- lung mehr stattfindet. Dann wird die Flüssigkeit mit dem 4—5fachen Volum reinen Aethers geschüttelt und dieser, nach- dem er sich in einer klaren Schicht abgesetzt hat, abgehoben und der freiwilligen Verdunstung überlassen. Aus dem Rück- stand versucht man das Alkaloid krystallinisch zu erha]ten, indem man ersteren in etwas Weingeist löst und der freiwilligen Verdunstung überlässt. Meist gelingt aber die Krystallisation wegen noch vorhandener Verunreinigungen nicht und man muss zu einer weiteren Reinigung schreiten. Man löst zu dem Zweck nochmals in einigen Tropfen schwach schwefelsäurehaltigen Wassers, dampft über Schwefelsäure bis auf 3/4 des Volums ab, versetzt mit concentrirter Lösung von kohlensaurem Kali und behandelt mit absolutem Weingeist. Aus dieser weingeistigen Lösung wird dann das Alkaloid meist krystallinisch erhalten. Auf die beschriebene Weise ist es Stas gelungen, auch das Morphin aus organischen Gemengen, so z. B. aus Opium, zu isoliren. Taylor 1) führt auch zwei Fälle aus den Jahren 1845 und 1847 an, in welchen Stas das Morphin in „allen Organen“ nachgewiesen hat, hat aber leider die Citate weg- gelassen, und da die Veröffentlichung der in Rede stehenden Methode erst in eine spätere Zeit (1852) fällt, so muss ich es dahingestellt bleiben lassen, ob in diesen Fällen die Analyse nach letztbesprochener oder nach einer anderen Methode aus- 1 1 1) a. a. 0. Bd. III S. 77. 22 11 geführt worden ist. Uebrigens legt Taylor keinen grossen Werth auf die betreffenden Angaben, wie aus seinen weiteren, hierauf bezüglichen Worten hervorgeht: „Weder die entdeckte Menge, noch das befolgte Verfahren, noch die Organe, in wel- chen Morphium wirklich gefunden wurde, werden detaillirt beschrieben und bezüglich des letzten Falles sind die gebrauchten Ausdrücke so unbestimmt, dass die Angabe nur auf die Ent- deckung von Morphium im Magen und in den Eingeweiden bezogen werden kann.“ Abgesehen davon, bleibt es Factum, dass von Anderen das Morphin in Vergiftungsfällen bisweilen nach dieser Methode constatirt werden konnte. Ich führe unter Anderem einen Fall aus neuerer Zeit an, wo es Ludwig 1) gelang, in dem Magen eines angeblich durch vegetabilisches Gift verstorbenen 7jährigen Knaben mit aller Deutlichkeit Morphin nachzuweisen, und zwar durch folgende Reactionen : 1) durch den bitteren Geschmack, 2) durch die Bläuung durch Eisenchlorid, 3) durch die röthlich- gelbe Färbung durch starke Salpetersäure, 4) durch die Bräu- nung der Jodsäure und 5) endlich durch die käsige weisse Fäl- lung durch Gerbsäure. Zur quantitativen Bestimmung und zu Krystallisationsversuchen war die gefundene Menge zu klein. Im Darminhalt konnte Morphin ebenfalls, aber in noch gerin- gerer Quantität nachgewiesen werden. In den Fäces, in dem Mund- und Speiseröhren-Schleime fand sich kein Morphin. Von dem gewiss berechtigten Grundsatze ausgehend, dass es für gerichtliche Fälle von grösserem Werth ist, kleine Quan- titäten des corpus delicti in reiner Gestalt zu erhalten, als grössere in unreiner, bietet die Sta s’sche Methode dern Gerichts- chemiker auch für den Nachweis des Morphins Vortheile vor den übrigen und kann allerdings in dieser Beziehung als ein analytischer Fortschritt betrachtet werden. Diesem Umstande ist es denn auch wohl zuzuschreiben, dass die genannte Methode 1) Pharm. Zeitschr. f. Russl. Jahrg. II S. 429. 23 fast in allen neueren, diesen Gegenstand behandelnden Schriften den ersten Rang behauptet. Anderseits darf aber auch das zweite, von mir schon eingangs erwähnte Erforderniss einer guten Abscheidungsmethode nicht vernachlässigt werden, näm- lich die Gewährleistung, durch dieselbe das Alkaloid auch seiner stulat wird aber durch die Stasische Methode, sofern dieselbe auch zur Abscheidung des Morphins dienen soll, ganz und gar nicht erfüllt, da das genannte Alkaloid in Aether nur in äusserst geringer Menge löslich ist, wodurch natürlich Gelegenheit zu zur Auffindung vieler anderer organischer Basen dieses Verfah- ren erscheinen mag, so schwer fällt doch der genannte Uebel- stand zu Ungunsten desselben in's Gewicht, wenn es sich um die Constatirung einer Morphinvergiftung handelt, und es ist erklärlich, warum in der überwiegenden Mehrzahl dieser Fälle die chemische Analyse zu keinen Resultaten geführt hat, selbst dann nicht, wenn das Gift in bedeutender Quantität in den Magen gebracht war, und warum der chemische Nachweis einer Opium-, resp. Morphiumvergiftung von fast allen Autoren zu den schwierigsten Aufgaben der forensischen Chemie gezählt wird. In Anerkennung des besprochenen Missstandes sind zwar mehrfache Modificationen des Sta s’schen Verfahrens vorge- schlagen worden, von denen aber auch die meisten den ge- nannten Mangel keineswegs vollständig zu paralysiren im Stande sind. So ist von Otto 1) auf Grundlage der Beobachtungen von v. Pöllnitz — dass das Morphin, wenn es nach seiner Abscheidung durch ein Alkali Zeit gehabt hat, eine krystallini- sche Form anzunehmen, in Aether vollkommen unlöslich ist, von letzterem dagegen zum Theil aufgenommen wird, wenn man die Lösung des Morphinsalzes sogleich nach dem Zusatz von kohlen saurem Natron mit Aether schüttelt -- das gleiche 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. B. 100. S. 46. Siehe auch seine Anleitung zur Ausmittelung d. Gifte. S. 110. 24 i Verfahren auch für die gerichtlich-chemische Analyse befür- wortet und zugleich auf die Nothwendigkeit hingewiesen worden, die so erhaltene Aetherlösung möglichst bald von der darunter befindlichen alkalischen Flüssigkeit zu trennen und zur Verdunstung zu bringen, weil sonst vermöge des Krystal- lisationsbestrebens dieses Alkaloids bald auch eine Ausscheidung desselben aus der Aetherlösung erfolgt. Auf diese Weise ge- lang es Otto, Morphin in organischen Gemengen wiederzufin- den, während es sich ihm früher in wiederholt angestellten Versuchen, bei welchen er sich des unveränderten Sta sischen Verfahrens bediente, so gut wie immer der Beobachtung ent- zogen hatte oder wenigstens nicht mit gehöriger Sicherheit con- statirt werden konnte. Diese Misserfolge einestheils auf die Unlöslichkeit des Morphins im Aether, anderntheils auf die leichte Löslichkeit desselben in ätzenden Alkalien beziehend, hatte Otto 1) schon früher angerathen, zur Zersetzung des Morphinsalzes statt der Natronlauge stets kohlensaures Natron anzuwenden, wodurch der Aether etwas mehr, wenn auch im Ganzen immer nur äusserst wenig, von der Base aufnehmen sollte, und weiter die wiederholt mit Aether behandelte alkali- sche Flüssigkeit nicht wegzugeben, sondern dieselbe, nachdem man den Aether abgedunstet und noch etwas Natronlauge hinzu gefügt, um eventuell eine Trübung von ausgeschiedenem Mor- phin zu beseitigen, mit einer concentrirten Salmiaklösung zu vermischen und in einem offenen Gläschen stehn zu lassen, worauf dann, wenn Morphin vorhanden, dieses in Krystallen erhalten werden soll. Diese letztere Behandlungsweise ist aber, wie ersichtlich, nicht eigentlich als Modification des Stas'schen Verfahrens aufzufassen, indem sie dieses, als nicht zum Ziele führend, vielmehr zu umgehen und die Abscheidung auf einem anderen Wege zu bewerkstelligen sucht, welcher sich im We- sentlichen dem von Lassaigne betretenen anschliesst, mit 1) Anleitung z. Ausmittelung der Gifte. S. 97. Braunschw. 1857. 25 diesem aber auch alle die bekannten Uebelstände theilt. Aus- serdem dürfte die in dieser Weise empfohlene Anwendung des Salmiaks doch zu Unbequemlichkeiten Anlass geben, da die Fällung des Morphins durch überschüssige Ammoniaksalze, also auch Chlorammonium, behindert wird. Schliesslich wäre auch zu bedenken, dass die Kohlensäure-Entwickelung, die beim Zusatz der Soda zu der sauren wässrigen Lösung des Alkaloi- des eintritt, ein sofortiges Ausschütteln mit Aether fast unmög- lich macht. Anwendung von Aetzammoniak statt der Soda dürfte wohl den Vorzug verdienen. Der zuvor erwähnte Pöll- nitz-Otto'sche Vorschlag sucht zwar nach Möglichkeit den gedachten Nachtheil der Methode von Stas zu beseitigen und verdient als solcher alle Beachtung; er ist aber auch in seinem zweiten Punkte nicht immer gut ausführbar, weil meist einige Zeit dazu erforderlich ist bis der Aether nach dem Schütteln mit der alkalischen Flüssigkeit sich als klare Schichte wieder abgesetzt hat und daher seine Trennung nicht sogleich bewerk- stelligt werden kann. Uebrigens ist auch im amorphen Zu- stande das Morphin in Aether zwar leichter löslich als das krystallinische, aber doch nicht leicht löslich. Statt des Aethers hat man auch das Chloroform in Anwen- dung gebracht, indem man diesem Mittel ein grösseres Lösungs- vermögen für das Morphin vindicirte als dem ersteren. Die Ansichten in Betreff dieses Punktes widersprechen sich jedoch strict. Nach den Untersuchungen Michael Pettenkofer's ), der die Löslichkeit des bei 100° C. getrockneten wasserfreien Morphins in Chloroform bei circa 14° C. auf 0,532 % bestimmt, oder gar nach denen Schlim pert's, welcher fand, dass 100 Theile Chloroform 1,66 Theile Morphium purum lösen, sollte man freilich annehmen, in dem Chloroform das geeignetste Mittel zur Abscheidung von Morphin zu besitzen, zumal nach den Versuchen Kubly's 2) 100 Theile Amylalkohol, welcher in 1) Buchner's neues Repert. d. Pharm. B. VII. S. 145. 2) Pharm. Zeitschrift f. Russl. Jahrg. V, 5. 26 jüngster Zeit mit dem besten Erfolge zu besagtem Zweck ver- wandt worden ist, nur 0,260 Theile Morphin lösen, also nur die Hälfte oder den sechsten Theil von dem, was nach Pet- tenkofer, resp. Schlimpert das Chloroform löst. In der That hat auch Buchner) auf Grund der Pettenkoferischen An- gaben in neuester Zeit in zwei Vergiftungsfällen das Chloro- form zu diesem Zweck angewandt; in beiden Fällen konnte er aber nicht die geringsten Andeutungen für die Gegenwart von Morphin im Magen- und Darminhalt gewinnen, obgleich der Vergiftungstod durch das besagte Alkaloid aus anderen Umständen zweifellos festgestellt war. Im ersteren Falle handelte es sich um die Vergiftung ei- nes fünfjährigen Knaben durch 6 Gran essigsauren Morphins in wechselung. Der Tod erfolgte in kurzer Zeit unter ausgespro- chen narkotischen Erscheinungen. In den noch übrig geblie- benen Pulvern wurde mit aller Entschiedenheit Morphin nach- gewiesen. Sich stützend auf das negative Resultat der Analyse des Magen- und Darminhaltes, und auf den Umstand, dass seit dem Einnehmen der Arznei bis zum Eintritt des Todes weder Stuhl- gang noch Erbrechen erfolgt war, glaubt Buchner eine phinsalzes vom Darmkanale aus annehmen zu müssen und bedauert, dass ihm nicht auch andere Organe zur Verfügung gestanden haben 3). - -. - . .. ----------- ---- -----...-- .-. - .- - 1) Archiv d. Pharm. 1859. B. 100. S. 151. 2) Buchner's neues Repert. f. Pharm. Bd. XVI. S. 38. 1867. 3) Der zweite Vergiftungsfall betraf ein einige Wochen altes unehe- bekommen hatte und bald darauf gestorben war. Es bildet dieser Fall ein gutes Seiten- oder vielmehr Gegenstück zu dem vorerwähnten Winkler- schen, denn obgleich in beiden die Verhältnisse, unter welchen die Vergif- tung stattgefunden hatte, nahezu die gleichen waren, konnte Buch ner doch keinen einzigen Beweis für die Anwesenheit von Morphin im Magen und 27 Ich kann aber Buchner in dieser Beziehung nicht bei- stimmen, weil meinen Experimenten zu Folge das Morphin, namentlich wenn es in fester Form verabreicht worden, durch- aus nicht so rasch und vollständig vom Darmkanal aus resor- 1 Ich glaube die Erfolglosigkeit der Buchnerischen Unter- suchung vielmehr der eingeschlagenen Methode zuschreiben zu müssen, was auch mit anderen Angaben, welche die Abschei- dung des Morphins durch Chloroform als vollkommen unstatt- haft bezeichnen, im Einklang stehen würde. Es giebt zwar Husemann) der Methode von Rabour- din und Prollius, welche sich zur Abscheidung der Alkaloide des Chloroforms bedienen, den Vorzug vor allen anderen Me- thoden, bemerkt aber zugleich, dass das Morphin in Chloro- form beinahe ganz unlöslich ist und empfiehlt letzteres Mittel darauf hin geradezu zur Trennung des Morphins von den übri- gen Alkaloiden, indem letztere der alkalischen Flüssigkeit durch Chloroform entzogen werden können, während das Morphin in derselben zurückbleibt und nachträglich durch Schütteln mit Aether gewonnen werden kann, dessen Lösungsvermögen für das Morphin er also offenbar noch höher stellt, als das des Chloroforms. Aehnlichen Angaben, auf Grund welcher ich auch in meinen Versuchen das Chloroform ganz aus dem Spiel gelassen habe, bin ich noch mehrfach begegnet, und sie schei- nen mir in dem erwähnten Buchnerischen Fall wiederum ihre Bestätigung zu finden. Eine Erklärung für diese auffallende Darminhalt liefern, trotzdem dass er sich zunächst der Winkler’schen Verfahrungsweise angeschlossen und erst weiterhin, nachdem er so zu kei- nem Resultat gelangt war, noch das Chloroform und endlich den Amyl- alkohol in Anwendung gebracht hatte. Uebrigens würde Buchner doch noch vielleicht zu positiven Resultaten gelangt sein, wenn er den Amyl- mentlich mit Fröhde'schem oder Husemann'schem Reagens. 1) a. a. 0. S. 202 u. 618. 28 Differenz der Ansichten in Betreff des Löslichkeitsverhältnisses Unter den Modificationen des Stas'schen Verfahrens bleibt schliesslich die von Valser !) und endlich die von Uslar und Erdmann angegebene zu erwähnen. Erstere ersetzt den Aether durch Essigäther, welcher das Morphin mit Leichtigkeit Verfahren zurückzukommen und gehe daher gleich zur Methode von Uslar und Erdmann über, welche für die vorliegende Arbeit von grösster Bedeutung ist, indem ich mich derselben bei der Ausführung der betreffenden Analysen eng angeschlossen habe. Ich entnehme der angeführten Arbeit Folgendes: Uslar und Erdmann gründen ihr Verfahren darauf, dass die freien Pflanzenbasen in reinem, besonders in heissem Amyl- alkohol leicht löslich sind, so dass dieser Lösung selbst durch grosse Quantitäten Wassers, besonders wenn dieses alkalisch reagirt, nichts von dem Alkaloid entzogen wird; während da- gegen die salzartigen Verbindungen der Alkaloide vom Amyl- alkohol so gut wie gar nicht aufgenommen und daher diesem Lösungsmittel durch Schütteln mit säurehaltigem Wasser voll- ständig entzogen werden. Indem man dieses Verhalten der Alkaloide benutzt, vér- fährt man zu ihrer Abscheidung folgendermassen: Die zu untersuchenden Massen werden, wenn nöthig, mit Wasser bis zur dünnen Brei-Consistenz versetzt und, mit Salz- säure schwach angesäuert, 1—2 Stunden lang bei 60-80° C. digerirt. Darauf colirt man durch ein mit Wasser angefeuch- tetes leinenes Seihetuch, zieht den Rückstand mit heissem, durch Salzsäure angesäuertem Wasser aus und versetzt die vereinigten Auszüge mit so viel Ammoniak, dass von diesem ein geringer Ueberschuss vorhanden ist, worauf man sie zuerst auf freiem CD MA or - - - - 1) Repertoire de Chim. pure et appliquée. 1862 p. 460, refer. in der Zeitschrift für analyt. Chem. von Fresenius. Jahrg. II S. 79. 2) Annal. der Chem. und Pharm. Bd. 120. S. 121. 29 Feuer concentrirt und schliesslich auf dem Wasserbade bis zur Trockene bringt. Den Rückstand zieht man 3 --- 4mal mit heissem Amylalkohol aus und filtrirt die Auszüge sogleich durch mit Amylalkohol benetztes Filzpapier. Das meist gelbgefärbte Filtrat enthält neben dem Alkaloid noch Fett- und Farbstoffe gelöst. Um es von diesen letzteren zu befreien, bringt man dasselbe in ein cylindrisches Gefäss, versetzt es mit salzsäure- haltigem und fast siedendheissem Wasser und schüttelt da- mit kräftig durch. Das Alkaloid wird dadurch dem Amyl- alkohol entzogen und von dem sauren Wasser aufgenommen, während Fett und Farbstoffe bei dem Amylalkohol bleiben, welcher mit einer Kautschukpipette leicht abgenommen werden kann. Durch wiederholtes Behandeln der sauren heissen Flüs- sigkeit mit neuen Mengen von Amylalkohol gelingt es leicht, Fett und Farbstoffe zu entfernen, so dass man zuletzt eine farblose Flüssigkeit behält, in welcher das Alkaloid an Salz- säure gebunden enthalten ist. Es ist rathsam, diese durch Eindampfen etwas zu concentriren. Man versetzt sie alsdann mit Ammoniak in geringem Ueberschuss, fügt heissen Amyl- alkohol hinzu und schüttelt tüchtig damit. Nach vollständiger Sonderung der beiden Flüssigkeiten hebt man die obere, die Lösung des Alkaloids in Amylalkohol, ab, zieht die zurückblei- bende Flüssigkeit noch einmal mit heissem Amylalkohol aus und verjagt nun durch Erhitzen auf dem Wasserbade den Amylalkohol vollständig, wo dann das Alkaloid oft schon so rein zurückbleibt, dass die Reactionen damit angestellt werden können. Für den Fall, dass es noch gelblich und bräunlich gefärbt sein sollte, nimmt man es noch einmal in verdünnter Salzsäure auf, schüttelt diese Lösung mit Amylalkohol, entfernt denselben mit der Pipette, und schüttelt nach dem Uebersättigen mit Ammoniak abermals mit Amylalkohol, hebt diesen ab und verdunstet ihn auf dem Wasserbade. Nur selten wird man nöthig haben, diese Reinigung bei dem jetzt zurückbleibenden Alkaloid zu wiederholen. Es folgt darauf eine Reihe von Ver- 30 suchen, von welchen ich nur die auf Opiumalkaloide bezüg- lichen kurz referiren will. Es gelang den genannten Autoren die Abscheidung des Morphins, wenn dieses in einer Quantität von 0,064 Grm. in verschiedenen Zwischenstufen herab bis zu 0,005 Grm. mit beträchtlichen Mengen organischer Substanzen gemengt war, noch vollkommen gut, indem sie das Alkaloid durch die Eisenchloridreaction deutlich nachweisen konnten und selbst in dem Fall, wenn die Mischungen einige Tage gestanden und in denselben schon Zersetzungen begonnen hatten. Zu gleich günstigen Resultaten gelangten sie, als sie einem Kalbs- magen mit 0,02 Grm. salzsaurem Morphin versetzt und 14 Tage an einem sonnigen Platz hatten stehen lassen, wo die Fäulniss bereits vollständig eingetreten war. Auch aus einem Gemenge von 0,012 Grm. Morphin und 1,013 Grm. Narcotin, mit Fleisch und Gemüse gemischt, konnten sie jedes Alkaloid für sich durch seine characteristischen Reactionen erkennen, nachdem sie die- selben auf die bekannte Weise durch Amylalkohol abgeschieden und durch Aether getrennt hatten. In einem weiteren Artikel ") finden sich diese Versuche von Erdmann derart fortgesetzt, dass er Thiere mit Morphin vergiftete und dann den Nachweis des Alkaloids versuchte. Einem Kaninchen wurden um 10 Uhr Vormittags 0,3 Grm. salzsauren Morphins gegeben und das Thier am Nachmittag getödtet. Aus dem Magen und aus dem Darm konnte Morphin abgeschieden werden und durch salpetersäurehaltige Schwefel- säure, so wie auch durch Eisenchlorid nachgewiesen werden. In einem zweiten Experiment wurde der Harn von einem Kaninchen, welches 0,2 Grm. Morph. muriat. erhalten hatte, zwei Tage hindurch aufgefangen und auf Morphin geprüft. Es waren aber nur Spuren durch die Erdmann'sche Reaction nachzuweisen. Endlich wurde einem Kaninchen 0,1 Grm. Morph. muriat. 1) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 122 S. 360. 31 gegeben und das Thier 31/2 Stunden darauf durch Verbluten getödtet. In der grossen Quantität des aufgefangenen Blutes war sehr wenig Morphin vorhanden. Durch eine schwache Reaction liess es sich erkennen. In dem aus der vollen Harn- blase entleerten Harn konnte nichts nachgewiesen werden, eben- sowenig im Gehirn und Rückenmark. Der Magen und Dünn- darm lieferten, jeder für sich untersucht, eine schwache Reaction, die übrigen Darmtheile eine stärkere. Daraus folgert Erdmann, dass das Morphin in dem Organismus eine Zersetzung erleidet. Geht schon aus diesen Versuchen die Zweckmässigkeit der in Rede stehenden Methode für die Abscheidung des Morphins hervor, so wird dieses noch weiter durch die hierauf bezügliche Arbeit von Kublyol) bestätigt, der zugleich darthut, das der Amylalkohol zu dem genannten Zweck dem von Valser?) vor. geschlagenen Essigäther bei weitem vorzuziehen ist. Nach Kubly beträgt die Löslichkeit des Morphins in Amylalkohol 0,260 %, in Essigäther 0,213 %. In beiden Medien ist das Morphin in amorphem Zustande noch bedeutend leichter löslich, scheidet sich aber, sobald es krystallinisch geworden, zum grossen Theil wieder ab. Nach den angegebenen Zahlen zu urtheilen, wäre der Vortheil in der Anwendung des Amylalko- hols dem Essigäther gegenüber nicht einmal so sehr hoch zu veranschlagen. Dass dieses aber dennoch der Fall, ergiebt sich zur Evidenz aus den von Kubly angestellten Abschei- dungsversuchen, deren Resultate ich folgen lasse. Die Abschei- dung erfolgte aus einem Gemenge des Alkaloids mit künst- lichem Speisebrei, bestehend aus Fleisch, Brod und Fett. 1) 0,077 Grm.Mrph.mitAmylalkoh.abgesch., gab. 0,071 Grm.Mrph. 2) 0,060 9 9 29 29 0,0558 3) 0,070 - 9 9 9 0,066 4) 0,060 Essigäther 0,031 5) 0,0501 0,026 ..... - - -- --- ... - - - - ----- - - - - - - 1) Pharm. Zeitschr. f. Russl. Jahrg. V. H. 5. 2) a. 2. 0. 32 01 Wie aus obigem ersichtlich, konnte durch Amylalkohol fast alles in Anwendung gebrachte Morphin wieder erhalten werden, während bei Benutzung des Essigäthers die Hälfte des Alkaloids sich der Abscheidung entzog. Den Grund dafür findet Kubly in der bedeutenden Löslichkeit des Essigåthers in Wasser (1 Vol. löst sich in 9 Vol. Wasser), indem der in letzterem gelöste Antheil des Essigäthers die entsprechende Quantität des Alkaloids zurückhält 1). Auch glaubt er, dass ein Theil des Morphins durch die alkalische Flüssigkeit so energisch gebunden wird, dass der Essigäther ersteres dieser vollständig zu entziehen nicht im Stande ist, ähnlich wie das schon von Otto 2) für den Aether urgirt wurde. Endlich kommt hier wohl auch der Um- stand in Betracht, dass das im Momente des Freiwerdens in heissem Essigäther sich lösende Morphin beim Erkalten dieses Lösungsmittels rascher sich ausscheidet, als das bei Benutzung des Amylalkohols unter den gleichen Verhältnissen der Fall ist. Zum gerichtlich - chemischen Nachweise einer Morphium-, resp. Opiumvergiftung dürfte daher zur Zeit der Uslar-Erd- mann'schen Methode, als der allein rationellen, vor allen an. deren der Vorzug gebühren. Dass auch ihr manche Mängel anhaften, lässt sich zwar nicht bestreiten, dieselben sind aber durch einzelne Abänderungen des angegebenen Verfahrens zum Theil leicht zu umgehen, zum Theil fallen sie, als für das Mor- IS 1) Uebrigens ist auch der Amylalkohol in Wasser zum Theil löslich, wovon man sich schon durch den characteristischen Geruch, welcher der mit Amylalkohol geschüttelten Flüssigkeit anhaftet, überzeugen kann. Das Löslichkeitsverhältniss ist aber ein bedeutend geringeres, als das des Essig- äthers, indem nach Wittstein (Vierteljahrschr. Bd. XI S. 567) bei 16,6° C. 1 Gewichtstheil Amylalkohol 39 Gewichtstheile Wasser zu seiner Lösung erfordert, wodurch auch der dadurch verursachte Alkaloidverlust ein nur geringer und kaum in Anschlag zu bringender ist. Will man aber auch diesen Fehler nicht unberücksichtigt lassen, so ist er nach Dragendorff (ApXHbb cyaebn. Meg. n objects, ruriendi. 1865. Ku. IV) leicht zu vermeiden, indem man die vom Amylalkohol getrennte Flüssigkeit noch nachträglich mit Aether schüttelt, welcher den Amylalkohol aufnimmt. 2) a. a. O. 33 IL 4 phin nicht in Betracht kommend, fort, indem sie nur für die leicht zersetzbaren und namentlich für die flüchtigen Alkaloide Geltung haben. Was dann schliesslich an Missständen als un- vermeidlich mit in den Kauf genommen werden muss, ist von verhältnissmässig geringem Belang und wird durch die ange- führten Vortheile reichlich aufgewogen. Als einen Hauptnachtheil des Amylalkohols hat man sei- nen hohen Siedepunkt (132° C.) hervorgehoben, in Folge des- sen die Verdampfung desselben bei niederer Temperatur nur sehr langsam von Statten geht und sich leicht unter Mitwirkung der atmosphärischen Luft nicht flüchtige harzartige Zersetzungs- producte bilden (Dragendorff1). Da das Morphin aber ein sehr constantes Alkaloid darstellt und erst bei einer verhält- nissmässig hohen Temperatur eine Zersetzung erleidet ?), so kann man den Process des Verdunstens ohne Gefahr auf dem Dampf- bade beschleunigen und dadurch den besagten Nachtheil zum Theil paralysiren. Ganz lässt sich freilich auch auf diese Weise die Bildung der bezeichneten Zersetzungsproducte nicht ver- meiden, sie stören aber nicht die Deutlichkeit der Identitäts- reactionen und sind nur insoweit nachtheilig, als eine directe Wägung des so erhaltenen Rückstandes zum Zweck einer quan- titativen Bestimmung zu hohe Resultate liefert. Wie schon angeführt, bin ich in einzelnen Punkten von dem Verfahren, wie Uslar und Erdmann es vorschreiben, abgewichen. So habe ich mich zur Extraction der verdächti- WC 1) ApXHb5 cyAców. MeA. obwecTB. rurienbl. 1865. K. IV. 4 III. crp. 41. 2) Anmerkung: Mir ist keine Angabe in Betreff des Temperatur- grades, bei welchem die Zersetzung des Morphins eintritt, zugänglich ge- wesen. Ich will nur erwähnen, dass ich die vereinigten Amylalkoholaus- züge, welche das Morphin enthielten, vor dem Verdampfen jedesmal der Destillation unterwarf (dass dabei kein Morpliin mit übergeht, habe ich mehrfach constatirt), um so den grössten Theil des angewandten Amyl- alkohols wieder zu gewinnen. Ich habe aber bei der hiezu erforderlichen Temperatur von 132° C, keine Zersetzung des Morpliins beobachtet. Auch ist bekanntlich durch Helwig der Nachweis geliefert, dass das Morphin unzersetzt sublimirbar ist. 34 gen Substanz nicht des mit Salzsäure, sondern des mit Schwe- felsäure angesäuerten Wassers bedient, Die Anwendung der Salzsäure ist nämlich nach Dragendorff mit manchen Uebel- ständen verknüpft ; einmal kann sie beim Erwärmen verändernd auf die in der Lösung enthaltenen Substanzen wirken; dann aber ist auch zu beachten, dass der im weiteren Verlauf sich bildende Salmiak in Amylalkohol nicht ganz unlöslich ist und mit dem Alkaloid zugleich im Rückstande erhalten wird. Bei- des wird vermieden, wenn man, wie Dragendorff es vorge- schlagen, statt der Salzsäure die Schwefelsäure benutzt, welche letztere dasselbe leistet, wie die von Palm 1) zu dem gleichen Zweck befürwortete Phosphorsäure. Eine weitere Modification besteht darin, dass ich den auf obige Weise gewonnenen Auszug nicht unmittelbar durch Am- moniak alkalisch mache und zur Trockene bringe, sondern den- selben, nachdem ich ihn auf dem Dampfbade auf ein geringeres Volumen reducirt habe (wobei es durchaus erforderlich ist, die Säure zuvor soweit durch Ammoniak abzustumpfen, dass die Flüssigkeit nur noch schwach sauer reagirt, um dadurch einer etwaigen Zersetzung des Alkoloids vorzubeugen, welche bei Verabsäumung dieser Vorsichtsmassregel durch die Einwirkung der durch das Eindampfen concentrirter gewordenen Säure leicht erfolgen könnte) mit dem 34-4fachen Volum Alkohol ver- setze und unter wiederholtem Umschütteln 24 Stunden lang stehn lasse. Nach vorhergängiger Filtration wird der Alkohol abdestillirt, die zurückbleibende saure wässrige Lösung filtrirt und noch sauer mit Amylalkohol geschüttelt. Durch letztere Manipulation wird schon im Voraus ein beträchtlicher Theil von Verunreinigungen und namentlich von Farbstoffen der be- treffenden Flüssigkeit entzogen, welcher sonst im Verein mit dem in Freiheit gesetzten Alkaloid in den alkalischen Amyl- alkoholauszug übergewandert wäre. Es kann daher dieses LU 1) Pharm. Zeitschr. f. Russl. Jahrg. I. S. 4. 35 Verfahren, das sich auf die Unlöslichkeit der sauren Salze des Morphins in Amylalkohol gründet und das in gleicher Weise auch schon von Ahlers') und von Otto) für die Stas'sche Methode vorgeschlagen worden ist, nicht dringend genug an- empfohlen werden, indem es die Reindarstellung des Alkaloids wesentlich fördert und vereinfacht. Die Anwendung des Alkohols in der oben bezeichneten Weise vereinigt gewissermassen die Vorzüge der Methode von Stas und von Uslar-Erdmann, unter Vermeidung der Ue- belstände, welche beide mit sich bringen, wenn sie allein für sich angewandt werden. Das Ausziehen des Alkaloids aus den verdächtigen Substanzen mit angesäuertem Wasser nach Uslar-Erdmann bietet vor dem Verfahren von Stas, welcher zu dem gleichen Zweck angesäuerten Alkohol verwendet, den C in Alkohol löslichen harzigen Substanzen von vorneherein we- nigstens auf ein Minimum beschränkt wird. Sollte aber, wie das allerdings meist der Fall, mit dem heissen wässrigen Aus- zuge noch Fett durchfiltrirt sein, so lässt sich eine Trennung nach dem Erkalten der Flüssigkeit leicht auf mechanischem Wege ausführen. Dagegen bringt der saure wässrige Auszug viel Schleim, Albuminate etc. mit in Lösung, ein Nachtheil, der bei Benutzung des Alkohols wiederum beseitigt wird. Die Gegenwart der letztgenannten Substanzen in der mit Amylal- L . lästig, indem sie die Ursache davon sind, dass der Amylalko- gallertartige Gestalt annimmt und sich nicht als klare deutlich abgegränzte Schicht absetzt, was seine vollständige Trennung von der ersteren zu einer sehr misslichen Aufgabe macht, ja dieselbe wohl auch geradezu hindert. Man kann sich dann al- 1) Archiv der Pharm. II. Reihe. B. 86. 2) a. 2. O. S. 282. 36 lenfalls dadurch helfen, dass man nachträglich noch starken Alkohol hinzugiebt, welcher die Absetzung des Amylalkohols befördert. Verfährt man dagegen wie oben angegeben, so hat man mit diesen Schwierigkeiten selten zu kämpfen, indem die Ge- genwart der Albuminate und des Schleimes, welche durch den Alkohol gefällt und durch Filtriren abgeschieden worden sind, vermieden ist. In Bezug auf das weitere Verfahren habe ich mich an die von Uslar und Erdmann gegebenen Vorschriften gehalten. Der Uebersichtlichkeit wegen will ich noch die einzelnen Ope- rationen in der ihnen zukommenden Reihenfolge kurz zusam- menstellen. Die verdächtige Substanz wird, wo nöthig, nach vorange- schickter gehöriger Zerkleinerung, mit Wasser ') und soviel Schwefelsäure, dass das Gemenge deutlich sauer reagirt, ange- rührt und unter mehrmaliger Digestion etwa 12—24 Stunden lang einer Temperatur von 60–80° C. ausgesetzt. Dann wird sie colirt, ausgepresst und der auf dem Colatorium gebliebene Rückstand nochmals wie oben mit säurehaltigem Wasser aus- gezogen und colirt. Die vereinigten Colaturen werden, nach- dem die Säure durch Ammoniak zuvor möglichst abgestumpft worden ist, auf dem Wasserbade in einer Abrauchschale auf ein kleineres Volum (144 Unzen) gebracht und dann mit dem 3--4fachen Volum Alkohol versetzt. Nach 24stündigem Stehen wird der durch den Alkohol - Zusatz erfolgte Niederschlag von der Flüssigkeit durch Filtriren getrennt, letztere in eine tubu- lirte Retorte gethan und der Alkohol auf dem Dampfbade ab- dem Erkalten, wobei sich meist Fette und andere unlösliche Substanzen abgeschieden haben, durch ein mit Wasser benetztes D . . . ......--- ---- ... -- 1) Ist das Untersuchungsobject schon an und für sich flüssig, so fällt der Wasserzusatz selbstverständlich fort, ja es ist im Gegentheil oft (Harn) erforderlich, die Flüssigkeit auf ein geringes Volumen zu concentriren. 37 Filter filtrirt und noch sauer mit 1/4 - 1/2 Volum Amylalkohol tüchtig geschüttelt. Nachdem die Sonderung der beiden Flüs- sigkeiten vollständig eingetreten ist (welchen Vorgang man zweckmässig durch Anwendung von Wärme (60—80° C.) be- schleunigen kann), wird die obenstehende, jetzt stark gefärbte Amylalkoholschicht vermittelst eines Scheidetrichters (welcher zu diesem Zweck den Pipetten bei weitem vorzuziehen ist) ab- geschieden und die saure wässrige Lösung nochmals in gleicher Weise mit Amylalkohol behandelt. Ueberschichtet man dann zum dritten Mal mit Amylalkohol und schüttelt tüchtig durch, so wird nach erfolgter Absetzung der Amylalkohol schon meist eine ziemlich farblose klare Schicht darstellen 1) und man kann dazu schreiten, das noch heisse Gemenge mit Ammoniak zu übersättigen und es eine Zeit lang tüchtig zu schütteln. Letz- teres muss mehrmals wiederholt werden, um möglichst alles Alkaloid in den Amylalkohol überzuführen. Nach Abscheidung des Amylalkohols, der nun schon den grössten Theil des Alka- loids aufgenommen hat, wird die alkalische Lösưng nochmals mit einer frischen Portion desselben Abscheidungsmittels ge- schüttelt. Nachdem auch diese getrennt ist, werden die beiden alkalischen Auszüge vereinigt und durch Schütteln mit destillir- tem Wasser gewaschen, welches einen Theil der Verunreini- gungen dem Amylalkohol entzieht. Aus letzterem wird dann das Alkaloid wiederum entfernt, indem man es durch Schütteln Wassers in dieses überführt. Diese Operation muss zum min- desten zweimal vorgenommen werden und wie gesagt mit einer grösseren Quantität Wasser, weil sonst leicht Spuren des Alka- loids im Amylalkohol zurückbleiben. Die so gewonnenen und vereinigten sauren wässrigen Auszüge werden auf ein kleineres Volumen eingedampft und abermals so lange mit Amylalkohol 1) Sollte auch diese Portion noch stark gefärbt erscheinen, so schei- det man sie ebenfalls ab, ohne vorher Ammoniak zugesetzt zu haben, was dann erst bei der nächsten Ueberschichtung mit Amylalkohol vorzunehmen ist. 38 . geschüttelt, bis letzterer ungefärbt erhalten wird. Dann folgt wiederum die Uebersättigung mit Ammoniak und die zweima- lige Extraction der alkalischen Flüssigkeit mit Amylalkohol. Diese letzten beiden Amylalkoholauszüge werden dann schliess- lich, nachdem sie vereinigt worden, filtrirt, und zwar durch ein trockenes Filter, um die letzten Spuren etwa noch anhaftender wässriger Flüssigkeit zu beseitigen. Vom Filtrate wird der grössere Theil abdestillirt und der Rest schliesslich in Glas- schalen auf dem Wasserbade zur Trockene gebracht. Mit dem so gewonnenen Rückstande können meistens die Reactionen angestellt werden. Sollte er aber dazu noch nicht rein genug sein, so wird er nochmals mit saurem Wasser aufgenommen und, nach Abscheidung der unlöslichen Stoffe durch Filtration, das soeben beschriebene Verfahren wiederholt. Die Ueberführung des Alkaloides aus dem alkalischen Amylalkoholauszuge in saures Wasser habe ich aber, besonders in den letzteren Versuchen, als umständlich und leicht zu Ver- lusten führend meist weggelassen und statt dessen es vorgezo- gen, den sonst ganz auf die angegebene Weise gewonnenen trockenen Rückstand nochmals, und wo nöthig zum dritten, ja sogar vierten Mal zu lösen und einer erneuten Reinigung zu unterwerfen. Ich glaube auf diesem Wege rascher zum Ziele gekommen zu sein, ohne dass die Reindarstellung des Alkaloides dabei eine Einbusse erlitten hätte. Denn auch bei der Lösung des trockenen Rückstandes in saurem Wasser bleibt der grösste Theil der Verunreinigungen ungelöst mit den harzigen Massen zurück und man erzielt nach dem Filtriren eine verhältniss- mässig sehr reine Lösung. Ausserdem hat man den Vortheil, mit beliebig kleinen Quantitäten weiter operiren zu können und ist endlich mehr vor Verlusten gesichert, indem das Alka- loid auf diese Weise sehr leicht in Lösung gebracht wird, vor ausgesetzt, dass man die Vorsichtsmassregel beobachtet hat, das mit dem Rückstand verriebene saure Wasser auf ersteren längere Zeit einwirken zu lassen, damit auch das in den har- S (D 39 - D zigen Substanzen eingeschlossene Alkaloid vollständig gewon- nen werden kann. Was speciell die Abscheidung des Morphins aus den ver- schiedenen Organen und Flüssigkeiten des thierischen Körper betrifft, so habe ich zu dem bereits Gesagten nur wenig hin- zuzufügen, da das Verfahren im Wesentlichen immer das Gleiche bleibt. Nur auf einzelne Punkte will ich aufmerksam machen. Bei der Isolirung des Morphins aus dem Harn bereitet der Harn- stoff Unbequemlichkeiten, indem derselbe zugleich mit dem Alkaloid in den alkalischen Amylalkoholauszug hinüberwandert und in dem Verdunstungsrückstande in schön ausgebildeten Nadeln auftritt. Zwar giebt seine Gegenwart für das Zustande- kommen der betreffenden Morphinreactionen kein Hinderniss ab, wie ich mich zu überzeugen vielfach Gelegenheit gehabt habe, indem ich, ohne Vorkehrungen für die Beseitigung des Harnstoffs getroffen zu haben, doch die Morphinreactionen deut- lich beobachten konnte. Das Gleiche wurde auch in einer Reihe von eigens zur Prüfung dieses Verhaltens angestellten Versuchen constatirt, in welchen Morphin- und Harnstofflösun- gen, in den verschiedensten Verhältnissen gemengt, zur Trockene gebracht und die betreffenden Rückstände auf Morphin geprüft wurden. Es fand sich weder die Fröhde’sche noch auch die Husemann'sche Reaction durch den Harnstoff maskirt oder auch nur merklich abgeschwächt. Dennoch dürfte es wünschens- werth erscheinen, auch diese Beimengung zu vermeiden, was namentlich da von Wichtigkeit ist, wo es darauf ankommt, das Alkaloid in krystallinischer Form zu erhalten oder eine Wägung vorzunehmen. Der Harnstoff lässt sich, wie ich mehrfach erprobt, aus alkalischer Lösung leicht durch Amylalkohol ausschütteln und geht auch beim Behandeln des letzteren mit saurem Wasser wiederum zum grossen Theil in dieses über, ein Verhalten, welches seine Gegenwart in dem Alkaloidrückstande bedingt. Andererseits wird aber, wie mich Versuche an reinen Harnstoff- 40 lösungen gelehrt haben, ein Theil derselben auch schon aus saurer Lösuny vom Amylalkohol aufgenommen, woraus sich der Umstand erklärt, dass nach wiederholter, in der bekannten Weise vorgenommener Reinigung des Rückstandes neben ande- ren Beimengungen auch der Harnstoff aus demselben schwand. Es ist daher bei der Analyse des Harnes vorzugsweise erfor- derlich, die saure Lösung mit Amylalkohol tüchtig auszuschüt- teln und dieses mehrmals zu wiederholen. Auf weniger um- ständlichem Wege den gedachten Zweck zu erreichen, ist mir nicht geglückt. Eine Prüfung des Chloroforms und Aethers in ihrem Verhalten zum Harnstoff ergab, dass ersteres weder aus saurer noch alkalischer Lösung diesen aufzunehmen vermag, und auch in den Aether konnten nur Spuren von Harnstoff aus alkalischer Lösung übergeführt werden. Beide Stoffe erwiesen sich daher zur Abtrennung des Harnstoffes als unbrauchbar. Ebenso wenig leistet hier das Benzin. Vor der Hand kann ich daher nur anrathen, entweder wie oben angegeben zu verfahren, oder aber den trockenen, das Alkaloid und den Harnstoff ent- haltenden Rückstand mit destillirtem Wasser zu behandeln und dieses nach Lösung des Harnstoffs abzugiessen. Man setzt sich dabei aber der Gefahr aus, theils auf mechanischem, theils auf chemischem Wege (das Morphin ist bekanntlich in Wasser nicht ganz unlöslich) Verluste zu erleiden. Die gleichen Cautelen hat man bei den Abscheidungsver- suchen des Morphins aus der Galle zu beobachten, da die Gal- lensäuren sich zum Amylalkohol ganz ähnlich verhalten wie der Harnstoff. Auch sie lassen sich aus alkalischer Lösung mittelst Amylalkohol leicht ausschütteln, aber auch, wenngleich schwieriger, aus saurer. Ist daher eine wiederholte und gründ- liche Behandlung der sauren wässrigen Lösung mit Amylalko- hol verabsäumt worden, so befinden sich die Gallensäuren oft in bedeutender Quantität in dem schliesslichen Rückstande des alkalischen Amylalkoholauszuges. Sie bilden daselbst farblose oder nur ganz schwach gelblich tingirte (die Gallenfarbstoffe CD 41 / werden aus saurer Lösung sehr leicht und vollständig durch Amylalkohol entzogen) harzartige Massen, welche die Petten- kofer'sche Reaction in schönster Weise geben. Um diese Verhältnisse zu prüfen, wurden 20 CC. Rinder- galle mit einer Lösung von 0,0025 Grm. Morph. sulf. versetzt, angesäuert mit Alkohol digerirt und filtrirt. Nach dem Abde- stilliren des Letzteren wurde die restirende saure Lösung zwei Mal mit 1/2 Vol. Amylalkohol ausgeschüttelt. Der zweite Aus- zug, für sich verdunstet, lieferte einen noch reichlich gallen- säurehaltigen Rückstand; desgleichen auch ein dritter Auszug. Die Lösung wurde darauf zum vierten Mal mit Amylalkohol überschichtet, durch Ammoniak neutralisirt und geschüttelt. Der schliessliche Rückstand enthielt nicht mehr jene harzigen Massen und gab, mit Fröhde’schem Reagens geprüft, eine deutliche Morphinreaction. Einige Versuche, die Abscheidung der Gallensäuren mittelst Benzin oder Chloroform zu bewerkstelligen, blieben fruchtlos. Es liesse sich zwar in gleicher Weise, wie beim Harnstoff, die Beseitigung einfach durch Behandeln des Rückstandes mit de- stillirtem Wasser, in welchem sich die Gallensäuren leicht lösen, ausführen, es gelten aber auch hier die schon angeführten Be- denken. Endlich habe ich noch einige Worte in Betreff der Isoli- rung des Morphins aus dem Blute hinzuzufügen. Dieselbe wollte mir Anfangs durchaus nicht glücken, obgleich auf Grund- lage des gelungenen Nachweises im Harn kein Zweifel darüber obwalten konnte, dass das Morphin auch im Blute in unzer- setzter Form sich vorfinden musste. Ich versuchte daher die Abscheidung des Morphins aus einem künstlichen Gemenge desselben mit Thierblut. Es wurden je 100 CC. Rinderblut mit 0,005 Grm., 0,010 Grm. und 0,015 Grm. Morph. sulph. versetzt. Im ersten und dritten Versuch konnte ich das Morphin durch die Fröhde’sche Reaction nachweisen; im zweiten dagegen nicht, trotzdem dass LU 42 a ich bei der Abscheidung hier genau so verfahren war, wie bei den beiden anderen und die Quantität des angewandten Mor- phins die des ersten Versuches um das Doppelte übertraf. Der Grund dafür konnte kaum in etwas Anderem gesucht werden als in gewissen Mängeln der Methode, und ich glaube diese Unzuverlässigkeit derselben dem Umstande zuschreiben zu müssen, dass ein grosser Theil des Alkaloids von den massi- gen Albumingerinnungen zurückgehalten wird. In der That bin ich weiterhin zu günstigeren Resultaten gelangt, nachdem ich diesen Uebelstand durch folgende Modification des gewöhn- lichen Verfahrens zu umgehen gesucht habe. Das Blut wird sogleich ohne irgend welche vorhergängige Behandlung auf dem Wasserbade bis zur dicken Extractconsistenz abgedampft, während dessen die geronnenen Massen ab und zu mit einem Glasstabe gerührt werden um das Entweichen des Wassers zu beschleunigen. Die fast trockene krümelige Masse wird dann in einer Reibschale mit schwefelsäurehaltigem Wasser fein zer- rieben und nach Zusatz von soviel Wasser, dass das Gemenge dünnflüssig wird, noch bei einer Temperatur von 60-80° C. unter mehrmaligem Digeriren einige Stunden stehn gelassen. Das weitere Verfahren weicht nicht von dem schon bekannten ab. Man ermöglicht auf diese Weise eine allseitige Berührung des sauren Wassers mit dem Alkaloid, welches nun, von den Albumingerinnungen nicht weiter umschlossen, vollständig ex- trahirt werden kann und erhält ausserdem ein leicht colir- und filtrirbares Gemenge. Hat man auf die beschriebene Weise das Alkaloid aus dem Untersuchungsobject möglichst vollständig isolirt, so kommt es weiter darauf an, die Identität desselben zu constatiren. Es dürfte kaum ein anderes Alkaloid geben für welches so zahl- reiche Specialreactionen bekannt sind, als gerade das Morphin. Eine Aufzählung und Kritik derselben kann ich hier füglich unterlassen, denn einmal findet sich in den betreffenden Hand- büchern, und besonders auch in dem, bereits häufig citirten 1 S 43 Husemann'schen Werk, auf welches ich hiermit namentlich verweise, eine recht vollständige Zusammenstellung Alles des- sen, was hierauf Bezug hat, anderseits habe ich mich bei mei- nen Versuchen auf die Fröh d e’sche und Huseman n'sche Reaction beschränkt, so dass ich in Betreff der übrigen kaum etwas Neues zu bieten im Stande sein würde. Nur in dem letzten Fall (cf. die Vergiftung des Kaufmanns Adamson), weil eine forensische Untersuchung anlangend, wurde auch noch auf andere Reactionen Rücksicht genommen. Die Art und Weise ihrer Ausführung ist an dem betreffenden Ort mitgetheilt. Hier mögen daher nur noch einige Bemerkungen über die Fröhd e’sche und Husemann'sche Reaction ihren Platz finden, welche sich bei meinen Versuchen vorzüglich bewährt haben. Von der Voraussetzung ausgehend, dass die meisten Mor- phin-Reactionen auf einer Oxydation dieses Alkaloids durch die Einwirkung leicht reducirbarer Substanzen beruhen, prüfte Fröhde?) auch das Verhalten der Molybdänsäure und fand in derselben in der That ein sehr characteristisches und empfind-. liches Reagens für das Morphin, indem letzteres, sowohl als freie Basis als auch in seiner Verbindung mit Säuren, auf Zu- satz von molybdänsäurehaltiger concentrirter Schwefelsäure eine prächtig violette Färbung liefert, welche später in Blau, dann in Schmutziggrün übergeht. Die erforderliche Mischung stellt er sich dar, indem er molybdänsaures Natron in concen- trirter Schwefelsäure löst und zwar 5 Milligrm. des ersteren in 1 CC. der letzteren. Er empfiehlt dieses Verhältniss, das ich auch bei meinen Versuchen beibehalten habe, deshalb, weil bei zu grossem Molybdänsäuregehalt die violette Färbung sehr rasch in eine blaue übergeht, bei zu geringem dagegen die Reaction an Empfindlichkeit verliert. Was diese letztere betrifft, so giebt Fröhde an, dass kaum bemerkbare Stäubchen der 1) Archiv d. Pharm. Bd. 176. H. 1 u. 2. S. 54. . an Base noch durch eine schön violette Färbung erkannt werden können, und dass diese Reaction noch deutlich eintritt, wenn man einige Tropfen einer Lösung von 4 Milligrm. essigsauren Morphins in 1 CC. Wasser mit ebensoviel Tropfen molybdän- säurehaltiger Schwefelsäure zusammenbringt. In der That ist die Empfindlichkeit der genannten Reac- tion eine sehr bedeutende und dürfte kaum derjenigen der be- kannten Otto’schen Strychninprobe nachstehen. In einer grösseren Versuchsreihe, in welcher ich den zur Trockene gebrachten Rückstand verschiedenwerthiger Morphin- sulfatlösungen mit Fröhde'scher Mischung prüfte, erhielt ich eine deutliche Farbenreaction noch bis zu 0,000005 Grm. (=0,0001 Gran) herab, eine Quantität, die gewiss als spuren- haft bezeichnet werden kann. Ich unterliess es daher in der Versuchsreihe noch weiter herunter zu gehen, obgleich ich über- zeugt bin, dass auch noch geringere Mengen sich dem Nach- weise nicht vollkommen würden entzogen haben. Empfiehlt sich daher schon aus diesem Grunde die Fröh- de’sche Reaction für die Identitätsbestimmung des Morphins, so sprechen auch noch manche andere Umstände zu Gunsten derselben. Einmal ist es nicht erforderlich mit der Aengstlich- auf die Abwesenheit fremder Beimengungen in dem zu prüfen- den Object zu wachen, wie das bei vielen anderen Reactionen unumgänglich nöthig ist, namentlich auch bei der bekannten Eisenchlorid probe, welche bisher unter den übrigen die Sou- verainität behauptet hat, und, wenn sie gelingt (was aber aus dem soeben angeführten und den weiter oben berührten Grunde nicht immer der Fall) in der That auch von grosser Beweis- kraft ist. Ich habe im Verlauf meiner Untersuchungen häufig Gelegenheit gehabt, in Alkaloid-Rückständen, welche durchaus nicht auf grosse Reinheit Anspruch machen konnten, die Fröh- de’sche Reaction dennoch in aller Schärfe erfolgen zu sehn!). 1) Ich will hier einiger Versuche Erwähnung thun, zu welchen ich durch den Umstand veranlasst wurde, dass von anderer Seite gelegentlich 45 Ein weiteres, zu Gunsten der Fröhde’schen Reaction sprechendes Moment sehe ich darin, dass dieselbe, so weit mir bekannt, nicht leicht Veranlassung zu Täuschungen und Ver- wechselungen bieten dürfte. Herr Prof. Dr. Dragendorff hat das Verhalten aller ihm zugänglich gewesenen Alkaloide gegen das Fröhd e’sche Reagens einer Prüfung unterzogen und die gewonnenen Resultate, in Betreff welcher ich auf die bereits im Druck befindliche Arbeit des genannten Autors ver- weise, mir gütigst mitgetheilt. Unter der grossen Reihe von organischen Basen findet sich nur eine einzige, welche ähnliche Farbenerscheinungen hervorbringt, nämlich das Papaverin, be- kanntlich gleichfalls ein Opiumalkaloid. Es ist dieses Verhal- ten jedoch von geringem oder gar keinem Belang, denn einer- seits dürfte das Papaverin nur da zur Sprache kommen, wo es sich um eine Vergiftung durch Opium handelt in welchem es, verglichen mit dem Morphin, nur in äusserst geringer Quan- - lafür zu bewegenwartTopon gemachte Erfahrungen dafür zu sprechen schienen, dass die Fröhde'sche Reaction auf Morphin durch die Gegenwart von Caffein maskirt würde. Es wäre dieses namentlich auch in der Hinsicht von Wichtigkeit, als das Kaf- feeabsud bekanntlich ein vielfach angewandtes Antidot bei Alkaloid- und namentlich auch bei Morphin- resp. Opiumvergiftung darstellt. Die Mög- lichkeit eines Zusammentreffens dieses Alkaloides mit dem Morphin in den verdächtigen Massen liegt daher nahe. Ist letzteres aber der Fall, so könn- ten die genannten Substanzen auch gemeinschaftlich in dem Rückstand des Amylalkohols, in welchen beide aus alkalischer Lösung (Caffeïn allerdings zum Theil schon aus saurer) leicht überwandern, auftreten, es sei denn, dass man auf ihre Trennung, welche übrigens keine grossen Schwierigkei- ten bereiten dürfte (cf. Dragendorff in der Pharm. Zeitschr. f. Russland. 1867. H. II. S. 85) besondere Rücksicht genommen. Aus meinen Versu- chen, welche auch auf die Huseman n'sche Reaction ausgedehnt wurden, stellte sich jedoch heraus, dass die präsumirte Reactionsbehinderung entwe- der garnicht, oder nur in so geringem Masse stattfindet, dass sie keiner Beachtung werth ist. - Der Widerspruch zwischen diesen Resultaten und der angeführten Beobachtung in Betreff der Reactionsbehinderung klärte sich dadurch auf, dass das im letzteren Fall benutzte Reagens durch mona- telanges Stehen eine Zersetzung erlitten haben musste, indem es auch auf reines Morphin wirkungslos blieb. Man entnehme sich daraus die Regel, vor Ausführung der betreffenden Reaction die Brauchbarkeit des Reagens an reinem Morphin zu prüfen. Uebrigens habe ich nach vier und mehr Wochen das Präparat noch ganz wirksam gefunden, 46 tität enthalten ist. Schon deshalb wird es in dem Alkaloid- rückstande (es geht allerdings auch aus alkalischer Lösung in Amylalkohol über) nur spuren haft vertreten sein. Dazu kommt noch, dass schon bei der bekannten Behandlung der sauren Lösung mit Amylalkohol dieser einen grossen Theil des in Rede stehenden Alkaloides mit sich nimmt. Ja es kann dasselbe, wenn man die genannte Manipulation mehrmals wiederholt, vollständig entzogen werden. Einfacher und sicherer gelangt man jedoch dazu, wenn man die alkalisch gemachte Lösung vorher mit Benzin in der weiter unten beschriebenen Weise behandelt, ein Verfahren, das man ohnehin da stets anwenden wird, wo der Verdacht auf eine Opiumvergiftung vorliegt, um dadurch eine Trennung auch der übrigen Opiumbasen vom Morphin zu bewerkstelligen (cf. die citirte Arbeit von Kubly). Auch einige nicht alkaloidische Stoffe geben mit Fröhde- schem Reagens dem Morphin ähnliche Farbenreactionen. Von den von mir in dieser Hinsicht geprüften Substanzen (Senegin, Phloridzin, Salicin, Elaterin, Colocynthin, Jalapin, Ononin, Populin, Limonin, Smilacin) könnten folgende allenfalls zur Verwechselung Veranlassung geben. Senegin wird anfangs umbrafarben; erst später gehen von den ungelösten Partikelchen rothviolette Streifen aus. Phloridzin wird sofort königsblau, nach einigen Minuten grün. Salicin anfangs dunkelviolett, später dunkelkirschroth. Colocynthin blutroth, löst sich lang- sam und geht allmählig in's Violettroth über; nach einer Stunde erst ist es rein dunkelviolett. Populin erst blau, dann rasch in's Violette übergehend und bald grünlich schwarz werdend. Wie ersichtlich, existiren aber auch zwischen den ange- führten Reactionen und derjenigen des Morphins immer noch Unterschiede, welche für eine differenzielle Diagnose verwerthet werden könnten und ein von dieser Seite her gegen die Zuläs- sigkeit der Fröhde’schen Morphinprobe erhobener Einwand muss um so mehr irrelevant erscheinen, als die Voraussetzung, es in einem Vergiftungsfall mit den genannten Substanzen zu thun zu haben, sehr fern liegt. Uebrigens würde sich eine Methode zur Trennung der letzteren von dem Morphin wohl ohne grosse Schwierigkeiten ermitteln lassen. Das Colocynthin z. B. ist durch Benzin aus saurer sowohl als alkalischer Lösung abscheidbar 1); Populin geht schon aus saurer Lösung in die verschiedenen Abscheidungsmittel (Petrol-Aether, Benzin, Amyl- alkohol, Chloroform) über. Unter den dem thierischen Organismus angehörigen Sub- stanzen sind mir nur die Gallensäuren, als auf Molybdänsäure gleichfalls reducirend wirkend, begegnet. Es erfolgt hier die Reaction aber erst nach mehrstündiger Einwirkung, so dass von einer Verwechselung kaum die Rede sein kann. In Berücksichtigung des Gesagten und der Resultate, die ich bei meinen Experimenten erlangt, kann ich nicht umhin, der Fröhde’schen Molybdänsäure - Reaction für den Morphin- Nachweis einen grossen Werth beizulegen. Wenn Husemann?) dieselbe als wenig zweckmässig erachtet, „weil die durch Lösung von molybdänsaurem Natron in concentrirter Schwefelsäure erhaltene molybdänsäurehaltige Schwefelsäure eines bestimmten Concentrationsgrades bedarf“, um die erwünschte Färbung her- vorzurufen, so ist diesem Einwurf schon von Fröhde selbst im Voraus begegnet. Wie bereits bemerkt, habe ich neben der Fröhde’schen Reaction auch die Husemann'sche 3) in Anwendung gebracht, welche mir kaum weniger günstigere Resultate geliefert hat als erstere. Die Husemann'sche Probe ist aus der Erdmann'schen 4) hervorgegangen, welcher zufolge dieses Alkaloid mit Schwefel- säure - Hydrat, dem ein Minimum Salpetersäure zugesetzt ist, LI --------... ---- 1) Dragendorff, Pharm. Zeitschr. für Russl. 1867, H. 10 S. 663. 2) Supplementband zum Handbuch der Toxikologie. Berl. 1867 S. 68. 3) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 128 S. 305. 4) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 120 S. 188., 48 eine Lösung giebt, die nach einiger Zeit eine schön violettrothe Farbe annimmt. Nach den Erfahrungen Husemann's und Anderer lässt diese Reaction jedoch häufig im Stich. Ersterer namentlich erhielt bei vielfach wiederholten Versuchen und bei genauer Einhaltung der Erdmann'schen Angaben in der Regel statt der violetten Färbung eine schmutzig grüne, oder es färbte sich doch nur der Saum der Flüssigkeit rosa , während der Kern jene Missfarbe zeigte. Er hat daher, von der Beobachtung ausgehend, dass jene Färbungen nicht sowohl durch das Gemisch der beiden Säuren hervorgebracht werden, als vielmehr durch die Einwirkung der Salpetersäure auf durch Schwefelsäurehydrat bereits verändertes Morphin, folgende Modification angerathen. hindurch auf 100 bis 150° C., oder lasse sie 12_-24 Stunden lang einfach stehen. In beiden Fällen ist dann die erforder- liche Zersetzung des Morphins eingetreten und man erhält auf Zusatz von etwas Salpetersäure oder von einigen Salpeterkry. stallen unmittelbar eine prachtvoll dunkel blau-violette Färbung, die sich am Saum mehrere Minuten lang hält, im Centrum bald in ein dunkles Blutroth übergeht. Husemann rühmt nament- lich auch die grosse Empfindlichkeit dieser Probe, indem er 1/50 Milligramm auf diese Weise noch deutlich erkennen konnte. Ja sogar 1/100 Milligramm färbte sich nach ihm im Verlauf von einer halben Minute noch deutlich rosa. Ich kann diese Angaben durch eigene Versuche bestätigen. Auf die bekannte Weise stellte ich mir die untenstehende Reihe von Morphinproben dar, löste jede in einigen Tropfen concen- trirter Schwefelsäure, liess diese Lösungen mit einer Glasglocke bedeckt 24 Stunden stehn und erhielt nun auf Zusatz einer ge- ringen Menge Salpetersäure folgende Resultate: 0,000005 Grm. Morph. sulph. giebt keine Reaction. 0,000010 die Reaction beginnend als leichte röthliche Färbung. 0,000015 desgleichen. L 4.9 0,000020 Grm. Morph. sulph. ) die Reaction wird deutlicher. 0,000025 0,000030 die roth - violette Farbe schon recht deutlich. · Die Empfindlichkeit dieser Reaction, wenn auch in der That eine sehr bedeutende, erreicht, wie ersichtlich, doch nicht vollständig diejenige der Fröhd e’schen. Darauf ist es wohl auch zum Theil zurückzuführen, dass ich nicht selten mittelst dieser letzteren noch Morphin nachweisen konnte, während die Husemann'sche Probe ein negatives oder zweifelhaftes Resultat lieferte. Zum Theil mag hierbei aber auch der Umstand mit- gewirkt haben, dass diese Reaction zu ihrem Gelingen vielleicht eine grössere Reinheit des zu prüfenden Objectes verlangt als die erstere. Im Uebrigen gelten die für den Fröhde’schen Nachweis hervorgehobenen Vorzüge auch für die Husemann- sche Reaction und ich kann daher beide als vollkommen zweck- entsprechend anempfehlen. Ich habe schon oben erwähnt, dass es wünschenswerth ist, das Morphin wo möglich in Krystallen zu gewinnen. Leider lassen die Resultate meiner hierauf gerichteten Versuche Manches zu wünschen übrig. Ich verfuhr zunächst in der Weise, dass ich den das Alkaloid enthaltenden Amylalkohol - Rückstand in einer geringen Quantität ganz schwach schwefelsäurehaltigen Wassers löste, die Lösung durch ein angefeuchtetes Filter filtrirte und durch Ammoniak neutralisirte. Um den Ueberschuss des letzteren zu entfernen, wurde die Flüssigkeit in einem offenen Becherglage eine Zeit lang stehn gelassen. Nach Verlauf von 24 Stunden konnte meist kein freies Ammoniak mehr durch den Geruch nachgewiesen werden. War Morphin in grösserer Menge vorhanden, so hatte sich schon während oder unmittel- bar nach der Neutralisation ein flockiger meist bräunlich - gelb- licher Niederschlag ausgeschieden, der sich mit der Zeit noch vermehrte. Bei geringer Quantität des Alkaloids dagegen, und namentlich wenn der Ammoniakzusatz etwas zu reichlich 1 ANO 1 ausgefallen war, erfolgte die Ausscheidung nur äusserst spärlich und erst nach längerer Zeit, in dem Masse, als sich das freie Ammoniak, welches bekanntlich Morphin in Lösung hält, ver- flüchtigt hatte. Die oben stehende Flüssigkeit wurde dann von dem Bodensatz durch Abgiessen so viel als möglich ge- trennt und letzterer unter das Mikroscop gebracht. Hatte sich zuvor durch die Fröhdesche und Husemann'sche Reaction die Gegenwart von Morphin nachweisen lassen, so gelang es auch meist in dem durch Ammoniak-Zusatz erhaltenen Nieder- schlage neben amorphen Massen einzelne krystallinische Bildun- gen zu entdecken. Dieselben fanden sich aber immer in ver- hältnissmässig geringerer Quantität vor, als nach der Intensität der Farbenreaction und nach der Menge des Rückstandes zu erwarten stand. Auch ihre Form war eine so unregelmässige und mannigfaltige, dass ich dieselbe nicht einem bestimmten Typus unterzuordnen vermochte. Häufig erschienen sie als stark lichtbrechende, eckige, bisweilen mit mehreren scharfen geradlinigen Kanten versehene Körper, welche ich am ehesten noch als einseitig ausgebildete, abgestumpfte Pyramiden des rhombischen Systems bezeichnen möchte. Helwig 1) stellt solche Formen für das Morphin strict in Abrede; er lässt für dieses Alkaloid (sowohl für die freie Besis als für die Salze desselben) nur die Form der sechsseitigen Prismen gelten, gleichviel, ob die Präparate durch Fällung mittelst Alkalien oder durch freiwillige Verdunstung aus verschiedenen Lösungs- mitteln erhalten worden sind. Die Differenz zwischen Helwig's und meinen Beobachtungen mag zum Theil darin begründet sein, dass ersterer mit reinem Alkaloid experimentirt hat, wäh- rend ich nur mit einem Morphin zu thun hatte, welches aus organischen Gemengen abgeschieden war. Wenn von anderer Seite auch Octaëderformen beschrieben sind, so habe ich solche nur selten constatiren können. i + 1) Das Mikroscop in der Toxikologie. Mainz 1865. 51 Dagegen habe ich häufiger mehr platten- oder tafelförmige Krystalle beobachtet, deren Begränzungen unregelmässig, oft bogenförmig gekrümmt, mitunter gleichsam wie ausgebrochen erschienen, und endlich solche, die eine gewisse Aehnlichkeit mit den von Helwig auf Tafel V abgebildeten zur Schau tru- gen. Letztere hat Helwig durch Verdunsten einiger Tropfen einer Lösung von schwefelsaurem Morphin unter Ammoniak- zusatz gewonnen und beschreibt sie als kurze, aber scharf aus- geprägte sechsseitige Prismen. Noch besser könnte ich übrigens diese letzterwähnten Gebilde mit den von Erhard 1) auf Taf. IX Fig. 1 gegebenen Abbildungen vergleichen, welche nach Kry- stallen gezeichnet sind, die durch freiwillige Verdunstung einer wässrigen Morphinlösung bei + 3° R. erhalten waren und als verschiedenartig gestaltete rhombische Prismen daselbst aufge- fasst sind. Als für das Morphin characteristisch könnte aus Obigem allenfalls seine Neigung hervorgehoben werden, unter den angegebenen Bedingungen in unregelmässigen gekrümmten Formen sich auszuscheiden, was man übrigens auch beim Ver- dunsten einiger Tropfen einer alkoholischen Lösung reinen Mor- phins beobachten kann, so wie auch bei Fällungsversuchen desselben aus verdünnten wässrigen Lösungen seiner Salze. Das Gesagte gilt für die mikroscopische Untersuchung des Ammoniak - Niederschlages, in welchem für das blosse Auge keine Krystalle wahrnehmbar waren. Deutliche makroscopische Krystallausscheidungen wurden auf diesem Wege nur in ein- zelnen wenigen Fällen erzielt, wo nach Einführung sehr bedeu- tender Morphin - Quantitäten in den Körper die Ausbeute aus dem Magen und Darminhalt eine entsprechend reiche war. Entweder erhielt ich dann fast farblose, an den Wandungen des Gefässes fest anhaftende, plattenförmige, meist pyramiden- artig zugespitzte, mit der Basis aufsitzende und in Gruppen vereinigte Krystalle (cf. Exper. VI u. Exper. XI) oder aber V 1) N. Jahrb. für Pharm. Bd. XXVI H. I. 1866. 0 t mehr oder weniger bräunlich gefärbte, auf dem Boden des Gefässes liegende frei bewegliche, etwa 2'" und mehr im Durch- messer haltende, schön ausgebildete Gruppen von Büschel- oder Kugelform, welche aus centrisch aneinandergelagerten, demi Farrenkrautblatt ähnlichen krystallinischen Bildungen zusam- mengesetzt waren (cf. Experiment XII. Mageninhalt), Formen, wie ich sie sonst nirgends für das Morphin beschrieben gefunden habe. Im Ganzen müssen aber die so gewonnenen Resultate doch als wenig befriedigend bezeichnet werden, ejnmal schon wegen der meist wenig characteristischen Form der erhaltenen Krystalle, dann aber namentlich auch, weil, wie bereits ange- gedeutet, immer nur ein Theil des vorhandenen Morphins zur Ausscheidung gebracht wird, während der andere und häufig der grössere Theil in Lösung bleibt, ein Factum, das ich wie- derholt constatirt habe, indem ich aus der durch Filtration von dem Niederschlage getrennten alkalischen Flüssigkeit durch Ausschütteln mit Amylalkohol noch Morphin gewinnen konnte. Wie gross der Verlust, wie gering dagegen die Ausbeute bei einem derartigen Verfahren ausfallen kann, wird am besten durch das Ergebniss der Untersuchung des an Morphiumvergiftung ver- storbenen Kaufmanns Adamson (cf. weiter unten) illustrirt, wo aus dem Mageninhalte durch Verdunstung des alkalischen Amyl- alkoholauszuges ein Rückstand erhalten wurde, welcher in schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst und mit Ammoniak neu- tralisirt ein Präcipitat von 0,0216 Grm. Gewicht lieferte, wäh- rend aus der durchfiltrirten Flüssigkeit auf anderem Wege noch Morphinkrystalle im Betrage von 0,0836 Grm., also fast das Vierfache, gewonnen werden konnten. Den Grund für dieses Verhalten, aus welchem sich auch erklärt, weshalb bei gerin- gen, aber immerhin noch deutlich nachweisbarem Alkaloidge- halt die Ausscheidung desselben bisweilen ganz ausblieb, kann ich, da auf das möglichst vollständige Entweichen des freien Ammoniaks stets geachtet worden war und auch die Versuche, dem genannten Uebelstande durch Verwendung von kohlen- n11 . 77 D 53 - saurem Kali anstatt des Ammoniaks als Fällungsmittel zu be- gegnen, fruchtlos blieben, nur darin finden, dass wahrscheinlich die Gegenwart des bei der Neutralisation sich bildenden schwe- felsauren Ammoniaks, resp. Kalis, und des kohlensauren Kalis (welches, weil im Ueberschuss zugesetzt, zum Theil auch als solches in der betreffenden Lösung besteht) das Lösungsver- mögen des Morphins in Wasser steigert und seine vollständige Ausscheidung behindert. Unter so bewandten Umständen lag es nahe, sich nach anderen Methoden, das betreffende Alkaloid in Krystallform zu erhalten, umzusehen. Von den Versuchen, den morphinhalti- gen Rückstand in verschiedenen verdünnten Säuren zu lösen und von dieser Lösung einige Tropfen unter dem Mikroscop verdunsten zu lassen, musste alsbald abgestanden werden, da sich stets zu viel fremde Beimengungen vorfanden, welche nach dem Verdunsten das ganze Gesichtsfeld bedeckten und etwa gleichzeitig ausgeschiedene Alkaloid-Krystalle nicht zur Wahr- nehmung kommen liessen. Dieses Verfahren, namentlich von Helwig 1), Erhard), warm empfohlen, mag allerdings da zum Ziele führen, wo man es mit reinen Lösungen der Alkaloid- salze zu thun hat, bei Abscheidungsversuchen aus organischen Substanzen dagegen ist es in den meisten Fällen unbrauchbar. Es blieb daher als letzter Ausweg noch der Versuch übrig, sich eine alkoholische Lösung des Amylalkohol - Rückstandes darzustellen und diese der freien Verdunstung zu überlassen. In der That gelang es auf diesem Wege, aus dem Magen des durch Morphin vergifteten bereits genannten Kaufmannes (cf. unten) in zahlreicher Menge die schönsten fast farblosen Kry- stallgruppen von 2"-3" Durchmesser darzustellen, welche aus sternförmig aneinander gereihten, sehr scharf ausgeprägten, schief abgestumpften Prismen bestanden. Und zwar wurden dieselben aus dem Rückstande erhalten, der durch Ausschüt- 07 OTT 1 1) 2) a. a. 0. a. a. 0. 54 S t 111 teln jener alkalischen Flüssigkeit gewonnen war, aus welcher bereits ein Theil des Morphins durch Ammoniak präcipitirt und durch Filtration abgeschieden war. Die Vortheile, welche dieses Verfahren der Ammoniakfällung gegenüber darbietet , lassen sich aus dem Mitgetheilten einfach ableiten. Sie betreffen so- wohl die Krystallform, welche unvergleichlich reiner und schär- fer hervortritt, als auch besonders die Ausbeute, welche hier wohl fast alles vorhandene Alkaloid umfasst, während auf dem Wege der Präcipitation der grössere Theil sich der Darstellung entzieht. Andererseits wird man sich aber doch in der Mehr- zahl der Fälle genöthigt sehen, wiederum auf die Fällung mit- telst Ammoniak zu recurriren, denn sobald die Morphinmenge eine geringe ist (und das trifft für die meisteu Fälle zu, es sei denn dass man es mit dem Magen- und allenfalls Darminhalt zu thun hat), wird bei der unvermeidlichen Gegenwart von Verunreinigungen der Krystallisationsversuch aus alkoholischer Lösung missglücken. Wenigstens gelang es mir nicht, aus dem Harn des nämlichen Verunglückten, in welchem durch die Husemann'sche, die Fröhde'sche und die Eisenchloridprobe unzweifelhaft Morphin zuvor nachgewiesen war, auf diesem Wege Krystalle zu erhalten, während ich nachträglich, nachdem ich dasselbe Object in der obigen Weise mit Ammoniak be- handelt hatte, doch noch zu den bekannten Resultaten gelangte, die, wenn auch nicht sehr eclatant, so doch immerhin ver. werthbar sind. So viel über die Abscheidung und Erkennung des Morphins. Bevor ich jedoch zur kurzen Beschreibung der einzelnen Expe- rimente übergehe, muss ich noch einige Bemerkungen in Betreff des Narcotins vorausschicken, da ich einen Versuch auch mit diesem Alkaloid angestellt und in einem zweiten, die Vergiftung einer Katze durch Opium betreffend, neben dem Morphin auch das Narcotin berücksichtigt habe. Ich kann mich hierbei kurz fassen, indem ich auf die betreffenden, bereits mehrfach citirten Arbeiten von Dragendorff und Kubly verweise. Die Abschei- 1 GO hn1 S 55 1 ITY dung des Narcotins an und für sich dürfte voraussichtlich kei- nen grossen Schwierigkeiten unterliegen, da dieses Alkaloid in den meisten der bisher bekannten und bereits besprochenen Abscheidungsmittel für Alkaloide (Aether, Essigäther, Chloroform, Amylalkohol) verhältnissmässig leicht löslich ist. Es wäre mit- hin das Stas'sche Verfahren, sowohl in seiner unveränderten Form als auch in seinen zahlreichen Modificationen, verwend- bar; nur ist dabei der Uebelstand zu berücksichtigen, dass schon aus saurer Lösung ein Theil des Narcotins in Amylalkohol und Chloroform überwandert 1) und man daher bei Benutzung dieser Mittel entweder sich Verluste gefallen lassen, oder aber auf das vorhergängige Ausschütteln der sauren alkaloidhaltigen Lösung verzichten muss, eine Manipulation, die, wie bereits auseinandergesetzt, für die Reindarstellung des Alkaloides von grosser Bedeutung ist. Dazu kommt noch, dass in gerichtlichen Fällen das Narcotin wohl kaum je allein für sich zur Sprache konimen dürfte, sondern fast nur in Gemeinschaft mit anderen Opiumalkaloiden (Opiumvergiftung), wo es dann namentlich auf die Trennung desselben von dem Morphin ankommt. Dieser letztere Zweck dürfte aber durch die genannten Abscheidungs- mittel nur sehr unvollkommen erreicht werden. In vollkommen zureichender Weise wird diesen Missständen durch Verwendung des von Dragendorff?) für die Abscheidung von Alkaloiden eingeführten Benzins begegnet. In Betreff der Vorzüge, welche dieses Mittel vor den übrigen, zu dem gleichen Zweck bisher benutzten, im Allgemeinen voraus hat, verweise ich auf die soeben citirte Arbeit. Speciell für das Narcotin will ich nur erwähnen, dass das Löslichkeitsverhältniss desselben in Benzin ein sehr bedeutendes ist. Nach Kubly 3) löst Benzin 4,614 % , während 100 Theile Amylalkohol nur 0,325 Theile Narcotin lösen. Dazu kommt, dass aus saurer Lösung kaum Spuren von 1) Dragendorff, Pharm. Zeitschr. f. Russl. 1867. H. 10. 2) ApXWB_ cyÆebr. mea., 1865, «. IV, ctp. 36. 3) a. a. o. 56 110 Narcotin in Benzin übergehen). Aus dem Angeführten werden die günstigen Resultate erklärlich, zu welchen Kubly bei sei- nen Isolirungsversuchen aus künstlichem Speisebrei gelangte. Für die Trennung des Narcotins vom Morphin ist das Benzin ein unschätzbares Mittel, weil letzteres Alkaloid in dem- selben so gut wie unlöslich ist. Auch die Kubly'schen Ver- suche bestätigen dieses. Der einzuschlagende Weg, um das Narcotin abzuscheiden und erforderlichen Falls von dem Morphin zu trennen, ist in dem Gesagten bereits vorgezeichnet. Ich verfuhr genau in der Weise, wie bei der Abscheidung des Mophins, nur mit dem einzigen Unterschiede, dass der Amylalkohol stets durch Benzin ersetzt wurde. Sollte, zugleich auf das Morphin Rücksicht ge- nommen werden, so wurde die zuvor mit Benzin ausgeschüt- telte alkalische Lösung wiederum angesäuert, um das ge- nannte, etwa ausgeschiedene, vom Benzin aber nicht aufgenom- mene Alkaloid wiederum in Lösung zu bringen, und das ganze Verfahren mit Amylalkohol wiederholt. Zur Identitätsbestimmung des Narcotins benutzte ich die von Husemann 2) angegebene Reaction. Nach diesem Autor färbt sich das Narcotin beim Uebergiessen mit concentrirter Schwefelsäure entweder schön blauviolett und geht in kurzer Zeit in schmutzig-orangegelb über, oder aber es wird sogleich rein gelb und giebt eine gleichgefärbte Lösung. Erwärmt man diese Narcotin-Schwefelsäure-Lösung sehr allmählig über einer kleinen Flamme, so wird sie (gleichviel ob sie von Anfang an gelb, oder erst durch Violett in Gelb übergegangen war) zu- nächst orangeroth, dann bilden sich vom Rande ausgehend prachtvoll blauviolette, bisweilen rein purpurblaue Streifen, und endlich nimmt die Flüssigkeit bei der Temperatur, bei welcher die Schwefelsäure zu verdampfen beginnt, eine intensiv roth- violette Färbung an. In Betreff der Empfindlichkeit dieser CD - - - . . . - 1) Dragendorff, Pharm. Zeitschr. f. Russl. 1867. H. 10. 2) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 128 S. 309. 57 UL Reaction bemerkt Husemann, dass die blaue Färbung noch deutlich eintritt, wenn die Schwefelsäure nur 1/2000 Narcotin gelöst enthält und dass bei 1/40000 - facher Verdünnung noch ein zartes Carmoisin beobachtet wird. Auch mir ist es bei den betreffenden Versuchen gelungen, auf diese Weise Narcotin darzuthun. Dass aber dieser Reaction für die forensisch-che- mische Untersuchung eine grosse Beweiskraft zugeschrieben werden kann, glaube ich kaum annehmen zu dürfen, da viele andere Alkaloide mit concentrirter Schwefelsäure ähnliche Far- benerscheinungen liefern und diese in den betreffenden zur Prüfung vorliegenden Alkaloidrückständen, in welchen Verun- reinigungen nie ganz zu vermeiden sind, überhaupt nicht so scharf hervortreten, dass auf feine Farbennüangen ein Gewicht gelegt werden könnte. Immerhin ist diese Reaetion als die beste der bisher bekannten zu betrachten. Der Mangel an specifischen Reactionen ist für das Narcotin aber weniger fühlbar, indem derselbe durch die Leichtigkeit und Vollständigkeit, mit welcher dieses Alkaloid in schön aus- gebildeten Krystallformen erhalten werden kann, gewissermassen ausgeglichen wird. Das Narcotin ist bekanntlich in Ammoniak nicht löslich und wird daher auch mittelst eines Ueberschusses dieses Fällungsmittels aus saurer Lösung rasch und vollständig ausgeschieden. Die charakteristischen Formen, in welchen sich das Narcotin, auf diese Weise räcipitirt, darstellt, finden sich in den betreffenden Experimenten beschrieben. Hier will ich daher nur noch bemerken, dass es, um unter dem Mikroscop gut ausgebildete Krystallformen zu Gesicht zu bekommen, durch- aus erforderlich ist, den gewonnenen Niederschlag erst nach längerer Zeit zu untersuchen. Es bedarf einiger Zeit, ehe sich aus dem anfangs amorphen Niederschlage jene Krystalle diffe- renziren, wofür namentlich auch Exp. XII (cf. Untersuchung des Magens) einen guten Beweis liefert. Dieses vorangeschickt, gehe ich, indem ich in Betreff der Einzelheiten auf die verschiedenen Experimente verweise, auf diese selbst über. n1 TI Experiment I. 11. April. 11 U. Vm. Es werden einer Katze 0,170 Gramm (cc. 3 Gran) Morph. sulf., in eine Gallertkapsel eingeschlossen, mit der Nahrung zu ver- schlingen gegeben. 12 U. Vm. Eintritt von Erbrechen. Die entleerten Massen, aus unverdauten Fleischstücken und spärlicher schleimiger Flüssigkeit be- stehend, werden gesammelt und der Analyse unterworfen. Deutliche Ver- giftungssymptome, als: Unruhe, Taumel, Schwäche der hinteren Extremi- täten, keine Fresslust. Die Pupillen mässig weit. (NB. es dringt nur wenig Licht in den Käfig). 3 U. Nm. Das Thier beginnt sich zu erholen. 8 U. Nm. Es nimmt wieder Nahrung zu sich. 12. April. In der Nacht Harnentleerung (Harn I). 8 U. Vm. Die Katze scheinbar gesund. - 91/2 U. Vm. Der Oesophagus wird blossgelegt, geöffnet, 0,180 Gramm Morph. sulf., mit einer Gallert- Kapsel umhüllt, in den Magen gebracht und um die Speiseröhre eine Ligatur applicirt. 2 U. Nm. Aufregung; taumelndes Herumlaufen im Käfig. 4 U. Nm. Mattig- keit. Zwischen 2-4 U. Harnentleerung (Harn II). 6 U. Nm. ~ Schwäche der hinteren Extremitäten ; ruhiges Verhalten. 13. April. 8 U. Vm. Mattigkeit, keine weiteren Vergiftungserschei- nungen. Fresslust vorhanden, kann aber wegen der Oesophagus - Ligatur nicht befriedigt werden. Die Pupillen mittelweit. Dieser Zustand den ganzen Tag über andauernd. - 14. April. In der Nacht ist Harn entleert worden (Harn III). Die Ermattung nimmt zu. 15. April. Hochgradige Schwäche, welche auf die Folgen der Ope- ration und Inanition bezogen wird. Das Thier rührt sich nicht aus seiner einmal eingenommenen Lage. Die Katze wird strangulirt. Section am 17. April: Starre vorhanden; Lungen rechts oben luft-:. haltig, der mittlere Theil hepatisirt, mit zahlreichen käsigen Herden durch- setzt ; desgleichen auch der grösste Theil des unteren rechten Lungenab- schnitts. Die ganze linke Lunge, mit Ausnahme der untersten Partie, durch- 59 weg wie rechts erkrankt. Das Herz enthält rechts und links flüssiges Blut, desgleichen die grossen Venen und die Aorta. Der Magen bis auf ein Bandwurmconvolut leer. Die Schleimhaut mit einer Lage dicken zähen Schleimes bedeckt, nicht hyperaemisch. Der Dünndarm mit gelblich-schlei- miger Flüssigkeit gefüllt. Der Dickdarm feste Kothmassen einschliessend. Die Leber dunkel. Die Gallenblase spärlich gefüllt. Die Harnblase leer, erschlafft, die Nieren normal. Anf etwaigen Morphingehalt wurden ausser den genannten drei Harn- portionen und dem Erbrochenen untersucht: 1) das Blut aus den grossen Gefässen, dem Herzen, und den Luugen. Es konnten nur einige Drachmen davon gewonnen werden. 2) Die Leber mit der Gallenblase, 3) der Magen und esophagus. 4) der Dünndarm, 5) der Dickdarm mit seinem Inhalt. Das Resultat war folgendes : In jeder der drei Harnportionen deut- liches Eintreten der Morphinreactionen, sowohl nach Fröhde als nach Huse- mann, besonders exquisit in Portion II, aus welcher durch Fällung ein Niederschlag mit den beschriebenen mikroscopischen Krystallen erhalten wurde. Die erbrochenen Massen ergaben das gleiche Resultat, nur war der Niederschlag reichlicher. Im Magen und Dünndarm konnte kein Morphin nachgewiesen werden, ebensowenig im Bint. Dagegen traten die Reactionen sehr deutlich in den aus der Leber und dem Dickdarm gewonnenen Rückständen ein. Experiment II. Versuchsthier : eine Katze. 12. April 10 U. Vm. Subcutane Injection von 0,132 Gramm. (= cc. 2 Gran) Morph. sulf. in die Innenfläche des Oberschenkels einer hinteren Extremität. 12 U. M. Grosse Unruhe, stürmische Bewegungen; Anspringen an die Wände des Käfigs. Pupillen erweitert, reagiren aber deutlich auf Lichtreize. 1 U. Nm. Parese der hinteren Extremitäten. Pupillen noch weit. Von Zeit zu Zeit plötzliche convulsivische Zuckungen, namentlich die Streckmuskeln der Extremitäten betreffend, durch welche das Thier in die Höhe geschnellt wird. Sie treten spontan ein, erfolgen aber auch reflecto- risch nach intensiveren, das Gehör- oder Gesichtsorgan treffenden Eindrücken. Berührung des Körpers hat nicht diesen Erfolg. Das Sensorium erscheint frei; auf leises ruhiges Ansprechen reflectirt das Thier wie ein gesundes. Die Respiration beschleunigt. Schaum vor dem Munde. In den Pausen zwischen den Krampfanfällen ist das Thier ermattet, die Seitenlage mit von sich gestreckten Extremitäten einnehmend. 2 U. Nm. Zu den beschrie- benen Convulsionen gesellen sich noch tetanische Krämpfe mit Streckung 60 der Extremitäten und des Nackens. Sonst stat. idem. 4 U. Nm. Die Katze ist verendet, Starre ausgeprägt. Vor dem Tode ist eine Harnentleerung er- folgt (Harn I). Die Section ergab nichts Bemerkenswerthes. Untersucht werden : 1) das Blut, die Lungen und das Herz gemein- schaftlich, 2) Das Gehirn. 3) Die Leber nebst Galle. 4) Der Magen und Oesophagus, 5) der Dünndarm, 6) der Dickdarm, 7) die Harnblase mit dem spärlich in ihr enthaltenen Harn und die Nieren. 8) Das Pankreas und die Milz. Nur in dem vor dem Tode entleerten Harn und in der Portion die bei der Section aus der Blase entnommen und in Gemeinschaft mit den Nieren untersucht wurde, konnte Morphin mit grosser Deutlichkeit nachge- wiesen werden. In Betreff der übrigen Organe war das Ergebniss der Un- tersuchung ein negatives, wie das mit Ausnahme des Blutes wohl auch zu erwarten stand, Experiment III. Versuchsthier : eine äusserst abgemagerte Katze, 27. April 10 U. Nm. Oesophagotomie mit darauffolgender Injection von 0,183 Gramm in Wasser gelösten schwefelsauren Morphins in den Ma- gen und nachträglicher Unterbindung der Speiseröhre. 10 Min. nach voll- endeter Operation wird eine Portion Harn entleert (Harn I). Bis 3 Uhr haben sich alle die Vergiftungserscheinungen, wie in Exper. II eingestellt. 28. April. Katze in der Nacht verendet. Vorher hat eine Harnent- leerung stattgefunden (Harn II). Es wurde in Arbeit genommen: 1) Harnportion I, 2) Harnportion II, 3) der bei der Section aus der Harnblase entnommene Harn (Harn III). 4) Das Blut mit den Lungen und dem Herzen. 5) Die Leber mit der Galle. 6) Der Magen und Oesophagus, 7) der obere Abschnitt des Dünndarmes, 8) der untere Abschnitt des Dünndarmes, 9) der Dickdarm mit den in ihm enthaltenen Kothballen, 10) die Nieren, 11) das Gehirn. In Harn I liess sich kein Morphin nachweisen, in exquisiter Weise dagegen im Harn II und III. Sehr deutlich traten die Reactionen in dem aus dem Magen und der Leber gewonnenen Rückständen ein, weniger deut- lich dagegen in dem Rückstande des oberen Dünndarmes. Spurenhaft konnte das gesuchte Alkaloid in der unteren Hälfte des Dünndarmes consta- tirt werden, aber nur durch die Fröhde’sche Reaction; die Huseman n’sche liess im Stich. - Das gleiche Ergebniss lieferten die Nieren. Im Dickdarm liess sich kein Morphin auffinden. Das Gehirn ging bei der Bearbeitung zu 61 Grunde und für die Gegenwart des Alkaloides im Blute endlich konnten keine Beweise beigebracht werden, da die Huseman n’sche Reaction fehl- schlug und die Fröh de’sche in Zweifel liess. Experiment IV. Versuchsthier: eine Katze. 13. Mai 10/2 U. Vm. 0,03 Grm. (= /2 Gran) Morph. sulf., in eine Gallertkapsel gethan und mit Fleisch umhüllt, werden von der Katze ge- schluckt. -- 1/2 U. Nm. reichliche Fäcalentleerung (Faeces I). 6 U. Nm. Noch keine anderen Vergiftungssymtpome als vielleicht ein leichter Grad von Taumel. 14. Mai. 8 U. Vm. Die Katze scheinbar gesund. 1 U. Nm. Es wer- den nochmals 0,03 Grm. Morph. sulf. wie oben beigebracht. 15. Mai. In der Nacht Koth- und Harnentleerung (Fäces II u. Harn I). Mattigkeit. Keine Fresslust. Die Pupillenweite nicht abnorm.' 2 U. Nm. Harnentleerung (Harn II) und Kothentleerung (Fäces III). 16. Mai. In der Nacht eine Harnentleerung (Harn III). Um 5. U. Nm. ist die Katze verendet. Vorher ist eine Portion Harn ausgeschieden (Harn IV). Den ganzen Tag über grosse Hinfälligkeit (beständige Seiten- lage). Keine Krämpfe. In Harnportion I und II war Morphin deutlich nachweisbar, fraglich blieb der Erfolg in Portion III und in Portion IV wurde die Abwesenheit dieses Alkaloids constatirt. In den Fäces konnte nur in Portin II, hier aber deutlich, Morphin dargethan werden. Der Cadaver dieses Thieres wurde an freier Luft der Fäulniss über- lassen und am 24. Juni die Untersuchung der einzelnen Organe vorgenom- men, jedoch ohne Erfolg. Den Grund dafür glaube ich weniger dem Ein- fluss der Fäulniss, die bereits weit vorgeschritten war, zuschreiben zu müs- sen, als vielmehr dem Umstande, dass die beigebrachte Morphinquantität eine geringe und namentlich auch die seit der letzten Giftgabe bis zum Eintritt des Todes verstrichene Zeit eine verhältnissmässig lange war, so dass das Gift aus dem Körper zum grossen Theil entfernt sein konnte. Auch scheint mir der erfolgte Tod nicht eine directe Wirkung des Morphins gewesen zu sein, wenigstens entsprechen die Symptome nicht den sonst beobachteten, nachdem Katzen eine tödtliche Dosis dieses Giftes beigebracht war. Es kann der Tod, wenn auch durch die Giftwirkung beschleunigt, wie in Exper. I durch eine innere Krankheit bedingt gewesen sein. Den Nachweis dafür kann ich wegen mangelnder Section freilich nicht liefern. 62 Experiment V. Versuchsthier: eine kleine etwa halbjährige Katze. Subcutane In- jection von 0,03 Grm. Morph. sulf, in die Bauchfläche dieses Thieres. Nach zwei Stunden wird dasselbe strangulirt. Aus den unmittelbar darauf ge- öffneten Jugularvenen lassen sich etwa 2 Unzen Blut gewinnen. Auf etwai- gen Morphingehalt wurden untersucht: 1) das Blut, 2) die Leber mit der spärlich gefüllten Gallenblase, 3) der aus der Harnblase entnommene etwa 4 Drachmen betragende Harn. Aus der Leber und dem Blut liess sich nicht die geringste Andeutung einer Morphinreaction gewinnen. Im Harn dagegen wurde das Morphin zweifellos dargethan. Experiment VI. Versuchsthier: ein grosser starker Viehhund. 27. Juni. 10 U. Vm. Dem Hunde werden 0,702 Grm. (circa 11 Gran) Morph. sulf., als Pulver in eine Gallertkapsel eingeschlossen, mit der Nah. rung beigebracht. Erst gegen Abend tritt Mattigkeit ein. Appetit noch vor- handen. 28. Juni. In der Nacht eine Harnentleerung von 1/2 Pfd. (Harn I). Ausgesprochene Somnolenz. Im Stehen beginnt alsbald das Kreuz und dann der Kopf zu sinken, worauf ein rasches plötzliches Auffahren erfolgt. Dieses wiederholt sich, ähnlich wie wir es bei schlaftrunkenen Menschen beobachten. Durch Anrufen, Berühren wird das Thier auf Augenblicke aus dem Schlafe erweckt, um aber sogleich wieder in denselben zu verfallen. Gegen Abend scheint sich das Thier etwas zu erholen, es werden ihm noch 0,315 Grm. (circa 5 Gran) Morph, sulf. in derselben Form, wie oben, beigebracht. 29. Juni. Die Somnolenz dauert fort. Gegen Abend wird das Thier munterer, nimmt Nahrung zu sich. 30. Juni. Während der Nacht sind reichliche Kothmassen abgesetzt worden (Fäces I). Um 10 U. Vm, werden 2 Pfd. Harn aufgefangen (Harn II). Das Thier hat sich vollkommen erholt. Um 3 U. Nm. werden wiederum 2,007 Gramm (etwa 32 Gran) Morph. sulf. mit der Nahrung eingeführt. Nach 2 Stunden noch keine Wirkung; Gegen Abend ein hoher Grad von Somnolenz. Die Respiration dabei ruhig. Die Pupillen mässig erweitert. 1. Juli. Die Symptome dauern fort. Keine Fresslust. Die Pupillen jetzt eher eng. 2. Juli. In der Nacht sind 23/4 Pfd. Harn ausgeschieden (Harn III). Die Narcose in der Abnahme. Gegen Mittag stellt sich Appetit ein; am Abend erscheint der Hund vollkommen munter. 63 3. Juli. In der Nacht eine Harnentleerung von 2'/2 Pfd. (Harn IV) 612 U. Nm. Harn- und Kothentleerung (Harn V u. Fäces II). Es werden dem Hunde jetzt 2,48 Gramm (= 40 Gran) Morph. sulf., in schwach schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst, durch die Schlundsonde in den Magen gebracht. Fast unmittelbar darauf deutliche Narcose. Die Somnolenz und das Taumeln bedeutender als nach den bisherigen Gaben. Die Pupillen er- weitert. -- 19 U. Nm. Die Pupillen eher eng. Das Thier liegt vollkommen ruhig und apathisch da, ist schwierig zu erwecken. Die Respiration ruhig. 4. Juli. Die Schlafsucht besteht fort. Die Pupillen mittelweit, be- weglich. Gegen Abend ist schon ein Schwinden der Narcose bemerkbar. 5. Juli. Der Hund erscheint vollkommen munter; der Appetit wie- dergekehrt. 6. Juli. In der Nacht eine Harnentleerung im Betrage von 2/2 Pfd. (Harn VI). Keinerlei Vergiftungserscheinungen. Um 5 U. Nm. wiederum eine Karnexcretion von 24/4 Pfd. (Harn VII). 7. Juli. In der Nacht sind nahezu 3 Pfd. Harn ausgeschieden (Harn VIII) und um 4 U. Nm. ebenfalls eine gleiche Quantität (Harn IX). Das Resultat der Analyse dieser verschiedenen Excrete war kurz fol- gendes: Mit Ausnahme von Harn V und IX konnte in allen übrigen sieben Portionen das Morphin mit grosser Deutlichkeit durch die ihm zukommenden Reactionen nachgewiesen werden. Desgleichen auch in den beiden zur Un- tersuchung gelangten Portionen von Darmkoth. Zugleich wurde auch die Fällung durch Ammoniak vorgenommen, durch welche aber immer nur spär- liche und nur unter dem Mikroscop erkennbare Krystalle von der bekannten Form gewonnen wurden. Etwas reichlicher fiel der Niederschlag in Harn II nnd IV aus. Am 7. Juli werden demselben Hunde 1,120 Grm. (18 Gran) Morph. sulf, in Lösung durch die Schlundsonde beigebracht. -- Nach 10 Min. schon deutliche Vergiftungssymptome, nach 15 Min. vollkommene Somnolenz. Die Pupillen mässig weit. Nach etwa 3/4 Stunden werden 2'/2 Pfd. Blut aus, der Carotis entzogen. Das Thier wird durch Lufteinblasen in eine Jugular- vene getödtet. – Die Section ergab nichts bemerkenswerthes. Ergebnisse der Analyse : 1) des Magens und seines Inhaltes (bestehend aus 4 Unzen einer sauer reagirenden breiig-schleimigen Flüssigkeit). Der erste Verdunstungs- rückstand (erhalten ans den beiden vereinigten alkalischen Amylalkoholaus- zügen) wird, weil noch unrein, in schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst, die Lösung noch sauer zwei Mal mit Amylalkohol ausgeschüttelt, durch Ammo- niak wieder alkalisch gemacht, und vier Mal mit frischen Amylalkoholpor- tionen behandelt. Einige Tropfen des vierten Auszuges, auf einem Uhrgläs- 64 chen verdunstet, gaben einen noch morphinhaltigen Rückstand. Die alka- lische Lösung wird noch zum fünften Mal mit Amylalkohol ausgezogen und dieser Auszug für sich verdunstet. Er liefert einen farblosen, auf Fröhde- sches Reagens lebhaft reagirenden Rückstand von 0,005 Grm. Gewicht. Die vier vorhergehenden Auszüge werden vereinigt und, nachdem der grössere Theil des Amylalkohols wie gewöhnlich abdestillirt ist, der Rest auf dem Dampfbade zur Trockene gebracht. Der ziemlich farblose Rückstand wiegt 1,2385 Grm., eine Quantität, welche die des eingeführten Giftes (1,120 Grm.) übertrifft. Bringt man dazu in Erwägung, dass ein Theil des Alkaloides durch Resorption, ein anderer, wenn auch nur geringer, durch Uebergang in den Dünndarm aus dem Magen geschwunden ist, dass ferner geringe Ver- luste bei der Abscheidung nicht zu vermeiden sind, so leuchtet ein, dass ein wenn auch nicht sehr beträchtliches Quantum des Rückstandes auf Rech- nung fremder Beimengung (Zersetzungsproducte des Amylalkohols) zu setzen ist. Der in Rede stehende Verdunstungsrückstand wird in schwach saurem Wasser gelöst, filtrirt und mit Ammoniak im Ueberschuss versetzt. Es scheidet sich sofort ein flockiger etwas bräunlich gefärbter Niederschlag ab, der nach 24-stündigem Stehen, während welcher Zeit der Ammoniak Ueber- schuss sich verflüchtigt hat, an Quantität gewachsen ist, und aus welchem sich reichlich makroscopische, an den Wandungen des Gefässes fest anhaf- tende, fast farblose Krystalle differenzirt haben. Der Niederschlag, auf ei- nem tarirten Filter gesammelt, gewaschen und getrocknet, wiegt 0,12:28 Grm. War oben die Quantität zu hoch gegriffen, so ist sie es hier entschieden zu niedrig, da ein grosser Theil des vorhandenen Morphins durch Ammoniak nicht gefällt, sondern in Lösung geblieben ist. Es wird die vom Nieder- schlag abfiltrirte alkalische Flüssigkeit nochmals mit Amylalkohol: ausge- schüttelt und letzterer verdunstet. Der Rückstand wiegt noch 0,0747 Grm. und giebt die schönste Morphinreaction. Durch Fällung werden auch hier noch Krystalle gewonnen. - Einen guten Beleg für das angeführte Verhal- ten liefern auch die Resultate, welche aus der Untersuchung des Magenin- haltes des durch Morphin vergifteten Kaufmanns Adamson (cf. weiter unten) erhalten wurden. Der hier durch Füllung gewonnene Morphinniederschlag betrug nur ein Viertel von der Quantität des Alkaloides, welche aus der vom Präcipitat abfiltrirten alkalischen Flüssigkeit nachträglich auf anderem Wege in Krystallen-erhalten wurde. Wenn daher schon die Wägung des Amylalkoholrückstandes für eine quantitative Bestimmung nicht ganz zuverlässige Resultate liefert, so gilt das noch vielmehr für den auf obige Weise gewonnenen Alkaloid-Niederschlag. Dass auch bei der benutzten Abscheidungsmethode Verluste nicht 65 gänzlich ausgeschlossen sind, lässt sich an dem vorliegenden Fall demon- striren. - Während ich es in den übrigen Versuchen bei einem zweimaligen Ausschütteln der alkalischen Lösung mit Amylalkohol (was auch andere Autoren als genügend bezeichnen) bewenden liegs, wiederholte ich diese Procedur hier fünf Mal, und erhielt noch im letzten Auszuge deutliche Morphinreactionen. Auch aus der ursprünglichen alkalischen Flüssigkeit, die bereits zwei Mal extrahirt worden war, konnte noch nachträglich Mor- phin gewonnen werden. Wir werden also selbst bei sorgfältig ausgeführter Analyse einen wenn auch nur geringen Theil des Alkaloides stets verloren geben müssen, und zwar wird der Verlust um so grösser ausfallen, je häu- figer wir das Alkaloid zum Zweck einer gründlichen Reinigung aus einem Medium in das andere überführen; ein Grund mehr dafür, dass wir letzteres durch sorgfältiges Ausschütteln der sauren Lösung möglichst zu umgehen suchen. Im Dünndarm ist Morphin spärlich, aber doch unzweifelhaft nach- weisbar. Ein negatives Resultat lieferte die Untersuchung des Dickdarmes, der Nieren, des Gehirnes, des Blutes und der Galle. Im Harn finden sich deutliche Spuren von Morphin und in der Leber endlich treten die Farbenreactionen äusserst intensiv ein und auch durch Fällung werden die bekannten mikroscopischen Krystalle gewonnen. Experiment VII. Versuchsthier: eine Katze. 3. Juli 12 U. M. Dem Thiere werden 0,31 Grm. Morph. sulf. in Pul- verform beigebracht, nach einiger Zeit aber erbrochen. 7 U. Nm. Der Oesophagus wird blossgelegt, durch denselben eine Lösung von 7 Gran (0,43 Grm.) Morph. sulf. in den Magen gebracht und nachträglich eine Oeso- phagusligatur angelegt. Schon nach 10 Minuten grosse Unruhe, stürmische Bewegungen, die Pupillen weit. 8 U Nm. Der Tod erfolgt unter abwech- selnd klonischen und tonischen Krämpfen. Die Pupillen bis zuletzt weit. Der Cadaver dieses Thieres wird an freier Luft der Fäulniss überlas- sen und am 12. August, also nach Verlauf von fast vollen sechs Wochen, wieder in Untersuchung genommen. Der Fäulnissprocess ist unterdessen weit vorgeschritten. Die Haare am ganzen Körper abgelöst, die Haut, wo noch vorhanden, braun, pergamentartig. Die Beckenknochen, von allen Weichtheilen entblösst, liegen frei zu Tage. Desgleichen die Rippen. Ueber den ganzen Körper Leichenparasiten verbreitet. Die Organe der Brusthöhle zerfallen, nur einzelne Fetzen derselben noch erhalten. Der Inhalt der Un- terleibshöhle auf ein geringes Volumen zusammengeschrumpft, die einzelnen 66 Organe kaum zu erkennen, sie werden daher gemeinschaftlich in Arbeit genommen. Der erste Rückstand, obgleich noch ziemlich stark gefärbt, giebt eine intensiv violette Farbe nach Zusatz von Fröhd e’schem Reagens. In wenig schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst, filtrirt und durch Ammoniak neutra- lisirt, scheiden sich in Menge die bekannten mikroscopischen Krystallformen aus. Die Lösung, nochmals angesäuert, wird der Reinigung unterworfen und der schliessliche Amylalkohol - Rückstand wiederum wie oben gelöst und durch Ammon gefällt. Aber auch jetzt sind die Krystalle nicht ausge- prägter als vorher. Die Reinigung wird noch zum dritten Mal vorgenommen. Der jetzt fast farblose Amylalkohol - Rückstand wiegt 0,0247 Grm. und der durch Lösung und Ammoniak - Neutralisation aus letzterem gewonnene und auf einem tarirten Filter gesammelte Niederschlag 0,0166 Grm. Die durch- filtrirte alkalische Flüssigkeit lässt, nachdem sie mit Amylalkohol ausge- geschüttelt und letzterer verdunstet ist, in dem betreffenden Rückstande noch einen deutlichen Morphingehalt erkennen. Der folgende und nächstfolgende Versuch hatten ursprünglich den Zweck, eine quantitative Bestimmung des Morphins in den Ausscheidungs- producten zu versuchen, was aber aus weiter unten mitgetheilten Gründen missglückte. Ich führe sie aber, soweit wenigstens der qualitative Nachweis gelungen ist, doch an, weil sie für die Zeitbestimmung, innerhalb welcher die Morphinausscheidung durch den Harn erfolgt, einiges Interesse bieten dürften. 02 Experiment VIII. Versuchsthier: eine mittelgrosse Hündin. 11. Aug. 8/2 U. Vm. Durch die Schlundsonde werden 0,31 Grm. (circa 5 Gran) Morph. sulf. in den Magen eingeführt. Fast unmittelbar darauf Eintritt von Mattigkeit und Somnolenz. 91/4 U. Vm. Kothentleerung. Die theils flüssigen, theils festen Massen werden gesammelt und sollen auf etwaigen Morphingehalt untersucht werden. Der Versuch geht aber durch einen Unfall zu Grunde. Die Narcose sehr ausgeprägt. Das Thier rührt sich nicht aus seiner Lage (Seitenlage mit von sich gestreckten Extremi- täten), giebt ab und zu winselnde Laute von sich und kann nur mit Mühe auf Augenblicke aus der Narcose geweckt werden. Die Weite der Pupillen nicht abnorm. Die Respiration ruhig. 12 U. M. Die Narcose schon in der Abnahme. Das Thier verändert ab und zu seine Lage, ist leichter zu erwecken. 1 U. Nm. Mittelst des Katheters werden 2'/2 Unzen Harn entleert (Harn I). 3 U. Nm. Somnolenz noch vorhanden, aber geringer. 6 U. Nm. Der Zustand der gleiche. Die 67 Application des Katheters kann wegen mangelnder Assistenz nicht vorge- nommen werden. 12. Aug. 8 U. M. 6 Unzen stark alkalischen Harnes durch den Ka- theter entleert (Harn II). Das Thier nimmt noch keine Nahrung zu sich. erscheint aber, abgesehn von einer leichten Mattigkeit, gesund. 1 U Nm. 2 Unzen eines trüben alkalischen Harnes durch den Katheter entleert (Harn III). my U. Nm. 2 Unzen Harn auf die gleiche Weise erhalten (Harn IV). Das Thier zeigt keinerlei Vergiftungssymptome. 13. Aug. In der Nacht ist eine etwa 3 Unzen betragende Harnmenge (Harn V) spontan entleert, von stark alkalischer Reaction, stechend amino- niakalischem Geruch, trübem blutig tingirtem Aussehen und schleimiger Consistenz (eine Folge des durch die Katheter-Application hervorgerufenen Blasenkatarrhs). Das Thier den ganzen Tag über vollkommen munter, nimmt Nahrung zu sich. Am Abend erfolgt wiederum eine Harnentleerung (Harn VI) von obiger Beschaffenheit und bald darauf eine Kothentleerung (Fäces I). 14. Aug. Am Morgen eine Harnentleerung (Harn VII), desgleichen eine am Nachmittag (Harn VIII). Das Thier, weil vollkommen munter, wird nicht weiter beobachtet. Mit aller Deutlichkeit wurde Morphin in Harnportion I, II, III 1. IV nachgewiesen, in letzterer schien es sich aber, nach der Intensität der Far- benreaction zu urtheilen, nur in geringer Menge vorzufinden. In Portion V konnten vielleicht Spuren vorhanden sein, in VI, VII 1. VIII dagegen war die Abwesenheit von Morphin mit Sicherheit zu constatiren. In den Fäces war ebenfalls Morphin vorhanden. Durch die Fröhde- sche und Husemann'sche Reaction , sowie durch Fällung mittelst Ammo- niak konnte es deutlich dargethan werden. Experiment IX. Versuchsthier: dieselbe, schon zu Exper. VIII verwandte Hündin. 6. Sept. 5 U. Nm. Subcutane Injection von 0,31 Grm, Morph. sulf. an verschiedenen Localitäten des Körpers. Sofortiger Eintritt von tiefer Somnolenz, welche bis zum Abend andauert. Pupillen normal. 7. Sept. 8 U. Vm. Die Narcose nicht mehr so tief, aber immer noch deutlich. Durch den Katheter werden 1'/4 Pfd. Harn von schwach alkali- scher Reaction entleert (Harn I). Im Laufe des Tages schwinden die Into- xicationserscheinungen immer mehr. Nahrung wird noch nicht aufgenommen. 7 U. Nm. Application des Katheters, durch welchen /2 Pfd. stark alkali- schen Harns entzogen wird (Harn II). 8. Sept. Das Thier zeigt munteres Aussehen, frisst gierig. In der 68 Nacht ist eine spontane Entleerung von 2/2 Unzen eines stark alkalischen, trüben, schleimigen Harnes erfolgt. (Harn III). 10 U. Vm. wiederum Harn- entleerung (Harn IV). Ergebniss der Analyse: Der erste Rückstand von Harn I wird, weil unrein und namentlich viel Harnstoff enthaltend, weiter gereinigt. Auch jetzt ist der Harnstoff nicht vollständig geschwunden; trotzdem erfolgt die Fröhde’sche und Husemann'sche Reaction vollkommen deut- lich. Der durch Lösung in schwach saurem Wasser und Neutralisation mittelst Ammoniak gewonnene Niederschlag enthält die bekannten mikro- scopischen Krystalle ; er wird auf einem tarirten Filter gesammelt, getrocknet und gewogen. Sein Gewicht beträgt 0,0249 Grm. Auch in der abfiltrirten Flüssigkeit ist noch Morphin deutlich nachweisbar. -- Harn II giebt deut- liche Morphinreaction, Harn III desgleichen. Der Niederschlag von 0,0138 Grm. enthält etwas regelmässigere Krystallformen. In Harn IV ist kein Morphin nachweisbar. Experiment X. Versuchsthier: eine Katze. Es sollen das Gehirn und das Blut, welche bisher negative Resultate geliefert haben, sowie die Galle für sich nochmals in Untersuchung genommen werden. 1. Sept. 91/2 U. Vm. 0,31 Grm. (= 5 Gran) Morph. sulf. werden in Lösung durch die Schlundsonde in den Magen eingeführt. Bald darauf grosse Unruhe, anhaltende stürmische Bewegungen, ab und zu durch Pausen unterbrochen, in welchen das Thier ermattet daliegt. 10'/2 U. Vm. Die Er- mattung nimmt Ueberhand. Ab und zu Convulsionen. Zwischen 11 und 12 U. ist das Thier unter abwechselnd klonischen und tonischen Krämpfen verendet. Section. Die Lungen mässig blutreich. Das rechte Herz und die grossen Venenstämme reichlich, das linke spärlich mit Blut gefüllt. Die Gefässe der Pia injicirt; die Gehirnsubstanz selbt nicht auffallend blutreich. Analyse: Das Blut wird in sofern abweichend behandelt, als es zunächst auf dem Wasserbade bis zur dicken Breiconsistenz abgedampft und dann mit schwefelsäurehaltigem Wasser gehörig verrieben wird. Nachdem es in der Wärme einige Zeit digerirt worden, wird es colirt und weiter in der bekannten Weise verfahren. Schon der erste Rückstand ergiebt eine deutliche Reaction mit Fröhde'schem Reagens, welche nach erfolgter Um- reinigung noch schöner hervortritt. Durch Fällung werden die bekannten Krystalle erhalten. Der auf einem tarirten Eilter gesammelte Niederschlag wiegt 0,0065 Grm. Das Filtrat giebt verdunstet noch deutliche Reaction nach Husemann. 69 Die Galle. Der saure Auszug wird drei Mal gründlich mit Amyl- alkohol ausgeschüttelt, um die Gallensäuren möglichst zu entfernen, im Ueb- rigen aber wie gewöhnlich verfahren. Im Rückstande tritt die Fröhd e’sche Reaction ein, welche nach vorgenommener Umreinigung noch deutlicher wird. Durch Ammoniakfällung bildet sich erst nach längerer Zeit ein spär- liches Präcipitat, welches aber unter dem Mikroscope einzelne schärfer aus. gebildete octaëdrische (?) und säulenförmige Krystalle zeigt. Das Gehirn giebt ein negatives Resultat. Experiment XI. Versuchsthier : eine Katze. 11. Aug. 9. U. Vm. 0,31 Grm. ( 5 Gran) Narcotin, in eine Gallert- kapsel gehüllt, werden dem Thiere mit der Nahrung beigebracht. 11'/, U. Vm. Harnentleerung (Harn 1). 1 U. Nm. Harnentleerung (Harn II). Beginnende Vergiftungssymptome. Das Thier sehr timide. Schaum vor dem Munde. 3 U. Nm. Die Extremitäten tetanisch gespannt. Zittern am ganzen Körper. Das Thier vermag sich nicht auf den Füssen stehend zu erhalten. Pupillen eng. 5 U. Nm. klonische Krämpfe in der Seitenlage mit von sich gestreck- ten Extremitäten. Die Convulsionen etwa 1-1 Minute andauernd, wieder- holen sich in Pausen von 10---15 Minuten. 17 U. Nm. stat. idem. 12. Aug. In der Nacht eine Harnentleerung (Harn III). 8 U. Vm. Die Katze liegt regungslos auf der Seite. Der Kopf zum Rücken zu, die Extremitäten von sich gestreckt. Nur ab und zu einzelne leichte Zuckungen der letzteren bemerkbar. Dieser Zustand hält bis gegen Mittag an, dann sistiren aber auch diese inzwischen immer seltener aufgetretenen spontanen Zuckungen und das Thier liegt wie leblos da. Weder Respiration noch Pulsation constatir bar. Der Körper kalt. Nur bei Berührung desselben treten noch schwache Lebenszeichen ein. Der gleiche Zustand von Agonie wird bis zum Abend beobachtet. 13. Aug. Das Thier wird am Morgen todt gefunden. Section. Starre mässig. Lungen hell blutroth. Im Herzen rechts sowohl als links ziemlich reichliches dunkles flüssiges Blut; nur rechts einige lockere Gerinnungen. Das Gehirn eher anämisch. In den übrigen Organen nichts Bemerkenswerthes. Chemische Untersuchung. 1) Harn I. Zur Abscheidung wird das Benzin benutzt. Die eine Hälfte des schliesslichen Rückstandes, in con- centrirter Schwefelsäure gelöst und vorsichtig erwärmt, giebt nicht die Hu- semann'sche Narcotin-Reaction. Die andere Hälfte, in schwefelsäurehalti- gem Wasser gelöst, filtrirt und durch Ammoniak neutralisirt, liefert keine Krystalle. 170 2) Harn II. Der Benzinrückstand wird in saurem Wasser gelöst, filtrirt und mit Ammoniak jibersättigt. Es scheiden sich einzelne spärliche Krystalle aus, genau von der in Harnportion III beschriebenen Form. Die alkalische Flüssigkeit wird angesäuert, mit Chloroform überschichtet, durch Ammoniak neutralisirt und ohne Verzug tüchtig geschüttelt. Das Chloroform hinterlässt nach seiner Abscheidung und Verdunstung einen geringen Rück- stand, welcher auf Zusatz concentrirter Schwefelsäure sich alsbald gelb färbt. Beim Erwärmen der Lösung werden aber keine violetten Streifen sichtbar. 3) Harn III. Der Benzinrückstand wird wie oben behandelt. Es erfolgt eine auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmende Ausscheidung, welche, unter das Mikroscop gebracht, als aus deutlichen Krystallen beste- hend sich erweist. Letztere stellen sternförmig gruppirte kurze, aber verhält- - nissmässig breite Nadeln dar. Sie werden auf einem Filter gesammelt und in Chloroform gelöst, indem man dieses mehrmals das Filter passiren lässt. Der Verdunstungsrückstand des Chloroforms wird in concentrirter Schwefel- säure gelöst und die Lösung vorsichtig erwärmt. Die erwartete violette Färbung bleibt aber aus. 4) Magen und Mageninhalt (aus reichlichem sauer reagirendem Schleim und unverdauten Fleischstücken bestehend). Der erste Verdun- stungsrückstand des alkalischen Benzinauszuges wird mit saurem Wasser aufgenommen, weil er viel Verunreinigungen enthält. Dieselben bleiben zum grossen Theil ungelöst zurück und die filtrirte Lösung ist ziemlich farblos. Aus letzterer wird nach Ammoniakzusatz ein reichlicher flockiger Niederschlag erhalten, der sich leicht in Benzin, mit welchem ein zweimali- ges Ausschütteln vorgenommen wird, löst. Das Benzin, abgeschieden und verdunstet, hinterlässt einen gelblich gefärbten, dem Anscheine nach hie und da ein krystallinisches Gefüge zeigenden Rückstand. Ein Theil des letzteren wird in concentrirter Schwefelsäure gelöst und erwärmt, giebt aber durchaus keine Reaction. Dieses negative Resultat musste um so mehr auf- fallen, als aus dem Vorangehenden auf einen nicht unbeträchtlichen Alka- loidgehalt geschlossen werden konnte. Es wird daher zu der nämlichen schwefelsauren Lösung reines Narcotin hinzugethan und auch jetzt erfolgt beim Erwärmen keine Violett-Färbung. Trotzdem konnte durch weitere, mit dem übrigen Theil des Rück- standes angestellte Proben, wie folgt, die Gegenwart eines Alkaloids unzwei- felhaft festgestellt werden. Der Rückstand wird in schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst und Portion I dieser Lösung durch Ammoniak gefällt. Es entsteht ein dichter flockiger Niederschlag, der unter dem Mikroscop keine deutlich ausgeprägte Krystallform erkennen lässt. Die Flüssigkeit wird darauf mit Benzin geschüttelt, welches den Niederschlag vollständig auf- 171 nimmt und nach der Verdunstung einen Rückstand hinterlässt, welcher in gerer Zeit wird der erfolgte Niederschlag unter dem Mikroscop untersucht. Es finden sich die schönsten, schief abgestumpften Prismen, welche in Ro- settenform dicht zusammenliegen. Wenn in dem ersteren Präcipitat keine Krystalle vorlagen, so hatte das offenbar nur darin seinen Grund, dass die Untersuchung zu früh vorgenommen wurde, bevor eine Differenzirung der Krystalle aus dem Niederschlag erfolgt war, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Portion II wird mit Jodwismuth - Jodkalium ') versetzt und giebt einen deutlichen Niederschlag. Portion III wird mit Jodtinctur, Portion IV mit Gerbsäure, Portion V mit Antimonphosphorsäure, Portion VI mit Platinchlorid und endlich Portion VII mit Jodquecksilber-Jodkalium behandelt. In allen Fällen wird ein deutlicher Niederschlag erzielt. ---- Diese Versuche beweisen zur Genüge, dass in der That ein Alkaloid vorlag; für die qualitative Bestimmung desselben geben sie allerdings keine Anhalts- punkte, was auch in dem betreffenden Fall, wo es sich allein um Narcotin handeln konnte, nicht erforderlich war. - Uebrigens könnte die characteri- stische Krystallform, welche durch Ammoniakfällung erhalten wurde, allein schon auf Narcotin schliessen lassen. Das Fehlschlagen der Huseman n’schen Reaction wurde zunächst auf die Anwesenheit von Verunreinigungen bezogen, jedoch wie sich später herausstellte mit Unrecht. Es war nämlich durch eine Verwechselung statt reiner concentrirter Schwefelsäure die Erdmann'sche Mischung, welche be- kanntlich Salpetersäure enthält, verwandt worden und hierauf ist auch wohl jener Misserfolg zurückzuführen. Das Gleiche gilt auch für das nega- tive Ergebniss dieser Reaction in Harnportion II und III so wie für das- jenige der Leber und der Galle, da ich erst später diesen Irrthum gewahr wurde und ihn erst bei Prüfung des aus dem Gehirn, dem oberen und un- teren Dünndarm und dem Dickdarm gewonnenen Rückstandes vermeiden konnte. 5) Die Leber. Nach erfolgter Umreinigung erscheint der betref- fende Rückstand ziemlich rein. Es wird leider die ganze Menge in eben jener salpetersäurehaltigen Schwefelsäure gelöst. Es erfolgte daher weder die Husemann'sche Reaction, noch konnten andere Proben angestellt werden. Nur ein kleiner Rest dieser Lösung war auf der Glasschale zurück- --------- pfindlichen und characteristischen Gruppenreagenses für Alkaloide verweise ich auf die Arbeit des genannten Autors in der pharm. Zeitschrift f. Russl. 1866, H. 2 u. 3. geblieben mid nicht der Wärme ausgesetzt worden. Er wurde mit Wasser verdünnt und zu dieser Lösung Jodwismuth-Jodkalium zugesetzt. Es erfolgte in der That noch ein, wenn auch nicht sehr reichlicher Niederschlag. 6) Die Galle. Ein grosser Theil des Benzinauszuges ging durch Aufschäumen nach dem Schütteln verloren. Der Rest wird zur Trockene gebracht, der Rückstand ergiebt aber nicht die Huse man n’sche Reaction, zu deren Anstellung gleichfalls die besagte unbrauchbare Schwefelsäure verwandt war. 7) Der obere Dünndarm ging bei der Bearbeitung durch einen Unfall zu Grunde. 8) Der untere Dünndarm nebst Inhalt (im oberen Theil leer; im unteren mit fäculenten . Massen gefüllt). Der erzielte Rückstand wird in schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst, filtrirt und das fast farblose Filtrat durch Ammoniak neutralisirt. Es scheiden sich nach einigem Stehen in grosser Anzahl schöne mikroscopische Narcotinkrystalle aus. Characteri- stisch ist einmal ihre Anordnung, indem sie sich zu einander um einen gemeinsamen Mittelpunkt vereinigen und auf diese Weise schöne rosetten- förmige Gruppen bilden, welche oft freilich hie und da Lücken zeigen oder welchen noch ein ganzer Halbkreis und mehr fehlt. Nie aber lässt sich das Bestreben, derartige Gruppen zu bilden, verkennen. Die einzelnen die Drusen zusammensétzenden Elemente stellen entweder sehr scharf zuge- spitzte dunkel contourirte prismatische Nadeln dar, oder aber deutliche mit schräger Abstumpfung versehene mehrseitige Prismen, oder endlich rectan- guläre breite blasse Tafeln mit abgerundeten Ecken. Oft finden sich in ein und derselben Druse gleichzeitig alle drei Formen vertreten. Von den beschriebenen Krystallen wird die obenstehende wässrige Flüssigkeit durch Abgiessen möglichst getrennt, der Rückstand von dem noch zurückgebliebenen Wasser durch Verdunsten auf dem Wasserbade be- freit und dann in concentrirter (jetzt reiner) Schwefelsäure gelöst. Beim Erwärmen erfolgt die obligate Farbenreaction (Husemann). . 9) Der Dick darm (mit festen Fäces ziemlich reichlich gefüllt). Es werden in der bekannten Weise zahlreiche mikroscopische Krystalle ge- wonnen, die den oben beschriebenen gleichen, namentlich auch in Betreff ihrer Anordnung zu einander. In der Form der einzelnen Krystalle besteht insoweit eine nicht vollständige Uebereinstimmung, als die genannten drei Kategorien nicht so scharf ausgeprägt sind, indem mehr Uebergangsformen von der einen zur andern vorherrschen. Die Husemann'sche Reaction wird in gleicher Weise, wie im vorhergehenden Fall, angestellt und gelingt ebenfalls. 10) Das Gehirn giebt keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Narcotingehaltes. 173 11) Der Harn (bei der Section der mässig gefüllten Blase entnom- men). Der betreffende Rückstand, gelöst und durch Ammoniak neu- tralisirt, liefert nach 24 stündigem Stehen spärliche, dafür aber ausgesucht schöne Krystalle, welche sich schon dem unbewaffneten Auge als stark glänzende, sternförmig gruppirte Nadeln darstellen, unter dem Mikroscop dagegen als regelmässige sehr scharf ausgebildete vierseitige mit einer schieſen Fläche abgestumpfte langgestreckte Prismen erkannt werden. Die- selben sind aus zwei breiten und zwei schmalen Flächen zusammengesetzt und von feinen Längsstreifungen durchzogen, ein Umstand, auf welchen Erhard für die Unterscheidung der Narcotinkrystalle von denen das Morphins Gewicht legt. Experiment XII. Versuchsthier : eine Katze. Es wird der Oesophagus blossgelegt, eröffnet, 30 Gran vorher mit Wasser angerührten Opium pulvers') in den Magen injicirt, der Oesophagus unterbunden und nach Verlauf von 25 Minuten die Katze todt gefunden. Sie soll unter Convulsionen verendet sein. Section: der Cadaver noch warm. Keine Starre. – Die Extremi- täten gestreckt. Die Pupillen fast ad maximum erweitert. - Die Lungen von hellrother Farbe. Das Herz rechts und links mit flüssigem Blut gefüllt. Das aus diesem und den grossen Venen des Brustkorbes gewonnene Blut beträgt etwa 3 Unzen. – Die Leber blass. Die Galle zäh, schleimig, kaum eine Drachme betragend. Der Oesophagus mit einer bräunlich gelblichen nach Opium riechenden Flüssigkeit gefüllt, in welcher Opiumpartikelchen suspendirt sind. Der Magen enthält die gleiche Flüssigkeit. Die ungelösten Bestandtheile des Opiumpulvers haben sich zum grossen Theil auf die Magenwand abgelagert. - Im oberen Theil des Dünndarmes auch noch Opiumgeruch wahrnehmbar, die Wandungen mit einem dicken Schleimbelag versehn, unter demselben eine punktförmige Injection. - Der untere Dünndarm leer; der Opiumgeruch hier zweifelhaft. Der Dickdarm mit festen Kothmassen gefüllt. Die Harnblase contrahirt, enthält nur wenige Tropfen Urin. Die Schädeldecken und das Schädeldach hyperämisch, ebenso die Gehirnhäute, weniger die Gehirnsubstanz. Chemische Untersuchung 1) des Magens und Oesophagus mit dem betreffenden Inhalt. - Der auf die bekannte Weise gewonnene 1 . - .- -.- - . -... 1). Das benutzte Opium war früher von Prof. Dr. Dragendorff quantitativ analysirt worden. Es enthält 8,22% Morphin, 1,6% Narcotin, 1,1% Narceïn und 0,8% Codein ; Papaverin und Thebain. 174 saure wässrige Auszug wird zwei Mal mit Amylalkohol ausgeschüttelt. Die vereinigten Amylalkoholportionen werden gewaschen und sollen durch De- stillation auf ein geringeres Volum gebracht und der Rest verdunstet wer- den, um den Rückstand auf Mekonsäure und Narcotin zu prüfen. (Letzteres geht zum Theil schon aus saurer Lösung in Amylalkohol über). Die De- stillation wird aber aus Unachtsamkeit nicht rechtzeitig unterbrochen, so dass der spärliche, in dem Kolben gebliebene Rest des Amylalkohols bereits eine vollkommene Zersetzung erlitten hat. Es kann daher weder Mekon- säure noch Narcotin nachgewiesen werden. Die saure, mit Amylalkohol bereits ausgeschüttelte Lösung wird darauf durch Ammoniak alkalisch gemacht und zwei Mal mit Benzin gehörig geschüttelt. Die vereinigten Benzinauszüge werden, nachdem ein Theil abdestillirt worden, auf dem Dampfbade zur Trockene gebracht. Der Rückstand wird in schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst, filtrirt und durch Ammoniak neutralisirt. Es scheidet sich ein reichlicher flockiger Nieder- schlag ab, der aus amorphen Massen besteht und auch nach fast 24-stündigem Stehen keine Krystalle aufweist. Das Präcipitat wird auf einem tarirten · Filter gesammelt und gewogen. Es wiegt 0,0532 Grm., eine Quantität, die sich auf sämmtliche Opiumalkaloide mit Ausnahme des Morphins und Nar- ceïns, welche hier weil in Benzin unlöslich '), ausgeschlossen sind, bezieht. Der Filterrückstand wird mit diluirter Essigsäure (15 Tropfen auf 10 CC. Wasser) ausgewaschen, um das Narcotin, welches sich nach Kubly ?) bei der genannten Verdünnung in dieser Säure nicht lösen soll, von den übrigen Alkaloiden zu tren- nen. Diese Lösung wird darauf alkalisch gemacht, mit Benzin geschüttelt und letzteres in zwei Portionen verdunstet. Die eine färbt sich auf Zusatz von Fröhd e’schem Reagens sofort gelb und nach kurzer Zeit deutlich grün, in der anderen treten, nachdem sie in concentrirter reiner Schwefelsäure gelöst worden, beim Erwärmen dieser Lösung violette Streifungen auf. Beide Re- actionen gehören dem Narcotin an, welches also doch neben Thebain zum Theil in die verdünnte Essigsäurelösung übergegangen sein musste. - Das Filter wird darauf mit concentrirter Essigsäure ausgewaschen, um das zu- rückgebliebene Narcotin in Lösung zu bringen. Nach Verdunstung der Es- sigsäure wird mit einem Theil des Rückstandes deutlich die Husemann- sche Narcotin-Reaction erhalten; mit dem andern wird in der bekannten Weise ein Fällungsversuch angestellt; es resultirt ein voluminöser tlockiger Niederschlag. In demselben lassen sich bei unmittelbar darauf vorgenom- mener mikroscopischen Untersuchung nur einzelne kleine kreuz- oder büschel- 1) Dragendorff, Pharm. Zeitschr. f. Russl. 1866. H. 2 u. 3. S. 14. 2) Pharm. Zeitschr. f. Russl. Jahrg. V. H. 6. 175 förmig gelagerte Kryställchen neben reichlichen amorphen Gebilden beob- achten. Nach 24 Stunden wird die Untersuchung wiederholt. Der Befund ist jetzt ein wesentlich anderer. Es haben sich inzwischen in grosser Quan- tität jene im vorigen Versuch bereits beschriebenen characteristischen Kry- stallformen ausgeschieden, Drusen, welche aus centrisch oder über's Kreuz aneinander liegenden deutlichen Prismen, oder breiten rectangulären, häufig zackig ausgebrochenen Tafeln zusammengesetzt sind. Daneben finden sich in Menge noch rundliche dunkelcontourirte Krystallkörner, welche zum Theil isolirt liegen, zum grossen Theil aber auch schon zu tafelförmigen, in ähn- licher Weise, wie die fertig ausgebildeten Krystalle zusammengelagerten, Gebilden vereinigt sind. Hie und da beginnen die Contouren der einzelnen; in Verbindung getretenen Körner sich zu verwischen, oder man findet in ein und derselben Druse hyaline Tafeln neben solchen, die noch deutlich ihre ursprüngliche Anordnung erkennen lassen. – Das Ganze reranschau- licht in instructiver Weise den Process, wie sich aus amorphen Massen all- mählig jene Krystalle differenziren. Nachdem auf diese Weise das Narcotin nachgewiesen ist, wird zur Abscheidung des Morphins geschritten. Die alkalische, mit Benzin bereits zwei Mal ausgeschüttelte Lösung wird wieder angesäuert, um etwa ausge- schiedenes Morphin, das sich, wie erwähnt, schwieriger in Amylalkohol löst, wieder in Lösung zu bringen. Es folgt darauf Ueberschichtung mit Amylalkohol, Erwärmung, Neutralisation durch Ammoniak ') und unmittel- bar darauf tüchtiges Schütteln der noch warmen Flüssigkeiten. Nach erfolg- ter vollständiger Trennung der Schichten wird der Amylalkohol abgeschie- den. Das Ausschiitteln wird mit einer zweiten Portion frischen Amylalko- hols wiederholt, beide vereinigt, gewaschen, filtrirt u. s. w. Der schliesslich erhaltene Rückstand ist zwar noch ziemlich gefärbt ; ein kleiner Theil desselben giebt aber dennoch mit Fröhd e’schem Reagens die exquisiteste Reaction. Der übrige Theil wird in schwach schwefel- säurehaltigem Wasser gelöst, filtrirt, und durch Ammon neutralisirt. Es bildet sich sofort ein dem blossen Auge amorph erscheinender Niederschlag. Nach 24 Stunden haben sich sieben schöne makroscopische, etwa 2". im Durchmesser haltende bräunlich gefärbte Drusen und ausserdem noch ein reichliches pulverförmiges Sediment ausgeschieden. Erstere sind entweder vollkommen kugel- oder auch kegelförmig und bestehen 1) Das Ausschütteln der sauren Lösung wird jetzt unterlassen, weil es schon vor der Benzinbehandlung zwei mal ausgeführt war und die Amy- lalkoholschicht ziemlich farblos erscheint. 176 aus dichotomisch verästelten, krystallinischen Bildungen. Letzteres ist mehr amorpher Natur; es finden sich nur wenige der oben beschriebenen unregel- mässigen Krystallformen vor. Der auf einem tarirten Filter gewogene Niederschlag beträgt 0,0215 Grm. – Die abfiltrirte, noch stark alkalisch rea- girende, aber nicht mehr ammoniakalisch riechende Flässigkeit enthält noch reichlich durch die Fröhde’sche wie durch die Husemann'sche Reaction nachweisbares Morphin. 2) des oberen Dünndarmes. Das Verfahren bei der Abschei- dung entspricht vollständig dem soeben mitgetheilten. Der Rückstand des sauren Amylalkoholauszuges wird in schwachsaurem Wasser gelöst, die Lö- sung filtrirt und ein Theil derselben mit Wismuth-Reagens geprüft. Es erfolgt eine spurenhafte Trübung. Eine zweite Probe der sauren Lösung wird mit Eisenchlorid versetzt, um auf Mekonsäure zu reagiren; die Reac- tion bleibt aus. - Der grösste Theil der Lösung endlich wird durch Am- moniak neutralisirt und bei Seite gestellt. Nach 24 Stunden hat sich ein spärliches Sediment gebildet, in welchem unter dem Mikroscop zerstreute oder in Büscheln zusammenliegende feine Nadeln erkannt werden. Die diesen Niederschlag suspendirt enthaltende Flüssigkeit wird zur Trockene gebracht und mit dem Rückstande die Husemann'sche Narcotin-Reaction angestellt, welche erfolgt, aber mehr spurenhaft. Es ist also in der That etwas Nar- cotin aus saurer Lösung in den Amylalkohol übergegangen. Der Ruckstand des alkalischen Benzin a uszuges wird zur Fäl- lung benutzt. Es entsteht ein reichlicher flockiger Niederschlag mit den bereits bekannten mikroscopischen Krystallen. Die Flüssigkeit mit dem in ihr suspendirten Sediment wird zur Trockene gebracht und die Husemann- sche Narcotin-Probe mit Erfolg angestellt. Der etwas unreine Rückstand des alkalischen Amylalkoholaus- zuges wird nochmals umgearbeitet, um ihn möglichst rein zu erhalten. Darnach hinterbleibt das Morphin auf der Glasschale stellweise als schöner weisser Anflug, stellweise dagegen auch in der bekannten harzartigen Ge- stalt. Dieser Rückstand wird zunächst zu einem Fällungsversuch verwandt. Statt des Ammoniaks wird in diesem Fall aber kohlensaures Kali benutzt. Es entsteht sogleich eine leichte Trübung, die mit der Zeit zunimmt. Nach 24 Stunden wird die mikroscopische Untersuchung vorgenommen. In dem Bodensatz finden sich die bekannten unregelmässigen Krystallbildungen. Zugleich haben sich aber auch an den Wänden des Gefässes schon dem unbewaffneten Auge deutlich sichtbare, fast farblose Krystalle angeheftet. Abgeschaht und unter das Mikroscop gebracht erweisen sie sich als unre- gelmässig begränzte Platten. Sie geben die schönste Morphinreaction. Die Flüssigkeit wird vom Niederschlage abfiltrirt und auch sie ergiebt nach ihrer Verdunstung noch deutliche Morphinreactionen. Der an die Benutzung des kohlensauren Kalis geknüpfte Zweck war also nicht erreicht. 3) des unteren Dünndarmes. Auf etwaigen Narcotingehalt wird bei der Analyse keine Rücksicht genommen. Der betreffende Amylalkohol- rückstand, obgleich noch ziemlich unrein, lässt die Fröh de’sche Morphin- Reaction in aller Deutlichkeit hervortreten. Ein Fällungsversuch wird wie- derum mit kohlensaurem Kali vorgenommen. Neben amorphen Substanzen finden sich auch hier im Sediment Krystalle. An den Wandungen des Ge- fässes haben sich grössere plattenförmige Krystalle ausgeschieden, welche deutliche Morphin - Reactionen geben. Auch in der abfiltrirten Flüssigkeit lässt sich die Gegenwart von Morphin constatiren. 4) des Dickdarmes. Durch die Fröhde’sche Reaction sind viel- leicht Spuren von Morphin nachweisbar. Die Husemann'sche Probe bleibt fraglich. 5) des Blutes. Dieses wird zunächst auf dem Dampfbade bis zur Consistenz eines dicken Breies eingeengt, mit schwefelsäurehaltigem Wasser fein verrieben und weiter in der bekannten Weise verarbeitet. Der saure Auszug wird mit Benzin ausgeschüttelt, letzteres abgeschieden, die Lösung alkalisch gemacht und wiederum mit Benzin behandelt. Nach dessen Ab- scheidung und Verdunstung wird der Rückstand in saurem Wasser gelöst und durch Ammoniak neutralisirt. Nach 24-stündigem Stehen hat sich ein geringer Niederschlag gebildet, in welchem einzelne mikroscopische platten- artige, ganz unregelmässig begränzte Krystalle sich vorfinden. Ob diese auf Narcotin zu beziehen sind, muss ich dahingestellt sein lassen; jedenfalls tritt aber, nachdem die Flüssigkeit mit dem Niederschlag zur Trockene ge- bracht und der Rückstand in concentrirter Schwefelsäure gelöst und erwärmt ist, eine deutliche violette Farbe ein. Uebrigens giebt Erhard ') Abbildun- gen von Narcotinkrystallen, welche durch Verdunstung einer wässrigen Lösung dieses Alkaloids erhalten worden waren und welche sehr wohl einen Vergleich mit den soeben beschriebenen Gebilden zulassen. Nachdem die alkalische mit Benzin bereits ausgeschüttelte Lösung wieder angesäuert worden, wird auf dem bekannten Wege zur Morphin- abscheidung geschritten. Der schliessliche Amylalkohol - Rückstand giebt mit Fröhde'schem Reagens eine nicht ganz reine Morphin-Reaction; er wird daher gereinigt. Nach Beendigung dieser Procedur tritt die genannte Reaction reeht deutlich hervor. Die noch restirende Portion des Rückstandes wird zur Fällung benutzt. Es entsteht ein Niederschlag, der unter dem Mikroscop amorph erscheint. ana 1) a. a. 0. Tafel X, Fig. 3. 78 6) der Leber. Der Rückstand des alkalischen Benzina uszuges, auf die bekannte Weise der Fällung unterworfen, giebt sofort einen volu- minösen flockigen, anfangs formlosen Niederschlag. Nach 24 - stündigem Stehen haben sich deutliche mikroscopische Krystalle ausgeschieden, zum Theil feinere Nadeln mit dem Bestreben, sich büschelförmig zu vereinigen, zum Theil gröbere, in dichten Rosetten zusammengelagert, so wie auch vier- seitige Prismen in derselben Anordnung. Der Niederschlag, auf einem Filter gesammelt, wird erst mit verdünnter Essigsäure (15 Tropfen auf 10 CC. Wasser) ausgewaschen, die saure Lösung alkalisch gemacht, mit Benzin ausgeschüttelt und letzteres verdunstes. Der Rückstand, auf Narcotin geprüft, giebt ein negatives Resultat. Das Auswaschen wird darauf mit concentrirter Essigsäure wiederholt, die Lösung verdunstet und in dem Rückstande eine deutliche Narcotin-Reaction erzielt. Der Rückstand des alkalischen Amylalkoholauszuges, obzwar noch verhältnissmässig unrein, gestattet trotzdem in aller Deutlichkeit die Fröh- de’sche Morphinreaction. Nach erfolgter Umreinigung tritt letztere noch exquisiter hervor. Durch Fällung wird ein mehr amorpher, aber auch ein- zelne der bekannten Krystallformen enthaltender Niederschlag gewonnen. Auch die Husemann'sche Reaction wird mit Erfolg angestellt. ny) der Galle, welche in der geringen Quantität von kaum einer Drachme gewonnen war. Der Rückstand des alkalischen Benzina uszuges liefert weder Krystalle noch die obligate Narcotin-Reaction. In dem Rück- stande des alkalischen Amylalkoholauszuges dagegen tritt, namentlich nach erfolgter Umreinigung, die Fröhde’sche Morphin-Reaction unzweifelhaft hervor. Zur Husemannschen Probe steht leider nur ein sehr geringer Rest des Rückstandes zur Disposition. Es erfolgt eine spurenhafte violette Strei- fung, auf welche kein Gewicht gelegt werden kann. 8) der Nieren. Weder Narcotin noch Morphin kann nachgewiesen werden. 9) des Gehirns führt gleichfalls zu negativem Resultat. Um die Ausscheidung unzersetzten Morphins mit dem Harn auch in Betreff des menschlichen Organismus zu constatiren, wurden folgende Ver- suche angestellt: Versuch I. Ein Patient der chirurgischen Klinik erhält Abends / Gran Morph. acet. innerlich in Pulverform. Am darauf folgenden Morgen wird der Harn in einer Quantität von etwa 3/4 Pfd. mittelst des Katheters entleert und derselbe der Analyse unterworfen; desgleichen auch die im Verlauf der nächsten 24 Stunden secernirte Harnmenge. In der ersten Portion lassen 179 sich durch Fröhde’sches Reagens Spuren von Morphin zweifellos nachweisen, nicht aber in der zweiten. Versuch II. Ein Patient der therapeutischen Klinik erhält am 19. April im Laufe des Nachmittags 6 Gran Opiumpulver, stündlich zu je einem Gran. Das letzte Pulver wird um 9 Uhr Abends genommen. Keine Zeichen von Opium-Narcose ebenso wenig wie nach den folgenden noch grösseren Gaben. Der vom 19. bis zum 20. Mittags producirte Harn (Harn I) wird der Analyse unterworfen. Desgleichen der vom 20. bis zum 21. Mittags ausgeschiedene Harn (Harn II). Es sind 7 Gran Opium in obiger Dosirung genommen worden. Ferner der Harn vom 21. bis zum 22. Mittags (Harn III). Es sind 8 Gran Opium verabreicht worden. Schliesslich wird auch noch der vom 22. bis zum 23. Mittags gewonnene Harn (Harn IV) in Arbeit genommen. Die Opiumdosis betrug 6 Gran. Das schliessliche Resultat der chemischen Untersuchung war bei Por. tion II, III und IV ein positives, indem sich durch Fröhde’sches Reagens eine deutliche Morphinreaction einstellte. Bei Portion I dagegen blieb der Erfolg unentschieden. Der Rückstand war zu unrein und zur Vornahme einer weiteren Reinigung nicht genügend Material übrig geblieben. Versuch III. Sechs Unzen Harn einer Krebskranken, welche täglich 4 Gran Morph. acet. und 2 Gran Extr. Opii zu sich nimmt, werden in Un- tersuchung genommen. Durch die Fröhde’sche und Husemann'sche Reaction wird deutlich Morphin nachgewiesen. Versuch 1V. Der Harn eines an Morphiumgenuss gewohnten Patienten, der 6 Gran Morphium aceticum erhalten hat, wird in Arbeit genommen. Der erhaltene Amylalkohol-Rückstand färbt sich auf Zusatz von Fröhde'schem Reagens prachtvoll violett. In dem durch Ammoniak - Fällung erhaltenen Niederschlage werden unter dem Mikroscop Krystalle von der beschriebenen Form erkannt. Die alkalische Flüssigkeit wird zugleich mit dem Nieder- schlag zur Trocknen gebracht und der Rückstand in concentrirter Schwefel- säure gelöst. - Nach 24-stündigem Stehen erfolgt auf Zusatz einiger Salpe- terkrystalle äusserst intensive violette Streifung. Versuch V. Einer an Intercostal-Neuralgie leidenden Frau werden im Verlauf von 24 Stunden (vom 16. Juli 3 U. Nm. bis zum 17. Juli 3 U. Nm.) 4 Gran Morph. acet. subcutan injicirt. Der in der Zeit vom 16. Juli 17 U. A. bis zum 17. Juli 7 U. A. secernirte Harn wird der Analyse unterworfen. Desgleichen wird noch eine zweite, unter genau denselben Bedingungen ge- wonnene Harnportion in Arbeit genommen. In beiden Fällen werden die schönsten Reactionen, sowohl nach Husemann als nach Fröhde erzielt und in dem durch Ammoniak-Fällung gewonnenen Niederschlage die bekannten Krystallformen erhalten. 80 Schliesslich habe ich noch über den am 1. October 1867 hieselbst stattgefundenen durch Gift herbeigeführten Selbstmord des Kaufmanns Adamson zu berichten. Die chemische Untersuchung dieses Falles wurde von Seiten der betreffenden Behörde Herrn Prof. Dr. Dragendorff über- geben, der die Güte hatte, mich an der Ausführung der Analyse, soweit diese den Nachweis eines Alkaloides betraf (dass ein solches, und zwar ver- muthlich Morphium, zur Vergiftung gedient hatte, war aus mehrfachen Umstän- den schon zum Voraus wahrscheinlich), unter seiner Leitung theilnehmen zu lassen. Von den dem Tode vorangegangenen Antecedentien entnehme ich den Am gedachten Datum, offenbar kurz vor 3 U. Nm., hatte Defunctus, von seiner Wohnung abwesend, das Gift zu sich genommen. Um 3 U. Nm. kehrte er in Begleitung anderer Personen heim. Auf diesem Wege (der in circa 10 Minuten zurückgelegt sein mochte) sei er auffallend still und sein Aussehn merklich verändert gewesen. In seiner Wohnung angelangt, wäre der verstörte Ausdruck desselben den Hausgenossen aufgefallen. Nachdem etwa eine Viertelstunde verstrichen und Defunctus inzwischen einige Mal auf den Hof gegangen, habe er sich plötzlich sehr unwohl gefühlt, so dass er an die frische Luft hinausgeführt worden sei. Auf Befragen, was ihm fehle, habe er geantwortet, dass er Gift getrunken, nicht aber gestanden, welches Gift er benutzt habe. Die Aussage des sogleich herbeigerufenen und als- bald erschienenen Arztes war folgende: Er habe Defunctum in einem völlig bewusstlosen Zustande angetroffen. Beim Entkleiden desselben sei in der Hosentasche ein Fläschchen mit einer klaren nach Spiritus riechenden Flüs- sigkeit und einem weissen pulverförmigen Bodensatz gefunden worden. Das Fläschchen habe etwa 3 Unzen Flüssigkeit gefasst und sei bis auf ein Dritt- theil seines Inhaltes entleert gewesen. In Folge der angewandten Mittel (Senfteige und andere Hautreize) habe Adamson nach einiger Zeit die volle Besinnung wiedererlangt, jedoch auf die Frage des Arztes, was für ein Gift er genommen, jede Antwort verweigert, bis er endlich nur das Wort „Ge- mischtes“ ausgesagt. Darüber befragt, wo er das Gift herhabe, habe er entgegnet: „ich denke nicht daran, solches zu sagen.“ So weit reicht der in den Acten verzeichnete Bericht des Arztes. Durch mündliche Mittheilung desselben wurde noch ermittelt, dass Defunctus bald wieder in Besinnungs- gestorben sei. An inneren Medicamenten war ein Brechmittel aus Cuprum sulph. (gegen 10 Gran) verabreicht worden, das aber ohne Wirkung blieb. Darauf wurde Gerbsäure und weiterhin Eisenoxydhydrat in grösseren Quan- titäten als Antidot gegeben. Das Beibringen der Arzneien war wegen vor- handenen Kinnbackenkrampfes mit Schwierigkeiten verbunden gewesen. 81 Auch in Betreff des Sectionsbefundes werde ich mich kurz fassen: Die Lage des Leichnams gerade ausgestreckt. Die Arme im Ellenbogen- gelenk leicht flectirt. Starre ausgeprägt. Die Bulbi prall, die Hornhaut glänzend, die Pupillen mittelweit. Aus der Nase und dem Munde ergiesst sich eine schiefergraue Flüssigkeit. Die Haut im Allgemeinen bleich, an den Schenkeln etwas Gänsehaut. Das Abdomen mässig aufgetrieben. Von wesentlichem Belang ist der Befund der Kopfhöhle. ' Die weichen Schädel- decken blutreich, ebenso die Schädelknochen. Die harte Hirnhaut gespannt, die Gefässe derselben mit dunklem Blut stark gefüllt. Die Blutleiter strotzen von dunklem flüssigem Blut. Die weiche Hirnhaut und Arachnoidea sehr stark hyperämisch, desgleichen die Substanz des Gehirns; auf den Schnitt- flächen zahlreiche Blutpunkte. Der Kehlkopf und die Luftröhre, sowie der Schlund und die Speiseröhre enthalten jene schiefergraue, aus dem Magen stammende schleimige Masse. Die Lungen, von hell blaugrauer Farbe, sind ausgedehnt. Links spärliche, rechts reichlichere ältere Adhäsionen. Beide Lungen in hohem Grade ödematös, zugleich emphysematos und mässig blut- reich. Die Schleimhaut der Bronchien missfarbig roth. Aus den durch- schnittenen grossen Venenstämmen ergiesst sich viel dunkles, theils flüssiges, theils locker geronnenes Blut. Im rechten Herzen ein mässiger Blutge- halt. Der Magen, vor seiner Herausnahme an beiden Mündungen doppelt unterbunden, wird in einem Glasgefäss längs der kleinen Curvatur aufge- schnitten. Sein Inhalt besteht aus circa 6 Unzen einer dickbreiigen schiefer- grauen Masse. Die Schleimhaut zeigt an vielen Stellen inselförmige In- jectionen. Der Dünndarm, durch Gas etwas aufgetrieben, ist von schmutzig- rother Farbe. Die Schleimhaut desselben geröthet; an einzelnen Localitäten stärkere Gefässinjection. Die 6'72 Pfd. schwere Leber anämisch. Die Gal- lenblase enthält 1 Unze Galle, die Harnblase etwa 3 Unzen klaren Urins. Milz derb und klein. Nieren blutreich. Hinzufügen will ich noch, dass bei nachträglicher Durchsuchung des dem besagten Kaufmann zugehörigen Ladens, in welchem er das Giſt zu sich genommen, eine mit einem weissen Pulver gefüllte Papierkapsel mit der Auſschrift „Strychnin", und eine zweite ohne Signatur, mit einem grün- lichen Pulver gefüllt, gefunden worden war. Letzteres erwies sich als ein Gemisch von Kupfervitriol mit Zucker, ersteres in der That als Strychnin. Auf dieses musste daher auch bei der Analyse des Mageninhaltes besondere Rücksicht genommen werden, obzwar weder die Symptome noch der Leichen- befund für eine Vergiftung durch dieses Alkaloid Anhaltspunkte lieferten, sondern alle Umstände vielmehr für einen Tod durch ein rein narcotisches Gift sprachen, worauf näher einzugehen jedoch nicht meine Aufgabe ist. An Wahrscheinlichkeit gewinnt diese Vermuthung noch durch das Ergebniss 82 S der Analyse des in dem erwähnten Fläschchen enthaltenen Inhaltes. In diesem wurde freies Morphin gefunden, welches zum Theil in einem Gemisch von Alkohol und Glycerin gelöst war. Durch blosses Abfiltriren konnten 0,3717 Grm. reines Morphin isolirt werden. In der Flüssigkeit gelöst, fan- den sich 0,05 Grm, dieses Alkaloids. Seine endgültige Bestätigung findet dieser Verdacht in den Resultaten der chemischen Untersuchung der verschiedenen Organe und Flüssig- keiten des Verstorbenen. Soweit diese Analyse auf die Ausmittelung von Giften aus der Classe der Metalle oder Metalloide Bezug hat, glaube ich sie, als nicht in meine Arbeit gehörig, übergehen zu können, und zwar um so mehr, als sie, wie das schon a priori zu erwarten stand, zu negativen Re- sultaten führte. Zwar gelang es auf electrolytischem Wege Kupfer auszu- scheiden, jedoch nicht in grösserer Quantität, als nach einer Gabe von 10 Gran, wie sie dem Verstorbenen, um Erbrechen hervorzurufen, gereicht war, erwartet werden durfte. Ausserdem wurde auch das als Gegenmittel einge- führte Eisen in reichlicher Menge wiedergewonnen. Ich gehe somit auf das, die Abscheidung etwa. vorhandener Alkaloide bezweckende Verfahren über, indem ich mich in meinem Referate im We- sentlichen dem, von Herrn Prof. Dr. Dragendorff den Acten heigegebe- nen Gutachten anschliesse. Zunächst wurde der Magen nebst seinem Inhalt in Angriff ge- nommen. Letzterer reagirte deutlich sauer und bestand aus reichlichem blau - schwarz gefärbtem schleimigem Brei, in welchem keine Reste ge- nossener Nahrungsmittel aufgefunden wurden. Die eigenthümliche Fär- bung war bedingt durch gerbsaures Eisenoxyd, dessen Gegenwart sich aus dem Umstande erklärt, dass Defunctus vor dem Tode als Gegenmittel Gerb- säure und später Eisenoxydhydrat erhalten hatte. Krystallinische Massen konnten bei mikroscopischer Prüfung des Objectes nicht beobachtet werden. Das Gesammtgewicht des Magens und seines Inhaltes betrug 420 Grm. Der Magen wurde möglichst fein zerschnitten und mit seinem Inhalte gehörig gemengt. Von diesem Gemenge wurden 125 Grm. zur Prüfung auf etwaigen Alkaloidgehalt verwandt, mit dem 10fachen Gewicht schwefelsäurehaltigen Wassers 24 Stunden hindurch bei einer Temperatur von 60-70 ° C. digerirt und dann colirt. Die Colatur wurde im Wasserbade bis zur beginnenden Syrups-Consistenz eingeengt, sodann mit dem vierfachen Gewicht Weingeist von 95 % Tr. gemengt, das Gemisch 24 Stunden lang der Ruhe überlassen und endlich filtrirt. Aus dem Filtrate wurde der Weingeist wiederum ab- destillirt, der Destillationsrückstand filtrirt und noch sa uer mehrmals mit neuen Portionen Amylalkohol geschüttelt, so lange dieser noch gefärbte Stoffe aufnahm. Die von der wässrigen Flüssigkeit abgehobenen, vereinig. 83 ten, gehörig mit destillirtem Wasser gewaschenen und filtrirten Portionen des Amylalkohols lieferten, verdunstet, einen Rückstand , in welchem ver- geblich auf Mekonsäure und Alkaloide reagirt wurde (Piperin, Caffein, Theo- bromin, Delphinin, Veratrin, Narcotin, Papaverin und Thebain hätten even- tuell zum Theil auf diesem Wege gewonnen werden müssen). Die durch Ausschütteln mit Amylalkohol gereinigte saure wässrige Flüssigkeit wurde mit 1/2 ihres Volums Benzin überschichtet, durch Ammo- niak deutlich alkalisch gemacht und sogleich anhaltend geschüttelt. Das später wieder abgetrennte Benzin wurde auf mehrere Uhrschälchen vertheilt und bei circa 60 ° C. verdunstet. Es hinterblieb ein unkrystallinischer Rückstand, in welchem (Portion I) die Gruppenreagentien für Alkaloide, namentlich auch Kalium - Wismuthjodid, die Gegenwart einer Pflanzenbase constatirten. Portion II des Rückstandes wurde durch reine concentrirte Schwefelsäure auch nach dem Erwärmen und halbstündigem Kochen nicht auffällig gefärbt (Abwesenheit von Veratrin, Narcotin, Papaverin, Thebain). Portion III giebt mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure eine mahago- nifarbene, aber durchaus nicht blaue Lösung (Beweis für die Abwesenheit von Strychnin). Portion IV, mit Fröhde'schem Reagens behandelt, giebt deutliche Morphinreaction. Portion V wird in concentrirter Schwefelsäure gelöst und 24 Stunden lang der Einwirkung der letzteren ausgesetzt. Nach Zusatz von einigen Salpeterkrystallen entsteht eine schön blaue, schnell in roth und dann in orange übergehende Streifung (Husemann'sche Morphin- Reaction). Portion VI des Rückstandes wird in verdünnter Salzsäure ge- löst, die Lösung verdunstet und der Rückstand in wenig destillirtem Wasser aufgenommen. Auf Zusatz einer verdünnten Eisenchloridlösung erfolgt deut- liche Blaufärbung. Portion VII in schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst und auf die Conjunction eines Katzenauges applicirt, wirkt nicht pupillen- erweiternd (Abwesenheit von Atropin und Hyoscyamin). Es lag also offenbar Morphin allein vor. Dieses sollte zwar aus alkalischer wässriger Lösung nicht in das Benzin übergehen. Es ist indes- sen zu berücksichtigen, dass bei der vorausgeschickten Behandlung der sau- ren Lösung mit Amylalkohol kleine Mengen dieses letzteren in der zu ex- trahirenden Flüssigkeit sich gelöst haben mussten. Indem dieser Amylalko- hol der inzwischen alkalisch gewordenen wässrigen Lösung durch Benzin entzogen wurde, führte er seinerseits Spuren von Morphin in den Benzin- auszug über, welche dann hier zum Nachweiss kamen. War die oben entwickelte Ansicht richtig, so mussten in der mit Ben- zin erschöpften wässrigen Flüssigkeit noch beträchtliche Mengen von Morphin vorhanden sein. Es wurde daher diese wässrige Flüssigkeit wiederum an- gesäuert, mit '/z'ihres Volumens Amylalkohol überschichtet, dann wieder 6* 84 durch Ammoniak alkalische Reaction herbeigeführt und durch anhaltendes Schütteln das in Amylalkohol Lösliche der wässrigen Solution entzogen. Nachdem diese Amylalkoholschicht abgeschieden worden war, wurde die- selbe Procedur mit einer neuen Menge desselben Lösungsmittels wiederholt. Die vereinigten Auszüge wurden mit destillirtem Wasser gewaschen und filtrirt. Vom Filtrat wurde der grössere Theil des Amylalkohols durch Destillation entfernt und der restirende, eventuell morphinlaltige Theil zur Verdunstung gebracht. Es hinterblieb ein amorpher harzartiger wenig gefärbter Rückstand. Ein kleiner Theil desselben genügte, um die Fröhdesche, ein anderer, um die Husemann'sche Morphin reaction mit grosser Schärfe ein- treten zu sehen. Eine dritte Portion wurde in schwach salzsäurehaltigem Wasser gelöst, die Lösung im Wasserbade völlig abgedunstet und der Rück- stand derselben in wenig destillirtem Wasser gelöst. Auf Zusatz von Eisen- chlorid erfolgte die blaue Färbung, wie sie für Morphin erforderlich ist. Eine vierte Portion endlich wurde in schwach schwefelsäurehaltigem Wasser gelöst und diese Lösung mit Stärkemehlkleister und darauf mit etwas jod- saurem Natron versetzt. Es trat die blaue Färbung des Jodamylons auf, welche als Beweis der durch Morphin bewirkten Reduction der Jodsäure dienen kann. Für diese Reactionen war etwa ein Dritttheil des Rückstandes verbraucht. Die noch übrigen zwei Dritttheile wurden auf's Neue in schwe- felsäurehaltigem Wasser gelöst, filtrirt, mit Ammoniak versetzt und 24 Stun- den lang in einem offenen Becherglase der Luft exponirt. Nach dieser Zeit hatten sich zwei kugelförmige Krystallgruppen von etwa 21" im Durchmesser und ein ziemlich reichlicher wenig gefärbter pulverförmiger Bodensatz ab- geschieden. Letzterer zeigte unter dem Mikrscop unregelmässig geformte krystallinische Bildungen, erstere bestanden aus centrisch an einander gela- gerten baumförmigen Gebilden. Der Niederschlag wurde auf einem Filter gesammelt und tarirt; er betrug 0,0216 Grm. Die grössere Menge des Alka- loides war noch im Filtrate gelöst und wurde diesem durch erneutes Aus- schütteln mit Amylalkohol entzogen. Beim Verdunsten des letzteren hinter- blieb ein reichlicher schwach gelblich gefärbter, amorpher harzartiger Rück- stand. Derselbe löste sich in Weingeist vollständig und hinterblieb bei frei- williger Verdunstung der alkoholischen Solution in wenig gefärbten schön ausgebildeten, aus mehrseitigen schief abgestumpften Prismen zusammen. gesetzten stern- oder büschelförmigen Drusen von 0,0836 Grm. Gewicht. Ein Theil dieser Krystalle wurde dem Gutachten als corpus delicti beigefügt, der andere zu weiteren Reactionen verwandt. Es wurde eine kleine Portion des Alkaloids in Wasser gelöst. Diese sehr morphinarme Lösung schied aus zugemengtem Silbersalpeter nach kurzer Zeit einen graublauen Nie- derschlag von Silber ab. Auch die Jodsäure - Probe wurde wiederholt, 85 mit dem Unterschiede, dass die Lösung von schwefelsaurem Morphin nach dem Zusatz von jodsaurem Natron mit Schwefelkohlenstoff geschüttelt wurde, welches das reducirte Jod in exquisiter Weise kenntlich machte. Die Gesammtsumme des aus zwei Dritttheilen des in Arbeit genom- menen Objectes gewonnenen Morphins betrug 0,1052 Grm.; demnach waren in den 125 Grm. Magen und Mageninhalt, welche verbraucht waren, 0,1578 Grm. Morphin nachgewiesen worden, was auf das Gesammtgewicht des zur Untersuchung übermittelten Magens und seines Inhaltes (420 Grm.) berech- net, eine Quantität von 0,5302 Grm. (nahezu 9 Gran) ergiebt, welche allein für sich schon genügt haben würde, den Tod Defuncti herbeizuführen. Obigen Resultaten zufolge war man berechtigt, von den übrigen Alka- loiden im weiteren Verlaufe der Untersuchung abzusehen und nur auf die Abscheidung des Morphins sein Augenmerk zu richten. Als zweites Untersuchungsobject lag der seiner ganzen Länge nach aufgeschnittene Darm vor. Sein Inhalt war nur in geringer Quantität ver- treten. Die Durchsicht des objectes, in welchem bereits Fäulniss eingetreten war, gab zu keinem Verdachte Anlass. Das Gewicht des Darmes mit seinem Inhalt betrug 1400 Grm. Ersterer wurde zerschnitten, mit letzterem innig gemengt und von diesem Gemenge 200 Grm. in Arbeit genommen. Die Verarbeitung geschah in gleicher Weise wie beim Magen, nur dass die Be- handlung mit Benzin unterblieb. Es wurden kleine Mengen einer Substanz gewonnen, in der die Fröhde’sche und Husemann'sche Reaction deutlich, die Reaction mit Eisenchlorid minder deutlich die Gegenwart des Morphins darthaten. Krystallinisch konnte das Alkaloid nicht isolirt werden. Jeden- falls war die vorhandene Quantität des Giftes eine so geringe, dass dieselbe auch nicht annäherungsweise bestimmt werden konnte. 1344 Grm. der Leber, nahezu die Hälfte derselben wurden in glei- cher Weise verarbeitet. Es gelang nicht, trotz mehrfacher Umreinigung des Rückstandes, durch das Fröhde’sche Reagens die obligate Morphinreaction zu beobachten, während durch Wismuth-Reagens ein verhältnissmässig reich- licher Niederschlag erzielt wurde. Die Galle war einer gesonderten Prüfung unterworfen worden. Es gelang in ihr das Morphin durch die Fröhde’sche Reaction spurenhaft dar- zuthun, während die Husemann'sche ein zweifelhaftes Resultat lieferte. Es liessen sich keine Krystalle von Morphin isoliren. Der aus den vorliegenden 52 Grm. Harn auf obige Weise gewonnene Amylalkoholrückstand liess die Fröhde’sche und Husemann'sche Morphinre- action in aller Deutlichkeit und ebenfalls deutlich die Reaction mit Eisen- chlorid hervortreten. Der grösste Theil desselben wurde in Alkohol gelöst und dieser der spontanen Verdunstung überlassen. Es schieden sich, ver- 86 muthlich weil noch zu viel fremde Stofie zugegen waren, keine Krystalle aus, dagegen konnten solche, freilich nur in geringer Zahl und von unregel- mässiger Form aus der nämlichen Portion erhalten werden, nachdem diese in saurem Wasser gelöst, filtrirt und durch Ammoniak neutralisirt worden war. Von den 311 Grm. Blut, welches aus den durchschnittenen grossen Venen des Thorax und aus dem Herzen gewonnen war, wurden 145 Grm. zur Analyse benutzt. Dasselbe reagirte neutral und enthielt ziemlich reich- liche lockere Gerinnungen. Es wurde zu einem dicken Brei eingedampft, dieser mit schwefelsäurehaltigem Wasser gehörig verrieben und in der be- kannten Weise weiter verarbeitet. Das Morphin konnte durch die Fröhde- sche, die Husemann'sche und die Eisenchloridprobe constatirt werden, und auch in dem durch Ammoniakfällung gewonnenen Niederschlage liessen sich unter dem Mikroscop spärliche Krystallbildungen erkennen. Der Ausfluss aus Nase und Mund war reich an Morphin. Es war genügend Material vorhanden, um alle obengenannten Reactionen des Morphins mit völlig befriedigendem Erfolg anzustellen. Aus der alkoholi- schen Lösung des Amylalkoholrückstandes wurden durch spontane Verdun- stung ziemlich reichliche Mengen des isolirten Morphins in feinen makro- scopischen Büschelkrystallen erhalten. Im Gehirn endlich konnte kein Morphin ermittelt werden. Fasse ich schliesslich die Resultate meiner Untersuchungen zusammen, so glaube ich mich in der That zu dem Ausspruche berechtigt, dass die Chancen, einen Morphium-, resp. Opiumtod durch die chemische Analyse der Organe und Flüssigkeiten des betreffenden Cadavers zu constatiren, — durchaus nicht so un- günstig sind, als bisher allgemein angenommen worden ist. Im Gegentheil, ich möchte fast behaupten, dass der Nachweis mit kaum geringerer Schärfe gelingt als bei manchen Metallgiften, vorausgesetzt, dass man in der oben beschriebenen Weise zu Werke gegangen ist. Wenn ich nach innerlicher Darreichung von nur 1/6 Gran Morph. sulf. dieses Alkaloid noch deutlich im Harn nachweisen konnte (und es gelangt wahrscheinlich nur ein Theil der angewandten Dosis auf diesem Wege zur Ausscheidung), so scheint mir allerdings den Anforderungen, die man an die forensisch-chemische Analyse zu stellen berech- 87 KA tigt ist, Genüge geleistet zu sein. Dass es Fälle geben kann, wo sich das Gift trotzdem dem Nachweise entzieht, bestreite ich keineswegs. So ist es bekannt, dass Säuglinge oft den minimalsten Opiumdosen (112 und weniger Gran) unterlegen sind. Man berechne sich den dieser Opiumquantität entspre- chenden Morphingehalt (1/100 und weniger Gran), denke sich diese geringen Spuren ausserdem noch vermittelst der Blutbahn in dem Köper vertheilt, und es wird ein negatives Resultat der Analyse in der That nicht auffallen können. Aber selbst für solche Fälle will ich die Möglichkeit nicht strict in Abrede stellen, doch noch in dem einen oder anderen Organ spuren- hafte Andeutungen für die Gegenwart von Morphin zu gewinnen, welche an und für sich zwar wenig beweisen, mit anderen ermittelten Daten zusammengehalten aber doch noch verwerth- bar sein könnten. Wenn aber selbst bis in die neueste Zeit hinein in Ver- giftungsfällen durch Opium oder seine Präparate trotz sehr be- trächtlicher Giftdosis meist gar keine oder nur sehr vage Andeu- tungen für die Gegenwart der fraglichen Substanz beschafft werden konnten, so kann ich diese Misserfolge nur der ange- wandten Methode zur Last legen. In keinem Fall aber kann ich das, in die betreffenden Handbücher übergegangene, und namentlich auch von Taylor wiederholt und mit Nachdruck betonte Argument anerkennen, dass nämlich das Gift in diesen Fällen durch die verschiedenen Se- und Excrete oder durch Erbrechen aus dem Organismus bereits eliminirt gewesen sei oder aber eine Umwandlung erlitten hätte. Ersteres wäre nur da denkbar, wo durch die Einwirkung des Giftes bleibende organische Veränderungen bewirkt worden sind, welche ihrer- seits den tödtlichen Ausgang bedingen. Von einer directen Giftwirkung könnte dann aber, genau genommen, nicht mehr die Rede sein. Die Möglichkeit solcher Fälle muss einzelnen wohlconstatirten Beobachtungen zufolge, nach welchen die durch die Opiumwirkung bedingte Hyperämie des Gehirns zu serösen 88 0 oder hämorrhagischen Ergüssen dieses Organes geführt hat, zugegeben werden. Sie bilden aber nur seltene Ausnahmsfälle und führen so rasch zum Tode, dass vorher eine vollständige Ausscheidung des in Rede stehenden Giftes, welche eine längere Zeit zu erfordern scheint, schwerlich erfolgt sein dürfte. Es kann daher die Gegenwart von Opiumbestandtheilen in dem Cadaver eines durch die genannte Substanz Vergifteten nicht weggeleugnet werden. Dem entsprechend wurde auch bei mei- nen Versuchen so lange Morphin in dem Nierensecrete nach- gewiesen, als das betreffende Thier noch die Symptome der Narcose an sich truy, und erst als dieses nicht mehr der Fall war, blieb auch der Morphinnachweis aus. Ja es gelang im Gegentheil meist noch über die angegebene Zeit hinaus Morphin im Harn aufzufinden (vergleich Exper. VI, VIII u. IX)"), was einfach durch den Umstand erklärt wird, dass der aus den Nieren ausgeschiedene Harn zunächt eine Zeitlang in der Blase verweilt und erst später zur Excretion gelangt. Aehnlich scheint es sich auch mit dem Morphingehalt der Fäces zu verhalten ; wenigstens konnte ich in letzteren das Alkaloid noch constatiren, nachdem die Narcose bereits aufgehört hatte (vgl. Exp. I u. VI). Der Grund für diese vom Dickdarm aus nicht erfolgte Resorption ist wohl zunächst in mechanischen Verhältnissen zu suchen, obgleich nicht geleugnet werden kann, dass auch chemische Einflüsse hier in Betracht kommen können, indem das durch das alkalische Dünndarmsecret aus seiner salzartigen Verbin- dung ausgeschiedene Morphin als freie Basis von der Schleim- haut des Dickdarmes vielleicht nicht resorbirt wird. Was den zweiten Punkt, die Möglichkeit einer in dem thierischen Organismus stattfindenden Zersetzung des Morphins, S ------- - 1) In Exper. VIII und IX mag ausserdem noch die Alkalescenz des Harns, bedingt durch den in Folge der Katheterapplication hervorgerufenen Blasenkatarrh, eine Unregelmässigkeit in der Morphinausscheidung hervorge- rufen haben, indem ein Theil des Alkaloides präcipitirt und erst nach- träglich mechanisch entleert wurde. 89 V betrifft, so kann ich eine solche für den Antheil dieses Alkaloi- des, der nicht zur Resorption gelangt ist und sich noch im Darmkanal befindet, strict in Abrede stellen. Dass aber auch das in das Blut übergegangene Morphin wenigstens zum Theil als solches in demselben besteht und unzersetzt aus demselben durch die Nieren ausgeschieden wird, geht aus meinen Ver- suchen zur Evidenz hervor. Ich muss daher allen gegentheili- gen Angaben, und namentlich auch denen Cloëtta's 1) (der auch in dem Harn eines Patienten, der täglich 6-7 Gran Morphium aceticum consumirte, keine Spur dieses Alkaloids nachweisen konnte, trotzdem dass er nach der Methode von Uslar-Erdmann verfuhr) entschieden entgegentreten. Dafür freilich, dass alles resorbirte Morphin der Zersetzung entgeht, fehlt mir der Beweis, und scheint mir auch, besonders in Be- rücksichtigung von Exp. IX, kaum wahrscheinlich. Am besten würde sich die berührte Frage, -- die übrigens, nachdem ein- mal die Möglichkeit, das Morphin im Blut und Harn nachwei- sen zu können, festgestellt ist, mehr dem Pharmakologen als dem Gerichtschemiker Interesse bietet, - noch entscheiden lassen, nachdem man das betreffende Gift direct in's Blut gebracht hat. In der Reihe derjenigen Localitäten des Körpers, in wel- chen voraussichtlich mit Erfolg nach dem in Rede stehenden Gift gesucht werden könnte, steht selbstverständlich der Magen mit seinem Inhalt obenan. Die Ausbeute verspricht hier um so mehr eine reiche zu sein, als der Tod nach einer Morphium, resp. Opiumvergiftung beim Menschen durchschnittlich schon in 6 – 8 Stunden zu erfolgen pflegt, nach welcher Zeit man den grössten, nicht zur Resorption gelangten Theil des eingeführten die Wirkung des Opiums oder Morphiums der motus peristalti- cus und damit zugleich auch der raschere Uebergang der ge- V U +- + - + 1) a. a. 0. 90 1n nannten Stoffe aus dem Magen in den Darm gehemmt ist. Weiter hat man, namentlich wenn nach Einführung des Giftes längere Zeit verstrichen ist, auch den Dünn- und Dickdarm mit dem betreffenden Inhalt zu berücksichtigen. Zum Nachweise des Morphins in den sogenannten zweiten Wegen, der für die ärztliche Begutachtung eines gerichtlichen Falls bekanntlich von grösster Bedeutung ist, empfiehlt sich besonders die Leber und der Harn. - Schon nach den mitge- theilten Versuchen Orfila's war es wahrscheinlich, dass erstere einen Theil dieses Alkaloids aufnimmt und zurückhält. Dem entsprechend habe auch ich in meinen Experimenten mit gros. ser Constanz in der Leber Morphin angetroffen, ein Factum, welches mit dem, was in dieser Beziehung über einzelne andere Alkaloide, namentlich aber auch über die Metallgifte bekannt ist, übereinstimmt. Umsomehr muss es auffallen, dass ich bei Untersuchung der Leber des durch Morphin vergifteten Kauf- manns Adamson, welche ich nachträglich im Januar 1868 mit dem gleichen Erfolg wiederholte, zu einem negativen Resultat gelangt bin. In der That stehe ich diesem Ergebnisse rathlos gegenüber. Dass dasselbe nicht auf thatsächliche Abwesenheit von Morphin zu beziehen ist, scheint auch durch den, durch Wismuth-Reagens erzielten Niederschlag, so wie durch das Re- sultat der Gallenuntersuchung bestätigt zu werden. Was weiter aus dem in der Leber abgelagerten Morphin wird, muss ich dahingestellt lassen. Dass es noch nachträglich in das Blut gelangen und zu Vergiftungserscheinungen Anlass geben kann, halte ich für unwahrscheinlich. Sollte dieses aber doch der Fall sein, so könnte dieser Umstand vielleicht mit zur Erklärung der freilich seltenen, aber immerhin in der Lite- ratur verzeichneten Fälle beitragen, welche das Vorkommen einer sogenannten cumulativen Wirkung des Opiums vermuthen lassen. Dass ein wenn auch nur geringer Theil allmählig mit der Galle auf den Darmkanal ausgeschieden wird, scheint aus meinen Versuchen hervorzugehen. Ob das Morphin hier in einer 91 Verbindung besteht, in welcher es der Resorption vom Darm- kanal aus unzugänglich ist, und ob es überhaupt, auch vom Magen aus in den Dünndarm übergewandert, an letzterem Ort nicht die zu seiner Resorption erforderlichen Bedingungen vor- findet, vermag ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls durchwan- dert ein Theil dieses Alkaloids unverändert den Dünndarm und wird mit den Fäces entleert. Für den forensisch - chemischen Nachweis dürfte aber die Galle kein geeignetes Object sein, weil sie jedenfalls immer nur Spuren des Alkaloides enthält und die Ausscheidung des- selben auf diesem Wege nur eine sehr allmählige sein kann. Der Uebergang des Morphins in den Harn ist eine schon durch die Erfahrungen Orfila's 1) sehr wahrscheinlich gemachte und durch die Untersuchungen Bouchardat’s”), neben wel. chen auch diejenigen Lefort's 3), jedoch wie mir scheint mit Unrecht, angeführt werden, so gut wie bewiesene Thatsache, die trotzdem in jüngster Zeit von Erdmann 4) in Zweifel ge- zogen und von Cloëtta geradezu in Abrede gestellt worden ist. Die Misserfolge der beiden letztgenannten Autoren vermag ich nur durch die Mangelhaftigkeit der von ihnen in Anwendung gezogenen Reaction (Erdmann'sche) zu erklären. Aber auch die Untersuchungen Bouchardat's und Lefort's sind für den gerichtlich-chemischen Nachweis werthlos, wenngleich die des ersteren in pharmakologischer Hinsicht für die Entscheidung der betreffenden Frage ihre Bedeutung haben. — Bouchardat liefert den Nachweis von Morphin im Harn dadurch, dass er den letzteren, ohne weitere vorhergängige Behandlung, mit ei- nem Reagens, bestehend aus einem Gewichtstheil Jod, zwei Gewichtstheilen Jodkalium und fünf Theilen Wasser, prüft, welches bei Gegenwart von Morphin einen Niederschlag von 1 1) Siehe S. 121. — 2) Bull. de thérap. Dcb. 1861, refer. u. a. in Taylor. Bd. I. S. 120. — 3) Journ. de chim. XI. 33. 1861. Refer. in Fresenius's Zeitschr. f. analyt. chem. Jahrg. I. S. 134. - 4) cf, S. 31. 5) a. a. 0. 92 y Jodmorphin hervorbringt. Er weist damit aber nicht sowohl speciell das Morphin, als vielmehr ein Alkaloid im Allgemeinen nach und benutzt in der That auch das gleiche Verfahren für die Entdeckung anderer organischer Basen im Harn. Noch weniger beweisend ist das Verfahren von Lefort. Er benutzt, um das Morphin darzuthun, die Jodsäure, welche nach ihm dann ein besonders characteristisches und empfind- liches Reagens abgiebt, wenn man, um das ausgeschiedene Jod zu binden, Ammoniak hinzufügt. Während bei den übrigen zahlreichen Stoffen, welche gleichfalls Jodsäure zersetzen, hier. auf eine vollständige Entfärbung des Gemisches erfolgt, tritt nach ihm bei Gegenwart von Morphin die Reaction im Gegen- theil noch intensiver hervor. Um nun dieses Alkaloid im Harn zu entdecken, verdampfte Lefort grössere Urinmengen von Personen, die längere Zeit Morphin genommen, unter Zusatz von etwas Essigsäure bis zu 1/10 des ursprünglichen Volumens, filtrirte und prüfte direct mit Jodsäure. Es entstand sogleich eine leichte rosarothe Färbung von ausgeschiedenem Jod, wel- che ebensowohl von Harnstoff als von Morphin bewirkt sein konnte. Als er aber tropfenweise Ammoniak bis zur Sättigung der Essigsäure zusetzte, trübte sich die Flüssigkeit und färbte sich stärker rosaroth. Eisenchlorid und Salpetersäure, womit er ebenfalls den abgedampften Urin prüfte, gaben keine ent- scheidenden Resultate. In Betreff dieses Verfahrens schliesse ich mich der Kritik Neubauer's vollkommen an, wenn er sagt: „Wie man diese Nüançen in einem an und für sich stark tingirten concentrirten Urin wahrnehmen kann, ist mir nicht recht begreiflich und möchte ich daher obige, so einfach und sicher erscheinende Methode doch nicht zur Prüfung eines Urins auf Morphin empfehlen.“ Dass aber für die Constatirung einer stattgehabten Mor- phinvergiftung gerade durch die Analyse des Harnes dem Ge- richtsarzt sehr werthvolle Beweismittel an die Hand gegeben werden können, dafür liefern meine Versuche den Beleg, indem LU LE 93 mir der Morphinnachweis in diesem Secrete stets und mit grosser Präcision gelungen ist. Namentlich auch für jene Fälle dürfte das Ergebniss der Harnuntersuchung von entscheidender Be- deutung sein, in welchen das Gift seine tödtliche Wirkung nicht vom Darmkanal, sondern von anderen Localitäten aus (Hant, Unterhautzellgewebe etc.) entfaltet hat, so wie dort, wo nach Einführung des Alkaloids in den Magen die Vergiftung nicht tödtlich verlaufen ist. Hier könnte (es sei denn, dass Erbrechen stattgefunden hat oder die Magenpumpe in Anwendung gezogen worden ist) ausser dem Harn nur noch allenfalls die Unter- suchung der Fäces Aufschluss geben, welche jedoch mit man- cherlei Inconvenienzen verknüpft ist. Im ersteren Fall kann man sich, wie das schon a priori zu erwarten steht und durch meine Versuche (vergl. Exper. II und V) bestätigt wird, nur von der Untersuchung des Harnes und des Blutes einen Erfolg versprechen. In den genannten Versuchen, in welchen das Morphin subcutan applicirt worden war, konnte weder eine Ausscheidung desselben auf die Schleimhaut des Darmtracts constatirt werden, noch auch eine Ablagerung in der Leber, welche unter diesen Bedingungen offenbar aus dem Grunde nicht zu Stande kommt, weil durch die Pfortader nur Spuren des Alkaloides den genannten Organ zugeführt werden. Um so rascher und vollständiger erfolgt die Ausscheidung durch die Nieren, in deren Secret das Morphin mit aller Schärfe nachge- wiesen wurde, ein Umstand, der um so mehr Berücksichtigung verdient, als die Abscheidung des in Rede stehenden Giftes aus dem Blute vielleicht nicht immer in befriedigender Weise gelingen dürfte. Zwar bin ich, nachdem mir der Nachweis im Blute zuvor stets missglückt war, in den letzten Versuchen (vergl. Exper. X, XII und den Adamson'schen Fall) mit Hilfe der bereits mitge- theilten Modification in dem Abscheidungsverfahren zu positiven Resultaten gelangt, kann aber nicht in Abrede stellen, dass trotzdem das Blut ein weniger günstiges Object für die gericht- 94 lich-chemische Analyse darstellt, als der Harn und die bereits genannten Organe, offenbar weil in demselben zeitweilig immer nur kleine Quantitäten des Giftes vorhanden sind, indem Re- sorption und Elimination sich das Gleichgewicht halten und weil von der ganzen Blutmenge stets nur ein verhältnissmässig klei- ner Antheil für die Untersuchung disponibel ist. Aus naheliegenden Gründen wurde auch das Gehirn wieder- holt auf etwaigen Morphingehalt geprüft, aber stets ohne Erfolg. Das in Obigem in Betreff des Morphins Gesagte gilt ohne Vorbehalt auch für das Narcotin, dessen Nachweis neben dem erstgenannten Alkaloid bei einer Opiumvergiftung bisher keine Berücksichtigung gefunden hat, aber, wie Exper. XII lehrt, sehr wohl ausführbar ist und schon deshalb nicht unterlassen werden sollte, weil wir bekanntlich für das Opium in toto keine Erkennungsmittel besitzen, sondern auf den Nachweis seiner einzelnen Bestandtheile angewiesen sind. Dass der Fäulnissprocess auf das Morphin keinen zersetzen- den Einfluss ausübt, ist ein bereits mehrfach, namentlich auch schon von Orfila constatirtes Factum, welcher unter Anderem in einem Gemenge der verschiedensten organischen Substanzen das Morphin noch nach 14 Monaten nachweisen konnte, zu einer Zeit, in welcher die Fäulniss im höchsten Grade vorge- schritten war. Es bedurfte daher kaum noch einer Bestätigung dieses Umstandes, wie ich sie in Exper. VII geliefert habe. So wünschenswerth für eine jede gerichtlich - chemische Untersuchung die quantitative Bestimmung des vorgefundenen Giftes erscheinen mag, und namentlich auch für die Fälle, wo es sich um eine Substanz handelt, welche, wie das Morphin, vielfach als Arzneimittel in den Organismus eingefülirt wird, so bin ich doch über das Quale des betreffenden Nachweises im Wesentlichen leider nicht hinausgekommen. Ich habe zwar hie und da wägungen des alkaloidhaltigen Amylalkoholrück- standes oder des durch Ammoniakfällung gewonnenen Nieder- schlages versucht, deren Ergebnisse in den zugehörigen Expe- 95 rimenten mitgetheilt worden sind, habe aber auch an dem be- treffenden Ort (sieh S. 64) darauf hingewiesen, dass auf diesem Wege keine zuverlässigen Resultate erwartet werden können. Nur wo man durch Verdunstung einer alkoholischen Lösung, wie in dem letzterwähnten Fall, reichlichere makroscopische Krystalle erhalten hat, dürften durch Wägung thatsächlich brauch- bare Werthe gefunden werden. Auch auf massanalytischem Wege wurden in Exper. VIII und IX einige quantitative Bestimmungsversuche des mit den Harn ausgeschiedenen Morphins angestellt, jedoch mit so un- günstigem Erfolge, dass ich dieselben bald aufgeben musste. Ich bediente mich hierzu der von Mayer zu diesem Zweck angegebenen und von Kubly 1) einer wiederholten Prüfung unterzogenen Jodquecksilber-Jodkaliumlösung, war aber nie im Stande, die Endreaction mit der erforderlichen Sicherheit zn constatiren, trotzdem dass ich die von letzterem Autor gefor- derten Cautelen beobachtet hatte. Dazu kommt noch, dass es nach Kubly, um genaue Resultate zu erhalten, durchaus er- forderlich ist, den Concentrationsgrad der zu prüfenden Morphin- lösung annähernd zu kennen, indem eine verdünntere Lösung einen grösseren Verbrauch an Reagens beansprucht, als eine concentrirtere. Es ist das eine Bedingung, die selbstverständ- lich in den uns interessirenden Fällen nie zutreffen wird. Uebrigens muss ich der von vielen Seiten) vertretenen Ansicht vollkommen beipflichten, nach welcher die quantitative Bestimmung des in der Leiche angetroffenen Giftes zur Ent- scheidung der Frage, ob letzteres thatsächlich die Veranlassung des erfolgten Todes gewesen ist, als ein Moment von nur un- tergeordneter Bedeutung erachtet wird. 17 4 ----- -...-. -- -- -- W wWAH 1) a. a. 0. 2) Vergl. u. a. auch Buchner in seinem: N. Repert. f. Pharm. · Bd. XII S. 97. .- The se n. 1) Die Todtenstarre ist nicht das ursächliche Moment für die Entleerung der Arterien nach dem Tode. 2) Die Theorie einer sogenannten sympathischen Giftwir- kung ist nicht absolut zu verwerfen. 3) Bei Exstirpation von Geschwülsten hat man sich mehr vor der Bildung zu grosser als zu kleiner Lappen zu hüten. 4) Der ganze, das Gefässsystem innervirende Antheil des Sympathicus steht unter dem hemmenden Einfluss von Cerebrospinalnerven. 5) Der Thiersch'sche Vorschlag zur Heilung von Krebs- geschwülsten entbehrt jeder theoretischen und prac- tischen Begründung. 6) Bronchialblutungen können sowohl Folge als Ursache von Lungenschwindsucht sein. --Man Ueber das wirksame Princip und einige andere Bestandtheile der Sennesblätter. Eine mit Genehmigung der Hochverordneten Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität Dorpat zur Erlangung der Würde eines Magisters der Pharmacie verfasste und zur öffentlichen Vertheidigung bestimmte Abhandlung von Melchior Kubly. Dorpat. Druck von C. Mattiesen. 1865. Der Druck ist unter den gesetzlichen Bedingungen gestattet. Dorpat, den 23. November 1865. No 351. Dr. Rud. Buchheim, . d. Z. Decan der med. Fakultät. Herrn UCU Mag. Iwan Artamonowitsch TÜTTSCHEFF, - Jl ausserordentlichem Professor der Chemie an der St. Wladimir - Universität zu Kiew, widmet diese Schrift als Zeichen freundlichen Andenkens Der Verfasser. F . Vorwort. Ijie wegen ihrer physiologischen Wirkung auf den Darmkanal so bekannten Sennesblätter behaupten noch gegenwärtig, gegenüber den in der Neuzeit aufgetauchten Purganzen, ihre schon seit den ältesten Zeiten im Arznei- schatz eingenommene Stellung. Die medicinische Wichtig- keit dieser Drogue erkennend, hat die Chemie auch schon frühzeitig versucht einiges Licht über die chemischen Be- standtheile, namentlich aber über das wirksame Princip derselben zu verbreiten, und ist die bis jetzt darüber er- schienene Literatur zu einer Fülle herangewachsen, deren sich wenige Droguen dieser Art zu erfreuen haben. Ungeachtet dessen sind doch unsere heutigen Kennt- nisse über die wichtigeren Bestandtheile, namentlich aber über den Träger der medicinischen Wirksamkeit dieses Arzneimittels noch in der Kindheit geblieben. Während Einige denselben in einem ätherischen Oel, in einem Bit- terstoff, in der neueren Zeit in der Chrysophansäure such- ten, glaubten Andere annehmen zu dürfen, dass die Heil- kraft der Sennesblätter - wie das auch von der Rhabar- ber behauptet wird – wesentlich von dem Zusammenwir- ken der Gesammtbestandtheile bedingt werde. Erst die Arbeiten, die in der neuesten Zeit unter Buchheim über die Senna erschienen sind, werfen mehr Licht über diese vielfach angeregte Frage, indem dieselben wahrscheinlich machen, dass die specifische Wirkung der in Rede ste- henden Drogue weder in einem der oben genannten Stoffe, noch in einem Complex der in derselben vorhan- denen Bestandtheile, sondern in einer eigenthümlichen, leicht zersetzbaren Säure zu suchen sei. Der Zweck der vorliegenden Arbeit, die ich auf den gütigen Rath des Herrn Professor Buchheim unternommen hatte, war nun, diese immer noch schwebende Frage durch weitere Versuche ihrer Lösung näher zu bringen; in wie weit mir die Beantwortung derselben gelungen, überlasse ich dem nachsichtigen Urtheile des Sachverstän- digen, dem die Schwierigkeiten einer Arbeit, wie der in den vorliegenden Blättern beschriebenen, wo mit den che- mischen Versuchen fortwährende physiologische Versuche verbunden werden mussten, und bei denen das Object oft unter den Händen des Experimentirenden sich zersetzt, nicht unbekannt sind. Ich ergreife diese Gelegenheit, um Herrn Professor Dr. Dragendorff für das Interesse und die mehrfachen Winke, die er dieser meiner Arbeit hat zu Theil werden lassen, so wie Herrn Professor Dr. Buchheim, unter dem ich die in dieser Schrift angeführten Vorversuche ange- stellt habe, hiemit meinen aufrichtigen Dank zu sagen. Desgleichen fühle ich mich allen den hochverehrten Her- ren, die mich bei den so wichtigen physiologischen Ver- suchen unterstützten, auf das dankbarste verpflichtet. UUU EV Einleitung 11 D ie ersten exacten Untersuchungen über die Sennesblät- ter sind von Lassaigne und Feneulle 1). Dieselben operirten mit der Alexandriner-Sorte und fanden in derselben Folgendes: grü- nes Pflazenharz, fettes Oel, flüchtiges Oel, Eiweiss, Cathartin, gelben in Wasser löslichen Farbstoff, Schleim, essigsaures Kali, Aepfelsäure, äpfelsauren und weinsteinsauren Kalk. Das soge- nannte Cathartin wurde wie folgt dargestellt. Eine wässerige Abkochung der Sennesblätter wurde mit essigsaurem Bleioxyd ausgefällt, in das Filtrat, um das überschüssige Blei zu entfer- nen, Schwefelwasserstoff geleitet, die vom Schwefelblei abfil- trirte Fflüssigkeit zur Trockne gebracht, das erhaltene Extract mit Weingeist ausgezogen, der eine braune Materie, bestehend aus Schleim und etwas Farbstoff, ungelöst zurückliess. Der weingeistige Auszug wurde zur Extractdicke eingedampft, dar- auf, um das darin befindliche essigsaure Kali abzuscheiden, mit Schwefelsäure haltigem Weingeist behandelt, das neugebil- dete, in Weingeist unlösliche schwefelsaure Kali abfiltrirt, aus dem Filtrat die überschüssige Schwefelsäure durch Bleizucker und der Ueberschuss des letzteren durch Schwefelwasserstoff ent- fernt. Beim Verdunsten der Flüssigkeit hinterblieb das Ca- thartin. Dasselbe wird als eine hygroskopische, in Weingeist und Wasser in allen Verhältnissen lösliche, in Aether unlösliche 11 1) Berlinisches Jahrbuch für die Pharmacie. Berlin. Jahrg. XXIV. Abthl. I. S. 85. 1823. Materie beschrieben, von röthlichgelber Farbe, eigenthümlichem Geruch und bitterem, ekelerregenden Geschmack. Eine wäs- serige Lösung dieser Materie wird durch Bleizucker, Iodide, Brechweinstein und Lein nicht verändert; durch Galläpfelaus- zug und Bleiessig dagegen in gelblichen Flocken gefällt. Durch schwefelsaures Eisenoxyd wird sie braun und durch Alkalien nur dunkler gefärbt. In einem verschlossenen Glase der Hitze ausgesetzt, zerlegt sie sich in Kohlensäure, Essigsäure, empreu- matisches Oel, Kohlenwasserstoffgas und Kohle. Der Farbstoff wurde erhalten durch Zerlegen des durch essigsaures Bleioxyd in der wässerigen Abkochung der Sennes- blätter erhaltenen Bleiniederschlages mit Schwefelwasserstoff, Auskochen des gebildeten Schwefelblei’s mit Alkohol und Ein- dampfen des erhaltenen Auszuges zur Trockne. Der hinterblie- bene Farbstoff, eine braungelbe Masse, löste sich in Wasser, wurde von Bleizucker und Bleiessig gefällt, gab aus einer wäs- serigen Lösung, die mit etwas Alaun versetzt war, auf Zusatz von kohlensaurem Natron einen Niederschlag von einer schö- nen gelben Ockerfarbe. Vermittelst Alaun liess er sich auf Geweben befestigen; beim Erhitzen wurde er analog anderen stickstoffhaltigen Körpern zerlegt. Deane ) suchte den Werth der verschiedenen Sennes- blätter-Sorten des Handels dadurch zu bestimmen, dass er deren Ausbeute an Extract prüfte. Nach seinen Versuchen ist die ausgelesene alexandrinische Senna die beste Sorte, dann folgen Tinnevelly- und ostindische Senna. Die geringste Menge Ex- tract lieferte die gewöhnliche unreine alexandrinische Waare, was aber nur den gegen 30 pC. betragenden Unreinigkeiten zuzuschreiben sei. Heerlein 3) beschäftigte sich fast zu derselben Zeit mit der Prüfung der Wirksamkeit des von Lassaigne und Feneulle 2) Buchners Repertorium. Bd. 90. S. 439. 3) Pharmaceutisches Centralblatt. S. 863. 1847. U - - 9 S TA dargestellten Cathartins und dem weingeistigen Auszuge der Sennesblätter. Er gelangte durch seine Versuche zu entgegen- gesetzten Resultaten, indem er fand, dass weder das soge- nannte Cathartin, noch der weingeistige Auszug der Sennes- blätter irgend eine purgirende Wirkung besitzen oder sonstige Un- bequemlichkeit bewirken, woraus zugleich einerseits die Zweck- losigkeit der Tinctura Sennae und andererseits der Behandlung von Sennesblättern mit Weingeist (Folia Sennae alcohole de- purata) hervorgehe. Eine tiefer eingehende Arbeit über die Sennesblätter lie- ferten Bley und Diesel 4). Sie geben, bevor sie zu ihren eige- nen Untersuchungen übergehen, eine allgemeine pharmakogno- stische Uebersicht der Sennesblätter und darauf eine Zusam- menstellung der wichtigeren Resultate ihrer Vorgänger. Unter diesen wird auch das von Bernath dargestellte Harz der Senna besprochen. Dasselbe wurde dadurch erhalten, dass man 32 Unzen ostindischer Sennesblätter mit 12 Pfd. Alkohol von 350 3 Stunden lang digerirte, darauf warm auspresste, und den Auszug mit Wasser versetzte. Er hatte auf diese Art 5 Unzen eines schwarzen, harzglänzenden, eigenthümlich balsamisch riechenden und bittersüss schmeckenden, in Weingeist löslichen Harzes ausgeschieden. Bernath will davon Drachme für Kinder und 2 Drachmen für Erwachsene als hinlänglich zur Wirkung gefunden haben. Martius bemerkt indessen in Bezug hierauf, dass das Harz der alexandrinischen Sennesblätter sich in Weingeist leicht löse und sich selbst in der Kälte nicht ausscheide. Die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen, die Bley und Diesel angestellt, sind: ein gelber, harziger Stoff, von ihnen Chrysoretin genannt, wahrscheinlich derselbe, welchen Feneulle und Lassaigne in den Sennesblättern fanden, ein Braunharz, so- wie ein brauner Extractivstoff, von den beiden französischen S 4) Archiv der Pharmacie. Bd. LV. 2. Reihe. S. 257. - -. - - . - .- 10 -- LI 1 Chemikern mit dem Namen Cathartin belegt, der aber nicht rein abgeschieden werden konnte, indem derselbe in allen seinen Lösungen von dem Braunharz begleitet wird. Ferner glaubten sie mit Sicherheit annehmen zu können: Pectin, gummiartigen Ex- tractivstoff, Chlorophyll und etwas Fett. Aepfelsäure, aetheri- sches Oel und essigsaure Salze, welche auch als Bestandtheile der Sennesblätter angegeben werden, konnten von ihnen nicht nachgewiesen werden. Die untersuchten Sennesblätter waren: Senna alexandrina, obovata und Tinnevelly. Der Senna alexan- drina gaben sie den Vorzug, weil sie die grösste Menge an geistigem Extract giebt, und dieses zugleich den kräftigsten Geruch und Geschmack unter allen solchen Präparaten aus den anderen Blättersorten hat. Was nun die Darstellung des Chrysoretins betrifft, so lässt sich dieses nach Bley und Diesel möglichst rein erhalten, wenn man Sennesblätter durch Infusion wiederholt erschöpft, die erhaltenen Flüssigkeiten zur Extractdicke eindampft, das Extract mit Weingeist von 0,75 sp. Gew. auskocht, die weingei- stigen Auszüge zur Syrupsconsistenz concentrirt, das so erhaltene Fluidum mit Aether wiederholt auszieht. Der Aether färbt sich dabei goldgelb, obgleich nur geringe Mengen des Harzes davon gelöst werden. Die ätherischen Auszüge hinterlassen, nachdem man den Aether zum grössten Theil abdestillirt hat, das Chrysoretin als eine bräunlichgelbe, dem Curcumin ähn- liche Masse, wenn die letzten Reste des Aethers freiwillig an der Luft verdunstet sind. Das auf diese Art erhaltene Chryso- retin hat einen unangenehmen bittern Geschmack, riecht nach Senna, doch tritt der Geruch erst beim Erhitzen hervor, wobei es zu einer dunkelbraunen Masse schmilzt. Beim starken und schnellen Erhitzen stösst es stechende Dämpfe aus, verbrennt mit Flamme und hinterlässt eine bedeutende Menge Kohle. In dünnen Lagen erscheint das Chrysoretin fast rein gelb. Es löst sich mit prächtig rother Farbe in Ammoniak, so wie über- haupt in den meisten Alkalien, aus welchen Lösungen es durch Säu- 21 LU 17 TY – - 11 11U ren gelbflockig gefällt werden kann, dabei tritt der charakteristi- sche Sennageruch kräftig hervor. Es ist leicht löslich in Alkohol, schwer löslich in Aether und Wasser. Basisches Bleiacetat und Zinnchlorür geben Niederschläge damit, salpetersaures Silber- oxyd wird bald reducirt, salpetersaures Quecksilberoxydul er- zeugt einen kleinflockigen, gelben Niederschlag. Durch Sal- petersäure wird das Chrysoretin unvollkommen zersetzt; erhitzte Schwefelsäure zerstört es, während die kalte Säure weniger energisch einwirkt. Kochendes Wasser nimmt eine ziemlich gelbe Farbe davon an; die Lösung trübt sich beim Erkalten. Feneulle beschreibt seinen „löslichen Farbestoff“ als braun von Farbe, er kann aber höchstens, wie schon erwähnt, als bräunlichgelb, wenn er in dickeren Lagen angesehen wird, bezeichnet werden (oder man müsste in ammoniakhaltiger Luft verdunstet haben). Auch ist er nicht stickstoffhaltig, wie Feneulle angiebt. Y 7 Wird der Rückstand nach der Gewinnung des Chrysore- tins mit einer concentrirten Lösung von kohlensaurem Ammo- niumoxyd versetzt, so erhält man eine intensiv braune Flüssig- keit, aus welcher auf Zusatz von nicht zu verdünnter Schwe- felsäure das obenerwähnte Braunharz in braunen Flocken ge- fällt wird. Dieses Harz hat die grösste Aehnlichkeit mit dem in der Rhabarber vorkommenden Braunharze. Es hat einen eigenthümlichen Geruch, welcher beim Erhitzen besonders her- vortritt, wobei es sich stark aufbläht und eine schwer ver- brennliche Kohle hinterlässt. Alkalien lösen dieses Harz leicht auf, indem eine intensiv rothbraune Lösung erhalten wird, welche hinsichtlich ihrer Farbe und ihres chemischen Verhal- tens dem Phaeoretin der Rhabarber sehr nahe steht. Vom Aether und Wasser wird fast garnichts aufgenommen, nur der Alkohol löst es sehr leicht auf. Die Trennung des Braunharzes kann auch so vorgenom- men werden, dass man ein alkoholisches Extract der Sennes- blätter mit Wasser zerlegt, das wässerige Filtrat mit Glauber- - S iru " - - 12 2 salz versetzt, wodurch das Harz, mit Chrysoretin verunreinigt, ausgeschieden wird. Wird die rückständige Flüssigkeit nach der Gewinnung des Chrysoretins und des Braunharzes mit kohlensaurem Kali neutralisirt, darauf durch die Wärme des Wasserbades zur Extract- dicke eingedampft, das erhaltene Extract durch wiederholtes Schütteln mit Alkohol von 0,75 sp. Gew. erschöpft, aus den alkoholischen Auszügen der Alkohol ahdestillirt, und der Rück- stand weiter verdunstet: so hinterbleibt ein braunes Extract, welches einen eigenthümlichen Geruch und ekelhaft bitteren Geschmack hat. Wasser und Weingeist nehmen es leicht auf, die Alkalien färben es intensiv rothbraun. Beim Erhitzen ver- brennt es unter Aufblähen und unter Verbreitung eines unan- genehmen Geruches, dabei eine ziemliche Menge von Kohle hinterlassend. Es besteht grösstentheils aus einem eigenthüm- lichen Extractivstoff, enthält aber noch eine nicht unbeträcht- liche Menge von dem Braunharz gelösst; es repräsentirt der Hauptsache nach Feneulle's sogenanntes Cathartin. Es folgen in der bezeichneten Abhandlung jetzt physiolo- gische Versuche mit den dargestellten Sennapräparaten. Das Chrysoretin wurde in steigenden Gaben bis zu 45 Gran ge- reicht, ohne dass jedoch eine Wirkung auf den Darmkanal be- merkt wurde. Mit dem Braunharz wurden Versuche an 3 Per- sonen angestellt und von 16–80 Gran in steigenden Portionen gereicht. Es erregte aber keine andere Wirkung als grossen Ekel, so dass die angegebene stärkste Gabe fast Erbrechen bewirkte. Das sogenannte Cathartin wurde in Gaben von 2] bis 3 Drachmen gereicht, ohne dass die geringste abführende Wir- kung bemerkt wurde; es erregte nur Ekel und unangenehmes Aufstossen. – Auch das weingeistige Extract von 1 Unze Sen- nesblättern (mit Weingeist vollständig erschöpft), bei nüchter- nem Magen genommen, erregte nur Ekel und Unbehaglichkeit. Bley und Diesel gelangen endlich zu der Schlussfolgerung, C . - - 13 T2 dass die Heilkraft der Senna wesentlich abhänge von dem Zusammenwirken des Extractivstoffs und der Harze und nur in untergeordnetem Grade von Pektin, den pektinsauren Salzen und den anderen Salzen der Blätter. Von den nach dieser Zeit erschienenen kleineren Arbeiten wäre die Darstellung des sauren weinsauren Kalks aus einem wässerigen Senna-Extract von Casselmann 5) hervorzuheben"). Dieses Salz scheidet sich aus demselben in weissen stabförmi- gen, selten prismatischen Krystallen aus. Eine in der neueren Zeit erschienene ausführlichere Ar- beit über die Sennesblätter ist die von Martius?). In dem chemi- schen Abschnitt seines Werkes giebt er uns zunächst eine ge- drängte historische Skizze der bis dahin über die Sennesblätler erschienenen Mittheilungen. Martius geht dann zu seinen eige- nen Untersuchungen über, die sich in die Wiederholung der Arbeit von Lassaignė und Feneulle, in die Darstellung eines von Winkler beschriebenen Bitterstoff's 8) und Untersuchungen über den Farbstoff der Sennesblätter theilen. Was zunächst das sogenannte Cathartin anbelangt, so geht aus den Untersuchungen von Martius hervor, dass dasselbe ein Gemenge der verschiedensten Körper ist, indem es neben vielen anorganischen Salzen noch schwankende Mengen von Bitterstoff und Zucker enthält. Den Bitterstoff von Winkler hatte Martius auf folgende Weise dargestellt: 600 Grm. mit Wasser vorher ausgezogener Sennesblätter wurden in einem Verdrängungsapparat mit heis- sem Weingeist bis zur vollständigen Erschöpfung extrahirt. Die nach dem Verdunsten der weingeistigen Flüssigkeiten hin- terbliebene dnnkelgrüne, eigenthümlich riechende Masse wurde URUU II/ 5) Pharmac. Centralblatt. 1855. S. 613. 6) Wie oben bemerkt, hatten allerdings schon Lussuiyne und Feneulle Weinsäure an Kalk gebunden in den Sennesblättern nachgewiesen. 7) Monographie der Sennesblätter. 1857. Leipzig bei L. Voss. 8) Jahrbuch der Pharmacie. 19. Bd. S. 263. 1849. -- -- - — 14 IT 1911 S I 17 . mit Wasser ausgekocht, der wässerige Auszug zur Trockne gebracht, und der Rückstand mit heissem Alkohol ausgezogen. Der in Alkohol unlösliche Theil löste sich, ausser einer gerin- gen Menge eines Apothem-ähnlichen Körpers, fast vollständig wieder in Wasser auf. Aus der wässerigen Lösung wurde der Farbstoff durch Bleizucker und Bleiessig ausgefällt, der Nieder- schlag abfiltrirt, und das Filtrat, nachdem daraus das überschüssige Blei durch Schwefelwasserstoff entfernt war, im Wasserbade ein- gedampft. Es hinterblieb eine dunkelbraune, wie Süssholzextract riechende Masse, die äusserst intensiv bitter schmeckte. Martius meint, das Sennabitter von Winkler sei noch mit Farbsäuren ver- bunden gewesen; derselbe haben icht den Bitterstoff mit basischem Bleiacetat, sondern die Farbsäure ausgefällt. Auch glaubt er, dass der von ihm dargestellte Bitterstoff noch nicht vollkom- men rein sei, wenigstens liege die Vermuthung nahe, dass noch Gummi und Zucker-ähnliche Stoffe ihm beigemengt seien. Um den Farbstoff der Sennesblätter darzustellen, war Martius nach mehreren misslungenen Versuchen bei folgender Methode stehen geblieben: 2 Kilogramm Tinnevelly-Senna wurden mit einer verdünn- ten Lösung von kohlensaurem Natron 24 Stunden lang bei mäs- siger Wärme digerirt, die abgegossene bierbraune Flüssigkeit filtrirt, das Filtrat mit verdünnter Schwefelsäure ausgefällt, der gesammelte schmutzig gelbbraune Niederschlag ausgesüsst, ge- trocknet und darauf mit Aether ausgezogen. Derselbe färbte sich intensiv goldgelb und liess nach oftmaligem Ausziehen des Niederschlages eine braune, bröckliche Masse zurück. Die äthe- rische Lösung, zur Trockne gebracht, hinterliess ein gelbes, körniges Pulver, von dem eine Probe mit Kalilösung jene oben- erwähnte (für Chrysophansäure charakteristische) Farbe gab Dasselbe wurde nun mit siedendem Weingeist behandelt, wo- bei ein brauner Antheil ungelöst blieb, während in der inten- siv gelb gefärbten Flüssigkeit weisse nadelförmige Krystalle sich ausschieden. Die von denselben abfiltrirte Flüssigkeit ISLAVA 72. Att OP ..- - - - 15 IL n wurde zur Trockne gebracht, und der Rückstand mit Wein- geist aufgenommen, wobei abermals eine geringe Menge eines dunklen, harzähnlichen Körpers zurückblieb. Die weingeistige Lösung hinterliess nach dem Verdunsten ein rothbraunes Pul- ver, welches mit Aether behandelt, nach dem Verdunsten des- selben eine Masse gab, aus welcher Weingeist von 85%, eine Substanz, die Martius für Chrysophansäure in reinem Zustande hält, aufnahm. Dieselbe hinterblieb nach dem Verdunsten der weingeistigeu Lösung als ein intensiv gelber, warziger Körper zurück. Die Menge desselben war aber so gering, dass sie eben hingereicht, um sich durch ihr Verhalten zu den verschie- denen Reagentien von der Identität mit der Chrysophansäure zu überzeugen. In jenem rothbraunen Pulver, aus welchem der Farbstoff durch Alkohol ausgezogen wurde, glaubt Martius Phaeoretin, und in dem dunkelbraunen Körper, welcher bei den verschiedenen weingeistigen Lösungen zurückgeblieben war, Aporetin gefunden zu haben. Am Schluss seiner chemischen Versuche führt Martius noch eine quantitative Aschenanalyse der Tinnevelly- und eine der Alexandriner-Sennesblätter an. Die der Tinnevelly-Senna Die dei Alexandriner electa, von ergab in 100 den Stielen durch Aussuchen gereinigt: Kali .... 16,580 ...... 11,20 Natron ... 1,077 ...... 8,50 Magnesia. .. 7,463...... 6,10 Kalk .... 35,924 ...... 36,28 Phosphorsaures Eisenoxyd . 0,321 ...... 5,70 Kieselsäure . . 2,005 ...... 4,06 Chlor. ... 0,348 ...... 0,70 Schwefelsäure. 2,955 . 3,52 Kohlensäure . 24,750 ...... 21,10 Sand u. Kohle . 6,975 ...... 3,69 98,398 100,85 S UU · VA A NA MA - - 16 S Die physiologischen Versuche, die Martius theils mit dem weingeistigem Auszuge der Sennesblätter, theils mit dem Feneulle'- schen Cathartin angestellt hatte, bestätigten die bereits von Heerlein und Bley erhaltenen negativen Resultate; nur in einem einzigen Fall hatten 10 Gran Cathartin, einem jungen reizba- ren Mädchen eingegeben, 2 breiige Stühle zur Folge gehabt. Dagegen hatten die mit Weingeist ausgezogenen Blätter stets gewirkt unter mehr oder weniger heftigen Leibschneiden. Die Schlussfolgerung, die Martius aus seinen Untersuchun- gen zieht, ist mit den eben erwähnten Resultaten seiner phy- siologischen Versuche nicht in Einklang zu bringen. Martius ist der Ansicht, die Chrysophansäure sei höchst wahrscheinlich das wirksame Princip in den 3 Purgirpflanzen: Cassia Senna, Rheum und Rhamnus frangula, eine Ansicht, der wenigstens für das Rheum Schroff beistimmt. Arbeiten der neuesten Zeit über Senna, die vorzugsweise als Richtschnur zu der vorliegenden Untersuchung gedient haben, sind die unter Buchheim erschienenen Inaugural-Dissertationen von Tundermann, Sawicky, Schubersky, Baumbach und Fudakowsky, Nachdem Tundermannº) durch Versuche nachgewiesen hatte, dass der wirksame Bestandtheil der Sennesblätter ein in Wein- geist nur schwer löslicher Körper sei, stellt er in Bezug auf den letzteren folgenden Versuch an: Ein aus 60 Grm. Sennesblättern, welche vorher mit star- kem Weingeist in einem Verdrängungscylinder extrahirt wor- den waren, bereitetes wässeriges Decoct wurde mit Alkohol versetzt, der dadurch reichlich entstandene Niederschlag abfil- trirt und getrocknet. Der vierte Theil davon = 3} Grm., ein- genommen, brachte 2 breiige Stühle hervor, während der Urin auf Zusatz von Alkaļien röthlich gefärbt wurde. Der übrige Niederschlag wurde mit Weingeist von 70% ausgekocht; 5,46 Grm. des so ausgezogenen Niederschlages hatten mehrere breiige + . - - - - - - 9) Meletemata de Sennae foliis. Dissert. inaug. Dorp. 1856. - - 17 nan 1 1 DY Stühle ohne Leibschneiden zur Folge; dagegen wurde der nach dem Einnehmen gelassene Harn auf Zusatz von Alkalien gar- nicht gefärbt. Das Filtrat von dem durch Fällen mit Alkohol erhaltenen Niederschlage wurde auf ein geringes Volumen ein- geengt und nun mit der 2–3 fachen Menge starken Alkohols versetzt; es wurde eine braune, klebrige Substanz gefällt, welche nach dem Trocknen eine zimmtfarbige, leicht zerreibliche, nicht hygroskopische Masse darstellte. 2 Grm. davon bewirkten ohne vorhergegangene Leibschneiden 2 flüssige Stühle, während der Urin gelb gefärbt war und auf Zusatz von Alkalien eine in- tensiv rothe Färbung annahm. Essigsaures Bleioxyd gab in ei- ner wässerigen Lösung dieser Substanz einen reichlichen bräun- lichen Niederschlag, während die überstehende Flüssigkeit farb- los war. Sawicky 10), welcher die von Tundermann erhaltenen Re- sultate bestätigt findet, stellt noch folgende Versuche an: Ein aus 15 Grm. Sennesblättern bereitetes wässeriges Decoct wurde mit verdünnter Schwefelsäure versetzt und dar- auf im Wasserbade bis zur Hälfte eingedampft. Die vom ent- standenen Niederschlage getrennte Flüssigkeit wurde mit Kalk neutralisirt, darauf filtrirt, und das Filtrat eingenommen: es erfolgten 2 flüssige Stühle, welche mit heftigen Leibschneiden verbunden waren; der Urin zeigte auf Zusatz von Kali die be- kannte Reaction. - 30 Grm. Sennesblätter wurden zweimal mit Wasser ausgekocht, das Decoct mit essigsaurem Bleioxyd ausgefällt, der erhaltene Niederschlag mit destillirtem Wasser ausgewaschen und darauf mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit wurde zur Consistenz eines Extractes eingedampft und nun mit Alkohol behandelt. Derselbe löste nur einen Theil auf (a), während ein gröserer Theil, eine pektinartige Materie vorstellend und keine Wirkung Ty IN 10) Quaedam de efficaci foliorum Sennae et radicis Rhei substantia disquisitiones. Dissert. inaug. Dorp. 1857. - - - - 18 - SYLW1* LI min ! auf den Darmkanal ausübend, unlöslich zurückblieb. Von dem in Alkohol löslichen Theil (a) wurde, nachdem derselbe vor- her im Wasserbade zur Trockne gebracht worden war, eine 60 Grm. Senna entsprechende Quantität eingenommen: es er- folgten 2 flüssige Stühle, während der Urin auf Zusatz von Al- kalien roth gefärbt wurde. Der noch übrige Theil (a) wurde zur Entfernung der beigemengten Weinsäure mit Ammoniak neutralisirt, darauf mit einer Lösung von Chlorcalcium so lange versetzt, als noch ein Niederschlag entstand; das Filtrat hier- von wurde, nachdem der überschüssige Kalk durch kohlensau- res Natron entfernt worden war, eingenommen: es war gar keine Wirkung auf den Darmkanal erfolgt. Von der Vermu- thung ausgehend, dass die wirksame Substanz im reinen Zu- stande zu schnell resorbirt würde, um wirken zu können, ver- suchte Sawicky die Magnesia-Verbindung derselben darzustel- len, da nach den Untersuchungen von Magawly 11) die Magne- siasalze in sehr geringer Menge im Darmkanal resorbirt werden. Es wurde zu diesem Zweck eine grössere Portion des in Alkohol löslichen Theiles (a) mit gebrannter Magnesia bei gelinder Wärme digerirt, nach der Digestion filtrirt, das Filtrat znr Trockne ein- gedampft, der Rückstand so lange mit Alkohol ausgekocht, bis derselbe nicht mehr gefärbt wurde, darauf zwischen Fliesspa- pier getrocknet. 2,5 Grm. davon (91 Grm. Senna entsprechend), eingenommen, bewirkten einen reichlichen halbflüssigen Stuhl, welcher mit Leibschneiden verbunden war. Der Urin wurde auf Zusatz von Alkalien, wenn auch schwach, geröthet. Fer- ner führt Sawicky an, dass er beim Einnehmen von Sennaprä- paraten häufig Gelbfärbung des Urins bemerkt, wo keine Wir- kung auf den Darmkanal gewesen, dass also, schon aus diesem Umstande zu schliessen, die wirksame Substanz keine Chry- sophansäure sein könne. - - - - --- - - - 11) De ratione, qua nonnulli sales organici et anorganici in tractu intestinali mutantur. Dissert. inaug. Dorp. 1856. - 19 - 2 - NULL Uebrigens muss hier erwähnt werden, dass Sawicky, wel- cher die Methode von Rochleder zur Nachweisung und Darstel- lung der Chrysophansäure aus den Sennesblättern eingeschlagen hatte, keine solche finden konnte. Sawicky meint, die wirk- same Substanz sei eine eigenthümliche, im freien Zu- stande in Alkohol lösliche Säure, welche in den Sen- nesblättern theils an Magnesia, theils an Kalk ge- bunden vorkomme. Schubersky 12), welcher sonst zu keinen weiteren Resulta- ten kommt, macht die Beobachtung, dass ein wässeriger Aus- zug der Sennesblätter beim Kochen mit Kalk seine Wirk- samkeit vollständig ein büsst, und dass auf Zusatz von Säuren zu einer solchen Abkochung mit Kalk sich Schwefel- wasserstoff entwickelt. Baumbach 13), der die Beobachtungen von Sawicky und Schubersky bestätigt findet, sucht die wirksame Substanz, welche er Acidum cathartinicum nennt, auf folgende Weise zu gewinnen: Eine Partie Sennesblätter wird mit Oxalsäure haltigem Alkohol wiederholt ausgezogen, der Auszug zur Ent- fernung der überschüssigen Oxalsäure mit Kalk versetzt und darauf eingedampft. Es hinterbleibt eine grünliche Extract- masse, die noch etwas Kalk gelöst enthält. Um diesen zu entfernen, wird die Masse in wenig destillirten Wassers gelöst, die Lösung mit einer eben hinreichenden Menge von Oxalsäure versetzt, wiederum filtrirt, und das Filtrat zur Trockne einge- dampft. Es blieb eine glänzende Materie von bräunlicher Farbe zurück, welche er nun Cathartinsäure nennt. Dieselbe hatte einen sauren Geschmack, löste sich schwer in Weingeist, noch schwerer in Aether, dagegen leicht in Wasser. Sie bildet keine krystallinische Verbindungen, und es ist ihm UU - V 12) Quaedam de cortice Rhamni Frangulae disquisitiones nec non de Sennae foliis. Dissert. inaug. Dorp. 1857. 13) Quaedam de efficaci foliorum Sennae substantia disquisitiones Dissert, inaug. Dorp. 1858. 2 * - - 20 . TU nicht gelungen, diese Substanz in ganz reinem Zustande darzu- stellen. Beim Verbrennen hinterlässt sie etwas Asche, die kali- haltig ist. Durch Magnesia wird sie etwas dunkler gefärbt: beim Kochen mit Baryt entsteht ein Sediment. Wird eine wässerige Lösung dieser Cathartinsäure mit einigen Tropfen Schwefelsäure vermischt, so entsteht ein schwarzflockiger Nie- derschlag, dessen Menge sich bedeutend vermehrt, wenn die Lösung an einen erwärmten Ort hingestellt wird. 10 Gran dieses mit destillirtem Wasser ausgesüssten und darauf getrock- neten Niederschlages brachten gar keine Wirkung auf den Darmkanal hervor; ein anderes Mal aber hatten 15 Gran, ein- genommen, 3 Stühle mit Kolikschmerzen zur Folge. Salzsäure bringt in einer Lösung der Cathartinsäure einen ähnlichen Niederschlag wie Schwefelsäure hervor; Salpetersäure lässt rothe Flocken fallen, während sich zugleich salpetrige Säure entwickelt. Organische Säuren fällen nach ihm die Ca- thartinsäure nicht. In Kali löst sie sich mit einer braunen Farbe auf, welche nach einiger Zeit rothschwarz wird; Salz- säure färbt eine solche Lösung heller, und nach mässigem Er- wärmen entsteht eine Trübung. Eisenchlorid, desgleichen Gerbsäure färben eine Lösung der Cathartinsäure braunschwarz, ohne eine Fällung hervorzubringen. Essigsaures Bleioxyd bringt einen gelbgrünen Niederschlag hervor, welcher sich in Essig- säure löst. Aether nahm aus der Cathartinsäure noch Fett und Chlorophyll auf, während durch die Trommer'sche Probe noch Zucker nachgewiesen werden konnte. Fudakowsky 14) experimentirte hauptsächlich mit dem al- koholischen Extract der Sennesblätter. Der Gang seiner Un- tersuchung ist in der Kürze folgender: Eine Partie Tinnevelly-Senna wurde mit kaltem Alkohol von 95 % wiederholt extrahirt, aus den vereinigten Auszügen S 1 nin TO LL IN 14) Disquisitiones pharmacologicae de Senna. Dorp. 1859. Dissert. inaug. - - 21 CP 1 TTT der Weingeist abdestillirt, und die rückständige wässerige Flüssigkeit zur Extractdicke eingedampft. Das erhaltene Ex- tract wurde mit Aether behandelt, welcher eine salbenartige Materie auflöste, die keine Wirkung auf den Darmkanal be- sass, sich in Benzol zum grössten Theil löste und durch Alka- lien roth gefärbt wurde. Der in Aether unlösliche Theil des Extractes, die grössere Menge desselben ausmachend, war von brauner Farbe, löste sich in Weingeist zum grössten Theil, in Wasser dagegen vollständig auf. 2 Drachmen davon, einge- nommen, bewirkten im Verlauf von 19 Stunden zwei weiche Stühle, während der nach dem Einnehmen gelassene Harn durch Kali die bekannte Färbung annahm. Dieses mit Aether behandelte Extract wurde nun weiter wie folgt behandelt : Eine wässerige Lösung desselben wurde nach dem Ansäuern mit Schwefelsäure an einem erwärmten Ort einige Zeit stehen gelassen, der dadurch entstandene Niederschlag abfiltrirt, mit destillirtem Wasser ausgesüsst und darauf getrocknet. Der trockne Niederschlag wurde nun mit Aether extrahirt; derselbe nahm eine gelbröthliche Farbe an und hinterliess nach dem Verdunsten einen harzähnlichen Stoff, welcher an Benzol eine gelbe, nicht krystallinische Materie, die Fudalcowsky Chrysoretin nennt, abgab. Dieselbe wird durch Alkalien schön roth ge- färbt; beim Erhitzen wird sie dunkler, schmilzt und sublimirt dann, aber schwieriger als die Chrysophansäure. Vollkommen rein konnte sie nicht erhalten werden; sie war noch mit etwas Fett und einer grünen Materie verunreinigt. 15 Gran da- von, eingenommen, bewirkten 2 flüssige Stühle; der Urin wurde durch Kali roth gefärbt. — Das Kalksalz der sogenann- ten Cathartinsäure will Fudakowsky auf nachstehende Weise erhalten haben. Gepulverte Sennesblätter wurden in einem Verdrängungscylinder mit Weingeist von 75 %, dem 5 offici- neller Salzsäure zugesetzt waren, ausgezogen, und der erhal- tene Auszug zur Extractdicke eingedampft. Das Extract wurde bis zur alkalischen Reaction mit einer weingeistigen Lösung - -- 22 Ul 1 U2 LUWU S von Ammoniak versetzt, worauf sich das angedeutete Kalksalz als ein brauner Körper ausschied, welcher an der Luft bald dunkler wurde und nach dem Trocknen im Vacuum ein brau- nes Pulver lieferte. 15 Gran davon brachten gewöhnlich 3-4 flüssige Stühle hervor; der nach dem Einnehmen gelassene Harn erlitt durch Kali keine Veränderung. In Wasser war die Substanz leicht löslich, in Alkohol und Aether unlöslich. Beim Verbrennen hinterliess sie eine Asche, welche aus sehr viel kohlensaurem und etwas phosphorsaurem Kalk bestand. Ich kann endlich diese Uebersicht nicht schliessen, ohne des Bitterstoffs zu erwähnen, den Luduig 15) unlängst aus den Sennesblättern auf nachstehende Weise erhalten hatte: Aus dem weingeistigen Auszuge von 2 Pid. Sennesblättern wurde der Weingeist durch Destillation entfernt, die rückstän- dige wässerige Flüssigkeit mit gekörnter Knochenkohle ver- setzt und im Dampfbade unter öfterem Umrühren zur Trockne gebracht. Der Rückstand wurde einigemal mit kaltem Regen- wasser ausgezogen, der erhaltene Auszug mit frischer gekörn- ter Knochenkohle vermischt, abermals im Wasserbade zur Trockne gebracht, und das kalt gewordene Gemenge mit kal- tem Regenwasser ausgewaschen. Die beiden Portionen Kno- chenkohle wurden mit höchst rectificirtem Weingeist ausgekocht, 1 aus dem erhaltenen Auszuge der Weingeist abdestillirt, die rückständige schleimige Flüssigkeit mit fein präparirtem Blei- oxyd vermischt, sodann im Dampfbade unter öfterem Umrüh- ren zur Trockne gebracht. Die Bleioxydverbindung , welche ein pflasterartiges Ansehen hatte, wurde, um die etwa vorhan- denen Bitterstoffe von den an Bleioxyd gebundenen organischen Säuren zu trennen, in einer verschlossenen Flasche mit höchst rectificirtem Weingeist unter häufigem Umschütteln einige Zeit digerirt, der weingeistige Auszug abfiltrirt und, zur Entfernung UU S 15) Archiv der Pharmacie. Zweite Reihe. Bd. CXIX. Heft 1 und 1864. 2. - - 23 S von etwas gelöstem Bleioxyd, mit Schwefelwasserstoff behan- delt. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit hatte beim Stehen in einem verschlossenen Glase bis zum andern Morgen eine ziemliche Anzahl nadelförmiger Krystalle fallen lassen, welche für saures phosphorsaures Kali gehalten wurden. Die- selben wurden durch Filtration von der Flüssigkeit getrennt, und diese verdunstet. Es blieb eine gelbbraune Extractmasse nach von anfangs süsslichem , dann aromatisch bitteren und kratzenden Geschmack. Eine Probe davon wurde in Wssser gelöst und damit folgende Versuche angestellt: 1) Mit wässeriger Gerbsäurelösung vermischt, entstand ein voluminöser flockiger Niederschlag. 2) Quecksilberchlorid gab keine Fällung. 3) Platinchlorid eben so wenig. 4) Mit Natronlauge gemischt, röthete sich die Lösung des Bitterstoffs. 5) Eine Probe der Lösung wurde mit einigen Tropfen Kupfervitriollösung und überschüssiger Natronlauge gemischt und zum Sieden erhitzt; es trat dabei keine Reduction des Ku- pferoxydes zu Kupferoxydul ein, woraus folgt, dass noch kein freier Zucker zugegen war. Der Rest der wässerigen Lösung wurde mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure versetzt, und die Mischung einige Minuten gekocht. Es schieden sich an der Oberfläche der Flüssigkeit ölige Tropfen ab unter Ver- breitung eines stark aromatischen Geruchs, während in der vom abgeschiedenen Oel abfiltrirten Lösung Zucker nachzuwei- sen war. Um nun diesen zu den Elaeoglycosiden gehörigen Bitterstoff in reinerer Form zu erhalten, wurde die Hauptmenge desselben zunächst in heissem Wasser gelöst, und die Lösung mit Gerbsäure gefällt; der darauf entstandene Niederschlag war von verschiedener Beschaffenheit: ein Theil desselben war näm- lich flockig und setzte sich rasch zu Boden, während der Rest auch nach längerer Ruhe in der Flüssigkeit vertheilt blieb und ihr ein milchiges Ansehen ertheilte, in Folge dessen er auch S - - 24 CY - nicht abfiltrirt werden konnte. Es wurde desshalb die über dem Niederschlage stehende milchige Flüssigkeit abgegossen, der Niederschlag einigemal mit Wasser abgewaschen, derselbe mit Wasser und Bleioxyd gemengt, darauf im Wasserbade ein- getrocknet, mit Weingeist der Bitterstoff aus der trocknen Masse extrahirt, aus dem Filtrat durch Schwefelwasserstoff das mitge- löste Blei gefällt, und die Lösung wieder abgedunstet. Ein Gleiches wurde mit der milchigen Flüssigkeit vorgenommen. Es waren amorphe Rückstände erhalten worden, die nicht krystallisiren wollten. Der aus dem Gerbsäureniederschlage geschiedene Bitterstoff liess sich nicht vollkommen austrocknen; er wurde desshalb in einem wohl verschlossenen Glase mit Aether behandelt, worin er sich theilweise löste und den Ae- ther gelb färbte. Der in Aether unlösliche Theil wurde mit Weingeist aufgenommen und in einer Porcellanschale im Was- serbade der Weingeist davon hinweggedunstet. Jetzt blieb der Bitterstoff vollständig trocken zurück. – Ludwig nennt diesen am 23. Juli 1863 von ihm rein erhaltenen Bitterstoff der Sennesblätter Sennepikrin. Derselbe stellt einen dem Jalapenharz gleichenden , luftbeständigen Körper von bräunlich-gelber, zerrieben gelblicher Farbe dar, leicht lös- lich in Weingeist, schwer löslich in Wasser, unlöslich in Ae- ther, von süsslich bitterem und erwärmenden Geschmack. Gerb- säure fällt die wässerige Lösung des Sennepikrins in gelblich- weissen Flocken. Alkalien färben die Lösung röthlich, Eisen- chlorid färbt sie grün. Mit verdünnten Säuren gekocht, spal- tet sich das Sennepikrin in Zucker und ein stark aromatisch riechendes ätherisch-öliges Produkt. Der neben dem Senne- pikrin vorhandene, in Aether lösliche Körper blieb nach dem Verdunsten des Aethers als eine braun gefärbte, nicht austrock- nende terpenthinartige Masse zurück, deren weingeistige Lö- sung einen bittern und zugleich kratzenden Geschmack besass. Beim Kochen der mit etwas Wasser vermischten spirituosen Lösung dieses Sennacrols, wie Ludwig es nennt, mit ver- YY - - 25 dünnter Schwefelsäure trat derselbe aromatische Geruch ein, wie bei der Spaltung des Sennepikrins durch heisse verdünnte Schwefelsäure; als hierauf die Flüssigkeit mit Kupfervitriol und Kalilauge gekocht wurde, fand eine Reduction des Kupferoxy- des zu Kupferoxydul statt. Dieser bis auf Weiteres als Senn- acrol vom Sennepikrin zu unterscheidende Körper hat mithin eine dem letzteren analoge Zusammensetzung und wird wohl durch einen Mehrgehalt an den ätherisch-öligen Bestandtheilen und einen Mindergehalt an Zucker von dem Sennepikrin sich unterscheiden. Diesem Weichharze ganz gleich verhielt sich der Stoff, welcher aus der milchigen Gerbsäurefällung durch Bleioxyd und Weingeist abgeschieden worden war. Nachdem ich so der wichtigeren Arbeiten meiner Vorgän- ger Erwähnung gethan habe, sei es mir gestattet, zu meinen eigenen Untersuchungen überzugehen. II VII. . - - - Vorversuche. Unter dieser Rubrik will ich nachstehende, theilweise schon von meinen Vorgängern angestellte Versuche anführen, die gleichsam als Vorversuche zu den im Haupt-Abschnitt der vor- liegenden Arbeit beschriebenen von mir wiederholt worden sind. 1. Eine Unze gepulverter Sennesblätter, von denen eine Drachme, in Substanz eingenommen, im Verlauf von 7 Stun- den 2 flüssige Stühle mit heftigen Leibschneiden zur Folge hatte, wurde mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt und darauf 48 Stunden der Dialyse unterworfen. Der vierte Theil der äusseren Flüssigkeit, welche eine etwas schleimige Be- schaffenheit hatte und gelb gefärbt war, eingenommen, brachte gar keine purgirende Wirkung hervor. Ein anderer Theil der- selben wurde eingedampft, und der Rückstand geglüht; es war eine alkalisch reagirende Asche zurückgeblieben, in welcher Phosphorsäure, Kalk, Magnesia, Kali, Kohlensäure und Spuren von Schwefelsäure und Chlor nachzuweisen waren. Die Masse im Dialysator war in ihrer Wirkung unverändert geblieben: der vierte Theil des daraus bereiteten Decoctes hatte, einge- nommen, 3 flüssige Stühle mit starken Bauchgrimmen zur Folge. Wenn demnach die wirksame Materie in der Senna ausser al- lem Zweifel als sehr leicht löslich in Wasser bezeichnet wer- den kann, so geht hieraus doch eben so bestimmt hervor, dass sie colloidaler Natur ist. 2. Ein aus 3 Unzen Sennesblättern bereitetes wässeriges Extract wurde, unter Anwendung von Wärme, mit Weingeist S - - -- -- - - 27 von 92° Tr., welchem 20% conc. Essigsäure zugesetzt waren, wiederholt extrahirt, der Auszug bis zur Extractdicke einge- dampft und davon der 12. Theil, entsprechend 2 Drachmen Senna, eingenommen: es war keine Wirkung auf den Darm- kanal erfolgt. Von dem nach der Behandlung mit saurem Weingeist hinterbliebenen Rückstande brachte dagegen ein 2 Drachmen Sennesblättern entsprechender Theil nach 9 Stunden einen halbflüssigen Stuhl hervor. Bei einer Wiederholung die- ses Versuches 2 war dasselbe Resultat erhalten worden.“ Dieser Versuch widerspricht den Beobachtungen, aus welchen eine Löslichkeit der vermeintlichen „Cathartinsäure“ Baum- bach's in Weingeist gefolgert worden, wenigstens insofern, als eine solche Löslichkeit bei Gegenwart von Essigsäure bestrit- ten werden könnte. (Vergl. übrigens weiter unten.) 3. Ein aus einer halben Unze Sennesblättern bereitetes wässeriges Decoct wurde in 2 Hälften getheilt, die eine Hälfte mit einem Ueberschuss von Kalkwasser, die andere mit 10 C. C. Zehent - Natronlauge versetzt und darauf 4 Stunden auf dem Wasserbade digerirt. In der mit Kalkwasser versetzten Por- tion hatte sich ein flockiger, schmutzig roth - brauner Nieder- schlag gebildet, während die mit Natronlauge versetzte voll- kommen klar geblieben war. Die beiden Hälften des so be- handelten Decoctes wurden nun eingenommen, nachdem die al- kalische Reaction derselben vorher durch Essigsäure neutrali- sirt worden war. Die mit Kalkwasser digerirte Hälfte be- wirkte einen halbflüssigen Stuhl, dem geringe Leibschneiden vorangegangen waren, während die mit Natronlauge digerirte, von Herrn Professor Buchheim eingenommen, gar keine purgi- rende Wirkung hervorbrachte. -- Es zeigen sich auch hier wieder die Beobachtungen bestätigt, nach denen Basen beim Kochen in wässeriger Lösung um so schneller die wirksame Substanz zerlegen, je stärker sie sind. 4. 1.! Pfd. Sennesblätter wurden zweimal mit destillirtem Wasser ausgekocht, der Auszug zur dünnen Syrupsconsistenz ein- ~ 1 1 2 - - 28 S On 1 gedampft und nun mit einem gleichen Volumen Alcohol ver- setzt; der ausgeschiedene Schleim nebst Salzen wurden abfil- trirt, und, nachdem man sich davon überzeugt, dass in diesem Praecipitat keine wirksame Substanz vorhanden sei, das auf ein geringes Volumen eingedampfte Filtrat so lange mit Alco- hol von 95° Tr. versetzt, als noch ein Niederschlag (a) sich ausschied. Letzterer wurde in dunkelbraunen, langen Flocken gefällt und legte sich fest an den Boden des Gefässes '6). 0,5 Grm. des noch feuchten Niederschlages, eingenommen, hatten 2 reichliche flüssige Stuhlentleerungen zur Folge, während 0,7 Grm. desselben aber vorher auf dem Wasserbade zur Trockne gebrachten Niederschlages, von derselben Person einige Tage darauf eingenommen, nur einen geringen flüssigen Stuhl her- vorbrachte. --- Der noch übrige Theil des feuchten Niederschla- ges a wurde in destillirtem Wasser gelöst, und die Lösung zu- erst mit neutralem, darauf basischem Bleiacetat ausgefällt. Das erstere Fällungsmittel gab einen schmutzig graugrünen Nieder- schlag (6), während das letztere einen citrongelben (c) gab. Aus dem Filtrat vom letzteren wurde auf Zusatz von Ammo- niak noch ein gelbweisser Niederschlag (d) erzielt. Jeder der 3 Niederschläge wurde mit destillirtem Wasser ausgewaschen, darauf mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, und dieser mit Schwefelwasserstoff zersetzt; die vom Schwefelblei abfil- trirten Flüssigkeiten wurden zur Extractconsistenz eingedampft. Aus dem Niederschlage l war eine braune, stark sauer reagi- rende Masse erhalten worden, welche sich in Wasser zum grössten Theil löste, auf den Darmkanal keine Wirkung hatte - höchstens etwas Poltern im Magen verursachte. Die Nie- VT 19 S WI vi 16) Das Filtrat von diesem Niederschlage hatte nur noch äusserst geringe Wirksamkeit, so dass angenommen werden konnte, dass in ihm nur noch sehr kleine Mengen wirksamen Princips vorhanden waren. Bei längerem Aufbewahren in der Kälte schied es noch eine kleine Menge weisser warziger Krystallaggregate aus. Letztere übten, in Dosen von 0,5 Grm. eingenommen, keine abführende Wirkung aus. Sie enthielten von anorganischen Stoffen vorzugsweise Magnesia und Phosphorsäure. - - -.. - ..- - - 29 derschläge c und d hatten braune, hygroskopische, in Alcohol schwer lösliche Massen geliefert, welche sehr viel mineralische Bestandtheile, namentlich Phosphate enthielten. 0,6 Grm, der aus dem Niederschlage ] erhaltenen Masse bewirkten einen halbflüssigen Stuhl, während dieselbe Dosis von der aus dem Niederschlage d erzielten Masse 2 flüssige Stühle zur Folge hatte. CD Um die mineralischen Bestandtheile aus der letzteren Masse zu entfernen, wurde dieselbe in heissem Weingeist von 700 Tr. gelöst, die Lösung mit Schwefelsäure versetzt, die gebildeten schwefelsauren Salze abfiltrirt und aus dem Filtrat die frei ge- wordene Phosphorsäure und überschüssige Schwefelsäure durch Bleioxydhydrat entfernt. Nachdem noch das aufgelöst geblie- bene Bleioxyd aus der weingeistigen Lösung durch Schwefel- wasserstoff entfernt worden war, wurde dieselbe zuerst im Wasserbade, darauf im Vacuum über Schwefelsäure verdunstet. Es war eine röthlich-gelbe, rein sauer schmeckende Masse hin- terblieben, die noch nicht vollkommen frei von mineralischen Bestandtheilen, namentlich Phosphaten war. 0,9 Grm. dieser Masse, von einem jungen, kräftigen Mann eingenommen, brach- ten 3 flüssige Stühle, die mit heftigen Leibschneiden verbunden waren, hervor. Beachtenswerth ist es, dass dieselbe Substanz, aus einer grösseren Quantität Sennesblättern, und zwar einmal aus 3 und ein anderes Mal aus 4 Pfd. dargestellt, gar keine Wirkung auf den Darmkanal hervorbrachte, selbst wenn die oben angege- bene Dosis von 0,9 Grm. verdoppelt wurde. — Diese Einbusse an purgirender Wirkung erstreckte sich auch auf das der letz- teren Substanz in der Darstellung rorangegangene Präparat a, welches, wie oben angegeben, durch fractionirte Fällung mit Alcohol aus dem concentrirten wässerigen Sennaauszuge erhal- ten wurde. ~ Es muss hier durch das Eindampfen, bei dem die Einwirkung der atmosphärischen Luft nicht vermieden war, und welches bei der grösseren Menge des wässerigen Auszu- L 1 - -- 30 ges längere Zeit in Anspruch nahm, die wirksame Substanz eine Zersetzung erlitten haben. Wie schon aus den Arbeiten meiner Vorgänger wahr- scheinlich werden musste, so geht also auch aus diesen Ver- suchen zur Genüge hervor, dass das wirksame Princip der Sennesblätter eine im höchsten Grade leicht zersetzbare Substanz sei, welche nicht einmal ein längeres Eindampfen an der atmosphärischen Luft verträgt. — Wenn nun die nach- folgenden Versuche mit etwas mehr Erfolg gekrönt sind, so habe ich das ausschliesslich dem Umstande zu verdanken, dass ich in der Folge in den Stand gesetzt war, die wässerigen Auszüge der Sennesblätter in einem, für das hiesige pharma- ceutische Institut angekauften, Vacuumapparat zu verdampfen. Q LUUN LI Versuche zur Reindarstellung der wirksamen Substanz. 17 5 Pfd. Tinnevelly-Sennesblätter, welche vorher durch Sie- ben von den sandigen Theilen befreit worden waren, wurden mit heissem Wasser übergossen und eine Nacht stehen gelassen; es wurde nach dem Auspressen eine Flüssigkeit erhalten, welche eine gesättigt braune Farbe hatte und schwach sauer reagirte. Dieselbe wurde nun im Lenz'schen Vacuumapparat bis zur Syrupsconsistenz eingedampft. Das erhaltene Extract, dessen Menge 31 Pfd. betrug, hatte eine braungelbe Farbe -- in dün- nen Schichten war dieselbe gelbbraun bis ins Olivengrüne spie- lend – einen angenehmen aromatischen Geruch, einen bittern Geschmack, gab mit Wasser eine trübe Lösung, welche schwach sauer reagirte. Dieses Extract wurde nun in einer Flasche mit einem I - -- 31 gleichen Volumen absoluten Alkohols versetzt, darauf tüchtig umgeschüttelt, und das Gemenge einige Stunden in der ver- korkten Flasche stehen gelassen. Es hatte sich ein reichlicher Niederschlag ausgeschieden, welcher zum grössten Theil aus Schleim und Salzen bestand. Derselbe wurde, nachdem die überstehende Flüssigkeit klar abgegossen war, noch mit Wein- geist von 650 Tr. vermischt, darauf die weingeistige Flüssigkeit, nachdem dieselbe klar abgestanden war, wiederum decantirt. Die vereinigten Flüssigkeiten, welche den grössten Theil des Wirksamen enthalten mussten, wurden filtrirt; das Filtrat wurde nun so lange mit absolutem Alkohol versetzt, als noch ein Niederschlag sich abschied. Derselbe wurde in langen gelbbraunen Flocken gefällt, welche sich auch unter der Flüs- sigkeit bald schwarz färbten und dann eine am Boden des Ge- fässes haftende, klebrige Masse bildeten. Dieselbe wurde bis zur vollkommenen Geschmacklosigkeit mit Alkohol von 90 ° Tr. ausgesüsst und dann im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet. Sie stellte jetzt eine dunkelbraune, stellenweise auch gelbbraune, ziemlich poröse Masse dar, welche fast geschmacklos war und, zerrieben, ein braungelbes Pulver gab. 0,5—0,6 Grm. dieser Substanz brachten gewöhnlich im Verlauf von 6-9 Stunden nach dem Einnehmen 2 flüssige Stühle, die stets mit geringen Leibschneiden verbunden waren, hervor 17). Beim Verbrennen hinterliess diese „wirksame Substanz“ eine Asche, welche stark alkalisch reagirte und aus Kohlen- säure, Phosphorsäure, Chlor, Kalk, Magnesia und Alkalien bestand. Es wurden nun mit dieser Substanz folgende dialytische Versuche angestellt: 1. 2,4 Grm. derselben wurden in Wasser gelöst, und die TT A T S - -- - - 17) Der in den nächsten Stunden nach dem Einnehmen gelassene Harn war nicht auffallend tingirt. Eine der Chrysophansäure analoge Sub- stanz war weder in dem frischen noch in dem durch Eindampfen concen- trirten Harn nachweisbar. 32 - S } Y 11 W Lösung 48 Stunden der Dialyse unterworfen; während dieser Zeit war das Wasser in dem äusseren Gefäss zweimal erneuert worden. Der vierte Theil der inneren Flüssigkeit, entsprechend 0,6 Grm. der trocknen Substanz, eingenommen, hatte 2 reich- liche flüssige Stuhlentleerungen, welche mit Leibschneiden ver- bunden waren, zur Folge. Der übrige Theil der inneren Flüs- sigkeit wurde eingedampft, darauf geglüht; die erhaltene Asche enthielt nur Kalk, Magnesia und Phosphorsäure. Die äussere Flüssigkeit, von welcher die Hälfte eingenom- men wurde, zeigte sich auch hier (vergl. Vorversuch 1) voll- kommen wirkungslos. Es waren in ihr nachzuweisen Alkalien, Kalk, Magnesia, Schwefelsäure und Phosphorsäure. 2. Eine wässerige Lösung von 2,4 Grm. wurde mit Salz- säure zuerst angesäuert und darauf 60 Stunden der Dialyse un- terworfen; das Wasser in dem äusseren Gefäss war in dieser Zeit dreimal erneuert worden. Die Resultate, die hier erhalten wurden, waren dieselben wie im Versuch 1: d. h, nur die in- nere Flüssigkeit erwies sich wirksam, und war in einer einge- dampften und darauf eingeäscherten Portion derselben ausser Kalk und Magnesia stets noch Phosphorsäure, aber keine Schwefelsäure nachzuweisen. Es geht also aus diesen beiden Versuchen hervor, dass die wirksame Substanz gar kein oder nur ein sehr geringes Diffusionsvermögen besitzt, und dass die dieselbe verunreinigenden mineralischen Bestand- theile sich auf dialytischem Wege bis auf die Phos- phate allerdings vollkommen entfernen lassen. (Wei- tere Versuche ergaben, dass die vorhandene Kalk- und Bitter- erde theilweise Bestandtheile der wirksamen Substanz aus- machen.) Um nun den noch übrigen Theil der aus 5 Pfd. Sennes- blättern dargestellten wirksamen Substanz, deren Gewicht 77,7 Grm. betrug, in möglichst reinem Zustande zu erhalten, wurde dieselbe wie folgt behandelt: C 0 D - - 33 75 Sie wurde in einer eben hinreichenden Menge destillirten Wassers gelöst, und die Lösung, welche vorher filtrirt war, 60 Stunden in der Diffusion erhalten. Die Flüssigkeit aus dem Dialysator wurde nun so lange mit absolutem Alkohol versetzt, als sich noch ein kleinflockiger, schmutzig rothbrauner Nieder- schlag (a) ausschied. Derselbe wurde von der überstehenden Flüssigkeit abgeschieden, und dieser weiter Alkohol zugesetzt; es wurde jetzt ein gelbbrauner Niederschlag (b) in langen Flocken gefällt. Da beide Niederschläge sich selbst unter der Flüssigkeit schnell schwärzten, so wurden sie, nachdem jeder für sich vorher mit Alkohol von 90' Tr. ausgesüsst worden war, im Vacuum getrocknet. Der Niederschlag a war in klei- nen, harten Stücken nachgeblieben, welche äusserlich schwarz gefärbt waren, während sie im Innern mehr eine gräulichgelbe Farbe hatten. Der Niederschlag b stellte nach dem Trocknen im Vacuum eine poröse, schwammige Masse dar, etwa von der Farbe des zweifach Schwefelzinns (aurum musivum). Beide Niederschläge hatten einen eigenthümlichen ranciden Geschmack, welcher namentlich beim letzteren hervortrat. 0,55 Grm. des Niederschlages a bewirkten gewöhnlich nach 12-14 Stunden zwei flüssige mit Leibschneiden verbundene Stühle, während von der Substanz b nur 0,2 Grm. nöthig waren, um dieselbe Wirkung hervorzubringen. Die letztere Substanz, die als an- nähernd rein betrachtet werden kann, hinterliess, bei 1100 vor- her getrocknet, beim Verbrennen 14,5038 % Asche, welche aus 37,902 % Kalk, 23,236 % Magnesia und 7,203 % Phosphorsäure bestand. Die wässerigen Lösungen der beiden Substanzen a und b liessen auf Zusatz von Salzsäure bräunlich flockige Niederschläge (a) fallen, welche, wenn sie im feuchten Zustande mit concen- trirter Salzsäure gekocht wurden, in eine mehr gelb gefärbte, gleichfalls flockige Substanz (B) und Zucker zerfielen. Wurde der auf Zusatz von Salzsäure in einer wässerigen Lösung der Substanz a oder b entstandene Niederschlag abfiltrirt, und 10 O TIT O - - 34 L11 A : A . das Filtrat mit concentrirter Salzsäure gekocht, so wurde eben- falls jenes gelbe Spaltungsprodukt ß als Niederschlag erhalten, während zugleich Zucker in der Flüssigkeit nachzuweisen war. Sowohl die mit kalter Salzsäure gefällte Substanz a, als das aus dieser oder dem Filtrat durch Kochen mit conc. Salzsäure erhaltene Spaltungsprodukt ß hat- ten einen sauren Geschmack. Beide waren stickstoff- und schwefelhaltig. Es wurden, behufs weiterer Untersuchung der Substanzen a und B, noch folgende Proben angestellt: : 1. Eine wässerige Lösung von 1 Grm. der Substanz b wurde mit Salzsäure in der Kälte ausgefällt, der Niederschlag abfiltrirt, mit destillirtem Wasser ausgesüsst und darauf noch feucht von einem jungen, kräftigen Menschen eingenommen: im Verlauf von 7 Stunden waren 4 flüssige Stühle erfolgt, von de- nen die 3 ersten mit ausserordentlich heftigen Leibschneiden verbunden waren; der in 12 Stunden gesammelte Harn schien keine Veränderung in der Farbe erfahren zu haben und wurde auf Zusatz von Alkalien nicht geröthet, auch wenn er vorher concentrirt worden. 18) Das Filtrat vom eben erwähnten Niederschlage theilte man in 2 Hälften; die eine Hälfte wurde, um die überschüssige Salz- säure zu neutralisiren, mit kohlensaurem Natron versetzt und darauf eingenommen: es waren 3 halbflüssige Stühle erfolgt; der Ausleerung ging auch hier heftiges Leibschneiden voraus. Die andere Hälfte des Filtrates wurde etwa 5-6 Minuten lang mit Vol. Salzsäure von 1,16 sp. Gew. gekocht, darauf der Ueberschuss der Salzsäure durch Diffusion entfernt, und nun die Flüssigkeit mit dem beim Kochen erhaltenen Niederschlage ß eingenommen: es war, ausser einigen Blähungen, keine Wir- kung auf den Darmkanal erfolgt. (Vergl. übrigens weiter unten.) ... UTI 18) Ein ähnliches Resultat wurde stets erhalten, wo man in der olge den Harn, nach dem Einnehmen der wirksamen Substanz oder ihrer Zersetzungsproducte, mit Alkalien prüfte. - - 35 20 TI Il 2. Aus 0,6 Grm. der Substanz a wurde der Niederschlag, wie oben, durch kalte Salzsäure abgeschieden und darauf noch feucht eingenommen: es war keine Wirkung erfolgt. Das Fil- trat dagegen, eingenommen, hatte nach 12 Stunden eine flüs- sige Stuhlentleerung zur Folge. 3. 1,2 Grm. der Substanz a wurde in 1] Unzen Wasser gelöst, die Lösung mit 15 Tropfen Salzsäure von 1,16 sp. Gew. versetzt, der entstandene Niederschlag a abfiltrirt, mit Wasser ausgesüsst, im Vacuum getrocknet und darauf eingenommen: nach 16 Stunden war ein flüssiger Stuhl erfolgt. Das vom eben erwähnten Niederschlage erhaltene Filtrat, dessen Menge 2, Unzen betrug, wurde in einer Kochflasche 2 Stunden auf dem Wasserbade erwärmt, darauf in eine Porcellanschale gegossen und darin zur Trockne eingedampft; es war eine schwarze, pulverige Masse nachgeblieben, welche, eingenommen, nach 19 Stunden einen reichlichen flüssigen Stuhl hervorbrachte. Die wirksame Substanz scheint also eine glukosi- dische Säure zu enthalten, die in ihm an Kalk und Magnesia gebunden vorkommt, aus diesen Verbindun- gen durch Salzsäure abgeschieden werden kann, da- bei aber theilweise gelöst bleibt, und die beim Ko- chen mit concentrirter Salzsäure, in Folge ihrer glu- kosidischen Natur, eine Spaltung in eine gelbgefärbte harzartige Materie und Zucker erfährt. Wie aus dem Versuche 3 hervorgeht, scheint indessen die Säure ein längeres Eindampfen mit verdünnter Salzsäure, ohne in ihrer specifischen Wirkung wesentlich beeinträchtigt zu werden, ertragen zu können. Um nun eine grössere Menge der wirksamen Säure zu erhalten, wurden weitere 6 Pfd. Sennesblätter, und zwar dies- mal Alexandriner-Sorte, in Angriff genommen und daraus das wässerige Extract von oben angegebener Consistenz im genann- ten Vacuumapparat bereitet. Dasselbe wurde, wie oben, mit einem gleichen Volumen absoluten Alkohols versetzt, das Ge- OD TC 3* - - 36 menge tüchtig durchgeschüttelt, und, nachdem sich der Nieder- schlag, bestehend aus Schleim und unwirksamen Salzen, voll- kommen abgesetzt, die klare, dunkelbraune Flüssigkeit decan- tirt. Die aus dieser durch weitere Füllung mit absolutem Al- kohol erhaltene wirksame Substanz wurde noch feucht in we- nig Wasser gelöst und aus der filtrirten Lösung abermals durch absoluten Alkohol gefällt. Nachdem das Gefällte einigemal mit Alkohol von 90 Tr. ausgewaschen war, wurde es wiederum in wenig Wasser gelöst, und die filtrirte Lösung, um etwa noch beigemengte Albuminate zu entfernen, mit 60 Tropfen Salzsäure von 1,12 sp. Gew. angesäuert; der dabei entstandene bräunlich gelbflockige Niederschlag («I) wurde abfiltrirt, und dem Filtrat nun so lange Salzsäure hinzugethan, als noch eine Fällung entstand 19). Der zuletzt erhaltene Niederschlag (a II) unterschied sich in Hinsicht der Farbe im frisch gefällten Zustande nicht wesentlich von dem Niederschlage (a I), sah aber nach dem vollkommenen Auswaschen mit destillir- tem Wasser, bis das ablaufende Wasser weder auf Salzsäure, noch auf irgend eine in der Senna vorkommende bekannte Säure reagirte, braun aus, während jener nach dem Aussüssen eine mehr dunklere Färbung hatte. Beide Niederschläge waren nach dem Trocknen im Vacuum in schwarzen Stücken, von mehr oder weniger matter Farbe, nachgeblieben; auf dem Bruch dagegen waren dieselben meist glänzend schwarz. Die mit dem ( 17 m 10 ---- 19) Aus der mit Salzsäure ausgefällten Flüssigkeit, in welcher, wie früher beschriebene Versuche dargethan hatten, eine namhafte Menge der wirksamen Säure gelöst bleibt, kann ein Theil derselben, wie ich mich nachträglich überzeugte, und ohne dadurch iin geringsten in ihrer purgi- renden Wirkung beeinträchtigt zu werden, auf folgende Weise gewonnen werden: Nachdem der grösste Theil der Salzsäure durch Diffusion aus der fraglichen Flüssigkeit entfernt worden, wird diese Flüssigkeit mit kohlen- saurem Natron neutralisirt, darauf mit Citronensäure stark angesäuert, auf dem Wasserbade auf ein geringes Volumen gebracht, und nun der von ausgeschiedenen Kochsalzkrystallen abfiltrirte Rückstand abermals mit Salz- säure gefällt. 0,1 Grm. der so erhaltenen im Vacuum vorher getrockne- ten Substanz, eingenommen, bewirkten 2 halb flüssige Stühle. - - 37 LOV TTT 1 1 11 Niederschlage a II angestellten physiologischen Versuche erga- ben folgendes Resultat: 0,3 Grm., um 10 Uhr Abends eingenommen, bewirkten am andern Morgen um 8 Uhr den ersten flüssigen Stuhl, wel- cher mit ziemlich heftigem Leibschneiden verbunden war; im Laufe des Vormittags erfolgten noch 3 flüssige Stühle. 0,1 Grm. bewirkten nach 14 Stunden den ersten und 11 Stunden darauf einen zweiten Stuhl; beide Stühle waren halb- flüssig, und gingen ihnen nur geringe Leibschneiden voraus. 0,1 Grm., vorher in kohlensaurem Natron gelöst und darauf eingenommen, hatten schon nach 6 Stunden eine reich- liche flüssige Stuhlentleerung zur Folge, welche mit bedeuten- den Leibschneiden verbunden war. 0,3 Grm. wurden in 5 Drachmen Wasser, welchem 10 Tropfen Kalilösung von 1,26 sp. Gew. zugesetzt waren, gelöst, die Lösung 25 Minuten auf dem Wasserbade erwärmt und dar- auf, nachdem die alkalische Reaction durch Essigsäure vorher neutralisirt worden, eingenommen: es war keine Wirkung auf den Darmkanal erfolgt. Auch hier wäre wiederum die grosse Neigung dieser Substanz , sich beim Kochen mit Alkalien zu zersetzen, dargethan, während nach dem vorigen Versuch Ein- wirkung von kohlensaurem Alkalisalz in der Kälte ertragen wird. Portionen von 0,3 Grm. des Niederschlages a I, be- wirkten, bei mehrmaliger Wiederholung des Versuches, immer nur 2 flüssige Stühle, die nach 12–14 Stunden erfolgten. Die Säure a II, welche wegen ihrer energischeren Wirkung auf den Darmkanal als die reinere angesehen werden musste, wurde behufs weiterer Reinigung, mit heissem Weingeist von 609 Tr. behandelt, worin sie sich vollkommen löste; aus der filtrirten Lösung konnte sie durch Aether gefällt und darauf im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet worden, ohne dass sie durch diese Behandlung in ihrer Wirkung (wie angestellte physiologische Versuche lehrten) beeinträchtigt wurde. Flüssig- keiten wie Aether, Alkohol und Chloroform entzogen ihr keine IN ny I - - 38 D fremden Bestandtheile. Die sonstigen Eigenschaften der wie oben beschrieben dargestellten und jetzt für rein angenommenen Säure sind: Sie ist anfänglich geschmacklos; späterhin, wenn sie sich im Speichel - welcher dabei stark braun gefärbt wird - gelöst hat, ist der Geschmack ein saurer, etwas zusammenziehender. In Wasser, ebenso in Alkohol von 94 0 Tralles löst sie sich fast gar nicht, leicht dagegen in Weingeist von 40—600 Tr., namentlich beim Erwärmen; in Aether ist sie ganz unlöslich. Aus einer weingeistigen Lö- sung wird sie durch anorganische Säuren, weniger durch Wein- säure, Oxalsäure, Essigsäure und Citronensäure, nicht aber durch Gerbsäure, zum Theil wieder in bräunlichen Flocken gefällt. Wird aber eine solche weingeistige Lösung mit nicht gar zu verdünnter Salz- oder Schwefelsäure zum Kochen er- hitzt, so scheidet sich jenes oben erwähnte gelbliche Zersetzungs- produkt ß aus, während im Filtrat Zucker nachzuweisen ist. In Alkalien, so wie in kohlensauren Alkalien, in letzteren un- ter Entbindung von Kohlensäure, löst sich die Säure leicht mit dunkelbrauner Farbe auf; aus diesen Lösungen wird sie durch Säuren wieder unverändert gefällt. — Wird aber eine solche alkalische Lösung einige Zeit gekocht, so scheiden sich auf Zu- satz von Salz- oder Schwefelsäure nicht mehr bräunliche, son- dern schwärzliche Flocken aus, während zugleich die Entwicke- lung von Schwefelwasserstoff erkannt wird. Im Filtrat von eben erwähnten Flocken ist, selbst wenn das vorhergegangene Kochen nur eine kurze Zeit gedauert hat, kein Zucker nachzu- weisen. Eine kalt bereitete neutrale Auflösung der Säure in Am- moniak verhält sich Reagentien gegenüber wie folgt: 1) Salpetersaures Silberoxyd giebt einen bräunlichen, flocki- gen Niederschlag, welcher sich beim Kochen nicht schwärzt 2) Zinnchlorür bringt einen flockigen Niederschlag von gelbbräunlicher Farbe hervor; ähnliche Niederschläge geben auch Quecksilberchlorid und schwefelsaures Kupferoxyd. ! S YO - - 39 3) Essigsaures Bleioxyd giebt sowohl in einer ammonia- kalischen als auch weingeistigen Lösung der Säure einen röth- lichbraunen flockigen Niederschlag, welcher sich in Essigsäure leicht löst. 4) Brechweinstein, Gerbsäure, Ferro- und Ferrideyanka- lium bringen keine Fällungen hervor. 5) Erhitzt man etwas der Säure in einer an einem Ende zugeschmolzenen Glasröhre, so sublimirt ein gelber ölartiger Körper; auf Platinblech erhitzt, zersetzt sie sich unter Aufblä- hen, ohne zu schmelzen, und hinterlässt eine schwer verbrenn- liche Kohle. 6) Keine einzige krystallinische Verbindung dieser Sub- stanz konnte dargestellt werden. 7) Als Minimaldosis, in der nach Genuss dieser Sub- stanz dieselbe ihre Wirkung sicher äussert, kann 0,1 Grm., also etwa 1. Gran, angesehen werden. Für dieses wirksame Princip der Sennesblätter schlage ich vor, den bereits von Baumbach für seine vermeintliche wirksame Substanz der genannten Drogue gewählten Namen „Cathartinsäure“ beizubehalten. Für das daraus hervorgehende Spaltungsprodukt ß, wel- ches sich, wie aus den nachstehend erwähnten Eigenschaf- ten desselben hervorgeht, gleichfalls wie eine schwache Säure verhält, bringe ich dagegen die Bezeichnung Cathartogenin- säure in Vorschlag. Dieselbe war erhalten worden, indem eine weingeistige Lösung der Cathartinsäure mit Vol. Salzsäure von 1,16 sp. Gew. etwa 2 Minuten lang gekocht wurde; der erhaltene Niederschlag, das Spaltungsprodukt vorstellend, wurde abfiltrirt, mit destillirtem Wasser vollkommen ausgesüsst und darauf im Va- cuum getrocknet. Die Cathartogeninsäure stellt, zerrieben, ein schmutzig gelbbraunes Pulver von folgenden Eigenschaften dar: Sie hat einen schwach sauren, zusammenziehenden Ge- schmack, krystallisirt nicht, ist unlöslich in Wasser und Aether, löslich in Alkohol von 940 Tr., desgleichen in verdünntem usal - - 40 Weingeist. Ihre weingeistige Lösung röthet schwach das blaue Lackmuspapier; aus einer solchen Lösung ist sie durch die bei der Cathartinsäure erwähnten Säuren gleichfalls fäll- bar, und zwar in gelbbräunlichen Flocken. In Alkalien, so- wie in kohlensauren Alkalien löst sie sich mit einer dunkel- braunen Farbe auf und wird aus diesen Lösungen durch Säu- ren wieder gefällt. Beim Erhitzen auf Platinblech zersetzt sie sich unter Auf- blähen, ohne zu schmelzen, und hinterlässt eine sehr schwer verbrennliche Kohle. In einer engen Glasröhre erhitzt, sublimirt ein gelber öl- artiger Körper, während sich zugleich ein eigenthümlicher, gebratenen Zwiebeln nicht unähnlicher Geruch entwickelt. In ciner ammoniakalischen Lösung der Cathartogenin- säure bringen die bei der Cathartinsäure angeführten Metall- salze ebenfalls amorphe, röthlichbraune Niederschläge hervor. Brechweinstein, Gerbsäure, Ferro- und Ferridcyankalium geben auch hier keine Fällungen. -- Was die physiologische Wirkung der Cathartogeninsäure betrifft, habe ich zwar oben eines Versuches erwähnt, bei dem sie nicht gewirkt hatte, in- dessen scheint dieselbe dennoch nicht immer unwirksam zu sein, wenigstens hatte eine Gabe von 0,3 Grm. der, wie eben be- schrieben, dargestellten Säure binnen 6 Stunden 3 halbflüssige Stühle mit geringen Leibschneiden zur Folge gehabt. Es scheint als wäre, wenn bei ihrer Abscheidung aus der Cathartinsäure schon ein 5—6 Minuten langes Kochen angewendet worden, die Wirkung auf die Defäcation soweit beeinträchtigt, dass wenigstens in diesen Dosen dieselbe nicht mehr nachweisbar, obgleich auch dann noch die Säure in ihren sonstigen Eigen- schaften mit der eben beschriebenen übereinstimmt. Die Analyse der in Rede stehenden Substanzen hatte fol- gende Resultate ergeben: ( - - 41 A. Analyse der Cathartinsäure. Die Säure war bei 110° getrocknet. I. C- und H-Bestimmung mit chromsaurem Bleioxyd und vorgelegtem Kupfer. 0,407 Grm. gaben 0,860 CO2 = 57, 6 28 pC. C und 0,1915 HO= 5,228 PC.H. . 0,387 Grm. gaben 0,815 CO2 = 57,516 PC. C und 0,167 HO =4,795 pС. H. 0,3667 Grm. gaben 0,7763 CO2 = 57,781 pc. C und 0,1678 HO = 5,084 pC. H. II. N-Bestimmung durch Verbrennen mit Natronkalk. 0,517 Grm. gaben 0,122 Platinsalmiak = 1,485 pC. N. 0,544 Grm. gaben 0,1305 Platinsalmiak = 1,510 pC. N. III. S-Bestimmung durch Glühen mit einem Gemenge von kohlensaurem Natron und chlorsaurem Kali. 0,8532 Grm. in einem Silbertiegel geglüht, gaben 0,03245 Bao 80% = 0,5223 pC. S. 0,7913 Grm. in einer Verbrennungsröhre geglüht, gaben 0,05145 BaO SO3 = 0,891 PC. S. 20). IV. Atomgewichtsbestimmung mit einem Blei- und einem Silbersalz. Dieselben waren erhalten worden durch Doppel- zersetzung von einer neutralen ammoniakalischen Lösung der Cathartinsäure mit essigsaurem Bleioxyd resp. salpetersaurem Silberoxyd. 0,598 Grm. des bei 110 getrockneten Bleisalzes gaben 0,2595 Pb0= 43,227 pc. 0,247 Grm, des bei 100" getrockneten Silbersalzes gaben 0,0775 Silber = 33,74 pC. Ago. Ona 21 20) Da es bei den mit den verschiedensten Proben der Cathartin- saure angestellten Prüfungen nie möglich gewesen, einen Gehalt an Schwe- Telsäure zu constatiren, sie dagegen mit Kali und dann mit Säuren behan- delt Schwefelwasserstoff giebt, so muss ich den Gehalt an Schwefel für wesentlich erklären. . . - - 42 V. Bestimmung der Menge des Zuckers. 0,493 Grm. wurden in Weingeist von 400 Tr. gelöst, die Lösung mit } Volumen Salzsäure von 1,16 sp. Gew. etwa 2 Minuten lang gekocht, darauf filtrirt, und im Filtrat der Zucker mittelst Fehling'scher Kupferlö- sung bestimmt. Es waren erhalten worden 0,14976 Zucker = 34,115 pC. B. Analyse der Cathartogeninsäure. Dieselbe war bei 110° getrocknet. . -.- I. C- und H-Bestimmung mit chromsaurem Bleioxyd und vorgelegtem Kupfer. 0,519 Grm. gaben 1,1815 C0* = 62,086 pc. C und 0,2226 HO=4,765 PC. H. II. N-Bestimmung durch Verbrennen mit Natronkalk. 0,462 Grm. gaben 0,1805 Platinsalmiak = 2,458 pC. N. III. S- Bestimmung durch Glühen mit einem Gemenge von kohlensaurem Natron und chlorsaurem Kali in einer Ver- brennungsröhre. 0,6625 Grm. gaben 0,05125 BaO SO3 = 1,0615 PC. S. Mit Zugrundelegung der nach der 2. Bestimmung für die Cathartinsäure erhaltenen Schwefelmenge müsste der gefundene Procentgehalt der Cathartogeninsäure an Schwefel 1,352 betra- gen; statt dessen sind aber nur, wie aus der Analyse zu er- sehen, 1,0615 pC. erhalten worden. Es musste also angenom- men werden, dass beim Kochen der Cathartinsäure mit Salz- säure, behufs Abscheidung der Cathartogeninsäure, ein Theil des Schwefels in Form secundärer Zersetzungsprodukte, etwa als Schwefelwasserstoff entwichen sei. Diese letztere Voraus- setzung wurde durch den Versuch bestätigt, indem Bleipapier über einem Kölbchen, in welchem Cathartinsäure mit Salzsäure gekocht wurde, gehalten, sich schwärzte. S ---- 43 - Versuchen wir die analytischen Ergebnisse in Procenten zusammenzustellen, so kommen wir zu folgenden Zahlen: 100 Theile Cathartinsäure enthalten: I. II. III. C... 57,628 57,516 57,781 H... 5,228 4,795 5,084 N... 1,485 1,510 S... 0,5223 0... 35,1367 35,288 100 Theile derselben Säure zerfallen mit Salzsäure ge- kocht in: Cathartogeninsäure 65,885 Zucker ....... 34,115. 100 Theile Cathartogeninsänre enthalten: C...... 62,086 H ... ... 4,765 N...... 2,458 S...... 1,0615 (1,352) 0...... 29,6295. Man muss fast Anstand nehmen, die folgenden Formeln, die sich aus den Resultaten der Analysen berechnen, aufzu- stellen. Der Gedanke, dass eine achtbasische Säure vorhan- den, macht in der That misstrauisch; indessen gewähren die nach- stehenden Formeln einen Ausdruck für die erlangten Thatsachen. Es berechnet sich für die Cathartinsäure die Formel C 180, H 96 082 N2 S. Versuch Theorie C 180 ... 57,57 .... 5,12 ( 82 .... - N2..... 1,50 S ..... 0,85 I. 57,628 5,228 II. 57,516 4,795 III. 57,781 5,084 1,485 0,5223 1,510 0,891 - - 44 ( Nach dieser Formulirung wäre, wie angedeutet, die Säure eine achtbasische, und hätte demnach das Silbersalz die Zu- sammensetzung: 8 Ago, C180 H 88 074 N2 S; das Bleisalz würde als ein basisches zu betrachten sein von der Zusammen- setzung: 8 PbO, C 180, H 88 ( 74 N2 S + 4 PbO. Aeq. berechnet gefunden C 180 H 88 0 74 N2S 1804 66,04 8 Ago 928 33,96 33,74 C180 H 88 074 N2S 1804 57,44 12 PbO 3143,2 42,60 43,227. . Für die Cathartogeninsäure berechnet sich aus den erhal- tenen Daten die Formel ( 128 H 58 ( 46 N2 S. Theorie Versuch C 128 ... 62,036 62,086 H 58 ... 4,68 4,765 046 ... - N2.... 2,26 2,458 S ..... 1,29 1,0615 (1,352). Endlich nach den in der Analyse A V gegebenen Zahlen zerfällt 1 Atom Cathartinsäure unter Aufnahme der Elemente von 8 HO in 4 Atome Zucker und 1 Atom Cathartogeninsäure. Atomgewicht der Cathartinsäure . . . 1876 8 HO ................... 72 1948 Atomgewicht der Cathartogeninsäure 1238 4 C22 H12 0,2 ............. 1958 Indem ich für's Erste meine Untersuchungen über den wirksamen Bestandtheil der Sennesblätter schliesse, mir aber deren baldige Fortsetzung vorbehalte, kann ich nicht ver- schweigen, dass vorläufige, im hiesigen pharmaceutischen In- stitut angestellte Versuche mit Rhabarber und Faulbaumrinde zu dem Schluss geführt haben, dass auch in diesen als wirk- -- - - TTT - -- 45 S S samer Stoff ein demjenigen der Senna überraschend ähnlicher, vielleicht identischer Bestandtheil anzunehmen ist. Die Ab- scheidung desselben gelingt in analoger Weise wie bei der Senna. Eingehendere Versuche, welche hoffentlich bald zum Abschluss gelangen werden, werden, wie zu erwarten steht, auch weiteres Verständniss auf die Constitution der vorliegen- den Substanz werfen. Von jenem ausgehend, dürfen wir hoffen, namentlich manche uns jetzt bei diesem unwahrscheinlich dün- kende Verhältnisse der Constitution etc. in günstigeres Licht gestellt zu sehen. wenn in der neueren Zeit von Einzelnen behauptet worden ist, die Chrysophansäure sei das eigenthüm- liche die Heilkraft der Senna bedingende Princip, diese Behauptung durch meine Untersuchungen voll - kommen widerlegt wird. Ueber einige andere Bestand- theile der Senna. Die weingeistigen Lösungen, aus welchen der wirksame Bestandtheil in den vorigen Versuchen im gebundenen Zustande abgeschieden war, wurden dazu benutzt, um aus ihnen den Farbstoff, welcher bekanntlich nach Martius Chrysophan- säure sein soll, und etwa vorhandenen Zucker darzustellen. 17 TI LU U A. Ueber das Chrysorethin Bley und Diesel's (Chrysophan- säure nach Martius, Batka u. A.) Es wurde zunächst aus den genannten Lösungen der Wein- geist durch Destillation entfernt, der wässerige Rückstand zur Extractconsistenz eingedampft, und das erhaltene Extract, wel- ches einen aromatischbitteren Geschmack hatte, mit immer neuen Mengen Aether so lange geschüttelt, bis derselbe sich nur schwach gelb färbte. Aus den vereinigten ätherischen Auszügen wurde darauf das Lösungsmittel abdestillirt, und der Rest des letzteren durch freiwillige Verdunstung verjagt; es war eine ölige, braungelbe, aromatisch riechende, sehr bitter schmeckende Materie hinterblieben, welche, unter dem Mikro- skop betrachtet, eine grosse Menge rothbrauner, warziger Krystalle zeigte, die ausserdem von weissen nadelförmigen Krystallmassen, die sich als freie Fettsäure zu erkennen gaben (Mangarinsäure?), umgeben waren. Diese braungelbe Materie, von Blei und Diesel SD * - -- 47 mit dem Namen Chrysoretin bezeichnet, wurde wiederholt mit kaltem Weingeist von 609 Tr. extrahirt; die olig-harzige Sub- stanz, an welcher der eigenthümliche aromatische Geruch haf- tete, war dadurch vollständig entfernt worden. Der Rückstand, die Fettsäure und den grössten Theil des Farbstoffes enthaltend, bildete jetzt ein gelbes Pulver, dessen Aussehen demjenigen der Chrysophansäure nicht unähnlich war. Dieser Rückstand gab, mit kaltem Ammoniak haltigem Wein- geist behandelt, diesem den Farbstoff vollständig ab, während die Fettsäure unlöslich zurückblieb. Die weingeistige Lösung wurde, nachdem sie vorher mit Salzsäure neutralisirt worden, im Was- serbade zur Trockne gebracht, der Rückstand mit Wasser aus- gewaschen, darauf in heissem Weingeist von 941 Tr. gelöst, und die filtrirte Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen; es hatte sich ein kleiner Theil des Farbstoffes in Warzen abgesetzt, während der grösste Theil schon beim Erkalten der Lösung im amorphen Zustande sich ausgeschieden hatte. Beim Eindampfen der Mutterlauge zur Trockne wurde noch eine geringe Menge desselben Farbstoffes erhalten. Die Menge des Farbstoffes, die ich auf diese Weise aus 6 - 8 Pfd. Senna erhalten hatte, betrug höchstens 0,4 Grm. Die Eigenschaften dieses Farbstoffes stimmen mit denen der Chrysophansäure fast vollkommen überein, nur hat derselbe eine röthlichbraune Farbe und wird selbst aus einer concen- trirten weingeistigen Lösung auf Zusatz von Aether nicht ge- fällt, obgleich das letztere Lösungsmittel nur höchst geringe Mengen davon aufnimmt 21). 0,2535 Grm. bei 100° getrocknete Substanz mit Kupfer- oxyd verbrannt, lieferten 0,579C02 = 61,563 pc. C und 0,123 HO = 5,328 pС. H. UU 21) Ich muss übrigens gestehen, dass bei Wiederholung dieses Ver- suches init angeblich reiner Chrysophansäure dasselbe Resultat erlangt wurde. - - 48 10 LIU DU Daraus berechnet sich die Formel C10H5 04 Theorie Versuch C10 ... 61,86 61,563 HS ... 5,15 5,328 04 ... 32,99 38,109 Die Chrysophansäure besteht nach Rochleder und Heldt aus: C. ... 68,45 H.... 4,56 0.... 26,99 Sie stellten dafür die Formel C10 H+ 03 auf. Der von mir dargestellte Farbestoff liesse sich demnach als C''H+03 + HO, d. i. Chrysophansäure + Wasser betrachten. Ich muss es dahingestellt lassen, ob, wie zu vermuthen, beide Stoffe identificirt werden können. Wenn nun in der jüngsten Zeit Batku. 22) „reine Chrysophansäure“ aus den Sennesblättern dadurch erhalten haben will, dass er dieselben mit Aetzkalilauge behandelte, das Filtrat mit Salzsäure ausfällte, den ausgewaschenen und darauf getrockneten Niederschlag mit Chloroform auszog und den Auszug verdampfte, wobei die Chrysophansäure in gelben kör- nigen Krystallen rein zurückgeblieben sein soll: so habe ich dagegen zu erwidern, dass ich diese „Methode Chrysophan- säure darzustellen“ allerdings auch versucht habe, allein den beim Verdunsten des Chloroforms hinterbliebenen Rückstand nicht aus „reiner Chrysophansäure“, sondern grösstentheils aus einer weissen wachsartigen Materie, dann freier Fettsäure und einer grünlichen, ölig-harzartigen Substanz, die allerdings Spu- ren jenes von mir untersuchten Farbstoffes (Chrysophansäure?) zu enthalten schien, - bestehend fand. Letzterer Versuch wurde mit 2 Pfd. Tinnevelly-Blättern angestellt. 2 22) Chemisches Centralblatt. 1864. N 39. . -- -- 49 B. Ueber eine zuckerartige Substanz der Senna. en 120. CDL ULA 1 UJU D Der Rückstand vom Extract, aus welchem der Farbstoff mittelst Aether ausgezogen war, bestand der Hauptsache nach aus den von Ludwig dargestellten Glycosiden, Sennepikrin und Sennacrol, neben bereits zersetzter wirksamer Substanz. Ausserden enthielt derselbe die gleich zu beschreibende zucker- artige Substanz. Zur Gewinnung der letzteren diente folgen- der Weg: Der eben erwähnte Rückstand wurde wiederholt mit Weingeist von 900 Tr. extrahirt, aus den weingeistigen Aus-. zügen das Lösungsmittel abdestillirt, und der wässerige, syrup- artige Rückstand, welcher von bräunlicher Farbe war, zuerst mit neutralem, darauf basischem Bleiacetat ausgefällt. Die vom Bleiniederschlage abfiltrirte Flüssigkeit wurde, nachdem daraus vorher das überschüssige Blei durch Schwefelwasser- stoff entfernt worden war, auf dem Wasserbade zur Syrups- consistenz eingedampft, die hinterbliebene Masse, welche einen süsslichen , hinterher bitterlichen Geschmack hatte, mit absolu- tem Alkohol überschichtet und unter einer Glasglocke stehen gelassen; es hatte sich nach einigen Tagen eine grosse Menge warzenförmiger Krystalle ausgeschieden, welche von der syru- pösen, bitterlich schmeckenden Mutterlauge getrennt und dar- auf zwischen Fliesspapier ausgepresst wurden. Die erhaltenen Krystalle waren noch etwas gelblich gefärbt. Sie wurden dess- halb in Wasser gelöst, die Lösung mit frisch geglühter Wein- steinkohle 24 Stunden digerirt, darauf filtrirt, und das Filtrat zur Syrupsconsistenz eingedampft ; aus der jetzt farblos hinter- bliebenen Masse hatten sich, nach der Ueberschichtung mit ab- solutem Alkohol, nach einigen Tagen vollkommen farblose Kry- stalle der fraglichen Zuckerart abgeschieden. Die Eigenschaften dieser in Warzen krystallisirenden zu- ckerartigen Substanz sind: Sie hat einen ebenso süssen Geschmack wie der Rohrzu- cker, löst sich leicht in Wasser, weniger leicht in Weingeist, ist unlöslich in Aether und absolutem Alkohol. Sie entwickelt beim Erhitzen keinen Caramelgeruch, ist der geistigen Gährung nicht fähig, dreht die Polarisationsebene des Lichts um 51,39 nach rechts. 23) Eine wässerige Lösung verhindert die Fällung des Kupferoxydes durch Alkali, redu- cirt aber ersteres, selbst nach vorhergegangenem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure, nicht. Auch Quecksilber-, Platin- und Goldlösungen, desgleichen wässeriges und ammoniakali- sches salpetersaures Silberoxyd werden von ihr beim Erhitzen nicht reducirt. Die Ergebnisse der Elementaranalyse dieser Substanz, nach- dem dieselbe bei 110° vorher getrocknet worden, sind: 0,475 Grm. (aus Tinnevelly-Senna erhalten) mit Kupfer- oxyd verbrannt gaben 0,317 HO= 7,415 PC. H und 0,723 CO2 = 41,517 pc. C. 0,6206 Grm. (aus der Alexandriner-Senna erhalten) gaben 0,4144 H0 = 7,419 pC. H und 0,9525 CO2 = 41, 858 PC.C. Diess führt zu der Formel C 42 H 14 () 38 nach der Ver- gleichung: gefunden وه berechnet I. II. C 42 ....42,- 41,517 41,858 H 44 .... 7,33 7,415 7,419 (38 . . . . 50,67 51,068 50,723 Dieser, sowohl der empirischen Zusammensetzung, als den angeführten Eigenschaften nach am meisten noch mit dem Man- nit und diesen ähnlichen Körpern correspondirenden zucker- artigen Substanz gebe ich den Namen Cathartomannit. o 23) Berechnet nach der Biot'schen Formel [a]j=1 beobachtet a=6, 4, 1=1, E= 1,10392 und 7 = 0,12009. : Es wurde www.vertec Our . Theses. man- 1. Die Cathartinsäure ist das wirksame Princip in den 3 Purgirpflanzen: Cassia Senna, Rheum und Rhamnus frangula. 2. Das Aporetin von Schlossberger und Döp- ping ist theilweise zersetzte Cathartinsäure. 3. Zeitgemäss wäre es, das officinelle Bitterman- delwasser durch Zusammenmischen der dasselbe zusammensetzenden Bestandtheile darzustellen. 4. Der Mannit ist ein 6 atomiger Alkohol. 5. Das Hahnemann'sche Präcipitat ist eine Amid- verbindung. 6. Die Formel Cum no, so: für Cuprum ammo- niatum ist die richtige. (HHN) - - - - - . 5 Beitrag zum forensisch - chemischen Nachweis Hydrochinon und Arbutin im Thierkörper. mingidora Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doctors der Medicin verfasst und mit Bewilligung Einer Hochverordnelen Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität zu Dorpat zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt von Hugo Laurentz, Rigenser. Ordentliche Opponenten: Prof. Dr. R. Kobert. – Prof. Dr. B. Körber. - Prof. Dr. G. Dragendorff, Dorpat. Schnakenburg's Buchdruckerei. 1886. ..- --- --- - - - - - - - - . . - - - . '. V . ------ - ----... - -- - --- - . . -------. ... - - - ..-- : : -- . No. 172. Dorpat, den 12. Mai 1886. Referent Professor Dr. G. Dragendorff. Gedruckt mit Genehmigung der medicinischen Facultät. Decan: Raehlmann. . --- . -. . . . - MEINEN ELTERN - .- - IN LIEBE UND DANKBARKEIT GEWIDMET. ' > L WIL Deide von mir in Bezug auf ihr Verhalten im lebenden Organismus und ihre Ausscheidung aus dem- selben untersuchten Arzneimittel beanspruchen vom forensischen Gesichtspunkte aus nur ein sehr geringes Interesse, in sofern, als wohl schwerlich eine Intoxi- cation durch einen der beiden Stoffe vorkommen dürfte. Dieses ist bedingt durch die noch sehr seltene An- wendung, sowohl des Hydrochinon, als auch des Arbutin, sowie durch die Grösse der Menge, welche im mensch- lichen Körper erst eine Vergiftung hervorzurufen im Stande ist. Immerhin jedoch ist die Möglichkeit einer Intoxi- cation nicht völlig ausgeschlossen, zumal bei eventuell häufigerer Benutzung der beiden Mittel in der Medicin. Ferner könnten neben anderen, für einen be- stimmten Körper typischen Reaktionen auch die des Hydrochinon oder Arbutin sich einmal zeigen, wenn -- diese Stoffe zu therapeutischen Zwecken vorher be-.. nutzt worden sind und sich aus anderen Gründen eine gerichtlich-chemische Untersuchung als nothwendig er- weisen sollte. Dann ist doch der genaue Nachweis derselben für den Gerichtsarzt von Wichtigkeit, um Irrthümer auszuschliessen. = NV - --- - - . . A. Hydrochinon. nen Aus dem 1838 von Woskressensky entdeckten Chinon stellte Wöhler 1) 1844 durch Wasser- stoffzufuhr das farblose Hydrochinon dar. Er giebt an, dass dasselbe das Hauptprodukt der trockenen Destillation der Chinasäure sei und findet durch seine Untersuchungen folgende Eigenschaften des neuen Körpers: Wenn man Hydrochinon plötzlich stark er- hitzt, so zersetze es sich in Chinon und grünes Hy- drochinon. Das letztere erhielt er auch aus dem farblosen durch Wasserstoffentziehung, am besten je- doch bei Zusatz von Eisenchlorid, als grüne, metall- glänzende Prismen. Chlorgas, salpetersaures Silber und andere Oxydationsmittel lassen bei ihrer Ein- wirkung auf farbloses Hydrochinon dieselbe Umwand- lung beobachten. Kommt endlich farbloses Hydro- chinon und Chinon in Lösung zusammen, so entsteht sogleich das grüne Hydrochinon, das sich in Ammoniak: 1) Wöhler: Untersuchungen über das Chinon. – Liebigs Annalen der Chemie und Pharmacie. Jg. 1844. - - - - mimo * n .'.. . . . ? mit tief grüner Farbe, die sogleich an der Luft braun wird, löst. Umgekehrt verwandelte er das grüne in farbloses Hydrochinon durch schweflige Säure. Als ferner Ka walier im Jahre 1852 aus den Blättern der Arctostaphylos uva ursi das Arbutin her- stellte, beobachtete er bei der Behandlung desselben mit Emulsin eine Spaltung in Traubenzucker und einen Körper, den er Arctuvin nannte. Strecker, der die beiden Substanzen genauer untersuchte, fand, dass das von Kawalier aus dem Arbu- tin durch Einwirkung von Emulsin entstandene Arctuvin, welches er ausserdem noch beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure erhalten konnte, nichts weiter sei als Hydrochinon und dass es in jeder Beziehung mit dem bereits früher von Wöhler beschriebenen identisch sei. Das Hydrochinon ist seitdem recht oft in Bezug auf sein Verhalten als chemischer Körper, noch mehr als Arzneistoff und auf seinen Gebrauch in pathologischen Zuständen untersucht worden. Während letztere Untersuchungen als nicht in den Rahmen dieser Arbeit hineinpassend von mir nicht angeführt werden sollen, will ich erstere in kurzer Uebersicht hier wiedergeben, wobei ich mit Bedauern bemerken muss, dass über die Art und Weise der Ausscheidung und das Verhalten des Hydrochinon im S SA . . BOOS 30.- 2) A. Strecker: Ueber das Arbutin und seine Umwand- lungen. – Liebigs Annalen Jg. 1858. . .. w نعطي . 2 . S 11 - Körper mir keine Originalarbeit zu Gebote stand, son- dern ich mich auf Berichte in den verschiedenen medi- cinischen Sammelwerken beschränken musste. Folgendes ist das Hauptsächlichste, dem auch ich mich, so weit ich das chemische Verhalten und die sonstigen Eigenschaften des Hydrochinon geprüft habe, anschliessen kann: Der von mir untersuchte Körper gehört zur Gruppe der aromatischen Verbindungen und ist ein Paradioxybenzol mit der chemischen Formel C6H602. Ausser den von den ersten Untersuchern angeführten Herstellungsweisen finde ich noch mehrere andere genannt, wie z. B. die Oxydation der China- säure mit Bleisuperoxyd, ferner vorsichtiges Erhitzen von Anilin (1 Thl.) mit chromsaurem Kali (21/2 Thle.) und Schwefelsäure (8 Thle. Säure auf 30 Thle. Wasser), wobei als Zwischenprodukt Anilinschwarz entsteht. Zugleich bildet sich hierbei Chinon, welches durch schweflige Säure zu Hydrochinon reducirt wird. Beim Umkrystallisiren aus Wasser erhält man nun reines Hydrochinon. Dasselbe ist dimorph; die stabile Form krystal- lisirt mit wässriger Lösung in langen, hexagonalen Prismen, die labile wird beim Sublimiren erhalten und bildet monokline Blättchen. Der Schmelzpunkt wird verschieden angegeben und liegt zwischen 169-172°C., das spec. Gewicht ist 1,326. In Wasser, Alkohol und Aether sind die Krystalle leicht löslich. Durch Oxy- dationsmittel wird das farblose Hydrochinon leicht in - - - - - - 12 . no WT IT Chinon übergeführt, wobei sich das grüne Hydro- chinon (Chinhydron) als Zwischenprodukt bildet. În 1 procentiger Lösung verhindert Hydrochinon nach den Untersuchungen von Brieger3) die Eiweiss- fäulniss und hemmt die Alkoholgährung. Baumann und Preusse 4) erwiesen, dass bei der Einführung von Phenol in den Körper im Harne Hydrochinon nachzuweisen sei. Um zu erfahren, ob das Auftreten desselben mit der Farbe des Carbol- harns in Zusammenhang stehe, gaben sie einem Hunde reines Hydrochinon mit dem Futter und erzielten dadurch einen Harn, welcher in exquisiter Weise die grünlich braune Färbung des Carbolharns darbot und bei der Analyse Hydrochinonschwefelsäure lieferte. Da die Salze dieser Säure aber farblos sind, so kann die dunkle Farbe des Harns nicht darin ihren Grund haben. Diese Färbung beruht vielmehr, wie sich zei- gen liess, auf weiterer Oxydation, welche ein Theil des Hydrochinon im Thierkörper erfahren hatte und durch welche mehrere braune Produkte gebildet wor- den waren. Beim Stehenlassen wird der bisher grünbraune Harn von der Oberfläche her allmählig schwarzbraun und beruht diese Verfärbung auf Spaltung der Hydro- . un - PERB - - WIVUL - - SIYLA 3) L. Brieger: Das physiol. Verhalten des Resorcin, Hydro- chinon etc. im Thierkörper. - Du Bois-Reymonds Archiv 1879 Suppl. Bd. S. 61. 4) Schmidt's Jahrbücher der gesammten Medicin. Jg. 1882, S. 238. VADO 13 -- -- chinonschwefelsäure und Oxydation des freigeworde- nen Hydrochinon. : Fügt man zu frischem Harn eine kleine Menge Hydrochinon, so beginnt nach einiger Zeit auch diese dunkle Färbung von der Oberfläche her sich einzustellen. Schliesslich erwähne ich noch die Versuche von Weyl und Anrép 5) betreffend die Einwirkung der 1 .. Dioxybenzole auf Blut. Es ergab sich, dass schon geringe Mengen Hydrochinon, nachdem 15 Minuten bei 300 digerirt worden war, das Oxyhämoglobin des normalen Blutes schnell in Methämoglobin überführen, wobei das Blut gelblich wird, während beim Kohlen- oxydblut in keiner Weise eine Veränderung eintritt. 5). Weyl und Anrep: Archiv für Anatomie und Physiolo- gie 1880, S. 227. -. ---- -- -- -- -- -- -- ---- S: --. ---, I. Die Reaktionen des Hydrochinon. SU Ich stellte mir alkoholische Lösungen von je 1 milligr., %10 und %50 milligr. Hydrochinon her und prüfte die Reaktionen nach dem Verdunsten des Al- kohols an den krystallinischen Rückständen auf den Uhrschälchen. Wie aus Folgendem ersichtlich, beruht ein nicht geringer Theil der Reaktionen und zwar gerade der- jenige, dessen ich mich bei meinen Versuchen am eigenen oder Thierkörper vorzüglich bediente, auf der Umwandlung des farblosen Hydrochinon in grünes oder aber in Chinon, welches letztere an seinem äusserst charakteristischen, stechenden, entfernt jodähnlichen Geruch erkennbar ist. * Die den Farbenreaktionen beigefügten Zahlen sind sämmtlich der internationalen Farbenscala von Radde entnommen. eine noch bei 1/50 milligr. überaus deutliche Vio- lettfärbung 24°, die sehr bald nachdunkelt 24", um allmählig vom Rande aus grün 91 zu werden. Sr. . ur m 15 < KAL Q1 - .. Bromdämpfe. Feuchte ich die krystallinischen Hydrochinonrückstände vorsichtig mit Wasser an und setzte das Uhrschälchen unter die Bromglocke, so tritt sehr rasch eine graue Färbung ein. Un- ter dem Mikroscop zeigt sich diese graue Farbe als bedingt durch Bildung grünen Hydrochinons, welches in schönen schwärzlichen, strahlen- und büschelförmig angeordneten Krystallnadeln mit grünem Schiller wahrnehmbar ist, die bei Zusatz eines Tropfens Ammoniak intensiv grün 16 wer- den, um jedoch fast sogleich die braune Farbe 3f anzunehmen. Die Reaktion ist noch bei 750 milligr. deutlich. LV M A LL 3) Chlorwasser oder seine Dämpfe bewirken genau das unter Nr. 2 eben Beschriebene, nur ist die Färbung auf Ammoniakzusatz weniger schön. Auch hier lässt sich der Vorgang noch bei 1/60 milligr. beobachten. . F E LI LS. 34 . .C':-* ' .' - 4) Brombromkalium (verdünnte Lösung) giebt noch bei 1/50 milligr. Krystalle von grünem Hydro- chinon und auf Zusatz eines Tropfens Ammoniak eine grüne Farbe, die sich bald bräunt. Die Reak- tion ist somit ganz analog der unter Nr. 2 und 3 genannten. 5) Jodjodkalium in ebenfalls verdünnter Lösung zeigt dasselbe Verhalten wie das eben angeführte Rea- gens Nr. 4 resp. Nr. 2 und 3. -* -** 7.*- * 16 i : . AV mmmm A.CZ 6) Chlorkalkwasser lässt augenblicklich schön dunkel- grüne Hydrochinonkrystalle 16h entstehen, die sich bald braun färben, um allmählig mit überschüssi- gem Chlorkalkwasser eine farblose Lösung dar- zustellen. 1/50 milligr. zeigt noch die Reaktion. 7) Salpetersaures Silberoxyd. Löse ich das Hydro- chinon unter Erwärmen in Wasser auf und setze AgNO, in Lösung hinzu, so entsteht alsbald eine durch weiteres Erwärmen noch rascher auf- tretende Fällung von schwarzer Farbe und cha- · rakteristischem Chinongeruch. Das Reagens wirkt noch bei 750 milligr. 8) Eisenchloridlösung auf die Verdunstungsrückstände in trockenem Zustande oder in unter Erwärmen hergestellter Lösung einwirkend, führt bei sehr geringem Zusatz eine Umwandlung in grünes Hydrochinon, bei grösserem eine in Chinon herbei. Auch bei 150 milligr. deutlich. 9) Concentrirte Schwefelsäure löst das Hydrochinon farblos auf. Setze ich nun Salpetersäure hinzu, so zeigt sich die grüne Farbe 15€ auf einen Augenblick, um bald einer braunen Platz zu machen. Die Reaktion ist bei 10 milligr. an- gedeutet, während sie bei 1/50 versagt. 10) Concentrirte Schwefelsäure mit Zusatz von sehr wenig Eisenchloridlösung giebt bei stärkerem Erhitzen auf dem Uhrschälchen eine schön oliven- . - 17 PRUS ! M : - - ... - - - - SU - S33. 24.LSE... S grüne Farbe 10, die sich noch bei 1/60 milligr. wahrnehmen lässt. Vanadinschwefelsäure I (1 Thl. Ammonyanadinat auf 100 Thle. Schwefelsäuremonohydrat) zeigt auf Zusatz langsames Eintreten von anfangs röthlichen 25e, dann bräunlich und zuletzt grün- lich werdenden Streifen. Bei 1/50 milligr. deutlich. 12) Vanadinschwefelsäure II (1 Thl. Ammonyanadinat auf 200 Thle. "Schwefelsäurebihydrat) lässt all- mählig entstehende blaue 21% in violett 23b über- gehende Streifen erkennen. Kleinere Mengen als 110 milligr, zeigen die Reaction nicht mehr. ) Phtalschwefelsäure (1,5 Phtalsäure in 10 Cubik- centimetern reiner Schwefelsäure gelöst). Bei vorsichtigem Erwärmen des Hydrochinon mit diesem Reagens erscheint eine schöne rosa Fär- bung 271 -- ", die jedoch bei 1/10 milligr. nur für einen Moment angedeutet ist und bei 1/50 nicht mehr eintritt. In der Kälte beobachtet man eine schwache Gelb- färbung innerhalb einer Stunde. Sowohl zu den Reaktionen als auch zu meinen sonstigen Versuchen benutzte ich Hydrochinon aus der Apotheke des Herrn Th. Köhler in Dorpat. Yes243-24IS-SALAAS - - - - . . 2T22-SLAZY SERWIwaw. L II. Forensisch-chemischer Nachweis des Hydrochinon. Um einen sicheren Nachweis des Hydrochinon in den Organen und Excreten liefern zu können, bediente ich mich der von Prof. Dr. G. Dragendorff) an- gegebenen Ausschüttelungsmethode. Den Ausschüttelungen mit der das Hydrochinon isolirenden Flüssigkeit ging stets ein Ansäuern des zu untersuchenden Objects bis zu deutlicher saurer Reaktion, sowie das Schütteln mit Petroläther vor- aus. Letzteres hatte den Zweck die etwa vorhan- denen Fette, Farbstoffe etc. möglichst zu entfernen, damit sie die Deutlichkeit der Reaktionen nicht beein- trächtigen. Die Ausschüttelungsflüssigkeit verdunstete ich dar- auf auf Uhrschälchen und es liess sich der Rückstand dann bequem auf den Gehalt an Hydrochinon prüfen. Ehe ich es unternahm das Hydrochinon nach der Eingabe resp. Einnahme desselben in den Organen 6) G. Dragendorff: Ermittelung von Giften. St. Peters- burg 1876. 19 oder dem Harne und den faeces nachzuweisen, ver- leibte ich es künstlich thierischen Flüssigkeiten und Mischungen ein und zwar benutzte ich dazu Harn, Blut und Speisebrei. a. Nachweis im Harn. Von 4 Portionen zu je 100 Cubikcentimetern fri- schen, eiweissfreien, filtrirten Harns erhält die erste 0,01, die zweite 0,005, die dritte 0,001 Hydrochinon in alkoholischer Lösung, während die vierte Portion ohne Zusatz bleibt. Diese Harnmengen werden nun mit je 20 Tropfen verdünnter Schwefelsäure (1 H, SO4 auf 7 Wasser) angesäuert, und zuerst mit Petroläther, dann mit Benzin, endlich nach Abscheidung derselben vom Benzin nochmals mit Chloroform geschüttelt, von welchen Flüssigkeiten ich stets 25 Cubikcentimeter auf 100 Cubikcentimeter Prüfungsobjekt nahm. . Es zeigte sich, dass die zugesetzten Hydrochinon- mengen wohl zu geringe waren, um in der zweiten und besonders dritten Portion deutliche Reaktionen zu ergeben, weshalb der Versuch in der Weise wieder- holt wurde, dass ich nunmehr die Hydrochinonzusätze in den neuen Harnportionen auf 0,05 bezw. 0,025 und 0,01 erhöhte, abermals schüttelte, die Ausschüttelungs- flüssigkeiten auf Uhrschälchen verdunstete und hier die Rückstände prüfte. A. Petrolätherausschüttelungsrückstände. Keine Reaktionen. 20 - . . . . . . . - Ich ersah hieraus, dass der Petroläther nicht im Stande war das Hydrochinon zu isoliren und unter- liess daher in der Zukunft eine Untersuchung der Petrolätherauszüge. B. Benzinrückstände. I. Portion: Fröhdes Reagens — deutl. Violettfärbung. AgNO3 — keine Fällung, aber Chinongeruch. Fe,Clo - keine Krystalle, aber Chinongeruch. Vanadin-H,804 I – Reaktion. (NB. Ich führe die Reaktion mit Vanadin - H2SO4 der Vollständigkeit halber an, muss jedoch bemerken, dass dieselbe in allen Fällen keine besonders charak- teristische war und daher hinter den anderen Reak- tionen zurücksteht. Die Einwirkung der Bromdämpfe auf das Hydrochinon benutzte ich hier nicht, da mir diese Reaktion zur Zeit noch unbekannt war.) II. Portion: die gleichen Reaktionen wie I. III. Portion: Fröhdes Reagens — violett. Vanadin - H2SO4 I - Reaktion. IV. Portion: Keine Reaktionen. w n. C. Chloroformrückstände. I. Portion: Fröhdes Reagens —- sehr deutlich violett. Fe,clo - Chinongeruch. Vanadin - H2SO4 I – Reaktion. II. und III. Portion: wie bei der ersten Menge, nur entsprechend schwächer. . (2 - 21 - - IV. Portion: Keine Reaktionen. Um zu versuchen, ob die Ansäuerung mit acid. acet. und das Ausschütteln mit Aether resp. Essig- äther nicht bessere Resultate ergeben, wurden genannte Manipulationen vorgenommen. Ich setzte je 100 Cu- bikcentimetern Harn eine alkoholische Lösung von 0,01 Hydrochinon zu und schüttelte mit Aether und Essigäther. A. Aetherrückstände. Fröhdes Reagens - sehr deutliche Violettfärbung. AgNO3 — deutliche Fällung und Chinongeruch. Fe, Clo - Chinongeruch. Chlorwasser und NH; - schwache Reaktion. Vanadin - H,804 I -- deutliche Reaktion. - - RARASI - B. Essigätherrückstände. . Fröhdes Reagens — sehr schöne Violettfärbung. AgNO3 - schnell Fällung und Chinongeruch. Fe,C16 – sowohl Krystalle von grünem Hydro- chinon als auch bei stärkerem Zusatz Chi- nongeruch. Chlorwasser – deutliche Entstehung von grünem Hydrochinon und mit NHz Grünfärbung. Vanadin - H2SO4 I – deutliche Reaktion. Ich wählte somit für meine ferneren Ausschüt- tellungen des Hydrochinon nur den Essigäther, da wie ersichtlich, mit seinen Verdunstungsrückständen sich die • VwLLE 24. MEDIOS -:- : .:: .. OT... O T A . . . 22 bei weitem deutlichsten Charakteristika des Hydrochi- : non erlangen liessen. - b. Nachweis im Blut. Vier Portionen von je 100 Cubikcentimetern fri- schen Rinderblutes erhalten einen Zusatz von Hydro- chinon in alkoholischer Lösung und zwar die erste Portion 0,01, die zweite 0,005, die dritte 0,001 und die vierte blieb auch hier ohne Hydrochinon. Nach einer Ansäuerung der Blutmengen durch je 25 Tropfen verdünnter Schwefelsäure standen die- selben 12 Stunden bei gewöhnlicher Zimmertempera- tur, wurden darauf mit dem dreifachen Volum absolu- ten Alkohols übergossen und 24 Stunden der Kälte ausgesetzt. Nun filtrirte ich, colirte das auf dem Filter Verbliebene, destillirte den Alkohol auf dem Dampfbade ab und schüttelte mit Essigäther. Gleich meinem ersten Harnyersuche war auch die- ser Versuch der zum Theil zu geringen Hydrochinon- mengen wegen als misslungen zu betrachten. Aus- serdem waren im Essigäther nach dem Schütteln noch andere Substanzen gelöst, welche die gewünschte: Deutlichkeit der Reaktionen in empfindlicher Weise behinderten. Um beiden Uebelständen zu begegnen, wurden bei der Erneuerung des Versuches zu 2 Portionen Blut 0,05 resp. 0,025 Hydrochinon zugesetzt, das schon geschilderte Verfahren wiederholt mit dem Unter- Hav- - " . wm 2 . -4 - 23 - - schiede, dass die gesammte Essigäthermenge jeder Por- tion mit H2SO4 haltigem Wasser gemischt wurde, das Filter passirte und jetzt die so gereinigte Schüttelflüs- sigkeit auf Uhrschälchen verdunstete. Die Reaktionen waren deutliche, nämlich: I. Portion (0,05). Fröhdes Reagens - schönviolett. AgNO3 — Fällung und Chinongeruch. Fe,Clo – keine Krystalle, doch Chinongeruch. Chlorwasser und NHZ --- nicht brauchbare Reak- tion, nämlich schmutzig grünliche Färbung, die bald braun wurde. Auf alleinige Ein- wirkung des Chlorwassers zeigten sich keine Krystalle. II. Portion (0,025). Dieselben Reaktionen wie bei I, nur in entspre- chend geringerer Intensität. Endlich unternahm ich noch einen dritten Ver- such mit 0,01 Hydrochinon. Die Technik war im Einzelnen die bereits oben mitgetheilte, nur säuerte ich diesesmal das Blut mit schwefliger Säure an, da bei der längeren Berührung des Untersuchungsobjek- tes mit der Luft eventuell auf Kosten des Sauerstoff- gehaltes derselben eine Veränderung eintrat, die der Deutlichkeit der Reaktionen im Wege war, was durch die schweflige Säure vermieden werden konnte. Die Reaktionen waren die vorhin geschilderten. 24 a ma AN C. Nachweis im Speisebrei. Zur Herstellung eines künstlichen Speisebreies wurden je 30 Grm. fein geschnittenen gekochten Fleisches, gekochten Sauerkohls, gekochter Kartoffeln und trockenen Roggenbrodes mit einander unter Zu- satz von 500 Cubikcentimetern Wasser verrieben und auf 6 Stunden in die Wärme gestellt. Die Gesammt- menge theilte ich nun in 4 Portionen, setzte der ersten 0,05, der zweiten 0,025, der dritten 0,01 Hydrochinon hinzu und liess die vierte Portion wie früher ohne Hydrochinonzusatz. Nach nunmehrigem Hinzufügen von 0,025 Grm. Diastase zu jeder Portion wurde der Brei abermals 15 Stunden im Trockenofen digerirt. Nun setzte ich 11 Cubikcentimeter Witte schen concentrirten Pepsin- weins und 0,75 conc. Salzsäure zu jeder Menge und stellte dieselben auf weitere 48 Stunden in die Wärme, worauf jede Portion mit 400 Cubikcentimetern absoluten Alkohols übergossen und nun 24 Stunden in der Kälte stehen gelassen wurde. Jetzt filtrirte ich, colirte, destillirte den Alkohol auf dem Dampfbade ab und schüttelte mit Essigäther. Von den Reaktionen waren die mit Fröhdes Reagens in den 3 ersten Portionen deutlich, während Chlorwasser und NH, in den Portionen I und II nur eine Braunfärbung bewirkten, die übrigen Reagentien aber ganz versagten. Die vierte Portion gab gar keine Reaktionen. ES * -- ܝܪܝܝܝܚܲܚܚܚܚܥܠܫܒܝܚܶܫܝܝܺܝܚܚܝܫܝܝܳܝܝܳܝ. ܚܝܚܫܟܒܚܝܚܢ܀ ܝ EIVA ' ..G =YPR-:--C 1 ASUS 24 41 -: . ei Der Versuch wurde nun mit einer neuen Portion und 0,01 Hydrochinonzusatz wiederholt in der Weise, dass ich wie beim Blut mit schwefliger Säure ansäuerte, die Ausschüttelungsflüssigkeit mit H,SO, haltigem Wasser reinigte und nach dem Verdunsten des Essigäthers prüfte. Fröhdes Reagens -- sehr schön violett. Chlorwasser und NH, — nur Braunfärbung. Fe, Cl. - Chinongeruch. AgNO3 – keine Reaktion. Vanadin-H2SO4 I – deutliche Reaktion. d. Nachweis des Hydrochinon nach der Einnahme resp. Eingabe desselben. Versuch I. Ich nahm 0,1 Hydrochinon, ohne danach be- sondere Erscheinungen zu bemerken und erhielt nach 6 Stunden 250 Cubikcentimeter eines hellgelben Harns. Eine zweite Portion ebenfalls hellen Harns (120 Cubik- centimeter) liess ich 9 Stunden nach der Einnahme, die dritte Portion von 140 Cubikcentimetern 12 Stunden und endlich nach 24 Stunden die vierte Menge von 530 Cubikcentimetern. Jede der Mengen wurde nun mit acid. acet. dil. angesäuert und geschüttelt. I. und II. Portion. Fröhdes Reagens - schwach violett. Sonst keine Reaktionen. III. Portion (12 Stunden) Fröhdes Reagens --- spuren- weise Reaktion. M A ***..ULTI - . -SSSE... RS A P 26 IV. Portion (15 Stunden) – keine Reaktionen. Versuch II. . Ich nahm nochmals dieselbe Menge Hydrochinon ein und prüfte sogleich nach dem Verdunsten des Essigäthers, weil beim vorigen Versuche es schien, als ob anfangs wohl, später jedoch nicht mehr die dem eingenommenen Stoffe zugehörigen Reaktionen sich zeigten, somit vielleicht eine Zersetzung einge- treten sei. Diese Annahme erwies sich nun freilich als irrig und erhielt ich in den auch hier gelassenen vier Por- tionen Harn dieselben Reaktionen. Versuch III. Diesesmal nahm ich 0,15 Hydrochinon und erhielt nach 3 und 9 Stunden zwei Portionen hellgelben Harns von 300 resp. 175 Cubikcentimetern. Beide Mengen wurden mit acid sulf. conc. im Verhältniss von 1 Säure auf 100 Untersuchungsobjekt nach vorherigem Zusetzen einiger Tropfen schwefliger Säure 1/4 Stunde hindurch gekocht, wobei der Harn tief dunkelbraun wurde. Nun folgte das Schütteln. I. Portion: Fröhdes Reagens — schön violett. AgNO3 — deutliche Fällung und Chinon- geruch. Fe,C16 ~ Chinongeruch. Chlorwasser und NHz - nichts. II. Portion: Hatte dieselben Reaktionen. 27 Versuch IV. Nach abermaliger Einnahme von 0,15 Hydrochinon liess ich nach 7 Stunden 175, nach 10 Stunden 400 Cubikcentimeter Harn, den ich in genau derselben Weise wie beim vorigen Versuche behandelte. Nur wurde hier der Rückstand in mit etwas schwefliger Säure versetztem Wasser gelöst und nun nochmals mit Essigäther geschüttelt. In beiden Portionen entstand eine rothe Substanz, die durch Chlorwasser in kleinen Mengen nicht, durch grosse wohl entfärbt wurde und mit Fröhdes Rea- gens die bekannte Reaktion gab. Die Darstellung von grünen Hydrochinonkrystallen, welche bei allen diesen Versuchen als das Wesentliche erstrebt wurde, gelang durch die Reagentien nicht. Versuch V. Der nach Einnahme von 0,15 Hydrochinon inner- halb 9 Stunden gelassene Harn wird ganz analog .dem vorigen Versuch behandelt. Nebenbei geschieht das- selbe mit 100 Cubikcentimetern fremden, normalen Harns, der einen Hydrochinonzusatz von 0,05 er- halten hatte. I. Eigener Hydrochinonharn: Fröhdes Reagens — sehr deutlich violett. Chlorwasser - keine Krystalle. Mit NH, nicht Grün-, sondern Gelbfärbung. Fe,Clo – Chinongeruch, keine Krystalle. AgNO3 -- Chinongeruch und schwache Fällung. DU 28 Vanadin-H,804 I – schwache Reaktion. II. Fremder Harn mit Hydrochinonzusatz: Fröhdes Reagens - sehr deutlich violett. Chlorwasser – keine Krystalle, aber mit NH; charakteristische Grünfärbung. Fe,clo — Chinongeruch, keine Krystalle. AgNO3 — nichts. Vanadin -H, SO. I - schwache Reaktion. Versuch VI. Ich nahm eine wässrige Lösung von 0,15 Hydro- chinon, kochte die in 9 Stunden gelassenen und ver- einigten Harnportionen mit acid. sulf. conc. (1:100), ohne dieses Mal schweflige Säure vorher hinzuzufügen und schüttelte aus. Fröhdes Reagens -- deutlich violett. Chlorwasser - keine Krystalle. Auf Zusatz von NH, Braunfärbung. . Fe, Cl6 – deutlicher Chinongeruch. Vanadin - H2SO4 I – schwache Reaktion. Die Verdunstungsrückstände der übriggebliebenen Uhrschälchen wurden in kochender verd. schweflig. Säure gelöst, vereinigt, nochmals mit Essigäther ge- schüttelt und verdunstet. Fröhdes Reagens – schöne Violettfärbung. Chlorwasser – keine Krystalle, aber deutliche Grünfärbung auf NH4 Zusatz. Fe,clo Chinongeruch. 29 Versuch VII. Wieder 0,15 Hydrochinon genommen, die Hälfte (I) der in 9 Stunden gelassenen Harnmengen mit schwefliger Säure versetzt, gekocht und geschüttelt. Die andere Hälfte (II) erhält dieselbe Menge schwefliger Säure, wird jedoch gleich ohne vorheriges Kochen ausgeschüttelt. Endlich setzte ich 100 Cubikcentimetern fremden Harns (III) 0,05 Hydrochinon nebst 10 Cubikcenti- metern schwefliger Säure zu und kochte diese Portion ebenfalls '/4 Stunde, wobei gleich I der Harn hell blieb. Diese Portion III wird nun geschüttelt, der Ver- dunstungsrückstand in Wasser und schwefliger Säure gelöst, sodann nochmals geschüttelt, verdunstet und nun erst geprüft. I. Fröhdes Reagens -- angedeutete Violettfärbung. Fe,Clo - schwacher Chinongeruch, sonst keine Reaktionen. II. Analog den Reaktionen I. III. Fröhdes Reagens — sehr schöne Violettfärbung. Chlorwasser — grüne Hydrochinonkrystalle und nach NH, Zusatz schöne Grünfärbung. AgNO3 — Fällung und Chinongeruch. Fe,Clo — Chinongeruch. Versuch VIII. Die erste Hälfte (100 Cubikcentimeter) des nach Einnahme von 0,15 Hydrochinon gelassenen hellen . . 30 Harns wird nach Zusatz von 5 Cubikcentimetern schwefliger Säure und einigen Tropfen acid. sulf. conc. 14 Stunde lang gekocht. Bei der anderen Hälfte ist die Behandlung bis auf das Kochen dieselbe. I. Fröhdes Reagens — Reaktion. Fe, Cl. - Chinongeruch, sonst nichts. II. Keine brauchbaren Reaktionen. Versuch IX. Der beim Versuch XIV erwähnte Kater liess yor dem Tode 75 Cubikcentimeter eines total schwarzen Harns, von dem ich die erste Hälfte I direkt aus- schüttelte nach Ansäuerung mit schwefliger Säure, die zweite Hälfte II nach Hinzufügen von acid. sulf conc. 1:100 und einigen Tropfen schwefliger Säure 1/4 Stunde kochte. Das Verfahren I hatte den Zweck etwa freies Hydrochinon nachzuweisen, während durch das Kochen mit Schwefelsäure (II) das Hydrochinon der Hydro- chinonschwefelsäure freigemacht werden sollte. I. Keine brauchbaren Reaktionen. II. Fröhdes Reagens - deutliche Violettfärbung. Fe,C16 – Chinongeruch. AgNO3 — langsam, doch deutlich eintretende Fällung und schwacher Chinongeruch. Chlorwasser – keine Krystalle. Auf NH3 - Zu- satz Braunfärbung. 1 31 Die vom Kater gelieferten 25 Grm. faeces unter- suchte ich gleichfalls auf die Anwesenheit von Hydro- chinon Sie wurden zu dem Zwecke mit 100 Cubikcenti- metern destillirten Wassers übergossen, mit schwefliger Säure bis zu saurer Reaktion versetzt, darauf10 Stunden der Wärme und nach dem Zusatz von 300 Cubik- Alkohol auf dem Dampfbade ab, filtrirte nochmals und schüttelte mit Essigäther. Ich erhielt keine Reaktionen. Versuch X. Ein Kaninchen von 1707 Grm. Gewicht erhält durch die Schlundsonde 0,05 Hydrochinon in wässriger Lösung, ohne danach die geringsten Erscheinungen zu zeigen. Nach 48 Stunden lässt es 40 Cubikcenti- meter eines dunkelbraunen Harns, den ich mit Essig- äther, nach vorhergegangenem Kochen mit 1:100 acid. sulf. conc., schüttelte. Darauf wurde der Ver- dunstungsrückstand in kochender schwefliger Säure gelöst und zum zweiten Male ausgeschüttelt. Fröhdes Reagens - sehr schön violett. Chlorwasser - keine Krystalle, jedoch mit NH, Grünfärbung. Um vielleicht nun doch bei der Chloreinwirkung Krystalle zu erhalten, wurden die Rückstände noch- mals mit kochender schwefliger Säure behandelt und geschüttelt. 32 4 Das Resultat war jedoch das gleiche. Ich erhielt ausser den soeben angeführten Reaktionen noch folgende: Brom dämpfe – keine Krystalle, aber mit H Grünfärbung. Fe,Cle – keine Krystalle. Chinongeruch. AgNO3 — Fällung und Chinongeruch. Versuch XI. Dasselbe Kaninchen erhält nun 0,08 Hydrochinon und lässt einen gänzlich schwarzen Harn, den ich mit acid sulf. conc. im Verhältniss von 1:100 1/4 Stunde hindurch kochte und den Verdunstungsrückstand nach dem Schütteln mit kochender schwefliger Säure be- handelte, um sodann nochmals mit Essigäther auszu- schütteln. Fröhdes Reagens - deutlich violett. Bromdämpfe - keine Krystalle aber mit NH; Grünfärbung. Fe, Cl. - keine Krystalle. Chinongeruch. AgNO3 — Fällung und Chinongeruch. Auch den Koth dieses Kaninchens prüfte ich. Nachdem ich in bei Versuch IX geschilderter Weise verfahren, kochte ich das Untersuchungsobjekt mit 1:100 acid. sulf. conc., löste dann den Ver- dunstungsrückstand nach dem Schütteln in kochender schwefliger Säure und schüttelte abermals. : Es liess sich kein Hydrochinon nachweisen. ht ---- - · Versuch XII. Dasselbe Kaninchen erhält vermittelst der Schlund- sonde 0,1 Hydrochinon. Der in 48 Stunden gelassene, tief dunkle Harn erfährt dieselbe Behandlung wie beim vorigen Versuche. Fröhdes Reagens - schön violett. Brom dämpfe – keine Krystalle. Mit NH; Grünfärbung. Fe,Cl- Chinongeruch. AgNO3 — Fällung und Chinongeruch. نعلم e. Nachweis des Hydrochinon in den einzelnen Organen vergifteter Thiere. Versuch XIII. Ein Kater von 3007 Grm. Körpergewicht erhält 0,2 Hydrochinon durch die Schlundsonde. Nach 10 Minuten treten heftige klonische und tonische Krämpfe ein und nach einer Stunde der Tod. Die Section zeigte ausser einigen Ekchymosen an der Pleura und dem Pericardium und einer stärkeren Röthung der Magenschleimhaut nichts Auffälliges. Das Blut war dünnflüssig. Die vorbereitende Behandlung der einzelnen, fein zerschnittenen Organe war die gleiche wie bei den faeces im Versuche IX. Herz und Blut. Fröhdes Reagens - deutlich violett. Fe,Clo — Chinongeruch. 34 NB. Hier wie bei den übrigen Organen habe ich der Einfachheit halber nur die Reagentien genannt, die mir ein Resultat gaben. Magen. Fröhdes Reagens - schön violett. Chlorwasser - deutliche Bildung von grünen Hydrochinonkrystallen. Mit NH, schön grüne Farbe. Fe,C16 – Chinongeruch. AgNO3 – Chinongeruch und Fällung. Vanadin - H2SO4 I – Reaktion. Dünndarm. Fröhdes Reagens - deutlich violett. Fe,Cle - Chinongeruch Dickdarm. Fröhdes Reagens - violette Streifen. . Leber. Fröhdes Reagens - schwache, streifenweise Violettfärbung I Milz. Fröhdes Reagens - spurenweise violett. Niere. Fröhdes Reagens - Violettfärbung. FeCl - Chinongeruch. Lunge. Fröhdes Reagens -- angedeutete Violettfärbung. & ! 35 Gehirn. Fröhdes Reagens -- sehr deutlich violett. Fe,C16 – Chinongeruch. Blase. Fröhdes Reagens - Violettfärbung. Muskel. Keine Reaktionen. . Versuch XIV. Ein Kater von 2315 Grm. Gewicht erhält 0,1 Hydrochinon. Nach einiger Zeit stellten sich zeit- weise tonische und klonische Krämpfe ein und der Tod erfolgte nach 8 Stunden; der Sektionsbefund war dem des vorigen Versuchthieres analog. · Vorher hatte der Kater 75 Cubikctm. schwarzen Harns nur 25 Grm. faeces geliefert (cfr. Versuch IX). .Die Organe wurden in bekannter Weise behandelt, nạr löste ich die Verdunstungsrückstände der Organ- ausschüttelungen (mit Ausnahme des Magens) in kochen- der schwefliger Säure und schüttelte nochmals aus. - Magen. Keine Reaktionen. Herz und Blut. Fröhdes Reagens -- violett. Dünndarm. Fröhdes Reagens - violett. Fe,Clo – schwacher Chinongeruch. 36 I . - - - - . - - - - . . Dickdarm. Keine Reaktionen. Leber. Fröhdes Reagens - violette Streifen. schön grüne Farbe. Später Milz. Keine Reaktionen. Niere. Fröhdes Reagens - spurenweise R. AgNO3 -- schwache Fällung. Lunge. Fröhdes Reagens - streifige Violettfärbung. Gehirn. Fröhdes Reagens -- Violettfärbung deutlich. AgNO3 — Fällung. Fe,Cl- schwacher Chinongeruch. Blase und Muskel. Keine Reaktionen. .. . . I . 1 . Du Resumé. 2 Die Dragendorff'sche Methode erlaubt eine Iso- lirung des Hydrochinon aus dem Untersuchungsobjecte. Nach künstlichem Zusatze kann ich in den Ver- dunstungsrückständen das Hydrochinon mit den ihm zukommenden Eigenthümlichkeiten --- insbesondere ist die Bildung des grünen Hydrochinon resp. des Chinon. durch Oxydationsmittel gemeint - nachweisen, wäh- rend nach dem Durchgang durch den Körper dies nicht sogleich gelingt. Als die beste Methode, auch in letzterem Falle das in Form von Hydrochinon- schwefelsäure vorhandene Hydrochinon möglichst rein darzustellen, ergab sich bei meinen Untersuchungen das Kochen mit acid. sulf. conc. im Verhältniss von 1:100 und nachfolgendes Lösen der Verdunstungs- rückstände in kochender schwefliger verd. Säure. Die empfindlichste Reaktion, die aber für sich allein nicht immer ausschlaggebend ist, erhielt ich durch Fröhdes Reagens, während wiederum Essigäther als beste Ausschüttelungsflüssigkeit zu empfehlen ist. Das Hydrochinon wird durch den Koth nicht aus- geschieden und ist in Vergiftungsfällen ziemlich in allen Organen gleichmässig vorhanden, nur giebt sonderbarer Weise das Gehirn verhältnissmässig deutlichere Reak- tionen. Die Ausscheidung des Hydrochinon scheint beim Menschen in ca. 15 Stunden beendet zu sein. Katzen zeigen sich weit empfindlicher gegen das Gift als Kaninchen. *. .-:-- B. Arbutin. Wie ich bereits gelegentlich meiner Mittheilungen über die Untersuchungen des Hydrochinon erwähnte, stellte Ka walier) 1852 aus den Blättern der Arctosta- phylos uva ursi einen krystallisirten Bitterstoff dar, den er Arbutin nannte und dessen Zusammensetzung er durch die Formel C32H,2019+2H20 ausdrückte. Er beobachtete - wie ich auch schon anführte - durch die Behandlung mit Emulsin eine Spaltung des neuentdeckten Körpers in Traubenzucker und einem von ihm Arcturin genannten Stoff. Strecker8) erhielt dieselbe Spaltung bei Kochen des Arbutin mit verdünnten Säuren und ist das Arc- tuvin nach ihm nichts anderes als das bereits bekannte ; Hydrochinon. Letztgenannter Autor stellte das Arbutin durch Auskochen der Blätter der Arctostaphylos uva ursi, 7) Kawalier: Ueber die Blätter von Aretostaphylos uva ursi. Annal. der Chemie und Pharm. Mai 1852. 8) Strecker: Ueber das Arbutin und seine Umwandlun- gen, Liebigs Annalen. Jahrg. 1858. 39 :: Fällen des Filtrats mit basisch essigsaurem Bleioxyd und Eindampfen der durch Schwefelwasserstoff von Blei befreiten Lösung her. Das Arbutin krystallisirte in seidenglänzenden Nadeln heraus. Von Jablonowski) stammen die ersten Unter- suchungen über das Verhalten des Arbutin im Organis- mus. Er giebt an, dass der nach Einnahme von 18,0 gelassene, grünlich werdende Harn mit Fe,Cl6 einen blauen Niederschlag giebt. Hydrochinon konnte er im Harn nicht nachweisen. Hughes und Schroffs 10) spätere Untersuchungen führten zu keinen Resultaten. 1877 stellte von Mering?1) fest, dass im Kaninchen- harn nach Arbutineingabe gepaarte Schwefelsäuren auf- treten, aus denen man durch Kochen mit Säuren Hydro- chinon- und Methylhydrochinon gewinnen kann. L. Lewin 12) hält den Nutzen der folia uvae ursi und des Arbutin beruhend auf einer Abspaltung des Hydrochinon im Körper, welche in genau der- selben Weise vor sich gehen sollte wie ausserhalb des Organismus durch Säuren und Emulsin. Sowohl bei subcutaner als interner Anwendung tritt im Harn eine Substanz auf, die sich schon nach ILL 9) Dr. Koberts Jahresbericht über Fortschritte der Phar- macotherapie. Jahrg. 1885. 10) Ebendaselbst. 12) Dr. L. Lewin: Untersuchungen über das chemische und pharmacologische Verhalten der folia uvae ursi und des Arbu- tins im Thierkörper. Virchows Archiv. XCIII p. 517. 1883. 40. -- -- -. - -. .- -. .. kurzer Zeit oliven- bis bräunlichgrün färbt und als Hydrochinon zu betrachten ist, das als Hydrochinon- zersetzt, mit alkalischer Reaktion entleert oder wird er beim Stehen zersetzt und alkalisch, so entsteht eine Spaltung der Hydrochinonschwefelsäure und das 2 ten Verbindungen weiter oxydirt. Im Dunkelwerden. den Arbutinharn findet sich freies Hydrochinon. Aus Verfassers Thierexperimenten geht jedoch hervor, dass nicht die ganze Menge des in den Kör- per eingeführten Arbutin in Hydrochinon und Zucker zerfällt, sondern ein Theil unzersetzt ausgeschieden wird. Auch Menchen 13) in Bonn kam zu dem Resultat, dass ein Theil des Arbutin im Organismus in Hydro- chinon übergehe. Ernst Feibes 14) fand, das der weitaus grösste Theil des Arbutin den Körper als solches verlasse und zwar in relativ kurzer Zeit. Auch Feibes bezieht die charakteristische Fär- i bung des Harns auf eine Hydrochinonabspaltung. H. Paschkis 15) untersuchte das Arbutin haupt- sächlich in therapeutischer Beziehung bei Cystitis, nebenbei jedoch auf die Bildung des Hydrochinon aus: - -.. - 13) Centralblatt für klin. Medicin. 27. 1883. 14) E. Feibes: Ueber das Schicksal des Arbutins im menschlichen Organismus. Inaug. Diss. Würzburg. 1884. 15) H. Paschkis: Ueber die Wirkung des Arbutin und der folia uvae ursi. Wiener med. Presse XXV. 13, 1884. .. - 41 . + I — — - - - - - - - - . . . dem Arbutin im Körper und behauptet, dass nur bei grossen Dosen eine Hydrochinonwirkung eintreten könne, da stets eine unbestimmt grosse Menge Arbutin als solches in den Harn übergehe. Die zum Theil sich widersprechenden Ansichten der Autoren über die Bildung des Hydrochinon aus dem Arbutin im Körper findet vielleicht eine Erklä- rung darin, dass einige Versuchsthiere (Pflanzenfres- ser) sich dem Gifte gegenüber anders verhalten als Menschen und Fleischfresser. Das Arbutin ist ein nach der Formel C25 H34014 zusammengesetzter, in strahlenförmig gruppirten, sei- denglänzenden, bitter schmeckenden Nadeln krystalli- sirender Körper, der bei 100° C. sein Krystallwasser verliert. Es ist ein wechselndes Gemisch aus zwei Glycosiden, bei deren Spaltung ausser Zucker in einem Falle mehr Hydrochinon und im anderen mehr Methyl- hydrochinon entsteht. Das Arbutin besitzt keine reducirenden Eigen- schaften wie das aus ihm entstehende Hydrochinon; es ist nicht gährungsfähig und dreht die Ebene des pola- risirten Lichtes nach links; der daraus entstehende Zucker dreht sie dagegen nach rechts. Das Hydro- chinon ist optisch inaktiv, ein Dekokt der folia uvae ursi seines Arbutingehalts wegen linksdrehend. In Wasser ist das Arbutin leicht, in Alcohol weniger, in Aether fast garnicht löslich. Der Schmelzpunkt liegt zwischen 168-169° C. - — - : 'S 42 Das Arbutin findet sich neben Gerbsäure, Gal- lussäure, Urson, Harz, Gummi und Chlorophyll in den Blättern der Arctostaphylos oder Arbutus uva ursi, dem es auch seinen Namen verdankt, ferner noch in Pyrola umbellata, rotundifolia, chlorantha, elliptica und mehreren anderen Arten. Diese Mittheilungen entnehme ich Lewins An- . gaben und einer Zusammenstellung von Vulpius 16) in Heidelberg. In Bezug auf den therapeutischen Nutzen der Folia uvae ursi in der am meisten gebräuchlichen Form als Dekokt giebt gleichfalls Lewin an, dass von den Bestandtheilen dieser Blätter wohl nur die Gerbsäure und das Arbutin als die einzig löslichen in Frage kommen dürften. Will man die von der Menge des Arbutin ab- hängige Hydrochinonbildung wegen ihres antifermen- tativen und antiputriden Charakters in den Vorder- grund ziehn, so erweist sich bei dem recht geringen Gehalt der Folia uvae ursi an Arbutin ein Dekokt von dem gewöhnlichen Verhältniss von 15,0-20,0 auf 180,0 - 200,0 Wasser als entschieden zu wenig wirksam und empfiehlt Verfasser daher concentrirtere Abkochungen, wobei jedoch wegen der unangenehmen Nebenwirkungen des Tanninüberschusses ein Entfer- nen desselben durch carbo vegetabilis nöthig wäre. . 16) Vulpius: Archiv der Pharmacie. XII. Jg. Band 223, Heft 11. 43 1 Die gute Wirkung des decoctum foliorum uvae ursi in der bisherigen Form ist also zu einem nicht geringen Theile der adstringirenden Eigenschaft des Tannin zuzuschreiben, wenngleich der Arbutingehalt i nach Lewins' Ansicht bestimmt die wichtigere Rolle spielt. ! Bei weitem einfacher erscheint daher der Gebrauch . des käuflichen Arbutin in Pulvern oder Lösung. Durch Hydrochinon kann ein decoctum foliorum uyae ursi oder das Arbutin nicht ersetzt werden, da die Abspaltung des Hydrochinon im Körper, vielleicht an der afficirten Stelle selbst, von Wichtigkeit ist. I. Die Reaktionen des Arbutin. In Betreff der Art und Weise der Vorbereitung zu den einzelnen Reaktionen verweise ich auf das bereits beim Hydrochinon Gesagte. Auch hier ent- stammen die beigefügten Zahlen der internationalen Farbenscala Raddes. 1) Fröhdes Reagens verhält sich dem Arbutin nämlich noch bei 1/50 milligrm. Violettfärbung 24€, die bald nachdunkelt und endlich vom Rande her grün wird 9. 2) Concentrirte Schwefelsäure und Eisenchlorid in verdünnter Lösung, zu je einem Tropfen auf das 44 W Uhrschälchen gebracht, geben nach starkem Er- hitzen bei Anwesenheit von noch/50 milligrm. Arbutin ein schönes, dunkles Kastanienbraun 15. Die Reaktionen 1 und 2 erwiesen sich bei meinen Versuchen als die deutlichsten und empfind- lichsten. Besonders hat die zweite Reaktion einen Werth zur Differentialdiagnose zwischen Hydro- chinon und Arbutin. Schwefelsäure concentrirt, allein zu einem Tropfen dem Arbutin hinzugefügt, zeigt beim Erwärmen ein schmutziges Braun 5°, das bei 50 milligrm. noch vorhanden ist. 4) Vanadinschwefelsäure I (1 Theil Ammonyanadinat auf 100 Theile Schwefelsäuremonohydrat) zeigt die Reaktion des Hydrochinon beim Erwärmen noch bei 750 milligrm. 5) Vanadinschwefelsäure II (1 Theil Ammonyanadinat auf 200 Theile Schwefelsäurebihydrat) verhält sich ebenso wie beim Hydrochinon. Bei 1/50 milligrm. noch deutliche Reaktion. 6) Phtalschwefelsäure (1,5 grm. Phtalsäure in 10 Cu- bikcentimetern reiner conc. Schwefelsäure) wird mit Arbutin beim Erwärmen anfangs bräunlich 3*, dann kalt stehn gelassen, allmählig braun- violett. Wirkt noch bei 150 milligrm. Arbutin, kalt mit Phtalschwefelsäure übergossen, wird langsam hellbraun. - — — — — — — — — - - - . n . . - - - - - - - re 45 8) T 7) Salpetersaures Silberoxyd giebt mit einer wässrigen Arbutinlösung eine schwarze Fällung ohne Geruch. Nur bei 1 milligrm. wirkend. (NB. In der Literatur fand ich angegeben, dass Arbutin keine reducirenden Eigenschaften besitze). Eisenchlorid. Erwärme ich das Arbutin mit etwas Wasser und bringe einen bis einige Tropfen ver- dünnter Eisenchloridlösung hinzu, so entsteht eine stahlblaue Farbe 20P. Das Reagens ist nur bei 1 milligrm. wirksam. 9) Bromdämpfe. Wenn ich mit Wasser schwach befeuchtetes Arbutin unter die Bromglocke bringe, sodann nach kurzem Verweilen daselbst einen Tropfen NHhinzuthue, so entsteht allmählich eine schön grüne Farbe 145. Der Unterschied von der ähnlichen Hydrochi- nonreaktion besteht in dem hier allmähligen, dort plötzlichen Auftreten der Färbung, dem Fehlen der Krystalle und dem hier ebenfalls allmähligen Uebergang in Braun. Die Reaktion ist noch schwach angedeutet bei 150 milligrm. 10) Chlorwasser mit Arbutin giebt kalt zunächst eine farblose Lösung, die mit NHz grün 138 und endlich bräunlich wird. Bei 110 milligrm. schon undeutlich. (NB. Ich mache auf die Uebereinstimmung die- ser Reaktion mit der gleichen beim Chinin aufmerk- sam. Ein Unterschied findet sich erstens darin, 46 1 . dass hier die Reaktion nur nach saurem Ausschüt- teln möglich ist, zweitens, dass die folgende Reaktion (Nr. 11) beim Chinin versagt). 11) Chlorwasser mit Arbutin erhitzt und folgendem Zusatze eines Tropfens NH, oder Ferricyanka- lium zeigt eine braune 61 bis braunviolette Färbung. Bei 1/50 milligrm. undeutlich. 12) Zucker mit Arbutin verrieben und zusammen mit einem Tropfen concentrirter Schwefelsäure ange- feuchtet, wird allmählich röthlich 25d, sodann blau 21€ und endlich grün 121. Kleinere Mengen als 110 milligrm. zeigen die Reaktion nicht mehr. Ich benutzte stets von der pharmaceutischen Han- delsgesellschaft in St. Petersburg bezogenes Arbutin. II. Forensisch-chemischer Nachweis des Arbutin. Die zum Nachweis des Arbutin vorgenommenen Manipulationen stimmen in allen Einzelheiten mit den bereits unter demselben Kapitel beim Hydrochinon be- schriebenen überein, wesshalb ich auf selbiges verweise. Auch hier ging den Experimenten am eigenen oder Thierkörper die Untersuchung des Harns resp. Blutes und Speisebreies mit künstlichem Arbutinzusatz voraus. . 47 . a. Nachweis im Harn. 100 Cubikcentimeter mit acid. acet. bis zu deut- lich saurer Reaktion versetzten, normalen, filtrirten Harns erhalten 0,05 Arbutin in alkoholischer Lösung, worauf nach vorherigem Schütteln mit Petroläther die Ausschüttelungen mit Benzin, Chloroform, Essigäther und Aether folgen. Es zeigten nur die Essigätherausschüttelungen in ihren Verdunstungsrückständen deutliche Reaktionen, wesshalb der Versuch wiederholt wurde mit Ueber- gehung der übrigen Isolirungsflüssigkeiten ausser dem · Aether, der trotz der angegebenen geringen Löslich- keit des Arbutin in demselben nächst dem Essigäther die brauchbarsten Reaktionen ergeben hatte. A. Petrolätherausschüttelungsrückstände. B. Essigätherausschüttelungsrückstände. Fröhdes Reagens - schön violett. Chlorwasser kalt und NHz - deutliche Reaktion, Chlorwasser heiss und NH, -- schwache Reaktion, Phtal-H,804 - sehr schöne Reaktion. C. Aetherausschüttelungsrückstände. Die Reaktionen mit Fröhdes Reagens und Phtal- E2804 waren angedeutet. Ein zweiter Versuch hatte den Zweck nachzu- Weisen, ob das Chloroform nicht als Ausschüttelungs- 48 flüssigkeit dem Essigäther vorzuziehen sei oder we- : nigstens gleichzustellen, wesshalb ich je 100 Cubik- centimetern Harn 0,05 Arbutin hinzuthat und mit Essig. äther resp. Chloroform ausschüttelte. Die Essigätherreaktionen waren die im vorigen Versuche genannten, während bei den Chloroform- rückständen nur Fröhdes Reagens eine in Spuren vor- handene violette Färbung zeigte. Somit erwies sich deutlich der Essigäther als zum Ausschütteln am geeignetsten und wählte ich daher denselben zu den folgenden Untersuchungen. b. Nachweis im Blut. Von 4 Portionen frischen Rinderblutes zu je 100 Cubikcentimetern erhält die erste 0,05, die zweite 0,025, die dritte 0,01 Arbutin, während die vierte ohne Zusatz bleibt. Nun säuerte ich mit schwefliger Säure an, behandelte das Blut in beim Hydrochinon genannter Weise, schüttelte die 4 Mengen zuerst mit Petroläther, dann mit Essigäther und erhielt folgende brauchbare Reaktionen bei den Essigätheryerdunstungs- rückständen: I. Portion. Fröhdes Reagens --- sehr deutlich violett. H2SO4 + Fe,Cle - schöne Reaktion, Phtal - H2SO4 - deutlich. II. Portion. Fröhdes Reagens -- deutlich. H2SO4 u. Fe,clo — schön braun. Phtal-H2SO4 — deutlich. — — - - - - - - . - - - -- - - - - - - - T- . i - 49 III. Portion. Fröhdes Reagens – kaum wahrnehmbar. H2SO4 + Fe,clo - deutlich. Phtal-H,804 .- erkennbar. IV. Portion. Keine Reaktionen. c. Nachweis im Speisebrei. Ich stellte mir einen künstlichen Speisebrei wie bei den Hydrochinonuntersuchungen her, reinigte auch hier die Verdunstungsrückstände durch schwefelsäure- haltiges Wasser und schüttelte nochmals mit Essig- äther aus. Von den 4 Portionen, von denen die erste 0,05, die zweite 0,025, die dritte 0,01, die vierte gar kein Arbutin enthielt, geben, während die vierte nicht rea- girte, die drei ersten folgende Reaktionen: I. Portion: Fröhdes Reagens - schwach violett. H2SO4 + Fe,cle – braun. II. Portion: Fröhdes Reagens - anfangs nichts, später schön grün. H2SO4 + Fe Clg – braun. III. Portion: Fröhdes Reagens - allmählig grün. H2SO4 + Fe2cle - schwach braun. d. Nachweis des Arbutin nach der Ein- nahme resp. Eingabe desselben, Versuch I. Ich nahm 0,5 Arbutin in wässriger Lösung ein und lieferte in 9 Stunden 250 Cubikcentimeter hellen Harns. 50 Die erste Hälfte I wird nun mit schwefliger Säure angesäuert und mit Essigäther geschüttelt ohne vorheriges Kochen. Die zweite Hälfte II kochte ich vor dem Aus- schütteln 14 Stunde hindurch mit acid. sulf. conc. im Verhältniss von 1 Säure auf 100 Harn. 1. Fröhdes Reagens — Violettfärbung. Sonst waren die Reaktionen nicht brauchbar. Die charakteristische Braunfärbung mit conc. Schwefelsäure und Eisenchlorid war mir damals noch unbekannt. II. Fröhdes Reagens - schön violett. Fe,Cl– grüne Krystalle und Chinongeruch. Chlorwasser – keine Krystalle, doch mit NH, Grünfärbung. AgNO3 – Fällung und Chinongeruch. Somit erhielt ich in II die Hydrochinonreaktionen.. Die Verdunstungsrückstände der übrigen Uhr-, schälchen der Portion II wurden nun mit kochender schwefliger Säure behandelt, nochmals geschüttelt und nun geprüft. Die Reaktionen waren genau dieselben. Versuch II. Dieser sowie auch der nächste Versuch sind mit künstlichem Arbutinzusatz zur Controlle angestellt und daher auch an dieser Stelle zu erwähnen. Um zu bestimmen, welches Verhältniss von Schwe- felsäure zum Harn das zur Darstellung der Hydro- T 51 chinonreaktionen aus dem Arbutinharne günstigste sei, wurden zu 4 Portionen von je 100 Cubikcentimetern Harn mit einem Gehalt von 0,05 Arbutin, 1 resp. 2, 3 und 4 Cubikcentimeter concent. Schwefelsäure zuge- gossen, alle 4 Mengen 4/4 Stunde hindurch gekocht und mit Essigäther ausgeschüttelt. Portion I. Fröhdes Reagens - schön violett. Hydrochinon als auch mit NH, Grünfärbung. Fe,Cl6 - Chinongeruch. AgNO3 -- Fällung und Chinongeruch. Bromdämpfe -- schöne Krystalle und mit NH; - Grünfärbung. Portion II. Fröhdes Reagens --- sehr schöne Violettfärbung. Chlorwasser und NH, - grüne Krystalle resp. Fe, Cl, - deutlicher Chinongeruch. AgNO3 → starke Fällung und Chinongeruch, * Bromdämpfe und NH3 – Krystalle und schöne Grünfärbung, Portion III und IV. Die unter I und II genannten Hydrochinonreak- tionen waren auch hier, nur noch intensiver, und bei IV am deutlichsten ausgesprochen, so dass nach den vorläufigen Untersuchungen sich das 52 --- Verhältniss von 4 Schwefelsäure auf 100 Arbutin- harn für die Hydrochinonabspaltung als das gün- stigste erweisen dürfte. Versuch III. 100 Cubikcentimetern normalen Harns setzte ich 0,05 Arbutin hinzu, säuerte mit schwefliger Säure an, schüttelte aus und theilte den Verdunstungsrückstand in 2 gleiche Theile. Die I. Hälfte prüfte ich gleich. Die II. Portion wurde in kochender Schwefel- säure (4 procentig) gelöst, nochmals geschüttelt und verdunsten gelassen. I. Fröhdes Reagens - Violettfärbung. H,804 und Fe,clo — deutliche Braunfärbung. Zucker und H2SO4 - gute Reaktion. Fe,clo und Wasser nichts. Bromdämpfe und NH; " II. Fröhdes Reagens — Violettfärbung. AgNO3 -- schwache Fällung. Fe, Clo - sehr schwacher Chinongeruch. Bromdämpfe – keine Krystalle, jedoch mit NH; Grünfärbung. Versuch IV. Ich nahm abermals 0,5 Arbutin, kochte den in 9 Stunden gelassenen Harn 1/4 Stunde lang mit 4:100 Schwefelsäure, schüttelte aus und liess den Essigäther auf Uhrschälchen verdunsten. Es wurden wie zu er- 53 warten, hier deutliche Hydrochinonreaktionen erlangt. Fröhdes Reagens - schön violett. Bromdämpfe – sowohl Krystalle als auch mit - NH, Grünfärbung. Fe,cle — Chinongeruch. AgNO3 -- Fällung und Chinongeruch. Gleichzeitig behandelte ich 100 Cubikcentimeter Harn mit künstlichem Arbutinzusatz von 0,05 ebenso, um zu erfahren, ob die Reaktionen in beiden Harn- mengen von gleicher Deutlichkeit seien, was sich als wohl eintreffend erwies. Versuch V. Dieses Mal nahm ich 0,8 Arbutin und schüttelte die gesammte in 12 Stunden gelassene Harnmenge nach Ansäuerung mit schwefliger Säure mit Essig- äther aus. Die Verdunstungsrückstände theilte ich in 3 Drittel, von denen das erste I gleich geprüft wird. . Das Drittel II wurde mit kochender schwefliger Säure aufgenommen und nochmals ausgeschüttelt. Mit III verfuhr ich ebenso, nur trat hier an Stelle der schwefligen Säure kochende verdünnte Schwefelsäure. I. Fröhdes Reagens - schwach Violettfärbung. H2SO4 und Fe,cle — schöne Braunfärbung. II. Fröhdes Reagens - schwache Violettfärbung. H,804 und Fe,Clo - schöne Braunfärbung. 54 Die übrigen Arbutin- und Hydrochinonreaktio- nen versagten. III. Fröhdes Reagens - deutlich Violett. H,804 und Fe, Clo - schwach braun. AgNO3 – Fällung - sonst keine Reaktionen. 11 Versuch VI. Der beim Versuche XIII näher bezeichnete Kater lieferte mir vor seinem Tode 95 Cubikcentimeter hellen Harns, der sich an der Luft sehr bald tief dunkel färbte. Ich schüttelte den Harn in gewöhnlicher Weise aus, nachdem er mit conc. Schwefelsäure 4:100 1/4 Stunde gekocht hatte. Es ergaben sich folgende Hydrochinonreaktionen: Fröhdes Reagens - sehr schön violett. Bromdämpfe – keine Krystalle, doch mit NH, schöne Grünfärbung. Fe,Clo -- Chinongeruch. AgNO3 - Fällung und Chinongeruch. Versuch VII. CO arz Ich nahm 1,0 Arbutin ein, kochte den in 12 Stun- den danach gelassenen Harn mit 4: 100 acid. sulf. conc., wobei er fast schwarz wurde, schüttelte ihn aus und prüfte. Ich fand folgende Hydrochinoneigenschaften. Fröhdes Reagens - sehr schön violett. . . 55 - 2 10 I.. Brom dämpfe -- keine Krystalle. Auf Zusatz von NH, prachtvolle Grünfärbung. Fe,Clo — Chinongeruch. AgNO3 — Fällung und Chinongeruch. Versuch VIII. Nach Einnahme von 1,0 Arbutin schüttelte ich den in 10 Stunden gelieferten Harn nach Ansäuern mit schwefliger Säure aus, theilte sodann den Ver- dunstungsrückstand in 3 Theile, von denen ich I so- fort untersuchte. I. Fröhdes Reagens – deutlich violett. H2SO4 + Fe,C1– deutliche Braunfärbung. Chlorwasser heiss und NH; - schwache Reaktion. Fe, Cl. und Wasser nichts. Bromdämpfe und NH3 | Es ergaben sich also Arbutinreaktionen. Die Portion II wird nun mit schwefliger Säure gekocht, nochmals geschüttelt und nun geprüft. II. Fröhdes Reagens - schön violett. H,804 + Fe,C16 – schön dunkelbraun. · Chlorwasser heiss und NH, - schwache Reaktion. Bromdämpfe und NH Auch hier finden sich also Arbutinreaktionen. Die Portion III wird mit Schwefelsäure 4:100 gekocht und zum zweiten Male geschüttelt. III. Fröhdes Reagens - schwach violett. H2SO4 + Fe, Cl. — undeutl., sonst keine Reaktionen. 56 i Hier waren somit die Arbutinreaktionen undeut- : lich, die des Hydrochinon gar nicht vorhanden. .. . UN Versuch IX. Ein Kaninchen 1707 gr. schwer, erhält durch die Schlundsonde 1,0 Arbutin, ohne besondere Erscheinun- gen nach der Eingabe aufzuweisen. Den in 48 Stunden erhaltenen dunklen Harn untersuchte ich im Einzelnen genau in der beim Versuche VIII angeführten Weise in 3 Portionen: 1. Fröhdes Reagens - sehr schön violett. H2SO4 und Fe,Clg — gute Reaktion. Chlorwasser heiss und NHz – bräunlich, sonst keine Reaktionen. II. Fröhdes Reagens --- anfangs spurenweise violett, später schön grün. H2SO4 + FeaCl6 — gute Reaktion, sonst nichts. III. Fröhdes Reagens - anfangs spurenweise violett, später schön grün. H, SO4 + Fe, Clo - nur sehr schwach bräunlich, sonst nichts. Das Ergebniss dieser Untersuchung stimmt dem- gemäss mit dem der vorigen überein. Ein 2900 grm. schwerer Kater liess nach Ein- gabe von 0,5 Arbutin in 24 Stunden 60 Cubikcenti- meter anfangs hellen, bald jedoch nachdunkelnden Harns, den ich wie bei den beiden letzten Versuchen behandelte. - - -.- id 2 . 57 I. Fröhdes Reagens -- Violettfärbung. H2SO4 + Fe,clo – vorhanden. AgNO3 — Fällung, sonst nichts. II. Fröhdes Reagens - anfangs kaum wahrnehm- bar violett, später schön grün. III. Fröhdes Reagens — anfangs nichts, später grün. Fe2C16 + H2SO4 - Reaktion angedeutet. - Auch dieser Harn verhielt sich analog dem der Versuche VIII und IX. 30 grm. faeces des Untersuchungsthieres werden · geprüft, wobei ich in Bezug auf die Vorbereitung auf das darüber beim gleichen Hydrochinonversuche IX Gesagté hinweise. Es liess sich kein Arbutin finden. Auch die Hy- drochinonreaktionen versagten. Versuch XI. Ein Cystitispatient nahm 1,0 Arbutin und unter- suchte ich in bisheriger Weise seinen in 24 Stunden gelassenen Harn. I. Fröhdes Reagens -- sehr schön violett. H2SO4 + Fe Cle -- sehr schön dunkelbraun. Chlorwasser heiss und NH, -- bräunlich. Sonst nichts. II. Fröhdes Reagens - violett. H2SO4 + Fe Cle - gute Reaktion. Sonst nichts. 58 on- III. Fröhdes Reagens - sehr schön violett. Fe,C16 + H2SO4 — schwach braun. Chlorwasser heiss und NH, – bräunlich. Fe, Cl. + Wasser - sehr undeutlicher Chinon- geruch. Versuch XII. Um die Dauer der Ausscheidung aus dem Körper zu bestimmen, prüfte ich den nach Einnahme von 1,0 Arbutin in Zwischenräumen von je 3 Stunden gelie- ferten Harn (Summa 675 Cubikcent.) und fand, dass in der fünften Portion (nach 15 Stunden) noch schwache Reaktionen sich zeigten, welche bei der sechsten schon ausblieben. Somit scheint die Ausscheidung in 15 Stunden beendet zu sein. TO e. Versuch das Arbutin in den einzelnen Organen eines vergifteten Thieres nachzuweisen. Versuch XIII. Ein 2500' grm. schwerer Kater erhielt 1,0 Arbu- tin durch die Schlundsonde und stirbt, nachdem er 10 Stunden fast stets in Krämpfen gelegen. Vor dem Tode lieferte er mir die im Versuche VI behandelten 95 Cubikcentimeter Harn. Die Sektion ergab ausser einigen Ekchymosen an den serösen Häuten nichts Auffälliges. Die Behandlung der Organe bis zur Ausschüttelung setze ich als von Hydrochinon her bekannt voraus. a . 59 . nimation that is very best - .- Die Verdunstungsrückstände theilte ich stets in 3 Theile, von denen ich den ersten (I) sogleich prüfte, den zweiten (II) in kochender schwefliger Säure und den dritten (III) in kochender verdünnter Schwefel- säure löste, nochmals schüttelte und nun die Reak- tionen anstellte. Ich will hier nur die eingetroffenen Reaktionen nennen mit dem Hinzufügen, dass ich stets in allen 3 Portionen sowohl die charakteristischsten Arbutin-, wie auch Hydrochinonreagentien anwandte. Ur Ten ULL es 11. Magen. I. Fröhdes Reagens – R. spurenweise, später schön grün. H2SO4 + Fe,Clo - braun. II. Wie bei I. III. Wie bei I. Dünndarm. "I und II. Fröhdes Reagens - deutlich violett. H2SO4 + Fe,C16 - — schön dunkelbraun. III. Fröhdes Reagens deutlich violett. H2SO4 + Fe,C1o -- schwächer als bei I u. II. Dickdarm. I und II. Fröhdes Reagens - deutlich violett. H,804 + Fe,clo - braun. III. Fröhdes Reagens — deutlich violett. H2SO4 + Fe, Cl-- braun, doch schwächer als bei I und II. . . - 60 Leber. I, II u. III. Fröhdes Reagens — sehr schön violett. H2SO4 + Fe, Cl. - schwach braun. Milz und Muskel zeigten sehr undeutliche, daher nicht zu benutzende Reaktionen. · Herz und Blut. I, II u. III. Fröhdes Reagens - R. spurenweise; später grün. H2SO4 + Fe,Clo -- braun. Nieren. I. Fröhdes Reagens — sehr schön violett. H2SO4 + Fe, Cl6 — schöne Reaktion. II u. III. Fröhdes Reagens - nur spät grün. H2SO4 + Fe,Cl. – braun. Blase. I. Fröhdes Reagens « spurenweise Violett- färbung. H2SO4 + Fe,Cik - braun. II u. III. Fröhdes Reagens — anfangs nichts, spä- ter grün. H2SO4 + Fe Cle - braun. Gehirn und Lungen ergaben in allen 3 Portionen nur eine spät eintre- tende Grünfärbung mit Fröhdes Reagens und schwache Braunfärbung mit H,804 + Fe, Cle. 61 | f. Nachweis des Arbutin im decoctum fol, uvae ursi. — — -... - -- - - ar Zu dem Behufe stellte ich mir 2 Dekokte von (I) 5,0 fol. uvae ursi auf 100 Wasser, resp. (II) 10,0 auf 100 Wasser her, schüttelte mit Petrol- und Essig- äther und wies in den Verdunstungsrückständen des letzteren das Arbutin nach. Vor dem Schütteln war natürlich mit schwefliger Säure angesäuert worden. I. Fröhdes Reagens - schön violett. H2SO4+Fe,clo — dunkelbraun. Chlorwasser heiss und NH, - braun. Fe, Cl. + Wasser - dunkelblaugrün (Tannin?) II. Dieselben Reaktionen. 13 . . . Resumé. Auch hier erlaubt die Dragendorff'sche Me- thode eine Sonderung des Arbutin aus dem Unter- suchungsobjekt, welche am besten durch Essigäther geschieht. Schüttelte ich nach künstlichem Zusatz oder nach Einnahme resp. Eingabe das Arbutin aus, so zeigten sich mir stets die Arbutinreaktionen allein. Kochte ich hingegen die zu prüfende Flüssigkeit mit ver- dünnter Schwefelsäure (4-procentig), so entstand, wie zu erwarten, Hydrochinon, das ich mit den ihm zu- kommenden Reaktionen leicht nachweisen konnte. Ein Lösen des Verdunstungsrückstandes oder auch Kochen desselben mit verdünnter Schwefelsäure führte nicht mehr oder in nur sehr zweifelhafter Weise (cfr. Versuch III und XI) zu dem vorigen Resultate. Schweflige Säure ist dem Arbutin gegenüber in- different in Bezug auf Deutlichkeit der Reaktionen.. Als sehr empfindliches und zugleich eine Differen- tialdiagnose zwischen Arbutin und Hydrochinon er- laubendes Reagens will ich H,80 +Fe,clo empfehlen. - . 63 . Die Ausscheidung des Arbutin erfolgt in ca. 15 Stunden und nur durch den Harn, da der Koth nicht die geringste Andeutung einer Reaktion zeigte. Bei Vergiftungen dürfte sich das Arbutin fast in allen Organen nachweisen lassen. Auch ein decoctum folior. uvae ursi giebt deut- lich eintretende, charakteristische, dunkle Braunfärbung mit H2SO4+Fe, Cic. Katzen sind dem Gift gegenüber weniger wider- standsfähig als Kaninchen. . . wy * * + . Thesen. I. Nach der Einnahme von Hychrochinon lässt sich dasselbe in freiem Zustande im Harn nicht nach- weisen, wohl aber künstlich herstellen. II. Das Arbutin findet sich als solches im Harn wieder. III. Der Hausarzt sollte Sorge tragen, dass Schul- licht vornehmen. IV. Das gesetzliche Honorar für Aerzte ist nicht mehr zeitgemäss. V. Der erste therapeutische Eingriff bei einem ulcus molle muss eine energische Cauterisation mit dem Lapisstifte sein. VI. Acne vulgaris vergeht in kurzer Zeit bei mehr- maligem täglichem Abreiben der betreffenden Stel! len mit einem nassen Tuche. VII. Die Tanninwirkung eines Dekokts der folia uvae ursi ist nicht zu unterschätzen. 1 Ueber Veratroidin im Vergleich zu Veratrin. is Inaugural- Dissertation zur Erlangung des Grades eines e Doctors der Medicin went time 1 verfasst und mit Bewilligung 771 . 1 VUI u U Einer Hochverordneten medicinischen Facultät der Kaiserl. * Universität zu Dorpat zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt von * Ezechiel Boris Löwensohn. 17 Ordentliche Opponenten: Doc. Dr. E. Stadelmann, - Prof. Dr. H. Unverricht, - Prof. Dr. R. Kobert. Dorpat. Druck von H. Laak nia nn's Buch- und Steindruckerei. 1890. -- - . - - - - - - -- - .- -. . : * - : ب سره . . Decan: Dragendorff. Gedruckt mit Genehmigung der medicinischen Facultät. Referent: Professor Dr. R. Kobert. Dorpat, den 28. April 1890. . 153. . و دو : . . . . . نمد - سه و نه هم مداد خط سه... «لوگان 2 .3 . . An erster Stelle erlaube ich mir allen mei- nen verehrten Lehrern, insbesondere aber Herrn Prof. R. Kobert für die mir zu Theil gewordene Leitung und Belehrung zu danken. LL حلمزيد Historisches . Sun Es ist noch eine offene Frage, ob die alten Griechen das uns interessirende Veratrum album!) gekannt haben. Der aus einem Parallelismus der phy- siologischen Wirkungen zuerst von Schulze) aus- gesprochene, von Raudnitz, Sprengel und v. Groty) getheilten Ansicht von der Identität des Veratrum album mit dem ‘Eméßopos deuxós der Griechen stehen einige Bedenken von Fraas gegenüber. · Letzterer behauptet 4), dass nach Sibthorp das Veratrum album gar nicht mehr in Griechenland gefunden werde 1) Hier eine Aufzählung der gebräuchlichsten deutschen Namen nach Dr. G. Pritzel und Dr. C. Jessen (Die deutschen Volks- namen der Pflanzen. Hannover 1882. S. 427 und 428): Veratium album, Mittelalt. Elleborus, Helleborus albus, Gelisia, Aniswurzel, Brechwurz, Brusterbeutel, Champanierwurzel, Christwurzel, Doltocken, Fieberstell- wurzel, Gälbala, Gärwere, Geermäder, Geermadern, Geermägä, Gerbala, Wilrz, Hainmer, Hammern, Hammerwurz, Hannover, Hemera (althd.), Hemer, Hemerwurz (mitthd.), Hemmer, Hemmerwurz, Hemmere, Holz- Wurzeln, Hünerwurz, Läusekraut, Lauskraut, Lauswurz, Lebwurz, Lüpp- wurzel, Nasewort, Neselwurz, Neysswortze, Nezewort, Niesewurz, Niess- würze, weiss Niesswurz, Nisburtz, Nieswurtze, Nossawort, Nyesewortze, Nyswurze, Plusterbüdel, Scamponie. Schamphonie, Schainpanirwurz, Wendewurz, Wisswurtze, Wizkrut. 2) J. E. F. Schulze, de elleboribus veterum. Halae 1717, 3) R. K obert, Historische Studien Bd. 1 S. 97. . 4) C. Fraas, Synopsis plantarum florae classicae S. 189, 190, 284, i und er selbst dessen Vorkommen dort sehr bezweifle; dass ausserdem die Angabe des Dioscorides, der Ελλέβορος λευκός komme in Galatien und Cappadocien vor, die Identität desselben mit dem Veratrum album noch mehr problematisch mache. Trotzdem glaubt Fraas, dass die Alten unter "Euláßopos deuxós den- noch das Veratrum album verstanden wegen der Wurzel, welche bei Veratrum und Helleborus niger ähnlich ist. Der neueste Autor auf diesem Gebiete, Beren des :) äussert sich folgendermassen: In Betreff der Frage, was der weisse Helleborus, das Veratrum al- bum, der alten Aerzte sei, befinden wir uns leider wieder im Reiche der Vermuthungen. Die Beschrei- bungen weichen so sehr von einander ab, dass man zu der Annahme verleitet wird, dieselben bezögen sich auf ganz verschiedene Pflanzen. Dioscorides, dem wir wohl mit der grössten Sicherheit folgen dürfen, beschreibt den weissen Niesswurz (Mé Bopos deuxós) als eine Pflanze von einer Hand höhe mit Blättern, ähnlich denen des Wegerichs oder der wil- den Beta, aber kürzer, dunkler und röthlich; der Stengel ist hohl und schält sich ab, wenn er trocken zu werden anfängt. Die Wurzeln sind zahlreich, dünn und gehen von einem kleinen, länglichen, zwiebelartigen Wurzelkopfe aus. Die Pflanze wächst in bergigen und rauhen Gegenden.“). Der beste kommt aus Cyrene, Galatien und Kappadocien. Die- selbe Beschreibung liefert auch Plinius 7). Hiernach 5) Dr. Berendes, die Pharmacie bei den Griechen. Besonderer Abdruck aus dem Archiv der Pharmacie, Bd. 27 S. 80 und 81. 1889. 6) mat, medica IV. 130. 7) 1. Dat. XXV, 5 (21). YA A. könnte man versucht sein, unseren weissen Germer (veratrum album) für den weissen Helleborus zu halten, aber die von beiden Schriftstellern, auch von Theophrast angegebene Höhe weicht zu sehr von der unserer Pflanze ab, als dass man beide für iden- 1 1. JL Eine bald anzuführende Stelle aus Plinius stellt jedoch die Identität beider in Rede stehenden Pflan- zen fest, und zeigt auch, dass das Veratrum album von den Alten gut gekannt war. Aretaeus 8) empfiehlt die Niesswurz bei Elephantiasis, Celsus gegen Epi- lepsie unter dem Namen Veratrum album: si per haec morbus comitialis finitus non fuerit, confugien- dum erit ad album veratrum. (Kurz vorher hat er ein Veratrum nigrum empfohlen.) Gegen Epilepsie genoss unsere Pflanze viele Jahrhunderte lang gros- sen Ruf. Dioscorides (IV. 148) sagt, dass sie Er- brechen und Niessen errege. Plinius (XXV. 21) erzählt, dass die Gelehrten sie genossen, um ihre Sinne zu reizen, wenn sie schwierige geistige Arbeit zu vollenden hatten und berichtet darüber vieles. Er sagt ausdrücklich, dass der griechischen Bezeich- nung Helleborus albus in Italien die Bezeichnung Veratrum entspreche. Er sagt weiter, dass sie sich nicht leicht sammeln lasse, «denn sie nimmt den Kopf sehr ein, besonders, wenn man nicht vorher Knoblauch isst, zuweilen einen Schluck Wein trinkt und das Ausgraben rasch vollendet.» Das Mittel mache Erbrechen und beseitige die Epilepsie. So 8) Die auf die römische und arabische Zeitperiode bezüglichen Daten sind mir von Prof. K obert freundlichst mitgetheilt worden. sei z. B. der Volkstribun Drusus durch sie geheilt worden. Das Pulver der Wurzel errege Niesen... Der obere Theil der Wurzel diene als Reinigungsmittel für Hunde, der untere werde für Menschen benutzt. Der Geschmack sei scharf und brennend. Man müsse nicht zu kleine Dosen geben, damit das Mittel rasch «durchschlägt». Darauf bezieht sich der berühmte Ausspruch von Herophilus: «der Helleborus albus ist einem tapferen Feldherrn zu vergleichen; wenn er alles im Leibe in Bewegung gesetzt hat, geht er selbst, allen anderen voraus, wieder ab». Dass das Mittel oft genug üble Fol- gen hatte, geht aus dem Rathe von Plinius hervor, es nicht «an einem nebligen Tage zu geben, weil sonst unleidliche Schmerzen eintreten»; ebenso sei die Anwendung im Winter stets bedenklich. Den Körper müsse man sieben Tage vorher durch scharfe Speisen und Enthaltung von Wein, den vierten und dritten Tag vorher durch Brechmittel und den Tag vorher durch Fasten darauf vorbereiten. Die Wir- kung fällt in die 4-7te Stunde nach der Darreichung. Dieselbe geschah unter Meth, süssem Wein oder Honig, zuweilen wurde die Wurzel auch 24 Stunden in Rettig gesteckt, dann entfernt und der Rettig ge- nossen. Auch von einem wässrigen Infus, der mit Honig eingedickt war, wurde zu einem Esslöffel voll genommen. Die hyppocratische Schule setzte unse- rer Pflanze ein noch strittiges Kraut Sesamoides (onoapoeioes) genannt zu. Die Indicationen und Contraindication für den Gebrauch des Veratrum al- bum führe ich wörtlich nach Plinius (XXV, 24-25) an: «Auf diese Weise heilt man innerlich Epilepsie, - - - - . Schwindel, Melancholie, Raserei, Wahnwitz, weisse Elephantiasis, Krätze, Starrkrampf, Zittern, Podagra, anfangende Wassersucht, Magenübel, Krämpfe, lange Bettlägrigkeit, Hüftweh, viertägiges Wechselfieber, welches keinem anderen Mittel hat weichen wollen, anhaltenden Husten, Blähungen und öfter wiederkeh- rendes Bauchgrimmen. Das Mittel ist contraindicirt bei 1) Greisen, 2) Kindern, 3) Leuten mit weichem weibischen Kör- per und Gemüthe, 4) bei kleinen zartgebauten Per- sonen, 5) bei Furchtsamen, 6) bei Weibern, 7) bei Geschwüren und Geschwülsten der Brust, Blutaus- wurf, Seitenstechen und Halsübeln. Ausserlich wird das Mittel mit Fett und Salz als Salbe angewandt bei schleimigen Ergüssen und alten Eiterungen. Zum Tödten von Mäusen vermischt man es mit Polenta. Die Gallier bedienen sich auf der Jagd in Elleborus getauchter Pfeile, schneiden die dadurch entstandene Wunde heraus und versichern, dass das Fleisch der auf diese Weise erlegten Thiere zarter schmecke. Um Fliegen zu tödten, übergiesst man die Wurzel der weissen Art mit Milch; auch verordnet man sie gegen Läusesucht. » : Die späteren römischen Autoren geben im Gros- sen und Ganzen die Angaben von Plinius und Dioscorides wieder; so auch die Byzantiner. Von den Arabern erwähnen Mesue und Serapion unser Mittel als Emeticum, wissen aber auch, dass es Convulsionen veranlassen kann. Aehnlich urtheilt Ali ben Abbas. Averrhoës ersetzte Veratrum album als Purgans durch Lapis lazuli. Rhazes dagegen empfiehlt es bei Epilepsie, Melancholie, 10 TTY Arthritis und Manie. Sicher scheint es zu sein, dass das Rhizoma Veratri albi im XVI Jahrhundert den Spaniern unter dem Namen de Balestra oder de Jerva bekannt war 9). Nachdem Meissner im Jahre 1818 zuerst aus dem Sabadillsamen das Sabadillin dargestellt hatte, traten schon 1818 Pelletier und Caventon mit der Behauptung, auf dasselbe Alcaloid ausser im Sabadillsamen auch noch in der weissen Niesswurz gefunden zu haben. Von ihnen stammt auch der Name Veratrin. Aber erst 1837 zeigte Eduard Simon 1), dass in der weissen Niesswurz noch ein zweites Alcaloid vorhanden ist, welches er nach der Eigenschaft desselben ähnlich dem Baryt aus den Auflösungen des Acetates oder Phosphates durch verdünnte Schwefelsäure gefällt zu werden ursprünglich Barytin, später aber Jervin nannte. Auch Wei- gand 11) bestätigte 1842 das Vorhandensein dieser Alcaloide, nämlich des Veratrins und Jervins. Da- gegen stellte zuerst Maisch 12 die Behauptung auf, dass das Veratrum album kein Veratrin enthalte, welcher Ansicht auch Dragendorff in seinen Bei- trägen zur gerichtlichen Chemie (S. 50) beitritt. Die- selben Widersprüche machen sich auch bei dem Veratrum viride geltend. So gaben im Jahre 1864 2117 9) cf. A. Tobien. Beiträge zur. Kenntniss des Veratrun-Alca. loide. Dissert. Dorpat 1877. 10) Pharmac. Central - Blatt, 8. Jahrgang. Seite 191, 753. 11) Pharmal. Central-Blatt, 13. Jahrgang. Seite 309, 12) Ainer. Journal of Pharm. Vol. 47 Nr. X. S. 450 citirt nach Tobien. . S 11 im Veratrum viride ein in allen chemischen Eigen- schaften mit dem Veratrin übereinstimmendes Alca- loid vorhanden ist, während schon 1865 Bullock 15) und nach ihm C. Mitchel 16) erklärten im Veratrum viride ein nur dem Veratrin ähnlicher Körper enthal- ten ist, den er Veratroidin nannte. Später änderte Bullock seine Angabe dahin, dass das Veratroidin doch nur ein Gemenge von Harz und Jervin sei. Unterdess war eine Arbeit von Schroff 17) erschienen, welcher in dem Veratrum Lobelianum doch Veratrin gefunden haben wollte. Die von Tobien 18) darauf- Tu Veratrum album, als auch Lobelianum ergaben, dass auch im Veratrum Lobelianum Veratroidin und Jervin vorkomme, sogar reichlicher als im Veratrum album ; dass das Veratroidin und Veratrin zwei durchaus verschiedene Alcaloide sind, und dass das Veratroidin durchaus kein Gemenge von Harz und Jervin sei, wie Bullock später verbessern zu müssen glaubte. Hand in Hand mit diesen Untersuchungen der weissen Niesswurz machte auch die Reindarstellung des Veratrins aus dem Sabadillsamen Fortschritte. Merck und Weigelin zerlegten zuerst das Ve- ratrin des Handels in einen krystallisirbaren und einen harzartigen Bestandtheil und Schmidt und 13) Amer. Journ. of Pharm. Vol. 48 Nr. l. S. 2, citirt nach Tobien. 14) Amer. Journ. of Pharm. Vol. 48, Nr. I, citiit nach Tobien. 15) Amer. Journ. of Pharm. 1865 S. 321. 16) Proceed of the amer. Journ. pharm, assoc. 1874 S. 397. 17) v. Schroff, Prager Vierteljahrschr. LXIII. 18) 1. c, - - 12 Köppen fanden, dass das officinelle, im Handel als «purissimum» bezeichnete) Veratrin aus einem innigen Gemische zweier Alcaloide besteht, von de- nen das eine krystallisirbar und in Wasser unlöslich ist, das andere nicht krystallisirbar aber in Wasser löslich ist. Zu demselben Resultate gelangten auch Wright und Luff. Das krystallisirte unlösliche Veratrin trägt auch nach Wright und Luff den Namen «Cevadin», während das in Wasser lösliche, amorphe «Veratridin » genannt wird 19). (Nicht zu: verwechseln mit dem «Veratroidin» aus der weissen Niesswurz!) Wie es scheint hatte die starke Giftigkeit des weissen Germers, lange noch vor der chemischen Untersuchung desselben, Veranlassung zu pharmaco- therapeutischen Experimenten gegeben. Nach Andr. Murray 20) gab Wepfer einem 3 Wochen alten Hunde einen Scrupel (= 1,3 g.) der weissen Niess- wurz mit Milch absichtlich ein; innerhalb einer halben Stunde war er beinahe todt und zeigte bei der Eröffnung Zeichen von Magenentzündung. Mat. thiolus verwundete wiederholt Thiere und Hähne mit einem, mit dem Saft der Wurzel vergifteten In- strumente und sah sie bald sterben. Auch Scha- bel, Greding und Hahnemann sollen Vergiftungs- versuche angestellt haben. Jedoch seit der Ent- deckung des Veratrins durch Meissner wendet sich die Aufmerksamkeit der Forscher diesem Praeparate zu. Die von Magendie 21) stammenden, und 11 V 19) cf. Pharmac. Jahresbericht 1883–1884 S. 768. 20) Jo. And. Murray, Apparatus medic. Vol. V. S. 145 u. ff. 21) Magendie, Journal de Physiologie 1821 p. 64. . 13 11 von Andral veröffentlichten Versuche waren die ersten Ihnen folgte Turnbull 22) der zuerst frei- lich nur die Indicationen für den äusserlichen Ge- brauch des Veratrins aufstellte, später aber auch für den inneren Gebrauch. Jetzt häuften sich die Arbei- ten über Veratrin. Ebers 23) lobte seine diureti- schen Wirkungen und behauptete durch eine schwache Veratrinsalbe sich Anasarca und Ascites wegcurirt zu haben und Roëll will gute Erfolge bei Nerven- leiden gesehen haben. Alle bisher genannten Arbeiten tragen einen ausschliesslich klinischen Charakter. Esche 24) dagegen experimentirte schon an Thieren. Er führte das Gift per Clysma ein, oder injicirte in die Vene und beobachtete den Erfolg. 1837 erschien die Ar- beit von Forcke 25), welcher die durch kleine, aber ofte Gaben bedingten Erscheinungen beschreibt. Sein ganzes Versuchsmaterial bestand in zwei Hunden, weil «bei einem Mittel, dessen Wirkung sich vorzüglich in der Sphäre der sensiblen Nerven offenbart, von Ver- suchen an Thieren kein bedeutender Aufschluss zu er- warten sei. » Die von Aran26) veröffentlichten Beobach- tungen am Menschen werden ebenfalls durch Thierex perimente unterstützt. Er war es, der zuerst die fieber- widrigen Eigenschaften des Veratrins, wie das Sinken des Pulses und der Temperatur experimentell fest- 22) Turnbull, Lond, medic. Gaz. 1834. 23) E bers, Casper's Wochenschrift 1835 Nr. 41, 43. 24) Esche, de Veratriae effectibus in corpus animale. Lip- siae 1836. 25) Forcke, Physiologisch - therapeutische Untersuchungen über das Veratrin. Hannover 1837 (citirt nach Schmidt's Jahrbücher). 26) Aran. Bull. gen. de Thér. Vol. XLV. (citirt nach Canstatt) 14 stellte. Bei der 1854 erschienenen Abhandlung von van Praag?7) müssen wir stehen bleiben. Er experimentirte an Hunden, Kaninchen, Lerchen und Finken und giebt ein recht gutes Bild einer Veratrinvergiftung. Nur gegen seine vorherrschende Applicationsweise per os liesse sich sagen, dass die Menge des resorbirten Giftes nicht genau controllirbar ist. Die Versuche von Faivre und Leblanc können wir füglich über- gehen; sie bestätigen im Allgemeinen das von van Praag gefundene, und verneinen nur das Erregungs- stadium, welches nach Letzterem den Lähmungszu- ständen vorangehen soll. Wenn in allen aufgezählten Arbeiten die Aufmerksamkeit auf alle Vergiftungser- scheinungen gleichmässig gerichtet war, so tritt mit der 1856 veröffentlichten Arbeit von Kölliker 28) eine gewisse Spezialisirung ein. Es wird immer noch möglichst allseitig experimentirt, das Hauptinteresse. aber wird den bei der Veratrinvergiftung so charak- teristisch auftretenden Muskelerscheinungen zuge- wandt. Durch combinirte Untersuchungen mit Cu- rare und Veratrin kommt Kölliker zu dem Ent- schluss, dass das Veratrin einen specifischen Ein- fluss auf die Muskelsubstanz ausübe. Die nun fol- genden Arbeiten von Guttmann 29), Bezold und Hirt 36, Weyland 31), Fick und Böhm 32), beschäf- 27) L. van Praag, Virchow's Archiv Bd. VII S. 286. 28) Kölliker, Virchow's Archiv Bd. X S. 257 und Pelikan und Kölliker, Verhandlungen der Würzb. Gesellschaft Bd. IX 1859. 29) Guttmann, Archiv für Anatomie und Physiologie 1866. 30) Bezold und Hirt, Untersuchungen aus dem physiol. Labo- rat, zu Würzburg Bd. I und Hirt: Veratrinum, quam habet vim in cir- culationem, respirationem et nervos motorios. Dissert. Vratisla viae 1867. 31) L. Weyland, Vergleichende Untersuchungen über Veratrin, 15 TI11 CT tigen sich vorherrschend mit den Muskelerscheinun- gen, die von Prévost 33) (1867) geht weniger in's Specielle. Unterdess werden noch immer Versuche an Thieren gemacht sowohl mit der Tinct. Veratri viridis, so von Oulmont und Linon (1868) 34), als auch mit dem Veratrum viride selbst, so Amory und Webber (1869) 35), und dem Extr. Veratri albi, wie die Selbstversuche von Krueg und Fossek 36), wahrscheinlich wegen der grossen Anpreisung der Heilkraft des Veratrum viride grade in diesen De- cennien. Einen eigenthümlichen Weg zur Erforschung physio-pharmacologischer Erscheinungen finden wir in der um diese Zeit (1869) erschienenen Dissertation von Briesemann 37). Er fand bei directer mikro- scopischer Untersuchung nach der Cohnheim'schen Methode, dass bei Vergiftungen mit Veratrin die Puls- frequenz allmälig abnehme, bis ein gewisses Minimum der Pulsation erreicht ist. Auch die Stärke der Con- tractionen und der Pulswellen nehmen ab, bis letz- tere verschwindend klein geworden sind, die Musku- latur der Gefässwandungen büssen ihre normale Spannung ein und das Lumen der Gefässe wird ab- norm weit. Von Bedeutung sind ferner die 1870 TYT L W TI Sabadillin, Delphinin, Emetin, Aconitin, Sanguinarin und Chlorkalium, Dissert. Giessen 1869. 32) Fick und Böhm. Ueber die Wirkung des Veratrins auf die Muskelfaser, Verhandl. der physik. med. Gesellsch. in Würzburg Bd. III 1872. S. 198. 33) M. J. L. Prévost, Recherches expérimentales à l'action de la Vératrine, Gazette médicale de Paris 1867 Nr. 5 u. ff. 34) cf. Virchow - Hirsch, Jahresbericht 1868 Bd. I S. 341. 35) cf. Virchow - Hirsch, Jahresbericht 1869. Bd. I S. 353. 36) Daselbst S. 377. 37) C. Briesemann, Mikrosk. Untersuchungen über die Wir- kung des Digitalin, Veratrin und Ergotin ; Diss. Rostock 1869. S. 25. 16 von Wood38) publicirten Versuche mit dem von Bullock aus dem Veratrum viride dargestellten Viridin und Veratroidin. Das Original ist mir leider nicht zugänglich, wie aber aus einem Referat in den Schmidt'schen Jahrbüchern zu ersehen ist, benutzte er das sehr schwach sauer reagirende, fast neutrale, schwefelsaure Salz und experimentirte an Hunden, Katzen, Tauben und Reptilien. Er fand, dass die Wirkung des Vera- troidin und seiner Salze sehr verschieden von der des Viridin ist, welches letztere mehr dem Veratrin ähnlich ist. Das Veratroidin bedinge locale Reizung, Erbrechen und zuweilen Durchfall, ist ohne Einfluss, auf Gehirn und Pupille und wirke herabstimmend (?) auf die motorischen Rückenmarkfasern, zugleich aber auch auf die leitenden Nerven und Muskeln, es setzt auch die Herzthätigkeit in Stärke und Frequenz herab. Die Periode der Depression ist gefolgt von einer sol- chen der Reaction, indem die ursprüngliche Herz- wirkung unabhängig von der spinalen Einwirkung besteht. Zwei Jahre später controllirte Peugnet33) ebenfalls an einem Bullock'schen Veratroidin die Wood’schen Versuche und konnte sie nur bestätigen. Er hebt die schon von Wood beobachtete Reizung bei subcutaner Application noch ganz besonders her. vor. Die 1880 von Pecholier und Redier 19) veröffentlichten vergleichenden Versuche mit Abko- chungen von Veratrum album und Helleborus niger TY --- 38) Dr. Horatio C. Wood, Americ. Journ. N. S. CXVII p. 36 1870 citirt nach Schmidt's Jahrbücher 1870 Bd. 146 S. 264. 39) cf. Virchow-Hirsch Jahresbericht 1872 Bd. I. S. 375. 40) cf. Virchow-Hirsch 1880. Bd. I. S. 453. . . . . . . . 17 1 können wegen der unbestimmten Dosirung nur gerin- gen Wert haben. Sie fanden aber schon, dass das Froschherz nach Veratrum album in Diastole stehen bleibe. Helleborus niger zeigte natürlich ganz andere YA! von Karewsky 41) bringt nichts Neues. Grösseres Interesse bietet schon die Ringer'sche (1882) Ar- beit 42). Nach ihm soll die Wirkung des Veratrins auf die Muskelsubstanz durch Wärme gesteigert wer- - den. Ebenso fanden Lauder Brunton und Cosh 43), dass die Wirkung des Veratrins auf den Muskel durch das Uebersteigen gewisser Temperaturgrenzen nach oben oder unten gehemmt oder aufgehoben werden kann. Im Jahre 1883 stellte Urpar 44) vergleichende Versuche mit Sabadillin, Sabatrin und Veratrin an und stellte den Satz auf, dass nach Veratrin das Herz bei rapidem Tode in Systole, sonst aber in Diastole stehen bleibe, womit in gewissem Sinne die oben angeführte Beobachtung von Pecholier und Redier bestätigt wird. Ausserdem stellte er auch einen Versuch mit einem Veratroidinpräparate an, will aber davon gar keine Beeinflussung aufs Herz . gesehen haben. In demselben Jahre erschienen auch !.. die Experimente · von Lissauer 45), angestellt mit dem Schmidt'schen krystallisirten Veratrin oder Cevadin. Letzteres soll in jeder Beziehung dem Vera- L inien word deur die mim .. .! 41) Kare wsky: Ueber den Einfluss einiger Herzgifte auf den Herzmuskel des Frosches. Dissert. Berlin 1881. 43) cf. Centralblatt für die medic. Wissenschaften 1883 Nr. 6. 44) Virchow-Hirsch Jahresbericht 1883 S. 435. 45) H. Lissauer, Untersuchungen über die Wirkungeu der Ve- ratrum alcaloide, Schmiedebergs Archiv, Bd. 23 1887 S. 36. 18 ( trin in den physiologischen Wirkungen gleichen. - Interessant ist auch die von Biedermann 46) gemachte Beobachtung, dass während der Dauer der Durch- strömung mit dem constanten Strom eine sehr deut- liche Erschlaffung des tonisch contrahirten Veratrin- muskels stattfinde. – Die neueste Arbeit auf diesem Gebiete beschäftigt sich wieder speciell mit dem Vera- trinmuskel. Sie stammt von Walker Overend 47), welcher eine Vermehrung der absoluten Kraft des mit Veratrin vergifteten Muskels constatirt und die- selbe auf Rechnung der zur stärkeren Betheiligung angeregten weissen (langsamen) Fasern setzt. Das von mir benutzte Veratroidin ist im vorigen Jahre im Dragendorff'schen Institut zur Lösung -- einer Preisaufgabe vom Assistenten Herrn mag. pharm. Pehkschen dargestellt worden. Letzterer hatte die Freundlichkeit mir 1 Gramm des Alcaloids zur phar- macologischen Untersuchung zu geben, wofür ich ihm hier meinen Dank ausspreche. Das Veratroidin stellt ein weisses amorphes, die Nase stark reizendes Pulver vor und ist schwer in Wasser löslich. Zu meinen Versuchen wurde das Alcaloid unter Zusatz von Essigsäure in 0,75 % Kochsalzflüssigkeit gelöst. Die Lösung reagirte nur sehr schwach sauer. LUCY 7. 46) Virchow-Hirsch, Jahresbericht 1885. Bd. 1, S. 181. 47) Walker-Overend, Ueber den Einfluss des Curare und Veratrins auf die quergestreifte Musculatur. Schmiedebergs Archiv Bd. 26, S. 1. 19 Allgemeinerscheinungen an Kaltblütern nach Veratroidin. Auf den Organismus der Rana temporaria, an der die nachfolgenden Versuche angestellt worden sind, wirkt das Veratroidin relativ schwach im Vergleich mit Warmblütern. 0,1 mgr., bei sehr empfindlichen Thieren sogar 0,01 mgr. der Substanz in kochsalzhaltiger Lösung unter die Haut gebracht bringen deutliche Vergiftungserscheinungen hervor, obgleich als unterste tödtliche Dosis erst 1 mgr. für ein mittelgrosses gewöhnliches Exemplar gelten kann (was ungefähr 26,7 mgr. pro Kilo Frosch ausmacht). Dass der Unterschied in den Vergiftungserscheinungen nach kleinen und grossen Dosen nur ein gradueller ist, sollen folgende, einer ganzen Reihe von 23 Ver- suchen, entnommene Protocolle zeigen. Nr. 13. 26. II. 90. ** 4 h, 34 m. Zwei Fröschen wird je 0,1 mgr. Veratroidin in den Rücken- lymphsack injicirt. 4 h. 40 m. Unruhe. 4 h. 55 m. Grosse Abgeschlagenheit, kein Luftschlucken. Nausea. Können noch gut hüpfen. 5 h. 15 m. Keine Spontanbewegung mehr, kein Anziehen der gestreck- ten Hinterextremität. Verminderte Reflexe. Beide bleiben auf dem Rücken liegen. 5 h. 45 m. Rückenlage, Zittern der Bauchwandungen, stark berabge. setzte Reflexe. 7 h. 10 m. Status idem, 27. II. 90. 9 h. 30 m. Beide erholt. 2* . . . .? 20 Nr. 3. 16. II. 90. 12 h. 20 m. Einem Frosch, 37,5 Grm, schwer, wird 1 mgr. subcutan injicirt. Sofort Unrahe, nach wenigen Minuten schon Schwerbeweglichkeit der hinteren Extremität, er hüpft. nicht mehr, er kriecht. . 12 h. 35 m. Kein Luftschlucken mehr, liegt apathisch, lässt sich auf. den Rücken legen, Retlexerregbarkeit der Hinterextremi. täten auf mechanische Reize ganz geschwunden, auf elect- rische vorhanden. 2 h. 45 m. Nausea, liegt apathisch wie in einer Narcose. 1 h. 30 m. Gar kein Lebenszeichen mehr, auf electrische Reizung vom Rückenmark aus werden ab und zu Streckkrämpfe aus- gelöst. 4 l. 45 m. Todt gefunden, Thorax wird eröffnet, Herz pulsirt noch schwach. . . .. tau Nr. 120. 12. IV. 90. 8 h. 55 m. Zwei Fröschen, A und B, werden je 6 mgr. Veratroidin in den Rückenlymphsack injicirt. Nach einigen Minuten heftige Unruhe, Kriechen. 9 h. 10 m. Liegen bewegingslos, reagiren sehr schwach anf äussere Reize, Bleiben auf dem Rücken liegen. A zieht die ge- streckte Extremität nicht mehr an. 9 h. 30 m. A zeigt keine Querleitung mehr, bei B ist sie noch erhalten. 10 h. Status idem. 3 h. 30 m. todt gefunden. Herz in halb systolischer Stellung. Nr. 132. 14. IV, 90. 4 h. 12 m. Zwei Frösche erhalten Curare subcutan. 28 m. Beide liegen bewegungslos da. 32 m. Beide bekommen 0,1 mgr. Veratroidin subentan. 5 h. Keine Starre der Musculatur. 8 h. Keine Starre der Musculatur. 15. IV. 90. 9 h, 30 m. morgens. Status idem. 16. IV. 90 - todt. Das typische Bild einer Veratroidinvergiftung nach einer mittelgrossen letalen Dosis dürfte dem- nach in Folgendem bestehen. Sofort nach der In- jection wird der Frosch stark unruhig und macht 21 U wüthende Sprünge. Zuweilen aber auch bleibt er unbeweglich, wie in einem hypnotischen Zustande liegen, um nach einer Minute etwa in dieses auf- geregte Stadium überzugehen. Nach kurzer Zeit schon stellt sich Nausea ein; der Frosch sitzt mit gesenktem Haupte, weit offenem Munde unverrückt auf demselben Fleck. Dass er mit der vorderen Extremität in den Mund fuhr, sah ich nur einmal. In diesem Zustande kann er noch hüpfen, er thut es aber nur nothgedrungen, seine Bewegungen haben jetzt einen eigenthümlichen kriechenden Charakter angenommen, der beim Frosch sehr auffällt. Setzt man ihn auf die Diele, so macht er vielleicht noch einige Sprünge, ohne jene erschwerte Adduction der Hinterextremitäten, die so charakteristisch für Veratrin sind. Im Allgemeinen aber hat man die unnatür- liche Erscheinung eines kriechenden Frosches. Sehr bald schon tritt Schwerbeweglichkeit und ein augen- scheinlich uncoordinirtes Verhalten der Hinterextremi- täten immer mehr in den Vordergrund, das Thier wird apathisch und die Reflexerregbarkeit, besonders der unteren Körperhälfte, nimmt ab. Die Athmung ist meist schon sistirt und man kann den Frosch auf den Rücken legen, ohne dass er diese unnatür- liche Lage verlässt oder die abducirte Extremität wieder anzieht. Nur selten sieht man in diesem Stadium ein fibrillares Zucken der Bauchwandungen oder der Musculatur der Extremitäten. Reizt man Jetzt electrisch, so werden Rückenmarks- und Muskel- reflexe noch gut ausgelöst, ja zuweilen erfolgen sogar nicht langdauernde Streckkrämpfe. Auch die Quer- leitung ist meist noch erhalten, wenn auch schon 1 22 stark abgeschwächt. Niemals aber sah ich spon- tanen Starrkrampf oder Tetanus auftreten 48), oder auch jene für Veratrin so charakteristi- sche spontane Steifigkeit. Curare ändert nichts am Bilde; der Frosch liegt vielmehr in einer Art narcotischen Zustandes, aus dem er ab und zu zu erwachen scheint, indem er die eine oder die andere Extremität planlos streckt oder anzieht, oder aber, wenn er in Rückenlage sich befindet einige unco- ordinirte Versuche macht sich umzudrehen, um so- fort wieder in den unbesinnlichen Zustand zu ver- fallen. Ist die Dosis eben eine letale, so geht dieser Zustand unbemerkt in den Tod über, indem die Reflexe auf electrische Reizung immer mehr und mehr schwinden. Wird der Brustkorb geöffnet, so findet man jetzt das Herz in Diastole stehn. Nur zwei mal bei 6 und 9 mgr.) fand ich das Herz in halber Systole stehen, was entschieden Zufall ist. Der Tod tritt gewöhnlich 5-10 Stunden nach der Injection ein, zuweilen aber auch später. Bei nicht letaler Dosis kann es dennoch recht lange dauern bis der Frosch sich erholt. Wurde am Abend die Injection gemacht, so findet man zuweilen noch am nächsten Morgen denselben reflex- und bewegungslosen Zustand. Die eintretende Erholung kennzeichnet sich durch ein Wiedererscheinen der Reflexe. Der Frosch macht öftere Versuche sich aus der Rückenlage zu befreien, bis es ihm gelingt. Lissauer (Schmiedeberg's Archiv. Bd. 23 S. 39 und 40) Strech krämpfe, Tetanus und allerlei spastische Erscheinungen zum charakteristischen Vergiftungsbilde zu gehören. a . ! . 23 Dabei kann er immer noch apathisch sein und keine Spontanbewegungen machen, bis schliesslich nach vielen Stunden Restitution eintritt. 11. Kreuzottern. Die mir zugänglich gewesenen Exemplare gehör- Berus an. Die niedrigste tödtliche Dosis betrug bei subcutaner Darreichung 5,32 mgr. pro Kilo Thier. Die wenigen Vergiftungserscheinungen, welche man an der Schlange wahrnehmen konnte, bestanden in Unruhe, Apathie, Sinken der Reaction auf mechani- sche und electrische Reize und schliesslich Verlust der Spontanbewegung. Als constantes Symptom muss ich auch das deutliche Hervortreten der Begattungs- organe hinstellen. Nr. 84. 28. III. 90. 12 h. 20 m. Einer schwarzen Otter, 76 Grm, schwer (A) und einer bunten, 94 Grm, schwer (B) wird je 0,5 mgr. Veratroidin unter die Haut injicirt. Beide zeigen sofort grosse Unruhe. Erscheinungen. 29. III. 90. 10 h. 15. m Beide liegen starr und reagiren nur schwach auf mecha- nische Reize, auch der electrische Reiz ruft schwächere Reactionen hervor, als bei den zur Controlle vorhandenen unvergifteten, 4. IV. 90. B todt gefunden über Nacht. A ist ganz normal. B wird eröffnet. Herz steht in Diastole still. Nr. 107. 4. IV. 90. Otter (A) 1,0 mgr. Veratroidin, einer grossen schwarzen (C) 1,5 mgr., und einer grossen bunten (D) 2,0 mgr. – Sofort grosse Wuth und Unruhe; die Thiere beissen sich selbst und in den Sand, Bei allen treten die Begattungs. organe sehr deutlich zu Tage. A und D entleeren flüs- sigen, gelben Koth, 24 .. of . or o 5 h. - A und D liegen ruhig, B hält den Rachen weit aufge- sperrt und ist noch aufgeregt. 5 h. 30 m. Alle liegen ruhig, reagiren nur schwach auf mechanische Reize. 6 h. - Liegen starr und unbeweglich, reagiren nur schwach auf electrische Reize. 5. IV, 90. 9 h. - A bewegt sich nur schwach, C ist todt. Herz steht in Diastole. D liegt auch unbeweglich, macht aber auf Rei- ziing kaum sichtbare Bewegungen. 2 h. - A ist todt. 6. IV. 90. D scheint todt. Das Herz schlägt noch bei der Eröffnung, wenn auch ohne Kraft. - III. Niedere Organismen, Zu diesen Versuchen wurden die in den Frosch- lungen oft vorkommenden Ascariden, die in der Ampulle desselben Thieres anzutreffenden Würmer sowie die gelegentlich bei Katzen und Hunden im Darm gefundenen Ascariden und Taenien verwerthet. Das Veratroidin blieb auf sie ganz ohne Einfluss,.. wie die Controllversuche lehrten. . * * ** S Allgemeinerscheinungen an Warmblütern nach Veratroidin. Die subcutane Injection der nur sehr schwach sauer reagirenden Lösung von Veratroidin in physio- logischer Kochsalzflüssigkeit wurde an Hunden (12), Katzen (7), Ratlen (9), Kaninchen (2) und Vögeln (6) gemacht. Zu den ersten Versuchen wurden verhält- nissmässig kleine Mengen Giſt genommen, um die : Vergiftungserscheinungen besser studieren zu können, späterhin wurden grössere Mengen genommen, um A . . 25 : die letale Dosis zu bestimmen. Ich führe daher aus jeder Reihe von Versuchen zwei Fälle an mit je einer nicht letalen und letalen Dosis. . TN M1A Nr. 25. 7. III. 90. 8 h. 30 m. Ein Hund, 1700 Gr. schwer erhält 3 mgr. Veratroidin sub- cutan, pro Kilom 1,77 mgr. Sofort Zittern, Nausea, Erbrechen, 35 m. Hintere Extremitäten schwerbeweglich, Beschleunigungs- dyspnoe, Puls : 80. 45 m. Seitenlage, Dyspnoe, herabgesetzte Reflexe, Puls = 72. 55 m. Rückenlage, Speichelfluss, mittelweite Pupille, Puls = 90. 9 h. 10 m. Schwund der Reflexe, Narcose, Puls 96. 10 h. 20 m. leichte Dyspnoe, Narcose, Schwund der Reflexe, Puls = 104, 3 h. 15 m. Reflexe erwachen, leichte Dyspnoe; die bis dahin bestan- den habende Narcose schwindet langsam, 6 h. Scheint sich zu erholen, 8. III. 90. Erholt. Nr. 141. • 18. IV. 90. 10 h. 2 m. Ein Hund, 5800 Grm, schwer, erhält 10 mgr. Veratroidin subcutan = 1,72 mgr. pro Kilo. 15 m. Nausea, Erbrechen, uncoordinirte Bewegungen der hinteren Extremität, Puls - 64. 30 m. Seitenlage, keinerlei Reaction auf mechanische Reizung, Puls = 92, volle Narcose. 40 m. Puls sehr klein und rasch, schwer zählbar. 45 m. Tod. Section: Im oberen Theile des Darmes Röthung und Ecchymosen, Herz normal, Niere hyperämisch. TTY : llbo 4 Nr. 49, 16. III. 90. 9 h. 40 m. Einer schwarzen Katze, 1050 Grm, schwer, werden 2 mgr. Veratroidin subcutan injicirt - 1,9 mgr. pro Kilo. 9 h. 47 m. Unruhe, Nausea, Erbrechen, Schwerbeweglichkeit der hin. teren Extremität, Puls =. 240. 10 h. 7 m. Rückenlage, heftige Beschleunigungsdyspnoe, vermiuderte Reflexe und narcotischer Zustand, Puls = 320. Status idem, ab und zu Nausea, Pals ---- 208. Scheint sich zu erholen, hintere Körperhällte unbeweglich, Narcose im Nachlass begriffen. 17. III. 90. Die Schwerbeweglichkeit der hint. Extr, hält an. 18. III. 90. Erholt. 11 h. 7 h. 26 Nr. 143, 18. IV. 90. 10 h. 10 m. Katze, 1200 Grm. schwer, erhält 9 mgr. Veratroidin sub- cutan 7,5 pro Kilo. 15 m. Nausea, Erbrechen, Seitenlage, Dyspnoe, Puls = 216. 30 m. Keinerlei Reaction auf mechan. oder electr. Reize, scheint in Narcose zu liegen, Puls verme 212. 55 m. Dyspnoe, Status idem, Puls sehr klein. 11 h. 45 m. Status idem, Puls = 142 arrhythmisch. 12 h. 30 m, Status idem, Puls = 168. 1 h. 10 m. Status idem, Puls - 162. 6h. Zeigt einige Reflexe, Puls = 160. 19. IV, 90. 8 h, morgens. Liegt schwer krank, Reflexe stark herabgesetzt. Auf Reize erwacht sie wie aus einem Traum. Die hintere Körperhälfte fast unbeweglich. Starke Nausea und krampf. haftes Würgen bis zu Convulsionen. 6 h, abends. Liegt wieder im soporösen Zustande. 20. IV. 90. 8 h. morgens. Todt gefunden. Section: Normaler Befund sowohl im Herzen als im Darm. Nr. 9. 23. II. 90. 11 h. 5 m, Einer weissen Ratte, 145 Grm. schwer, wird 1 mgr. Ve- ratroidin unter die Haut injicirt = 6,9 mgr. pro Kilo. 11 l. 8 m. Speichelfluss, Unruhe. 22 m. Zuckungen des Zwerchfells, Dyspnoe, Schwerbeweglichkeit der hinteren Extremitäten. 35 m. Seitenlage, starke Dyspnoe, herabgesetzte Reflexe. 55 m. Zuckungen. Die Ratte will sich bewegen, kann aber nur die obere Körperhälfte bewegen, die sich um die untere, anscheinend gelähmte Hälfte im Kreise dreht, 20 m. Zuckungen und Krämpfe. 1 h. 10 m Dyspnoe. Seitenlage, geschwundene Reflexe, Narcose. 6 11. Seitenlage, keine Spontanbewegungen. 24. III. 90. 9 h. 30 m. Ratte wieder munter. Nr. 35. 10, III, 90, 3 h. 45 m. Eine graue Ratte, 200 Grm, schwer, erhält 4 mgr. Vera- troidin subcutan - 20 mgr. pro Kilo. 55 m. Unruhe, Nausea. 4 h. 15 m. Nausea, Zwerchfellszuckungen, Krämpfe, Seitenlage. . * ... * * 27 4 h. 25 m. Keinerlei Reaction weder auf mechanische noch auf elect- rische Reize. Seitenlage, Dyspnoë, volle Narcose. 5 h. 30 m. Stat. idem. 11. III. 90 - todt gefunden. Section: negativ. Nr. 38. 12. III. 90. 10 h. 45 m. Einem Kaninchen 3000 Grm. schwer, werden 6 mgr. Vera- troidin injicirt = 2 mgr. pro Kilo. 11 h. - Unruhe, Dyspnoë, undeutliche Würgbewegungen. 11 h. 10 m. Halbe Seitenlage, die hinteren Extremitäten schwer be. weglich. 35 m. Vollkommene Seitenlage, Dyspnoë, gesunkene Erregbarkeit von der Haut aus. Narcose. 12 b. 35 m. Krämpfe, Puls = 70 pro Minute. 1 h. 8 m,. Wiederholte Krämpfe, Puls - 104, 30 m. Stat. idem, Puls = 124. 4 h. 15 m. Liegt ruhig, leichte Dyspnoë, noch immer Narcose. 6 h, 30 m. Stat. idem. 13. III. 90. -- Erholt. Nr. 21. 5. III. 90. 10 h. 45 m. Einer Krähe, 500 Grm, schwer, wird 0,2 mgr. Veratroidin subcutan gegeben -- 0,4 mgr. pro Kilo. 47 m. Nausea, Erbrechen, steht auf einem Fleck. 58 kann nicht mehr stehen, sitzt. Wird sie zu Bewegungen ver- anlasst, so schwankt sie beim Gehversuche. Starke Dyspnoe. 11 h. 10 m. Kann nicht mehr sitzen, nimmt die gespreitzten Flügel zu Hilfe um nicht umzufallen. Starke Dyspnoe. 12 h. 15 m. Stat, idem, nur geringere Dyspnoe. 1 h. 15 m. Scheint sich zu erholen. 6 h. abends. Erholt. Nr. 27. 7. III. 90. 9 h. 55 m, Dieselbe Krähe erhält 0,5 mgr. Veratroidin subcutan = 1,0 mgr. pro Kilo 10 h. Nausea, Dyspnoe. Kann sich nur schwer auf der Stange sitzend halten, sucht in den ausgebreiteten Flügeln einen Halt. 10 h. 3 m. Fällt von der Stange und bleibt auch auf dem Boden nur in hockender Stellung. - 10 m. Seitenlage, starke Dyspnoe. 15 m. Krämpfe, Tod: -- Section : negativ, 1 28 . . 7 in LK Aus dem Angeführten ist zu ersehen, dass das Veratroidin in alle Lebensfunctionen des Warmblü ters schwer eingreift. In der ersten Periode sind es vorherrschend die Erscheinungen von Seiten des Digestionsapparates, welche das Vergiftungsbild be- herrschen. Erbrechen ist bei allen brechfähigen Thieren, — bei Vögeln freilich selten --- vorhanden. Sie wird von einer starken Nausea eingeleitet, welche das Thier in Unruhe versetzt. Es springt auf, wirft sich nach allen Richtungen und sucht aus dem Kä- fig zu entfliehen. Auch wenn der Magen schon. völlig leer ist, lässt die Nausea und das Würgen nicht nach. Beide finden sich noch in den aller- letzten Stadien der Vergiftung und treten zuweilen noch im Erholungsstadium auf. Durchfälle habe ich nie beobachtet, höchstens ab und zu bei ei- nem Thiere eine einmalige Defäcation von festen Massen. Zugleich mit dem Erbrechen, oft aber etwas später beginnt eine immer mehr und mehr sich ausbildende Störung der Coordination in den Bewegungen der hinteren Extremität bemerkbar zu werden. Die Thiere bewegen sich plump und schwer, gleiten oft aus und sind unsicher auf den Beinen. Dieser Zustand äussert sich beim Vogel darin, dass er nicht mehr gut sitzen kann und die Flügel zu hilfe nehmen muss, um nicht umzufallen. Wenn nun die Vierfüssler nicht bald Seitenlage einnehmen, so kann man oft sehen – besonders bei Ratten, -- wie bei Versuchen sich zu bewegen die obere Kör- perhälfte fast im Kreise um die untere gedreht wird. Beim Hunde wird oft die hintere Körperhälfte ein- fach nachgeschleppt. Gewöhnlich aber sieht man 11 IL 1 . 29 . dieses nicht, das Thier fällt bald auf die Seite und bleibt so liegen, indem zugleich Beschleunigungsdys- pnoë und herabgesetzte Reflexe eingetreten sind. Bald verfällt das Thier in einen narcotischen Zustand, den ich nicht näher definiren kann, es macht weder auf mechanische noch auf electrische Reizung Reflexe oder Abwehrbewegungen. Das Sensorium ist tief gestört und bleibt es entweder bis zum unmerkbar auf- -- red das Thier sich zu erholen anfängt. Dann zeigen sich auch die ersten Anzeichen von wiedergewon- nenen Reflexen. Die Fähigkeit sich zu bewegen kehrt aber erst spät zurück, und oft sah ich sogar nach völlig eingetretener Erholung, wo das Thier schon frass, Schwerbeweglichkeit der hinteren Extremitäten nachbleiben, besonders bei Katzen und Ratten. Krämpfe und Zuckungen habe ich bei Hund und Katze niemals gesehen, wohl aber bei Kanin- chen, Ratten und Vögeln. Bei den Letzteren treten dieselben immer nur hart vor dem Tode auf, bei Kaninchen und Ratten dagegen finden wir sie ausser- dem noch zu Anfang des Vergiftungsbildes, wo sie abwechselnd mit heftigen Zuckungen des Zwerch- fells auftreten und im ganzen Verlaufe der Vergif- tung, wo die Thiere schon unbeweglich und reflex- los sind. Ein ganz verschiedenes, entgegengesetztes Ver- halten zeigen Hund und Katze in Bezug auf die Plusfrequenz. Während beim Ersteren die Puls- frequenz bedeutend abnimmt, der Puls voll und kräftig wird, zeigt die Katze eine Steigerung der Pulsfrequenz und bei der genauesten Beobachtung - - angerac TT. - Session . . . . 30 . 1 lässt sich keine vorangehende Verlangsamung nach- weisen. Diese Erscheinung ist wahrscheinlich durch eine frühe Lähmung des Herzvagus zu erklären und findet noch unten eine Besprechung. Auch die Schwerbeweglichkeit der hinteren Extremitäten, der Mangel der Coordination, das Schwinden der Reflexe sowie der narcotische Zustand dürfte auf eine von unten nach oben sich verbreitende Lähmung des Centralnervensystems zu beziehen sein, da ich nie- mals eine Starre der Musculatur in irgend welchem Stadium der Vergiftung wahrnehmen konnte. Dieses Fehlen der Starre ist sehr charak- teristisch im Gegensatz zu Veratrin. Die kleinste tödtliche subcutane Dosis beträgt für den Hund 1,72 mgr., fir die Katze 7,2 mgr., für die Ratte 13,8 mgr., für die Krähe 1,0 mgr. und für das Huhn 5,4 mgr. pro Kilo Thier, während per os eine viel grössere Dosis erforderlich ist. Bei Injection in die Vene genügt, wie ich bei Gelegen- heit der Blutdruck- und Wärmekastenversuche mich überzeugen konnte, eine schon geringere Dosis pro Kilo Thier, trotz der künstlichen Athmung. Dieses ist ein Beweis, dass die Todesursache nicht im Respirationsapparat, sondern in Herzlähmung zu suchen ist. 112 LI . Ueber den Einfluss des Veratroidins auf das ausgeschnittene (isolirte) Froschherz. Die hierher gehörigen Experimente wurden an dem von Maki 49) und Perles 50) modificirten Williams- schen Apparate gemacht. Derselbe besitzt jetzt zwei kuglige Blutreservoire (Maki), statt der Membranven- tile eingeschliffene ventilartig schliessende Glaskugeln (Perles) und statt der graden eine gebogene, schräg zugeschnittene Herzcanüle. Die Blutflüssigkeit be- stand - Wo nicht anders angegeben - aus 4 Theilen Kaninchen- oder Kalbsblut und 6 Theilen einer 0,75% (physiologischen) Kochsalzlösung. Durch Heben und Senken des Blutreservoirs wurde stets die «optimale» Belastung (Dreser) 51) aufgesucht und diese Stellung im Laufe des ganzen Versuches constant eingehalten. Zu den Experimenten wurde die rana temporaria benutzt, theils solche Exemplare, die im Institut überwintert hatten, theils aber auch frisch einge- Bei der Präparation wurde die Venenligatur möglichst tief d. h. nah an der Leber angelegt, die Canüle dagegen recht hoch durch den Bulbus und 49) Dr. Rioschiro Maki aus Japan. Ueber den Einfluss des Camphers, Coffeins und Alkohols auf das Herz, Strassburg 1884. 50) Perles. Beiträge zur Kenntniss der Wirkungen des Sola- nins und Solanidins. Schmiedebergs Archiv. Bd. XXVI. S. 94. 51) H. Dreser. Ueber Herzarbeit und Herzgifte. Archiv für exper. Pathologie und Pharmacologie Bd. XXIV. 1888. Bei der opti- malen Belastung ist das Niveau des Zuflussgefässes so eiugestellt, dass jeder Puls das grösste Blutvolumen liefert. .14 .. 32. durch den Vorhof in den Ventrikel eingebunden, - alles mit möglichst geringer Zerrung der betreffenden Theile. Darauf wurde das so präparirte Herz aus- geschnitten und an den vorher schon regelmässig mit 50 Cc. Blutflüssigkeit gefüllten Apparat gethan und die Zeit abgewartet, wo das Herz nach vor- herigen Schwankungen eine regelmässige, sich gleich- bleibende Thätigkeit zeigte, was als das Normale wohl angesehen werden darf 52). Setzt man nun der Blutflüssigkeit kleine Dosen (0,2-0,5 mgr.) Veratroidin zu, so sieht man, dass nach kürzerer oder längerer Zeit, aber durchaus nicht im Verhältniss zur Menge des Giftes 1. die Pulsfrequenz plötzlich abnimmt, cf. Tab. I. Dabei sind alle Phasen der Herzthätigkeit deutlich ausgeprägt. Systole und Diastole folgen sich in regelmässiger Ordnung, nur sind beide wohl etwas deut- licher ausgesprochen, als normal, was besonders bei einem Herzen, welches früher nur schwach arbeitete, sich bemerkbar macht. Dass die Systole an Kraft zunimmt, erkennt man an der sehr blassen Farbe und der ausgebildet conischen Form des Kammer- muskels bei jeder Contraction. Die Erschlaffung desselben geschieht mit der gleichen Vollkommenheit, so dass auch die Diastole grösser erscheint. Nur 52) Es ist interessant, dass diese Art der Versuche auch auf das Herz des Warmblüters ausgedehnt worden ist. Als Object dienen hier die Herzen der Föten, als Durchströmungsflüssigkeit defibrinirtes Blut, Serum oder physiologische Kochsalzlösung. Es kommt hier niclit auf die Art der Flüssigkeit, sondern nur auf den Wärmegrad an. Cf. G. Henricius. Die Zählebigkeit des Herzens Neugeborener. - Zeit- schrift für Biologie von Kühne und Voit Bd. XXVI. Heft 2 u. 3. S. 190. Ich hatte keine Gelegenheit solche Versuche zu machen. 33 bei relativ grossen Herzen und sehr kleinen Dosen (0,2 mgr.) bleibt zuweilen die Frequenz unverändert, wenigstens in der ersten Stunde, oder vermindert sich nur ganz unbedeutend (2–4 Schläge in der Minute). 2. Das Pulsvolumen nimmt zu (cf. Tab. I), d. h. mit jeder Contraction wirft das Herz eine grössere Menge Blut aus, als vor der Vergiftung. Das Fassungsvermögen der Herzhöhle ist ein grösseres geworden. Dieser Zuwachs der mit jedem Pulsschlage ausgeworfenen Blutmenge kann von 2-28% der ursprünglichen Menge des normal arbeitenden Her- zens betragen und steht nicht im directen Verhält- niss zur Grösse der eingeführten Giftmenge. Ein in solchem Zustande sich befindendes Herz kann nun Stunden lang so fortarbeiten. Schliesslich tritt ein Stadium auf, wo die Frequenz zuerst lang- sam, dann schneller und bedeutender zu sinken be- ginnt. Zugleich zeigt die Diastole Neigung der Zeit nach sich zu verlängern, bis endlich deutliche dia- stolische Stillstände eintreten. Es tritt auch Peri- staltik auf, d. h. eine nur auf gewisse Theile der Kammer beschränkte Zusammenziehung derselben, die wellenförmig sich ausbreitet. Zuweilen tritt jetzt ein Zustand auf, wo die Kammer auf je zwei (oder auch drei) Pulsationen der Vorhöfe mit nur einer Contraction beantwortet. Dabei sieht man (freilich nur selten bei kleinen Dosen), wie während der Dia- stole das Herz ruckweise ausgedehnt wird und sich nur stufenweise mit Blut füllt. Endlich tritt Still- stand in der Diastole ein, und das Herz kann weder durch mechanischen noch electrischen Reiz zur Contraction gebracht werden. 1 . 34 Seil Wesentlich anders gestaltet sich das Bild bei mittelgrossen und grossen Dosen (1,0 --- 24,0 mgr.). Hier tritt schon wenige Minuten nach Einführung grosser Giftmengen, bei kleineren etwas später, ein Stadium der arrhythmischen Herzthätigkeit auf. In ein und derselben Minute lösen sich eine Reihe schnell auf einander folgender Systolen mit einer Anzahl langsamer ab. Dieser Zustand dauert aber kaum einige Minuten, und wird von einer bedeu- tenden Abnahme der Pulsfrequenz gefolgt. Die Zahl der Contractionen in der Minute kann je nach der Menge des eingeführten Giftes bis zur Hälfte der ursprünglichen Frequenz sinken. Die Reihenfolge von Systole und Diastole wird zwar eingehalten, es zeigt sich aber eine unverkennbare Tendenz, die Dia stole der Zeit nach zu verlängern und in derselben zu verharren bis zu ausgesprochenen diastolischen Stillständen. Dabei ist die systolische Contraction noch sehr deutlich ausgeprägt. Nur selten - und solches nur bei kleinen schwachen Herzen - tritt schon hier ab und zu bei der Systole ein Verharren der Spitze im Ruhe- zustande auf, so dass nur die obere Hälfte der Kam- mer sich gut contrahirt. Der Ventrikel sieht dann in der Mitte wie abgeschnürt aus, und die Spitze bildet ein starres Anhängsel 53). 2) Das Pulsvolumen ist bald vergrössert bald aber verkleinert, (cf. Tab. I.) je nachdem, LILU 53) Dass die Spitze zuerst ihre Thätigkeit einstellt fand auch Lissauer bei seinen Versuchen mit kystallisirtem Veratrin (Cevadin), (1. c.). Dieses Verhalten der Herzspitze scheint überhaupt für die s. g. Herzgifte pathognomonisch zu sein. 1. A . 35 . . * - II 14 - . 7 wie die Musculatur der Kammer sich bei der Con- traction betheiligt und wie gross die Neigung für die Diastole ist. Der Factor für die Abweichung des Pulsvolumens nach der einen oder anderen Rich- tung liegt nicht in der Menge des eingeführten Giftes, sondern einzig und allein in der Eigenthümlichkeit des betreffenden Herzens. Es ist auch dabei kein Unterschied bemerkbar in dem Verhalten der Herzen von Sommer- und Winterfröschen, von jungen oder . alten Thieren. Während nun ein mit kleinen Dosen Veratroi- din vergiftetes Herz scheinbar an Kraft gewinnt und Stunden lang fortleben kann, tritt bei mittelstarken und besonders bei starken Dosen (von 6 mgr. ab) recht bald ausgesprochene, wenn auch kurzdauernde Peristaltik und ein Zurückbleiben der Funktion der Kammer gegenüber den Vorkammern auf. Es tritt hier fast constant das bei kleinen Dosen schon beschrie- · bene – wenn auch daselbst nur äusserst selten vor- kommende — Spiel auf, wo die Vorkammern zwei bis drei Contractionen machen müssen bevor die Kammer nur eine einzige auslöst 54). Dabei sieht man, dass das Blut theils durch die Pulsationen der Vorhöfe, theils aber auch mechanisch durch den Druck der Blutsäule hineingetrieben wird und die Kam- mer ausdehnt. Schliesslich tritt ein Stadium ein, wo die Vorhöfe noch pulsiren, die Kammer aber in Diastole permanent still steht, bis zuletzt auch die Contractionen der Ersteren erlöschen. Weder 54) Lissauer 1. c. nennt diesen Vorgang «Halbirung'» der Ven- trikelthätigkeit cf. p. 47. 36 .. -- durch mechanische noch durch electrische Reize ist jetzt eine Zusammenziehung der Kammer zu bewir- ken. Nur die Vorhöfe reagiren noch einige Zeit LOI1 LE auch nicht im Stande eine Ventrikelcontraction her- vorzubringen. Lässt man in diesem Zustande frisches Blut durch das Herz fliessen, oder auch nur eine physiologische Kochsalzlösung 55), so tritt nach einiger Zeit, wo vermuthlich alles Gift aus dem Muskel aus- gewaschen ist, zuerst eine vereinzelte, dann mehr- fache regelmässige Contractionen des Ventrikels, schliesslich normale Pulsation, wenn auch nicht von normaler, so doch von bedeutend grösserer Fre- quenz, als nach der Vergiftung mit Veratroidin ein. Es lag nun nahe das Verhalten des Atropins, dieses «physiologischen Reagens» für Pulsverlang- samung und diastolische Stillstände 56), zum Vera- troidin und umgekehrt zu erforschen. Ich stellte daher eine Reihe von einfachen als auch combinir- troidin gegeben wurde, andererseits aber Veratroidin nach Atropin. Zu allen Experimenten wurde das 55) Solch ein Wiederauftreten der Function eines mit Veratroidin vergifteten Herzens beim Durchspülen mit blosser physiologischer Koch- salzlösung sah ich regelmässig eintreten, sobald nur das Gift völlig auf diese Weise aus dem Herzen entfernt worden war. Es ist somit nicht «einzig und allein das Blut, welches diesen Restitutionsprocess bei Ab- tödtung des Herzens durch Muskelgifte zu Wege bringen kann», wie es Prof. Emil Heubel behauptet. cf. Emil Heubel, die Wiederbe- lebung des Herzens nach Herzmuskelstarre, Pflügers Archiv. Bd. 45 S. 572. 56) Erich Harnack und W. Ha feman n. -- Pharmacologische Studien an isolirten Froschherzen mit besonderer Berücksichtigung des Atropins und des Kupfers. Schmiedebergs Archiv Bd. XVII 1883. S. 145. 37 Atropinsulfat benutzt in einer Verdünnung von 0,4- 2,0- 4,0- 5,0 und 8,0 mgr. zu 50 Cc. Blut. Die- ses letztere Verhältniss wurde nur ein einziges Mal. benutzt, da ja bekanntlich das Atropin in stärkerer Concentration nicht nur lähmend, sondern zuerst auch reizend auf die Muskelsubstanz wirkt. In der Concen- tration jedoch bis zu 5 mgr. auf 50 Ce. Blutflüssigkeit TY' die Nerven lähmende bestehen 57) bleiben (Harnack und Hafemann), was ich eben ausnutzen wollte 58). 57) 1. c. 58) Es ist mir nicht unbekannt, dass die jetzt gangbare von Bezold und Bloeb a um (Ueber die physiologischen Wirkungen des Atropins. Arb. aus dem physiolog. Laboratorium zu Würzburg 1867) gegebene Auffassung über die lähmende Wirkung des Atropins auf die intracardialen Vagusendigungen (Hemmungsganglien) starke An- griffe zu erleiden hatte. Es war besonders Luchsinger, der aus den Reizungserscheinungen, welche bei grossen Atropingaben vor der muskellähmenden Wirkung auftreten (Böhm, Studien über Herzgifte 1871 S. 31) sowie aus dem Umstande, dass ein im Absterben begriffenes Herz durch Atropin zu verstärkter Thätigkeit angeregt werden kann, den Schluss ziehen zu müssen glaubte, die Wirkung des Atropins be- stehe vorherrschend in einer Reiz ung der Muskelsubstanz. Die oben angeführte Arbeit von Harnack und Hafemann befasst sich ausschliesslich mit der Widerlegung der Luchsinger'schen Auffas- sung. Stillstände, die durch Atropin aufgehoben werden, können nicht Lähm ungsstillstände sein, da während derselben der Herzmuskel volle Irritabilität besitzt und auf jede mechanische Reizung eine Contraction auslöst. Luchsinger habe ausserdem das Atropin direkt aufs Herz gebracht und dadurch schon rein mechanische Reizung des Herzmuskels bedingt. - Von den in neuerer Zeit von Kobert (Ueber die Deutung der Muscarinwirkung am Herzen. Archiv für exp. Pathologie und Phar- fachen Beweisen, die gegen die Luchsinger'sche Auffassung sprechen, will ich nur folgende anführen. a) Die abgetrennte Herzspitze eines Frosches hört bekanntlich zu schlagen auf, da sie gar keine oder nur ungenügende nervöse Elemente besitzt. Jedes muskelreizende Gift wie Digitalin, Physostigmin (Schmiedeberg) bringt es zum Schlagen, da aber Atropin es nicht vermag, so kann es kein muskelreizendes Gift sein. b) Das an der Atrioventriculargrenze abgeschnürte ganglienarme und ,- -- - ... - - List 38 - - . - . WIIU. Es zeigte sich nun (cf. Tab. II.), dass 1) Atro- pin nicht nur nicht im Stande ist die nach Veratroidin gesunkene Pulsfrequenz wieder zu heben, sondern auch die sinkende Fre- quenz nicht aufhalten kann, 2) nach Atropin die Pulsfrequenz durch Veratroidin unverän- dert herabgesetzt wird. Nur in einer Beziehung scheint doch Atropin die Wirkung des Veratroidins zu beeinflussen. Es vergrössert fast immer, wenn es nach Veratroi- din gegeben wird, das Pulsvolum (cf. Tab. II.) und kommen wir noch unten auf diese Erscheinung zurück. Es ist somit die Pulsverlangsamung keine muscarin- artige. Ebensowenig liess sich der diastolische Herzstillstand beim Veratroidin weder durch Aufträu- feln von Atropinlösung, noch durch Hyoscinpulver, direkt auf die Muskelsubstanz gebracht, aufheben. Hatten wir nun mit Atropin nur negative Resul- tate zu verzeichnen, so lag darin schon die Indi- cation, es auch mit seinem physiologischen Anti- poden, mit Muscarin, zu versuchen. Ich lasse hier von den acht Versuchen zwei folgen: - - .. . - - - - IT Nr. 117. 3 h. 30 m. Frühlingsfrosch, aufgebunden, Herz freigelegt, macht 48 Pulse in der Minute. 37 m, 5 Tropfen Muscarinlösung werden in den Brustkorb ge- träufelt. 42 m, Herz steht. 4 11. Es werden 3 mgr. Veratroidin subcutan gegeben. 8 m. Herz beginnt zu schlagen. 30 m. Herz macht 12 Pulse in der Minute. dadurch zum Stillstand gebrachte Froschherz kann durch Atropin nicht wieder zum regelmässigen Schlagen gebracht werden, durch Campher dagegen wohl, - - - - 7 * . 39 Î Nr. 69. 12 h. 35-45 m, macht das Herz am Williams’schen Apparate in der Minute 36 Pulse. 12 h. 48 m. Es werden 8 Tropfen Muscarinlösung der Blutflüssigkeit zugesetzt. 56 m. Herz steht. 1 h. 6 m. Herz steht noch, es werden jetzt 6 mgr. Veratroidin zu- gesetzt. m. Herz macht 24 Pulse in der Minute. 25 m. 7 * « « 35 m. 2 mgr. Atropin zugesetzt. 45 m. Herz macht 9 Pulse in der Minute. TY Es ist somit das Veratroidin im Stande den Muscarinstillstand aufzuheben. Bemerken muss ich hier, dass die benutzte Muscarinlösung von unbe- kannter Concentration war; dass wir es aber mit gut wirkendem echten Muscarin aus Dörptschen Fliegenpilzen zu thun hatten, das bewiesen uns die zahlreichen Vorversuche mit Atropin in ihrem gegen- seitigen Antagonismus. Schon wenige Tropfen ge- nügten um den charakteristischen, auf jede mecha- nische Reizung mit einer Contraction antwortenden diastolischen Stillstand hervorzurufen. Um auch jeden Vorwurf der localen Reizung des Herzmuskels 59) zu vermeiden, wurde das Atropin beim aufgebundenen Frosch niemals direkt auf den Herzmuskel selbst, sondern stets nur auf die Lungen geträufelt. Schnelle Resorption findet in diesem Zustande diastolischen Stillstandes stets statt 60). Ein im Muscarinstill- 59) cf. Fussnote 58. 60) G. N. Durdufi (Beiträge zur pharmacologischen Physiologie des Froschherzens. Schmiedebergs Archiv Bd. XXV 1889) fand, dass bei Fröschen mit stillstehendem Herzen die Resorption nur dann erfolgt, wenn das Herz durchgängig ist, also in der Diastole steht (Miscarin), nicht aber beim systolischen Stillstande Helleborein). 40 14 stande befindliches Herz wird nun durch Ve. ratroidin – gleichgültig, ob subcutan gegeben oder nur dem Durchströmungsblut zugesetzt — zum Schla- gen veranlasst, und zwar gleicht dieses Schlagen ganz dem durch Digitalissubstanz erzielbaren. Aber diese Wirkung geht nicht, wie bei der Digitalis in systolischen Stillstand über 61) sondern verschwindet nach einigen Stunden so vollständig, dass der Mus- carinstillstand wieder zum Vorschein kommt und nun seinerseits durch Atropin fast augenblicklich auf- gehoben werden kann, worauf ein absolut normales Schlagen des Herzens auftritt. 62) Dem Muscarinstillstande sehr nahe verwandt, viel- leicht gar physiologisch identisch, ist der durch Ligatur des Hohlvenensinus erzielbare diastolische Zustand 63): Auch hier löst jede mechanische Reizung eine ver- einzelte, oder nur wenige Contractionen aus, um abermals wieder in Diastole permanent stehen zu bleiben. Setzt man nun jetzt dem Durchstro- mungsblute Veratroidin zu, so beginnt das Herz recht bald schon seine Thätigkeit. Zwei Beispiele seien hier angeführt: - 61) Dr. Robert Koppe. Untersuchungen über pharmacolo- gische Wirkungen des Digitoxins, Digitalins und Digitaleins. Schmie- debergs Archiv Bd. III. S. 274 und R. Böhm, Untersuchungen über die physiologische Wirkung der Digitalis und des Digitalin, 62) Es muss hier bemerkt werden, dass dieser Muscarinversuch nicht bei allen Fröschen gelingt. Eine Erklärung für diese Abnormität soll unten gegeben werden. 63) Stannius, Zwei Reihen physiologischer Versuche. M ü llers Archiv 1852 S. 85 (citirt nach Dr. Fr. Golz, über die Bedeutung der s. g. automatischen Bewegungen des ausgeschnittenen Froschherzens. Virchow's Archiv Bd. XXI S. 191). Nr. 47. 4 h. 30 m. Williams. Herz steht durch Ligatur des Venensinus. 40 m. Herz steht noch. Es werden 6 mgr. Veratroidin zur Blut- flüssigkeit gegeben. 45 m. Herz macht 24 Pulse. - Nr. 43. 10 h. 5 m. Williams. Herz steht wegen Ligatur des Venensinus. 25 m. Herz steht noch. Es werden 6 mgr. Veratroidin gegeben. 28 m. Herz macht 28 Pulse und liefert 6 Cc. Durchströmungs- flüssigkeit. VI1 UULI Auch hier trägt die Systole den Digitalischa- rakter, das Herz aber kehrt nach längerer oder kür- zerer Zeit in den diastolischen Zustand zurück. Lässt man jetzt das Herz nur kurze Zeit in der Diastole bleiben und giebt nochmals Veratroidin, so kann man die Pulsation wieder beginnen sehen bis abermals diastolischer Zustand eintritt, diesmal aber früher schon, d. h. nach verhältnissmässig kür- zerer Zeit. Dieses Schauspiel lässt sich an dem- selben Herzen mehrmals beobachten. Dagegen tritt auch auf verhältnissmässig grosse Dosen abermals Pulsation nicht auf, wenn der nach Application von Veratroidin aufgetretene diastolische Stillstand lange Zeit (Stunden) angedauert hat. Dann ist der Still- stand permanent und weder Atropin noch Hellebo- rein sind im Stande Contractionen hervorzubringen Recapituliren wir jetzt kurz die Ergebnisse der Untersuchungen, so finden wir: 1. Die Pulsfrequenz wird durch Veratroidin immer herabgesetzt, bei kleinen Dosen weni- ger, bei grossen stärker. 2. Das Pulsvolumen nimmt bei kleinen Dosen immer zu, bei grossen bald zu bald ab. 3. Atropin kann die durch Veratroidin bedingte Verminderung der Frequenz weder aufheben, noch verhindern. Dieses ist ein scharfer Unterschied von der Digitaliswirkung. 4. Veratroidin hebt den durch Muscarin oder :: Ligatur des Venensinus bedingten Still- stand auf. 5. Der Herzstillstand beim Veratroidin erfolgt in der Diastole; ein zweiter Unterschied von der Digitalis. LL- Es fragt sich nun, welche physiologische Deu- tung dürfte diesen Erscheinungen genügen. Dass beim isolirten Herzen von Beeinflussung von Seiten der Centralorgane nicht die Rede sein kann, ist klar. Es müssen daher die Ursachen dieser Erscheinungen im Herzen selbst liegen, d. h. entweder im nervösen Apparat oder in der Muskelsubstanz selbst. Die Ganglienmassen des Herzens nehmen ganz bestimmte Punkte ein: man begegnet ihnen beim Frosche stets im Sinus venosus, in der Scheidewand der Vorhöfe und an der. Atrioventrikularfurche, so dass nur der derselben anliegende Theil des Herzmuskels nervöse Elemente besitzt; nach neueren Untersuchungen aber auch mindestens die ganze obere Hälfte des Ventri- kels. Die Spitze dagegen gilt als fast nervenfrei 63). Diese Ganglien üben theils einen die Herzthätigkeit verlangsamenden Einfluss aus (Hemmungsganglien), 65) 64) A. Grünhagen, Lehrbuch der Physiologie, Bd. III, S. 159. 65) Diese zur Erklärung der Muscarinwirkung von Schmiede- berg (Schmiedeberg und Koppe, das Muscarin, das giftige Alcaloid des Fliegenpilzes, Leipzig 1869) aufgebrachte Annahme der Existenz geson. derter intracardialer Hemmungsapparate hat viele Gegner gefunden. A118- bere egenpilzes, Leipfemmungsappa . . 43 theils aber regen sie dieselbe an (sympathische oder automatische Ganglien). Die im Ventrikel gelegenen scheinen " vorherrschend motorisch zu sein. Da nun die Letzteren nicht genügen, um Bewegung des Ventrikels hervorzurufen, so ist anzunehmen, dass die Impulse zur Thätigkeit ihm von den oben genannten, nervenreicheren Theilen zukommen. Es liegt daher nahe die Ursache der Pulsver- langsamung nach Veratroidin in einer Affection der den Herzfunctionen vorstehenden nervösen Elemente zu suchen. Nach dem Vorgange Schmiedeberg's und gezwungen durch eine Reihe pharmaco-physio- logischer Thatsachen nimmt man jetzt an, dass es specielle intracordiale Centra gibt, deren Reizung Verlangsamung und diastolischen Stillstand hervor- D ser Petri (Beitrag zur Lehre von den Hemmungsapparaten des Herzens, Bern, 1880) und Sokoloff (Physiologische und toxicologische Studien am Herzen, Dissert., Bern 1881, citirt nach M. Löwit) glauben auch Franz Högyes (Die Wirkung des Muscarins auf die Circulationsor- gane, Du Bois Archiv, Jahrgang 1882 S. 37), Löwit (Beiträge zur Kenntniss der Innervation des Herzens, Pflügers Archiv Bd. XXVIII. S. 312) Weinzweig (Ueber das Verhalten des mit Muscarin vergifte- ten Herzens gegen seine Nerven, Du Bois Archiv 1882 S. 527) und viele Andere ohne diese Annahme durchkommen zu können. Die Erklärun- gen, welche diese für das Zustandekommen des Muscarinstillstandes geben, sind aber sehr complicirt und wo sie nicht mit Lähmung der auto- matischen Centra (Högyes) allein durchkommen, wird dem Muscarin noch eine muskellähmende Wirkung zugeschrieben (Luchsingersche Schule). Gegen diese gekünstelten Erklärungen richten sich die schon oben bei der Atropinfrage citirten Arbeiten von Harnack und Hafemann und Kobert. - Nach neuen noch unveröffentlichten Versuchen, welche soeben von Hiss jun, und Romberg auf dem Congress für innere Medi- cin in Wien vorgetragen worden sind, besitzt das Herz überhaupt nur sensible, aber keine motorischen Ganglien. Falls dieses richtig ist, darf auch zur Erklärung von Giftwirkungen eine lebende oder reizende Einwirkung auf die motorischen Ganglien nicht mehr herangezogen wer- den, sondern es kann sich in allen diesen Fällen dann nur noch um eine Wirkung auf die Muskelsubstanz selbst handeln. Y ' 44 LU bringt. Wenn Veratroidin dieselben im erregenden Sinne afficirte, so wäre damit eine Erklärung für das constante Sinken der Pulsfrequenz gegeben. Zur Entscheidung dieser Frage sind eben die Versuche mit Atropin angestellt worden, da von letzterem er- wiesen ist, dass es die nervösen Hemmungsapparate, die im Herzen selbst gelegen sind (die allerletzten Endigungen der Pharmacologen) zu lähmen im Stande ist 66). So giebt nach Behandlung des Herzens mit Atropin Reizung des venösen Sinus keinen Stillstand. Es zeigte sich nun, dass ein Zusatz von Atropin zur Blutflüssigkeit, die durch Veratroidin herabgesetzte Pulsfrequenz nicht wieder zur ursprünglichen Norm zurückzubringen vermochte, ja überhaupt nicht zu vermehren vermochte. Durch das Atropin wurden doch die Hemmungsganglien gelähmt, mithin das verlangsamende Moment hinweggeräumt. Wären sie die Ursachen für die Verlangsamung, so müsste mit ihrem Wegfall die Pulsfrequenz zur Norm zurück- kehren, d. h. steigen. Das war aber nicht der Fall und gelang es uns weder bei kleinen oder grossen Veratrindosen, noch durch kleine oder mittelgrosse Atropingaben irgend welche Beschleunigung zu erlan- gen. Von sehr grossen Atropindosen nahmen wir Abstand, da letztere nach einer ganz anderen Rich- tung wirken: sie bedingen zuerst eine Reizung, dann eine Lähmung des Herzmuskels selbst und dieser Umstand dürfte mehr zur Verwickelung, denn zur Lösung der Frage beigetragen haben. Ebensowenig vermochte vorher gegebenes Atropin ein nachfolgen- - 66) cf. Fussnote 10. - '-.- - 45 .IN . ULO des Sinken der Pulsfrequenz zu verhindern. Die durch dasselbe hervorgerufene Lähmung, mithin Aus- serfunktionssetzung des hemmenden Apparates war von keiner Beeinflussung auf die Verlangsamung der Pulsfrequenz, sie kam ebenso gut zu Stande, wie bei intakter Hemmungsvorrichtung. Es war durch eine ganze Reihe solcher Versuche zur Evidenz erwiesen und klargelegt, dass die Puls verlang- samung, welche das Veratroidin hervor- bringt, in keiner Weise durch Betheiligung der hemmenden nervösen Elemente be- dingt oder veranlasst ist. Es drängte sich nun die Möglichkeit auf, ob nicht das Veratroidin auf die s. g. excitomotorischen (sympathischen, automatischen Ganglien lähmend einwirke und dadurch eine Pulsverminderung, ein Abnehmen der von denselben ausgehenden Energie bedinge. Die Physiologie dieser Elemente ist noch so wenig entwickelt, dass die Bedingungen für die vermehrte oder verminderte Leistungsfähigkeit nur wenig bekannt sind. Nur von der Wärme weiss man, dass mittlere Grade derselben die Pulsfrequenz heben, hohe und niedere Grade dagegen dieselbe ver- mindern 67). Hier musste nun die oben auseinander- gesetzte topographische Lage derselben zur Lösung der Frage herangezogen werden. Würden es diese Ganglien sein, welche durch Veratroidin in ihrer Thätigkeit herabgesetzt und geschädigt werden, so müssten sie auch die ersten sein, welche bei genügend grossen Gaben ihre Function einstellen, die Vorkammern, 12 67) A. Grünhagen, Lehrbuch der Physiologie Bd. III. S. 171. 46 wo sie doch vorherrschend liegen, müssten zuerst: erlahmen. Dem ist aber gar nicht so, wie man sich bei jedem Experiment ausnahmslos überzeugen kann. Zuerst erlahmt immer der Ventrikel, die Vorhöfe schlagen noch eine Zeit lang fort und sind über- haupt das ultimum moriens beim Bilde der Vera troidin vergiftung. Auch die Thatsache, dass das Ve- ratroidin den durch Muscarin hervorgebrachten dia- stolischen Zustand aufzuheben vermag, spricht gegen diese Annahme. Wie könnte ein in seiner Energie geschwächter Apparat die Thätigkeit seines durch Reizung den höchsten Grad der Kraft entfaltenden Antagonisten überwinden? Da sie sich normaler Weise nur die Wage halten, so folgt daraus, dass von einer Schwächung der Energie der exci- tomotorischen Ganglien durch Veratroidin in diesem Falle entschieden nicht die Rede sein kann. Es bleibt uns also zur Erklärung der Erschei- nungen der Veratroidinvergiftung, nichts Anderes übrig, als auf die Muskelsubstanz des Herzens zu recur. riren. Wir wissen, dass der Herzmuskel einen ho- . hen Grad von Elasticität besitzen muss, wenn er normal functioniren, d. h. den nervösen Impulsen- prompt Folge leisten soll. Je höher diese Elastici- tät ist, desto befähigter ist der Muskel in den ver kürzten Zustand, den wir beim Herzen Systole nen- nen, überzugehen. Durch den Druck der Blutsäule aber wird der gut elastische Herzmuskel sofort wie- der in die stärkste Dehnung übergeführt, welche wir am Herzen Diastole nennen. So lange die Elas- ticität intact bleibt, hält zich auch das abwechselnde - - - - um. - 47 Bild von Dehnung und Zusammenziehung unverän. dert. Jede Alteration der Elasticität muss sich S0- fort in einem veränderten Verhalten der Herzexcur-, sionen äussern, d. h. der Systole zur Diastole. Zu- nahme der Elasticität äussert sich in Zunahme des Pulsvolumens und Abnahme der Elasticität in Ab- nahme des Pulsvolumens bei möglichst günstiger Einstellung des Apparates. Bei Substanzen der Di- gitalisgruppe muss die Druckhöhe im Laufe des Ver- suches bedeutend erhöht werden, wofern man die Steigerung der Elasticität nicht völlig übersehen will. Die Herzarbeit muss selbstverständlich bei einer Stei- gerung der Elasticität zunehmen. Eine Abnahme der Herzarbeit bei gesteigerter Elasticität des Herzmus- kels kann dann eintreten, wenn der excitomotorische Nervenapparat gegen Reize unempfindlicher gewor- den ist, d. h. im ersten Stadium der beginnenden Lähmung. Betrachten wir nun im Zusammenhange mit dem eben betonten die Pulsverlangsamung, welche durch Veratroidin hervorgebracht wird, und zwar vorläufig nur bei kleinen Dosen, da die Verlang- samung durch grosse Dosen entschieden einen an- deren, unten zu besprechenden Charakter trägt. Wir finden auch hier neben der herabgesetzten Frequenz einen mehr oder minder bedeutenden Zuwachs des Pulsvolumens und zwar so constant, dass solches für die kleinen Dosen als entschiedene Veratroidin- wirkung aufzufassen ist 68). Alle Phasen der Herz- UU 68) Auch Liss a u er (1. c. S. 47) fand in dem leider einzigen nach dieser Richtung hin angestellten Versuche eine Vermehrung der Ausflussmenge. 48 - - : thätigkeit sind dabei deutlich ausgeprägt, ja sehr oft deutlicher als normal, was besonders auffällt, wenn das Herz vordem schwach arbeitete. Der Ablauf von Systole und Diastole ist normal, von einer Ein- busse an Elasticität kann daher nicht die Rede sein. Dagegen müsste auch der Umstand sprechen, dass ein Herz in diesem Zustande sich selbst überlassen und mit demselben veratroidinhaltigen Blute gespeist, viele Stunden lang (zuweilen den ganzen Tag über) mit unausgesetzter Kraft arbeiten kann. Aus allem Obigen geht hervor, dass wir es hier mit einer digitalinartigen Beeinflussung des Herzmuskels zu thun haben, etwa entsprechend dem ersten Stadium der Digitalinwirkung. Da- bei sind, wie oben auseinandergesetzt worden ist, nervöse Elemente auszuschliessen. Für diese meine Annahme kann ich auch den positiven Beweis ins Feld führen, dass das Veratroidin im Stande ist, in eigenartiger, von der Atropinwirkung abweichender Weise, den Muscarinstillstand aufzuheben. Es ist eben keine Lähmung, keine Beseitigung der hem- menden nervösen Elemente, es ist einfach ein Ueber- winden derselben durch eine stärkere Macht, durch die reizbarer gewordene und daher den motorischen 1 kelsubstanz selbst, wodurch die Contraction zu Stande kommt 69). Es muss hier freilich bemerkt werden, dass es nicht immer gelingt durch Veratroidin 69) Es ist interessant, dass Lissau er (1. c. S. 48) auf einem ganz anderen (mir nicht zu Gebote gestandenen) Wege zu demselben Resultate gelangt, nämlich durch die Berechnung des Mitteldruckes aus der Curve. Muscarinversuche hat er nicht. " . 49 . den Muscarinstillstand aufzuheben, da die ange- führte Muskelwirkung nicht immer beim Veratroidin in gleich starker Weise ausgeprägt ist. Uebrigens T Dosen von Digitalissubstanzen keineswegs immer den Muscarinstillstand aufzuheben. Die Wirkung kleiner Veratroidindosen auf den Herzmuskel ist zuweilen so schwach, dass man ihren reizenden Einfluss kaum merkt und genügt sie dann nicht den grossen Wider- stand, welcher von den gereizten Hemmungsganglien ausgeübt wird, zu überwinden. Die Grösse der Muskel- reizung beim Veratroidin hängt eben leider nicht ge- nau von der Menge des eingeführten Agens ab, d. h. sie steht zu derselben nicht in direktem Verhältniss. Es macht den Eindruck, als ob sie vielmehr von individuellen Verschiedenheiten der Versuchsthiere z. B. von der stärkeren oder schwächeren Reiz- barkeit des betreffenden Herzens abhinge und in dieser Eigenschaft begründet sei. Haben doch auch normaler Weise nicht alle Herzen denselben Grad der Erregbarkeit. Nur Eines lässt sich aus den Experimenten schliessen: bei kleineren Dosen (bis ten, bei grösseren und besonders grossen schwindet er bald. Einen ganz anderen Charakter trägt, wie schon erwähnt, die Pulsverlangsamung nach grossen und "mittelgrossen Dosen Veratroidin. Abgesehen davon, dass die Frequenz sehr bedeutend, zuweilen bis zur Hälfte der ursprünglichen, fällt, wird sie auch regel- mässig durch eine kurzdauernde Arrhythmie einge- leitet. Eine Anzahl beschleunigter Contractionen 50 wechseln mit einer Reihe verlangsamter ab 7). Ist die Verlangsamung eingetreten, so ist eine mehr und mehr sich herausbildende Neigung für eine Verlän gerung der Diastole der Zeit nach, bis zu völligen diastolischen Stillständen ganz unverkennbar. Das normale Verhalten der Systole zur Diastole ist ent- schieden alterirt. Nach erfolgter Ausdehnung zeigt der Muskel nicht mehr sofort das Bestreben sich zusammenzuziehen. Es vergeht immer mehr und mehr Zeit bis der Herzmuskel aus dem passiven Zustande wieder in den activen übergeht. Thut er es aber, so ist die Contraction wohl ausgebildet. Es liegt nicht in der Elasticität, diese ist noch in diesem Stadium vollkommen erhalten. Es kann dieses mehrere Gründe haben. Entweder sind die im ersten Stadium der Wirkung ganz unbetheiligt gebliebenen motorischen Ganglien jetzt träger gewor- den, so dass sie den normalen Reiz in geschwäch- tem Zustande auf die Muskelsubstanz übertragen, oder die normale Erregbarkeit der motorischen Gan- glien ist unbeschädigt geblieben, dagegen die Muskel- substanz selbst unempfindlicher gegen den unter normalen Verhältnissen von den Ganglien geliefer- ten Nervenimpuls geworden. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass beides mitspielt. Bald sehen wir auch, dass ein einziger Impuls gar nicht mehr genügt, um eine Zusammenziehung hervorzubringen. Auf zwei (zuweilen auch drei) Contractionen der Vorhöfe antwortet die Kammer TTT T 7 ? . 70) Diese Arrhythmie scheint beim krystallisirten Veratroidin (Cevadin) durch frühe Peristaltik vertreten zu sein (Lissauer 1. c.). 51 KA mit nur einer Contraction 71). Es ist dieses gleich- sam der bekannte Stannius'sche Versuch der un- vollkommenen Atrioventrikularligatur in natura 72). Kammer und Vorkammern schlagen in verschiedenen Tempis. Es bedarf daher einer grösseren Anhäufung der Reizstärke in den sympathischen d. h. moto. rischen Ganglien, um diese Hindernisse zu überwin- den und einer längeren Zeit, um eine Systole aus- zulösen, so dass die Pulsfrequenz enorm sinkt. Dabei entwickelt der Muskel noch immer einen bedeutenden Grad von Elasticität. Giebt man in diesem Stadium Atropin, so dass die Thätig- keit der Hemmungsganglien, so gering sie auch sein möge, beseitigt wird, so tritt fast immer eine Zu- nahme des Pulsvolumens ein 73). Zur Erklärung dieser Thatsache bedenke man, dass der Hemmungs- apparat des ganz normalen Froschherzens so schwach arbeitet, dass seine Ausschaltung durch Atropin gar keine Pulsbeschleunigung zu bewirken pflegt. Sobald aber die motorischen Ganglien durch irgend ein sie speciell lähmendes Gift geschwächt sind, fällt dieser hemmende Einfluss trotz seiner Kleinheit sehr in die Wagschale und bedingt eine auffallende Pulsverlang- samung ja gelegentlich einen Hemmungsstillstand. Beides wird dann durch Atropin prompt beseitigt. Auch die den Arzt so sehr interessirende Anwendung des Atropins bei Collaps beruht oft nur auf dieser Wirkung, die aber beim Menschen eclatanter ist, _....--- 71) Lissauer nennt dieses Phänomen :« Halbirung». 72) cf. Fussnote 15. 73) Lissauer scheint solches bei seinen Atropin versuchen nicht beobachtet zu haben, wie aus seinem Schweigen darüber zu schliessen ist. 4* 52 weil sein Hemmungsapparat stärker funktionírt. Die Reizwirkung der motorischen Ganglien auf den Mus- kel ist eben jetzt d. h. nach Atropineinwirkung eine ungehinderte und genügt jetzt, damit der Muskel sich schneller contrahire und somit in der Zeiteinheit mehr' Blut auswerfe. Einbusse in der Elasticität gegen die Norm hat der Muskel gewiss schon auch in diesem Stadium erlitten, aber nicht in sehr hohem, Grade. Auffallend wird dieselbe erst in dem gewöhn-.. lich kurz darauf folgenden Stadium der Peristaltik. Es ist diese Erscheinung bedingt durch ein zu lang- sames Reagiren oder gar ein völliges Unerregbar- werden gewisser Muskelpartien. Es ziehen sich nicht mehr alle musculösen Elemente gleichmässig und gleichzeitig zusammen, wie beim normalen Muskel, sondern es bleiben gewisse Theilchen ganz ruhig, weil sie ihre Contractilität eingebüsst haben. Das bedingt, dass die Contraction sich nicht in grader Richtung vollzieht, sondern ihren Weg wellenförmig über die noch erregbaren Elemente nimmt. Höchst wahrscheinlich giebt es zwei Arten der Herzperistaltik, die ich als Digitalin peristaltik und Aconitinperistaltik unterscheiden möchte. Bei der Digitalinperistaltik handelt es sich um ein zu elas- tisch Werden der Musculatur und darum geht das Stadium der Digitalinperistaltik in complete Systole über, die aber bei Steigerung des Binnendruckes im Herzen sofort wieder einem normalen Schlagen Platz macht. Bei der Aconitinperistaltik handelt es sich um eine Abnahme der Elasticität der Muskelfasern und darum geht Aconitinperistaltik in Stillstand in Diastole mit völliger Aufhebung der Muskelerregbar- . OK 53 . keit über. Jedes Missverhältniss zwischen motori- schen Impulsen und Elasticität des Herzmuskels kann, so scheint es, zu Herzperistaltik führen. Die Peristaltik bei Veratroidin ist der bei Aconitin völ- lig gleich. Man darf sich aber nicht denken, dass die Ve- ratroidinperistaltik ein abgeschlossenes Stadium für sich ist. Sie tritt vielmehr promiscue mit normale ren Contractionen auf. Letztere sind aber in ihrer Ausgiebigkeit gegen früher stark herabgesetzt. So verharrt für gewöhnlich die Spitze schon in per- manenter Ruhe oder betheiligt sich nur selten an der Zusammenziehung des Ventrikels. Bildet sie doch grade die Hauptmasse der Muskelsubstanz und alle Schädlichkeiten, welche die ganze Muskelsub- stanz betreffen, müssen an ihr besonders deut- lich wahrnehmbar sein. Sie ist nicht etwa contra- hirt sondern bildet gleichsam einen anhängenden bewegungslosen blutgefüllten Sack. Bald sieht man auch den übrigen Theil des Herzmuskels sich nur noch wenig contrahiren, so dass fast gar kein Blut ausgeworfen wird, trotzdem der Ventrikel gefüllt ist und die Vorhöfe gut arbeiten, ein Beweis, dass die Ganglien oben noch ihre Schuldigkeit thuen, wo auf relativ wenig Musculatur relativ viel mot. Ganglien kommen. End lich bleibt das Herz in ausgesproche- ner Diastole stehen 74). Electrische Reizung bringt jetzt keine Contraction hervor 75). Die Muskelsub- II. y 74) Ganż dasselbe Bild vom absterbenden Herzen giebt auch vissa u er (1. c. S. 45) für das krystallisirte Veratrin (Cevadin). Auch hier bleibt das Herz in Diastole stehen (S. 46). 75) Wie sich das diastolische Herz beim krystallinischen Vera-. trin (Cevadin) gegen den electrischen Strom verhält ist nicht angegeben 54 . stanz ist eben ganz unerregbar geworden. Dabei fühlt sich das Herz merkwürdigerweise nicht hart und starran, wie ich oft mich überzeugen konnte.. Es ist somit die Ursache der Veratroidin-- wirkung auf's Herz theils in einer Beein- flussung der Herzmuskelsubstanz, theils in einer solchen der motorischen Ganglien zu su- chen. In kleinen Dosen reizt das Gift die Muskelsub- stanz in der Weise des Digitalins d. h. es bringt eine Steigerung der Elasticität zu Stande. Die Herzthätig- keit wird kräftiger und ausgeprägter. Es pumpt das Herz besser, worin, was die eventuelle Verwendung am Krankenbett betrifft, die Hauptwirkung liegt und kommt in dieser Beziehung der Digitalis nahe. In grösseren Dosen dagegen wirkt das Veratroidin schein- bar entgegengesetzt, d. h. das Veratroidinherz ver- liert immer mehr und mehr seine Contractilität, bis schliesslich nicht einmal electrische Reizung es zur Contraction veranlassen kann. — * - - -- - Veratroidin. Als Einleitung zu diesen Versuchen ist zu er- wähnen, dass electrische Reizung des Herzvagus bei einem sonst ganz normalen Frosch nicht immer mit diastolischem Stillstande beantwortet wird. Solche Thiere konnten natürlich hier nicht benutzt werden und wurden anderweitig verwerthet. Es wurde da- t. 1 55 U stamm aus auf die Reizbarkeit seines Herzvagus geprüft, bevor ihm das Veratroidin injicirt wurde. Von den 14 hierhergehörigen Versuchen lasse ich nur nachstehende Protocolle folgen. Nr. 134. 6 h. 20 m. Frosch aufgebunden, Vagus präparirt, linker Vagus giebt auf electrische Reizung Stillstand bei Rollenabstand 180. 6 b. 23 m. 0,2 mgr. Veratroidin injicirt. Sofort spontaner Stillstand, welcher eine Minute anhält, daranf einige Schläge und abermals Stillstand für über eine Minute. 6 h. 29 m. Herz arbeitet ruhig, Puls - 56, 6 h. 30 m. Vaguisreizung giebt Stillstand bei RA. = 140. 6 h. 45 m. Puls --- 52. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA. -= 100. 6 h. 55 m. Puls --- 48. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA, = 100. 7 h. 15 m. Puls = 52. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA. -- 100. 7 h. 35 m. Puls — 48. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA. 90. 7 h. 50 m. Puls --- 40. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA. = 90. 8 h. 20 m. Puls = 40. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA. = 90. Nr. 65. Frosch aufgebunden, Vagi präparirt. Vagusreizung giebt Herz- stillstand bei Rollenabstand 90. 5 h. 39 m. Puls = 40 Schläge in der Minute. Es wird 0,2 mgr. Veratroidin subcutan injicirt. Sofort spontaner Herzstill- stand, der eine ganze Minute anhält. 5 h. 47 m. das Herz schlägt wieder regelmässig. 5 h, 48 m. Puls -- 34. Electrische Vagusreizung giebt Stillstand schon bei Rollenabstand 120. 5 h. 53 m. 0,5 mgr. Veratroidin subcutan. Abermals spontaner Herz- stillstand. 5 h, 57 m. Vagusreizung giebt Stillstand bei Rollenabstand 120. 6 h. – 1,0 mgr. Veratroidin subcutan. Herz steht nicht spontan. Vagusreizung giebt Stillstand nur bei übereinander ge- schobenen Rollen. 6 h. 15 m, 2 mgr. Veratroidin subcutan, 6 h. 17 m. Kein Stillstand auf Vagusreizung. 6 h. 20 m. Kein Stillstand auf Sinusreizung. Nr. 81. Frühlingsfrosch aufgebunden, Vagi präparirt. Linker Vagus giebt bei Rollenabstand 50 Stillstand: 4 h. 50 m. 0,2 mgr. Veratroidin subcutan. 4 h. 52 m. Herzstillstand bei Rollenabstand 70. 4 h, 55 m, 70. 56 4 5 h. 5 mm, 1,07 mgr. Veratroidin subcutan. 5 h, 10 m. Puls = 48. Stillstand schon bei Rollenabstand 70. õ h. 20 m. Herzstillstand erst bei Rollenabstand ** 0. 5 h. 25 m. 1,0 mgr. l'eratroidin subcutan. 5 h. 30 m. Puls 36. Vagusreizung giebt keinen Stillstand. 5 h. 35 m. Puls -- 20. Kein Sinusstillstand mehr. Nr. 136. Frosch aufgebunden, linker Vagus präparirt. 3 h. 40 m. Electrische Vagusreizung giebt Stillstand bei RA == 90. 3 h. 44 m. 6 mgr. Veratroidin injicirt. 3 h. 47 m. Weder electrische Vagnsreizung, noch Sinusreizung giebt Stillstand des Herzens. 3 h. 49 m. 4 Tropfen derselben Muscarinlösung. 3 h. 57 m. Ilerz steht in Diastole. 4 h. 50 m. Herz steht noch. Es wird Atropin in den Brustkorb gegeben. 5 l. 8 m. Herz schlägt wieder. Nr. 64. Frosch aufgebunden, Vagus präparirt, Vagusreizung giebt promp- ten Herzstillstand. 4 h. 2 m. 3,0 mgr. Veratroidin injicirt, 4 b. 10 m. Weder Vagusreizung noch Sinusreizung giebt Stillstand. Nr. 130. 6 h. 20 m. Frosch präparirt, Vagi freigelegt. Electr. Reizung giebt Herzstillstand bei R.-A, 60. Puls --- 44 in der M. 6 h, 25 m. 6 mgr. Veratroidin subcutan. 6 h. 27 m. Kein Vagusstillstand mehr. 6 h. 30 m. Kein Sinusstillstand mehr, Puls = 32. Aus dem Angeführten ist ersichtlich, dass kleine Mengen Veratroidin den Herz vagus des Frosches dermassen reizen können, dass spontáner diastolischer Herzstillstand eintritt. Diese Reizbarkeit hält längere oder kür- zere Zeit an, um später sogar einer gegen das Nor- male verminderten Erregbarkeit Platz zu machen, die wieder Stunden anhalten kann, ohne in Lähmung überzugehen. Giebt man etwas grösssre Dosen, so 57 tritt auf das Reizungsstadium bald eine ver- minderte Erregbarkeit, dann schnell Läh- mung des Vagus ein. Grosse Dosen Vera- roidin dagegen lähmen den Herz vagus so- fort ohne vorheriges Reizungsstadium. Auffallend ist das Verhalten des Sinus in allen angeführten Experimenten. Derselbe wird bald nach der Lähmung des Vagus, für electrische Reize ganz unempfindlich. Sogar bei über einander geschobe- nen Rollen des Schlittenapparates gelingt es nicht mehr durch Reizung des Sinus Stillstand zu erhal- ten. Giebt man dagegen jetzt Muscarin, so tritt ein completer Muscarinstillstand auf, der seinerseits noch nach Stunden durch Atropin gehoben werden kann. Diese Experimente zeigen, dass es einen Zustand bei der Veratroidinvergiftung giebt, wo der Sinus für den Reiz des electrischen Apparates schon unempfindlich sein kann, während er noch für den physiologischen Reiz des Mus- carins zugänglich ist 70). Blutdruckversuche mit Veratroidin. Zur Beurtheilung des Einflusses des Veratroi- dins auf den Blutdruck lagen mir drei Versuche vor 76) Nach der von Luchsinger aufgestellten musculären Deu- tung des Muscarinstillstandes, wäre dieses Verhalten des Sinus nach Veratroidin, leichter zu erklären. Wenn Muscarin eine Lähmung des Herz mu skels hervorbringt, Atropin dagegen eine Reizung desselben, 80 ist es klar, dass auch nach Lähmung des Venensinus der Musenrin- stillstand dennoch auftreten und auf Atropin ebenso leicht verschwin. den müsse. (18, 118, 138). Zwei derselben habe ich selbst an Hunden angestellt, der dritte, an einer Katze, stammt von Prof. Kobert, der so freundlich war, mir den- selben zur freien Benutzung zu überlassen. Alle Thiere wurden nach vorausgeschickter Tracheotomie curaresirt, die Injectionscanüle in die Vena jugularis eingebunden und die Carotis mit dem Manometer verbunden. Sofort nach der Injection von sehr kleinen Do- sen Veratroidin (0,2 mgr.) bemerkt man ein Sinken des Blutdruckes und Pulses, jedoch nur für kurze Zeit und bei der ersten Injection dieser kleinen Gabe. Bei einer zweiten Injection derselben Dosis begin- nen beide allmälig anzusteigen. Diese Verlang- samung von Blutdruck und Puls scheint bei der Katze nur sehr kurze Zeit zu dauern, beim Hunde etwas länger, jedoch auch hier nur wenige Mi- nuten. Von da ab beginnt ein Steigen des Blut- druckes sowohl, als auch der Frequenz des Pulses, um bei mittelstarken Dosen (etwa 0,3 mgr. pro Kilo Thier) den Höhepunkt zu erreichen. Werden nun noch etwas grössere Dosen gegeben, so hal- ten sich Blutdruck und Pulsfrequenz auf derselben Höhe, steigen aber nicht mehr nach der Injection an. Bei grossen Dosen dagegen fällt der Blut- druck schnell ab, bis zu einem Minimum und der Tod tritt bald ein. Die Pulsfrequenz bleibt auch bei grossen Dosen constant hoch, wird aber sehr klein und fast unzählbar bis das Herz stehen bleibt. Die Deutung dieser angeführten Erscheinungen wäre im Verhalten des Herzvagus gegeben. Die bei Injection von kleinen Dosen in allen drei Fällen aufgetretene vorübergehende, kurzdauernde Vermin- . 59 17 1 TYT derung von Blutdruck und Puls, muss auf eine pri- märe kurze Vagusreizung zurückgeführt werden, welche bald in eine verminderte Erregbarkeit bis zur völligen Lähmung dieses Nerven übergeht. Da- durch das Steigen des Pulses und des Blutdruckes. Diese Lähmung des Herzvagus äussert sich darin, dass bald ein Stadium auftritt, wo die Pulsfrequenz constant hoch bleibt bis zum Tode. Dafür spricht auch der Umstand, dass sogar bei grossen Dosen Vera- troidin, wo der Blutdruck bedeutend sinkt, die Puls- frequenz auf derselben Höhe bleibt und nur der Charakter des Pulses sich ändert. Er wird klein und fast unfühlbar. Dieses Verhalten des Herzvagus bei Säugethie- ren stimmt sehr gut zu den gleichen Versuchen am Kaltblüter. Auch beim Frosch wird nach Veratro- idin der Herzvagus zuerst gereizt, dann gelähmt, wie wir es oben schon auseinandergesetzt haben. Für das Steigen des Blutdruckes bei kleinen Dosen und Sinken desselben bei grossen meine ich noch einen Factor herbeiziehen zu müssen. Es ist solches die bei den Williams'schen Versuchen schon angegebene, viel ausgiebigere, energischere Herzthä- tigkeit, welche ein grösseres Pulsvolum zur Folge hat. Es wird mit jeder Systole eine viel grössere Blutmenge ins Gefässsystem geschleudert und letzte- res dadurch bedeutend gespannt. Bei grossen Dosen dagegen tritt eine Verminderung der Elasticität des Herzmuskels ein, derselbe beginnt zu erlahmen, folg- lich muss auch der Blutdruck, oder was dasselbe ist, die Spannung in den Gefässen sich vermindern. Zudem tritt, wie wir unten sehen werden eine Erwei- 1 60 -- terung der peripheren Gefässe an sich beim Einfüh- ren des Veratroidins in den Organismus. Solange das Herz mächtig arbeitet und das Gefässcentrum nicht gelähmt oder ausgeschaltet ist, kann die durch diese Erweiterung der peripheren Gefässe bedingte Verminderung der Wandspannung, durch eine grös- sere Systole übercompensirt werden, sobald aber das Herz schwächer zu pumpen beginnt, muss diese Er- weiterung noch mehr zur Abnahme des Blutdruckes beitragen. Das Sinken des Blutdruckes nach grossen Dosen Veratroidin muss somit als beginnende Herz- lähmung aufgefasst werden. Durchströmungsversuche an überlebenden Organen mit Veratroidin. . Die zu diesem Behufe benutzten Kuhfüsse oder Kalbsnieren wurden nach Möglichkeit lebenswarm erhalten und nach allen von Kobert 7) und Thom- son 78) angegebenen Cautelen behandelt. Das Durch- strömungsblut war stets demselben Thier oder wenig- stens derselben Thiergattung entnommen. Der Druck blieb im Laufe der ganzen Untersuchung constant. Wie aus der Tabelle IV zu ersehen ist, ergaben alle T - - 77) R. Kobert. Ueber die Beeinflussung der peripheren Gefässe durch pharmacologische Agentien. Schmiedebergs Archiv. Bd. XXII. 1887. 78) H. Thomson. Ueber die Beeinflussung der pheripheren Gefässe durch pharmacologische Agentien. Dissert, Dorpat 1886. 61 1 angestellten Versuche gleichnamige Resultate. Es zeigte sich, dass sowohl die Gefässe der Extre- mitäten, als auch die der Nieren unter dem Ein- flusse veratroidinhaltigen Blutes sich bedeu tend erweiterten. Das von Kobert und Thomson für einzelne Substanzen gefundene abweichende Ver- halten der Nierengefässe gegenüber den Gefässen des Stammes zeigte sich bei Veratroidin nicht. Was die Deutung dieser Gefässerscheinung be- trifft, so bin ich geneigt auch für diese Erweiterung eine Erschlaffung der Gefässmusculatur anzunehmen, wie Kobert das Entgegengesetzte für das Zustande- kommen einer Volumverengerung bei den Substan- zen der Digitalingruppe, einschliesslich des Veratrins, annimmt und begründet 79). Einfluss des Veratroidins auf die Sensibilität der Haut. Das bei allen Vergiftungsversuchen constant auf- · tretende Sinken bis zum völligen Verlöschen der . Reflexe legte die Frage nahe, ob nicht die Haut- sensibilität durch Veratroidin Einbusse erleide, wess- halb eine ganze Reihe S. g. Türck'scher Versuche angestellt wurde. Das Princip derselben besteht da- rin, dass durch Decapitation oder Durchtrennung des Rückenmarks hoch oben der Einfluss der willkür lichen Centra ausgeschaltet wird und dann ein Reiz, T - A 79) R. Kobert. c. l. w ·- - - - 62 gewöhnlich eine verdünnte mineralische Säure, auf die mit einer gewissen Substanz behandelte hintere Extremität applicirt wird. Der Zeitunterschied zwi- schen dem Eintritt des Reizes und dem ausgelösten Reflexe giebt auch den Grad der Sensibilität an. Dabei bleibt die andere hintere Extremität, die nicht mit dem betreffenden Agens behandelt worden ist, gleichsam zur Controlle und zum Beweis, dass das. Sinken der Reflexerregbarkeit nicht durch centrale, sondern wirklich durch locale Einwirkung verursacht ist. Der zeitliche Unterschied bis zum Eintritt des Reflexes auf der einen und der anderen Seite bildet somit den Maasstab der veränderten Erregbarkeit. Es giebt freilich noch eine Modification dieser Me- thode von Alms, welche in einer vorherigen totalen Entblutung des decapitirten Thieres besteht. Dieselbe lässt aber mancherlei Einwürfe zu, so dass ich von derselben ganz absehen musste. Meine bis über dreissig nach der erstgenannten Methode angestellten Versuche belehrten mich, dass. die hiesigen Frösche während und kurz nach der Laichzeit – denn nur solche standen mir zur Ver- fügung für diese Experimente sich gar nicht eignen. Sie starben ohne nachweisbare Ursache recht bald nach der Decapitation ab. Ich unterliess somit das Decapitiren und setzte meine Versuche in der angegebenen Weise weiter fort. Es war zwar das Willenscentrum nicht ausgeschlossen, willkürliche Bewegungen mussten mit in Betracht ge- zogen werden. Es war aber das Entgegengesetzte nicht anzunehmen, nämlich, dass der Frosch ge- flissentlich einen Schmerz unterdrücken und demsel- 7 TIT 63 ben nicht zu entgehen suchen werde, d. h. keine Abwehrbewegungen machen werde. Darauf kam es ja hauptsächlich an. Es zeigte sich nun, dass Aufpinselungen von Veratroidinlösungen auf die Extremität von gar keiner Verminderung der Reflex- erregbarkeit begleitet waren. Wurde dagegen das in neutraler Salzlösung befindliche Gift in eine Ex- tremität - gewöhnlich die linke hintere --- subcutan injicirt, so trat wohl eine Verlangsamung, und ein völliges Aufhören der Reflexe ein zuerst in der injicirten und schon wenige Minuten später in der anderen Extremität, zuweilen auch in beiden gleich- zeitig. Aber das nur bei einer Injection von minde die auch schon vom Rückenlymphsack oder von jeder anderen beliebigen Stelle aus dieselben Erscheinungen hervorbrachte. Es war somit klar, dass der Schwund der Reflexerregbarkeit ein allgemeines Ver- giftungssymptom bildet und nicht auf locale Anästhesie zu beziehen ist; da diese Erscheinung ausserdem auf beiden Extremitäten fast gleichzeitig auf- tritt und von einem Schwund der electrischen Quer- leitung begleitet wird, so glaube ich annehmen zu müssen, dass dieselbe centralen Ursprungs ist und wahrscheinlich in einer Lähmung der Ganglien in den Hinterhörnern des Rückenmarks ihren Grund habe. 64 Einfluss des Veratroidins auf die Erregbarkeit von Muskel und Nerv. Folgende zwei Versuche sollen zur Illustration, wie dieselben angestellt werden, beitragen und auch die Resultate anschaulich darlegen. Nr. 149. 18. IV. 90. 5 h. 45 m. Es werden zwei Gastrocnemii von ein und demselben Frosch vorsichtig abpräparirt. A wird in eine Lösung von 2 mgr Veratroidin auf 20 Cc. physiol. Kochsalzlösung gethan, B dagegen in reine physiologische Kochsalzlösung. Beide reagiren bei RA. 130. 55 m. A zuckt schon bei RA. 180, B bei RA. 130. .6 h. 15 m. A « « « 180, B 130. Wird A bei demselben Rollenabstand 130 nur einmal ge. reizt, so macht es eine ganze Reihe klonischer Zuckun. gen, welche fast eine Minute lang anhalten. 7 h. 10 m. A zuckt bei RA. 170, B ebenfalls bei RA. 170. . 45 m. A ¢ ¢ 130, B dagegen « « 180. 19. IV, 90, 8 h. morgens. A ganz unerregbar, B dagegen contrahirt sich bei | RA. 50. Nr. 150. 19. IV. 90. 9 h. 23 m. Zwei Gastrocnemii werden von ein und demselben Frosche abpräparirt. A wird in eine Lösung von 12 mgr. Vera- troidin auf 20 Cc. physiol. Kochsalzlösung gethan, B nur in reine physiol. Kochsalzlösung. Beide reagiren bei RA = 100. 9 h. 30 m. A zuckt bei RA 100, B ebenfalls bei RA 100 40 m. Å « 140. B zuckt « 100 & 100 10 h. 10 m. A d « « 110, B a 100 25 m. A « « 110, B « « « 120 45 m. A < < < 70, B « « 160 11 b. - A ¢ ¢ 70, B R $ 200 10 m. A « « « 40, B macht schon spontane Zuckungen 12 h. 30 m. A nicht mehr erregbar, B schon bei RA 100. A A A A A A A A A b . . 65 Aus diesen Versuchen geht hervor, dass Veratroi- din den Froschmuskel zuerst erregbarer macht, dann aber die Erregbarkeit viel schneller, als normal herabsetzt und völlig vernichtet. Bei kleineren Dosen scheint diese gesteigerte Erregbar- keit länger anzuhalten, als bei grossen Dosen, d. h. bei concentrirteren Lösungen. Auch scheint im letzte- rem Falle der Muskel schneller seine Erregbarkeit zu verlieren, als bei schwächeren Dosen. Ausserdem zeigen diese beiden Versuche, dass der in physio- logischer Kochsalzlösung sich befindende Muskel nach längerer Zeit reizbarer wird, ungefähr zu der Zeit, Wo gerade die Herzabsetzung der Erregbarkeit beim Veratroidinmuskel eintritt. Stellen wir beide Fälle nebeneinander, so müssen wir sagen, dass trotz des erregenden Einflusses der Kochsalzlösung auf den Muskel, die Erregbarkeit desselben doch bedeutend abnimmt und völlig vernichtet wird. Es ist dieses eine Thatsache, welche die lähmende Wirkung des Vera- troidins noch mehr in den Vordergrund treten lässt. Dasselbe Verhalten dem Veratroidin gegenüber zeigt auch der Nery. Das sehen wir im folgenden Versuche: 11 h. 8 m. Zwei Ischiadici werden im Zusammenhange mit den m. m. Gastrocnemii von demselben Frosch abpräparirt. Der eine Nerv A wird in eine Lösung von 6 mgr. Veratroidin auf 10 Cc. physiol. Kochsalzflüssigkeit gethan, der andere Nerv (B) sowie die beiden Muskel in reine Kochsalzlösung. Bei Reizung sowohl des einen, als auch des andern Nervs zucken die betreffenden Muskel bei RA. = 120. 11 h. 15 m. A löst eine Muskelzuckung aus bei RA. 150, B « « « 120. 11 h. 30 m. A ¢ « a « 140. B a « « « 120. 11 h, 45 m. A « « 130. 5 66 - B < 11 h. 45 m. B löst eine Muskelzuckung aus bei RA. 120. 12 h. A i 130. « < < 150. 18 h. 15 m. A « * 130, B < ☆ * 140. 12 h. 80 m. löst keine Mnskelzuckung mehr aus auch bei überein- andergeschobenen Rollen. B löst noch eine Muskelzuckung aus bei RA. 150. Diacon n auch den Nery zuerst erregt, dann erst lähmt, also dasselbe Verhalten wie beim Muskel stattfindet. Dabei ist auch hier im Auge zu haben, dass die Kochsalzlösung, wie der Controllversuch lehrt, die Muskelsubstanz reizbarer macht, demnach genügt ein verhältnissmässig kleiner Nervensimpuls schon eine Muskelcontraction hervorzubringen. Dieser Um- stand spricht noch mehr für die nervenlähmende Wirkung des Veratroidins. . Wärmekastenversuch mit Veratroidin. Zu diesen Versuchen wird dem Thiere eine Injectionscanüle in die Vena lugularis eingebunden, und nach vollzogener Tracheotomie Curare gegeben und die künstliche Athmung eingeleitet. Darauf wird Wasserdämpfen gesättigten, warm gehaltenen Wärme- kasten gethan, nachdem die Bauchhöhle eröffnet worden ist. Die Därme werden so gelagert, dass etwaige Peristaltik sofort erkennbar wird. Nach . - - E . .. 67 'n längerer Beobachtung des Verhaltens des Darmes wird dann das Gift in die Vene injicirt. Von den von mir angestellten drei Versuchen führe ich einen (Nr. 101) zur Illustration unten in den Protocollen ·an. Alle Versuche ergaben, dass durch Injection von Veratroidin ins Blut unabhängig von der Grösse der Dosis sofort mehr oder minder starke Magen- und Darmperistaltik auftritt. Letztere ist eine constante Erscheinung, erstere fehlt zuweilen und zeigt sich seltener. Das ist um so merkwürdiger, da wir bei subcutaner Application keine Durchfälle sehen. — Fragen wir uns nun, wodurch diese Erschei- nung zu Stande kommt, so können zwei Möglichkeiten in Betracht kommen. Es kann nämlich erstens von dem Gifte ein Reiz auf den der Darmbewegung vor- stehenden Nervenplexus mit seinen Ganglien ausge- übt werden, und es kann zweitens das Gift die glatte Musculatur direct ohne Vermittelung dieses Plexus zur Contraction bringen. Eine genaue Entscheidung dieser Frage ist zur Zeit nicht möglich, doch scheint mir mit Rücksicht auf die Versuche am Herzen und an der quergestreiften Musculatur des Körpers eine directe Reizung der glatten Muskelfasern sehr wahr- scheinlich. Eine ebensolche dürfte wohl eintreten bei Einführung des Giftes in den Magen und die von mir am Hunde beobachteten heftigen Brechbe- wegungen erklären. Ich gab nämlich einem Hunde per os 13,5 mgr., was subcutan eine absolut tödt- liche Dosis ist. Nach wenigen Minuten erbrach das Thier mehrmals und zeigte sonst keinerlei Symptome. Das Verhalten der s. g. Magenbrechmittel (Kupfer, Antimon u. S. W.) stimmt zu dem Verhalten des 68 Veratroidins gut, denn auch diese reizen die Muscu- latur erst, um sie dann zu lähmen. Versuche mit Veratrin. Die mit Veratrin angestellten Versuche haben den Zweck den Gegensatz dieses Alcaloids zum Veratroidin festzustellen, resp. die ähnlichen Wirkun- gen aufzudecken. Das Präparat, welches ich benutzte stammt von Böhringer und ist mir von Prof. Dragendorff empfohlen worden. Auch das Vera- trin war in physiologischer Kochsalzflüssigkeit mit Zusatz von etwas Essigsäure gelöst. I. Allgemeinerscheinungen am Kaltblüter. Nr. 125. 12. IV. 90. 5 h. 3 m. Ein Frosch erhält 1 mgr. Veratrin subcutan. 10 m. Nausea. Charakteristische Schwerbeweglichkeit der Ex- tremitäten, bestehend in verlangsamter Adduction. Der Frosch bleibt nach jedem Sprunge mit gestreckten hinte- ren Extremitäten liegen. 30 m. Spontane Starrkrämpfe und fibrilläre Zuckungen der Musculatur. 6 h. - Tetanus wiederholt sich oft. - 30 m. Liegt ganz apathisch, jede Berührung löst jetzt ebenfalls einen Starrkrampf ant. 13. IV. 90. 9 h. 30 m. Stat, idem. Ausgeprägte Starre der Musculatur, nur sel- ten Tetanus, springt noch schlecht. 14. IV, 90. – Erholt, springt gut. Alle 4 von mir angestellten Vergiftungsversuche mit grösseren oder kleineren Dosen Veratrin ergaben 69 dieselben spastischen Erscheinungen und Starre der Musculatur, welche beim Veratroi- din ganz fehlen. Ich machte daher einen Versuch an einem zuvor curaresirten Frosch. Der Zustand der Starre trat ebenso ein, wie am nicht curaresirten Controllfrosch, womit der Beweis geliefert ist, dass dieses nicht vom Nerv oder dessen Endigungen ab- hängt, sondern in der Muskelsubstanz selbst ihren Grund hat. Ganz derselben Ansicht ist auch Pré- vost, der ein sehr gutes Vergiftungsbild des Frosches giebt, welches mit dem oben angeführten stimmt. Nach demselben Autor soll die Rana viridis dem Veratrin gegenüber weniger empfänglich sein, als die Temporaria. 2. Allgemeinerscheinungen am Warmblüter. Nr. 155. 20. IV. 90. 5 h. 38 m. Eine Katze erhält 9 mgr. Veratrin subcutan. Sofort heftige Unruhe. 45. m. Starkes Erbrechen und mehrmalige Kothentleerung, schwere Nausea, Beschleunigungsdyspnoe, Schwerbeweg- lichkeit der hinteren Extremitäten 6 h. 5 m. Seitenlage, Convulsionen, Dyspnoe, Narcose, Puls = 102. 20 m. Krämpfe, Nausea, Dyspnoe, Puls, =- 104. 7 heima Wiederholte Krämpfe, Dyspnoe. 7 h. 45 m. Stat. idem. Puls schwer zäblbar wegen der Krämpfe. Mechanische Insulte lösen gleichfalls Krämpfe aus. 21. IV. 90. 11 h, 30 m. Das Thier ist bis auf die Schwerbeweglichkeit der Hinter- extremitäten erholt. Auch an diesem Versuche sehen wir, dass die spastischen Erscheinungen das Vergiftungs- bild beherrschen. Dieses betonen auch Prévost und Bezold für ihre Versuche mit Veratrin. Das L1 me 70 1 1IL TYT JL. krystallisirte Veratrin (Cevadin) stimmt in dieser Be- ziehung ganz mit dem Veratrin offic. überein, wie denn überhaupt nach den Angaben Lissauers, wel- cher das krystallisirte Veratrin untersuchte, letzteres in allen Punkten mit dem käuflichen Veratrin über- einstimmt. Die mehrmaligen Kothentleerungen scheinen charakteristisch für Veratrin zu sein, wie dieses auch von Prévost bemerkt wor- den ist und bilden einen Gegensatz zum Veratroidin, wie auch der Puls, dessen Frequenz durch Veratrin vermindert wird. Die von Praag und Prévost con- statirte Verlangsamung der Athmung, welche nach Bezold und Hirt bis zu exspiratorischen Pausen sich ausdehnt, konnte ich an meinem Versuche nicht wahrnehmen, vielmehr im Gegentheil eine Beschleu- nig: ngsdyspnoe. Auch Lissauer spricht von einer Verminderung der Athemfrequenz, giebt aber zu, dass er auch oft vorübergehende Beschleunigung wahrnehmen konnte. Von allen genannten Autoren, wird als Todesursache die schliessliche Läh- mung der Athmung angenommen, während beim, Veratroidin wie wir gesehen haben dieses nicht der Fall ist. WU 3. Circulationsapparat. a) Versuche am Frosch herzen. Die Resultate meiner Versuche sowohl am iso- lirten, am Williams'schen Apparate arbeitenden Froschherz, als auch an dem in situ sich befinden- den sind in der Tabelle III zusammengestellt. Das . C . . 71 - erste hervortretende Symptom ist die constant auf- . Y wie wir sie auch beim Veratroidin haben. Diese Verlangsamung der Pulsfrequenz ist eine von allen bekannten Autoren beobachtete Thatsache. Nur Prévost behauptet, dass diese Erscheinung bei der Rana viridis nicht auftrete, bei derselben finde keine Verlangsamung nach Veratrin statt; wohl aber bei der Temporaria. Ausser dieser Verlangsamung tritt schon verhältnissmässig früh eine gewisse Nei- gung für systolische Stillstände und für ausgeprägte Peristaltik auf. Der endliche Stillstand erfolgt in der Regel in der Systole, wenn auch ab und zu diastolische Stillstande vorkommen. Letztere scheint Prévost niemals beobachtet zu haben, wäh- rend Hirt überhaupt nicht angiebt, ob das Herz systolisch oder diastolisch still stand. Was das Puls- bald zu vergrössern, bald auch nicht, worin das Veratrin mit dem von mir untersuchten Veratroidin übereinstimmt, kleine Gaben dagegen scheinen eine Verminderung hervorzubringen, im directen Gegen- satz zum Veratroidin. Weiter ist aus der Tabelle zu ersehen, dass das Atropin auf die Puls- verlangsamung des Veratrins von gar keinem Einflusse ist ganz wie das Veratroidin. Auch dem Muscarinstillstande gegenüber ver- hält sich Veratrin analog dem Veratroidin: es hebt denselben bald auf, bald auch nicht. Hier führe ich ein Beispiel an, wo der Muscarinstillstand durch Veratrin aufgehoben worden ist. . . Nr. 140. 9 h. 20 m. Frosch aufgebunden, Herz freigelegt macht 72 Pulse in der Minute. 24 m. Erhält 3 Tropfen Muscarinlösung in den Brustraum. 27 m. Herz steht. 55 m. Herz steht noch, es werden 3 mgr. Veratrin subcutan gegeben. 10 h. 5'm. Herz macht 12 Pulse in der Minute. b) Herz vagus. Nr. 82. 27. III. 90. 5 h. 15 m. Frosch aufgebunden, Vagi präparirt, Vagusreizung vom Stamme aus giebt Stillstand bei RA - 160. 30 m. 0,1 mgr. Veratrin subcutan. 35 m. Vagusreizung giebt Stillstand bei RA = 70. 45 m. 0,5 mgr. Veratrin zugegeben. 50 m. Kein Stillstand auf Vagusreizung. 60 m. 0,5 mgr. Veratrin zugegeben. 6 h. 10 m. Kein Stillstand auf Sinusreizung. Es zeigt dieser Versuch, dass die Erregbarkeit des Herzvagus nach Veratrin stetig abnimmt, um in Unerregbarkeit überzugeben. Auch die electrische Reizung des Venensinus bleibt erfolglos. Eine vor- hergehende Steigerung der Erregbarkeit des Vagus findet hier nicht statt, wie beim Vera- troidin. c) Blutdruck. Im Ganzen sind von mir 3 solche Versuche an Hunden angestellt worden, worunter einer an ei- nem vorher atropinisirten Thiere. Die Ergebnisse zeigten, dass der, im Gegensatz zu allen sonstigen Erfahrungen stehende, von Bezold und Hirt aufge- stellte Grundsatz des Parallelismus von Pulsfrequenz ne LI 17 73 I und Btutdruck im Ganzen und grossen richtig ist. Bei kleinen Dosen Veratrin sinken Blutdruck und Pulsfrequenz, bei mittelgrossen und gros. sen Gaben etwa von 0,1 mgr. pro Kilo Thier steigen beide an. Es verhält sich so- mit das Veratrin umgekehrt wie das Veratroidin. Nur hart vor dem Tode des Thieres sinkt der Blut- druck schneller, als die Pulsfrequenz, eine That- sache, die auch schon Lissauer bei seinen Ver- suchen bemerkt hat. Die vorherige Atropinisirung des Thieres hat nur zur Folge, dass die Pulsfrequenz auch bei kleinen Veratrindosen verhältnissmässig hoch bleibt, auf die Beschaffenheit des Blutdruckes jedoch ist sie ganz ohne Einfluss. Zur Illustration des ge- sagten ist unten ein ausführliches Protocoll eines Blutdruckversuches nach Veratrin angeführt. 4. Wirkung des Veratrins auf Muskel und Nerv. Nr. 157. 5 h. 55 m. Es werden beide Gastrocnemii von einem vorher curaresirten Frosch abpräparirt. A wird in eine Lö- sung von 18 mgr. Veratrin auf 20 cc. physiolog. Koch- salztlüssigkeit gethan, B in reine physiol. Kochsalztlüssig. keit. Auch wird in jedes Schälchen ein Tropfen einer 1% Curarelösung hinzugethan. Beide reagieren bei Rollenabstand 110. h. - m. A zuckt bei R A 110, B ebenfalls bei RA 110 5 m. A . 60, B zuckt . 110 15 m. A kaum erregbar bei RA = 0, B zuckt bei RA 80 30 m. A . 19 = 0, B , 8 0 45 m. A ganz unerregbar, B , 90. Es zeigt somit dieser Versuch, dass Veratrin die Erregbarkeit der Muskelsubstanz schon nach kurzer Zeit vollständig aufhebt. Dieses ist auch schon 74 von Weyland nachgewiesen worden am nicht cura- resirten Muskel. Eine vorhergehende Steige. rung der Erregbarkeit, wie wir sie oben sowohl beim' nicht curaresirten als curaresirten Veratroidin- muskel gesehen haben, konnte ich beim Vera- trin nicht feststellen, obgleich Bezold 80) und neuerdings Dreser 81) sie gesehen haben wollen. Einen Versuch über das Verhalten des Vera- trins dem Nerv gegenüber, lasse ich hier folgen. Y 9 = 140 Nr. 160. 11 h. 55 m. Zwei n. n. Ischiadici werden im Zusammenhange mit denim. m. Gastrocnemii von demselben Frosche abprä. parirt. Der eine Nerv A wird in eine Lösung von 6 mgr. Veratrin auf 10 cc. physiol. Kochsalzflüssigkeit gethan, der andere Nerv (B) sowie die beiden Muskel in reine Kochsalzlösung. Die electrische Reizung beider Nerven bei R A 150 ruft Muskelzuckung hervor. 12 h. 10 m. A löst eine Muskelzuckung aus bei RA = 150 B ✓ ✓ ✓ 12 h. 25 m, A ist unerregbar, kann keine Muskelzuckung mehr aus- lösen sogar bei RA = 0. B löst eine Muskelzuckung aus bei RA = 140. Es zeigt dieser Versuch, dass auch der Nerv, ohne vorhergegangene Erregung durch Ve- ratrin abgetödtet wird und zwar in verhältnissmässig kurzer Zeit. Dieses spricht gegen Kölliker, nach dessen Untersuchungen das Veratroidin auf den Nerv keinen Einfluss ausübt. Dem widersprechen auch Praag sowie Bezold und Hirt, jedoch behaupten 80) 1. c. 81) H. Dreser. Ueber die Messung der durch pharmacologische Agentien bedingten Veränderungen der Arbeitsgrösse und der Elasti- citätszustände des Skelettmuskels. -- Schmiedebergs Archiv Bd. 27. S. 84. 75 auch Letztere beide, dass der Erregbarkeitsabnahme eine Steigerung der Erregbarkeit vorangeht, was ich wie schon betont, nicht gesehen habe. 5. Wärmekastenversuch. Injicirt man einem in der schon oben beschrie- benen Weise, behandelten, im Wärmekasten liegen- den Thiere Veratrin ins Blut, so sieht man auch nach längerer Beobachtung keine Spur von Magen- oder Darmperistaltik, wie das hinten angeführte Protocoll Nr. 62 zeigt. Es ist dieses der directe Gegensatz zum Veratroidin und interessant, weil bei subcutaner Application von Veratrin Neigung zu Durch- fällen besteht. Eine Erklärung für dieses paradoxe Verhalten des freigelegten Darmes kann man wohl nur darin finden, dass der Hauptangriffspunkt des Veratrins in der quergestreiften Musculatur liegt, d. h. dass das Erbrechen und der Durchfall vermittelst der Bauchpresse und des Zwerchfells zu Stande kom- men, deren Action hier ausgeschaltet ist. 1 1 -- - -- - - Vergleich zwischen Veratroidin und Veratrin Ziehen wir nun einen Vergleich zwischen den Wirkungen des Veratroidins und des Veratrins. 1. Beide setzen die Pulsfrequenz des Froschherzens herab. 2. Diese Verlangsamung kann durch Atropin bei bei- den weder aufgehoben noch vermindert werden. 76 3. Beide können das durch Muscarin zum Stehen gebrachte Froschherz wieder zum Schlagen brin- gen, aber nicht immer gelingt es. 4. Das Veratroidin bringt in kleinen Dosen immer eine Vergrösserung des Pulsvolumens hervor, das Veratrin nicht immer. 5. Das Veratroidin macht den Herzvagus des Frosches zuerst reizbarer, dann lähmt es ihn, beim Ve- ratrin dagegen tritt die Lähmung ohne vorher- gegangenes Erregungsstadium auf. 6. Das Veratroidin macht in kleinen Dosen nach einem kurzdauernden vorübergehenden Sinken der Pulsfrequenz und des Blutdruckes eine lang. dauernde Vermehrung derselben, in grossen Do- sen aber ein Sinken des Blutdruckes bei gleich- bleibendem frequenten Puls. Das Veratrin da- gegen verhält sich umgekehrt: bei kleinen Do- sen findet ein sehr anhaltendes Sinken der Puls- frequenz und des Blutdruckes, bei mittelgrossen und grossen Dosen ein Ansteigen derselben, wel- ches nur hart vor dem Tode plötzlich nachlässt. 7. Das Veratroidin erweitert die peripheren Gefässe, das Veratrin dagegen verengt sie (nach den Unter- suchungen von Kobert und Thomson). 8. Die Erregbarkeit der Muskelsubstanz und des Nervs wird durch das Veratroidin zuerst ge- steigert, dann aber stark vermindert, beim Ve- ratrin findet diese Herabsetzung der Erregbar- WIL UV keit von Muskel und Nerv viel schneller und ohne vorhergehendes Erregungsstadium statt. 9. Dem Vergiftungsbilde des Veratroidins fehlen daher spastische Erscheinungen und Zeichen von Muskelstarre, beim Veratrin dagegen gehören erschwerte Adduction der Extremitäten, Tetanus, Krämpfe und Zuckungen als charakteristische Erscheinungen der Vergiftung. 10. Beim Veratroidin bleibt das Herz in Diastole stehen, beim Veratrin meist in Systole. 11. Beim Veratroidin tritt der Tod durch Lähmung des Herzens, beim Veratrin durch Lähmung der Respiration ein. Veratroidin macht bei Injection in's Blut Magen- Darmperistaltik, Veratrin nicht. Therapeutisches. Ueber die ausgebreitete therapeutische Anwen- dung der weissen Niesswurz im griechischen, römi- schen, und arabischen Zeitalter ist im historischen Theile näher eingegangen worden. Es ist auch be- richtet worden, dass unsere Pflanze einen grossen Ruf gegen Epilepsie, Melancholie und Manie besass. Dieser Gebrauch der Niesswurz gegen genannte Krankheiten blühte nun im letztverflossenen Jahr- hundert wieder auf. Mayerne, Welsch, Michael, die nach Murray «berühmte Aerzte» waren, treten 78 - T als Lobredner des Veratrum album gegen Manie und Epilepsie auf. Ein Abt zum heiligen Nicolaus in Venedig soll durch unsere Pflanze sehr viele Beses- sene vom bösen Geist befreit haben. Ernst Gre- ding sammelte 28 Krankengeschichten aus dem Irrenhause zu Waldheim, worin der weissen Niess- wurz das Wort geredet wird. Es wurde mit schwachen Dosen begonnen und bis zu 20 Gran (=1,3) der Rinde angestiegen und diese Cur durch Monate fort- gesetzt. Das beliebteste Präparat des vorigen Jahr- hunderts war das Oxymel elleboratum, welches auch Julianum genannt wurde, und bestand aus einem durchgeseihten Decoct dieser Wurzel, welches mit Honig eingedickt war 83). Nach der Entdeckung des Veratrins durch Meissner, bemächtigt sich die Therapie auch dieses Präparates. Magendie war der erste, welcher günstige Erfolge mit dem Veratrin erzielt haben wollte. Turnbull gab darauf die Indicationen zuerst für den äusseren, dann auch für den inneren Gebrauch." Flourens und Cunier 83) schrieben eine Abhand- lung über den äusserlichen Gebrauch des Veratrins. Dieselbe enthält eine Aufzählung zahlreicher Aerzte, welche vom Veratrin gute Erfolge in ihrer Praxis gesehen haben wollen. Hiemit sowie mit den darauf erschienenen Untersuchungen von Forcke 84), war der Ruf des Veratrins zu einer gewissen Höhe gelangt und der Gebrauch desselben physiologisch und klinisch scheinbar gerechtfertigt. Höring, Köh- NA -- - - 82) cf. Murray 1. C. 83) cf. Schmidt's Jahrbücher Bd. 19 S. 283. 84) l. c. i 79 - - ler, Reichard 85) wenden das Mittel bei Wasser- sucht an, Giren ko 86) bei Podagra, Cuillot und Piednagel 87) bei acutem Gelenkrheumatismus. Letz- tere auch in Pillenform innerlich zu einem Milli- gramm, drei mal täglich eine Pille und täglich um je eine Pille ansteigend. Bree 88) rühmt gegen Ischias das Frottiren des leidenden Nerven von seinem Ursprunge ab abwärts mit einer halben mittels «eines rosshaarenen Handschuhes.» Das Hauptgebiet jedoch der Veratrinbehandlung war das Gelenkrheuma geblieben, wie aus den zahlreichen Lobpreisungen zu ersehen ist, welche das Veratrin · fast zum Specificum erheben, so Dr. Dewalsche 89). Letzterer machte übrigens schon darauf aufmerksam, dass das Mittel nicht von Allen gut vertragen werde und Borchet90) räth daher auf je 5 mgr. Veratrin noch 5 mgr. (?) Opium zu geben. Gigot91) will so- gar eine Heilung der endo- und pericarditischen Erscheinungen im Gefolge des Gelenkrheumatismus durch dieses Mittel gesehen haben. Eine neue Epoche in der Veratrinbehandlung beginnt mit dem Jahre 1853. Nachdem der America- ner Norwood in dem Veratrum viride und Saba-. dillae ein Heilmittel gegen das Fieber überhaupt, gleich- viel durch welche Ursache dasselbe bedingt sei, 85) cf. Canstatts Jahresbericht 1842 Bd. II. 86) Daselbst Bd. III., S. 183. 87) Daselbst 1852 Bd. IV., S, 117. 88) Daselbst Bd. III., S. 81. 89) Canstatts Jahresbericht 1853 Bd. IV., S. 95. 1852 Bd. 5.81.1058 Bd. IV., S. 95. 90 l. C. 91) 1. c. - 80 1 gefunden zu haben glaubte, wandte Aran92) das Vera- trin mit Erfolg gegen Pneumonie und Ileo-Typhus an. Die Erfolge seiner Behandlung wurden zwei Jahre später von Fournier veröffentlicht und machten grosses Aufsehen. Die Behandlung bestand in innerlicher Darreichung von 1 mgr. pro Dosi mehrmals täglich bis zu 0,2 pro die. Der Puls sank um 15-36 Schläge in der Minute, das Fieber um 2-3 Grade. Die bis dahin dominirende Behandlung der Pneumonie mit Tart. stib. und Blutentziehungen gerieht ins Schwanken und schon 1858 empfiehlt Dr. Ghiglia 93) das Veratrin als Ersatzmittel der Blutentziehung bei entzündlichen Processen überhaupt. Im Jahre 1862 machten E. Cutter und Otterson 9) entschieden Front gegen die Blutentziehung bei Pneumonie. Erste- rer begründet seine Ansicht darin, dass das Veratrin die gleichen Wirkungen hervorbringe wie der Aderlass, indem es erstens ebenso gut die Stärke, Frequenz und Fülle des Pulses regulire und zweitens ebenfalls eine Beruhigung des Nervensystems hervorbringe. Letzterer will das Veratrin an Stelle der Lancette aus dem Grunde sehen, weil die Wirkung des Ve- ratrins «durch leichte Wiederholungen fortgesetzt werden könne, ohne die vitalen Kräfte zu vermin- dern». Um diese Zeit grade brach sich auch die expectative Behandlungsmethode der Pneumonie Bahn, vielleicht auch dank dem Umstande, dass die alt- hergebrachten Anschauungen durch die neue Vera- trinbehandlung stark erschüttert worden waren. 92) I. c. 93) Canstatts Jahresbericht 1858 Bd. V S. 116. 94) Daselbst 1862 Bd. V S. 122 und 123. Der Tart. stib., das Radicalmittel der Pneumonie, so- wie die durch langjährigen Gebrauch sanctionirten Blutentziehungen galten jetzt als überflüssig, wozu denn noch überhaupt eine Behandlung? In diesem «trostlosen Zustande» auf dem Gebiete der Pneu- monie - wie ein gelehrter Mitarbeiter und Referent in den Canstatt'schen Jahresbüchern sich aus- drückt -- bot nun die 1863 von Roth 95) ver- öffentlichte vergleichende Statistik einen ersehnten Anhaltspunkt. Derselbe führt die Ergebnisse einer grösseren Reihe von mit Veratrin behandelten Fällen und einer fast gleich grossen Reihe blos exspectativ behandelter Fälle vor. Bei den ersteren trat die Lösung durchschnittlich am 5,6 Tage auf, bei den expectativ behandelten dagegen erst am 7,9 Tage. Die Resultate sprachen also entschieden für die Veratrinbehandlung. Das Veratrin hatte aber unan- genehme Nebenwirkungen, wesshalb es nicht von allen gut vertragen wurde, nämlich Erbrechen und Durchfall. Beide schwächten den Patienten stark, vornehmlich der letztere Umstand. Es wurde daher schon recht früh nach einem Mittel gesucht, welches die guten Eigenschaften des Veratrins in sich ver- einige, ohne die Schattenseiten desselben. Als sol- ches wurde nun von America aus die Tinct. Veratri viridis empfohlen, welcher die purgirende Wirkung fehlen sollte. Ein in England zur Prüfung neuer Heilmittel im Jahre 1858 ernanntes Comité, aus 30 Aerzten bestehend, bestätigte 96) diese Thatsache 95) Daselbst 1863. Bd. III. 96) cf. Canstatts Jahresbericht 1863 Bd. IV. S. 334. 82 . 7 und erklärte das Veratrum viride als nicht pur- girendes Mittel, welehes sich besonders eignet bei: Pneumonie, Pleuritis, Bronchitis, Laryngitis, Croup, Pericarditis, Palpitationen, Herzhypertrophie, acutem Rheumatismus,, Eutzündungen jeder Art, sogar - wahrscheinlich aus Ehrfurcht für die gute alte Zeit – gegen Manie. Nach diesem von Fachleuten abgege- benen. Urtheile wird man fast veranlasst in dem Vera- trum viride ein Universalmittel zu sehen. Aber schon 1864 erklärte James Wattson97) auf Grund von Versuchen mit Tr. veratri viridis an Kranken und Gesunden, dass das Sinken des Pulses sehr bedenk- lich sei und nur eine Folge der Herzerschlaffung nach Nausea und Erbrechen sei. Er steht jedoch verein- zelt da und die Lobredner des Veratrum viride sowohl in Form der Tinctur, als des Extractes lassen sich noch bis zum Jahre 1874 verfolgen. Ob die Tinctura veratri viridis wie überhaupt die Veratrum -Präparate noch heute in America eine so ausgedehnte therapeutische Verwendung finden, wie früher, ist mir leider un- bekannt geblieben. Das von mir untersuchte Veratroidin konnte natürlich noch keine therapeutische Verwerthung gefunden haben. Aus den Ergebnissen der Thier- . versuche zu schliessen, ist es nicht unwahrschein- lich, dass es auch auf den Menschen in kleinen Dosen digitalisartig wirken wird. Pulsverlangsamung, erhöhter Blutdruck sind ja auch bei der Digitalis vor- handen und sind es eben diese beiden Momente, auf welche die Therapie der Digitalis vorherrschend L 97) Daselbst. 1864 Bil. V S. 122. -- - . .. . 83 . abzielt. Eine Vergrösserung des Pulsvolumens findet bei beiden statt. Es müsste somit der Puls auch beim Veratroidin voller und kräftiger werden, dabei langsamer. Bedenken könnten nur auftreten von Seiten des Digestiontractus und Gefässsystems, welches sich erweitert. Es tritt auch bei kleinen Dosen oft Erbrechen auf, aber nicht constant. Respi- rationsstörungen in Form von Dyspnoë treten nur bei mittelstarken Gaben auf. Für die therapeutischen Gaben genügen jedoch sehr kleine Dosen. Versuche am Menschen stehen mir nicht zur Verfügung, da ich wegen Mangel an Zeit solche nicht beobachten konnte. Toxicologisches. TY1 NT Es ist bemerkenswerth, dass trotz der stark gif- tigen Eigenschaften der Niesswurz, die Zahl der sicher constatirten Vergiftungen nicht gross genannt werden kann. Es wird dieses hauptsächlich der heftig brechenerregenden Wirkung des Veratrum album und seiner Alcaloide zuzuschreiben sein, welche bedingt, dass das Gift schnell aus dem Organismus entfernt und somit die Resorption verhindert wird. Daher verlangt auch schon Hippocrates Erbrechen nach Einnahme von Veratrum album, wenn der Ausgang ein günstiger sein sollte. Eine ganze Reihe von Vergiftungen finden sich schon bei Murray 9) aufgeführt. Er berichtet, dass 98) 1. c. 84 TY U Gesner nach Einnahme einer halben Drachme (= 2,0 von einem Infus, welches aus einer halben Drachme auf zwei Unzen bereitet war, (2,0 : 60,0), ein Bren- nen auf der Zunge und im Halse, Schluchzen, Auf- stossen und ein Erstickungsgefühl bekam; ein Brech- mittel half der Sache ab. - Berg soll schon nach dem blossen Abschmecken eines wässerigen Infuses Cardalgie und lancinirende Schmerzen im Unterleibe empfunden haben. - Einem Jenaer Studenten, der fremde Bierkrüge heimlich zu leeren liebte und dem ein halber Scrupel (0,6) der Wurzel in das Bier gethan wurde, wurde das Leben nur dank den reich- lichen Entleerungen nach oben und unten erhalten. Ein anderer, der einen Scrupel (1,25) unter Brannt- wein genommen hatte, blieb trotz der aufgetretenen Convulsionen am Leben. Die aus unserem Jahrhundert datirenden, be- kannt gegebenen Vergiftungsfälle will ich in chrono- logischer Reihenfolge wiedergeben. Im Jahre 1851 erkrankte eine ganze Familie, weil in demselben Topfe, wo ein Veratruminfus früher bereitet worden war, ohne vorherige Reinigung eine Suppe gekocht wurde. Von den 6 Vergifteten zeigte eine 70 Jahre alte Frau, welche ausser der Suppe Nichts genossen hatte die heftigsten Erscheinungen. Sie bestanden in Pulslosigkeit, vollkommener Blindheit, Erbrechen. Genesung 99). 1863. Ein Chemiker nahm behufs eines Ex- periments einen ganzen Theelöffel Tinct. Veratri Vi- ridis. Symptome: Erbrechen Schwäche, Schweisse, TIT TT LI 99) cf. Schmidt's Jahrbücher 1851 Bd. 71, S. 307. . .. 85 3 . 1 S . unfühlbarer Puls, Cardialgie, Anfälle von Muskel- strecken. Nach einem ruhigen Schlaf Besserung und Genesung 100). · 1865. Einem seit 6 Wochen von einer Pneu- monie genesenen Kinde von 11/2 Jahren gab die Mutter wegen eines neuen fieberhaften Catarrhs in je halbstündigen Zwischenräumen 4 X 4 Tropfen Tr. Veratri viridis und dann einen Esslöffel voll einer Lösung, enthaltend ca. 16 Tropfen der Tinctur, so dass das Kind im Ganzen gegen 32 Tropfen bekam. Symptome: Brechneigung ohne Erbrechen, Verlust des Bewussteins; schwaches Athmen, Schweisse, sehr langsamer Puls. 13 Stunden nach der ersten Gabe Tod. Keine Section 101). 1866. Zwei Männer tranken aus Versehen statt einas Baldrianpräparates Tinct. Veratri viridis, Symptome: Erbrechen, Pulslosigkeit. Die Anwendung von Laudanum scheint bei dem Einen die Dauer der Intoxication abgekürzt zu haben 102). 1871. Aus Versehen wurde ein Liniment aus Glycerin, Chloric-Aether, Linimentum opii und Vera- trin, von dem letzteren eine etwa drei Gran (0,18) entsprechende Menge, innerlich genommen. Symp- tome: Nausea, Diarrhoe, Tenesmus, Muskelschwäche verlangsamter Puls, Pupillenverengerung Therapie: Zinkvitriol, Excitantia und Tannin. Erholung. Als Nachkrankheit zeigte sich ein beim Sprechen oder A --- - 100) Daselbst. 1863 Bd. 119, S. 29. 101) Daselbst 1865. Bd. 128, S. 33. 102) Virchow-Hirsch, Jahresbericht 1866. Bd. I., S. 323. 86 11 IUCLU D 1 Lachen häufig auftretendes krampfhaftes Zusammen- ziehen der Kiefer 103). 1879. Ein 16 Jahre alter Töpferlehrling hatte statt einer Chininmixtur ein Liniment aus 14,5 Chlo- roform, 12,0 Ol. lini und 0,08 Veratrin auf einmal geschluckt. Symptome: Schlafsucht, Brennen im Halse, Kopfschmerz. Am Abend des folgenden Tages völlige Restitutio 104). 1886. Einer Kranken war aus Versehen ein Theelöffel voll eines Liniments (Veratrin 1,5, Spir. camph. 60,0, Chloroformii 15,0) eingegeben worden, so dass sie ausser 1,5 Campher und 3 Chloroform auch 0,3 Veratrin bekommen hatte. Symptome brennender Schmerz beim Hinabschlucken, weite Pupille, Speichelfluss, Schweisse, schwacher und langsamer Puls. - Therapie: Magenausspülung, Gerbsäure in Lösung, starker Kaffee und Cognac. Ausgang in Genesung 105). Auch zwei Empfehlungen von Antidota finden sich in der Literatur dieser Frage vor. Samuel Hahnemann 106) hält den Kaffee für ein besonders gutes Heilmittel bei Vergiftungen mit der Niesswurz nud will ihn sowohl als Getränk als auch in Kly. stierform gegeben wissen. Das klingt ganz plau-: sibel: es bildet sich kaffeegerbsaures Tannin. Die zweite Empfehlung ist neueren Datums. Sie stammt 103) Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmacognosie, Pharmacie und Toxicologie 1871. S. 587. 104) Daselbst 1879. S. 261. 105) Daselbst 1886. S. 415. 106) Citirt nach Chr. Whistling, Unkräuter, giftige Pflanzen. Bd. IV. S. 278. . -.. - 87 MUT von dem im historischen Theile schon erwähnten Urpar. Derselbe empfiehlt als Behandlung bei Ve- ratrinvergiftungen zur Verzögerung der Ueberführung der Base in's Hydrochlorat, die Neutralisirung des Magensaftes durch Liq. ammonii, wovon 20 Tropfen in einem Glase Wasser 2--3 Mal tägl. zu nehmen sind, in einem späteren Stadium der Vergiftung auch künstliche Respiration. Auch das scheint mir ra- tionell und der Beachtung werth. 88 . Versuchsprotocolle. 1) Veratroidin setzt die Pulsfrequenz des Frosch- herzens herab. 2) Nach kleinen Dosen Veratroidin (bis 0,5 mgr.) nimmt das Pulsvolumen zu. . 3) Nach grossen Dosen Veratroidin kann das Puls- volumen sowohl zu, als auch abnehmen. Nr. des Ver- suches. Dosis in mgr. pro Frosch. Veränderung des Pulsvolumens in %. Veränderung der Pulsfrequenz. Nach wie- viel Minu- ten trat die Verände- rung der Pulsfre. quenz ein. I 0,2 3,7 2,0 co 0,2 to + + + + 11,1 o e Eu o + 28,5 I + + 43,0 + 45,5 + 50,0 von 42 auf 38 a 42 < 40 * 36 * 30 « 26 « 38 « 36 32 x 20 « 34 « 28 a 48 « 18 & 32 « 14 K 32 16 a 44 « 8 este o 1 or ca 6,0 + 1.2,5 + 10,6 12,0 a j *) Die ausführlichen Protocolle zu den Tabellen sind als Manu- script in hiesigen pharmacologischen Institute niedergelegt. XX . II. . ' . . R 89 Tabelle II zeigt: 1) Atropin kann die Pulsverlangsamung nach Vera- troidin weder aufheben noch verhindern.. 2) Atropin macht das Pulsvolumen grösser. Nach wie viel Minu- Nr. des Ver- ! Veränderung suches. Dosis in mgr. pro Frosch. Veränderung des Puls- volumens in %. der Pulsfrequenz. Verände- rung der Pulsfre- quenz ein. 0,4 Veratroidin +8,0 Atropin : 0,4 Veratroidin + 4,0 Atropin LLYS other 8 + 2,0 Atropin + 2,0 Atropin 4,0 Atropin + 3,0 Veratroidin + 6,0 Veratroidin 6,0 Veratroidin + 5,0 Atropin + 4,0 Atropin H+H+ + + itt! ++++ + 98,9 + 4,6 + 27,7 + 13,0 50,0 - 11,0 + 37,5 + 4,7 - 13,7 + 13,7 + 12,5 von 42 auf 22 a 22 « 18 < 36 « 30 < 30 « 24 48 « 18 a 18 « 14 « 14 « 7 bleibt 32 (wie normal) s 32 von 32 auf 20 a 32 « 16 « 16 « 14 < 14 « 12 O A or all A A 90 Tabelle III zeigt: (1) Veratrin setzt die Pulsfrequenz herab. 2Nach Veratrin erleidet die Pulsfrequenz keine Vermehrung durch Atropin. Nr. des Ver- suches, Dosis in mgr. pro Frosch. Veränderung des Pulsvolumens in %. Veränderung der Pulsfrequenz. Nach wie- viel Minu- ten trat die Verände- rung der Pulsfre- quenz ein. o . 1 0,04 Veratrin + 12,4 bleibt 38 (wie normal) + 0,1 Veratrin -- 33,0 1 » 38 + 0,5 Veratrin + 39,0 von 38 auf 24 + 2,0 Atropin bleibt 24 + 3,0 Atropin + 10,3 + 6,0 Veratrin + 9,3 » 22 » 20 60 + 3,0 Veratrin Herz pumpt nicht 40 „ 22 +0,4 Atropin bleibt + 2,0 Atropin sa ga I 22 + 2,0 Atropiu 1 1 22 61 3,0 Veratrin Frosch aufgebunden von 76 , 16 1 9 16 1 66 3,0 Veratrin 2 1 52 22 ce ! Iloco as I wil - . Tabellle IV. Uebersicht der Durchströmungsversuche mit Veratroidin. Dauer Absolute Menge des Nr. des Ver- suches. Organ Gehalt pro Liter und des Blutes in Mi- Thier- an Agens nuten. art. in mgr. Resultat in %. Bemerkung: durchge. flossenen Agens in mgr. or er + 1,4 +. 22,5 1,22 294 3,6 -- 37,9 Nachwirkung - - E Eco co voor A UNOH tttttt of 9,2 Kuhfuss 1,24 Nong Co It A or CSN 0,6 ++++ Nachwirkung + 2,9 + 29,4 + 36,4 + 12,3 + 18,8 + 48,4 + 95,0 + 39,5 + 72,0 + 16,2 – 11,1 + 4,3 + 11,2 + 18,7 +150,0 + 62,5 + 63,1 + 60,0 + 56,2 1,04 0,32 0,28 0,12 0.18 0,12 Nachwirkung Mir unverständlich. a 55 v c ou o O or 0,27 0,7 0,8 0,23 Kalbsniere .-..- ' ag co ++++++ - 0,13 -.-. a n 0,8 Nachwirkung. | 2,2 | Nachwirkung. A ---- . Blutdruckversuch mit Veratroidin. 100 140 130 Hund, 6700 Grm, schwer, Tracheotomie, Canüle in der Jugularis, Manometer in der Carotis, künstliche Athmung. 8. IV. 90. Zeit. Pulse. Blutdruck. 4 h. 24 m. 128 170 25 138 160 26 130 160 27 132 170 28 140 150 170 5 mgr. Curare injicirt. 180 140 160 90 160 170 170 150 5 mgr. Curare injicirt. 170 178 70 160 224 50 208 50 204 140 192 206 I. 0,2 mgr. Veratroidin injicirt. 120 • 50 100 112 180 116 160 110 130 108 110 108 90 II. 0,2 mgr. Veratroidin injicirt. 108 80 70 112 140 arrhythmisch. 200 190 57 220 190 58 248 Salivation. 59 252 180 5h. Om. 214 160 108 150 70 76 108 180 . 116 SI 220 140 Zeit. Pulse. Blutdruck. 5 h. 2m. 120 150 96 140 130 104 120 112 120 108 100 III. 0,5 mgr. Veratroidin injicirt. 104 110 240 200 224 290 212 über 300 260 über 300 230 220 210 210 180 190 172 170 160 170 140 150 152 150 160 1.40 172 180 130 120 110 232 110 240 IV. 0,5 mgr. Veratroidin injicirt. 220 150 208 240 230 210 208 200 const. 240 170 150 240 150 240 240 110 240 110 110 240 170 V. 1,0 mgr. Veratroidin injicirt. 240 250 210 240 180 220 170 240 130 240 240 110 210 224 240 130 220 210 220 224 94 Zeit. Pulse. Blutdruck, 5 h. 54 m. 240 110 55 232 110 240 110 170 VI. 1,0 mgr. Veratroidin injicirt. 210 220 230 240 200 6 h. 1 m. 240 170 240 220 150 232 240 8 232 210 200 150 140 240 240 21 m. 220 150 240 120 const. 240 120 232 130 232 . 130 240 130 VII. 1,5 mgr. Veratroidin injicirt. 240 220 Blutdruck schwankt stark. 160 240 150 240 200 150 240 150 240 160 VIII. 2 mgr. Veratroidin injicirt 220 220 170 170 240 160 160 240 160 240 160 240 140 IX. 3 mgr. Veratroidin injicirt. Puls sehr klein. 240 130 240 130 Puls klein, schwer zählbar, 240 130 120 240 120 240 120 240 130 228 130 240 130 240 130 X. 3 mgr. Veratr oidin injicirt. 240 110 240 240 130 240 LUI .7 . . . Zeit. Pulse. Blutdrnck. 6 h. 40 m. 232 110 41 230 110 232 110 224 224 110 130 110 240 224 130 136 240 236 220 224 240 232 120 130 130 120 100 100 100 90 XI. 4,5 mgr. Veratroidin injicirt. Puls sehr klein, unzählbar. Puls unzählbar. 90 80 80 . 90 100 110 110 110 110 100 XII. 4,5 mgr. Veratroidin injicirt. 1 90 Puls unzählbar XIII. 6,0 mgr. Veratroidin injicirt. - unter 20 unter 20 todt Section: Der obere Theil des Darmes injicirt und ecchymosirt. Im linken Herzen mehrere Blutaustritte unter dem Endocard, 96 Blutdruckversuch mit Veratroidin. Katze von 3000 Gr. Anordnung wie im vorigen Ver- suche. Zeit. Pulse. Blutdruck. 4 h. 25 m. 188 166 184 166 188 166 Curare. 196 180 88 80 I. 0,1 mgr. Veratroidin injicirt. 120 132 70 136 26 8 34 36 70 76 148 248 152 90 184 160 184 170 II. 0,1 mgr. Veratroidin injicirt. 228 240 200 220 200 190 180 160 180 150 5 h. Om. 172 90 250 III. 2,5 mgr. Veratroidin injicirt. 264 204 170 204 200 DomoTOONO 180 140 IV. 5,0 mgr. Veratroidin injicirt. 110 Puls ganzschwach, nichtzu zählen. 180 116 20 172 60 V. 5,0 mgr. Veratroidin injicirt. Unmerklich fällt Blutdruck auf 0.ab, während Puls noch in einer Frequenz von etwa 160 schwach wahrnehm. bar ist. Blutdruck mit Veratrin. Hündin, 4850 Grm. leicht curaresirt, tracheotomirt, künstliche Athmung. Manometer in der Carotis. Injec. tion in die Jugularis. 14. III. 90. Zeit. Pulse. Blutdruck. 10 h. 57 m. 76 205 5962 180 60 160 .- V . Zeit. Pulse. Blutdruck. 11 h. 1 m. 60 165 60 150 165 155 160 130 135 135 120 130 I. 0,02 mgr. Veratrin = 0,004 mgr. pro Kilo. 130 II. 0,02 mgr. Veratrin. 140 140 140 140 120 140 140 140 140 III. 0,05 mgr. Veratrin = 0,01 mgr. pro Kilo. 100 IV. 0,05 mgr. Veratrin. Arrhythmischer Puls. 80 120 120 120 130 140 145 145 170 165 160 160 140 130 130 80 114 130 135 135 125 135 118 120 132 68 V. 0,1 mgr. Veratrin = mgr. pro Kilo. 0,02 76 68 98 Zeit. Pulse. Blutdruck. 11 h. 53 m. 46 60 VI. 0,1 mgr. Veratrin. 84 55 56 95 56 57 54 56 60 95 80 75 0,1 VII. 0,5 mgr. Veratrin mgr. pro Kilo. 12 h. 1 m. 70 140 140 187 190 210 280 212 184 184 260 260 136 155 100 VIII. 0,5 mgr. Veratrin. 140 120 100 100 80 85 70 80 Puls arrhythmisch. 66 76 100 146 140 95 90 156 100 90 90 160 144 176 36 = 0,2 80 IX. 1,0 mgr. Veratrin mgr. pro Kilo. 140 180 175 155 195 60 : 99 60 56 56 52 Zeit. Pulse. Blutdruck. 12 h. 42 m. 80 200 224 56 220 220 220 52 204 120 96 110 13295 150 X. 3,0 mgr. Veratrin = 0,6 mgr. 40 pro Kilo. 0 unter 20 O unter 20 Section: Der obere Theil des Dünndarmes zeigt viele grosse fleckige Blutaustritte. Das Herz zeigt schon von aussen zahlreiche Ecchymosen. Die Wandungen so- wohl des linken, als auch des rechten Herzens durchsetzt mit grossen Blutaustritten. 55 - - - - - ALU 1 7 more Wärmekastenversuch mit Veratroidin. Katze 2000 Grm. schwer, curaresirt, Tracheotomie Injectionscanüle in der Jugularis. 3. IV. 90. Zeit. Pulse. 11 h. 25 m. 220 Wird in den Kasten gethan. 200 Noch keine Peristaltik. 220 < < 232 < < I 0,2 mgr. Veratroidin. 256 keine Peristaltik. 220 « 240 « II 0,5 mgr. Veratroidin. 256 leichte Peristaltik. 208 keine Peristaltik. 12 h. 1 m. III 1,0 mgr. Veratroidin. 160 Ausgesprochene 1 Minute anhaltende 160 Darmperistaltik. Dorong S 176 108 IV 1,0 mgr. Veratroidin. kurzdauernde starke Magen-Darmpe- ristaltik. Pulse. 12 h. 15 m. 108 104 V 1,5 mgr. Veratroidin. 80 kurzdauernde, starke Darmperistaltik. 260 240 VI 1,5 mgr. Veratroidin. 32 sehr klein leichte Peristaltik. 35 232 Mächtige Peristaltik. 40 216 VII 2,0 mgr. Veratroidin. 260 Starke Darm peristaltik. klein kurzdauernde Peristaltik. 5ā 240 VIII 2,0 mgr. Veratroidin. Mächtige Peristaltik. Tod. Section: Darm kaum geröthet, im Herzen nur 50 56 Wärmekastenversuch mit Veratrin. Katze, 4000 Grm. schwer, curaresirt, Venencanüle in der Jugularis, Bauch eröffnet. 20. III. 90. Zeit. Pulse. 4 h. 15 m. In den Wärmekasten gethan. Därme 208 ruhig 208 - I. Darm absolut ruhig. 0,02 mgr. Vera- trin in die Jugularis. keine Spur von Darmbewegung. 206 II 0,02 mgr. Veratrin. 208 | Magen und Darm absolut rubig. 224 III 1,0 mgr. Veratrin injicirt. 196 | Darm absolut rubig. Injection nicht 162 vermehrt. Pulsation der Darmgefässe. 5 h. 5 m. - IV 1,0 mgr. Veratrin. 196 Magen und Darm ruhig. 160 122 180 196 Noon . . . 101 Zeit. Pulse. 5 h. 18 m. 172 172 V 1,5 mgr. Veratrin. 328 224 eine einzige Darmbewegung. 188 166 172 VI 2,0 mgr. Veratrin. 252 Keine Peristaltik. Bei Reizung durch 200 kühles Wasser macht der Darm gute 204 Bewegungen. 6 h. 1 m. VII 3,0 mgr. Veratrin. 240 240 keine Peristaltik. 168 124 VIII 3,0 mgr. Veratrin. 240 172 keine Peristaltik. 172 IX 3,0 mgr. Veratrin sofort Tod. Section: Im rechten Herzen zahlreiche, im linken nur wenige Ecchymosen. Darm normal. 26 Thesen. Locale Blutentziehung in Form von Blutegeln bildet bei Entzündungen der serösen Häute ein gutes schmerzhebendes Mittel. Die Influenza besitzt kein einheitliches Krank- heitsbild. Es ist rathsamer das Semen Cinae statt des Santonin und das nicht gereinigte Ol. jecoris statt des gereinigten innerlich zu gebrauchen. Bei der habituellen Obstipation bewähren sich die Amara gut. Bei der Diphtherie des Kehlkopfes sollte man die Tracheotomie unterlassen. Die Schmiedeberg'sche Deutung des Mus- carinstillstandes bedarf einer Revision. . A . r Inhalt Seite. 1. Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5 2. Allgemeinerscheinungen an Kaltblütern nach Veratroidin . . 19 3. Allgemeinerscheinungen an Warmblütern nach Veratroidin 24 4. Versuche mit Veratroidinam isolirten Froschherzen (Williams) 5.“ Herzvagus nach Veratroidin . . . . . . . . . . . . 54 6. Blutdruck und Puls nach Veratroidin ........ 7. Durchströmungsversuche mit Veratroidin ..... 8. Türk’sche Versuche mit Veratroidin ....... 9. Eintluss des Veratroidins auf die Muskelsubstanz ... 10. Wärmekastenversuche mit Veratroidin ........ 11. Versuche mit Veratrin................ 12. Vergleichende Wirkungen des Veratroidins und Veratrins 13. Therapeutisches . . . . . . . . . . · · · · · · · " 14. Toxicologisches . ................ 15. Protocolle ...,............... Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 . Die Nr il Verbindungen des Cantharidins mit anorganischen Basen. wala Eine mit Bewilligung i Einer Ilochverordneten Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität DORPAT zur Erlangung der Würde eines Magisters der Pharmacie verfasste und zur öffentlichen Vertheidigung bestimmte Abhandlung von Emil Masing. DORPAT 1866. Druck von II ein rich L a a k m a 11 n. Gedruckt auf Verfügung der medicinischen Facultät. Dorpat, den 6. Decbr. 1866. Dr. Rud. Buchheim, (Nr. 374.) .z. Z. Decan der med. Facultät. Die Untersuchungen, welche bis jetzt über das Can- tharidin angestellt worden sind, haben sich hauptsächlich Körpers beschäftigt, ohne den chemischen Charakter des- selben festzustellen. Die ungewöhnliche Beständigkeit die- ses Körpers in der Hitze, der Umstand ferner, dass er von mehreren erwärmten, concentrirten Säuren gelöst und angeblich beim Erkalten derselben unverändert herausge- fällt wird, mag der Vermuthung, es sei das Cantharidin ein chemisch indifferenter Körper, zur Stütze gedient haben. wesen, welcher chemischen Kategorie dieser Körper angehöre. Erst in neuester Zeit wurde bei Gelegenheit einer Untersuchung, die Bluhm!) unter Prof. Dragendorff's Leitung mit Canthariden anstellte, die Beobachtung ge- macht, dass Cantharidin mit Magnesium und Zink in Aether unlösliche Verbindungen eingehe, aus denen auf Zusatz einer Säure das Cantharidin wieder mit seinen ihm im freien Zustande eigenthümlichen Eigenschaften heraus- gefällt werde. Diese Thatsache, verbunden mit der Beob- achtung, dass Cantharidin, mit den wässrigen Lösungen 1) C. Bluhm, „Beitrag zur Kenntniss des Cantharidins in der Can- tharis vesicatoria Latreille" Dorpat, 1865, 1 * kohlensaurer Alkalien erwärmt, die Kohlensäure der letzte- ren verdränge, liessen die bisherige Annahme von dem chemischen Indifferentismus dieses Körpers als eine irrige erscheinen. Dem Rathe Prof. Dragendorff's folgend, habe ich eine Reihe von Verbindungen des Cantharidins mit anor. ganischen Basen dargestellt und durch Untersuchung der Eigenschaften und Zusammensetzung dieser Salze einiges Licht über die chemische Wirkungsweise des Cantharidins zu gewinnen gesucht. Die Resultate dieser Arbeiten sind in den folgenden Blättern niedergelegt. Um die Ueber- sicht zu erleichtern, håbe ich die vorliegende Arbeit in zwei Abschnitte getheilt. Im ersten habe ich die von mir befolgten Methoden der Darstellung und Zersetzung der Canthari- dinverbindungen zuerst behandelt, wobei es mir zweckmäs- sig erschien, letztere je nach der Achnlichkeit des chemi- schen Verhaltens der betreffenden Basen in verschiedene Gruppen zu ordnen, und hierauf die Beobachtungen über die u Im zweiten Abschnitte habe ich an die im Vorhergehenden beschriebenen Resultate einige Folgerungen und Betrach- tungen bezüglich der chemischen Wirkungsweise des Can- tharidins geknüpft und einige Versuche zur Darstellung des Aldehydes des letzteren beschrieben. Da von Bluhm sowohl die historischen Notizen als auch die bisher erschienenen, nicht sehr umfangreichen chemischen Arbeiten über das Cantharidin bereits zusam- mengestellt sind, eine Arbeit, welche Radecki ) durch eingehende Kritik der einschlagenden Literatur wesentlich gentliche Anführung der betreffenden Autoren beschränken zu können und habe dieses namentlich in den Fällen ge- 1) R. F. Radecki, „Die Cantharidinvergiftung“, Dorpat 1866. than, wo ich auf Grund meiner Untersuchungen zu Resul- taten gekommen bin, die der bisher herrschenden Ansicht über das Verhalten des Cantharidins widersprechen. Gern ergreife ich diese Gelegenheit, Herrn Professor Dragendorff gegenüber, der mir nicht nur die Anregung zu dieser Arbeit so wie das Material, sondern auch för- dernde Unterstützung jeglicher Art während der Ausfüh- rung derselben hat zu Theil werden lassen, meiner tiefge- fühlten Dankbarkeit öffentlichen Ausdruck zu verleihen. Ferner fühle ich mich gedrungen, Herrn Professor Grewingk für die gütige Unterweisung im Messen der Krystalle und für die von ihm auf Grundlage meiner Mes- sungen ausgeführte Bestimmung der Krystallformen meinen ergebensten Dank auszusprechen. : . 23. Die Salze des Cantharidins. Die Darstellung der verschicdenen Cantharidinsalze habe ich dem chemischen Charakter der betreffenden Basen anzupassen gesucht und die Löslichkeitsverhältnisse der letzteren in Wasser, so wie den Grad der Energie ihrer Einwirkung auf Säuren berücksichtigend, drei Methoden zur Erzielung ihrer Verbindungen mit Cantharidin in An- wendung gebracht. Die am leichtesten in Wasser löslichen Basen wurden in offenen Glasschalen mit Wasser und Cantharidin bis zur Lösung des letzteren gekocht, einige schwerer lösliche mit Cantharidin und Wasser in zuge- schmolzenen Glasröhren mehrere Tage hindurch im Wasser- bade erhitzt. Wo aber die Natur der Basis eine direkte Vereinigung mit Cantharidin auf diesem Wege nicht er- warten liess, oder wo das Salz selbst in Wasser schwer löslich war und desshalb nicht von der überschüssigen Basis getrennt werden konnte, habe ich durch Doppelzer- setzung des Verhältnissmässig leicht löslichen cantharidin- sauren Kaliums mit Salzen der betreffenden Basen neue Cantharidin-Verbindungen zu gewinnen gesucht. Behufs der Analyse dieser Salze wandte ich, nach vor- hergegangenem Trocknen derselben bei 110°, zur Ausschei- dung des Cantharidins verdünnte Salzsäure an und habe mich derselben überhaupt in allen Fällen bedient, wo die Natur der Basis des entsprechenden Cantharidinsalzes nicht eine andere Säure zur Zersetzung des letzteren erforderte. Bei der Analyse der Blei- und Silberverbindung z. B. wählte ich Salpetersäure, da Salzsäure die gleichzeitige Fällung unlöslicher Chlormetalle veranlasst hätte. Da das Cantharidin aus seinen Salzen auf Zusatz verdünnter Säuren nur allmälig herausgefällt wird, so habe ich dasselbe stets erst nach 24-stündiger, von gelinder Wärme (25-30°C.) unterstützter Einwirkung der letzteren auf einem gewogenen Filter gesammelt, 24 Stunden hindurch bei 1000 Wärme getrocknet, darauf eine halbe Stunde lang auf 1100 erwärmt. Dasselbe ist mit den Verbindungen geschehen, in welche die Basen bei ihrer Abscheidung aus den Cantharidinsalzen zum Zwecke der Wägung übergeführt worden waren. Eine Ausnahme hiervon machten natürlich die Fälle, wo die Oxyde der Basen, oder gewisse andere Verbindungen der- selben im geglühten Zustande gewogen werden mussten. Wenn ich den Weg der Elementaranalyse nur in ein- zelnen Fällen eingeschlagen habe, so glaube ich als Ent- schuldigung hierfür anfüliren zu können, dass die Kostbar- keit des Untersuchungsmaterials mir eine möglichst öcono- mische Benutzung desselben zur Nothwendigkeit machte, ein Umstand, der mir die Ausführung mancher analytischen Operationen erschwert und die Resultate derselben beein- flusst hat. Da übrigens das Cantharidin selbst der Ein- wirkung concentrirter Säuren widersteht, überhaupt ein äusserst beständiger Körper ist, so kann man einer so verdünnten Säure, wie der zur Fällung angewandten, um SO weniger verändernden Einfluss auf ersteres zuschreiben. Die Frage, ob Cantharidin etwa nach der Abscheidung in den Salzlösungen in solchen Mengen gelöst bleibe, dass darunter das Resultat der Analysen leide, wurde durch verschiedene Controllversuche im negativen Sinne gelöst. Die quantitative Bestimmung der Basen ist nach den ge- wöhnlichen analytischen Methoden ausgeführt, und letztere bei den einzelnen Salzen angegeben worden. 11 1. Verbindungen des Cantharidins mit Alkalimetallen. Eine in Wittstein's Vierteljahresschrift !) in deut- scher Uebersetzung erschienene Arbeit Procter's behan- delt die Flüchtigkeit und die Löslichkeitsverhältnisse des Cantharidins in verschiedenen Medien. Unter anderen ist auch Kali und Natron als Lösungsmittel angegeben, aus welchen das Cantharidin durch Essigsäure gefällt werde. Es ist diese, auch von anderen Autoren (Thierry z. B.) ausgesprochene irrige Annahme, Kali- und Natronhydrat verhielten sich dem Cantharidin gegenüber als indifferente, einfach lösende Vehikel, in verschiedene Lehrbücher über- gegangen. Erwärmt man Cantharidin mit einer den Atom- gewichten beider entsprechenden Menge verdünnter Kali- lösung, so resultirt eine wohlcharakterisirte chemische Ver- bindung, die sich zunächst durch ihre verhältnissmässig grosse Löslichkeit in Wasser auszeichnet. Wird diese Ver- bindung durch eine Säure zersetzt, so scheidet sich aller- dings Cantharidin aus, aber in einer Menge, die in con- stantem Verhältniss zu der damit verbunden gewesenen Quantität Kalium steht. Die Cantharidinsalze der Alkalimetalle habe ich durch Kochen der aus dem Aequivalent der beiden Componenten berechneten Mengen mit Wasser dargestellt. Da die voll- ständige Lösung hierbei erst nach drei- bis vierstündigen Kochen erfolgt, so vergrösserte ich versuchsweise die Menge T -- -- *. - w ww .W M - 1 - - , 1) Wittstein, „Vierteljahresschrift für practische Pharmacie. Bd. II, pag. 322. 1853. der zugesetzten Alkalien, wodurch die Lösung des Cantha- 1 an Basis durch Behandlung mit 95-grädigem Alkohol ent- fernt werden musste, namentlich auch weil das durch Auf- nahme von Kohlensäure entstandene Carbonat in Alkohol schwer löslich ist, letzterer aber zugleich eine nicht ganz unbeträchtliche Menge der Salze auflöst und dadurch einen Verlust herbeiführt, so wandte ich mich in der Folge wie- der der ersteren Methode zu. Nach erfolgter Lösung wurde die filtrirte Flüssigkeit eingedampft, wobei eine fast rein weisse nicht hygroscopische Salzmasse zurückblieb, die aus mikroskopischen Krystallen bestand. Kleinheit und unvoll- ständige Ausbildung der Kanten derselben verhinderten mich an der Bestimmung der Krystallform. Einige andere, in grösseren und schärfer ausgeprägten Krystallen auftre- tende Cantharidinsalze dagegen machten die Messung ihrer gens in mikroskopischen Krystallen erhalten, deren Messung bei 80--300-facher Vergrösserung nur annähernd richtige Werthe geben konnte. Die Resultate dieser Messungen habe ich bei den betreffenden Salzen angegeben.) Von allen Cantharidinverbindungen zeigen die mit den Alkali- metallen die grösste Löslichkeit in Wasser und verhalten sich hierin den entsprechenden Salzen der meisten anderen Säuren analog. Die Reaction der dargestellten Alkalime- tallsalze des Cantharidins ist alkalisch. Kaliumverbindung. Zur Darstellung derselben wurde 1 Gr. Cantharidin mit 9,5735 Gr. chemisch reinem Kalihydrat und 80 CC. Wasser im Dampfbade erhitzt. Da erst nach mehrstündi- gem Kochen die letzten Cantharidinkrystalle verschwanden, So musste das unterdessen verdampfte Wasser mehrmals ersetzt werden. 10 1) Analyse mit 0,5 Gr. der Verbindung angestellt, ' ergab Canth. =0,3085 Gr. , Kali = 0,1583 Gr. aus dem gefundenen KCI — 0,2505 Gr. 0,4668 Gr. Differenz=0,0332 Gr. berechnet. Berechnet in Analyse 1) Canth. == 0,3151 Gr. entsprech. » KO 0,1517 Gr. 1/2 Aequiv, - Wasser. 0,4668 Gr. 2) Analyse mit 0,4 Gr. angestellt, ergab Canth. – 0,2398 Gr. , Kali = 0,1179 Gr. aus dem gef. KCI, PtCl 0,6114 Gr. 0,3577 Gr. Differenz=0,0423 Gr. berechnet. Berechnet in Analyse 2) Canth. – 0,2414 Gr. entsprechi. 9 Kali -. 0,1163 Gr. 1 Aequiv. - Wasser. 0,3577 Gr. 3) Analyse mit 0,5680 Gr. angestellt, ergab Canth. -0,3500 Gr. Kali = 0,1731 Gr. aus dem gef. KCl, PtCl =0,8972 Gr. 0,5231 Gr. Differenz=0,0449 Gr. berechnet. Berechnet in Analyse 3) Canth. = 0,3531 Gr. Kali = 0,1700 Gr. 0,5231 Gr. Löslichkeit in Wasser von 15 – 200. = 4,13 Procent. kochendheissem Wasser = 8,87 2 . Alkohol von 15 —20°. =0,03 „ kochendheissem Alkohol = 0,92 , Um die Frage zu entscheiden, ob das Cantharidin im Stande sei, saure Salze zu bilden, schmolz ich 0,3 Gr. cantharidinsaures Kalium mit 0,2 Gr. Cantharidin und 10 CC. Wasser in eine Glasröhre ein und erhitzte dieselbe drei Tage hindurch in kochendem Wasser. Von dem Cantha- ridin hatte sich jedoch nichts aufgelöst, denn die Wägung des eingedampften Kaliumsalzes ergab 0,3 Gr., die des Can- tharidins 0,1976 Gr. Der geringe Gewichtsverlust des letzteren konnte nur durch die beim Ausspülen an den Wandungen der Röhre etwa zurückgebliebenen Canthari- din partikelchen veranlasst worden sein. Es dürfte Erwähnung verdienen, dass das aus seinen Salzen ausgeschiedene Cantharidin beim Kochen mit Alka- lien sich ungemein schnell auflöst und sich in dieser Hin- sicht von dem noch nicht gebunden gewesenen Cantharidin unterscheidet. Der Umstand, dass das Cantharidin mit Kalium eine in Wasser ziemlich leicht lösliche Verbindung eingeht, die nach den Beobachtungen Radecki's als sehr geneigt zur Diffusion bezeichnet werden muss, ferner die Erfahrung, dass aus der Lösung des Kaliumsalzes durch Chlorcalcium ein cantharidinhaltiger Niederschlag erzielt werde, bestimmte mich zu dem Versuche, ob sich hierauf unter Mitwirkung der Dialyse eine vortheilhafte Methode der Gewinnung des Cantharidins im Grossen gründen lasse. " Zu diesem Zweck wurden 5 Pfund gepulverte Cantha- riden mit 34 Drachmen Aetzkali und 20 Pfund Wasser gemischt, mehrere Stunden bis zum Breiigwerden der Masse gekocht, auf drei grosse hierzu construirte Dialysatore ver- theilt, diese in Porcellanschalen gesetzt, die zum Theil mit Wasser von 300 Wärme gefüllt waren und nach 12 Stun- den das Wasser in den Schalen erneuert. Diese letztere Operation wurde 6 Tago hindurch wiederholt, das gesan- melte Dialysat auf 1/10 des früheren Volumens eingedampft und mit Chlorcalcium versetzt, worauf sich ein Niederschlag von cantharidinsaurem Calcium bildete. Letzterer wurde ab- filtrirt, in einem Glaskolben mit Aether und Schwefelsäure im Dampfbade erwärmt, um das Calciumsalz zu zersetzen und zuführen. Der Aether wurde darauf getrennt und abde- stillirt. Im Rückstande blieben 0,18 Gr. Cantharidin. Die zum grössten Theil erschöpften Canthariden wurden noch- mals vier Tage hindurch der Dialyse unterworfen und durch 12 1 Calcium abfiltrirten Flüssigkeiten wurden hierauf noch weiter eingedampft, mit der in dem Glaskolben nach dem Ent- fernen des Aethers zurückgebliebenen Salzmasse gemischt und längere Zeit hindurch mit mehrmals erneuerten Quan- titäten Aether unter häufigem Umschütteln digerirt. Der abgeschiedene Aether wurde verdampft, der aus einer ge- ringen Menge gelbbraun gefärbter Krystalle von Canthari- din bestehende Rückstand durch Umkrystallisiren aus Chlo- roform gereinigt und gewogen. Er betrug 0,0136 Gr. Die ganze aus fünf Pfund Canthariden gewonnene Quantität Cantharidin betrug somit 0,3006 Gr. Es liefert diese Me- thode hiernach eine viel zu geringe Ausbeute, als dass sie mit den bis jetzt üblichen des Erschöpfens der Canthariden mit Aether und Chloroform concurriren könnte. Während des zehntägigen Verweilens der spanischen Fliegen in den Dialysatoren waren dieselben allmälig in Verwesung übergegangen, die sich durch unangenehmen Geruch zu erkennen gab. Das bei einem derartigen Pro- cess auftretende Ammoniak konnte möglicher Weise auf das in den Insecten enthaltene Cantharidin eingewirkt und letzteres in einen amidartigen Körper, dessen Eigenschaften ich erst später kennen zu lernen Gelegenheit fand, umgewall- delt haben. Das von dem des Cantharidins abweichende Ver- halten dieses Körpers dürfte bei der in beschriebener Weise nur auf die Gewinnung von Cantharidin berechneten Un- tersuchung, zur Erklärung der geringen Ausbeute an letz- terem beitragen. Beobachtungen über die blasenziehende Wirkung des cantharidinsauren Kaliums. Im Verlauf meiner Untersuchungen bin ich oftmals in den Fall gekommen, die Gegenwart kleiner Quantitäten von Cantharidin sowohl als von Verbindungen desselben, 13 . 13 . die zu gering waren, als dass sie durch Wägung hätten bestimmt werden können, dadurch nachzuweisen, dass ich die Substanz mit einem ölgetränkten Baumwollbäuschchen, oder die wässrige Lösung der Salze vermittelst Leinwand- läppchen auf meine Brust applicirte und mit Heftpflaster- streifen befestigte. An der grösseren oder geringeren bla- senziehenden Wirkung fand ich mitunter einen, freilich nicht ganz sicheren Anhaltspunkt für die Bestimmung der Menge der angewandten Substanz. Die hierbei gemachte Beobachtung, dass die blasenziehende Wirkung der Can. tharidinsalze in geradem Verhältniss zu ihrer Löslichkeit in Wasser steht, bestimmte mich zu einigen eingehenderen Versuchen in dieser Richtung mit der am leichtesten lösli- chen Kaliumverbindung, um festzustellen, in wiefern sich dieselbe in der practischen Heilkunde verwerthen lasse. 1) 0,06 Gr. der Kaliumverbindung wurden in 6 CC. Wasser gelöst und so die 100-fache Verdünnung dargestellt, ein Leinwandläppchen von 4 Cm. Länge und und 2 1/2 Cm. Breite damit getränkt und zur Nacht auf die Brust appli- cirt. Die Wirkung war eine sehr energische. Am ande. ren Morgen fand sich nicht nur an der Stelle, wo die Lö- sung zuerst eingewirkt hatte, eine Blase von der Grösse des Läppchens, sondern da es sich während der Nacht ver- schoben hatte, auch an zwei anderen Stellen beinahe eben- so grosse Blasen. 2) Die 200-fache Verdünnung, mit der wie mit jeder der folgenden ein Läppchen von der oben angegebenen Grösse getränkt wurde, entsprach der Wir- kung eines gewöhnlichen Spanischfliegenpflasters. 3) Die 300-fache Verdünnung zog noch mehrere kleine Blasen. 4) Die 400-fache Verdünnung. Starke Hautröthung und kleine Pusteln auf derselben, die nicht mehr deutlich als Blasen zu erkennen waren. 5) 500-fache Verdünnung. Schwache Hautröthung. . .. - --- - 14 Du Das von dem Läppchen aufgesogene Wasser betrug 0,3942 Gr., somit auf ein Quadratcentimeter = 0,039 Gr. Wasser. Eine mit einem anderen fünf Quadratcentimeter grossen, mit Wasser getränkten Leinwandläppchen ange stellte Wägung ergab 0,728 Gr. Wassergehalt, auf jeden Quadratcentimeter = 0,029 Gr. Wasser. Die Differenz in der Wasseraufsaugung dürfte ihren Grund in der etwas verschiedenen Textur der beiden Läppchen finden. Da absolute Genauigkeit bei einem derartigen Versuche über- haupt nicht zu erzielen ist, so begnügte ich mich damit, das Mittel zwischen dem aus beiden Wägungen gefundenen Wassergehalt auf einen Quadratcentimeter der Leinwand = 0,034 Gr. zu nehmen und die Berechnung des Salz- gehaltes in den verschiedenen Verdünnungen hierauf zu beziehen. 1) 100-fache Verdünnung=1% enth. auf 1 Cm. = 0,00034 Gr. 2) 200 0,00017 , 3) 300 0,00011 , 4) 400 0,00008 , 5) 500 0,00006 , Aus den angeführten Versuchen, deren Wiederholung in grösserem Maassstabe wünschenswerth wäre, geht her- vor, dass die Kaliumverbindung des Cantharidins das Spa- nischfliegenpflaster mit Vortheil ersetzen hönne. Zunächst liegt der Vortheil für den Arzt darin, ein Mittel von con- stanter Zusammensetzung und sicherer Wirkung anwenden zu können, welche letztere sich durch beliebige Concentra tion der Lösung regeln liesse, Vorzüge, die dem Spanisch- fliegenpflaster nur zu häufig abgehen. Der Patient erhielte statt eines so Manchem widerlichen Gemisches von zer- stossenen Insecten mit Fett, eine wasserklare Flüssigkeit oder eine Salbe, deren Gebrauch ihm – durch ihr Aus- sehen mindestens —- nicht verleidet würde. In Fällen, wo die Anwendung einer wässrigen Lösung der Cantharidin- osted A C en verbindung durch die Lage der betreffenden Körpertheile schwierig gemacht ist, dürfte sich Wachssalbe als Vehikel an Stelle des Wassers am besten eignen. Natriumverbindung. Wie die Kaliumverbindung dargestellt. Weisse, un- deutlich krystallinische Salzmasse. Eine Analyse mit 0,2785 Gr. des Salzes angestellt ergab : Canth. = 0,1790 Gr. Natron = 0,0678 Gr. aus dem gefundenen NaCl = 0,1279 Gr. 168 Cr berechnet. Differenz = 0,0317 Gr. entspr. | Aequivalent Wasser. berechnet in 0,2468 Gr. Canth. – 0,1875 Gr. Natron = 0,0395 Gr. 0,2468 Gr. Löslichkeit in Wasser von 15--20º = 4,01 % „ in kochendheissem Wasser = 6,92. Eine Quantität des Salzes wurde unter der Glocke der Luftpumpe getrocknet, bis das Gewicht constant 0,3645 Gr. blieb. Nach längerem Erwärmen auf 1000 war das Ge- wicht constant 0,3608 Gr., nach längerem Erwärmen auf 1100 constant 0,3582 Gr. Gewichtsverlust im Ganzen 0,0063 Gr., somit viel zu gering, als dass er auf 1/2 Aequiv. Wasser (Wasser == H20*)) bezogen werden könnte. TT Lithiumverbindung. In Darstellung und Aussehen dem Kalium- und Na- triumsalze gleich. *) Anmerkung. O mit dem Atomgewicht 16. Dieses so wie die in den später vorkommenden Formeln befindlichen C- und S-Symbole (C mit dem Atomgewicht 12, S mit dem Atomgewicht 32) konnten nicht mit den dafür üblichen durchstrichenen Buchstaben gedruckt werden, da sich die Buchdruckerei nicht im Besitz der dazu erforderlichen Lettern befand. 16 0,3806 » 1) Analyse=0,4 Gr. gaben Canth. -0,3280 Gr. u.LiCl.-0,1490 Gr., daraus berechnet Lithion = 0,0526 Gr. Canth. = 0,3280 , 0,38065 ber. 1) Canth. - 0,3301 Gr. Lithion – 0,0505 , Differenz -- 0,0194 Gr., entspre- chend '/3 Aequiv. Wasser. 2) Analyse=0,4 Gr. gaben Canth.=0,3270 Gr. u.LiCl.=0,1445Gr., daraus berechnet Lithion = 0,0510 Gr. Canth. = 0,3270 , 0,3780 » ber. 2) Canth. – 0,3278 Gr. Lithion = 0,0502 , Differenz = 0,022 Gr. 0,3780 , Löslichkeit in Wasser von 15m-200 – 3,8 %. , kochendem Wasser = 5,96 %. Verbindungen des Cantharidins mit Baryum, Stron- tium, Calcium und Magnesium. Die Verbindungen des Cantharidins mit Baryum, Stron- tium und Calcium wurden durch Doppelzersetzung aus der Kaliumverbindung des Cantharidins mit leichtlöslichen Salzen der betreffenden Basen dargestellt; die Magnesiumverbin- dung durch Erhitzen von Cantharidin mit gebrannter Mag- nesia und Wasser in zugeschmolzenem Glasrohr. Die drei ersteren Salze sind in Wasser unlöslich oder doch nur spurenweisse löslich. Die frisch gefällten, sehr voluminö- sen Niederschläge des Baryum- und Strontiumsalzes er- scheinen unter dem Mikroskop als häufig kugelförmige Kry- stallaggregate, die beim Eintrocknen auf dem Objektglase in kleine, dem Aussehen nach rhombische Tafeln zerfallen. Die Calciumverbindung zeigt ähnliche Krystallformen. Die Magnesiumverbindung ist gleichfalls krystallinisch, in Wasser etwas leichter löslich als die vorhergehenden Salze. ITTY 117 - - - *. und zwar löst Wasser von gewöhnlicher Zimmertemperatur (15—20 mehr davon auf, als kochendheisses Wasser. Letzteres Verhalten erklärt eine schon früher von Prof. Dragendorff gemachte Beobachtung, derzufolge aus der heissgesättigten Lösung des Magnesiumsalzes sich beim Er- kalten derselben nichts ausscheidet. Baryumverbindung. Durch Doppelzersetzung aus Jodbaryum dargestellt. Analyse 1) 0,4 Gr. gaben Canth. == 0,2010 Gr. u. Baryumsulfat=0,2560Gr., daraus berechnet Baryt = 0,1674 , 0,3684 , ber. 1) 0,2080 Gr. Canih. Differenz = 0,0264 Gr., entspr. 0,1604 , Baryt 3/4 Aequiv. Wasser. 0,3684 , 2) 0,4 Gr. gaben Canth. - 0,2000 Gr. u. Baryumsulfat=0,2560Gr., daraus berechnet Baryt = 0,1681 , 0,3681 . ber. 2) Canth. = 0,2067 Gr. Differenz == 0,0319 Gr. Baryt = 0,1614 » 0,3681 Strontiumverbindung. - Durch Doppelzersetzung aus Chlorstrontium dargestellt. 1) 0,25 Gr. gaben Canth. = 0,1390 Gr. und (durch Glühen des Carbonates erh.) Strontian — 0,0650 , 0,2040 2 1) Canth. - 0,1328 Gr. Differenz = 0,0428 Gr., entspr. Strontian = 0,0712 , 2 Aequiv. Wasser. 0,2040 , 2) 0,22 Gr. gaben Canih. = 0,1196 Gr. und durch Glühen des Carbonates erh.) Strontian – 0,0794, 0,1990 ber. 2) Canth. = 0,1303 Gr. Differenz = 0,0210 Gr., entspr. Strontian = 0,0687 , 1 Aequiv. Wasser. 0.1990 » w vi- on 18 : Calciumverbindung. wwww Durch Doppelzersetzung aus Chlorcalcium dargestellt. 1) 0,4 Gr. gaben Canth.=0,2670u. (durch Glühend. Carbonates erh.) Kalk ==0,0829 0,3499 berechnet 1) Canth.=0,2723 Differenz = 0,0509, entspricht Kalk = 0,0776 1 Aequivalent Wasser. 0,3499 2) 0,5790 Gr. gaben Canth. = 0,3786 und (durch Glühen aus dem Carbonat erh.) Kalk = 0,1224 0,5010 berechnet 2) Canth. - 0,3897 Kalk = 0.1113 = 0,0780. 0,5010 Um das Verhalten der Cantharidinsalze in der Hitze an einem Beispiel kennen zu lernen, wurde eine kleine Quantität des Calciumsalzes (etwa 0,2 Gr.) in ein Reagenz- glas gethan, vermittelst eines durchbohrten Korkes mit einer knieförmig gebogenen Glasröhre verbunden und im Luftbade erhitzt. Erst nach halbstündigem Erhitzen bis über 1400 zeigte sich zwischen 1400 und 1500 am Reagenz- glase ein schwacher, krystallinischer Anflug, bei 2100 war noch kein Geruch wahrzunehmen. Hierauf wurde das Reagenzglas in geschmolzenem Schnelloth weitererhitzt und eine halbe Stunde hindurch auf 3000 erhalten. Der oben- erwähnte krystallinische Anflug vermehrte sich hierbei in etwas, doch wurde weder ein Geruch, noch eine Bräunung des Salzes noch sonstige Veränderung desselben bemerkbar, ebensowenig das Entweichen von Wasserdampf. Eine an- dere Probe auf Platinblech über der Weingeistlampe erhitzt bräunte sich schnell und liess alsbald den charakteristischen beim Verbrennen weinsaurer Salze auftretenden Geruch wahrnehmen. Eine neue Probe im Reagenzgläschen mit Natronkalk in geschmolzenem Schnelloth erhitzt, zersetzte Vu 19 sich unter Verbreitung eines an Aceton erinnernden Ge- ruches. Diese Zersetzung wurde erst zwischen 200-2100 am Auftreten des Geruches bemerkbar. Die Resultate dieser Proben beweisen einerseits eine grosse Beständigkeit der Calciumverbindung in der Hitze, anderseits treten sie der Vermuthung entgegen, als lasse sich die bei der Ana- lyse dieses Salzes gefundene Differenz nur auf Krystall- wasser beziehen, da solches beim Erwärmen bis auf 3000 sicher entwichen und an den kälteren Theilen des Glas- rohres bemerkbar geworden wäre. Elementaran alysen. 1) 0,25 Gr. gaben Kohlensäure = 0,4075 =C=0,1111 % 44,44 Wasser = 0,1403 = H = 0,0156 , 6,24 O= 0,0714 , 28,56 berechnet let Kalk = 0,051920,76 100,00 2) 0,2 Gr. gaben Kohlensäure == 0,3240 = C= 0,0884 % 44,2 Wasser = 0,1150 = H = 0,01278, 6,39 0 = 0,05732, 28,66 berechnet Kalk = 0,0415 , 20,75 100,00 3) 0,2 Gr. gaben Kohlensäure ~ 0,3308 == ( 0,0902 % 45,1 Wasser = 0,1100 — H = 0,0122 , 6,1 0 = 0,0561 , 28,05 berechnet Kalk = 0,0415 , 20,75 100,00 Hieraus berechnet sich die Formel des Calciumsalzes = C5H8O3 + Ca. 20 Magnesiumverbindung. 1 Gr. Cantharidin wurde mit 0,25 Gr. gebrannter Magnesia und 30 CC. Wasser in einer zugeschmolzenen Glaskugel im Papin'schen Digestor 5 Stunden hindurch erhitzt. Ein Theil der beiden Substanzen hatte sich, wie man an der Verminderung ihres Volumens wahrnehmen konnte, im Wasser gelöst, der grössere Theil war zu klei- nen Klümpchen zusammengeballt. Nach lange fortgesetztem Kochen mit Wasser lösten sich letztere zum grössten Theil; der geringe, weisse, pulverige Rückstand wurde abfiltrirt und erwies sich als Magnesiahydrat. Die filtrirte und ein- gedampfte Lösung hinterliess eine etwas grauweisse fein- krystallinische Salzmasse. 1) 0,5 Gr. gaben Canth. -- 0,3360 berechnet aus 0,2096 Gr. Pyro- Magnesia = 0,0822 phosphat. 0,4180 berechnel 1) Canth. – 0,3473 Differenz - 0.0820, entspricht Magnesia = 0,0709 11 A equiv. Wasser. 0,4182 2) 0.3820 Gr. gaben Canth. = 0,2550 Magnesia - 0,0580 0,3130 berechnet 2) Canth. = 0,2599 Differenz = 0,0690. Magnesia = 0,0531 0,3130 1,4700 der unter der Glocke der Luftpumpe getrockneten Magnesiumverbindung wog beim Erhitzen auf 90° = 1,4700, Verlust 0,0020 Gr. 1000 - 1,4686 Gr., somit viel weniger als Aequiv. Wasser 1100 - 1,4680 Gr. / entsprechen würde. Löslichkeit in Wasser von 15 -- 20º 1,54 % kochendheissem Wasser = 1,16 % Alkohol von 15 -- 20º = 0,24 % heissem Alkohol = 0,02 % AA 111 - 17 2 21 Verbindungen des Cantharidins mit Aluminium und Beryllium. Von diesen wurde erstere durch Doppelzersetzung mit Alaunlösung, letztere durch Erhitzen von Beryllerdehydrat mit Cantharidin und Wasser im zugeschmolzenen Glasrohr dargestellt. Ein in gleicher Weise wie bei der Aluminium- verbindung ausgeführter Versuch, die Chromverbindung durch Doppelzersetzung aus Chromalaun darzustellen, hatte keinen günstigen Erfolg. Die kaltgesättigte Chromalaun- lösung zeigte auf tropfenweisen Zusatz der Lösung des cantharidinsauren Kaliums jedesmal eine deutlich gelbe Färbung und Trübung an der Einfallsstelle; die Trübung verschwand wieder beim Umschütteln des Glases. Nach 24 Stunden hatte sich ein sehr geringer Niederschlag ge- bildet, der getrocknet deutlich unterscheidbare weisse und hellgrüne Körnchen zeigte. Die leichte Löslichkeit der ersteren in Chloroform erwies sie als Cantharidin, die grü- nen Körnchen wurden in einem Reagenzglase mit Salzsäure bei etwa 250 einige Stunden digerirt, um, falls sich eine Cantharidin verbindung gebildet hatte, diese zu zersetzen. Ein Niederschlag von Cantharidin trat jedoch nicht ein. Um etwa in der Salzsäure gelöst gebliebenes Cantharidin nachzuweisen, schüttelte ich den Inhalt des Reagenzglases längere Zeit mit Aether, trennte und verdunstete letzteren. Es hinterblieb ein kaum bemerkbarer Rückstand, der keine blasenziehende Wirkung äusserte und wohl nur durch einen Tropfen in Aether suspendirter Lösung des Chromsalzes veranlasst worden war. Aluminiumverbindung. Concentrirte Lösungen von Alaun und cantharidinsau- rem Kali gaben beim Vermischen zunächst nur eine schwache Trübung; ein Niederschlag entstand sehr langsam. Aus TY 22 der von letzterem abfiltrirten Flüssigkeit hatten sich nach mehreren Wochen eine Menge von Krystallen abgeschieden, deren Grösse und deutlich ausgeprägte Formen mehr als bei irgend einer andern Cantharidin verbindung die Messung der Winkel begünstigte. Sie krystallisirt in sechsseitigen rhom- bischen Tafeln 0P, P, Þ . Gemessen der Winkel zwischen P und av 116 woraus sich die rhom- bische Säule mit 52 0 und 128 berechnet. Doch ist zu bemerken, dass ein Krystall als Rechteck mit einer ab- gebrochenen Ecke auftrat, an welcher die Messung 1350 ergab, woraus auf tetragonale Formen zu schliessen wäre. 0,2 Gr. zersetzt gaben Canth. -- 0,1725 und Oxyd = 0,0025 Gr. Die Menge der ausgeschiedenen Thonerde ist eine zu geringe, als dass sie der des Cantharidins entspre- chen könnte. Der Verlust konnte möglicher Weise durch die zur Fällung erforderliche Behandlung mit Ammoniak herbeigeführt worden sein, in welch letzterem Thonerdehy- drat in geringer Menge löslich ist. Die Menge der dargestellten Verbindung war zu ge- ring, als dass die Resultate dieser Analyse durch eine zweite hätten controllirt werden können. Berylliumverbindung. 0,2 Gr. Cantharidin wurden mit einem Ueberschuss von Beryllerdehydrat und 10 CC. Wasser in eine Glasröhre ein- geschmolzen und drei Tage lang im Wasserbade erhitzt. Dass wirklich eine Verbindung stattgefunden hatte, bewies die Behandlung des eingedampften, 0,0060 Gr. betrag. Filtra- betragende, unter dem Mikroskop krystallinisch erscheinende Rückstand schied auf Zusatz der Salzsäure Cantharidin aus, dessen Menge jedoch zur Wägung zu gering war. Die auf dem Filter zurückgebliebene Masse zeigte ein Gemenge 23 deutlich erkennbarer Cantharidinkrystalle mit pulveriger Beryllerde. Verbindungen des Cantharidins mit Cobalt, Nickel und Zink. Erhitzen von Zinkoxydhydrat mit Cantharidin und Wasser im Glasrohr lieferte die Zinkverbindung. Die Co- balt- und Nickelverbindung wurde durch Doppelzersetzung aus den entsprechenden schwefelsauren Salzen dargestellt. Um die in letzteren spurenweise vorhandene freie Säure zu ent- fernen, wurden ihre wässrigen Lösungen mit absolutem Alko- hol gefällt und ausgewaschen. Schwefelsaures Mangan- und Eisen(oxydul) in derselben Weise von anhängender Säure befreit und mit einer Lösung von Cantharidinkalium ge- mischt, gaben nur flockige Niederschläge der Metalloxyd- hydrate ; ein mit Eisenalaun angestellter Versuch, durch Doppelzersetzung eine Eisenverbindung des Cantharidins zu erzielen, führte zu keinem günstigeren Resultate. Zwar schieden sich allmälig Flocken aus, doch bestand der ge- ringe Niederschlag nur aus Eisenoxydhydrat; Cantharidin konnte darin nicht nachgewiesen werden. Cobaltverbindung. Niederschlag blassrosa, feinkrystallinisch. Unter dem Mikroskop zeigte er spiessige und zu strahligen Gruppen vereinigte Krystalle. Analyse 1) 0,1250 Gr. gaben Canth. -= 0,0690 Gr. u. durch Glühen des Hydrates dargestellles Oxydul == 0,0365 , 0,1055 , berechnet 1) Canth. = 0,0763 Gr. Differenz = 0,0195 Gr., Oxydul = 0,0292, entspr. 14/2 Aequiv. Wasser. 0,1055 1 2 24 . 2) 0,25 Gr. gaben Canth. = 0,1572 Gr. Oxydul = 0,0622 , 0,2194, 2) Canth. = 0,1587 Gr. Differenz = 0,0306 Gr., Oxydul – 0,0607 , entspr. 1 Aequiv. 0,2194 1 Nickelverbindung. a Niederschlag von hellerer Farbe als die des schwe- felsauren Nickels. Krystalle denen der Cobaltverbin- dung ähnlich ; doch zeigten sich auch Tafeln, die in ihrer Form an die Krystalle der Kupferverbindung erinnerten. Analyse 1) 0,1400 Gr. gaben Canth.= 0,0820 Gr. u.(durch Glühen d. Hydrates dargestellt) Oxydul = 0,0220, 0,1040 , berechnet 1) Canth, = 0,0752 Gr. Differenz = 0,0360 Gr., Oxydul = 0,0288 , entspr. 21/2 Aequiv. Wasser. 0,1040 , 2) 0,25 Gr. gaben Canthi. – 0,1436 Gr. Oxydul = 0,0621 , ------ 0,2057 1 Differenz = 0,0313 Gr., 2) Canth. = 0,1485 Gr. Oxydul = 0,0572 , 0,2057 , Wasser. Zinkverbindung 1 Gr. Cantharidin mit Ueberschuss von Zinkoxyd und Wasser in derselben Weise wie bei der Magnesiumverbin- dung beschrieben, im Papin'schen Digestor gekocht nnd fil- trirt. Die auf dem Filter zurückgebliebene Masse wurde mehrere Stunden hindurch mit einer grösseren Menge Was- ser gekocht und dadurch noch eine geringe Menge der Zink- verbindung gewonnen. 25 - - - - . . . . . Tºn - - . . . . . .- - TY Analyse 1) 0,4 Gr. gab. Canth. -0,2393 Gr. 11. Schwefelzink=0,1128 Gr., daraus berechn. Zinkoxyd ==0,0942, 0,3335 , berechnet 1) Canth. = 0,2360 Gr. Differenz = 0,0665 Gr., Zinkoxyd = 0,0975 » entspr. 11/2 Aequiv. Wasser. 0,3335 , Analyse 2) 0,2485 Gr. gab Canih.=0,1494 Gr.u. Schwefelzink - 0,0702 Gr., daraus ber. Zinkoyyd=0,0586 , 0,2080 , berechnet 2) Canih. = 0,1472 Gr. " Differenz = 0,0405 Gr. Zinkoxyd = 0,0608 , 0,2080 , Löslichkeit in Wasser von 15 - 20º = 0,41 % kochendheissem Wasser = 0,24 , Alkohol von 15 — 200 = 0,12 ,, kochendheissem Alkohol = 0,04 , Die Zinkverbindung zeigt somit in Bezug auf ihre Löslichkeit in Wasser ein ähnliches Verhalten, wie die Magnesiumverbindung ; doch löst nicht nur Wasser von ge- wöhnlicher Zimmertemperatur mehr von ersterer auf als kochendheisses, sondern auch Alkohol verhält sich als Lö- sungsmittel in entsprechender Weise. .. . . - ....- - An Verbindungen des Cantharidins mit Cadmium, Kupfer, Silber, Blei uud Wismuth. Die Salze dieser Gruppe sind, mit Ausnahme der Wismuthverbindung durch Doppelzersetzung aus den entspre- chenden Metallsalzen dargestellt. Für das Cadmiumsalz habe ich durch einen Versuch die Möglichkeit seiner Dar- stellung nach der bei dem Zink- und Magnesiumsalz etc. ange- wandten Methode dargethan ; doch ist die Gewinnung des- selben durch Doppelzersetzung eine weit einfachere und mehr lohnende. Die Salze sind sämmtlich krystallinisch; bei 26 TY U einzelnen derselben liessen Grösse und deutliche Form die Messung der Winkel zu. Cadmiumverbindung. 0,9 Gr. Cantharidin mit Ueberschuss von Cadmium- oxydhydrat und Wasser in eine Glasröhre eingeschmolzen, zwei Tage hindurch im Wasserbade erhitzt und filtrirt. Nur sehr wenig Salz befand sich in Lösung. Die auf dem Filter zurückgebliebene Masse wurde mit einer grösseren Menge Wasser ausgekocht, doch löste sich in letzterem fast nichts mehr auf. Die vom Wasser abfiltrirte und getrock- nete Masse wurde durch mehrmalige Behandlung mit Chlo- roform vom ungelösten Cantharidin befreit, der Rückstand in Wasser suspendirt und mit Salzsäure versetzt. Nach 24 Stunden hatte sich 0,0017 Gr. Cantharidin abgeschieden. Es musste hiernach allerdings eine, in Wasser jedoch nur spurenweise lösliche Verbindung entstanden sein. Dass ein längeres Erhitzen der Bestandtheile im zugeschmolzenen Glasrohr die Bildung einer grösseren Menge der Verbin- dung begünstigt hätte, ist wahrscheinlich; doch wiederholte ich diesen Versuch nicht, da die Methode der Doppelzer- setzung, zu der ich Jodcadmium wählte, ein weit schnelleres und günstigeres Resultat lieferte. Es bildete sich dabei sofort ein Niederschlag. Analyse 1)0,3 Gr. gaben Capth.=0,1130 4.Schwefelcadm.=0,1553 daraus berechnet Cadmiumoxyd=0,1382 0,2512 berechnet 1) Canth.—,01520 Differenz==0,0488, ent- Cadmiumoxy=0,0992, spricht 1 Aequiv. W. 0,2512 2)0,3 Gr. gaben Canth.=0,1140 u. Schwefelcadm. =0,1530 daraus berechnet Cadmiumoxyd=-0,1360 0,2500 berechnet 2) Canth. -0,1512 Differenz = 0,0500. Cadmiumoxyd=0,0988 0,2500 27 Kupferverbindung Lösungen von essigsaurem Kupfer und cantharidin- saurem Kalium gemischt gaben gar keinen Niederschlag. Die durch Eindampfen der einen Hälfte des Gemisches erhaltene Salzmasse bestand zum grössten Theil aus dun- kelgrünen Krystallen, mit einer geringen Menge weisser Krystalle gemischt; zwischen ihnen zerstreut konnte man einzelne hellgrünlich blaue amorphe Körnchen bemerken. Ein Aussuchen der Bestandtheile konnte ihrer innigen Mengung wegen nicht bewerkstelligt werden. Die andere Hälfte mit Salzsäure behandelt, lieferte keinen Niederschlag von Cantharidin; erst durch wiederholtes Schütteln mit Aether und Verdunsten desselben konnte eine (zur Wä- gung indessen zu) geringe Menge Cantharidin, verunreinigt mit den übrigen, in Aether nicht ganz unlöslichen Bestand- theilen des Gemisches extrahirt werden. Eine unter sonst gleichen Umständen mit schwefelsaurem Kupfer versuchte C N21 Fällung eines hellblauen, feinkrystallinischen Niederschlages wahrnehmen. Es ist daher wohl als wahrscheinlich anzu- nehmen, dass das abweichende Resultat des ersten Ver- suches durch den Einfluss der Essigsäure bedingt worden war. Um die gleichzeitige Fällung von schwerlöslichem schwefelsauren Kalium zu vermeiden, wurde die Darstellung einer grössern, zur Analyse bestimmten Menge des Kupfer- salzes mit der Cantharidinverbindung des Magnesiums aus- geführt. Krystallform: rhombische Säulen mit basischer End- fläche, die durch Vorherrschen der letzteren tafelförmig Pone rse loop Gemessen wurde der Winkel zwischen P und wp =1430 und zwischen WP und OĎ =1279, woraus sich die rhombische Säule mit 740 und 1060 berechnet. 28 TO 1 Analyse aus 0,5 Gr. Canth. – 0,2940 und Schwefelkupfer = 0,1690 daraus ber. Kupferoxyd = 0,1407 0,4347 berechnet Cantharidin - 0,3094 Differenz = 0,0653, entspr. Kupferoxyd=0),1253 1 Aequiv. Wasser. 0,4347 Löslichkeit in Wasser von 15 -- 200 – 0,05 % kochendheissem Wasser = 0,25 % Silberverbindung. Mit salpetersaurem Silber dargestellt. Ein volumi- nöser Niederschlag erfolgte sogleich und zeigte unter dem Mikroskop ausserordentlich kleine, undeutliche Krystalle.. 0,5 Gr. gaben Canth. = 0,2815 und AgCl = 0,2315 daraus ber. Silberoxyd = 0,1871 0,4686 berechnet Cantharidin - 0,2146 Differenz = 0,0314. Silberoxyd = 0,2540 0,4686 Bleiverbindung. Mit salpetersaurem Blei dargestellt. Niederschlag feinkrystallinisch, vorzugsweise die Wandungen des Kochfläschchens, in dem die Mischung stattfand, überziehend. Kry- stallform: monoklinische, 6-seitige Tafeln mit vorherrschendem Klinopinakoid = (WP ). Die Fläche apa macht mit -- Po 134°, . mit + Pa 111º. Der Winkel zwischen --P und + Pa 1150. Analyse 1) 0,4 Gr. gab Canth, = 0,1550 und schwefelsaures Blei 0,2583, daraus ber. Bleioxyd = 0,1902 0,3452 berechnet 1) Canth. – 0,1615 Differenz = 0,0548, Bleioxyd = 0,1837 entspr. 2 Aeq. W. 0,3452 roo • me 29 VW - . Analyse 2) 0,4 Gr. gab Canth. = 0,1520 und schwefelsaures Blei =0,2600, daraus ber. Bleioxyd = 0,1914 0,3434 berechnet 2) Canth. - 0,1606 Differenz = 0,0566. Bleioxyd = 0,1828 0,3434 Basische Bleiverbindung. Eine mit 2/3 essigsaurem Bleioxyd (durch Doppelzer- setzung) dargestellte Bleiverbindung des Cantharidins zeigte ein Verhältniss zwischen Säure und Basis annähernd wie 1:3. Die Analyse mit 0,3 Gr. angestellt gab Canth. — 0,0460 und schwefelsaures Blei -0,2660, daraus ber. Bleioxyd = 0,1958 Differenz = 0,0582. 0,2418 Wismuthverbindung. dungen, durch Behandlung mit Wasser in saure und basi- sche Salze zu zerfallen, macht die Darstellung der Can- tharidinverbindung des Wismuths durch Doppelzersetzung unmöglich. Um zu erfahren, ob ein, den übrigen Cantha- ridinsalzen entsprechendes Wismuthsalz überhaupt darstell- bar sei, wandte ich versuchsweise die Methode des Erhitzens im zugeschmolzenen Glasrohr mit 0,2 Gr. Cantharidin und Ueberschuss von Wismuthoxydhydrat und Wasser an. Nach dreitägigem Erhitzen hatte sich so wenig gelöst, dass die nach Abdampfen des Filtrates zurückgebliebene, lockere, feinkrystallinische Masse weder gewogen noch analysirt werden konnte. Die von dem in Wasser Löslichen abfil- trirte Masse wurde durch Chloroform vom unverbundenen Cantharidin befreit und der Rückstand mit Wasser und Salzsäure gemischt. Auch hier bewies die blasenziehende Wirkung des Niederschlages, dass sich eine in Wasser sehr schwer lösliche Verbindung des Cantharidins mit Wismuth 30 D gebildet hatte. Krystallform : achtseitige rhombische Tafeln mit OP, OP und av ý co und a poo, an welchen aus dem Mittel mehrerer stark differirender Winkelmessungen eine rhombische Säule von 600 und 1200 bestimmt wurde. Zu erwähnen wäre ferner, dass ein Versuch, die Quecksilberverbindung des Cantharidins durch Doppel- zersetzung mit Quecksilberchlorid darzustellen, günstig aus- fiel. Es erfolgte sogleich ein weisser Niederschlag, der unter dem Mikroskop sternförmig und büschelförmig grup- pirte Krystallnadeln zeigte. Einige derselben liessen rhom- bische Zuspitzung erkennen, doch konnte eine Messung der Krystalle, ihrer kleinen Dimensionen wegen, nicht aus- geführt werden. Verbindung des Cantharidins mit Zinn und Palladium. Durch Doppelzersetzung mit den entsprechenden Me- tallsalzen dargestellt. Der Niederschlag erfolgte beim Zinnsalz schneller als beim Palladiumsalz. Letzteres zeigte verhältnissmässig grosse, messbare Krystalle. Zinnverbindung. Mit Zinnchlorür dargestellt. Es erfolgte sofort ein voluminöser, nach längerer Ruhe (beim Compacterwerden) perlmutterglänzender Niederschlag, der sich in einem Ueber- schuss von Zinnchlorür löste, auf weiteren Zusatz von cantharidinsaurem Kali wieder herausgefällt wurde. Dieses Verhalten liesse sich durch Annahme einer (primär) bei Ueberschuss von Zinnchlorür sich bildenden löslichen Dop- pelverbindung des Chlorüres mit der Zinnverbindung des Cantharidins erklären. Die perlmutterglänzenden Krystall- blättchen des Niederschlages erschienen unter dem Mikro- skop als Aggregate von sehr kleinen, undeutlich ausge- prägten Krystallen. Der Niederschlag liess sich nur sehr 31 schwierig abfiltriren. Dabei verschwand das perlmutter- glänzende Aussehen der Masse allmälig und letztere nahm eine mattweisse Farbe und schleimig breiige Consistenz an; doch zeigten Proben davon unter dem Mikroskop noch immer dieselben Krystallgestalten. 0,24 Gr. zersetzt gaben Canth = 0,1210 u. Zinnoxyd = 0,0905 daraus berechnet Zinnoxydul = 0,0808. 0,2018 berechnet Cantharidin = 0,1199 Differenz - 0,0382, Zinnoxydul - 0,0819 entspr. 18 Aeg. W. 0,2018 Palladiumverbindung 0,2 Gr. Palladiumchlorür wurden in Wasser gelöst und mit einer Lösung von cantharidinsaurem Kali in einem Reagenzgläschen vermischt, wobei alsbald eine Trübung er- folgte. Nach 24 Stunden war der ganze Inhalt des nahe- zu gefüllten Reagenzgläschens zu einer hellgelben Krystall- masse erstarrt. Erwägt man, wie gering die Quantitäten der mit einander gemischten Salze waren, so liesse sich dieses Phänomen nur durch einen ungewöhnlich grossen Krystallwassergehalt der Palladiumverbindung des Cantha- ridins erklären. Unter dem Mikroskop erschien das Pal- ladiumsalz als ein Gewirr von ausserordentlich langen Na- deln und Fäden, zwischen diesen zerstreut einzelne tafel- förmige Krystalle, die eine Messung ihrer Winkel möglich machten. Krystallform: rhombische Tafeln mit OP, P und a Ñ . Gemessen der Winkel zwischen «P und CO P Q = 1300, woraus eine rhombische Säule mit 800 und 1000 folgt. Analyse v. 0,1150 Gr. - Canth. 0,0430 Gr., reducirtes Pallad. 0,0310 Gr., daraus ber. Pallad.oxydul-0,0357 , 0,0787 , berechnet Canth = 0,0467 Gr. Differenz = 0,1360 Gr., Palladiumoxydul = 0,0320 entspr. 64/2 Aequiv. Wasser. 0,0787 , TT . - - - - Einwirkung des Ammoniaks auf Cantharidin. In der Voraussetzung, dass die Einwirkuug des Am- moniaks auf Cantharidin analog derjenigen des Kalis und Natrons stattfinden werde, erwärmte ich Cantharidin mit wässrigem Ammoniak im Dampfbade, um das entsprechende Ammoniaksalz darzustellen. Nach Thierry ! wäre Can- tharidin in Ammoniakflüssigkeit gänzlich unlöslich, nach Procter in erwärmtem, concentrirtem Ammoniak nur wenig löslich, beim Verdampfen des letzteren sich in Krystallen ausscheidend. Das von mir mit Ammoniak behandelte Can- tharidin löste sich nicht nur vollständig in ersterem auf, sondern die Lösung erfolgte auch viel schneller und leichter als die in Kali- und Natronlauge. Beim Verdampfen hin- terblieb eine höchst voluminöse, grossblättrige Krystallmasse, deren ganzer Habitus so sehr von dem des Cantharidins abweicht, dass es auffallend ist, wie Procter diesen Um- stand hat übersehen können. 0,3 Gr. der in Wasser gelösten Krystalle wurden mit Salzsäure versetzt; doch erfolgte selbst nach mehrtägiger, von gelinder Wärme unterstützter Einwirkung der letzteren kein Niederschlag von Cantharidin. Diese salzsäurehaltige Lösung wurde hierauf nach Zusatz von Platinchlorid zur Trockne verdampft, um das Ammoniak in die Platindop- pelverbindung überzuführen. Die Masse mit absolutem Alkohol behandelt, entfernte alles zugesetzte Platinchlorid unverändert, während der grösste Theil der Cantharidin- verbindung ungelöst zurückblieb. Dieses von dem eines gewöhnlichen Ammoniaksalzes gänzlich abweichende Ver halten legte die Vermuthung nahe, es habe das Ammoniak in tiefer eingreifender Weise auf Cantharidin eingewirkt und eine amidartige Verbindung veranlasst. Da die mei- 1) Berzelius, „Jahresberichte XVI. Jahrgang, pag. 391. 33 sten Amide durch Kochen mit Säuren und Alkalien unter Aufnahme der Elemente des Wassers in die Säuren der in ihnen enthaltenen Säureradicale und Ammoniak übergehen, so versuchte ich 1) eine heissgesättigte Lösung der amidartigen Ver- bindung durch längeres Erhitzen mit mässig concentrirter Salzsäure zu zersetzen. Nach etwa halbstündigem Kochen hatte sich jedoch weder eine Spur von Cantharidin ausge- schieden, noch reagirte Platinchlorid auf die Lösung. Erst nach mehreren Wochen wurde die Ausscheidung sehr kleiner Krystalle aus der Flüssigkeit bemerkbar, die sich allmälig vergrösserten und an Eigenschaften und Wirkung als Can- tharidin erkannt wurden. Die eine Hälfte der abfiltrirten Flüssigkeit, mit Aetzkali versetzt und erhitzt, ertheilte einem in die Nähe gehaltenen, mit Hämatoxylinlösung ge- tränkten Papierstreifen tiefviolette Färbung, die andere Hälfte, mit Platinchlorid behandelt, gab beim Eindampfen einen Niederschlag von Ammoniumplatinchlorid. -- 2) 5 CC. einer heissgesättigten Lösung der amidarti- gen Verbindung wurden mit Aetzkali im Wasserbade ein- gedampft, wobei die violette Färbung eines in die Nähe gehaltenen Streifens Hämatoxylinpapier das Entweichen von Ammoniak anzeigte. Die eingedampfte Masse, in Wasser gelöst und mit Salzsäure versetzt, gab keinen eigentlichen Niederschlag von Cantharidin ; doch wurden nach kurzer Zeit viele in der Flüssigkeit suspendirte Körnchen bemerk- bar, die sich allmälig ausgeschieden hatten und bei wieder- holtem Schütteln der Flüssigkeit mit Aether in letzterem gelöst wurden. Der geringe nach dem Verdunsten des Aethers hinterbliebene Rückstand, auf meine Brust appli- cirt, bewirkte eine Blase. Die obige Voraussetzung in Be- treff des amidartigen Charakters dieser Cantharidinverbin- dung gewann hiernach an Wahrscheinlichkeit. Zu weiterer 34 Prüfung des gewonnenen Resultates wurden noch folgende Versuche angestellt : 3) 0,0095 Gr. der amidartigen Verbindung wurden mit Barytwasser in eine Glasröhre eingeschmolzən, drei Tage hindurch im Wasserbade erhitzt und filtrirt. Die auf dem Filter zurückgebliebene, sehr geringe pulverige Masse wurde in ein Becherglas gespült und nach Zusatz von Salzsäure bei gelinder Wärme digerirt, wobei sich zu- erst alles klar löste. Nach völliger Abkühlung schieden sich allmälig weisse Körnchen ab, die von der Flüssigkeit getrennt und mit Chloroform behandelt wurden. Die Lös- lichkeit in letzterem und die blasenziehende Wirkung der nach dem Verdunsten des Chloroforms zurückgebliebenen Krystalle erwiesen sie als Cantharidin. Die abfiltrirte Flüssigkeit, mit Schwefelsäure versetzt, gab sofortigen Nie- derschlag von schwefelsaurem Baryum. Es hatte sich hier also die Baryumverbindung des Cantharidins gebildet, in ähnlicher Weise wie durch die im Versuche Nr. 2 beschrie- bene Einwirkung des Kalis die Kaliumverbindung desselben. 4) 0,01 Gr. des Untersuchungsobjektes wurde in Wasser gelöst, filtrirt und salpetrige Säure hineingeleitet ; nach kurzer Einwirkung der letzteren schieden sich weisse Körnchen aus der Flüssigkeit aus, die ebenso wie die beim vorigen Versuche herausgefällten deutlich krystallinische Struktur zeigten. Das Einleiten von salpetriger Säure wurde etwa eine halbe Stunde lang fortgesetzt, die Flüs- sigkeit hierauf einen Tag hindurch der Ruhe überlassen, um weitere Ausscheidung von Krystallen zų begünstigen. Letztere äusserten blasenziehende Wirkung. Die angeführten Versuche beweisen zur Genüge, dass durch längeres Kochen des Cantharidins mit überschüs- sigem Ammoniak eine Verbindung erzeugt wird, die den Amiden vieler organischer Säuren nach gewissen Richtun- gen hin an die Seite gestellt werden kann. 35 Erwärmt man das Cantharidin hingegen nur bis auf etwa 40-500 mit Ammoniak und versetzt das Filtrat mit Salzsäure, so wird sogleich Cantharidin herausgefällt, ein Beweis, dass sich ein der Kaliumverbindung etc. desselben analoges Ammoniumsalz gebildet hatte. Somit scheint die Bildung des Amides in dem einen, die des Ammoniumsalzes im anderen Falle nur von dem Wärmegrade, der Dauer und der durch beides bedingten Intensität der Einwirkung des Ammoniaks, vielleicht auch durch die Menge desselben, veranlasst zu werden. Dass übrigens auch durch längeres Kochen des Ammoniumsalzes der amidartige Körper gebildet wird, geht aus dem folgenden Versuch einer Darstellung des cantharidinsauren Ammoniums durch Doppelzersetzung hervor. 0,2590 Gr. cantharidinsaures Baryum wurde mit der seinem Aequivalent entsprechenden Menge von schwe- felsaurem Ammonium und 20 CC. Wasser eine Stunde lang auf einer Temperatur von 40 - 500 erhalten. Eine davon abfiltrirte Probe, mit Salzsäure versetzt, schied im Laufe eines Tages Cantharidinkrystalle aus. Die beiden Salze wurden hierauf mehrere Stunden im Dampfbade gekocht, filtrirt und Salzsäure hinzugefügt, doch schied sich jetzt selbst nach mehreren Tagen keine Spur von Cantharidin aus. Zwei Elementaranalysen), jede mit 0,25 Gr. dieses admidartigen Körpers angestellt, ergaben an Stickstoffgehalt: Analyse 1) N = 0,01563 Gr. berechnet aus dem erhaltenen Am- moniumplatinchlorid = 0,2495 Gr., entsprechend einem Stickstoffgehalt von 6,25 Procent. Analyse 2) N = 0,01584 Gr. berechnet aus dem erhaltenen Am- moniumplatinchlorid — 0,2528 Gr., entsprechend cinem Stickstoffgehalt von 6,33 Procent. Drei Elementaranalysen, jede mit 0,25 Gr. ange- stellt 2, ergaben: VA 1) Mit Natronkalk. 2) Mit chromsaurem Blei und vorgelegten Kupferspähnen. 36 Analyse 1) Kohlensäure 0,5325 Gr. =C=0,1452 Gr. %-C 58,08 Wasser 0,1310 , ==H=0,0146 =H= 5,84 10=0,0743, -(= 29,80 berechnet N0.0157 == N = 6,28 100,00 Analyse 2) Kohlensäure 0,5350Gr. =(=0,1459 Gr.%=C=58,36 Wasser 0,1674 ,, -H=0,0186 , H = 7,45 berechnet 10-0,0698 , == 27,91 N=0,0157 - N - 6,28 100,00 Analyse 3) Kohlensäure 0,5207 Gr. =C=0,1420 Gr.%=C=56,80 Wasser 0,1649 , =H=0,0183 =H- 7,32 0-0,0740 , =O=29,60 berechnet N=0,0157 -N- 6,28 100,00 Daraus berechnet sich die Formel 2(C5H02)N. Bei Gelegenheit der Bestimmung der Löslichkeitsver- hältnisse dieser Verbindung zeigte sich ein Phänomen, welches in ähnlicher Weise beim Harnstoff beobachtet wird. Im Augenblicke, wo die heissgesättigte, wässrige Lösung derselben in eine kalte Glasschale gegossen wurde, durchzog sie sich mit einem Gewirr von seideglänzenden, langen Krystallnadeln. Jeder hinzufliessende Tropfen wiederholte die Erscheinung im Kleinen. Man dürfte hieraus folgern, dass die vorliegende Verbindung sehr geneigt ist, über- sättigte Lösungen zu bilden. Löslichkeit in Wasser von 15—200....1,83 % kochendheissem Wasser . ..- 3,45 % Alkohol von 15~200 ...= 1,31 % kochendheissem Alkohol ..=1,87 % Diese amidartige Verbindung äussert energisch blasen- ziehende Wirkung, reagirt sauer und liefert mit Chlorba- ryum, salpetersaurem Silber, schwefelsaurem Kupfer und salpetersaurem Blei Niederschläge, die, angestellten Un- tersuchungen zufolge, nicht stickstoffhaltig zu sein scheinen. Um die relativen Gewichtsverhältnisse der Bestand- theile des wahren cantharidinsauren Ammoniums festzustellen, wurde dieses Salz in folgender Weise be- reitet: 0,2 Gr. Cantharidin mit Ammoniakflüssigkeit in einer Glasschale gemischt, wurden eine Stunde hindurch auf 40%-500 erwärmt, die Flüssigkeit mit dem zum Theil noch ungelösten Cantharidin zusammen unter die Glocke der Luftpumpe gebracht und auf etwa ein Viertel des frü- heren Volumens eingedampft. Die Masse ganz zur Trockne zu bringen, wurde vorsichtshalber unterlassen, denn es hätte möglicherweise schon bei weiterem Eindampfen ein Theil des gebildeten Ammoniumsalzes in die obenbeschrie- bene admidartige Verbindung übergehen können. In dem Maasse, wie die Flüssigkeit verdampfte, schieden sich undeutlich krystallinische Salzmassen aus derselben ab. Letztere sowohl wie die Flüssigkeit selbst erwiesen sich nach längerem Verweilen unter der Glocke der Luftpumpe frei von überschüssigem Ammoniak. Die Reaction war alkalisch. Auf Zusatz von Wasser löste sich die Salzmasse ziemlich leicht auf. Das ungelöst gebliebene Cantharidin wurde abfiltrirt, die Flüssigkeit mit Salzsäure gemischt, nach Ausscheidung des Cantharidins mit Platinchlorid ver- setzt und eingedampft. Analyse. Canth. = 0,1100 Gr. Ammoniumoxyd — 0,0379 a. d. erhaltenen Ammonium- 01019 platinchlorid=0,3254 Gr.ber. ber. Canth. 0,1169 Gr. Ammoniumoxyd=0,0310 0,1479 38 Einige Betrachtungen über den chemischen Charakter des Cantharidins. TT Die im vorhergehenden Abschnitte beschriebenen Ver- bindungen haben die Fähigkeit des Cantharidins dargethan, unter geeigneten Bedingungen salzartige Verbindungen zu bilden, zu welchen das Cantharidin die Säure liefert. Es bleibt nun zunächst die Frage zu erörtern, in welcher Weise man sich das Zustandekommen dieser Salze denken solle. In den meisten Salzen, mit Ausnahme des Silbersalzes und eines Bleisalzes, ergab die Analyse ein Verhältniss zwi- schen Cantharidin und Basis wie 1:1. Berücksichtigt man nur diese relativen Gewichtsverhältnisse zwischen Säure und Basis, so könnte man als einfachst möglichen Fall an- nehmen, dass das Cantharidin als solches, das heisst, mit der Zusammensetzung 05H602 und mit dem Atomgewichte 98 sich mit der Basis (diese wasserfrei gedacht) combinire und so eine Verbindung durch einfache Addition bilde. Die weiteren Resultate der Analysen verleihen dieser An nahme jedoch wenig Wahrscheinlichkeit. Vergleicht man die gefundenen Mengen von Cantharidin und Basis, so findet man überall die Summe dieser beiden Bestandtheile kleiner als das Gewicht des in Arbeit genommenen Salzes. Dieses Deficit kann nur auf Rechnung von vorhandenein Wasser geschrieben werden. Berechnet man die Menge C all 39 YA desselben bei den einzelnen Salzen, so findet man nur bei den Salzen des Lithiums und Silbers, dass diese auf ein Aequivalent Cantharidin geringer ausfällt, als dem Gewichte eines Aequivalentes Wasser entspricht. Beim Silbersalze ist überhaupt das relative Verhältniss zwischen Säure und Basis, wie schon oben gesagt, nicht auf die Proportion 1:1 zurückzuführen. Es sind mit diesem Salze jedenfalls noch weitere Analysen zur Feststellung dieses, von dem der anderen Salze abweichenden relativen Gewichtsverhältnisses der Bestandtheile auszuführen. Bei einem Lithiumsalze liegt die Möglichkeit nahe, dass das Gewicht der Basis et- was höher gefunden werde, als die Rechnung es verlangt, weil die Verunreinigungen des Lithiums ein bedeutend hö- heres Atomgewicht besitzen, als dieses selbst. Die Schwer- löslichkeit des Lithiumoxydhydrates in Alkohol und die relativ bedeutende Löslichkeit des cantharidinsauren Li- thiums in Wasser erschweren ferner die Reinigung von einem Ueberschuss der Basis. Auch das Gewicht des Can- tharidins kann leicht etwas zu hoch ausfallen, da kleine Mengen von Kieselerde, die eine Verunreinigung des Li- thiums bildeten, sich ihm hinzuaddiren würden. Beim Kalium- und Natriumsalze, ebenso bei den Sal- zen des Calciums, Strontiums, Baryums, des Cobalts, Ni- ckels und Kupfers stimmt das Resultat der Analysen zu der Annahme, dass die Entstehung dieser Salze durch Zu- sammentritt von gleichen Aequivalenten Cantharidin und Basis unter gleichzeitiger Aufnahme von 1 Aequivalent Wasser (H20) geschehe. Die mit dem Calciumsalze vor- genommenen Elementaranalysen, deren Resultate unter ein- ander befriedigend übereinstimmen, liefern den directen - Beweis, dass in der That der Wasserstoff- und Sauerstoff- gehalt des Salzes ein grösserer ist, als sich mit der An- nahme einer einfachen Addition von Cantharidin und Basis vereinigen liesse. 40 Ist bei diesen Analysen auch der Gehalt an Wasser- stoff etwas grösser gefunden, als der Erwartung entsprach, so liesse sich darin eine Entschuldigung finden, dass über- haupt bei den meisten Elementaranalysen das Quantum dieses Bestandtheils etwas zu gross gefunden wird. Eine derartige Fehlerquelle muss, bei den geringen Mengen des Salzes, welche ich für jede einzelne Analyse opfern konnte, beträchtlich in's Gewicht fallen. Bei den Salzen des Magnesiums und Zinks und einem Cobalt- (Analyse Nr. 1) und Nickelsalze (Analyse Nr. 1) entspricht (annähernd) das Deficit 1 1/2 Aequivalenten Was- ser, beim Blei- und Cadmiumsalze 2 Aequivalenten, im Ba- ryumsalze wäre das Verhältniss wie 2:3, im Zinn(oxydul)- salze wie 4:17. Bei einzelnen Salzen ergeben die verschie- denen, mit denselben angestellten Analysen nicht gleiche Resultate, wie dieses namentlich beim Cobalt und Nickel- salze (Analysen Nr. 1 und 2) bemerkbar wird. Die bei- nahe um die Hälfte geringeren Quantitäten, mit welchen die Analysen Nr. 1 des Nickelsalzes (Analyse Nr. 1 mit 0,14 Gr. Substanz, Analyse Nr. 2 mit 0,25 Gr. angestellt) und des Cobaltsalzes (Analyse Nr. 1 mit 0,1250 Gr. und Nr. 2 mit 0,25 Gr. angestellt) ausgeführt wurden, dürften dazu beigetragen haben, die einer jeden Analyse anhaftenden Untersuchungsfehler verhältnissmässig zu vergrössern. Die erwähnten Resultate schliessen die Annahme aus, die Salze des Cantharidins seien dadurch entstanden, dass das Metall der Basis für ein Atom Wasserstoff des Can- tharidins substituirend eingetreten sei, etwa nach der Formel C: H: 00-M10_Col1500+ho. Hoth Motho wobei M als ein beliebiges einatomiges Metall gelten mag. Hiernach würde die Zersetzung bei der Analyse dem Schema entsprechen : CHO LM - M jº+ c = 0 + ci IV Salze berechneten Wassermengen ohne Weiteres als Kry- stallwasser deuten, und selbst dann würden, da die Suwme gefundenen Cantharidins und gefundener Basis grösser aus- fallen muss, als das in Arbeit genommene Salz, die zu be- rechnenden Differenzen so gross werden, dass sie nicht mehr auf ein durch so einfache Zahlen ausdrückbares Ver- hältniss zurückgeführt werden könnten, wie ein solches bereits angedeutet worden. Leider ist die Frage schwierig zu entscheiden, was in einem Cantharidinsalze als Hydrat. wasser, was als Krystallwasser angenommen werden muss. In der Erwartung, dass das letztere bei einer Temperatur von 1100, wie bei den meisten anderen Salzen so auch 1 fluss dieser Temperatur widerstehen könne, habe ich die von mir analysirten Salze nur bei der angegebenen Tem- peratur getrocknet. Ich glaubte mich um so mehr dazu berechtigt, nachdem ich mich beim Calciumsalze überzeugt hatte, dass dasselbe zwischen 110-1500 – der Tempe- ratur, bei der das Cantharidin sich aus diesem Salze zu Verflüchtigen beginnt – kein Wasser mehr verliere. Wenn ich annehme, dass einem halben Aequivalent des bei den ver- schiedenen Salzen berechneten Wassers die Function des Hydratwassers, dem Rest die Function des Krystallwassers zukomme, so kann ich dieses nur als eine Hypothese be- zeichnen, die durch weitere Prüfung zu bestätigen oder zu berichtigen ist. Die Resultate der Analysen haben Zahlen geliefert, die sich der eben ausgesprochenen Annahme am leichtesten anpassen lassen, wenigstens ist in fast allen Salzen die berechnete Wassermenge gross genug, um dieser Annahme nicht im Wege zu stehen. Diese Resultate verleihen ferner der Annahme eine Stütze, dass das Cantharidin erst unter Aufnahme von Co 42 Wasser zu einer Säure werde, die alsdann salzartige Ver- bindungen zu bilden im Stande sei. Es würde hiernach das Cantharidin ein dem Cumarin analoges Verhalten zeigen, welch letzteres durch die Ein- wirkung starker Basen unter Aufnahme von einem Aequi- valent Wasser in Cumarinsäure übergeführt wird, die sich mit der betreffenden Basis zu einem Salze vereinigt. In der Voraussetzung, dass diese Annahme in Betreff des Cantharidins richtig sei, liesse sich die Umwandlung des- selben derartig erklären, dass Cantharidin -- C5160 unter Aufnahme von 1 Aequivalent Wasser - 120 zum Cantha- ridinsäurehydrat — CHO 0. werde, und dass dieses letz- tere die Fähigkeit besitze, durch Austausch eines Atomes Wasserstoff gegen Metalle, Salze zu bilden. Die eben aufgestellte Formel würde zugleich eine gewisse Analogie mit den Gliedern der Milchsäurereihe und mit der Salicyl- säure andeuten. Das Cantharidin würde hiernach z. B. gleich dem Lactid als Anhydrid zu betrachten sein; die Cantharidinsäure aber gleich der Milchsäure, dem augen- blicklichen Stande unserer Wissenschaft entsprechend, für zweiatomig und einbasisch gehalten werden müssen. Die Verschiedenheit im Verhalten der beiden hinzugetretenen Wassertoffatome würde sich dann durch die Formel : H ) C5H60 02 für das Hydrat; durch die Formel: C5H60 02 für die Salze mit anorganischer Basis ausdrücken lassen. Die Cantharidinsalze liessen sich mit Anwendung dieser Formel in folgender Weise schreiben : Kaliumsalz = C5 H60 02 + 1/2 aq. Natriumsalz н ) - C5 H60 02 + 1/2 aq. Na ) 43 Baryumsalz = C5 H6O{0. + 1/2 aq. Ba ) Strontiumsalz - C5 H60% Sr) + 1/2 aq. (Analyse Nr. 2). Calciumsalz - C5 H60! Ca + 1/2 aq. Magnesiumsalz- C5 H60 | 0 2 -+ 1 aq. Mg) H. Cobaltsalz = C5 H6 O + 1/2 aq. (Analyse Nr. 2). Co Со Nickelsalz Zinksalz = CHO } 03 + Ya aq. (Analyse Nr. 2). = CH. O} 0 + 1 aq. H Zn н Cadmiumsalz = C5 H60/0 + 10/4 aq. ? Cd Kupfersalz + 1/2 aq. - C5 H60 Cu H ) Bleisalz = Coll.o 03 + 142 aq. Pb ) H Zinnsalz - C5 H6OLO + 11/4 aq. Sn H Palladiumsalz = C5 H6002 + 6 aq. Pd ) Die eben angeführte Hypothese verlangt ein weiteres Eingehen auf die Frage, wie sich der eben als Canthari- dinsäure bezeichnete Körper verhalte, in dem Momente wo er aus einem Salze als solcher abgeschieden wird. Der einfachste Fall wäre der, dass das Hydrat der Cantharidin- säure - C5 H8 03 eben als solches ausgeschieden werde und in Zukunft auch als solches verbleibe. Es würde dics den meisten der Fälle entsprechen, in denen die Entste- hung eines Säurehydrates unter ähnlichen Bedingungen beobachtet worden ist (Cumarinsäure aus Cuniarin, Convol- vulinsäure aus Convolvulin etc.). Zur Prüfung dieser Frage wurde ein in folgender Weise ausgeführter Versuch angestellt. Cantharidinsaures Kali wurde mit Salzsäure zersetzt, der Niederschlag nach 24 Stunden abfiltrirt und unter der Glocke der Luftpumpe getrocknet. Er behielt nach länge- rem Verweilen darin das constante Gewicht von 0,2375 Gr. Nun wurde er allmälig einer immer höheren Temperatur ausgesetzt. Sein Gewicht blieb nach längerem Erwärmen auf 900 constant = 0,2366 Gr. , 1000 = 0,2350 , 110 0 = 0,2328 , , 1200 , -0.2315 , , 1300 = 0,2315, Einer höheren Temperatur konnte der Niederschlag nicht ausgesetzt werden, da bei 130 ° die Sublimation des aus seinen Verbindungen abgeschiedenen Cantharidins be- ginnt. Die mit chromsaurem Blei angestellte Elementar- analyse des so behandelt gewesenen Niederschlages ergab an Kohlensäure - 0,5140, Wasser = 0,1384 Gr. L %-Gehalt. Daraus berechnet C = 0,14018 Gr. | C = 60,5529. 9 H = 0,01538 , 1 H = 6,6436. , 0 = 0,07594 , 10 = 32,8035. Die Formel berechnet sich = C5 H6 O2). 100,0000. Henry und Plysson 2) haben das Cantharidin ana- lysirt und fanden es angeblich zusammengesetzt aus : n UUTIC 1) Eine zweite Anal. missglückte durch Platzen d. Verbrennungsröhre. 2) Berzelius, „Jahresberichte über die Fortschritte der physischen Wissenschaften“. XII. Jahrgang, p. 323. 45 100,00 C = 68,56, H – 8,43, N = 9,86, 0 = 13,15 Procent. Die Annahme H. und P.'s in Betreff des Stickstoffgehaltes im Cantharidin hat Regnault ) als irrig nachgewiesen. Die von ihm mit Cantharidin angeführten Analysen ergaben : 1) C = 61,22 2) C = 60,36 H – 6,12 H == 6,22 0 – 32,66 O= 33,42 100,00 Analyse von Lavini und Sobrero 2): C = 61,17 H = 6,30 0 = 32,53 100,00 Eine Angabe darüber, in welcher Weise diese Analysen ausgeführt worden sind, habe ich jedoch nirgends finden können. Hiernach hat der von mir analysirte Niederschlag die Zusammensetzung des Cantharidins wie dieselbe von Regnault, Lavini und Sobrero gefunden wurde. Die Wassermenge, welche bis zum Erhitzen auf 130" abgege- ben war, betrug 0,0060 Gr. – 2,54 Procent. Die gefun- dene Wassermenge würde etwa ein fünftel Aequivalent H2O entsprechen, eine Menge, die viel zu gering ist um hier Berücksichtigung finden zu können. Es ist hiemit dieses abgeschiedene Cantharidin-(Anhydrid) nicht verschieden von dem aus den spanischen Fliegen durch Extraction gewon- nenen, wenn man absieht von der grösseren Neigung des ersteren zur Sublimation und von der leichteren Löslichkeit desselben in alkalischen Laugen. Es ist also zunächst nicht wahrscheinlich, dass die Cantharidinsäure als solche hier vorliege; es muss vielmehr, den oben angeführten Analogien zuwider, ein Fall ange- 1) Berzelius, „Jahresberichte“. XIX. Jahrgang, p. 720. 2) L. Gmelin, Handbuch der organischen Chemie". Band IV, Abth. 1, p. 424. IT 46 nommen werden, in dem die abgeschiedene Säure wiederum zu Anhydrid und Wasser zerfällt. Ich glaube dennoch der Vermuthung Raum geben zu dürfen, dass die Cantharidin- säure Anfangs als solche aus ihren Salzen abgeschieden werde, und dass sie erst nach einiger Zeit, allerdings in der Flüssigkeit, sich zu Anhydrid und Wasser spalte. Versetzt man die Lösung eines cantharidinsauren Salzes mit Salzsäure, so beobachtet man, namentlich wenn erstere einigermassen verdünnt ist, keine Trübung. Erst nach Verlauf einiger Zeit beginnt die Abscheidung des Cantha- ridins und es dauert mehrere Stunden, bis sie als voll- endet angesehen werden kann. Es liesse sich diese Er- scheinung wohl so. erklären, dass Anfangs in der That ein lösliches Säurehydrat abgeschieden werde, welches sich erst nach einiger Zeit zu Anhydrid und Wasser zerlege. Wenn schon für die Neigung der Cantharidinsäure, leicht zu Wasser und Anhydrid zu zerfallen, in der Milch- säurereihe Analoga gefunden werden können, so würde ferner auch das Verhalten des Cantharidins selbst gegen Ammoniak sehr ähnlich sein dem Verhalten des Lactids gegen diese Substanz und endlich würde die grosse Neigung des cantharidinsauren Ammoniums, in eine amid- artige Verbindung überzugehen, wesentliche Uebereinstim- mung mit den unter ähnlichen Umständen eintretenden Reactionen des milchsauren Ammoniumsalzes gewähren. Die Darstellung und Untersuchung der Ester der Cantha- ridinsäure und der daraus darstellbaren Derivate würden zu weiterem Aufschluss über das Verhalten dieses Körpers und über die Berechtigung der von mir aufgestellten Hypo- thesen führen. Wären letztere richtig, so würde der empi- rischen Zusammensetzung nach an eine Beziehung des Cantharidins und der Cantharidinsäure zur Angelicasäure gedacht werden können, der Art, dass man die Cantharidin- säure als die der letzteren entsprechende Oxysäure auf- fasst. Auch nach dieser Seite dürften eingehendere Ver- suche nicht allein theoretisch, sondern auch desshalb von Nutzen sein, weil sie vielleicht eine Methode kennen lehren würden, das bisher so theure Cantharidin künstlich dar- zustellen. Versuche zur Darstellung des Aldehydes der Cantharidinsäure. Der schon mehrmals erwähnte ungewöhnliche Wider- stand, den das Cantharidin der Einwirkung selbst starker chemischer Agentien entgegensetzt, musste den Versuchen, dasselbe in einen Körper überzuführen, dessen Bildung die Beihülfe dieser Agentien in den allermeisten Fällen in Anspruch nimmt, von vornherein wenig Wahrscheinlichkeit des Gelingens versprechen. In der That hat Bluhm die Wirkung von Oxydations- nnd Reductionsmitteln, wie z. B. Schwefelsäure mit saurem chromsaurem Kalium, Kalium- eisencyanid, die wochenlange Einwirkung von Natriumamal- gam etc., als „,keine hervorstechende Veränderung veran- lassend“ gefunden. Ein von mir angestellter Versuch, frischbereitete concentrirte Jodwasserstoffsäure mit Cantha- ridin im zugeschmolzenen Glasrohr zu erhitzen, liess weder eine Ausscheidung von Jod, noch irgendwelche bemerk- bare, mit dem Cantharidin vorgegangene Veränderung wahr- nehmen; in gleicher Weise blieb eine concentrirte Lösung von übermangansaurem Kalium wirkungslos. Um den ein- mal gefassten Plan nicht aufzugeben, ohne jedes Mittel zu seiner Ausführung erschöpft zu haben, erprobte ich schliess- lich noch eine, von Limpricht zuerst angewandte Methode der Aldehyddarstellung durch trockne Destillation des Cal- ciumsalzes der betreffenden Säure mit ameisensaurem Calcium. 0,3 Gr. Cantharidinsaures Calcium mit 0,5 Gr. ameisensaures Calcium gemischt wurden in ein Kochfläschchen geschüttet, NY 48 2 an dieses vermittelst eines durchbohrten Korkes eine knie- förmig gebogene Glasröhre befestigt, deren längerer Schen- kel bis auf den Boden eines etwa 60 CC. fassenden Glases reichte, und letzteres mit Eis umgeben. Dieses Glas wurde mit wasserfreiem, mit Ammoniakgas gesättigten Aether gefüllt, um das etwa übergehende Aldehyd in die voraussichtlich in Aether unlösliche Verbindung mit Ammoniak überzuführen. Das Kochfläschchen wurde hierauf zuerst im Sandbade, später über einer Weingeistflamme erhitzt. In dem Maasse, wie die bald beginnende Gasentwickelung lebhafter wurde, konnte man an dem Aether eine immer deutlicher hervortretende milchige Trübung wahrnehmen. Die Ausscheidung mikro- skopischer Krystalle aus dem allmälig wieder klar werden- den Aether bewies, dass diese die milchige Trübung her- vorgerufen hatten. Die ausserordentliche Kleinheit der Krystalle liess leider keine Bestimmung ihrer Form zu, ebensowenig konnte, der geringen Ausbeute wegen, eine Elementaranalyse vorgenommen werden. Eine den meisten Aldehyden eigenthümliche, auf ihrer Neigung in Säuren überzugehen beruhende Reaction, die Reduction des Silbersalzes nämlich, gelang in befriedigender Weise. Eine concentrirte Lösung von salpetersaurem Silber wurde vorsichtig mit Ammoniak versetzt, bis der eingetre- tene Niederschlag sich eben wieder löste, eine geringe Quantität der Aldehydverbindung hinzugesetzt und einige Stunden hindurch gelinde erwärmt. Ausser einem geringen schwarzen Niederschlage von reducirtem Silber konnten kleine, spiegelnde Metallflächen an den Wandungen des die Flüssigkeit enthaltenden Reagenzglases wahrgenommen werden. Ein Controllversuch mit Silberlösung von dersel- ben Concentration und, mit Ausnahme des Zusatzes der Aldehydverbindung unter gleichen Bedingungen angestellt, liess keinerlei Veränderung der ersteren bemerkbar werden. Da die mehrmalige Wiederholung dieser Versuche zu den 49 gleichen Resultaten führte, so gewinnt die Annahme an Wahrscheinlichkeit, dass die in obenerwähnter Weise dar- gestellte Substanz sich als einen aldehydartigen Körper betrachten lasse. Ein eingehenderes Studium seiner Eigen- schaften und Zusammensetzung bleibt späteren Unter- suchungen vorbehalten. Es könnte namentlich von Inte- resse werden, die Einwirkung nascirenden Wasserstoffs auf diesen Körper zu beobachten, da hierbei möglicher Weise ein der Cantharidinsäure entsprechender Alkohol gebildet werden würde, der seinerseits eine Vergleichung mit dem der Milchsäure entsprechenden Alkohol zuliesse. t. These n. 1) Es ist wahrscheinlich, dass ein eingehendes Studium der chemischen Eigenschaften des Cantharidins den Weg zur künstlichen Darstellung dieses Körpers finden lassen wird. 2) Das für die gerichtlich - chemischen Analysen vorge- schriebene Schema bedarf der Erweiterung. 3) Das Asparagin ist nicht als das Amid der Aepfelsäure zu betrachten. 4) Die specifische Wärme der Elemente ist von keinem entscheidenden Einfluss auf die Bestimmung ihres Atomgewichts. 5) Die Formel u.CH, 02 (Typus H:02) für Methyl- schwertigo Biuro ist der Formee . ( CH3} schweflige Säure ist der Formel soola Typus ..) vorzuziehen. 6) Die Formel CNS (Typus H) für Rhodanwasserstoff- chemischen Verhalten dieser säure entspricht dem Säure am besten. TES Beiträge für den gerichtlich-chemischen Nachweis des Strychnins und Veratrins in thierischen Flüssigkeiten und Geweben. - --------- ... Eine mit Genehmigung Kaiserlichen Universität zu Dorpat zur Erlangung der Würde eines Magisters der Pharmacie verfasste und zur öffentlichen Vertheidigung bestimmte Abhandlung von P. G. A. Masing. min Ordentliche Opponenten: Dr. Schmiedeberg. -- Prof. Dr. Vogel. - Prof. Dr. Schmidt. DORPAT 1868. Druck von Heinrich L a a k m a 11 n. Erster Theil. - Strychnin. Die seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts so schnell auf einander folgenden Entdeckungen von Alkaloiden haben bekanntlich die Zahl der zu unserer Verfügung stehenden orga- nischen Gifte stark vermehrt. Es kann nicht auffallen, dass man dieselben in verbrecherischen Absicht zu benutzen ver- suchte, namentlich nachdem die analytische Chemie in der letzten Zeit so weit vorgeschritten ist, dass Vergiftungen, die mit anorganischen Giften ausgeübt, leicht entdeckt werden kön- nen. Bei den meisten Vergiftungen mit Alkaloiden vermochte man durch die chemische Analyse anfangs das Gift nicht in dem Masse zu constatiren, dass das Resultat der Analyse dem .Richter zugleich auch als Beweis des Verbrechens dienen konnte. | Erst in den letzten 30 Jahren sind hie und da Methoden aus- findig gemacht worden, die diesen Anforderungen mehr oder 1. weniger entsprachen. Es liegt nicht in meiner Absicht, diese ! Methoden, wie sie von Lassaigne, Orfila, Stass, Otto, Uslar und Erdmann und mehreren Anderen geliefert worden sind, hier kritisch zu besprechen, nachdem schon Professor Dr. Dragendorff in seinen zu verschiedenen Zeiten in der phar- į maceutischen Zeitschrift für Russland) erschienenen Arbeiten, — - - - - - R .- . . - - - - . . I | 1) Pharm. Zeitschr. f. Russland, 1866, Heft 2 u. 3; ferner Pharm. Zeitschr. f. Russl., 1867, Heft 10; auch Pharm. Zeitschr. f. Russl., 1868, 1* 1 so wie, mündlicher Mittheilung zu Folge, in einem bald er. scheinenden grösseren Werke dieselben beleuchtet hat. Ich habe mir zum Vorwurf meiner Dissertation die Benutzung einer bereits erprobten Methode gemacht, um gewisse unerledigte Fragen aus der forensischen Chemie des Strychnin's zu lösen. Wenn der Verdacht einer Vergiftung mit Strychnin vor- liegt, so ist es die Aufgabe des Chemikers, das Gift in den Spei- serestern, im Erbrochenen so wie auch im Mageninhalte auf- zusuchen. Dass nun die von Professor Dr. Dragendorff ge- gebene Methode sich auch bei sehr geringen Spuren dieses Al- kaloides bewährt hat, ist bekannt ). Aber bei versuchtem oder wirklich erfolgtem Giftmorde darf sich der Chemiker nicht darauf beschränken, das Gift nur in den genannten Objecten aufzusuchen und nachzuweisen; verläuft ein Vergiftupgsversuch nicht tödtlich, so ist es dem Richter höchst wichtig, darüber Sicherheit zu erlangen, ob das Gift überhaupt in den Organis- mus gelangt ist und ob in diesem Fall, sei es nun, weil es in zu geringer Menge aufgenommen wurde, oder weil die Wirkung schuell genug bekämpft werden konnte, nicht den beabsichtig. ten Erfolg herbeiführte. Um so wünschenswerther muss dann eine Untersuchung der Excrete sein, wenigstens sobald wir wissen, dass der giftige Stoff als solcher den Körper verlässt, oder dass doch wenigstens Zersetzungsproducte von demselben. excernirt werden, die erstens deutlich erkennbar und zweitens nur für selbige charakteristisch sind. Endet aber eine Vergif- tung mit dem Tode, dann wird der Richter jedenfalls eine sichere Auskunft wünschen, ob das in den Körper gelangte Gift Heft 4, und ApXUB] cygebnox MequHub u 0614ectieuno: l'urienb. CIH IIetepóypró 1867; vergleiche ferner Pharm. Zeitschr. , Jahrg. V, Heft 7, von Kubly „Ueber die Opiumalkaloide“ und endlich Ka uzmarín „Bei- träge für den gerichtlich - chemischen Nachweis des Morphins und Narcoting in thierischen Flüssigkeiten und Geweben. Dorp. 1868. Inaug.-Diss. 1) Neues Jahrbuch für Pharmacie 11. verwandte Fächer. Bd. XXIV. Heft I. pag. 9. Speyer 1868. auch wirklich Todesursache sei und dann von dem Chemniker den Nachweis verlangen, ob das Gift im Darmtractus allein vorhanden oder ob es auch von hier aus theilweise resorbirt worden sei, ob es im Blute anwesend und mit diesem durch den ganzen Körper verbreitet sei. Sind aber diese Aufgaben für das Strychnin zu lösen? Ist nachzuweisen, dass das Strychnin den chemischen Einflüssen des Körpers widerstehen kann? Ist es ferner nachweisbar, ob das Alkaloid oder ein charakteristisches Zersetzungsprodukt desselben ins Blut übergehe und ob es aus letzterem schnell oder langsam wieder abgegeben wird? Giebt es auch Organe, die das Strychnin dem Blute entziehen können und dasselbe zurückzuhalten oder zu excerniren vermögen; wird es nament- lich durch Harn und Fäces den Körper wieder verlassen können? Derjenige, welcher sich durch chemische Experimente von der grossen Widerstandsfähigkeit dieses Alkaloides überzeugt hat, wird geneigt sein, für die Haltbarkeit des Strychnins a priori zu stimmen; er wird erwarten, dass das Strychnin, wenn auch vielleicht langsam, den Körper verlasse. Nun liegen aber Versuche Dr. Cloetta's vor, die dieser Annahme vollständig widersprechen. Wenn bei diesen Experimenten der Einwurf nicht ausgeschlossen ist, dass die von Cloetta wider Erwarten erlangten Resultate durch die von ihm gewählte Methode beein- flusst seien, so wird es nicht überflüssig erscheinen, wenn auch mit Hülfe eines anderen als brauchbar erkannten Nachwei- sungsverfahrens die von ihm gemachten Versuche wiederholt werden. Zu solchen erneuerten Versuchen nun wurde ich von Professor Dr. Dragendorff aufgefordert. Da ich in der Ausführung dieser Untersuchung, wie auch in der darauf fol- genden Veratrinuntersuchung, in jeder Beziehung wesentlich von Professor Dr. Dragendorff unterstützt worden bin, so fühle ich mich gedrungen, Ihm hiermit für die freundliche und aufopfernde Hilfeleistung meinen Dank öffentlich auszusprechen. Was die Resultate der Untersuchungen Cloetta's anbe- trifft, die wir ausführlich im Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie von Rud. Virchow, Bd. XXXV, Heft 3 mit. getheilt finden, so sind diese in aller Kürze folgende: Cloetta untersuchte den Harn einiger Kranken, die im Verlauf des Tages 3, 3/4 bis 1'/6 Gran salpetersaures Strychnin eingenommen hatten, in welchem er aber nicht im Stande war das Strychnin nachzuweisen. Weitere Versuche stellte er an Pferden an. Dem ersten Pferde wurden 20——25 (iran Strych- nin in Lösung gegeben und nach dem erfolgten Tode 1) das Blut aus der Vene der vorderen Magengegend, 2) das Blut aus dem rechten Herzen und 3) der Harn aus der Harnblase unter- sucht. Sämmtliche Untersuchungen lieferten negative Resultate. Aus seinen erhaltenen negativen Resultaten zieht Cloetta nun folgende Schlüsse : 1) Es ist möglich, dass das Strychnin in so geringen Men. gen resorbirt wird, dass es durch die uns zu Gebote stehenden Mitteln nicht nachweisbar ist. Oder das Strychnin kann mit den organischen Stoffen des Blutes Verbindungen eingehen, die die Reactionen verdecken und die Ausscheidung desselben durch die gewöhnlichen Methoden unmöglich machen. 3) Möglicher Weise erleidet endlich das Strychnin durch thierische Formente eine Zersetzung. Was die beiden ersten Folgerungen Cloetta's anbertifft, so kann ich auf dieselben erst am Schluss meiner Arbeit näher eingehen; die dritte Anschauungsweise desselben brauche ich kaum zu widerlegen, da Cloetta selbst schon indirect den Stab über sie gebrochen hat, indem er am Schluss seiner Ar. beit uns Folgendes mittheilt : „Zur Beantwortung der sehr wichtigen Frage, wie lange das Strychnin dem Fäulnissprocesse widersteht, wurde eine Anzahl von Menschenmagen, nachdem in jedem ein Gran sal- petersaures Strychnin (in Lösung) gebracht worden war, ein- zeln in einen Topf verschlossen und aufbewahrt, und 3 Fuss. 11 1 tief in die Erde begraben). Der erste Magen wurde nach 3 Monaten ausgegraben und auf Strychnin untersucht; der zweite Magen nach 6 Monaten und endlich der dritte Magen nach 114/2 Monaten ausgegraben und auf Strychnin geprüft. In allen dreien konnte das Alkaloid vollkommen deutlich nach- gewiesen werden.“ Wenn auch zugestanden werden muss, dass während des Lebens im Körper andere chemische Pro- cesse vorkommen, wie bei der Fäulniss nach dem Tode, so ist doch nicht wahrscheinlich, dass das Strychnin den letzteren, . widerstehen und den ersteren unterliegen werde. Die Methode, der sich Cloetta zur Abscheidung des Strychnins aus dem thierischen Organismus bediente, ist in Kürze folgende: Die zu untersuchende Flüssigkeit, in so fern sie eiweissartige Substanzen enthält, wird von den letzteren durch Kochen befreit und darauf filtrirt. Das Filtrat wird mit Bleiessig versetzt und der entstandene Niederschlag abfiltrirt, aus dem Filtrate das überschüssige Blei durch Schwefelwasser- stoff entfernt, abfiltrirt und darauf das Filtrat zur Trockne ein- gedampft. Der mit Ammoniak übersättigte Rückstand wird 24 Stunden lang stehen gelassen, sodann mit dem doppelten Vo- lumen Chloroform in einem Glascylinder mit ausgezogenem Ende öfter und stark geschüttelt und die von der Flüssigkeit sich trennende schwerere Chloroformschicht wird nun durch das ausgezogene Ende des Cylinders entfernt. Das so erhaltene Chloroform wurde der freiwilligen Verdunstung überlassen, worauf der Rückstand auf seinen bitteren Geschmack geprüft, dann in salpetersäurehaltigem Wasser gelöst und filtrirt wurde. Das Filtrat wurde nun auf einer Uhrschale gesammelt und mit zwei Tropfen einer Lösung doppeltchromsauren Kali versetzt. Beim Vorhandensein des Strychnins bilden sich nun nach ei- ----... ---- 1) Es sind später günstigere Resultate in dieser Hinsicht für das , Strychnin erlangt worden und in „Neuem Jahrbuch für Pharmacie u. ver- wandte Fächer von Dr. F. Vorwerk,“ Band XXIX, Heft 1. Speyer 1868, pag. 8 und 9, mitgetheilt worden. ma nigen Tagen die für dieses Alkaloid charakteristischen warzen- förmigen Krystalle von chromsaurem Strychnin, welche auf Zusatz von concentrirter Schwefelsäure sofort die intensiv vio- lette Färbung zeigen. Um die Empfindlichkeit seiner Methode zu prüfen, benutzte Cloetta normalen Harn, von welchem er je 650 Cc. mit 46, 1/12, 1/20 bis 1/40 Gran Strychnin versetzte; es war ihm nach die- ser Methode nicht möglich, weniger als 1/40 Gran Strychnin in solchen Gemengen nachzuweisen. Meiner Meinung nach ist diese Methode zur Abscheidung des Alkaloides aus den geprüften Gemengen und Organen nicht zweckmässig und zwar aus folgenden Gründen: Schon in der ersten Operation, dem Befreien der Flüssig- keit von eiweissartigen Körpern durch Erhitzen allein, liegt eine Fehlerquelle; denn angenommen, dass in der zu unter. suchenden Flüssigkeit wirklich Strychnin vorhanden wäre, so kann ein grosser Theil desselben, wie dies z. B. für Atropin und Morphin bereits nachgewiesen ist, durch die sich ausschei- denden eiweissartigen Stoffe mechanisch mitgerissen werden, der nun, wenn die Flüssigkeit filtrirt wird, mit den ausgeschiedenen eiweissartigen Körpern auf dem Filtrum zurückbleiben wird. Verfolgen wir nun die von Cloetta angewandte Methode weiter, so sehen wir, dass darauf die von den eiweissartigen Stoffen abfiltrirte Flüssigkeit mit Bleiessig versetzt wird, um schleimige und sonstige fremdartige Stoffe zu fällen. Der Ve- berschuss von Blei wird durch Schwefelwasserstoff aus der fil- trirten Flüssigkeit entfernt. Abgesehen von andern Einwürfen, welche man gegen die Anwendung von Blei und Schwefel- wasserstoff vorbringen könnte, will ich nur darauf hinweisen, dass das gefällte Schwefelblei in Folge seiner voluminösen Be- schaffenheit Strychnin an sich zu fixiren im Stande ist und so dieses Alkaloid in den Niederschlag überführt. Weiter ersehen wir nun, dass darauf die von Schwefel- blei abfiltrirte Flüssigkeit zur Trockne eingedampft, der Rück- stand mit Ammon übersättigt und das Ganze 24 Stunden ste- hen gelassen wird. Ein grosser Uebelstand liegt hier schon darin, dass das sich durch Ammon anfangs amorph und so löslicher ausscheidende Alkaloid in Verlauf von 24 Stunden bestimmt in den krystallinischen und schwerer löslichen Zu- stand übergegangen ist, wodurch es also schwerer und langsa- mer löslich für Chloroform (wie auch für ähnliche Lösungs- mittel) wird. Die Methode, welche ich zur Wiederholung der Versuche benutzt habe, besteht in Folgendem : Es wird zunächst die zu untersuchende Substanz mit schwefelsäurehaltigem Wasser zwei bis drei Mal ausgekocht, dann die Auszüge vereinigt und darauf mit 3-_-4fachem Volu- .men höchstrectificirtem Alkohol versetzt und auf 24 Stunden bei Seite gestellt. Nach Verlauf dieser Zeit wird die Flüssig- keit von dem entstandenen Niederschlage abfiltrirt, von dem Filtrat der Alkohol durch Destillation entfernt, der vom Alko- hol befreite Rest, der selbstverständlich noch stark sauer rea- girt, wird mit Benzin versetzt und in der Wärme (60~70° C.) unter öfterem Umschütteln digerirt. Das Benzin entzieht der Flüssigkeit die meisten färbenden Stoffe ; sollte das Benzin nach dem ersten Auszuge sehr stark gefärbt sein und die zu untersu- chende Flüssigkeit ebenfalls noch bedeutend gefärbt erscheinen, so kann man diese Operation nochmals wiederholen, indem man das zuerst zugesetzte Benzin von der Flüssigkeit in einem Scheide- trichter trennt und dann nochmals auf diese Weise mit Benzin behandelt. Da die Deutlichkeit der Reaction von der Farblosig- keit der Flüssigkeit abhängig ist, so ist es selbstverständlich, dass man auf die Farblosigkeit der Flüssigkeit sehr zu achten hat und sich vor der Mühe nur ja nicht scheuen darf, wenn es nöthig ist, mehrmals diese Operation zu wiederholen. Hat man nun nach Möglichkeit die färbenden Stoffe durch Benzin entfernt, welches in der Regel gelingt und besonders schön beim Blute, so trennt man dieselbe von dem überstehenden LL L 10 Benzin, versetzt die saure Flüssigkeit mit Ammon bis zur al- kalischen Reaction und fügt sogleich eine neue Quantität guten Benzins hinzu, stellt das Gemisch an einen warmen Ort (bei 60–700 C.) und schüttelt es öfters um. Nachdem man nun hinreichend in der Wärme digerirt hat, scheidet man beide Flüssigkeiten im Scheidetrichter ab, wäscht das Benzin gut mit Wasser aus, um das im ersteren etwas lösliche schwefelsaure Ammon zu entfernen, und dunstet dann das Benzin auf meh- reren Uhrgläsern ab. Wenn man viel Benzin genommen hat, kann man auch einen Theil durch Destillation zurückgewinnen und dann den Rest auf Uhrgläsern verdunsten und das darauf Zurückgebliebene in einigen Tropfen concentrirter Schwefel- säure lösen und mit chromsaurem Kali versetzen. War Strych- nin zugegen, so muss sofort die intensiv violette Färbung ein-. treten. Hat man Harn auf Strychnin zu untersuchen, so braucht man denselben nicht mit Alkohol zu versetzen, sondern giebt sogleich schwefelsäurehaltiges Wasser hinzu, versetzt mit Ben- zin und verfährt dann mit dem Harne nach der früher beschrie- benen Methode weiter. Das Blut ist besser nach einer etwas abweichenden Me. thode zu behandeln. Da nämlich dasselbe mit Säure gekocht stark gerinnt und die geronnenen Theile das Alkaloid der. massen umhüllen, dass das säurehaltige Wasser letzteres nicht erreichen und lösen kann, so ist es besser, das Blut zuerst auf dem Dampfbade bis zur Trockne einzudampfen, darauf es fein zu zerreiben und so zerrieben mit dem säurehaltigen Wasser auszukochen. Auf diese Art werden die das Alkaloid enthal- tenden kleinsten Theilchen des Blutes der Einwirkung des Lö- sungsmittels ausgesetzt. Darauf verfährt man weiter wie ge- wöhnlich. Selbstverständlich ist es nöthig, wenn man Leber, Lungen, Herz u. d. m. auf Strychnin untersuchen will, diesel- ben zuerst so viel wie möglich zu zerkleinern und dann, wie oben beschrieben ist, mit ihnen zu verfahren. t 1 11 TIT . 1 1 . Es lag zuerst in meinem Interesse zu prüfen, ob ich nicht im Staude wäre, nach dieser Methode eine geringere Quantität Strychnin in einer bestimmten Menge Harn nachzuweisen, als es Cloetta mit seiner Methode gelungen ist. Zu diesem Zwecke mischte ich 500 Cc. normalen Harn mit einer Lösung von 1/40 Gran Strychnin in etwas schwefelsäurehaltiges Wasser und behandelte denselben nach der von mir beim Harn ange- führten Weise. Das Resultat war eine deutliche Strychninreac- tion. Um nun zu erfahren, wie kleine Quantitäten von Strych- nin die von mir angewandte Methode noch nachzuweisen gestatte, wurden je 500 Cc. Harn mit 1/100, 1/200, 1/300, 400, 500 . und 1/600 Gran Strychnin in Lösung versetzt und eine jede Probe auf Strychnin untersucht. Bis 1/500 Gran inclusive gelang es mir noch vollkommen so viel Strychnin aus dem Harne abzul- scheiden, dass eine deutliche Reaction erzielt werden konnte. War dem Harne aber 1600 Gran zugesetzt, so konnte das Strych- nin nicht mehr erkannt werden. Die Vortheile dieser Methode, welche auch Dr. Rieck her als einen Fortschritt anerkannt hat 1), treten augenscheinlich hervor, und durch dieselbe ist es auch dem Stud. med. E. Gay in Kasan gelungen, das Strych- nin in dem centralen Nervensystem der mit diesem Alkaloide vergifteten Thiere nachzuweisen?). Da es nun weiter in der Praxis eines Gerichtschemikers vorkommen kann, dass bei einer Strychninvergiftung neben dem Strychnin auch andere Alkaloide aufgefunden werden können, die entweder durch die Verordnung des Arztes oder auch in verbrecherischer Weise dahin gelangt sein können, um etwa das Gift zu verdecken und so den Gerichtschemiker irre zu leiten, so lag es sehr nahe, auch darauf Rücksicht zu nehmen und zu erforschen, in wie weit die neben Strychnin vorkommenden Alkaloide auf die Reactionen desselben von störendem Einflusse sein können. 1) Neuer Jahresbericht für Pharmacie Band XXIX pag. 1 - 9. 2) Centralblatt für medicinische Wissenschaften 1867 Nr. 4 pg. 49. u. 50. 12 1 Arbeitet man nach der von Prof. Dr. Dragendorff an- gegebenen Methode zur Abscheidung der Alkaloide aus dem thierischen Organismus ), die sich auf die Anwendung verschie- dener Lösungsmittel, wie Benzin, Chloroform, Amylalcohol, Petroleumaether u. s. w. basirt, so könnte noch eine Anzahl von Alkaloiden ebenso wie das Strychnin gewonnen werden. Wie schon gesagt, habe ich zum schliesslichen Nachweis des Strychnins die Reaction desselben gegen Schwefelsäure und chromsauren Kali benutzt. Ich halte, wenn die beschriebene Abscheidungsmethode benutzt wurde, diese Reaction fûr völlig genügend, um die alleinige Gegenwart des Strychnins zu be- weisen. Liegt das Alkaloid ganz rein vor, so genügen 1/60000 Gran desselben, um sie zu erlangen. Andere Stoffe wie Cu- rarin und einzelne Glücoside, die ebenfalls durch ähnliche Farbenreactionen ausgezeichnet sind, konnten in der von mir isolirten Substanz nicht anwesend sein. Dass der thierische Organismus selbst keinen Bestandtheil enthält, der bei Be- nutzung der erwähnten Abscheidungs- und Nachweisungsme- thode mit dem Strychnin verwechselt werden könnte, ist durch zahlreiche Versuche bewiesen worden. Die Zahl der bei An- wendung von Benzin mit dem Strychnin zugleich abscheidbaren Alkaloide könnte nach Prof. Dragendorff übrigens noch ver- ringert werden, wenn man, was für meinen Zweck unnöthig ist, erstere Flüssigkeit durch Petroleumaether ersetzen würde. Hier würde man es besonders noch mit Veratrin , Brucin, Emetin und Chinin zu thun haben. Dass aber auch diese keine grossen Störungen verursachen, geht aus Folgendem hervor: Um zuerst zu erfahren, ob das Veratrin auf die Identi- tätsreaction so wie auch auf die Intensität der Reaction des Strychnins einen beeinträchtigenden Einfluss ausübe, wurden Gemische beider Alkaloide in den verschiedenartigsten Verhält- nissen in Benzin gelöst, abgedampft und geprüft. Aus diesen 1) A. a. 0. 13 T Versuchen ergab sich, dass das Strychnin noch ganz deutlich in einem Gemische von 0,000034 Gramm. Veratrin und 0,000102 Gramm. Strychnin nachweisbar war. Umgekehrt konnte auch das Strychnin noch deutlich in einem Gemische von 0,000102 Gramm. Veratrin und 0,00034 Gramm. Strychnin nachgewiesen werden. Ist Brucin neben Strychnin zugegen, so wird durch concentrirte Schwefelsäure und chromsaures Kali die Strych- ninreaction so lange maskirt, bis alles Brucin höher oxydirt ist, wornach erst die Strychninreaction deutlich hervortritt. Will man das Strychnin von dem Brucin trennen, so gelingt dieses durch Ausziehen mit wasserfreiem Aether. Wäre dem Vergifteten vom Arzte ein Brechmittel aus Ipecuçuan ha gereicht worden, so müssten ebenfalls Spuren von Emetin im Benzinauszuge neben Strychnin vorhanden sein; seine Trennung von Strychnin könnte durch absoluten Alkohol bewerkstelligt werden; seine Nachweisung aber würde nur durch physiologische Versuche gelingen, da es uns bis jetzt an charakteristischen chemischen Reactionen dieses Alkaloides mangelt. Um nun weiter zu prüfen, ob auch die Gegenwart von Chinin, das ebenfalls in der Benzinlösung vorkommen kann, einen Einfluss auf die Reaction des Strychnins ausübe, wurden Proben von verschiedenen Mischungsverhältnissen beider Al- kaloide geprüft, und gefunden: dass das Chinin auf die Reac- tion des Strychnins fast gar keinen Einfluss ausübe, da letzteres noch in einem Gemische von 0,0005 Gramm. Chinin und 0,000025 Gramm. Strychnin deutlich nachweisbar war. Auch das Chinin liess sich noch ganz gut in einem Gemische von 0,005 Gramm. Strychnin und 0,005 Gramm. Chinin durch Chlorwasser und Ammon erkennen. Will man das Strychnin von dem Chinin trennen, so kann dieses durch wasserfreien Aether geschehen. Wäre Strychnin, Veratrin, Chinin und Emetin in einer Benzin- lösung zusammen erhalten worden, so könnte man die beiden ersteren von den letztgenannten beiden Alkaloiden aus saurer len. 14 Lösung durch doppeltkohlensaures Natron trennen. Das Strych- nin wäre dann durch Aether vom Veratrin wie auch das Chi-, nin vom Emetin ebenso zu trennen. Eine Verwechselung mit Curarin, welches eine dem Strychnin gleiche Reaction mit chromsaurem Kali und concentrirter Schwefelsäure giebt, ist hier nicht möglich, da ersteres weder aus saurer noch aus al- kalischer Lösung in das Benzin übergeht. Wäre dem mit Strychnin Vergifteten vom Arzte Mor- phin verordnet worden, so ist eigentlich für die Strychninre- action nichts zu fürchten, da dasselbe so gut wie gar nicht von Benzin, namentlich aber von Petroleumaether aufgenommen wird. Wäre aber auch bei Anwendung von Amylalkohol ein Gemenge von Strychnin und Morphin erhalten worden, so hätte auch dieses nicht viel zu sagen. Ich habe Proben, welche aus Morphin und Strychnin in den verschiedensten Verhältnissen bestanden, auf die Intensität der Strychninreaction geprüft. Jedenfalls war die Reaction durch den Morphingehalt ein we- nig beeinträchtigt, da das Strychnin nur noch in einem Ge- mische von 0,005 Grmm. Morphin und 0,0005 Grmm. Strychnin nachweisbar war. Wenn aber bei gleichem Morphingehalte weniger Strychnin vorhanden war, so wurde es durch erste- ren verdeckt. Diese Untersuchungen bestätigen frühere Angaben von Reese 1), setzen aber die Empfindlichkeitsgränze der Strych- ninreaction noch weiter hinaus. Was den umgekehrten Nach- weis des Morphins neben Strychnin anbelangt, so ist dieser : weit günstiger, wenn man sich nur des Froedes'schen Rea- gens bedient. Die grosse Brauchbarkeit dieses Reagens tritt hier recht deutlich hervor und meine in dieser Beziehung ge. machten Erfahrungen stimmen mit denen von Kautzmann") 1 1) Pharm. Zeitschr. f. Russland. Jahrg. I. pag. 277. . 2) Beiträge f. den gerichtlich-chemischen Nachweis des Morphins u. Narcotins in thierischen Flüssigkeiten u. Geweben. Dorp. 1868. p. 44 u. 45. 15 vollkommen überein. Während ich durch dieses Reagens dag Morphin noch deutlich in einem Gemische von 0,0005 Grmm. Strychnin und 0,00001 Grmm. Morphin nachweisen konnte, hatten mich die anderen auf Morphin angewandten Reagentien schon längst in Stich gelassen; so war ich durch Husemann's Reagens nur im Stande, das Morphin in einem Gemische von 0,0005 Grmm. Strychnin und 0,0002 Grmm. Morphin nachzu. weisen. Jodsäure liess mich noch früher in Stich und liess das Morphin nur in einem Gemische von 0,0005 Grmm. Strychniu und 0,00025 Grmm. Morphin erkennen. Eisenchlorid konnte bei solchen Proben gar nicht angewandt werden, da es weder das Morphin in einem Gemisch von gleichen Gewichtstheilen mal dann, wenn eine reine Morphinlösung von 0,0005 Grmm. Morphingehalt damit geprüft wurde; es eignet sich das Eisen- chlorid nur dann für eine Morphinreaction, wenn man eine concentrirtere Lösung vor sich hat. Um nun endlich auch auf das Caffeïn, welches ebenfalls nur spurenweise hier vorkommen kann, Rücksicht zu nehmen, wurden mit diesem analoge Versuche angestellt. Aus den 38 Versuchen ergab sich, dass das Caffeïn nicht im Mindesten die Strychninreaction beeinträchtigte, denn das Strichnin war noch in einem Gemische von 0,0005 Grmm. Caffeïn mit 0,00001 Grmm. Strychnin vollkommen deutlich nachweisbar. Auch das Caffeïn konnte noch deutlich in einem Gemische von 0,0005 Gramm. Strychnin und 0,00005 Gramm. Caffein erkannt werden. Nachdem ich nun diese vorläufigen Versuche voraus ge- schickt habe, gehe ich zu der speciellen Beschreibung der von Experiment I. Versuchsthier eine kleine Katze. Es wurde derselben 0,09 Gimm. vollkommen trocknen Strychnins in einer Gallertkapsel 16 ein und nach vierzehn Minuten von der Einführung des Giftes an gerechnet, hatte das Athmen sowohl, wie auch die Empfind- lichkeit vollkommen aufgehört. Einige Zeit darauf wurde die Katze secirt und auf etwaigen Strychningehalt untersucht: 1) Das Blut aus den grossen Gefässen, zwei Unzen an Gewicht; 2) die Leber mit der Gallenblase; 3) die Nieren mit der Harn- blase;. 4) die Lungen init dem Herzen; 5) der Magen und 6) der Darmkanal bis zum Blinddarm. Die Resultate dieser Untersuchung waren folgende: Im Blute konnten deutliche Spuren von Strychnin nach- gewiesen werden. Da die Probe von Nr. 4 verloren ging, so konnte für dieses Mal nicht ermittelt werden, ob in den Lungen und dem Herzen Strychnin vorhanden war oder nicht. In der Leber nebst der Gallenblase war, nach der Intensivität der Reaction zu urtheilen, ein verhältnissmässig bedeutendes Quantum von dem Alkaloid vorhanden. Die Probe aus der Nieren und der Harnblase lie- ferte eine schwache aber dennoch deutliche Strychninreaction. Im Magen war noch der grösste Theil des Strychnins vorhanden, auch im Dünndarme konnte letzteres nachgewiesen werden. . Experiment II. Es wurden einer kleinen Katze, von circa 2 Pfund Gewicht, eine Gabe von 0,035 Gramm. vollkommen trockenen Strychnins in einer Gallertkapsel beigebracht. Die erste Wirkung des Alkaloides trat nach Verlauf von acht Minuten ein; die letzten äusserlich wahrnehmbaren Lebenszeichen waren nach 11 Mi- nuten, von der Eingabe des Giftes an gerechnet, verschwunden. Nach einer Stunde wurden der Katze zur Aufsuchung des Strychins folgende Theile entnommen: 1) Das Blut der grossen .Gefässe, aus welchen anderthalb Unzen erhalten wurde; 2) der Magen; 3) das Duo- denum; 4) die obere Hälfte des Dünndarmes; 5) die 199 untere Hälfte des Dünndarmes; 6) die Leber mit der Gallenblase und 7) das Gehirn. Aus diesen Untersuchungen ergaben sich folgende Resultate: 1) Im Gehirn selbst war keine Spur von Strychnin nachweisbar. 2) Ob im Blute Strychnin vorhanden war, musste unentschie- den bleiben, da die Reaction nicht deutlich genug her- . vortrat. 3) Im Magen, Duodenum und der oberen Hälfte des Dünn- darmes war das Alkaloid deutlich nachweisbar. 4) In der unteren Hälfte des Dünndarmes konnte es nicht aufgefunden werden. 5). In der Leber mit der Gallenblase liess sich das Strychnin mit Bestimmtheit nachweisen. Experiment III. 1 Versuchsthier ein Hund von 20 Pfund an Gewicht. Derselbe erhielt um 9 Uhr 20 Minuten Morgens 0,1087 Grmm. trocknen Strychnins in einer Gallertkapsel; die ersten Krampfanfälle tra- ten um 9 Uhr 42 Minuten ein. Die äusserlichen Lebensmerk- male hörten um 10 Uhr 4 Minuten auf. Nach Verlauf einer Stunde wurde derselbe an seinen Hinterextremitäten aufge- hängt, die Jugulares sodann geöffnet, aus welchen ich 211 Grmm. Blut sammeln konnte, und welches ich mit A bezeich- nen will. Von diesem Hunde wurde also Folgendes zur Un- tersuchung auf Strychnin entnommen. , 1) Das aus den Jugulares erhaltene Blut A 211 Grmm. betragend; 2) die Nieren mit der Milz und Pankrabdrüse; 3) das Herz; 4) die Leber; 5) die Lungen; 6) der Magen; 7) das Duodenum; 8) die obere Hälfte des Dünndarmes; 9) die untere Hälfte des Dünndarmes; 10) das Colon descendens, adscendens und das Coecum; 11) das Blut, welches nach dem Oeffnen des Hundes in der Brusthöhle vorgefunden wurde, nebst dem aus verschiedenen Organen herausgeflossenen Blute, welches zu- n 18 sammen 47 Grmm. betrug (mit B bezeichnet); endlich 12) das grosse und kleine Gehirn. Es ergaben sich nun aus diesen Untersuchungen folgende Resultate: 1) In dem Blute A (211 Grmm. aus den Jugulares) waren Spuren von Strychnin nachweisbar. 2) In dem Blute B musste der Nachweis des Strychnins für ungewiss erklärt werden wegen Undeutlichkeit der Reaction. 3) In den Nieren, in der Leber, im Magen, in dem Duode- num, in der oberen Hälfte des Dünndarmes konnte das Alkaloid in allen sehr deutlich nachgewiesen werden. . 4) Im Herzen, in den Lungen, in der unteren Hälfte des Dünndarmes, so wie im Colon descendens, adscendens und im Coecum, als auch ferner im grossen und klei- nen Gehirn war das Strychnin nicht nachweisbar. Experiment IV. Versuchsthier ein Hund von 58 Pfund Gewicht. Nachdem ihm um 9 Uhr 30 Minuten morgens eine Dosis von 0,143 Grm. völlig trocknen Strychnins in einer Gallertkapsel beigebracht war, wurde, da nach Verlauf von 2 Stunden keine Wirkung eintrat, um halb. zwölf -Uhr eine zweite Dosis von 0,123 Gramm. des Al- kaloides gereicht. Um jedem Irrthume vorzubeugen, muss ich bemerken, dass der Grund der verzögerten Wirkung des Al- kaloides darin lag, dass die Gallertkapsel mit dem Gifte mit einer ziemlich dicken Hülle von Fliesspapier umgeben war, und so in den Magen gelangte. Diese mit einer solchen Hülle zu umgeben, war nothwendig geworden, weil der Hund nicht da- zu zu bringen war, die Kapsel herunterzuschlucken und da uns im Augenblicke keine anderen Mittel zu Gebote standen, so mussten wir der Kapsel durch Fliesspapier einen grösseren Umfang geben, um dieselbe in die Speiseröhre mit Gewalt. hin- unterzustossen. Die zweite Kapsel wurde in einem Stücke 19 rohen Fleisches gereicht, das unterdessen geholt worden war, wesshalb auch die Wirkung schneller eintrat. Ausserdem muss ich auch bemerken, dass dem Hunde am selbigen Morgen, ohne mein Wissen, eine bedeutende Quantität Speisen verab- folgt wurde, wodurch ebenfalls die Wirkung des Strychnins be- deutend verzögert wurde. Nach der zweiten Gabe des Alkaloides, die, wie oben ge- sagt, um halb zwölf stattfand, stellten sich die ersten Vergif- tungssymptome um 1 Uhr 10 Minuten ein und die letzten Le- benszeichen hörten um 1 Uhr 25 Min. auf. Nach Verlauf einer Stunde wurde er gleichfalls an den Hinterextremitäten aufge- hängt, die Jugulares geoeffnet und so 1020 Gramm. Blut ge- wonnen. Zur Untersuchung auf Strychnin wurde dem Hunde Folgendes entnommen : a 1020 Grmm.; 2) die herauspräparirten grösseren Blutgefässe, welche darauf untersucht wurden, ob von den Wandungen die- ser Gefässe ein Theil des Strychnins zurückgehalten werde, und 3) die mit Harn gefüllte Harnblase. Es ergaben sich aus diesen Untersuchungen folgende Resultate: 1) Das Alkaloid war im Blute deutlich nachweisbar. 2) Die Wandungen der Blutgefässe hatten kein Strychnin zurückgehalten. Experiment V. Versuchstbier ein Hund von 10 Kilogrm. Gewicht. Derselbe erhielt am 28. December 9 Uhr Morgens eine geringe Dosis von 0,005 Grmm. Strychnin und eine zweite Dosis, die ebenso gross war, wurde ihm am selbigen Tage um 7 Uhr Abends eingegeben. Seine tägliche Nahrung bestand aus 2 Pfund ro- hen Fleisches und als Getränk erhielt er Wasser. Es sollte im Verlauf mehrer Tage demselben des Morgens und Abends eine gleiche Gewichtsmenge (0,005 Grmm.) Strychnin gereicht 20 und während dieser Zeit der Harn wie auch die Faeces auf einen Strychningehalt untersucht werden, um zu erfahren, ob auf diesem Wege eine Abscheidung des Strychnins aus dem thierischen Organismus stattfinde. Am 28. konnte ich weder Faeces noch Karn erhalten. Den 29. December erhielt der Hund um 10 Uhr Mor-- gens 0,005 Grmm. Strychnin, um 8 Uhr Abends dieselbe Ge- wichtsmenge. An diesem Tage erhielt ich 118 Grmm. Harn, der auf Strychnin geprüft, eine deutliche Spur desselben erken- nen liess. In den an diesem Tage gesammelten Faeces konnte keine Spur von Strychnin entdeckt werden. Den 30. December erhielt der Hund um 11 Uhr Mor- gens 0,005 Grmm. Strychnin, da sich aber um halb 2 Uhr Mit- tags Vergiftungssymptome einstellten, so wurde das weitere Eingeben für den Abend eingestellt. Der im Verlauf von 24 Stunden gesammelte Harn, 300 Grmm., lieferte deutliche Spu- ren von Strychnin. Faeces konnten in dieser Zeit nicht erhal- ten werden, daher ihre Untersuchung für diesen Tag unterblieb. Den 31. December. An diesem Tage wurde für den Morgen das Eingeben von Strychnin eingestellt, da sich der Hund noch nicht erholt hatte; um 8 Uhr Abends erhielt er nur 0,0025 Grmm. Strychnin. Der im Verlauf der vorhergehenden 24 Stunden gesammelte Harn, 318 Gramm. betragend, lieferte eine sehr deutliche Reac- tion des Strychnins. In den in dieser Zeit erhaltenen Faeces konnte kein Strych- nin nachgewiesen werden. Den 1. Januar. Um halb 11 Uhr erhielt der Hund 0,0025 Gramm Strychnin, da sich aber um 1 Uhr Krämpfe ein- stellten, so wurde ihm am Abend kein Strychnin eingegeben. Weil im Laufe der vorhergehenden 24 Stunden weder Harn noch Faeces gesammelt werden konnten, so musste für diesen Tag die Untersuchung derselben eingestellt werden. Den 2. Januar. Um 11 Uhr erhielt der Hund 0,0025 21 Gramm. Strychnin und da schon um 12 Uhr sich starke Krämpfe einstellten, wurde ihm keine weitere Gabe beigebracht. Der an diesem Tage erhaltene Harn, 306 Gramm., zeigte eine deut- liche Strychninreaction, während die Faeces ein negatives Resul- tat lieferten. Während der ganzen Zeit, in welcher dem Hunde Strychnin eingegeben wurde, war die Defaecation sehr erschwert. Den 3. Januar. Von diesem Tage an wurde das Ein- geben von Strychnin eingestellt, mit der Untersuchung des Har- nes aber so wie der Fäces fortgefahren, um zu erforschen, wie lange die Ausscheidung des Strychnins durch den Harn anhal- ten würde. Der an diesem Tage gesammelte Harn, 320 Gramm., liess eine deutliche Strychninreaction erkennen. In den Faeces kein Strychnin. Den 4. Januar lieferten 243 Gramm. gesammelten Harnes eine noch deutliche Strychninreaction; in den Faeces kein Strych- nin nachweisbar. Den 5. Januar. Waren in dem 224 Gramm. gesam- melten Harn noch Spuren von Strychnin nachweisbar; in den Faeces kein Strychnin vorhanden. Den 6. Januar. Wurde in den Harn, 318 Gramm, zum letzten Mal Spuren von Strychnin nachgewiesen; die Faeces lieferten auch hier ein negativés Resultat. Der Harn wie auch die Faeces wurden noch bis zum 13. Januar untersucht, lieferten aber während dieser Zeit nur negative Resultate. Experiment VI. Analoger Versuch mit demselben Hunde. Nach dem der Hund vom 3. bis zum 19. Januar kein Strychnin bekommen hatte, wurde ihm am 19. Januar 0,005 Grmm. Strychnin eingegeben; es traten zwei Krampfanfälle ein, weshalb er am Abend kein Strychnin erhielt; an diesem Tage wurde wedern Fäces noch Harn ge- sammelt. Den 20. Januar. Weil sich am gestrigen Tage Krämpfe . 22 gezeigt hatten, erhielt der Hund 0,003 Grmm. Strychnin nur ein Mal im Verlauf dieses Tages. Da ich bis 11 Uhr Morgens keinen Harn erhalten hatte, so stellte ich auch für diesen Tag die Versuchung desselben ein. . Den 21. Januar bekam der Hund 0,003 Grmm. Strych- nin um 9 Uhr Abends ein. In dem gesammelten Harne (400 Grmm.) konnte noch kein Strychnin nachgewiesen werden. Da ich nun in allen diesen Versuchen niemals in den Faeces auch nur Spuren von Strychnin habe nachweisen können, so werde ich im Verlaufe dieser Untersuchung, um unnütze Wiederho- lungen zu vermeiden, derselben nicht weiter erwähnen. Den 22. Januar erhielt der Hund am Abend 0,003 Grmm. Strychnin, worauf sich nach einiger Zeit starke Krämpfe ein- stellten, die durch Chloroformeinathmung gelindert wurden. Im Harne, 577 Grmm., konnten Spuren von Strychnin nachge- wiesen werden. Den 23. Januar. Da sich starke Krämpfe eingestellt hatten, so erhielt er nur am Abend 0,002 Grmm. Strychnin. Der gesammelte Harn betrug 530 Grmm.; in demselben waren Spuren von Strychnin nachweisbar. Den 24. Januar. Es erhielt der Hund am Abend 000,3 Gramm Strychnin, worauf sich balde ein bedeutender Krampf- anfall einstellte. In dem 637 Gramm gesammelten Harne waren Spuren von Strychnin nachweisbar. Den 25. Januar. Da am vorigen Tage der Krampf- anfall sehr bedeutend gewesen war, so erhielt der Hund an diesem Tage kein Strychnin. Auch wurde an diesem Tage kein Harn erhalten. Den 26. Januar. Wurde dem Hunde 0,003 Gran Strych- nin am Abend eingebegen, worauf sich kein Krampfanfall ein- stellte. In dem Harne, 635 Gramm, konnte deutlich das Strych- nin nachgewiesen werden. Den 27. Januar. Erhielt der Hund 0,003 Gramm Strych- YY nin; kein Krampfanfall beobachtet. Die Menge des gesammelten. Karnes betrug 248 Gramm., in welcher Anwesenheit von Styrch- nin deutlich constatirt werden konnte, Den 28. Januar. Von diesem Tage an wurde dem Hunde kein Strychnin mehr eingegeben, der Harn aber wurde noch eine Reihe von Tagen hindurch auf Strychnin geprüft. In dem 639 Gramm. an Gewicht betragenden Harne wurde eine deutliche Strychninreaction erhalten. Den 29. Januar konnte in dem Harne, 546 Gramm., eine deutliche Strychninreaction erhalten werden. Den 30. Januar gab der Harn, 532 Gramm. betragend, noch eine sehr gut erkennbare Reaction des Alkaloides. Den 31. Januar wurde eine bedeutende Menge Harn erhalten, 706 Gramm. an Gewicht. auch gab diese Harnmenge eine verhältnissmässig sehr starke Reaction des Alkaloides. Von diesem Tage an, bis zum 4. Februar inclusive, wurde der Harn noch weiter untersucht, es wurden aber nur negative Resultate erhalten. Experiment VII. Nachdem demselben Hunde vom 28. Jan. bis zum 8. Fbr. kein Strychnin eingegeben wurde, erhielt er am 9. Februar 0,005 Grmm. Strychnin; dieselbe Gabe wurde den 10. und 11. wiederholt. Den 14. Febr. wurde er strangulirt, sogleich den Jugularen das Blut, 380 Grmm. betragend, entnommen und zur Untersuchung auf Strychnin in Arbeit genommen. Ausser- 0 Strychnin in Arbeit genommen: 2) das Herz; 3) die Nieren; 4) der Magen; 5) das Duodenum; 6) die obere Hälfte des Dünndarms; 7) die untere Hälfte des Dünndarms nnd endlich 8) die Leber. Aus diesen Untersuchungen ergaben sich folgende Resultate. 1) In den Nieren konnten Spuren von Strichnin nachge- wiesen werden, während in der Leber eine verhältnissmässig starke Reaction des Alkaloides beobachtet wurde. I . 24 2) Im Blute, im Herzen, im Magen, im Duoden, im un- teren Theile des Dünndarms wie auch in den oberen Theile desselben konnte keine Spur von Strychnin nachgewiesen werden. Experiment VIII. Versuchsthier ein Hund von 12'/2 Pfund Gewicht. Es wurden demselben eine Lösung von neutralem essigsaurem Strychnin in das Unterhautzellgewebe injicirt. Die Lösung dieses Salzes bereitete ich mir aus 0,15 Grmm. Strychnin; das Salz wurde darauf in 1,5 Cc. Aqua destillata gelöst und zur Injection be- nutzt. Es traten schon nach wenigen Augenblicken Krämpfe ein, die sich in sehr kleinen Zwischenräumen bis zum Tode des Thieres wiederholten, der schon nach Verlauf von 5 Minuten eintrat. Nachdem nun das Thier an den Hinterextremitäten aufgehängt worden war, erhielt ich aus den darauf geöffneten Jugulares 360 Gramm. Blut, das auf Strychnin geprüft wurde. Die Leber wurde ebenfalls in den Kreis der Untersuchung gezo- gen. Es wurden folgende Resultate erzielt: 1) Es musste unentschieden bleiben, ob in dem Blute Spuren dieses Alkaloides vorhanden waren oder nicht, da die Farbe der Strychninreaction nicht mit bestimmter Deut- lichkeit hervortrat. 2) In der Leber konnte kein Strychnin nachgewiesen werden. T71 Fasse ich nun in aller Kürze die aus meinen Versuchen gewonnenen Resultate zusammen, so wären dieselben folgende: a) Der Magen. Wenn das Gift durch den Mund einge- bracht wurde, so gehört der Magen, wie das auch allgemein anerkannt ist, jedenfalls zu den wichtigsten Untersuchungsob- jecten einer Strychninvergiftung. Bei einer chronischen Ver- giftung war 5 Tage nach letzter Darreichung des Strychnins das- selbe iin Magen nicht mehr aufzufinden, sondern derselbe war, ' wie zu erwarten stand, frei von Strychnin. · 25 2 b) Der obere Theil des Dünndarms verhält sich bei einer Strychninvergiftung dem Magen analog, denn in allen Fällen, in welchen im Magen das Strychnin nachgewiesen wor- den ist, sind auch immer aus jenem Theile deutliche Reactionen erhalten worden. Es ist mir aber nie gelungen in dem unteren Theile des Darmkanales, wie auch in den Faeces, selbst nur Spuren von Strychnin zn entdecken, wie es aus Experiment II, III, V und VI hervorgeht. Durch die Faeces wird jedenfalls kein Strychnin aus dem Organismus entfernt. c) Das Blut. Nach den meisten Experimenten zu urtheilen, muss das Strychnin, nachdem es in's Blut übergegangen ist, äusserst schnell aus demselben wieder abgeschieden werden. Das Organ, welches das Strychnin am reichlichsten zurückhält, ist jedenfalls : d) Die Leber, wie aus allen meinen Experimenten her- vorgeht und besonders deutlich aus Experiment VII zu ersehen ist. Die Untersuchung der Leber ist, als äusserst wichtig, in forensisch-chemischen Fällen nicht zu unterlassen, es sei denn, dass das Gift subcutan beigebracht wäre. e) Der Harn. Er ist bei acuten Strychninvergiftungen ausser Acht zu lassen, da er in allen von mir angestellten Ver- suchen jedes Mal ein negatives Resultat geliefert hat. Es tritt jedenfalls bei acuten Vergiftungen eine Verlangsamung der Harnsecretion ein, da es mir nie gelungen ist, auch die kleinste Quantität strychninhaltigen Harn in solchen Fällen zu erlangen. Eine solche Verlangsamung tritt auch bei einer chronischen Vergiftung mit Strychnin hervor, ausserdem scheint das Harnen den Thieren sehr erschwert zu sein. Während bei einer acuten Strychninvergiftung keine Spur des Giftes in dem in der Harnblase vorhandenen Harn nach- weisbar war, scheint bei einer chronischen Vergiftung mit Strychnin dieser gerade den Weg zu bieten, auf welchem das Alkaloid aus dem Organismus entfernt wird, wie es deutlich aus Experiment V und VI bervorgeht. In solchen Fällen wäre dann auch die einzige Möglichkeit, die Vergiftung nachzuweisen, 26 durch den Harn geboten, wobei allerdings berücksichtigt werden muss, dass die Abscheidung erst ziemlich spät beginnt und sich äusserst langsam vollendet. . f) Das Gehirn habe ich vergeblich auf Strychnin unter- sucht; Gay hat im centralen Nervensysteme, wie schon gesagt, entgegengesetzte Erfolge erzielt. Wie ich schon am Anfange erwähnt, hatte Cloetta aus seinen Resultaten folgende Schlüsse gezogen: 1) Dass es möglich ist, dass das Strychnin in so geringen Mengen resorbirt werde, dass es durch die uns zu Ge- bote stehenden Reagentien nicht mehr nachweisbar ist; 2) dass das Strychnin mit den organischen Stoffen des Blutes Verbindungen eingeht, welche die Reactionen verdecken und die Ausscheidung desselben durch die gewöhnlichen Methoden unmöglich machen. Gestützt auf die Resultate meiner Untersuchung, glaube ich mich dagegen zu folgenden Betrachtungen berechtigt: Ad. I. Das Strychnin wird in sehr geringen, aber mit- unter noch in nachweisbaren Mengen im Blute angetroffen. Es scheint schnell wieder aus dem Pfortaderblute der Leber abge- geben zu werden und von hier aus sehr langsam in die allge- meine Circulation zu kommen, um endlich durch die Nieren abgeschieden zu werden. Ad. II. Konnten für die Annahme bestimmter Verbindun- gen zwischen Strychnin und den organischen Stoffen des Blutes keine Beweise erlangt werden. Offenbar müssten diese Verbin- dungen sehr lockerer Natur sein und das Strychnin könnte aus ihnen wieder frei gemacht werden. Für eine Zersetzung des Strychnins im lebenden Körper liegen keine Beweise vor. Der Grund der abweichenden Resultate Cloettas liegt wohl wahr- scheinlich in der Unvollkommenheit der von ihm gewählten - Methode. heru n der och Zweiter Theil. S Veratrin. Obgleich Vergiftungen mit Veratrin zu den Seltenheiten gehören, so dürften doch, da uns über das Auffinden und Ab- scheiden desselben aus Theilen des Thierkörpers noch nichts bekannt ist, über diesen Gegenstand angestellte Versuche nicht überflüssig erscheinen. Auch diese Versuche wurden mir wesent- lich erleichtert durch die mir von Professor Dragendorff ertheilten Rathschläge, die auch hier mir in grosser Menge zu Theil wurden. Zur Abscheidung des Veratrins kann man ähnlich wie bei Aufsuchung des Strychnins verfahren, doch wird ein sehr klei- ner Theil des Veratrins schon aus saurer Lösung durch Benzin entzogen; will man einen Verlust an Veratrin vermeiden, so muss man statt mit Benzin mit Petroleumaether arbeiten, da aus saurer Lösung das Veratrin, wie schon Professor Dragen. dorff beobachtete, von Petroleumaether nicht aufgenommen wird. Dafür ist allerdings das Alkaloid, bei Behandlung der alkalischen Lösung mit Petroleumaether, schwer vollständig in letzteren überzuführen. Hat man es neben Veratrin mit Alka- loiden zu thun, die aus saurer Lösung nicht in Petroleumaether übergehen, so kann man zuerst den sauren Auszug mit Petroleum- aether behandeln, den von Petroleumaether abgeschiedenen sauren Auszug mit Ammon alkalisch machen und nun mit Ben- zin ausziehen. 28 1 Oy. A Sollte der so gewonnene und verdunstete Benzin - Auszug zu dunkel erscheinen, so dass die Reactionen dadurch beein- trächtigt werden, so muss man den verdunsteten Rückstand nochmals in schwefelsäurehaltigem Wasser lösen, den sauren Auszug mit Petroleumaether behandeln, von letzterem scheiden, darauf mit Ammon alkalisch machen und die alkalische Flüssig- keit mit Benzin ausziehen. Gewöhnlich genügt schon die ein- malige Reinigung vollkommen um die Reaction deutlich her- vortreten zu lassen. Zunächst war es nun wünschenswerth zu erfahren, wie kleine Mengen von Veratrin noch durch die uns zu Gebote stehenden Reactionen nachgewiesen werden konnten und zu diesem Zwecke bereitete ich mir eine Lösung aus 0,1 Gramm. Veratrin in 60 Cc. Benzin und prüfte die Intensität der Reacti- onen wie folgt: 1) Zuerst untersuchte ich die Schwefelsäurereaction und be- reitete mir dazu die Säure, indem ich auf 3 Unzen der concen- trirten Säure 8 Tropfen reiner concentrirter Salpetersäure zu- setzte. Nun wurden von der obengenannten Veratrinlösung Proben verdunstet, und zwar von 8 Cc. an, die 0,0051 Grmm. Veratrin entsprachen, abwärts immer um je 1/10 Cc. weniger, bis 0,01 Cc. Veratrinlösung, welche letztere einer Veratringe- halte von 0,000017 Grmm. entsprechen. Das Veratrin muss sich mit obigem Säuregemisch anfangs gelb, später (in 1/4 - 1/2 Stunde) roth bis rothviolett färben, welche Färbung sich dann lange unverändert hält. Es ergab sich nun aus meinen Versuchen, dass die kirschrothe Färbung noch deutlich bis zu einem Gehalte von 0,00034 Grmm. Vera- trin erkennbar war, bei einem Gehalte vor 0,00017 Grm. und 0,000085 Grmm. konnte nur eine schwach gelblich rothe Fär- bung wahrgenommen werden; bei einem Gehalte von 0,000017 Gramm, trat keine Reaction mehr ein. Ich muss aber zugleich bemerken, dass diese Reaction nur dann deutlich erscheint, wenn man es mit ganz reinem Veratrin zu thun hat, die Re- 17 29 ID action wird aber bedeutend unsicher, wenn man Proben auf Veratrin zu prüfen hat, die aus den thierischen Organen etc. abgeschieden sind, weil denselben immer fremde, nur sehr schwer zu beseitigende Stoffe beigemengt sind. Es ist daher weit besser, sich in diesen Fällen der Trapp'schen Salzsäure- reaction zu bedienen, die auch ich aus diesem Grunde bei allen meinen Untersuchungen auf Veratrin angewandt habe. 2) Um die Gränze der Empfindlichkeit der Salzsäurereac- tion zu bestimmen, wurden, wie bei der vorigen Reactionsbe- stimmung, Lösungen verdunstet und wie folgt geprüft. Eine jede Probe wurde mit 1 Cc. rauchender Salzsäure zwei Minu- ten hindurch im Sieden erhalten. Es konnte so noch 0,00017 Grmm. Veratrin deutlich erkannt werden; bei einer Probe von 0,000085 Grmm. Veratringehalt war die Lösung nur schwach gelblich gefärbt und konnte nicht mehr als Veratrinreaction erkannt werden. Bei einer Probe von 0,000017 Grmm. Vera- trin war die Lösung fast farblos. Da selbst sehr kleine Gewichtsmengen von Veratrin eine verhältnissmässig intensive rothe Färbung beim Kochen mit Salzsäure liefern, so versuchte ich, sowohl auf die intensive Färbung als auch auf die grosse Haltbarkeit dieser salzsauren Lösung gestützt, eine colorimetrische Bestimmung des Vera- -trins zu erzielen, die mir später wenigstens annähernd den Ge- halt an Veratrin angeben konnte. Zu diesem Zwecke stellte ich folgende Versuche an: - Es wurde zunächst eine Lösung von Veratrin in Benzin, mit einem Gehalt von 0,00136 Grmm. Veratrin, abgedampft und darauf 2 Minuten hindurch mit concentr. rauchender Salz- säure im Sieden erhalten und dann mit so viel Aqua destillata versetzt, bis die rothe Färbung vollständig verschwunden war. Um das Verschwinden der rothen Farbe zu beobachten, muss man sich bei allen Proben eines und desselben Glasgefässes bedienen und zwar so, dass man das Gefäss, am besten einen Glascylinder, auf einen weissen Bogen Schreibpapier bringt, 30 wodurch die schwächste rothe Farbe noch deutlich hervortritt. Die zugesetzte Menge destillirten Wassers wird nun in C. c. ge- messen und notirt. Zu dieser Menge Veratrin brauchte ich zur voll- an 0,00136 Grmm. Veratrin entsprachen. So ging ich nun immer abwärts mit dem Veratringehalte um je 0,00017 Grmm. und stellte mir eine calorimetrische Tabelle dar, die mich in den Stand setzte, bei meinen spätern Untersuchungen den Veratrin- gehalt auf diese Weise annähernd quantitativ zu bestimmen. Eine Uebersicht dieser Tabelle möge immerhin wün- schenswerth erscheinen, weshalb ich sie hier mittheilen will. 1) 0,00136 Grm. Veratrin verbrauchten zur vollständ. Entfärb. 1125C.c.Wasser*) 2) 0,00119 » 1025 3) 0,00102 » 845 19 99 4) 0,00085 , 1 845 5 5) 0,00068 » 715 6) 0,00051 500 7) 0,00034 , 8) 0,00017 , 9 280 9) 0,000085 , , 15 , 10) 0,000017, , war die Färbung so schwach, dass das Verschwinden derselben so nicht mehr bestimmt werden konnte. *) Da die Wasserabnahme nicht mit der Abnahme des Alkaloides in ein bestimmtes Verhältniss zu bringen ist, so kann man wie gesagt nur annäherungsweise die Menge des enthaltenen Veratrins berech- nen. Diese Tabelle kann ein Jeder sich durch eigene Versuche erweitern. Um ferner zu untersuchen, ob nicht einige Alkaloide mit Salzsäure eine ähnliche Reaction geben, die zu Verwechsluvg mit Veratrin Anlass geben könnten, wurden alle Alkoloide mit dieser Säure 2 Minuten hindurch gekocht und die Farbenver- änderung beobachtet. Aus dieser Untersuchung ergab sich Folgendes: 1) Das Thebain färbt sich beim Uebergiessen mit concr. Salz- säure mit einer dem Brom ähnlichen Farbe u. löst sich wäh- rend des Kochens mit dunkelorangegelber Farbe auf, doch wird die Lösung beim Erwärmen heller u. endlich farblos. 1 31 2) Das Sanguinarin löst sich mit fast blutrother Farbe schon in der Kälte auf und wird beim Kochen dunkler. 3) Das Solanin löst sich zuerst farblos, nimmt dann noch kalt eine gelblich rothe Färbung an und wird beim . Kochen blass rosa. 4) Das Coniin löst sich schon gleich mit brauner Farbe auf. 5) Das Physostoymin löst sich mit rother Farbe und trübt sich beim Kochen. Man sieht also, dass diese 5 Alkaloide eine dem Veratrin ähnliche Reaction init Salzsäure geben, sich aber doch in ihrem Gesammtverhalten wesentlich von demselben unterscheiden. Weiter habe ich noch hinzuzufügen, dass ich ganz dieselbe Reaction mit reiner concentrirter Schwefelsäure erhielt, welche ich, wie oben erwähnt, mit salpetersäurehaltiger Schwefelsäure erhalten hatte. Nachdem ich nun Dieses vorausschicken musste, gehe ich zu den Beschreibungen der einzelnen Experimente und ihrer Resultate über. Experiment I. Versuchsthier eine Katze. Es wurde derselben um 10 Uhr 11 Minuten Vormittags 0,06 Gramm. Veratrin in einer Galatin- kapsel beigebracht und um 10 Uhr 45 Minuten trat eine merk- liche Pupillenerweiterung ein. Um 11 Uhr 55 Minuten starkes Erbrechen, wonach sich die Katze merklich erholte; nur dass die Schleimhäute des Rachens durch das erbrochene Veratrin stark afficirt blieben. Da sich die Katze erholt hatte so konnte weiter Nichts untersucht werden, als nur der in dieser Zeit gelassene Haru und das von ihr Erbrochene. Beides wurde separat mit schwefelsänrehaltigem Wasser auf dem Dampfbade erhitzt und später wie das Strychnin weiter behandelt. Der abgedampfte und auf einigen Uhrgläsern vertheilte Rickstand wurde mit folgenden Reagentien geprüft. 1) Mit concentrirter Schwefelsäure konnte keine characteri- sche Reaction erzielt werden, sondern es wurde nur eine 32 - dunkelbraune Färbung erhalten, die auch bald ver- schwand. 2) Mit Salzsäure trat eine deutliche Reaction ein und nach der colorimetrischen Bestimmung waren im Harne zwi. schen 0,000085 und 0,000017 Gromm. Veratriņ zugegen. Im Erbrochenen war fast die ganze Menge Veratrin ent- halten, sie lieferte sehr deutliche Reactionen sowohl mit der Schwefelsäuremischung, als auch mit Salzsäure. Experiment II. Versuchsthier eine Katze. Auch dieser Versuch musste eben- falls wie der zweite sich nur auf die Untersuchung des Harnes und des Erbrochenen beschränken, weil auch hier nach Ein- bringung des Giftes dasselbe nach einiger Zeit durch Erbrechen entlert wurde. Die Katze hatte 0,05 Gramm. Veratrin bekom- men und das Erbrechen stellte sich erst nach längerer Zeit ein. Mit Salzsäure erhielt ich eine sehr deutliche Veratrinreac- tion aus dem Harne, der noch vor dem Erbrechen gesammelt war, und die nach der colorimetrischen Bestimmung einem Gehalte von 0,00102 Gramm. Veratrin entsprach. Experiment III. Versuchsthier eine Katze. Da in den beiden ersten Expe- rimenten das Veratrin durch Erbrechen aus dem Magen entfernt worden war und die Katzen sich darnach erholten, so musste zur Oesophagotomie geschritten werden. Es wurde in einer Gelatinkapsel 0,05 Grmm. Veratrin um halb 11 Uhr durch die Speiseröhre in den Magen gebracht und darauf die Speiseröhre unterbunden. Um 11 Uhr war eine schwache Lähmung an den Hinterextremitäten bemerkbar, darauf trat ein sehr be- schleunigtes Athmen und eine starke Pupillenerweiterung ein. Der Tod erfolgte unter öfteren sehr angestrengten Brechversu- chen um 12 Uhr 10 Minuten, indem kurz vorher noch starke Anfälle von Trismus beobachtet waren. Während dieser gan- 33 zen Zeit wurde von ihr der Harn nur tropfenweise gelassen, so dass derselbe nicht gesammelt wurde. Die Section liess folgendes ersehen : Die Lungen stark hyperämisch; stellenweise Ec- chymosen, nebst inselförmigen Extravasaten 1 Herz, in beiden Kammern reichlich dunkles Nach Prof. flüssiges Blut. Dr. Dra- Leber fast gar nicht verändert. gendorffs Harnblase innerlich stellweise geröthet, contra- hirt, Schleimhäute gedrungen. Beobach- O esophagus, die Schleimhäute gedrungen. tung. Magen, ausser coagulirtes Caseïn liess sich nichts Besonderes ersehen. Es wurden nun von der Katze folgende Organe zur Unter- · suchung auf Veratrin verwendet: 1) Das Herz mit den Lungen und dem darin enthal- tenen Blute. Es konnte das Veatrin durch die Salzsäure-Reac- tion deutlich constatirt werden und zwar wurden zur Entfärbung • der Reaction 215 Cc. Wasser gebraucht, die einem Gehalte von circa 0,00017 Gramm. Veratrin entsprachen. 2) Die Leber mit der Gallenblase; in diesen konnte keine Spur von Veratrin nachgewiesen werden; . 3) Die Nieren mit der Harnblase; auch hier konnte ich keine Veratrinreaction beobachten. 4) Im Magen waren noch bedeutende Mengen von Veratrin vorhanden. 5) Der obere Dünndarm lieferte noch deutliche Spuren von Veratrin und zwar nach der verbrauchten Wassermenge, 345 Cc., zu urtheilen, waren in demselben circa 0,00034 Gramm. Veratrin vorhanden. 6) In der unteren Hälfte des Dünndarmes war kein Veratrin nachweisbar. 34 Experiment IV. Versuchsthier eine Katze. Um zu erfahren, ob das Veratrin auch im Blute nachweisbar wäre und ob es sich vielleicht nicht mit den Bestandtheilen der Leber besonders hartnäckig ver- bindet, so dass es durch die gewöhnlice Methode nicht abge- schieden werden konnte, wurde einer Katze durch die geöffnete Speiseröhre um 1/4 auf 11 Uhr 0,065 Gramm. Veratrin in einer Kapsel in den Magen gebracht und darauf der Oesophagus unterbunden. Der um halb 11 Uhr gelassene Harn (19 Grm.) wurde auf Veratrin untersucht, konnte aber kein Veratrin darin nachgewiesen werden. Um 3/4 auf 12 traten die ersten An- zeichen der Vergiftung ein und der Tod erfolgte unter starken Krämpfen um 1/4 auf 2 Uhr. Bald darauf wurde dieselbe an den hinteren Extremitäten aufgehängt, die Jugulares geöffnet und so 75 Gramm. Blut erhalten. Es wurden nun: 1) diese 75 Gramm. Blut auf Veratrin untersucht. Durch die Salzsäurereaction konnte deutlich das Veratrin darin erkannt werden und es waren zur Entfärbung der Re- action 700 Cc. Wasser nöthig, die einem Veratringe- halte von circa 0,00068 Gramm. Veratrin entsprechen. 2) Die Leber wurde in dieser Untersuchung mit Kalilauge zerstört und mit schwefelsäurehaltigem Alkohol versetzt. Darauf wurde der gewöhnliche Gang der Untersuchung beibehalten und das Endproduct auf Veratrin geprüft. Es konnten auch hier keine Spuren von Veratrin er- kannt werden. Fasse ich nun in aller Kürze meine, aus diesen Versuchen erhaltenen Resultate zusammen, so sind dieselben folgende: 1) Im Magen ist Veratrin, nach Einführung desselben durch den Oesophagus, gefunden worden. Da sich aber ge- wöhnlich Erbrechen nach Einnahme von Veratrin einstellt, so wird in der Praxis der grösste Theil dieses Giftes im Erbroche- nen gesucht werden müssen. 35 2) Im oberen Dünndarme konnte dasselbe ebenfalls noch nachgewiesen werden. 3) În der unteren Hälfte des Dünndarmes war kein Ve- ratrin nachweisbar. 4) Im Blute war dieses Alkaloid noch deutlich nachweisbar. 5) Durch den Harn wird entschieden eine bedeutende Menge des Veratrins eliminirt, daher auch eine Veratrin vergif- tung an noch lebenden Individuen durch Prüfung des Harnes constatirt werden kann. 6) Die Leber gestattete in keinem Falle den Nachweis des Veratrins. 7) Im Herzen wie auch in den Lungen konnte das Vera- trin ganz deutlich nachgewiesen werden; es dürfte aber ihr Ge- halt an Alkaloid aus der Menge an vorhandenem Blute zu erklären sein. Ich glaube mich berechtigt, anzunehmen, dass ein durch Veratrinvergiftung erfolgter Tod durch die chemische Analyse, und zwar durch die von mir angewandte Methode leicht und sicher constatirt werden kann. Da nun bei einer Veratrinvergiftung der Mageninhalt sehr arm an Veratrin'sein kann, so sind bei der gerichtlich-chemischen Untersuchung das Herz und die Lungen, wenn möglich auch das Blut und der Harn, zu berücksichtigen. Die Leber, wie auch der untere Theil des Dünndarmes dürften hier unberück- sichtigt bleiben. These n. 1) Der Name „Untersalpetersäure". ist in der Chemie zu verwerfen. 2) Der Kermes müsste durch Mischen von amorphen drei- fach Schwefelantimon mit Antimonoyd dargestellt werden. 3) Sehr zweckmässig ist es, die Milchsäure als eine ge- paarte Verbindung von Aldehyd mit Ameisensäure anzunehmen. 4) Die durch Oxydation der Bernsteinsäure erhaltene op- tisch unwirksame Weinsäure ist nicht identisch mit der Traubensäure. - - - 5) Die beiden Stickstoffatome in den Griess'schen Kör- pern sind dreiatomig. - - - - - 6) Das Radical des Hydrobenzamids ist nicht C-H5, son- : ; dern CğH6 ?). ... - 1) C=12. - . .. - - - - - - - - - - - - - . .. SIA .. : ". -- .-- '. Untersuchungen : über - das Verhalten der Convolvulins und Jalapins im Thierkörper. * * * - - T 1/TTI . - - . . - . - - - - - -. - - -. VUI - - - - .- - monofridorom - - - - - Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doctors der Medicin verfasst und mit Bewilligung Einer Hochverordnelen Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität zu Dorpat zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt ---- ::..... i .L - 2 UIT TIGA UINIDI * UU U JU 2 TU ::--. . . 2 von -- - Johannes Müller. *.** . Ordentliche Opponenten: Prof. Dr. B. Körber. - Prof. Dr. A. Vogel. – Prof. Dr. G. Dragendorff. . : - " . m . t - - . . ,'* '* . - ------ - .. . Dorpat. Schnakenburg's Buchdruckerei. 1885. . ------ --.. - - ----- -- ----- - - - - SS - : -- - - - - - , . -.. . .. .. we .. - . - - - -... .. - ... -- . . .. - . . . -... . ---- . - . . - .. ... ........ . : -*_ .. --- - - -- - . - -- - - .. : .. :-- - - - - L - - - - . - Beim Scheiden von der hiesigen Hochschule ist es mir eine angenehme Pflicht allen meinen hochverehrten Lehrern für die mir zu Theil gewor- dene wissenschaftliche Anregung und Belehrung Insbesondere aber fühle ich mich Herrn Prof. Dr. G. Dragendorff für die liebenswürdige Unterstützung bei meiner Arbeit zu tiefem Danke zu danken. verpflichtet. hoopis: CS y. . . . Einleitendes. * - - - .. V -... SS .. S Das Convolvulin und Jalapin sind die wirksamen Bestandtheile zweier amerikanischer Convolvulaceen, der Ipomoea Purga Hayne, und des Convolvulus Orizabensis Pelletan. Ihrer chemischen Constitution nach werden sie zu den Glykosiden gerechnet; sie sind im reinen Zustande weisslichgelbe amorphe Sub- stanzen von eigenthümlich quittenartigem Geruch. In Wasser sind sie fast unlöslich, leicht löslich dagegen in Alkohol. Aether löst das Jalapin leicht, das Con- volvulin dagegen fast garnicht. Von besonderem Interesse für das Verhalten dieser Substanzen im Thierkörper sind ihre Umsetzungspro- dukte. Durch Alkalien werden sie nämlich zunächst in Verbindungen übergeführt, welche 1/2 Aeq. mehr t . V - .... . . . . . . * _ . . . - - - - --- in - ... - e - - . 2E- - - - - - - somit Hydrate derselben, die wegen ihrer stark sauren Reaction, und der Eigenschaft mit Basen Salze zu bilden Convolvulinsäure resp. Jalapinsäure genannt - - - - -- .-'. .... . - - - -- - -- - - werden. Diese Verbindungen lösen sich leicht in Wasser, zeigen aber sonst im Wesentlichen dieselben Eigenschaften wie das Convolvulin und Jalapin selbst. : . : .:.- ** Die beiden erst erwähnten Körper werden ferner durch verdünnte Säuren und Fermente in das Con- volvulinol resp. Jalapinol und Traubenzucker gespalten. Diese Spaltungsprodukte sind in Wasser schwer löslich, krystallisiren in Nadeln und werden durch Alkalien in die Hydrate die Convolvulinol- und Jalapinolsäure übergeführt. Convolvulin- und Jalapinsäure geben bei der Spaltung direkt neben Glykose Convolvulinol- und Jalapinolsäure. . . . -,. -- -. ..-.. n UW :. .: . Ueber die weiteren Zersetzungsprodukte der ge- nannten Verbindungen ist bis jetzt nichts Sicheres bekannt geworden. Doch gehören dieselben jedenfalls zum Theil der Fettkörpergruppe an (Ipomsäure = Seba- cinsäure.). .. . . . . . -- 7 UU Zu erwähnen ist schliesslich, dass sämmtliche genannte Verbindungen sich auf Zusatz von con- centrirter Schwefelsäure amaranthroth färben, eine Reaction, die für ihren Nachweis im Thierkörper von Wichtigkeit ist. Ueber das Schicksal des Convolvulins und Jala- pins im Thierkörper und den Nachweis derselben in thierischen Excreten sind bisher nur wenig Unter- suchungen angestellt worden. 1. Die erste Arbeit über diesen Gegenstand ist von Bernatzik 1) geliefert worden. Genannter Autor ex- perimentirte in der Weise, dass er Menschen gewisse Quantitäten der Substanz per os beibrachte, und nach erfolgter Diarrhöe Stuhl und Harn derselben untersuchte. Die Untersuchungsobjecte wurden wiederholt mit starkem Alkohol extrahirt und die Auszüge eingedampft. Diese wurden sodann mit Wasser verdünnt und mit Phosphor- säure versetzt, wodurch ein schmieriger Niederschlag entstand, der sowohl das Convolvulin und Jalapin selbst, als auch das Convolyulinol und Jalapinol ent- hielt, während sich in der Flüssigkeit die Convolvulin- und Jalapinsäure befand. Der Niederschlag wurde darauf mit natronhaltigem Wasser gekocht um Con- volvulin und Jalapin in ihre leicht löslichen Säuren überzuführen und dann filtrirt. Auf Zusatz über- schüssiger verdünnter Schwefelsäure bildete sich sodann wiederum ein Niederschlag der die Convolvulinol- resp. Jalapinolsäure enthielt, während in der abfiltrirten Flüssigkeit sich die freigewordene Convolvulin- und Jalapinsäure befanden. Es waren somit drei Edukte vorhanden, von denen das erste die Convolvulin- und Jalapinsäure, das zweite die aus dem Convolvulinol und Jalapin künstlich dargestellten Säuren das dritte die Convolvulinol- und Jalapinolsäure enthielt. 1) Bernatzik, Pharmakologische Studien über die Jalapa, Wiener medicin. Jahresbücher 1862 und 63. . . . . . - - " H.- . 10 S I .. V : -. .-- - . -- : :- . :. '* -- i. .-..---i .. Zum Nachweise des Convolvulins und Jalapins, der Convolvulinsäure und Jalapinsäure bediente sich Bernatzik der Reaction auf Zucker, welcher sich durch Kochen derselben mit verdünnter Schwefelsäure bilden musste. Andererseits aber auch der Reaction auf Ipomsäure, die durch Oxydation mit Salpetersäure dargestellt wurde, und schliesslich prüfte er die Rück- stände auf ihre purgirende Wirksamkeit. Bei der Untersuchung des Harnes wurde gleichfalls die Zucker- reaction und diejenige auf Ipomsäure benutzt. Das Resultat dieser Untersuchungen war nun völlig negativ in Bezug auf den Harn. In den Faeces konnten nur bei sehr grossen Mengen Spuren der Substanzen nachgewiesen werden. Weitere Untersuchungen über diesen Gegenstand stellten Köhler und Zwicke an '). Sie experimen- ... L'in.... Ton1 . 1 0 eingaben um dann das Erbrochene resp., nach dem Tode, den Magen- und Darminhalt derselben zu unter- suchen. Ihre Methode bestand gleichfalls in einer Extraction mit Alkohol. Derselbe wurde eingedampft, und der Rückstand mit heissem Wasser behandelt. Der nun entstehende Niederschlag, welcher die ge- suchte Substanz enthielt, wurde sodann auf dem Filter gesammelt, mit Wasser ausgesüsst, getrocknet und mit . 1) Köhler u. Zwicke, Untersuchungen über die drastisch - ... - - LA + . * . LO - -... - - - - - - -- : - in Benzin gereinigt. Darauf wurde eine Ausschüttelung mit Amylalkohol vorgenommen, in deren Verdunstungs- rückstande sich in den 3 Fällen, welche zur Unter- suchung gelangten, die betreffende Substanz stets nach- weisen liess. Als Erkennungsmittel diente haupt- sächlich die Schwefelsäurereaction. Harn und Faeces wurden nicht untersucht. Die Resultate der bisher angestellten Unter- suchungen lassen sich somit dahin zusammenfassen, dass das Convolvulin und Jalapin wohl im Magen- und Darminhalte, nicht aber im Harn und den Faeces nachgewiesen wurde. Es lag nun bei der Complicirtheit des Unter- suchungsmodus von Bernatzik die Möglichkeit nahe, dass ein Theil der gesuchten Substanzen während der Untersuchung verloren gegangen, und so die Genauig- keit des Resultates beeinträchtigt worden sei. Daher war es wünschenswerth, die immerhin auf- fallenden Resultate an der Hand einer genaueren Methode nochmals zu prüfen. Sollten sich dieselben als richtig erweisen, so musste eine vollständige Zer- setzung der Stoffe im Körper angenommen werden, und zwar war es zu erwarten, dass dieselbe höchst wahrscheinlich im Blute vor sich gehe. Aufschluss über diese Frage konnte selbstver- ständlich nur eine Untersuchung des Blutes und der Organe des Körpers auf ihren Gehalt an diesen Sub- stanzen geben, und wurde eine solche mir von Prof. ... LI I UD ' h - tr 12 - - -- - - ---. . . - - --. - - :: Dragendorff zur Aufgabe gestellt. Ich bediente mich dabei seiner in der „Ermittelung der Gifte“. 1) angegebenen Ausschüttelungsmethode, welche für diesen. Zweck ganz besonders geeignet erschien, da mit ihrer Hilfe noch sehr geringe Quantitäten derartiger Stoffe nachgewiesen werden können, ein Umstand der nament- lich für die Untersuchung des Blutes von Wichtig- keit war. Bevor ich jedoch zu den Thierversuchen schreiten konnte, mussten erst eine Reihe von Voruntersuchungen erledigt werden, die ich im Nachstehenden wiedergebe. * - - - - * * * 1) Dragendorff. Ermittelung der Gifte. Petersburg 1876. --- -- 12 * 2 pl .de - . .. ' Um das Verhalten des Convolvulins und Jalapins gegen Reagentien zu prüfen, wurden von beideri Sub- stanzen mehrere Portionen zu 5,21/2, 1, /2, 1/4, u. 1/8, Mgr. in Alkohol gelöst, auf Uhrschälchen verdunstet und mit folgenden Reagentien versetzt: 1) reine concentrirte Schwefelsäure, 2) rohe concentrirte Schwefelsäure, | 3) reine concentrirte Schwefelsäure mit Wasser (5:1 gutt), 4) Vanadinsäure im Monohydrat der Schwefel- säure gelöst, Vanadinsäure im Bihydrat der Schwefelsäure gelöst, 6) Fröhdes Reagens, 7) Selenschwefelsäure, 8) Selensäure mit Zusatz von Schwefelsäure, 9) Alkoholschwefelsäure. von allen diesen Reagentien gab nur die con- centrirte Schwefelsäure allein und mit Zusatz von Wasser eine deutliche Reaction, und zwar färbte sich die Substanz, nachdem sie sich in der Schwefelsäure -- - 14 gelöst hatte, allmälig amaranthroth. Die Reaction trat bei der Schwefelsäure allein (ca 10 Tropfen) etwa im Verlaufe einer Stunde auf, bei Wasserzusatz dagegen schon in einigen Minuten ?). Da die Färbung jedoch schon nach kurzer Zeit wieder abblasste, so benutzte ich bei meinen Versuchen ausschliesslich die concentrirte Schwefelsäure allein, bei der die Reaction durch die allmälige Einwirkung des athmosphärischen Wasser- dampfes bedingt wird, und hier zwar langsamer ent- steht aber bedeutend länger anhält. Durch die übrigen Reagentien wurde entweder nur eine gelbbraune Färbung erzielt, oder die Färbung blieb ganz aus; nur bei der Vanadinsäure, im Monohy- drat der Schwefelsäure gelöst, zeigte sich ein leichter hellrother Schimmer beim Convolvulin, der beim Jalapin ausblieb. Erwähnen will ich noch, dass durch Schwefel-, säure bei Zusatz von Zucker eine sehr intensive schöne Rothfärbung eintrat, jedoch mehr in der Nüance des Rosenrothes. Anfangs benutzte ich diese Reaction gleichfalls bei meinen Versuchen, doch stellte es sich heraus, dass sowohl das Blut als auch die Faeces und der Katzenharn auch ohne Zusatz von Substanz diese 1). Um zu ermitteln, welches Verhältniss zwischen Wasser und Schwefelsäure, für die Reaction am geeignetsten sei, wurden dieselben in verschiedenem Verhältniss tropfenweise der Substanz zugeseizt. Es stellte sich dabei heraus, dass bei einer Lösung in 5 gutt. Schwefelsäure auf Zusatz von 1 gutt. Wasser die Reaction am besten eintrat. 15 Reaction gaben, was zur Folge hatte, dass dieselbe bei den Thierversuchen nicht benutzt werden konnte. Das Eintreten dieser Reaction bei den Faeces ist wohl durch die Anwesenheit der Gallensäuren bedingt. Im Blute und Katzenharn sind möglicherweise Gallen- säuren und Phenolschwefelsäure die Ursache für die Reaction. II. ON Behufs Ermittelung einer geeigneten Ausschütte- lungsflüssigkeit wurden 500 Cubcm. Wasser mit Schwefel- säure angesäuert und mit 0,1 Convolvulin, welches in wenig Alkohol gelöst war, versetzt. Je eine Portion dieser opalisirenden Flüssigkeit von 100 Cubcm. wurde sodann resp. mit Chloroform, Amylalkohol, Benzin, Essigaether und Petroleumaether 10 Minuten lang geschüttelt. Die Ausschüttelungs- flüssigkeiten wurden, nachdem sie in Büretten vom Wasser getrennt worden waren, auf Uhrschälchen ver- dunstet, und ergab sich dabei, dass Chloroform und Amylalkohol reichliche Mengen der Substanz, Benzin und Essigaether geringe Mengen, Petroleumaether Nichts aufgenommen hatte. Der analoge Versuch mit Jalapin ausgeführt, er- gab gleiche Resultate. Auch die Convolvulin- und Jalapinsäure, welche ich mir durch Auflösen der Mutter-Substanzen in Na- tronlauge darstellte, verhielten sich ebenso. 10 16 III. . Um den Nachweis des Convolvulins im Speisebrei zu bewerkstelligen, wurde zunächst ein solcher künstlich durch Vermischen gleicher Mengen trocknen Brodes, gekochter Kartoffeln, gekochten Sauerkohles und ge- kochten Fleisches mit Wasser hergestellt. Zu je einer Portion desselben wurden sodann 0,1, 0,05, 0,025 und 0,01 Grm. Convolvulin in Substanz hinzugefügt; eine 5. Portion blieb ohne Zusatz von Substanz. Alle Speisebreigemenge wurden sodann nach der Vorschrift von Kessler 1) einem künstlichen Ver- dauungsprocesse unterworfen, und nach Beendigung desselben 24 Stunden hindurch mit der 3-fachen Menge 96 % Alkohols macerirt. Nachdem dieser sodann abfiltrirt und eingedampft worden war, wurden die Rückstände zuerst sauer, um Verunreinigungen zu entfernen, mit Petrolaether und darauf mit Chloroform ausgeschüttelt. Die filtrirten Chloroformausschüttelungen wurden auf Uhrschälchen verdunstet. Die Reaction mit concentrirter Schwefelsäure trat bei den 4 ersten Portionen mehr oder weniger deutlich auf. Bei der 5. fehlte sie vollständig. Einen gleichen Erfolg hatte der analoge Versuch mit Jalapin. *) Kessler, über die Wirkung des Pepsins. Dissert. Dorpat 1880. in 1 AF . . 1 - . 5 : Da es ferner wünschenswerth war, das Verhalten der Convolvulin- und Jalapinsäure in Speisebreige- mengen kennen zu lernen und da zu prüfen war, ob nicht die Glycoside leichter in der Form ihrer Säuren isolirt werden könnten, so wurden, wie beim ersten Versuche, zunächst Convolvulin und Jalapin in Sub- stanz dem Speisebreigemenge zugefügt, dann aber, um eine Umwandlung in die Säuren zu erzielen, Natron- lauge hinzugefügt. Im übrigen wurde der Versuch genau so ausgeführt, wie der vorhergehende. Es zeigte sich nun, dass der Verdunstungsrückstand der Chloroformausschüttelung zum Theil in Wasser löslich war. Beide Theile, der in Wasser lösliche und der in ihm unlösliche, gaben die Schwefelsäurereaction. Es war somit erwiesen, dass sich ein Theil des ursprünglichen Convolvulins und Jalapins in die entsprechenden Säuren umgewandelt hatte. Ein Vorgang, welcher sehr wohl auch im alkalischen Darminhalte eintreten konnte. IV. Behufs Ermittelung der in Rede stehenden Sub- stanzen im Harn, wurde zunächst normaler mensch- licher Harn in 5 Portionen zu je 100 Cubcm. mit wenig Schwefelsäure angesäuert. . Da es mir nun wahrscheinlich erschien, dass, wenn die Substanzen überhaupt in den Harn über- gingen, sie dort als Convolvulinsäure resp. Jalapin- säure oder als entsprechende Verbindungen des Con- VI 11 .:. 4- r 18 ! volvulinols und Jalapinols auftreten würden, so ver wandelte ich auch bei diesem Versuche die ursprüng- lichen Substanzen durch Auflösen in Natronlauge in ihre Säuren und fügte von diesen 0,1, 0,05, 0,025 und 0,01 Grm. den einzelnen Portionen Harn hinzu. Sodann wurde mit Petroleumaether und Chloroform ausgeschüttelt. Die Ausschüttelungsrückstände gaben die Schwefelsäurereaction. Eine analog behandelte Portion Harn ohne Zusatz der Säuren gab keine Färbung durch Schwefelsäure. In Anbetracht der später anzustellenden Thier- versuche wurde sodann Katzenharn in derselben Weise behandelt. Auch hier erzielte ich dasselbe Resultat. Die mit Jalapinsäure angestellten Versuche ergaben ein gleiches Resultat. V. Um zu ermitteln, ob sich die zu untersuchenden Substanzen durch die genannte Methode auch in Faecal- massen nachweisen lassen, wurden Faeces einer Katze mit Wasser zu einem Brei verrührt und mit Schwefel- säure angesäuert, und je eine Portion desselben mit 0,04 und 0,025 Grm. Convolvulin versetzt. Eine 3. Portien blieb zur Controle ohne Zusatz. Sodann wurde sofort die 3fache Menge Alkohol hinzugefügt und in derselben Weise wie beim Nachweise im Speisebrei weiter behandelt. Die Verdunstungsrückstände der Chloroformaus- schüttelung waren hier braun gefärbt, und zeigten am Rande einen röthlichen Schimmer. Auf Zusatz von I 2 1 22 19 unt Schwefelsäure entstand hier jedoch keine Rothfärbung; es ging vielmehr der braune Farbenton in einen grünlichen und dieser in einen schwärzlichen über.. Der Grund für das Nichtauftreten der Reaction konnte nun in 2 Momenten liegen. Entweder war die Substanz durch Einwirkung der Faecalmassen zersetzt worden, oder die Gallenfarbstoffe und andere Bestandtheile der Faecalmassen, die in's Chloroform übergegangen waren, hatten die Reaction verhindert. ... Da mir das Letztere wahrscheinlicher war, so suchte ich die störenden Substanzen durch eine Aus- schüttelung mit Benzin aus alkalischer Lösung zu ent- fernen, nachdem ich mich zuvor überzeugt hatte, dass das. Convolvulin und Jalapin aus alkalischer Lösung nicht in Benzin übergingen. ... .: Bei der darauf folgenden Chloroformausschüttelung erhielt ich dann einen fast farblosen Verdunstungsrück- stand, in dem sich die gesuchten Substanzen ohne Weiteres durch die Schwefelsäurereaction nachweisen . 1 Sri liessen. VI . Da wie schon gesagt, die Annahme nahe lag, dass das Convolvulin und Jalapin nicht als solche in das Blut übergehen, sondern in Form der in Wasser leicht löslichen Säuren, so versuchte ich zunächst diese im Blute nachzuweisen. Zu dem Zwecke versetzte ich frisches in 7 Portionen von 100 Cem. getheiltes Rinderblut mit 0,05, 0,025 und 0,01 Grm. Convolvulin- 2* . . 20 ---- resp. Jalapinsäure, durch Auflösen in Natronlauge bereitet; die 7. Portion blieb zur Controle ohne Zu- satz der Substanz. Alle Portionen wurden sodann. der früher erwähnten Behandlung unterworfen, und ; ergaben die Rückstände der Chloroformausschüttelung eine deutliche Rothfärbung durch Schwefelsäure. Die- selbe trat jedoch auch beim Ausschüttelungsrückstande der 7. Portion auf. Es war somit diese Methode für meine Zwecke unbrauchbar, und ich war daher genöthigt durch Mo- dification derselben den störenden Körper aus dem Blute zu entfernen. 0 . lich unbekannt, und war ich daher nur auf empirisches Vorgehen angewiesen. . · Zunächst suchte ich meinen Zweck dadurch zu erreichen, dass ich die Ausschüttelungsrückstände noch- mals mit saurem Wasser aufnahm, und einer zweiten Chló- roformausschüttelung unterwarf. Das Resultat war je- doch bei allen Ausschüttelungsrückständen völlig negativ. Sodann wurde das Blut nach der von Neumann') benutzten Methode vor Zusatz des Alkohols noch mit | Resultate der Ausschüttelung nicht wesentlich ver- bessert. : Ferner modificirte ich die Methode jahin, dass ich zunächst nach der von Köhler angewendeten 1) Neumann, forens. chem. Nachweis des Santonins. Dorpat 1883. AX 6 . . 21 Methode das Blut zur Trockne eindampfte, die Masse pulverisirte, und längere Zeit mit kochendem Alkohol ex- trahirte. Der Alkohol wurde dann heiss filtrirt, einge- dampft und der Rückstand wie gewöhnlich ausge- schüttelt. Leider konnte auch auf diese Weise kein Erfolg erzielt werden. Um zu ermitteln, ob es nicht möglich sei, durch Fixiren der Convolvulinsäure resp. Jalapinsäure auf dem Uhrschälchen, und darauffolgende Abspülung mit Wasser erstere von den störenden Substanzen zu befreien, wurde rein dargestellte Convolvulinsäure auf einem Uhrschäl- chen in Wasser gelöst und mit einem Tropfen bas. essigsaurem Blei versetzt. Der sofort entstehende, der Unterlage fest anheftende, weisse Niederschlag von convolvulinsaurem Blei wurde nach Verdunsten der übrigen Flüssigkeit mit Wasser gewaschen, getrocknet und mit 5 Tropfen concentrirter Schwefelsäure ver- setzt. Das Gleiche geschah mit der Jalapinsäure. In beiden Fällen trat die Reaction ein, doch war się nur undeutlich und somit unbrauchbar.. Ein befriedigendes Resultat erhielt ich erst, als ich den nach der ersten Methode gewonnenen Aus- schüttelungsrückstand mit absolutem Alkohol aufnahm, filtrirte und das Filtrat verdunsten liess. Jetzt zeigte der aus dem Blut allein gewonnene Rückstand keine Spur einer Rothfärbung, während diese bei den übrigen sehr schön war, und sich ausserdem auffallend lange erhielt. 1.TW ---- Nachweis in thierischen Excreten. Nach Erledigung der Vorversuche konnte ich nun- mehr zu den eigentlichen Thierversuchen übergehen. Zunächst stellte ich mir die Aufgabe das Convol- vulin und Jalapin resp. ihre Zersetzungsprodukte, so weit sie durch die Schwefelsäurereaction nachweisbar waren, im Harn und den Faeces der Versuchsthiere aufzusuchen. ! Versuch I und II. VI Einer erwachsenen Katze wurden 0,5 Grm. Convol- vulin, in Alkohol gelöst, beigebracht. Erbrechen trat nicht ein. Am folgende Tage wurde der Harn (ca. 200 Ccm.) nach Ansäuerung durch Schwefelsäure mit Petro- leumaether und Chloroform ausgeschüttelt. Der Rück- stand der Chloroformausschüttelung zeigte nicht die Schwefelsäurereaction des Convolvulins. Der breiige ziemlich reichliche Stuhl wurde durch Natronlauge stark alkalisch gemacht, mit der 3-fachen Menge 90% Alkohols 12 Stunden lang macerirt, so- :: 23 . : dann filtrirt und der Alkohol abgedampft. Der alka- lisch reagirende Rückstand wurde darauf mit Benzin und Chloroform ausgeschüttelt. Auch hier trat beim Verdunstungsrückstande der Chloroformausschüttelung die Schwefelsäurereaction nicht ein. Ein 2'er Versuch, zur Controle angestellt, ergab dasselbe Resultat. Versuch III und IV wurden mit den gleichen Mengen Jalapin angestellt, und konnte auch hier in den Ausschüttelungsrückständen keine Rothfärbung auf Schwefelsäurezusatz erzielt werden. 73 L --- - Sonstiges Verhalten im Thierkörper. -. Behufs Ermittelung der weiteren Schicksale des ? ferner je 3 Versuche mit jeder Substanz an. Sie wurden sämmtlich in folgender Weise aus- geführt: Ich brachte dem Versuchsthiere mit der Schlund- sonde 0,5 Grm. der Substanz, in Alkohol gelöst, und mit Wasser verdünnt, per os bei. Nach Verlauf einiger Stunden - in der Regel waren es 4 – wurde dem Thiere in der Chloroformnarkose die Carotis eröffnet und das aus ihr hervorspritzende Blut in einem Becher- glase aufgefangen. Ich gewann auf diese Weise die grösstmögliche Menge Blut, was deshalb wichtig war, weil voraussichtlich zur Zeit nur kleine Quantitäten der Stoffe in ihm vorhanden sein konnten. Das sofort gerin- nende Blut wurde dann möglichst sorgfältig ausgepresst, und mit Schwefelsäure schwach angesäuert; darauf wurde die Flüssigkeit in einen Kolben mit der dreifachen Menge 96% Alkohols unter Uinschütteln hineingegossen -- . : . . . 1 ** . --.. . L NA Von den Organen wurden folgende weiter unter- sucht: Herz, Lungen und Milz; Niere; Harnblase mit Inhalt; Magen; Duodenum; Jejunum; Ileum; Mastdarm, letztere 5 mit ihrem Inhalte, endlich Leber und Galle. Die Organe wurden zerkleinert, in Kolben gefüllt, und sodann die 6 ersten mit schwefelsäurehaltigem · Wasser angesäuert, die übrigen mit natronhalti- gem Wasser alkalisch gemacht. Nach 12 stündiger Maceration wurde colirt, und die Colatur wiederum 12 Stunden lang mit der dreifachen Menge 96 % Alko- hols macerirt. Nach Abfiltriren des Alkohols wurde dieser abgedampft, und wurden die Rückstände einer doppelten Ausschüttelung unterzogen. Die alkalischen Rückstände wurden mit Benzin und Chloroform, die sauren mit Petroleumaether und Chloroform ausgeschüttelt. Nach Trennung der Flüssigkeiten in Büretten wurde das Chloroform auf Uhrschälchen verdunstet. . Dies gelang mir bei allen Organen mit Ausnahme der Leber und Galle; hier trennte sich nämlich das Wasser trotz aller angewendeten Mittel nicht vom Chloroform, sondern bildete stets eine milchige Emul- sion. Es musste daher die Untersuchung dieser Theile unterbleiben, ein Umstand, der jedoch auf das Gesammt- .. resultat der Versuche keinen wesentlichen Einfluss hatte. Zu Versuchsthieren benutzte ich ausschliesslich er- wachsene Katzen, u. wurden diese mit Fleischkost genährt. Inn Nachfolgenden gebe ich die Versuche und ihre Resultate, kurz zusammen gefasst, wieder. W hen we AMA wut 26 Versuch I. Eine Katze erhält 0,5 Grm. Convolvulin und wird. nach 4 Stunden getödtet. Es war dünnflüssiger Stuhl erfolgt. Die Reaction des Convolvulins war deutlich beim Blut, Magen, Jejunum, Ileum, schwach im Duodenum und Dickdarm, sehr schwach bei Herz, Lungen und Milz; nicht vorhanden war sie in den Faeces, den Nieren und der Harnblase. JU Versuch II. : Wird ebenfalls mit 0,5 Grm. Conyolvulin angestellt. Es tritt kein Stuhlgang ein, und erweist sich bei der Section der Dickdarm im oberen Theile mit dickflüs- sigen im unteren mit festen Kothmassen erfüllt. Ebenso ist die Harnblase prall gefüllt. Die Schwefelsäurereaction giebt hier dieselben Re- sultate wie bei Versuch I. Versuch III, Wird gleichfalls mit 0,5 Grm. Convolvulin ausge- führt. Stuhl erfolgt nicht. Bei der Section erweist sich der Dickdarm mit flüssigem Inhalt erfüllt. Magen und Duodenum gaben eine schwache, Jeju- num gar keine, Ileum eine deutliche, der Dickdarm keine Reaction. Beim Blute ist die Reaction deutlich. Die übri- gen Organe gaben eine schwache oder gar keine Reaction. - - - .. -- - - 27 - - Versuch IV u. V. . Werden mit 0,5 Grm. Jalapin angestellt und er- geben dieselben Resultate. Versuch VI. Wird gleichfalls mit 0,5 Grm. Jalapin angestellt. Es erfolgte keine Defaecation. Bei der Section, die nach .; 5 Stunden erfolgte, erweist sich die Katze als träch- tig. Der Dickdarm ist mit breiigem Koth erfüllt. Der Magen zeigt keine, der ganze übrige Darm- tractus eine sehr schwache Reaction. Im Blut war die Reaction dagegen relativ deutlich. Die übrigen Organe zeigten eine sehr schwache oder gar keine Reaction. Versuch VII u. VIII. Es wird einer Katze 0,5 Grm. Convolvulin einge- geben. Nach 4 Stunden wird sie getödtet. Das Blut wird wie früher untersucht; jedoch mit dem Unterschiede, dass der nach Verdunsten des absoluten Alkohols entstandene Rückstand nochmals mit Wasser aufgenommen und filtrirt wird. Der Rück- stand auf dem Filter wird wieder in absolutem Alko- hol gelöst und beide Portionen verdunstet. Die Schwe- felsäurereaction trat nur bei dem in absoluten Alko- hol löslichen Theile auf. Der anologe Versuch, mit 0,5 Grm. Jalapin angestellt, ergab dasselbe Resultat. . . E ---- LU .. .. + . . * . . . Thesen. : SA 1) Bei Erstschwangeren sind Beckenmessungen im 7. und 8. Monat empfehlenswerth. Für die innere Auskleidung von Wohnräumen ist der Oelfirnissüberzug der zweckmässigste. Für Landschulhäuser ist der Barackenstil die ge- eignetste Bauart. Die Methode zur Bestimmung des Zwerchfell- standes an Leichen ist nicht exact. 5) Der Druckverband ist nicht in jedem Falle von Netzhautablösung anwendbar. Carbolharn ist nicht immer ein Zeichen allge- meiner Carbolvergiftung. . . . Ueber das Vorkommen der Chinasäure in Galium Mollugo. Eine mit Genehmigung der Hochverordneten Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität zu DORPAT zur Erlangung der Würde eines Magisters der Pharmacie verfasste und zur öffentlichen Vertheidigung bestimmte Abhandlung YON Franz Oehren aus Estland Dorpat. Gedruckt bei E. J. Karow, Universitäts-Buchhändler. 1865. -- Der Druck ist unter den gesetzlichen Bedingungen gestattet. Dorpat, den 22. März 1865. M 85. Dr. Rud. Buchheim, (L. S.) d. Z. Decan der medicinischen Facultät. Seinem väterlichen Freunde Magnus Georg Dietz in aufrichtiger Dankbarkeit und Hochachtung 1 der Verfasser. Im Harn aller pflanzenfressenden Säugethiere findet man als Normalbestandtheil Hippursäure. Ueber den Ursprung dieser Säure im Organismus herrschen bis jetzt noch widersprechende Ansichten. Nach Einigen ist sie ein Product des Stoffwechsels im thierischen Organismus, nach Andern wird ihr Vorkommen im Harn der Herbivoren durch die Nahrung bedingt. In Be- rücksichtigung der Thatsache, dass Benzoesäure dem Organis- mus einverleibt, sich in Hippursäure umwandelt und als solche durch den Harn ausgeschieden wird, glaubte man annehmen zu können, dass in den Futterkräutern Benzoesäure oder irgend eine Benzoylverbindung enthalten sei. Hiergegen hat Hall- wachs 1) durch seine Untersuchungen verschiedener Futter- kräuter, nach deren Genuss eine Kuh reichlich Hippursäure ausschied, nachgewiesen, dass sie weder Benzoesäure enthalten, noch unmittelbare Derivate des Radicals Benzoyl, noch Körper aus der Cinnamylreiche, welche in naher Beziehung zu der Ben- zoylgruppe stehen und durch einfache bekannte Zersetzungen in Benzoesäure oder Bittermandelöl zerfallen; ebenso wenig enthalten die Futterkräuter nach Hallwachs Versuchen das Glucosid Populin, welches beim Kochen mit Baryt- oder Kalk- wasser in Beuzoesäure und Salicin : C40 H22016 +2 HO=C14 H6 04+C26 H18 014. Populin Benzoesāure Salicia 1) Hallwachs: Ueber den Ursprung der Hippursäure im Harn der Pflanzen. fresser. Gekrönte Preisschrift. Göttingen, 1857. - 6 beim Kochen mit verdünnten Säuren aber in Benzoesäure, Saliretin und Zucker zerfällt. Hallwachs hat auch beobachtet, dass das früher für Benzoesäure gehaltene Cumarin, wie auch das Chlorophyll, von denen das Erstere durch den Harn, das Letztere durch die Faeces ausgeschieden wird, sich im Orga- nismus nicht verändern, also keinesweges das Auftreten von Hippursäure im Harn der Herbivoren bedingen. Fernere Untersuchungen über Benzoylverbindungen in den Futterkräutern hat Weismann 1) angestellt; jedoch führten auch diese Versuche zu einem negativen Resultate, und er zieht daher aus seinen gleichfalls in der genannten Schrift mitge- theilten anderweitigen Untersuchungen und Beobachtungen den Schluss, dass nur dem Theile des Pflanzenkörpers, ein Einfluss auf die Bildung von Hippursäure im thierischen Organismus zugeschrieben werden könne, der, bei der Behandlung mit den gewöhnlichen Lösungsmitteln, unlöslich als sogenannte incrusti- rende Substanz (Lignin) mit der Cellulose mechanisch engver- bunden zurückbleibt. Nun hat aber Lautemanna; nicht nur nachgewiesen, dass Chinasäure vermittelst Reduction durch Jodwasserstoff in zugeschmolzenen Röhren oder durch Erhitzen mit Jodphosphor in Benzoesäure umgewandelt werden kann, sondern auch durch Versuche an sich und Andern festgestellt, dass die Chinasäure auch im Organismus zu Benzoesäure reducirt und durch den Harn als Hippursäure ausgeschieden wird. Durch diese Ent- 1) Weismann: Ueber den Ursprung der Hippursäure im llarn der Pflanzenfresser. Gekrönte Preisschrift. Göttingen, 1857. 2) Annal. d. Chem. u. Pharm. v. Liebig u. Wöhler Bd. 125. S. 99. 1863. deckung Lautemann's ist eine neue Quelle für die Bildung der Hippursäure aus der Nahrung der pflanzenfressenden Säuge- thiere erschlossen, und es handelt sich jetzt darum, ob die Chinasäure, welche bereits von Zwenger und Siebert 1) in dem Heidelbeerkraute (Vaccinium Myrtillus) nachgewiesen worden ist, nicht auch in Kräutern aufgefunden werden kann, die, allgemeiner als jenes verbreitet, den Pflanzenfressern als Nahrung dienen. In der Hoffnung durch eine eingehendere Untersuchung jene eben ausgesprochene Voraussetzung zur Lösung der viel- fach angeregten Frage, hinsichtlich des Ursprungs der Hippur- fügte ich mich gern dem Vorschlage meines hochverehrten Lehrers Prof. Dr. Buchheim die Galium-Arten auf ihren etwaigen Gehalt an Chinasäure zu prüfen. Prof. Buchheim wies nämlich auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass die Galium- Arten Chinasäure enthielten, da bekanntlich schon längst me einigen zur Ordnung der Rubiaceen gehörigen Familien, namentu lich in den der Cinchoneen und neuerdings von Zwenger und Siebert 2) in den der Coffeaceen Chinasäure nachgewiesett worden ist, und jene Galium-Arten gerade in unsern Gegeriden die Repräsentanten einer Unterabtheilung der Rubiaceen, Wate lich der Stellatae, bilden. Durch das Auffinden von Chinasäure aber in eineri mit am Gewöhnlichsten und Häufigsten vorkommenden Weidekraute 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. v. Liebig u. Wöhler, Bd. 115. S. 108. 1860. 2) Annal. d. Chem. 1. Pharm. v. Liebig u. Wöhler, Supplementband 1. 8. 77. 1861. 1 dürfte mehr Licht auf die Frage über den Ursprung der Hippur- säure im Harn der Herbivoren verbreitet werden. Ebenso be- wog mich der Umstand zur Untersuchung der Galium-Arten, dass in ihnen eine der Chinasäure der empirischeu Zusammen- setzung nach nahe stehende Säure, die Rubichlorsäure, vor- kommt und von dieser Säure deshalb die Möglichkeit voraus- gesetzt werden darf, dass sie ähnlich, wie Lautemann 1) dieses von der Chinasäure gezeigt hat, in Benzoesäure umge- wandelt werden könnte. Konnte dieser Nachweis geliefert werden, so wäre damit ein weiterer Beitrag zur Lösung oben ausgesprochener Frage gewonnen; in wie weit derselbe mir gelungen, überlasse ich dem nachsichtigen Urtheile des Sachverständigen, dem die Schwierigkeiten, welche sich einem Anfänger bei derartigen Untersuchungen in den Weg stellen, nicht fremd sein können. Zugleich ergreife ich mit grossem Vergnügen die sich mir darbietende Gelegenheit, allen meinen hochgeehrten Lehrern an hiesiger Hochschule für die während meiner Studienzeit mir zu Theil geworden wissenschaftliche Förderung, insbesondere aber dem Herrn Prof. Dr. Buchheim, der rnich aufs Freund- lichste bei der vorliegenden Arbeit mit Rath und That unter- stützte, meinen tiefgefühlten Dank öffentlich auszusprechen. 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. v. Liebig u. Wöhler Bd 125. S. 99. 1863. Die ersten Untersuchungen über die Galium - Arten sind von Robert Schwarz1) ausgegangen; die Resultate derselben sind in einer kurzen Abhandlung: „Vorläufige Notiz über die Be- standtheile des Krautes von Galium verum und Galium aparines von ihm veröffentlicht werden. Schwarz fand in ihnen meh- rere organische Säuren: Rubichlorsäure, Citronensäure und eine eigenthümliche Gerbsäure, die er mit dem Namen Galitannsäure bezeichnete. Was die Rubichlorsäure anbelangt, so begnügte er sich mit dem einfachen qualitativen Nachweise derselben. Nachdem er nämlich die Galitannsäure und die Citronensäure in dem wässrigen Auszuge des Galiumkrautes entfernt hatte, zersetzte er den durch basisch essigsaures Bleioxyd unter Zu- satz von Ammoniak entstandenen Niederschlag durch Schwefel- wasserstoff und erwärmte die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüs- sigkeit nach Entfernung des Schwefelwasserstoffes mit verdünn- ter Salz- oder Schwefelsäure, wobei sich sofort ein feiner grüner, sich schwer absetzender Niederschlag bildete, den Schwarz als Chlorrubin, das charakteristische Zersetzungs- produkt der Rubichlorsäure, erkannte. Schwarz hielt es für überflüssig, die Rubichlorsäure zum Behufe der Analyse zu isoliren, da sie schon von Rochleder und Willigk unter- sucht und ihr eigenthümliches Zerfallen in Chlorrubin und Amei- 1) Sitzungsberichte d. Kaiserl. Acad. d. Wissenschaft. in Wien, math. Daturwiss. Classe. Jahrg. 1852. Bd. VIII. p. 26. - - 10 ar Mit sensäure beim Erwärmen mit Salz- oder Schwefelsäure beob- achtet worden war. Da nun die Chinasäure (C 4 H 2 02) in dem Löslichkeitsverhältnisse ihrer Salze, in der schweren Krystal- lisirbarkeit derselben, wie in ihrer ganzen Zusammensetzung grosse Aehnlichkeit mit der Rubichlorsäure (C4 H, 010) (Wil- ligk 1)) zeigt und auch die Eigenschaft mit ihr theilt, dass die freie Säure durch basisch essigsaures Bleioxyd nicht, wohl aber ihre Salze und zwar auch unvollkommen durch dasselbe gefällt werden, so musste im vorliegenden Falle die Chinasäure, falls sie überhaupt vorhanden war, mit der Rubichlorsäure durch basisch essigsaures Bleioxyd unter Zusatz von Ammoniak gefällt werden; der erstgenannte Stoff (Chinasäure) musste selbstver- ständlich bei Anwendung dieser Methode der Beobachtung von Schwarz entgangen sein. Bevor ich mich zur Mittheilung des von mir verfolgten Untersuchungsganges wende, erscheint es mir nicht ungeeignet, einiges zum Verständniss Dienende über die Rubichlorsäure vorauszuschicken. Schon 1818 hat Schunk) bei der Untersuchung der Krappwurzel (Rubia tinctorum) einen Stoff, jedoch noch durch verschiedene Beimengungen verunreinigt, gefunden, der beim Erwärmen mit Salz und Schwefelsäure ein grünes Zersetzungs- product unter einem eigenthümlichen sauren Geruche lieferte; er hielt ihn für identisch mit dem von Kuhlmann unter dem Namen Xanthin beschriebenen Stoff. Debus 3), der fast zu derselben Zeit die Krappwurzel einer chemischen Untersuchung unterwarf, fand ebenfalls einen eigenthümlichen Körper, welcher die von Schunk angegebene 11 Sitzungsber. d. Kaiserl. Wien. Acad. naturw. mathem. Classe. Bd. 8. S. 24. Jahrg. 1852. 2) Annal. der Chemie und Pharm. von Liebig und Wöhler, Bd. 66. 8. 183. 1848. 3) Ebendaselbst, Bd. 66. S. 355. 1848. - - 11 Reaction beim Erwärmen mit Salz- oder Schwefelsäure zeigte, er bezeichnete ihn schon näher als Säure und giebt dem grünen Zersetzungsproducte nach angestellter Elementaranalyse, die Formel C30 H 4 Om Rochleder 1) und Schwarza) bestäti- gen später diese Analyse, geben aber dem grünen Körper (Chlorrubin) die Formel C60 Hz, 022, die mit den analytischen Resultaten von Debus übereinstimmt, sie vereinfachen zugleich die Formel, denn Coo Hzy 022 ist = 5 (C12 H403) + 7 HO. Die Formel C12 H4 03 ist aber = 412 Hg 45 - 2 HO, also = C2H4 0,+ 2 HO. Der erste, welcher diesen Stoff in reinem Zustande aus der Krappwurzel von den anderen Bestandtheilen abschied, so- wie seine Natur und Eigenschaften näher bestimmte und ihn unter dem Namen Rubichlorsäure beschrieb, war Rochleder 3). Fast zu derselben Zeit fanden zwei andere Chemiker, die in Rochieder's Laboratorium arbeiteten, und zwar Willigk4) in den Blättern der Rubia tinctorum und Schwarz5) in der Asperula ordorata, die Rubichlorsäure. Bald darauf entdeckte Schwarz diese Säure noch in Galium verum und Galium aparine, wie ich schon oben bemerkt habe. Sie gaben der Rubichlorsäure die Formel C14 H, 0, + HO (Willigk); eine Formel, zu welcher sie durch eine Elementaranalyse der durch basisch essigsaures Bleioxyd unter Zusatz von Ammoniak ent- standenen Bleiverbindung gelangten; die Formel C14 Hg 0, (Rochleder 6)) wird auch durch die Zersetzungsweise dieser Säure bei höherer Temperatur durch Salz- oder Schwefelsäure . 1) Sitzungsber. d. Wiener Acad. naturw. math. Classe. Bd. 6. S. 443. 1851. 2) Ebendaselbst Bd. 6. S. 456. 1851. 3) Sitzungsber d. Kaiserl. Wiener Acad. der Wissensch. math.-naturw. Classe. Bd. 6. S. 441. 1851. 4) Ebendaselbst, Bd. 8. S. 22. 1852. 5) Ebendaselbst, Bd 6. S. 454. 1851. 6) Ebendaselbst, Bd. 6. S. 443. 1851. - - 12 bestätigt. Versetzt man nämlich die Rubichlorsäure mit Salz- oder Schwefelsäure, so wird die Flüssigkeit beim Erwärmen, unter Entwickelung von Ameisensäure, erst blau, dann grün und setzt ein dunkelgrünes, in Alkalien mit blutrother Farbe lösliches Pulver ab, welches beim Trocknen, ebenso beim län- geren Erhitzen mit den genannten Säuren missfarbig wird und bei gewöhnlicher Temperatur aus der Luft durch Aufnahme von Ammoniak und Sauerstoff sich violett färbt. Diesen Kör- per nennt Rochleder Chlorrubin; sowohl er als Schwarz haben diesen Körper analysirt und für denselben die Formel säure durch Salz- oder Schwefelsäure erfolgt demnach nach 644 H0, = C12 H4 03 + 2 HO + C, H, 04 Rubichlorsäure. Chlorrubin. Ameisensäure. Die Rubichlorsäure ist nach Rochleder unlöslich in Aether, leicht löslich iu Alcohol und Wasser, farblos oder durch beginnende Zersetzung schwach gelb gefärbt. Ihre Lösungen an der Luft im Wasserbade verdunstet, färben sich braungelb und lassen eine klebende Masse zurück. Sie besitzt einen faden, etwas ekelhaften Geschmack und keinen Geruch. Mit Alkalien versetzt wird sie gelb, auf Zusatz einer Säure wieder farblos; Barytwasser giebt keinen Niederschlag, ebenso neutrales essigsaures Bleioxyd, basisch essigsaures Bleioxyd einen gerin- gen, ammoniakhaltige Bleizuckerlösung einen weissen volumi- nösen Niederschlag. Zu meiner Untersuchung wählte ich nicht die bereits von Schwarz analysirten Galium-Arten, Galium verum und Galium aparine, sondern Galium Mollugo, welches ich im Juli und zu Anfang August, da die Pflanze sich in der vorgeschrittenen Blüthezeit befand, sammelte. Die frische Pflanze ohne die Wurzel wurde gehörig zerkleinert und mit Wasser unter Zusatz von Aetzkalk ausgekocht, die abgepresste Lösung filtrirt und theils zu Trockne theils zur Syrupsconsistenz abgedampft. Durch das Auskochen mit Aetzkalk wurde die nach Schwarz in den Galium-Arten vorkommende Gerbsäure, die Galitannsäure, zersetzt, die Citronensäure aber als eine Kalk- verbindung abgeschieden, wenn auch nicht vollständig, da der citronensaure Kalk in kaltem Wasser löslicher ist, als in heis- sem. In der Lösung mussten die Chinasäure und Rubichlor- säure, deren Kalksalze in Wasser leicht löslich sind, an Kalk gebunden sein, ebenso auch etwas citronensanrer Kalk, welcher sich etwa beim Erkalten der abgepressten Lösung, das nicht zu vermeiden war, gelöst haben konnte. Das bis zur Trockne eingedampfte sowohl, als auch das bis zur Syrupsconsistenz eingeengte Extract zeigte sich stark hyproskopisch, und alle Versuche aus dem letzteren Krystallo chinasauren Kalkes zu gewinnen, wareu vergeblich. Waren nun die in der Einleitung ausgesprochenen Vor- aussetzungen, bezüglich des Vorkommens der Chinasäure in den Galium-Arten einestheils, und der Umwandlung der Rubich- lorsäure anderntheils, richtig, so musste nach dem Einnehmen des Extractes eine vermehrte Ausscheidung von Hippursäure - 14 zur im Harn wahrgenommen werden. Es wurden zu wiederholten Malen 30 Grm. des Extracts eingenommen, und hiebei beobach- tet, dass wirklich schon aus dem eingedampften alkoholischen Auszuge (nach Zusatz von Salzsäure) des im Verlauf von 24 Stunden gesammelten und bis fast zur Trockene abge- dampften Harns eine Krystallisation von Hippursäure in bedeu- tender Menge stattfand. In dem, in 24 Stunden gesammelten, normalen Harn ist die Menge der Hippursäure eine so geringe, dass niemals eine Ausscheidung dieser Säure aus dem einge- dampften alkoholischen Auszuge nach Zusatz von Salzsäure stattfindet. Diese Beobachtung berechtigte mich zu dem Schlusse, dass in dem Extracte wirklich eine Substanz vorhanden war, die eine vermehrte Ausscheidung von Hippursäure im Harn ver- ursachte. Es fragte sich nun, ob die Vermehrung der Hippur- säure im Harn nach dem Einnehmen des Extractes durch die etwa vorhandene Chinasäure oder durch die wirklich vorkom- mende Rubichlorsäure oder durch beide Säuren bedingt wurde und, wenn Letzteres der Fall wäre, wie diese Säuren von ein- ander getrennt werden könnten. Da die Chinasäure bekanntlich bei Destillation mit Braun- stein und Schwefelsäure ein ihr charakteristisches und eigen- thümliches Zersetzungsproduct, das Chinon, liefert und auf diese Art sicher erkannt werden kann, so wurde zur Beleuchtung der ersten Frage die zuerst von Woskressensky ?) angege- bene und später von Stenhouse 2) namentlich bei Pflanzen- extracten angewandte Methode mit dem erhaltenen Extract ein- geschlagen, um durch die etwa eintretende Chinonbildung die Gegenwart von Chinasäure nachweisen zu können, 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. v. Liebig u. Wöhler Bd. 27. S. 268. 1838. 2) Ebendas. Bd. 54. S. 100. 1845 und Bd. 89. S. 244 1854. - - 15 Es wurden mehrere Versuche angestellt, bei keinem ge- lang es, ein Sublimat von Chinon zu erhalten. Das Destillat war von gelber Farbe, roch nach Ameisen- und Essigsäure und gab mit Ammoniak versetzt keine deutliche Reaction auf Chinon, sondern wurde nur dunkler gefärbt. Auf das Vorhandensein von Chinasäure konnte daher nicht mit Sicherheit geschlossen werden, denn möglicherweise gab auch die Rubichlorsäure bei Destillation mit Schwefelsäure und Braunstein Chinon, möglicherweise beeinträchtigte sie aber auch die Chinonbildung der Chinasäure. Um hierüber Aufschluss zu erhalten, musste die Rubichlorsäure erst entfernt werden, und da sie leicht durch Zersetzung mit concentrirter Salzsäure weg- geschafft werden konnte, so wurde dieser Weg eingeschlagen; es fragte sich hierbei jedoch noch, ob nicht auch die China- säure, die hier berücksichtigt werden musste, ebenfalls durch das Erwärmen mit concentrirter Salzsäure eine Zersetzung erleide. Um dieses festzustellen, kochte ich reine krystallisirte China- säure in einem Kolben mit concentrirter Salzsäure; damit nun die verdampfende Salzsäure immer wieder in den Kochkolben zurückfliessen konnte, verschloss ich den letzteren mit einem durchbohrten Korke, durch dessen Bohrloch eine in vielfache Windungen gekrümmte und an einzelnen Stellen zu Kugeln aus- geblasene Röhre ging. Nachdem ich 2 Stunden lang ein gelindes Kochen im Sandbade eingehalten und hierbei gar keine Veränderung wahr- genommen hatte, verdampfte ich die Salzsäure im Wasserbade, neutralisirte mit Aetzkalk die nachgebliebene syrupöse Masse, entfernte, nachdem ich sie in Wasser gelöst hatte, durch Ein- leiten von Kohlensäure den Ueberschuss an Aetzkalk, filtrirte, dampfte bis zur Syrupsconsistenz ein und fügte starken Alcohol hinzu; hiebei schied sich der chinasaure Kalk als eine schleim- artige zusammengebackene Masse ab. Der Alcohol wurde so- - - 16 dann abgegossen, der Rückstand in Wasser gelöst, zur Trockne eingedampft und der Destillation mit Schwefelsäure und Braun- benen Verfahren sowohl ein Sublimat von Chinon, wie auch die charakteristische Reaction des Destillats mit Ammoniak er- hielt, so war hiermit der genügende Beweis dafür geliefert, dass die Chinasäure durch Kochen mit concentrirter Salzsäure keine Zersetzung erleidet. Nachdem dieses festgestellt, wurde eine Portion des Ex- tractes in Wasser gelösst, mit Bleizuckerlösung die möglicher- weise noch vorhandene geringe Menge von Citronensäure und die durch neutrales essigsaures Bleioxyd fällbaren Substanzen entfernt, das Filtrat durch Schwefelwasserstoff vom Blei befreit, durch Wärme concentrirt, die Rubichlorsäure mit concentrirter Salzsäure bei derselben Vorrichtung, wie bei dem Versuch mit reiner Chinasäure, zersetzt und vom Chlorrubin abfiltrirt. Das Filtrat wurde zur Trockene verdampft, in Wasser gelöst, filtrirt, und ganz so weiter verfahren, wie bei dem Versuch mit reiner Chinasäure angegeben ist. Die so gewonnene Kalkverbindung zeigte dasselbe Verhalten gegen Alcohol, wie die beim Ver- such mit reiner Chinasäure erhaltene; als sie der Destillation mit Braunstein und Schwefelsäure unterworfen wurde, ergab sich bei wiederholten Versuchen nicht nur ein Sublimat von Chinon in goldgelben, langen, nadelförmigen Krystallen, sondern auch ein intensiv gelb gefärbtes Destillat von eigenthümlichem, die Augen zu Thränen reizenden Geruch, welches mit Ammo- niak sofort die für Chinon so charakteristische dunkle, schwarz- braune Färbung annahm. Dieses erhaltene Resultat sowohl, als auch das Verhalten der Kalkverbindung gegen Alcohol berechtigte mich vollkommen zu dem Schlusse, dass die Chinasäure in dem durch Auskochen mit Aetzkalk aus Galium Mollugo gewonnenen Extracte ent- - - 17 halten ist, und hieraus folgerte sich dann weiter die Beant- wortung der ersten Frage, dass die Chinasäure zur Vermeh- rung der Hippursäure im Harn nach dem Einnehmen des Extracts beiträgt und erklärt sich der Umstand, dass bei den mit dem Extracte angestellten Versuchen, bei Destillation mit Braunstein und Schwefelsäure die Chinonbildung durch die im Verhältniss zur Chinasäure in grösserer Menge vorkommende Rubichlorsäure beeinträchtigt wurde, da diese bekanntlich durch Säuren in Ameisensäure und Chlorrubin, letzteres aber, wie später angestellte Versuche belehrt haben, bei der Behandlung mit Schwefelsäure und Braunstein in Essigsäure und Ameisen- säure oxydirt wird. Nach diesen Ergebnissen wurde zur Trennung der beiden Säuren geschritten. Die chinasauren Salze krystallisiren meist, wenn auch schwierig, die rubichlorsauren dagegen sind aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht zur Krystallisation zu bringen, sie verhindern vielmehr, wenn sie den chinasauren Salzen bei- gemengt sind, -- wie Versuche dargethan haben, - die Krystallisation derselben. Da auch die Rubichlorsäure, wie schon bemerkt, die Eigenthümlichkeit mit der Chinasäure gemein hat, dass sie nur mit Bleioxyd unter gewissen Umständen eine unlösliche basische Verbindung eingeht, die Verbindung aber mit andern Schwermetalloxyden sowohl, als die mit Alkalien, alkalischen Erden und Erden in Wasser leicht löslich sind und sonst nichts Charakteristisches darbieten, worauf sich eine Tren- nung der genannten Säuren gründen liesse, so bot mir nur das Verhalten gegen Bleioxyd einen Anhaltspunkt dar, um viel- leicht durch fraktionirte Fällung eine Trennung herbeiführen zu können. Zu dem Zwecke wurde eine Portion des Extracts In Wasser gelöst, mit neutralem essigsauren Bleioxyd die etwa noch vorhandene Citronensäure und die durch Bleizuckerlösung Tallbaren Substanzen entfernt, das Filtrat mit basisch essigsaurem - — — — _ - - -. - - - - - - - - - 18 Bleioxyd vollständig ausgefällt und der schwach gelb gefärbte Niederschlag abfiltrirt. Zu dem Filtrate wurde nun wieder Blei- essig, dann Ammoniak so lange hinzugefügt, bis sich auf wei- teren Zusatz kein Niederschlag mehr bildete. Das weisse, voluminöse Präcipitat wurde durch Filtriren von der Flüssigkeit getrennt, die abfiltrirte Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff be- handelt, um das vorhandene Blei zu beseitigen, vom Schwefel- blei abfiltrirt und durch gelinde Wärme zur Syrupsconsistenz eingeengt. Durch dieses Verfahren hoffte ich die Chinasäure ausgefällt zu haben, und es musste mithin in dem letzten Filtrate die Rubichlorsäure vorhanden sein; zwar wurde die Rubichlor- säure sowohl durch basisch essigsaures Bleioxyd allein, als auch auf Zusatz von Ammoniak mitgefällt, jedoch liess sich immer noch ein nicht unbeträchtlicher Theil von Rubichlorsäure nach der fractionirten Fällung im letzten Filtrate durch Erwär- men mit Salzsäure nachweisen. Um nun die Gewissheit zu erlangen, dass die Chinasäure durch diese Behandlungsweise vollständig gefällt worden war, wurde das zuletzt erhaltene Filtrat nach Entfernung des Bleies auf die obenbeschriebeue Weise zur Entfernung der Rubichlorsäure und zur Darstellung der Kalkverbindung behandell. Diese, mit Schwefelsäure und Braunstein der Destillation unterworfen, lieferte durch das Auf- treten von Chinon als Sublimat sowohl, wie auch durch die bekannte Chinonreaction des Destillates mit Ammoniak den Be- weis, dass durch die fractionirte Fällung mit basisch essigsauiem Bleioxyd und Ammoiak keine Trennung der Chinasäure von der Rubichlorsäure erzielt werden kann. Zum Ueberflusse wurden die beiden erhaltenen Bleiniederschläge getrennt, zur Nachweisung der gefällten Chinasäure mit Schwefelsäure zer- setzt, durch Digeriren mit kohlensaurem Bleioxyd die über- schüssige Schwefelsäure entfernt, sodann das etwa aufgelöste Bleioxyd durch Schwefelwasserstoff beseitigt, vom Schwefelblel — 19 3 abfiltrirt, die stark sauren Flüssigkeiten durch gelinde Wärme eingeengt und nach der Zersetzung der Rubichlorsäure mit Braunstein und Schwefelsäure auf Chinasäure geprüft. Wie zu erwarten war, erhielt ich bei diesen Versuchen nicht nur ein schönes Sublimat von Chinon, sondern auch ein Destillat, wel- ches auf Zusatz von Ammoniak die mehrmals erwähnte Reac- tion zeigte. Weitere Versuche, die zur Trennung der beiden Säuren vorgenommen wurden, führten zu keinem Resultate, und es blieb daher kein anderer Weg übrig, als durch Zersetzung mit Salzsäure die Rubichlorsäure zu entfernen, um dann durch Ge- winnen von chinasaurem Kalk mehr Thatsachen zu erzielen, die das Vorhandensein der Chinasäure noch evidenter darzu- thun im Stande wären. Bevor nun dieser angedeutete Weg eingeschlagen werden konnte, musste erst die Frage, ob auch die Rubichlorsäure, wie beim Einnehmen des Extracts beobachtet, im Organismus zur vermehrten Ausscheidung der Hippursäure durch Umwand- lung in Benzoësäure mit beitrage, beantwortet werden. Da das Trennen der beiden Säuren mir nicht gelungen war, ich daher auch keine Versuche mit der reinen Säure zur Entscheidung dieser Frage machen konnte, so stellte ich an mir selbst durch Einnehmen einer Flüssigkeit, in welcher diese beiden Säuren vorhanden waren, und durch Prüfung der in den Harn über- gegangenen Hippursäure-Mengen mehrere Versuche an. Zuerst wurde der Gehalt im normalen von 48 Stunden gesammelten Harn an Hippursäure durch die folgende Methode festgestellt. Nachdem der Harn im Dampfbade bis fast zur Trockene eingedampft worden war, wurde der Rückstand mit starkem Alkohol so lange behandelt, bis sich nichts mehr löste, hierauf filtrirt, das Filtrat auf ein geringes Volumen eingedampft und mit Salzsäure versetzt, 2 Tage lang stehen gelassen, die rn 1 - - 20 Flüssigkeit von den abgeschiedenen Hippursäurekrystallen abge- gossen, 4 Tage lang mit Aether, der zwei Mal täglich er- neuert wurde, extrahirt, der Aether durch Destillation entfernt und die zurückgebliebene Hippursäure mit der vorher erhaltenen vereinigt, sodann 2 Mal durch Umkrystallisiren aus Wasser mehr gereinigt, bei 1000 C. getrocknet und gewogen; hierbei ergab sich, dass die Menge der innerhalb 48 Stunden durch den Harn unter den normalen Lebensbedingungen und bei ge- mischter Kost, ausgeschiedenen Hippursäure 0,6659 Grm. betrug Nachdem nun der Gehalt an Hippursäure im normalen Harn bestimmt worden war, wurde eine bestimmte Quantität der Versuchsflüssigkeit eingenommen. Zu diesen Versuchen diente das Filtrat, welches erhalten wurde, nachdem schon durch neutrales, dann durch basisch-essigsaures Bleioxyd und An mo- niak gefällt, das überschüssige Blei durch Schwefelwasserstoff beseitigt, vom Schwefelblei abfiltrirt und die Flüssigkeit bis zur Syrupsconsistenz eingedampft worden war; dieses enthielt China- säure, Rubichlorsäure und Essigsäure an Kalk und Ammoniak gebunden. 40 Grm. von dieser Flüssigkeit wurden eingenom- men, der Harn von 24 Stunden gesammelt und die Hippur- säure nach der oben beschriebenen Methode bestimmt. Die Hippursäure - Menge betrug 2,3326 Grm. Bei einem andern Versuch, bei dem 30 Grm. der Flüssigkeit eingenommen wut- den, waren innerhalb 24 Stunden 1,7920 Grm. Hippursäure in den Harn übergegangen. Bei einem weiteren Versuche wurde in 30 Grm. jener Flüssigkeit die Rubichlorsäure durch Salzsäure zersetzt, vom Chlorrubin abfiltrirt, zur Trockne einge- dampft, in Wasser gelöst, filtrirt, und dieses Filtrat eingenom- men. Die innerhalb 24 Stunden ausgeschiedene Hippursäure betrug in diesem Fall 1,7780 Grm. 60 Grm. der Flüssigkeit wurden ebenso behandelt und eingenommen; ich erhielt hierbei - - 21 aus dem innerhalb 24 Stunden gelassenen Harn 3,1987 Grm. Hippursäure. Stellt man nun die erhaltenen Hippursäure-Mengen zur Vergleichung neben einander, so findet man : Gehalt an roher Hippursäure: Normaler Harn von 24 Stunden enthält . . 0,3330 Grm. Der Harn von 24 Stunden nach dem Einnehmen der Substanz und zwar von 30 Grm. .. 1,7510 , 30 , .. 1,7920 , Der Harn von 24 Stunden nach dem Einnehmen der Flüssigkeit, in welcher die Rubichlorsäure mit Salzsäure zersetzt worden war, und zwar einer Portion derselben von 30 Grm. ... 1,7780 , 30 , ... 1,7196 , Hieraus ergiebt sich : 1) Dass die reichlichere Ausscheidung der Hippursäure sowohl hier, als auch schon beim Einnehmen des II nur V Of woraus von selbst folgt, dass 2) die Rubichlorsäure keinen Einfluss auf die Bildung der Hippursäure im Organismus ausübt, somit keine Umwandlung in Benzoesäure im Organismus erleidet. Daraus dürfte dann mit grosser Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, wenn man noch die Zersetzungs- weise der Rubichlorsäure berücksichtigt, dass die Umwandlung in Benzoesäure durch Reduction vermit- telst Jodwasserstoff oder Jodphosphor nicht gelingen würde. Zur Darstellung einer bedeutenden Menge chinasauren Kalks wurde eine grössere Portion des Extracts in Wasser - - 22 ren, vom entstandenen Niederschlage abfiltrirt und so lange mit Bleiessig und Ammoniak versetzt, bis kein Niederschlag mehr entstand. Der auf diese Art gewonnene Bleiniederschlag wurde ganz in der oben angegebenen Weise, also zunächst mit Schwefelsäure, kohlensaurem Bleioxyd und Schwefelwasser- stoff etc. behandelt, und dann die erhaltene saure Flüssigkeit im Dampfbade eingeengt. Die Rubichlorsäure wurde jetzt durch Salzsäure entfernt, das gebildete Chlorrubin abfiltrirt, das Filtrat zur Trockene verdampft, in Wasser gelöst, filtrirt und zur Ent- fernung des vorhandenen Ammoniaks und zur Darstellung des chinasauren Kalkes mit Aetzkalk gekocht. Nachdem diese jetzt erhaltene Flüssigkeit filtrirt worden war, wurde durch Einleiten von Kohlensäure, durch Erwärmen und Abfiltriren des kohlen- sauren Kalkes der überschüssige Kalk entfernt. Dem zur Syrupsconsistenz eingeengten Filtrate wurde Alcohol hinzugefügt, hierauf der Alcohol von dem den chinasauren Kalk enthaltenden Niederschlage abgegossen, letzterer einige Mal mit Alcohol aus- gewaschen, in Wasser gelöst und der noch darin befindliche Alcohol durch Wärme entfernt. Diese Lösung wurde sodann einige Toge zur völligen Entfärbung mit gereinigter Blutkohle digerirt, von der Kohle durch Filtriren getrennt, dann wiederum zur Syrupsconsistenz eingedampft und unter einer Glasglocke über Alcohol der Krystallisation überlassen. Da nach 4 Wochen noch keine Krystallisation des china- sauren Kalkes erfolgt war, so wurde versucht, durch andere Bedingungen eine solche berbeizuführen, wie z. B. über Aether, über Schwefelsä:1re und unter der Luftpumpe. Doch alle Ver- suche waren vergebens, und ich musste annehmen, dass die Chinasäure bei der Darstellung des Kalksalzes durch das häu- fige Kochen ihrer Lösung eine Moleküläränderung erlitten hatte, wodurch die Krystallisationsfähigkeit, wenn nicht ganz aufgehoben, so doch sehr beeinträchtigt worden war, wie schon - - 23 vön Wöhler 1), Stenhouse 2) und Hesse 3) beobachtet ist. Ebenso gelang es mir nicht mit andern Basen und der betref- fenden Säure eine Krystallisation zu erzielen. Zur Aequivalentbestimmung wurde das amorphe basische Kupfersalz und das Silbersalz benutzt. Dargestellt wurde zu diesem Zwecke das Kupfersalz durch Wechselwirkung des schwefelsauren Kupferoxydes und chinasauren Kalks, Abfiltriren des gebildeten schwefelsauren Kalkes, Digeriren der Flüssig- keit mit frisch gefälltem Kupferoxydhydrat, tropfenweises Zu- setzen von Kalilauge bis zu dem Punkte, wo das durch den zugesetzten letzten Tropfen von Kali enstandene Kupferoxyd- hydrat sich nicht mehr löste, hierauf wurde vochmals filtrirt, mit Wasser verdünnt und bis zum beginnenden Kochen er- hitzt. Sobald die Flüssigkeit bis zum Kochen erhitzt worden war, schied sich das basisch chinasaure Kupferoxyd als ein grünes amorphes Pulver aus. Nach Liebig und Kremers 4) besitzt das krystallisirte basisch chipasaure Kupferoxyd die Zusammensetzung C, H Cuz 012 + 4 HO, nach Woskressensky5) G14 H10 Cu, 012 + 5 HO und nach Hesse 6) und Clemm?) als eine einato- mige Säure C, H,, Cu 0,, + CuO HO + 2 HO. Bei 1300 C. entweicht das Krystallwasser und hat dann als wasserleeres Salz die Zusammensetzung nach Liebig 44 H Cu, 012 und nach Hesse C14H1 Cu 012 + CuO. sau ammo 1) Annal. der Chemie und Pharmacie von Liebig u. Wöhler. Bd. 51. S. 149. 1814. 2) Ebendaselbst, Bd. 89, S 244. 1854. 3) Ebendaselbst, Bd. 114. S. 292 1860. 4) Annal d. Chem u. Pharm. v Liebig u. Wöhler Bd. 110. S. 341. 1859. 5) Ebendaselbst, Bd. 110 S. 341. 1859. 6) Organische Chemie von Limpricht S. 676. 7) Annal der Chemie und Pharm. von Liebig und Wöhler Bd. 110. 8. 355. 1859. -- - 24 1. 0,617 Grm. dieser von mir nach der oben beschrie- benen Art gewonnenen und bei 1300 C. getrockneten Verbin- dung gaben 0,184 Grm. Kupferoxyd. II. 0,766 Grm. Substanz gaben 0,231 Grm. Kupferoxyd. III. 0,552 Grm. Substanz gaben 0,167 Grm. Kupferoxyd. Nach Liebig: Aeq. berechnet. Gefunden. C14 H,00 = 174 68,67 I. II. III. 2 CuO = 79,4 31,33 - - - 253,4 100,00 Nach Hesse: C14 H11 011 = 183 69,74 2 CuO = 79,4 30,26 29,82. 30,15. 30,25. 262,4 100,00 Diese gefundenen Zahlen stimmen mit den, aus der von Hesse angenommenen Zusammensetzung, berechneten überein. Zur Darstellung der Silberverbindung wurde der china- saure Kalk mit Schwefelsäure zersetzt, der schwefelsaure Kalk durch Zusatz von Alcohol völlig abgeschieden, mit kohlensau- rem Bleioxyd die überschüssige Schwefelsäure und hierauf das etwa aufgelöste Blei durch Schwefelwasserstoff entfernt, filtirirt, durch Abdampfen concentrirt und so lange mit frisch gefälltem kohlensauren Silberoxyde bei gelinder Erwärmung versetzt, bis die Lösung vollkommen neutral reagirte und beim weiteren Zusatz kein Aufbrausen von entweichender Kohlensäure mehr erfolgte, wiederum filtrirt und da es mir auch hier nicht ge- lang eine Krystallisation von chinasaurem Silber zu erhalten, so wurde das Filtrat mit starkem Alcohol versetzt. Das chi- nasaure Silber schied sich durch den Zusatz von Alcohol als ein weisses amorphes Pulver ab. Dieser Niederschlag wurde durch Filtriren und Auspressen des Filtrums zwischen Filtrir- papier von der Flüssigkeit befreit, bei 980 C. getrocknet und ebenfalls zur Aequivalentbestimmung der Chinasäure benutzt, 2 A nasau - 25 - 1. 0,350 Grm. d. Subst. gaben 0,126 Grm. Ag=0,135 Grm. Ago. II. 0,373 . 0,134 , Ag=0,144 , Ago. Aequiv. berechnet gefunden. (14 441011 = 183 61,21 1. II. Ago = 116 38,79 38,57 38,60 299 100,00 Diese Zahlen stimmen mit den von Woskressensky 1) gefundenen überein. Aus allem Gesagten lässt sich mit ziemlicher Bestimmtheit der Schluss ziehen, dass die Chinasäure sich auch in den an- dern Galium-Arten, in den andern Gattungen der Stellatae, überhaupt in allen zu der Ordnung Rubiaceae gehörigen Pflan- zen findet. Beiläufig führe ich hier einen Versuch an, den ich mit der Wurzel der Rubia tinctorum anstellte und aus dem man wohl auf das Vorhandensein von Chinasäure in dieser zur Ordnung Rubiaceae gehörigen Pflanze schliessen kann. 90 grm. der Wurzel von Rubia tinctorum wurden nämlich mit Wasser extrahirt, die erhaltene Lösung zur Trockene abgedampft, hier- auf in wenig Wasser gelöst, mit Salzsäure gekocht, filtrirt, zur Trockene abgedampft und mit Schwefelsäure und Braunstein der Destillation unterworfen. Ich erhielt hier zwar kein Sub- limat von Chinon, wohl aber als Destillat eine intensiv gelbe Flüssigkeit mit dem eigenthümlichen Chinongeruche, welche auf Zusatz von Ammoniak sofort eine dunkelbraune Färbung annahm. Da nun die Galium-Arten, namentlich Galium verum, Mol- lugo, uliginosum, boreale etc. gute Futterkräuter sind und über- aus häufig vorkommen, (die Stellaten bilden bei uns 1/447, in Deutschland 1/2 sämmtlicher Pflanzen 2)) auf Berg- und feuchten 1) Chemie der org. Verb. v. Löwig 2 Bd. S. 1343. 1846. 2) Beschreibung der phanerog Gewächse Liv-Est- und Curlands von Wie- demann und Weber Reval 1852. Einleitung pag. 81. - - 26 1 Wiesen, Anhöhen, Feldrändern etc., überhaupt an solchen Orten, an denen die Herbivoren ihre Nahrung suchen, so scheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Chinasäure die Ursache des Vorkommens der Hippursäure im Harn der Pflanzenfresser ist. Sie dürfte sich vielleicht auch in den Futterkräutern, wie etwa Festuca elatior, Anthoxantum odoratum, Poa pratensis, trivialis, etc., nach deren Genuss die Herbívoren reichlich Hippursäure nach Hallwachs 1) Beobachtungen ausscheiden, finden. Es lag nun nahe diese Futtergräser einer Untersuchung auf Chi- zuführen, wurde jedoch daran dadurch gehindert, dass, als ich die Chinasäure in Galium Mollugo fand, der Herbst schon zu weit vorgerückt war, als dass ich mir noch Material hätte sammeln können. 1) Hallwachs: Ueber den Ursprung der Hippursäure im Harn der Plan- zenfresser. Göttingen, gekrönt. Preisschrift. 1857. Anhangsweise führe ich hier noch zwei Stoffe an, die mir bei der Untersuchung des Galium Mollugo auf Chinasäure auf- gefallen sind, so wie ich auch die Art der Einwirkung ver- schiedener Agentien auf das Zersetzungsproduct der Rubichlor- säure, das Chlorrubin, erwähne. Als ich nämlich die Kalk- salze der Rubichlorsäure und Chinasäure mit nascirendem Was- serstoffe (vermittelst Salzsäure und Zink) behandelte, nahm ich beim Neutralisiren der überschüssigen Salzsäure mit kohlensau- rem Natron, namentlich wenn ein Ueberschuss von kohlensau- rem Natron hinzugefügt wurde, einen starken, dem Coniin ähn- lichen penetranten Geruch wahr; ich unterwarf diese mit koh- lensaurem Natron neutralisirte Flüssigkeit mit Aetzkalk der Destillation; als Vorlage diente ein tubulirter Ballon, in wel- chem sich verdünnte Salzsäure befand, aus dem Tubulus des Ballons führte eine 2 schenklig gebogene Glasröhre in ein Ge- fäss, das ebenfalls verdünnte Salzsäure enthielt. Es wurde so lange destillirt, bis der eigenthümliche Coniingeruch nicht mehr wahrgenommen werden konnte. Das erhaltene Destillat als salzsaure Verbindung wurde bei gelinder Wärme zu Trockene verdunstet. Eine Probe des Rückstandes, welcher aus einer hygroscopischen Krystallmasse bestand, gab, mit Kalilauge übergossen, neben viel Animoniak, namentlich beim Erwärmen, denselben eigenthümlichen penetranten Conüingeruch. Um diese Substanz von dem begleitenden Chlorammonium zu befreien, wurde die salzsaure Verbi,dung mit 1 Theil Aether und 3 Theilen starkem Alcohol behandelt. Die erhaltene Lösung bei MILIOUT im - - 28 un gelinder Wärme wieder zur Trockene verdunstet, hinterliess ei- nen krystallinischen Rückstand, der hygroscopisch war, und an der Luft braun wurde. Einige Centigramme hiervon einem Frosch eingegeben, brachten eine Lähmung der Extremitäten desselben hervor; doch währte das nur einige Secunden, spä- ter erholte sich der Frosch wieder und nach Verlauf von 6 Stunden waren keine besondern Symptome wahrzunehmen. Hierauf wurde diese Substanz in Alcohol gelöst und mit ebenfalls in Alcohol gelöstem Platinchlorid versetzt: hierbei entstand ein gelber Niederschlag, der bei näherer Untersuchung sich als Platinsalmiak erwies; die Lösung vom Platinsalmiak abfiltrirt und unter einer Glasglocke über Schwefelsäure ver- dunstet, hinterliess gelbe, nadelförmige, an der Luft feucht wer- dende Krystalle, die mit Kalilauge übergossen denselben mehr- mals erwähnten Geruch nach Coniin in hohem Grade verbrei- teten. Die Platinverbindung wurde nun zur Isolirung dieses Stoffes nochmals mit Natronlauge der Destillation unterworfen, das Destillat in verdünnter Salzsäure aufgefangen und unter der Luftpumpe verdunstet. Diese salzsaure Verbindung krystal- lisirt ähnlich dem Chlorammonium, wird an der Luft feucht und bräunt sich dabei. Das Wenige der Substanz gestattete mir keine weiteren entscheidenden Untersuchungen anzustellen; aus Allem erbellt aber, dass diese Substanz eine Base ist. Ebenso erwähne ich hier kurz eines zweiten Stoffs, den ich ebenfalls wegen Mangel an Material nicht weiter untersu- chen konnte. Diesen Stoff nahm ich wahr bei Prüfung des durch Bleizuckerlösung in dem in Wasser gelösten Extracte enstandenen Niederschlages auf etwa mitgefällte Chinasäure. Nachdem nämlich dieser Bleiniederschlag mit Schwefelsäure zersetzt, durch kohlensaures Bleioxyd die überschüssige Schwe- felsäure, das etwa aufgelöste Blei durch Schwefelwasserstoff entfernt und die erhaltene filtrirte Flüssigkeit zur Syrupsconsi- ' - 29 11 stenz eingedampft worden, schieden sich bei Zusatz von star- kem Alcohol Krystallkrusten ab; die Krystalle wurden durch Filtriren von der Flüssigkeit getrennt, zwischen Filtrirpapier ausgepresst, getrocknet, in Wasser gelöst und unter einer Glasglocke über Schwefelsäure durch Umkrystallisiren gereinigt. Dieser Stoff krystallisirt in farblosen zu Krusten vereinigten Krystallblättchen, schmeckt schwach süss, löst sich leicht in Wasser, sehr wenig in Alcohol und ist optisch unwirksam. Er verhindert die Fällung einer Kupferlösung durch Zusatz von Kali, beim Kochen scheidet sich aber kein Kupferoxydul ab, selbst dann nicht, wenn er vorher mit verdünnter Schwe- felsäure gekocht worden. Auf Platinblech erbitzt, verkohlt er unter Ausstossung eines Geruchs nach verbranntem Zucker, ge- gen Pflanzenfarben verhält er sich indifferent. Nach dem so beschriebenen Verhalten dürfte diese Substanz in die Gruppe der wannitäholichen Stoffe gezählt werden. Zum Schluss theile ich noch einige Versuche über die Einwirkung verschiedener Agentien auf das Chlorrubin mit, die n der Absicht unternommen wurden, etwas Näheres über die Natur desselben zu erhalten. Erhitzt man nämlich das Chlor- rubin mit Salpetersäure in einer Retorte, so findet eine hef- tige Einwirkung unter Entwickelong salpetrigsaurer Dämpfe statt, das Chlorrubin wird hellbraun und bildet eine zusam- mengebackene harzartige Masse, die auf der Salpetersäure schwimmt; wird die überdestillirende verdünnte Salpetersäure immer wieder durch einen Zusatz von concentrirter Säure er- setzt und das Erhitzen so lange fortgesetzt, bis sich keine rothen Dämpfe mehr bilden, so löst sich die harzartige Masse und die Flüssigkeit wird gelb gefärbt; aus dieser wurden aber nur Krystalle von Oxalsäure gewonnen. Die Einwirkung der Salpeter-Schwefelsäure verursacht ebenfalls nur eine Oxydation; eine Nitroverbindung konnte nicht erhalten werden. Mit Schwe. - - 30 felsäure und Braunstein der Destillation unterworfen, lieferte das Chlorrubin flüchtige Fettsäuren, wie Essigsäure und Amei- sensäure. Wird das Chlorrubin mit Chlor behandelt, so nimmt es eine schöne gelbe Farbe an und wird in Alcohol vollkom- men, im Aether nur theilweise löslich, wobei es sich dunkel- braun färbt, während es sonst in Wasser und Weingeist un- löslich iet. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels scheidet sich das Chlorrubin wieder als amorphes, gelbes Pulver ab. Mit Wasser gekocht, backt sich das mit Chlor behandelte Chlorrubin zusammen, erweicht sich und wird schwarz und glänzend, nach dem Erkalten nimmt es aber wieder seine ur- sprüngliche gelbe Farbe und pulverartige Beschaffenheit an. Das Verhalten des mit Chlorbehandelten Chlorrubins gegen Ammoniak, Alkalien, alkalische Erden, Erden und Schwerme- talloxyde gleicht ganz dein der Harze. Da es mir nicht mög- lich war, diese Substanz in Krystallen zu erhalten oder kry- stallisirbare Verbindungen mit ihr zu erzeugen, wodurch eine Garantie für die Reinheit behufs Anstellung einer Elementar- analyse geboten wäre, so sah ich mich genöthigt diese Unter- suchung in Folge der Resultatlosigkeit einzustellen. These n. 1. Die Chinasäure findet im Pflanzenreiche eine weitere Verbreitung, als man bisher angenommen hat. 2. Die Bildung der Hippursäure wird nur durch Stoffe wandelt werden. 3. Es ist wünschenswerth, das Liebigsche Fleisch- extract als Arzneimittel in die Pharmacopoe auf- zunehmen. 4. Die Aechtheit des Rothweins kann auf optischem erkannt werden. 5. Die Löslichkeit der arsenigen Säure wird durch fette Körper vermindert. 6. Dreifach gefahrvoll ist die Anwendung des Santonins. Beiträge zu dem gerichtlich chemischen Nachweis des Brucins, Emetins und Physostigmins in thierischen Flüssigkeiten und Geweben. WY." Inaugural - Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doctors der Medicin verfasst und mit Bewilligung einer Hochverordneten Medicinischen Facultät der Kaiserl. Universität zu Dorpat zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt von Eugen Pander, ausl. Dr. med. Ordentliche Opponenten: Prof. Dr. Dragendorff. - Prof. Dr. Vogel... Prof. Dr. Schmiedeberg. .... .... DORPAT, 1871. Druck von Heinrich Laa k man 1). Gedruckt auf Verfügung der medicinischen Facultät. Dorpat, den 12. März 1871. Prof. Dr. Böttcher, (Nr. 49.) d. 2. Decan der medicin. Facultät. (L. S.) Seinem Vinier in Dankbarkeit und Liebe gewidmet Om l'erfasser'. Vorwort. Dem Leser dieser Blätter wird es auffallen, in ihnen drei Alkaloide abgehandelt zu sehen, die weder hinsichtlich ihres Vorkommens, noch ihrer chemischen Eigenschaften und physiologischen Wirkungen etwas mit einander gemein haben. Ich kann in der That als Grund, wesshalb ich sie im Laufe der Zeit untersucht habe, nur den Umstand anführen, dass ihnen unter den praktisch wichtigeren Pflanzenbasen bisher keine genügende Bearbeitung vom Standpunkte des Gerichts- chemikers aus zu Theil wurde, und es mir daher wünschens- werth erschien, die vorhandenen Lücken in unserer Kennt- niss auszufüllen. Indem ich die folgenden Arbeiten über die gerichtliche Chemie des Brucins, Emetins und Physostig- mins übernahm, hoffte ich zugleich die in der angegebenen Richtung während der letzten Jahre hier ausgeführten Un- tersuchungen zu einem gewissen Abschluss zu bringen. - Da es bekannt ist, dass das Brucin bei Thieren die- selben Erscheinungen hervorruft wie das Strychnin, so soll bei den Versuchen mit ersterem der Symptome nur kurz Erwähnung geschehen. Weit grösseres Interesse als das Brucin, das allein noch nie bei absichtlichen Vergiftungen genommen worden ist, erregt das Emetin insofern, als die dasselbe enthaltende radix Cephaëlis Ipecacuanhae nicht nur als Medicament bei Verschiedenen Erkrankungen der Respirationsorgane, bei Krämpfen etc. etc., sondern in grösseren Dosen auch als Brechmittel in Vergiftungsfällen angewandt wird, um das - - - - - I ! 1 Gift vor seiner verderblichen Einwirkung auf den Organis- mus aus demselben zu entfernen. In letzterwähntem Fall wäre es möglich, dass die als Medicament angewandte Brechwurzel, in zu grosser Quantität verabreicht, selbst als Gift wirkt. Sie kann aber weiter auch, als Medicament gegeben, durch ihre Gegenwart im Untersuchungsobject den Gerichtschemiker irre führen, indem sic alkaloidische Reactionen bedingt, die nur von ihr veranlasst werden, oder Reactionen zweiter, als Gift genommener Alkaloide, verdeckt. In dieser Hinsicht ist es daher nicht unwesent- lich zu erfahren, ob und in welchem Theil des Körpers sich das Emetin nachweisen lässt, und im Bejahungsfall, welche Men- gen von demselben mindestens dazu erforderlich sind. Das zuletzt zur Beliandlung kommende, aus der Cala- barbohne stammende Alkaloid, das Physostigmin, ist haupt- sächlich dadurch bekannt, dass die im Stadium der Erwei- terung befindliche Pupille durch dasselbe eine Verenge- rung erleidet. Auch findet man in der Literatur Vergiftungsfälle ver- zeichnet, die durch den Genuss der Calabarbohne herbeige- führt worden, und welche wir jetzt, als durch das in dieser vorhandene Physostigmin veranlasst, anerkennen müssen. Es existiren meines Wissens bisher keine Arbeiten, durch welche das Physostigmin im Körper mit demselben Ver- gifteter constatirt worden ist. Ehe ich zur Arbeit selbst übergehe, fühle ich mich veranlasst, Herrn Prof. Dr. Dragendorff, der mich während des Verlaufs meiner Untersuchungen auf das Bereitwilligste unterstützt hat. hiemit meinen aufrichtigen Dank zu sagen. 52 Brucin, Vbgleich die Literatur des Brucin's gleich der des Strychnin's eine sehr reichhaltige ist, so erachte ich es nicht für nothwendig, diejenigen Arbeiten hier namhaft zu machen, welche sich auf die rein chemischen Verhältnisse des Alkaloides beziehen. Er- wähnung geschehen muss hier dagegen einer Abhandlung von Abée ), in welcher die Vergiftungssymptome detaillirt be- schrieben sind, und in der auch zugleich die Literatur des Bru- cin's zusammengestellt ist. Der Verfasser benutzt zu seinen Experimenten Hunde, Meerschweinchen, Kaninchen und Tau- ben, welch' letzteren Thieren er das in Weingeist gelöste Alkaloid in den Kropf einspritzt, während er bei den erstge- nannten das Brucin als Pulver in eine Hautwunde bringt und es hier mit Weingeist, verdünnter Salpetersäure, Essigsäure befeuchtet. Der Tod trat bei seinen Versuchsthieren ein, wie folgt: Pinscherhunde endeten nach Gaben von 1,0 Grm. Brucin schon nach 31 Minuten; Meerschweinchen lebten nach Beibringung von 0,1 Grm. nur noch 25 Minuten. Bei Kaninchen trat nach Ap- plication von 0,05 Grm. der Tod nach 1 Stunde 30 Minuten, durch 0,1 Grm. schon nach 5 Minuten ein. Tauben lebten nach Beibringung von 0,1 Grm. Brucin mindestens 14 Minuten, eine endete erst nach 1 Stunde 19 Minuten. UU 1) Ueber die Einwirkung des Brucin's auf den thierischen Organismus. Inauguraldissertation, Marburg, *1867. Das Brucin findet sich mit dem Strychnin vereint in den Krähenaugen, nuces vomicae, den Samen der strychnos nux vomica, deren Gehalt an Brucin von Dragendorff?) auf 1,121% angenommen wird. In bedeutend grösserer Menge ist das Brucin in der Rinde dieser Pflanze, der falschen Angusturarinde, vorhanden, deren Gehalt an diesem Alkaloid neben geringen Mengen von Strychnin 2,4 % beträgt, während in den Samen das Strychnin prävalirt. Abgesehen von diesen Droguen sind auch einige aus den- selben bereitete pharmaceutische Präparate brucinhaltig, und haben unter Dragendorff's Leitung in Dorpat 0. Lieth in der tinctura nucum vomicarum 0,09 %, in der tinctura an- gusturae spuriae 0,275 %, É. Blossfeld in dem extractum nucum vomicarum spirituosum 0,9 % Brucin nachgewiesen. Das Präparat, mit dem ich meine Untersuchungen begann, stammte aus dem hiesigen pharmaceutischen Institut und bildete kleine weisslich-graue Stücke, welche sich leicht pulvern liessen; beim Trocknen bei 100° C. verlor es 8,02 % Wasser. Was den Gang der Untersuchungen anbetrifft, so soll zu- erst erörtert werden, in wie weit die für die Alkaloide über- haupt und für das Brucin speciell angegebenen Reagentien auf dasselbe einwirken ; es folgt dann die Ermittelung, ob und wie weit der Nachweis des Alkaloides durch die Gegenwart eines andern beeinflusst wird, hierauf die Darstellung des Brucins aus künstlichen Gemengen, die Beschreibung der an Thieren ge- machten Experimente mit den Ergebnissen der Analyse, der Nachweis des Giftes aus Blut, das längere Zeit der Fäulniss ausgesetzt worden war, und endlich kommen die Schlussfolge- rungen, zu denen die angestellten Versuche berechtigen. Um die Grenzen der Erkenntbarkeit und die Feinheit der Reactionen auf dieses Alkaloid zu bestimmen, bereitete ich eine alcoholische Lösung, von welcher 50 Cubikcentimètre 0,1 Grm. . . ............................ 2) Pharm. Zeitschrift für Russland, Jahrg. 4, pag. 233. en Brucin enthielten. Zum Zweck der Untersuchungen mit den verschiedenen Reagentien wurden bestimmte Quantitäten obiger Lösung (1:500) mit verschiedenen Mengen Weingeist verdünnt, um mittelst einer in Zehntel-CCent. getheilten Pipette die ge- wünschten Mengen Brucin (2, 1, i, o, go, To, TÁo Milligrm.) zu erhalten. Nachdem die verschiedenen Gewichtsmengen Brucin auf Uhrgläschen gebracht worden, und der Weingeist verdunstet war, konnte das Verhalten der Reagentien gegen das Alkaloid geprüft werden. Da von allen nur die concentrirte Schwefel- säure, das Fröhde'sche Reagens (molybdänsaures Natron und concentrirte Schwefelsäure) und das Schwefelsäuretrihydrat mit einem geringen Zusatz von Salpetersäure 3) mit den auf den Uhrgläschen befindlichen Rückständen direct in Verbin- dung gebracht werden konnten, alle übrigen Proben aber in Tüpfelproben bestanden, so wurde behufs Anstellung der letz- teren auf den grössten Theil der Uhrgläschen 0,5 Cem. ver- dünnter Schwefelsäure (1 : 50) gebracht, um die Rückstände zu lösen. Die Reactionen, bei denen es auf das Zustandekommen von Präcipitaten abgesehen war, beziehen sich demnach durch- weg auf schwefelsaures Brucin. Identitätsreactionen. 1. Concentrirte Schwefelsäure, so rein sie erhalten werden bei 150 Mgr. noch bemerkbar war. 4) 2. Fröhde's Reagens zeigte bei xo Mgr. dieselbe Färbung. 3. Das Erdmann'sche Reagens (concentrirte Schwefelsäure mit 3) Anm. Zur Vereinfachung des Ausdrucks gebrauchen wir statt des Schwefelsäuretrihydrats mit einem geringen Zusatz von officineller Salpe- bersäure (auf 2 CCmt. 1 Tropfen) die Bezeichnung Schwefelsäure-Salpetersäure. 4) Dragendorff ist der Ansicht, dass diese Färbung von einer gerin- sen Spur Salpetersäure veranlasst wird, welche sich nicht aus der Schwe- felsäure entfernen lässt. 10 etwas Salpetersäure) rief dieselbe Reaction hervor wie reine concentrirte Schwefelsäure, nur war die Intensität grösser. 4. Schwefelsäuretrihydrat, dem, wie erwähnt, Salpetersäure zugesetzt war, ist von Dragendorff als ein sehr empfind- liches Reagens für Brucin bezeichnet. Es liess die erwähnte Rosafärbung sehr deutlich hervortreten; einige Tropfen genügten schon vollkommen dazu. Diese Mischung, die Schwefelsäure-Salpetersäure, hat vor dem Erdmann'schen Reagens den Vortheil, dass sie auf fremde begleitende Stoffe minder stark bräunend einwirkt und desshalb weni- ger Gelegenheit bietet, die Brucinfärbung zu übersehen. 5. Um die Reaction mit concentrirter Salpetersäure vornehinen zu können, wurde so Mgr. Brucin in concentrirter Schwefel- säure gelöst, und darauf die Salpetersäure längs der Wan- dung des Uhrgläschens langsam zugesetzt; es zeigte sich die von Dragendorff 5) angeführte Farbenveränderung sehr deutlich; das Brucin wurde erst rosa, dann orange und zuletzt gelb. Diese gelbe Färbung, die auch durch Berührung von concentrirter Salpetersäure allein mit Brucin entsteht, geht auf Zusatz von Zinnchlorür in rothviolett über. Bei so Mgr. Brucin blieb diese Reaction aus, bei á Mgr. war die vio- lette Färbung deutlich, doch verschwand sie augenblicklich. - Die rothviolette Färbung wurde ebenso erzielt durch Schwefelammonium. An dieser Stelle soll noch einer von Stanisl. Cottonº) angegebenen „neuen Reaction auf Brucin“ Erwähnung ge- schehen. Versetzt man nach ihm eine auf 40 - 50° C. er- wärmte Lösung von Brucin in Salpetersäure mit einem Ueberschuss einer concentrirten Lösung von Schwefelwasser- stoff - Schwefelnatrium, so nimmt die Mischung zuerst eine violette Färbung an, die später in Grün übergeht. 1 ...- - .- - - --- 5) Ermittelung der Gifte pag. 239. 6) Journal de Pharm. et de Chim. 1869. pag. 18. 11 D 1 Ich wiederholte diese Versuche mit verschiedenen Ge- wichtsmengen Brucin und muss die Angaben Cotton's be- stätigen. Bei '4 Mgr. Brucin treten diese Färbungen noch deutlich auf. So lange nämlich die Lösung sauer ist, bleibt das Violett bestehen, wird sie jedoch durch weiteren Zusatz von Natriumsulfhydrat alcalisch, so verwandelt sich das Violett in Grün. Am zweckmässigsten ist es das Brucin in wenig Salpe- tersäure zu lösen, um bald die alcalische Reaction ein- treten zu machen. Die Salpetersäure, welche von mir z11. diesem Versuch angewandt wurde, hatte ein specifisches Gewicht von 1,27. 6. Phosphormolybrlänsäure bewirkte bei Mgr. (1:2500) einen starken amorphien Niederschlag von ockergelber Farbe; auch bei to (1 : 5000) trat noch die Reaction, wenn aucii schwach ein, blieb jedoch bei is (1 : 25000) ganz aus. 7. Das Mayer'sche Reagens (Kaliumquecksilberjodid) erzeugte bei so Mgr. (1 : 25000) einen starken, milchigen Nieder- schlag, bei ido (1 : 50000) eine schwache Trübung, womit die Angabe von Mayer übereinstimmt, welcher für dieses Alkaloid als Grenze der Empfindlichkeit eine 50000fache Verdünnung annimmt. 8. Phosphorantimonsäure liess bei zo (1 : 25000) einen schwa- chen weisslichen Niederschlag entstehen, der beim Erwär- men roth wurde, sich bei weiterem Erhitzen mit weinrother Farbe auflöste und endlich wieder seine ursprüngliche, weisse Farbe annahm, siehe Dragendorfi?!, der als deut- liche Erkennungsgrenze eine 10000 fache Verdünnung be- zeichnet. 9) Durch Gerbsäure entstand bei Mgr. (1:1000) ein star- ker weisser Niederschlag, bei į (1 : 2000) eine noch er- kennbare Trübung. A 7) Ermittelung der Gitte pig. 226. 12 kelilinta 10) Jodjodkalium erzeugte noch bei vio Mgr. (1:50000) einen kermesfarbigen Niederschlag. 11) Guldchlorid rief bei jó, d. h. bei 25000 facher Verdünnung als äusserster Grenze eine schmutzig-gelbe Trübung hervor. 12) Durch Platinchlorid entstand bei , Mgr. (1 :1000) ein gel- ber Niederschlag, bei (1 : 2000) blieb die Reaction aus. 13) Durch Kaliumwismuthjodid war der orangerothe Nieder- schlag noch bei 10, d. h. bei 5000 facher Verdünnung zu erkennen. 14) Das Marmé'sche Reagens (Kaliumkadmiumjodid) bewirkte bei i, d. h. bei 2000 facher Verdünnung eine gelbliche Trübung. Gehen wir die ganze Reihe der hier in Anwendung gebrach- ten Reagentien durch, so zeigt sich das Schwefelsäuretrihydrat mit dem Zusatz von Salpetersäure als das empfindlichste Er- kennungsmittel des Brucins, und wird es daher bei den späteren Versuchen in erster Reihe benutzt werden. Diesem Reagens schliessen sich das Jodjodkalium und das Kaliumwismuthjodid in sofern an, als durch dieselben die alkaloidische Reaction am deutlichsten hervortritt, woher denn auch diese bei der Prü- fung der aus den Organen und thierischen Flüssigkeiten gewonne- nen Verdunstungsrückstände nach der Schwefelsäure - Salpeter- säure angewandt werden sollen. Wir kommen jetzt zu der Beantwortung der Frage, ob überhaupt und in wie weit die Reactionen auf Brucin durch die gleichzeitige Anwesenheit anderer Alkaloide, namentlich solcher, die mit dem Brucin gemeinschaftlich isolirt werden, Störungen erleiden. Da bei Vergiftungen mit Brucin dieses meistens mit Strychnin in den Organismus gelangt, und in derartigen Fällen nicht selten schwarzer Caffee verabreicht werden dürfte, so ha- ben wir besonders das gemeinschaftliche Vorkommen von Bru- cin mit Strychnin einer- und von Brucin mit Caffein andrerseits berücksichtigt. 13 Bei der Besprechung des Emetins werde ich auch von dem gemeinschaftlichen Verkommen dieses Alkoloides mit dem Bru- cin reden. 1 Brucin und Strychnin. Es wurden untersucht Gemenge 1. von 0,1 Mgr. Brucin +0,1 Mgr. Strychnin, d.h. Br : Str. -1:1. 2. „ 0,1 5 +0,02 „ „ :, 5:1. 3. » 0,1 9 +0,01 „ „ »: -10:1. 4. , 0,02 , +0,1 „ „ »: =1:5. 5. „ 0,01 , 7 +0,1 2 9 »:» =1:10. Das Ergebniss der Prüfung war folgendes: . In den Gemengen der Reihen 4 und 5, in welchen das Strychnin in 5mal und in 10mal grösserer Quantität vorhanden war als das Brucin, zeigte sowohl das mit Salpetersäure ge- mischte Schwefelsäuretrihydrat als auch das Erdmann'sche Rea- gens und concentrirte Salpetersäure deutlich ausgesprochene Bru- cinreaction; bei denjenigen der Reihen 2 und 3, in welchen die Menge des Brucins die des Strychnins um das 5fache und 10- fache überstieg, trat auf Zusatz von concentrirter Schwefelsäure und chromsaurem Kali die für das Strychnin charakteristische blauviolette Färbung ein. In den Gläschen der Reihe 3, in denen die Schwefelsäure-Salpetersäure auf Brucin deutlich rea- girt hatte, wobei die Röthung ziemlich lange anhielt, wurde nun die schon erwähnte Strychninreaction mit Kaliumbichromat vorgenommen, welche trotz der 10mal geringeren Menge dieses Alkaloides auf's beste hervortrat. Es wird somit weder die Bruciureaction durch die Anwesenheit von Strychnin, noch diejenige auf Strychnin durch das gleichzeitige Vorhandensein von Brucin gehindert, falls nicht unverhältnissmässig grosse Quantitäten des andern Alka- loides zugesetzt worden sind. Ich lege auch noch darauf Gewicht, dass man in einem und demselben Object sowohl die Brucin- als alich die Strychninreaction erlangen kann. 1 LA 14 Brucin und Caffein. Nachdem diese beiden Alkaloide in derselben Weise und stellte sich hier folgendes Resultat heraus. Die Schwefelsäure-Salpetersäure bewirkte auch hier bei 0,01 Mgr. Brucin 4-0,1 Caffein deutliche Brucinreaction, doch ver- schwand die Röthung hier ziemlich rasch. Dagegen trat durch Chlorwasser, welches auf diejenigen Uhrgläschen gethan wurde, in denen die grösste Menge d. h. 0,1 Mgr. Caffein vorhanden war, durch Verdunsten auf dem Wasserbade die Caffeinreaction, ein braunrother Rükstand, der mit Ammoniak purpurviolett wird, nicht ein. Während also der Nachweis des Brucins durch die Anwesenheit von Caffein nicht gestört wird, tritt die Gegen- wart des Brucins der Caffeinreaction hindernd in den Weg. ܚܡ Abscheidungsversuche aus künstlichen Gemengen. Für die Abscheidung des Brucins aus künstlichen Gemen- gen, thierischen Flüssigkeiten und Organen wird hier die von Dragendorff 8) nicht allein für dieses Alkaloid, sondern auch für mehrere andere empfohlene Abscheidungsmethode ange- wandt. Sowohl zur Reinigung der sauren wässrigen Lösung als auch zur Aufnahme des Brucins aus ammoniakalischer Lő- sung wurde Benzin benutzt. Mittelst der alcoholischen Brucinlösung (1 : 500) wurden je 100 CCm. Ochsenblut, Milch und Menschen harn mit 2, 1 und , Mgr. Brucin versetzt, und diese Flüssigkeiten der weite- ren Behandlung unterworfen. Während jedoch die Milch- und Harnportionen bis auf ein Sechstel ihres Volumens auf dem Wasserbade eingedampft und nach Hinzufügung von 5 Tropter verdünnter Schwefelsäure (1:5) in der bekannten Weise mit Alcohol behandelt wurden, setzte ich die Blutportionen so lange -..-..---- 8) Ermittelung der Giſte pag. 221. 15 dem Dampfbade aus, bis eine trockene, krümliche Masse ent- stand. Diese wurde zerrieben, bis zur sauren Reaction mit schwefelsäure - haltigem Wasser versetzt, auf dem Dampfbade bei etwa 40-50° C 24 Stunden hindurch digerirt, dann colirt, und die Colaturen, nachdem sie auf dem Dampfbade bis zur Sy- rupconsistenz eingedickt waren, der Maceration durch Alcohol überlassen. Die beiden Ausschüttelungen, die saure und die alcalische, geschahen mit Benzin, und gaben die Verdunstungsrückstände derjenigen Benzinauszüge, welche das Alkaloid aus der ammo- niakalischen Flüssigkeit aufgenommen hatten, folgende Reac- tionen. Harnportion I mit 2 Mgr. Brucin. Schwefelsäure - Salpetersäure erzeugte deutliche Rothfär- bung, durch Kaliumwismuthjodid und Jodjodkalium entstanden voluminöse Niederschläge. Harnportion II mit 1 Mgr. Brucio. Auch hier stellte sich durch Schwefelsäure- Salpetersäure und das Erdmann'sche Reagens die röthliche Färbung ein, Ka- liumwismuthjodid veranlasste eine starke Trübung. Harnportion III mit ] Mgr. Brucin. Wenngleich bei dem hier gewonnenen Rückstand die Re- action langsamer eintrat und nur sehr kurze Zeit anhielt, so war doch bei genauer Beobachtung die Röthung durch die Schwefelsäure - Salpetersäure nicht zu verkennen; Jodjodk alium bewirkte deutliche Trübung. Blutportion I mit 2 Mgr. Brucin. Durch Schwefelsäure - Salpetersäure entstand starke Röth- ung, durch Jodjodkalium, Kaliumwismuthjodid und das Mayer- sche Reagens traten voluminöse Niederschläge auf. — Blutportion II mit 1 Mgr. Brucin. Der Nachweis des Alkaloides mittelst der ebengenannten Reagentien gelang auch hier vollständig. -- -— I - 1 Blutportion III mit Mgr. Brucin. Auch hier blieben die Reactionen mit Schwefelsäure-Sal- petersäure und Jodjodkalium nicht aus, doch waren sie hier viel schwächer als bei der Haroportion III. Milchportion I mit 2 Mgr. Brucin und Milchportion II » 1 2 » Aus beiden liess sich durch obige Reagentien das Alkaloid mit Bestimmtheit nachweisen. Bei der Milchportion III mit Mgr. Brucin gelang der Nachweis nicht deutlich. In Folge dieses letzten ungenügenden Resultates stellte ich diesen Versuch in derselben Weise noch einmal an, jedoch mit demselben Erfolge, indem durch die Schwefelsäure-Salpeter- säure nur eine momentan auftretende Röthung wahrgenommen werden konnte. Versuche an Thieren. Zu denselben benutzte ich ein Präparat, das Prof. Dra. gendorff für mich aus St. Petersburg verschrieben hatte und welches ein gelblich - graues Pulver darstellte. Dieses enthielt kleine Mengen von Strychnin als Verunreinigung, jedenfalls aber so geringe, dass durch sie die Zuverlässigkeit meiner Re. sultate nicht beeinträchtigt ist (Vergl. auch Exp. VI). Exp. I. 10. April. Eine mittelgrosse Katze von 2250 Grm. Körpergewicht, bei welcher die Temperaturmessung 38,9° C. ergeben, erhält um 10 h. 32 m. per os mittelst der Schlund- sonde 0,5 Grm. obigen Brucins, in 10 CCm. Wasser unter Zusatz einiger Tropfen verdünnter Schwefelsäure gelöst. In den ersten Minuten nach der Vergiftung verhält sich das Thier unter fortwährendem Lecken des Mauls ziemlich ruhig, doch ändert sich bereits um 10 h. 40 m. das Verhalten der Katze; sie läuft in dem Kasten, in dessen Boden sich be- hufs Abflusses von Harn eine Oeffnung befindet, sehr rasch in die Runde, wird von der äussersten Unruhe gequält, to 117 um 10 h. 41 m. 11 Cem. Harn und wird gleich daraui von deutlich ausgesprochenen Krämpfen befallen, welche sie bald an den Boden, bald an die Decke des Kastens schleudern. Die Respiration ist während der Krämpfe nicht wahrnehmbar. Die Anfälle, welche in den ersten Minuten von kurzen Pausen unterbrochen werden, in denen das Thier sehr frequent athmet, dauern von 10 h. 45 m. ohne auszusetzen fort, bis das- selbe um 10 h. 50 m. verendet. — Von einer Temperaturmes- sung konnte bisher nicht die Rede sein, gleich nach dem Tode ergab sie 39,3° C., mithin eine Steigerung von 0,4° C. Sectionsbefund 4 h. Nachmittags. Todtenstarre sehr hoch. gradig. Lungen an den Rändern emphysematos, Parenchymn derselben trocken; das Herz, insbesondere das rechte, und die grossen Gefässe enthalten flüssiges, dunkles Blut; die Leber von mittlerem Blutgehalt; Gallenblase gefüllt mit dünn- flüssiger, hellgrüner Galle; Milz trocken, von livider Farbe; die Schleimhaut des mit Klumpen geronnener Milch angefüllten Magens gerunzelt, sehr blass, gleich der des Dünn- und Dick- ben blass, Nieren normal. Die Hirnhüllen sind hyperämisch, das Hirn selbst zeigt nichts Abweichendes. Behufs Nachweises des Alkaloides kommen zur Untersuch- ung: 1. Lungen, Herz, Blut, 2. Leber, Gallenblase, 3. Milz. 4. Speiseröhre, Magen, 5. Dünndarm, 6. Dickdarm, die drei letztgenannten Organe mit ihrem Inhalt, 7. Nieren, Harnblase, 8. Gehirn, 9. Der Harn. -- i -- - -- - Ergebnisse der Analyse. In der bald (9 m) nach der Vergiftung gelassenen Harn- weisen. Bei der Behandlung der Organe wurde die Ausschüttelung der alcalischen Flüssigkeit statt mit Benzin, wie früher er- wähnt, hier versuchsweise mit Petroleumäther vorgenommen. 1 18 Nachdem die Petroleumätherauszüge der verschiedenen Or- gane auf Uhrgläschen verdunstet, ergab die Schwefelsäure- Salpetersäure, die wir als das empfindlichste Reagens auf Bru- cin kennen gelernt hatten, nur im Magen eine deutliche, in dem Dünndarm eine sehr schwache Röthung; Blase, Blut, Nie. ren reagirten nur spurweise, die übrigen Organe garnicht auf dieses Reagens. Die alkaloidische Reaction mittelst Jodjodkalium trat in allen Organen ein, am stärksten waren die Niederschläge in der Leber, dem Magen und dem Dünndarm, während in dem Dickdarm und der Milz nur eine schwache Trübung entstand. Da die mit dem Petroleumäther angestellten Versuche keine befriedigenden Resultate ergaben, indem die Reactionen mit der Schwefelsäure-Salpetersäure ziemlich schlecht ausfielen, und es den Anschein hatte, als habe der Petroleumäther den grösseren Theil des Brucins in der alcalischen Flüssigkeit zurückgelassen und nur den kleineren bei der Ausschüttelung aufgenommen, so wurde die alcalische Flüssigkeit jetzt mit Benzin geschüttelt, das sich schon bei den früheren Versuchen bewährt hatte und auch hier die an dasselbe gestellten Erwartungen durchaus befriedigte. Sobald nämlich die Schwefelsäure - Salpetersäure auf das Uhrgläschen gebracht wurde, trat in den Benzinrückständen aus dem Magen unmittelbar darauf die Röthung ein und zwar so deutlich, als wenn das Reagens mit reinem Brucin in Verbin- dung gesetzt worden wäre. Fast ebenso gelang diese Reac- tion bei den Ausschüttelungen aus dem Dünndarm und dem Dickdarm, doch war die Röthung hier von kürzerem Bestande als bei dem Magen. Bei der Leber, dem Blut, dem Gehirn und der Milz war diese Färbung geringer, doch immer noch deutlich, während sich dieselbe bei den Nieren und der Blase nur spurweise zeigte. - Da von jedem Organ noch je ein Uhr- gläschen mit einem Theil des Rückstandes übrig war, so wurde auf jedes 1 Ccm. verdünnter Schwefelsäure gethan, und nach Lösung des Rückstandes jede Portion behufs Prüfung mit alle - - 19 VI deren Reagentien in 4 Theile getheilt. Jodjodkalium rief in allen Organen Niederschläge hervor, ebenso Pikrinsäure, Ka- liumwismuthjodid und das Mayer'sche Reagens. Entsprechend den durch die Schwefelsäure-Salpetersäure gewonnenen Reactio- nen wurden auch durch diese Reagentien im Magen, in dem Dünndarm und in der Leber starke Niederschläge, in den Nie- ren nur eine schwache Trübung erzeugt. - Experiment II. Ein mittelgrosser Kater von 2840 Grin. Gewicht wird um 11 h. 35 m. Morgens auf dieselbe Weise mit 0,3 grm. Brucin vergiftet. Wie bei dem Versuchsthier I. be- giont bereits nach einigen Minuten die Unruhe, um 11 h. 42 m. stellen sich die erwähnten tetanischen Krämpfe ein, die mit geringen Intervallen bis zum Tode anhalten, der um 11 h. 57 m. erfolgt. Vor der Vergiftung hatte das Thier eine Tempe- ratur von 39°C, gleich nach dem Tode betrug dieselbe 39,2°C, die Steigerung war somit 0,2°C.. Die Section, welche am Nachmittage gemacht wurde, zeigte die Lungen sehr blass ; das Herz mit dunkler Blut ge- füllt; der tractus intestinalis war leer, die Schleimhaut dessel- ben glatt, von blasser Farbe; Leber sehr blutreich, in der Gal- lenblase einige Tropfen hellgrüner, zäher Galle; Milz von blau- rother Farbe und blutarm; an den Nieren nichts Abweichen- des'; Harnblase contrahirt, die Schleimhaut blass, gewulstet. Die Umhüllungen des Gehirns ziemlich blutreich, das Gehirn selbst zeigte auf seinem Durchschnitt nur wenig Blutpunkte. Ergebnisse der Analyse. Die Schwefelsäure - Salpetersäure rief bei der Ausschütte- lung aus der Leber die Röthung am deutlichsten hervor, in der des Magens und des Blutes gelang die Reaction fast ebenso, im Auszuge des Dünndarms, des Gehirns, des Dickdarms und der Milz war dieselbe viel schwächer, in dem der Nieren und der Blase spurweise vorhanden. Ganz ähnlich diesem Reagens ver- melten sich auch das Jodjodkalium, das Kaliumwismuthjodid, das Mayer'sche Reagens und die Pikrinsäure, 20 i Beide Ausschüttelungen, die aus saurer wie die aus am- moniakalischer Lösung, geschahen bei diesen, sowie bei allen folgenden Untersuchungen mit Benzin. Experiment III. Um 10 h. 55 m. erhält eine Katze von 3200 Grm. Gewicht 0,1 Grm. in schwefelsäurehaltigem Wasser gelösten Brucins. Auch bei dieser Dosis beginnen schon nach Verlauf von 6 Min. die heftigsten tetanischen Krämpfe, welchen das Thier bereits um 11 h. 4 m. erliegt. Die Temperatur war vor der Eingabe des Brucins 39,2° C., gleich nach dem Tode 39,6° C., somit betrug die Steigerung 0,4 ° C. Die Section, um 4 Uhr Nachmittags angestellt, zeigt mit Ausnahme eines starken Blutgehaltes der Leber nichts Be- merkenswerthes. Die Harnblase enthält 13 Ccm. blassen, klaren Urins. Ergebnisse der Analyse. In dem Harn tritt nur durch Jodjodkalium eine geringe Reaction ein. Schwefelsäure - Salpetersäure erzeugte in der Leber, dem Blut, dem Magen eine deutliche Röthung; Gehirn und Milz reagirten schwächer; Dickdarm und Nieren nur spurweise. Die Niederschläge durch Jodjodkalium, das Mayer'sche Reagens, Kaliumwismuthjodid und Goldchlorid waren nament- lich im Magen sehr stark, ebenso in der Leber; in den übrigen Organen entstanden nur geringe Trübungen, Experiment IV. Auf dieselbe Weise wie in den bisher ange- stellten Experimenten werden um 10 h. 25 m. einer Katze von 2010 Grm. Gewicht 0,05 Grm. Brucin eingegeben. Ungeachtet dieser geringen Dosis (etwa Gran) bleibt das Thier doch nur 11 Minuten ruhig, denn es beginnen alsdann leichte Zuckun- gen als Vorläufer der heftigsten tetanischen Krämpfe, die zwar nachlassen, jedoch nach kurzer Pause wieder auftreten und um 10 h. 42 m. den Tod herbeiführen. Vor der Vergiftung betrug die Temperatur 39,1° C., unmittelbar nach dem Tode 39,3° Ong die Steigerung somit 0,2° C. 1 21 - Sectionsbefund. Um 4 Uhr Nachmittags war die Tod- tenstarre ebenso wie bei den vorhergegangenen Obductionen überall vorhanden. Lungen blass, ödematös; Herz schlaff, rech- terseits mit Blutgerinseln gefüllt; Leber blutreich, in der Gallen- blase eine Drachme dunkelgrüner Galle; die Schleimhaut des Magens, des Dünn- und Dickdarms blass, glatt, nirgends eine Erosion bemerkbar; Nieren von mittlerem Blutgehalt; Harnblase normal, enthält 21 Ccm. Harn; Gehirn sehr anämisch. Ausser- dem sind noch zu erwähnen drei Embryonen, etwa in der dritten Woche; dieselben werden mit den Eihäuten und dem Fruchtwasser auf das Alkaloid untersucht. Ergebnisse der Analyse. In der Harnportion lässt sich Brucin nicht nachweisen. Auf Schwefelsäure-Salpetersäure reagiren alle Organe, am stärk- sten die Leber und der Magen, am undeutlichsten das Blut. Durch Jodjodkalium, das Mayerische Reagens u. Kalium- wismuthjodid entstanden in der Leber, dem Magen und dem Dünndarm reichliche Niederschläge, in den übrigen Organen schwache Trübungen. - Der aus den Embryonen gewonnene Rückstand zeigte mit Schwefelsänre - Sälpetersäure deutliche Brucinreaction. Experiment V. Es wird um 10 Uhr 30 Min. Vormittags eine der vorigen gleiche Dosis von 0,05 Grm. Brucin einer Katze von 2150 Grm. Gewicht subcutap beigebracht. Da die zur Disposition stehende Pravaz’sche Spritze 1 Ccm. fasste, so löste ich das Brucin in 2. Ccm. Wasser unter Zusatz von 2 Tropfen verdünnter Schwefelsäure, um das Gift in 2 Malen unter die Haut des Rückens injiciren zu können. Nach Verlauf von 40 Secunden verfällt das Thier in die wiederholt erwähnten Arampfe, denen es bereits 7 Minuten nach geschehener Vergif- tung erliegt. Vor der Application des Brucins war die Temp. logo C, unmittelbar nach dem Tode ergab die Messung 39,3° C., somit fand eine Steigerung von 0,4° C. Statt. Sectionsbefund. Die un 4 Uhr Nachmittags gemachte Obduction zeigt mit Ausnahme eines sehr hochgradigen Blut- gehaltes der Leber und der Nieren nichts Bemerkenswerthes, das Gehirn war ebenfalls blutreicher als bisher. - Ergebnisse der Analyse. Die Röthung durch Schwefelsäure - Salpetersäure war auch hier wieder am deutlichsten in der Leber, dann in dem Blut, dem Gehirn, sehr schwach in den Nieren, sowie auch in dem Magen und Dünndarin. Während Jodjod kalium und Kalium- wismuthjodid in dem Blut einen Niederschlag, in den Nieren nur eine schwache Trübung hervorriefen, reagirte von den übrigen Organen nur noch die Leber deutlich auf obige Rea- gentien. Experiment VI. Zur Controle wird noch ein 6. Versuch mit demjenigen Präparat gemacht, welches zu den Identitäts- reactionen benutzt worden und das strichninfrei war. Um 11 h. 10 m. erhält eine Katze von 2450 grm. Gewicht subcutan 0,05 grm. des eben erwähnten Präparates. Die Krämpfe beginnen um 10 h. 16. m. mit der grössten Heftigkeit und füh. ren um 11 h. 23 m. den Tod herbei. Temperatur vor der Vergiftung 38,8° C, gleich nach dem Tode gemessen 39,1° C, somit eine Steigerung von 0,3° C. Sectionsbefund. Am Nachmittage ist auch hier die Tod- tenstarre eine allgemeine, der Blutgehalt der Leber und der Nieren sehr bedeutend, in dem Gehirn die Gefässe gefüllt; sonst nichts zu bemerken. mwen Ergebnisse der Analyse. In dem Blut reagirt die Schwefelsäure - Salpetersäure sehr schwach, sehr deutlich dagegen in der Leber, dem Gehirn und auch in den Nieren; in den übrigen Organen bleibt diese Reac- tion unentschieden. Entsprechend diesen Resultaten sind die alkaloidischen Reactionen mit Jodjodkalium, Mayer's Reagens und Pikrinsäure; am stärksten ist stets der in der Leber erzeugte Niederschlag. 1 23 Um die Frage zu erledigen, ob sich das Alkaloid in in Fäulniss übergegangenen Stoffen nachweisen lässt, wurden 100 Ccm. Ochsenblut mit 2 Milligramm Brucin versetzt und etwa 100 Tage stehen gelassen. Nachdem darauf das Blut nach der bisher angewandten Methode behandelt, und zuletzt der Ben- zinauszug auf 2 Uhrgläschen verdunstet worden, zeigte die Schwefelsäure-Salpetersäure, auf das eine der beiden Uhrgläschen gebracht und mit dem Glasstabe durchgemischt, die röthliche Färbung noch deutlich. Der auf dem zweiten Uhrgläschen be- findliche Rückstand, in Ccm. verdünnter Schwefelsäure ge- löst, gab mit Kaliumwismuthjodid eine deutliche Trübung zu erkennen. i Durch meine Versuche glaube ich zu folgenden Schluss- folgerungen berechtigt zu sein. - 1. Sowohl innerlich als auch subcntan beigebracht lässt sich das Brucin in allen Organen und auch in den Embryonen (Exp. IV.) nachweisen; am meisten ist in der Leber vorhan- den, so das es den Anschein hat, als werde das Alkaloid in der Leber zurückgehalten. Etwas Aehnliches findet nach Dragen. dorff9) bei Strychninvergiftungen Statt, bei denen das dem Gift Blut sehr rasch von der Leber entzogen wird, um von dort aus weiter zu wandern und durch den Harn ausgeschieden zu werden. 2. Das Brucin wird wenigstens theilweise aus dem Organis- mus durch die Nieren ausgeschieden. Obgleich in dem bei 2 Sect. in der Blase gefundenen Harn kein Brucin zu ermitteln war, so gaben die Nieren so deutliche Reactionen, dass der Annah- me dieses Ausscheidungsweges nichts entgegensteht. Nach P. G. Masing 10) soll auch bei chronischen Strychninvergif- tungen in dem Harn der ersten Tage kein Strychnin zu finden O 9) Ermittelung der Gifte. pag. 249. 10) Beiträge für den gerichtlich-chemischen Nachweis des Strychnins. Jnaugural-Disseration. Dorpat, 1868. 24 sein, während die später gelassenen Harnportionen nachweis- bare Mengen dieses Alkaloides enthalten. 3. Ein Fäulnissprocess von drei Monate langer Dauer übt keinen Einfluss auf das Brucin aus. - Emetin. Obgleich das Ennetin grösstentheils aus der Brechwurzel, radix Cephaëlis Ipecacuanhae, gewonnen wird, so ist es doch ausserdem noch in mehreren andern Dorguen, z. B. in der ra- dix Ipecacuanliae nigra enthalten). Die beiden Präparate, so- wohl das in dem hiesigen pharmaceutischen Institut befindliche, als auch das aus St. Petersburg bezogene emetinum purum al- bum, unterscheiden sich durch ihre weisse Farbe von demjeni- gen Emetin, welches ich mir als ein gelbliches Pulver nach der von Lefort?) empfohlenen Rabourdin-Leprat 'schen Me. thode aus der Brechwurzel bereitete und das im Uebrigen die von Lefort angegebenen Eigenschaften besass. Keins der oben. genannten Präparate zeigte die von Landerer) angegebenen cubischen Krystallchen, sie waren, was auch mit den von Dragen- dorff an der schon citirten Stelle gemachten Angaben überein- stimmt, alle amorph. Das Emetin ist in Weingeist leicht, in Aether schwer löslich; beim Trocknen bei 100° C. verlor es 4,95 % Wasser. Zur Darstellung des Emetins wurden 400 grm. der radix Cephaëlis Ipecacuanhae, welche ich aus der Apotheke von Köhler in Dorpat bezog, fein pulverisirt, mit 6 Litre Weingeist von 850 versetzt, unter häufigem Umschütteln bei 40 - 50° C 3 mal 24 Stunden hindurch digerirt und alsdann filtrirt. Nachdem 1) Dragendorff, Ermittelung der Gifte pag. 276. 2) J. Lefort, Journal de Pharm. et Chim. 1869, IX, 117, 241. 3) Landerer, Buchner's Repertorium für die Pharmacie, zweite Reihe, 2 Band, pag. 212. 0 hierauf der Rückstand noch einmal mit 6 Litre Weingeist von etwa 45° während 2 mal 24 Stunden in derselben Weise dige- rirt, geschah eine Vereinigung der beiden Tincturen. Hierauf entfernte man den grössten Theil des Alcohols durch Destillation, liess den Rückstand im Wasserbade bis zur Syrupconsistenz verdunsten, brachte denselben in eine Stöpselflasche, fügte 8 grm. Aetzkali in etwas Wasser gelöst hinzu in der Vorschrift heisst es, dass auf 100 Theile der angewandten Wurzel 2 Theile Aetzkali kommen) und schüttelte die Mischung mit einem der- selben gleichen Volumen Chloroform einige Stunden hindurch. Damit das in Kalilauge leicht lösliche Emetin den in der Luft enthaltenen Sauerstoff nicht absorbire, wählte man eine Flasche, die durch den Inhalt beinahe gefüllt wurde. Sobald sich die Mischung vollständig geklärt hatte, wozu beinahe 3 Tage erforderlich waren, hob man das Chloroform mit einer Pipette vorsichtig ab und schüttelte den Rückstand noch zweimal mit der gleichen Menge Chloroform. Nach Vereinigung dieser Auszüge unterwarf man dieselben der Destillation im Wasserbade, worauf der auf dem Boden befindliche dunkelbraune Rückstand wiederholt mit schwefel- säurehaltigem Wasser behandelt wurde, bis sich derselbe ge- löst hatte. Alsdann sättigte man die einzelnen aus der Retorte abgegossenen Portionen der sauren Flüssigkeit mit Ammoniak, bei welchem Act man ein Plus desselben vermeiden musste, da sich das Emetin in ammoniakalischem Wasser etwas löst. Es entstanden durch diesen Process voluminöse grau-gelbliche Niederschläge, die auf mehrere Filtra gebracht, mit Wasser ausgewaschen und in denselben getrocknet wurden. Der ganze aus den 400 Grm. Brechwurzel hieselbst erzielte Ertrag an Emetin war aber keineswegs ein derartig grosser, wie ihn Leprat angiebt. Derselbe behauptet 6.-7% er- halten zu haben, während hier nur 1,1 % gewonnen wur- den. Es liegt also nicht fern mit Lefort anzunehmen, dass das Präparat von Loprot nicht rein gegesen, sondern net 26 der grösssre Theil desselben in freinden Substanzen bestanden habe. Lefort erhielt aus der brasilianischen Ipecacuanha 1,45% Emetintannat, aus der neu-granadischen 1,34 % 4). Da die Darstellung des Emetins noch nicht beendet war, als ich zu den Identitätsreactionen kam, so benutzte ich zu denselben das dem pharmaceutischen Institute gehörige Präparat. Wie es bei dem Brucin geschah, bereitete ich mir auch hier eine alcoholische Lösung (1:1000), mittelst derer das Alkaloid zu 2, 1, 1/, 1/5, 1/10, 1/20, 150, 1/100 und 1/150 Milligramm auf Uhrgläschen vertheilt werden konnte; auch hier brachte man auf jedes Uhrgläschen 1/2 Ccm. verdünnter Schwefelsäure, mit Ausnahme derjenigen, in denen die Prüfung mit Schwefelsäure oder einem dieselbe enthaltenden Reagens vorgenommen wer. den sollte. Identitätsreactionen. 1) Das Fröhde'sche Reagens bewirkte nicht nur bei 1/10 Mgr., sondern auch bei 1100 Mgr. des Alkaloides eine Röthung, welche bald in Grün überging ; auch bei 1/150 Mgr. war noch ein röthlicher Schimmer zu bemerken. 2) Reine concentrirte Schwefelsäure liess auch bei 1450 Mgr. eine bräunliche, in's Grünliche spielende, Färbung entstehen. 3) Erdmann's Reagens rief noch bei 1100 Mgr. eine grüngelbe Farbe hervor. 4) Schwefelsäure-Salpetersäure liess das Emetin ungefärbt. 5) Durch Kaliumwismuthjodid entstand bei 1/150 (1 : 75000) und 1/100 (1 : 50000) keine Reaction ; letztere trat erst auf bei 1/50 (1 : 25000) und wurde sehr deutlich bei 4/10 Mgr. (1:5000). 6) Jodjodkalium bewirkte einen Niederschlag erst bei 1/50 Mgr. (1 : 2500). 7) Bei der Phosphormolybdänsäure ist 1/50 Mgr. als die Grenze 4) Journal de Pharm. et Chim. 1869, IX. pag. 171. 27 der auftretenden Reaction zu betrachten; es entstand hier ein gelblicher Niederschlag. 8) Goldchlorid zeigte seine Wirksamkeit erst bei '/5 (1:2500), hier trat eine gelbliche Trübung ein, wie bei dem derschlag hervorrief. 10) Pikrinsäure wirkte noch bei 5, Mgr. 11) Marme's Reagens erforderte zur Herstellung einer Trübung by Mgr. 12) Für die Gerbsäure war 1/10 Mgr. die äusserste Grenze. 13) Chromsaures Kali wirkte bei 410; wenn der Ueberschuss vermieden wird, noch bei zo Mgr. 14) Sublimat versagte seine Wirkung bei 1/10 und j, denn erst bei 1/2 Mgr. (1:1000) entstand eine Trübung. 15) Für Rhodankalium war die äusserste Grenze z Mgr. 16) Gelbes Blutlaugensalz wirkte bei Mgr. kaum spurweise. Um zu erfahren, ob das gleichzeitige Vorhandensein ande- rer Alkaloide die Erkennung des Emetins behindert, wurde, wie es bei dem Brucin geschehen, das Emetin mit gleichen, grösseren und kleineren Mengen Brucin, Strychnin und Caffein in Verbindung gebracht, da neben einem Brechmittel auch schwarzer Caffee bei Vergiftungen in den Organismus gelangt. Die erforlichen Mengen dieser Alkaloide wurden mittelst alco- holischer Lösungen derselben auf Uhrgläschen gethan. Da sich bei den Identitätsreactionen das Fröhde'sche Rea- gens als das empfindlichste herausgestellt hatte, so kam das- selbe nicht nur bei den gleich folgenden Gemischen, sondern auch bei allen späteren Untersuchungen in erster Reihe in An- wendung 28 : Emetin und Brucin. Bei '/50 Mgr. Emetin und 1410 Mgr. Brucin (1:5) trat mit dem Fröhde'schen Reagens die Emetinreaction ein, bei 1/100 Mgr. Emetin und 1/10 Mgr. Brucin (1: 10) blieb sie gänzlich aus. - In der Mischung von 1/10 Emetin und 1/50 Brucin (5:1) rief Schwefelsäure - Salpetersäure die für das Brucin charakte- ristische röthliche Färbung hervor, die bei 9/10. Emetin und ! 100 Brucin (10:1) jedoch nur als spurweise bezeichnet werden konnte. In diesen Mischungsverhältnissen bekundet sich schon der Einfluss, den die genannten Alkaloide auf einander ausüben; während der Nachweis des Emetins in seiner kleinsten hier befindlichen Menge bei Anwesenheit des in 10mal grösserer Quantität vorhandenen Brucins nicht gelingt, wird die Brucin- reaction in keiner Weise beeinträchtigt. Emetin und Strychnin. Obgleich eine Trennung der vereint vorliegenden Alkaloide, Emetin u. Strychnin, sobald dieselben in grösserer Menge vor- handen sind, nicht schwierig ist, indem sich das Emetin sehr leicht, das Strychnin sehr schwer in absolutem Alcohol löst 5), 80 giebt diese Methode bei geringen Quantitäten der beiden Alkaloide kein befriedigendes Resultat, da hier das Strychnin in die alcoholische Lösung übergeht. Es wurde daher schon früher von Dragendorff versucht, in Gemengen beider Alka- loide ohne vorherige Trennung die Strychninreaction mit Schwe- felsäure und chromsaurem Kali vorzunehmen 6). Dabei ergab sich, dass auf Zusatz von Schwefelsäure-Salpetersäure u. chrom- saurem Kali erst die auf Emetin deutende Reaction, eine braun- 5) Dragendorff, Ermittelung der Gifte, pag. 277. 6) Ibidem pag. 254, 29 rothe Färbung und dann die violette, welche für das Strychnin charakteristisch ist, eintrat. Der Grund liegt darin, dass das chromsaure Kali, mit den beiden Alkaloiden in Verbindung ge- bracht, zuerst von dem Emetin und dann von dem Strychnin in Anspruch genommen wird. Ich fand dies in Gemengen von 110 Mgr. Emetin + 1/100 Mgr. Strychnin(10 : 1) bestätigt. Bei 1/10 Mgr. Emetin + 1/10 Mgr. Strychnin (1:1) gg /50m + "/10 1 (1:5) und ~ 1/100 , 1/10 , , (1 : 10) zeigt das Fröhde’sche Reagens deutliche Emetinreaction, indem sich der Inhalt des Uhrgläschens erst violett, dann grün färbt. In den genannten Verhältnissen mit einander vermengt, sind diese Alkaloide deutlich nachzuweisen. i Emetin und Caffein. Auch in der Mischung mit Caffein bewies das Fröhde'sche Reagens seine Empfindlichkeit auf Emetin bei der geringsten Menge desselben, nämlich bei 1/100 Mgr. Emetin + 1/10 Mgr. Caffein (1 : 10). Die Reaction auf Caffein mit Chlorwasser (nach Ver- dunstung der Flüssigkeit bleibt eine rothbraune Masse zurück) trat nur ein bei dem eben genannten Mischungsverhältniss der beiden Alkaloide, wo also das Caffein in 10mal grösserer Menge vorhanden war als das Emetin; bei 1/10 Mgr. Emetint */50 Mgr. Caffein blieb die Reaction aus. Die Emetinreaction wird somit durch die Anwesenheit des Caffeins nicht gestört; das Caffein lässt sich dagegen nur nach- weisen, wenn es im Ueberschuss vorhanden ist; prävalirt die Menge des Emetins, so unterbleibt die Caffeinreaction. . Abscheidungsversuche aus künstlichen Gemengen. Bei den nachfolgenden Abscheidungsversuchen aus künsto lichen Gemengen, sowie auch aus thierischen Organen und Blüssigkeiten geschehen die beiden Auschüttelungen mit Benzin, 30 1 YU und wird das Produckt der ammoniakalischen Ausschüttelung auf Emetin untersucht. Nachdem wiederum Ochsenblut, Milch und Menschenharn mit Emetin versetzt und ebenso, wie bei dem Brucin erwähnt, behandelt worden, zeigten die Rückstände der alcalischen Ben. zinauszüge folgende Reactionen. Blutportion I, 100 Ccm. Blut mit 2 Mgr. Emetin. Fröhde's Reagens wirkte sehr deutlich, Jodjodkalium und Kaliumwismuthjodid erzeugten geringe Trübungen. Blutportion II, 100 Ccm. Blut mit 1 Mgr. Emetin. , III, 100 Ccm. Blut mit Mgr. Emetin. In diesen beiden Rückständen blieb die Reaction mit dem Fröhde'schen Reagens unentschieden; die durch Jodjod kalium erzeugte Trübung war eine geringe. Milchportion I, 100 Ccm. Milch mit 2 Mgr. Emetin. Durch Fröhde's Reagens wurde eine Rothfärbung hervor- gerufen, die später in Grün überging; Jodjodkalium bewirkte einen starken Niederschlag. Milchportion II, 100 Ccm. Milch mit 1 Mgr. Emetin. Auch hier liess sich durch die genannten Reagentien das Alkaloid mit Sicherheit nachweisen. Milchportion III, 100 Ccm. Milch mit 1/2 Mgr. Emetin. In dem Augenblick, in welchem das Fröhde'sche Rea- gens aufs Uhrgläschen gebracht wurde, entstand eine geringe Röthung, um gleich darauf wieder zu schwinden. Die Trübungen durch Jodjodkalium und Kaliumwismuth- jodid waren sehr unbedeutend... Harnportion I, 100 Ccm. Harn mit 2 Mgr. Emetin. Fröhde's Reagens liess hier eine starke Röthung entste. hen, wie sie bei der Blutportion I und bei der Milchportion I nicht beobachtet worden war.. Harnportion II, 100 Ccm. Harn mit 1 Mgr. Emetin. Die Reaction durch Fröhde's Reagens war sehr deutlich, durch das Mayer'sche Reagens, Kaliumwismuthjodid und Jod: jodkalium entstanden voluminöse Niederschläge. 31 Harnportion III, 100 Ccm. Harn mit 1/2 Mgr. Emetin. Auch hier noch konnte durch jedes der genannten Rea- gentien das Emetin nachgewiesen werden. Die Resultate dieser Untersuchungen waren also den bei dem Brucin gewonnenen gleich; während nämlich die Rück- stände der mit 1 und 1/2 Mgr. versetzten Blutmengen, so wie derjenigen Milchportion, welche nur 1/2 Mgr. Emetin enthielt, nur undeutliche Reactionen gaben, konnten die drei Harnpor- tionen keinen Zweifel über das Vorhandensein des Emetins auf- kommen lassen. Versuche an Thieren. Um denselben eine bestimmte Menge Emetin, sei es per os, sei es subcutan appliciren zu können, ohne jedes Mal eine Wä- gung vornehmen zu müssen, löste ich 0,3 grm. des von mir dargestellten Präparates in 30 Ccm. Wasser unter Zusatz von 5 Tropfen verdünnter Schwefelsäure, so das also in 1 Ccm. der Lösung 0,01 grm. Emetin enthalten waren. Experiment I. 8. Mai. Ein gutgenährter Kater von 3600 Grm. Gewicht erhält um 10 h. 5 m. Morgens mittelst der Schlundsonde 5 Ccm. obiger Lösung, d. h. 0, 05 Grm. Emetin. Vorher ergab die Temperaturmessung 38,6° C., die Pulsfrequenz betrug 160, die Respirationsgrösse war 40. Das Thier verhält sich ganz ruhig und namentlich tritt zunächst kein Erbrechen ein; um 10 h. 8 m. werden 32 Ccm. Harn gewonnen. 11 h. 5 m. Temp. 39,1° C.; Resp. 42; Puls 160. ~ 39,1° » » 40 » 160. 39,20 40 99 164. 39,1" , 160. 5 39,1° , , 36 , 158. 5 h. 30 m. werden dickbreiige Fäcalmassen abgesetzt. - 7 h. Temp. 39° C. ; Resp. 36; Puls 160. In dem Verhalten des Katers hat sich im Laufe des Tages nur gezeigt, dass das Thier jede Bewegung in seinem Kasten mied, indem es fast immer dieselbe Stelle liegend einnahm, co er et a 32 9. Mai. Das Thier wird von ununterbrochenen Würgbe- wegungen sehr gequält, ist sehr unruhig. 8 h. Morgens Temp. 38,8° C.; Resp. 36; Puls 158. 9, 37,6° i u . 40. 168. Um 9 h. lässt das Thier 37. Com. Harn. r . Um 10 h. bricht es in zwei kurz hintereinander folgenden Anfäl- len dünnflüssige mit Milch und Brod untermischte Massen aus. 10 h. 45 m. Temp. 32,1° C; Resp. 44; Puls 170. Unruhe und Würgbewegungen dauern fort, die Respira- tion wird immer oberflächlicher und frequenter, der Puls ist um 11 h. nicht mehr fühlbar, das Thier verendet um 11 h. 5 m. Sectionsbefund um 4 Uhr Nachmittags. Die Tod- tenstarre hatte begonnen; Lungen sehr blutreich; die grossen ber sehr blutreich; an der Milz nichts Bemerkenswerthes; Ma. gen enthält theils feste, theils flüssige Nahrungsmittel; der Dünndarm reichliche Mengen eines seiner Wandung fest an- haftenden, dicken, zähen Schleimes; der Dickdarm feste, dun- kel gefärbte Fäcalmassen. Die Schleimhaut des ganzen Darm- tractus bot das Bild der hochgradigsten Hyperämie dar; die Schleimhaut sah aus, als ob sie mit Blut übergossen wäre, die Röthung war eine gleichmässige; Nieren gleichfalls stark hyperämisch, die Gefässe an der Oberfläche derselben stark injicirt; Harnblase leer, Schleimhaut derselben geschwellt, ge- runzelt, von rosarother Farbe. Die Hüllen des Gehirns ziem- lich blutreich, das Gehirn zeigt auf dem Durchschnitt zahlreiclie Blutpunkte, in den Seiten ventrikeln befindet sich eine gerivge ( Während der Harn und die dünnflüssigen erbrochenen Massen gleich mit Weingeist und einigen Tropfen verdünnter Schwefel- säure behandelt wurden, digerirten die ziemlich festen Fäcal- massen erst 24 Stunden in angesäuertem Wasser bei circa 45º C. Nachdem die beiden Harpportionen, die Fäces und die erbrochenen Massen sauer mit Benzin, darauf alcalisch zuerst 33 wie beim ersten Brucinexperiment versuchsweise mit Petroleum- äther, später noch einmal mit Benzin ausgeschüttelt worden, verdunsteten die Benzinauszüge behufs Prüfung der Rückstände mit den Reagentien. Ergebnisse der Analyse. In den durch Verdunsten der Petroleumauszüge gewonne- nen Rückständen der beiden Harnportionen, der Fäces und des Erbrochenen bewirkte das Fröhde’sche Reagens keine Röthung. Dagegen war in den Benzinauszügen das Emetin enthalten, denn in dem unnittelbar nach der Eingebung desselben ent- leerten Harn entstand durch das Fröhde'sche Reagens eine Röthung, durch Jodjodkalium eine deutliche Trübung; in den Fäces war die Reaction viel deutlicher, namentlich diejenige mit Jodjodkalium. Der am Tage nach der Vergiftung gelassene Harn (37 Ccm.) reagirte am stärksten auf das Fröhde’sche Reagens, durch Jodjodkalium entstand ein bedeutender Niederschlag. In den kurz vor dem Tode erbrochenen Massen waren nur Spuren von Emetin nachzuweisen. Da der Petroleumäther kein Emetin aufgenommen zu ha- ben schien, so geschahen bei Behandlung der Organe beide Ausschüttelungen mit Benzin. Eine deutliche Röthung entstand durch das Fröhde'sche Reagens nur in der Leher; in den Nieren und dem Gehiru blieb sie unentschieden; bei allen übrigen Organen trat dieselbe garnicht ein. Jodjodkalium liess in der Leber einen voluminö- sen Niederschlag entstehen, in den Nieren und dem Gehirn eine geringe Trübung; in dem Dünydarm trat sie nur spur- weise auf. Experiment II. 10. Mai. Um 10 h. 15 m. erhält eine Katze von 3100 Grm. Gewicht per os ebenfalls 0,05 Grm. Eme- tin, jedoch wird zu diesem Versuch nicht das hier gewonnene, 1 Vor der Beibringung des Alkaloides war die Temperatur der 34 Katze 39° C, -- die Respirationsgrösse 36, die Pulsfrequenz 120. Das Emetin wurde in 10 Ccm. Wasser unter Zusatz von 3 Tropfen verdünnter Schwefelsäure gelöst und dem Thier mit der Schlundsonde beigebracht. Auch diese Katze scheut sich vor jeder Bewegung, sitzt ruhig in ihrem Kasten. 11 h. 15 m. Temp. 39,2° C. Resp. 38. Puls 130. 12 , 15 „ „ 39,50 , 38. 130. 3 , 30 „ 41,1°, 40. 126. Um 3 h. 45 m. werden feste Fäcalmassen und 35 Ccm. Harn entleert. 5 h. 15 m. Temp. 42° C. Resp. 42. Puls 140. 6 , 15 » , 41,6°, 40. 140. , 15 , 9 41,1°, 40. 140. Um diese Zeit geniesst das Thier zum ersten Mal etwas Milch, geht umher und scheint nicht mehr so unwohl zu sein. 11. Mai. 9 h. Morgens Temp. 39,7° C. Resp. 40. Puls 140. 11 , 30 m. , 39,50 ,9 , 42., 138. 4 „Nachm. 38,90 , 40. „ 138. 6 „ 38,70 , „ 38. , 138. In der Nacht vom 11. auf den 12. Mai werden 55 Ccm. Harn entleert. 12. Mai. 9 h. Morgens Temp. 38,7° C. Resp. 34. Puls 136. 11 » 38.80 , „ 36. „ 136. 5 „ Nachm. 38,9° » » 38. 136. 7 , , , 38,90 , , 38. 136. Um 8 Uhr Abends werden breiige, gelblich-grüne Fäcalmassen sowie 33 Ccm. Harn abgesetzt. Die Esslust war seit dem Abend des 11. Mai ganz normal, denn Brod, Milch und Fleisch wurden mit grossem Appetit ge- nossen; auch bot das Verhalten der Katze durchaus nichts Ab- weichendes mehr dar; die Temp. war am 12. bis zur Norm D gefallen, um nicht wieder zu steigen. Das Thier blieb noch einige Tage in Beobachtung, und wurden die in dieser Zeit producirten Fäcalmassen und Harnmengen aufbewahrt, um die- selben verarbeiten zu können, falls in den Excreten vom 12. Mai noch Emetin nachgewiesen werden sollte. Ergebnisse der Analyse. In den Fäcalmassen vom 10. Mai reagirte das Fröhde'sche Reagens nicht deutlich, in der zu gleicher Zeit gelassenen Harn- portion dagegen war der Niederschlag durch Jodjodkalium sehr reichlich, Kaliumwismuthjodid erzeugte eine geringe Trübung. In dem Harn nud den Fäces der folgenden Tage konnte kein Emetin nachgewiesen werden. Bei allen nachstehenden Versuchen kommt das hier dar- gestellte Präparat in Anwendung. Experiment III. 16. Mai. Um 9 h. 45 m. Morgens wird einem Kater von 3250 Grm. Gewicht eine Dosis von 0,025 Grni, Emetin mittelst 2,5 Ccm. der vorn erwähnten Emetinlösung durch die Schlundsonde beigebracht. Vorher betrug die Temperatur 39,70 C., die Respirations- grösse war 42, die Pulsfrequenz 116. In seine Behausung gelegt, geniesst das Thier inehrere Mal Milch, äussert jedoch starkes Unbehagen, indem es fort- während den Kopf schüttelt, das Maul öffnet und schliesst und häufig Schling- und Würgbewegungen macht. Um 10 h. 50 m. legt das Thier sich nieder. 11 h. Morgens Teinp. 39,8° C. Resp. 42. Puls 196. » 29 39,9 9 42. , 200, 1 » » 39,9 5 2 44. , 200. 3 » Nachm. 39,9 , 42. 206. * 3 99 40 , 42. , 200. 6, 40 42. 200. 6 39,7 , , 38. , 190. Um 5 h. 30 m. wurden 71 Cem. Harn und dickbreiige Wi.. Fäces gewonnen. 17. Mai. er Aeroco 9 h. Morgens Temp. 39,3° C. Resp. 42. Puls 190. 39,3 „ „ 40. 196. 39,3 , „ 42. 194. 12 „ 39,2 „ „ 44. - 196. , Nachm. 39,2 , 42. , 196. 5 9 39,2 , 42. 194. 6 , , , 39,2 „ 42. 194. Temperatur, Puls und Respiration blieben normal, der Ap- petit war während der beiden Tage ein guter. Ergebnisse der Analyse. . In den 71 Com. Harn, welche 7 Stunden nach der Bei- bringung des Emetins entleert worden, liess sich das Alkaloid durch das Fröhde’sche Reagens, sowie auch durch Jodjodkalium und Kaliumwismutbjodid deutlich nachweisen; auch in den um dieselbe Zeit abgesetzten Fäces war Emetin vorhanden, ebenso noch Spuren desselben in dem Harn des 17. Mai. Die Excrete der folgenden Tage enthielten nichts. Ezperiment IV. 19. Mai. Um 10 h. 10 m. wird einer gut- genährten Katze von 3100 Grm. Gewicht mittelst der Pravaz- schen Spritze 0,05 Grm. Emetin, das in 2 Ccm. Wasser unter Zusatz von 2 Tropfen verdünnter Schwefelsäure gelöst worden, subcutan injicirt. Vorher war die Temp. 39,1° C., Respiration 40, Puls 150. Schon um 10 h. 17 m. erfolgt eine Entleerung von festen Fäces und 13 Ccm. Harn. Das Thier macht ununterbrochen Schlingbewegungen, wird sehr unruhig und erbricht um 10 h. 50 m. theils flüssige, theils feste, meist aus geronnener Milch bestehende Massen aus. 11 h. 15 m, Morg. Temp. 39,4° C. Resp. 40. Puls 160 . 12 , 15 , 9 39,3" » » 164. 3, - Nachm. 39,2° ~ 38. 4 , 30 9 39,2° , - 2 39,10, 10 38. , 160. ma co 37 20. Mai. 9 h. 30 m. Morg. Temp. 38,6° C. Resp. 32. Puls 160. 11 ,.„ „ 38,6°, 30. „ 156. Um 11 h. m. entleert die Katze 12 Ccm. Harn 12 h. Temp. 38,5 ° C. Resp. 32. Puls 162. 3 h. Nachm. , 38,60 , 34. 160. 5 h. , 38,6° , . 34. , 160. Am Tage darauf ist Alles normal. Durch das Fröhde’sche Reagens lässt sich weder im Harn noch in den Fäces des 19. Emetin nachweisen, durch Jodjud. kalium entsteht in dem Harn des 19. und 20. Mai eine deut- liche Trübung. In dem Erbrochenen ist. Emetin vorhanden. Experiment V. 24. Mai. Nachdem die letzterwähnte Katzo sich einige Tage erholt hatte, wird sie um 10 h. 40 m. durch 10 Ccm. unserer Emetinlösung, d. h. durch 0,1 Grm. Alkaloid, per os eingegeben, vergiftet. Die Temparatur vorher 39,1°, die Resp. 36, Der Puls 148. Das Thier wird gleich nach der Aufnahme des Emetins sehr unruhig und entleert einige Mi- nuten darauf 33 Ccm. Harp. 11 h. 30 m. Temp. 39,5° C. Resp. 40. Puls 168. 12 , 30 , „ 39,90 , „ 38. u 162. 3 , Nachm. , 40,6° , „ 42. , 172. 40,40 , , 44. 176. 0 2 , 40,5 °, , 44. , 162. 79 30 m. , 40,6° , , 46. , 168. Um 8 Uhr nimmt das Thier eine geringe Menge Milch zu sich, erbricht dieselbe aber um 8 h. 15 m. Um 10 h. 30 m. wird die Katze todt gefunden. Sectionsbefund am 25. Mai. 9 h, Morgens. Todtenstarre Allgemein; Lungen an den Rändern emsysematös; das Herz ge- füllt mit dunklem, dünnflüssigen Blut; Leber sehr blutreich, in der Gallenblase einige Tropfen hellgrüner Galle; Milz trocken, m dunkelblaurother Farbe. Der Darmtractus mit Ausnahme Dickdarms, der grünliche Kothmassen enthält, leer; die VOA co 30 , t 38 Schleimhaut des Magens und des Dünndarms ist der Sitz starker Hyperämie, ähnlich dem Befunde bei dem Versuchsthier I, die des Dickdarms weniger hyperämisch; Nieren sehr blutüberfüllt; Harnblasenschleimhaut stark gefaltet, geschwellt, röthlich ge- färbt; die Gefässe der Hirnhüllen injicirt; die Hirnsubstanz sehr bluthaltig, die Seitenventrikel enthalten etwas klares Serum. Der Befund stimmt somit mit dem des Versuchsthieres I überein. Ergebnisse der Analyse. In der gleich nach der Vergiftung aufgefangenen Harn- portion von 33 Ccm. war durch Fröhde's Reagens nichts nach- zuweisen, Jodjodkalium erzeugte einen geringen Niederschlag. Der aus dem Erbrochenen durch Verdunsten des Benzinauszu. ges gewonnene Rückstand mit dem Fröhde'schen Reagens be- handelt gab nur einen röthlich braunen Schimmer, mit Jodjod. kalium und Kaliumwismuthjodid einen starken Niederschlag. Was die einzelnen Organe betrifft, so gelang der Nach- weis des Emetins durch Fröhde’s Reagens nur im Magen und Dünndarm deutlich, ausserdem noch spurweise in dem Blut; durch Jodjodkalium in den genannten, dann in der Leber und weniger deutlich in den Nieren. Unentschieden blieben die Reactionen in der Milz, dem Dickdarm und dem Gehirn. Es folgen nun zwei Versuche, bei welchen den Thieren das Emetin nicht als solches, sondern in der Form des Ipeca- cuanhapulvers eingegeben wird. Es ist hier in Dorpat bei einer von Weyrich 4) beschriebe- nen Strychnin vergiftung 4 Stunden nach der Aufnahme des Giftes ein Brechmittel von einer halben Drachme Pulv. Rad. Ipecacuanhae in getheilten Dosen verabfolgt, und in den beiden Harnmengen, welche etwa 20 und 24 Stunden darauf entleert wurden, Emetin nachgewiesen worden, trotzdem dass die et 4) Weyrich, Studien über Strychninvergiftung. Erster Artikel. 39 wa 4 und 7 Stunden nach der Verabreichung des Medicamen- tes erbrochenen Massen viel Emetin enthielten. Der Magen und dessen Inhalt wurden auf Emetin untersucht, doch fand man keine Spur desselben. Es ist also damit sowohl die Re- sorption des Emetins von dem Magen aus, als auch die Aus- scheidung des Alkaloides durch die Nieren bewiesen. Der von dem Patienten später producirte Harn war aus Versehen verschüttet worden. Die nachfolgenden Experimente sollen nun darthun, wie lange Zeit nach dem Genuss einer mittleren Dosis des Pulv. Rad. Ipecacuanhae der Nachweis des Emetiüs noch möglich ist. – Benutzt wird diejenige Ipecacuanhawurzel, von welcher wir bereits 400 Grm. zur Darstellung des Emetins verarbeitet haben. Experiment VI. 26. Mai. Um 10 h. Morgens wird einer Katze von 2700 Grm. Gewicht mittelst der Schlundsonde eine Dosis von 10 Gran des Pulv. Rad. Ipecacuanhae, in etwa 12 Cem. Wasser suspendirt, beigebracht. Da wir aus der Brech- wurzel 1,1 % Emetin dargestellt haben, so repräsentiren 10 Gran derselben 0,006 Grm. Emetin, mithin eine ungefähr 4 mal ge- ringere Menge, als das Versuchsthier III erhalten. Vor der Verabreichung des Brechmittels war die Temp. 38,80 C., die Respiration 32, die Pulsfrequenz 168. Das Thier fühlt sich sehr unbehaglich, macht einige Würgbewegungen, bis es um 10 h. 35 m. eine reichliche Menge grützähnlicher, ziemlich dünnflüssiger Nahrung erbricht. 10 h. 45 m. Morg. Temp. 39,20 C. Resp. 32. Puls 182. 11 , 45 , 1 ~ 39 » » 32. » 180. 12 , 45 , 2 , 38,9 , 32. 176. 3 , - „ Nachm. 38,5 , . 32. 180. 4 , 30 „ „ „ 38,6 „ „ 32. 9 180. 38,7 , , 174. In der Nacht 26/27. werden 126 Ccm. Harn und harte Fäces entleert. 32 11 27. Mai. 9 h. Morg. Temp. 38,70 C. Resp. 32. Puls. 170. 12 , 2 , 38,6 » 32. 172. 3 , Nachm. , 38,6 „ 30. „ 170. 6 » » » 38,7 ~ ~ 32. 170. · In der Folgezeit blieb Alles normal. O Ergebnisse der Analyse. Aus den erbrochenen Massen konnten wenig veränderte Ueberbleibsel des Ipecacuanhapulvers isolirt werden. Der in der ersten Nacht entleerte Harn enthielt etwas Emetin, ebenso auch die zugleich abgesetzten Fäces, während in dem Harn der folgenden Tage nichts nachgewiesen werden konnte. Experiment VII. 28. Mai. Eine mittelgrosse Katze von 2600 Grm, Gewicht erhält um 10 h. 15 m. mittelst der Schlund. sonde 20 Gran des Pulv. Rad. Ipecacuanhae, aus welchem Pul. ver durch 24 stündliche Maceration mit circa 20 Ccm. Wasser ein Schütteltrank entstanden war, mithin 0,013 Grm. Emetin. Vorher betrug die Temperatur 39,4° C. Die Respiration 40, die Pulsfrequenz 160. Gleich nach dem Genuss der Brechwurzel nimmt das Thier die ihm gereichte Nahrung, aus Milch und etwas Brod bestehend, zu sich und verhält sich ruhig. 11 h. 20 m. Temp. 39,8° C. Resp. 40, Puls 180. 11 h. 25 m. lässt die Katze 24 Ccm. Harn und setzt zu- gleich dickbreiige Fäces ab. 12 h. 30 m. Temp. 40,30 C. Resp. 40. Puls 174. Um 2. h. 40 m. Nachm. werden gelblich braune breiige Massen erbrochen, die auch geronnene Milch enthalten. Os me coco 3 , 10 m. werden 36 Ccm. Harn gewonnen. , 30 m. Temp. 40,8° C. Resp. 40. Puls 176. 6, - , 40,6° C. 36. 170. → 41 29. Mai. 9 h. Morg. Temp. 38,7° C. Resp. 32. Puls 150. 12 , 2 , 38,8° C. , 36. , 150. 12 h. 10 m. werden 65 Ccm. Harn entleert. In den folgenden Tagen bleibt Alles normal. Ergebnisse der Analyse. In der bald nach Verabreichung des Brechmittels gewon- nenen Harnportion gelang der sichere Nachweis des Emetins durch das Fröhde'sche Reagens und Jodjodkalium, ebenso in den zu derselben Zeit abgesetzten Fäces, obgleich die Reactio- nen hier weniger gut ausfielen. - Nachdem auch der aus dem Erbrochenen herstammende Benzinauszug verdunstet war, hinterblieb auf dem Uhrgläschen ein reichlicher, pulveriger, gelblich brauner Rückstand, reines Emetin, welches natürlich die schönsten Reactionen gab. -- Iu dem Harn des folgenden Tages konnte kein Emetin nachge- wiesen werden. - Zum Schluss experimentirte ich noch an Fröschen. Ich injicirte einem Frosche subcutan 0,1 Ccm. der 1-procentigen Emetinlösung, d. h. 1 Milligramm Emetin, doch trat mit Aus- nahme einer gesteigerten Respiration keine Veränderung in dem Verhalten des Thieres ein. Einen zweiten Frosch behandelte ich um 10 Uhr Morgens in derselben Weise mit 0,2 Ccm. dieser Lösung, d. h. mit 2 Mgr. Emetin, welche Dosis hinreichte, um das Thier nach Verlauf von etwa 20 Minuten nicht nur sehr unruhig zu machen, sondern auch deutliche Brechbewegungen zu veranlassen, die sich in den nächsten 3 Stunden etwa 13 bis 15 Mal wiederholten. Der Frosch befand sich auf dem Boden eines etwa 6 Zoll Durchmesser habenden Glases, mit dem Kopf 6 Linien von der Wandung des Gefässes entfernt. 20 Minuten nach Application des Emetins öffnete das Thier wiederholt den Mund, den es oft 1 - 2 Minuten hindurch offen hielt, um ihn dann zu schliessen und gleich darauf wieder zu öffnen. Zu- gleich wurde der Kopf des Frosches nach vorn bewegt, ja sogar 42 8 Mal in den ersten 3 Stunden mit ziemlicher Kraft gegen die Wand des Glasgefässes geschnellt. Nachdem die Würgbewe- gungen im Laufe des Nachmittages aufgehört hatten, blieb der Frosch auf demselben Platze sitzen, den er schon gleich nach der Application des Emetins eingenommen, indem er gleich den mit diesem Alkaloid behandelten Katzen jegliche Bewegung zu meiden schien. Die bis zum Nachmittage sehr gesteigerte Re- spiration wurde noch an demselben Abend ruhiger. Etwa 36 Stunden nach Application des Alkaloides schien jede Wirkung desselben aufgehört zu haben, indem das Thier in dem Gefässe wieder umherzuhüpfen begann und behufs Befreiung aus dem. selben die grössten Sprünge machte. Die Wiederholung die- ser Versuche führte zu denselben Resultaten. In den 100 Ccm. Blut, welche mit 2 Mgr. Emetin ver- setzt und dreimonatlicher Fäulniss überlassen worden, konnte das Alkaloid nicht mehr nachgewiesen werden; durch das Fröhde'sche Reagens wurde keine Röthung herbeigeführt, und durch Jodjodkalium trat kaum eine Spur einer Trübung ein. Die Resultate der Untersuchungen über das Emetin sind somit folgende: 1. Das Emetin lässt sich in allen Organen, am besten in dem Magen, in der Leber und in dem Blut nachweisen. 2. Das Emetin wird wenigstens theilweise aus dem Organis- mus durch die Nieren ausgeschieden. In dem 2 mal 24 Stunden nach der Beibringung des Alkaloides gelassenen Harn sind noch Spuren desselben enthalten. (Exp. IV.) 3. Der Fäuluissprocess wirkt auf das Enetin zersetzend ein. 4. Das Emetin erzeugt Gastro - Enteritis mit den derselben zukommenden Symptomen. 5. Wird dieselbe Dosis Emetin einem Thier per os, einem andern subcutan beigebracht, so treten in der letzteren Fall Uebligkeit und Erbrechen sehr bald und viel früher ein, als in dem ersteren. Es scheint das Alkaloid erst in 43 die Blutbahn gelangen zu müssen, um diese Wirkung her. vorzurufen. - 6. Der Nachweis des Emetins in den Organen mit demsel- ben vergifteter Katzen gelingt bei einer Dosis von 0,1 Grm. des Alkaloides, ja sogar schon bei 0,05 Grm. gaben einige Organe die Emetinreaction. - Physostigmin. Obgleich die Wirkung der Calabarbohne einerseits durch die mit derselben angestellten Untersuchungen, andrerseits durch die nicht vereinzelt dastehenden Vergiftungsfälle nicht unbekannt war, so wusste man bis auf die Arbeiten von Jobst und Hesse') sowie Veé und Leven”) keineswegs, welchem Theil der Ca- labarbohne der verderbliche Einfluss zuzuschreiben sei. Diese Autoren erkannten als den wirksamen Bestandtheil derselben ein Alkaloid, das die beiden ersteren nach der Mutterpflanze, Physostigma venenatum, Physostigmin, die letzteren nach der einheimischen Bezeichnung esere-Eserin nannten. Am meisten Anerkennung verdienen die Untersuchungen des Chemikers Hesse, der sich eingehend mit dem Physostigmin beschäftigte. Bei der Darstellung des Physostigmins befolgte ich genau die von 0. Hesse 3) angegebene Methode. Nachdem 200 Grm. der pulverisirten Calabarbohne mit 800 Ccm. Weingeist von 860 bei ca. 450 R. 24 Stunden unter wiederholtem Schütteln digerirt worden, liess man den Wein- geist abfiltriren und behandelte den Rückstand aufs Neue mit 400 Ccm. Alcohol; nach Verlauf von 24 Stunden filtrirte man wieder. Die beiden Filtrate wurden vereinigt in eine grosse Retorte gebracht, der Weingeist abdestillirt, und der Rückstand in eine Stöpselflasche gethan. Alsdann fügte man 3 Grm. doppelkohlensaures Natron in etwas Wasser gelöst hinzu, schüt- 1) Annal. der Chem, und Pharm. B. CXXIX pag. 115. 2) Compt. rend. T. 60, 1194. L'union médicale 1865, Nr. 43, pag. 94. 3) Annal. der Chem. und Pharm. Bd. 141, pag. 82. 44 telte den Inhalt der Flasche mit einem demselben gleichen Volumen Aether mehrere Stunden, behandelte den Aether mit etwa 20 Tropfen verdünnter Schwefelsäure und erhielt somit eine nur wenig gefärbte, saure Lösung des Physostigmins, während die übrigen Substanzen der Bohne im Aether gelöst blieben. Nachdem der Aether abgehoben, wurde die saure Lösung behufs Befreiung von den letzten Resten fettiger Sub- stanzen filtrirt, die dadurch klar gewordene Lösung wiederum mit 3 Grm. doppelkohlensaurem Natron versetzt und mit einer neuen Menge Aether 2-3 Stunden geschüttelt. Letzterer hatte jetzt das Physostigmin aufgenommen, welches durch Verdunsten des Aethers auf der tarirten Glasschale zurückblieb. Der Ertrag aus den 200 Grm. der Calabarbohne war 0,383 Grm. Physostigmin, somit 0,1915 %. Ohne einen grossen Fehler zu begehen, können wir also annehmen, dass wir 0,2 % Physostigmin gewonnen haben. - Auf die beschriebene Weise dargestellt bildet das Alkaloid eine amorphe, bräunlichgelbe Masse, während Veé bei seiner Be- reitungsweise dieses Alkaloides, seines Eserins, dasselbe in Krystallen erhalten haben will. Was die chemischen Eigenschaften des Physostigmins be- trifft, so müssen wir auf die schon citirte Arbeit von 0. Hesse verweisen, welcher sich längere Zeit mit den Untersuchungen über dieses Pflanzengift befasste, nachdem es ihm möglich ge- worden war, grössere Mengen Rohmaterial zu erhalten. Um auch mit dem Physostigmin wie bei den beiden vor- her besprochenen Alkaloïden die Identitätsreactionen anstellen zu können, bereitete ich procentige alcoholische Lösung des Physostigmins. Mittelst dieser wurden Gewichtsmengen von 2, 1, 5, 4, ios dos g'o, Mgr. des Alkaloides auf Uhrgläschen vertheilt, und nach Verdunsten des Alcohols auf alle Gläschen mit Ausnahme der für die Schwefelsäurereactionen bestimmten je Com. ver- dünnter Schwefelsäure gebracht, da die übrigen Proben alle in Tüpfelproben bestanden. 0 45 · Identitätsreactionen. 1. Concentrirte Schwefelsäure rief bei 1 Mgr., ja auch noch bei s Mgr. Physostigmin eine gelbliche Färbung hervor, die nach 24-36 Stunden einen röthlichen Schimmer zeigte. 2. Durch Bromwasser entstand noch bei 1/20 Mgr. (1 : 10000) eine rothbraune Färbung. 3. Wurden dagegen von dem Gläschen, in welchem 1/10 Mgr. in 1/2 Ccm. (1 : 5000) gelöst waren, einige Tropfen in Bromwasser gebracht, so bildete sich ein gelblicher Nie- derschlag. 4) 4. Chlorkalk bewirkte bei 1 Mgr. (1:500) und · Mgr. (1:1000) eine röthliche Färbung, jedoch trat dieselbe erst 5-10 Minuten nach Hinzufügung des Reagens ein. 5. Quecksilberchlorid gab mit 1 Mgr. (1 : 500) keine Reaction, dagegen entstand bei 2 Mgr. (1 : 250) eine leichte Trübung von weisslich röthlicher Farbe. 6. Durch Phosphormolybdänsäure war noch bei g'o (1 : 25000) eine Trübung zu bemerken. 7. Gerbsäure liess bei į Mgr. (1 : 1000) einen röthlichen Nie- derschlag entstehen, bei den geringeren Gewichtsmengen blieb diese Reaction aus. 8. Für Goldchlorid war Mgr. (1 : 2000) als die Grenze zu betrachten, bei der ein gelblicher Niederschlag auftrat, der jedoch sehr bald reducirt wurde. 9. Durch Kaliumwismuthjodid entstand noch bei g'o (1 : 10000), ja auch noch bei (1 : 25000) ein orangerother Nieder- schlag, der bei 1 (1 : 5000) sehr voluminös war. 10. Für das Kaliumqueksilberjodid ist als die Grenze der Em- pfindlichkeit \ Mgr. (1:5000) anzunehmen, da bei oo (1 : 10000) nur eine geringe Opalescenz wahrgenommen wer- den konnte. ze zu . 4) Dragendorff, Ermittelung der Gifte, pag. 240. 46 11. Die Pikrinsäure zeigte sich bei 2 Mgr. (1:250) ganz un. empfindlich. 12. Kaliumkadmiumjodid bewirkte noch bei ; (1:1000) einen gelblich-weissen Niederschlag. 13. Platinchlorid blieb bei 2 Mgr. (1 : 250) unwirksam. 14. Chromsaures Kali zu 2 Mgr. (1 : 250) hinzugefügt gab nur eine schwache Trübung; einige Tage darauf zeigte sich eine blutrothe Färbung. 15. Jodjodkalium liess noch bei 'o 1 : 25000) einen kermes- farbigen Niederschlag enstehen. Wenngleich wir hier kein derartiges chemisches Reagens haben, welches so empfindlich ist, wie die Schwefelsäure-Salpeter- säure für das Brucin, so lässt sich das Physostigmin durch die mittelst Bromwasser, siehe Punkt 2, herbeigeführte rothbraune Färbung erkennen, und soll daher dieses Reagens in den fol- genden Versuchen neben den physiologischen Reactionen in Anwendung kommen. Abscheidungsversuche aus künstlichen Gemengen. Bei allen Abscheidungsversuchen des Physostigmins werden die Ausschüttelungen aus ammoniakalischer Lösung mit Benzin vorgenommen. Zu diesem Zwecke versetzte man von den Harnportionen zu je 100 Com. die eine mit 1, die zweite mit 1. und die dritte mit 14 Grm. Calabarpulver; da wir im Ganzen 0,1915 % Alkaloid gewonnen haben, so sind auf diese Weise 0,0019, 0,00095 und 0,00047 Grm. Physostigmin zugemischt worden, d. h. circa 2; 1 und 1/2 Mgr. Nach Verdunsten der Benzinauszüge zeigte sich Folgendes: Mittelst Bromwasser gelang es in allen drei Harnportionen das Physostigmin nachzuweisen; selbst in derjenigen, welcher nur 1/2 Mgr. zugesetzt war, trat die rothbraune Färbung deutlich ein. Die alkaloidische Reaction durch Jodjodkalium und Ka- liumwismuthjodid blieb desgleichen nicht ans. Ein Theil der - Rückstände von allen drei Harnquantitäten wurde zur physio- logischen Reaction benutzt. Nachdem die Rückstände in etwa 3 - 4 Tropfen Wasser gelöst, wurden dieselben in das eine Auge einer Katze geträufelt, und zwar kamen stets frische Thiere zur Verwendung. Der Rückstand derjenigen Harnmenge, welche 2 Mgr. Physostigmin enthielt, erzeugte bereits nach 10 Minuten eine Myose ad maximum, die erst nach Verlauf von 11/2 Stunden nachzulassen begann. Mit den Rückständen der beiden andern Harnquantitäten wurde ebenfalls Myose erzielt, doch trat hier die Contraction der Pupille langsamer ein, und war dieselbe namentlich bei der geringsten Menge des Alkaloi- des von sehr kurzer Dauer. Bei Vergleichung mit dem andern Auge konnte hier keine Täuschung obwalten. Um zu erfahren, eine wie geringe Quantität des Physo- stigmins noch hinreicht, um local applicirt die Pupille zu ver- engern, wurde auf 4 Uhrgläschen je 1/10 Ccm. der 1/2-procenti- gen alcoholischen Physostigminlösung gebracht, und dann die nach Verdunsten des Weingeistes entstandenen Rückstände in 42, 1, 11/und 2 Ccm. Wasser gelöst. Da ein Ccm. Wasser 18 Tropfen enthält, so ist auf diese Weise die Möglichkeit gegeben, mittelst eines Tropfgläschens Minimaldosen des Physostigmins in's Auge zu bringen. Aehnliche Versuche sind bereits von Veé und Leven ge- macht worden, doch stimmen deren Resultate mit den meinigen nicht überein ; während diese Autoren an Meerschweinchen und Kaninchen noch bei "2000 Mgr. binnen einer Stunde Myosis be. merkt haben wollen, konnte ich, meine Experimente an Hunden anstellend, eine deutliche Contraction der Pupille nur noch bei *100 Mgr. Physostigmin erzielen ; bei geringeren Dosen blieb die Pupille unverändert. Versuche an Thieren. Experiment I. 4. Juni. Eine Katze von 2600 Grm. Gewicht erhält um 10 Uhr 40 Minuten inittelst der Schlundsonde eine 1 48 4,4 Grm. schwere Calabarbohne, feingepulvert, in etwa 15 Ccm. Wasser suspendirt. Es beträgt die darin enthaltene Menge Physostigmin 0,0083 Grm., da die Ausbeute 0,19 % war. Vor der Vergiftung ergab die Temperaturmessung 38,30 C., der Puls betrug 140, die Respirationsfrequenz 36. Das Thier leckt in kurzen Pausen von der ihm vorgesetzten Milch und verräth eine sich steigernde Unruhe. 10 h. 45 m. werden 26 Ccm. Harn aufgefangen. Es beginnt eine starke Speichelabsonderung, doch kann dieses Secret wegen der grossen Unruhe der Katze nicht aufgefangen werden, ebenso wie sich die Temperaturmessung aus diesem Grunde als unmöglich er- weist. 10 h. 51 m, beginnen heftige Würgbewegungen, welche das Thier in schreckliche Qual versetzen; die Respiration ist sehr frequent und oberflächlich. Nach Entleerung von 4 Ccm. Harn legt sich die Katze nieder. An den Pupillen ist keine Veränderung wahrnehmbar. Nachdem das Thier nur wenige Minuten Ruhe gehabt, stellen sich um 10 h. 55 m. am ganzen Körper Zuckungen ein, die alsbald in heftige Krämpfe unregelmässiger Art übergehen und bis 4 Uhr Nachmittags mit geringen Unterbrechungen fort- dauern; hauptsächlich waren die hinteren Extremitäten von den Krämpfen ergriffen; die Gehversuche wurden vollständig ver- eitelt. Die Speichelsecretion hatte am Nachmittage sehr nachge- lassen, ebenso zeigten auch nach 4 Uhr die Krampfanfälle einen milderen Charakter; die Respiration war sehr unregelmässig und setzte oft ganz aus, in 5 Minuten machte das Thier oft 10-12 Inspirationen, worauf eine kleine Pause eintrat, bis die Respi- ration wieder begann. Um 8 Uhr Abends liessen die Krämpfe und die durch dieselben erzeugte Unruhe nach, das Thier lag auf der Seite und wurde um 10 Uhr Abends todt gefunden. Sectionsbefund den 5. Juni. 9 Uhr Morgens. Todten- starre allgemein verbreitet; Lungen trocken; Herz und grosse Gefässe mit dunklem, dünnflüssigem Blut gefüllt; Leber voni 0 49 TY dunkler Farbe, auch blutreich, in der Gallenblase eine geringe Menge etwas fadenziehender, dunkelgrüner Galle; Milz sehr trocken. Die Schleimhaut des tractus intestinalis, welcher nur eine geringe Menge eines dünnen Schleimes enthält, zeigt schon am Anfange der Speiseröhre eine auffallend röthliche Färbung, die, sich immer steigernd, in dem Magen und den beiden ersten Dritteln des Dünndarms ihren Höhepunkt erreicht, alsdann ab- nimmt, jedoch fast bis zu dem sphincter ani fortbesteht. Ausser- dem bemerkt man noch eine den Graden der Hyperämie ent- sprechende Schwellung der Schleimhaut. Nieren blutüberfüllt; Harnblasenschleimhaut gelockert und hyperämisch; Gehirnhüllen gleichfalls blutreich; die Gelirnsubstanz lässt auf dem Durch- schnitt zahlreiche Blutpunkte wahrnehmen. Ergebnisse der Analyse. In den beiden Harnmengen, die vereinigt zur Behandlung kamen, liess sich das Physostigmin nicht nachweisen, es trat hier nicht einmal durch Jodjodkalium die alkaloidische Reac- tion ein. Die aus den einzelnen Organen der mit Physostigmin ver- gifteten Thiere gewonnenen Benzinauszüge wurden auf wenig- stens 3 Uhrgläser zum Verdunsten vertheilt, um neben den chemischen Reactionen auch das Verhalten gegen die Pupille prüfen zu können. Bromwasser gab im Magen, Dünndarm, in der Leber und in dem Blut deutliche Reaction, Jodjodkalium und Kaliumwis- muthjodid erzeugten in diesen Organen erkennbare Nieder- schläge, die letztgenannten Reagentien waren auch gegen die aus dem Gehirn, der Milz und den Nieren gewonnenen Rück- stände nicht unempfindlich; in dem Dickdarm entstand keine Spur einer Trübung. Um die Einwirkung der Rückstände auf die Pupille zu ermitteln, löste ich dieselben in je 3 Tropfen Wasser. Magen, Dünndarm, Dickdarm, Leber und Blut riefen eine Verengerung der Pupille am Katzenauge hervor, und zwar trat IT T 11 1 1U 50 die Myosis bei dem Magen am schnellsten, bei dem Blut am langsamsten auf; die übrigen Organe liessen das Auge unver- ändert. Exp. II. 6. Juni. Um 4 h. 30 m. Nachmittags erhält ein gut genährter Kater von 3015 Grm. Gewicht 0,75 Grm. in Wasser suspendirten Calabarpulvers, d. h. 0,0014 Grm. Physo- stigmin. In dem Verhalten des Versuchsthieres zeigte sich durchaus nichts Abweichendes; Temperatur, Puls und Respira- tionsfrequenz blieben normal. Die in der folgenden Nacht und am 7. Juni Mittags entleerten Harnportionen enthielten kein Physostigmin. Exp. III. 8. Juni. Um 10 Uhr Morgens werden einer Katze von 2350 Grm. Gewicht 2 Grm. Calabarpulver, d. h. 0,0038 Grm. des Alkaloides, mittelst der Schlundsonde beige- bracht. Die Temperatur war vorher 38,6° C., Puls 130, Respi- rationsfrequenz 36. Schon nach Verlauf von 10 Minuten wird der Gang sehr unsicher, das Thier fällt bald auf die eine, bald auf die andere Seite, legt sich hin, springt gleich wieder anf, um wiederum zu Boden zı fallen, da die Extremitäten nicht mehr im Stande sind die nöthige Stütze zu liefern. Um 10 h. 14 m. beginnt das Thier nach Entleerung von 16 Ccm. Harn am ganzen Kör- per zu zittern, die Pupillen bleiben unverändert, aus dem ge- öffneten Munde fliesst eine geringe Menge eines dicken, zähen Speichels; die Respiration, welche eine rasselnde, schnarchende ist, steigert sich auf 75 - 80 in der Minute, wird dazwischen wieder ruhiger, um bald darauf die erwähnte Frequenz zu er- reichen. Auch bei diesem Thier treten um 10 Uhr 40 Minnten unregelmässige Krämpfe auf, die mit geringen Intervallen bis 2 Uhr Nachmittags anhalten, um welche Zeit das Thier verendet. Die Section um 5 Uhr Nachmittags zeigt ausser einer ziem- lich bedeutenden Hyperämie der Schleimhaut des tractus intes- tinalis und in den übrigen Organen nichts Bemerkenswerthes. 51 Ergebnisse der Analyse. ! 1 YA Physostiginin. Magen und Dünndarm zeigten mit Bromwasser sehr deut- liche Reaction, mit Jodjodkalium und Kaliumwismuthjodid starke Niederschläge ; Dickdarm mit letztgenannten Reagention deut- liche Trübung, desgleichen die Leber und das Blut; in der Milz und dem Gehirn blieb die Wirkung unentschieden. Mit dem Rückstande aus dem Magen, dem Dünndarm, der Leber und dem Blut gelang es Myosis zii erzielen; die Rück- stände der übrigen Organe in einigen Tropfen Wasser gelöst und vereinigt in’s Auge gebracht, liessen keine Contraction der Pu- pille wahrnehmen. Experiment IV. 15. Juni. Urn 9 h. 5 m. Morgens erhielt eine mittelgrosse Katze von 2750 grm. Gewicht mittelst der 1 Ccm. fassenden Pravaz’schen Spritze 6 Mgr. Physostigmin. Zu diesem Zwecke liess ich 1, Com. der 1/2 procentigen Lö- sung auf einem Glasschälchen verdunsten und löste darauf den Rückstand in 2 Ccm. Wasser, um in 2 Malen die 6 Mgr. Phy. sostigmin beibringen zu können. Das Verhalten des Thieres ist ganz dasjenige der vorher vergifteten mit dem Unterschiede, dass bei Exp. IV. die Krampf- anfälle und die Speichelsecretion bedeutend früher eintraten, Die Unruhe des Thieres verbietet auch hier sowohl das Auffangen des Speichels, welcher sehr reichlich abgesondert wird, als auch das Messen der Temperatur, daher dieselbe, wie sie vor der Vergiſtung war, garnicht angeführt ist. Nachdem die Krämpfe im Verlaufe des ganzen Tages nur selten ausgesetzt hatten, findet man das Thier am andern Morgen um 8 Uhr todt. — Die Todtenstarre hatte schon begonnen. Sectionsbefund. 16. Juni 10 Uhr. Auch hier zeigte sich überall eine bedeutende Hyperämie, welche besonders in der Speiseröhre, dem Magen und dem Dünndarm eine sehr lioihi. ry 52 gradiye war. Ausser dem Blutreichthum aller Organe ist hier noch die Anwesenheit von 10 Ccm. Harn in der Blase zu bemerken. Ergebnisse der Analyse. In den Harn entstand durch Jodjodkalium eine schwache Trübung. Bromwasser gab in den Blut, der Leber, dem Magen und Dünndarm die rothbraune Färbung, Jodjod kalium bewirkte nicht allein hier, sondern auch noch in den Nieren und dem Gehirn einen Niederschlag, in den beiden letzterwähnten Or- ganen eigentlich nur eine Trübung; am stärksten, waren die Reactionen in dem Magen. Nur bei den Versuchen, die mit den Rückständen aus dem Blut, der Leber und dem Magen angestellt wurden, trat eine Verengerung der Pupille ein, namentlich rief der Magen die Myosis in kurzer Zeit hervor. Die Rückstände der übrigen Organe in einigen Tropfen Wasser gelöst und vereinigt in ein Katzenauge gebracht blieben ganz ohne Einwirkung. Obgleich mit diesem eben beschriebenen Experimente die Untersuchungen über die Wirkung und den Nachweis des Phy- sostigmins abgeschlossen werden sollten, so sah ich mich doch genöthigt einen fünften Versuch mit diesem Gift hinzuzufügen. Da nämlich nach der subcutanen Injection des Physostigmins (Exp. IV) die Hyperämie der Speiseröhre, des Magens und des Dünndarms eine bedeutend stärkere war als nach der inneren Darreichung des Giftes (Exp. I), ferner die Reactionen beim Magen IV weit deutlicher ausfielen als beim Magen I, so ent- stand, gestützt auf die schon von Bauer5) und Westermann“) ausgesprochene Vermuthung hin, dass das Physostigmin in den Speichel übergehe, die Frage, ob nicht letzterer Vorgang bei Exp. IV wirklich Statt gehabt, der nach der subcutanen Injec- tion des Giftes noch reichlicher als nach der inneren Darreichung 15 5) Centracblatt der medizinischen Wissenschaften 1866, pag. 577 u. f. 6) Untersuchungen über die Wirkungen der Calabarbohne, Inaugural- dissertation, Dorpat, 1867. 53 desselben secernirte Speichel nicht verschluckt worden, und da- durch die hochgradige Hyperämie einerseits, die deutliche Reac- tion andrerseits zu Wege gebracht sei. Exp. V. 29. Juni. Es wurde um 9 Uhr Morgens einer Katze von 3100 Grm. Gewicht, nachdem dieselbe mit einem Knebel versehen, der oesophagus blosgelegt, in denselben der eine Schen- kel einer rechtwinkeligen mit Kautschuk überzogenen Glasröhre nach oben geführt und eingebunden. Da der Speichel seiner zähen Beschaffenheit wegen durch die enge Röhre nicht ab- fliessen konnte, fing man denselben durch die ziemlich weite Knebelöffnung mit Hilfe eines Glasstäbchens auf. In Anbetracht der Qualen, die durch diese Manipulationen dem von einem so schweren Eingriff heimgesuchten Thier er- wuchsen, begnügte man sich mit der in den ersten 15 Minuten gewonnenen Speichelmenge, welche 12 Grm. oder 3 Drachmen betrug, befreite dann die Katze von dem Knebel und legte sie vorsichtig in ihre Behausung, um sie weiter beobachten zu kön- nen. Um 10 Uhr 5 Minuten stellten sich die ersten Zuckungen ein, welche das Thier bald zu Boden warfen. In dem Verhalten während des Tages ist nichts Wesentliches zu bemerken; Un- ruhe, Angst, sehr frequente Respiration blieben auch hier nicht aus ; eine Verengerung der Pupillen konnte nicht wahrgenom- men werden, ebenso wenig eine Erweiterung derselben. Am 30. Juni 8 Uhr Morgens lebte die Katze noch, endete jedoch schon um 8 Uhr 10 Minuten. Section, 30. Juni, 10 Uhr Morgens. Lungen an den Rän- dern emphysematös, von geringem Blutgehalt; der oesophagus zeigt oberhalb der behufs Einführung der Glasröhre gesetzten Wunde einen geringen Grad von Hyperämie; Magenschleimhaut von blass-röthlicher Farbe. Während die Schleimha fangsstückes des duodenum bis zur Einmündung des ductus choledochus hinab ziemlich das Aussehen der Magenschleimhaut hatte, bot der Zwölffingerdarm unterhalb der Einmündungs- stelle des Gallenganges nach Abspülung der dickflüssigen, dun- kelgrünen, in reichlicher Menge in den Darm ergossenen Galle eine hochgradige Hyperämie dar, die jedoch nur in der Aus- dehnung von 8 --- 10 Zoll fortbestand, um, an Intensität nach- lassend, sich auch auf den Anfang des Dickdarms fortzusetzen; sonst nichts Besonderes zu bemerken. Ergebnisse der Analyse. In dem Speichel liess sich das Physostigmin durch Brom- wasser und Jodjodkalium mit Sicherheit nachweisen. Das Blut und die Leber enthielten das Alkaloid ebenfalls. Während die Reactionen in dem Magen und der Anfangsstück des Dünn. darms bis zur Einmündung des ductus choledochus sehr schwach ausfielen, traten sie in dem darauf folgenden Theil des duo- denum recht deutlich hervor. In dem Dickdarm, der Milz, den Nieren und dem Gehirn blieben die Reactionen unentschieden. Die physiologische Reaction gelang nur mit denjenigen Rückständen, welche aus dem Speichel, dem Blut, der Leber und dem Dünndarmstück unterhalb der Einmündung des Gallen- ganges gewonnen waren. Durch dieses letzte Experiment bestätigt sich also die früher ausgesprochene Vermuthung in jeder Beziehung. Der Unterschied in dem Aussehen der Dünndarmschleim- haut oberhalb und unterhalb der Gallengangmündung lässt sich nach dem Versuch V derartig erklären, dass der das Alkaloid enthaltende Speichel durch die eingeführte Glasröhre von dem Magen und dem oberen Stück des Dünndarms ferngehalten wird, während auf der andern Seite das Physostigmin vom Blut aus mit der Galle in die untere Partie des duodenum gelangt und hier die Hyperämie erzeugt. Wie bei allen Experimenten zu beobachten war, bestand das quälendste Symptom in der sehr mühsamen Respiration, und wir müssen, nachdem wir bei den 4 ersten Thieren gese- hen, wie schwer der zähe Speichel durch den Mund abfliesst, der Ansicht Bauer's durchaus beipflichten, dass der Speichel wie ,55 -L das Hinderniss der Respiration erzeuge, indem durch denselben die Stimmritze verlegt wird. Eine Verengerung der Pupille nach innerlicher Darreichung des Giftes wurde von mir, wider- sprechend den Angaben Harley's), Robertson's 8) und · Veé's 9), nie bemerkt, ebenso blieb eine Erweiterung derselben, wie sie Westermann in einigen Fällen gesehen hat, aus. Während ferner Fraser 10) eine gesteigerte Harnsecretion, Bauer fliissige Stühle beobachtet hat, mangelte bei meinen Versuchsthieren jegliche Entleerung von Harn und Fäces. -V - ne e r Was wird aus dem in den Organismus gebrachten Calabar- gift? t 7 Sobald das Physostigmin einmal in das Blut gelangt ist, scheiut es dasselbe sehr rasch wieder zu verlassen; einerseits geht es in den Speichel über, um mit demselben theils entfernt, theils verschluckt zu werden, anderseits wird es von der sich aus dem Blut constituirenden Galle aufgenommen und erreicht auf diese Weise durch den ductus choledochus den Darm, vide Experiment V. Obgleich sowohl in dem bei der Section IV. gefundenen Harn als auch in den Nieren (I, IV und V) durch Jodjodka- lium eine Trübung erzielt wurde, so lässt sich dennoch nicht mit Sicherheit die Behauptung aufstellen, dass das Alkaloid durch die Nieren ausgeschieden wird, da die Rückstände des Harns und der Nieren keine Myose herbeiführten. Es ist somit erwiesen: indessen muss es dahingestellt bleiben, ob nicht ein Theil des Alkaloides in dem Organismuss verbrannt wird und die Oxydationsprodukte aus dem Körper entfernt werden. 7) Centralblatt der medicinischen Wissenschaften 1863, pag. 881 und 1864 pag. 511, 8) Schmidt's Jahrbücher der gesammten Medicin 1863, Band 120, 9) L'union medicale 1865, Nr. 43, pag. 94. 10) Centralblatt der medicinischen Wissenschaften 1865, pag. 869, A 56 . 2. Lässt sich das Plıysostigmin in dem Blut, der Leber, dem Mager und dem Dünndarm nachweisen; als Beweis dient die physiologische Reaction. 3. Bleibt die Fäulniss nicht ohne Einfluss auf das Alkaloid, da es in 100 Cein. Blut, die mit 2 Mgr. Physostigmin ver- setzt 3 Monate gestanden hatten, nicht mehr nachgewiesen werden konnte. 4. Erzeugt das Physostigmin heftige Gastro-Enteritis. These n. UIT 1) Die durch das Physostigmin bewirkte Myosis ist ein Erregungszustand des nervus oculomotorius. 2) Die allgemeinen klonischen Krämpfe der Gebärmutter nach Scanzoni sind normale Uteruscontractionen. 3) Der Punction der Ovariencysten dürfen niemals Ein- spritzungen von Entzündung erregenden Medica- menten in den Cystensack folgen. 4) Bei der Behandlung der Syphilis durch die Schmierkur ist weder knappe Diät, noch unausgesetzter Aufent- halt im warmen Zimmer erforderlich. 5) Die präcipitirte Geburt ist kein pathologischer Zustand. 6) Das Emetin wirkt auf das Centralnervensystem. YSAMA . To . . — - - - NA - - - - - - unen - - - Ct - - Chemisch-pharmacognostische Untersuchung der braunen amerikanischen Chinarinden aus der Sammlung des pharmaceutischen Institutes der Universität Dorpat. mento do som 1 - -. . - Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Magisters der Pharmacie verfasst und mit Bewilligung Einer Hochverordnelen Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität zu Dorpat zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt von Ilja Parfenow. Ordentliche Opponenten: Mag. E. Masing. – Prof. Dr. E. Russow. – Prof. Dr. G. Dragendorff. Dorpat. Schnakenburg's Buchdruckerei. 1885. * Bei Abschluss dieser Arbeit spreche ich hiermit allen meinen Lehrern, insbesondere den Herrn Prof. Dr. G. Dragendorff und Dr. E. Russow für ihre Förderung und Anregung wäh- rend meiner Studien den aufrichtigsten Dank aus. 31 n ie Chinarinden sind - wie bei der Wichtig- keit dieser Drogue nicht anders zu erwarten ist, im Laufe von Jahren von so zahlreichen Kräften in den verschiedensten Richtungen mit wechselndem Glücke untersucht und durchforscht worden, dass es nicht Wunder nimmt, wenn bereits einzelne Autoren von einer üppig wuchernden“ Litteraturl) reden und andere jede darauf bezügliche, neu erscheinende Arbeit ge- wissermassen als einen Beitrag zur Verwirrung der Chinarindenkenntnisse begrüssen. Und in der That ein Blick auf die Litteratur der Cinchonen und deren Droguen, welche über 1000 wissenschaftliche Abhand- lungen aufweist, von denen der grössere Theil von Kuntze 2) als verfehlt betrachtet wird, lässt ähnliche Vorwürfe gerechtfertigt erscheinen. Diese Arbeiten lie- ferten meist eine Nomenclatur der Cinchonen, die zu argen Verwechselungen Anlass gab. Die Autoren schu- fen oft für ein und dieselbe Art, dem jeweiligen Ermes- sen folgend, mehrere Benennungen. Sie brachten Ar- tenunterschiede der Rinden, welche je nach Angabe 1) Flückiger. Chinarinden Vorwort. 2) 0. Kuntze. Cinchonen, Arten etc. pag. 105. . . . . . - - -- und Bezeichnungen der Indianer, nach Flechtenwuche- rungen u. S. W. entstanden waren. Diese Flechten wurden oft aus Gewinnsucht von Händlern auf Holz- plätzen gesammelt, und den betreffenden Rinden auf- geklebt, wodurch man möglichst genau eine gewünschte Rindensorte zu imitiren suchte 1). Auch äussere Merkmale, erhalten durch peinlichste Beobachtung der Farbenunterschiede der Rinden, Unterschiede die je nach der individuellen Auffassung entstanden waren, trugen statt zur Klärung von chinologischen Fragen nur zur unnützen Belastung derselben bei. Viele brachten Rindenuntersuchungen, die an ge- trockneten Objekten ausgeführt waren, aus Samm- lungen stammend, deren Authenticität betreffs Fund- orte und Bezugsquellen viel zu wünschen übrig liess. Zur Bestimmung resp. Aufstellung einiger Cincho- nenspecies begnügte sich Wedell) mit dem Um- fragmente von Insekten angefressen waren, während im Allgemeinen Cinchonenblätter nur selten dem Insekt- frasse unterliegen 3). Addirt man diese Facta, so findet man eine Summe von Ungenauigkeiten, die sich und - wenn sie nicht das Aufdecken dieser Fehler- quellen als Leitmotiv benutzt, - gerechtes Misstrauen der Fachmänner erregen müssen. Aehnliche Erkenntnisse, im Laufe des Studiums stet und stet sich mehrend, eröffnen wohl Jedem, der 1) Berg. Chinarinden pag. 3. 2) 0. Kuntze. Cinchonen, Arten etc. pag. 106. 3) O. Kuntze. ibidem. sich in dies Gebiet wagt, eine' trübe Perspektive auf die Dankbarkeit der zu erlangenden Resultate. Nur mit einem gewissen Vorurtheile machte ich mich daher an diese Arbeit, die mir Herr Prof. G. Dragendorff auf meine Bitte um ein Thema zur Magisterdissertation vorschlug und zu der er mir in liberalster Weise die werthvolle Chinarindensammlung des pharmaceu- tischen Institutes bezwecks einer chemisch-pharmaco- gnostischen Untersuchung zur unbeschränkten Disposi- tion überliess. Ich war mir völlig der Thatsache bewusst, dass auf diesem Felde nur dann mit Erfolg Neues und Lichtendes im praktischen wie auch im wissenschaft- lichen Sinne geschaffen werden kann, wenn als Haupt- faktor die Möglichkeit geboten wird, das Studium der Cinchonen resp. deren Droguen am Orte ihrer Hei- math an lebenden Exemplaren auszuführen. Ohne diese Eventualität bleibt jeder Versuch betreffs der Classification und Abstammung eben nur ein Versuch. Für die Werthbestimmung des Trockenmaterials hat vorzugsweise nur noch die chemische Analyse An- spruch auf befriedigende Ergebnisse. Diese Ueberzeugung veranlasste mich bei meiner Arbeit sowol von Aufstellung einer neuen Classifikation, als auch vom Bearbeiten sämmtlicher, in der Sammlung - befindlicher Chinarinden abzustehen, vielmehr eine be- stimmte Handelssorte -- in diesem Falle die ameri- kanischen braunen Rinden - chemisch auf den Alka- loidgehalt zu untersuchen und nach Möglichkeit phar- macognostisch zu bestimmen. Von den übrigen, den rothen und gelben und eini- gen sogenannten falschen Chinarinden, dagegen präparirte 10 1 - - - ich nur die, welche nach eigenem Ermessen nöthig waren, um yorurtheilsfreie Eindrücke über diese Drogue zu gewinnen. Die zur Bestimmung der Rinden erforderlichen makro-resp. mikroskopischen Vergleichstypen lieferte mir eine von Howard stammende Rindencollektion, einige Muster aus der Martinyschen Sammlung und eine Serie von Präparaten von Rodig (Hamburg), die im Laufe der Arbeit besonders behandelt werden sollen. So vermessen es auch scheinen mag, ein Gebiet unter vorerwähnten Auspicien, welches bereits von einer breiten, in den verschiedensten Idiomen gehaltenen Litteratur bedacht ist, zu durchkreuzen, so verlockend wirken Fingerzeige in den Arbeiten von Chinologen wie Berg, Flückiger, Karsten, Kuntze, Vogl und vielen anderen. Die Versuchung solche Winke zu verwerthen, veranlassten mich, von gedachten Ge- sichtspunkten ausgehend, vorliegendes Thema in fol- gender Weise einer versuchsweisen Bearbeitung zu unterwerfen. I. Kann das von Hielbig modificirte Tren- nungsverfahren der Chinabasen ?), welches er an meist künstlichen Alkaloidgemischen erprobt hatte, auch An- wendung finden bei den braunen amerikanischen Chi- narinden, die relativ viel Cinchonin enthalten, und : II. lässt sich mittelst der in der pharmacogno- stischen Sammlung vorhandenen Rindentypen von Ho- ward, Martiny etc. die Abstammung der braunen amerik. Chinarinden feststellen! 1) Hielbig, Dissertation 1880. . ... . V L ' 11 I. A. Gewinnung der Rohalkaloide nach Hielbig. Hielbig modificirte betreffs Gewinnung der China- alkaloide das Säure- mit dem Kalk-Alkohol-Extractions- verfahren, und erlangte Resultate, die neben völliger Extraction die Basen in unveränderter Form ergaben. Kurz zusammengefasst, besteht die Methode im Fol- gendem. 25 Grm. Chinarindenpulver werden mit 100 Cc. 1% H2SO4 einen Tag im Dunkeln macerirt, dann die dem Gewicht an Rindenpulver gleiche Menge Aetzkalk nebst 500 Cc. 950 Alkohol hinzugefügt und 2 Tage unter Umschütteln stehen gelassen. Das Gemenge wird unter Anwendung eines Rückflusskühlers eine halbe Stunde im Wasserbade siedend erhalten, noch heiss filtrirt und mit 100 Cc. Alkohol ausgewaschen. Die Auszüge des Rindengemisches werden mit 250 Cc. 950 Alkohol zweimal wiederholt und jedesmal mit 100 Cc. warmen Alkohol nachgewaschen. Hierauf versetzt man die vereinigten Auszüge (Filtrate) mit einigen Tropfen verdünnter H, SO. und filtrirt nach 24 Stunden den ausgeschiedenen Gyps ab. Der Alko- hol wird nun unter Zusatz von 15 Cc. 2% H2SO4 unter Vermeiden einer Schwärzung möglichst einge- engt; sind dagegen Alkaloide in reichlicher Menge vorhanden bis zur Trockne. Der Rückstand wird mit H,O verdünnt und die Flüssigkeit von den sus- pendirt gebliebenen Harzen durch Filtration getrennt. Die harzigen Theile werden dem Filter entnommen und so lange im Mörser mit 2% H,SOdurchknetet, als noch Alkaloid ein Lösung gehen. Aus der gewonnenen Flüssigkeit werden durch Na-Carbonat überschüssiges ! - - . - . - - - - - - - -- . 12 die Alkaloide ausgefällt, das Flüssigkeitsquantum im Wasserbade auf etwa 20 Cc. eingedampft, dann nach dem völligen Erkalten die Basen mittelst eines gewogenen Filters getrennt. Dieselben sind dem Fil- ter abermals zu entnehmen und so oft im Mörser mit kaltem H,0 auszuwaschen, als sie sich noch dem Fil- ter fest und hart anlegen. Nach 3--4-maligen Aus- waschen sei völlige Abwesenheit von Na-Carbonat zu erwarten. Das Filter nebst Inhalt wird bei einer Temp. von 1100 3-4 Stunden getrocknet und ge- wogen. Die zu Anfang der Operation erhaltenen Harze werden in 10 Cc. 2% H, SO haltigem Alko- hol gelöst und mit so viel H,O versetzt, bis eine Abscheidung der Harze wieder eingetreten ist. Nach- dem aus der Flüssigkeit der Alkohol durch Verduns- ten völlig entfernt worden, wird überschüssiges Na- Carbonat hinzugefügt, mit je 20 Cc. Chloroform 3 mal ausgeschüttelt, verdunstet, getrocknet und gewogen. Das durch Alkohol erschöpfte Rindengemenge wird mit 300 Cc. schwefelsäurehaltigem Wasser (resp. verdünnter H2SO4) bis zur sauren Reaction versetzt, erhitzt und filtrirt. Diese Manipulation wird mit 2% H2SO4 wiederholt, hierauf die Gesammtflüssig- keit auf ein geringes Volumen eingeengt, mit Ammoniak im Ueberschuss versetzt, dreimal mit je 20 Cc. Chlo- roform ausgeschüttelt und der Verdunstungsrückstand wie oben getrocknet, gewogen und den übrigen Basen hinzuaddirt. --- Diese bilden die Rohalkaloide. Zur Reinigung sämmtlicher gewonnenen Rohalka- loide werden letztere in Essigsäure gelöst, auf dem Dampf- bade vom Säureüberschuss befreit, abgekühlt und ohne Wärmeanwendung mit wenig H,O aufgenommen, vom 13 . unlöslichen Reste abfiltrirt, mit kleinen Portionen H,O nachgewaschen, gewogen und von der Menge der Roh- alkaloide abgezogen. Die klare Flüssigkeit enthält einerseits die Rohalkaloide, anderseits repräsentirt der Filterrückstand die Harze, Farbstoffe etc. Nach Controllversuchen mit Rinden der chinin- armen, braunen, wie auch der chininreicheren, Handels- sorten, stellte sich die Nothwendigkeit heraus, kleine Abänderungen im Verfahren zu treffen, die das von Hielbig angegebene zeitraubende, wenn auch nicht vereinfachen, so doch mehr Aussicht auf Genauigkeit zu versprechen schienen. Folgende Erwägungen stiessen mir im Laufe der Arbeit auf. 1) Bei alkaloidarmen Rinden genügt nicht ein Quantum von 25 Grm. 2) Das Auswaschen des Rindenkalkes mit heis- sem Alkohol, - wozu eine grössere Menge als vor- geschrieben, empfehlenswerth ist -- kann nur unter Zuhülfenahme einer Saugvorrichtung, etwa der Wasser- strahlluftpumpe geschehen, weil nur auf diese Weise die Operation in dem entsprechendem Maasse beschleu- nigt, und ein Abkühlen der Masse verhindert wird. 3) Muss der Alkohol bei möglichst niederer Temp. abdestillert werden, somit im evacuirten Raume, weil sich das Chinin und Cinchonin namentlich bei höherer Temperatur mit Vorliebe in eine der amorphen Base ähnliche Modification umsetzen. Beim Wiedergewinnen des Alkohol kann die Destillation bis auf einen Rest von 30-_-40 Cc. fortgesetzt werden. 4) Der Retortenrest, nach Zusatz von H,804, darf in keinem Falle zur Trockne eingedampft werden. Ein 24 stündiges Stehen bei 50—60°C. genügt meist sämmt- — — — - - —. -~- -.-.-.- - - - --_LL_. — — — — —- 14 16, lichen Alkohol aus einem Flüssigkeitsquantum von 30-50 Cc. zu entfernen. 5) Die harzigen Antheile, sowie die ausgefällten Chinabasen durch Kneten im Mörser von Alkaloiden resp. Soda zu befreien, ist umständlich und zieht stets Verluste nach sich. Das Auskneten kann um so eher umgangen werden, als diese Methode eine Chloroform- ausschüttelung zum Schluss nothwendig macht, welche Quantitäten erfordert (120 Cc.) die fast genügen würden, sämmtliche Alkaloide von vornherein aufzunehmen. Berücksichtigt man ferner, dass die sogenannten Harze meist in Chloroform völlig löslich sind, so kann von einer Ausschüttelung derselben überhaupt nicht die Rede sein; wenigstens bei den braunen Chinarinden nicht. Das für diese Drogue geänderte Verfahren soll am Schluss dieses Abschnittes zusammengefasst werden. - - B. Trennung der einzelnen Chinabasen. Zur Isolirung der Alkaloide habe ich den usu- ellen Weg, den auch Hielbig nicht verlassen hat, eingeschlagen, d. h.: 1) Bestimmen des Chinins und Cinchonidins als Tartrate, und : 2) des, Chinins aus den Tartratmengen in Form von Herapathit - in jodschwefelsaurer Verbindung, 3) des Chinidins mit Jodnatrium als jodwasserstoff- saure Verbindung; 4) des Cinchonins nebst Chinioidins durch Chloro- form-Ausgeschüttelung aus der Flüssigkeit, und 5) Trennung des Cinchonins von Chinioidin durch 500 Alkohol. ! 15 TW - Auch hier waren, insbesondere bei den Hielbig- schen Correcturen, Ergänzungen erforderlich, die, falls sie bei Seite gelassen werden, die quantitative Bestim- mung zu einer illusorischen gestalten. . In Betracht kamen nur die gebräuchlichsten 5 Chinabasen: Chinin, Cinchonidin, Chinidin, Cinchonin und Chinioidin; auf etwaige andere vor- handene Alkaloide musste, bei der geringen Menge des zu Gebote stehenden Materials, Verzicht geleistet werden. ellll 1. Chinin und Cinchonidin. : Diese beiden Alkaloide wurden aus der neutralen Lösung mit Seignettesalz als Tartrate gefällt, anfangs bei gewöhnlicher Temperatur, dann bei 110°C. bis zum constanten Gewicht getrocknet und aus den H2O-freien Tartraten die anhydrischen Alkaloide berechnet; und zwar das Chinin nach der Formel der wasserfreien weinsauren Verbindung (C20H24NO2)2 CAH.06, aus dem Verhältniss von 0,812:1, das Cinchonidin nach (C19H22 N, 0)2 CAH,06 aus 0,7967:1. Im selben Verhältniss musste den im Filtrat und Waschwasser in Lösung gebliebenen Tartratmengen Rechnung getra- gen werden. Traten beide Basen zugleich auf, so wurde aus den Gesammttartraten das Chinin als Herapathit ab- geschieden, und aus der Differenz, somit indirekt, das Cinchonidin gefunden. In beiden Fällen war die bezüg- :liche Correctur berücksichtigt worden. Zwar giebt Hielbig auf. pag. 76 an, dass er die Basen nach 3-4 st. Trocknen als Anhydrite aus der Formel der Wasserfreien Tartrate berechnet hat, führt jedoch daneben ein Verhältniss an, welches nur - . -. . - -. -. 16 der Formel der wasserhaltigen Verb. entstammen konnte. Hieraus durfte ich folgern, dass entweder Schreib- fehler vorlagen, oder die Möglichkeit, dass nach 3-4 st. Trocknen bei 110° C. kein wasserfreies Tartrat erhal- ten sei. Angestellte Cortrollversuche schlossen die letztere Eventualität vollständig aus, und liessen eine Umrechnung sämmtlicher Correcturtabellen für die Tar- trate als unerlässlich erscheinen. Den Wassergehalt resp. Verlust der weinsauren Verb. zu ermitteln, schien mir um so mehr geboten, da auffallender Weise die Litteratur hierüber wenig Uebereinstimmendes bietet. 1 a. Wasserverlust des Cinchonidintartrates. 0,4915 Grm. entwässertes Cinchonidin in HCI. gelöst, neutralisirt, mit 5 Grm. Seignettesalz gefällt, erst bei gewöhnlicher Temperatur (16-17), darauf 4 Stunden im Exsicator über Aetzkalk und H, SO4 getrocknet, gab: , | Filtrat 41 Cc.) werden bei der 0,6133 Grm. Tartrat Waschw. 27 Cc. rücksichtg. finden. { Correcturbest. Be- davon wurden bei 1100 0,5925 Grm. bis zum con- stanten Gewicht erhitzt und verloren nach 4 Stund. 0,0210 Grm. H,0=3,544% nach weiteren 3 0,0030 , =0,506% 3 0,0023 „ = 0,388%% Somit in 10 Stund. 0,0263 Grm. H,0=4,438%. Weinsaures Cinchonidin enthielt nach der alten Formel: (C20H24N20)2 C4H806+ 2H20 ..= 4,48% H20 nach der neuen, (Ci,H22N20), C4N606+ 2H20 .... =4,65% H20. C . 17 b. Wasserverlust des Chinintartrates. 0,287 Grm. Chininanhydrit wie oben behandelt, lieferte Filtrat 41 Cc.) werden z.Berech- = 0,340 Grm. Tartrat nung der Correc- * W. W. 27 CC. tur benutzt. 0,2968 Grm. Tartrat abgewogen bei 1100 bis zu Con- stanz getrocknet, zeigten: n. 3 St. 0,0040 Grm. H20 Verl. = 1,347 % n. weiteren 3 » 0,0021 =0,707% 2 , 3 , 0,0004 , , , =0,134/ Somit in 9 St. 0,0065 Grm. H,0 Verl.=2,188% H2O. Chinintartrat (C20H24N,O2)2 C&H:08 + H,0 enthält . . . . . . . . . . . 2,20% H,0. Die Differenzen zwischen den gefundenen und be- rechneten Resultaten, scheinen durch das Verweilen der Salze im Exssicator bedingt zu sein, dies geschah in der Absicht, sämmtliche adhärirende Feuchtigkeit fort- zuschaffen. Hielbig normirt, wie bereits bemerkt, die Zeit des Trocknens auf 3-4 St. — pag. 7 b. a. a. O., - die Versuche ergaben jedoch, dass eine Norm in dieser Beziehung unzulässig ist.. · Nach De Vry, verliert weinsaures Cinchonidin bei 1200 C, alles Krystallwasser 1), er berechnet jedoch das Cdanhydrit aus einem bei 1000 getrockneten Tar- trate ). Ich habe mich überzeugt, dass ein Erhitzen auf 1100 Cdtartrat völlig entwässert und dass daraus das. Anhydrit nach dem Verhältnisse von 1:0,804 berechnet werden muss. — Moens trocknet das Cin- ! : - . 1) Jahresbericht der Pharm. 1873 pag. 103. 2) Jahresbericht der Pharm. 1873 pag. 106. 18 4. chonidintartrat bei 1200 C.) dagegen das Chinintar- trat bei 10002), und berechnet daraus das Chininanhydrit wie 1:0,812 – somit auf wasserfreies Tartrat. Die Angaben über den H,O-Verlust des weins. Chinins sind zu divergirend, um daraus einen Schluss ziehen zu können, hier musste das ausgeführte Experiment massgebend bleiben. Die erhaltenen Filtrate und Waschwasser von den zur Trockenbestimmung dar- gestellten Tartraten, suchte ich zu einer Correctur auszunutzen, und beachtete daher, sowol die Quantität des Fällungsmittels, als auch die des Filtrates nebst Waschwassers. Dies geschah in der Weise, dass vom Seignettesalz sieben Proc. zu der Menge der vor- liegenden Alkaloidlösung hinzugesetzt wurden, in diesem Falle auf 68 Cc. Gesammtflüssigkeit 5 Grm. Seignettesalz, oder auf 40 Cc. Filtrat 3 Grm. Diese Concentration suchte ich bei allen Analysen ein- zuhalten. Hielbig berücksichtigt, pag. 39, beim Fällen der Tartrate allerdings die Quantität des Fällungsmittels, - 0,5 Grm. auf 1 Grm. Alkaloid - bemüht sich jedoch nicht die Flüssigkeitsmenge vom Filtrat und W. W. mit demselben in Einklang zu bringen, wodurch offen- bar das auffallende Variiren der wiedergewonnenen Alkaloide veranlasst wurde, ein Fehler, der allerdings bei der grossen Anzahl seiner Analysen weniger ins Gewicht fällt. Folgende Zahlen zweier Bestimmungen mögen als Beleg dienen, und die Ergebnisse illu- striren. i 1) Archiv der Pharm. VI 1875 pag. 28. 2) Jahresbericht für Pharm. 1875 pag. 100.- -- -- - - WYNH, -- In Lösung blieb in Lösung blieb i Cinchonidin :. H,0 frei. Erhaltene Filtr. Tartrate bei W. W. 110° getrock- net. Berechnete Anhydrite. pr. Cc. Flüssig-1 keit an An- pr. Cc. Flüssig- hydrit. keit an Tartrat, 0,4915 Grm. 41/27 Cc. 0,5862 Grm. 95,01% 0,000358 Grm. 0,000450 Grm. Chinin- anhydrit 0,2870 Grm. *1/27 Cc. 0,3326 Grm. 94,07% 0,000247 Grm. 0,000305 Grm. Leider war ich verhindert umfassendere Versuche auszuführen. Da Hielbig einmal die Tartrate nur eine bestimmte Zeitlang, pag. 76, dann wieder bis zum constanten Gewicht trocknet pag. 39, da ferner unsere Correcturen differiren und er schliesslich den Krystallwassergehalt der weinsauren Verb. nicht im entsprechenden Sinne berücksichtigt, fühlte ich mich veranlasst, seine Tabellen umzurechnen, in der Er- wartung mir dadurch brauchbare Werthe zu schaffen. . Umgerechnete Correcturen für Chinin nach Hielbigs Dissert. pag. 44. --- Analysennummer. Verarbeitetes Chinin (wasserfrei ?) Filtrat nebst || Waschwasser in Ce. Wiedergewonnene Tartrate. - Wiedergewonnenes Chinin in %. ----- v. - ww ww - - - Pro Cc. Flüssigkeit in | Lösung gebliebenes Cinchonidinanhydrit berechnet nach l nach Hielbig Parfenow Tartrat | Tartrat x 0,7941. X 0,812. 1 0,2815 0,3034 0,001196 0,001038 85,56 2 0,1698 30 10,1749 0,001030 0,000926 81,80 3 0,3850 36 10,4420 0.000945 | 0,000725 91,17 4 0,36581 33 0.4213 0.000947 0,000721 | 91,46 ||Im Mittel nach 5 0,3420 35 0.3882 0,000964 0,000765 90,14 | Hielbig 6 0,1663 | 31 0,1679 0,001064 0,000967 80,17 ||pro Cc.=0,001002 7 | 0,24701 35 10,2654 0,001036 0,000900 85,33|1* nach 0,3838 0,4384 0,000892 0,000697 90,70 | Parfenow 9 | 0,4310 40 0.4988 0.000873 0.000650 | 91.90| pr. Co.= 0,000829 0,3463 35 0,3942 0,0009500,000751 90,39 11 | 0,1689 33 0,1631 0,001193 | 0,001106! 76,68 12 | 0,2441 | 32 10.2685 0.000965 | 0,000815 87,35 18 | 0,3880 43 10,4372 0.000949 0.000767 | 89,48 1* | 0,3880 | 36 0,4431 0,001031 0,000786 90,69 2* --- - - - 40 - - - - - .- - -- - - -- 20 Umgerechnete Correctur für Cinchonidin nach Hielbig pag. 46 a. a. 0. Verarbeitetes Cinchonidin (wasserfrei ?). Filtrat nebst Waschwasser in Cc. | Wiedergewonnene Tartrate. Pro Cc. Flüssigkeitin Umgerechnet | Lösung gebliebenes vom wasser- Cinchonidinanhydrit| freien Tar- trate ausge- Berechnete Tartrate hend von nach 1 nach der Formel Hielbig Parfenow (C1yH24N20)2 X 0,768 Berechnetes Cincho- nidin in %. C*H.06. com os Of A WNH Analysennnmmer. 0,3027 0,3615 0,000522 0,000522 0,000306 2 0,2770 0,3307 0,000479 0,000481 0.000283 30,3450 0,4141 0,000628 0,000628 0,000351 0,3078 0,3554 | 0,000623 0,000623 0,000441 *5 1 0,4252 36 | 0,5340 0.000419 | 0.000419 0,000545 6 | 0,3207 | 40 | 0,3133 0.000465 0,002002 0,001777 7 0.2204. 35 0,2589 | 0,000635 | 0.000617 0.000405 8 0,4880 54 0,5954 0,000575 0,000570 0,000253 0,004346 0,005862 0,004361 Von Hielbig angegeben pro Cc. 0,000543. Ergiebt nach der Rechnung pro Cc. 0,000732. Auf wasserfreies Tartrat berechnet nach der neueren Formel pro Cc. 0,000545. 91,72 91,69 92,18 88,68 96,45 94,16 90,22 93,70 Obgleich die Umrechnung des Cinchonidintartrats nach der neuen Formel zufällig mit dem Hielbig'schen Mittel 0,000543 übereinstimmt, zwangen mich doch Rechenfehler und die grosse Anzahl der Versuchsreihen von einer weiteren Arbeit abzustehen. Mithin benutzte ich zu den Analysen - der vor- liegenden braunen Chinarinden – für die Tartrate, meine aus 2 Versuchen erhaltenen Correcturen und zwar: *) Aus der 5. Analyse konnte das reine Cinchonidin direkt nicht berechnet werden, weil das Tartrat die theoretisch mögliche Menge übersteigt. Die Zahl 0,000545 wurde als Mittel aus den 7 übrigen Bestimmungen gezogen. 21 Als Als Pro Cc. Flüssigkeit Anhydrit. Tartrat. für Cinchonidin ..= 0,000358 od. 0,000450 Grm. für Chinin . . .= 0,000247 , 0,000305 , und falls beide Alka- Joide 2011 auftraten1 = 0,000605 od. 0,000755 Grm. pr. Cc. Hier will ich die Factoren, mit denen die Be- rechnungen ausgeführt sind, angeben 1). Chinintartrat(C20H24N2O2)2 C4H206+H20=2,20%H,0. 1 Chininanhydrit = 1,1532 Chinintartrat (+H2O). 1 , Tartrat = 0,7941 ,, Anhydrit Chinintartrat bei 110° C. getrocknet: | 1 , Anhydrit = 1,2314 , Tartrat (H20 frei). 1 ,, Tartrat = 0,8120 ,, Anhydrit. Cinchonidintartrat alte Formel: (C20H24N20)2C4H806 + 2H,0 = 4,48% H2O. 1 Cdanhydrit = 1,3019 Cdtartrat | 1 ,, Tartrat = 0,7680 , Anhydrit Cinchonidintartrat bei 110°C. getrocknet: 1 Cdanhydrit = 1,2483 Cdtartrat* 1 , Tartrat = 0,8041 , Anhydrit*. Cinchonidintartrat nach der neuen Formel: (C18H22N20)2 C4H808 + 2H,0 = 4,65% H2O 1 Cdanhydrit = 1,3163 Cdtartrat (+ H20)* 1 , Tartrat = 0,7596 , Anhydrit * Cinchonidintartrat bei 110°C getrocknet: 1 Cdanhydrit = 1,2551 Cdtartrat 1 , Tartrat = 0,7967 , Anhydrit. Wie vorauszusehen war, bestätigten Versuche, dass die salzreichere Mutterlauge von abgeschiedenem Chinin - - - - - - 1 - 7 - - - - - - - 1) Anmerkung. Die fett gedruckten Werthe habe ich, die übrigen hat Hielbig benutzt. Die mit * bezeichneten wurden gar nicht verwandt. - De 22 T resp. Cinchonidin, weniger Tartrat gelöst enthält, als das Waschwasser, woraus vielleicht auch d. Angabe Moens, die in Filtrat gelöst gebliebenen Cinchonidintartrat- mengen seien bedeutungslos - zu erklären wäre. 41 Cc. Filtrat vom weinsauren Cinchonidin mit Ca(HO), zur Trockne verdampft, gepulvert und mit siedendem Chloroform in einem Kochkölbchen mit einer Rückflussvorrichtung ausgezogen, gaben: . . . . . . 0,0081 Grm.rein. Cinchonid. 27Cc.WW.ebenso behandelt 0,0150 „ , Im Ganzen 0,0231 Grm. = pr. Cc. 0,000339 Grm.r.Cinchonidin theoretisch 0,02447 Grm. =pr. Cc. 0,000359 Grm. r. Cd.. folgl. f. rein. Cinchonidin im Filtrat pr. Cc. 0,000198 Grm..!! 1. im W.W. „ 0,000556 Grm. . 2. Chininbestimmung. Behufs Trennung des Chinins vom Cinchonidin 1 wurde das De Vry's Verfahren mit nothwendig erschei- i nenden Modificationen angewandt, d. i. Lösen der Tartrate in 5-10 Cc. Säure - Alkohol 1), nachträg- liches Verdünnen mit wechselnden Mengen 93% Alkohol und Fällen des Chinins mit einer, nach De Vry's Vorschrift bereiteten alkoholischen Chinioidin- jodsulfatlösung. Hierbei entstand häufig bei Gegenwart von viel Cinchonidin ein orange flockiger Niederschlag von Cinchonidinjodsulfat, welcher sich meist in der ange- gebenen Flüssigkeitsmenge beim Erwärmen löste. Falls er sich wieder bildete, so fügte ich zu der warmen 24 1) Unter „Säure-Alkohol" ist stets eine Mischung von 93." Alkohol mit 1,6%, H,80, zu verstehen. — : -. . . . . AR SA 3 Single 23 Flüssigkeit 930 Alkohol, in Quantitäten, die den ange- .: wandten Säure- Alkohol gleich kamen, so oft hinzu, bis der flockige Niederschlag beim Abkühlen nicht wieder entstand. Der gewonnene Herapathit wurde mit einer gesättigten alkoholischen Herapathitlösung ausgewa- schen. Zur Correctur, für in der Mutterlauge gelöst gebliebenen Herapathit, ermittelte ich Werthe, die je nach dem Säuregehalt und der Verbrauchten Alkohol- menge angebracht werden mussten. Die Einzelheiten sind im Resumé angegeben. Hervorzuheben sei, dass der Chininherapathit aus den Tartraten meist nur in amorpher Form gewonnen werden konnte, — nur in 2 Fällen (Analyse Nr. 16 und 14) bestand der Nieder- schlag aus grünschillernden Rhomben. - Mit reinem Chinin lässt sich die krystallisirte Verbindung durch Erwärmen und Erkaltenlassen der Lösung stets erhalten. Ob dieses Verhalten von der Weinsäure, dem Farbstoffe ') oder einem anderen Factor beeinflusst wird, vermochte ich nicht festzustellen. Iso- lirte man jedoch aus den Tartraten die Basen durch NaHO und Ausschütteln mit Chloroform, so resultirten nach Zusatz der Chinioidinjodsulfatlösung das Chinin als Herapathit meist in der krystallinischen Form. Christenssen 2) spricht sich gegen ein Erwärmen der Solution aus, indem er hervorhebt, es bilde sich dabei Chininperjodsulfat. Bei Versuchen mit Herapathit, Lienei -- TO ---- - 1) Ein Farbstoff - entschieden basischen Charakters -- begleitete die Alkaloide in fast sämmtliche von mir untersuchte Rinden, s. Buchners Repertor 1876. pag. 604. 2) Separat Abdruck aus der pharmaceutischen Zeitschrift f. 1 Russland 1881. pag. 11. - - - - - - - - - . . . 24 Correctur durch Fällung aus warmer Lösung und 24 st. Stehenlassen dargestellt hatte, erhielt ich Resul- . tate, die keine wesentlichen Differenzen, mit der theo- retischen Chininmenge aufwiesen 1). Die Herapathitbestimmungen nach Hielbig's An- gaben wurden nicht weiter berücksichtigt. 3. Cinchonidin. Dieses Alkaloid wurde aus der Differenz der summa- rischen Tartrate minus dem Chinin berechnet s. Resumé. 4. Chinidin (Conchinin). Bei der Bestimmung des Chinidins folgte ich der Methode Hielbigs, pag. 56, die durch einen be- stimmten Alkoholzusatz und NaJ die Base in jodwas- serstoffsaurer Verbindung abscheiden lässt, und eine Correctur überflüssig macht. Seine übrigen Trennungsverfahren leiden an unge- nauen Zahlenangaben für die Correctur: so auf pag. 57 pro Cc. Filtrat Alcohol 0,000872 Grm. dagegen auf pag. 79 ..... 0,002481 Grm. 5. Chinioidin und Cinchonin (sog. amorphe Basen). Diese beiden restirenden Chinabasen wurden, un- abhängig von den vorhergegangenen Alkaloiden, erst durch Ausschütteln mit Chloroform isolirt und dann durch geeignete Lösungsmittel von einander getrennt. 6. Chinioidin. Hielbig schlägt zur Trennung des Chinioidins vom Cinchonin an Stelle der von Moens angewandten 1) Y. Schimoyama giebt dasselbe an, in einer Arbeit, die ich leider nicht mehr benutzen konnte, da meine Analysen bereits abgeschlossen waren, als sie erschien. Archiv der Pharmacie 1884 und 1885. . A 25 Methode mit 400 Alkohol, absoluten Aether vor, und bevorzugt diesen, gestützt auf allerdings sehr ge- nau stimmende Analysen. Sein Verfahren ist jedoch nur anwendbar bei künstlichen Alkaloidgemischen, denen ein Chinioidin, bereitet durch Extrahiren des käuflichen Chinioidins mit absolutem Aether, hin- zugefügt ist, wie Hielbig es auch in der That ausge- führt hat ?). Schafft man sich eine amorphe Base durch Ausziehen des käufl. Chinioidins mit 400 Alko- hol, und behandelt dieselbe vereint mit Cinchonin unter Beobachtung der bezüglichen Correctur mit 400 Spi- ritus, so fallen die Ergebnisse ebenfalls befriedigend aus. Berechtigt ist ersteres Verfahren aber nur dann, wenn die Alkaloide aus den Rinden mit Aether extrahirt sind. Da jedoch die Gesammtalkaloide mit Alkohol und Chloroform gewonnen und somit Stoffe in Lösung gebracht werden, die zum Aether ein anderes Lösungs- verhältniss besitzen, oder gar darin unlöslich sind, so schliesst dieser Umstand das Aetherverfahren a priori aus. Keine einzige der von mir untersuchten braunen Chinarinden lieferte amorphe Basen, die in absolutem Aether völlig löslich waren, und die das Cinchonin rein hinterlassen hätten. Dagegen war das erhaltene Chinioidin aus einem Theile der Rindensorten schon durch 400, aus sämmtlichen jedoch durch 500 Alko- hol vom Cinchonin völlig isolirbar. Doch auch bei der letzteren Behandlung blieb das Cinchonin gefärbt zurück. 4 Chinioidinproben, deren völlige Löslichkeit in absolutem Alkohol resp. Chloroform geprüft waren, konn- ten aus der Lösung durch Aether zum Theil gefällt werden. sud- U : -i -iiii www- " - - 1) Hielbig: Dissertation pag 12. 26 . ... Y VA ..! Das betreffende Chinioidin stammte aus der Samm- lung des pharmaceutischen Institutes und wurde vor der Behandlung folgenden Reinigungsprocessen unter- worfen. I. Durch Lösen in H, SO, und Fällen mit NaHO. II. Auflösen in verdünnter H, SO4, Neutralisiren mit NaHO und Fällen mit Na, S,03 + 5H01). III. Durch Kochen von 9 Th. des zerriebenen Chini- oidins mit verdünnter Lösung von 2 Th. Ammo- ninmoxalat so lange, als sich noch NH; entwi- ckelt, und Fällen der filtrirten Solution mit NaHO2). Die Reinigungsmethode nach De Vry?) mittelst HNO3, habe ich nicht mehr ausgeführt, weil meine Ana- lysen bereits abgeschlossen waren. Es blieb ungelöst bei 150 C. Unn .LV 11 Gereinigtes Chinioidin nach: in absol. | Chloroform In 5 Cc. Chlorof. 2Vol. Chlorof. 1 Vol. * abs. u. Aether Chloroform Aether, • 1 abs, gleiche Snec. Gew. | Spec. Gew. 45 Co. Aether Aether 1 Vol. Aether 3 Vol... "gelöst 17. mit Spec. Gew. a 0,7202. To • Volumina. Spec. G. 1,126 1,254. l 0,9399. versetzt. VYN I. 28.32% 5,0 % 3,4 % 7,0 % 5,4 % II. 25,10 ,1 8,1 1 3,2 , 13, : | 11,9 , III. 26,109 | 10,9 5,1 » | 20, » 17,5 , Um Gewissheit zu erlangen, wie sich alkohol- haltiger Aether gegen Chinioidin verhält, wurde hier- von ein bestimmtes Quantum in absolutem Alkohol gelöst, und mit abwechselnden Mengen absoluten Aethers versetzt. 1. 1) Jahresbericht d. Pharm. 1866 pag. 275. ibidem 1876 pag. 499. 3) Archiv d. Pharm. 1884. pag. 580. 2) -- -- .-. 1 . - . . 1/20 Absolut Alkohol í Absolut Aether in Cc. blieb ungelöst. · 133 %. "/15 . . . . 1,03 ,, 1/10 :... 1,03 ,, 210 ...0,99 , 25 ..... 0,71 , 1/3. .. Spuren. Wie man sieht, steigert ein gewisser Alkoholge- halt bedeutend das Lösungsvermögen des Aethers, und erklärt dabei die von Moens?) vorgeschlagene Methode das Chinioidin (nebst Chinin) mit Aether zu extra- hiren ?), bei der er leider das spec. Gew. nicht beifügt. Dass nicht absoluter Aether gemeint ist, glaube ich aus obigen Resultaten folgern zu dürfen. Die ange- führten Zahlen sprechen somit gegen eine Anwendung von absolutem Aether als Trennungsmittel für Chini- oidin, indem dies selbst aus dem Chloroform, seinem besten Lösungsagens in namhaften Quantitäten durch Aether gefällt wird. Hervorgehoben muss hier werden, dass verschie- dene Chinioidinhandelssorten stets variable, - jedoch immer von der Anwendung des Aethers abrathende, Erfolge ergaben. Der Umstand, dass 400 Alkohol nicht immer auf alle Chinioidinsorten leicht lösend einwirkt ---- wie es bei einem Körper von so fragwürdiger Zusammenset- zung nicht anders zu erwarten ist --- veranlassten mich zum Versuche, die Lösung mit 900 resp. absolutem --in. Omiesztami — — . — — — 1) Moens: Jahresbericht f. Pharm. 1870 pag. 130. 2) De Vry vermuthet, dass einige Chinarinden noch eine zweite in Aether unlöslich amorphe Base enthalten -- S. Jahrb. für Pharm. 1872 pag. 128. — — - - - 28 ' C Alkohol auszuführen und dann mit H,0 bis zum Ge. halt von 400 zu verdünnen. Dabei behielt ich im Auge, dass bei dieser Manipulation das vorhandene Cinchonin in gesättigter Lösung vorliegen und eine genaue Correctur ermöglichen dürfte. Die Resultate entsprachen nicht den gehegten Erwartungen. Weit günstiger gestaltete sich dasselbe Verfah- ren, - wenigstens bei den von mir untersuchten brau- nen Chinarinden, - mit 500 Alkohol. Sowol nach den obigen Methoden gereinigtes, wie auch aus den untersuchten Droguen erhaltenes Chinioidin liefert hier völlig klare Lösungen, und hinterlies nur wenig ge- gefärbtes Cinchonin 1). Bei den ausgeführten Analysen wurde somit das Chinioidin mit 500 Alkohol ausgezogen und bestimmt. 7. Cinchonin. . Das Löslichkeitsverhältniss des Cinchonins in ver- schiedenen Medien variirt in den Angaben einiger Autoren so auffallend, dass es nothwendig erschien, mir einige Constanten selbst zu schaffen. 409 Spiritus So ist noch Chloroform. Aether. Spec. Gew. 0,9516 15°C. Hesse?) ein Th. Cinchonin in 122,7 371 Hielbig :) 420 Pettenkofer) £. Schmidt5) , 280 371(Hesse) - Oudemans) iCc, = 0,002 Moens) 475. absol, Chlorof, absoluter Aether ich fand , 371,1 1181 2502 absol, Chlorof. 1 356,5 1) Bereits erwähnter Farbstoff, der hartnäckig den meisten Cinchoninbestimmungen anhaftete und oft uncontrolirbare Fehler verursachte, ist leicht durch Auftröpfeln eines Aether-Chloroforms . 29 . Der Grund liegt wol meist in der Qualität des Lösungsyehikels 8) --- was leicht durch Versuche be- stätigt werden kann. Ob das Cinchonin in verschieden-löslichen Modi- ficationen auftritt, habe ich nicht entscheiden können. Oudemans) stellte ein genaues Löslichkeitsyer- hältniss des Cinchonins in absolutem, wie auch alko- holhaltigem Chloroform fest, und gelangte dabei zum Schluss, dass der wechselnde Alkoholgehalt als die Quelle der Divergenzen anzusehen sei, ja setzte -- die Genauigkeit seiner Angabe erhärtend, eine Tabelle zusammen, die ermöglicht mittelst Cinchonin, geringe Mengen von Alkohol im Chloroform nachzuweisen. . Diese Untersuchung, vereint mit den Wieder- sprüchen in einzelnen Werken, bewogen mich ebenfalls Löslichkeitsbestimmungen des Cinchonins sowohl in absolutem Chloroform, wie auch in Mischungen aus Chloroform und Aether anzustellen, in der Hoffnung, daraus brauchbare Ziffern zur Trennung des Cincho- nins von den amorphen Basen zu entnehmen. Das Cinchonin, ebenfalls aus der Sammlung des pharmaceutischen Institutes, wurde in folgenden For- men angewandt. a) Zerrieben, bei 1100 bis zum constanten Ge-, wicht getrocknet. ini (2 Vol. und 1 Vol.) fortzuschaffen, wobei pro Cc. dieser Mischung 0,00233 Grm. für mitgelöstes Cinchonin in Rechnung zu bringen ist. 8. pag. 30. 2) Zeitschrift d. oesterreich. Apotheker. Jahrg. 16 Nr. 6. 3) H Dissertation a. a. O. 4) Husemann Pflanzenstoffe pag. 1472. 5) E. Schmidt Lehrbuch d. Chemie. 6) Jahresbericht der Pharm. 1873 pag. 400. ?) Husemann Pflanzenstoffe pag. 1472. 8) Jahresberich d. Pharm. 9) Annalen der Ch. und Pharm. 1873 pag. 79. - - -- : 1 . 30 b) Hergestellt nach Oudemans Angabe durch Fällung eines Cinchoninsalzes (Sulfat) aus schwach alkoholischer Solution durch NHz. Es repräsentirte ein Haufwerk von Mikrokrystallen, welche, in H2804 gelöst, äusserst geringe Fluorescenz zeigten. Das angewandte Chloroform ward durch successi- ves Behandeln mit H,0,H, SO4,H,0 und 24 st. Stehen- lassen mit Na-Metall und schliesslicher Rectification gereinigt. Spec. Gew. bei 15º C. 1,503. Die Mischun- gen von Chloroform und Aether (Spec. Gew. bei 150 C. 0,7202) konnten selbst bei Anwendung genau controlirter Messgefässe, leicht Unterschiede ergeben, daher habe ich, die Contraction zugleich berücksich- tigend, jeder Mischung das spec. Gewicht beigefügt. Oudemans giebt eine 3 stündige Einwirkung des Lösungsmittels an, ich liess dagegen das Gemenge 12 St. bei etwa 150 stehen. Die Lösung wurde vom ungelöst gebliebenen Cinchonin abfiltrit, mittelst der Pi- pette ein bestimmtes Quantum abgehoben, verdunstet, bis zum const. Gew. bei 1100 erhitzt und gewogen. WALL- VM Gelöst blieb: Aether Spec. Gew. 0,7202. Chloroform Spec. Gew. 1,503. 2 Vol, Chloroform 1 Vol. Aether Spec. Gew. 1,254. 1 Vol. Chloroform I Vol. Aether Spec. Gew. 1,126. 1 Vol. Chloroform | 3 Vol. Aether Spec. Gew. 0,9399. _ Y pro Cc. bei 150 in Grm. von Cincho- nin a. . . . 0,00036 0,0039 0,0039 | 0,00185 | 0,00134 0,00185 im Verhältn. v. 1: ( 2000 385 677 8401 vom Cinchonin b. 10,00061 0,00405 0,00233 0,00170 im Verhältn. v. 1: 1181 | 371 538 603 0,0006 1566 0,00133 706 31 Vergleicht man diese Resultate mit denen, des in gleicher Weise behandelten Chinioidins, so gewinnt man für die Mischung von 2 Vol. Chloroform und 1 Vol. Aether die günstigsten Werthe. Da jedoch das Chini- oidin der Rindenhandelssorten in obiger Mischung, wie beim 400 Alkohol, nicht immer völlig löslich ist, (s. pag. 27) so kann man nur dann davon Gebrauch machen, wenn in einem Vorversuche das Cinchonin rein hinter- bleibt; im anderen Falle ist jedoch 500 Alkohol, nebst nachfolgendem Auswaschen mit Aether - Chloroform (Anmerkung pag. 28) zu verwenden. Der Consequenz wegen benutzte ich stets 500 Alkohol, mit beigege- bener Correctur. Ermittelt wurde das Löslichkeitsverhältniss vom Cinchonin in 400 resp. 500 Alkohol auf zwei Wegen: 1) Durch Schütteln von Cinchonin in 400 resp. 500 Alkohol und 12 st. Stehenlassen. 2) Durch Lösen in absolutem Alkohol und Ver- setzen mit soviel H, O, dass ein 400 oder 500 Alkohol resultirte; sonst wie pag. 30. ... . - - - - - - - II. IV. - Das bei 1100 C. getrocknete Cin- In 8 Cc. ab- 111. In 10 Cc. ab- chonin wurde heil(409Spiritus soluten Alko-|(50) Spiritus sol. Alkohols diesen Versuchen Spec. Ger Spec. Gew. bei holsgelöst u. Spec. Gew. bei gelöst mit 10,7 mit 12,6 Cc. angewandt. 15° C. 0,951. H.Oversetzt. * 15°C.0,9335. Cc. H20 ver- Lin I setzt. - T . -. -.- - 1 Cc. Flüssig- keit löst: 10,00038 Grm.0,00040 Grm.0,00071 Grm.0,00073 Grm. Im Verhältniss von 1: 2377 1314 1278. - - - 2502 - - - - - - Angestellte Versuche mit Cinchonin und gefälltem Chinioidin (pag. 40 I) gaben nahe dieselben Correcturen, so dass, bei der Trennung des Chinioidins vom Cin- - - - - - - - - - - - chonin mit 500 Alkohol nach Rubrik IV, pro Cc. in Lösung gebliebenes Cinchonin = 0,00073 Grm. in Rechnung zu bringen ist. ! C. Recapitulation der von mir angewandten analytischen Methode. Zur Aschenbestimmung konnte das feine Rinden- pulver, welches zur Alkaloidgewinnung gebraucht ward, nicht benutzt werden, weil stets ein gewisser Kupfer- gehalt - vom Mörser herrührend — wenn auch nicht bedeutende, doch zu beachtende Fehler verursachen konnte. Wo Kupfer von einigen Autoren in der Asche von Chinarinden und Extracten gefunden wurde), da glaube ich zum Theil diesen Bestandtheil auf obigen Umstand zurückführen zu können. Im Achatmörser zerkleinerte Stücke enthielten kein Kupfer. Grössere Mengen als 5-6 Grm. konnte ich für die Aschen- analyse nicht erübrigen. Die Feuchtigkeit wurde bei 1100 C. bestimmt und der Alkaloidgehalt auf die getrocknete Drogue berechnet. Die Rohalkaloide wurden aus 30 und mehr Grm. der feinst gepulv. Rinde mit H, SOA, Alkohol und Ca (HO), nach dem von Hielbig modificirten Verfahren ausgezogen und zwar — auf je 5 Grm. Rindenpulver 20 Cc. 1% H2SO4, 100 Cc. 950 Alkohol und 5 Grm. Ca. (HO) angewandt (s. pag. 10). Wie bereits be- merkt, kann das Abfiltriren des heissen Alkoholauszuges nur bei Zuhülfenahme einer Saugvorrichtung in ge- wünschter Weise geschehen. Das Auswaschen des Rindenkalkes wurde so oft mit heissem Alkohol wieder- 1) Archiv der Pharm. 1884 pag. 321. -. 33 - . . - - - - 1. holt, als einige Cc. verdunstet noch einen Rückstand hinterliessen. Bei dieser Manipulation genügte ein Filter, der Rindenkalk lässt sich leicht demselben entnehmen, und mit neuen Mengen Alkohol in den Kochkolben spülen. Die vereinigten alkoholischen Auszüge werden mit verdünnter H, SO4 bis zur schwach sauren Reaction versetzt, nach 12 Stunden vom aus- geschiedenen Gyps abfiltrirt, und nun der Alkohol im evacuirten Raume bis auf einen Rest von 40-50 Cc. abdestillirt. Aus der Retorte werden die Alkaloide mit kleinen Quantitäten 1 %tiger H2SO4 in ein parallelwandiges Glasgefäss gebracht und die Flüssigkeit bei einer Temperatur von circa 600 12 Stunden unter öfterem Umrühren offen bei Seite gestellt. Mit der nöthigen Vorsicht kann das Verdampfen des Alkohols auch auf dem Dampfbade geschehen, kleine zurückgebliebene Alkoholmengen stören nicht weiter. Aus dieser Flüssig- keit können nun die Chinabasen direkt, unter Zusatz von Na-Carbonat mit Chloroform ausgeschüttelt werden. Die Zahl der Ausschüttelungen, wie auch die Menge des Chloroforms kann nicht normirt werden, von ersteren wurden bei Quantitäten von je 30 Cc. Chlo- roform zwischen 4–8 ausgeführt. Auch beim Auslaugen des vom Alkohol bereits extrahirten Rindenkalkes ---- nach vorhergegangener Neu- tralisation -- mit 1% resp. 2% H, SO , kann man sich ebenfalls nicht binden, weder an eine Zahl der Auszüge noch an eine Quantität der Säure; nur dann geht man sicher, die bei etwa ungenügender Alkoholextraction zurückgebliebenen Basen wiederzugewinnen. Das Aus- ziehen des Rindenrestes mit 1% H, SO4 muss so lange memang ters-Livinistie be fortgesetzt werden, als die vom Filter ablaufende Flüs- sigkeit noch gefärbt erscheint. Auch hier macht sich. die Anwendung einer Wasserstrahlluftpumpe nothwen- dig. Dieser wässrigen schwefelsauren Extraction, wird der erwähnte Gyps nebst Filter, wie auch die von den Alkaloiden durch Ausschüttelung befreite wässerige Flüssigkeit beigefügt und im Dampfbade, unter zeit- weiligem, der Concentraction der H, SO4 entsprechendem NH; Zusatz, eingeengt. Schliesslich wird mit einer, dem zu erwartenden Verdunstungsrückstande gleichen Aetzkalkmenge zur Trockne verdampft. Das trockene Kalkpulver wird in einem Koch- kölbchen bei passend angebrachter Condensirvorrich- tung mit Chloroform ausgekocht, (oft genügten 2 Mal) vom Kalk abfiltrirt und mit der ersteren Chloroform- ausschüttelung vereinigt. Diese Chloroformauszüge müssen durch ein kleines dichtes Filter von etwa sus- 1 pendirt gebliebenen ungelösten Produkten befreit wer- den 1). Zieht man aus einer kleinen (100 Grm. Raum- inhalt) Retorte das Chloroform ab, so giebt die aus dieser mit Alkohol in ein parallelwandiges Gefäss gebrachte Krystallmasse, nach dem Trocknen bei 1100 bis zum constanten Gewicht, die Gesammtmenge der Rohalkaloide an. Bei der letzten Operation, ist jedoch Folgendes nicht ausser Acht zu lassen: 1) Eine allmählig steigende Temperatur bis auf 1100. Unvorsichtiges Erhitzen bewirkt, wie Versuche mit reinen in Chloroform gelösten Alkaloiden, lehrten – Bräunung der Masse. 1) Ein Entfernen der Alkaloidreste aus dem Filter gelingt am besten durch Auftröpfeln von Chloroform auf den Filterrand und sanftes Drücken mit einem Glasstäbchen. Das Chloroform zu Ausschüttelungen u. s. w. kann etwas alkoholhaltig sein. . . .. . . 01 35 2) Nur ein Erhitzen bis zum constanten Gewicht, — oft nach 10--12 St. - entfernt die letzten Reste von Chloroform aus der Krystallmasse. Wenn Y. Schimoyama 1) bei seiner Methode ein einstündiges Trocknen vorschreibt, so ist daraus von vornherein ersichtlich, dass seine Zahlenangaben zu hohe Werthe repräsentiren müssen. Mir ist es nie gelungen, selbst nach 6 st. Erhitzen auf 1100 C. auch nur aus 1 Grm. Alka- loid alles inhärirende Chloroform zu entfernen und das ist ein Fehler, woran die meisten Analysen leiden. Zusatz von etwas schwachem Spiritus vor dem Trocknen der Chinaalkaloide schien dieses zu beschleunigen. Die Rohalkaloide werden nun mit HCl in geringen Ueberschuss unter Erwärmen aufgenommen, bei etwa 70 bis 800 fast zu Trockne verdampft und, nach dem Er- kalten mit H,O auf einem gewogenen Filter, den Har- zen etc. die an Säure gebundenen Basen entzogen. Essig- säure an Stelle der HCl anzuwenden, hielt ich nicht für gerathen. Bei Rinden, die auch Chinin enthalten, stellt dasselbe in essigsaurer Verb. dem Auswaschen der Harze etc. nicht unbedeutende Hinternisse entgegen. Häufig musste der Harzrest dem Filter entnommen und abermals wie oben mit Säure behandelt werden, um sämmtliches Alkaloid zu gewinnen. In den meisten Fällen ging das Abfiltriren von den Harzen sehr langsam von Statten. Man muss möglichst schnellfiltrirendes Papier anwenden. Die wässerigen Filtrate reagiren stets sauer, auch wenn mit Essigsäure operirt wird. Das Neutralisiren der meist dunkelgefärbten Flüssigkeit gelang am besten, - - - - - - - - - --- - - - - - -- - - 1) Archiv d. Pharm. 1884. pag. 29). - - - - 36 wenn man dieselben bis auf etwa 800 erwärmt, und ihr unter stetem Rühren 2% NaHO lösung zutröpfelte. Das Abstumpfen der Säure mit NH, ist irratio- nell und muss womöglich ganz vermieden werden?). Die Neutralitätsgrenze durch zugesetzte Lackmustinc- tur zu bestimmen, ist der dunklen Farbe der Flüs- sigkeit wegen nicht möglich. Setzt man dagegen so viel Lackmustinctur hinzu, dass die Farbe der letz- teren sichtbar wird, so bedingt das später bei Bestim- mung des Chinins und Cinchonidins als Tartrate nicht unbedeutende Fehler, letztere reissen nämlich beim Fällen, so viel vom Lackmusfarbstoffe mit, dass der Niederschlag intensiv violett erscheint. Eine vorsich- tig am Rande eines Lackmuspapierstreifens ausgeführte Tüpfelprobe giebt stets mit Präcision die gewünschten Resultate. Beim Neutralisiren wurden stets wechselnde Mengen harziger Produkte abgeschieden, die nach dem Erkalten der Flüssigkeit sich sehr leicht abfil- triren und auswaschen liessen. Diese Harzreste, ver- eint mit den ersteren, geben, getrocknet und gewogen, die Gesammtmenge der sog. Harze an, und gestatten, abgezogen von den Rohalkaloiden, die factische Menge der an Säure gebundenen Chinaalkaloide zu erfahren. War die Flüssigkeit auf diese Weise vorbereitet, so konnte zur Trennung der Einzelbasen geschritten werden. Den Gang, der von mir ausgeführten quantitativen Bestimmung möge beispielsweise die Analyse der Rindensorte Nr. 16 demonstriren. Cortex Chinae Loxa vera via Valparaiso 1845. I. Feuchtigkeit betrug . . . . . . . 11,02 — 1) Prof. Dr. G. Dragendorffs, Ermittelung von Giften. — her Decimen 37 : 1 II. Asche auf ca. 1100 getrocknete Rinde bezogen . . . . . . . 3,14%. III. 45 Grm. in Arbeit genommene Rinde (minus Feuchtigkeit=40,041 Grm.) werden mit 180 Cc. 1% H2SO4 erst 1 Tag, darauf mit 900 Cc. 95° Alkohol 2 Stunden macerirt, schliesslich 45 Grm. Ca.(HO), hin- zugefügt und nach 2-tägigem Stehen der alkoholische Auszug abfiltrirt und mit heissem Alkohol der Rinden- kalk völlig erschöpft. IV. Das vom Alkohol befreite Alkaloid- gemenge mit Chloroform ausgeschüt- telt, gab als Gesammtmenge der Roh- alkaloide, auf getrocknetes (bei 1109) Material berechnet = 1,2518 Grm. V. Die 1,2518 Grm. Rohalkaloide in HCl gelöst, eingeengt, nach dem Erkalten mit H,O aufgenommen, lieferten an Harzen, Farbstoffen etc. 0,8459 Grm. VI. Wurde nun die nach Verhaltene saure Flüssigkeit neutralisirt, so schieden sich noch harzige Produkte ab . . . . . . . . . .= 0,0815 Grm. Summe der Harze etc. 0,7644 Grm. Es blieben mithin in 30 Cc. Flüssig- keit Rohalkaloide . . . . . . 1,2518 Grm. Harze etc. . . . . . . . . 0,7644 an Säure gebundene Reinalkaloide, 0,4874 Grm. to 38 VII. Die neutrale Solution wird mit so viel Seig- nettesalz, (hier 4 Grm.) versetzt, dass es mit dem Filtrate nebst der im Voraus zu normirenden Waschwassermenge eine 7% Lösung geben würde, dann wurde 2 Tage stehen gelassen. Bemerkens- werth verlief die Ausscheidung der Tartrate aus den vorliegenden brauen Rinden. Häufig trat näm- lich der Fall ein, dass anhaltendes Reiben der Gefässwand mittelst eines Glasstäbchens 1) keine Abscheidung, irgend welcher nennenswerther Tar- tratmengen hervorrief - erst nach 24 St., ja mit- unter nach 2-3 Tagen (am geeignetesten im evacuirten Raume) traten an den geriebenen Stellen der Glaswand Streifen von Tartraten auf. Dass Ablösen desselben gelingt leicht mittelst eines passend gebogenen, löffelförmigen Platin- spatels. An reinem Chinin resp. Cinchonidin habe ich dieses Verhalten nicht constatiren können. Bei diesem Verfahren hatten sich, nach 24 St., 0,1980 Grm. Tartrate abgeschieden. Filtrat 30 Cc. W. W. 25 , 55 Cc. mal 0,000755 2) pro Cc. in Lösung gebliebene Tartrate = 0,0415. Summe der Gesammttartrate 0,2395 Grm. VIII. Das Chinin wurde aus den Gesammttartraten, in der Weise, wie auf pag. 22 bereits angegeben, mit SAL 1) Hielbig. Dissertation pag. 71. 2) Hatte sich im Laufe der Untersuchung kein Chinin er- ; 1 geben, so berechnete ich 0,00045 Grm. pro Cc. für in Lösung ge 1 bliebenes Cinchonidintartrat. ST . hii1 - - - 39 dem De Vry’schen Reagenz als Jodosulfat besimmt und die Correctur je nach dem Säuregehalt des Alko- hols, jeder Bestimmung besonders angepasst. War Chinin zugegen, welches sich übrigens gleich beim Lösen der Tartrate in Säure - Alkohol durch Fluo- rescenz bemerkbar machte, so hatten sich nach 24 Stun- den bei einer Temperatur zwischen 17-18° C. in der Regel Gruppen von schwarzem, körnigem, beim Zer- reiben rubinrothem Chininherapathit an den Gefäss- wandungen angesetzt; nur in zwei Fällen, Analyse Nr. 14 und 16, war derselbe in der bekannten grün- schillernden Krystallform erhalten worden. Resultiren grössere Mengen des amorphen Hera- pathits, so empfiehlt es sich, um die abweichenden Cor- recturen zwischen der amorphen und der krystallisirten Verbindung zu umgehen, erst die Basen, nachdem die Flüssigkeit mit SO, entfärbt, mit Chloroform unter NaHO-Zusatz auszuschütteln. Man operirt dann, wie auf pag. 22 angegeben, mit De Vry's Reagens und Säure-Alkohol, wobei sich der Herapathit in Krys- tallen abscheidet. Als Correctur brachte ich für das krystallisirte Jodosulfat, bei 17-18° C. pr. Cc. Flüssigkeit folgende Werthe an: Chinin. | Herapathit. anhydrit. a. Säure-Alkohol ........... 0,01102 oder 0,00606 b. 1 Vol. mit 1 Vol. Alkohol spec. Gew. 0,841 0,00522 , 0,00287 c. 1 2 1 1 0,00354 0,00194 d. 1 1 3 1 1 0,00318 , 0,00175 e. 1 4 1 1 0,00281 0,00154 f. 1 5 1 1 0,00228 , 0,00125 in reinem Alkohol spec. Gew. 0,841 0,00105 0,000578 --- - - - Latest Grm, - - - CON - - - er ". . 40 Für die amorphe Verbindung pro Cc.: Grm. Herapathit. Chinin- anhydrit, a. Säure-Alkohol . . . . . . . . . . . 0,01189 oder 0,00654 b. 1 Vol. mit 1 Vol. Alkohol spec. Gew. 0,841 0,00800 0,00440 c. 1 1 2 1 1 0,00515 0,00283 d. 1 5 3 19 0,00426 0,00234 e. 1 1 2 4 0,003383 , 0,00210 f. in reinem Alkohol spec. Gew. 0,841 0,00169 1 0,00093 Die Löslichkeitsbestimmung wurde in der Art tum der gesättigten Herapathitlösung, - welche durch 6 stündiges Einwirken des betreffenden Alkohols auf amorphes resp. krystallinisches Jodosulfat hergestellt war -- mit SO2 zersetzt und dann nach vorhergegan- genem Erhitzen das Jod mit AgNO; bestimmt ward. Aus dem erhaltenen Jodsilber konnte die gelöste Hera- pathitmenge resp. Chininmenge 1) berechnet werden. 0,198 Grm. Tartrate lieferten, in 5 Cc. Säure- Alkohol gelöst, daraus mit De Vry's Reagens unter Zusatz von 15 Cc. reinen Alkohols das Chinin als Jodosulfat gefällt....... 0,0860 Grm. In 20 Cc. Mutterlauge blieben gelöst, berechnet nach der Correctur pro Cc. 0,00318 Grm. Herapathit .... 0,0636 Summa 0,1496 Grm.. Im Filter eingesog. u. mitgerechn. Herap. 0,0020 Summa 0,1476 Grm. 1) Bei der Chininberechnung aus Herapathit, benutzte ich die Jörgensen'sche Formel = 4C24H:4N20,3H, SO,2 JH4J (was- serfrei angenommen) 1 Herapathit entspricht = 0,55055 Chininan- hydrit, . * : - -. - . - . . . . 0 .. . SA t ami mention Center 3 k meg 1 Herapathit entspricht 0,55055 Chinin- Chininanhydrit. anhydrit somit 0,1476 Grm. Herapathit= 0,0812 Grm. In 55 Cc. Waschflüssigkeit nebst Filtrat blieben jedoch pro Cc. 0,000247 Grm. gerechnet, = 0,01358 Grm. Chinin- anhydrit gelöst = . . . . . . . 0,0135 Grm. Summa in reinem Chinin 0,0947 Grm. IX. Cinchonidin wurde aus der Differenz berechnet. Gesammttartrate inclusive Waschwasser – 0,2314 Grm. Tartrate 0,0947Grm.reinesChinin=0,1166 , Chinintartrat 0,1148 Grm. Cinchonidintartrat 0,1148 Grm. Cinchonidintartrat entsprechen = 0,0914 Grm. Cinchonidinanhydrit. X. Chinidin bestimmte ich nach Hielbigs Verfahren 1), pag: 82, a. d. 0. indem das Filtrat nebst W. W. der Tartrate, bis auf 20 Cc. eingedampft und daraus das Chinidin mit 0,5 Grm. NaJ in 5 Cc. H,O. gelöst, und durch 15 Cc. 900 Alkohol gefällt wurde. Der Niederschlag konnte am folgenden Tage auf ein ge- wogenes Filter gesammelt, mit möglichst wenig (10 Cc.) H20 ausgewaschen, bei 1100 getrocknet, gewogen, ! jodwasserstoffsauren Verb. das reine Chinidin be- rechnet werden, erhaltenes jodwassersaures Chinidlin 0,0857 Grm. = 0,0615 Chinidinanhydrit. XI. Cinchonin nebst Chinioidin (amorphe Basen). 1) Ausgeführte Controllversuche sprachen für diese Methode. . A 42 Die von der Bestimmung des Chinin, Cinchonidin und Chinidin restirende Flüssigkeit ward mit NaHO versetzt, mit Chloroform ausgeschüttelt, verdunstet, getrocknet und gewogen. Der Rückstand betrug 0,2855 Grm. und bestand aus Cinchonin, amorphen Basen nebst den Resten der übrigen Alkaloide. XII. Cinchonin. Die Trennung des Cinchonin vom Chinioidin ist mit 500 Alkohol in der Art aus- geführt, dass erst die Basen in absolutem Alkohol gelöst, dann mit so viel H,O versetzt wurden, als zum Verdünnen des Alkohols auf 500 erfordern würde. In diesem Falle, 0,2855 Grm. der nach XI ge- wonnenen Alkaloide wurden in 20 Cc. absoluten Al- kohols aufgenommen, hierauf mit 21,4 Cc. H O das Cinchonin gefällt. Nach einigen Stunden konnte das ausgeschiedene Cinchonin vom gelöst gebliebenen Chinioidin abfiltrirt werden. Cinchonin. cu .-. Auf dem Filter blieb . . . . . . 0,1126 Grm. welches sich leicht mit 10 Cc. 500 Spiri- tus auswaschen liess. In dem 51 Cc. Filtrat und Waschflüssigkeit waren je- doch nebst der amorphen Base, Cinchonin = 0,00073 pro Cc. gerechnet, in Lösung geblieben . . . . . . . . . . 0,0372 » Somit im Ganzen Cinchonin 0,1498 Grm. XIII. Chinioidin. Mit 51 Cc. 500 Spiritus wurden aufgenommen. . . . . . . . . 0,1729 Grm. - ve * ! xi. 43 . . .my . . - . Dayon sind abzuziehen: Das in 55 Cc. Filtrat der Tartrate gelöste Chinin. . . . . . . . . 0,0135 Grm. Das in 55 Cc. Filtrat der Tartrate gelöste Cinchonidin . . . . . . . 0,0247 , Das in 51 Cc. 500 Spiritus gelöste Cinchonin . . . . . . . . . i 0,0372 , 0,0754 Grm. = 0,0754 Summa des Chinioidins 0,0975 Grm. — — — —L ew- Zusammensetzung. Chinin . . 0,0947 = 0,23% Cinchonidin 0,0914 = 0,22 , Chinidin . 0,0615 = 0,15 ,, Cinchonin. 0,1498 - 0,37 ,, Chinioidin. 0,0975 = 0,24, Summa 0,4949 = 1,21 %. Rohalkaloide nach Ab- zug der Harze . 0,4874 = Somit ein Plus von 0,0075, welches offenbar auf Rechnung der Correctur zu setzen ist. Theoretisch stimmende Mengen der Einzelalkaloide konnte ich aus den Bestimmungen der Reinalkaloide in den seltensten Fällen erlangen. Diesem Gange folgend, habe ich sämmtliche Ana- lysen ausgeführt, nur beim Cinchonin, wo es bei der Alkoholbehandlung stark gefärbt zurückblieb, änderte sich das Verfahren nach pag. 28 s. Anmerkg. Analysen, ausgeführt an Chinarinden von der- selben Qualität, ergaben, das eben erwähnte unbe- deutende Variiren abgerechnet, stets gleiche Resultate - - - - - - -- - --- - . 44 und dieses Verhalten führte mich als Beantwortung der 1. Frage pag. 10 zum Schluss, dass es möglich ist, das von Hielbig modificirte Extractionsver- fahren für Chinabasen auch auf die braunen amerik. Chinarinden auszudehnen. Dagegen kann die quanti- tative Bestimmung der einzelnen Alkaloide nur mit Beobachtung gewisser Veränderungen resp. Correcturen ausgeführt werden. Nach angestellten Trennungs-Versuchen mit künst- lichen reinen Alkaloidgemengen, wobei für die Mace- rationsdauer mit H2SO4 und Alkohol dieselben Zeit- intervalle wie bei der Isolirung der Basen aus den Rinden beobachtet wurden, gelang es mir nie, die Alkaloide rein wiederzugewinnen; stets waren sie braun gefärbt und hinterliessen in einigen Fällen beim Neu- tralisiren geringe resinöse Rückstände. Augenblicklich ausser Stande dieses Verhalten zu erklären, behalte ich mir dies bezügliche Mittheilungen vor. II. Präparation und Bestimmung der Abstammung der sog. braunen Chinarinden nach Mustern der Howard und Martiny'schen Collection. Beyor mit dem Anfertigen der zum Studium des anatomischen Baues erforderlichen Vergleichstypen begonnen werden konnte, war ich erst bestrebt gewisse technische Schwierigkeiten, die stets beim Präpariren dieser Drogue in Betracht kommen, durch geeignetes Imprägniren der Rinden zu eliminiren, somit das Schneiden derselben resp. das Auffinden histologi- scher Unterschiede zu erleichtern. Was die Prä- 45 . paration anbetrifft, so scheint sie, wenn man nur die individuelle Geschicklichkeit im Auge behält, überhaupt überflüssig zu sein. Einzelne Forscher halten jedes beson- dere Präpariren der Cinchonenrinden, so wie Anwendung von Hülfsapparaten für unnütze Künsteleien ?), für eine unnöthige Manipulation, die man leicht durch einfaches Maceriren in H,O oder bei älteren Rinden in Lauge umgehen könne. Wenn jedoch das Schneiden dieser Drogue in der That so leicht und einfach in angedeu- teter Weise ausgeführt werden könnte, so würde Nie- mand an Versuche gedacht haben, sie mit gewissen Stoffen zu imprägniren, ebenso wenig könnten dann Einwände entstehen, dass Präparate nicht genügend aufgeschlossen seien und ein eingehenderes Studium nicht gestatteten, wie sich z. B. Berg über die der De- londre-Bouchardatschen Sammlung geäussert 2). Dieses und mangelnde manuelle Geschicklichkeit veranlassten mich die Rinden zu präpariren, um einerseits das Schnei- den zu erleichtern und anderseits Objekte von geringen Dimensionen (d. How. Samml.) genügend zu schonen. Das Präpariren führte ich in zweifacher Art aus, weil der histologische Aufbau allein für das Studium der Cinchonenrinde nicht ausreicht. A. In der Weise, dass der Zelleninhalt, wie Farbstoffe, Stärkemehl, Gerbstoffe etc. wenig oder gar nicht daraus fortgeschafft resp. verändert werden, und B. indem mit Rücksichtnahme auf rein histiolo- gische Verhältnisse nach Möglichkeit Alles aus den Zellen entfernt wurde, was das Verständniss derselben - - 1) Berg, Chinarinden pag. 4. 2) Berg, Chinarinden pag. 16. 46 ) beeinflussen könnte. Beiden Ansprüchen konnte ich auf Anrathen des Herrn Professor E. Russow durch Anwendung von Glycerin und Gelatine mit + NaHO vollkommen gerecht werden. Einschlussmittel wie Hau- senblase 1), Seife, Paraffin entsprachen nicht den ge- stellten Anforderungen. . Obgleich der Glycerinleim bereits in mehrfacher Weise bei Anfertigung von mikroskopischen Präparaten Beachtung gefunden hat 2), so ist er doch bei den Chinarin- den im Verein mit Aetzalkalien meines Wissens nach eine Anwendung nicht versucht worden. Zu diesem Zwecke wandte ich folgendes Verhältniss an, welches bei alten Rindenexemplaren - dem sclerenchymatischem Charak- ter entsprechend - geändert werden muss: 30 Th. Gelatine werden mit 20 Th. Glycerin und 280 Th. H,O, oder mit so viel H,O, als der Leim kalt aufzunehmen im Stande ist, im Dampfbade durch Schmelzen vereinigt. Ein Zusatz von Antiseptica ist nur dann am Platze :), wenn die Präparation zur histologischen Untersuchung (B) vorgenommen wird. A. Rindenstücke, die mit dieser Masse unter Berücksichtigung des Zelleninhalts imprägnirt werden sollen, müssen vorher 24 St. oder länger je nach der Dimension des Objektes in einer Mischung aus gleichen Theilen Glycerin und H20 maceriren, dann werden sie der meist unbedeutend gefärbten Flüssigkeit entnommen, mit H2O flüchtig abgespült, und in so viel heisser 1) Vogl, a. a. O. pag. 1. 2) Behrens Hülfsbuch für Mikroskopie pag. 156. 3) Die Masse kann in Stücke geschnitten unter Benzin, Petrolaether etc. beliebig lange aufbewahrt werden. iris . . Glycerin-Gelatine eingetragen, dass sie davon bedeckt werden. Um den Zeitpunkt der völligen Imprägnation zu markiren, fügt man der geschmolzenen Masse im Becherglase das gleiche Quantum H2O hinzu und ver- dampft dasselbe auf dem Dampfapparate bis auf / des Volumens. Diese Rindenstücke lassen sich leicht aus der Leimmasse herausschälen, was stets geschehen muss, weil im Unterlassungsfalle die zähe Consistenz letzte- rer das Schneiden hindert. Die an der Luft getrock- neten imprägnirten Rinden gestatten dann, in bekannter Weise mit dem Rasirmesser beliebige Schnitte anzu- fertigen. Jüngere Rinden kann man allerdings ohne Vorbereitung nach Anhauchen resp. leichtem Befeuchten 1 — — — des Rindenendes in die heisse, mit etwas H20 verdünnte Gelatinemasse. Sind ferner die Rinden gerbstoffreich, so empfiehlt sich Gelatin durch ein 3-4 faches Quan- tum arabischen Gummis zu ersetzen. B. Zur Orientirung im histiologischen Aufbau müssen die Rinden durch 24 stündiges kaltes Mace- riren in etwa der 20 fachen Menge 1% NaHO yor- bereitet werden. Die stark gequollenen Stücke wer- den nun von der Lauge vollständig befreit, indem man sie so lange durch häufiges Wasserwechseln auf dem Dampf- apparate digerirt, bis das H2O farblos erscheint (6-8 St. sind oft erforderlich)1). Diese gewissermassen aufge- — - - —.— - - - - - 1) Mit der Natronlauge und dem Waschwasser werden zu- weil sonst der Leim mit denselben Verbindungen eingeht, die aus den Schnitten nur durch anhaltendes Kochen entfernt werden können, wodurch das Präparat namentlich im parenchymatischen Ge- webe an Deutlichkeit verliert. 48 schlossenen Objekte werden nun direkt - ohne Glycerin- zusatz, wie unter A angegeben, mit der Leimmasse durchtränkt und entweder ebenfalls an der Luft aus- getrocknet oder mit absolutem Alkohol gehärtet '). In diesem Falle können Antiseptica wie Carbolsäure, Campher etc. angewandt werden. Sind bei der Prä- paration die Verhältnisse passend gewählt, so kann man die Rinden unter Anfeuchten wie Wachs schnei- den, und erlauben sie sowohl aus freier Hand, als auch mit dem einfachen Mikrotom ohne viel Uebung brauch- bare Schnitte in ganzen Serien anzufertigen. Die erhaltenen Schnitte müssen in einem Schäl- chen durch vorsichtig geleitetes Erhitzen mit reich- lichen Mengen H,0 erst völlig vom Leim befreit wer- den, um sie dann mit einigen Tropfen 5% NaHO auf dem Objektträger- oder nach B präparirte durch 12 stündigen Liegen in 5% NaHO -- entsprechend zu entfalten. Hierbei verlieren allerdings die nach A prä- parirten Schnitte einen Theil der Stärke, Farbstoffe u. S. W. oder diese verlassen ihre primäre Lager- stätte, jedoch in so unbedeutendem Maasse, dass da- wird. Zu Dauerpräparaten eignen sich am Besten nach B präparirte Schnitte, indem sie mit H,0 von der Lauge ausgewaschen und in Glycerin oder Gly- cerin-Gelatine eingeschlossen werden ?). Ich habe die meisten Präparate tingirt, theils um mich im Gewebe schneller zu orientiren, theils um das Gesammtbild bei einer grösseren Anzahl von | 1) Fol. Lehrb. d. vergl. mikroskop. Anatomie. pag. 116. 2) Behrens Hülfsbuch f. Mikrokopie pag. 180. 1 Gelatine 6 H2O und 7 Glycerin und auf je 100 Th. dieser Masse 1 Theil Carbolsäure. * . .4 : he is 49 Präparaten im Gedächtniss besser zu fixiren. Als Tinctionsmittel eignen sich für die verholzten Elemente, Fuchsin, Methylengrün, Methylenblau etc., für unver- holzte Hämatoxylin?). Die Tinction verlief glatt, wenn die Schnitte in sehr verdünnter Farblösung (1-2 Sec.) gekocht, hierauf in ein Gemisch aus 1 HCI und 12 Thl. 95% Alkohol auf 1–2 Sec. gebracht und mit H,O aus- gesüsst werden. Um überfärbte Präparate zu entfärben, kann auch an Stelle des Säurealkohols flüssige Car- bolsäure (10 : 1 H2O) angewandt werden. Die Cal- lusplatten der Siebröhren konnten, nachdem die übrigen Zellen tingirt waren, durch 4 stündiges Liegenlassen in conc. Anilinblaulösung 2) und Entfernen des Farbe- überschusses mit Glycerin sichtbar gemacht werden3). Zum Vergleichen und Ableiten der Rinden auf ihre Mutterpflanze, dienten mir die von den meisten Chinologen der Jetztzeit anerkannten specifischen Ele- mente und deren Gewebe als Unterscheidungsmerkmale: Bastfasern, Steinzellen, Saftröhren (Schleidens Milch- saftgänge) Stabzellen und Markstrahlen. Steinzellen und Saftzellen habe ich nach Berg auseinandergehal- ten. Die ersteren speichern manche Anilin-Farbstoffe bedeutend mehr auf, zeigen auf dem Querschnitte in der Regel ein einfaches Lumen und geben ihren In- . halt an H, 0 und NaHO leicht ab, während die Saft- 1) Behrens Zeitschrift f. Mikroskopie. 2) Prof. E. Russow: Sitzungsbericht der Dorpater Natur- forscher-Gesellschaft, April 1881. 3) Abweichend von meiner eigentlichen Aufgabe, präparirte Ich in obiger Art mit NaHO, Glycerin und Gelatine Objekte, welche Sclerenchymatische Elemente, wie Steinzellen, in grosser Menge thalten z. B. Wallnussschalen, und konnte auch hier die besten Resultate constatiren. . - 50 zellen meist wohl dieselbe Form besitzen, dagegen ihren braunrothen Inhalt selbst durch Kochen in Aetz- alkalien nur schwierig einbüssen und, wo dieses ge- schehen, verschieden perforirte Zellwandungen bloss- legen, auch von Farbstoffen weniger intensiv gefärbt werden. Von den Saftröhren, liesse sich nur Bekann- tes wiederholen. Bei den Bastzellen, deren Lumen oft nicht berücksichtigt wird, kann das scheinbare Fehlen derselben keinen strengen Unterschied für so- genannte falsche und ächte Cinchonenrinden bieten. So kommen bei einigen Rinden in der Region des Bastes, die an den Holzkörper grenzt, fast in der Regel. stark entwickelte verholzte Elemente vor, die ebenfalls Bastzellen genannt werden, obgleich sie einen von Wol führen einige Autoren diese Form von Bast- zellen an ?), sprechen aber ihnen keinerlei Bedeutung bei. Die oft in auffallender Regelmässigkeit variirende Formverschiedenheit und Anordnung dieser Zellen bei einzelnen Rindenspecies, veranlasste mich Anfangs diesen Elementen besondere Aufmerksamkeit zuzuwen- den, in der Hoffnung daraus ähnliche Schlussfolgerun- gen zu ziehen, wie sie bei den Zellen der Kernscheide der Sassaparilla Geltung gefunden. Allein das vorhan- dene Material genügte nicht, um definitiv über deren Werth zu entscheiden. In welcher Causalbeziehung diese Formen zu den übrigen Bastzellen stehen, ob sie überhaupt zu diesen gerechnet werden dürfen, konnte ich nicht feststellen. In dieser Arbeit sollen sie die provisorische Benennung „Grenzbastzellen“ führen. A 1) (XI) Vogl pag. 5. (I) Berg pag. 7. Ibidem Taf. V Fig. 13, (VI) Karsten Taf. I Fig. 9. - - -- - - ". 51 Von den sogenannten Stabzellen kann nur das von Berg u. a. Gesagte wiederholt werden und sind sie als sclerenchymatisirte Bastparenchymzellen aufzufassen ?) und nicht als unentwickelte Bastfasern, anderen Falls müssten sie in jungen Rinden häufiger auftreten, wie in alten). Ihr oft rother Inhalt wurde von Aetzalka- lien leicht entfernt. Die Korkwucherungen, welche ein- zelnen Rinden eigenthümlich sind und die Bezeichnung „Huamaliesartig“ führen, sind Lenticellen und können besonders deutlich mittelst der Leimimprägnation als solche erkannt werden. Mit Krystallzellen werden Elemente benannt, die parenchymatischen Ursprungs sind und Krystallmehl · resp. Conglomerate von Ca-oxalat (?) enthalten. Ich habe diese Zellen vernachlässigt, weil deren Inhalt nicht immer als Ca-oxalat bezeichnet wird, auch beim Entfalten der Schnitte mit Aetzalkalien, wie es ge- wöhnlich geschieht, die meissten Krystallzellen ihren Inhalt einbüssen. Ich versuchte die Chinaalkaloide im Gewebe als Krystalle nachzuweisen, wie sie bereits von Oude- mans 3), Howard, Flückiger, Vogl u. a. beob- achtet und mit Ausnahme von Howard als ein Re- sultat der Behandlung der Schnitte mit KHO beschrie- ben worden sind. Da die Krystalle nur bei Anwendung von flüssigen Aetzalkalien entstehen, wurden sie, als von ihrer primären Lagerstätte fortgeführte Gebilde betrachtet und auf ihr Aufreten kein Gewicht gelegt. 1) Schleiden Pharmacognosie pag. 239 „Faserzellen“ und „Zellfasern". 2) Phoebus findet den Unterschied zwischen Stab- und Bastzellen unbedeutend und hält sie für unentwickelte Bastzellen, 3) Flückiger. (II) Chinarinden pag. 34. - - - - - - - - - - - - - - - - OSD is 52 Y Ich machte den Versuch mit einer C. succirubra unter genauer Beobachtung der von Howard angeführten Zeitangaben 1) und erhielt zwar ebenfalls Krystalle, doch bei wiederholten Experimenten stets in wechseln- der Grösse, Form und Lagerstätte. Nach Vogl?) werden die Schnitte in Kalilauge gekocht, mit H,0 abgespült. Sie zeigten ebenfalls, namentlich im Paren- chym eine Menge von Krystallnadeln. Ich änderte das Verfahren in der Weise, dass ich die Schnitte der unpräparirten Rinde, auf circa 800 heisse 5% NaHO- Lauge brachte und unter Vermeidung jeglicher Er- schütterung des Gefässes die Flüssigkeit erkalten liess. Die Schnitte entfalteten sich sofort und sanken, ihren Farbstoff allmählig an die Lauge abgebend, von der Flüssigkeit durchtränkt, langsam zu Boden. Nach dem Erkalten (2-3 St.) fand ich die Schnitte völlig ge- spickt von Alkaloid-Krystallen, die das parenchymatische Gewebe – oft auch die Saftröhren – vom Periderm bis zur inneren Bastregion anfüllten. Bemerkenswerth ist dabei, dass in Schnitten derselben Rindenstücke stets dieselben Krystallformen in gleicher Region an- getroffen wurden. Diese Versuche demonstrirten zu- gleich gewissermassen ad oculos die von Müller 3) u. anderen angeführten Beweise, dass die Bastzellen frei von Chinaalkaloiden sind, denn nie gelang es mir in den Bastfasern, selbst wenn sie bedeutende Lumina besassen (C. lutea, Pelletiereana etc.) - auskrystalli- sirte Alkaloide nachzuweisen. Wenn hier zuweilen einzelne Krystallindividuen auftraten. So waren sie 1) Howard. Reprinted from the Pharmaceutical Journal for May 1865. 2) Vogl. Ch. pag. 29. 3) C. Müller. Sitz der Alkaloide. Dissertation, Jena 1866. .. . O " J - 53 . ie ho mechanisch durch die flüssigen Einschlussmittel hinein- geschwemmt. Trotzdem wäre es zu gewagt aus so erhaltenen Krystallen auf den eigentlichen Sitz der Alkaloide im Trockenmaterial zu schliessen. Mit Rin- den, die nach A präparirt waren, liessen sich wol auch Krystalle erhalten, allein in viel geringerer Quan- tität, in den nach B gar keine. In sämmtlichen der von mir untersuchten Chinarinden habe ich auf diese Weise Krystalle erhalten, selbst in Rinden die Kars- ten für werthlos hält, wie z. B. C. Tucujensis. In der Vermuthung in alkaloidreichen Rinden besonders gut ausgebildete Krystalle zu erhalten, untersuchte ich eine C. Ledgeriana mit 6% Chinin, konnte jedoch in keinem Falle deutlich ausgeprägte Krystalle beob- achten. Das ganze Parenchymgewebe strotzte yon grünlich gefärbten, kugeligen Gebilden, die kreisförmig angeordneten Krystallen ähnelten (Sphärokrystallen?) und von Aether. Chloroform und Alkohol aufgelöst wurden, während die Bastzellen davon frei waren. Hingegen boten Rinden, die reichlich Cinchonin ent- hielten, die schönsten Krystallgebilde. Zieht man hier- aus eine Parallele, so kann mit einiger Bestimmtheit im Gegensatze zu Howard!) gefolgert werden, dass die kugeligen Formen als Chinin, die dendritenförmigen oder spiessigen als Cinchonin angesehen werden können; dafür sprach ferner, dass in Rinden (C. succirubra), : Wo beide Formen zugleich auftraten, alkoholfreier Aether die kugelförmig angeordneten Krystalle, aller- dings auf Kosten eines Theils der prismatisch ausge- bildeten entfernt. Aus Mangel an speciellen, das Cin- 1) Howard, J. E. Reprinted from the Pharmaceutical Journal for May 1865. 54 O TYY chonin charakterisirenden, mikrochemischen Reactionen | kann darüber leider nichts Positives ausgesagt werden. Gruppenreagentien auf Alkaloide, wie Pikrinsäure, Ka- liumwismuthjodid') geben unter dem Mikroskope, nach- dem durch einen Tropfen verdünnter H, SO4 die Alka- loide auf dem Objektträger in Lösung gebracht waren, deutlich die bekannten Fällungen. Behandelt man nach Godefroy 2) die mit ver- dünnter H2SO4 befeuchteten Schnitte mit conc. Rhodan- kaliumlösung, so geben die Alkaloide in den häufigsten Fällen charakteristische krystallinische Fällungen, allein daran die Einzelalkaloide zu speciallisiren war mir nicht möglich. Howard beklagt 3), dass es ihm nicht gelun- . gen sei, die Krystalle in Dauerpräparaten zu erhalten, da sie nach kurzer Zeit von den verschiedenen ange- wandten Einschlussmedien gelöst wurden. Die von mir vor etwa 8 Monaten angefertigten Präparate in Glycerin-Gelatine unter Zusatz einer Spur NaHO haben sich bisher unverändert erhalten und bieten zu Demon- strations - Zwecken brauchbare Illustrationen. Das Quantum der hinzugefügten NaHO kann nicht bestimmt angegeben werden, es genügt so viel, dass die Glycerin- Gelatine im 2 Cm. weitem Reagenzglase eben schwach getrübt wird: wenige Tropfen reichen aus. Die Masse darf Carbolsäure oder sonstige Substanzen nicht ent- halten, denn, wie ich mich überzeugt habe, lösen Car- . bolsäure, Nelkenoel, Terpentinoel u. dgl. Chinaalkaloide in beträchtlichen Mengen; daher kann man auch Krys- IS. DI 1) Dragendorff, Ermittelungen von Giften. p. 127. 2) Godefroy, Zeitschrift des oestreichischen Apotheker- Vereins 1878 N. 1. 3) Howard, J. E. Repr. from the Pharm. Journ. f. May 1865.. . . 55 1 talle in Schnitten die in Canadabalsam eingeschlossen sind, nicht erhalten. Obgleich das Sichtbarmachen der Alkaloide in Schnitten mit Aetzalkalien kein aus- gesprochenes Kennzeichen für die Güte der Drogue abgeben kann, so ist die Methode doch geeignet als qualitativer Factor gewisse Rechte zu beanspruchen. Denn wenn sie auch die Grahe’sche Probe - durch Verbrennen eines Rindenstückes im Reagenzglase und Wahrnahme eines rothen Theers - an Empfindlichkeit nicht übertrifft, so steht sie derselben jedenfalls nicht nach, um so mehr, da letztere einen geringen Alkaloid- gehalt nicht mehr mit Sicherheit erkennen lässt. Grahe konnte z. B. in der C. Ch. Jaën pallida auf diese Weise keine Alkaloide nachweisen 1) Um mir Vergleichstypen zu schaffen, war ich wie gesagt, theils auf Präparate, die ich aus der Howard'schen und Martin y'schen Sammlung hergestellt habe, theils auf Schnitte von Rodig (Hamburg) angewiesen. Die dazwischen liegenden, fehlenden Typen mussten nach Illustrationen von Berg 2), Karsten 3) und Howard 4) ergänzt werden. Von den Rodig'schen Präparaten standen mir folgende zur Verfügung. C. Calisaya, C. Chahuarguera, C. China ruberdurus, (?) C. cordifolia, C. heterophylla, C. lancifolia, C. lutea, C. macrocalyx, C. nitida, C. ovata, C. Palton, C. Pelletiereana, C. suc- cirubra, C. umbellulifera, C. Uritusinga. Von den Howard'schen und Martiny'schen Sammlungen: - - - - - - - - -- -- --2 -- . : Pelle. Com -- - :C - - - - - - - - - - 1) Jahresbericht f. Pharm. (V) 1858 pag. 42. 2) a. a. 0. 3) a. a. 0. 4) a. a. 0. - - - - — — — — — — — 56 (Nr. 37*) C. amygdalifolia Wedd '). How. S. (Pahudiani Payoniana) Rinden. Von dieser Cinchone sind 2 Exemplare vorhanden - und zwar eine jüngere gerollte und eine ältere rinnenförmige Rinde. Beide stimmen im Bau durch die rundlich - polygonalen, meist in gedrängten Doppel- reihen stehenden Bastzellen und die auffallend geringe, von Steinzellen angefüllten Mittelrinde sowohl mit der Beschreibung von Vogl (XI) pag. 39 als der von Berg (1) Taf. V Fig. 12 überein 2). LU (Nr. 16, 17 u. 20). C. Bonplandiana (Var. officinal. Kuntze.) How. S. - Pav. X Wedd. Die schwärzlich — grauen 10 Cm. lg., 1 Mm. dk. Röhren mit höckerigen Querrunzeln, unterbrochen von feinen Rissen, mit dunkelrothem Periderm geben äusser- lich das getreue Bild einer C. Cha huarguera, der innere Bau dagegen, mit den vereinzelten Bastzellen, Mangel an Steinzellen und Saftröhren ähnelt einer C. U ritu- sing a resp. C. officinalis. Kuntze und Wedell zählen bekanntlich diese Cinchone zu der C. offici- nalis. Eine von Howard beigelegte Notiz für Nr. 16 mit „amarilla del Rey India“ und Nr. 17 mit „Colorado del Rey India“ lassen jeden Zweifel - . - . . mu 2 1) Die mit How. S. bezeichneten Rinden stammen aus Howard's, mit M. S. aus der Martiny'schen Sammlung, diejeni- gen welchen ein *vorgesetzt ist, dienten mir als Vergleichsmuster. Die in Klammern () angegebenen Ziffern bedeuten die Numme- rirung der Dorpater pharmac. Sammlung. Der Vollständigkeit halber sind sämmtliche in der Sammlung von Howard stammenden Cin- chonenrinden berücksichtigt worden, obgleich z. B. die cultivirten als Vergleichstypen nicht benutzt werden konnten. 2Die den Litteraturangaben beigefügten römischen Ziffern gelten als Abkürzungen für die am Schluss angeführten Quellen. titate 57 : . an eine C. Uritusinga trotz der Etiquette C. Bon- pladiana - schwinden, und musste dieselbe daher zur C. officinalis hinzugezählt werden. Nr. 20. 2 Rindenröhren, auf Ceylon cultivirt, glei- chen wesentlich den vorhergegangenen. (Nr. 33) C. callida pubesceus. How. S. - Authentic specimen. Ueber diese Drogue habe ich in den mir zur Verfügung stehenden Werken keine Bemerkungen ge- funden. Es sind zwei 20 Cm. 1. 2 Mm. d. und 1 Cc. breite Stücke, mit huamaliesartigen, länglichen, linsen- förmigen Längskorkwarzen von spärlichen seichten Rissen hie und da durchbrochen, und bieten selbst im anatomischen Bau keine Unterschiede von einer C. succirubra (cultivirt?) s. d. Zum Vergleichen nicht geeignet. . + , 1 (Nr. 40) C. Calisaya Var. morada. How. S. -- wird von C. Boliviana Wedd. X Pahud. X Payon. abgeleitet. Berg leitet die älteren Stücke von C. Uritusinga ab und fand die jüngeren Rinden häufig in Cort. Chin. Loxa, was auch Vogl angiebt. Aus den spärlichen Litteraturangaben liessen sich keine Schlüsse auf die wahre Abstammung dieses Musterobjektes ziehen, ähnliches repetirte sich beim Vergleichen mit der C. Boliviana. Es liegen vor: ein Rindencomplex von 20 Cc. L. 4 Cm. Br. 1 Cc. Dk. unbedeckt, glatt von orangegelber Farbe, mit auffallend langfaserigem Bruche und deutlichem Habitus einer C. lancifolia oder C. rosulenta. Der innere Bau erinnert eben- UD .. . - - - - , 58 12 falls an die letztere. Die Bastzellen sind zu radialen Doppelreihen zu 6-7 hart aneinander liegend ge- ordnet und zwar so, dass je eine Zelle der einen Reihe mit ihrer Wand zwischen zwei anderen Zellen der zweiten Reihe förmlich angepresst sitzt. Die Stein- zellen erstrecken sich bis tief in die Bastregion hinein, wie man es meist bei einer C. lancifolia zu erbli- cken gewohnt ist, zu der ich sie auch rechne. Ferner: kleinere Stücke in Röhren von 3 - 5 Cm. L. und 1 Cm. Durchm., die wol im Aeusseren mit ihren aschgrauen in Felder getheilten Borkansätzen zwischen einer C. Uritusinga und C. Calisa ya stehen, aber im inneren Bau weder die doppelreihigen Bastzellen, noch Steinzellen aufweisen, daher würde ich diese Exem- plare gleich Berg und Vogl der C. Uritusing a resp. C. offic. beizählen. Da das Muster keine einheit- lichen Objekte enthält, so musste auch hier von einer Be- nutzung als Vergleichstypus Abstand genommen werden. 0 Von (Nr. 49) C. caloptera. How. S. C. caloptera para. How. X Pahud. cum Pahud. 3 Röhren von 12 Cm. L. und 1 Cm. Durchm. mit grau-weissem Bork und zahlreichen feinen Quer- rissen mit aufgeworfenen Rändern, boten mikroskopisch das Bild einer C. Uritusinga dar. Kuntze (VII) erwähnt ihrer p. 61 als einer von Miquel aufgestellten neuen Art und giebt pag. 14 an, die C. caloptera sei eine Howardiani X Pahudia na X C. pubesens Vahl und werde in Tjiniruan gebaut. Da sie somit zu einer cultivirten Species gehört, so musste dieselbe unberücksichtigt bleiben, um so mehr, da die von mir - - - - - 59 - präparirten cultivirten Rinden, einen so wenig ab- weichenden Bau besitzen, dass man nur schwierig – oder auch gar keine - Unterscheidungsmerkmale finden konnte. Oudemans !) weist zwar nach, dass die Artenunterschiede im mikroskopischen Baue der genuinen Rinden sich in deren cultivirten Formen stets wiederfinden, so namentlich bei der C. Calisa ya, C. Pahudiana u. a., allein ich konnte mich im Allgemeinen an Rinden authentischer Abstammung davon nicht überzeugen. Um ein prägnantes Beispiel anzu- führen, zeigten sich in 3 Mustern (6 Rinden einer auf Java cultivirten C. lancifolia nicht in einer einzigen die diese Art charakterisirenden, in Massen auftretenden Steinzellen. (Nr. 12) C. Chahuarguera. How. S. Payon X Wedd. Var. offinal Kuntze. Diese 3 Mm. d., 5 Cm. l. und 6 Cm, breite an beiden Seiten aufgerollte Rinde gleicht im äusseren wie inneren Bau einzelnen Stücken der C. Uritusing a resp. C. officinalis und abgesehen von den kleinen röthlichen Korkleisten der C. Bonplandiana. Auch diese Rinde konnte ich daher nur dem Complex der C. officinalis einreihen. Die C. Chahuarguera bietet mit der C. offi- cinalis äusserlich nach der Beschreibung von Berg und Vogl allerdings einige Aehnlichkeit mit dem vor- liegenden Muster, der anatomische Bau weicht da- gegen von C. officinalis so sehr ab, dass demselben beim Vergleichen Rechnung getragen werden musste. Ich wählte daher für den anatomischen Typus ein Präparat der *C. Cha hua rguera von Rodig und 1) Jahrb. f. Pharm. (V) 1871 pag. 62. wenn m a n eine free r, s ºi.__— —•— — — — – — — — — - --- - - -- 60 - -- SAIR S Berg's (1) Abb. Taf. VI. Fig. 15. Die Bastzellen. der C. Chah. liegen meist in 3-4 tangentialen Zo- nen zu 4-5 in radialen Doppelreihen, die flüchtig betrachtet bei ihrer zusammengedrängten Form wie geflochten aussehen. Stein-, Saftzellen so wie Saft- röhren fehlen. Die C. macroalyx besitzt ähnlich angeordnete Bastzellen, und auch Steinzellen. 29. Dr. th Nr. 55. Cort. Chinae de Bolivia. Geschenkt von Prof. Arata in Buenos Aires 1880. Diese Drogue befand sich im Fache der How. S. mit einem Zettel-Cinchona de Bolivia. Vier Rindenfragmente repräsentiren diese Num- mer und zwar A') zwei 10 Cm, l., 1 Cm. im Durchm. haltende Halbröhren, B und C 5 Cm. 1., 2 Cm. br. und 5 Mm. dicke Platten, B bedeckt, C unbedeckt. A ohne Bork, ochergelb, bestäubt, gehört einer fal- schen Chinarinde an, deren Fromen nach den ge- schweift keilförmigen Baststrahlen, mit den in regel- mässigen Abständen zu Bündeln von 15 - 20 verei- nigten Bastzellen auf eine Exostemma art (floribun- dum) hinweist. Das die Baststrahlkeile trennende parenchymatische Gewebe ist bis zur Peripherie hin mit rautenförmigen abgestumpften Krystallen förmlich besät. Aus Kalkoxalat scheinen letztere nicht zu bestehen. In Rinden einer notorisch ächten Exostemma flori- bundum fand ich keine ähnlichen Krystallbildungen. Die Fragmente gestatteten keine Analyse. Von den übrigen Stücken B und C ist namentlich B ein schöner Re- präsentant der C. Calisa ya. Der innere Bau mit. ter RAPORU EV SS. ECCELL 1) Die Buchstaben entsprechen den in der Sammlung auf diese Weise markirten Rindenstücken. ".. 61 Ti. :-... den charakteristischen, bogenförmigen, eingelagerten 2.3 Korkplattenschichten und den scharf hervortre- tenden Markstrahlen, im Zusammenhange mit der äus- seren, milchweissen, in Viereckfelder getheilten Borkab- lagerung lieferte mir trotz der fragmentarischen Grösse ein treffliches Muster für die * C. Calisa ya. (X). Wedd Taf. XXVII Fig. 1 verwischten jeden Zweifel. Berg hat Taf. I B die im Periderm einge- lagerten, vereinzelten Bastzellen ohne Unterschied von den übrigen regelmässigen als verholzte angegeben und doch sind gerade diese Elemente bei der C. Calisaya besonders charakteristisch. Sie haben gewissermassen das Aussehen von corrodirten Bastzellen, und scheint es bei 150 fachen Vergrösserung, als ob die Zelle von einem granulösem Inhalte ausgefüllt ist, etwa von eingetrocknetem Protoplasma -; der in Wirk- lichkeit jedoch — bei stärkerer Vergrösserung betrach- tet sich als innere gewundene Vorsätze der Zellwand erweist. Der Bau von C. ähnelt mehr einer C. nitida, doch liess sich mit Sicherheit kein Schluss ziehen. 1 7 ne (Nr. 15.) C. Chinae (?) erneuerte Rinde. How. S. aus Indien, ist mit der C. succirubra als identisch zu betrachten und bietet nur in sofern Interesse als die Schnitte regenerirte Korkschichten in schöner Weise vorführen. WA (Nr. 41 und 42 *). C. coccinea. How. S. Payon. X Pahud. X Wedd. Beide Nummern stimmen völlig mit der von Vogl und Berg (I) Taf. IV Fig. 10 als China rubra suberosa beschriebenen Cinchone überein. Auch 62 + Karsten (VI) Taf. II Fig. 10 giebt in der Zeichnung mit den auffallend tangential gestreckten Zellen in den Markstrahlen und den unregelmässig vertheilten Bast- zellen, mangelnden Stab- und Steinzellen ein so gutes Controllbild, dass von einer weiteren Charakteristik abgesehen werden kànn. Berg hält die Cascarilla serana de Huaranda -C. coccinea der Pavon- schen Sammlung für eine Varietät der China rubra suberosa. - - - - - -- (Nr. 28). C. Columbiana. How. S. Soft Columbian bark Var. Howard x Wodell. Die beigefügte Bezeichnung „Soft Columbian" identificirte sie mit den zur C. lancifolia gehören- den Abarten Vogl (XI) p. 113. Dasselbe geht aus der Kuntze'schen Ableitung hervor. A. Eine Röhre von 17 Cm. Br. und 4 Mm D. mit glimmerglänzenden, gelblichen Borkschuppen, zer- klüftet von unterbrochenen Längsrissen, zeigt im mi- kroskopischen Bau eine ausserordentliche Menge bis zur Bastschicht hineinragender Steinzellen und zur Peripherie hin, oft in dichten Reihen, Saftzellen, mit- hin den ausgesprochenen Typus einer C. lancifolia. B. Ein dünnes röhrenförmiges Stück, mit grün- lich grauen Korkanlagen, zarten Querrissen, unter- brochen von " linsenähnlichen, durch Lentizellen gebil- deten Höckern, weicht in der inneren Structur von der vorigen durch geringere Anzahl der Stein- und Saft- zellen bedeutend ab, trotzdem bietet sie das Bild der- selben Art nur eines jüngeren Alters. Flückiger (II) pag. 38 giebt ebenfalls an, dass die besseren lanci- - -- : -- ,- - -- ---- - -- Oy - - - - -- - - - - -- - - : t > 63 folia rinden -- columbische genannt werden - die geringeren - Carthagena-Rinden. - - ----- (Nr. 46 u. 47). C. cordifolia. How. S. C. cordifolia „fructus pigmeus“ 1879 eine andere beiliegende Notiz trägt die Bezeichnung C. Pelletiereana How. X Pahud. Nr. 46. Stellt ein flaches Stück einer taugential ab- gespaltenen Rinde vor, so dass davon präparirte Schnitte kein zusammenhängendes Bild liefern. Eine beigefügte Notiz „harte Carthagenarinde“ liess sie nach Vogl (XI) 102 unter „C. cordif. 5 Ch. de Charta- gena“ allerdings als von einer C. cordifolia stam- mende Rinde erkennen, die in den faserigen, ocher- gelben Textur und gelblich weissen Borkansätzen einer C. lancifolia nicht unähnlich sah. Mit NaHO behandelte Schnitte zeigten namentlich in der dem Cambium anlie- genden Region, dendritenförmige Krystalle (Alkaloide). Welche Bewandtniss es mit der Notiz C. Pelletiere- ana hat, konnte ich nicht ergründen. Nr. 47* — C. cordifolia „fructus largos“ - gleicht äusserlich ungeachtet der flachen Längsrunzeln auffallend der Vorigen und stellt eine 5 Cm. l., 2 Cm. im Durchm. haltende, 3 Mm. dicke Röhre dar. Die anatomische Structur hat mit der von Berg Taf. III, Fig. 7 an- gegebenen Zeichnung nicht die geringste Ueberein- stimmung, dasselbe gilt für ein Rodig'sches Präparat. Offenbar lagen Varietäten vor. Die Vog l'schen histologischen Merkmale, wie, die diese Rinde charakterisirenden breiten Nebenmark- strahlen, die vom Cambium zur Peripherie an Grösse - - ---- 1 we --- - - - - - - - - - TO - - - - - - 64 rasch zunehmen, so wie die kleine Gruppen bildenden Bastzellen, stimmen mit den Präparaten aus dieser Rinde vollkommen überein, Stein-, Saft- und Stabzellen fehlten — Saftröhren sehr spärlich und klein. (Nr. 13) C. Dodabetta. Pavon. X Wedd. How. S, eine erneuerte Rinde (somit wol cultivirte) unterscheidet sich von einer C. officinalis, C. Chahu- Benennung. Wegen mangelnder Litteratur musste sie unbenutzt bleiben. V MASIMMEDIATE - 23SLEEL-OF (Nr. 50). C. elliptica. Wedd. How. S. C. elliptica Wedd. Caraba ya bark. Kuntze giebt nach Wedell 3 Arten an, C. ellip- tica, purpurascens und eneura Miquel, doch konnte er keine derselben unterbringen, da Weddell als Unter- scheidungsmerkmal Insektenfrass anwandte. Nach Kuntze (VII) p. 51 wird die C. Pahudiana-C. carabayensis, am häufigsten in Caraba ya getroffen. Zieht man dabei Wedd's. (Uebr. IX p. 80), Angaben in Betracht, dass die Rinde so dünn sei, dass sie sich zu commerciellen Zwecken nicht eigne, so gewinnt man die Ueberzeugung, vorliegendes Exemplar müsse einer anderen Art, als der C. elliptica oder C. Pahudia na angehören. Berg kennt die C. Carabayensis und purpurascens nicht. Von den 5 Exemplaren wurden 4 präparirt. A-C-D sind unregelmässig-geformte Stücke zum Theil von der Korkschicht entblösst, die, wo sie vorhanden, weisslich grau, durch Querrisse gefeldert erscheint. Bastzellen vereinzelt, mit Ausnahme der zonenartigen Reihen in der Cambialgegend, ohne 65 besondere differenzirbare Richtung. Stein- und Stab- zellen fehlen. Saftröhre bilden eine Reihe. B. Eine ältere rinnenförmige Rinde mit braunrothem Periderm huamaliesartigen, linsenförmigen Borkwarzen und zarten Querrissen, bietet ungeachtet des abweichenden Aeusse- ren, einen Bau, der dem Alter entsprechend ---- (selte- nere Saftröhren) der ersteren gleicht. Die Schnitte erinneren mit den schmalen und dennoch deutlich her- vortretenden Markstrahlen an die Ch. rubra dura nach Berg Taf. VII Fig. 20. How. S. Eine 8 Cm. 1., 2 Cm. im Durchm. haltende un- bedeckte Halbröhre A, u. ein 5 Cm. l. 3 Cm. breites flaches Stück B. Berg stellt die C. ovata, C. ery- throderma, mit der C. coccinea in gleiche Linie. Wedd. identificirt diese Cinchone ebenfalls mit der C. ovata und hält es für möglich, dass sie der C. coccinea gleich sei. A mit den oft zu kleinen Gruppen radial gestell- ten, auffällig polyedrischen Bastzellen nebst einer Stein- zellenschicht, die im Parenchym nur schwierig bemerkt werden, so dass deren Vorhandensein erst durch den Polarisationsapparat deutlich hervortritt, erinnerte mich an keine bekannte Rinde. B ist eine C. Calisa ya, da sie äusserlich mit der von Weddel (X) gegebenen Abb. Taf. XXVIII Fig. I im blossgelegten Theile übereinstimmt und histio- logisch der Berg'schen Taf. I Figur 1 gleicht. . . (Nr. 36). C. glandulifera. How. S. - C. negrilla -- Pahud. X Wedd. Die 16 Cm. l. und 11%, Cm. dicke gerollte Rinde mit aschgrauer, stellweise weisser und sammtartiger schwarz bestaubter Borke, zahlreichen Längsleisten und nicht herumgehenden Querrissen ein krauses Aus- sehen bietend, hie und da mit Parmelien besetzt, giebt dem Parenchym. Die zur Cambialregion hin liegenden Bastzellen nehmen eine radiale Richtung ein, die zur Peripherie hin oft unterbrochen werden, keine scharf ausgeprägte Zonen geben und sich in der Mit- telrinde in einzelne zerstreute Elemente auflösen. Saftröhren sehr klein, rund und isolirt. Sie diente mir im Verein mit einem Rodig'schen Präparate und Berg's Abb. als C. heterophylla.* Schöne Vergleichsobjecte der C. glandulifera R. und Pav. in allen Wachsthumsstadien lieferten mir Rin- den der * Cascarrilla negrilla fina VIII. I. b. 6 der Dorpater Samml. aus der Martiny'schen Samml., deren anatomische Structur mit den vereinzelt stehenden Bast- zellen und den diese Rinde specifisch auszeichnenden Gruppen von Saftröhren, von Karsten (VI) trefflich auf Taf. II T. 10 wiedergegeben sind. Auch ist bei der C. glandulifera, wie selten bei einer anderen Rinde, das Collenchymn in verkehrt keilförmiger Anordnung zu finden. Berg (I) p. 31 nennt C. heterophylla Pav. - Cascarilla negrilla o negro. . . . . v. > V 67 LAT! • . . . . PAT (Nr. 35.) C. Hascarliana Jaya. How. S. Pahud. X Wedd. Diese Drogue konnte natürlich bei der Bestimmung der braunen Chiniarinden nicht in Betracht gezogen wer- den, obgleich sie in charakteristischer Weise die zonen- artige Anordnung von radial gedehnten Bastzellen zeigt. Sind die Bastzellen tingirt, so kann man diese Zonen mit unbewaffnetem Auge beobachten. Der äussere Habitus ist dem einer cultivirten C. succirubra, nicht unähnlich. 11U . (VIII. I. b. 20*) China Humboldtii - Loxa stammt nicht von Howard. i Ob diese Rinde mit der C. Humboldtiana iden- tisch ist, konnte ich nicht feststellen. Weddell (IX) p. 79 giebt an, dass die Rinde dieser Cinchone unbekannt sei, dasselbe auch Berg. Dagegen bemerkt Kuntze, dass sie zur Pahud. X Wedd. gezählt werden müsse und von Wedd. richtig als C. villosa erkannt sei, somit zu einer Form der C. glandulifera gehöre. Nach der in- neren Structur zu schliessen, geschah das auch mit Recht. : Das kleine 4 Cm. l., 2 Cm. Durchm. und 7 Mm. dicke Rindenstück sieht braun aus und ist der Länge nach von etwas vertieft liegenden dunkleren Bork- streifen, die an einzelnen Stellen gelblich weiss erschei-.. nen durchzogen und mit feinen spärlichen Querrissen versehen. Der Bau mit den häufigen, oft aneinander - -- der Rinde das Gepräge einer älteren C. villosa; auch die Bastzellen sind meist zu zweien in Zonen geordnet. Ich benutzte sie, da ähnliche Formen mit demselben anatomischen Bau häufig in den Huamaliesrinden auf- treten, als Typus der C. villosa - - - - - - - - - - -- -- . 68 . . ASSING BARER (VIII I. b. 43).* C. heterophylla. Ein kleines Stück von 3 Cm. L. unter der Eti- quette China Loxa spuria, lieferte mir mit Vogl. (XI) und Berg (I) verglichen, den Typus dieser Cin- chonenrinde. (25 und 26*) C. lancifolia Mutis. - - How. S. How. X Wedd. I Quina naranjada 2SSOIRES MEN R ." DA. ESTA - - - - AA.. Die C. lancifolia mit ihren vielen Varietäten lie- fert Rinden, die äusserlich meist einander gleichen, dagegen im anatomischen Bau für jede Art eine so typische Anordnung bieten, besonders in den Bast- zellen, dass nicht mit Unrecht die Varitäten von Vogl auseinander gehalten werden. Nr. 25 enthält vier 11-15 Cm. lange rinnenförmige Stücke mit den die Lancifoliarinden kennzeichnenden ockerfarbenen, glatten, glimmerglänzenden Borkansätzen. Der Bau stimmt mit der „Naranjada How." vollkommen überein. Nr. 26. Im Habitus stimmt sie mit vorigen über ein. Die Bastzellen in perlschnurähnlich geordneten Radialreihen, die zum Periderm hin in Doppelreihen übergehen und die zahlreichen Stein- und Saftzellen bestätigten, dass diese Spielart der C. lancifolia zur Coqueta bark gehört. Beim Vergleichen berücksich- tigte ich keine Varietäten, sondern constatirte blos die Zugehörigkeit zur C. lancifolia. , .. ME S E A. LLAANG TERRAS ia .m . VE 5:9 Y . NEEL SA . SES (Nr. 27) C. lancifolia Java. How. S. How. X Wedd. Hat im Gegensatze zu der genuinen C. lancifolia weder Steinzellen noch Saftzellen. Saftröhren fehlen ebenfalls, sie gleicht anatomisch völlig der C. Led- 3 Siamo .- - --- . --- - RESIASPE - . .. WII . - . * - 13 . . . . . 69 N geriana. Aeusserlich ist die Röhre A von der C. Ledgeria na durch die feinen Querrisse in weisslich- grauer Borke und B durch die huamaliesartigen, grau- braunen, ebenfalls mit Querrissen, jedoch mit deutlich aufgeworfenen Rändern versehenen, und durch die unre- gelmässigen Längsrunzeln unterschieden. Als Typus s. pag. 59 nicht verwerthbar. . (Nr. 48). C. lanceolata Pav. How. S. : Ist von einer C. lancifolia schwer zu unter- scheiden und weicht von der in derselben Sammlung befindlichen C. rosulenta nur in der Farbe ab, sie ist mehr bräunlich gelb, letztere dagegen fast orange- roth. Nach Berg sind die Rinden der C. lanceolata Pav. mit der C. stupea identisch. Vogl stimmt Berg nicht bei. Vergleicht man jedoch die Rinde mit deren Beschreibungen der C. stupea, so schwindet jeder Zweifel, dass vorliegende Rinde nicht zur C. lance- olata, sondern * zur C. stupea gehört. . (Nr. 51). C. microphylla Pav. How. S. Cascarilla crespilla con hoja de Roble von Kuntze p. 62 Pahud. X Wedd. Von 5 Rinden in wechselnder Form entspricht nur *B, ein 9 cm. langes rinnenförmiges Stück, im Bau den Anforderungen nach How. (IV) Taf. III Fig. 18 und Berg (1) Taf. IX Fig 24, sowie der Beschreibung von Bork- und Peridermanlagen denen von Vogl, und benutzte ich daher dieses Fragment als Vergleichstype. Die übrigen erinnern zwar in der Anordnung der Bastzellen an C. microphylla, allein die grauweiss- liche, von zahlreichen kleinen Querrissen durchsetzte, XX > . . 70 - - .. mit Parmeliacecen bewachsene Borke würde mehr einer C. heterophylla entsprechen. Das Fehlen jeglicher Steinzellen erweckt ebenfalls Bedenken, sie zur C. microphylla hinzuzuzählen. 1 . .(Nr. 2). C. micrantha. Var. Boliviana. W. How. S. Pavoniana. Beim Vergleichen mit Berg's Taf. V und VI (C. micrantha) und Taf. II Fig. 2 (C. scrobiculata), gewinnt man die Ueberzeugung, dass diese Rinde zur C. scrobiculata gehört durch die meist mit Thyllen ausgefüllten Saftröhren und die gleichmässigen, dünnen Bastzellen, die kurz vor dem Cambium eine tangentiale Zone bilden, während in der C. micrantha Saftröhren überhaupt nicht vorkommen, ebenso wenig Steinzellen, die im vorliegenden Muster in bedeutender Anzahl die Mittelrinde einnehmen. Vogl (XI) leitet übrigens eine C. micrantha Boliv. yon derselben Abstammung her. Howard giebt allerdings auf Taf. I in Fig. 3 unter Cascarilla provinciana die Abbildung einer C. micrantha mit Saftröhren an, die, wenn man von den schräg gezeichneten Markstrahlen und den allzu grossen Bastzellen abstrahirt, den Eindruck hinterlässt, dass er ebenfalls die hier vorliegende Rinde unter den Händen gehabt hat. Zieht man eine Parallele zwischen Kuntzes Ableitung der C. scrobiculata mit Pavo- niani X Weddelliana cum Pavonia na und der obigen Notiz in Betreff der Payoniania, so stellt sich hier ein gewisses Verwandschaftsverhältniss leicht heraus. Klotsch rechnet die C. scrobiculata pag. 48 (VII) ganz zur Pavoniana. - -.. .. --... . -.. - -, 03 - , . . . si w Nach Karsten (VI) pag. 65 ist die C. scrobi- culata Humb. identisch mit der C. micrantha, die Abb. seiner C. micrantha Taf. II Fig 15 (VII) ist, wenn die Saftröhren einreihig wären, die getreue Wiedergabe der C, micrantha Var. Boliv. Ich hielt mich an Berg's C. micrantha, und schuf mir aus dieser Rinde den Typus der * C. scrobiculata. Einem ächten Typus der C. micrantha entsprechen im Bau 3 Rindenstücke, die unter den Namen * Jaën pallida (VIII I b 41) in der Sammlung aufgenommen sind. Sie gleichen in schöner Weise der Berg'schen Taf. VI Fig. 16, im Aeusseren jedoch der in Jaën pallida-Rinden häufig vorkommende C. Pelletiereana Vogl XI pag. 87. Trotz einiger Steinzellen bilden diese Exemplare ein brauchbares Muster für eine ältere *C. micrantha. Dagegen ent- sprach eine Cascarilla provinciana der Sammlung (von Martiny) unter Nr. VIII. I. 65 einer jüngeren C. micrantha. (Nr. 1 und 3). C. nitida Pay. How. S. C. nitida Pav. via Para. Pavoniana. Die in zwei Nummern vorhandenen Rindenstücke beweisen recht, welche Verwirrung in Bezug auf Ab- stammung dieser Rinde herrscht, und musste ich mich daher der Consequenz wegen an Berg und Vogl halten. Von den 7 Objekten stimmt nicht eins mit deren Beschreibung und Abb. überein. Nr. 1 A reprä- sentirt im inneren Bau genau den Typus C. rubra dura (rsp. C. succirubra) nach Berg (1) Taf. VII Fig. 20, im Aussehen stimmmen sie mit Berg und Vogls Beschreibung. Als eines der Hauptmerkmale der sonst im inneren Bau fast gleichen Rinden, sind die der C. nitida eigenen Gruppen von 3-4 grösseren Bast- . . - 72 - - - - -- - zellen, die gleichsam jeden Baststrahl krönen, während bei der C. rubra dura die Baststrahlen gewöhnlich von 2 Saftröhren begrenzt werden. B ist im Aeus- sern das Spiegelbild von der C. micrantha nach Wedd. (X) Taf. 30 Fig. 33 und, wenn man von den im Parenchym spärlich eingestreuten, stark tangential gestreckten Steinzellen absieht, der C. micrantha nach Berg Taf. V Fig. 13. Nr. 3. C. nitida Pay. via Para bezogen. In dieser Nummer konnte ich weder eine C. nitida noch C. micrantha erkennen. A gehört zur C. glandulifera, B einer C. lancifolia s. p. an, C. zur C. heterophylla (?).. Mir galt als Vergleichstypus einer C. nitida neben der Berg'schen Abb. ein Präparat von Rodig. Ver- gleicht man das Präparat von B. Nr. 3 mit der How. Taf. I Fig. 5 „Quina canna legitima“ so erkennt man, dass die Illustration nach dieser Rinde ange- fertigt ist. Die Quina canna legitima wird von Vogl jedoch mit der C. ovata identificirt. - - (Nr. 19). C. obtusifolia Pav. How. S. Mala di Macos Pavon X Wedd. Von dieser Rindenspecies entspricht das Stück B in der Beschreibung der Mala di Macos How. von Vogl dem Aeussern nach. A und C. dagegen sind etwa 10 Cm. 1. Halbröhren, die, der Corticalschicht nach, der Chahuarguera Nr. 12 s. d. sehr ähnlich sehen. Rostfarben, grau, mit häufigen, etwas schrägen Quer- rissen und den leicht übersehbaren Korkwarzen bietet sie ein krauses Aussehen. Im mikroskopischen Bau stimmen sie miteinander durch die Anfangs spärlichen, 1 24 . ... . 73 Nr yn dann zu dichten Gruppen oft in radialer Ordnung ver- theilten Bastzellen und den gleichmässig breiten Mark- strahlen überein. Kleine Abweichungen sind auf Alters- unterschiede zurückzuführen. Da dies die einzige mir zu Gebote stehende, authen- tische Rinde einer *C. obtusifolia war, so konnte sie allein mir zum Vergleichen dienen. Dass diese C. obtu- sifolia Pay. mit der einer falschen Chinarinde-Cosmi buena (V) 1878. p. 93. C. obtusifolia R. et Pay. in keiner Beziehung steht, konnte ich bestätigen. (Nr. 6-7-8 u. 9) C. officinalis. Unter dieser generellen Bezeichnung fasste ich die Nr. 20. C. Bonplandiana (Ceylon). Nr. 16. , „ India amarilla del Rey Nr. 17. , colorado del Rey. Nr. 12. C. Cha huarguera, scheint nach Rodig's Präparaten u. Berg's Abb. zu urtheilen, eine cultivirte zu sein. Nr. 13. C. Dodabetta --- cultivirt. Nr. 14 und 18. C. Uritusing a - cultivirt, zusammen. Knotty Loxa Nr. 6. Derbe Rinden deren 3-5 Mm. dicke Borkauflagen durch Quer- u. Längs- risse in Quadrate getheilt sind, mit braunrothem Peri- derm, innen zinimtfabrig, sehr fein gestreift, hat einen inneren Bau der mit Nr. 7–8 und 9 übereinstimmt. Auffallende sehr entwickelte Markstrahlen, grosses kugelige Parenchymzellen in der Mittelrinde. Saft- röhren und Steinzellen fehlen. Nr. 7. - Var. Colo- rado de Loxa - hat mit der von Vogl beschriebenen -.. - -- - -. -. -. — S - -.. i - ; - -- - - - - - - - . 4 1 : Coconglomerata nicht den geringsten Zusammenhang, und kann ebenfalls zur C. officinalis gerechnet wer- den. Bei diesen Rinden beging ich die Inconsequenz und nahm sie, mit Benutzung der Vogl'schen Beschrei- bung, – trotzdem sie cultivirte Rinden sind, als Ver- gleichsobjecte für die C. officinalis an. .. (Nr. 39.) C. Ovata Var. macrocarpa. Wedd Payon. X Pahud. How. S. —- C. ovata Var inedita macrocarpa Wedd. Die vorliegenden Rinden haben mit der von Ko- ward (IV) unter Cascarilla Pata de Gallereta auf genommenen C..ovata Taf. II. Fig. 14 nichts gemein. Die Litteratur erwähnt über eine C. ovata Var ma- crocarpa fast gar nichts. 3 Rindenröhren, etwa 15 Cmi l. und 1 Cm. im Durchm., sind völlig analog der C. lutea nach Vogl und Berg. Die enorm dicken, tangential gestreckten Bastzellen, welche oft um das 20 fache die Parenchymzellen übertreffen und die klein- lumigen Saftröhren nebst Mangel an Steinzellen, stehen mit der C. ovata im stricten Gegensatz. Sie gleicht mithin eher der von Howard (IV) Taf. I, Fig. 9 an- gegebenen Cascarilla amarilla de Yuta (C. lutea) und Tafel II, Fig. 15. Cascarilla crespilla a humada. Die grossen Grenzbastzellen mit weitem Lumen bilden eine zuzammenhängende Reihe, wie sie selten bei anderen Rinden ausser der C. lutea vorkommen. Vogl hält die C. lutea und C. dec- urrentifolia meist der helleren resp. dunkleren äusse- ren Färbung wegen auseinander. Ich musste mich hier beschränken, diese Cinchonenrinde mit der *C. Intea zu identificiren und als Typus anzunehmen, da durch 1 n 75 . .. das Fehlen der Borke äussere Anhaltspunkte für die C. decurrentifolia fehlen. Vogl pag. 37 und Berg pag. 28 zählen die C. oyata Var. enedita macro- carpa zur C. scrobiculata, ich kann dies nach vorligendem Muster nicht zugeben, jedenfalls müssen Verwechselungen Seitens Howard's stattgefunden haben, und betrachte ich daher diese C. ovata Var. macro- carpa als C. lutea.. Einen schönen Typus der C. ovata lieferte mir ein Rindenstück (E) aus der Sammlung unter VIII I b. 35. Die sehr leichte (charakteristisch) Rinde hat gelbweisses Periderm, welches der Länge nach von braunen, leistenförmigen Erhabenheiten durchzogen ist, die wiederum in derselben Richtung in der Mitte gleichsam gespalten (gesprungen) auseinanderklaffen. Der Bau mit den ausserordentlich dünnen Bastzellen, reichlichen Steinzellen und weiten Saftröhren hebt diese Rinde von den Anderen besonders deutlich ab. W . - (Nr. 38.) * C. Palton. -- Pavon. X Pahud. How. S. -- Palton Pay. Westcoust Carthagena. 2-1 Mm. dicke, zusammengefaltene, braune, mit weisslichem Anfluge, fein längsrunzelige Rinden, sehr ähnlich der jungen C. Pahudia na S. p. 76. Im Bau charakteristisch durch die spitz keilförmigen Baststrahlen, die, je 3-4 convergirend, wiederum einen stumpfen Keil bilden und an der Spitze meist von einer Gruppe von 3- 4 Bastzellen begrenzt werden. An der Cambialgrenze weitlumige, stark verdickte Zellen, die oft zu 6 in radialer Richtung vereint stehen. Stein- zellen vereinzelt, in den älteren Exemplaren dagegen in dichten Lagen der Peridermschicht anliegend. Saft- . . . 76 röhren spärlich, klein und rund. Dieser für eine Cincho- nenrinde selten gut ausgeprägte Bau, diente mir als Typus. 7 (Nr. 32 und 33.) C. Pahudiana Jaya. How. S. - Nr. 32. Wäre diesen beiden Nummern nicht die Bemerkung ihrer Heimath (Jaya) beigegeben und haf- teten den einzelnen Stücken nicht Theile der Moosbe kleidung an, so könnte man sich veranlasst fühlen sie mit der C. Palton zu verwechseln, mit der sie auch die ziegelrothe Innenfläche gemeinsam haben. Im inne- ren Bau gleichen die Rindenexemplare der C. lutea auch nach Rodig's Präparaten. Bei alten Rinden häu- fen sich die grossen, radial gestreckten Bastzellen hie und da zu Gruppen an und bilden unterbrochene Zo- nen. Die weiten Grenzbastzellen erscheinen in con- tinuirlichen Reihen. Saftzellen ausserordentlich klein. Steinzellen fehlen. Mit der How. (IV) Taf. 3 Fig. 24 die geringste Aehnlichkeit, eher mit den Casc. cres- pilla Chica Peru Taf. 3 Fig. 25. Bemerkenswerth ist, das, da sie der C. Pahu- diana (?) angehören soll, somit einer im Werthe sehr geringen Cinchonenrinde - dennoch, mit NaHO er- wärmt, spiessige Alkaloidkrystalle in Menge zeigt. Nr. 33. Notenpapierdicke, unregelmässige Rin- den mit dünner, brauner und gelblich-weisser Borke, an abgeriebenen Stellen rothbraunes Periderm blossle- gend, sehr zart längsstreifig, innen rothgelb, wodurch dieses vom Aeussern besonders absticht. Die Moos- reste deuten auf eine bedeckte Kultur. Der innere 77 Bau ohne Steinzellen und Saftröhren, Bastzellen von wechselnder Grösse und trotz des geringen Alters auffallend dick. IIU (Nr. 10 und 11.) C. Pitayensis. How. S. - beide Payon. X Wedd. Nr. 10 gestattete aus den fragmentarischen Stü- cken, die an Spähne mahnen, keine mikroskopischen Präparate herzustellen und konnte nur nach der gleichmässigen, orangegelben, glatten Oberfläche die C. Pitayo roja How. festgestellt werden. So viel die Bruchstücke erlaubten, präparirte ich Schnitte, die dann vereinzelte Bastzellen und in der Mittelrinde stark tangential gestreckte Parenchymzellen aufwiesen, sonst weder Saftröhren noch Steinzellen. Nr. 11. Fast übereinstimmend mit der Pitayo und Naranjada nach Voglund Berg, der Bau ist zu wenig charakterisirt worden, um mir ein Bild zu geben. Das Muster enthält vier Stücke von denen ich zwei untersucht habe - A und B. - A hat (s. Vogl XI) tangential gedehnte Zellen in den stark entwickel- ten Nebenmarkstrahlen und unterbrochen radiale Rei- hen yon Bastzellen. Stein-, Stabzellen und Saftröhren fehlen. B. Ein 6 Cm. 1., 8 Mm. d. und über 2 Cm. br. rinnenförmiges Stück, schwärzlich braun mit quer- . rissigem Bork und ochergelbem Periderm, enthält Stein- zellen die tief in die Bastregion verlaufen, während die Baststrahlen sich flammig gekrümmt bis zum Peri- derm erstrecken. Die Markstrahlzellen zeigen von der Mittelrinde an, wie die Steinzellen, gleiche tangentiale Streckung. Stabzellen mit Harzen angefüllt, begleiten die langen, spindelförmigen Bastzellen in grosser Anzahl. 78 : ... Von der (Nr. 31) C. lancifolia. Var, discolo- rata Karsten, die von Howard in der Sammlung mit „Authentic specimen“ u. „Cinchona tunea- signirt ist, weicht sie in der äusseren Gestalt bedeu- tend ab. Die kleinen Stücke liessen ebenfalls nicht mikroskopische Schnitte anfertigen. (Nr. 54.) C. pseudoregia. : How. S. - Autentic specimen. Zwei kleine Fragmente im Habitus von orange- gelber Farbe, einer C. lancifolia ähnlich, enthalten Stabzellen in solcher Menge, dass das Bastparenchym1 fast verschwindet. Die Bastfasern, welche in perl- schnurähnlichen, radial geordnettii, zum Cambium hin doppelten Reihen stehen, treten unter den üppig ent- wickelten Stabzellen charakteristisch hervor. Stein- zellen von tangential gestreckter elliptischer oder qua- dratischer Form, durchsetzen das ganze Mittelgewebe. Die Markstrahlen ziehen sich scharf markirt, ohne merkliche Erweiterung bis dicht zur Korkschicht hin. Saftröhren fehlen. Dieses Muster erlaubt besonders schön das Auftreten der Stabzellen zu beobachten, '. welche hier zugleich die Muthmassung erhärten, dass sie durch Vorholzen des Parenchyms enstanden, und nicht als unentwickelte Bastfasern aufzufassen sind. All' diese Merkmale zusammengefasst, scheint diese C. pseudo- regia einer C. lancifolia anzugehören. (Nr. 43). *C. Pelletiereana. How. S. Aricin - How. X Pahud. Völlig übereinstimmend mit Berg Taf. VIII 21 und IX 26 und Vogl, giebt sie mit der . . . . . * . 79 PI . A WA * : Nr. 45). *C. pubescens Var. pelletiereana. How. S. - Aricinebark. Schöne Typen einer C. Pelletiere ana in mehreren Wachsthumsstadien. Bei sehr alten Exemplaren konn- ten Saftröhren nicht nachgewiesen werden. :.:.::. (Nr. 9). C. Peruviana. i: How. S. -- Payoniana. Howard bezeichnet diese Rinde (III) pag. 148 mit Pata de Gallinazo Taf. 3, Fig. 21 und Taf. I Fig. 7. - welche nach jetziger Anschauung iden- tisch mit der C. subcordata ist, ---- beide Illustratio- nen gleichen jedoch einander ebenso wenig, wie . der vorliegenden C. Peruviana. Vogl beschreibt Howard's C. peruv. (Pata d. G.) mit zahlreichen Steinzellen, breiten Saftröhren und weitmündigen Bast- zellen, im Organe, die mit Ausnahme der Saftröhren im gegebenen Exemplare nicht vorkommen. Offenbar müssen von Howard unter obiger Benennung ver- schiedene Rindenarten gemeint sein. Diese C. Peru- viana ist aschgrau, durch Längskorkleisten kantig erscheinend, von quierrissigem Bork, deren Ränder stark aufgeworfen sind, gefeldert. Die grossen, meist zu zwei nebeneinander im Kreise entwickelten Saft- röhren, die spärlichen, zerstreuten Bastzellen und be-. sonders die aus tangential gestreckten Zellen bestehen- den Nebenmarkstrahlen sprechen völlig für eine C. i 11 mbellulifera. (Nr. 56). C. rosulenta. How. S. C. rosulenta How. rose d'Ocanna. Langfaserige, orangerothe, unregelmässige, ältere ! Stücke, mit zerstreuten, glimmerartigen, gelblich-weissen -- - IT - - - 80 ! elle Borkansätzen, die meist in Grübchen sitzen. Bau: keine Saftröhren, Steinzellen mit Saftzellen untermischt, nehmen fast das ganze parenchymatische Gewebe der Mittelrinde ein. Bastzellen von häufigen Stabzellen begleitet, sind meist zu Gruppen vereint, die dann in deutlichen Zonen eine tangentiale Richtung einhalten, oft auch zu Reihen radial geordnet erscheinen. Sämmt- liche Merkmale stempeln diese Rinde zu einer C. lanci- folia, was auch durch die Notiz --- rose d'Ocanna, Luf (Nr. 21). C. scrobiculata. Wedd. Var. officinal. Kuntze. How. S. Payon X Wedd. Weddel bietet auf Taf. XXVIII Fig. 5 ein äus- serst ähnliches Bild von dem vorhandenen 13 Cm. l., 3 Cm. br. und 3. Mm. dicken flachrinnenförnuigen Stücke, das durch anastomosirende Querrisse gelb- weisse bis braune Borkleisten ein stark zerklüftetes, buntes Aussehen erhält. Auf dem Querschnitte stehen die runden Bastzellen vereinzelt, regelmässig zerstreut und bilden nirgends Zonen oder Reihen. Stein-, Saft- zellen und Saftröhren fehlen. Die Grenzbastzellen sind stark verdickt, oft polyedrisch und mit weitem Lumen. Diese Rinde weicht somit von der C. Cali- saya Boliviana Flückiger (II) pag. 37, welche mit der C. scrobiculata häufig verwechselt wird - ab, die mnit Saftröhren, Steinzellen und mit oft in Doppelreihen stehenden Bastzellen beschrieben wird. Die Rinde ähnelt in der Bastzellenanordnung und den Markstrahlen sehr der C. Calisa y a nach Berg (II) Taf. I, Fig. 3. Auch wenn man nach . . . - - P . f 81 . ITT . - Vogl die zur C. scrobiculata gehörenden C. au- stralis Humb. u. Bonpl, C. ovata v. macrocarpa, und C. amygdalifolia, damit vergleicht, erhält man kein besseres Resultat. Ich wäre geneigt, sie daher der C. Calisaya beizustellen, es könnte etwa eine Spielart sein. Die der C. Calisa ya eigenthümlichen Schichten von eingelagerten Korkplatten sprechen eben- falls dafür. (Nr. 22, 23, 24, 29 und 30.) *C. Ch. succirubra. How. S. Nr. 22. - Howardiana - ein 2 Cm. 1. 6. das in den vereinzelten oft radial gedehnten Bastzellen und den, trotz des Alters deutlich erkennbaren kleinen runden Saftröhren, ein schönes Vergleichsobjekt dar- bietet. Besonders fielen mir die Bastzellen auf, die stets eine dunklere centrale Schichtung enthielten. Mit Anilinroth tingirt, tritt der Kern prägnant hervor. Das Parenchym besteht aus runden tonnenähnlichen Zellen. : Auch die von Flückiger schön charakterisirte Saft- röhrenstellung, wo die kleinen runden Röhren zu zweien vor jedem Baststrahle stehen, konnte ich bei allen Succirubrarinden constatiren; namentlich in einem Präparate von der C. succirubr unter VIII I 131 der Sammlung. Die Grenzbastzellen sind fast quadra- tisch mit weitem Lumen. Leider verfügte ich zur 1. Weiteren Beobachtung über keine Rinde, von der authen- tisch feststand, dass sie nicht cultivirt sei. Nr, 23. aus Jamaica - hat auffallend tagential gestreckte Paren- chymzellen. Eine How. X Pahnd. Nr. 24. --- cultivirte Kinde. Ausserlich ein treffliches Objekt für die Bezeich- VI L och vind 'escentes de 82 nung „huamaliesartig.“ Graubraun mit helleren in der Längsrichtung gestellten hie und da linsenförmigen Korkwärzchen, quer von feinen, meist geradlinigen Rissen durchzogen, wodurch sei das Aussehen einer Howardiana resp. der in Huamaliesrinden auftre- tenden C. purpurea gewinnt. Nr. 29 – mit erneuer- ter Rindenbildung, sind nur durch die rundlichen Paren- chymzellen bemerkenswerth. Nr. 30. scheint ebenfalls eine cultivirte Rinde zu sein und ist aus St. Peters- burg bezogen. Sie enthält grosse Saftröhren und gleicht im wesentlichen den Vorigen. -. (Nr. 34). C. Tucujensis. How. S. Tucujensis Karsten. Diese spahnähnlichen, etwa 5 Cm. im Quadrat hal- tenden Rindenfragmente, bräunlich-gelb, mit gelbweissen tüpfelähnlichen ebenen Korkansätzen bestäubt ausse- hend, erlaubten keine zusammenhängende Schnitte an- zufertigen. Wo es einigermassen gelang, wurde man' durch den Anblick von so regelmässigen Parenchym- zellen belohnt, wie sie nicht häufig bei anderen Rin- į den vorkommen. Sie stimmen ganz mit der von Vogl | (XI) p. 76 treffend charakterisirten Maracaibo Rinde überein. So viel die Schnitte nach der regel- mässigen Vertheilung der Organe zu urtheilen gestat- ten, dürfte man sie nach Kuntze und Berg Taf. III Fig. 7 - dessen bezügliche Illustration allerdings idealisirt erscheint – zur C. cordifolia rechnen. Sie gleichen übrigens auch der C. Calisaya und ! C. Condaminea nach Bergs Atlas. Beim Behan. 1 deln mit heisser Na HO lauge erhält man die Rinde förm- lich gespickt von Alkaloidkrystallen, und könnte sie | 83 |:: . somit nicht ganz werthlos erscheinen, wie sie Kar- sten (VI) P. 66 hinstellt, es sei denn, dass uns ver- schiedene Rinden vorlagen. C (Nr. 14 u. 18). C. Uritusinga cultivirt. How. S. - Payon. X Wedd. Von einer C. officinalis äusserlich nicht zu unter- scheiden, im inneren Bau auch nicht von der C. Ledge- riana resp. C. Hascarliana. Wenn Berg die von Howard stammende C. Uritusinga identisch mit der C. Scrobiculata hält, so liegen hier offenbar andere Rinden vor. Nr. 14 enthält nach Howard 6,6 % Chininsulfat. Ebenso wenig entspricht die Zeich- nung von How. IV. Taf. I. Fig. als Cascarilla del Rey dieser C. Uritusing a Nr. 15. (VIII I 65). Cascarilla provinciana. Peru. (C. micrantha). M. S. aus dem Chinchonenwalde von Cuchero 1827. Besteht aus etwa 10 Rinden, von denen be- merkenswerth: B. ähnlich mit C. micrantha. C. u. D. C. Chahuarguera. E. F. J. C. glandulifera. A. eine junge C. nitida. G. eine typische C. glandulifera. Wie man sieht, ist von der zu erwartenden C. mi- crantha wenig vorhanden. C. D. u. die nicht ange- führten Stücke gleichen der C. Chahuarguera nach Vogl (XI) p. 94 und scheint die C. micrantha nach demselben mit der C. coccinea und C. sub- cordata verwandt zu sein. 84 (VIII I b 9). Cascarilla boba com C. purpurea. M. S. Poeppig brachte diese Rinde unter dem Namen Cascarilla boba colorada mit '). B. C. D. sind sehr junge Rinden mit einzelnen, grossen Bastzellen und gleichen darin, wie auch äus- serlich, sehr der C. Palton von d. How. S. nur dass bei C. Palton die Bastzellen in Gruppen stehen. Möglicherweise liegen hier ältere Paltonexemplare vor. A stimmt mit Berg's Taf. VII Fig. 17 der C. pur- purea nicht überein; sie hat keine Steinzellen, wohl aber Saftröhren. E ist wie A nur mit mehr Saftröhren, beide lassen nach Vogl's Angaben eine Ueberein- stimmung mit der *C Condaminea Var purpurea erkennen. Ein Stück ist mit der C. glandulifera identisch. i (VIII I b 10). Pata de Gallinazo = C. subcordata M. S. Die Rinden besitzen Saftröhren und Steinzellen - jedoch keine Stabzellen. Die Bastzellen sind in tangentialen Zonen geordnet. Berg verwirft Howards Pata de Gallinazo, von C. peruviana abgeleitet weil sie Saftröhren und Steinzellen aufweise, dagegen giebt er Saftröhren in den jungen Rinden zu. Steinzellen zerstreut. Ein aufgeheftetes Rindenstück in der Samm- lung, hat dieselbe Bastzellengruppirung, jedoch weder Stein-, Stabzellen noch Saftröhren und ähnelt sehr der C. nitida. Folgende in der Dorpater pharmacognostischen Sammlung befindlichen braunen amerik. Chinarinden 1) (VIII) Martiny pag. 341. IS. • N : 1 85 habe ich nach erwähnten Vergleichstypen bestimmt und, wo es möglich war, nach früher angezeigter Methode analysirt. Rinden deren Quantität eine Analyse nicht ge- statteten:) (VIII I b 39). C. Chinae Carthagena. Enthält nur ein Exemplar einer C. lancifolia (Var.?) s. pag. 116. (VIII I b 49). Cort. Ch. fuscus via London 1881 bezogen, besteht zum grössten Theile aus jungen Rinden von C. succirubra, C. purpurea, C. heterophylla und C. officinalis (Var. ?) (VIII I b 25). C. Ch. Huamalies. A eine jüngere und B eine alte Rinde von C. succirubra. (VIII I b 27). C. Ch. Huamalies. Ein sehr altes 1/4 Cm. dickes Exemplar mit einigen Steinzellen, das mit der C. purpurea gut übereinstimmt. (VIII I b. 28.) C. Ch. Huamalies, aus Paris 1864 bezogen. Besteht aus: A und C C. succirubra, B-C. vil- losa (?). D-C. ovata, E-C. purpurea, H-C. mac- rocalyx und D-C. lutea. Die übrigen sind nicht bestimmt worden. (VIII I b. 4.) C. Ch. Huamalies reg. Die Hauptrepräsentanten gehören der C. ovata, find C. succirubra an. Die jungen Rinden konnten nicht bestimmt werden. . weni 1) Die Bezeichnung der einzelnen Handelssorten entsprechen den Etiquetten der Sammlung. Die Rinden sind gleich den Vorigen alphabetisch geordnet. 86 (VIII I b. 2) C. Ch. Huanuco. M. S. – Zwei Rinden. ..A-C. microphylla und B-C. lucuma efolia. (VIII I b. 12) C. Ch. Huanuco. A-C. heterophylla (?), B-C. heterophylla (typisch)., C-C. macrocalyx, D-C. umbellulifera, alle Uebrigen gehören meist zur C. subcordata. (s. Vogl.) (VIII I b. 13) C. Ch. Huanuco. Ein Exemplar gehört der C. um bellulifera an. (VIII I b. 13) C. Ch. Huanuco. Ein einziges Stück, das mit der C. hetero- phylla (?) Ähnlichkeit hat. (VIII I b. 31) C. Ch. Jaën fuscus. Besteht aus einer Halbröhre von einer C. mic- rophylla. (VIII I b. 57) C. Ch. Jaën Goebel '). C. lucumaefolia (?) (VIII I b. 23) C. Ch. Jaën nigricaus. M. S. 2) C. cordifolia, C. heterophylla, C. nitida (?) und andere. (VIII I b. 24) C. Ch. Jaën nigricans von Goebel. C. succirubra (junge Rinde), C. microphylla i und C. Cha huarguera. (VIII I b 336) C. Ch. Jaën pallidus. Winkler. Besteht nur aus C. Pelletiereana und und a lutea. 1) Aus der Sammlung von Goebel und Kuntze. 2) (VIII) Martiny pag. 352, als von der C. hirsuta ab- stammend. . M 87 (VIII I b_40) C. (h. Jaën pallida Wiggers. . Enthält meist die C. lutea, untermischt mit C. . -micrantha (?). (VIII I b 16) C. Ch. Loxa. Sehr junge dünne Rinden die man ableiten kann von C. heterophylla, C. succirubra, C. offici- nalis u. a. (VIII I B 52) C. Ch. Loxa (ächte). Der grösste Theil gehört zu C. micrantha. (VIII I b 4). C. Ch. Loxa. M. S. Junge Rinden von C. officinalis (Var.) C. purpurea, C. heterophylla, C. ovata u. a. (VIII I 618). C. Ch. Loxa aus Ecuador. A und C sind junge C. nitida-Rinden B = C. micrantha. Die jüngeren Exemplare gestatten | kein bestimmtes Urtheil zu fällen. . (VIII I b 35). C. Ch. Ten. M. S. ! . A = C. macrocalyx, B = C. Palton, C. = C. scrobiculata (?), D = C. lancifolia (Var. ?), 1 E = typysche C. ovata. Die übrigen Exemplare gestatten nach dem Aeusseren, eine ähnliche Diagnose. (VIII I b 339). C. Ch. Ten Winkler. M. S. Besteht aus C. lutea, C. decurrentifolia (?), | C. cordifolia, C. micrantha und C. Palton. (VIII I b 38). C. Chinae Venezuela. M. S. ? A - typische C. glandulifera, B und C = Co ovata (Var.) D = C. ovata. 1. Vier Rindencomplexe, die unter der Bezeichnung: China Piton ?, China flava dura, C. Ch. caribaeus — — VY TW - - - - - - eie lewe. G 88 - spurius und China canellata zum Theil aus der Martinyschen Sammlung stammen, den , braunen China- rinden“ beilagen, fielen sowol durch das Aeussere, wie auch durch die Benennung auf und mögen hier er- : wähnt sein. (VIII II 38). Ch. Piton? M. S., besteht aus langen, zusammengerollten Astrinden, die mit den länglich - elliptischen, zierlich gelbbraunen Korkwärzchen an junge C. purpurea-Rinden erin- nern. Der mikroskopische Bau giebt ihnen mit den spärlich vertheilten Bastzellen, den kleinen runden Saftröhren und durch den Mangel an Steinzellen das Gepräge der C. Heterophylla s. Berg (II) Taf. IV Fig. 9. Das Stück A enthält jedoch sämmtliche At- tribute der C. purpurea. Sie gehört somit zu den ächten Cinchonenrinden. (VIII I b 79). C. Ch. flava durus. M. S. repräsentirt drei Stücke einer sogen. falschen China- rinde, und zwar A äusserlich mit der C. Ch. de Para pallida, im Bau der C. Na u clea Berg (II) Taf. X Fig. 28 ähnlich. B. gehört einer Cariba ea art (spuria ?) an. C. einer Ladenbergia (magnifolia?). Enthalten keine Chinaalkoloide. (VII II 47). C. Ch. caribaeus spurius. Ist keine sogenannte falsche Chinarinde und besteht zum grossen Theil aus: A=(. lncuna efolia, B- C. lutea, Cund D = C. Palton. Enthält China- alkoloide. Die quantitative Analyse verunglückte.' Y 89 WA .. (VIII I b 32). C. Ch. canellata, von Prof. Claus 1863 aus Paris gebracht, enthält, unbedeckte Rindenfragmente deren Abstammung zum Theil auf C. succirubra, C. Calisa ya, C. scro- biculata und C. glandulifera zurückzuführen war. Um Wiederholungen zu vermeiden, habe ich von einer Charakterisirung derjenigen Rinden die auf ihren Alkoloidgehalt untersucht sind, Abstand genommen und der analytische Befund nebst Ableitung in nach- i, folgender Tabelle zusammengefasst. Obgleich ich mit dieser Erstlingsarbeit nur einen Theil vorliegender Sammlung durchforscht und be- arbeitet habe, so hoffe ich doch in Etwas dem er- strebten Ziele näher gerückt zu sein und für eine spätere Untersuchung der gelben, rothen und soge- nannten falschen Chinarinden eine Basis geschaffen und einige bestehende Schwierigkeiten beseitigt zu haben. animizdani= 1 . -2 -- ---- -- -- - - - - -- - ' - ' d e 90 91 Differenz Katalognummer Handelssorte und deren Feuchtigkeit in % In Arbeit Rohalkaloide Beim Neutra- 1 berechnet lisiren der genommenes aus das bei Rohalkaloide Reinalkaloide Rinden- 110° getroch abgeschied. quantum | nete Rinde Harze etc. . Aschengehalt auf getrocknete Rinde berechnet in Chinin in %. Cinchonidin in %. Chinidin in %. Chinidin in %. Cinchonin in %. Chinioidin in %. Summe der fünf Basen in %. Abstammung. bei zwischen der 1. Rubrika VIII u. XIV in in lino in lin in Grm. 1100 getr. Grm. Grm. : Grm. E E 1. I. II. VIII. XI. XIII. XIV. XV. VIII I b 11 C. Ch. Calisaya de Lima aus Paris 1863 bezo- gen. 10,85 1,81 30 26,76 2,856'10 165 6,18 1,201 4,49 0,07 0,22 C. cordifolia 4,45 -0,0037 C. rubra suberosa C. Calisaya. (?) 2. VIII I b 49 C. Chinae fusc. via London) 1881. A . Sehrjunge Rinden, diel! eine Bestimmung 10,63 1,98| 35 31,28 1,011 0901669 2,14 0,341 1,09 0,04 0,18 nicht gestatteten. - 0,58 0,28 1,08 + 0,0009 C. microphylla (?) C. macrocalyx (?) C. nitida (?) VIII I b 49 C. Chinae ſusc. via London C. microphylla (10.82 321) 25 22,300,922 * *4-499 2,24 0,422 1,89 0,15 0,07 Spuren 1,29 0,36 1,871 – 0,0016| (Mehrzahl) C. succirubra (wenig) C. heterophylla C. nitida. VIII I b 49 C. Chipae ſusc. via London 1881 Suckau. C. lutea $10,06 2,28 25 22,49 0,628 129 1,46 0,298 1,32 0,05 0,24 0,21 0,54 0,27 1,31 +0,0018 C. macrocalyx (bedeutend) C. micrantha C. nitida (?) + Stein- zellen. B. 5. 1o. 13597 1,073 0.1879. 1,64 0,493 VIII I b 51 C. Chinae fusc. via London 1881 bezogen. Sehr junge Rinden- stücke. 1711,84 C. succirubra (wenig) C. nitida C. lucumaefolia (?) (die Mehrzahl) 1,62 40 35,27 1,0733579. 10410 1,39 Flueness 0,17 - 0,92 0,30 1,39 + 0,0009 92 93 Differenz Handelssorte t Katalognummer der Sammlung. Rohalkaloide berechnet Beim Neutra- aus das bei lisiren der 110° getrock Rohalkaloide Reinalkaloide nete Rinde abgeschied: Harze etc. und deren Feuchtigkeit in %. Aschengehalt auf getrocknete Rinde berechnet in %. In Arbeit genommenes Rinden- quantum | bei Grm. Chinin in %. Cinchonidin in %. Chinidin in %. Cinchonin in %. Chinioidin in %. Summe der fünf Basen in %. Abstammung. in zwischen der Rubrik VIII u. XIV in Grm. 1000 in % Grm. getr. in Grm. Grm. in %. VI. VII. VIII. XII. XIII. XIV. XV. 1,73 45 39,77 1,848 4,64 * 0,933 2,34 0,914 2,30 0,11 1,10 0,35 0,51 0,22 2,29 + 0,0042 SOS 1,62 35 31,26 3,399 105 1.465 4,68 1,934 6,18 0,08 1,45 0,24 2,41 1,98 6,16 - 0,0012 21. I. II. VIII 1 b 13 C. Chinae fusc. via London 1877 bezogen. Entwickelte Rinden. C. glandulifera C. umbellulifera 1711,63 C. succirubra (1/3 der Menge) C. officinalis (Var. ?) heterophylla. VIII I b 3 C. Ch. Huanuco, M. S. besteht aus sehr alten derben Rinden meist in Röhren. C. umbellulifera (6 R.) glandulifera C. officinalis (Var. ?) lucumaefolia . villosa (?) 10,70 C. micrantha C. rubra dura (?) ovata C. subcordata amygdalifolia C. Calisaya microphylla C. nitida. VIIII b 29 C. Ch. Huamalies reg.il A. sehr alte Rinden. c. Calisaya (3 Stück)|1104 M. S. C. purpurea C. crobiculata C. lancifolia (1 Stück). VIII I b 29 C. Ch. Huamalies B. Derbe, alte Rinden. C. purpurea (Mehrz.)! C. succirubra C. lutea (2 Stück) 10,78 C. Calisaya C. micrantha (?) alte Rinde). 1.53 31 27,58 2,119 'Toard 2. 1916 3,32 1,202 4,36 1,09 1,47 – 0,51 1,30 4,37 +0,0066 1,29| 40 35,692.240 0910 159 1,28 1,781 4,99 0,41 0,90 0,25 1,89 1,54 4,99 + 0,0073 94 95 c. Handelssorte Katalognummer Feuchtigkeit in %. und deren Rohalkaloide Beim Neutra- berechnet lisiren der aus das bei Rohalkaloide Reinalkaloide 110° getrock abgeschied. Harze etc. Aschengehalt auf getrocknete Rinde berechnet in %. In Arbeit genommenes Rinden- quantum I bei 1000 Grm. getr. Chinidin in 9. Cinchonidin in %. nete Rinde Cinchonin in %. Chinidin in Chinioidin in %. Summe der fünf Basen in %. Differenz + zwischen der Rubrik VIII u. XIV in Grm. der Sammlung. Abstammung. in in lino in Grm. in %0 Grm. in %. IV. VI VII. VIII. X XII. XIII. XV. XV. 10,53 2,63 29 25,95 0,908 33 0,46 1,79 0,442 1,70 0,04 0,61 – 0,75 0,28 1,68 + 0,0011 9. I. II. VIII I b 26 C. Ch. Huamalies, M. S. Alte Rinden. c. macrocalyxl, die . C. Palton Mehr- C. lutea zahl C. succirubra C. micrantha (?) 10. VIII I b 33 Jaën pallida Winkleri, Alte Rinden. C. Palton nur C. Pelletiereana /daraus C. lutea | best. 10,55 1,27 38 34,00 2,507 13 1658 4,87 0,8492,50 0,42 0,23 0,32 1,10 0,41 2,47 +0,0004 VIII I b 34 Jaën pallida ver. 1.C.Pelletiereana (Var?) | C. heterophylla C. amygdalifolia 110,04 2,35 40 35,99 1,188 30,75 2,10 0,433 1,200,04 0,14 – 0,46 0,55 1,19 + 0,0015 C. lutea oder C. decurrentifolia die Uebrigen nicht bestimmt. 12. VIII I b 41 Jaën pallida, konnte nur mit eini-li ger Sicherheit nach- gewiesen werden: 11,08 2,35 34 30,24 0,823 01515 1,70 0,307 1,01 0,02 0,31 Spuren: 0,411 0.24 0.98 -0,0064 C. nitida C. lancifolia (Var. ?) d. übrigen unbekannt. 13. VIII I b 18. C. Chinae Loxa aus dem W. W. berech- net 35 31,28 1,123 10,660 1,65 0,462 1121 - 0,03 - 0,86 0,57 1,17 — 0,0005 sehr dünne junge R.10.64 | 2.97 C. glandulifera (?) C. officinalis (Var. ?) C. Chahuarguera (?) 96 97 c. %. %. t Feuchtigkeit in %. Aschengehalt auf getrocknete Rinde berechnet in %. Chinin in | Cinchonidin in % Chinidin in Cinchonin in Chinioidin in ? Summe der fünf Basen in 0% bei 1100 in in in V1 Grm. l in o 6 in olo getr. Grm. XII. In Arbeit Rohalkaloide Beim Neutra- berechnet lisiren der Handelssorte genommenes Differenz aus das bei Rohalkaloide Reinalkaloide Katalognummer Rinden- 110° getrocl abgeschied. und deren quantum | nete Rinde Harze etc. zwischen der der Sammlung. Rubrik Abstammung. VIII u. XIV Grm. in Grm. 14. I. III. IV y. VI. VII. VIII. XIII. XIV. XV. VIII I b 21 C. Ch. ſusc. Loxa laevis, M. S. sehr junge Rinden,wo einzelne so unentwi- ckelt sind, dass sie nicht einmal Bastzel- $10,04 3,17 27 23,98 0,97 46,45 1,890,519 2,16 0,65 0,60 0,22 0,43 0,25 len enthalten, schei- 2,15 + 0,0019 nen einer C. heterophylla (?) u. C. succirubra (?) anzugehören. VIII I b 15 C. Ch. Loxa .ver. Goebel, M. S. stark mit Usneen und Parmeliceen bedeckte Rindenröhren. C. heterophylla (11 29| 226 | 25 123,08 0,567 1,679) 0,35 | 0,487 2,19 0,26 1,26 0,17 Spuren | 0,51 | 2,20 + 0,0022 C. obtusifolia C. officinalis (Var. ?) C. Palton C. nitida (?). 16. VIII I b 14 C. Ch. Loxa via Valparaiso M. S. 1845 – der Mehrzahl aus jungen Rinden. C. lutea oder C. decur-? :|$10,02 3,14 45 40041 1,251 35 164 1,900,487 1,21 0,23 0,22 0,15 0,37 0,24 1,21 + 0,0075 7 rentif. C. officinalis (Var. ?) C. heterophylla. VIII I b 42 Ch. Muraloris Piloya, M. S. derbe Rindenstücke nur aus:... 10,02 2,97 40 36,00 1,417 418 4,010,692 1,92 0,13 0,51 0,16' 0.92 0.20 1.92] + 0,0061 C. macrocalyx (4 St.) C. lutea (2 Stück) C. Pelletiereana (1 St.) VIII I h 44 Ohne nähere Benennung, zerstückelte Fragmen-li te, von denen nur we-111,53 2,87 30 26,55 0,9861 ,630,552 2,08 - | 0,59— | 1.11 0.36 2.061-0.0018 nige brauchb. Schnittel lieferten. 18. 98 99 Handelssorte Katalognummer und deren Feuchtigkeit in %. Aschengehalt auf getrocknete Rinde berechnet in %. In Arbeit Rohalkaloid eim Neutra- berechnet lisiren der genommenes 1 aus das bellohalkaloide Reinalkaloide Rinden- 1100 getrocabgeschied. quantum ) nete Rind Harze etc. 1 bei in Grm. Grm. Chinin in %. | Cinchonidin in %. Chinidin in % Chinidin in %. Cinchonin in %. Chinioidin in %. Summe der fünf Basen in %. Differenz + zwischen der Rubrik VIII u. XIV in Grm. der Sammlung. in hool in %. getr. IV. VIT. XI. XII. XIII. XIV. XV. 0,96 0,30 2,13 --- 0,0018 0,30 0,05 1,12 +0,0020 II. VIII. C. lutea C. cordifolia C. microphylla C. Pelletiereana JJ11,53 2,08 32 28,32 1,285 43,67 2,39 0,608 2,14 - 0.87 (Mehrzahl) 1 – C. Chahuarguera (?) Könnte zur Ja ën! pallida gezählt werden. 19. VIII I — ? Unbenannt, 5158 J. Su- Fragmente – die mit| C. lutea ckau. č. macrocalyx ver- |11,23 2,58 40 35,51 0,794 295 1,110,399 1.12 perlenz 017 - wandt sind C.heterophylla(Mhrz.) ebenfalls eine Jaën- Sorte. 20. VIII I b 29 Unbenannt, grosse entwickelte Exemplare. C. amygdalifolia C. purpurea (Var. ?) C. villosa = (C. Hum- bolota) 11,41 2,18 38 33,67 1,8070 2,32 1,035 3,07 0,52 0,30 - C. lutea C. Palton (kleines St.) die Uebrigen schwie- rig zu bestimmen – kann als Cort. Chinae 1,31 0,85 2,98 -0,0224 Huamalies gelten. 22. VIII I b 32 C. Ch. Canellala M. S. von 1863. 110.53 - | 29 25,95 1,338 114 1,36 0,983 3,78 0,56 1,68 – C. Calisaya C. scrobiculata C. glandulifera (?) 23. VIII II 38 Ch. Piton, ? besteht aus ächten - 32 28.32 | 1,337 T9 2,310,681 2,41 – 0,03 0,32 Cinchonenrinden videli pag. 88. 0,86 0,70 3,80 + 0,0057 aus W. W. 1,68% 0,34 2,37 ) - 0,0020 . h . Benutzte Litteratur in Abkürzungen. I. Berg. = Berg 0. die Chinarinden der pharmacog- nostischen Sammlung zu Berlin 1865. II. Flückiger. T. A. Flückiger die Chinarinden 1883. III. How. Uebers. = Die Uebersetzung des Howard Elliot, Illu- stration of the nueva Quinologia of Pavon 1862 in der Zeitsch. des allgem. Apotheker- Vereins 1877. IV. How. N. Q. - Das in III erwähnte Originalwerk. V. Jhrb. = Jahresbericht d. Pharmacie. VI. Karsten. = Karsten H. Die medicinischen Chinarinden Neu-Granadas 1867. VII. Kuntze. = Kuntze Dr. O. Cinchonen, Arten, Hybriden etc. 1878. VIII. Martiny. = Martiny Dr. Ed. Encyclopädie der medici- nisch pharmaceutischen Waarenkunde 1843. IX. Wedd. Uebers. = Die Uebersetzung Weddels Histoire natu- relles des Quinquinas 1849. X. Weddell. = Das in IX erwähnte Originalwerk. XI. Vogl. = Vogl Dr. A. Die Chinarinden des Wienerį Grosshandels 1867. win-nuur —- — 1- ' Le- Thesen. I. Illustrationen von Chinarinden sollten nur nach Verfahren, welche jede subjective Auffassung aus- schliessen, hergestellt und den Beschreibungen derselben stets Alter und Entwickelungsstadium beigefügt werden. II. In den oxydulischen Eisenverbindungen müsste das Eisen gleich den oxydischen als 2 atomig berechnet werden. · III. Das Silberreductionsverfahren mittelst Trauben- zucker ist für grössere Quantitäten unpraktisch. IV. Spindeln, Senkthermometer, überhaupt physikali- sche Instrumente, die eine ähnliche Verwendung erfahren, sollten auf eine Temp. von 00 normirt sein. ! V. Die Leichenverbrennung ist als gemeingefährlich zu betrachten und entspricht weder in ökonomi- scher noch hygienischer Beziehung dem Ideale einer Leichenbestattung. VI. Bei Verwesungs - resp. Gährungserscheinungen, eingeleitet durch Mikroorganismen, ist eine Abio- - genesis der Letzteren nicht denkbar und deren Entwickelung auf Panspermie zurückzuführen. - wenn . Sex Beiträge : zur Zur : Kenntniss von dem Verhalten des putriden Giftes in faulendem Blute. . Vou SUS Carl Petersenn. - - - . A v rne. Dorpat. Druck von C. Mattiesen. 1869. ---- --- 11 Zur Beiträge zur Kenntniss von dem Verhalten des putriden Giftes in faulendem Blute. .. : . 1. ---- --------- --- WWW Ynangural - Dissertation zur Erlaugung des Grades eines Doctors der Medicin . Verfasst und YYY TITYI . JI JUUL mit Bewilligung einer Hochverordneten Medicinischen Fakultät der Kaiserlichen Universität Dorpat TYT OY zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt 47 Von Cari Petersenn. Ordentliche Opponenten: Prof. Dr. Dragendorff, Doc. Dr. Bergmann, Assistent Ur Frese, S wl. Dorpat. Druck von C. Mattiesels 1869. Gedruckt aur Verfügung der medicinischen Facultät. Dorpat, den 21. August 1869. M 134. TTTT zum Zweck nachstehender Arbeit ausgeführten Experimente sind zu einer Zeit angestellt worden, als über das von Panum gemuthmasste specifische putride Gift von Dr. Ernst Bergmann in Dorpat eine Reihe von Versuchen gemacht worden war, deren Resultate in einer besonderen Abhandlung (das putride Gift und die putride Intoxication von Dr. E. Bergmann. Erste Ab- theilung, erste Lieferung, Dorpat 1868) niedergelegt sind. Ihm war gelungen nachzuweisen: 1) dass das putride Gift kein Proteinkörper, 2) dass es nicht flüchtig, aber diffusibel, 3) dass es aus albuminfreien Flüssigkeiten in alco- holische Lösung übergeht. Diese Eigenschaften des putriden Giftes waren, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch vorzugsweise an einem Material ---- faulender Bierhefe -- gefunden worden. Ich stellte es mir zur Aufgabe eine andere faulende Masse (faulendes Blut) in Rücksicht auf die eben er- wähnten Eigenschaften des hypothetischen Giftes zu prüfen. Der Gang meiner Arbeit war also selbstver- ständlich auf eine analoge Behandlung des faulenden Blutes gerichtet, als die, welche die faulende Hefe er- fahren. Zu dem Ende sind die Experimente der ersten Versuchsreihe ausgeführt worden. IIU 1712 11 n ! M LL LU 3 Tel. UUIIII ILUUUTTU INI Mittlerweile ist die Frage nach dem putriden Gifte in ein neues Stadium getreten. Gleich nach dem Ab- schluss meiner Versuche gelang es Bergmann und Schmiedeberg (cf. Medicin. Centralblatt 1868 S. 497) durch Fällen des Diffusates gefaulter Bierhefe mit Subli- mat aus dem Niederschlage einen alcaloidischen Körper in Krystallform zu erhalten und in diesem den Träger des wirksamen Princips zu erkennen. Noch spätere. Untersuchungen, die zum Theil in der Dissertation von A. Schmidt (Untersuchungen über das Sepsin, 1869) veröffentlicht sind, haben die vorläu- fige Mittheilung Bergmann's und Schmiedeberg's bestätigt und weiter gezeigt, dass nicht blos ein Alcaloid, son- dern mehr als eins durch Sublimat aus der beregten Flüssigkeit ausgefällt wurde. Gegenwärtig also handelt es sich in Angelegenhei- ten des Sepsin um andere Fragen, als ich sie mir bei Beginn meiner Experimente vorlegen konnte, indessen hoffe ich auch jetzt noch meinen Versuchen einiges In- teresse sichern zu können. Es geht aus Mittheilungen in A. Schmidt's Disser- tation hervor, dass die toxische Wirkung des Hefediffusa- tes nicht zu allen Zeiten die nämliche ist, sonderi, wenn auch qualitativ nicht wesentliche, so doch quanti- tativ sehr bedeutende Unterschiede zeigt. Solche Unter- schiede sind ebenso bei faulendem Blut als bei faulen- der Hefe zu beobachten. Während man einmal ein 17 1 Weni I WIL SU durch dieselbe Behandlung desselben Fäulnissproductes ein wenig oder gar nicht wirksames Diffusat geliefert. mo . MU Es schien daher der Mühe werth zu prüfen, ob nicht gewisse Veränderungen z. B. Zusätze, die man zu den der Diffusion auszusetzenden Flüssigkeiten machte, den Wirkungsgrad der Diffusate alterirten. Der Gedanke, dass eine reichlichere Anwesenheit von crystalloiden Körpern in den faulenden Flüssigkeiten den Uebertritt des putriden Giftes ins Diffusat erleichtere, hatte zur Wahl der Hefe als Object zur Darstellung des Sepsin geführt. Möglich, dass ein Zusatz von anorganischen Salzen auch aus dem Blute mehr des wirksamen Prin- cips in das Diffusat hinüberreissen würde. Die Anwesenheit besonders von phosphorsauren Salzen scheint ferner nicht ganz gleichgültig für eine reichlichere Bildung des putriden Giftes. Wenigstens entwickelte sich aus che- misch reinem Fibrin nach den von Schmitz (Zur Lehre vom putriden Gift Inaugural-Dissertation von Arnold Schmitz. Dorpat 1867 pag. 51–56) beschriebenen Un- tersuchungen viel weniger Gift, als bei Fäulniss von Blut, obgleich der Fibrinansatz ein viel concentrirteres Gemenge darstellte, als das der Fäulniss überlassene Blut. Ich habe dem faulenden Blute, das ich diffundi- ren liess, sowohl Phosphorsäure bis zur stark sauren Reaction, als auch Aetznatronlösung bis zur stark alka- lischen zugesetzt. Mir hat sich kein besonderer Unter- schied ergeben zwischen der Wirkung dieser Diffusate und denjenigen, welche aus Blut stammten, das ausser dem Verdünnungswasser keinen weitern Zusatz erfah- UIT ren hatte. Mehrfach habe ich nicht blos das erste in 24 Dilinden oder längerer Zeit gewonnene Diffusat geprüft, O T 1 e sondern auch das zweite, dritte und vierte. Es ergab sich, dass sie alle wirksame Substanz enthielten, dass aber eine Abschwächung im Wirkungsgrade der Art eintrat, dass das erste Diffusat die concentrirteste, die folgenden immer diluirtere Lösungen des Giftes darstell- ten. Alles Gift war selbst durch viermaliges Diffundiren- lassen nicht aus dem der Diffusion ausgesetzten Blute zu entfernen, denn der Rückstand wirkte noch allemal toxisch. Fischer (Medicin. Centralblatt 1868 S. 661), dem es bei den Diffusionsversuchen mit faulendem Eiter ähnlich ergangen ist, schliesst hieraus auf eine Mehrheit von Giften in seiner Versuchsflüssigkeit. Dieser Schluss dürfte kaum haltbar sein, weil bei Diffusionsversuchen mit schwer diffundirenden organischen Substanzen ein noch weit häufigeres Wechseln des Wassers nicht alle diffusible Materie herausbringt. Im Gegentheil die Thatsache, dass eine Abschwächung im Wirkungsgrade des Rückstandes im Dialysator entschieden jedesmal vorliegt, wie ich solches ausnahmslos erfahren, spricht gegen Fischer's Annahme, ganz abgesehen davon, dass die verschiedenen Gifte Fischer's alle ganz gleich wirken mussten, da ja die qualitative Wirkung von den Diffu- saten und dem Rückstande die gleiche ist. Weiter ist neuerdings von Fischer (L. C. S. 662) gegen Schmiedeberg und Bergmann eingewendet worden, dass das Diffusat aus faulendem Eiter sich anders ver- halte, als das aus faulender Bierhefe. Es ist hiedurch der Verdacht nahe gelegt, als ob das Sepsin mit dem in faulenden thierischen Substanzen enthaltenen Gifte nichts zu thun habe, sondern vielleicht blos ein specifi- UV a sches Erzeugniss der faulenden Bierhefe wäre, deren Reichthum an crystalloiden Substanzen schon früher von Reinsch hervorgehoben worden ist. Die Identität des wirksamen Princips in allen bis jetzt zur Prüfung am thierischen Organismus gekommenen faulenden Flüs- sigkeiten ist deshalb behauptet worden, weil alle diese Flüssigkeiten genau unter demselben Erscheinungs- complex im Leben und post mortem ihre Wirkungen entfalten. Wenn ich nun in meinen Experimenten bei Prüfung der Blutdiffusate genau dieselben Wirkungen fand, wie sie faulenden Heuinfusen, Macerationswasser etc. zukommen, so bin ich wohl berechtigt die Anwe- senheit des Sepsin auch im Blutdiffusat zu behaupten. Ferner ist von mir noch Weiteres zur Erhärtung der Identität des Sepsin in der Hefe und des in dem Blute geschehen. Die Blutdiffusate sind von mir in der- selben Weise verarbeitet worden, wie von Bergmann und Dragendorff die Hefediffusate. Dabei hat sich heraus- gestellt, dass diese Diffusate in ihrer qualitativen Wir- kung sich einander gleich verhalten. Man ist also be- rechtigt nach der verbesserten Methode von Bergmann und Schmiedeberg auch aus den Diffusaten faulenden Blutes die Gewinnung des Sepsin zu erwarten. Wenn diese Reindarstellung Schmidt (pag. 47) noch nicht ge- lungen ist, so kann das an Zufälligkeiten gelegen haben. Sehr wahrscheinlich sind die in den Blutdiffusaten reich- lich vertretenen Eiweisskörper Ursache dieses Misserfolgs gewesen. Darauf weist Schmidt selbst hin, indem er gesteht, dass er das putride Gift von anhaftenden Peptonen nicht habe trennen können und darin den NINA DIG no TO TULI UT cie.. y w . = = IL ,-- TIL 1T 7.5= - Grund für die ausgebliebene Krystallisation sucht. Mir ist es einmal gelungen (S. 41 Exp. 17.) aus faulendem Blute ein von coagulablen Eiweisskörpern völlig freies und doch deutlich wirksames Diffusat herzustellen. Lei- der war meine Arbeit längst abgeschlossen und verhin- derten mich äussere Umstände den durch Bergmann's und Schmiedeberg's, sowie Schmidt's Arbeiten geebneten Weg bis zur Erreichung des Ziels - Reindarstellung des Sepsin aus faulendem Blute - zu verfolgen. Ich habe im Voranstehenden den von uns ge. lieferten Beweis der Identität von Giftstoffen im fau- Jenden Blute und faulender Hefe deshalb ausführlich verfolgt, weil in einer vorläufigen Mittheilung von Zuelzer und Sonnenschein (Berliner klinische Wochen- schrift) diese Herren sich das Verdienst anmassen, nicht blos aus einem andern Fäulniss-Material, als dem von Dragendorff in Vorschlag gebrachten, ein Alkaloid dargestellt, sondern überhaupt zuerst in putriden Mas- sen ein giftiges Alkaloid aufgefunden zu haben. Selbst für den, der nicht Chemiker von Fach, bedarf es kei- ner elementaren Auseinandersetzungen, um zu verste- hen, dass Bergmann's und Schmiedeberg's Sepsin ein Alkaloid ist. Ob es das einzige Alkaloid in faulenden Substanzen ist, das ist eine andere Frage, für deren Beantwortung ein genügendes Material noch nicht ge- wonnen ist. Einen bescheidenen Beitrag zu demselben liefert vielleicht meine letzte Versuchsreihe. Schon oben habe ich quantitativer Verschieden- heiten des Diffusats gedacht. Es lässt sich unschwer beweisen, wie ja auch A. Schmidt solches gethan, dass UUUU - - - - - - - - ww w .S. UUU ----- VI ein Diffusat, welches einige Tage sich selbst überlassen bleibt, an Wirkungsintensität zunimmt. Dieser Zuwachs an Wirksamkeit geht aber bald wieder verloren, ja nach einiger Zeit ist nicht nur er, sondern überhaupt jede Spur von Wirkung verschwunden. Die hierüber mit dem Blutdiffusat angestellten Versuche sind in meiner vierten Versuchsreihe niedergelegt. Es folgt aus den- selben noch ein bemerkenswerther Umstand. Nicht bloss findet in dem sich selbst überlassenen Diffusate aus fau- lendem Blute zuerst ein Steigen, dann Fallen und end- lich Schwinden der giftigen Wirkung statt, sondern an- fangs treten andere Seiten der Wirkung mehr in den Vordergrund, als später. In der ersten Woche wirkt das Diffusat vorherrschend auf den Darmkanal. Die Thiere sind bei der Injection unruhig, nach derselben matt, aber geriren sich im Uebrigen wie gesunde. Nach einiger Zeit oder schon sehr bald folgt Erbrechen und Durchfall, Erscheinungen, die sich bis zum Tode stei- gern. Zu Ende der zweiten Woche schien die Wir- kung der Diffusate anders. Das Thier war schwer be- täubt, nach der Operation lag es wie todt da. Aus die- ser Narkose erwachte es nach einiger Zeit unter wie- derholten Erbrechen und erholte sich in der Folge voll- ständig. Bei einem Versuch in der vierten Woche war diese Betäubung ebenso vollständig, schwand jedoch, ohne dass es zum Erbrechen gekommen. In der ach- ten Woche endlich verhielt sich das Diffusat durchaus unwirksam, als ob bloss Wasser in die Vene gespritzt wäre. Dr. Bergmann, meinem hochgeschätzten Freunde, sowie dem Herrn Prof. Dr. Dragendorff statte ich hier Uw 10 . AQT UUIDO meinen besten Dank für die werkthätige Theilnahme und Unterstützung ab, die sie dem in chemischen Ar- beiten ungeübten Anfänger mit erheblichen Opfern an Zeit und Mühe jederzeit zu Theil haben werden lassen. -.- . --- - w.wawaniwmanom - - - - - - - - . .. - - - - Der Uebersicht halber sind die Experimente in vier Abtheilungen gebracht worden. Die erste Versuchsreihe wird 1) die Behandlung des faulenden Bluts direct und = = = rate zum Vorwurf haben, 2) sich mit Untersuchung der aus dem verdünnten gefaulten Blute nur durch Diffu- sion gewonnenen und weiter verarbeiteten Flüssigkeiten beschäftigen. Die zweite Versuchsreihe begreift die Experimente L . -- - - - -- ---- = = - = -= - : - - - - - - .- - .- _ .-.- .- . . - Hen V = = = - - - aus mit Phosphorsäure stark angesäuertem Blute genom- men waren. Die dritte Versuchsreihe wird gebildet durch die Experimente mit Diffusaten und deren Präparaten, die gewonnen wurden aus Blut, welches durch Zusatz von Aetznatronlösung stark alkalisch gemacht worden war. Die vierte Versuchsreihe umfasst, wie schon er- wähnt, die angedeuteten Veränderungen des sich selbst überlassenen Diffusats von faulendem Blute. Diese Anordnung des Stoffes, die lediglich aus Gründen der leichteren Uebersicht getroffen worden ist, hat natürlich manches Missliche. Nicht immer konnte der continuirliche Gang der Untersuchung ge- - - . .' --.. . .- - . - . " 11 wahrt werden, es mussten zuweilen zusammengehö- rende Experimente an verschiedenen Orten behandelt, manches Fremde neben einander gestellt werden. Es wurde bei den Experimenten darauf Rücksicht genom- men, die wahrscheinliche Wirkungsintensität der be- nutzten Flüssigkeiten mit der Grösse der als Versuchs- thiere benutzten Hunde in Einklang zu bringen. Die Hunde wurden daher immer, wenn irgend thunlich war, vor dem Experiment gewogen. Mir kam es we- niger darauf an, viele Sectionen zu haben, deren sehr constante Resultate schon aus den früheren Arbeiten zur Genüge bekannt sind, als das schwer zu beschaf- fende Material an Thieren möglichst zu schonen. Ich begnügte mich daher schon mit einer mässigen Wir- kung des Giftes (von der sich die Thiere wieder er- holten, weil ich dieselben eben nur als Reagentien auf das Vorhandensein des giftigen Stoffes benutzte. Hier- bei war die verschiedene Empfänglichkeit der Hunde gegen das Gift oft sehr störend. Manche erlagen fast augenblicklich den mässigsten Dosen, während andere geradezu eine Immunität gegen das Gift zu haben schienen. Wegen des Mangels an Hunden, der mich zu- weilen zu sehr unerwünschten Pausen in der Arbeit nöthigte, haben die meisten Hunde mehreren Experi- menten dienen müssen, doch wurden sie natürlich im- mer erst zu einem neuen Versuch verwandt, wenn sie sich von dem letzten ganz erholt hatten. Es gelang dieses um so eher, als die relativ reinen Lösungen des putriden Giftes zwar augenblicklich schwerere Störun- gen, als das genuine faulende Blut selbst, hervorbrin- LU 12 gen, jedoch wenn das Thier nicht sehr bald erliegt, es meist in einigen Tagen wieder gesunden lassen, wäh- rend Injection von genuinem faulenden Blut zwar nicht so rasch, doch um so sicherer in vier bis sechs Ta- gen, und noch später tödtet. Die Art der Application des Giftes war dieselbe, deren sich schon meine Vorgänger bedienten - die Injection in die Venen. Da ich meist mit kleinen Hun- den experimentirte, wählte ich, statt wie Bergmann die Saphena: die Jugularis externa, oder die Cepha- lica. Die Hunde vertragen die Operation durchgängig gut. Temperaturmessungen, wie sie Schmitz durchweg anstellte, habe ich nicht gemacht, da zur Feststellung dessen, ob in der benutzten Flüssigkeit putrides Gift enthalten sei, die krankhaften Symptome, als Krämpfe, Durchfall, Erbrechen etc, genügten und andererseits fest- steht, dass auch die Injection sehr vieler anderer Stoffe, die mit dem Fäulnissgiſt nichts zu thun haben, constant Temperatursteigerung bewirkt, ja schon die blosse Auf- regung des Thieres beim Fesseln, der Schmerz der Ope- ration etc. diese Wirkung haben kann. Experimenteller Theil. Erste Versuchsreihe. a) Versuche mit faulendem Blut und aus dem- selben ohne Diffusion hergestellten Präparaten. TNI ay Eine grössere Quantität, 4–5 Eimer Rinderblut, war während der Monate November, December und Januar in einer leicht bedeckten Tonne einer Tempera- tur von 300 Cels. ausgesetzt worden. Das Blut war in eine schwarze theerartige Masse von stark alkalischer Reaction und penetrantem Fäulnissgeruche verwandelt worden. Experiment 1. 10. Februar 10 Uhr Morgens. Um zunächst die Wirkung des gefaulten Blutes an sich zu prüfen, ward eine Quantität desselben filtrirt und hiervon 8 Cc. init 60 Cc, destillirten Wasser's und 2 Cc. einer Aetznatronlösung von 30% vermischt. Diese 70 Cc. wurden einem mittelgrossen Hunde in die rechte Saphenvene injectirt. Gleich nach der Injection traten Brechbewegungen ein und das Thier erschien im höch- sten Grade matt und benommen. Nach einer Stunde erfolgte reichliches Erbrechen und mehrere durchfällige Ausleerungen. Darauf lag das Thier betäubt auf der Seite und verschied 5 Stunden nach der Operation, D 14 ner W Folgendes: der Verwesungsgeruch war schon sehr merk- bar, die Duodenalschleimhaut war vom Pylorus ab blu- tig injicirt und mit spärlichem chocoladefarbenem Schleim bedeckt. Denselben Befund zeigte die Schleimhaut des ganzen Jejunum und, wenn auch schwächer, das Ileum. Der Magen, sowie der Diçk- und Mastdarm waren in- tact. In der linken Herzkammer waren auf den Tra- bekeln einige – bis 4 – subendocardiale Blutaustre- tungen von Stecknadelkopf- bis Erbsengrösse bemerkbar. Die Milz, die Nieren, Lungen zeigten nichts Abnormes. Nachdem durch diesen Versuch die Wirksamkeit des Blutes constatirt war, wurde dasselbe behufs der Isolirung des Giftes folgendermassen verarbeitet: 830 Cc. gefaulten Blutes wurde mit 200 grmm. Bleioxyd gemengt und im Wasserbade 24 Stunden erwärmt, bis sie fast ausgetrocknet waren. Der Rückstand ward in einer Flasche mit 500 Cc. Alcohol von 85% Tr. 48 Stunden hindurch macerirt, dann das Flüssige abfiltrirt und der Filterrückstand mit 150 Cc. Weingeist von der- selben Stärke ausgewaschen. Das Filtrat und die Wasch- flüssigkeit wurden gemengt, mit verdünnter Schwefel- säure versetzt, bis kein Blei mehr gefällt ward, dann filtrirt nnd das Filtrat vom Reste des Bleies durch Ein- leiten von Schwefelwasserstoff befreit. Nachdem das Schwefelblei abfiltrirt worden, ward der Weingeist ab- destillirt, der Rückstand in der Retorte filtrirt, mit Na- tron neutralisirt und in einer Porcellanschale im Was- serbade eingeengt, dann erkaltet und filtrirt, wobei sich viel schwefelsaures Natron und Leucin auf dem Filter 15 abschied und endlich das Filtrat mit destillirtem Wasser auf 100 Cc. gebracht. Ganz denselben Weg hat Berg- mann 1. c. pag. 53 eingeschlagen, nur dass die Neutra- lisation der mit Schwefelsäure versetzten Flüssigkeit un- terlassen ward. Die von ihm erhaltene Flüssigkeit war offenbar wirksam. Anders bei mir. Experiment 2. Hund von 9,030 grmm. Gewicht. 23. März, Morgens 9 Uhr. Injection von 10 Cc. in die linke Jugularvene. Während der Operation sträubte sich das Thier heftig, nach derselben erschien es aber ganz wohl, lief umher und frass ein dargebotenes Stück Fleisch mit Appetit. Nachmittags 5 Uhr: Vollkommenes Wohlbefinden. Die folgenden Tage über bis zum 26. März ist das Thier gesund und kann dann zu weiteren Versuchen benutzt werden. Das unzweifelhaft im Blute vorhandene Gift war also in dem auf die oben beschriebene Weise erhaltenen Präparate nicht vorhanden. Es musste also im Filter- rückstande zurückgehalten worden sein. Bei Bergmann's Versuch pag. 53 war dieses nicht geschehen und es lag nahe, diesen Umstand der Eiweissarmuth der Hefe ge- genüber dem Blute zuzuschreiben. Um jedoch ganz si- cher zu gehen, ward der Blut-Bleirückstand vom vori- gen Versuch nochmals mit 500 Cc. Weingeist 48 Stun- den lang macerirt, dann abgepresst, die Colatur filtrirt und das Filtrat genau wie das vorige weiter behandelt, nur dass diesmal die freie Schwefelsäure mit Ammoniak neutralisirt ward. Das Filtrat ward auf 100 Cc. gebracht. T11 . 1 16 TIT Experiment 3. Hund von Versuch 2. 26. März 10 Uhr Morgens: Injection von 25 Cc. in die rechte Jugularis. Das Thier tobte bei der Ope- ration dermassen, dass sich die verharschte Wunde von Versuch 1 wieder öffnete und ungefähr eine Unze Blut verloren ging. Die Blutung ward durch Kälte gestillt, die Wunde zusammengezogen und das Thier freigelas- sen. Es lief munter umher und deponirte nach 10 Mi- nuten einen geformten Stuhl. Nachmittags 5 Uhr: Etwas ermattet, wahrscheinlich vom Blutverlust, sonst keinerlei Störungen. Am folgenden Tage genesen. Auf die beschriebene Weise liess sich also keine wirksame Flüssigkeit herstellen, woher ein anderer Weg eingeschlagen ward. h 1 VI b) Versuche mit aus dem faulenden Blute durch Diffusion hergestellten Präparaten. V LA Es ward die complicirte Art des Fällens mit Blei- oxyd, Ausziehens mit Alcohol, Entbleiens etc. ganz weg. gelassen und versucht, das Gift auf dialytischem Wege aus dem Blute zu gewinnen -- eine Methode, der man schon a priori den Vorzug zuschreiben konnte, dass sie ein eiweissarmes Product liefern würde. (vgl. Berg- mann pag. 30.) 2000 Cc. eines Gemisches von 200 Cum. Blut mit 1 Volum. destillirtem Wasser wurden mit 3 Litr. destil- lirten Wassers der Diffusion ausgesetzt. Nach 48 Stun- den ward die äussere Flüssigkeit gewechselt und die durch die oben beschriebene Diffusion erhaltene, im Was- 17 * serbade auf 140 Cc. verdunstet, was circa 12 Stunden dauerte, dann erkaltet und filtrirţ. Das Filtrat reagirte deutlich sauer. Experiment 4. Mittelgrosser Viehhund. 13. März 10 Uhr Morgens: Injection von 30 Cc. in eine Saphenvene. Es erfolgte unter gewaltigen Streck- krämpfen in kaum einer Minute der Tod. Bei der sofort angestellten Section erwies sich die Magenschleimhaut intact, dagegen war die Schleimhaut des Duodenums stark blutig injicirt und mit blutigem Schleim bedeckt. Denselben Befund, nur weniger stark, zeigte die Schleimhaut des Colon's; Jejunum, lleum, Coceum und Mastdarm waren frei. Am Herzen war nichts Abnormes bemerkbar. Experiment 5. Hund von 6,200 grmm. 13. März 11 Uhr Vormittags: Da der vorige Ver- such so rasch tödtlich verlief, so wurden diesmal nur 4 Cc. in die Cephalica injicirt. Das Thier lag gleich nach der Operation betäubt da, nach 5 Minuten erfolgte mehrmaliges Erbrechen. Etwas später setzte es einen geformten Stuhl ab. Die hinteren Extremitäten waren deutlich paretisch und das Thier schleifte sie beim Ge- hen mühsam nach. Am 14. März Nachmittags war das Thier genesen, nur noch etwas schwach und ward am folgenden Tage aus der Beobachtung entlassen. Auch durch diesen Versuch, obwohl er der weit geringeren Menge der benutzten Flüssigkeit wegen nicht tödtlich endete, ward das Vorhandensein von putridem Gift in derselben durch die diesem Gifte eigenthüm- lichen Wirkungen klar bewiesen und es scheint der 1. 1 - - - - 18 eingeschlagene Weg geeignet zu weiterer Isolirung der giftigen Substanz zu führen, da der Gehalt an organi- schen Substanzen für die bedeutende Concentration der benutzten Flüssigkeit (das aus 1400 Cc. Blut Diffun- dirte ward auf den zehnten Theil eingedunstet) nicht sehr bedeutend ist *). Es ward nun zur weiteren Verarbeitung der aus dem Diffusat gewonnenen Flüssigkeit geschritten und zwar ward sie in der Hoffnung, bei dem bedeutend ge- ringeren Eiweissgehalt derselben, nicht eben so ungün- stige Resultate, wie in Experiment 2 und 3 zu erzie- len, ganz analog, wie damals das Blut selbst, behan- delt. 100 Cc. der Flüssigkeit wurden mit 10 Grmm. Bleioxyd angerieben, im Wasserbade in etwa zwei Stunden zu der Consistenz eines weichen Extracts ver- dunstet, der Rückstand mit 100 Cc. Weingeist von 850 Tr. vierundzwanzig Stunden lang macerirt; dann ward die Masse filtrirt, aus dem Filter durch Schwefelsäure und nachher durch Schwefelwasserstoff das Blei fortgeschafft, filtrirt, das Filtrat im Wasserbade verdunstet, um den freien Schwefelwasserstoff zu vertreiben, endlich der Rückstand auf 100 Cc. gebracht und filtrirt. Wegen der nur schwach sauren Reaction ward eine Neutrali- sation unterlassen. 11 VU CU * Es hinterliessen: 5 Co. Fliissigkeit nach achttägigem Austrock. nen bei 1000 --1,4003 Gramm, Rückstand mit 0,2198 Granın. Asche, in der Natron, Kali, Maguesia, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Chlor- und Kohlensäure nachweisbar waren. Auf 100 Ce. berechnet macht das 28,006 Grmm. Rückstand und 4,396 Grmm, Aschenbestandtheile, also kommen 23,610 Grmm. anf die organischen und flüchtigen Bestandtheile. 19 -- - Experiment 6. Hund von Exp. 5. 21. März 10 Uhr Morgens. Injection von 25 Cc. in die Jugularis. Gleich nach der Operation erfolgte Starrkrampf und nach circa 10 Secunden der Tod. Sectionsbefund: Die Magenschleimhaut war stark. gerunzelt und blutig injicirt. Derselbe Befund im Duo- denuin und schwächer im übrigen Dünndarm; die Schleim- haut des Dick- und Mastdarms war frei; Herz und Lun- gen gesund. Die Annahme, dass aus einer eiweissärineren Flüs- sigkeit durch die oben beschriebene Behandlung sich ein wirksames Präparat würde herstellen lassen, hatte sich also bewahrheitet. Hierbei möchte ich auf ei- nen Umstand aufmerksam machen, der mir ein Crite- rium dafür zu sein scheint, in welchem Grade es ge- lang die giftige Substanz von andern Beimengungen frei darzustellen. Je mehr nämlich die Isolirung des frag- lichen Giftes vorschreitet, desto rapider scheinen die Vergiftungserscheinungen einzutreten, desto eher gehen sie aber auch bei kleinen Dosen wieder vorüber, so dass nie, wie bei der Injection faulenden Blutes, das Allgemein befinden erst nach Stunden getrübt wird und nach 24 Stunden, oder noch später der Tod eintritt. Der bei der Bereitung der zum letzten Experiment gebrauchten Flüssigkeit gewonnene Bleiniederschlag ward in Wasser suspendirt und um das Blei von den mit ihm gefällten Stoffen wieder zu trennen, mit überschüs- sigem Schwefelwasserstoff mehrere Stunden hindurch behandelt. Dann ward die Flüssigkeit filtrirt, der Schwe- X ? 1 I 17 2* 20 ---- - MM. felwasserstoff durch Erwärmen auf 1000 ausgetrieben und das Filtrat auf 50 Cc. eingedunstet. Experiment 7. Hund von 10,200 Grmm. (von Exp. 19). 29. März 10 Uhr Morgens. Die Injection von 25. Cc. in die Jugularis brachte keinerlei Wirkung her- vor. Das Thier frass unmittelbar nach der Operation und zeigte auch am Nachmittage und im Laufe des fol- genden Tages nichts Krankhaftes. Analog der bei Bergmann pag. 53-56 befolgten Methode wurden 30 Cc. – der Rest der zu Exp. 6 benutzten Flüssigkeit, zur Syrupdicke verdunstet, der Rückstand mit 60 Cc. Aetheralcohol 24 Stunden lang macerirt, dann filtrirt, das Filtrat so weit verdunstet, dass es nicht mehr nach Aether roch und dann mit Wasser auf 20 Cc. gebracht.. Experiment 8. Hund von Exp. 7. 27. März 9 Uhr Morgens. Injection von 14 Cc. (das Uebrige war verschüttet worden) in die Saphena. Scheinbar war keine Wirkung, das Thier ist ganz mun- ter und frisst sogar unmittelbar nach der Operation. Zwei Tage später ist es schon gesund. Die Flüssig. keit hatte, da sich beim Wasserzusatz um das Volum von 20 Cc. zu erreichen, eine körnige, braunschwarze Masse, wahrscheinlich unreines Leucin ausgeschieden hatte, noch einmal filtrirt werden müssen. Wegen der offenbar zu geringen Menge der Flüssigkeit und der Wahrscheinlichkeit, dass bei der letzten Filtration viel Wirksames auf dem Filter zurückgeblieben ist, kann dies Experiment wohl kaum als Beweis gegen Berg- _AMA- _VALAW 21 mann's auf die beschriebene Weise erzielte Erfolge, angenommen werden. Bei den bisher angeführten Versuchen war auf die sich bei der Fäulniss entwickelnden flüchtigen Substan- zen (Fettsäuren etc.) keine Rücksicht genommen wor- den - sie waren bei den Flüssigkeiten verblieben. Um nun über den Antheil, den diese Rohstoffe an den giftigen Wirkungen der benutzten Flüssigkeiten haben konnten, ins Klare zu kommen, wurden die fol- genden drei Versuche angestellt. 13 Co. der sehr übelriechenden) Flüssigkeit von Exp. 4 -- des ersten Diffusates, wurden mit einem glei- on OT w dünnter Schwefelsäure versetzt, dann mit 26 Cc. Schwe- feläther übergossen und anhaltend geschüttelt. Nach- dem darauf die Aetherschicht abgehoben worden, ward die Behandlung mit einer zweiten Quantität Aether in gleicher Weise wiederholt und schliesslich die wässrige Flüssigkeit 24 Stunden lang in einer Porcellanschale der Luft ausgesetzt. Sie roch nach dieser Zeit nicht mehr nach Aether. Wenn Bergmann behauptet p. 48, dass es bei seinen Flüssigkeiten fast unmöglich gewesen sei, den Alcohol und Aether ganz wegzuschaffen, so kann ich das von dieser Flüssigkeit nicht sagen, mir ist die Beseitigung vollständig gelungen. Ferner hatte die Flüssigkeit auch ihren Geruch nach Fettsäuren fast ganz verloren. Experiment 9. Hund von 2,925 Grmm. 17. März 10 Uhr Morgens. Injection von 5. Cc. in die Jugularis erzeugte schwache Zuckungen, doch LIN 22 deutliche Betäubung. Einige Minuten nach der Injection 6 Uhr Nachmittags: Vollkommenes Wohlbefinden. Am 21. März wird derselbe Hund zu einem zweiten Versuch mit derselben Flüssigkeit verwandt, da das erste Mal die Quantität derselben zu klein gewesen war. Experiment 10. 21. März 10 Uhr Morgens: Injection von 10 Cc. in die andere Jugularvene. Kräinpfe, zweimaliger Durch- fall einige Minuten nach der Operation. Nach einiger Zeit erhob sich das Thier etwas und kann umhergehen. 7 Uhr Abends hat es bereits gefressen. 22-24. März vollkommen genesen. Die charakteristische Wirkung des putriden Giftes. ist also durch Entfernung der Fettsäuren nicht abge- schwächt oder modificirt worden, wie auch Schmitz Exp. 70 pag. 56 übereinstimmend angiebt und es erü- brigt nur noch der Controlversuch mit den vom Aether aufgenommenen Fettsäuren selbst. Zu dem Behuf wa- ren die beiden Aetherauszüge gemischt und in einer Porzellanschale der freiwilligen Verdunstung überlassen worden. Der Rückstand ward mit Hülfe von circa fünf Tropfen verdünnter Natronlange gelöst, die Lösung mit Was- ser verdünnt, durch Schwefelsäure wieder schwach salier gemacht und die so gewonnenen, nicht mehr nach Aether riechenden 10 Cc. Flüssigkeit einem Hunde beigebracht. Experiment 11. Hund von 4,425 Grmm. 17. März 104 Uhr Vormittags. Injection in die Jui- gularis. Unbedeutendes Muskelzittern, keine deutlichen Krämpfe, das Thier etwas matt. 1:1 23 7 Uhr Abends: Das Thier hat gefressen und ge- formten Stuhl deponirt. Es bleibt gesund. Ohne die Erfahrungen von Panum, Billroth und I / TUTUL in IUIU CON IL UUU TY UI11 9 u. 10) in Zweifel ziehen zu wollen, muss ich nach den Ergebnissen des angeführten Experimentes behaup- ten, dass den erwähnten Fettsäuren, wenigstens in den geringen Quantitäten, in welchen sie in den benutzten Flüssigkeiten vorhanden sind, schlechterdings gar kein nennenswerther Einfluss auf die Wirkung dieser Flüssig- keiten zugeschrieben werden darf. Um nun zu immer eiweissärmeren Flüssigkeiten zu gelangen, wurden die weiteren Diffusate der zu Exp. 4 der Diffusion ausgesetzten 1430 Cc. Plut in Angriff genommen. Zweites Diffusat. Das zweite Diffusat, durch 3000 Cc. äussere Flüs- sigkeit gewonnen, wurde wie das erste behandelt und auf 140 Cc. verdunstet. Das Gemenge im Dialysator ward abermals mit neuen 3000 Cc. äusserer Flüssigkeit der Diffusion ausgesetzt. Experiment 12. Hund von 7,520 Grmm. . 14. März 4 Uhr Nachmittags: Injection von 4 Cc. in die Cephalica. Es zeigten sich keinerlei krankhafte Erscheinungen. 15--17 März: Das Thier erscheint vollkommen gesund. Experiment 13. Hund vom vorigen Exp. 17. März 11 Uhr Vormittags : Injection von 8 Cc. in die Jugularis. Das Thier schien nach der Operation TY LU LIITUU 24 TITY . etwas ermattet zu sein, doch waren die Erscheinungen sehr undeutlich. 18-20 März: Vollkommen genesen. : Das zweite Diffusat zeigte schon eine deutliche Ab- schwächung der Wirkung gegen das erste, denn von diesem wirkten schon 4 Cc. deutlich vergiftend (Exp. 6), während jenes selbst bei der doppelten Dosis des Ver- suches 13 vollkommen wirkungslos blieb. In der Hoffnung, dass nur die zu geringe Quanti- tät der injicirten Flüssigkeit die anscheinende Wirkungs- losigkeit derselben verschuldet habe, ward zu weiterer Verarbeitung des zweiten Diffusates geschritten. 100 Cc. davon wurden mit überschüssigem basi- schem Bleiacetat versetzt, das Präcipitat nach Verlauf von 24 Stunden abfiltrirt, das Filtrat durch Schwefel- säure und dann durch Schwefelwasserstoff entbleiet, dann ward wieder filtrirt, das erhaltene Filtrat bis zum Abdunsten des überschüssigen Schwefelwasserstoffs er- wärmt und mit Ammoniak neutralisirt, auf 20 Cc. ver- dunstet, erkaltet und mit Alcohol von 85% Tr. gemischt. Nach 24stündiger Maceration ward das Ammonium- sulfat abfiltrirt, das Filtrat verdunstet und endlich mit Wasser auf 50 Cc. gebracht. • Experiment 14. Hund von 6,000 Grmm. 27. März 9 Uhr Morgenz: Injection von 25 Cc. in die Jugularis. In zehn Minuten verschied das Thier unter Starrkrämpfen. Die Section erwies die Schleimhaut des Duodenum stark, die des übrigen Dünndarms schwächer in bekann- 25 ter Weise afficirt. Magen, Dick- und Mastdarm frei, an Lungen und Herz nichts Abnormes. Experiment 15. Hund von 9000 Grmm.. 26. März 10 Uhr Morgens: Injection von 10 Cc. in die Jugularis. Mehrmaliges Brechen, keine Krämpfe. Bald nach der Operation ein geformter Stuhl. Das Thier erholt sich rasch und befindet sich dem Anschein nach ganz wohl. 27. März: Wohlbefinden. Das Thier entzog sich weiterer Beobachtung durch die Flucht. Vermittelst 10 Cc. der eben beschriebenen Flüssig- keit wurden ungefähr dieselben Wirkungen hervorge- bracht, welche 4 Cc. des ersten Diffusates in Exp. 5 zukamen. 10 Cc. des verarbeiteten zweiten Diffusates entsprechen nun der doppelten Quantität des ursprüngli- chen und so kann behauptet werden, dass das zweite Diffusat auf die gleiche Quantität Flüssigkeit nur an- nähernd des putriden Giftes von Diffusat eins enthält. Drittes Diffus at. Dasselbe ward wie das vorige, nach 48-stündiger Diffusion auf 140 Cc. gebracht. Experiment 16. Hund von Exp. 11. 21. März 10 Uhr Morgens. Injection von 25 Cc. bringt sofort klonische und tonische Krämpfe abwechselnd hervor. Mehrmaliges Erbrechen. Das Thier liegt matt da. Nach 10 Minuten erneuern sich die Starrkrämpfe, lassen zwar nach einigen Minuten wieder nach, kehren aber bei der leisesten Berührung, ganz ähnlich wie bei Strychninvergiftung, wieder. Nach vierstündlicher Dauer 26 hören sie endlich ganz auf und das Thier liegt matt und schwer athmend auf der Seite. 7 Uhr Abends: Mattigkeit sehr gross, mehrere Durch- fälle sind erfolgt, jedoch hat das Thier schon gefressen. 22. März, Morgens: Der Hund ist noch matt und traurig, verkriecht sich. Die Durchfälle und das Er- brechen sind indess ausgeblieben und es hat sich Appe- tit eingestellt. Am 23. ist das Thier gesund und kann am 24. aus der Beobachtung entlassen werden. Dies Diffusat zeigt, mit dem zweiten verglichen, gewiss keine Abschwächung der giftigen Eigenschaften, denn 25 Cc. erzeugen bedeutend stärkere Wirkungen, als die 10 Cc. von Exp. 15, welche 20 Cc. des zwei- ten Diffusates entsprechen. LL Viertes Diffusat. 1 11 Ganz wie die vorigen gewonnen, nur diffundirte es durch ein Versehen statt 48 Stunden, 72. Es war ebenfalls auf 140 Cc. gebracht. Dies Diffusat war gänzlich eiweissfrei. Experiment 17. Hund von 6,200 Grmm. 23. März 9 Uhr Morgens. Injection von 25 Cc. bringt sofort deutliche Lähmungs- und Betäubungserschei- nungen hervor, auch bricht das Thier mehrere Male. Durchfälle nicht vorhanden. Nach einer halben Stunde kann der Hund umhergehen. Am Nachmittag augenscheinliche Besserung. Vom 24--29 genas das Thier ganz und konnte weiter vera wandt werden. m7 1 WIC 27 Dies vierte Diffusat ist besonders wichtig, denn es zeigt alle charakteristischen Wirkungen des putriden Giftes, wie die vorigen Diffusate und ist das erste, bei dem die gänzliche Fortschaffung des Eiweisses gelang. Hiedurch ist also die Unabhängigkeit unseres Giftes vom Eiweiss bewiesen Eine mit diesem Diffusate angestellte Aschenanalyse ergab auf 100 Cc. desselben 0,872 grmm. Aschenbe- standtheile und zwar waren in dieser Asche nachweissbar: 0,0096 Grmm. Kalk. 0,0038 Magnesia. 0,1398 , Kali. 0,1900 Natron, 0,0238 Phosphorsäure. 115 Cc. des dritten und 60 Сe. des vierten Diffu- sates wurden gemischt und ganz wie die zu Exper. 14 verwandten 100 Cc. des zweiten Diffusates verarbeitet. Die erhaltene Quantität betrny 50 Cc. Experiment 18. Hündin von 4,800 (trmm. 8. April 10 Uhr Morgens. Injection von 25 Cc. in die Jugularis. Das Thier bekam sofort heftige Kräm- pfe und als diese nach einigen Minuten geschwunden waren, lag es matt auf der Seite. Nach 10 Minuten erfolgte Erbrechen und starkes Muskelzittern. Nach ei- ner halben Stunde erholte das Thier sich etwas, rich- tete sich auf und verkroch sich.. 9. April 11 Uhr Morgens. Der Hund schläft fort- während, hat nichts gefressen. 10. April. Status idem. Am 13. April ist das Thier genesen. A 1 28 n Ehe ich mich zur zweiten Versuchsreihe wende, führe ich noch einen Versuch an, der mit dem im Dia- lysator enthaltenen Gemisch von zwei Volum Blut mit einem Volum Wasser, das die vier Diffusionen durch- gemacht hatte, angestellt ward, um zu ermitteln, ob in diesem Blute noch Gift enthalten sei. : In Exp. 1 waren 8 Cc. Blut benutzt worden und hatten tödtlich gewirkt. Das Blut war nun gewiss durch die Diffusion einer bedeutenden Quantität seines Giftes beraubt worden, hatte auch das Ende des dritten Fäul- nissmonates, von welchem Termin ab nach Schmitz (pag. 23) eine Abnahme der Wirkungsintensität be- merkbar wird, bereits seit fast sechs Wochen über- schritten und es war deshalb von vorn herein der Schluss auf eine geringere Wirkung derselben Quanti- tät erlaubt. Es wurden, da das Blut zu einem Drittel mit Wasser verdünnt worden war (cf. Darstellung des ersten Diffusates) statt der bei Exp. 1 angewandten 8 Cc. deren 12 verbraucht. Um diese zu gewinnen, wurde von der im Dialysator zurückgebliebenen Masse ein Theil einfach abfiltrirt. Experiment 19. Hund von 10,200 Grmm. 10. März 10 Uhr Morgens. Injection von 12 Cc. in die Jugularis. Gleich nach der Operation ist keine auffallende Wirkung bemerkbar; vier Stunden nachher wird das Thier matt und traurig und verkriecht sich. Nachmittags zwei Durchfälle. Grosse Mattigkeit. 11. März. Vier Durchfälle. 12. März. Das Thier hat keine Durchfälle weiter gehabt, frisst und erholt sich augenscheinlich. Trmm. n 29 13.-27. März. Vollkommene Genesung. Es war also, wenn auch schwächer als bei Exp. 1, doch eine augenscheinliche Vergiftung bemerkbar, doch war die Intensität der vergiftenden Wirkung nicht so stark, dass das Thier ihr erlegen wäre. . Auch dieses Experiment zeigt die Verschiedenheit der Wirkung des Blutes und der aus demselben gewon- nenen und das putride Gift in reinerer Lösung enthal- tenden Diffusate, wie sie schon früher erwähnt wurde. wwwmmons Zweite Versuchsreihe. Versuche mit Blut, welches mit Phosphorsäure bis zur stark sauren Reaction versetzt worden war. 666 Cc. von demselben Blute, das zu der ersten Versuchsreihe verwandt worden war, wurden am 21. März mit 333 Cc, destillirten Wasser und 50 Cc. einer 16procentigen Phosphorsäure gemengt und mit 2 Litr. äusserer Flüssigkeit 48 Stunden diffundirt. Das Diffu- sat war auf 80 Cc. eingedunstet. mit Natronlauge na- hezu neutralisirt, filtrirt und das Filtrat durch Zusatz destillirten Wassers bis auf 120 Cc. gebracht. Experiment 20. Hund vom Exp. 12 und 13. 24. März 10 Uhr Morgens. Injection von 8 Cc. Gleich nach der Operation erfolgt mehrmaliges Bre- chen, darauf Betäubung und einige Zuckungen. Das Thier liegt matt und schwer athmend auf der Seite. Nach einer halben Stunde erholte es sich und fing an 30 11 1I umherzugehen, doch war es offenbar niedergeschlagen und verkroch sich bald. Am Nachmittag ein diarrhoi- scher Stuhl. Am 25. und 26. bessert sich das Thier augenscheinlich und ward am 27. als genesen aus der Beobachtung entlassen. • Experiment 21. Hündin von 4,600 Grmm. 24. März 10 Uhr Morgens. Injection von 8 Cc. des Diffusates mit dem gleichen Volumen Wasser ver- dünnt, um eine diluirtere Flüssigkeit, als im vorigen Experiment herzustellen. Es erfolgten sofort heftige Krämpfe, zuerst tonische, dann unter heftigem vierma- ligem Brechen und Durchfall klonische. Nach einiger Zeit legten sich die Zuckungen und das Thier lag be- täubt auf der Seite. Am 28, erholte sich das Thier augenscheinlich und war am folgenden Tage ganz wohl. Das zu den beiden letzten eben beschriebenen Ver- suchen gebrauchte Diffusat hatte vor der Benutzung ei- nige Zeit in der Kälte gestanden und es hatten sich be- trächtliche Krystallmassen von phosphorsaurem Natron ausgeschieden. Da nun von diesem Salz jedenfalls noch eine nicht unbedeutende Quantität in Lösung geblieben und mit derselben injicirt worden war, so kam es dar- auf an zu ermitteln, ob von der giftigen Wirkung des Diffusates dem Salze ein Theil zukomme, oder nicht. Um dies zu entscheiden, wurden 8 Cc. Mutterlauge von Nam triumphosphat mit ebenso viel Wasser verdünnt und injicirt. Experiment 22. Hund von Exp. 17. . 27. März 10 Uhr Morgens. Injection von 16 Ce. in die Jugularis brachte keinerlei Störungen im Befinden 31 des Thieres hervor und blieb dasselbe auch die folgen- den Tage völlig gesund. Es ward das vierte Diffusat, welches in 72 Stun- den erhalten war, auf 100 Cc. verdunstet. Es reagirte nicht mehr sauer, da die leicht diffusische Phosphor- säure bereits in die drei vorher abgenommenen Diffu- sate übergegangen war. Experiment 23. Hund von 7 Kilogr. 8. April 6 Uhr Nachmittags. Injection von 25 Cc. in die Cephalica. Bei der Operation zeigte das Thier keine besondere Krankheitserscheinungen, jedoch war es gleich nachher traurig und müde. Vorgelegtes Fleisch ward indessen gierig verschlungen. Nach kurzer Zeit ein geformter Stuhl. Nach einer halben Stunde erfolg- ten mehrinalige massenhafte wässerige Durchfälle und dreimaliges Erbrechen. In der Nacht starb der Hund. Die am 9. April um 11 Uhr Vormittags angestellte Section zeigte den schon geschilderten Befund bei Sep- sinvergiftung in deutlichster Weise. In der linken Herz- kammer 2 — 3 subendocardiale erbsengrosse Blutaus- tretungen auf den Papillarmuskeln, die Milzoberfläche mit einzelnen dunkleren, gegen die rosenrothe Umge- bung scharf abstechenden Flecken von Bohnengrösse versehen, welche Infarcten der Substanz entsprechen; die Magenschleimhaut stark gerunzelt und hyperämisch, die Schleimhaut des Duodenum's, – von der Magen- Schleimhaut durch die intacte blasse Pylorusparthie scharf abgegränzt, -- braunroth - schwärzlich baumförmig in- jicirt und mit dunkel chocoladefarbenem Schleim bedeckt. Die Erkrankung der Schleimhaut des Duodenum's setzte 1 32 sich allmählig abnehmend bis aufs Rectum fort. Auf der Aussenseite des Darms und am Parietalblatt des Peritoneum war deutliche Leichenhyperämie sichtbar. Die Experimente 20, 21 und 23 beweisen die Wirk- samkeit der aus dem mit Phosphorsäure versetzten Blute gewonnenen und keiner weiteren chemischen Bearbei- tung unterworfenen Diffusate; ich wende mich jetzt zu angestellt wurden und zunächst zu den Versuchen mit Präparaten, die aus durch basisch essigsaurem Blei ge- wonnenen Niederschlägen dargestellt wurden. Zunächst wurden 95 Cc. des ersten Diffusates mit basischem Blei- acetat fractionirt gefällt. Der erste Niederschlag ward abfiltrirt, ausgewaschen, feucht in Wasser suspendirt, drei Tage mit verdünnter Schwefelsäure digerirt, dann wieder filtrirt. Das Filtrat ward mit kohlensaurem Na- tron gesättigt, auf 100 Cc. verdunstet, erkaltet und noch- mals filtrirt. Experiment 24. Hund von 5,150 Grmm. 8. April 10 Uhr Morgens. Injection von 25 Cc. in die Jugularis. In wenigen Augenblicken erfolgte unter Krämpfen der Tod. Der Magen und der Dünndarm erwiesen sich bei der sofort angestellten Section stark in bekannter Weise afficirt, der Zwölffingerdarm fast ganz intact, ebenso die übrigen Organe. Dies Experiment, welches, wie der fast momentan eintretende Tod beweist, schon mit einer verhältnissmäs- sig reinen Lösung des Giftes angestellt war, ist besou- ders interessant, weil es zeigt, in wie kurzer Zeit die charakteristischen Symptome des Darm- und Magenca- 33 tarrhs bei der Sepsinvergiftung sich ausbilden können. Die Section war nicht 5 Minuten post mortem gemacht worden und das Thier vor der Operation nüchtern und völlig gesund. Nun ward der durch die obenerwähnte fractionirte Fällung des ersten Diffusates erhaltene zweite Bleinie- derschlag in Angriff genommen. Nachdem er ganz wie der erste behandelt worden war, ward er auf 50 Cc. gebracht. Experiment 25. Hündin von 3000 Grmm. in die Jugularis. Beim Einspritzen verhielt sich das Thier ziemlich ruhig, kaum jedoch losgebunden rannte es wie besessen, heftig schreiend im Zimmer umher, stiess im Laufen mit dem Kopf dermassen an die Wände, dass es mehrmals hinfiel und verkroch sich endlich matt geworden. Am Nachmittage war der Hund schon woh- ler und genass in den nächsten zwei Tagen gänzlich. Brechen, Durchfall, Krämpfe waren nie dagewesen. Es musste hienach das Vorhandensein von putridem Gift im zweiten Niederschlage verneint werden, da das Ra- sen des Thieres nach der Operation sich aus der über- standenen Qual und Angst erklärt, und angenommen werden, dass schon die erste Bleifällung alles Gift aus der Flüssigkeit entfernte. Es wurde der Rest des vierten, zu Experiment 23 verwandten sehr wirksamen Diffusates animoniakalisch gemacht und mit basischem Bleiacetat gefällt, filtrirt und der Bleiniederschlag zum folgenden Experiment in Ar- beit genommen. Nachdem dasselbe mit verdünnter Schie- V U 34 -- felsäure 2 Tage lang macerirt war, ward filtrirt, das Filtrat durch Schwefelwasserstoff vom Blei befreit und erwärmt, die freie Säure mit Ammoniak neutralisirt und endlich das Ganze auf 30 Cc. verdunstet. ST . • Experiment 26. Hund von 5650 Grmm. (hat be- reits zu dem erst später angeführten, doch schon am 12. April gemachten Experiment 28 gedient.) 23 April Nachmittags 3 Uhr. Injection von 30 Cc. in die Saphena. Bei der Operation lebhaftes Schreien. Nachher kann das Thier umhergehen, bricht aber bald wiederholentlich und legt sich ermattet nieder. Am nächsten Tage ist es genesen. Durchfall fehlte ganz. Ausser der durch das Brechen angezeigten gering- fügigen Wirkung war also von der Anwesenheit von Gift im Präparat nichts zu merken. Wie sich weiter unten in Exper. 28 zeigen wird, war auch in der vom Niederschlage abfiltrirten Flüssig- keit kein Gift vorhanden, welches demnach, da es in dem ursprünglich verwandten Rest des vierten Diffusa- tes unläugbar in reichem Masse enthalten war, beim Bleisulfat oder Bleisulfurat zurückgeblieben sein muss. Hiegegen verhielt sich die von dem unwirksamen, zu Experiment 25 verwandten Niederschlage abgenommene Flüssigkeit ganz anders. Dies Filtrat ward mit Schwe- felsäure und dann mit Schwefelwasserstoff auf die oben beschriebene Weise vom Blei befreit, filtrirt, das Filtrat abgedampft und nach Neutralisation mit Ammoniak auf 100 Cc. gebracht, dann nochmals filtrirt und wieder auf 100 Cc. verdünnt. 11 U11 YTY 35 1 C Experiment 27. Hund von Exper. 7 und 8. 8. April 10 Uhr Morgens. Injection von 20 Cc. in die Cephalica dextra. In einigen Secunden unter ge- waltigen Krämpfen der Tod. Section gleich gemacht: Magen intact, Duodenalschleimhaut und ein zwei Fuss langes Stück des Jejunum stark afficirt. Der übrige Darm, sowie Nieren und Herz gesund. Die von dem zu Exper. 26 verwandten Bleinieder- schlage abfiltrirte Flüssigkeit ward ganz wie beim vo- rigen Experiment mit Schwefelsäure und mit Schwefel- wasserstoff behandelt, dann innerhalb 10 Stunden im Wasserbade zur Trockne eingedampft und endlich auf 28 Cc. verdünnt und filtrirt. Experiment 28. Hund von Exper. 26. 12. April Nachmittags. Injection von der ganzen vorräthigen Menge in die Cephalica rief, ausser ein paar Schmerzensschreien, durchaus keine krankhaften Erschei- nungen hervor. Auch nachher blieb das Thier vollkom- men gesund. Was die Unwirksamheit dieser Flüssigkeit verur- sacht hatte, ist schwer zu sagen — vielleicht war durch das etwas zu lange fortgesetzte Abdampfen das Gift an die sich ausscheidenden Eiweisskörper zu fest gebunden worden, vielleicht auch war die unterlassene Neutralisa- tion mit Ammoniak Schuld am Misserfolge - sei es, dass das Gift im Filterrückstand zurückblieb, oder auch zersetzt worden war. Die Behandlung mit basischem Bleiacetat, wie sie oben geschildert worden, hatte nun zwar wirksame Präparate geliefert, doch war der Verlust an wirksamen 3 0 L TT 14 3* 36 --- noch andere Wege der Isolirung einzuschlagen. Zu die- sem Zweck ward das zweite Diffusat, welches mit 2000 Cc. äusserer Flüssigkeit in 72 Stunden erzielt worden war, auf 100 Cc. verdunstet, dann mit Bleioxyd gemengt und 3 Stunden lang getrocknet. Darauf ward die er- haltene Masse mit Wasser innig gemengt, filtrirt, das Filtrat durch Einleiten von Schefelwasserstoff entbleiet, filtrirt und endlich der überschüssige Schwefelwasserstoff abgeraucht, bis die Flüssigkeit auf 120 Cc. gebracht worden war. Dass das Diffusat vor der beschriebenen Behandlung wirksam gewesen, bedurfte keiner besonde- ren Bestätigung, da ja nach Experiment 23 noch das vierte Diffusat tödtliche Wirkungen ausübte. Wenn also, wie sich gleich zeigen wird, das Präparat unwirksam war, so muss die Schuld an der Bereitung gelegen ha- ben und es ist sehr wahrscheinlich, dass das gebildete Schwefelblei das Gift mechanisch herabgerissen und fest- gehalten hat. Experiment 29. Hund von Exp. 2 und 3. 9. April 10 Uhr Morgens. Injection von 10 Cc. in die Saphena brachte keinerlei Wirkung hervor. Das Thier frass unmittelbar nach der Operation und zeigte auch später durchaus nichts Krankhaftes. Diese Methode schien also gar keinen Erfolg zu versprechen. Das dritte Diffusat, mit 2000 Cc. äusserer Flüssig. keit in 48 Stunden erhalten, ward auf 150 Cc. verdun- stet, filtrirt und das Filtrat mit essigsaurer Magnesia und kohlensaurem Natron gefällt, darauf wieder filtrirt 11.0 37 LL VON und das Filtrat von den noch gelösten Magnesiasalzen: durch die eben nöthige Menge von phosphorsaurem Natron befreit. Die abfiltrirte Flüssigkeit ward auf 130 Cc. eingedampft. Experiment 30. Hund von Exper. 2, 3 und 29. 8. April 11 Uhr Morgens. Injection von 20. Cc. blieb gänzlich wirkungslos. Experiment 31. Hündin von Exp. 21. 11. April 3 Uhr Nachmittags. Injection von reich- lich 25 Co. in die Cephalica. Während der Operation ist das Thier ruhig, doch bald nachher fängt es heftig zu schwanken an, geht schwankend umher und ver- kriecht sich. In der Nacht auf den 12. April ist ausser einmaligem Erbrechen nichts erfolgt und bis zum 13. ist das Thier ganz genesen. . Es war also die zu den beiden letzten Versuchen benutzte Methode der Fällung durch essigsaure Magne- sia und kohlensaures Natron, sowie auch das Behufs Exp. 29 angewandte Niederschlagen durch Bleioxyd nicht geeignet zu irgend erheblichen positiven Resultaten zu führen und muss auch hiernach der Fällungsmethode mit basisch essigsaurem Blei, wie sie in den den oben erwähnten Experimenten vorhergehenden Versuchen an- gewendet worden war, entschieden der Vorzug gegeben werden. (Exp. 24. 25. 27.) Es erübrigt nun noch ein Experiment anzuführen, das mit dem Niederschlage angestellt war, der aus den zu dem Exp. 30 u. 31 verwandten Flüssigkeiten aus- geschieden war. Dieser Niederschlag ward in essig- säurehaltigem Wasser gelöst und dann essigsaures Na- LUL 1.11 17 Y LA 38 schuss zugesetzt und gekocht. Der neu entstandene Niederschlag ward abfiltrirt, das Filtrat mit Bleioxyd mehrere Stunden digerirt (bei 1000 Cels.) abermals fil- trirt, das Filtrat mit verdünnter Schwefelsäure und dar- MAY mit Ammoniak neutralisirt, ausfiltrirt. Das Filtrat ward endlich auf 34 Cc. eingedunstet. Experiment 32. Hündin von Exp. 25. 10. April Vormittags 10 Uhr. Injection von 17 Cc. in die Jugularis. Das Thier lag nach der ruhig über standenen Operation, ohne zu athmen scheintodt da und es mussten künstliche Respirationsbewegungen an- gewandt werden. Nach ein paar Minuten traten klo- nische Krämpfe ein, die ähnlich wie bei Strychninver- giftung bei der leisesten Berührung sofort erfolgten. Nach einer halben Stunde, während welcher Zeit ab und zu immer Zuckungen vorkamen, stellte das Thier, welches bis dahin auch nur alle 20-30 Secunden ein- mal einen tiefen Athemzug gethan, die Respiration ganz ein. Künstliche Respiration stellte zwar den eben er- wähnten langsamen Athmungsmodus wieder bald her, doch dauerte es mehrere Stunden, bis sich das Thier soweit erholt hatte, dass es umhergehen konnte. An- dere Symptome der Sepsinvergiftung, ausser einmali- gem Brechen, waren bis zum 19ten nicht wahrzuneh- men. An diesem Tage erwürgte sich das Thier an seinem unzweckmässig angebrachten Strick, und der Cadaver ward durch den Wärter leider fortgeworfen, so dass ich keine Section anstellen konnte. 11 LL V 39 SNY LI UL Auch dieser Versuch lieferte sehr wenig Beweise für die Vorzüglichkeit der beregten Methode und es ward daher verzichtet weitere Experimente in dieser Weise anzustellen. Eine chemische Analyse der benutzten Flüssigkeit wies in 10 Cc. 0,126 Magnesia nach, = 0,224 Mag- nesiumacetat. Das macht auf die injicirten 17 Cc. 0,38 Grmm. Magnesiumacetat - für den kleinen zu dem Versuche benutzten Hund immerhin eine bedeu- tende Menge, aus welcher sich zum grössten Theile wohl die Störungen der Athmung und die Krämpfe er- klären liessen, umsomehr, da die der Sepsinvergiftung charakteristischen Darmsymptome fehlten. (cf. Berg- mann 1. c. pag. 44 u. 45.) ,. Die vorliegende Abtheilung der zweiten Versuchs- reihe will ich mit der Prüfung des Dialysatorrückstan- des schliessen. Experiment 33. Hund von Exp. 2, 3, 29, 30. 11. April 33 Uhr Nachm. Injection von 25 Cc. des filtrirten Rückstandes in die Cephalica. Nach der ruhig überstandenen Operation lief das Thier munter umher, doch schon nach einigen Minuten erbrach es und sass darauf scheinbar etwas ermattet in einem Winkel. Die Nacht war gut vergangen, nur einmal Erbrechen dagewesen. Am 12ten früh frass der Hund und schien gesund. Am Nachmittag aber war er wie- der offenbar kränker und wollte sich nicht mehr be- wegen. Ebenso am 13. Wider alles Erwarten hatte das Thier am 14ten die schädliche Wirkung des Gif- tes überwunden, war bedeutend wohler und konnte VV 1 --. .- Un TY. I Vu am 16ten als genesen aus der Beobachtung entlassen. werden. Der Erfolg dieses letzten Experiments scheint mir ebenso, wie Exp. 1 u. 19, eine Stütze der von mir ausgesprochenen Annahme zu sein, das einestheils auch durch mehrmaliges Diffundiren nicht alles Gift aus der faulenden Flüssigkeit zu entfernen ist, andererseits sich die Wirkung des genuinen faulenden Blutes von der der gereinigteren Präparate, resp. des. Sepsin selbst hauptsächlich dadurch unterscheidet, dass das Blut nicht so augenscheinlich verderblich wie die letzteren, doch in einigen Tagen sicher wirkt und zweitens, dass bei der Wirkung von Flüssigkeiten, die das Gift in reine- rer Lösung enthalten, wie auch beim Sepsin selbst die krampferzeugende Wirkung des letzteren, die beim ge- nuinen Blut nicht bemerkbar ist, in den Vordergrund tritt. Ich stehe nicht an, die an sich nicht sehr in- tensive Wirkung der Dialysatorrückstände in Versuch 19 u. 33 nicht sowohl auf einen zu geringen Gehalt an Gift in denselben, als vielmehr auf eine gewisse Immunität der Versuchsthiere zu beziehen, deren eines besonders in den überstandenen Experimenten 2, 3, 29, 30 u. 33 mir allerdings das Möglichste an Ertragen von Unbilden geleistet zu haben scheint. Zu dem folgenden Versuche ward das mit Phos- phorsäure versetzte Blut (zu 500 Ce. Blut kamen 100 Cc. 16 procentige Phosphorsäure) ganz analog wie das zu Experiment 3 verwandte Präparat behandelt; es wurde nämlich die mit Phosphorsäure vermengte Blutmasse im Wasserbade fast ausgetrocknet, der Rückstand mit 10. 1 41 Wasser wieder zu einem dünnen Brei gemengt, dann mit Bleioxyd bis zur Neutralisation gemischt und fast bis zur Trockne eingedampft. Der Rückstand ward ver- rieben und in einem Kolben mit Wasser 24 Stunden lang bei gelinder Wärme digerirt, dann filtrirt und das Filtrat fast bis zur Trockne eingedampft. Der nun ent- standene Rückstand ward mit 85 grädigem Weingeist 24 Stunden digerirt, filtrirt und aus der alcoholischen Lösung das Blei auf die beschriebene Weise durch Schwefelsäure und Schwefelwasserstoff entfernt, dann filtrirt, der Schwefelwasserstoff abgeraucht und auf 165 Cc, destillirt. Der Rückstand ward nun mit Aimoniak neutralisirt und abermals filtrirt. (Das Filtrat enthielt vielleicht noch eine Spur von Alcohol.) C TE II ULL versäumt). 23. April 3 Uhr Nachmittags. Injection von 10 Cc. in die Cephalica. Gleich nach der Operation Geschrei und heftige Krämpfe, etwas später dreimaliges Erbre- chen. Grosse Mattigkeit. (Das Präparat hatte aus Mangel an Versuchsthieren drei Tage lang an einem kühlen Ort gestanden.) Am 24. und 25. keine krank- haften Symptome. · Es ward der Rest der vom vorigen Experiment übrig gebliebenen Flüssigkeit verdunstet, der Rückstand in starkem Alcohol. aufgenommen und durch Aether, der in } Volum zugesetzt war, gefällt. Der entstandene Niederschlag ward in Wasser gelöst, im Wasserbade erwärmt bis zur Austreibung des Aethers und Alcohols, 1 42 -- - -- dann wieder in Wasser gelöst, filtrirt und auf 100 Cc. gebracht. Experiment 35. Mittelgrosser Hund. 28. April 2 Uhr Nachmittags. Injection von 25 Cc. in die Cephalica. Keinerlei Wirkung, weder augen- blicklich, noch späterhin. Es war also nicht gelungen das in dem Bleinie- derschlage enthaltene Gift in Lösung überzuführen. Es ward nun der in Wasser unlösliche Theil in einer Mischung von 1 Vol. Alcohol mit Vol. Aether aufgenommen, klar abgegossen und verdunstet. Der Rückstand ist nur zum Theil im Wasser löslich. Der unlösliche Theil desselben, der braunschwarz, theerartig erschien. ward von verdünnter Aetzammoniakflüssigkeit leicht gelöst (von Salzsäure nur sehr schwer). Dann der grössere Theil des freien Ammoniaks nach der Fil- tration durch Schwefelsäure neutralisirt (ein Ueberschuss von Säure würde sofort wieder den Niederschlag bil- den), filtrirt und das Filtrat mit Wasser auf 40 Cc. gebracht. Experiment 36. Kleiner Hund. 1. Mai 3 Uhr Nachmittags. Injection von 20 Cc. in die Cephalica. Bald nach der Operation ein breiiger Stuhl und mehrfache Brechbewegungen. · Am 3. war das Thier genesen und hatte sich befreit. Dies Präparat zeigt unleugbar die charakteristischen Wirkungen des Sepsin, wenn auch in mässigem Grade. Es ward nun noch der in Wasser lösliche Antheil des Niederschlages aus der Aetheralkohollösung geprüft, der mit Wasser auf 60 Cc. gebracht worden war. 12 1 C 43 ve JL. Experiment 37. Hund von 9700 Grmm. 3. Mai 9 Uhr Morgens. Injection von 25 Cc. in die Cephalica. Keinerlei Wirkung. Hiemit wären die Versuche mit Blut, das mit Phos- phorsänre versetzt war, beendet. AVV Dritte Versuchsreihe. Experimente, welche mit Diffusaten und deren Präparaten angestellt sind, die aus, durch Zu- satz von Aetznatronlösung stark alkalisch gemachtem Blute gewonnen wurden. 666 Cc. faulendes Blut wurden mit 333 Cc, de- stillirten Wasser und mit 30 Cc. Aetznatronlösung von 30% gemengt und zwei Tage lang diffundirt. Das Dif- fusat (die äussere Flüssigkeit betrug, wie gewöhnlich, 2 Litr.) ward auf 150 Cc. eingedunstet, mit Essigsäure neutralisirt und auf 112 Cc. gebracht. Experiment 38. Hündin von Exp. 21 und 31. 16. April 10 Uhr Vormittags. Injection von 12 Cc. in die Jugularis. Durch eine plötzliche Bewegung des Thieres ward noch vor der Injection die Jugularis verletzt, wodurch ein Blutverlust von circa 12 Unzen entstand. Gleich nach der Injection folgte Starrkrampf und Tod (so rasch, dass eine ganz kleine Luftblase, die eindrang, wohl am letalen Ausgange unschuldig war). Im Magen und Duodenum waren die charakte- ristischen Symptome zwar etwas schwach, aber durch- aus deutlich entwickelt. 1 44 UL 3. LT Wenn auch zugegeben werden muss, dass Blutver- lust etc. zu dem letalen Ende beigetragen haben, so bleibt dem Experimente immer die specifische Sepsin- wirkung, die sich in den Krämpfen und dem Sections- befunde ausdrückte. Zweites Diffusat - wie das erste bereitet und ver- arbeitet, auf 85 Cc. eingedunstet und durch Wasser- zusatz auf 100 Cc, gebracht. Experiment 39. Hund von 10,000 Grmm. 16. April, 10 Uhr Morgens, bekommt 16 Cc. in die Cephalica. Während der Injection heftiges Geschrei und Streckkrämpfe, welche letztere übrigens bald nachlas- sen. Der Hund ist darauf sehr niedergeschlagen, kann aber stehen. Nach kurzer Zeit ein breiiger Stuhl und reichliches Erbrechen. Am 17. war das Thier. genesen. Experiment 40. Mit diesem unzweifelhaft wirk- samen Präparat ward einem grossen Hunde am 16. April 12 Uhr Vormittags eine Injection von 16 Cc. in das Unterhautzellgewebe des linken Hinterschenkels gemacht. Am Abend desselben Tages waren noch keinerlei krank- hafte Erscheinungen sichtbar. Am 26. April war an der Operationsstelle ein groser Abscess bemerkbar. Am 28. krepirte das Thier und die Section erwies einen enormen Abscess von ungefähr einem Quadratfuss Grund- fläche. Der Darmtractus, sowie Milz und Herz voll- kommen intact. Das dritte Diffusat war auf 112 Cc. gebracht wor den. Es brauchte nur sehr wenig Essigsäure zur Neu- tralisation. Das Präparat hatte vor der Anwendung 3 Tage im Kühlen gestanden. 1 45 Experiment 41. Aus Mangel an Thieren musste zu dem erfahrungsmässig gegen das Sepsin sehr wenig Er bekam am 23. April um 3 Uhr Nachmittags 25 Cc. in die Saphena. Die zu erwartende Wirkung blieb trotz der nicht unbedeutenden Menge der Injectionsflüs- sigkeit sowohl momentan, als späterhin, gänzlich aus. Viertes Diffusat, ebenfalls auf 112 Cc. gebracht, ist fast neutral. Experiment 42. Hund von Exp. 39. p. 23. April, 3 Uhr Nachmittags, (auch dieses Prä- parat hatte aus Mangel an Hunden 3 Tage in der Kühle stehen müssen), Injection von 16 Cc. in die Cephalica. Fünf Minuten nach der Operation unter heftigen Te- nesmen ein geformter Stuhl. Das Thier geht umher, am nächsten Tage ist es genesen. Das erste, zweite und vierte Diffusat sind also wirksam und auch dem dritten möchte ich, der Unem- pfindlichkeit des Versuchsthieres halber jeden Sepsinge- halt kaum absprechen. Nachdem ich die einfachen Diffusate der dritten Reihe geprüft hatte, wandte ich mich zu den Präpara- ten, die durch weitere Verarbeitung dieser Diffusate entstanden. Es wurden die Reste aller vier Diffusate gemischt, init Ammoniak alkalisch gemacht und dann durch ba- sisches Bleiacetat gefällt. Der Niederschlag ward 4 Tage lang mit verdünnter Schwefelsäure digerirt, dann filtrirt und das Filtrat mit Schwefelwasserstoff gänzlich entbleiet. Das darauf abgenommene erhitzte Filtrat — — — . 11 46 ward nach dem Abkühlen mit Ammoniak neutralisirt und im Wasserbade auf 75 Cc. gebracht. TIT IT 22 VO1 mm. 1. Mai, 3 Uhr Nachmittags. Injection von 16 Cc. in die Jugularis. Gleich nach der Operation ein breiiger Stuhl, nachher Mattigkeit. In 2 Tagen vollständige Genesung, Ferner ward das vom eben verwandten Bleinieder- schlage abgenommene Filtrat nach ganz gleicher Be- handlung, wie solche der Niederschlag erfahren, auf 100 Cc. verdünnt. Experiment 44. Hund von 8800 Grmm. 1. Mai 3 Uhr Nachmittags. Injection von 20 Cc. in die Cephalica. Unter heftigem Schreien erfolgte mit grosser Gewalt und unter Krämpfen ein flüssiger Stuhl. Das Thier liegt, entfesselt, rasch und schwer athmend auf der Erde. Auch hier hatte das Bleiacetat sich als Mittel zur Fällung des Giftes erwiesen, denn Exp. 43 war erfolg- reich. Nur gelang es nicht so gut das Gift aus dem Niederschlage wieder in Lösung zu bringen, wie bei dem Filtrate. Wie ich es bei den vorhergehenden Ver- suchsreihen gemacht, unterliess ich auch bei dieser nicht den Dialysatorrückstand zu prüfen. Nachdem eine Quan- tität desselben filtrirt und mit einigen Tropfen Essig- säure neutralisirt worden war, wurde sie, weil sich in- zwischen ein reichlicher brauner Niederschlag gebildet hatte, nochmals klar abfiltrirt und zu nachstehendem Versuche benutzt. . Experiment 45. Hund von Exp. 41, weil kein anderer zu erhalten war. ។ 1 11011 DUL TS D 11 7 47 ITI Injection von 25 Cc. in die Jugularis. Keinerlei Störung, trotz der ziemlich bedeutenden Quantität. Zum Misserfolge dieses Versuchs können zwei Mo- mente beigetragen haben. Erstens ist, wie angeführt, dieser Hund fast unzugänglich für das putride Gift, zwei- tens aber kann wohl in dem braunen durch die Neu- tralisation mit Essigsäure entstandenen Niederschlag das Gift mit hinabgerissen worden sein. Leider ward ver- säumt einen Controlversuch mit der nicht neutralisirten Masse zu machen, www HIS Vierte Versuchsreihe. Experiment 46. 20. Mai. Mittelgrosser Hund. Versuchsmaterial: Diffusat von faulendem Blute aus der sechsten Fäul- nisswoche. Das Diffusat hatte 5 Tage an einem war- men Orte gestanden. Anfangs klar, war es jetzt trübe, durchmischt mit dicken Flocken und ging schwer durchs Filter. Injection von 30 Cc. in die V. saphena. Sofort beim Losbinden Erbrechen, das sich in der Folge mehr- mals wiederholt. Nach einer halben Stunde dünnflüssige Ausleerungen. Gegen Abend grosse Hinfälligkeit. - Am darauf folgenden Morgen sichtbare Besserung. Experiment 47. 22. Mai. Dasselbe Material. Kleiner Hund. Injec- tion von 30 Cc. Sofort Erbrechen, Stuhldrang, Diarrhoe. Nach 2 Stunden wieder Erbrechen und blutige Auslee- rungen. Abends Tod. Sectionsbefund giebt weit verbrei- tete hämorrhagische Entzündung der Magen- und Darm- schleimhaut. La 48 TY u Experiment 48. 30. Mai. Dasselbe Material. Hund von Exp. Injec- tion von 30 Cc. in die V. cephalica. Lautes Schreien während der Injection, welches in völlige Betäubung übergeht. Der Hund liegt losgebunden regungslos auf dem Operationstisch. Tiefes Athmen. Erweiterte Pupil- len. Nach 5 Minuten Erbrechen. Das Thier richtet sich auf, geht schwankend einige Schritte und fällt wieder zusammen. Tenesmen und diarrhoische Ausleerungen. Nach einer halben Stnnde sicherer Gang, Schwund der Betäubung. Später noch einige Male Erbrechen und flüssige Dejectionen. Experiment 49. . 10. Juni. Grosser Hund. Injection von 30 Co. des- selben Materials in die Jugularis. Schreien und Heulen während der Injection. Dann tiefe Narkose. Dilatirte Pupillen. Empfindungslosigkeit der hinteren Extremitäten, die man kneipen kann, ohne dass das Thier darauf rea- girt. Nach 5 Minuten frequentes Athmen, unterbrochen von einigen Drängbewegungen der Bauchpresse. Zwei Stunden später ist der Hund sichtbar wohl, geht ohne zu schwanken, rührt aber sein Futter nicht an. Den Tag darauf keine Zeichen von Kranksein. Experiment 50. 16. Juli. Derselbe Hund. Injection von 30 Cc. des jetzt ammoniakalisch riechenden Materials der früheren Versuche. Keine Betäubung, kein Erbrechen, ( Thesen. Osver 1) Die bäuerlichen Hebammen sind die gefähr- lichsten Störungen des Geburtsverlaufes. 2) Die, unmittelbare Application des Gypsver- bandes bei Fracturen ist zu verwerfen. 3) Landarztstellen sind ohne Landhospitäler unhaltbar. 4) Die forcirte Flexion zur Stillung von Blutun- gen hat eine grosse Zukunft. 5) Das Erysipelas ist nicht mit Arzneien an- zugreifen. 6) Die Lepra ist am Peipusgestade nicht ver- breiteter als in anderen Gegenden Livlands. ores re Die Cantharidinvergiftung. ae Eine mit Genehmigung Einer hochverordneten mediciniſchen Facultät der . Kaiserlichen Universität Dorpat zur Erlangung der Würde eines Doctors der Medici# verfaßte und zur öffentlichen Vertheidigung beſtimmte Abhandlung bo 11 Rudolf Friedrich Radecki, Rigenſer. acom Dorpat 1866. Druď von Heinrich Laatma n n. Gebrudt auf Verfügung der mediciniſchen Fakultät. Dorpat, den 20. October 1866. (Nr. 307.) Dr. Mud. Buch heiin, d. 3. Decan. Zur feierlichten Doctor - Yr om o tio# des Herrn Rudolf Friedrich Radecki, velde Montag, den 7. November, Vormittags 11 Uhr, im großeri Hörſaale ter Kaiſerlichen Univerſität ſtattfinden wird, .. laden ergebenſt ein Dorpat, Decan und Mitglieder den 5. Nobbr. 1866. der mediciniſchen Facultät. Der chemiſche Nadyweis von Cantharidin im thieriſchen Körper nach ſtattgefundener Vergiftung iſt bisher wol verſucht, aber nidst erzielt worden. Einem Theil der Forſcher ſchien es von vorn herein unmöglich das Cantharidin im Körper chemiſch nachzuweiſen, theils aus dem Grunde, weil es in äußerſt geringen Gaben den Tod Herbeiführen, theils aber aucy, weil es im Körper ſehr rafd Ber- ſeßungen erleiden ſollte. Andere Forſcher, welche den Nachweis vielfach verſuchten, waren nicht im Stande, durch Anwendung der gewöhnlichen Löſungsmittel das Cantharidin zu extrahiren. Erſt durch die von Bluhm angeſtellten Experimente wurde es wahrſcheinlich, daß das Cantharidin durch Anwendung ſtarker Säuren fich werde ab- ſcheiden laſſen. Auf die gütige Aufforderung des Herrn Prof. Dragendorff unternahm ich eine Reihe von Verſuchen an Thieren, um in der von Bluhm angedeuteten Weiſe das Cantharidin aufzufinden. Im Laufe dieſer Unterſuchungen, welche in rein gerichtlich - mediciniſchem Intereſſe angeſtellt wurden, fand ich wiederholt Gelegenheit, Beobach- tungen zu machen, welche nicht ſtreng in das Gebiet der mich be- fchäftigenden Frage, vielmehr in das der Phyſiologie hineingehörten. Nichtsdeſtoweniger ſchienen dieſe legteren Beobachtungen der Berück- fichtigung werth zu ſein, und ich glaubte, trotz ihrer Lückenhaftigkeit, dieſelben doch hier mittheilen zu können. Urſprünglich lag es nicht in meiner Abſicht, die mir zugänglich gewe- fene Literatur der Canthariden anzuführen. Eine genaue Durchſicht der- ſelben belehrte mich jedoch, daß den Canthariden bisher nur eine ſehr geringe Aufmerkſamkeit gefdjenkt worden iſt. Die meiſten Schriftſteller begnügen ſich damit Citate wiederzugeben, ohne die Quellen zu berück- fichtigen. Ganz beſondere Ungenauigkeiten hatten ſich auf dieſe Weiſe in die Angaben über die Renntniß der Griechen von der Wirkung der Santhariden eingeſchlichen. Sur Aufflärung derſelben führe ich in dem erſten Abſchnitte dieſer Mittheilungen die wichtigſten Schriften Y cauungen über die Wirkung der Canthariden hin. Der nach der innerlichen Anwendung häufig eintretenden üblen Folgen wegen griff Hippokrates nur ſelten zu dem Gebrauch der Canthariden. Er wandte fie als diuretiſches Mittel bei der Waſſer- ſucht an, fügte aber den Rath hinzu, Uebergießungen mit warmem Waſſer, Einreibungen mit Del anzuſtellen und dem Kranken warmes Brod mit Del zu reichen, falls fidy nach Darreichung des Medica- ments Schmerzen einſtellen ſollten. Nach der Vorſchrift des Hippo- frates ſollten drei Canthariden, nachdem Kopf, Flügel und Beine entfernt worden, mit drei Kyathen (gleich 41/2 Unzen) Waſſer zerrie- ben und dem Kranken als Getränk gereicht werden. Das Eigenthüm- liche in dieſer Vorſchrift, nur den Körper der Canthariden ohne den Ropf u. ſ. w. 1) anzuwenden, hat wohl barin ſeinen Grund, daß Hip- pokrates, wie auch Galen in ſeinem Commentar zum Hippokra- tes?) vermuthet, die zu entfernenden Theile gleichfalls für giftig hielt und auf dieſe Weiſe die nach dem Gebrauche der Canthariden eintre- tenden üblen Folgen zu vermeiden, wenigſtens abzuſchwächen ſuchte. Neueren Unterſuchungen zu Folge iſt der Gehalt der Köpfe und Flügel der Canthariden an Cantharidin allerdings kein ſo unbeträchtlicher, als daß er bei innerlicher Anwendung überſehen werden darf. Nach Ferrer 3), der freilich den Procentgehalt der Canthariden an Can- tharidin ſeiner unvollkommenen Unterſuchungsmethode wegen zu hoch annimmt, enthalten Kopf und Fühlhörner 0,05, die Beine 0,09 % Cantharidin. Unvergleichlich ausgedehnter, als bei Hippokrates, iſt, wie oben bereits angedeutet wurde, die Anwendung der Canthariden in den nach hippokratiſchen Schriften. In dem Werke „T&pi yovaizains qúolog664), werden die Santhariden mit Waſſer zerrieben als Emena- gogum und Ecbolicum angewandt. Auch hier wird der etwa eintre- tenden üblen Folgen gedacht und eine der obigen Behandlungsweiſe ähnliche angerathen. Bei weitem verbreiteter iſt aber die Anwendung der Canthariden zu demſelben Behufe in Form von Mutterzäpfchen ”). Vier bis fünf Canthariden ſollten mit verſchiedenen Harzen oder auch 1) Med. Graecor. Op. ed. Kühn l. c.: xavfupidaç tpɛīs, úgɛlūv rà sỏuaTa. 2) Med. Graec. Op. ed. Kühn, Vol. XV, pag. 912, 913. 3) Vierteljahr8fdır. f. praft. Pharm. v. Wittftci 11, 1860, IX, 268. 4) Med. Graec. Op. ed. Kühn, Vol. XXII, p. 537, 547, 552. 5) ibid. p. 531, 547, 553, 560, 604. Effig zu einer pflaſterähnlichen Maſſe zerrieben werden. Dieſe in eine längliche Form gebrachte Maſſe ſollte mit Wolle und weißer Leine- wand umwickelt und mit Salben beſtrichen 1) in den Muttermund ein- geführt werden. Daß das aus Canthariden bereitete Mutterzäpfchen wirklicy mit der Schleimhaut des Cervicalfanals in Berührung ge- bracht wurde, kann keinem Zweifel unterliegen. Für das Einführen des Mutterzäpfchens iſt der Ausdruck reportiférou gebraucht. Anutius Föſius?) giebt an, daß dem 1000T19 évai ein Búlavos, glaus oder pessus zu ſuppliren ſei und daß dieſer pessus in die weiblichen Ge- ſchlechtstheile eingeführt wurde. Hier blieb blieb er aber nicht etwa in der Scheide, ſondern wurde in den Muttermund hineingebracht. In der genannten Schrift heißt es: „977000T19ÉVul moÒS tù orou a Tūv ůOTEQÉWri 3) und „thy unanu (i. e. specillum) 409Eiş úvuotou oữ και ανεύρυνε το στόμα αυτέων (sc. των στερέων), και των δακτύλω ωσαύ- TWS, ZOì 1100orifévau ĠOTTEO ÈTìtñs 17oTÉONS YÉYOONT 04“* 4). War alſo der Muttermund geſchloſſen, ſo wurde er zuvor mit einer Sonde oder dem Finger eröffnet und erweitert. Es muß auffallend erſcheinen, mit welcher Sorgloſigkeit die griechiſchen Aerzte der nach hippokra- tiſchen Seit ein ſo wirkjames Mittel, wie die Canthariden in den Muttermund eingeführt und gewöhnlich einen ganzen Tag liegen ge- laffen haben. Allein es iſt zu berückſichtigen, daß die aus den Can- thariden bereitete pflaſterähnliche Maſſe zunächſt in Wolle und darauf Lein eingehüllt und die Mutterzäpfchen ſelbſt mit einer Schicht ägyp- tiſcher Salbe und Roſenöl überzogen wurden. Es iſt daher ſehr wahrſcheinlich, daß die hervorgebrachte Wirkung eine rein mechaniſche geweſen iſt und daß die Canthariden an derſelben keinen Antheil ge- habt haben; wenn nicht ein Theil des Cantharidins in den fettigen Maſſen, mit denen das Mutterzäpfchen beſtrichen worden war, gelöſt auf der Schleimhaut des Cervicalkanars zur Wirkung tam. . Ebenſo verbreitet wie in dem Buche „über die Natur des Wei- bes" iſt die innerliche und äußerliche Anwendung der Canthariden als Emanagogum und Echolicum in der Werke „TEDÌ yuvaixeiwv 6 5). Endlich iſt auch der Canthariden in den beiden Werken „7180 tūv ÉVTÒG Tæfū26 6) und „HQI ¿TiZUMOLOGE 7) gedacht. 1) Medic. Graec. Op. ed. Kühn, Vol. XXII, p. 560. 2) Oeconomia Hippocratis, Francofurdi 1588, p. 535. 3) 1. c. p. 573. - 4) ibid. p. 574. 5) Med. Graec., Op. ed. Kühn, Vol. XXII, p. 709, 710, 711, 712, 724, 725, 726, 745, 787, 812, 846, 874, 877. — 6) ibid. p. 494. - 7) ibid. p. 479. Ich muß ſchließlich noch hervorheben, daß fidy weder bei Hip- pokrates noch in den nach hippokratiſchen Schriften eine Andeu- tung davon findet, daß zu jenen Zeiten ein Einfluß der Canthariden auf Vermeyrung des Geſchlechtstriebe3 bekannt geweſen ſei. Wenn es in dem Buch über die Natur des Weibes." an einer Stelle 1) heißt, daß, ſobald nach Gebrauch von Canthariden die ausgebliebenen Regeln ſich wieder eingeſtellt hätten, die Patientin ouvevvdo9w zw ůvdpi, ſo darf nicht angenommen werden, daß der hier gegebene Rath in irgend welcher directen Beziehung zu den verordneten Canthariden ſtehe, da der Beiſchlaf nach der Verordnung der damaligen Aerzte den gewöhnlichen Schluß bei vielen Curen bildete, bei denen nur indiffe- rente Mittel angewandt worden waren. Wenige Jahrhunderte nach Hippokrates finden wir den gif- tigen Eigenſchaften der Canthariden in den Alexipharmaka”) des Nikander aus rolophon eine beſondere Aufmerkſamkeit geſchenkt. Die Vergiftungserſcheinungen ſind ſehr genau angegeben und eine große Anzahl von Gegenmitteln, unter denen die fetten Stoffe eine Hauptrolle ſpielen, hinzugefügt. Die betreffende Stelle lautet in der Schneider'ſchen Ueberſegung 3): „Cave etiam poculum cantharidis frumentorum pestis, quod liquidae picis odorem gravem nari- bus bibentis objicit; labiis vero gustum fructuum cedri comman- ducatorum inducit. Haec scilicet cum humore aliquo pota la- biorum morsitationes, et ventriculi oris extremi excitat; modo etiam medius ventriculus doloribus vellicatur, aut vesica uri- naria arrosa ; pectus undique urgent dolores eo in loco, ubi cartilago supra ventriculi vas posita est; ipsi indignatione ex- candescunt atque animo deffecti in errorem prolabantur et sine salutis spe malo cedunt; sicuti florum pappi vento excussi per aerem volitant aurisque colludunt etc.“ Scribonius largus 4) beſchränkte ſich auf eine faſt wörtlich mit dem Gedichte des Nikander übereinſtimmende Angabe der Vergif- tungserſcheinungen und der Gegenmittel bei Vergiftung durch Can- thariden. Daher findet ſich auch nicht bei ihm erwähnt, daß über- haupt und unter welchen Bedingungen die Canthariden als Heilmittel benußt werden können. 1) Medic. Graec. Op. ed. Kühn, Vol. XXII, p. 547. 2) Nicandri Alexipharmaca ed. J. G. Schneider, Halae 1792, p. 7, vers. 115–156. – 3) ibid. p. 316. 4) Scribonii Largi compositiones medicae recens. Joh. Rhodius, Patawii 1545, p. 104. Um ſo werthvoller ſind die Nachrichten, die wir durch Peda- nius Diosforides 1), „Den bedeutendſten pharmakologiſchen Schrift- ſteller des geſammten Alterthums," erhalten, da derſelbe den erſten Verſuch macht, die Wirkung der Canthariden auf den Organismus näher zu unterſuchen. Nachdem er eine genaue Beſchreibung der zu Heilzwecken zu verwendenden Cantharis und Bupreſtis, die wahr- ſcheinlich beide der Gattung Mylabris Fabritii angehörten, gegeben, wendet er ſich der beiden Inſecten gemeinſchaftlichen Heilkraft zu (dú- vauis dè avtûv xouvn). Dieſelbe foll eine faulende, geſchwürbildende (&Axwrixń) und erwärmende ſein. Deſwegen werden die Canthariden den Mitteln, mit welchen Krebs, Lepra und böſe Ausſchläge behan- belt werden, zugemiſcht. Die Wirkung der Canthariden als diureti- ſches Mittel und als Emenagogum war ihm gleichfals bekannt. Die Flügel und Füße der Canthariden ſollten ſolchen Perſonen, welche durch Canthariden vergiftet worden, als Antidot gereicht werden. Aehnlich wie Dioskorides wendet Xur. Corn. Celſus die Canthariden an. Er rechnet ſie den Mitteln zu, die Entzündung er- regen (quae adurant)?) und läßt ſie gegen zu üppiges Wachsthum der Granulationen in Verbindung mit Theer und andern Mittein auf Wunden ſtreichen. Dagegen ſcheint ihm die innerliche Darreichung unbekannt geweſen zu ſein. Aretäuß von Cappadocien legte bei ſeiner Behandlungs- weiſe beſonders ein großes Gewicht auf die äußeren Mittel, deren Gebrauch, namentlich der der Veſtcantien und Puſtelſalben, bei ihm ein ſehr ausgedehnter war. Indeſſen führt Aretä us die Canthari- den nur ein Mal an 3). Dennoch hat dieſe Stelle den beſondern Werth, als aus ihr hervorgeht, daß die Canthariden von Aretäus als Hautröthen des Mittel (goiveis, souvioow, punicio colore inficio, rubefacio) angewandt wurden. Bei der Behandlung der- Epilepſie foll nämlich, wenn die Krankheit eine centrale Urſache hat (., v úv ins megahr's húßntu.{"), Aderlaß, Schröpflöpfe und Purganzen benußt, die Schädelknochen mit einem beſonders dazu conſtruirten Inſtrument biß auf die Diploe durchbohrt und der Knochen mit Kataplasmen bedeckt werden, bis die Beinhaut ſich abgelöſt hat (ngės ' ův ň unny's tūv ógréwv únootñ) und der Knochen ſich abſtößt. Beſſer jedoch als 1) Med. Graec. Op. ed. Kühn, vol. XXV, p. 191. 2) Aur. Cornel. Celsi de medicina etc. ed. Albert von Haller, Lausannae 1772, p. 258, 289. 3) Med. Graec. Op. ed. Kühn, vol. XXIV, p. 310. ngae 1732, Graces 10 dieſe Mittel ſei die Anwendung der Hautröthenden Mittel, beſonders der Canthariden („dvvatoréon dè ń sc. goiviệis dià tūv xavfupidov). Aretäus fügt hinzu, daß der Kranke bereits drei Tage vor Gebrauch der Canthariden Milch trinken ſolle, um die Harnblaſe zu ſchüken, da die Canthariden einen äußerſt nachtheiligen Einfluß auf dieſelbe ausübten. Dieſer ſchädlichen Folgen wegen, die bei längerem Ge- brauch der Canthariden nicht ausbleiben können, mag die Anwendung dieſes derivirenden Mittels keine ſehr ausgebreitete geweſen ſein. Jedenfalls hielt Aretäus die Blaſenentzündung, die nach Genuß der Canthariden eintritt), für eine äußerſt gefährliche Krankheit und zog aus dieſem Grunde die Anwendung von Senf, Euphorbium der der Canthariden vor. Die gleichfals Cantharidin enthaltende Bupreſtis) ſollte dagegen nach Aretä us, ebenſo wie blähende Speiſen, zuweilen Waſferſucht hervorrufen. Das große Verdienſt, das ſich Galen uin die Pharmakologie dadurch erwarb, daß er der erſte war, der eine umfaſſende Theorie der Arzneimittelwirkungen aufſtellte, wird dadurch leider geſchmälert, daß er ſich bei dieſem Verfahren willenlos der Herrſchenden Neigung hingab und den Boden der Erfahrung verlaſſend in willkürlichen und darum häufig ſich widerſprechenden Speculationen ein Syſtem von Heilkräften aufbaute. Es darf daher nicht auffallen, wenn Galen mit Hippokrates Ropf, Flügel und Füße der Canthariden für gleich giftig mit dem übrigen Körper dieſer Thiere hält 3) und im Widerſpruch damit mit Diosko rides die genannten Theile als An- tidot bei Vergiftung durch Canthariden verordnet 4). · Für beide An- ſichten führt Galen Belege an. In ſeiner Vorſchrift über die Be- reitung der Theria ke 5) weiſt er auf die eigenthümlichen Eigenſchaften gewiſſer giſtiger Thiere hin. Seit den älteſten Zeiten ſei zur Berei- tung der Theriafe nicht die ganze Viper, ſondern nur der Körper derſelben nach Entfernung des Kopfes und Schwanzes verwandt wor- den. Der Grund hierfür liege darin, daß bei den giftigen Thieren der größte Theil des Giftes im Kopf enthalten ſei. Es muß daher, ſoll die bereitete Arznei nicht dieſelben giftigen Eigenſchaften wie der Ropf befizen, lekterer entfernt werden, mit ihm aber auch der Schwanz ... - WAA2 1) 1. c. p. 59. .. 2) 1. c. p. 495. Petri Petiti commentarii ad Aret. „ nomen útto του βους et πρήθειν quod inflammare et inflare singnificat.. 3) 1. c. vol. XV, p. 912, 913. - 4) 1. c. vol. XIV, p. 141. - 5) 1. c. vol. XIV, p. 244–250. und die Extremitäten, weil dieſe den unreinen Theil der Subſtanz des Thieres enthalten 1). Auf der andern Seite ſtellt aber Galen grade die Behauptung auf, daß eben dieſe giftigen Theile bei Ver- giſtung durch Canthariden als Antidot zu benußen ſeien. Galen weiſt nach, daß bei einer großen Anzahl von Vergiftungen durch gif- tige Thiere das einzige wirkſame Hegenmittel gewiſſe Theile dieſer Thiere felbſt ſeien, nachdem ſie paſſend zubereitet, d. H. mit entge- gengeſetzt wirkenden Mitteln zuſammengemiſcht worden. Bei An- wendung der Flügel und Beine der Canthariden unterläßt aber Galen dieſe Vorſichtsmaßregel und läßt die genannten Theile nur mit Honig vermiſcht dem Kranken reichen. Es iſt bekannt, daß die therapeutiſche Marime des Galen das contraria contrariis war, hier aber läßt er, da er ja ausdrücklich die Flügel und Beine für ebenſo giftig wie den übrigen Körper hält, dem Principe similia si- milibus curentur ſeine volle Anerkennung zukommen. Ebenſo will- fürlich, wie in der Deutung der Wirkungsweiſe der einzelnen Theile des Inſects, iſt Galen in der Erklärung der Wirkung des ganzen Thieres 3). Die Cantharide, die ſonſt die Harnblaſe verſchwäre und das Leben des Kranken bedrohe, wirke als ein wohlthätiger, diuretiſcher Trant, wenn ſie mit andern Mittein zuſammengemiſcht gereicht würde. Der größte Theil der Heilkraft entſtände erſt durch die Zubereitung des Arzneimittels: Wenn nämlich mehrere Stoffe mit einander ge- miſcht würden, ſo behalte keiner derſelben ſeine frühere Wirkung, ſon- dern das bereitete Medicament habe jetzt nur eine einzige und von allen früheren verſchiedene Wirkungsweiſe. Mit Bezug auf die Can- tharide hätte Galen dieſe Hypotheſe vermeiden fönnen, wenn er das Eintreten von toriſchen Erſcheinungen in dem einen Falle, einer du- retiſchen Wirkung in dem anderen von der größeren oder geringeren Verdünnung der dargereichten Doſis abhängig gemacht hätte. Die Lehren des Galen fanden im Mittelalter ihre weitere Aus- bildung und ſcheinbare Vervollkommnung durch die Araber. Es fann nicht erwartet werden, bei ihnen neue Geſichtspunkte über die Wirkungsweiſe der Canthariden auſgeſtellt zu finden. Entſprechend den Elementarqualitäten des Galen dreibt Avicenna 4) den Can- thariden eine caliditas superflua zu und bezeichnet ihre Wirfung als AV . 1) ibid. vol. XIV, p. 239. - 2) ibid. vol. XIV, p. 243. — 3) ibid. vol. XIV, p. 248. 4) Avicennae Arabum medicorum principis Canon Medicina e, Venetiis 1608, tom. I, p. 307. 12 acris, acuta putrefactiva et adustiva. Daneben hätten ſie aber auch noch eine ſpecifiſche Wirkung ?) und ſeien den Giften zuzurechnen, quae agunt super unum et idem membrum (sic cantharides super vesicam). Bei Serapion dem füngern findet ſich eine erſchöpfende Zuſammenſtellung ") des von Dioskorides und Galen über die Canthariden Geſagten. Dagegen hat das Werk des Rhazes , de simplicibus“ den großen Werth, daß in demſelbeu 3) zum erſten Mal die blaſenziehende Wirkung der Canthariden hervorgehoben wird. „Cantharides, calidae sunt, et acutissimae, quae licet scabiei conferant, vesicant tamen, si ex eis multa sumatur quantitas, vulnerant ac sanguinem mingere faciunt, et interficiunt“. Die ſpärlichen, ausſchließlich pharmakologiſchen Schriften des 13. und 14. Jahrhunderts enthalten vorwiegend nur Reproductionen der griechiſchen und arabiſchen Leiſtungen. Es mag daher genügen auf die während dieſer, ſowie der nächſtfolgenden Zeit, einer Periode der allgemeinen Verſumpfung und des Verfalles ber Wiſſenſchaft, ent- ſtandenen für die Literatur der Canthariden nicht unwichtigen großen Anzahl von Schriften, welche von den Liebestränken, Phillren handelten 4), hinzuweiſen. In denſelben ſcheinen die Canthariden zu : den wirkſamſten Beſtandtheilen gehört zu haben. Es iſt dieſer Um- ſtand um ſo bemerkenswerther, als, wie oben angedeutet wurde, bei den griechiſchen und arabiſchen Schriftſtellern einer den Geſchlechts- trieb anregenden Wirkung der Canthariden nirgends Erwähnung ges ſchieht. Dennoch muß die Anwendung der Liebestränke eine außer- ordentlich verbreitete geweſen ſein, da bereits 1140 Mönig Noger in ſeinem Medicinalgeſetz den unbefugten Verkauf von Arzneien, Giften und Liebestränken mit der Strafe des Stranges oder der Eiſen- arbeit bedrohte. Die ſich indeffen allmälig verbreitende Ueberzeugung, daß durd Darreichung derartiger Tränke wirkliche Zuneigung fich nicht erzielen laſſe, ſcheint das Intereſſe an dieſem Gegenſtande wes ſentlich abgeſchwächt zu haben. Mit dem vorigen Jahrhundert ver- ſchwinden die Liebestränke aus der Literatur, wenn auch noch heut- TO 1) 1. c. Tom. II, p. 208. 2) Joan. Serapionis Arabis de simplicibus medicinis opus Abrah. Judaeo et Symone Janvensi interpretibus, Argentorati 1531, p. 285. 3) ,,De simplicibus. " Excudebat G. Ulr. Andlanus. Argentorati, 1531. p. 399. 4) Mart. Die Lehre von den Giften, Göttingen 1827. Band 1, Abtheil. I, p. 219--223. 13 zutage der Gebrauch von Canthariden enthaltenden Pulvern und Pillen zu erotiſchen Zwecken in Frankreich, Italien und England hin und wieder im Volk angetroffen werden ſoll. Der glänzende Aufſchwung, den die Naturwiſſenſchaften im 16. und 17. Jahrhundert genommen, hatte einen Rückſchlag auf die cracte pharmakologiſche Forſchuug nicht ausbleiben laſſen. Die Bedingun- gen für einen gedeihlichen Fortſdritt waren durch die Errungenſchaften in der Anatomie und Phyſiologie und ſpäter aud in der Chemie ge- ſichert. In der Mitte des 17. Jahrhunderts waren die erſten bedeu- tenderen mikroſkopiſchen Unterſuchungen von Malpighi und Leu- wenhoeck ausgeführt worden und faſt gleichzeitig ſehen wir den Verſuch gemacht, dem Mikroſkop auch in pharmakologiſchen Fragen die Entſcheidung zu überlaſſen. Im Jahre 1678 hatte Dlaus Bor- richius ) (Dle Borch), ein norwegiſcher Arzt, den zu allen Zeiten für ein myſtiſches und unerklärtes Wunder gehaltenen Umſtand, daß Canthariden auf den Arm gebracht die Blaſe reizen könnten, dadurch erklärt, daß er angab, bei Unterſuchung dieſer Thiere mit dem Mi- troſkop unendliche, durch den ganzen Körper derſelben verbreitete Men- gen feiner Stachein gefunden zu haben, welche durch die der Epi- Dermis beraubten Hautſtellen in das Blut und weiter in die Blaſe gelangten und hier Schmierzen und andere Folgen hervorriefen. Al- lcin bereits ein Jahr ſpäter war dieſer Anſicht Fr. Schrader?) mit der Behauptung entgegengetreten, daß er trot guter Gläſer weder bei der ſpaniſchen noch der indiſchen Cantharide jene erwähnten Sta- cheln zu entdecken im Stande geweſen ſei. Noch entſchiedener hat fich gegen eine derartige Anſchauung von der mechaniſchen Wirkung der ſpaniſchen Fliege Caspar Neumann ausgeſprocheu. Er ver- fichert auf ſein Gewiſſen 3), daß es in der ganzen Chymie, ja mit nallen phyſikaliſchen Subjectis wegen ihrer Eigenſchaften und Wür- ,,kungen wahrhaftig auf die äußere Form, eckicht, runde, ſtachlicht, olyadicht, ſpießicht, glatte oder irgend eine andere Form gar nicht, nfondern einzig und allein auf die Mirtion, innere Beſchaffenheit und „materielle Beſtandtheile ankommt". In Betreff der Canthariden legt er das Grundloſe einer derartigen Anſchauung von ihrer mecha- liijchen Wirkungsweiſe dadurch dar, daß die pulveriſirten Canthariden jene Stacheln, die „nur einige ſubtile Haare auf ihren Bäuchen" ... -- -- .....---. ...-- ------- 1) Marg, 1. c. p. 136. - 2) 1. c. p. 137. 3) Chymia medica dogmatico - experimentalis, Züllichan 1749-1753. Band 3, p. 8. 14 ſeien, ſich nicht nachweiſen ließen und auch ein weingeiſtiger Auszug der Canthariden dieſelben Wirkungen, wie die ganze Cantharide, her- vorbrächte. Er machte darauf aufmerkſam, daß man die Wirkung aber ebenſowenig in einem Gehalt an cauſtiſchem Salz, „wie gleich wol der größte Hauffen bishero vom Sale caustico ichwaget und fchreibet," zu ſuchen habe, da man ,von etliche 100000 Stück (Can- thariden) ein oder ein paar Gränchen Salis caustici vel acerrimi darzuthun“ nicht im Stande wäre und die „caustica ihren effectum causticum gleich an der cuticula ſehen laſſen, dagegen die Vesica- toria anfänglich der cuticulae gar keinen Schaden thun, ſondern folche nur erheben, dadurch eben die Foligkeit und ſogenannte Blaſe cauſiren". Er meinte, daß die ſpecifiſche Wirkung der verſchiedenen Medicamente aus dem Thierreid), beſonders bei den Canthariden in einem eigenthümlichen Stoff zu ſuchen ſei, der von der Haut reſorbirt werde und hauptſächlich nur auf das „lymphatiſche und ſeröſe Weſen, specialissime aber ſeine Wirkung auf die Urinblaſe auslaſſe". Das Reſultat ſeiner Unterſuchungen war, daß die Canthariden aus drei „cheidbaren" Dingen, ex partibus gelatinosis, resinosis und ter- reis vel indissolubilibus beſtänden und daß die vis vesicatoria et diuretica dieſes animalculum in dem extractum resiniforme fich finde. Einer neuen Unterſuchung wurden die Canthariden 1780 von dem franzöſiſchen Arzte Thouvenel 1) unterworfen. Er fand bei ſei- ner „Bergliederung der Arzneyen aus dem Thierreiche" vier verſchie- Dene Beſtandtheile in der ſpaniſchen Fliege: „1) ein gelbgrünes Er- tract, faſt wie Ameiſen, 2) ein gelblichtes, geſchmackloſes Del, das ihrer Tinctur mit Weingeiſt ziemlich ähnlich ſieht, 3) eine weiße grüne delicte Materie, die ſehr viel Aehnlichkeit mit dem Wachſe hat, ... und die vornehmſte Firaft dieſer Inſecten enthält.“ Den vierten Bes ſtandtheil bildete das feſte Gewebe der Canthariden, welches faſt die Hälfte ihres Gewichts ausmachte. Durch das Mangelhafte der Mittheilungen Thouvenel's wurde Beaupoil?) angeregt, dieſen Gegenſtand einer nochmaligen gründ- lichen Durchforſchung zu unterwerfen. Er begnügte ſich dabei nicht, durch Extraction eine Reihe von Beſtandtheilen der Canthariden bar- zuſtellen, ſondern unterwarf die gefundenen Producte einer Prüfung ihrer phyſiologiſchen Wirkung und kam dabei zu dem Reſultat, YV ----- 1) Crell'8 chemiſches Journal 1780, p. 146. 2) Annales de Chimie. 1803. Tom. 48, p. 29. Recherches médico-chimiques sur les vertus et les principes des Cantharides. 15 LL T daß die verſchiedenen Beſtandtheile in gleicher Weiſe, wenn auch mit verſchiedener Intenſität wirkten. So ſollte ein wäſſriges Extract in kleinen Doſen ebenſo wirken, wie die Cantharide ſelbſt; beſonders wirkſam ſollte dieſes Präparat ſich den Harnwerkzeugen gegenüber verhalten. Dagegen ſollte die ſchwarze Subſtanz viel weniger wirkſam ſein. Wurde ſie in größerer Menge Thieren gereicht, ſo ſaly Beaupoil ſie gewöhnlich nur Unbehagen und Erbrechen, jedoch nie den Tod bewirken. Ein äußerſt eigenthümliches Verhalten zeigte die grüne Materie, die innerlich angewandt ſelbſt in größeren Doſen keine ſchädlichen Folgen hervorrief, dagegen mit Wachs auf die Haut gebracht, blaſenziehend wirkte. Auch hatte Beaupoil die Beobach- tung gemacht, daß ſowohl das wäſſrige Extract, als auch die gelbe Materie, die ſich der grünen ähnlich verhielt, und die ſchwarze Sub- ſtanz auf die äußere Haut gebracht faſt in derſelben Zeit blafen= ziehend wirkten. Durch die Unterſuchungen Beaupoil's, die jedoch noch viele Widerſprüche enthielten, war nachgewieſen worden, daß die einzelnen, von einander iſolirbaren Beſtandtheile der Canthariden ſowohl bei äußerer als innerlicher Anwendung ſehr verwandte Eigenſdaften zeigten. 1811 ſtellte Nobiquet?) eine neue Reihe von Verſuchen an. Bunächſt wollte er die bisher ausgeführten Analyſen einer Prüſung unterwerfen, um ſich dabei von der Richtigkeit der Unterſuchungen Beaupoil's zu überzeugen; ferner wollte er prüfen, ob nicht in den, in ihren phyſikaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften ſo ſehr von ein- ander abweichenden, in ihrer phyſiologiſchen Wirkung jedoch einander ſehr ähnlichen Beſtandtheilen der Canthariden, ein und derſelbe die Legtere bedingender Stoff ſich nachweiſen ließe. Er ſchlug zunächſt denſelben Weg ein, wie ihn auch Thouvenei und Beaupoil ver- folgt hatten, indem er, um die einzelnen Beſtandtheile der Canthari- den von einander zu iſoliren, Yeştere mit Waſſer und Alkohol behan- delte. Er ſtellte aus den grob gepulverten Canthariden durch Nochen mit Waſſer ein Decoct dar, welches von dunkelbrauner Farbe war, Lakmuspapier ſtark röthete und in kurzer Zeit auf der Haut Blaſen hervorrief. Nach dem er dieſelbe Menge Canthariden mehrmals mit Waſſer ausgekocht hatte, trodnete er den in Waſſer ungelöſten Rückſtand und behandelte ihn mit Alkohol, wobei er eine grüne Tinctur erhielt, die nach Verdunſten des Alkohols ein grünes, fet- tes Del hinterließ, welches auf die Lippen gebracht ſich als durch -------------------- -- -- Y Ł . 1) Annales de Chimie. Tom. 76, p. 302, 16 aus unwirkſam erwies. Hobiquet wandte jeßt ſeine Aufmerkſamkeit dem wäſſrigen Decoct zu. Auf Zuſaß von Alkohol ſah er das- ſelbe ſich in zwei von einander verſchiedene Subſtanzen trennen, indem aus der gelben zähen Flüſſigkeit ein ſchwarzer, in Alkohol un- löslicher Niederſchlag ſich ausſchied. Nachdem er ſich davon überzeugt hatte, daß die gewonnene gelbe Materie ſehr ſtark blaſenziehend wirkte, unterwarf er den ſchwarzen Niederſchlag nochmals der Be- handlung mit kochendem Alfohol, bis dieſer endlich ungefärbt blieb. Der nun mit der ſchwarzen Maſſe angeſtellte Verſuch ergab, daß die- ſelbe nicht mehr Blaſen zog. Robiquet hatte nun die volle Gewißheit, daß nur ein Stoff Der wirkſame in den Santhariden ſei, wobei die Frage noch zu ent- djeiden blieb, ob die gelbe Maſſe in ihrer Totalität blaſenziehend wirke oder ob ſie ſich noch weiter zerlegen laſſen werde. Nach einer größern Reihe mißglückter Verſuche that er einen glücklichen Griff, indem er den Theil des wäſſrigen Decocts, der durch Alkohol ertrahirt worden war, in ei- ner verſchloſſenen Flaſche mehrere Stunden mit Schwefeläther ſchüttelte. Er bemerkte hiebei, daß der Aether eine gelbe Färbung annahm. Von der wäſſrigen Flüſſigkeit abgehoben und auf eine Porcellanſchale ge- bracht, hinterließ der ätheriſche Auszug bei ſeinem Verdunſten glimmer- artige Blättchen, welche durch Behandeln mit kaltem Alkohol von einigen Tropfen ihnen anklebender gelber Flüſſigkeit befreit werden konnten. Dieſe in Waſſer vollſtändig unlöslichen Blättchen löſten fich in kochendem Alkohol und ſchieden ſich beim Verdunſten desſelben in Kryſtallen aus. Der hundertſte Theil eines Grans dieſer Kryſtalle mittelſt eines kleinen Papierſtreifens auf die Lippe gebracht, rief in einer Viertelſtunde lebhafte Schmerzen und kurze Zeit darauf Blaſen hervor. Ein Verſud), die der Lippe noch anhaftenden Kryſtalle burdi eine Wachsfarbe unwirkſam zu machen, hatte zur Folge, daß ſich beide Lippen mit Blaſen bedeckten. Robiquet ſtellte noch einen weitern Verſuch mit der gewonnenen wirkſamen Subſtanz an, indem er einige Tropfen Süßmandelörs, die eine geringe Menge derſelben gelöſt ent- hielten, auf Löſchpapier brachte. Auf den Arm gelegt, bewirkte lez- teres in 6 Stunden eine Blaſe von der Größe des verwandten Pa- piers. Endlich überzeugte ſich auch Robiquet, daß die gelbe Materie, der durch Aether das blaſenziehende Princip entzogen worden war, mit Del auf den Arm gebracht, durchaus keine Wirkung mehr hervor- brachte. Die von Nobiquet als wirkſam erkannte Subſtanz erhielt bald nach ihrer Entdeckung von Thom. Thomſon. den Namen Cantharidin. 110 Es waren ſomit die durch die Arbeit Beaupoil's hervorgeru- fenen Widerſprüdie vollſtändig aufgeflärt worden. Daß zunächſt die grüne, fettige Materie bei ihrer äußern Anwendung viaſenzichend wirkte, hatte offenbar darin feinen Grund gehabt, daß Beaupoir das Xuskochen der Canthariden mit Waſſer nicht lange genug fortgeſekt hatte, ſo daß der in Waſſer ideinbar unlösliche Rüdſtand noch immer von der gelben Subſtanz und Cantharidin enthielt, welches ſpäter zu= gleid mit der grünen Materie durch Alkohol cytrahirt wurde. Ein Beweis hiefür mag unter Anderem aud darin zu ſuchen ſein, daß ſich aus der von Beaupoil dargeſtellten grünen Materie bei längere Zeit fortgefektem Behandeln mit Salzſäure weiße, glänzende Blättchen auðſchicden'), die offenbar zum Theil aus Fettſäuren, zum Theil aus Cantharidinkriſtallen beſtanden. Ferner hatte Beaupoil, um die gerbe von der ſchwarzen Ma- terie vollſtändig zu trennen,- ſich ſtets nur kalten Alkohols bedient in der Befürchtung, daß durch heißen keine Trennung der beiden in Frage ſtehenden Subſtanzen herbeigeführt werden würde. Durch alleiniges Behandeln mit kaltem Alkohol mußte aber immer noch ſo viel Can- tharidin in der idywarzen Materie zurückbleiben, daß hieraus ſehr wohl ihre blaſenziehende Wirkung erklärlich wird. Robiquet's Anſichten über die Wirkſamkeit der einzelnen Be- ſtandtheile der Canthariden haben durch die in der Folge angeſtellten Arbeiten eine weitere Beſtätigung gefunden. Die grüne Materie betreffend wies Gößmannt?) nach, daß das Fett in den Cantha- ricen an3 ſaurem margarin- und elainfaurem Lipyloryb beſtele, be- richtigte jedoch in einem ſpäteren Aufſage 3) dieſe Unterſuchungen das durd), daß er nachwies, daß auch hier, wie dies von Heintz für die Fette Dargethan worden war, die Margarinſäure fick weiter in Par- mitin- und Stearinſäure zerlegen laſſe. Der grüne Farbſtoff in dem von Leffali im Ueberſchuß in eine Fraune Modification übergefülyrt. über ebenſowenig als Gößmann bei ſeiner chemiſchen Unterſuchung des Fettes der Canthariden eine etwa dieſer grünen Fettmaſſe zukom- mende beſondere Eigenthümlichkeit hatte nachweiſen können, ebenſo- manner ano.----- - - - - --------------- - - - - - x H T - 1) l. c. pag. 37. 2) „leber die Beſtandtheile der Canthariden“ Jiang -Diff. Göt. tingen. 1853. p. 26. 3) Annal. d. Chem und Pharm. Band 89. 1851. p. 123. 18 wenig hatte durch Orfila 1) bei nochmaliger Prüfung der phyſiologiſchen Wirkung dieſes Körpers die geringſte Spur einer nachtheiligen Wir- fung nachgewieſen werden können ?). Es ſcheint um fo mehr geboten, an dieſen Orte auf die vollſtändige Unwirkſamfeit der grünen Ma- terie aufmerkſam zu machen, da noch in neuerer Zeit von Nebiu83) behauptet worden iſt, baß nicht das Santharidin, ſondern ein grünes, fettes Del, welches fich völlig und ſchnell im Xether löſt, der Theil Der Canthariden ſei, welcher die blaſenziehende Eigenſchaft derſelben bedinge. • Die Unterſuchungen über die gelbe Materie ſind durchaus nicht mit demſelben Erfolge, wie die über die grüne Materie, weiter fortgeführt worden. Nur ſo viel hat ſich feſtſtellen laſſen, daß fie Nehnlichkeit mit den Fetten zeigt, taß fie in reinem oder angeſäuer- tem Waſſer etwas löslid iſt. Nad Warner 4) und Robiquet5) erhält durch Vermittlung der gelben Materie das an und für ſich in Waſſer und kaltem Alkohol unlösiiche Cantharidin die Fähigkeit ſich in dieſen Flüſſigkeiten aufzulöſen. Das beſte Löſungsmittel für die gelbe Materie iſt der Alkohol; in Waſſer, Aether, Chloroform und Schwefelkohlenſtoff löft ſie ſich dagegen in geringerem Maße, fo lange ſie von dem anhängenden Fette noch nicht befreit worden iſt, aber ebenſo leicht in Waſſer wie in Alkohol, Dagegen faſt gar nicht mehr in Aether, Chloroform und Schwefelkohlenſtoff ſobald die Fette abgeſchieden find 6). Von der vollſtändigen Wirkungsloſigkeit dieſer Materie, nachdem ſie durch Schütteln mit Aether vom Cantharidin befreit worden iſt, hat ſich Orfila turdy Erperimente an Thieren überzeugt). U 1) Traité de Toxicologie. Quatrième Edit. 1843. Tome II. p. 152. Exper. XXIII. 2) Auch in fonnte mich von der vollſtändigen Wirkungsloſigkeit der grünen Materie überzeugen. 3,726 Grm. gepulverter Cantharidei wurden viermal mit Waló jer ausgekocht. Der im Waſſer ungelöſte Müdſtand wurde darauf dreimal mit ulfo- hol mnogefodt. Die abfiltrirte Flüjjigkeit wurde auf dad Dampfbad gebrucht. Nad) Berdampfen des Ulfoholó hatte der Rückſtand cine ſyrupdicke Conſiſtenz und war von faftgrüner Farbe. Er wurde eine Kater bon 3,68 Kilogr. Gewicht in den Magell gebracht und der Defophagus unterbundeni. 418 dao Verſuchsthier nach 48 Stundert ſtrangulirt worden war, zeigte ſich im ganzel Darınıfanal keine Verändering. 3) örävell, Notizen f. prakt. Gerzte. 1852. Bd. IV, 681. 4, Wittſteini, Vierteljahrſár. f. praft. Pharmacie, BD. VI. p. 87. b) I. c. p. 310. 6) Dragendorff, Pharmac Zritſar. 1. Nußland. 1865. p. 105. 7) 1. C. p. 151. Exper. XXXIII, 11 XXXIV. 19 • Die ſchwarze Subſtanz, welche größtentheils aus den durch Alkohol präcipitirten Albuminaten zu beſtehen ſcheint, beſitt an und für ſich nach der Behauptung Noviquet's keine blaſenziehende Ei- genſchaft. Warner ?), welcher in der von Robiquet angegebenen Weiſe die ſchwarze Subſtanz durch mehrmaliges Auskochen mit Al- kohor vollſtändig von der gelben Materie erſchöpft Vatte, ſtimmte dieſer Anſicht bei. Daß ſie innerlich gereicht keine toriſchen Eigenſchaften zeigte, wies Drfila nach. Dagegen kam er zu bem widerſprechenden Reſuítat, daß fie in eine Hautwunde gebracht nach einiger Zeit Ver- giftungserſcheinungen hervorrufe). Außer den bisher angeführten Beſtandtheilen der Canthariden wurden von W. Procter 3) noch Osmazom, Harnſäure, Eſſig- fäure, Phosphorſäure und phosphorfaurer Kalk, ſowie Mag- neſia in denſelben nachgewieſen. Eine viel geringere Aufmerkſamkeit als den genannten Beſtand- theilen iſt einem eigenthümlichen, fettähnlichen, einen äußerſt ſtarken ſpecifiſchen Gerud verbreitenden Körper, welcher durch Deſtillation der Canthariden gewonnen wird, geſchenkt worden. Schon früheren Forſchern war dieſes äußerſt wirkſame Deſtillat bekannt, fand aber keine weitere Berückſichtigung, weil es mit dem Cantharidin für identiſch gehalten wurde. Ozanam 4), welcher ſich längere Zeit in Italien aufhielt, hat einige äußerſt intereſſante Aufſchlüſſe über die Aqua tofana oder cantarella gemacht. Er unterſchied drei Arten dieſes Giftes. Die erſte iſt ein mit Waſſer und Alkohol bewerkſtel- ligtes Deſtillat von Canthariden ; es iſt eine etwas gelbliche, geruch- loſe Tinctur, welche man in ſorgfältig verſtopften Gläschen aufbe- „wahrt, denn ſie verliert ihre Eigenſchaft, wenn ſie mit Luft und Licht „in Berührung kommt“. Die beiden anderen Arten beſtanden aus arſenigſaurem Kalt und effigſaurem Blcioryd. Auch Orfila 5), ebenſo Warner6) machten auf die giftigeu Eigenſchaften des Deſtillates der Canthariden aufmerkſan. Durch die Verſuche von Procter ?) und Bluhm 8) iſt es zur Evidenz nachgewieſen worden, 1) 1. C. p. 87. - 2) 1. c. p. 153. Exper. XXVII-XXIX. 3) Wittſteini, Vierteljahrſitr. f. prakt. Pharmac. Bd. II, p. 322. 4) Froriep, Notizen aus d. Gebiete d. Natur- und Heilkunde. Bd. IV, „Kleber das Aqua Tofana-Gift". 5) 1. c. p. 150. Exper. XVII 11. XVIII. - 6) 1. c. p. 87. 7) Wittſtein, Vierteljahrſchr. f. praft Pharmac. II, 322. 8) C. Bluhm, „Beitrag zur Kenntniß des Canthariding in der Cantharis vesicatoria Latreille". Dorpat 1895. p. 18 11. 19 Verf. 1 11. 2. 2 * 20 daß Cantharidin nicht in das Deſtilat übergehe, gleich viel ob es als reines Cantharidin oder in den Canthariden enthalten der Deſtillation bei einer Temperatur bis zu 211° C. unterworfen wird. Die mit bem gewonnenen Deſtillate von beiden angeſtellten Verſudhe hatten ferner dargethan, daß es weder ſelbſt, noch ein ätheriſcher Auszug aus ihm blaſenziehend wirke. Es wurde ſchon bemerkt, daß von Nobiquet als wirkſamer Beſtandtheil der Canthariden das Cantharidin entdeckt worden war. Obgleich ſeit Nobiquet zahlreiche Unterſuchungen, ſowohl über die dhemiſche Conſtitution als über die Einwirkung dieſes Stoffes, des Cantharidins, auf den thieriſchen Organismus angeſtellt worden ſind, ſo find, die bisher erzielten Reſultate dennoch nichts weniger als be- friedigend ausgefallen. Die von Pliſſon und Henry 1) aufgeſtellte Anſicht, daß das Cantharidin ein Alkaloid ſei, wurde von Negnault') widerlegt, welcher in demſelben Stickſtoff nicht nachweiſen konnte. Er ſtellte für das Cantharidin die Formel C,,H60, auf. Dennoch hat bis auf den heutigen Tag dem Cantharidin kein bleibender Plat in dem Syſteme der organiſchen Verbindungen angewieſen werden können. Strecker 3) rechnet das Cantharidin zu den indifferenten, kryſtalliſirbaren Körpern, Taylor 4) hält es noch für ein Alkaloid, Gmelin 5) nennt es Cantharidencamphor und Gorup 6) ſtellt es zu den ſauerſtoffhaltigen, ätheriſchen Delen, weil er „keinen mehr paſſen- den Platz für daſſelbe weiß“. Am ausführlichſten handelt Procter) vom Cantharidin. Es ſoll nach ihm, außer in Alkohol, Aether, Chloro- form, in concentricten Mineralſäuren, Oliven- und Terpenthinöl löslich ſein. Concentrirter Ammoniakliquor nimmt nur wenig Cantharidin auf und fcheidet es beim Verdampfen in Kryſtallen ab. Aus der Lö- fung in Mali- und Natronlauge wird das Cantharidin durch Eſſigſäure gefällt. Ich muß Hervorheben, daß allen Forſchern ſeit Robiquet die Löslichkeit des Cantharidins in concentrirten Löſungen von Alka- lien bekannt war. Doch ſcheinen ſie alle dieſe Eigenſchaft für eine rein phyſikaliſche gehalten zu haben. Denn die Vermuthung lag zul -... ---------------------------------... , . -...- .- - -- - - -- · 1) Journal de Pharmacie. 1831. p. 449. 2) Journal de Chemie et Physique. LXVIII. p. 159. 3) Lehrbuch der Chimie. 1857. Bd. 2, p. 425. 4) „Die Gifte." Dentích von Dr. R. Sendeler, 1862. VO. 2, p. 569. 5) Handbuch der Chemie. 1862. Bd. 7, p. 423. 6) Lehrbuch der Chemie. 1862. Bd. 2, p. 667. 7) Vierteljahresfchr. f. prakt Pharm. II, p. 322.. 21 ferne, daß das Cantharidin mit Alkalien oder überhaupt ſtarken Baſen eine Verbindung eingehen könne und in dieſer Form in den gewöhn- Yichen Löſungsmitteln nicht mehr löslich ſei. Es hatte Nobiquet die Anſicht ausgeſprochen, daß ſämmtliches in den Canthariden ent- haltene Cantharidin in Verbindung mit der geiben Materie in Waſſer löslich ſei, und dieſe Anſicht war bisher noch nicht wirerlegt worden. Die Kenntniß des chemiſchen Verhaltens des Cantaridins überhaupt, als auch beſonders in der ſpaniſchen Fliege, iſt ſeit der im verfloſſenen fahre erſchienenen Magiſterdiſſertation von Bluhm in ein neues Stadium der Entwickelung getreten. Auf Veranlaſſung von Prof. Dragendorff hatte Bluhm den Verſuch gemacht, eine Methode aufzufinden, welche geſtattete, das Cantharidin ſowohl in gerichtlich chemiſchen Fällen nachzuweiſen, als auch feine Reindarſtellung zu ver- einfachen. Bei ſeinen Unterſuchungen mackyte Bluhm die Beobach- tung, daß das Cantharidin ſich aus den ſpaniſchen Fliegen erſt nach Buſaß von Schwefelſäure durch Chloroform ausziehen laſſe, wenn dies ſelben zuvor mit gebrannter Magneſia gekocht worden waren. Auch eine directe Behandlung der Canthariden mit Alkohor, welcher mit Schwe- felſäure angefäuert worden war, und Chloroform ergab cine reich- liche Ausbeute an Santharidin. Dei Cantharidingehalt der Can- thariden beſtimmte Bluhm zu 0,2556 bis 0,2782, im Mittel zu 0,2642 %. Bei einigen Verſuchen waren in Alkohol oder Aether 0,096 % Cantharidin direct gelöſt. Dagegen konnte aus den durch die genannten Löſungsmittel erſchöpften Canthariden durch Behan- deln derſelben mit gebrannter Magneſia und Schwefelſäure noch 0,18% Cantharidin gewonnen werden. Bluhm gelangte hiebei zu der Annahme, daß das Cantharidin in den Canthariden in zwei verſchiedenen Zuſtänden vorkomme. Ein Theil desſelben, wahrſchein- lich im freien Zuſtande, läßt ſich durch die bisher für das Cantha- ridin gebräuchlichen Löſungsmittel ausziehen. Der andere Theil Dagegen löſt ſich in letzteren erſt nach vorhergegangener Behandlung der Canthariden mit Schwefelſäure oder mit gebrannter Magneſia und Schwefelſäure 1). Die Vermuthung, daß das Cantharidin mit V - WA- 1) Hieraus erklärt ſich, warum bei den oben (p. 19) angeführten Verſuchen Orjila'8, die fchwarze Materie, riad)dem ihr durch Aitohol cheinbar alles Canthari: bin entzogen war, in das IInterhaufzellgewebe eines Hundes gebracht, tödtiich wirkte. Die fdwarze Materie bildet jenen Theil deo tväfferigen Decoctes der Canthariden, der in alfohol untödlich iſt. Da der Alfohol ir dag freie Cantiaridin dein wäfferigen Decoct entziehen kann, fo muß die ſchwarze Materie immer noch daß an Baſen gebuni. bene Cantharidin enthalten. Es werden, nadidem die genannte Subſtanz in dao Ilia der Magneſia bei dieſen Verſuchen eine in Chloroform unlösliche Verbindung eingegangen ſei, wurde durch die mit reinem Cantha- ridin angeſtellten Verſiche beſtätigt. Es gelang Bluhm eine Reihe von Verbindungen darzuſtellen, in welchen das Cantharidin ſtar- ken Baſen gegenüber die Rolle einer Säure zu übernehmen ſcheint. Mit wäſſerigen Alkalien geht das Cantharidin leicht Ver- bindungen ein, aus denen es bereits in der Kälte die Kohlenſäure freimacht und durch Mineralſäuren in kryſtalliniſcher Form ausge- fchieden wird. Es hatte ſich ferner nach dreitägigem Rochen von Cantharidin und gebrannter Magneſia mit Waſſer in einer zugeſchmolzenen Glasröhre eine in Waſſer lösliche Verbindung des Cantharidins gebildet, auf welche freie Kohlenſäure keine Einwirkung ausübte, welche aber durch kohlenſaure Alkalien in kohlenſaure Ma- gneſia und eine Verbindung des Alkalis mit dem Cantharidin zer- legt wurde. In Aether war dieſe Magneſiaverbindung unlöslich, dagegen löslich in heißem Del. Die ölige Löſung wirkte blaſenziehend 1). Aehnlich der Magneſiaverbindung verhielt ſich die Verbiniung von Baryt mit Cantharidin. Auch hier bewirkte hinzugeleitete Non- Yenſäure keine Zerſeßung, wohl aber Schwefel- und Salzſäure. Die Barytverbindung, welche in Aether vollſtändig unlöslich war, löſte ſich ſchwer in kaltem Waſſer. Einige mit Zinkoxyd angeſtellte Verſuche machten es wahrſcheinlich, daß das Cantharidin auch mit Dryden ſchwerer Metalle Verbindungen eingehe. Röſungen einzelner Dryte von ſchweren Metallen riefen Niederſchläge in Löſungen von Cantha- ridin hervor. Weitere Verſuche, welche zur Feſtſtellung einer Methode für terhautzellgewebe gebracht worden iſt, die in Waſſer löblichen Verbindungen des Can- thariding in das Bint übergehen und, wenn eine genügende Menge von ihnen vorhanden war, den Tod herbeiführen. Da nun die Salze deo Canthariding iv eniger raſch vom Magen, a 18 vom linternautgell gewebe au8 reſorbirt werden, ſo inuß angenommen iperden, daß ein Theil der dwarzen Subſtanz, bevor das in ihr eilis haltene Cantharidin reſorbirt werden konnte, mit dem übrigen Darminhalt auß demi Körper hinquobefördert wordeu war, da Difiła nach innerlidier Darreidyung iiur Bers giftungserſcheinungen geringeren Grades, nicht aber den Tod eintreten ſah. 1, E8 muß dahingeſtellt bleiben, ob beim Auflöſen der Magneſiaverbinding des Canthariding in heißem Del nicht eine Werfeifing der Magneſia ſtattgefunden habe, ſo daß die ölige Löſung des Canthariding, und nicht die der Magneſiaberbinding die blafenziehende Wirkung bedingte. Bei Verſuchen, werde ich mit dieſer Berbindung des Canthariding anſtellte, wurde ſie in der Kälte mit Del behandelt. Nach inehreret Stunden wurde das Dei von der Magneſiaverbindung entfernt, erivier fid) aber niet als blaſenziehend. 23 den gerichtlich - chemiſchen Nachweis des Santharidins gedient hätten, hat Blum nicht angeſtellt. Er ſprach jedoch die Vermu- thung aus, daß beim qualitativen Nachweis des Cantharidins die bisher gebräuchlichen Löſungsinittei für letzteres erſt nach vorausge- ſchickter Behandlung der zu unterſuchenden Subſtanzen mit Schwefel- ſäure anzuwenden feien. . Varruel 1) ſcheint es zuerſt geweſen zu ſein, der die Entdeckung Nobiquet's, daß das Cantharidin allein der baſenziehende Beſtandtheil in den Canthariden ſei, für die gerichtliche Chemie practiſch verwerthet hat. Thm waren zwei verdächtige Subſtanzen übergeben worden. In der Einen (ratafiat de cassis) konnte er Cantharidin nicht nachweiſen. Die Erſcheinungen, welche ſich nach dem Genuße dieſes Liqueurs bei meha reren Perſonen, die von demſelben getrunken hatten, einſtellten, ließen vermuthen, daß demſelben ein auf die Geſchlechtswerkzeuge einwirken- der Stoff Beigemiſcht worden ſei. Barruel dampfte den Inhalt der ihm übergebenen Flaſche ein, behandelte den Rückſtand, der die Con- ſiſtenz'eines Extractes hatte, mit Schwefeläther und Hradyte, da er in demſelben weder ein metalliſches Gift, noch Phosphor nachweiſen konnte, ein mit einem Theil deſſelben beſtrichenes Stück Velinpapier auf ſeinen Arm. Nach 8 Stunden war nicht die geringſte Reaction eingetreten. Ebenſo wirkungslos blieb der in Nether ungelöſte Theil des Liqueurs. Barruel glaubte ſich durch das Reſultat dieſer Un- terſuchung zu dem Schluß berechtigt, daß die Erſcheinungen, welche durch den Genuß des Liqueurs hervorgerufen worden waren, mit denen übereinſtimmten, die überhaupt nach dem Genuß einer grö- Bern Menge einer alkoholiſden Flüſſigkeit beobachtet würden. Die zweite verdächtige Subſtanz, welche Barruel eingehändigt worden war, bildeten 24 Grm. Chocolade in Tafeln. Die Chu- colade zeigte bereits beim Betrachten im Sonnenlichte mit unbewaff- netem Auge zahlreiche grün- und goldglänzende Pünktchen, die ſofort - vw 1) Annal. d'hyg. publ. Tome XIII, p. 455. 1835. Barrucl: can- tharides mêlées au chocolat, procédé enployé pour découvrir ce mélange. 24 LA als Cantharidenpartikel erkannt wurden. Zunächſt überzeugte ſich Barruer davon, daß auch in dieſer Subſtanz kein metalliſches Gift vorhanden ſei. Darauf wurde der Reſt der Chocolade gepulvert und 12 Stunden hindurch mit Schweſeläther geſchüttelt, lekterer abge- ſchieden und verdunſtet. Es war ein reichlicher, der Cacaobutter ähnlicher, fettiger Rückſtand zurückgeblieben. Ein kleiner Theil dieſer Maſſe rief, in die Lippen eingerieben, in wenigen Stunden eine Blaſe hervor. Es wurde nun noch ein zweiter Verſuch mit der Chocolade angeſtellt. Eine Priſe der gepulverten Chocolade feuchtete Barruel mit etwas Waſſer an und brachte dieſe Paſte auf ſeinen Arm, auf welchem er ſie mit einer Binde befeſtigte. Nach Verlauf von 6 Stun- der war eine Blaſe von der Größe eines Zweifrancſtückes entſtanden. Das einfache Verfahren Barriel's fand in der Folge nicht die weitere Vervollkommnung, wie ſie hätte erwartet werden können. Nur Briand 1) Hat unter ähnlichen Verhältniſſen wie Barruel, den Nachweis von Cantharidin geliefert. Poumet, welder 1842 eine Neihe von Verſuchen veröffent- lichte, wollte dem phyfiſden Beweiſe einer ſtattgehabten Ver- giftung durch Canthariden eine größere Sicherheit verſchaffen. AI- Yein eß erſchien Poumet nicht ſachgemäß, nach ſtattgehabter Vergif- tung rady dem Cantharidin zu ſuchen?), welches allerdings vom Nörper reſorbirt, durch Erbrechen, Stuhl und Harn aber wahr- fcheinlich wieder zum größten Theil aus demſelben entfernt werde. Ein ganz beſonderes Gewicht legte dabei Poumet auf die Angabe Thierry'ø, daß in den Canthariden überhaupt nur 1/250 ihres Ge- wichtes an Cantharidin vorhanden ſei. Er hielt aus dieſem Grunde ben chemiſchen Beweis der Vergiftung durch cantharidinhaltige Subſtanzen für unausführbar. Fene Fälle, welche dem Gerichtsche- miker dadurch die größten Schwierigkeiten Bereiten, daß die Vergif- tung durch wäſſerige oder alkoholiſche Auszüge aus Canthariden ſtatt- gefunden hat, zog Poumet nicht in den Kreis ſeiner Unterſuchung. Er beſchränkte ſich darauf, eine Vergiftung durch Canthariden aus der Anweſenheit von Cantharidenpartikeln in der Leiche zu beweiſen. Er hielt das Aufſpannen und Trocknen der einzelnen Theile des Darmes, ſowie das Aufſtreichen der erbrochenen Maſſen und des No- thes auf Glasplatten und das nadherige genaue Durcmuſtern der - - - --- M U ... - .- - -- 1) Refer, in Pou met: Nouvelles recherches etc. sur l'empoisonnement par les cantharides. Arinal, d'hyg. publ. T. XXVIII. 1842. p. 367. 2) Poumet, 1. c. p. 366 et sq. 25 Y auf dieſe Weiſe zubereiteten Objecte für das ficherſte Mittel, bei Cantharidenvergiftung den phyſikaliſchen Beweis zu liefern. Orfilat) ſtimmte mit dem von Poumet vorgeſchlagenen Ver- fahren bei Vergiftung durch Canthariden in Subſtanz überein. Von den für die alkoholiſche Tinctur der Canthariden von Drfila ange= gebenen chemiſchen Neactionen kann keine einzige als für dieſe Tinctur allein characteriſtiſch angeſehen werden. Vom Cantharidin führt Orfila die phyſikaliſchen Eigenſchaften, ſein Verhalten gegen Lö- fungsmittel an. Aber dieſe Merkmale können nur dort einigen Werth haben, wo das Cantharidin unvermengt zur Unterſuchung kommt, nicht aber dort, wo es in den Körper bereits eingeführt mit anderen Subſtanzen vermiſcht iſt. Ebenſowenig wie Boumet hatte Orfila bazu Vertrauen, das Cantharidin durch Aether aus organi- ſchen Subſtanzen zu ertrahiren. Nur in dem Falle ) dürfte man die Hoffnung hegen, das Cantharidin auf dieſe Weiſe aus der zu unterſuchenden Subſtanz zu erhalten, wenn man bereits mit unbe- waffnetem Auge in derſelben Cantharidenpartikel wahrnehmen könne. Ein in vieler Beziehung ſehr lehrreicher Fall iſt der von Buhl) mitgetheilte. Ich führe ihn, da ich nochmals auf denſelben zurück- kommen muß, möglichſt ausführlich an. Derſelbe betraf einen 17- jährigen Burſchen, welcher 1/2 Tage, naddem er angeblich eines Rheumatismus wegen ein handtellergroßes Veſicator auf den Nacken gefegt erhalten hatte, unter den Erſcheinungen eines täglichen Wechſelfie- bers in das Krankenhaus aufgenommen wurde. Das Wechſelfieber kehrte nach einer Gabe Chinin nicht mehr wieder, dagegen wollte die Veſicatorwunde nicht heilen. Der aus dieſem Grunde unterſuchte Barn enthielt eine große Menge Eiweiß. Nachdem „nach einigen Dagent" plöblich Geſicht und obere Ertremität zu ſchwellen begonnen und eine leicht cyanotiſche Färbung angenommen hatten, ging Pa- tient unter Sopor und Convulſionen, nachdem die Pulsfrequenz von 50 auf 26 geſunken war, zu Grunde. Bei der Section fand ſich die Cutis und das Unterhautzell- gewebe an der Stelle der Veſicatorwunde weſentlich verdict. „Xuſ der ſenkrechten Schnittfläche ſah man Cutis und ſubcutanes Binde- gewebe um das Dreifache verdickt, blutreich und beſonders erſchienen Die Fettträubchen als dunkelrothe, Hirſekorngroße Punkte im weißen, W.. . - - - .. . - ---- - - - - - 1) Orfila, l. C. Tom. II, p. 167. 2) I. c. p. 169. 3) Zeitſchr. f. rat. Med. v. Denle und Pfeufer. 1856, BD. VIII, p. 32. 26 18 YV 1. fehnigen Zwiſchengewebe. Allenthalben quoli trübes, eiterförperchen- haltiges Serum hervor." Das Lumen der Vena anonyma war von einem mildjweißen, morſden Gerinſel völlig obturirt. Das Bruſtfel, die Schleimhaut des Dünndarmes zeigten „ecchymotiſche Flecken“. Die Milz war groß, breiig, weich, die Malpighiſchen Bläs- djen um das Dreifache vergrößert. Das Epithel der varicös erweiter- ten, Kanälchen der Rindenfubſtanz der voluminöſen Nieren löſte ficha leicht, die einzelnen Bellen waren beträchtlich vergrößert, fugelförmig mit feinförnigem Inhalt; in den Kanälchen der Pyramiden fanden ſich reichliche, gallertige Gerinſel. Am Schädeldad fanden ſich die Spuren einer abgelaufenen Craniotabes (?). fit der Epikriſe fügt Buhl hinzu: „die Eiterinfiltration in der wunden Haut, der 'mikroſkopiſche Befund in dem Thrombus der oberen Hohlvene,“ in weldjem fich „ein- und zweiförnige, ſtark gras nulirte, kugelige Zellen und nur ſparſam gefärbte Blutkörper“ be- fanden, „der zugleich die Schuld des Dedems des Oberkörpers und des Gehirns, welches ſowie auch ſeine Häute anämiſch und ödematös geweſen war, „ſomit auch des Sopors, der Convulſionen und der außergewöhnlichen Verlangſamung der Herzbewegungen trägt, veran- laſſen mich die Krankheit den Pyämien anzureihen. Wie mich aber die Veſicatorwunde während des Lebens auf den Eiweißgehalt des Harnes führte, ſo verließ mich auch an der Leiche der Gedanke an eine Cantharidinvergiftung nid)t. Ich übergab das aufgefangene Herzblut Prof. Dr. Pettenkofer. Es wurde mit Aether behan- delt, um Fett und möglicherweiſe Cantharidin auszuziehen. Nach- dem nun der Aether verdunſtet war, zog wirklich der gewonnene Rückſtand auf der Conjunctiva eines Raninchens eine Blaſe. Mit geſundem Blut dieſelbe Procedur als Gegenprobe vorgenommen ergab ein negatives Neſultat“. Abgeſehen von der Richtigkeit oder Unhaltbarkeit der Annahme, daß in dieſem Falle eine Vergiftung mit Cantharidin vorlag, erregt die Art und Weiſe, wie hier der Beweis einer derartigen Vergiftung geführt wurde, Bedenken. Aus weiter unten anzuführenden Gründen muß es als vollſtändige Unmöglichkeit hingeſtellt werden, Cantha- ridin durch Aether aus alkaliſchen Flüſſigkeiten (Blut) auszuziehen. Dieſes gelang jedochy Prof. Pettenkofer und der Rüdſtand ſeines ätheriſchen Extractes bewirkte auf der Conjunctiva eines Kaninchens eine Blaſe. Es ſind dieſem Erfolge zwei Thatſachen gegenüber zu 27 ſtellen. Puczniewski 1) hat mehrere Verſuche mit Cantharidin an der Conjunctiva des Kaninchens angeſtellt. Mochte das Cantharidin in den Tauſend- oder Zehntauſendfachen an Del gelöſt ſein, in dem einen Falle entſtand eine ſtärkere Entzündung der Conjunctiva in kürzerer, in dem anderen eine ſchwächere in längerer Zeit, in kei- nem Falle aber ſah Puczniewski eine Blaſe auf der Conjunctiva des Kaninchens entſtehen. Dem entſprechend kann auch ich einen Verſuch anführen, den ich mit einer öligen Löſung von Cantharidin,, welche auf meiner Bruſt in wenig Stunden eine Blaſe gezogen hatte, an der Conjunctiva eines Kaninchens anſtellte. Auch in dieſem Falle trat eine heftige Binde- und Hornhautentzündung ein, jedoch konnte bei der ſorgfältigſten Betracytung keine Blaſe auf der Bindehaut entdeckt werden. Eine Erklärung für die Entſtehung der von Prof. Bettenkofer bemerkten Blaſe auf dem Auge ſeines Kaninchens mag vielleicht in der Beobachtung, die Puczniewski machte, gefunden werden, daß nämlich Bläschen auf der Conjunctiva eines Kaninchens häufig auch unter normalen Verhältniſſen beobachtet würden. Eine directe Widerlegung hat die von Prof. Pettenkofer an- gewandte Methode, Cantharidin aus dem Blute darzuſtellen, durchy die von Puczniewski angeſtellten Verſuche erfahren. Derſelbe be- handelte Blut, welches Kaßen, die mit Cantharidin vergiftet worden waren, entzogen wurde, entweder, nach dem es getrocknet und gepul- dende Verflüchtigung des Cantharidins bei dieſer Behandlungsweiſe zu vermeiden, in friſchem Zuſtande in der Rälte mit Aether. Šil keinem Falle aber rief der Rückſtand des ätheriſchen Auszuges auf das Auge eines Raninchens gebracht eine Entzündung oder Blaſen- bildung Hervor. Das Cantharidin in dem Harne nachzuweiſen hat Puczniewski nicht verſucht. Die Erfahrung W. Brocter'3%), daß Chloroform das beſte Löſungsmittel für Cantharidin fei, ſuchte C. Dichborne 3) für die gerichtliche Chemie zu verwenden. Er regte zu ciner Pinte (8 Unzen) Wein, ein anderes Mal zu derſelben Quantität Porterbier eine aus 3 Gran Canthariden bereitete Tinctur, fügte darauf eine Unze Chlo- roform hinzu und ſchüttelte dieſes Gemenge einen Tag hindurdy fleißig . 1) De venenis, praesertim cantharidino, strychnino, atropino post intoxicationes in sanguine reperiendis. Diss. inaug. Dorpati 1858. p. 16. 3) Vierteljahrſchr. f. pract. Pharm. 0. Wittſtein. 1864. XIII, 429. 28 um. Nachdem am anderen Morgen das Chloroform abgeſchieden und filtrirt worden, wurde es in einem Glaſe der freiwilligen Berdunſtung überlaſſen. Hierauf nahm er einen kleinen Bauſch Charpie, von der Größe einer halben Erbſe, tränkte ihn mit einem Tropfen Olivenöl, miſchte damit den Nüdſtand der Chloroformlöſung, legte ihn auf ſeinen Arm und befeſtigte darüber ein Stück Goldſchlägerhaut. Nach 3 bis 4 Stunden erſchien die Stelle bedeutend geröthet und unter der Charpie hatte ſich eine Blaſe gebildet. Eine neuere Methode, das Cantharidin in gerichtlichen Fäl- Yen nacizuweiſen, iſt von Huſemann') empfohlen worden. Huſe- mann nimmt an, daß bei dem geringen Procentgehalt der Can- thariden an Cantharidin, die Menge des letzteren ſelbſt bei Vergiftun- gen mit letalem Ausgange möglicherweiſe nur 0,15 Gran betragen kann. (Nad) van Haſſeit?) beträgt die kleinſte, als tödtlich bekannte Dosis toxica der gepulverten Canthariden 1 -- 2 Drachmen. Den Procentgehalt zu 0,2642 3) angenommen, würde die genannte Doſis 0,158 bis 0,317 Gran Cantharidin enthalten.) „Erwägt man nun, daß bei ſo kleiner Gabe gewiß der größte Theil im Körper ſchon vor Eintritt des Todes in Verbindungen von einfacherer Zuſammenſegung zerfallen wird, daß ferner das Cantharidin auch im todten Organismus in Berührung mit verweſenden anima- liſchen Stoffen nach Seymard's Angabe ſehr bald Zerſegungen er- leidet, ſo iſt leicht erſichtlich, welche Beweiskraft namentlich der nega- tive Xusfall einer in dieſer Richtung angeſtellten Unterſuchung haben muß. Die Extraction des Cantharidins aus dem Unterſuchungsob- ject, welche ſonſt mit keinen beſonderen Schwierigkeiten ver- knüpft iſt, dürfte am beſten in folgender Weiſe auszuführen ſein.“ „Die verdächtigen Maſſen werden durch Erhiben im Waſſerbade mög- lichſt entwäſſert und wenn es angeht (Fäces, Mageninhalt und Er- brochenes) ganz eingetrocknet und zerrieben." Hierauf werden ſie mit ätherhaltigem Alkohol erſchöpft, der Alkohol wird von den vereinigten Auszügen größtentheils abdeſtilirt, das Zurückbleibende „mit einer reidlichen Menge Magneſia verſekt" und auf dem Waſſerbade zur Trockne gebradit. Die erhaltene Maſſe wird wiederholt mit Aether ausgezogen, der Aether verdunſtet und jegt „will man ver- . 1) Handb. der Toxicologie v. Th. u. U Huſem ann. Berlin 1862. p. 270. 2) Handb. d. Giftlehre B. M. van Baſielt. Deutſch von Dr. Henkel. Braunſchweig 1862. 2. Theil. p. 40. 3) Dragendorff, l. C. p. 165. 29 ſuchen, das Cartharidin rein und im kriſtalliſirten Zu- ftande zu gewinnen", die ätheriſche Löſung nochmals mit „ein- wenig gebrannter Magneſia" cingetrocknet und der Nüdſtand mit Chloroform ausgezogen. ,, Pergleicht man die etwa gebildeten Stry: ſtalle, welche man mit der Lupe oder dem Mikroſkop beobachtet, mit ridiniöſung beim Verdampfen hinterläßt und prüft dann, vorausge= feßt, daß das gewonnene Material hinreicht, ob Schmelzpunkt und Geſchmack, ſowie das Verhalten gegen concentrirte Schwefelſäure, five ägende Atfalien und Ammoniak mit dem übereinſtimmt, was von Cantharidin bekannt iſt." Huſemann hat es unterlaſſen, den Grund dafür anzuſitren, warum ihm das Behandein bes ätheriſchen Auszuges aus dem un- terſuchten Obiecte mit gebrannter Magneſia wichtig erſchien. Jeden- falls kann dieſem Nathídlage Huſemann's keine praktiſche Erfah- rung zu Grunde liegen. Bluhm ) giebt an, daß das Cantharidin aus ätheriſcher Löſung ſchon bei gewöhnlicher Temperatur durch Zuſat von gebrannter Magneſia als ſchwerlösliche Verbindung herausjädt. Aber durch gebrannte Magneſia wird das Cantharidin auch anderer- feils in eine in Chloroform ſo ſchwer lösliche Form übergeführt ), daß bei einer Extraction mit Chloroform nur Spuren von Cantha- ridin in dieſes übergeben können. Die geringe Menge an Cantha- ridin, welche das Unterſuchungsobject im vorkommenden Falle ent- hält, muß bei der von Huſemann angerathenen Behandlungsweiſe mit gebrannter Magneſia für die Extraction mit Chloroform voll- ſtändig unzugänglich werden, wenn nicht eine Abfdheidung des Can- tharidins von der Magneſia durd cine ſtarke Säure vorausgeſchickt worden iſt. Id habe hiemit das Hauptmoment, um welches es fich bei dem Nachweis von Cantharidin handelt, berührt. Das Verfahren, welches ich zu dieſem Behufe einſchlug, beruht, wie bereits geſagt, auf den Reſultaten der Unterſuchungen Bluhm's über das Verhalten des Cantharidins in der Cantharis vesicatoria. Bei den früher ange- tellten Verſuchen waren nämlich die zu unterſuchenden Gegenſtände entweder direct mit Löſungsmitteln für Cantharidin behandelt wor- den; oder ſie ſollten vor der Extraction mit Chloroform mit gebrannter Magneſia vermengt werden, - ein Verfahren, welches allerdings 1) 1. c. p. 41. 2) Bluhm, l. c. p. 21, 5. Verſuch. 30 W bei dem Nachweiſe der meiſten Alkaloide mit Erfolg angewandt wird, ſich aber nicht ohne Weiteres auf den Nachweis von Cantharidin übertragen läßt. Bei beiden Methoden mußte die Ertraction erfolglos bleiben, ſo lange das Cantharidin an eine Baſe gebunden mit dem Löſungsmittel in Berührung fam. Ich wollte daher von der Vor- ausſegung der Nichtigkeit der Anſicht Bluhm's ausgehend den Verſuch machen, das Unterſuchungsobject zunächſt der Behandlung mit einer ſtarken Säure, etwa Schwefelſäure zu unterwerfen, um das Cantharidin aus der vermutheten Verbindung mit einer Baſe abzu- ſcheiden. Dann erſt konnte eine Extraction mit Chloroform erfolgreich ſein. Es ſchien mir wahrſcheinlich, daß der Nachweis des Cantha- ridins im Harne ſich am einfackyſten würde ausführen Yaſſen. Es ſollte daher mit dieſem der Anfang gemacht werden. 15 CC. des trüben, alkaltſchen, eiweißreichen Harnes einer mit 1,86 Grm. gepul- verter Canthariden (= 0,0047 Grm. Cantharidin) vergiſteten Kage (1. Verſ.) wurden der Prüfung auf Cantharidin unterworfen. Der Harn war drei Stunden, nachdem das Gift der rate beigebracht worden war, gelaſſen worden. Zum Harne wurde Schwefelſäure bis zur ſtark ſaueren Neaction hinzugefügt und dann derſelbe auf dem Dampfbade eine halbe Stunde lang erwärmt. Die angeſäuerte Flüſſigkeit wurde darauf mit dem dritten Theile ihrer Menge an Chloroform mehrmals gründlich durdgeſchüttelt und darauf das Rektere von der wäſſerigen Flüſſigkeit, die durch wiederholtes Buſegen von deſtillirtein Waſſer eine neutrale Reaction angenommen Hatte, ab- geſchieden. Die lebten Tropfen der den Chloroform anhaftenden wäſſerigen Flüſſigkeit wurden ſorgfältig mit einem Fließpapier ent- fernt. Nach dem freiwilligen Verdunſten des Chloroforms fand ſich in der hiezu benugten Glasſchale ein brauner, fettiger Rückſtand, wel- cher ſich leicht in einigen CC. Süßmandelöis löſte. Eine geringe Menge dieſer Löſung wurde einem Käzchen mittelſt eines Glasſtabes in den Bindehautſack des einen Auges gebracht; einige Tropfen der Löſung wurden auf die innere Lippenfläche deſſelben Thieres geſtrichen. Bereits nach einer Halben Stunde war eine ſtarke Röthung und Schwellung der mit der Löſung in Berührung gebrachten Schleim- hautſtellen eingetreten, nachdem wenige Minuten nach der Application ſowohl vermehrte Thränen- als auch Speichelſecretion fich eingeſtellt hatte. Nach Ablauf der erſten Stunde hatte die Schwel- Yung der Bindelaut ſo ſehr zugenommen, daß die Hornhaut vollſtändig von den zur Augenlidſpalte hervortretenden Wüſſten der Bindebaut 31 1 . bedeckt war. Die beſtrichene Lippenſchleimiyaut war ſtark geröthet, ihres Epithels beraubt. Es ſteht aufer allen Streifel, daß die Wirkung des Chloroform- auszugez cinzig auf das in ihm enthaltene Cantharidin bezogen wer- den muß. Die bei der Unterſuđung des Harites verivandte Schwefel- fäure war ſo ſorgfältig von dem Chloroform getrennt worden, daß ſie zum Entſtehen der Entzündung Nichts beigetragen haben konnte. Uni mich jedoch weiter noch von der blaſenziehenden Wirkung des Aus- zuge3 zu überzeugen, war der Reſt der öligen Löſung mit ſogenannter engliſder Charpie auf die Haut meiner Bruſt gebrad)t worden. In 24 Siunden war eine ſtarke Nöthung der Haut, jedoch keine Blaſenbildung hervorgerufen. Nach den Verſuchen Bluhm's ließ ſich aber aus 0,05 Grm. gepulverter Canthariden, die 0,000132 Grm. Cantharidin enthielten, durch Schwefelſäure und Chloroform ein Auszug darſtellen, welcher in kurzer Zeit blaſenziehend wirfte. Da der Aaße bei dem angeführten Verſuche mehr als das Dreifzig- fache der lektgenannten Menge an Cantharidin beigebracht worden war und der Harn nur ſehr unbedeutende Spuren von Cantharidin enitalten hatte, ſo ließ ſid, vermuilen, daß der übrige, gröfte Theil des Cantharidins ſich noch in Magen, oder dem Darminhalte, oder dem Blute und den parenchymatöſen Organen finden würde. Die Prüfung des Magen- und Darminhaltes ſowie der parenchymatöſen Organie wurde in ähnlicher Weiſe, wie die des Harnes, jedoch mit dem Unterſchiede ausgeführt, daß die genannten Objecte mit Alkohol und Schwefelſäure extrahirt wurden, der alkoholiſche Auszug dann abfiltrirt, mit etwas Waſſer gemiſcht, ſoweit eingebampft, daß der größte Theil des Alkohols fortgeſchafft wurde und der crhal- tene Rückſtand jeßt erſt mit Chloroform behandelt. Bei dieſem Verfahren wurde alſo nicht das Unterſudjungsobject, ſondern nur der Rückſtand des alkoholiſchen Auszuges aus demſelben mit Chloro- form unterworfen, was um ſo zweckmäßiger erſdien, als eine möglidiſt geringe Menge Chloroforın bei der Ertraction verbraucht wurde, dann aber auch die in Alkohol unlöslichen organiſchen Verbindungen aiuf dem Filter zurückbleiben mußten. Der Magen- und Darminhalt erwieſen ſich nach der angeführten Behandlung init den Extractions- mittein ſehr reich an Cantharidin. Der in Del gelöſte Rückſtand deß Chloroformauszuges zog auf die Bruſt gebracht in 5 Stunden große Blaſen. Allerdings hatten beide, ſowohl Magen- als Darm- inhalt, zahlreiche Cantharidenpartikel enthalten. Dagegen rief der aus den Nieren und der Harnblaſe gewonnene Rückſtand eine ſehr 32 unbedeutende Reaction auf der Conjunctiva eines Nätzchens hervor. Der aus den zuſammen unterſuchten Lungen, Herz, Leber, Milz, Pankreas und Hirn gewonnene Rüdſtand blieb dagegen ganz wirkungslos. Endlich ſollte das Blut auf ſeinen Gehart an Cantharidin geprüft werden. 15 CC. Blut, welche aus den geöffneten Jugular: venen aufgefangen worden waren, wurden auf dem Dampfbade ein- getrocknet. Da3 eingetrodnete Blut wurde in kleine Stücke zerſchnitten und init Alkohol, welcher mit Sdwefelſäure angeſäuert worden war, eine Stunde lang auf dem Dampfbade gefocht. Die alkoholiſche Flüf- figkeit wurde darauf abfiltrirt und bas abgekühlte Filtrat mit Waſſer gemengt, durch Abdeſtilliren von dem Alkohol befreit und unter häufigem Umſchütteln 24 Stunden hindurch mit Chloroform behandelt. Der in Del gelöſte Rückſtand des Auszuges blieb jedoch auf das Auge eines Kärchens gebracht, vollſtändig wirkungslos. Id übergehe eine größere Reihe von Verſuchen, in der ange- gebenen Weiſe Cantharidin aus dem Blute auszuſcheiden. Alle Ver- ſuche hatten daſſelbe negative Reſultat. Die zunächſt liegende Vers muthung, welche ſich an das Mißglücken dieſer Verſuche knüpfte, war die, daß die Menge des unterſuchten Blutes eine zu geringe geweſen ſei, um die vielleicht nur äußerſt unbedeutende in demſelben enthaltene Menge Cantharidin entdecken zu können. Um eine größere Quantität Blut zur Unterſudung verwenden zu können, wurde ein Füllen (9. Verſ.) mit 60 Grm. gepulverter Canthariden, welche 0,1585 Grm. Cantharidin enthielten, vergiftet. Die aus den geöffneten Jugular- venen aufgefangene Blutmenge betrug 1,2 Litr. Nachdem das Blut durch silopfen mit einer Ruthe Defibrinirt worden war, wurde es der oben beſchriebenen Behandlung unterworfen. Aber es blieb der gewonnene Rückſtand auf dem Auge eines Kärchens ganz ohne Wirkung. Es war das Reſultat dieſer Unterſuchung um ſo auf fallender, als ich mit Beſtimmtheit eine größere Menge Cantharidin in dem Blute dieſes Verſuchsthieres erwarten durfte. Im Harne des Füllens waren nämlich 0,0098 Grm., im Magen- und Darm- inhalte 0,0552 Grm., zuſammen 0,0650 Grm. Cantharidin gefunden worden. Im Speichel fand ſich kein Cantharidin, in Leber und Galle konnten nur unbedeutende Spuren von demſelben nadygewieſen werden. Die Nieren wurden auf ihren Cantharidingehalt nicht unterſucht, da bei den bisher angeſtellten Verſuchen dieſelben nur Spuren von Cantharidin enthielten. Mithin mußte der größte Theil ver 0,0935 Grm. Cantharidin, welche bei 33 C dieſem Verſuche noch nicht hatten nachgewieſen werden können, in Blute vermuthet werden. Wenn daher auch in dieſem Falle das Santharidin ſich nicht aus dem Blute latte abſcheiden laſſen, fo ſchien mir der Grund hiefür weniger darin zu liegen, daß der Gehalt des Blutes an Cantharidin ein zii geringer geweſen ſei, um daſſelbe nach- weiſen zu können, ſondern vielmehr darin, daß der Unterſuchungs- methode gewiſſe Mängel anflebten, weiche das Auffinden des im Blute vorhandenen Canthariding verhindert hatten. Meine Aufmert- famkeit ridtete fidy auf einen Ueberſtand, weicher bisher äußerſt ſtörend bei der Analyſe des Blutes geweſen war. Mochte nämlich das Blut auf dem Dampfbade getrocknet und dann zerſdinitten oder gepulvert worden ſein, ſtets hatte ſich nach dem Kochen mit angeſäuertem Alkohol ein reichlicher zäher, ſeimartiger Bodenſatz gebildet, welcher dadurch, daß er vollſtändig auf dem Filter zurückblieb, das Filtriren der übris gen Flüſſigkeit in hohem Grade erſchwerte. Bei dem nachfolgenden Ertrahiren mit Chloroform blieb inithin der größte Theil der feſteni Beſtandtheile des Blutes in dieſe leimartige Maffe gefüllt von der Einwirkung des Chloroforms ausgeſchloſſen. Wie oben angeführt worden iſt, hatte ſich ein Defibriniren des Blutes auf mechaniſchem Wege dieſem Uebelſtande gegenüber als ungenügend erwieſen. Um demſelben dennod abzuhelfen und das möglicherweiſe von den Albuminaten des Blutes eingeſchloſſene Cantharidin auszuſcheiden, ſollte das friſche noch nicht eingetrocknete Blut einer energiſchen Behandlung mit ägenden Alfalien unterworfen werden. Es wurden daher 60 CC. Blut einer mit 0,1 Grm. Cantharidin ver- gifteten faße (16. Verſ.) unter ſo lange fortgefektem Zuſaß von Vegfalilauge in einer Porcellanſchale auf offenein Feuer gekocht, bis ſich nur noch höchſt unbedeutende Spuren jener ſonſt beim Kochen des Blutes in großer Menge bemerkten leimartigen Maſſe bei den Um- rühren mit einem Glasſtabe nachweiſen ließen. Die Menge der ver- brauchten Lauge, welche 6 % Xepkalt enthielt, betrug ungefähr das Doppelte der des Blutes. Nachdem die Flüſſigkeit vollſtändig abge- fühlt war, wurde dieſelbe im Ueberſchuß mit Schwefelſäure verſekt Bei dem Filtriren bließ auf dem Filter ein ſehr reichlicher, körniger Niederſchlag von (dywefelſaurem fali zurück, welcher jedoch das Durch- filtriren der Flüſſigkeit nicht behinderte. Nadidem von dem Filtrat der Alkohol zum größten Theile abdeſtilirt worden und der Neſt darauf mit Chloroform behandelt worden war, blieb nad dem Verdunſten Des Letteren ein reichlicher, ſchwarzer, trockener Rückſtand zurück, welcher 34 unter der Lupe keine Kryſtalle erkennen ließ. In Del gelöſt und mit Charpie auf meinen Arm gebracht rief er in 8 Stunden eine große, mit Seruin ſtark angefüllte Blaſe hervor. Der Erfolg in der angeführten Behandlungsweiſe des Blutes veranlaßte mich, den Nachweis von Cantharidin auf demſelben Principe beruhend auch an den parenchymatöſen Organen zu verſuchen. Die Aus- beute aus dieſen Organen an Cantharidin war bisher eine ſo unbe- deutende geweſen, daß ich auch von ihnen vermuthen mußte, daß das in ihnen enthaltene Tantharidin durd das coagulirende Eiweiß ſo feſt eingeſchloſſen würde, daß es von dem Chloroform nicht ertrahirt werde. Denn bei dem Koden mit angeſäuertem Alkohol hatten Reber, Nieren und Hirn ſtets eine ſehr derbe Beſchaffenheit angenommen und eine äußerſt geringe Menge feſter, durch Alkohol extrahirter Beſtandtheile geliefert. Es wurden daher die Nieren und das Hirnt derſelben Nage (16. Verſuch, dereit Blut ſich als reich an Cantharidin erwieſen hatte, durch Kochen mit Aegfali vollſtändig zerſtört, darauf wie oben mit angeſäuertem Alkohol und Chloroform cytrahirt. Der Rückſtand aus den Nieren zog in 36 Stunden kleine Bläschen auf meiner Bruſt, der aus dem Hirne blieb jedoch ebendaſelbſt wirkungslos. Die übri- gen Organe konnten leider nicht einer mit der Zerſtörung durdy Keskali verbundenen Prüfung auf Cantharidin unterworfen werden. Alle Umſtändlichkeiten und Unvollkommenheiten in dem bisher beobachteten Verfahren bei dem Nachweiſe des Cantharidins in dem Blute und den parenchymatöſen Organen waren durch die Gegenwart der Albuminate hervorgerufen worden. Ein Mittel, das Cantharidin von den Albuminaten auf die vollſtändigſte Weiſe zu trennen, die von Graham 1) empfohlene Dialyſe war 1roch nicht angewandt worden. Unter Dialyſe verſtelt Graham die mittelſt Diffuſion durch eine Scheidewand von gallertartiger Subſtanz bewirkte Scheidung mehrerer Körper von einander, welche ein verſchiedenes Diffuſionsvermögen aben. Auch durch Diffuſion an und für ſich fann eine derartige Trennung bewirkt werden, da von mehreren Subſtanzen, welche auf den Boden eines mit Waſſer gefüllten Gefäßes gebracht werden, die diffuſibelſte in einer gewiſſen Zeit bis in die oberſte Schicht gelangt. Bei genus gender Höhe der Waſſerſäule und hinreichender Zeit wird ein Theil dieſer Subſtanz von den anderen weniger Diffuſibelen Subſtanzen --- . . ...- - . .. - - 1) Annal. 8. Chem. I. Pharmac. B. 121, p. 1 et sų. Th. Graham: Anrivendung der Diffuſion der Flüſſigkeiten zur Analyſe. 35 frei. Aber die Trennung durch Diffuſion wird durch eine gewiſſe Eigenſchaft der Colloidfubſtanzen weſentlich unterſtützt. Graham faßt unter der Bezeichnung von Colloidſubſtanzen eine Claſſe von chemiſchen Individuen zuſammen, welche ein äußerſt geringes Diffuſionsvermögen beſißen, und ihrer Veimartigen Beſchaffenheit und ihres Unvermögens zum fryſtalliſiren wegen von ihm ſo benannt worden ſind. „Dem Colloidalſein iſt Das Aryſtalliniſch ſein entgegengeſept". Die stryſtalloid- ſubſtanzen ſind kryſtaliſationsfähig und löſen ſich in Waſſer. Zu den Colloidſubſtanzen rechnet Graham folgende organiſche Körper : Stärkmehl, Dextrin, die Gummiarten, Caramel, Tannin, Albumin, Leim, vegetabiliſche und animaliſde Ertractivſubſtanzen. Die durdy Stärkmehi, thieriſcheit Schleim, Pectin, Payen's vegetabiliſche Geloſe und die Hydrate anderer Colloidſubſtanzen gebildeten gallertartigen Maſſen, welche ſämmtlich ſtreng genommen in kaltem Waſſer unlös- lich ſind, geſtatten Doch in größeren Maſſen, wie Waſſer ſelbſt, den diffuſibeleren Subſtanzen den Durchgang, während ſie dem Durch- gange der weniger Diffuſiveien Subſtanzen einen größeren Widerſtand entgegenſeßen und andere Colloidſubſtanzen, die ſich in Löfung vorfinden mögen, gar nicht durchlaſſen. Sie glei- chen in dieſer Beziehung thieriſchen Membranci. Schon ein dünnes Häutchen einer ſolchen Galerte bewirkt eine derartige Tren- nung." Graham gelang es in ſehr vollſtändiger Weiſe arſenige Säure, weinſaures Antimonoryd - Kali und Strychnin pon organiſchen Subſtanzen zu trennen. Bei einem Verſuche wurden 95 % der geſammten in den Dialyſator gebrachten Menge arſeniger Säure aus dem Diffuſat zurückgewonnen. In einem anderen Falle brachte Graham Waſſer mit 1/4 feines Volums an flüſſigem Eieral- bumin und 0,25 Grm. arſeniger Säure auf den Dialyſator. Nach 24 Stunden fanden ſich in dem Diffuſat nach Anſäuren mit Salz= ſäure mittelſt Schwefelwaſſerſtoff gefält 0,267 Grm. Dreifach-Sdywe- felarſen, 0,214 Grm. arſeniger Säure entſprechend. Ebenſo geeignet erwies ſich aber auch umgekehrt die Dialyſe zum Reinigen des Al- bumin von mineraliſchen Beimengungen. Eine Löſung von Albumin aus Hühnereiern wurde mit Eſſigſäure verſekt und dann der Dialuſe unterworfen. Die Erd- und Alkaliſarze gingen raſch weg und nach 3 bis 4 Tagen hinterließ das Albumin bei dem Verbrennen feine Spur Aſche mehr. Es hat nach Grakain die Dialyſe den Vortheil, „daß bet gerichtlich - chemiſchen Unterſuchungen keine metalliſche Subſtanz, kein chemiſches Reagens irgend einer Art zu der 36 11 die organiſche Subſtanz enthaltenden Flüſſigkeit gebracht wird“. In Dieſer Reinheit konnte die Dialyſe bei Verſuchen mit Cantiaridin ſeiner Unlöslichkeit in Waſſer wegen nicht angewandt werden, da nur „alle löslichen Gifte Kryſtalloidſubſtanzen zu ſein fchei- nen und demgemäß durch aus Colloidſubſtanzen beſtehende Scheide- wände gehen". Sollte daher das Cantharidin der Dialyſe zugänglich gemacht werden, ſo mußte es in einer in Waſſer löslichen Verbin- dung mit einer Baſe oder in Gegenwart einer Säure in Waſſer gelöſt in den Dialyſator gebracht werden. Bei Ausführung der Dialyſe befolgte ich die von Graham gegebenen Rathſchläge möglichſt genau. Die Temperatur des Zimmers, in welchem die Verſuche angeſtellt wurden, ſchwankte zwi- ſchen 17 und 21° C., war mithin eine möglichſt gleichmäßige. Sollten kleinere Mengen einer Flüſſigkeit unterſucht werden, fo genügte zum Dialyſator, dem Gefäß, welches die der Dialyſe zu unterwerfende Flüſſigkeit enthält, eine etwa 8 Unzen faſſende Glas- flaſche mit cylindriſchen Wänden, deren Boden mittelſt Sprengkohle abgeſprengt worden war. War die Flüſſigkeitsmenge dagegen bedeu- tender, ſo wurde ein glockenförmiges Glasgefäß wie Graham ein foldjes abgebildet hat) mit einer unteren Deffnung von 17 Cent. im Durchmeſſer zu dem Verſuche benußt. Das Gefäß beſaß oben eine durch einen Glasſtöpſel verſchließbare Deffnung, durch welche die zu unterſuchenden Flüſſigkeiten in den Dialyſator hineingegoſſen wer- den konnten. Zur Scheidewand für jenes kleinere Gefäß wurde Per- gamentpapier angewandt. Die untere Deffnung des glockenförmi- gen Glasgefäßes wurde dagegen mit einer thieriſchen Membran, einer S dyweins- oder Ochſenblaſe verbunden. Es fchien mir nicht rathſam, für dieſes Gefäß gleichfals Pergamentpapier zu benußen, da einmal die größere Laſt der auf der Scheidewand aufruhenden Flüſſigkeitsſäule leicht ein Berſten des Papieres bewirken konnte, es auf der anderen Seite aber auch ſchwer fiel, die ganze Oberfläche des Papieres durch Begießen der entgegengeſebten Seite deſſelben mit Waſſer auf fehlerhafte, poröſe Stellen zu prüfen, weiche der Flüffig- keit im Dialyſator ein Durchfiltriren geſtattet hätten. War das Glas- gefäß mit einer Scheidewand verſehen und darauf die zu unterſuchende Flüſſigkeit in den Dialyſator kineingegoſſen worden, ſo wurde der Lek- tere in ein größeres Becherglas oder einen Glas cylinder in der Weiſe hineingehängt, daß die Scheidewand ungefähr 1/2 bis 1 Boll von dem Boden des äußeren Glascylinders entfernt war. Was die Menge der Flüſſigkeit, welche in den Dialyſator hineingethan wurde, als 17 37 auch die Menge des deſtillirten Waſſers anbetrifft, welche in dem äußeren Glascylinder ſich befand, ſo ochtete ich darauſ, daß erſtere eine dünne, höchſtens 10mm hohe Schicht bildete, bagegen letztere die in dem Dialyſator befindliche Flüſſigkeitsmenge etwa um das Fünf- bis Zehnfache an Volumen übertraf. Die Oberfläche beider Flüſſig- keiten ſtand in gleichem Niveau und wurde dadurch bei Beginn des Verſuches regulirt, daß der Dialyſator beweglich aufgehängt worden war und höher oder niedriger befeſtigt werden konnte. Bevor an eine Unterſuchung organiſcher Subſtanzen, weide Cantharidin enthielten, gegangen wurde, ſollten einige Vorverſuche mit freiem Cantharidin, den Salzen des Cantharidins oder mit Cantharidin in Gegenwart von Säuren gemacht werden. Zunächſt wollte ich die Diffuſionsfä- Higkeit des freien Cantharidins prüfen. Es wurde 0,01 Grm. Cantharidin in einen mit Pergamentpapier verſchloſſenen Dia- lyſator gebracht und die Dialyſe nach 24 Stunden unterbrochen. Nach dem Verdunſten der Flüſſigkeit in dem äußeren Glascylinder war ein Rüdſtand nicht zu bemerkent. Dennoch wurde der Boden der Glasſchale, in welcher das Eindampfen ausgeführt worden war, ſorgfältig mit einem mit Del angefeuchteten Charpieläppchen abgerie- ben. Es trat jedoc, nachdem dieſes auf meine Bruſt gelegt worden war, nicht die geringſte Reaction ein. Wurde dagegen dieſelbe Menge Cantharidin in einen entweder mit einer friſchen oder einer in Waſſer geweidyten 1) Schweinsblaſe verbundenen Dialyſator gebracht, ſo blieb nach dem Eindampfen des Diffuſates ein in Del unlöslicher gc- ringer Rüdſtand, welcher nach Behandlung mit Schwefelſäure und Chloroform blaſenziehend wirfte. Bei den beiden Yeşten Verſuchen war offenbar das Cantharidin mit den in Waſſer Yöslichen, anorga- niſchen Beſtandtheilen der Schweinsblaſe eine Verbindung eingegan- gen, während in dem erſten Falle, in welchem das an anorganiſchen Beſtandtheilen ſehr arme, wenn von demſelben nicht ganz freie Per- gamentpapier zur Scheidewand benukt worden war, durchaus keine Spur von Cantharidin durch die Scheidewand getreten war. Die weiteren Verſuche ergaben, daß Cantharidin in Gegenwart von Säuren oder Salzen, oder in Gegenwart beider durch die Schei- Dewand des Dialyſators trete. Die obengenannte Menge Cantharidin mit 5 Tropfen Salzſäure (p. sp. 1,19) oder Milchſäure (in Waſſer gelöſt von Sirupconſiſtenz) in einen mit Pergamentpapier --- --... ...... .. ... . . ... 1) Die Sdweinsblaſe hatte niaddreitägigern Weichen in deſtillirtein Waſſer einen deutlich wahrnehmbaren Geruch nach Ammoniak engenoininen. LIU verſchloſſenen Dialyſator gebracyt, lieferte nach Unterbrechung der Dia- lyſe nach 24 Stunden einen Rückſtand, welcher nach Extraction mit Chloroform blaſenziehend wirkte. Daſſelbe Reſultat crgaben die Verſuche, bei weldien Cantharidin mit 0,2 Grm. Chlornatrium allein oder mit 5 Tropfen verdünnter Salzſäure oder je 5 Tropfen Salz- und Mildſäure in den Dialyſator gebracht worden war. Xuch aus einer Emulſion, welche aus 4 CC. Provence-De, 4 Grm. Gunimi araç., 10 CC. deſtillirten Waſſers und 0,01 Grm. Cantha- ridin bereitet worden war, ließ ſich das Lettere durch Dialyſe aus- ſcheiden. Endlich wurden 4 Grin. gepulverter Canthariden mit Waſſer angefeudytet in den Dialyſator gebracht. Der eingedampfte und mit Waſſer angefeuchtete Nückſtand des Diffuſates zog in wenig Stunden auf meiner Bruſt Blaſen. Um den Grad der Vollſtändigkeit, mit werdem eine in Waſſer lösliche Cantharidinverbindung durch die Dialyſe abgeſchieden wird, zu prüfen, wurden 0,0414 Grin. Der baſiſchen Cantha- ridin-Magneſiaverbindung in 18 CC. Deſtillirten Waſſers gelöſt in einen mit einer Schweinsblaſe perſdiloſſenen Dialyſator gebracht und die Dialyſe nad 24 Stunden unterbrodjen. Das Diffuſat opaliſirte und hinterließ nach dem Eindampfen und Trocknen in dein Luftbabe einen Rückſtand von 0,0410 Grm. oder 99,27 % der in den Dialyſator gebracten Cantharidinverbindung. Alerdings muß Hiebei Berüdſichtigt werden, daß ein geringer Theil der feſten Beſtand- theile des Diffuſates von der Blaſe, mit welcher der Dialyſator ver- ſchloſſen worden war, hergerührt haben mag. Die eine Hälfte der Flüſſigkeit, welche ſich nach Unterbrechung der Dialyſe noch in dem Dia- Yyſator fand, wurde mit einer Röſung von ſchwefelſaurem Kupferoxyd verſeßt. Zur anderen Hälfte wurde verdünnte Salzſäure im Ueber- duß hinzugeſetzt. Beide Flüſſigkeiten wurden 48 Stunden ſtehen gelaſſen. Die mit Salzſäure angeſäuerte Flüſſigkeit, aus welcher ſich in dieſer Zeit ebenſowenig Kryſtalle von reinem Cantharidin, als auš ter anderen Kryſtalle von Cantharidin-Kupferoryd ausgeſchieden hatten, hinterließ nach Extraction mit Chloroform einen Rückſtand, welcher in Del gelöſt auf meiner Bruſt nach mehreren Stunden einige kleine Bläschen Hervorrief. Im Diaítſator war die zurückgebliebene Menge der Cantharidin -Magneſia jedenfalls nur eine höchſt unbedeutende geweſen. Aus dieſen Verſuchen ging hervor, daß Cantharidin in Gegenwart von Säuren oder in Verbindung mit Baſen Durch die Scheide wand des Dialyſators tritt. Ich konnte 39 4 mithin erwarten, daß die Dialyſe, ſobald das Tantharidin in diffu- ſionsfähigem Zuſtande in deit Dialyſator gebracht worden war, fich mit Erfolg zur Trennung deſſelbeit von den Albuminaten und anderen organiſchen Collvidſubſtanzen werde anwenden laſſen. Aus der ganzen Reihe der angeſtellten Verſuche führe ich nur folgende an: 1) Der Darin nebſt den barin enthaltenen Fäces des Hah- nes von dem 56. Verſuche wurde möglichſt fein zerſchnitten mit einer geringen Menge deſtillirten Waſſers in den Dialyſator gebracht: Die Dialyſe wurde nady 36 St. unterbrochen. Das auf dem Waſſer- bade eingebampfte und mit Schwefelſäure und Chloroform behandelte Diffuſat rief in 8 St. eine große Blaſe auf meiner Bruſt hervor. 2) Der Darm und die Fäces der Katze von dem 16. Verſuche wurden mit Alkohol, welcher mit Schwefelſäure angeſäuert worden war, in den Dialyſator gebracht. Die Dialyſe wurde nach 44 St. unterbrodjen, während welcher Zeit das beſtillirte Waſſer in dem äußeren Glascylinder nicht erneuert worden war. Der auf dem Dampfbade nach Verflüchtigung des Alkohors gewonnene Rückſtand wurde in Waſſer gelöſt und 24 St. lang mit Chloroform behandelt. Nachdem das Letztere in einein Becherglaſe der freiwilligen Ver- Wänden des Glaſes eine reichliche Menge von Kryſtallen, welche unter der Lupe betrachtet, theils die Form von fpipen, nadelförmi- gen Kryſtallen, theils von Blättchen hatten, ein wenig gelblich gefärbt waren und ſich in Del löſteit. Ein geringer Theil der öligen Löſung rief auf meine Bruſt gebracht in 4 St. eine große Blaſe hervor. 3) 60 CC. Blut, welche aus den fugularvenen der Maße von dem 36. Verſuche gewonneit worden waren, wurden unter Buſaß von Aegkalilauge ſo lange gekocht, bis ſich keine Gerinſel meljr nachweiſen ließen, und darauf der Dialyſe unterworfen. Das Diffuſat wurde nach 24 St. entfernt und von neuem deſtilirtes Waſſer in der äußeren Glascylinder gegoſſent. Radi weiteren 48. St., alſo 72 Stunden nach Einleitung der Dialyſe wurde Let= tere unterbrochen. Der Rücftand, welden ich aus dem während der erſten 24 St. erhaltenen, darauf mit Schwefelſäure und Chloro- form behandelten Diffuſate dargeſtellt hatte, zog in 3 Stunden eine Blaſe von der Größe des mit der öligen Löſung befeuchteten Char- pieläppchens. Legteres wurde nochmals mit reinem Del angefeuchtet und auf meinen Arm gebracht. Im Verlaufe von 12 St. war eine ebenſolche Blaſe wie die erſtere entſtanden. Das Diffuſat, welches während der weiteren 48 St. gewonnen worden war, wurde gleich 40 falls mit Schwefelſäure und Chloroform behandelt. Der Rückſtand rief in 7 St. eine große Blaſe auf meiner Bruſt hervor. Auch jest wurde das Charpieläppchen nochmals mit reinem Der angefeuchtet. In 12 St. war eine zweite Blaſe entſtanden. Endlich wurde auch der Reſt des Blutes in dem Dialyſator mit Schwefelſäure und Chloroform ertrahirt. Der Nüdſtand rief in 24 St. eine unbedeutende Nöthung der Haut, in 36 St. aber einige ſtecknadelkopfgroße Bläschen hervor. 4) 120 CC. Blut der Katze von dem 35. Verſuche wurden niad dem Kochen mit Hepiali der Dialyſe unterworfen, und dieſe nach 24 St. unterbrochen. Der Rückſtand des Chloroformauszuges aus: dem Diffuſate zeigte unter der Lupe deutliche Kryſtalle. Er wurde mit Schwefelfohlenſtoff übergoſſen, worauf nach Entfernung dieſes gegen 0,001 (?) Grm. Cantharidin auf dem Uhrglaſe zurück- blieben. Der im benußten Schwefeliohlenſtoff gelöſte Antheil rief nad dem Verdunſten des Erſteren und lieberführen des Verdunſtungs- rückſtandes in Del in 12 St. mehrere kleine Bläschen auf meiner Bruſt hervor. 5) Die Nieren der State von dem 35. Verſuche wurden durch Kochen mit Aetzfalt vollſtändig zerſtört, der Dialyſe unterworfen. Das nach 24 St. gewonnene Diffuſat lieferte nach Behandlung mit Schwefelſäure und Chloroform einen Rüdſtand, welcher in 5 St. eine große Biaſe zog. 6) Die Leber der Kate von demſelben Verſuche, ſowie 7) Das Hirn wurden nad vorausgeſchickter Zerſtörung durch Aegkali der Dialyſe unterworfen. Der Auszug aus der Leber wirkte ſehr ſtark blaſenziehend. Das von der öligen Löſung deſſelben reich- lich durchtränkte Charpieläppchen wurde nach 5 St. von meiner Bruſt entfernt. Es zeigte ſich eine Blaſe, die ſich über die nächſte Umgebung des Charpieläppchens, weiche mit der öligen Löſung in Berührung gekommen war, erſtreckte. Dagegen rief der Rückſtand des aus dem Hirne gewonnenen Auszuges in 18 St. nur eine unbedeutende Röthung der Haut hervor. Ich habe bei den mitgetheilten Verſuden angegeben, daß das Blut, ſowie Leber, Nieren und Hirn, bevor ſie in den Dialyſator gebracht wurden, einer Behandlung mit Aeffali unterworfen worden waren. Zwei Gründe bewogen mich dazu, eine derartige Zerſtörung der Albuminate in den Unterſudjungsobjecten der Dialyſe vorauss zuſchicken. Durch das Kochen mit Aerkali wurde eine vollſtändige Zerſtörung der parenchymatöſen Organe Herbeigeführt, nur hödiji NO . 41 unbedeutende zuſammenhängende Gewebstrümmer fanden ſich in der mit Aeffali gekochten Flüſſigkeit. Dadurck wurde eine möglichſt gleichmäßige Vertheilung der Beſtandtheile der genannten Organe auf der Scheidewand des Dialyſators und eine innige Berührung mit derſelben herbeigeführt. Für das Blut wäre, wie man viel- leidyt glauben könnte, eine derartige Behandlungsweiſe zu umgehen geweſen, da nach der Beobachtung Graham'81) die Diffuſion einer Kryſtalloidſubſtanz in einer ſteifen Galerte, zu der das Blut, wenn es friſch in den Dialyſator gebracht worden, erſtarrt wäre, mit wenig oder gar nicht verringerter Geſchwindigkeit vor fich gebe. Nichts- deſtoweniger erſchien die Behandlung mit Kali auch für das Blut nothwendig. So lange es noch zweifelhaft iſt, in Verbindung mit welchen Baſen ſich das Cantharidin in dem Blute oder den parenchy- matöſen Organen findet, hielt ich es für unumgänglich, durch Be- handlung mit Sali bas Cantharidin womöglich in eine Verbindung mit dieſem überzuführen, da die leichte Löslichkeit der Verbindung des Cantharidins mit Rali bekannt war, und mit der Löslichkeit der Cantharidinverbindung zugleich die Diffuſionsfähigkeit deſſelben er- höht wurde. Die Methoden, welche ich bei meinen Verſuchen anwandte, Halte ich nach unſerer jegigen Kenntniß des Cantharidins für die allein geeigneten, das Cantharidin bei gerichtlich-chemiſchen Unter- fuchungen nachzuweiſen. Ich muß aber hinzufügen, daß die Anwen- dung derſelben mit den größten Schwierigkeiten, welche ſogar ein vollſtändiges Scheitern der verſuchten Analyſe nach ſich ziehen dürf- ten, verbunden ſein kann. Es laſſen ſich nicht vollſtändig genau beſtimmte Mengen der bei der Unterſuchung zu verwendenden Löſungs- mittel angeben. Es muß dem praktiſchen Gefühle des damit Be- fchäftigten überlaſſen bleiben, die richtige Menge der Baſis zu treffen, um das etwa frei vorhandene Cantharidin zu binden, ebenſo die genügende Menge der Säure, um das Cantharidin aus ſeiner Ver- bindung mit einer Baſis abzuſcheiden. Die Angabe, daß Can- tharidin und Magneſia in der bafiſchen, in Waſſer leicht löslichen Verbindung zu einander im Verhältniß von 85 : 15 ſtehen, kann faum eine Sicherheit für das einzuſchlagende Verfahren gewähren. Es könnte darnach, wenn die Menge des in dem Unterſuchungsobject bermutheten Cantharidins bekannt wäre, die Menge der zu verwen- Denden Baſis beſtimmt werden. Iſt dieſe aber nicht bekannt, ſo 1 1) 1. c. p. 29. 42 gewinnt die Unterſuchung nur an Genauigkeit, wenn die Baſis in reichlichem Maße angewandt wird, da ein Ueberſchuß derſelben durch ſpäteren Zuſatz der Säure wieder neutraliſirt werden kann. Be- ſonder3 umſichtig muß aber mit dem Zuſatz der Säure verfahren werden. Iſt zu wenig Sänre hinzugeſetzt worden, ſo entzieht ſich der an die Baſis gebundene Theil des Cantharidins bei der nach- folgenden Extraction mit Aether oder Chloroform dieſen Löſung&= mitteln. Nach Zuſatz der Säure iſt daher ſtets die Reaction der Flüſſigkeit mit dem Lakmuspapier zu prüfen und nicht früher mit dem Zuſatz von Säure aufzuhören, als bis nach gründlichem Schüt: teln oder Kochen die Reaction der Flüſſigkeit immer noch eine ſtark ſaure geblieben iſt. Zum Belege dafür, init welchen Sdwierigkeiten der Nachweis des Cantharidins verknüpft ſein kann, führe ich einen Verſuch an. Die Maße von dem 22. Verſuche war am 11. Oktober 1865 mit San- tharidin-Natron vergiftet worden. Nach 2 Stunden und 17 Minuten erfolgte der Tod. Erbrechen war während der Beobadytungszeit nicht beobachtet worden. Die Katze ſvurde darauf in einen zur Hälfte mit Sägemehl gefülten Holzkaſten gebracht und dieſer leicht bedeckt im Laboratorium des pharmaceutiſchen Inſtitutes aufgeſtellt. In der Nähe befand ſich eine Deffnung, durch welche die fich entwickelnde Ausdünſtung in den Schornſtein entweichen konnte. Die Temperatur an dieſem Orte betrug im Durchſchnitt 20° C. Die Kape zeigte am 3. Januar 1866, am 84. Tage nach der Ver- giftung, die Zeichen einer vorgeſchrittenen Verweſung. In dem Bruſt- korbe fand ſich eine ſchmierige, der Wirbelſäule aufliegende unförm- liche Maſſe. Das Zwergfell zum Theile vertrocknet, war ſonſt er: halten. In der Bauchhöhle zeigte ſid) eine fettige, ſchmierige Maſſe von etwa 1/2 Kilogr. Gewicht, in welcher ſich die einzernen Unter- Yeibsorgane nicht erkennen ließen. Der geſammte Inhalt der Un- terleibshöhle wurde mit Pottaſde verſeift, darauf colirt und die Colatur mit Schwefelſäure und Alkohol gekocht. Nachdem lekterer abdeſtilirt und der Rückſtand 24 St. hindurch mit Aether extrahirt worden war, wurde der Xether abgehoben, abgedampft und der nun erhaltene fettige Rückſtand in Del gelöſt auf meine Bruſt gebracht. Es blieb jede Reaction aus. Daher wurde die bereits einmal ers trahirte Colatur nochmals mit Aether geſchüttelt. Aber auch ießt blieb der Rückſtand aus dem nach 24 St. abgehobenen Aetheraus- zuge auf meiner Bruſt ohne Wirkung. Es wurde nun ein Theil der bei dem Coliren auf dem Colirtuche zurückgebliebenen fettigen 1 ! 43 Maſſe der Dialyſe unterworfen. Nachdem dieſe nad, 24 St. un- terbrochen, das Diffuſat eingedampft, mit Schwefelſäure und Chyo- roform behandelt worden war, zog der Rückſtand in 18 St. meh- rere kleine Bläschen. Der nochmals mit Aegfalt gekochte übrige Theil der fettigen Maſſe, welcher noch nicht der Dialyſe unterwor- fen worden war, lieferte nach der Extraction mit angefäuertem Al- kohol und Chloroform einen Rückſtand, welcher mit einem Charpie- läppchen auf meine Bruſt applicirt nach 8 Stunden eine große Blaſe zog. Die Fehler, burch welche bei dieſer Unterſuchung das Cantha- ribin ſich dem Nachweiſe entzogen hatte, glaube ich in der unvoll- ſtändigen Verfeifung des fettigen Inhaltes der Unterleibshöhle und in der Anwendung von Aether bei der Extraction in Stelle von Chlo- roform ſuchen zu müſſen. Die Anwendung von Chloroform zur Extraction des Diffuſates, das allerdings nach nur 24 - ſtündlicher Dauer der Dialyſe gewonnen worden war, lieferte einen ſchwad blaſenziehenden Rückſtand, dagegen war die Wirkung des Chloro- formauszuges eine ſehr ausgeſprochene, nachdem die unterſuchte fet- tige Maſſe mit Netzkali nochmals gekocht worden war. Sollen ge- ringe Mengen Cantharidin nachgewieſen werden, ſo darf überhaupt Aether bei der Extraction nicht angewandt werden. Nach Bluhm!) iſt nämlich das Löslichkeitsverhältniß des Cantharidins in verſchie- denen Löſungsmitteln folgendes: 100 Gwth. Alkohol 92 • Tralles löſen bei 18° C. 0,03 Gwth. Schwefelko hlenſtoff 0,06 11 Nether 1 1 0,11 Benzin 10,20 , Chloroform 1 1 ,20 , Chloroform löſt mithin mehr als das Zehn fache an Santharidin als die gleiche Gewichtsmenge Nether. Der Erfolg dieſes Verſuches iſt in doppelter Beziehung von Bedeutung. Zunächſt geht aus demſelben hervor, daß die Behaup- tung Seymard'8?), Cantharidin zerſeße ſich in der Leiche ſehr bald, auf einem Feyler in der Unterſuchungsmethode beruhe, wie denn überhaupt jeder Anhaltspunkt für die Annahme einer leichten Berſek barkeit des Cantharidins fehlt, da dajfelbe weder durch Be- handlung mit äßenden Alkalien, noch mit concentrirten Mineralſäu- ren, ſelbſt bei höherer Temperatur, eine Veränderung erleidet. Es tharidins. reinen Can- V ma 1) I. c. p. 45. -- 2) Buſemann, I. C. p. 270. 44 gelang aber auch auf der anderen Seite, gegenüber den Bedenken, welche Poumet und Orfila gegen eine ſolche Möglichkeit erhoben, der Nachweis in einer Leiche trop vielfach erſchwerender Umſtände. Es muß auffallen, daß in dem eben angeführten Falle nur eine verhältniſmäßig unbedeutende Menge Cantharidin in der Leiche wiedergefunden wurde, nachdem die Maße mit 0,248 Grm. Cantha- ridin - Natron vergiftet worden war. Der Deſophagus war nicht unterbunden worden. Wenn Erbredien auch nicht bemerkt worden iſt, ſo kann ich nicht bezweifeln, daß ein ſolches ausgeblieben ſei. In keinem Falle fehlten Erbrechen oter, wenn der Defophagus un- terbunden worden war, Brech bewegungen, mochte der Tod auch in noch fo kurzer Zeit erfolgen. Dazu kommt, daß das Gift der Maße in wäſſeriger Löſung beigebracht worden war, welche um ſo leich- ter und vollſtändiger durch Erbredjen aus dem Magen entfernt werden konnte. Das bei der Unterſuchung des Inhaltes der Un- terleibshöhle nachgewieſene Cantharidin mag daher zum größten Theile aus den Organen hergerührt haben, welche in der kurzen Zeit, die zwiſchen Einführung des Giftes und erfolgtem Tode lag, einen Theil des Giftes in fich aufgenommen hatten. Im Verlaufe meiner Verſuche fand ich vielfach Gelegenheit aus den oben angeführten Gründen feſtzuſtellen, daß das Cantha- ridin aus den zur Unterſuchung gelangten Flüſſigkeiten oder Or- ganen nicht mit gleicher Sicherheit in ein und derſelben Weiſe ab- geſchieden werden konnte. Die von mir anfänglich eingeſchlagene Methode erlitt dadurch weſentliche Veränderungen. Der Ueberſicht- lichkeit und des beſſeren Verſtändniſſes wegen gebe ich die gewon- nenen Reſultate nochmals wieder und führe die Methoden an, welche ich für die einzelnen Unterſuchungsobjecte für brauchbar halte. Sit Cantharidin überhaupt noch im Körper vorhanden, oder findet es ſich im Erbrochenen oder in den Eycreten, ſo kann es in folgender Weiſe nachgewieſen werden: 1) Am einfachſten geſtaltet ſich der Nachweis des Canthari- din3 aus dem Harne. Derſelbe wird mit Schwefelſäure ſtark ange- ſäuert oder zuvor mit gebrannter Magneſia eingebampft und dann mit überſchüſſiger Schwefelſäure behandelt. Sollte der Eiweißgehalt des Harnes ſehr groß ſein, ſo kann eine Zerſtörung des Albumins durch Kochen mit Aegkali dem Anſäuern des Harnes vorausgeſchiat werden. Iſt das Cantharidin aus ſeiner Verbindung mit einer Baſe in die ſaure Flüſſigkeit übergeführt worden, ſo wird Chloro- form, etwa ein Drittheil der ganzen Flüſſigkeitsmenge, hinzugefügt. 45 Harn und Chloroform werden nun in ein wohizuverſchließendes Glasgefäß gebracht und mehrmals ſtark durchgeſchüttelt. Nach 24 Stunden wird die wäſſerige Flüſſigkeit von dem Chloroform abgehoben und lebteres mit deſtilirtein Waſſer ſo lange gewaſchen, bis es eine neutrale Reaction angenommen hat oder doch nur äußerſt ſchwach jaure Reaction zeigt. Iſt dieſes geſchehen, ſo wird das Chloroform aus den Auszuge verflüchtigt. 2) Aus dem Magen- und Darminhalte, ſowie den Fäces uitd dem Erbrochenen wird Cantharidin am geeignetſten nachgewie- fen, indem die zu unterſuchenden Maſſen auf dem Waſſerbade zur Trodne eingedampft werden. Darauf werden die getrockneten Maſſen mit Alkohol übergoſſen, welcher mit Schwefelſäure angeſäuert iſt (6 Tropfen verdünnter Schwefelſäure auf eine Unze Alkohol), und eine Stunde auf dem Dampfbade gekocht. Ein Verluſt an Alkohol durch Verflüchtigung deſſelben kann dabei faſt volſtändig verinieden werden, wenn die alkoholiſche Flüſſigkeit in eine gebaudyte Flaſche gethan iſt, welche mit einem Durchbohrteit, und mit einem mäßig feinen, einige Fuß langen Glasrohr verſehenen Kork verſchloſſen wird. Der ſich verflüchtigende Alkohol verdichtet ſich in dem Glasrohre und fällt in Tropfen in die Flaſche zurück. Iſt die Flüſſigkeit ab- gekühlt, ſo wird ſie filtrirt, mit etwa 13 Volum Waſſer verdünnt, der Alkohol von dem Filtrate abdeſtillirt und die Extraction mit Chlo- roform in der oben angegebenen Weiſe ausgeführt. 3) Das Blut, ſowie die eiweißbreidhen, parenchymatöjen Organe bedürfen beim Nachweiſe des Cantharidins einer Zerſtörung der Albuminate durd Kochen mit Neptali. Das Kochen wird auf offenem Feuer in einer Porcellanſchale ausgeführt und nicht früher mit dem Zuſaße von Xebkalt aufgehört, als bis die Albuminate fich vollſtändig aufgelöſt haben oder ſid nur noch unbedeutende Mengen von ihnen durch Umrühren mit einem Glasſtabe nachweiſen laſſen. Iſt die Flüſſigkeit vollſtändig abgefühlt, ſo wird Schwefelſäure im Ueberſchuß und Alkohol zugelegt und nach geſchehener Filtration und Deſtillation mit Chloroform das Cantharidin ausgezogen. Es kann ter Nachweis aber auch in der Weiſe geführt werden, daß die mit Hekkali gekochte Maſſe in den Dialyſator gebracht und das Dif- fuſat, nach der Behandlung mit Schwefelſäure, mit Chloroform extra- hirt wird. Soll ſich die Unterſuchung nicht auf den qualitativen Nach- weiß von Cantharidin beſchränken, ſondern lekteres auch quantitativ 46 beſtimmt werden, ſo iſt es in der von Prof. Dragendorff 1) ange- gebenen Weiſe von dem anhängenden Fette durch Alkohol und Schwe- felkohlenſtoff zu befreien. Das Santharidin wird nach Verflüch- genen Filter mit ciner beſtimmten Menge Alfohol übergoſſen, nach- dem der Alkohol vollſtändig entfernt worden, ebenſo mit Schwefel- kohlenſtoff behandelt. Sind die genannten Flüſſigkeiten behutſam abgegoſſen oder durchfiltrirt, ſo wird das Cantharidin bei 100° C. getrocknet und gewogen. Für je 10 CC. hiebei verbrauchten Schwefelfohlenſtoffes werden 0,0085 Grm. Cantharidin zu der bei der Wägung gefundenen Menge hinzugerechnet, für je 10 CC. Alkohol 920 Tr. 0,0024 Grm. Um den chemiſden Beweis von der Anweſenheit des Giftes liefern zu können, iſt außer einer ſicheren Methode für die Analyſe, die Kenntniß der Körpertheile, in welchen das Cantharidin vor- zugsweiſe zu ſuchen iſt, nothwendig. Sol der Nacyweis beim Lebenden geführt werden, ſo wird die Unterſuchung fias ſelbſtver- ſtändlich auf die erbrochenen Maſſen, die Stuhygänge und den Harn beſchränken. In der Leiche kann Cantharidin unreſorbirt gefunden werden im Magen, Dünn- und Diddarm und reſorbirt in dem Blute, den parenchymatöjen Organen und den Muskeln. Der größere Theil des in den Magen gelangten Giftes ſcheint, wenn der Deſophagus nicht fünſtlich geſchloſſen worden iſt, durch das ſich bald nach der Vergiftung einſtellende Erbrechen aus dem Körper ent- fernt zu werden. Nichtsdeſtoweniger wird der Mageninhalt in den Fällen eine reiche Ausbeute an Cantharidin gewähren, in welchen daſſelbe in einer Form, die ein längeres Verweilen an der Magen- wandung durch mechaniſches Haftenbleiben bewirkte, wie z. B. in den gepulverten Canthariden, in den Magen gelangte. Das Blut vers dient in ſofern eine beſondere Berückſichtigung, als daſſelbe nicht niur nach Einführung des Giſtez in den Magen, ſondern auch bei Ver- giftung durch das Unterhautzeugewebe Cantharidin enthält. Unter den parenchymatöſen Organen nimmt nach Vergiftung durch den Magen die Leber in Bezug auf den Gehalt an Cantharidin die ich an, daß ein großer Theil des von der Magen- und Darmſchleim: Haut reſorbirten Giftes in die Leber gelangt und von hier aus erſt fick über den übrigen Körper verbreitet. Eine quantitative Beſtim- 11 - A .. 1) 1. c. p. 165. 417 / : mung des Cantharidins in der Leber habe ich freilich nicht anzuführen. Die Wirkung des Diffuſates, welches aus der Leber Durcy Dialyſe bei dem 35. Verſuche gewonnen worden war, war eine ſehr ſtarke. Der Gehalt der Leber an Cantharidin war in dieſem Falle ein bedeutend größerer als der der Nieren oder des Hirnes. Nädyſt der Leber ſind es die Nieren, weldie eine ſorgfältige Unterſuchung erfordern. Bereits bei dem zuerſt von mir angewandten Verfahren, der directen Beland- lung der Nieren mit Alkohol, Schwefelſäure und Chloroform, waren aus den Nieren mehrmals Auszüge dargeſtellt worden, welche eine, wenn auch ſchwach blaſenziehende Wirkung beſaßen. Aber bedeutend ſtärker war dieſe Wirkung, nachdem die Nieren mit Xebkalt zerſtört und darauf erſt der Extraction mit Chloroform unterworfen wor- den waren. Einige Beobachtungen ſcheinen darauf hinzuweiſen, daß auch die Muskeyn einen reichen Gehalt an Cantharidin beſigen. Ein Huyn, welches ſeit dem 6. Juli zit verſchiedenen Zeiten, bei dem 47., 52. und 58. Verſuche, Canthariden und Cantharidin erhalten hatte, wurde am 25. Juli decapitirt. Ein Sdyenkel dieſes Huhnes war von einem ſechswöchentlichen Närden gefreſſen wordeit. Etwa 5 Stunden darauf traten Erbrechen, unſiderer Gang, Krämpfe und eine Stunde ſpäter der Tod ein. Es waren ferner einem Hunde (33. Verſuc) 0,0275 Grm. Cantharidin-Magneſia ſubcutan und fünf Tage darauf 0,06 Grm. derſelben Cantharidinverbindung in eine Jugularvene eingeſprikt worden. Bei der Section, welche bald nach dem, bereits 4 Stunden nad der zweiten Vergiftung erfolgten, Tude angeſtellt wurde, zeigte die Muskelſubſtanz des Herzens rich in eigen- thümlicher Weiſe verändert: der ganze Herzmuskei war von zahlreichen, cheinbar friſchen myokarditiſchen Heerden durchſeßt. Es läßt ſich chwer entſcheiden, ob Legtere eine Folge der erſten oder der zweiten Vergiftung waren. Bei einem zweiten Hunde, welchem das Gift gleichfalls durch eine Fugularvene beigebracht worden war, war der Herzmuskel vollkommen geſund (37. Verſuch). Mehrere an Hülnern angeſtellte Verſuche, um die Musfein auf Cantharidin 311 prüfen, hatten ein negatives Reſultat. Bei dein 55., 56. und 57. Verſuche wurde incljreren Hühnern Cantharidin in den Aropf gebrackt und darauf der Diddarm oberhalb der Kloake und der Deſophagus unterbunden. Das Fleiſch wurde darauf mit Alkohol, Schwefelſäure und Chloroform extrahirt. Bei dem 56. und 57. Verſuche war der gewonnene Nückſtand bollſtändig wirkungslos, bei dem 55. rief er eine geringe Reaction her: vor. Die Muskeln waren fein gerſchnitten der Behandlung mit 48 Alkohol und Schwefelſäure unterworfen worden. Nichtsbeſtoweniger Yöſten ſich im Alkohol nur ſehr wenige feſte Beſtandtheile, ba die Muskeln bei den Stochen eine harte, lederartige Beſchaffenheit annah- men. Ich muß es daher bedauern, daß mir zu der Zeit, als ich dieſe Verſuche anſtellte, das Verfahren mit Aegkali noch nicht bekannt war. Ein nochmaliger Verſuch durch ſubcutane Cantharidininjection eine nicht tödtliche Vergiſtung und conſecutive Affection der Muß- kein herbeizuführen, wie ſie bei dem 33. Verſuche ſtattgefunden hatte, Verſuch) 0,0054 Grm. Cantharidin - Magneſia in Waſſer gelöſt in das Unterbautzelgewebe geſprißt. Die mikroſkopiſche Unterſuchung der Muskeln von verſchiedenen Körpertheilen ergab, nachdem der Kater am 7. Tage nadder Vergiftung ſtrangulirt worden war, daß dieſelben vollſtändig normal waren. Eine chemiſche Analyſe der Muskeln unterblieb der vorauszuſehenden Erfolgloſigkeit des Ver- ſuches wegen. Schließlich führe ich die Art und Weiſe an, in welcher ich die Reaction des aufgefundenen Cantharidins prüſte. Es iſt bekannt, daß für das Cantharidin hisler keine dharakteriſtiſchen chemiſchen Reactionen aufgefunden worden ſind. Die von Eboli l) angegebene Reaction für das Cantharidin iſt für daſſelbe nicht charakteriſtiſch, da ſie auf einer Reduction des chromſauren Kali's beruht, welche die meiſten organiſchen Subſtanzen Hervorbrin- gen. Es ſoll nämlich Cantharidin mit Vitriolöl befeuchtet auf einem Uhrglaſe bis zum beginnenden Sieden erhitzt werden, worauf auf Zuſatz von chromſauren Kali unter lebhaftem Aufbrauſen eine · prächtig grüne Maſſe entſteht, welche nach einigen Stunden blatt- grün wird. Audy Blub m?) vermochte weder durch oxydirende Ge- miſche (Schwefelſäure und chromſaures fali, fialiumeiſencyanid), noch durd; reducirende Stoffe (Natriumamalgam, Natrium zur al- koholiſchen Löſung des Cantharidins gebracht) hervorſtechende Ber- änderungen des Cantharidins zu bewirken. : Iſt mithin die chemiſche Reaction für den Nachweis von Can- tharidin in gerichtlich-chemiſchen Fällen unzureichend, ſo gewähren die phyſikaliſden Eigenſchaften des Cantharidins keinen beſſeren Anhaltspunkt für die Erkennung deſſelben. Blum hegte die . - .......... - . . - .. . . ::- -V i v . - - - . . -. -.. . ..-.. -..- 1) Citirt in Omelin's Handbuch der Chemie. Ścidelberg 1862. Po. Viby p. 425. 2) I. c. p. 44. 49 2 Hoffnung, daß die Kryſtal form der Cantharidin-Magneſiaverbindung in forenſiſchen Fällen die Erfennung des Cantharidins ermöglichen werde. Aber bei dem äußerſt geringen Material, welches ihm zu Gebote ſtand, wollte es ihm nicht gelingen, die Kryſtalform dieſer Verbindung näher zu beſtimmen. Er führt nur an !), daß dieſe Kryſtalle „eigenthümlich ſtrahlen för mig“ ſeien. Sehr aus- führlidi iſt dagegen die Stryſtallform dez Cantharidins in G me- lin's Handbuch ?) angegeben. Es ſind „farbloſe rechtwinklig vier- ſeitige Säulen des zweigliedrigen Syſtems, mit vierflächiger auf die Flächen aufgeſeßter Buſpißung, rhombiſdie Säulen oder glimmerar- tige Blättchen, gewöhnlich vierſeitig flache Säulen, die treppenförmig durd Einriſſe erſcheinen". Uus Aether und Eſſigſäure ſcheidet fidh nach Procter 3) das Cantharidin in fladen, ſchief vierfeitigen, zuge- ſpißten Säulen des rectangulären Syſtems aus. In allen Fällen, in welchen bei meinen Verſuchen daz Can- tharidin dargeſtellt wurde, war es nad Verflüchtigung des Chloro- forms in ſo geringer Menge vorhanden, bazu theils durch Farbſtoffe, theils durch Fett verunreinigt, daß an eine Beſtimmung der Kryſtalli- form nicht gedacht werden konnte. Die Fette fonnten allerdings durch Schwefelkohlenſtoff entfernt werden. Doch löſte ſich mit dem Fette zugleich ein Theil des Cantharidins. Wie wenig unter dieſen Umſtänden eine Darſtellung der Magneſiaverbindung, um die Kry- ftauform zu beſtimmen, möglich war, iſt erſichtlich Ich muß daher einſtweilig die phyſiologiſche Reaction des Cantharidins als die allein anwendbare und maßgebende be- trachten. Nach den Verſuchen von Bluhm wirkten noch 0,00014 Grm. Cantharidin blaſenziehend. Es iſt jedoch ſicher anzunehmen , daß die Menge des Cantharidin3 noch geringer ſein kann, um dieſe Wirkung hervorzurufen. Für die phyſiologiſche Reaction iſt das von Bretonneau (1828) empfohlene Verfahren, als beſonders geeignet, die geringſten Spuren Cantharidin nadyzuweiſen, hingeſtellt worden. Ich glaube mich jedoch davon überzeugt zu haben, daß die Verſuche an dem menſchlidien Nörper, wenn auch weniger ſubtil, ſo doch int demſelben Maße ſicherer ſind und daher den Vorzug verdienen. Bretonneau 4) bediente fich nänilidh bei ſeinen Verſuchen junger Bunde, da die Schleimhaut der inneren Lippenfläche ſo empfindlich 1) 1. C. p. 41. -- 2) 1. c. Bd. VII, p. 423. 3) Cit in Gmelin'& Handbuch ibid. 4) Vierteljahrcoſchr. f. prakt. Pharmac, v. Wittſtein 1860. IX, p. 269. 50 gegen blaſenziehende Stoffe war, daß bereits 4 bis 5 Minuten hin- reichten, um bei Berührung mit Fett, welches nur eine Spur von Cantharidin enthielt, die beſtrichene Stelle der Schleimhaut ihres Epithels zu berauben. Sonnte ich die Verſuche an jungen Hunden auch nicht wiederholen, fo überzeugte ich mich doch an jungen Maßen, welche Mängel dieſer Methode anhaften. Die große Schmerzhaftig- keit, welche ſich ſehr bald nach dem Beſtreichen der Lippe mit der das Cantharidin enthaltenden Flüſſigkeit einſtellt, ruft große Unruhe, beſtän- diges Lecken, Abwiſdhen mit den Pfoten Hervor, ſo daß allerdings nach einiger Zeit eine erodirte Schleimhautſtelle vorhanden iſt, welche aber in ähnlicher Weiſe nach Application irgend welcher äßenden Maſle entſtehen würde. Ebenſo erſcheint mir derſelbe Verſuch an dem Auge eines Räßchens oder Kaninchens wiederholt durchaus nicht mehr Sicher- heit zu gewähren. Hier tritt ſehr bald eine ausgebreitete Bindehaut- und conſecutive Hornhautentzündung ein. Die große Anzahl der Stoffe, welche eine derartige Frankkafte Veränderung der betreffenden Häute des Auges hervorzurufen vermag, iſt bekannt. Der einzige geeignete Ort, das Cantharidin auf ſeine phyſiologiſche Reaction zu prüfen, ſcheint mir daher die Haut des menſchlichen Körpers zu ſein. Bluhm hat ſeine Proben auf den Arm gebracht. Ich that dieſes anfangs auch, ſpäter applicirte ich ſie jedoch auf die Bruſt, da die Kleidungsſtücke derſelben feſter als dem Arme anliegen und die Bez wegungen der Bruſt nicht ſo bedeutende als die des Armes find. Bevor ich das gewonnene Cantharidin auf meine Bruſt brachte, ſegte ich einige Tropfen Süßnandelöl hinzu, erwärmte die ölige Löſung und wiſchte ſie dann mit einem 1 bis 2 - Centim. großen Stück engs Tiſdher Charpie auf. Die Charpie befeſtigte ich auf meiner Bruſt mit einem Heftpflaſterſtreifen, auf welchem die Nummer des Verſuches und das Unterſuchungsobject verzeidhnet waren. War Cantharidin in der zu prüfenden Löſung vorhanden, ſo entſtand in früheſtens 4 und ſpäteſtens 24 Stunden eine Blaſe. War Cantharidin nur in einer ſehr geringen Menge zugegen, ſo zeigte ſich nach Ablauf der genannten Zeit nicht eine größere Blaſe, ſondern mehrere kleine Bläs- chen, welche von einem Härchen durchbohrt waren. 51 III. lad den bisher gemachten Beobachtungen ſchien das Cantha- ridin auf alle Wirbelthiere gleich giftig einzuwirken. Von einigen Autoren wurde jedod dieſer Anſicht widerſprochen. Huſemann 1) erzählt, daß der Glaube verbreitet ſei, daß ſowohl der Igel als die Schwalbe gegen den giftigen Einfluß der Canthariden immun ſeien. Marra) führt an, daß nach einer Mittheilung in Teuffel's Ma- gazin der Thierheilkunde (Bd. I, H. 3. 1813) Xwei Truthühner wenigſtens ein halbes Pfund eben getödtete und in die Sonne zum Trocknen geſtellte ſpaniſche Fliegen ohne Nachtheil fraßen." Bei der Wichtigkeit, welche die phyſiologiſche Reaction in der Toxikologie hat, ſchien es mir von Werth zu ſein, mich von der Einwirkung der Can- thariden auf Wirbelthiere verſchiedener Klaſſen durch eine Reihe von Verſuchen zu überzeugen. Die Einwirkung der Canthariden als Gift auf Hunde wurde conſtatirt von Drfila und Poumet, die gleiche auf Saninchen von Bullino und Schroff, die auf sagen von Puczniew & 14. Uuch ich habe mich davon überzeugt, daß unter den Säugethieren Hunde, ſagen und Füllen in gleicher Weiſe dem toriſchen Einfluſſe der Canthariden unterlagen. Dagegen zwingen mich die Verſuche, * welche ich an zweien Igeln anſtelite, zur Annahme, daß das Can- tharidin auf dieſe Thiere keine giftige Einwirkung habe. Beide tamen nach Beibringung von Cantharidin, nicht durch daſſelbe um. Die lobuläre Pneumonie, welche ich bei der Section des einen Igels fand (17. Verſuch), ſcheint dadurch nicht verurſacht zu ſein, daß ein Theil der in den Schlund gebrachten Pille in die Luftröhre gelangte und dadurch jene krankhafte Veränderung in den Lungen hervor- brachte, ſondern durch Einwirkung des zum Anäſthefiren verwandten Chloroforms. - Der Einfluß des Chloroforms war bei beiden 1) I. c. p. 264. - 2) 1. C. B. I. Ubth. 2, p. 61. 4* 52 Weilegen, Berſuche Einwirth Igeln ein ſehr eingeifender, und die Wirkung hielt längere Zeit an. Tropdem, daß dem Igel bei dein genannten Verſuche nur wenige Minuten hindurch ein mit Chloroform getränkter Baumwollenbauſch vor die Schnauze gehalten worden war, ſchwand die Narkoſe erſt : nad ſieben Stunden. Der Befund an den Unterleibsorganen bei der Section beſtätigte in keiner Weiſe den Verdacht einer Vergiftung durch Cantharidin. Nur die Schleimhaut des Magens war dwach geröthet, die des übrigen Darnifanales blaß. In der Harnblaſe, deren Schleimhaut gleichfalls nicht geröthet war, fand ſich Harn, welcher fauer reagirte und kein Eiweiß enthielt. Den Verlegungen am Kopfe kann ich mit Bezug auf die Veranlaſſung des Todes keinen Werth beilegen, da die Schädelknochen ſelbſt nicht beſchädigt waren. Wird es aus dieſem Verſuche bereits wahrſcheinlich, daß der Tod in dieſem Falle nicht die Folge der Einwirkung des Cantharidins, ſon- dern des Chloroforms war, ſo beſtätigt ſich dieſe Vermuthung voll- ſtändig durch die Reſultate des 18. und 29. Verſuches. Die ſubcu- tane Injection der Cantharidin - Magneſia hatte durchaus keinen Erfolg. Der bei der Section gefundene Harn war eiweißfrei. Trotz der langen Zeitdauer, welche ſeit der Injection verfloſſen war, zeigte fich an der Stelle der Injection keine Spur einer eingetretenen Reaction. Die Beſchleunigung der Reſpiration, welche am zweiten und Dritten Tage nach der Injection beobachtet wurde, kann ich als Folgeerſcheinung der Einwirkung des Cantharidins nicht auffaſſen. Es findet ſich wenigſtens kein Analogon hiezu in dem Verhalten anderer Säugethiere. Die bei legteren beobachtete Beſchleunigung der Reſpiration trat bereits wenige Stunden nach der Vergiftung ein. Ich muß daher annehmen, daß die vermehrte Thätigkeit der Reſpirationsorgane bei dem erwähnten Igel die Folge eines vorüber- gehenden, entzündlichen Zuſtandes der Bronchialſchleimhaut, wahr- ſcheinlich durch das Chloroform bedingt, geweſen ſei. Auf Vögel wirkt das Cantharidin meiſt in gleicher Weiſe wie auf Säugethiere ein. Wie hier aber der Igel, ſo wurde dort daß Huhn vom Cantharidin nicht beeinflußt. Bei einer Taube (48. Verſ.) und einer Ente (50. Verſ.) trat ſehr bald nach Einführung von gepulverten Canthariden in die Speiſeröhre heftiges Erbrechen ein, wobei der größte Theil des beigebrachten Giftes wieder. Herauskeförs dert wurde. Beide Thiere erholten ſich nach der Vergiftung. DA- gegen ging eine andere Taube (53. Verſuch), unter den bei Säuges thieren gewöhnlichen Erſcheinungen, (Neſpirationsbeſchleunigung, Krämpfen u. f. w.) zu Grunde. Bei einem Seeab Yer trat gleich faus 53 ſehr ſtarkes Erbrechen nach Beibringung von Cantharidin ein (49., 59. und 61. Verſ.). Nach Einführung des Giftes in die Speiſe- röhre, ſowie nach Einſprißung in eine Jugularvene wurde gallige Flüſſigkeit erbrochen. Auf den mit einem Wieſenweih 'angeſtellten (54.) Verſuch lege ich dagegen ein geringeres Gewicht, da derſelbe einige Tage zuvor burd, einen Schuß fluglahm geworden war. Wenn ſich bei der Section auch keine Verletzung der Bruſt- oder Unterleibs- organe zeigte, ſo iſt es doch möglich, daß der Tod in Folge des Trauma's erfolgte, da während der 48 Stunden der Beobachtungs- zeit jedes I Symptom einer Vergiftung fehlte, und der Tod unter zunehmender Schwäche erfolgte. Die Hühner, an welchen ich experimentirte, verhielten ſich dagegen vollſtändig unempfänglich gegen Cantharidin, mochte das Lettere ihnen durch den Magen, das Unterhautzellgewebe oder eine Vene beigebracht worden ſein. Es traten weder Vergiftungserſcheinungen während des Lebens ein, noch fand ſich eine pathologiſche Veränderung bei der Section. Allerdings war bei einem Huhne (58. Verſuch die Schleimhaut des Aropfes erkrankt, da ſich bei der Section ein erbſengroßer Subſtanzverluſt in derſelben fand. Dieſe Veränderung ſcheint aber unabhängig von dem in den Magen gebrachten Cantharidin entſtanden zu ſein, da in fei- nem anderen Falle etwas Aehnliches beobachtet wurde. Bei einem Fahne (63. Verſ.) zeigte ſich nach Verlauf von faſt vollen drei Mo- naten nach Injection von Cantharidin-Magneſia in eine Jugular- vene ein vom Halſe bis zur Mitte des Rückens hinabreichender Abſceß im Unterbautzellgewebe. Da bei den Injectionen in das Unter- hautzellgewebe ſich keine Abfcef bildung eingeſtellt hatte, ſo glaube ich, daß dieſer Abſceß nicht durch das bei der Injection etwa ver- fchüttete Cantharidin, ſondern durch die bei der Bloßlegung der Jugularvene gemachte Wunde veranlaßt worden ſei. Bei dem See- adler (61. Verſ.) hatte ſich gleichfalls ein Abſceß nach Injection des Giftes in eine Jugularvene gebildet. Auch dieſer ſcheint durch den traumatiſchen Eingriff bei Fſolirung der Jugularvene, nicht aber durch eine Verunreinigung der Wunde mit Cantharidin entſprungen zu ſein. Die Verſuche an Fröſchen ergaben alle ein negatives Re- fultat. Das Gift wurde theils in den Magen, theils in das Unter- hautzellgewebe oder in den Maſtdarm gebracht. Bei mehreren Ver- ſuchen wurden die Fröſche in Waſſer, welches eine Cantharidin- löſung enthieit, geſekt und in demſelben mehrere Tage beobachtet. In keinem Falle traten Anzeichen einer Vergiftung ein. Leider habe . 54 ich eß unterlaſſen, den Fröſchen Cantharidin auch in eine Vene zu ſprigen. Um auf eine genaue Schilderung einzelner mir beſonders wichtig erſcheinender Symptome bei der Cantharidinvergiftung eingehen zu erſcheinungen. Da Beobachtungen, welche von früheren Forſchern bei Experimenten an Thieren geniadit worden ſind, mit den meinigen, bis auf wenige, wenn auch nicht inwichtige Abweichungen von einans der, übereinſtimmen, ebenſo die an Thieren und Menſchen wahrge- nommenen Erſcheinungen im Weſentlichen dieſelben ſind, ſo verſuche ich es eine gedrängte ZuſammenſteÜung der Vergiftungserſcheinungen bei Thieren und Menſchen zu geben. Bei acuter Vergiftung durch Canthariden oder Cantharidin treten nach innerlicher Darreichung des Giftes folgende objective Symptome auf. Bald nach Beibringung des Giftes bildet ſich eine od gerötheten Schleimhaut hebt ſich ab, es folgt Blaſenbildung auf der Zunge und der inneren Fläche der Lippen. Schling beſchwerden find vorhanden und werden mitunter ſo heftig, daß ſelbſt Flüſſigkeiten nicht verſchluckt werden können. Durd; die bedeutende Anſchwellung der Schleimhaut der Mundhöhle und der Zunge können das Sprechen und Athmen 1) behindert und Erſtickungsanfälle hervorgerufen werden. In den meiſten Fällen iſt ſtarker Speichelfluß vorhanden. Erbrechen (welches bei Nanindhen nicht vorzukommen ſcheint) von blutigem Schleim oder geronnenem Blute) wird zuweilen von Aufgetriebenheit des Unterleibes begleitet. Nicht immer treten flüſſige Darmentleerun- gen ein. Die entreerten Maſſen ſind mit Blut und Schleim gemiſcht. Sowohl in den durch Erbrechen, als auch in den durch den Darm entleerten Maſſen finden ſich, wenn Canthariden in Subſtanz beige- bradyt wurden, die grünen glänzenden Partikel der Flügeldecken. Unter beſtändigem Drang zum Harnlaſſen werden nur geringe Mengen eines Eiweiß und Blut enthaltenden Harnes entreert. Die Genitalien ſind beim Menſchen geſchwollen und entzündet. Der Puls bei Thieren ----- -- mitmen p. 450. eitiorist 1) Zeitſchrift der Geſellſd. 0. Aerzte zu Wien. XI. Jahrg. VII. Heft. p. 490. 1855. Schroff: Ueber Cantharidin und ſein Verhältniſ zu den ipd. niſchen Fliegen. 2) Seogwid Schmidt's Jahrb. 1865. p. 282. Nu8 Med. Times and Gaz. Dec. 10. 1864. 55 iſt ſtets beſchleunigt, beim Menſchen zuweilen verlangſamt '). Die Ne- fpiration iſt erſchwert. Bei Thieren gehören Trismus und Dpiſtho- tonus zu den gewöhnlichen Symptomen; bei Menſchen ſind Krämpfe ſelten beobachtet worden. Unter den ſubjectiven Krankheitserſcheinungen macht ſich bei Menſchen zunädiſt ein allgemeines Uebelbefinden, Schmerzen in den Gelenken, Gefühl von Kälte längs der Wirbelſäule, Schwindel, Kopfs Schmerz geltend. Es ſind Schmerzen in dem Schlunde und Unterleibe vorhanden. Zuweilen iſt der Geſchlechtstrieb geſteigert; beim Manne ſtellen ſich alsdann Priapismus und Samenejaculationen, beim Weibe Pruritus vaginae ein. Bei Tlieren ideint das Senſorium gleich- falls benommen zu ſein, ſoneit man hierauf einen Rüdſchluß aus dem unſicheren, taumeinden Gange machen kann. Vermehrter Ge- ſchlechtstrieb wird bei Thieren nur ausnahmsweiſe beobachtet. Der Tod tritt entweder unter den zuneljmenden Symptomen einer Affection des Senſoriums oder unter denen einer Gaſtro - Enter ritis ein. Nach Einſprißung des Giftes in das Blut find bei Thieren die objectiven Symptome dieſelben. Es ſind Erbrechen, flüſſige Stühle vorhanden, auch Eiweiß in dem Harne. Bei der Application des Giftes auf die Haut oder Injection in das Unterhautzellge- webe fehlen die Erſcheinungen einer Darmaffection oder ſind nur in geringem Grabe vorhanden. Dagegen treten Benommenheit des Sen- foriums, Nieren- 2) und Blaſenentzündung mit derſelben Heftigkeit wie bei innerlicher Darreichung von Canthariden auf 3). Die Symptome der chroniſchen Vergiftung ſind ſehr unbe- ſtimmt und wechſelnd. Die am häufigſten vorkommenden (deinen auf einer catarrhaliſchen Affection des Darmes und der Harnwerk- zeuge zu beruhen. Die krankhaften Veränderungen an Leichen von Thieren und Menſchen geſtalten ſich je nach der Zeit, welche bis zu dem Ein- tritte des Todes verfloſſen iſt, verſchieden. Erfolgt der Tod ſehr raſch, 70 kann die Entzündung des Darmkanals und der Harnwerkzeuge trok einer großen Vergiftungsdoſis gering ſein. $ſt ein größerer Beit- 1) Bullino ref. in Schroff, 1. c. p. 484. (Omodei Annali universali di medicina. 1835. LXXV, 434--144.) 2) Niema 1111, tödtlide Nierenentz. Durch Emplastr. vesic. ordin. verani- laßt. Schmidt's Jahrb. 1840. 2. Supplem.. Bd. p. 18. 3) Ianlor, 1. c. Bd. 2, p. 555. 56 abſchnitt nach der Vergiftung verfloſſen, ſo kann ein Theil der Ent- zündungserſcheinungen wieder geſchwunden ſein. In einem ausge- prägten Falle findet ſich der ganze Nahrungskanal in einem entzün- deten Zuſtande. Die Schleimhaut der Mundhöhle und der Zunge kann ihres Epithels beraubt ſein. Die Schleimhaut des Magens und Darmkanals iſt gleichfalls ihres Epithers beraubt, injicirt; an ein- zeinen Stellen finden ſich flache Geſówüre und umſdriebene hämor- rhagiſche Heerde in der Schleinihaut. Bei Kaninchen fand ſich ,,Im- prägnirung der Zellen der Pepſindrüſenſchicht mit verändertem Blut- farbſtoff“ 1). Bei Raßen fehlte, wenn der Tod in 21/2 bis 3 Stun- den eintrat, eine Entzündung des Dünn- und Dickdarmes oder war nur in ſehr geringem Mafie vorhanden. In zwei Fällen (6. und 21. Verſ.) fand ſicky außer einer Entzündung der Schleimhaut des Ma- gens die Schleimhaut des Dickdarmes, in einen dritten Falle (23. Verſ.) die des Blinddarines intenſiv entzündet. Bei einer Taube (53. Verſ.) war dagegen die Schleimhaut des ganzen Darmkanales normal. Fand die Vergiftung furch Cantharidenpulver ſtatt, fo fanden ſich die glänzenden Partikel der Schleimhaut des ganzen Darmkanales an- hängend. Die Leber und Milz ſind blutreich). Bei einem Manne war die Leber um das Doppelte vergrößert”). Die Leber der Hunde, Maßen (mit wenigen Ausnahmen) und des Fülens zeigten ein über- einſtimmendes Verhalten: ſie ſchienen vergrößert zu ſein, waren ſtets von dunkeler Farbe und mäßigem Blutgehalte. Die mikroſkopiſche Unterſuchung zeigte keine Veränderung der Leberzellen. Die Gallens blaſe war ſtets mit reichlicher Galle angefült. Der Ausführungsgang der Gallenblaſe war durchgängig, da bei leichtem Drucke auf Teptere fick Galle in den Dünndarm entleerte. Die Nieren ſind meiſt hyperämiſch. Bei Kaninchen ſind die Nieren und Nierenkelche blutreich. Die Nieren der Hunde und Kaken ſind gleichfalls blutreid), die Nindenſchicht erſcheint häufig breiter als normal, fein injicirt. Die mikroſkopiſche Unterſuchung zeigt eine ſtarke Anfüllung der Capillargefäße mit Blut. Faſerſtoffcylinder laffen fich zuweilen in den Harnkanälchen der Markſubſtanz nadimer- ſen. Bei Yeichtem Drucke auf das Nierenwärzchen quilt aus demſelben eine trübe, weiße Flüſſigkeit hervor, in der zay(reiche Epithelzellen und Epithelſchläuche vorhanden ſind. Bei Kaninchen, Hunden und Nagen OU -- - -- - - - - - - - A - - - AA AHM - - - - - - - 1) Schroff, 1. c. p. 495. 2) Metzger, Grävell'8 Notizen. N. F. B. I. 1858. p. 575. iſt die Harnblaſe ſtets contrahirt, die Schleimhaut derſelben mit wenig Ausnahmen blaß. Die Schleimhaut der Harnröhre bei Thieren iſt ſtets normal. In einem Falle war Nöthung und Schwellung der Schleimhaut der Vulva und Vagina zugegen (37. Verſ.). Nach Orfila 1) fehlt eine Entzündung der Blaſen- und Harnröhrenſchleimhaut beim Manne nie, wenn der Tod nicht vor zwei Tagen nach ſtattgehabter Vergiftung eintrat, beim Weibe ſoll ſie gewöhnlich fehlen. Bei beiden iſt die Harnblaſe zuſammengezogen. Die Lungen zeigen bis auf einen nicht immer vorhandenen, reicheren Blutgehalt keine krankhaften Veränderungen. Bei einen Hunde (38. Verſ.) waren ſie von zahlreichen, umſchriebenen, verdich- teten Partieen durchſeßt. Das Herz iſt gewöhnlich normal, ſeine Rammern mit dunkelem Blute angefüllt. Bei Naken fand ich ſtets nur die rechte Vorkammer und Kammer mit Blut angefüllt, die linke dagegen leer. Bei einem Hunde (38. Verſ.) fanden ſich zahlreiche myokarditiſche Heerde in der Subſtanz des Herzmuskels. Das Hirn und Rückenmark vieten keine nachweisbaren Ver- änderungen dar. Bei einer Anzahl Raben, welchen ich bei der Sec- tion die Schädelhöhle öffnete, waren die Hirnhäute injicirt, das Hirn felbſt dagegen anämiſch. Das Blut iſt ſtets dunkel, zuweilen, namentlich bei Menſchen, dünnflüſſig, gewöhnlich aber dickflüſſig. Þuczniowsky fand, daß es raſch gerinne. Ich konnte mich hievon nur in den Fällen überzeugen, bei welchen die Section ſehr bald nach dem Tode angeſtellt wurde. Bei dem Rückblicke auf den geſchilderten Symptomencomplex hebe ich hervor, daß die Aufmerkſamkeit der Forſcher, welche mit Cantha- riden an Säugethieren erperimentirt haben, zunächſt und vorzüglich auf die krankhaften Erſcheinungen des Urogenitalſyſtems und weiter auf die des Nahrungskanales gerichtet geweſen iſt. Die Verſuche find borzüglich an Hunden und Maninden angeſtellt worden, bei welchen die angeführten Krankheitserſcheinungen allerdings in den Vordergrund zu treten ſcheinen. Dagegen kommt eine andere Functionsſtörung, welche bei Aaben in ſehr auffallender Weiſe hervortritt, bei dieſen hieren nur in untergeordneter Weiſe vor. Ich meine die erceſſive Beſchleunigung der Reſpirationsfrequenz. Orfila") führt unter den Symptomen der Cantharidenvergif- tung eine erſchwerte und Beſchleunigte Reſpiration an. Er ſtüßt 1 mamma -- sw.. cm . . v .. .Sea n - 4 1) 1. C. p. 163. Tom. II. 2) 1. c. ibid. 58 ſich hiebei auf die von ihm ſelbſt und von Poumet an Thieren, an 36 Kunden und 4 faninchen, gemachten Beobachtungen. Bei einer genauen Durchficht der einzelnen Verſuche findet ſich jedoch unter den vierzig mitgetheilten Fällen eine Beſchleunigung der Reſpira- tion nur viermal 1) angeführt. Von einem Hunde, an welchem Poumet experimentirte, heißt es (p. 139): „respiration fréquente, haletante, comme si cet animal eût couru, lorgs-temps, très vite, en été et en plein midi.“ Es iſt möglich, daß Orfila nur aus dem Grunde dieſes Symptom bei der größeren Anzahl der Ver- ſuche anzuführen unterlaſſen hat, weil er ihm keine Bedeutung bei- legte. Ein ſo genauer Beobachter, wie Orfila, hätte eine Beſchleu- nigung der Neſpiration in ſein Neſumé der Vergiftungsſymptome nicht aufgenommen, wenn er ſie nicht häufiger, als bei jenen vier angeführten Fällen beobachtet hätte. Schroff machte an Kanindert die Beobachtung, daß die Reſpiration eine „beſchwerliche" war, wenn die Thiere mit Can- thariden vergiftet wurden. Bei Vergiftung mit Cantharidin war tagegen bei dem erſten Verſuche das Athmen beſchwerlich, bei den zweien anderen war es ſchnell und beſchwerlich". Nur bei einem Verſuche ?) iſt die Zahl der Athernzüge in der Minute ange- geben. Es heiſt hier: „Nach einer halben Stunde (nach Darreichung von 0,1 Grm. Cantharidin in Olivenöl gelöſt) war die Reſpiration beſchwerlidi, häufig, ſtieg von 70 Reſpirationen in der Minute auf 100 und ſpäter auf 130." Ob eine Beſchleunigung der Reſpiration auch bei Menſchen . ſich häufiger einſtelle, bleibt mir nach den bisher gemachten Beob- achtungen zweifelhaft. Es laſſen ſich in der Literatur nur wenige Fälle mit tödtlichem Ausgange auffinden, und dazu kommt, daß dieſe wenigen alle mehr oder weniger ungenau beobachtet worden ſind. Nur bei einer Vergiftung 3) fand ich eine Beſchleunigung der Reſpiration verzeichnet. „Ein fiebzehnjähriger Kinabe verſchyludte eine Unze Cantharidentinctur. Als er nach ein und einer Halben Stunde geſehen wurde, war die Reſpiration beſchleunigt u. f. w." Schumacher 4) führt allerdings in ſeinem Gutachten über eine bei den baruud Taffen --- --- .. . ------ --. 1) 1. c. Tom. II. p. 139. 146. 148. 149. 2) Schroff, Dochenbl. d. Zeitſchr. d. Geſellſch. D. Xerzte zil Wien. 1855. Nr. 48. p. 76 1. 3) Danior, l. c. B. II. p. 551. 4) Wiener medicin. Wochenſchr. 1864. Nr. 45, 46 u. 47. p. 731. 59 Cantharidenvergiftung an, daß zu den bei dieſer Vergiftung gewöhn- lichen Symptomen die Beſchleunigung der Reſpiration gerechnet werde. „In ſehr kleinen Doſen veranlaſſen die Canthariden keine bemerkbaren Wirkungen. In größeren Gaben entſtehen . . . .frequenter Puls, heiße Haut, beſchleunigte Reſpiration." Da Schumacher fichi hiebei nicht auf eigene Beobachtungen ſtübt, ſo bleibt es fraglich, op die angeführte Bemerkung nicht auf der Angabe Orfila's baſirt, da ich in ſämmtlichen mir zugänglichen gerichtlich - mediciniſchen und toxikologiſchen Werken eine weitere Angabe des gedachten Symptoms nicht habe auffinden können. Meine eigenen Beobachtungen betreffend führe ich die an Laßen gemachten zunädyſt an. Es trat unter 29 Fällen 26 Mar eine Beſchleunigung der Reſpiration ein. Nur drei Mal fehlte ſie. Je begnüge mich damit, hier einige Verſuche namhaft zu machen, bei weichen die reſpiration die bedeutendſte Beſchleunigung erfuhr. Ich habe das Maximum der Reſpirationsbeſchleunigung angeführt und aus einem weiter unten anzugebenden Grunde die Angabe der Beit, in welcher Erſteres nad Einführung des Giftes eintrat, Hinzu- gefügt. Bei den Verſuchen mit gepulverten Canthariden trat die Beſchleunigung der Reſpiration am wenigſten prägnant hervor: 4. Verſuch. Nad 6 St. 48 M. Rſpr. 220. Tod n. 7 St. 55 M. 1 1 58 236. . 2 , 52 , Dagegen erreichte ſie nach Einführung von reinem Cantha- ridin die bedeutendſte Höhe: 12. Verſuch. Nach 3 St. 35 M. Rſpr. 264. Tod n. 4 St. 11 M. 15. 3, 19 I 304. , 3 48, 16. 2 , 25 , 294. i 31- Nachy ſubcutaner Injection der Salze des Cantaridins ſtand fie der nach Beibringung von reinem Cantharidin durch den Magen wenig nach. Jedoch trat ſie früher, als nach Vergiftung der legtgenannten Art ein: 31. Verſuch. Nach 3 St. — M. Npr. 240. Tod n. 3 St. 40 M. 34. r 1 , 45 272. , 2 , 43 , 1 1 45 260. 1 45 , in 1 , 21 , 240. 1 30, In drei Fällen fehlte die Reſpirationsbeſchleunigung. Bei dem 2. Verſuche wurde die Kaße nach 24 St. ſtrangulirt, ohne daß fich vorher Intoxicationserſcheinungen gezeigt Hatten. Bei dem 20. Verſuche trat der Tod nad 33 Stunden ein. Die größte Frequenz 60 betrug während der Beobachtungszeit 28 in der Min. Bei dem 24. Verſuche endlich wurde die Maße nach ſieben Tagen ſtrangu- Yirt. In allen drei Fällen war die Vergiſtungsdoſis eine äußerſt geringe: Bei Hunden war die Beſchleunigung eine viel geringere. Die bedeutendſte Beſchleunigung trat in einem Falle nach Einführung in den Magen von Cantharidin, in Milchſäure gelöſt, ein, die geringſte nach Einſprißung von Cantharidin-Magneſia in das Unterhautzell- gewebe. 14. Verſucs. Nach - St. 20 M. Rſpr. 200. Tod n. 3 St. 20 M. 38. 4, 5 , 60. , 4 , 20, 23. 2 , 15 , 40. I 5 - 37. 1 einigen Stunden 32--40. , 10 , 50, Bei dem Füllen betrug die Reſpirationsfrequenz 76 nach 5 St. 15 M. Bei der Taube (53. Verſ.) war die Reſpiration nad) 5 St. auf 60 geſtiegen. Die Beſchleunigung der Reſpiration bot mehrfache. Eigenthüm- Kaben, bei welchen der Tod erſt nach Ablauf von 24 St. eintrat. Sie war um ſo bedeutender, je früher der Tod eintrat, je ener- 1 35. und 36. Verſuche wurde die Reſpiration, nachdem ſie einen ge- wiſſen Grad der Beſchleunigung erreicht hatte, durch den Eintritt von kloniſchen Krämpfen unterbrochen. Nachdem ſie einige Se- cunden geſtockt hatte, traten die Athemzüge von neuem auf, nahmen raſch an Frequenz zu, bis das Athmen durch einen zweiten Paroxys- mus in's Stocken geriety. Nad jedem Paroxysmus erreichte die Frequenz der Athemzüge die frühere Höhe nicht mehr. Mit dem Sinken der Frequenz wurde die Reſpiration erſchwert und ſchnarchend, die Inſpiration verlängert, zuckend, ſaccadirt. War die Frequenz bis auf wenige Athemzüge in der Minute herabgeſeßt, fo-folgte in der Negel auf mehrere Athemzüge ein tiefer Seufzer, welcher ſich in regelmäßigen Zeitabſtänden wiederholte. Die Yegten Athemzüge erfolgten unter den Zeichen der höchſten Dyspnoe: Der Kopf wurde zurückgebeugt, das Maul aufgeſperrt, die Naſenlöcher bei jeder In- {piration weit geöffnet, die Bauchdecken ſtraff angeſpannt. Dann trat eine kurze, tiefe Inſpiration ein, worauf der Thorar allmälig zuſammenſank. Nur in zwei Fällen ſank die Reſpirationsfrequenz von der erreichten Höhe herab, ohne durch Krämpfe unterbrochen 1 CV U zu werden (7. und 12. Verſ.). Dagegen traten in keinem Falle Rrämpfe ein, ohne daß eine Beſchleunigung der Reſpira- tion vorausgegangen wäre. Bei Hunden ſank die Frequenz der Reſpiration ſtets allmä- lig, ohne von Krämpfen unterbrochen zu werden. Drfira hat jedoch ähnliche Erſcheinungen, wie ich an Kaßen, bei ſeinen Verſuchen an Hunden beobachtet. „54 inspirations par minute, chacune d'elles suivie d'un tremblement convulsif de quatre membres “ 1). An ciner anderen Stelle heißt es: „la respiration est devenue accé- lérée, ... il a eu un accès convulsif des plus violents, pendant lequel sa respiration était très accélérée“ 2). Wenn die Hunde bei meinen Verſuchen keine Bedeutendere Reſpirationsbeſchleunigung zeigten, ſo ſchiebe ich dieſes dem Umſtande zu, daß größere Hunde init kleineren Vergiftungsdoſen, als Orfila anwandte, umgebracht wurden, wie denn auch der Tod bei den Verſuchen Orfila's früher, als bei den meinigen eintrat. Außer der Function der Athmungsorgane, war es die des Herzens, welche eine beſonders auffallende Erſcheinung darvot. Schroff 3) hat bereits darauf aufmerkſam gemacht, daß die rechte Hälfte des Herzens eines Kaninchens, welches nach Vergiftung mit Cantharidenpuiver bereits ſeit einer Stunde keine Zeichen des Lebens mehr gezeigt hatte, bei Eröffnung des Herzbeutels ihre Thätigkeit wie- der aufnahm. Sdroff ſpricht die Anſicht aus, daß ein derartiges Verhalten der Herzthätigkeit bisher nur nach Vergiftung durch Co- niin bekannt geweſen ſei. Idy fand, daß die Thätigkeit des Herzens bei Tagen nach Aufhören der Reſpiration gewöhnlid einige Zeit fort- dauerte. Daß aber dieſes Verhalten dem Herzen nur nach Cantha- ridinvergiftung zukomme, muß ich bezweifeln, da ich mehrmals Gele- genheit fand, an ſtrangulirten Aaben, welche ich einige Zeit nad; dem Tode ſecirte, ein gleiches Verhalten der Herzthätigkeit zu beobachten Eine Thätigkeit der rechten Herzhälfte nach Eröffnung des Herz- beutels habe ich bei dem 3., 6., 12., 13. und 15. Verſuche verzeich- net. Bei dem größeren Theile der übrigen Verſuche unterließ id es, dieſes Verhalten des Herzens hinzuzufügen, nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß es nicht allein bei der Cantharidinvergiftung worlomme. Wichtiger als die angeführten Fälle erſcheinen mir dage- gen diejenigen, in welchen das Herz, ohne daß der Herzbeutel -----.................. -.--.---...---- 1) 1. c. p. 146. - 2) 1. c. p. 149. 3) Wochenbl. d. Zeitſchr. D. Geſellſch. D. Herzte zu Wien. 1855. Mr. 49 p. 780. 62 eröffnet worden war und die Luft einen reizenden Einfluß auf den Herzmuskel ausüben konnte, ſich contrahirte. Bei dem 7. Ver- ſuche wurde die Section bereits drei Minuten nach der legten Inſpi- ration vorgenommen. Es regte die rechte Kammer ihre Thätigkeit noch 35 Minuten fort. Bei dem 31. Verſuche wurde die Section erſt 1 St. 40 M. nach der Vekten Inſpiration angeſtellt. Bei Er- öffnung des Bruſtkorbes contrahirten ſich die rechte Vorkammer und die dem Herzen zunächſt gelegenen Abſchnitte der oberen Hohlvene. Die Stammer nahm dagegen ihre Thätigkeit erſt nach Eröffnung des Herzbeutels auf. In einer Reihe von Fällen konnte ich conſtatiren, daß das Herz ſeine Thätigkeit auch bei geſchloſſenem Thorar nodh eine Beitlang nad) der legten Inſpiration fortſekte. Bei dem 15. Verſuche war der Spitzenſtoß des Herzens vier Minuten nach der legten Inſpiration noch 48 Mal in D. M. zu fühlen. Bei dem 21. Verſuche war er bei der lebten Inſpiration 120, zwei Minuten darauf 76 Mal; bei dem 32. Verſuche 17 Minuten hindurch 60 Mal und bei dem 35. Verſudie 5 Minuten nach der lebten Inſpiration 144 Mar in der Minute, 3 Minuten darauf 68 Mal in d. M. zu fühlen. Bei dem Füllen und den Kunden konnte ich den Spitzenſtoß nach der Yeßten Inſpiration nicht mehr fühlen. Ebenſowenig trat bei diefen Thieren eine Contraction des Herzens nach Eröffnung des Herzbeutels ein. Es iſt Yeicht erſichtlich, welchen Einfluß eine nach Aufhören der Nefpiration fortgefegte Thätigkeit des Herzens auf den Gehalt der Lungen an Blut haben muß. Die Ueberfüllung der Lungen mit Blut iſt eine um fo größere, da die linke Herzhälfte ihre Contractionen früher als die rechte einzuſtellen ſcheint. Endlich zeigte die Eigenwärme des thieriſchen Körpers ein bemerkenswerthes Verhalten. Sdroff 1) fülyrt an, daß Pullino gefunden habe, daß bei einem Kaninchen, welches mit zwei Gran Cantharidin vergiftet wurde, bald nach Einführung des Giftes die Temperatur vermindert war. Nach den Beobachtungen von Dumés ril, Demarquay und Lecointe%) Pollen die Canthariden zu der Kategorie der Arzneimittel gehören, welche in jeder Doſis die Tems peratur erhöhen. Shre Verſuche ſtellten die genannten Forſcher 1) Zeitſchr. d. Geſellſch. d. Xerzte zu Wien. XI. 1855. p. 481. 2) „Erperimentalunterſuchungen über die Veränderung der thieriſchen Wärme in Folge der Einführung verſchiedener Arzneimittel in den Organismus." Schmidt Jahrb. 71. Bd. 1851. p. 288; 76. BO. 1852. p. 20; 73. Bd. 1852. p. 158. (aus der Gaz. des hôpit. 1851. 40, 46, 62. 63 in folgender Weiſe an. Vier Hunden wurden 0,08 bis 0,4 Grm. gepulverter Canthariden in den Magen gebracht und der Deſophagus unterbunden. „Mittelſt einiger Vorunterſuchungen hatten ſich die Ver- faſſer der angeführten Arbeit davon überzeugt, daß durch die zur Ver- hinderung des Erbrechens vorgenommene Unterbindung des Deſopha- gus, wenigſtens für die Zeit, welche ein Arzneiverſuck dauerte, keine Temperaturveränderung hervorgebracht wird. Bei einer Gabe von 0,08 Grm. ſtieg die Quedfilberſäule des Thermometers in 6 Stun- Den, indem ſie von zwei zi1 zwei Stunden beobachtet wurde, um 20,1; bei zwei Verſuchen mit je 0,2 Grm. um 2º; bei einem Ver- fuche mit 0,4 Grin, nur um 1° C. Weitere Temperaturbeſtimmun- gen unterblieben. Worin der Grund liege, daß die Anwendung der Canthariden in arzneilicher Doſis nach Beibringung größerer Mengen die Temperatur einen weniger hohen Grad erreiche, als nach Dar- reichung kleinerer Mengen, blieb unentſchieden. Bei meinen Verſuchen fand 11ac Beibringung von Can- tharidin in toriſcher Doſis ſtets eine Temperaturerniedri- gung ſtatt. Die Beſtimmung der Temperatur ergat in zwei Fälen (21. und 35. Verj.), daß dieſelbe im Maſtbarm der Kagen wenige Minuten vor dem Tode auf 360,1 C. und 37°,2 C. geſunken - dieſer Mörperſtelle beträgt. Um mich davon zu überzeugen, wann die Temperatur zu ſinken beginne, wurde bei dem 34. Verſuche die Temperatur während der ganzen Beobachtungszeit in geringen Swi- fchenpauſen beſtimmt. Ich lege auf dieſen Verſuch das größte Ge- wicht, da bei demſelben das Gift ſubcutan beigebracht worden war, und außer dem Einſtiche mit der Anſakſpiße der Injectionsſprite kein weiterer, etwa mit Blutverluſt verknüpfter operativer Eingriff ſtattgefunden hatte. Die Temperatur betrug 15 Min. nach der Ein- ſprißung des Giftes um 11 u. 15 Min. Vorm. 38°,4 C. und um 12 U. 390,8 C. Von nun an fank die Temperatur bis zu dem Eintritte des Todes beſtändig und mit dem Herannahen des Letzteren mit zunehmender Geſchwindigkeit. In 1 St. 38 M. war ſie um - Welche ich anſtellte (24. und 25. Verf.), ſcheinen mir nicht denſelben Werth, wie der 34. Verſuch, zu haben, da in jenen beiden Fällen nicht das Cantharidin alein auf den Organismus einwirkte, ſondern zugleich Laparatomie und Unterbindung des Darmes auf die Tempera- für einen Einfluß gehabt haben mögen. Bei beiden Operationen fand, bis auf einige Tropfen Blut, beim Hautſchnitt kein weiterer Blutver- 64 (uſt ſtatt. Bei dem 24. Verſuche betrug die Temperatur im Maſt- darme um 5 u. 25 M. 349,4 C.; ſie war alſo in 40 Min. um 20,0 C. geſunken. Bei dem 25. Verſuche fant ſie in 58 Minuten um 4°,2 C. : So wünſchenswerth es mir ſchien, die angeführten Erſcheinun- gen, beſonders aber die Neſpirationsbeſchleunigung, die Nervenerſchei- nungen und das Verhalten der Temperatur einer weiteren und ges naueren Prüfung zu unterwerfen, ſo war mir dieſes doch unmöglich. Ich muß mich daher bei einer Analyſe der Krankheitserſchei- nungen, welche die Cantharidinvergiftung begleiten, mit den vor- liegenden Angaben begnügen. Ein Sinken der thieriſchen Wärme kann, wenn ich von dem Einfluſſe der äußeren Atmoſphäre auf daſſelbe abſehe, entweder durch eine mangelhafte Thätigkeit des Herzens oder durch eine vers minderte Drydation der Körper beſtandtheile herbeigeführt werden. Daß das Herz in ſeiner Thätigkeit nicht geſchwächt war, iſt aus dem oben Angeführten hervorgegangen. Die andere Urſache der Tempe- raturerniedrigung, eine Verminderung der Drydation, kann entweder badurch bedingt ſein, daß der Sauerſtoff nicht in der gehörigen Weiſe von dem Organismus verwerthet oder in zu geringer Menge dem Blute zugeführt wird. In erſterer Beziehung mußte ich mir die Frage vorlegen, ob in dieſem Falle eine unvollſtändige Ver- wendung des in das Blut gelangten Sauerſtoffeß nicht etwa durch eine Veränderung der Blutkörperchen bedingt war, welche Yeştere durch das in dem Blute kreiſende Cantharidin beeinflußt ſein mochten. Obgleich die mikroſkopiſche Unterſuchung keine weſentliche Veränderung der Blutkörperchen durch Cantharidin vergifteter Thiere nachweiſen ließ, ---- erſtere hatten zwar bei mehreren Verſuchen ein maulbeerför- miges Aeußere angenommen, zeigten ſich ſonſt aber erhalten, - 10 wollte ich es dennoch verſuchen, die Blutförperchen auf ihr Verhalten gegen ein Dzonreagens zu prüfen. Nach A. Schmidt 1) kann man ſich direkt von der Eigenſchaft der Blutkörperchen, neutralen Sauerſtoff zu erregen, D. h. in Dzont und Antozon zil zerlegen, überzeugen. Wird nämlich verdünntes Blut auf ein mit Guajaktinctur befeuchtetes Papier gebracht, ſo umgiebt fich der Blutstropfen nach ein paar Minuten mit einem „tiefblauen" Ringe. Um dieſen Verſuch zu wiederholen, wurde eine Tinctur aus 2 Grm. Guajakharz, welche in 12 CC. Alkohol gelöſt wurden, her- - - - - - 1) Dzon im Blute. Dorpat. 1862. p. 5. 65 geſtellt. Ein Tropfen einer Miſchung von 20 CC. Blut einer kurz zuvor ſtrangulirten Kaße und 200 CC. deſtilirten Waſſers wurden auf ein Stück ſchwediſches Fließfapier gebracht, welches mit der Guajaktinctur befeuchtet worden war. Nach Schmidt'8 Angabe ſoll die Reaction am deutlichſten hervortreten, wenn das Blut in dem Momente auf das Papier gebracht wird, wo lekteres trocken zu wer- den beginnt. Dieſe Regel wurde bei dieſem, wie den folgenden Ver- ſuchen eingehalten. Trojdem aber, daß der Verſuch mehr als dreißig Male wiederholt wurde, trat nicht die geringſte Blaufärbung des Papieres ein. Es wurden darauf weitere 30 Tropfen des Blutes der- ſelben Naße mit 40 CC. deſtillirten Waſſers, welches 0,4 Grm. Cantharidin-Natron enthielt, und ferner 40 CC. Defibrinirten Blutes der mit Cantharidin vergifteten Naße von dein 34. Verſuche mit 160 CC. Deſtilirten Waſſers gemiſcht. Die zahlreichen mit dieſen Löſungen vorgenommenen Verſudie Hatten alle daſſelbe Reſultat: sie Bläuung des mit Guajaktinctur angefeuchteten Papieres trat erſt nach Berührung mit Terpenthinöl ein. Das Blut Hatte mithin bei dieſen Verſuchen nicht die Eigenſchaft gezeigt, den neutralen Sauer- ſtoff der Luft zu polariſiren, mochte es rein oder nach Hinzuthun von Cantharidin zu den Verſuchen benußt worden ſein. Dagegen zeigte das Blut ftrangulirter oder mit Cantharidin vergifteter Ragen die gleiche Eigenſchaft, das Antozon des Terpenthinöis in Dzon zu verwandeln und dadurch eine Bläuung der Guajaktinctur zu bewirken. Es iſt mithin kein Grund für die Annahme vorhanden, das Blut habe fchon während des Lebens, nachdem es mit Cantharidin in Berührung gekommen war, ſeine Eigenſchaft eingebüßt, das in ihm enthaltene Waſſerſtoffſuperoxyd katalytiſch zu zerlegen und dadurch Die Drydation im thieriſchen Körper zu unterſtützen. . Als andere Urſache einer Temperaturverminderung nahm ich eine verminderte Zufuhr von Sauerſtoff zu dem Blute an, oder, was prejelbe Wirkung hat, eine verminderte Aufnahme von Sauerſtoff durch Die Blutkörperchen. Ein verminderter Sauerſtoffgehalt bedingt aber in jedem Falle eine Beſchleunigung der Reſpiration, indem er als Metz auf das Centralorgan der reſpiratoriſchen Thätigkeit wirkt. „Le loger central de la respiration, c'est-à-dire les ganglions de la uvelle allongée, qui forme le noeud vital, doivent, pour entrer e action, être en contact avec les nerfs respirateurs et peri- heriques et, d'une autre part, avec un sang normalement con- Bitte et suffisamment oxygéné; si le sang n'y arrive pas en quantité suffisante, ou si les éléments oxygénifères, c'est-à-dire 66 les globules viennent à diminuer, il en résultéra une surexci- tation physiologique, qui se traduit par l'accélération ou la vio- trale“ 1). Nur ſo lange Sauerſtoffverbrauch und Sauerſtofferſas nahezu conſtant bleiben, werden „auch die Athenbewegungen in einem „mittleren Zuſtande verharren. Wird aber einer dieſer Factoren ver- „größert, ſo muß auch die Reizung des Centralorgans und damit „ſeine Leiſtung wachſen, To Yange ſeine Erregbarkeit und Leiſtungsfä- „higkeit ungeändert bleiben ?). Nimmt aber der Sauerſtoffgehalt des ,,Blutes troß der vermehrten Athembewegungen immer mehr ab, ſo „,währt zwar die Heizung fort, es veringert ſich aber die Reizbarkeit und „Leiſtungsfähigkeit des reſpiratoriſden Centralorgans und der Athem- „muskein. Die anfänglich geſteigerte Athem bewegung wird daher wie- „der ſchwächer und ſeltener werden und zulegt ganz aufhören. Dieſen „Vorgang bezeichnen wir mit dem Namen Erſtickung" 3). Roſenthal ſtüßte ſich bei dem Aufſtellen dieſer Anſicht auf die unter Traube's Leitung angeſtellten Verſuche von Markuſe 4), welche eben bewei- ſen, daß Dyspnoe nicht durch die Gegenwart von Kohlenſäure oder anderen irreſpirabler Gaſen im Blute herbeigeführt wird, ſondern allein durch mangelhafte Zufuhr von Sauerſtoff zu dem Blute. War es mithin durch die Erniedrigung der Temperatur an ſich bereits wahrſcheinlicły, daß eine unvollſtändige Oxydation der Blutbe- ſtandtheile Urſache der genannten Erſcheinung ſei, ſo wurde dieſe Vermuthung weiter durch die Symptome, welche die Beſchleunigung der Reſpiration begleiteten, beſtätigt. Das Cantharidin wird zur Gruppe der ſcharfnartotiſcheri. Gifte gerechnet. Seine irritirende Eigenſchaft iſt zur Genüge bekannt. Dagegen bietet die narkotiſche Wirkung des Cantharidins mehrfadje Eigenthümlichkeiten dar. Eines der Kennzeichen der Einwirkung von narkotiſchen Giften auf den thieriſchen Organismus iſt dieſes, daß nach Einführung des Giftes die Reſpiration langſamer, ſeufzend, mühſam wird. Die Narkotica, welche eine primitäre Einwirkung auf die 1) Physiologie de „l'asthme et des dyspnéesó par G. Sée. Journal de' l'anatomie et de la physiologie par Robin. 1865. p. 384. 2) Roſenthal, ,, Die Athembewegungen und ifjre Beziehung zum Nervus vagus. Berlin 1862. p. 13. 3) Roſenthal, 1. c. ibid. 4) „De suffocationis imminentis causis et curatione. Dissert. inaug. Berolini 1858. 67 Nerven ausüben, über dieſelbe in gleicher Weiſe auf das Hirn und tharidin weſentlich von der Wirkung der übrigen narkotiſchen Gifte ab. Während das Senſorium bei der Vergiftung durch Cantharidin benommen war, ſahen wir die Thätigkeit des reſpiratoriſchen Cen- tralorgans in außergewöhnlicher Weiſe angeregt. Der Mangel von Sauerſtoff in dem Blut, welcher die Thätigkeit des Hirns und der peri- pheren Nerven lähmte, wirkte auf das verlängerte Mark reizend eint. In einigen wenigen Fällen zeigte ſich bei meinen Verſuchen auch die Neflexthätigkeit des Rückenmarks erhöht. In anderen Fällen traten allgemeine Strämpfe erſt mit dem Höhepunkt der Reſpira- tionsbeſchleunigung ein. Der übermäßig ſtarke auf das verlängerte Mark ausgeübte Reiz wurde nicht mehr durch die Thätigkeit der Ne- ſpirationsmuskeln allein ausgelöſt, — der Reiz wurde von dem ver- längerten Marke in den Bahnen der cerebroſpinalen Nervenfaſern auf die Muskeln des ganzen Körpers übertragen. Dem Geſagten gemäß bezeichne ich die Einwirkung des Cantharidins auf das Nervenſyſtem als eine ſecundäre. Sowohl fie, als auch der Tod nad Cantharidin vergiftung werden durch verminderten Sauerſtoffgelaſt Des Blutes, oder, da die Blutkörperden allein die Träger des Sauerſtof- fes im Blute ſind, durch Inſufficienz dieſer herbeigeführt. Die nächſte Unterſtüzung dürfte die von mir über die Wirkung des Cantharidins ausgeſprochene Anſicht in einer direkten Beſtim- mung des Sauerſtoffgehaltes des Blutes finden. Id unterließ eine derartige Beſtimmung, weil für die richtige Deutung der zu erwar- tenden Reſultate die Grundlagen fehlen. Ebenſowenig ließ ſich ein Beweis in der Beſtimmung der im Körper erzeugten Oxydations- producte, beſonders der erhalirten Kohlenſäure, erwarten. Die Reſpi- ration weicht während der Vergiftung ſo weſentlich von der unter normalen Verhältniſſen ab, daß aus einer Verminderung oder Ver- mehrung der Kohlenſäure fich keine ficheren Rückſchlüſſe auf die von bem Körper verbraucyte Sauerſtoffmenge machen läßt. Wenig mehr tusſicht auf Erfolg verſprach die Beſtimmung des Harnſtoffes und Der Harnſäure nach Einwirkung von Cantharidin. Nach der Ver- ftung iſt die Harnproduction in der Regel ſo ſehr vermindert, daß ble Unterſuchung der Beſtandtheile des Harnes keine richtige Anſchau- ung von den Drydationsproceſſen gewähren kann. Ich begnüge mich weber mit Bezug auf das Verhalten des Harnſtoffes und der 68 die Einwirkung geringer, nicht tödtlich wirkender Gaben von Cantharidin auf den Organismus beziehen. Eine dieſer Angaben iſt von Beckmann) gemacht. Ein ſeit längerer Zeit beobachteter Hund gab täglich durchſchnittlich 1125,8 CC. Harn mit 24,95 Grm. Harnſtoff (ſtündlich 46,89 CC. Harn mit 1,039 Grm. Harnſtoff). Nachdem dem Hunde 1 Gran Cantharidin beigebracht worden war, trat nach drei Stunden Erbrechen und ein breiiger Stuhl ein. Der Hund führte ſich ſehr unwohl“. In dem Harne fand ſich viel feintörniges Fett, welches auch ſonſt, aber nur ſpärlich vorkam. Die ſtündliche Harnmenge der nächſten fünf Stunden betrug 108,3 CC., mit 1,083 Grm. Harnſtoff. Am nächſten Tage konnte der Harn nicht unterſucht werden. In den folgenden vier Tagen, an welchen das Thier noch zu leiden ſchien, wurden durchſchnittlicy 382,5 CC. Harn mit 22,54 Grm. Harnſtoff (ſtündlid 15,93 CC. Harn mit 0,93 Grm. Harnſtoff) gelaſſen. Dann ſtieg die Harnmenge plöglich, und mit ihr der Harnſtoffgehalt und blieb dann ziemlich gleich (1245 CC. mit 31,47 Grm. Harnſtoff im Mittel von ſieben Tagen). Bedmann machte die Harnſtoffbeſtimmung nach der Liebig- ſchen Methode. Eine Kodſalzcorrectur wurde nicht vorgenommen, ſo daß die angegebenen Zahlen ſich auf Kochſalz und Harnſtoff zu- gleich beziehen. . Eine zweite Unterſuchung des Harnes hat Heller?) gemacht. Er giebt an, daß nach dem innerlichen Gebrauche der Canthariden- tinctur ſehr bald freie Harnſäure als Sediment vorkommt, deren Menge mit der Zeit und der Steigerung der Doſis zunimmt. Der Harnſtoff iſt in normaler Menge vorhanden. Das ſpecifiſche Gewicht des Harnes ſtieg bis 1,025, nahm jedoch bei den größten Doſen wieder ab und ſank bis auf 1,015. Die hier in Dorpat angeſtellten Unterſuchungen beziehen ſich auf zwei Fälle, bei denen Canthariden äußerlich angewendet wur- den. Der Harn zweier Patienten, welche in dem hieſigen Stadt hoſpitale ärztlich behandelt wurden, wurde täglich unterſucht. Mit den Unterſuchungen wurde wenige Tage vor der Anwendung von Veſicantien begonnen, um eine Einſicht in die tägliche Menge des Harnes und ſeiner feſten Beſtandtheile zu gewinnen, bevor Canthart- din auf den Organismus eingewirkt hatte. Die während 24 St. (von 8 Uhr Morgens des einen bis 8 Ulr Morgens des andern Lages) zu verſchiedenen Zeiten gelaſſenen Harnmengen wurden zuſammen a 1 1) Wirdjo w'8 Arch. f. path. Anat. N. 8. B. I, p. 53. 2) Sdniot's Shrb. 1818. B. 57, p. 7. 69 nächſtfolgenden Tage unterſucht. Der Harn wurde bis er in Arbeit genommen werden konnte, an einem fühlen Drte aufbewahrt. Das der Nummer der Unterſuchung beigefügte Datum bezieht ſich auf den Tag, an welchem der Harn gelaſſen wurde. Die Analyſe des Harnes wurde unter Anleitung des Herrn Prof. Dragendorff ausgeführt. Das ſpecifiſche Gewicht wurde ſtets bei der Temperatur von 22° C. mittelſt eine3 Picnvmeters, deſſen Deffuung durch ein in 1/6 Grade getheiltes Thermometer verſchloſſen war, beſtimmt. Albumin wurde gewichtsanalytiſch beſtimmt. Nachdem es unter Zuſaß von wenig Eſſigſäure coagulirt worden war, wurde es auf tarirtem Filter abfiltrirt, mit kochendem Waſſer ausgewaſchen, anfangs bei 100°, ſpäter bei 110° C. getrocknet und dann gewogen. Harnſtoff wurde durch Titriren mit ſalpeterſaurem Queck- filberoxyd unter Beobachtung der von Henneberg und Rauten- berg 1) vorgeſchlagenen Cautelen ermittelt. Das Kochſalz wurde in Abrechnung gebracht. Harnſäure wurde gewichtsanalytiſch in der von Neubauer?) empfohlenen Weiſe beſtimmt. Hippurſäure wurde durch Aether aus dem auf ein kleines Volum ein gedampften, nach dem Erkalten mit Salzſäure ange- fäuerten Harne ausgezogen. Die vereinigten Aetherauszüge wurden mit Waſſer gewaſchen, dann verdunſtet, der Rückſtand noch einmal aus Nether umkryſtalliſirt und gewogen. Kreatinin wurde gewichtsanalytiſch nach räcipitation durch Chlorzink, und Schwefelſäure nach Präcipitation als ſchwefelſaurer Baryt gefunden. Phosphorſäure wurde gewichtsanalytiſch durch Präcipitation als phosphorſaure Ammoniat-Magneſia ermittelt. As an Alkalien gebunden wurde dasjenige Quantum angeſehen, welches in Löſung blieb, nachdem der Harn mit Ammoniak überſättigt einige Stunden geſtanden hatte. Chlornatrium wurde gewichtsanalytiſch nach Verpuffen des mit Salpeter gemengten Barnrückſtandes durch Präcipitiren mit Malpeterſaurem Silberorud beſtimmt. Nebenher wurde das Chlor auch durch Titriren mit ſalpeterſaurem Queckſilberoryd beſtimmt. Y ----- ---- ---- 1) Annalen der Chem. und Pharmac. BD. 132, p. 55. 2) Anweiſung zur Analyſe des Barnes von Neubauer und 3. Bogel. 1863. p. 167. 770 Da aber die auf dieſe Weiſe gefundenen Zahlen oft von den ge- wichtsanalytiſch gefundenen ſtark abweichen, ſo wurde das Ergebniſ Yepterer Verſuche hier nicht mitgetheilt. Daſſelbe iſt aber zur Cor- rectur der bei der Harnſtoffbeſtimmung erlangten Reſultate verwerthet. Die correſpondirenden Verſuche in den einzelnen Neihen wurden ſtets mit denſelben Mengen Harn und unter möglichſt gleichen Be- dingungen angeſtellt, ſo daß die unvermeidlichen Beobachtungsfehler einander compenſiren. Die Farbenbezeichnung entſpricht der von Neubauer gegebe- nen Farbenſcala. 1. Izka Tint, 56 Jahr alt, verabſchiedeter Soldat, ſeit eini- gen Wochen einer Cephalae rheumatica wegen behandelt, erhielt am 11. Oktober 1865 8 Uhr Morgens ein handtellergroßes Veſicator auf den Nacken geſeßt. Am 12. Oktober Morgens wurde die entſtandene Blaſe aufgeſchnitten, die abgehobene Epidermis entfernt und die Wunde mit Cantharidenſalhe verbunden. Dieſer Verband wurde am 12. D. M. Abends und am 13. Morgens erneuert. Im Laufe des 13. Oktober nahm die Uebelkeit, an welcher Patient in den legten Tagen gelitten hatte, zu und gegen Mittag ſtellte fich Erbrechen ein. Am Nachmittage klagte Patient über Schmerzen in der Nierengegend, Gefühl von Kälte der Wirbelſäure entlang, Harndrang und ein bren- nendes Gefühl in der Harnröhre. Am Abend dieſes Tages wurde die Wunde mit Wachsſalbe verbunden. Am anderen Morgen fühlte ſidy Pat. vollkommen wohl. (Hiezu Tabelle I.) II. Tio Adam, 69 Jahr alt, Eſthenweib, war einer Arthro- meningitis genu dextri wegen ſeit zwei Monaten verſchtetenen, jedoch erfolgloſen Kuren unterworfen worden. Um 2. Oktober 3 Uhr Nadım. wurden 2 Veſicatore von je 12 Quadratzol Größe zu beiden Seiten des erkrankten ſniegelenkes applicirt, und die entſtandenen Blaſen am 3. Oktbr. 10 U. Morgens entfernt. Die Veſicatorwunde wurde bis zum 7. Oktober Morgens zwei Mal täglich mit Cantha- ridenſalbe verbunden. Während der ganzen Zeit, in welcher die pas tientin der Einwirkung des Cantharidins ausgeſeßt geweſen war, zeigte ſich keine Störung des ſubjectiven Befindens, wenn von den durch das Aniegelenkleiden entſtandenen Schmerzen abgeſehen wird. Die Temperatur fchwankte während dieſer Zeit zwiſchen 370,6 und 380,0 C. Der Appetit war ſehr gut. Die Patientin wurde am 17. November 1865 geheilt entlaſſen. (Hiezu Tabelle II.) Das Reſultat der angeführten Unterſuchungen iſt ein unbeſtimmtes, Aus der von Bedmann angeſtellten Unterſuchung geht hervor, daß 171 die Harnſtoffmenge in den erſten 5 Stunden nach der Vergiftung be- deutend vermehrt war. Die Unterſuchung des Harnes vom folgenden Tage fehlt. Im Verlaufe der nächſten vier Tage war die Harn- und Harnſtoffmenge gegen früher ſehr herabgeſeßt. Der Hund ſoll wäh- rend dieſer Tage noch leidend geweſen ſein. Es iſt daher nicht un- wahrſcheinlich, daß die Zufuhr von Nahrung eine geringe geweſen iſt. Noch weniger läßt ſich ein beſtimmter Schluß aus den von Heller gemachten Angaben ziehen. Er fand die Harnſtoffmenge normal, die Harnſäure vermehrt. Auch hier fehlt jede Angabe über die Nahrungs- aufnahme. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß nach dem innerlidhjen Gebrauche eines weingeiſtigen Yuszuges aus den Canthariden durch den auf die Magenſchleimhaut ausgeübten ſchwachen Reiz der Appetit ein regerer als zuvor, und die Vermehrung der Ilrate nur indirect durch den Einfluß des Cantharidins hervorgerufen iſt. Die Tabelle I. zeigt in dem Verhalten der Harnſtoffmenge ein auffallendes Uebereinſtimmen mit den von Bedmann gemachten Beob- achtungen. Der vom 11. bis zum 12. October gelaſſene Harn (V. Verſudy) enthielt 0,41 % mehr Harnſtoff als die Harnmenge derſelben Beit vor Application Des Veſicators. Trob dem, daß der Patient wäh- rend der folgenden Tage auch noch unter dem Einfluß des Canthari- dins ſtand, ſank am nächſten Tage (VI. Verſuch) die Harnſtoffmenge um 0,65 % und ſtieg dann wieder; allmälig. In dem Harne der Tio Adam machte ſich gleichfalls eine Vermehrung des Harnſtoffes mit dem Auftreten von Eiweiß im Harne geltend. Dieſe Verſuche, wie auch die Beobachtungen Beckmann's, würden ſich sehr gut in Uebereinſtimmung mit den Unterſuchungen Dumeril's bringen laſſen, wenn genaue Temperaturbeſtimmungen angeſtellt wor- ben wären. Im vorliegenden Falle iſt es aber immerhin gewagt, aus den mitgetheilten Beobadytungen einen Rückſchluß auf die Einwirkung des Cantharidin3 auf das Blut machen zu wollen. Kommt das San- tharidin in kleinen Doſen zur Wirkung, ſo ruft es eine vermehrte Uusſcheidung von Uraten und eine Steigerung der Temperatur, wohl nur in Folge des örtlichen Reizes, Hervor. Je größer aber die auf das Blut einwirkende Menge Cantharidin iſt, eine beſto größere An- zahl von Blutkörperchen muß für ihre phyſiologiſche Thätigkeit uns tauglich werden. In dem erſten Falle wird daher die dem Gasaus- tauſche vorſtehende Menge von Blutförperchen noch genügen, um jelbſt einen vermehrten Stoffwediſel unterſtüßen zu fönnen. Dagegen veibt es immer noch fraglich, warum der Stoffwechſel in den erſten Tagen nach der Einwirkung des Cantharidins vermindert iſt, obgleich 772 fich vermuthen Yäßt, daß, ſelbſt nach Ausſcheidung des Cantharidins aus dem Brute, die normale Functionstüchtigkeit der Blutförperchen erſt nach einiger Zeit wiederkehren wird. In Veranlaſſung deß von Buhl mitgetheilten Falles füge ich einige Beobachtungen über die Ausſcheidung des Cantharidins aus dem Körper hinzu. Die nad ſubcutaner Injection der Salze des Cantharidins bei ſagen auftretenden Symptome laſſen den Schluß ziehen, daß ein Theil des in dem Blute vorhandenen Can- tharidins durch den Darm ausgeſdieden werde. Aehnliche Erſchei- nungen, wie bei den Naken, traten bei einem Hunde (37. Verſ.) nach Injection von Cantharidin in eine Jugularvene auf. Bei der Section war die Schleimhaut des Magens und des oberen Theiles des Dünn- Darmes dunkel geröthet. Es ergiebt ſich mithin aus dieſem Umſtande, welche wichtige Rolle bei einem gerichtlich - chemiſchen Nachweiſe von Cantharidin die Leber übernimmt. Ein Theil des von dem Darme in das Blut aufgenommenen Cantharidins wird, nachdem es bereits einmal mit dem Pfortaderblut die Leber paſſirt hat, in den Darm wie- der ausgeſchieden, um von neuem zu der Leber zurückgeführt zu werden. Der übrige Theil des Cantharidins ſcheint durch die Nieren ausgeſchieden zu werden. (In dem in reichlicher Menge von dem Füllen gelieferten Speider fand ſid; kein Cantharidin.) Bei Ka- Ben zeigt ſich bereits 1 bis 11/2 St. nach der Vergiftung Cantharidin in dem Karne. Da bei meinen Verſuchen die angewandte Doſis ge- wöhnlich den Tod nach ſich zog, ſo eigneten ſich dieſelben zur Beant- wortung der Frage, in welcher Zeit das Cantharidin aus dem Körper vollſtändig ausgeſchieden werde, nicht. Obgleich dagegen die Reforp- tion des Cantharidins bei Hühnern unter weſentlich von den bei Säugethieren verſchiedenen Verhältniſſen ſtattfindet, mithin auch die Ausſcheidung eine andere fein wird, ſo theile ich doch die von mir auf die Leştere bezüglichen, an Hühnern gemachten Beobachtungen mit. Einem Huhne (58. Verſ.) wurde der Deſophagus und der Darm, Yekterer oberhalb der Einmündung der beiden Ureteren in denſelben, unterbunden, nachdem zuvor dem Huhn Cantharidin durch den Sdlund beigebracht worden war. Der im Laufe der folgenden 3 Tagen geſammelte Harn Yieferte bei der Unterſuchung einen Rückſtand, welcher ſtark blu ſenziehend wirkte. Das Huhne wurde am vierten Tage decapitiri. Magen- und Darminhalt erwieſen ſich als frei von Cantharidin. Im Verlaufe von 3 Tagen war mithin alles Cantharidin von dem hogy Darme reſorbirt und zum Theile aus dem Blute durch den Harit ausgeſchieden worden. Es war dieſes das Huhn, durch deſſen Fleiſch das obenerwähnte (p. 47) Mäßchen vergiftet worden war. In der= ſelben Weiſe, wie dieſem Huhne, wurde einem anderen (57. Verſuch Cantharidin beigebracht. Nach 24 Stunden wurde das Huhn deca- pitirt. Der Magen- und Darminhalt enthielt eine reichliche Menge Cantharidin, dagegen das mit Netzkali zerſtörte Blut ſehr wenig, der in den vierundzwanzig Stunden gelaſſene Harn gar kein Cantharidin. In dieſem Falle war die Neſorption des Cantharidins ſehr verlang= ſamt geweſen, ſo daß nach 24 Stunden die Ausſcheidung durch den Harn noch gar nicht begonnen hatte. Es ſcheint mithin bei den Hühnern die Ausſcheidung eine verhältniſmäßig langſame zu ſein. In Betreff der Zeit, innerhalb weicher das Cantharidin beim Menſchen durch den Harn ausgeſchieden wird, verweiſe ich auf die beiden Tabellen. In dem erſten Falle war, um es nochmals anzu- führen, am 11. October Morgens das Veſicator auf den Nacken ge- ſegt und am Morgen des 13. October die Neizſalbe zum legten Mal applicirt worden. In dem vom 12. bis zum 13. Detør. Morgens gelaſſenen Harne war nur eine Spur Cantharidin gefunden worden. In den folgenden 24 Stunden, nadidem bereits der Gebrauch der Reizſalbe ausgeſetzt worden war, war die Menge des gefundenen Cantharidins weſentlich größer, da der Chloroformauszug einen Rück ſtand lieferte, der in 8 Stunden eine große Blaſe zog, während bei dem erſten Auszuge, ſowie dem dritten noch zu erwähnenden, nur mehrere kleine Bläschen entſtanden waren. In dem vom 14. auf Den 15. Detbr. gelaſſenen Harne fand ſich wieder nur eine Spur von Cantharidin. Ich glaube daher, wenn auch nur annähernd, das Richtige zu treffen, weun ich annehme, daß in 48 Stunden alles in Das Blut aufgenommene Cantharidin wieder aus demſeiben ausge- Ichieden war. Der zweite Fall giebt ein weniger bemerkenswerthes Reſultat. Am 2. October Nachmittags waren die beiden Veſicatore applicirt worden. Der Gebrauch der Reizſalbe wurde am 7. Octbr. Worgens ausgeſetzt. In dem vom 5. bis zum 6. October Morgens gelaſſenen Harne fand ſich eine Spur Cantharidin. Die vorher und Ipater vorgenommenen Unterſuchungen des Harnes auf Cantharidin Hatten alle ein negatives Reſultat. Aus dieſer Reihe von Harnun- terſuchungen läßt ſich kein weiterer Schluß auf die Ausſcheidung des Cantharidins machen. . Aus den von Buhl gemachten Andeutungen ſcheint hervorzu- gehen, daß der Tod jenes Knaben, dem ein handtellergroßes Veſicator 174 in den Naden gelegt worden war, früheſtens eine Woche nach Aps: plication des Blaſenpflaſters erfolgte. Anfangs waren keine Ver- giftungserſcheinungen beobachtet worden. Erſt kurz vor dem Tode traten Sopor, Convulſionen und Sinken der Pulsfrequenz von 50 auf 26 in der Minute ein. Aber ebenſowenig wie der geſchilderte Sym- ptomencomplex, bieten die angeführten ätiologiſchen Momente einen genügenden Grund zur Diagnoſe einer Cantharidinvergiftung. Pa- tient erhielt ein Veſicator in den Naden; eine ſpätere Anwendung von Reizſalbe fand nicht ſtatt. Zu einem Veſicator von der ange- führten Größe werden höchſtens 4 Grm. Cantharidenpflaſter, welche die Hälfte an Cantharidenpulver enthalten werden, verwandt. 2 Grm. Cantharidenpulver enthalten ungefähr 0,0052 Grm. Cantharidin. Bei Application eines Veſicator kommt höchſtens der zehnte Theil des in ihm enthaltenen Cantharidins zur Wirkung, da ein Veſicator, nach meinen eigenen Beobachtungen, mindeſtens zehn Mal ſeine blaſenziehende Wir- kung zn äußern im Stande iſt, wenn es jedes Mal vorher mit Del beſtrichen worden iſt. Die Menge von Cantharidin, welche nach Ap- plication eines Handtellergroßen Veſicators in das Blut übergehen wird, kann annähernd zu 0,0005 Grm. beſtimmt werden. Wenn einſtweilig kein Grund vorhanden iſt anzunehmen, daß dieſe geringe Menge den Tod herbeiführen könnte, ſo will ich doch noch beiläufig auf die von Davies 1) gemachten Beobachtungen hinweiſen. Derſelbe wendet Veſicatorien beim acuten Rheumatismus in der Weiſe an, daß die Patienten bei der Aufnahme 6 bis 7, nach drei Tagen 1 bis 3 Blaſenpflaſter erhalten. Im 13. von Davies angeführten Falle wurden einem 23-jährigen Manne 7 Blaſenpflaſter gelegt, welche im Ganzen eine Fläche von 2964/2 Quadratzol bedeckten. Strangurie trat, abgeſehen von einer unangenehmen Empfindung in der Blaje, nicht ein. - Noch weniger läßt ſich annehmen, daß jene minimale Menge Cantharidin ſich nach einer Woche noch in dem Blute unaus- geſchieden vorgefunden habe. Was den chemiſchen Nachweis in dieſem ſo Yehrreichen Falle anbetrifft, ſo habe ich meine Anſicht darüber bes reits oben ausgeſprochen. Obgleich mich bisher bei vorliegender Schrift vorzüglich das Cantharidin, der Beſtandtheil der ſpaniſchen Fliegen, welchem dies ſelben ihre blaſenziehende und faſt ausſchließlich ihre toriſche Eigens 1) Schmidt's Jahrb. 1865. B. 127, p. 35. 175 U "ſchaft verdanken, beſchäftigt hat, ſo erwähne id doch noch zum Schluß, der Wichtigkeit des Gegenſtandes wegen, jenes flüchtigen Stoffes, auf den ich oben bereits hingewieſen habe. Drfila hebt hervor 1) : „, les propiétés des Cantharides doivent être attribuées à la cantharidine et au principe volatil huileux.Die giftigen Eigen- ſchaften, welche nach innerlicher Darreichung des Deſtilates nie aus- bleiben ſollten, zuſammengehalten mit einem durchaus indifferenten Verhalten gegen die äußere Haut, ließen es mir nothwendig erſchei- nen, die phyſiologiſche Wirkung des flüchtigen Stoffes in den Can- thariden zu prüfen. Zu dieſem Behufe wurde eine Reihe von Deſtillaten im Chlor- calciumbade bei einer Temperatur von 103 bis 110° C. bargeſtellt, indem grobgepulverte Canthariden mit Waſſer angefeuchtet der De- ſtillation unterworfen wurden. Das Deſtillat verbreitete einen äußerſt penetranten Geruch nach Canthariden, opaliſirte und Katte eine ſchwach ſaure Reaction. Auf ſeiner Oberfläche ſchwammen weiße, Fettähnliche Partikel. Bei längere Zeit fortgeſekter Deſtilla- tion wurde der Geruch des Deſtillates ſchwächer, zugleich verlor daſſelbe allmälig reine opaliſirende Farbe. Zuſatz von Schwefelſäure bei der Deſtillation gab ein ähnliches Reſultat, das gewonnene Deſtillat hatte dieſelben Eigenſchaften. Wurde das Deſtillat, wel- Mhes mit reinein oder ſdhwefelſäurehaltigem Waſſer dargeſtellt worden war, mit Aether geſchüttelt, ſo entzog dieſer ihm das ganze Quan- tum des flüchtigen Körpers. Die ätheriſche Löſung hinterließ beim Verdunſten an der Luft bei einer Zimmertemperatur von 15 bis 17° C. einen geringen öligen Rückſtand, welder ſtark betäubend, faſt an Nifotin erinnernd roch und ſauer reagirte. Sicher hatte jich bei dem Verdunſten des Aethers ein großer Theil dieſer flüchti- gen Subſtanz mit den Aetherdämpfen verflüchtigt. Die ganze Atmo- Iphäre des Zimmers, in welchem die Verdunſtung der aus 50 Grm. Canthariden erhaltenen Aetherlöſung vorgenommen wurde, war mit Dem Geruche der Subſtanz erfüllt. Bei längerem Aufenthalte in Derſelben ſchien ſich ein Betäubender Einfluß bemerkbar zu machen.. Die nach dem Verdunſten der Aetherlöſung zurückgebliebene Maſſe Derlor bei längerem Aufbewahren, nach etwa 12 bis 18 Stunden, tare flüſſige Beſchaffenheit. Es blieb ein ſehr geringer weißer Reſt mit Undeutungen von Kryſtallen zurück. Er zog keine Blaſen. Der bedeutenden Flüchtigkeit, ſowie der ſehr geringen Menge des 1) 1. c. Tome II, p. 164. 176 flüchtigen, narkotiſchen Stoffes wegen, welcher den wirkſamen Beſtandtheil des Deſtilates zu bilden und in dieſem gemeinſchaftlich mit freien flüchtigen Fettſäuren vorhanden zu ſein ſcheint, war eine weitere Unterſuchung unmöglich. Indeſſen ging aus den angeſtellten Verſuchen zweierlei hervor. Suſaß von Aegkali oder gebrannter Magneſia zu den der Deſtillation zu unterwerfenden Canthariden rief eine veränderte Beſchaffenheit des Deſtillates Hervor. Der ſonſt bemerkte Geruch war faſt ganz verſchwunden, die Reaction des De- ſtillates ſchwach alkaliſch, das Deſtilat ſelbſt klar, ohne jenes früher bemerkte Opaliſiren zu zeigen. Dieſe Veränderung ſcheint darauf zu beruhen, daß jener flüchtige, narkotiſche Stoff in Gegenwart von ſtarken Baſen mit dieſen eine Verbindung eingeht und zugleich ſeine Flüchtigkeit faſt vollſtändig verliert. Ferner ergab ſich, daß das Cantharidin bei der Deſtillation der Cantha- riden keine Zerſegung erleidet. Die Verſuche von Bluhm und Procter hatten allerdings bewieſen, daß das Cantharidin bei einer Temperatur unter 211° C. nicht überdeſtilire. Ob aber bei dieſer Temperatur nicht etwa eine theilweiſe Zerſegung des Cantharidins zu Wege gebracht werde, und ob eine beſtimmte Gewichtsmenge Can- tharidin nach der Deſtillation noch daſſelbe Gewicht habe, wie vor derſelben, - hiefür fehlten die Beweiſe. Es 1) wurden daher 30 Grm. gepulverter Canthariden mit 8 Grm. gebrannter Magneſia und 180 CC. deſtilirten Waſſer der Deſtillation im Chlorcalcium- bade unterworfen. Die Deſtillation wurde 4"/2 Stunden, bis zur Trodne bei einer Temperatur von 105 bis 110° C. fortgeſegt. Der Inhalt der Retorte wurde nach unterbrochener Deſtillation mit Schwefelſäure und Alkohol digerirt, und zwar von erſterer fo viel hinzugeſetzt, bis die Reaction der Flüſſigkeit eine ſtark ſaure geworden war. Das erhaltene Gemenge wurde, nachdem der Alkohol zum größten Theile abdeſtillirt worden war, drei Mal mit Aether extras hirt. Der nach Abdeſtiliren des Legteren gewonnene grüne, fett- ähnliche Rückſtand wurde mit 20 CC. Alkohol und darauf mit der- ſelben Menge Schwefelkohlenſtoff ausgewaſchen. Die gewonnenen ---- 1) Anm. Dieſer Verſuch war zum Theil auch durch die Interſuchungen Orfila' 8 (1. c. Tom II, p. 151. Erper. XX und XXI.), welche dieſer mit gepills verten Canthariden angeſtellt hatte, nachbein ſie mit Waſſer der Deſtillation worfen worden war, veranlaßt worden. Drfila fand, daß Canthariden nach Ort Deſtillation weſentlich an Wirkſamkeit verloren hatten. Der Grund hiefür tom entweder darin liegen, daß den Canthariden der flüchtige, inarkotiſche Stoff entzogeht, oder daß das Cantharidin bei der Deſtillation zerfetzt worden war. they Cantharidinkryſtalle hatten ein Gewicht von 0,0789 Grm. Mit Hinzurechnung der iin Alkohol und Sdwefelkohlenſtoff gelöſten 0,0218 Grm. betrug die Geſammtmenge des Cantharidins 0,1007 Grm. oder 0,3377 %. Der Procentgehalt der Canthariden an Cantharidin war mithin in dieſem Falle nicht unbeträchtlich größer, als Bluhin ihn gefunden hat. Der Grund hiefür iſt vielleicht darin zu ſuchen, daß die zu den vorliegenden Verſuchen benugten Canthariden aus einer anderen Sendung waren, als derjenigen, welcher Bluhm ſein Cantharidenpulver entnahm. Jedenfalls ergab ſich, daß das Can- tharidin bei einer Temperatur von 110° C. nicht zerſetzt worden. Xuck indirect läßt ſich der weſentliche Antheil, welchen der flüchtige, narkotiſche Stoff an der Wirkung der geſammten Cantha- ride nimmt, nachweiſen. Wäre das Cantharidin der einzig giftig wirkende Beſtandtheil der Cantharide, ſo müßte ein gewiſſes Quan- tum Cantharidin dieſelbe Wirkung hervorrufen, wie eine dieſem ent- ſprechende und nach dem Procentgehalte der Cantharide an Cantha- ridin zu berechnende Menge der Erſteren. Schroff 1) nimmt an, daß man der Wahrheit ziemlich nahe kommen dürfte", wenn man im Cantharidin eine wenig- ſtens fünfzigfach größere Wirkſamkeit, als in der ſpaniſchen Fliege annimmt. Wenn ich auch nicht im Stande bin, dieſe Angabe zu beſtätigen, ſo glaube ich doch nach weiſen zu können, daß das Can- tharidin weniger wirkſam ſei, als eine ihm entſprechende Menge Canthariden. Wird nämlich der Procentgehalt der Canthariden an Cantharidin zu 0,2642 angenommen, ſo müßte unter ſonſt gleichen Bedingungen eine Gramme Canthariden in ſeiner Wirkung 0,002 Grm. Cantharidin gleich kommen. Dies iſt nun, wie ſich aus den folgenden Verſuchen ergiebt, nicht der Fall. 3. Verſuch. Rabe. Gew. 2,457' 20. Verſ. Nake. Gew. 2,047 Kilogr. 1 Grm. gepulverter Can- Kilogr. 0,007 Grm. Cantharidin thariden — 0,0026 Grn. Can- in Süßwandelöl. T. 1. 12. St. tharidin. Tod nach 4 Stunden 59 Min. 4. Verſud. Rage Gew. 2,047 11. Verf. Rage. Gew. 2,047 Nilogr. 1,242 Grm. gepulv. San-Kilogr. 0,007 Grm. Cantharidin thar. = 0,0034 Grm. Cantha- | in Süßmandelör. T. n. 6 St. ridin. T. n. 7 St. 55 M. 1) Zeitſchr. d. Geſellſch. 0. Aerzte 3. Wien 1855, XI. Jahrg. p. 497. 1978 ñ. Verf. stage. Gew. 2,866 12. Verf. Nater. Gew. 3,276 Kilogr. 1,863 Grm. pulv. Can- Kilogr. 0,015 Grm. Canthari- thar. = 0,004 Grm. Canthari din mit Extr. Liquirit. Tod n. din. T. n. 4 St. 8 M. 4 St. 11 M. 6. Verf. Nake. Gew. 1,842 13. Verj. Rater. Gew. 1,023 Kilogr. 1,863 Grm. gepulv. Can- Kilogr. 0,015 Grm. Canthari- thar. = 0,004 Grm. Canthari- din mit Extr. Liquirit. Tod n. din. T. n. 4 St. 5 St. 8 M. Die phyfiologiſche Wirkung des flüchtigen, narkotiſchen Stoffes ſtimmt mit der des Cantharidin3, abgeſehen von der blaſen- ziehenden Eigenſchaft des Legteren, vollſtändig überein. Ich mache jedoch darauf aufmerkſam, daß zur Gewinnung des erwähnten Stoffes möglichſt friſche Canthariden benutzt werden müſſen. Das Miß- glücken des 39. und 40. Verſuch es ſchreibe ich dem Umſtande zu, daß die zur Darſtellung des Deſtillates benugten Canthariden bereits längere Zeit in gepulvertem Zuſtande aufbewahrt worden waren, und daß ſich während dieſer Zeit der größte Theil des narkotiſchen Stoffes verflüchtig haben mag. Bald nach Beibringung des Deſtillates ſtellen ſich ſtarkes Get- fern, Erbrechen, flüſſige Darmentleerungen ein. Es geſellen ſich dann ſchwankender Gang, beſchleunigte Reſpiration, Krämpfe in den Muß- keln des Rumpfes und ber Extremitäten hinzu. Der entleerte Harn enthält Eiweiß und Faſerſtoffcylinder. Die Eigenwärme ſinkt. Unter den Erſcheinungen an der Leiche macht ſich eine mehr weniger ver- breitete Entzündung des Darmkanales und der Nieren geltend. Die Schleimhaut der zuſammengezogenen Harnblaſe iſt blaß. Eines Umſtandes thue ich ſchließlich noch Erwähnung. Der Harn des Raters von dem 41. Verſuche enthielt eine reichliche Menge Sas menfäden. Derſelbe war unter eigenthümlichen Beſchwerden ent- leert worden. Troßdem, daß keine hervorſtechende Benommenheit vor- handen war, entleerte der Kater den Harn, nachdem er ſich mehrmals umhergewälzt hatte, in liegender Stellung und ſtoßweiſe. Ob es ft in dieſem Falle um eine Samenentleerung unter geſchlechtlicher Erre. gung gehandelt habe, laſſe ich dahingeſtellt ſein, verweiſe jedoch auf eine Beobachtung Schroff's. Sdroff theilt nämlich mit 1), daß ſich bei Heinrich nach Genuß einer aus friſch gefangenen Canthari- den bereiteten Tinctur wollüſtige Gefühle und Erectionen einſtellen, während dieſe Erſcheinungen nach Anwendung von Cantharidin aus? * 1) Zeitſchr. D. Geſellſch. 2. XI. Jahrg. 1855. p. 488 u. 498. 179 blieben. Er meint daher, daß, wenn es aus den bisherigen Verſu- chen nicht klar hervorgehe, in werden Theilen der ſpaniſchen Fliegen die Eigenſchaft zu ſuchen ſei, als Aphrodiſiacum zu wirken, mam eheſten das flüchtige, der lebenden Cantharide beſonders zur Be- gattungszeit innewohnende Princip dieſe Eigenſchaft beſiken dürfte". Auch Werlhof ſoll eines Knaben erwähnen, ,, der ſchon durch den bloßen Geruch der ſpaniſchen Fliegen Priapismen und Pollutionen befam". IV. Die folgenden Verſuche wurden nicht in der Reihenfolge, in welcher ſie unten angegeben ſind, angeſtellt. Augenblicklicher Mangel an paſſenden Verſuchsthieren oder nöthigen Präparaten, vor Adem aber das Häufig erſt durch den Erfolg der einzelnen Verſuche ange- regte Bedürfniß, die gewonnenen Neſultate nach beſtimmten Richtun- gen hin weiter zu verfolgen, nöthigten oft dazu, die zu einander ge- hörigen Verſuche durch längere Zeit von einander getrennt anzuſtellen. Ich habe die Verſuche nach der Claſſe, zu welcher die Benutzten Thiere gehörten, ferner nach der Art des dargereichten Präparates und der Weiſe der Darreichung geordnet. Bei den einzelnen Verſuchsthieren iſt das Geſchlecht, das Alter, wenn es ſich ermittein ließ, und das Körpergewicht angegeben. Nur bei ganz jungen Thieren habe ich es unterlaſſen, das Geſchlecht an- zugeben, weil es mir unwahrſcheinlich erſchien, daß das Geſchlecht in den früheren Altersperioden einen Einfluß auf die Individualität des Chieres habe. Dagegen hielt ich die Angabe des Körpergewichtes für beſonders wichtig. Da die Menge des Blutes in einem beſtimm- ten Verhältniſſe zum Rörpergewichte ſteht, ſo iſt lepteres bei Darrei- Qung von Giften, welche einen directen Einfluß auf das Blut haben, per ficherſte Maßſtab für den Grad der Intenſität der Einwirkung Civilgewicht gewogen worden. Das Gewicht iſt jedoch in Kilogram- den angegeben, um ein einheitliches Maß für Körpergewicht des Ver- 1468th teres und Gewicht des gereichten Giftes zu erhalten. Bei den Rogeln und Fröſchen habe ich das Nörpergewicht nicht hinzugefügt. 80 Durch die Anwendung der in Waſſer lösliden Verbindungen des Cantharidins waren für die Beobachtung der Vergiftungerſchei- ſcheinungen weſentliche Vortheile gewonnen. Es wurde behufs der Injection in das Blut die Vena jugularis extern. blosgelegt, ge- ſchlißt, eine feine Canüle in dieſelbe eingeführt, nachdem legtere durch ein Cautſchukrohr mit einer Spriße verbunden war. Ebenſo leicht ließ ſich die Injection der Löſungen des Cantharidins in das Unter- hautzeÜgewebe mittelſt der Pravaz'lchen Spriße ausführen. Die meiſten Schwierigkeiten bereitete die Einführung der Prä- parate in den Magen. Drfila “) bediente ſich gewöhnlich bei dieſen Verſuchen der ligatur des Deſophagus. Die von Puczniewſki angeſtellten Verſuche zeigten, daß außer dem Zeitaufwande, welcher zum Wiederholen des Verſuches erforderlich war, der Verluſt der theils koſtſpieligen, theils bei ihrer Darſtellung Höchſt zeitraubenden Präparate des Cantharidins nicht zu vermeiden war, wenn die Liga- tur des Deſophagus nicht ausgeführt wurde. Ausnahmslos wurde der größte Theil des Giftes durch das eintretende heftige Erbrechen aus dem Magen herausbefördert. Orfila ſagt von der erwähnten Operation, daß er häufig zu ihr ſeine Zuflucht genommen habe, weil er ſie für unumgänglich hielt, wenn er bei ſeinen Unterſuchungen ge- naue Reſultate erzielen wollte. Durch ſeine an 12 Hunden ange- ſtellten Verſuche wies er nach, daß das Augemein befinden nach An- legung einer Speiſeröhrenligatur nur wenig geſtört wurde. Freilich mußte inach dem Ausſpruche Orfila's die Operation, um keine ſchädlichen Folgen nach ſich zu ziehen, eine „practiquée avec adresse“ ſein und nicht mehr als 1 bis 11/2 Minuten dauern. Dagegen glaub- ten Bouley und Reynal) die Erfahrungen von Giacomint, Devergie und Rognetta, daß jener Eingriff nichts weniger als ungefährlich ſei und häufig den Tod herbeiführe, durch mehrere Ver- ſuche, welche ſie angeſtellt hatten, beſtätigen zu können. Ihre Mit- theilungen riefen jedoch eine lebhafte Discuſſion hervor, in der Bégin, Jobert, Chatin, Colin, Sédillot, Forlin, Déchambre, Martin - Margon, Sée und der jüngere Orfila ſich für die Un- gefährlichkeit der Ligatur des Deſophagus ausſprachen. Man hat - - - 1) 1. c. Tom. I. p. 26. 2) Cannſtatt'8 Jahresber, über die phyſiolog. Wiſſenſch. im Jahre 10 p. 67. und Journal de la physiologie par Brown-Sequard. 1858. Tom. p. 1777. Les effets de la ligature de l'oesophage chez les animaux etc, pas Trousseau. 81 1 1111 die Brechanſtrengungen mit den Bemühungen verwediſelt, die ſchlei- mige Flüſſigkeit aus dem Halſe zu entfernen, wenn der Deſophagus unterbunden worden, ohne daß er oberhalb der Ligatur geöffnet wor- den war. Der Hauptgrund der gefährlichen Symptome lag nach Follin darin, daß die reichlidy abgeſonderten Schleimmaſſen unvoll- tommen entleert wurden und durch ihr Eindringen in die Luftwege Erſtickung herbeiführten. .. Die Unterbindung des Deſophagus führte ich bei Hunden, Raßen, Hühnern und bei einem Füllen aus. Auf die Opera- tionsweiſe hatten ſowohl Lage des Deſophagus als auch Mächtigkeit der zu durchtrennenden Muskeln Einfluß. Bei Raßen genügte ein in der Medianlinie von dem oberen Rande des Nehlkopfes bis zu dem Bruſt- beine herabgeführter Schnitt, durch welchen man an der linken Seite der Trachea die Speiſeröhre erreichte. Die Sfolirung derſelben von der Arteria carotis com., ſowie von dem N. vagus und N. sympathi- cus ließ ſich leicht ausführen. Es konnte hiebei, bis auf die wenigen Tropfen Blut bei dem Hautſchnitte, jeder weitere Blutverluſt vermieden werden. Schwieriger war die Operation bei Hunden und bei dem Füllen, da bei ihnen die Speiſeröhre nicht wie bei den Kagen an der linken Seite der Luftröhre liegt, ſondern von derſelben vollſtändig gedeckt wird. Ferner hinderte die bedeutende Mädytigkeit der von dem Zungenbeine und Rehlkopfe zu dem Bruſtbeine gehenden Muskeln, von der Mittellinie aus an den Defophagus zu gelangen. Um daher beſſer in die Tiefe dringen und die Muskein weiter abziehen zu können, wurde in derſelben Ausdehnung, wie der oben angeführte, ein feit- licher Schnitt am inneren Rande des Muscul. sterno-mastoid. ge- führt, worauf dann medianwärts von der Art. carot. com. die Speiſeröhre erreicht und von den benachbarten Nerven ifolirt werden konnte. Ich habe auch bei dieſen Thieren ſtets auf der linken Seite Operirt, obgleich die anatomiſchen Verhältniſſe die Operation auf der rechten Seite ebenſo zuließen. Nach Schlißung des Deſophagus wurde Das zu prüfende Präparat entweder in Pidenform in denſelben hin- eingebracht oder bei Anwendung des Präparates in Löſung mittelſt einer Sprige, welche durch ein Cautſchukrohr mit einer der Speiſeröhre entſprechend dicken Glasröhre von 6 Zoll Länge verbunden war, ein- geprikt. Die Speiſeröhre wurde darauf unterhalb der Wunde mit einer ligatur aus Seide zugeſchnürt. Ein Umſtand verdient bei Unterbindung des Deſophagus be- fondere Berückſichtigung. Bei einer noch ſo ſorgfältigen Handhabung Der Präparate konnte nicht vermieden werden, daß ein Theil derſel- 82 ben mit dem oberhalb der Wunde gelegenen Abſchnitte des Deſopha- gus in Berührung kam. Es ließ ſich nicht entſcheiden, ob das nady der Operation eintretende ſtarke Speicheln Folge einer Reizung der Magenſchleimhaut oder der Speicheldrüſen durch das im Blute krei- ſende Cantharidin war, oder ob es nicht vielmehr nur als eine Folge der Neizung der Schleimhaut des oberen Theiles des Deſophagus durch Berührung mit dem Cantharidin anzuſehen war. Ich verſuchte einige · Male (1. u. 3. Verſ.) vor Einführung des Präparates den oberhalb der Wunde gelegenen Theil des Deſophagus durch eine Li- gatur zu ſchließen. Ich überzeugte mich dabei aber von der Richtig- keit der von Follin und dem jüngeren Orfila ausgeſprochenen An- ſicht, daß nämlich die Bedingung, unter welcher die ligatur des Deſophagus lebensgefährlich werden kann, darin beruhe, daß der Deſophagus, ohne geöffnet worden zu ſein, unterbunden wird, ober was daſſelbe bewirkt, daß eine zweite Ligatur um den oberhalb der Wunde gelegenen Theil des Deſophagus gelegt wird. Der Speichel, welcher ſich in dem auf dieſe Weiſe gebildeten Blindſacke anſammelte und weder durch Erbrechen noch, ſeiner zähen Beſchaffenheit wegen, durch Huſten entfernt werden konnte, mußte der Luft den Zutritt zur Stimmriße verlegen und Erſtidung herbeiführen. Nur eine genaue Berückſichtigung der bei der Autopſie gefundenen pathologiſchen Ver- änderungen konnte vor dem Irrthume ſchüßen, als Handele es ſich in etnem ſolchen Falle um Tod in Folge von Cantharidinvergiftung. Xus demſelben Grunde mußte die von Poumet 1) befürwortete Li- gatur der Kiefer volſtändig verworfen werden. Wenn der beab- ſichtigte Erfolg, die Hunde am Bellen und Heulen zu verhindern, dabei erreicht wurde, ſo war doch die Gefahr zu groß, ein Erſticken durch das Zurücktreten der erbrochenen Maſſen in die Luftröhre Her- beizuführen. Orfila hat bei ſeinen Vergiftungen mit Canthariden die Ligatur der Kiefer einmal angewandt und hernad nicht wiederholt. Nach der Unterbindung des Deſophagus ſchloß ich die Haut- wunde durch eine entſprechende Anzahl von Anopfnäthen und ließ an dem unteren Ende der Wunde eine Deffnung zum Abfluß für den verſchluckten Speichel.. Während der Dauer des Verſuches wurden von den Verſuchs- thieren die kleineren Säugethiere, Hunde und Raßen, in einen beſon- deren Behälter geſperrt. Es war dieſer ein etwa 3 Fuß langer, ebenjo hoher und 2 Fuß breiter Holzkaſten, deſſen Wände für den freien 2 1) 1. C. p. 363. Ligature des mâchoires. 83 Zutritt der Luft mehrfach durchlöchert waren. Der aus verzinntem Eiſenblechy angefertigte Boden des Kaſtens war zur Mitte hin ab- ſchüſſig und hier mit einer Deffnung zum Abfließen des Harnes ver- ſehen. Diejenigen zu den Verſuchen benugten Hunde, welche ihrer bedeutenden Größe wegen nicht in dem Behälter Plaß fanden, wur- den angekettet. A. Verſuche an Säugethieren. I. Verſuche mit gepulverten Canthariden. Beibringung des Giftes durch den Magen. 1. Verfudy. 21. Juli 1865. 9 U. 10 M. Vorm. Kater. Gew. 2,458 Kilogr. 0,62 Grm. gepulv. Canthariden mit 60 CC. Aq. destill. Ligat. des Deſoph. Der oberhalb der Wunde gelegene Theil des Defoph. gleichfalls unterbunden. Tod nach 1 St. 35 M. Unmittelbar nach der Operation ſtarkes Speichern. 10 U. 15 M. Schwache Brechbewegung. Rſpr. 84. 10 u. 45 M. Lebte Inſpiration, nachdem im Verlaufe der legten halben Stunde mehrere Wuthanfälle eingetreten waren und die Nſpr. ſeit 10 U. 55 M. ſehr mühſam und zugleich raſſelnd ge- worden war. Auf die leßte Inſpiration folgten einige ſchwache Contractionen der Streckmuskeln des Rückens. Section 11 U. Vorm. Pupillen weit. Mundſchleim- haut bläulich. Im Nachen und obern Theil des Dèſophagus viel zäher Schleim. Nach Eröffnung des Herzbeutels contrahiren fich die dem Herzen zunächſt gelegene Partie der Vena cava sup. und der rechte Vorhof bis 11 Ü. 35 M. Die rechte Herzkammer ent- hält viel Dunkeles, sünnflüſſiges Blut, die linke iſt Yeer. Die Luft- rohre iſt frei von Flüſſigkliten. Die Brondien und deren feinere Verzweigungen ſind von einer zähen, klaren Flüſſigkeit angefüllt. Das Lungenparenchym zeigt auf dem Durchſchnitte einen bedeutenden Blutgehait. Die Schleimhaut des Defophagus iſt blaß. Im Magen etwas klare, ſchwach alkaliſche Flüſſigkeit, in welcher gegen 0,5 Grm. Cantharidenpulver enthalten ſind; die Magenſchleimhaut ein wenig gewulſtet, ſchwach geröthet. Die Schleimhaut des übrigen Darmrohres blaß, in dem Diddarme harter Roth. Leber dunkel, blutreich. Reich liche, dunkelgrüne Galle. Nieren blaß; aus dem Nierenwärzchen läßt ſich ein Tropfen trüber Flüſſigkeit hervordrücken, in dem ſich große, granulirte Epithelzellen, aber keine Faſerſtoffcy= linder finden. Harnblaſe leer, ausgedehnt; Schleimhaut blaß. 2. Verſuch. 26. Juli 65. 10 u. 10 M. Vorm. Kater. Gew. 2,764 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 0,62 Grm. gepulv. Canth. mit 60 CC. Aq. dest. Strangulirt 28. Juli 11 . Vorm. 84 Während der Beobachtung keine Veränderung bemerkbar, weder Geifern, noch Erbrechen oder flüſſige Stühle. Section 28. Juli 11 1. Vorm. Rechte Vorkammer und Rammer des Herzen enthalten bunkeles flüſſiges Blut, linke Ram- mer Yeer. Lungen blutreid), mehrere ſubpleurale Elchymoſen. Defo- phagusſchleimhaut blaß. Magen leer; Schleimhaut blaß, nur in der Gegend des Pylorus fdwach geröthet; Magenſaft neutral. Schleimh. des übrigen Darmrohres blaß, in dem Diddarme breiiger Roth. In der Harnblafe gegen 8 Grm. klaren, ſchwach ſauren Harnes, kein Eiweiß in demſelben. Martſchicht der Nieren dunkel bläulich-roth, Rindenſchicht Fein injicirt; in der aus dem Nieren- wärzchen hervorgedrückten Flüſſigkeit Epithelſchläuche, keine Faſer- ſtoffcylinder. Leber Dunkel, mäßiger Blutgehalt, viel Dunkelgrüne Galle. 3. Verſuch. 21. Juli 65. 9 lt. 35 M. Borm. Kaže. Gew. 2,457 Kilogr. Ligatur des Defoph. 1 Grm. gepulv. Canth. mit 60 CC. Aq. dest. Der Theil des Deſophagus oberhalb der Wunde gleidhfalls unterbunden. Tod 1. 4 St. 59 M. Gleich nach der Operation eine reichliche Menge Harn gelaſſen. Brechbewegungen. 10 U. 15 M. Wuthanfälle, Heftige Brechbewegungen, viel Geifer. 12 U. 45 M. Ruhiger ; viel Geifer, Ripr. 32 in der M. 1 U. Unſicherer Gang, Rſpr. 80. 1 U. 45 M. Ripr. 96. Auf äußere Veranlaſſung (Stampfen auf den Boden, plöbliches Berühren,) treten floniſche Krämpfe iit den Muskeln des Rüdens und der Extremitäten ein. 2 U. Rſpr. 40. Inſpirat. zuckend, Erſpir. ſeufzend. 2 U. 15 M. Rſpr. 24 ; 2 U. 33 M. Ripr. 12, Pupillen erweitert, reagiren nicht auf Richtreiz. 2 U. 45 M. Regte Inſpiration. Section 3 U. 30 M. (Temperatur der Zimmerluft + 230 Co In längeren Zwiſchenpauſen auftretende krampfbafte Beugungen und Stredungen der Ertremitäten wiederholen ſich bis 2 U. 55 M.) Bei den Deffnen der Bauchdecken Bewegungen des Darmeß bis 4 U. 5 Di. Der dem Deffnen des Bruſtkorbes ſteht das Herz ſtil, bei dem Auflanels den des Herzbeutels macht die obere Hohlvene mehrere Contractionett, darauf folgt eine des Vorhofes, fann der redsten Kammer; in diejet Reihenfolge wiederholen ſich die Contractionen bis 4 U. 50 M. ; PUH hier ab bis 5 U. 55 M. macht nur die rechte Rammer ſchwache, ils regelmäßige Contractionen. im 6 U. 40 M. macht die Vorkamme! nad Berührung mit dem Scalpel mehrere Contractionen. Die obene Hohlvene enthält nur Serum, rechter Vorhof erſcheint blaß, felis Kammer ſtark mit Blut angefült, linke Kammer leer. Lungen gelroth, blutreichy. Luftröhre und Bronchien ſind frei von Fluiſligi 85 Mageninhalt alkaliſch, enthält viel Cantharidenpulver, Magen- fet Yeimhaut blaß, von Dunkeýrothen Inſeln durchſett. Schleimhaut in der oberen Hälfte des Dünndarmes geröthet, in der unteren blaß, in dem Dickdarme blaß. Nieren an ihrer Oberfläche ſtarſ injicirt, Rindenſchicht injicirt, geſchwelt, Markſchicht dunkel; in der aus deit Nierenwärzchen hervorgedrückten Flüſſigkeit Fibrincylinder. Harn- blaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Leber geſchwelt, dunkel, auf der Schnittfläche wenig Blut; mikroskop. Unterſuchung zeigt in der Leber nur normale Zellen. Reichliche dunfele Galle. . 4. Verſuch. 30. Juni 65. 10 u. 15 M. Vorm. Katze. Gew. 2,047 kilogr. Lig. des Defophag. 1,242 Grm. gepulv. Canth. mit Extr. Liquir, als Pulver. Tod u. St. 55 M. Während der erſten halben Stunde reichlich, ſpäter wenig Speichel. 12 U. Rſpr. 48. Pupillen reagiren gegen Lichtreiz. Heftige Brech- Bewegungen. 30 CC. ſaueren, eiweiſfreien Harnes. 1 U. Rſpr. 56. Schwankender Gang, die Hinterbeine werden beim Gehen nachgeſchleppt. Einige Tropfen plaſſen, alkaliſchen Har- nes, viel Eiweiß. 2 u. Rſpr. 72, unſicherer Gang. Wenig Speichel. Von 3 bis 5 1. Nachm. wiederholt heftige Bredbewegungen, ſonſt ruhiges Verhalten. 5 U. 35 M. Ripr. 152; 6 U. 3 M. Rſpr. 220; ſchwache kids niſche Stränipfe in den Ertremitäten, welche bis zu dem Ausbleiben der Reſpiration mit geringen Unterbrechungen fortčauern. 6 U. 6 M. Rſpr. 200, dann raſch verlangſamt. 6 U. 10 M. Lebte Inſpiration. Kurz vor dem Tode etwa 40 Grm. hellen, trüben Barnes, welcher ſchwach alkaliſch iſt und viel Eiweiß enthält. Section 6 U. 15 M. Bei dem Deffnen des Herzbeutels macht Die rechte Herzkammer nur wenige Contractionen. Die Organe der Bruſt- und Bauchhöhle zeigen daſſelbe Verhalten wie bei dem vorhergehenden Verſuche. Hirn anämiſch, Hirnhaut blutreich. Auf Cantharidin wurden unterſuct: 1. Der zu verſchiedenen Zeiten gelaſſene Harn. Der Rüdſtand, in Del gelöſt und auf die Conjunctiva eines ſechswöchentlichen Näß- gens gebracht, rief in einer halben Stunde eine Heftige Entzündung Der Conjunctiva hervor, 20 welcher ſich an dem folgenden Tage eine Entzündung der Hornhaut geſellte. 2. Der Magen, Dünn- und Dickdarm und der während pes Lebens abgeſepte Roth. Der Rückſtand rief auf meiner Bruſt in 1 St. große Blaſen hervor. 3. Herz, Lungen, Reber, Galle, Pankreas, Milz, heren, Harnblaſe, Barn und 15 SC. Blut. Der Rüdſtand bewirkte cine kaum nierkliche Nöthung der Conjunctiva eines Rädjens. 86 5. Verſuch. 5. Juli 65. 10 u. 12 M. Vorm. Kaße. Gew. 2,866 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 1,863 Grm. gepulv. Canth. mit 60, CC. Ag. dest. Tod n. 4 St. 8 M. Anfangs vier Speichel, ſpäter weniger. : 11 U. 52 M. Rſpr. 84 ; 12 U. 30 M. Rſpr. 68; 1 U. Rſp. 40. 2 U. Rſpr. 80. Kaße ſchwach, kann ſich nicht aufrichten, liegt auf der Seite. 2 U. 15 M. Rſpr. 85. Schwache Zudungen in den Extremi- täten und den Streckmuskeln des Nackens. 2 U. 35 M. Yuf äußere Veranlaſſung raſch auf einander fol- gende kroniſche Krämpfe der Muskeln der Extremitäten und des Rückens. 2 U. 40 M. Rſpr. 24. Inſpiration erſchwert, zuckend, Erſpi- ration ſchnarchend. 2 U. 50 M. Lefte Inſpiration, Opiſthotonus. Section 5 u. 50 M. lungen hellroth, kein bedeutender Blutgehalt. Herz ſteht nach Eröffnung des Herzbeutels ſtill, rechte Kammer überfüllt von dunkelem, flüſſigem Blute. Magen ausge- dehnt; Schleimhaut gelockert, gleichmäßig roſa. Schleimh. des Dünn- und Diddarmes ein wenig geröthet. Hirn anämiſch. Nieren blutreich. Harnblaſe contrahirt ; Schleimhaut blaß. 6. Verſuch. 29. Juni 65. 10 u. 30 M. Vorm. Kaße. Gew. 1,842 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 1,863 Grm. gepulv. Canth, mit 60 CC. Aq, dest. Tod nach ungefähr 4 St. 11 u. Reichlicher Speicher aus Mund und Halswunde. Rſpr. 32. 1 U. Die bisher ruhige Rſpr. ſteigt raſch auf 180. Von 1 bis 3 U. nicht beobachtet. . Um 3 U. todt gefunden; keine Muskel- ſtarre. 15 CC. trüben, ſchwach, alkaliſchen Harns aufgefangen, wel cher Eiweiß enthält. Section 4 U. Nachm. Pupillen weit. Obere und untere Bohlvene ſtroken von Blut. Bei Eröffnung des Herzbeutels con- trahirt ſich redyter Vorhof und rechte fammer; Veßte Contraction der fammer um 4 U. 45 M. Die linke Herzkammer und die große Körperſchlagader ſind vollkommen leer. Die Lungen intenſiv ziegel roth, blutreich. Schleimh. des Defophagus blaß. Magen ſtart ausgedehnt, enthält nebſt vielem Santhariðenpulver 2 Nundwürmer (welche, mit dem Mageninhalte aufgehoben, noch am folgenden Zane Yebhafte Bewegungen machen); Schleimh. ſtark gewulſtet, bentritt|4) injicirt. Schleimhaut des Dünndarmes diwach geröthet. Von der Blinddarme an finden fich den ganzen Diddarm hindurch zahlreiche Cantharidenpartikel. Schleimh. des Didbarms iſt in der ganzen unteren Hälfte deſſelben bedeutend geröthet und gedwellt. Barn braſe blaß, contrahirt. 87 Xuf Cantharidin wurden geprüft: 1. Harn. Der Rückſtand, auf die Conjunctiva eines fünf- wöchentlichen Käßchens gebracht, rief ſofort eine ſehr vermeyrte Thrä- nenſecretion, in einer halben Stunde ſtarke Nöthung und Schwellung der Bindehaut Hervor. Nad Beſtreichung der Schleimh. der Lippe trat ſtarker Speicherfluß, Abſtofung des Lippenepithels ein. Nach Verlauf einer Stunde war die Hornhaut vollſtändig von den durd) die Schwellung der Bindehaut gebildeten Wülſten bedeckt. Nach 24 St. war die Hornhaut getrübt. Ein zweiter Theil des Rück- ſtandeß, auf meineu recyten Oberarm gebracht, rief in 24 St. ſtarke Röthung, aber keine Blaſenbildung Hervor. 2. Magen- und Darminhalt. Auf die Haut meiner Bruſt gebracht rief der Rückſtand in 5 St. eine große Blaſe hervor. 3. 15 CC. Blut. Rückſtand ohne Wirkung auf das Auge eines Kätzchens. 4. Lungen, Herz, Hirn, Leber, Milz und Pankreas. Rücftand beim Käßchen wirkungslos. 5. Nieren und Harnblaſe. Der Rückſtand, auf die Con- junctiva eines Käbchens gebracht, rief anfangs vermehrte Thränen- ſecretion, dann Röthung und Schwellung der Bindehaut hervor. . Verfuch. 16. Juli 65. 9 U. 55 M. Vorm. Kaße. Gew. 2,457 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 3 Grm. gepulv. Canth. mit 60 CC. Aq, dest. Tod nach 2 St. 52 Min. 9 U. 58 M. 30 CC. klaren ſaueren Harnes. 11 U. 8 M. Rſpr. 132. Ein flüſſiger Stuhl. 11 u. 28 M. Nípr. 188. Ein breiiger Stuhl. 11 U. 39 M. Rſpr. 180. Schwäche der Beine, Raße liegt re- gungslos auf der Seite. 11 u. 53 M. Ripr. 236; 12 U. Rſpr. 172; 12 u. 10 M. Meſp. 144; wiederholte heftige Brechbewegungen. 12 U. 16 M. Reſpr. 78. 12 U. 30 M. Refpr. 24. Inſpiration erſchwert, auf 5 bis 9 Athemzüge folgt eine ſeufzende Exſpiration. 12 U. 47 M. Legte Inſpiration ohne vorausgegangene Krämpfe. Section 12 U. 50 M. Plexus brachialis rechterſeits blosge- legt. Sowol bei intra- als ertramuskulärer Reizung mit einem ſchwa- gen Inductionsſtrome treten ſtarke Contractionen der Muskeln der vor- deren Extremität ein. ... Beim Deffnen des Bruſtkorbes macht der rechte Vorhof 32 Con- tractionen in der Minute. Die rechte ſtammer hat ſich im Verlaufe mehrerer Minuten nur einmal contrahirt. Nach Eröffnung des Herz- beutels treten lebhafte Contractionen der rechten ſtammer ein, ſo daß auf eine Contraction des Vorhofes eine der Rammer folgt. Um 1 U. . 88 Dl. Neſpr. 76; 4 25 M. hören ſowol die Contractionen der Vorkammer. als auch der. Kammer auf. Schleimh. des Magen's und der oberen Hälfte des Dünndarmes gleichmäßig intenſiv geröthet. Leber, Nieren blutreid. Harnblaſe .contrahirt; Schleimhaut blaß. Auf Cantharidin geprüft wurden: 1. Harn. Seine Wirkung auf die Conjunctiva eines Räßchens. . 2. 30 CC. Blut. flaum merkliche Vermekrung der Thränen- ſecretion bei einem Käßchen. 3. Roth. In wenigen Stunden große Blaſen auf meiner Bruſt. 4. Magen und Darm nebſt Inyait. Wirkung ebenſo wie bei 3. 8. Verſuch, 8. Juli 65. 11 11. 20 M. Vornt. Kate, 6 Mo- nate alt. Gew. 1,433 Kilogr. Ligat. des Defoph. 3 Grm. gepulv. Canth. mit Aq, dest. Tod nach 2 St. 34 M. 11 U. 40 M. Npr. 76. Viel Speicher. 11 U. 46 M. Rſpr. 132. Heftige Brech bewegungen. 12 CC. flaren, eiweißfreien Harnes. 12 u. 29 M. Nípr. 84; 12 u. 36 M. Reſur. 76; 4 GC. ſchwach ſauren, eiweißreichen Harnes. 1 U. 25 M. Rſpr. 168. Unvermögend zu gehen. Leichte Zudun- gen in den Hinterbeinen. Von 1 u. 25 M. bis 1 U. 36 M. ununterbrochen kloniſche Krämpfe der Muskeln des Rumpfes und der Ertränitäten. Von 1 u. 40 M. bis 1 1. 45 M. erneuerter, ſehr heftiger klo- niſcher Krampf der Muskeln des Rumpfes und der Extremitäten; gleich darauf Reſpiration ſeufzend, unregelmäßig. 1 Ù. 48 M. Schwacher, vorübergehender Krampf der Extremitäten. 1 u. 54 M. Leßte Inſpiration. Section 2 u. 30 M. Weber Muskein noch Nerven reagiren auf electriſchen Reiz. Mageninhalt reagirt ſchwad ſauer. Schleimh. des Magens uud der oberen Hälfte des Dünndarmes ſchwach gero- thet, die des übrigen Darmrohres blaß. Auf Cantharidin wurden unterſucht: 1. Harn um 11 U. 46 M. gelaſſen. Keine Wirkung beim Näßchen. • 2. Harn um 12 U. 36 M. gelaſſen. In einer halben Stunde Heftige Conjunctivitis beim Mäßchen. 9. Verfuch. 17. Juli 65. 9 4. 55 M. Vorm. Füllen, 4 MO. nate alt. Gew. 39,37 Kilogr. Ligat. des Defoph. 60 Grm. geputu. Canthar. mit 120 CC. Aq, dest. Tod nach 6. St. 33 M. 10 11. 25 M. Brechbewegung, Huſten. 10 U. 33 M. Rſpr. 36. Herzſtoß 84. een in U. 25 M. Niur te Darnes. " 17 Santboritohres Brah Dinndarma 89 10 u. 35 M. Reichlicher grüner Schleim aus beiden Naſen- löchern. 11 U. Rſpr. 56. Herzſtoß 80. Schwankender Gang, beſon- ders die Hinterbeine ſchwach. 11 u. 25 M. Rſpr. 60. Brech bewegungen ſeiten. Große Schwäche. Füllen ſchläft mit herabhängendem Kopfe, Benommenheit. 12 U. Rſpr. 32. Herzſtoß 76. Schläft viel. 12 u. 45 M. Npr. 28. Herzſtoß 116. Fülen erholt ſich. Gang ziemlich ſicher, mehrmaliges Wiehern. 1 U. Frühere Benommenheit. Rſpr. 28. Herzſtoß 120. 1 U. 30 M. Ripr. 32. Herzſtoß 112; reichlicher breiiger Stuhl. 1 U. 58 M. Rſpr. 20. Herzſtoß 112. Fülen ſtürzt zuſammen. 2 U. 36 M. Rſpr. 60. Herzſtoß 120. 2 U. 50 M. Nípr. 36. Herzſtoß 88. 2 U. 58 M. Mit großer Anſtrengung 120 TC. trüben alkali: fchen, eiweißhaltigen Harnes. 3 u. 5 M. Nach mehreren vergeblichen Verſuchen ſteht das Füllen wieder auf. Rſpr. 36. Herzſtoß 124. 3 U. 10 M. Rſpr. 76, Herzſtoß 148. 3 U. 35 M. Rſpr. 64, Herzſtoß 152; 3 U. 55 M. Rſpr. 72, Herzſtoß 140. 4 U. 30 M. Rſpr. 44, Herzſtoß 160; Füllen Ichwankt benom- men umher, ſtürzt zuſammen. 4 U. 45 M. Rſpr. 22, ſtöhnend, Herſtſtoß 180. 4 U. 52 M. Pupillen contrahiren ſich auf Lichtreiz. 4 U. 53 M. Lebte Inſpiration, nachdem während der legten 8 Minuten die Athemzüge feiten und ſehr erſchwert geweſen. Krämpfe nicht beobachtet, nur kurz vor dem Tode ein über den ganzen Körper verbreitetes Zuden des Felles. Section 5 U. 30 M. Fülen an den Hinterbeinen aufgehängt, aus den geöffneten Venae jugulares 1,2 Stilogr. dunkelen, raſch ge- Finnenden Blutes. Schleimh. des Deſophagus bis zur Ligatur hinauf ſtark geröthet, geſchwelt. Magen enthält in 0,5 Kilogrm. Plüſſigkeit gegen 30 Grm. Cantharidenpulver ; Schleimhaut dunkel- rothy, ſtarf gelockert; in der Nähe der Cardia ein zweifingerbreiter, gürtelförmiger Streif der Schleimhaut abgelöſt. Dünndarm von metalicher Flüſſigkeit und Santharidenpartikein erfüllt, Schleimhaut gleichmäßig geröthet und geſchwelt. Dickdarm von Gaſen ausges vennt, Schleimhaut blaß. Leber dunkel, wenig Blut; Sallengänge on dunkeler Salle erfüllt. Nieren blaß, Corticalis ſehr breit. Qarnblaſe contrahirt, Schleimhaut blaß. Auf Cantharidin wurden unterſucht: 1. 1,2 Kilogr. Blut. Nach Verflüchtigung des Chloroforms Heb eine reichliche, ſchwarze, ſchmierige Maſſe zurück, in der weder att dem bloßem Auge, noch mit der Lupe Kryſtalle entdeckt werden - - - - - 90 konnten. Nach mehrmaligem Auswaſchen mit Schwefelfohlenſtoff war weder dieſer noch der ungelöſte Rückſtand blaſenziehend. (cf. p. 32.). 2. Leber und Galle. Nach 12 St. kleine Bläschen auf meiner Bruſt. 3. Speicher und Naſenſchleim. Ohne Wirkung. 4. Harn. Nückſtand des Chloroformauszuges mit Schwefel- kohlenſtoff gewaſchen wirkte blaſenziehend. Die Kryſtalle des Rückſtan- des vollkommen far blos, hatten ein Gewidyt von 0,0098 Grm. mit 5. Magen und Darm nebſt Inhalt. Nach dem Trocknen betrug ihr Gewicht 375 Grm. Die Hälfte davon auf Cantharidin unterſucht lieferte 0,0276 Grm. II. Verſuche mit Cantharidin. Beibring ung durdi den M a gen. 10. Verſuch. 28. Juli 65. 11 u. 10 M. Vorm. Kater. Gew. 2,047 Kilogr. Ligat. d. Deſoph. 0,006 Grm. Cantharidin in 2 CC. Süßmandelöl gelöſt. Tod nach 12 St. Bis 4 U. Nachm. ruhiges Verhalten. Darauf heftige Brechbe- wegungen. Um 8 U. 15 M. ſolen nach vorausgegangener Reſpira- tionsbeſchleunigung heftige Krämpfe eingetreten ſeint. Tod gegen 11 U. Abends. Section 29. Juli 10 u. Morg. Todtenſtarre, flüſſiger Moth am After, Pupillen weit. Lungen ziegelroth, blutreich. Schleimh. des Deſophagus blaß. Schleimh. deš Magens in der Nähe des Pylorus und der Cardia roſa, ſonſt dunkelroth. Im Dünndarme · durchweg blutiges Erſubat, Schleimhaut geröthet. Im Diddarme chocoladefarbener Koth, enthält viele geſchrumpfte Blutkörperchen. Min- denſchicht der Nieren breit, biaß, fein injicirt, Markſubſtanz dunkel, blutreich; die aus dem Nierenwärzchen hervorgedrückte Flüſſigkeit ent- hält außer Epithelſchläuchen auch Faſerſtoffcylinder. Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Leber blaß, wenig Blut. 11. Verſuch. 26. Juli 65. 10 u. 30 M. Vorm. Kaße. Gew. 2,047 kilogr. Ligat. d. Deſophag. 0,007 Grm. Cantha- ridin in 2 CC. Süßmandelöl gelöſt. Tod nach 6 St. Bis 1 U. 30 M. ruhig, nur ſtark gegeifert; mitunter Brech- bewegungen. 2 U. 50 M. Refpr. 144. Benommenheit. 3 U. 15 M. Refpr. 100. Schwache Budungen in den Muskeln des Rumpfes und der Extremitäten. 4 U. Rp. 80, oberflächlich. Die Zudungen dauern fort. 4 U. 30 M. Lefte Inſpiration. Mit der legten Inſpiration trat Erweiterung der Pupillen und Unempfindlichkeit gegen Lichtreiz etti. 91 Section 5 U. 30 M. Nach Eröffnung des Herzbeutels Con- tractionen der rechten Hammer. Lungen ziegelroth, blutreich. Schleimh. des Magens mäßig geröthet. Schleimh. des Dünn-' und Dick- darmes blaß. Reber dunkel, Galle ſpärlich. Nieren blutreich. Harnblaſe wie früher. 12. Verſuch. 13. Juli 65. 9 u. 5 M. Vorm. Kater. Gew. 3,276 Kilogr. Ligat. d. Deſoph. 0,015 Grm. Cantharidin mit Extr. Liquir. als Pille. Tod nad 4 St. 11 M. In der erſten Stunde Verhalten ruhig, viel geſpeichelt.. 11 U. Rſpr. 120.45 CC. ſtrohgelben, neutralen eiweiſfreien Harnes. 11 U. 30 M. Heftige Brechbewegungen. Ein feſter Stuhr. 12 U. Rſpr. 120. Große Unruhe. 12 u. 15 M. Rſpr. 140. Hintere Extremitäten verſagen den Dienſt. 12 U. 40 M. Rſpr. 264; 1 u. 10 M. Rſpr. 104, 1 U. 13 M. Rſpr. ſeufzend, unregelmäßig, 1 U. 16 M. Reşte Inſpiration. Section 1 U. 25 M. Beim Deffnen des Herzbeutels ſteht die rechte Kammer ſtil ; der rechte Vorhof macht anfangs 40, um 2 U. 10 M. 20 Contractionen in der Minute. Lungen ziegelroth, blutreich. Leber dunkel, blutarm. Defophagus ſtark ausgedehnt und geröthet. Schleimhaut des Magens durchweg ſchwarz-roth, Mageninhalt alkaliſch. Schleimh, des Dünndarmes ſchwach geröthet, die des Dickdarmes blaß. Nieren blutreid). Harnblaſe contrahirt, Schleimhaut blaß. . Der auf Cantharidin unterſuchte, um 11 U. gelaſſene Barn gab einen Rüdſtand, welcher auf meiner Bruſt in 12 St. kleine Bläschen zog. 13. Verſuch. 12. Juli 65. 11 U. Vorm. Kater. Gew. 1,023 Kilogr. Ligat. des Defoph. 0,015 Grm. Canth. mit Extr. Liquir, als Pille. Tod nach 5 St. 8 M. 1 U. 15 M. Nípr. 42. Volkommen ruhig. Der gefaſſene Karn neutral, eiweiſzhaltig. 1 t. 40 M. Heftige Brechbewegungen. 2 U. 25 M. Rſpr. 52; 3 U. 37 M. Rſpr. 92; 3 U. 44 M. Npr. 72; 3 U. 57 M. Npr. 148. Gang ſchwankend, große Unruhe. 4 U. Rſpr. 80. Kloniſche Krämpfe der Muskeln des Unter- tiefers, Rückens und der Ertremitäten. 4 U. 5 M. Rſpr. 12, mitunter tief aufſeufzend. 4 U. 12 M. Lebte Inſpiration. Section 4 U. 25 M. Nach Eröffnung des Herzbeutels con- mahirt ſich die rechte Rammer biz 4 U. 38 M.; die rechte Vorkammer 92 bis 4 u. 55 M. lungen hellroth, blutarm. Leber dunkel. Nie- ren zeigen keine Veränderung. Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Schleimhaut des Magens ſtark geröthet, gewulſtet. Schleim- haut des Dünn- und Diddarmes blaß, mit reichlidyem Schleim überzogen. : Der auf Cantharidin unterſuchte, um 1 u. 15 M. ge- laſſene Karn lieferte einen Rückſtand, welcher auf die Bruſt gebracht in 4 St. eine große Blaſe hervorrief. 14. Verſuch. 12. Juli 65. 12 u. 55 M. Vorm. Hund, alt. Gew. 6,96 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 0,015 Grm. Canth. in 2 CC. Milchſäure. Tod nach 3 Št. 2 M. 1 u. 15 M. Rſpr. 200, nachdem gleich nach der Operation große Unruhe eingetreten und viel geſpeichelt. Von 1 u. 30 M. bis 2 U. wiederholte heftige Brechbewegun- gen. Schwankender Gang. 2 u. 25 M. Rſpr. 16, ſeufzend, häufige Brechbewegungen. 3 U. 5 M. Ripr. 28; reichliche flüſſige Rothentleerungen. 3 U. 43 M. Rſpr. 40.60 CC. Harn gelaſſen, verſchüttet, nicht weiter unterſucht. 3 U. 55 M. Rſpr. 8. 3 U. 57 M. Lebte Inſpiration. Section 4 U. 30 M. Nach Eröffnung des Herzbeutels traten Contractionen des rechten Vorhofes und der Hammer weder ſpontan, noch auf Reiz mit ſchwachen Inductionsſtrömen ein. Lungen ſchies fergrau, blutarm. Leber dwarzbraun, biutarm; viel goldgelbe dünn- flüſſige Galle. Nieren blaß. In der contrahirten Blaſe einige Tropfen neutralen, eireifhaltigen Harnes. Mageninhalt alkaliſch), Schleimh. des Magens gleichmäßig ſchwarzroth, gelockert. Dünn- darm enthält viel Schleim, Schleimh. gelockert, ſtark gerötlet. Did- darm leer, Schleimh. injicirt. 15. Verfuch. 9. Juli 65. 9 u. 56 M. Vorm. Kater. Gew. 3,48 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 0,031 Grm. Canth. mit Extr. Liquir. als Bille. Tod nach 3 St. 48 M. 11 U. Rſpr. 72, ſeit der Operation viel geſpeichert. 12 U. 45 M. Rſpr. 192; heftige Brech bewegungen; ein breiigs ſchleimiger Stuhl. 12 U. 50 M. Rſpr. 272, große Unruhe, Schwäche der vordern, vorzüglich aber der hintern Extremitäten. 1 U. 2 M. Rſpr. 152; 1 u. 4 M. Nípr. 240; 1 u. 15 M. Nípr. 304. 1 u. 18 M. Starke kroniſche Kirämpfe der Muskeln des Nump- fes und der Extremitäten. 1 u. 25 M. Rſpr. 280; 1 U. 40 M. Rſpr. 76. 93 1 U. 45 M. Nípr. 12, mitunter von tiefen Seufzern unterbrochen. 1 U. 48 M. Leßte Inſpiration; unmittelbar darauf heftiger Tetanus. Herzſtoß 120. 1 1. 49 M. Herzſtoß 104; 1 u. 50 M. 84; 1 U. 52 M. 48; darauf nicht mehr deutlich fühlbar. Section 2 U. 20 M. Die Erregbarkeit der Muskeln durch einen ſchwachen Inductionsſtrom ging bei extramuskulärer Die no M. wprgetblichen Initih liche buntet ea quis glo verloren. Nach Eröffnung des Herzbeutels macht die rechte Vorkam- mer bis 3 U. 55 M. 40 bis 52 Contractionen in der Minute ; mit- unter erfolgte auch Contraction eine der Kammer. Nach Reizung des Herzmus keis durch einen ſchwachen Inductionsſtrom traten ſchwache Contractionen der rechten Kammer noch um 4 U. 8 M. ein. Die Unterſuchung der Bruſt- und Unterleibsorgane wurde um 5 H. 40 M. vorgenommen. Lungen blaß, an den abhängigen Partien von ſchmubig-röthlichen Inſeln durchſet; Lungengewebe überal kniſternd. Leber ſchwarzbraun; reichliche dunkele, grüne Galle. Nie- ren wie gewöhnlich. Schleimhaut des oefophagus gleichmäßig in- tenſiv geröthet. Magenſchleimhaut in der Nähe der Cardia und zum Pylorus hin blaf, der übrige Theil ſchwarz-roth gefleckt. Die Schleim- haut des weiteren Darmes idwach gerötřet. Hirn anämiſch; Hirn- häute mäßig injicirt. Auf Cantharidin wurde unterſucht der um 12 U. 45 M. entleerte Roth. Der Nückſtand wirkte auf meiner Bruſt nur haut- röthend, auf der Conjunctiva cines Kärchens rief er dagegen eine ſtarke Entzündung hervor. 16. Verſuch. 1. Novbr. 65. 9 u. 30 M. Vorm. Kake. Gew. 2,252 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 0,1 Grm. Cantharidin mit Extr. Liquir. als Pille. Tod nach 3 St. 11 u. 30 CC. ſauren, eiweißfreien Harnes; ein harter Stuhl. 11 u. 30 M. Nipr. 200; zwei flüſſige Stühle. 11 U. 45 M. Ripr. 240; 11 u. 55 M. Nſpr. 294. 12 U. 4 M. Rſpr. 228; gleich darauf heſtiger Tetanus. 12 U. 5 M. Es wird ein Baumwollenbauſd mit Chloroform getrankt vor Naſe und Mund gehalten. Die Reſpiration verlangſamt fich ſtetig. 12 U. 30 M. Regte Inſpiration, ohne daß weitere Krämpfe Eingetreten wären. Es werden beide Venae jugulares geöffnet, und aus denſelben gegen 10 CC. Blut aufgfangen. v Section 12 U. 45 M. Schleimhaut des Magens ſchwarz- toth, die des übrigen Darmkanales ſchwach geröthet. Nieren ſehr blutreich; Harnblaſe contrahirt, Schleimhaut blaß. Auf Cantharidin wurden unterſucht: 1. 60 CC. Blut. Dieſelben wurden mit 30 CC. Xerkali- uuge (gu 6 %) gekocht, vollſtändig abgefühlt, darauf Schwefelſäure 94 im Ueberſchuß zugeſetzt und wie gewöhnlich weiter behandext. Der gewonnene Rückſtand zog auf meinen Arm gebracht in 8 St. eine große Blaſe (conf. p. 33.). 2. Nieren. Mit Repkalt zerſtört. Rückſtand wirkte auf meiner Bruſt in 36 St. ſchwach blaſenziehend. 3. Hirn. Mit Aegkali zerſtört. Rückſtand wirkungslos. III. Derſudie mit den Verbindungen des Cantharidins mit Balen. a) Beibringung dur dh den Magen. 17. Verſuch. 14. Aug. 65. 9 U. M. Igel, 3 Monate alt. 0,015 Grm. Cantharidin in Aeßkali gelöſt 1) mit Extr. Liquir. als Pille während der Chloroformnarkoſe in den Deſophagus ge- bracht. Tod nach etwa 48 St. 1 U. Igel froß kalter Beſprißung noch immer anäſtheſirt. Bei genauer Unterſuchung der Nachenhöhle findet ſich die erweichte Pille in der Nähe der Zungenwurzer. Sie wird mit einem Glasſtabe möglichſt ſorgfältig in den Deſophagus hineinbefördert. Die Benom- menheit ſchwindet unter häufigem Beſprißen mit kaltem Waſſer erft um 4 U. Nachm. Im Laufe dieſes und des nächſten Tages erſchien der Igel ſehr matt; lag meiſt ausgeſtreckt da, zog ſich jedoch bei Berührung ener- giſch zuſammen. Die Reſpir. ſtieg nicht über 12 in der Min. Am Morgen des 16. Aug, wurde der Igel todt, mit zerbiſſenem Mopfe im Käfig gefunden (in dem ſich gleichfalls ein ausgewachſener Igel befand). Die Verlegungen beſchränkten ſich auf mehrere Wun- den in der Haut der Schnauze. Die Schädelknochen waren nicht verleßt. Section 16. Aug. 10 u. Vorm. In beiden Lungen zahl- reiche rothbraune, verdichtete Partieen, welche in Waſſer geworfen unterſinken. Die Bronchialſchleimhaut ſtark geröthet. Schleimhaut des Magens ſchwach geröthet. In der ausgedehnten, durchſichtigen Harnblaſe 4 CC. ſauren, eiweiſfreien Harnes. 18. Verſuch. 14. Aug. 65. 9 u. 15 M. Vorm. Igel, ausgewachſen. 0,015 Grm. Cantharidin in Aeßkali gelöſt mit Extr. Liquir. als Pille während der Chloroformnarkoſe in den Deſophagus gebracht. Der Igel erwacht ſogleich nach Beibringung der Pille aus der Anäſtheſie, zeigt jedoch ſpäter noch große Neigung zum Schlaf. Dis zum 23. Auguſt keine Störung des Befindens. Die Rſpr. bliev ziemlich beſtändig 12 in 0. Min. 1) Dad Cantharidin war in einigen Tropfen Netzfalilange gelöſt, darauf einen dampft und dann mehrinald mit beſtill. Waffer befeuiditet ind ivieder eingebaut worden. Durih längered Stehen in der freien Athmoſphäre ſollte dag freie self in faueres fohlenſaureg Kali umgewandelt werden. 95 19. Verfucky. 3. Juli 65. 10 u. 57 M. Bornt. Kater. Gew. 3,27 Kilogr. Ligat. d. Defoph. 0,031 Grm. Cantharidin in Aeßkali gelöſt, mit Eſſigſäure faſt ueutraliſirt und mit deſtil- lirtem Waſſer in den Magen geſpritzt. Tod nach 4 St. 51 Min. 1 U. Rſpr. 48. (Von 1 bis 3 u. nicht beobachtet.) 3 U. Rſpr. 24, ſehr erſchwert. Inſpiration lang gezogen, zuckend, die Erſpiration fchnarchend. Unvermögen aufzuſtehen. 3 U. 45 M. Rſpr. 2. Inſpiration bei weit geöffnetem Maule, bei der Erſpiration energiſche Contractionen der Bauchmuskeln. 3 U. 48 M. Legte Inſpiration. Section 3 U. 50 M. Nach Eröffnung des Herzbeutels madyte der rechte Vorhof 60 bis 72, die rechte Kammer 5 bis 6 Contrac- tionen in der M. Die Herzcontractionen hörten um 4 u. 25 M. nach Durchſchneiden der Jugularvenen auf, aus welchen 60 CC. Blut aufgefangen werden. Inhalt des Magens ſchwach alkaliſch, Schleimh. dunkel blau -roth, die des Dünndarmies roſa, ebenſo die des Dickdarmes. Nieren blutreich; Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Leber dunkel, wenig Blut auf der Schnittfläche. Die mikroskop. Unterſuchung der Leber zeigt nur normale Leberzellen. Auf Cantharidin wurden unterſucht: 1. 60 CC. Blut. Auf der Conjunctiva eines Näßchens unbedeutender Neiz. 2. Geſammter Darm nebſt Inhalt. In 6 Stunden große Blaſen auf meiner Bruſt. 20. Verfuch. 28. Juli 65. 10 u. 55 M. Vorm. Kater. Gew. 3,685 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 0,062 Grm. Cantha- ridin in Uekuatron gelöſt, das überſchüſſige Natron durch Waſchen mit abſolutem Alkohol entfernt. Tod nach 33 St. 35 M. Der Kater erſchien während der ganzen Beobachtungszeit matt, geiferte wenig. Die Reſpirationsfrequenz nicht über 28. Ám erſten Inge traten wiederholt heftige Bredjbewegungen auf. Dieſe ſowohl, als die mit Drängen verbundenen häufigen, flüſſigen Stühle fehlten am zweiten Tage. Harn von ſchwad alkaliſcher Reaction und ge- ringem Eiweißgehalt war an beiden Tagen gelaſſen worden. Unter zunehmender Scwäche trat der Tod am 29. Juli 84/ U. Ab. ein. Section 30. Juli 10 u. Vorm. Eiterſenkung von der Hals- wunde bis zur Mitte des Bruſtbeins. Schleimh. des Magens und unndarmes gewulſtet, mäßig geröthet, die des Dickdarmes blaß. indenſchicht der Nieren breit, blaß, injicirt, Markſchicht dunkel. barnblaſe contrahirt, Schleimh. leicht geröthet. Der am 29. Juli 10 u. Vorm. gelaſſene Harn wurde auf Cantharidin unterfucht. Reine Wirkung. 96 21. Verfuch. 30. Juli 65. 10 u. 20 M. Vorm. Kafe. Gew. 2,56 Kilogr. Ligat. des Defoph. 0,062 Grm. Cantha- ridin-Natron in 20 CC. Ag. dest. Tod nach 6 St. 55 M. Nuhig, wenig Geifer bis 2 U. Nachm. 2 U. 5 M. Rſpr. 180; 2 U. 30 M. Nſpr. 200. 4 U. Npr. 120, heftige Brech bewegungen. Große Schwäche, beſtändiges Liegen auf der Seite. Bei einigen ſchwachen Främpfen der Extremitäten erweitern ſich die bis dahin engen Pupillen, ver- engern ſich jedoch gleich wieder nach Aufhören der Krämpfe. 4 CC. alkaliſchen, eiweißreichen Harnes. 4 U. 15 M. Heftiger 2 Minuten anhaltender, kloniſcher Arampf der Extremitäten. Verhalten der Pupillen wie vorher. 4 U. 25 M. Heftige Krämpfe. Reſpiration mühſam, ſeufzend. 5 U. 15 M. Letzte Inſpiration. Temper. im Maſtdarm 369,1 C. 5 U. 17 M. Herzſtoß 76. Section 5 U. 30 M. Schleimh. des Magens ſchwach ge- röthet; im Magen viel blutiger, alkaliſcher Schlein. In dein Dünn- Darme blutiger Schleim, Schleimh. geröthet, die des Dickdarmes ſtark geröthet. Nieren blutreich. Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Mikroskop. Unterſuchung des Blutes: zahlreiche geſchrumpfte Blutkörperchen. 22. Verſuch. 11. Octb. 65. 11 U. 45 M. Vorm. Kaße. Gew. 2,04 Kilogr. 0,248 Grm. Cantharidin - Natron ii 20 CC. Aq. dest. Tod nach 2 St. 7 M. - 12 u. 50 M. Rſpr. 260. Unter zunehmender Sdwäche und ſinkender Frequenz der Reſpiration ſtellen ſich heftige Krämpfe in den Muskeln des Rückens und der Ertremitäten ein. 1 U. 52 M. letzte Inſpiration. Unterſuchung auf Cantharidin ſ. oben p. 42. 23. Verſuch. 13. Juli 65. 9 1. 45 M. Vorm. Hund. Magneſia. Tod nach 5 St. 11 u. Schläft viel, ſcheint beim Erwachent benommen. 11 U. 30 M. Heftige Brecybewegungen. Große Sdwaale der Hinterbeine. 911 U. 55 M. Ruhiger Schlaf; Rſpr. 40. 12 U. 15 M. Heftige Brechbewegungen; Unruhe. 12 u. 30 M. 60 CC. trüben Harnes. Ein flüſſiger Stuhl. Wiederholte Brechbewegungen. 2 U. 30 M. Ruhiger Schlaf. Beim Erwachen große Benoma menheit. Schwäche der Hinterbeine. 2 U. 45 M. Lebte Inſpiration nach heftigen Bredjbewegungen ohne porausgegangene Beſchleunigung der Reſpiration und ohne Strample 1 957 Section 2 U. 55 M. Die Muskelerregbarkeit durch einen schwachen Inductionsſtrom erliſcht um 3 U. 15 M. Nach Eröffnung des Herzbeutels macht das Herz weder ſpontan, noch nad Reizung Contractionen. Schleimhaut des Defop h. ſchwach geröthet. Im Magen viel blutiger, alkaliſcher Schleim, Schleimh. ſchwarz - roth mit einigen helleren Flecken. Schleimh. des Dünndarmes ſtark geröthet, des Blinddarmes gleichmäßig ſchwarz-roth, des Did- darmes roſa mit dunkel rothen Flecken. Nieren mäßig blutreich, Rindenſubſtanz blaß, geſtreift, Markſubſtanz dunkel. Harnblaſe contrahirt, Schleimhaut ſchwachy geröthét. Leber dunkelbraun, ge- ringer Blutgehalt. Auf Cantharidin wurde der Harn geprüft. Der Rück ſtand rief in 5 Št. eine große Blaſe auf meiner Bruſt hervor. Anm. Die zu dieſem Verſuche, ſowie den ſubcutanen Injec- tionen verwandte Cantharidin - Magneſia war in folgender Weiſe dargeſtellt worden: 0,8 Grm. Cantharidin und 0,2 Grm. gebrannter Magneſia wurden mit 30 EC. deſtillirten Waſſers in einem an beiden Enden zugeſchmolzenen Glasrohre in ſiedendes Waſſer gethan. Nachdem das Waſſer 3 St. ſiedend erhalten worden war, fanden fich 0,5695 Grm. Cantharidin - Magneſia (nach dem Verdunſten auf dem Waſſerbade gewogen) in Löſung, während der ungelöſte Rückſtand 0,5355 Grm. betrug, welcher auf Zuſag einer größeren Menge von deſtilirtem Waſſer ſich gleichfalls in demſelben auflöſte. — - — - 1 - - - - - - - - - - - - - b) Beibringung du r dh den Dünnd a r m. · 24. Verfuch. 1. Sept. 66. 3. U. 50 M. Nachm. Kake. Gew. 1,6 Kilogr. Laparatomie. 0,05 Grm. Cantharidiu- Natron in 8 CC. Aq. dest. gelöſt und mittelſt der Bravaziſchen Sprite in den Dünndarm injicirt, nachdem derſelbe zum Magen hin unterbunden worden; dann 0,2 CC. Acid. mur. p. sp. 1,19 mit 2 CC. Aq. desť. Tod nach 1 St. 50 M. 3 U. 58 M. Geringes Speichern. Flüſſiger Stuhl. 4 U. 45 M. Rſpr. 32. Temperatur in dem Maſtdarme 369,4 C. Wiederholtes Erbrechen. Gang ſchwankend. 5 U. Rſpr. 68. Vodkommene Benommenheit. Die Kaße fällt bet jedem Verſuche aufzuſtehen auf die Seite. 5 u. 5 M. Rſpr. 44. Temp. in dem Maſtb. 35º,4 C. 5 U. 15 M. Rſpr. 24. Temp. in dem Maſtd. 35°,0 C.. 5 U. 20 M. Rſpr. 2. Temp. 340,4; 5 U. 25 M. Rſpr. 2, zemp. 340,4 C. Lebte Inſpiration. Section 6 U. 15 M. Die ligatur iſt 2 Fingerbreiten unterhalb Des Phlorus um den Dünndarm angelegt. Schleimhaut des Ma- sens und des Dünndarmes oberhalb der Ligatur blaß, unterhalb . - - - . 98 deffelben dwad geröthet. Schleimh. des Diddarmes blaß. Le- ber blaß, Gaćenblaſe wenig gefüllt. Bauchfell ſpiegelnd, nicht geröthet.Nieren blutreich. Harnblaſe leer, Schleimh. blaß. 25. Verfuch. 1. Sptmbr. 66. 4 U. 15 M. Nachm. Maße. Gew, 1,4 Milagr. Laparatonic. 0,05 Grm. Cantharidin - Natron in Ag. dest. gelöſt und mittelſt der Pravaziſchen Spriße in den Dünndarm unterhalb einer um denſelben gelegten Ligatur. Tod nad 1 St. 35 M. 4 U. 30 M. Erbrechen, breiiger Stuhl. 5 u. 3 M. Rſpr. 48, Temp. in dem Maſtd. 360,2 C. Bits tern des ganzen Körpers (Froſtſchauer ?). Gang ſchwankend. 5 U. 15 M. Rſpr. 100. Temp. 340,8 C. Schwache Zucun- gen der Muskeln des Rückens und der Extremitäten. 5 U. 20 M. Rſpr. 180. Temp. 340,2. 5 u. 40 M. Rſpr. 6, Feufzend. Temp. 32°,6. 6 U. 5 M. Leßte Inſpiration. Temp. 320,0. Section 6 u. 45 M. Die ligatur ift 4 Fingerbreiten un- terhalb des Pylorus um den Dünndarm angelegt. Schleimhaut des Magens blaß. Die des Dünndarmes oberhalb der Ligatur gleich- fals, unterhalb deſſelben gleichmäßig bis zu dem Blinddarme gerö- thet. Schleimh. des Diddarmes blaß. Leber blaß, Gallenblaſe ſchlaff. Nieren blutreich. Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Bauchfell ſpiegelnd, einige Tropfen klarer Flüſſigkeit in dem Bauchfellſacke. c) Einſpritung in das unterhautpellgewebe. 26. Verſuch. 15. Juli 65. 10 U. 15 M. Vorm. Kater. Gew. 1,22 Kilogr. 0,0045 Grm. Cantharidin-Magneſia in 2 CC. Aq. dest. Tod nad 3 St. 12 U. 30 M. Rſpr. 240. Benommenheit. 1 U. 10 M. Legte Inſpiration nad vorausgegangenen heftigen Krämpfen. Bei der Section nichts Bemerkenswerthes. An der Injectionsſtelle keine Reaction. 27. Verſudy. 16. Aug. 6ö. 2 U. 30 M. Nachm. Kater. Gew. 2,457 Kilogr. 0,0054 Grm. Cantharidin - Magneſia in 2,4 CC. Aq. dest. Nach 7 Tagen ftrangulirt. Am 17. Aug. chien der Sater ein wenig benommen, ſchwankte beim Umhergehen, trank jedoch die vorgeſepte Milch. Die Injections- ſtelle an der rechten Seite des Bruſtkorbes ſchien bei Berührung ſchmerzhaft zu ſein. 18. Auguſt. Benommenheit vollſtändig geſchwunden. Um die Injectionsſtelle hatte ſich eine Geſchwuiſt gebildet, welche am 20. Uug. 99 dest. Zum Nachm. fig wiedern geit nicht not der sobre teine 23. Auguſt. Sater ſtrangulirt. In der rechten Achfilarlinie fand ſich zwiſchen der 8. und 10. Rippe ein Subſtanzverluſt in der Lederhaut von der Größe eines Silberrubels. Der Boden des Ge- ſchwüres war mit nekrotiſchen Gewebsfeßen und Eiter bedeckt. Unter bem Felle verliefen mehrere geröthete, ſtrangartige Lymphgefäße zu ei- ner gerötheten, bohnengroßen Achſeldrüſe. An keinem Organe der Bruſt- oder Bauchhöhle ließ ſich eine krankhafte Veränderung nach- weiſen. Die quergeſtreiften Muskelfaſern zeigten bei der mikros- kopiſchen Unterſuchung eine normale Beſchaffenheit. 28. Verſuch. 30. Juli 65. 10 U. 30 M. Vorm. Kake. Gew. 1,6 kilogr. 0,0054 Grm. Cantharidin-Magneſia in 2,4 CC. Aq. dest. Tod nach 11 St. Vis 3 u. Nachm. keine Veränderung. Von 3 bis 5 U. Häufig wiederkehrendes Erbrechen. Reine Be- nommenheit. Während der folgenden Zeit nicht beobachtet. 9 U. 30 M. Nach heftigen Krämpfen erfolgt der Tod. Section 31. Juli. 11 U. Vorm. An der Injectionsſtelle keine Reaction. In der Harnblaſe 4 TC. trüben, ſchwach ſauren, eiweiß- haltigen Harns. Schleimhaut der Harnblaſe blaß. Sonſt nichts Bemerkenswerthes. 29. Verſuch. 23. Auguſt 65. 10 U. Vorm. Igel (v- 18. Verf.). 0,0082 Grm. Cantharidin -Magneſia in 1,8 CC. Aq. dest. Chloroformnarcoſe. Am 24. Auguſt war der Igel ſehr unruhig, kragte häufig die Injectionsſtelle. Die Reſpiration war unregelmäßig und ſchwankte zwiſchen 40 und 60. Am 25. Auguſt betrug die Rſpr. 80. Eine Anſ(wellung war an der Injectionsſtelle nicht nachweisbar. Fir den nächſten Tagen war keine krankhafte Veränderung nachzuweiſen, der Appetit war ſehr rege. Am 31. Auguſt wurde der Igel von Neuem chloroformirt, um eine genaue Beſichtigung der Injectionsſtelle vorzunehmen. Es ſtockte aber plößlich die Reſpiration und konnte trop aller Bemühungen nicht mehr eingeleitet werden. Bei der Tags darauf vorgenommenen Section fand ſich das Unterhautzelgewebe in der Gegend der Injectionsſtelle volkommen normal. Die Harnblaſe war ſtark ausgedehnt, erreichte den Nabel. Der ſaure Karn enthielt kein Eiweiß. Sonſt nichts Bemerkenswerthes. 30. Vérſuch. 31. Juli. 65. 12 U. 30 M. Borm. Stater. Gew. 2,86 Kilogr. 0,0082 Grm. Cantharidin-Magneſia in 3,6 CC. Aq. dest. Tod nach 7 St. 40 M. Bis zum Nachmittage keine Veränderung. 6 U. Ab. Heftiges Erbrechen; Benommenheit, ſtarkes Geiferr. Refpr. 200. 100 6 U. 40 M. Schwache Sudungen in den Extremitäten. ty u. 50 M. Refp. 24. Starke Krämpfe in den Muskeln des Rumpfes und der Extremitäten. 8 U. 10 M. lepte Inſpiratton. Bei der Section derſelbe Befund wie bei dem 26. Verſuche. 31. Verſud. 29. Juli 10 U. 30 M. Vorm. Kaße, 6 Mo- nate alt, Gew. 1,023 Kilogr. 0,0082 Grm. Cantharidin-Magneſia in 3,6 CC. Aq. dest. Tod nach 3 St. 40 M. 12 U. wenig Geifer, wiederholtes Erbrechen, flüſſiger Stuhl. 12 U. 30 M. Rſpr 72. Große Unruhe, ſchwankender Gang. 1 U. 30 M. Rſpr. 240. Bald darauf mehrere raſch aufeinander fol- gende Krämpfe in Rumpf und Ertremitäten. 2 U. Rſpr. 2, ſehr erſchwert, 2 U. 10 M. Legte Inſpiration. Section 3 1. 50 M. Bei Eröffnung des Bruſtkorbes contra- hirt ſich die obere Hohlvene 3 bis 4 Mal in der Minute; die Vor- kammer nnd die rechte Kammer beginnen ſich erſt nach Eröffnung des Herzbeutels zu contrahiren und machen bis 5 U. 30 M. gegen 40 Contractionen in der Minute. Lungen roſa, von geringem Blut- gehalte. Darmkanal burchweg blaß, Magenſaft ſauer. Leber blaß, Þlutarm. Nieren blaß, aus der Papille nur ſpärliche Epithelſchläuche. 32. Verſuch. 26. Inli 65. 12 U. 30 M. Vorm. Kaße, 2 Monate alt. Gew. 1,2 kilogr. 0,01 Grm. Cantharidin-Magneſia in 4,8 CC. Aq. dest. Tod nach 2 St. 15 M. Der Tod war nach vorausgegangener Reſpirationsbeſchleunigung und heftigen Krämpfen um 2 t. 45 M. eingetreten. Der Spigenſtoß des Herzens war nach der lebten Inſpiration noch 17 Minuten hin- durch gegen 60 Mal in der Minute fühlbar. Section 3 U. Nad Eröffnung des Herzbeuters contrahirt fich die rechte Kammer nach je 6 Contractionen der Vorkammer einmal bis 3 u. 30 M. Die Vorkammer und obere Hohlvene contrahiren fich bis 4 U. 15 M. Lungen ziegelroth, blutreich. Darmkanal normal. Nieren baß. Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. 33. Verſuc. 21. Juli 65. 10 u. Borm. Hund. Gew. 23,75 Kilogr. 0,0275 Grm. Cantharidin-Magneſia in 6 CC. Aq. dest. Der Hund wurde an der Kette beobachtet. Im Laufe des Vor- mittags ſchlief er viel, zeigte beim Erwecktwerden jedoch keine Benom menheit. Unterleib bei Berührung ſchmerzhaft. Rſpr. 30. Kein Appetit: 22. Juli. Vormittags Benommenkeit, kein Appetit, Rſpr. 16. Nachmittags das vorgeworfene Fleich mit großer Bier, jedoch in it gender Stellung gefreſſen, da die Hinterbeine ben Dienſt verjagento Abends 8 u. gelingt es jedoch dem Kunde wieder, ſich aufzuriajtçı und, wenn auch unſicher, umherzugehen. 101 23. Juli. Morgens zum erſten Male feit der Injection Harn gelaſſen mit großer Anſtrengung. Der Harn iſt ſchwach ſauer, ent- fält "fein Eiweis, beträgt 570 ČC. Nach 8 St. hat ſich ein ſpärliches Sediment gebildet, in welchem ſich nur Tripelphosphate, keine Faſer- ſtoffcylinder nachweiſen laſſen. 24. Juli. Die ſeit geſtern bemerkten Anſchwellungen am Bauche, den Injectionsſtellen entſprechend, haben eine dunkelblaue Farbe angenommen und ſind von einem rothen Kreis ſcharf begrenzt. 26. fult. Beide Abſceſſe find aufgebrochen und haben eine reichliche Eitermenge entleert. Die Harnſecretion iſt in den letzten Tagen unbehindert von Statten gegangen. Seit dem 24. Juli ſind die, bisher flüſſigen, Darmleerungen von normaler Beſchaffenheit. Der Prüfung auf Cantharidin wurde der am 23. Juli gelaſſene Harn unterworfen. Mit gebrannter Magneſia eingedampft, mit überſchüſſiger Schwefelſäure behandelt, hinterließ er einen Nück- ſtand nach Verflüchtigung des Chloroforms, der ganz ohne Wirkung blieb. Kilogr. 0,05 Grm. Cantharidin - Natron in 1,5 CC. Aq. dest. Tod nach 2 St. 43 Min. 11 U. 15 M. Nípr. 52. Temperat. im Maſtdarm 389,4 C. 12 U. Rſpr. 44. Temper. in dem Maſtd. 390,8 C. Heftiges Erbrechen, flüſſiger Stuhl. 12 U. 15 M. Wiederholtes Erbrechen, ſchleimige Stühle ; geringer Geifer. 12 U. 20 M. Temp. in dem Maſtd. 38°,4 C. Rſpr. unre- gelmäßig, ſteigt mitunter auf 60. 12 U. 23 M. Hinterbeine beim Gehen unſicher. Schwacher Krampf der Extremitäten. 12 u. 25 M. Rſpr. 100. Wenig Geifer. 12 U. 30 M. Rſpr. 240. Temp. in dem Maſtd. 389,2. 12 U. 35 M. Rſpr. 176. Schwache Zudungen in den Nacken- ſtreckern. Av. 12 U. 45 M. Rſpr. 272. Temp. 370,6. Gleich darauf Opis thotonus, faſt eine volle Minute anhaltend, während deſſen die Reſp. unterdrückt iſt. Die Rſpr. hebt ſich allmälig unter ſchwachen Zuckungen er Muskeln des ganzen Körpers wieder bis auf 220 (um 12 Ü. 55 M.). : 12 U. 56 M. Opiſthotonus, Rſpr. unterdrückt, ſteigt darauf IS 12 U. 58 M. auf 164, worauf ſich von Neuem Opiſthotonus einſtellt. 1 1. Temp. 370,2. Ripr. 176. s. 1 u. 5 M. Rſpr. 208. Schwacher Opiſthotonus, Pupillen mäßig erweitert. . 1 U. 10 M. Aloniſcher Krampf der Muskeln des Rückens und der Ertremitäten, während deſſen die Ripr. unterdrückt iſt. Reb- atte ſteigt nach einigen Minuten auf 64, iſt ſchnarchend. 102 1 U. 15 M. Rſpr. 212 (bald darauf 144). Temp. 369,4. 1 U. 20 M. Schwacher Opiſthotonus, Rſpr. ſteigt almälig auf 180. 1 U. 30 M. Rſpr. 180. Temp. 35°,2.. : 1 U. 35 M. Rſpr. zuckend, von tiefen Seufzern unterbrochen, 32 in der M. 1 U. 38 M. Rſpr. 12. Temp. 34º,6 C. 1 U. 43 M. Reşte Inſpiration. Das aus den Jugularvenen aufgefangene Blut wurde zu Ver- ſuchen über die Ozon erregende Kraft des Blutes verwandt (conf. p. 65.). 35. Verſuch. 11. Jan. 66. 9 u. 45 M. Vorm. Kaße. Gew. 3,48 Kilogr. 0,1 Grm. Cantharidin - Natron in 3 CC. Aq. dest. Dod nach 1 St. 45 M. 10 u. 45 M. Npr. 68. Bittern des ganzen Körpers, Schwäche der Hinterbeine. Ein ſpärlicher, ſchleimiger Stuhl unter heftigem Drängen. 10 U. 55 M. Rſpr. 152. Gegen 4 CC. Þarn verſchüttet. 11 U. 10 M. Rſpr. 240, finkt nad vorausgegangenem Opi- ſthotonus auf 60, ſteigt dann allmälig. Bei dem geringſten in der Stube verurſachten Geräuſch tritt ein ſich raſch wiederholendes Blin- zeln ein, welchem Zudungen der Nackenſtrecker folgen. 11 U. 20 M. Rſpr. 260. Bei dem Verſuche aufzuſtehen fäſt die Maße unter Zuckungen zuſammen. 11 U. 25 M. Rſpr. 160, ſeufzend. Temp. in dem Maſto. 370,2 C. 11 U. 28 M. Rſpr. 4, ſchnarchend. 11 U. 30 M. Legte Inſpiration nach vorausgegangenem ſdhwachem Opiſthotonus. 11 U. 35 M. Spißenſtoß des Herzens 144; 11 U. 38--68. Xus den Jugularvenen wurden 120 CC. Blut gewonnen. Ueber die Prüfung von Blut, Leber, Nieren und Kirn auf Cantharidin fiehe oben p. 40. 36. Verſuch. 30. Decbr. 65. 9 u. 4 M. Vorm. Kater. Gew. 3,9 Kilogr. 0,2 Grm. Cantharidin - Natron in 3 CC. AQ. dest. Tod nach 1 St. 30 M. 9 U. 50 M. Rſpr. 34. Vermehrtes Speicheln. 10 U. 18 M. Rſpr. 240. Große Schwäche, Unvermögen aufzuſtehen. 10 U. 19 M. Heftiger Tetanuß, welcher ſich in den folgenden 15 M. 3 Male wiederholt, Nipr. während eines jeden Tetanus unters brückt, ſteigt darauf wieder bis auf 60 und 80. Die bereits nam? den erſten Anzeichen des eintretenden Tetanns vorgenommene un 103 formirung blieb erfolglos. Während des legten Tetanus eine geringe Menge Harn gelaſſen. 10 U. 34 M. Legte Inſpiration Aus den Jugularvenen wurden 60 CC. Blut aufgefangen und auf Santharidin geprüft. S. oben p. 39. d) Einſprißung in eine Jugularvene. 37. Verſuch. 5. Aug. 65. 9 U. 10 M. Vorm. Hündin. Gew. 20,8 Kilogr. 0,034 Grm. Cantharidin-Magneſia in 15 CC. Aq, dest. in die Vena jugular. externa sinistra. Tod nach 10 St. 50 M. An der Kette beobachtet. 11 U. 20 M. Heftiges Erbrechen, ſonſt ruhiges Verhalten. 12 U. Hündin winſelt viel, liegt beſtändig auf der Seite. Ein harter Stuhl. 1 U. Hündin liegt vollkommen benommen ba. Die Benom- menheit hält bis 8 U. Ab. an, wo die legte Inſpiration erfolgte. Die Rſpr. war zu keiner Zeit beſchleunigt, gewöhnlich 32 bis 40. Um 4 U. 45 M. erfolgte ein reichlicher flüſſiger Stuhl. Section 6. Aug. Vorm. 10 U. In dem Herzbeutel gegen 4 CC. klarer, ungefärbter Flüſſigkeit. Rechte Herzkammer und der Vor- hof von Dunkelem, flüſſigem Blut überfüllt. Der Herzmuskel iſt gleichmäßig ſchmukig-roth. Bei der mikroſkopiſchen Unterſuchung die Querſtreifung der Muskelbündel überau deutlich. In der linken Ju- gularvene flüſſiges Blut. Blutgehalt der Lungen mäßig; die vor- deren Partien der Lungen blaß, emphyſematös. Schleimh. des De- ophagus blaß. Schleimh. des Magens iſt durchweg, beſonders ſtark aber zum Pyloruś hin' injicirt; die in dem Magen vorhandene reichliche Menge Flüſſigkeit reagirt alkaliſch. Schleimh. des Dünn- Darme im oberen Theile ſtark geröthet. Weiter nach unten, ſowie im Diddarme ſchwächer geröthet. Leber schwarzbraun, Hlutarm; reichliche dunkelgrüne Salle. Nieren blutreich, aus der Papile nur Epithelſchläuche hervordrückbar. In der Harnblaſe gegen 6 CC. garn von ſchwach ſaurer Reaction, in welchem ſich keine Faſerſtoff- cylinder entdecken laſſen. Die Schleimh. der Vagina und Vulva bläulich-roth, lektere mit Blutigem Schleim bedeckt. 38. Verſuch. 26. Juli. 65. 11 u. 30 M. Vorm. Hund 33. Verſuch). 0,06 Grm. Cantharidin - Magneſia in 13 CC. AQ. destill. in die Vena jugular. externa sin. Dod nach 4 St. 20 M. Un der Kette beobachtet .. 12 U. 30 M. Zwei breiige Stühle. 15 CC. ſauren, eiweiß- haltigen Harnes. 12 u. 15 M. Heftiges Erbrechen, unter Drängen ein blutiger Stuhl. - - - - - - - - - 104 2 u. 15 M. Rſpr. 20. Ruhiger Schlaf ſeit 1 u. und bis 3 u. dauernd. 3 U. 35 M. Rſpr. 60, wird darauf unregelmäßig. Von 3 U. 38 M. bis 3 U. 40 M. drei ſtarke kloniſche Strämpfe des Rumpfes und der Extremitäten. Rſpr. ſeufzend. 3 U. 48 M. Mehrere ſchwächere Krämpfe der Extremitäten. Nípr. ſtockt während einer Minute. 3 U. 50 M. Regte Inſpiration. Section 5 U. Nachm. In der linken Fugularvene kein Ge- rinſel. In dem Herzbeutel gegen 3 CC. klarer Fluſſigkeit. Die Ober- fläche des Herzens hat ein geflecktes Ausſehen. Sie iſt von größe: ren und kleineren dunkelen, bräunlich=rothen Flecken beſeßt, denen ent- ſprechend die Muskelfubſtanz auf Einſchnitten gleichfalls dunkler gefärbt erſchien. Bei der mikroskopiſchen Unterſuchung des Herzens, welche auszuführen Prof. Böttcher die Freundlichkeit hatte, zeigte ſich, daß an den dunkel gefärbten Partien die Querſtreifung der Muskelfaſern verloren gegangen war und die Muskel- faſern aus feingranulirter Maſſe beſtanden. Die umgebenden, Heller gefärbten Muskelpartieen zeigten dagegen eine wohlerhaltene Querſtreifung. Lungen dunkel, blutreich, von zahlreichen erbſen- bis Haſelnußgroßen, ſchwarz = violetten, luftleeren Heerden durchſeßt. Die dunkele Leber zeigt bei der mikroskop. Unterſuchung keine krant- hafte Veränderung. Reichliche, goldgelbe Sale. Nieren weich, blutreich. Die Rindenſchicht zeigt bei der mikroskop. Unterſuchung eine ſtarke Injection der Capilaren. Aus der Nierenpapille nur Epithelſchläuche hervorbrückbar. Harnblaſe contrahirt, Schleimh. blaß. Im ganzen Darmkanal fand ſich keine krankhafte Veränderung. nußgroßen, en dunker, blutreicagegen eine wongekende IV. Verſuche mit dem Deftillate ans Canthariden. Beibringung dur di den Mag en. 39. Verſuch. 24. Auguſt 66. 4 U. 10 M. Nadm. Kater. Gew. 3,26 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 60 CC. Deſtillat aus 50 Grm. gepulv. Canthariden. Strangulirt nach 18 St. Das Deſtillat war am 17. Aug. in folgender Weiſe dargeſtellt worden. 50 Grm. gepulverter Santhariden wurden mit 60 DO Aq. dest. in den Deſtilirkolben gethan und im Paraffinbade der Deſtillation unterworfen. In dem Tubulus der Retorte war ein Thermometer befeſtigt, welcher mit der Queckſilberkugel beinahe pie zum Cantharidenpulver hinabreichte. 20 Minuten nachdem das Erhiten des Paraffins begonnen hatte, fing eine ſchwachs Jaure, opaliſirende Flüſſigkeit bei einer Temperatur von 70° C. an, in Vorlage überzugehen. Die Deſtillation wurde bei 90 bis 110% 31/2 Stunden lang fortgeſeßt. Das Deſtilat reagirte gegen 6 der Deſtillation ſtark alkaliſch und hatte einen ammoniakaliſchen 105 ruch. Es wurde in einer wohlverkorkten und verharzten Flaſche bis zur Verwendung aufbewahrt. Am 24. Auguſt (chwankte die Nſpr. des Maters an dem Vor- mittage zwiſchen 20 und 24. Die Temperatur in dem Maſtdarme betrug 10 u. Vorm. 390,8 C. Am Nachmittage war die Rſpr. 28, die Temperatur um 3 U. 390,4 C. Um 4 U. Nachm. wurde der Deſophagus bloßgelegt und das Deſtilat in den Magen hineingeſprißt. 4 U. 18 M. Klarer Speichel fließt tropfenweiſe aus dem Munde und der Halswunde. &in breiiger Stuhl. 4 U. 35 M. Geringe Quantität eines ſauren Harnes. Rſpr. 80, gleich darauf 36. 4. U. 50 M. Rſpr. 48. Temp. 380,0 C. Mater matt, be- nommen, ſchläft viel. 5 U. 30 M. Rſpr. 48. Temp. 389,4 C. Schläft beſtändig. 6 U. Rſpr. 48; Temp. 399,4 C. 6 U. 30 M. Npr. 32; Temp. 390,3 c. 7 U. Rſpr. 40; Temp. 389,8 C. do U. 30 M. Mfpr. 32; Temp. 390,8 C. 9 U. Rſpr. 40; Temp. 390,2 C. 10 U. Rſpr. 24; Temp. 400,0 C. Der Kater hat beſtändig geſchlafen; war während der Temperaturbeſtimmungen benommen. Um 10 U. 15 M. ein flüſſiger Stuhl; bald darauf Harn von ſaurer Reaction gelaſſen. 25. Aug. 9 U. Morg. Der Sater munter; während der Nacht kein Stuhl. Rſpr. 32; Temp. 400,6 C. . 10 u. 10 M. Strangulirt. Während des Strangulirens etwas ſaurer Harn gelaſſen, welcher kein Eiweiß enthält. Section 10 u. 30 M. Schleimhaut des Magens und Diddarmes blaß, die des Dünndarmes leicht geröthet. Sonſt nichts Bemerkenswerthes. 40. Verſuch. 3. Septbr. 66. 3 u. 35 M. Nachm.. Kate. Gew. 2,4 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 80 CC. Deſtilat aus 50 Grm. gepulv. Canth. Strangulirt nach 43 St. Das Deſtillat war in derſelben Weiſe wie das vorhergehende dargeſtellt worden. Es wurden jedoch zu den Santhariden 80 CC. 29. dest. und 10 Tropfen diluirfer Schwefelſäure hinzugeſeßt. Auch wurde die Deſtillation bereits nach 3/4 Stunden unterbrochen, ſobald mumlich die Reaction des Deſtillates eine ſchwach alkaliſche wurde. Dus zu den beiden erwähnten Verſuchen benußte Cantharidenpulver war, ſeit dem Mai 1865 im pharmaceutiſchen Inſtitut aufbewahrt werden, und zwar in einem Glazgefäß, welches mit einem ſchlecht jchließenden Deckel verſehen war. , Die Temper. in dem Maſtdarme betrug vor der Operation 380,4 C.; die Rſpr. 28. Das Deſtillat wurde an demſelben Tage, D. 3. Sept., an wel- 106 chem eß dargeſtellt worden war, um 3 U. 35 M. Nachmittags der Kaße beigebracht. Im Verlaufe der erſten Stunde geringes Speicheln, ruhiges Verhalten. 4 U. 35 M. Rſpr. 44. Temp. 389,4 C. Schwache Brechbea wegungen. 4 U. 45 M. Heftige Brechbewegungen, Gang unſicher. 5 u. 35 M. Ripr. 40. Temp. 380,4 C. Schwadhes Zittern des ganzen Körpers. Im weiteren Verlaufe des Abends traten keine Verändezungen ein. Die Benommenheit war geſchwunden, Brechbe- wegungen wurden nicht weiter bemerkt. Am 4. September waren keine Vergiftungserſcheinungen wahr- nehmbar. Am 5. Sptbr. 10 U. Morg. wurde die Kaße ſtrangulirt. Bei der Section zeigte ſich die Schleinih. des ganzen Darmrohres blaß, nicht geſchwelt. Sonſt nichts bemerkenswerthes. 41. Verſuch. 10. Septemb. 66. 4 U. 10 M. Nadım. Gew. 3,2 Kilogr. Ligat. des Defoph. 75 CC. Deſtillat aus 50 Grm. gepulv. Canthar. Tod nach 6 St. 20 M. Die zu dieſem Verſuche benugten Canthariden waren im Sommer 1866 in der Umgegend Heidelberg's geſammelt worden. 50 Grm. des Pulvers waren mit 75 CC. Aq. dest. der Deſtillation unter- worfen, und Yegtere zwei Stunden lang bei einer Temp. von 103° C. fortgeſeßt worden. Nach Ablauf dieſer Zeit nahm das Deſtillat eine neutrale Reaction an, nachdem dieſelbe vorher eine ſaure geweſen war. Die Nſpr. des Raters war vor der Operation 24 bis 30 in der Minute. 5 u. 40 M. Rſpr. 64. Geringe Quantität Speichel. Der Kater ſchläft mitunter. 6 U. 25 M. Rſpr. 52, unregelmäßig. Wiederholte heftige Brech- bewegungen. Der Kater ſchläft viel. 7 u. Rſpr. 76. Neid licher Geifer. Brech bewegungen. Gang unſicher. In liegender Stellung und unter ſichtbaren Anſtrengungen werden 15 CC. alkaliſchen, eiweißhaltigen Harnes gelaſſen. 8 U. Rſpr. 92. Gang (chwankend. Der Kater liegt größtentheils auf der Seite, wälzt fich fiel umher. Ein harter Stuhl. 8 U. 10 M. Nípr. 136, bald darauf 108. Temper. 350,4 C. Brechbewegungen. Nur geringe Benommenheit, der Gang iſt flajeres als zuvor. 8 U. 30 M. Nip. 88. Bredjbewegungen. Einige CC. altal ſchen Harnes verſchüttet. 8 U. 45 M. Rſpr. 92. 9 u. Npr. 84. 9 u. 10 M. N}pf. 64; Temp. 339,6 C.' 10 U. Nípr. 68. Temp. 339,2 C. Benommenheit. Im Det 1017 Yaufe der Yeßten Stunde hat ſich bedeutende Aufgetriebenheit des Un- terleibes eingeſtellt. 10 U. 30 M. Unter zunehmender Schwäche Yeßte Inſpiration. Section 11. Septemb. 9 U. Morg, Todtenſtarre, Pupillen erweitert. Unterleib ſtark aufgetrieben. Lungen ziegelroth, blutreich. Herz rechts mit flüſſigem Blute angefüllt, links leer. Leber blaß, wenig Galle. Magen ſo weit ausgedehnt, daß er mit der großen Curvatur beinahe bis zum Becken herabreicht. Dünn- und Did- barm find in das Becken hineingedrängt. Schleimh. des Magens ſtark geröthet, am intenſivſten am Fundus. Schleimh. des Dünn- darmes inſelförmig geröthet, mit farbloſem Schleime überzogen. Schleimh. des Dickdarmes ſchwach geröthet. Dickdarm mit breiigem Roth erfüllt. Die Mefenterialdrüſen ſind bis zu Bohnengröße angeſchwollen. Nieren äußerlich ſtark injicirt ; Rindenſchicht geiblich mit feiner Gefäfinjection; mikroſkopiſch unterſucht zeigt ſich eine ſtarke Anfüllung der Capillaren; in der dunkelbläulichen Markſubſtanz ſind bei mikroſkopiſcher Unterſuchung die Epithelzellen fein granulirt. Harns blaſe contrahirt, Schleimh. blaf. Schleimh. der Harnröhre blaß. Der um 7 U. Ab. am 10. Sept. gelaſſene Harn hatte am näch- ften Tage ein weißes Sediment abgeſeßt, in dem ſich außer zahlreichen Tripelphosphaten, Blut- und Eiterkörperchen, Faſerſtoffcylinder und zahlreiche Samenfäden fanden. 42. Verſuch. 4. Auguſt 65. 10 U. 30 M. Vorm. Kaķe. Gew. 2,24 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 60 CC. Deſtill at aus 60 Grm. gepulv. Canthar. Tod nach 6 Stunden. 11 U. Wiederholte heftige Brechbewegungen, reichlicher Geifer. 3 U. Nachm. Gang unſicher, flüſſiger Stuhl. 4 U. Benommenheit, Unvermögen aufzuſtehen. 4 U. 30 M. Legte Inſpiration. Section. 5. Aug. 11 U. Vorm. Pupillen weit. kungen zie- gelroth, blutreidi. Herz rechts ſtark angefült von bunkeiem, flüſſigem Blut. Leber tunkel, auf der Schnittfläche wenig Blut; in der Galen- blaſe viel dunkle Galle. Nieren blutreich. In der þarnblaſe wenige Tropfen trüben Harnes; Schleimh. blaaſ. Schleimh. des Defophagus blaß. Schleimh. des Magens mit Ausnahme der dem Pylorus und der Cardia gelegenen Partieen ſchwarzroth, ſtark gechwellt. Dünndarm mit blutigem Schleim erfült, Schleimh. mäßig geröthet. Dickdarm enthält viel breiigen Roth, Schleimh. Wlaß. 43. Verfuch. 4. Januar 66. 9 1. 30 M. Vorm. Kake. Gew. 3,6 Kilog. Ligat. des Deſoph. 50 CC. Deſtillat aus 50 Grm. gepulv. Canthar., 8 Grm. Nekkali und 60 CC. Aq. destill, Tod nad 46 Stunden. Die Deſtillation war im Chlorcalciumbabe bei einer Temperatur bon 110° C. ausgeführt worden. Das Deſtillat war klar, rengirte - - - - -- - - - - 108 ſtark alkaliſch und hatte nur in geringem Grade jenen ſpecifiſchen Ge- ruch, welcher ſonſt das Deſtillat aus Canthariden kennzeichnete. Im Verlauf der beiden Tage, an welchen die ſaße beobachtet wurde, wurden keine Vergiftungserſcheinungen wahrgenommen. Der ge- laſſene Harn war ſauer, eiweiſfrei. Tod um 71/2 Ü. Ab. am 6. Jan. Section: Schreimi). Des Defoph. dmubig roſa. Schleimh. Des Magens hat dieſelbe Farbe, nur findet ſich um die Cardia her- um ein 3 Linien breiter, ſcharlachrother Gürtel. Schleimhaut des Dünn- und Diddarmes blaß. 44. Verſuch. 7. Aug. 65. 9 u. 45 M. Vorm. Kater. Gew. 3,2 Kilogr. Ligat. des Deſoph. 90 CC. Deſtillat aus 150 Grm. gepulv. Canthar., 8 Grm. Netkali und 300 CC. Aq. dest. Stran- gulirt nach 48 Stunden. Während der nächſten zwei Tage keine Vergiftungserſcheinungen. Section. 9. Aug. 10 U. Vorm. Schleimh. des ganzen Darm- rohres blaß, nicht geldwellt. Im Diddarm reidlicher, knolliger Foth. In der Harnblaſe 15 CC. ſauren, eiweißhaltigen Harnes. 45. Verſuch. 5. Aug. 65. 9 lt. 30 M. Vorm. Kake. Gew. 2,6 Kilogr. Ligat. des Dejoph. 30 CC. Deſtillat. aus 60 Grm. gepulv. Canthar., 8 Grm. Acid. sulf. vil. und 60 CC. Aq. dest. Tod nach 6 St. 15 M. Es wurde zu dieſem Verſuch das Cantharidenpulver Benugt, aus welchem bei dem 42. Verſuch ſchon 60 CC. Deſtillat gewonnen worden waren. 12 U. Brech bewegungen, mehrere Breiige Stühle. 1 U. 30 M. Rſpr. 104, erſchwert. 3 U. Nachm. Rſpr. 200, jedoch nur ganz vorübergehend, Buk- kungen der Nackenſtrecker. 3 U. 30 M. Rſpr. 24, erſchwert. 3 U. 45 M. Lekte Inſpiration. Section 4 U. 45 M. Schleimh. D. Magens dunkelroth. Ma- geninhalt reagirt alkaliſd), Schleimh. des Dünndarmes ſtark ge- röthet, geſchmelt, mit blutigem Schleim bedeckt. Schleimhaut des Diddarmes blaß. Harnblaſe contrahirt ; Schleimh. blafi. 46. Verſuch. 13. Juli 65. 10 u. 10 M. Vorm. Kätden, 6 Wochen alt. Ligat. des Deſoph. 30 CC. Deſtillat aus 30 Grm. gepulv. Canth., 8 Grm. Magnes. ust. und 30 CC. Aq. dest. Nad 48 St. ftrangulirt. Aus den zu dieſem Verſuche benußten Canthariden war bereits 30 CC. Deſtilat gewonnen worden, darauf erſt wurde die gebrannte Magneſia hinzugefegt und nun in der Deſtillation fortgefahren. Das Deſtillat war klar, ſtark alkaliſch. Der Geruch des Deſtillates wat ſchwach. 109 Während der Beobachtungszeit keine Vergiftungserſcheinungen. Bei der Section nichts Bemerkeuswerthes. B. Verſuche an Vögeln. I. Derſuche mit gepnlverten Cantharider. Veibringung durch den Magen. 47. Verſuch. 6. Juli 65. 10 u. 30 M. Vorm. Huhu (Gallus gallor.). 1,2 Grm. gepulv. Canth. mit Extr. Liquir. in Form von 20 Pillen in den Oeſophagus gebracht. Es traten keine Störungen im Befinden des Huhnes bis zum 9. Juli ein. 24 St. nach Beibringung des Cantharidenpulvers fanden ſich zahlreiche Cantharidenpartikel in den Fäces. 48. Verfuch. 6. Aug. 65. 10 U. 10 M. Vorm. Taube (Columba livia). 1,36 Grm. gepulv. Canth. mit Extr. Liquir. in Form von 24 Pillen in den Defophagus gebracht. Laparatomie. Rectum unterbunden. Um 12 U. ſtellte ſich Erbrechen ein, durch welches erſt Drei, dann 7 Pillen, endlich eine reichliche Menge Schleim mit Cantha- ridenpartifein aus dem Magen heraus befördert wurden. An dieſem und dem nächſten Tage keine weiteren Vergiftungserſcheinungen. Am 8. Aug. Morg. kam die Taube abhanden. 49. Verſuch. 4. Aug. 65. 10 U. 20 M. Vorm. Seeadler (Haliaëtus albicilla). 2,5 Grm, mit Extr. Liquir. in den Deſoph. gebracht. 11 U. Die ganze Pillenmaſſe wird ausgebrochen. Durch häufig fich wiederholendes Erbrechen wird eine reichliche; zähe, gallig gefärbte Flüſſigkeit Herausbefördert. 3 U. Nachm. Großer Durſt; lebhafter Appetit. 50. Verfuch. 6. Aug. 65. 10 u. 40 M. Vorm. Ente (Anas domestica). 3,7 Grm. gepulv. Canth. mit Extr. Liquir. in den Deſoph. gebracht. I, 3 U. Nachm. In den Fäces geringe Menge Cantharidinpar- tikel. Befinden nicht geſtört. 4 U. Reichliche, ſchleimige farbloſe Fäces, welche eine große lenge Cantharidinpartikel und einige Tänien enthalten. Am 7. Auguſt wurde der Verſuch um 11 U. Borm. an der- felben Ente mit anderen 3,7 Grm. gepulv. Canthariden wiederholt. 11 U. 30 M. Unter heftigem Erbrechen wird die ganze Pil- Jenmaſſe heraus befördert. Darauf ſtarker Durſt. Bis zum 9. Aug. 110 trat keine weitere Störung in dem Befinden ein. Der Appetit wäh- rend dieſer Zeit war ſehr lebhaft. Am 9. Aug. entwiſchte die Entc. 51. Verſuch. 10. Juli 65. 10 U. 55 M. Vorm. Huhn (vom 47. Verſ.). 7,4 Grm. gepulverten Canthar. durch mehrmaliges Stochen mit Aq. dest. erſchöpft, das Decoct eingedampft und mit Extr. Liquir. in der Deſophagus gebracht. Im Laufe dieſes Tages, ſowie des 11. u. 12. Aug. keine Störung. II. Verſuche mit Cantharidiu. Beibringung dnr di den Mag en. 52. Verſuch. 12. Juli 65. 10 u. 15 M. Vorm. Huhn (vom 47. Verf.). 0,016 Grm. Cantharidin mit Extr. Liquir. bei- gebracht. Bis zum 19. Juli keine Störung des Befindens. 53. Verſuch. 6. Aug. 65. 10 u. Vorm. Taube (Columba livia). 0,016 Grm. Cantharidin mit Extr. Liquir. Tod nach 7 St. 20 Min. 11 U. 45 M. Unter Heftigem Erbrechen wird die Pille wieder ausgebrochentachm. Nachdemter Bemühungen, ligteit hervor. A bei Rin. 10 M. meiner grünen dem Nacte 4 U. Nachm. Nachdem die Taube ſeit einer Stunde benommen dageſtanden hat, fällt ſie unter Bemühungen, ſich aufrecht zu erhalten, um. Aus dem Schnabel quilt eine gelbliche Flüſſigkeit hervor. Rſpr. 60. 5 U. 55 M. Zudungen in dem Nacken und den Ertremitäten. Reichliches Erbrechen einer grünen, zähen Flüſſigkeit. 5 U. 10 M. Wiederholte Krämpfe. Bei weit geöffnetem Sdna- Bel Rſpr. 24, ſehr erſchwert. 5 U. 20 M. Letzte Inſpiration. Section 7. Aug. 11 U. Vorm. Schleimh. des Kropfes ſchmutig- gelb imbibirt. Im Muskelmagen gallig gefärbte Flüſſigkeit. 54. Verſuch. 29. Juli 65. 6. U. Nachm. Wieſenweih (Circus circaëtus). 0,03 Grm. Cantharidin mit Extr. Liquir. Tod nach 48 St. Der Wieſenweih war eine Woche, vordem der Verſuch mit ihm angeſtellt wurde, fluglahm geſchoſſen und ſeit dieſer Zeit im rajts gehalten worden. Nadidem der Appetit am 29. Juli ein Yebhafter geweſen war, ichwand er am 30. polſtändig. Der Weih war matt. Am 31. Jul gegen 6 U. Abends erfolgte der Tod unter zunehmender Schwacije. Section Tags darauf. Schleimhaut des Darmrohres nors mal. Traumatiſche Verlegung der Bruſt- oder Unterleibsorgane nicht nachweisbar. 111 III. Berſude mit den Verbinduugen des Cantharidins mit Baren. a) Beibringung durch den M a g en. 55. Verſuch. 4. Sept. 65. 11 u. Borm. Huhn. 0,016 Grm. Cantharidin in Aetkali gelöſt, neutraliſirt und mit Extr. Li- quir. beigebracht. Laparatomie. Unterbindung des Rectums. Reine Vergiftungserſcheinungen. Nachm. 3 u. decapitirt. Bei der Section nichts Pathologiſches nachweisbar. Von Bruſt und Beinen wurden 223 Grm. Muskelfleiſch abgetragen und (mit Alko- hol, Schwefelſäure und Chloroform) auf Santharidin geprüft. Der gewonnene Rückſtand zog in 18 Št. auf meiner Bruſt eine Blaſe von der Größe des mit der öligen Löſung befeuchteten Charpieläppchens. : 56. Verſuch. 14. Aug. 65. 2 U. Nachm. Hahn. 0,03 Grm. Cantharidin in Aeßkali gelöſt, neutraliſirt, mit Extr. Liquir. beigebracht. Nach 26 St. decapitirt. Steine Vergiftungserſcheinungen; nichts Pathologiſches bei der Section. Auf Cantharidin wie beim 55. Verſuch 380 Grm. Muskelfleiſch geprüft. Der Auszug wirkungslos. Dagegen rief der aus dem Darm durch Dialyſe gewonnene Rückſtand in 8 St. auf meiner Bruſt eine große Blaſe hervor. 57. Verſuch. 16. Octbr. 65. 3 U. Nachm. Huhn. 0,03 Grm. Cantharidin in Aeşkali wie beim vorhergehenden Verſuch. Laparatomie. Rectum unterbunden. Unter einer Glasglode beob- achtet. Xuf Cantharidin wurden geprüft: 1. Aus den Venae jugular. 60 CC. Blut aufgefangen, welche unter Behandlung mit Aebkalt auf Cantharidin unterſucht wurden. Der Rückſtand des Chloroformauszuges rief in 24 Stunden nur eine dwache Röthung und geringe Schmerzen hervor. 2. 589 Grm. Muskelfleiſch mit angeſäuertem Alkohol und Chloroformn behandelt. Rückſtand ohne Wirkung. 3. Der in 24 St. abgeſonderte Barn wurde mit Aq. dest. angefeuchtet der Dialyſe während 24 Št. unterworfen. Rüdſtand in 24 St. auf meiner Bruſt ganz ohne Wirkung. 4. Darminhalt der Dialyſe unterworfen. In 8 St. rief der Rückſtand eine große Blaſe auf meiner Bruſt hervor. 58. Verfuch. 22. Juli 65. 10 u. Vorm. Huhn (vom 47. Berf.) 0,03 Grm. Cantharidin in Aeşkali gelöſt mit Extr. Liquir. beigebracht. Laparatomie, Unterbindung des Darmes ober: galb der Einmündung der Uretheren in denſelben. Nach 24 St. decapitirt. 112 Der Hahn wurde, nachdem ihm die Füße und Federn ſorgfältig gereinigt waren, in einer Porcellanſdale beobachtet, welche mit einer Glasglocke bedeckt war. Die am 22., 23. und 24. Juli aufgefangenen Harnmengen wurden geſondert auf Cantharidin unterſucht. Der Rückſtand des Chloroformauszuges hinterließ nach Behandlung mit Schwefel- kohlenſtoff weiße Kryſtalle, von welchem ein Theil in Del gelöſt in 3 bis 5 St. biaſenziehend wirkte. Das aus dem Harne vom 22. Juli ge- wonnene Cantharidin wurde durch Kochen mit Magneſia in Waſſer gelöſt. Auf Zuſaß von ſchwefelſaurem Kupferoxyde fchieden ſich grüne Kryſtalle aus, weldje ſich wieder in verdünnter Schwefelſäure löſten. Bei der am 25. Juli vorgenommenen Section zeigte ſich der ganze Darmtractus normal bis auf einen erbſengroßen Subſtanz- verluſt in der Schleimhaut des Kopfes, der einen gerötheten Grund und ein wenig gewulſtete Nänder hatte. 59. Verfuch. 3. Auguſt 65. 8 U. 30 M. Vorm. See- adler (49. Verſ.). 0,37 Grm. Cantharidin-Natron mit Extr. Liquir. als Pille. Um 10 U. wurde die Pille nebſt reichlicher, gelblicher Flüſſig- keit aus dem Magen durch Erbredien herausbefördert. Die Schleim- haut des harten Gaumens und der Zunge war geröthet, an mehreren Stellen des Epithels beraubt. مع ععععععه b) Injection in da& Unterha utjellgewebe. 60. Verſuch. 19. Juli 65. 10 U. Vorm. Huhn (vom 47. Verf.). 0,0011 Grm. Cantharidin-Magneſia in 45 CC. Aq. dest. Da bis Nachmittag keine Wirkung eingetreten war, ſo wurden um 4 U. 50 M. 0,0045 Grm. Cantharidin-Magneſia in 2 CC. Aq. dest. gelöſt injicirt. Da auch jeßt weder an der Injectionsſtelle eine Reaction eingetreten, noch ſich Vergiftungserſcheinungen geltend mach- ten, ſo wurden am 21. Juli 10 U. M. 0,01 Grm. Cantharidin-Magneſia in 4,8 CC. Aq. dest. gelöſt injicirt. Kein Erfolg. Am 25. Sult das Huln decapirt. Es fand ſich keine Reaction an der Injectionsſtelle. c) Injection in eine Jugula rvene. 61. Verſuch. . 5. Aug. 65. 10 Borm. Seeadler (vom 49. Vert.). 0,083 Grm. Cantharidin - Magneſia in 10 CC. Aq. dest. gelöſt in die Vena jugularis externa sin. injicirt. Nachdem die Hautwunde ſorgfältig geſchloſſen worden war, trat um 11 U. 35 M. reichliches Erbrechen einer dunkelgrünen Flüſſigkeit ein. In den nächſten 14 Tagen war der Appetit idywach, ſonſt keine Störung bemerkbar. Aber aus der Appetit verbeſſerte ſich, nach dem der Adler in den leßten Tagen des Auguſt in einen im Freien bez findlichen fäfig gebracht worden war. Anfang September brad, ein Abſceß am Edenbogengelenke des linken Flügeis auf. 113 Am 12. October wurde der Adler durch Netherinhalation ge- tödtet. Die Vena jugul. sin. war von der ligatur zum Herzen zu in der Ausdehnung eines Zolles obliterirt. Ám Edenbogengelenke fand ſich eine adhärirende Narbe. In den Organen der Bruſt- und Bauchhöhle keine krankhafte Veränderung. Reichliche Ablagerung von Fett im Meſenterium. 62. Verſuch. 25. Juli 65. 11 U. 30 M. Vorm. Hahn. 0,004 Grm. Cantharidin - Magneſia in 1,8 CC. Aq. dest. in die Vena jugularis externa sin. injicirt. Bis zum 27. Juli keine toriſche Wirkung. 63. Verſuch. 9. Auguſt 65. 10 U. 30 M. Vorm. Hahn. 0,023 Grm. Cantharidin - Magneſia in 10 CC. Aq, dest. in die Vena jugularis externa sin. injicirt. Am 13. Auguſt war die durch mehrere Nähte geſchloſſene Haut=' wunde am Halſe verheilt. Am 3. November fand ſich beim Deca- pitiren des Hahnes, Daß ſich ein Abſceß zwiſchen Haut und Musku- latur, von dem Nacken bis zur Mitte des Rückens herabreichend, ge= bildet hatte. Der Kropf war durch Narbenſtränge zur linken Seite des Halſes hin verſchoben. · C. Verſuche ait Amphibien. I. Perſuche mit gepulverten Canthariden. Beibringung des Gifted dur d den Magen. 64. Verſuch. 4. Juli 65. 9 U. Borm. Vier Fröſche (rana temporaria) erhielten in folgender Weiſe Cantharidenpulver. Dem erſten Froſche wurden 0,06, dem zweiten 0,12, dem dritten 0,18 und dem vierten 0,24 Grm. mit Extr. Liquir. in Pillenform hinter die Zungenſpige gebracht. Es trat weder eine Veränderung der Pupillen, noch der Reſpi- ration ein. Das Waſſer in dem Glasgefäße, in welchem die Fröſche Deobachtet wurden, enthielt beim täglichen Wechſeln jedes Mal eine reichliche Menge Cantharidenpartikel. 65. Verſuch. 16. Juli 65. 10 U. Vorm. von drei Fröſchen erhielt ein jeder eine Pille, 0,24 Grm. gepulverter Canthariden enthaltend hinter die Zungenſpiße geſchoben. Am 18. Juli wurde thnen dieſelbe Doſis von Neuem beigebracht. Bis zum 20. Juli teine krankhafte Erſcheinung. trat men pige gebote Grm. ine Beränderlglasgefäße wechſeln 10 Ber i ch tigu n g e n. Pag. 7 8. 10 v. 0. lieø: „bliebt ſt. blieb blieb. , 8, 14 6. 11. , ,defectis ſt. deffecti. 5 14 , 14 6. II. » ,,veſte grünes ſt. weiße grüne. , 22 , 7 b. 0. , au8 Alfalicarbonaten macht e8 bereits in der Mitte fohlenjäure frei. Durch Mineralſäuren wird es auf den gelvorinenen Verbindungen in kryſtalliniſcher Form ailgo geſthiedeii. - ſt. aus denen es bereito x. - - bið: a118 geſchieden wird. , 30 , 17 8. D. , ,(6. Berſ.)“ ſt. (1. Verſ.) , 37, 4 b. i. in Waſſer gelöſt“ zu ſtreichen. 52 , 1 . 0. 9 eingreifender“ ſt. eingeifender. . I a belle I. P r o 1 en . 24 $ t u in den G r a mme. - - Nr. des Verfuches. Datum des Ta- ges, an welchem uallyjaf u.vğing wurde. Harnmenge von 24 Stunden in CC. Reaction des Harnes. Specifiſches Gewicht. Farbe des Harnes. Canther'vin . Cantharidin. Albumin. Harnſtoff. Harnſäure. Hippurſäure. Kreatinin. Schwefelſäure. Phosphorſäure in summa. Phosphorſäure an Alkalien geb. Chlornatrium. Albumin. Harnſtoff. Harnſäure. Hippurſäure. Kreatinin. Schwefelſäure. Phosphorſäure in summa. Phosphorſäure an Alkalien geb. Chlornatrium. Nummer. 2,5960 0,6189 0,7811 MM 7-8. 675 , 8-9. 590 , 9–10. 1200 985 -.- 2,08 . 0,3846 0,0917 0,1883 0,1338 0,0887 0,0712 0,1388 0,1608 | 0,07412) 0,1035 0,0675 0,1129 0,8013 - A 825 0,3622 0,4200 0,2507 0,3419 0,3057 0,1513 0,2832 0,2589 0.3216 5,8608 . 1,2710 2,4448 | 1,9170 6,3272 0,7894 | 2,4780 1,8093 6,2799 1,0644 3,0084 2,4588 6,0792 1,3671 3,3617 2,7472 8,1873 1,3266 2,5220 2,0319 7,4217 1,5525 2,2695 1,6905 9,6060 0,9596 2,4072 2,0840 2,4378 1,3783 1,3783 1,5384 | 4,6970 1,3758 2,2190 1,6528 4,2035 . A 12-13. Stark Nothgelb. Sed. ſauer. 1,0299 Harnſäure. Rein. Hein. 1,721) 0,1776 Rothgelb. Sed. aus 1,0298 Harnf. u.Kalforalat. ſein. 0,1604 Gelb. Sed. aus 1,0199 Harnſ. Nein. 0,0829 Sauer. 1,0236 Kein. 0,1688 Mothgelb. Sed. aus Unents 1,0235 Harnſ. n. Blaſenepith: Kein. Iſchieden. 0,1220 Gelb. Seð. aus | Nach Deuti. nach- 1,0150 Barnſ. weisbar. wcisbar. 1,88 0,2100 Roth. Sed. aus viel 1,0166 Blutförperchen. Canthar. 0,600 2,14 0,1783 Nothgelb. Seb. aus Deuti. nach- 1,0196 Harní 11. Blutförperch. Spur. | weißbar.' | 2,52 0,2110 Nothgelb. Seb. 1,0237 aus þarnſ. I Kein. Spuren. 2,88 0,1357 Gelb. Sed. aus 1,0174 Harnſ. Schwach Rothgelb. Sed. 1,0209 Laus Harnſ. Nein. 2,83 0,1148 Nothgelb. Sed. 1,0179 aus Harnſ. 2,92 Geló. Šed. aus 1,0192 Harnſ. 1500 R 0,2840 0,9384 Rein 11,610 1,1988 0,3126 1,0644 17,11 0,9463 0,2049 0,5066 24,96 0,9948 0,2586 0,8312 20,882 1,6627 Unent- 0,2463 0,8996 | 20,8725 1,0065 Deutſ, nach 0,1127 0,6404 28,20 3,1500 0,2452 0,2868 5,100 18,190 1,5155 Deutl. nach: 0,1998 | 0,6100 weißbar.' | 19,404 1,6247 0,2394 0,6092 Spuren. 25,872 0,9363 24,495 Rein. 13,1595 0,5338 22,484 | 22,6440 850 1,1115 0,5737 A 1 14–15. 17170 - , 15—16. 690 - 0,0523 0,1994 0,3608 ! 17–18. 870 2,85 .. 465 1770 11 3.06 I LILIT 0,5992 1,2027 3,9323 | 1,9143 Tabelle I 0,0140 0,0281 0,0919 0,0494 | 0,0129 0,0244 0,0903 0,0423 0,0468 0,1378 0,0149 0,0475 0,1382 0,0385 0,4519 0,8662 3,2056 1,5016 Kein. 0,7180 0,0149 1 0,7728 0,0180 0,8248 0,0224 1 0,7312 0,0242 0,7104 - , 0,8144 0,0525 0,9874 0,2397 ..... 2,9076 3,6071 2610 0,3889 Schwach 1 I. Sept. 28~-29. 1. ſauer. 1,0145 Trübe, hellgelb. Kein 29–30. 3550 Sauer. | 1,0142 Schwach -1. 2110 ſauer. 1,0157 Rothgelb. I. Oct. 1-2. 1,0173 3500 1,0165 Gelb und 1,0170 etwas trübe. 1,0178 Näch- 2300 Sauer. | 1,0187 weisbar. 2340 : | 1,0164 | Gelb braun klar. / Stein. 2300 1,0174 1,0048 - ། 3600 1,4320 2850 30,7304 0,6373 27,4344 0,6390 17,4032 0,4726 19,0843 0,6316 24,8140 29,3184 1,8900 Spuren. 40,0710 0,3036 31,0960 | 1,0672 0,2152 33,7376 0,4095 0,3496 27,4712 0,3320 Spuren. 24,8598 24,4112 0,4194 0,0120 0,0400 0,0492 0,0515 0,0225 | 0,0510 0,0511 0,0208 0,0502 0,0132 1,3520 0,0464 0,0092 1,3952 0,0175 0,0152 1,1944 0,0140 34,9734 0,0956 0,1159 0,1156 0,0499 1,3858 0,13020,1028 | 1,0060 0,1357 0,0776 0,1250 0,0782 !!!!!!!!!!!!!! 1,4400 1,4022 1,1845 1,1934 1,1753 1,0542 0,5359 0,5265 -0,5658 0,4284 3,4416 3,3031 2,6588 1,1477 3,0467 | 2,4055 3,1211 1,7848 2,6250 1,6422 23,5304 Schwady 100 1,0164 1,0168 Hellgelb. ſauer. 9–10. 2200 , 10–11. 2400 1,0161 , 11–12. 2060 1,0156 , 124-13. / 2500 Neutrar. 1,0148 ::::. I 26,3760 1,1096 - i 1,0990 - 0,7936 0,0150 I Rein. 10,8872 .- 1,3623 0,3090 28,0633 XIV. Í " 16,3481 | Rein. 22,1800 - ----------- -- 1) Harn ſchon etwas zerſeßt. - 2) Das Streatininchlorzint war bei dieſer und der Beſtimmung des nächſten Tages nicht ſo deutlich kryſtaliniſch als ſonſt und völlig ungefärbt. T: Veber Nachweis und Wirkung des Cytisins. Inaugural-Dissertation zur Erla n gung des Grades eines Doctors der Medicin verfasst und mit Genehmigung Liner Hochverordneten Medicinischen Facultät der Kaiserlichen Universität zu Dorpat zur öffentlichen Vertheidigung bestimmt · von Raphael Radziwillowicz. - - - Ordentliche Opponenten: Prof. Dr. E. Kraepelin. - Prof. Dr. F. Schultze. – Prof. Dr. R. Kobert. - . - - . . . . . . - Dorpat. Druck von C Mattiesen. 1887. - - - - - - - Gedruckt mit Genehmigung der medicinischen Facultät. Referent: Prof. Dr. R. Kobert. Dorpat, den 23. November 1887. Nr. 401. Decan: Raehlmann. - 5 - - ^-^.^ ^ Zur feierlichen ******** non ha DOCTOR - PROMOTION des Herrn Raphael Radziwillowicz welche Mittwoch, den 2. December 1887, Mittags 12 Uhr im grossen Hörsaale der Kaiserlichen Universität stattfinden wird, laden ergebenst ein Decan und Mitglieder Dorpat, der medicinischen Facultät. im November 1887. VirvvWW. WMV, ..WW.Vy - ...- vi-virry Y ... . . . Beim Scheiden von hiesiger Hochschule ergreife ich mit Freuden die Gelegenheit, allen meinen hoch- verehrten Lehrern für die vielfache Belehrung und Anregung hiermit meinen besten Dank auszusprechen. Insbesondere gilt derselbe Herrn Prof. R. K obert, welchem ich das vorliegende Thema verdanke, für die liebenswürdige Förderung und Unterstützung durch Rath und That. —- —.— — — — — —. — .. Meiner Mutter. Motto: Un remède experimenté vaut mieux qu’un nouveau inventé. Ambr. Paré. mumis Unter Cytisus verstehen wir eine von Linné aufgestellte artenreiche Pflanzengattung, welche zur Fa- milie der Papilionaceen gehört. Die Alten kannten mehrere Cytisusspecies und wen- : deten sie sogar schon medicinisch an, ohne sie jedoch mit dem jetzt üblichen Namen zu bezeichnen. Theophrast?) erwähnt eine Pflanze, die er auch einigermassen botanisch beschreibt, unter dem Namen „Xoloutéa“, welche häufig für unseren Blasenstrauch (Co- litea arborescens) erklärt worden ist, aber Paulet und nach ihm Strumpf 2) halten es für kaum zweifelhaft, dass darunter Cytisus Laburnum zu verstehen ist. Ferner widmet Dioscorides 3) dem Cytisus lani- VIU U 1) Theophrasti Eresii quae supersunt opera et excerpta quatuor tomis comprehensa explicare conatus est Gottlob Schneider Lipsiae 1818 T. III Cap. 17. 2) F. L. Strumpf. Systematisches Handbuch der Arzneimittel- lehre, Bd. II. Berlin 1855 pg. 190. 3) Medicorum Graecorum opera quae exstant Editio Kuehnia na Vol. XXV continens Pedanii Dioscoridis Ana za r bei de materia medica libri V Commentario illustr. Curtius Sprengel l. I cap. XIX p. 36. gerus Decand. welchen er ionálatos 4) nennt, ein ganzes Kapitel; unter anderem sagt er darin „diese Pflanze hat eine erwärmende Wirkung und ist deswegen zur Be- handlung fressender Geschwüre geeignet. Plinius 5), der, nebenbei bemerkt, beinahe wört- lich das von Dioscorides Gesagte wiederholt, setzt noch hinzu, dass der Aspalathos hässliche Mundgeschwüre und Ozaener heilt, und dass ausserdem sein Aufguss stopfend wirkt.“ . Galen) hebt besonders die „austrocknende“ Eigen- schaft des Aspalathos hervor, worunter er wahrscheinlich das Vermögen die Secretion und Excretion anzuregen und die dadurch bedingte Wasserverarmung des Körpers versteht. Er sagt „auf beiden Wegen trocknet es aus und kühlt;. deswegen ist er bei faulen Geschwüre und Schwellung anzuwenden.“ Alexander von Tralles ) wollte in einer complicirten Arznei, welche neben Honig, Rosinen, Sa- fran etc. auch donalúdos 3 Drachmen enthielt ein vorzüg- liches Mittel gegen die kalte Dyskrasie der Leber, ge- funden haben. STT C1 4) Für Deutung des Aspalathos als Cytisus lanigerus Decandolle tritt Sprengel (ibid. pg. 359) entschieden ein; L. H a hn (Dic- . tionaire encyclopedique des sciences medicalés, herausg. von A. Dech am - bre. Paris 1880 pg. 272) bezweifelt es, ohne jedoch Gründe für diesen Zweifel beizubringen. Ich schliesse mich ganz der Deutung von Sprena gel an. 5) Plinii Secundi Naturalis Historiae libri XXXVII, lib. XII c. 52. Editio Tauchnitz. 6) Claudii Galeni opera omnia t. XI p. 840. Edito K ueb- ni a na. 7) Alexander von Tralles, Original, Text und Veber- setzung nebst einer einleitenden Abhandlung. Ein Beitrag zur Geschichte der Medicin von T, Pusch ma nn. Bd. Il pg. 411. Wien 1879. - - - - - . Dem Namen xútiOOS") begegnen wir in der medici- nischen Litteratur zuerst in den Schriften von Paulus von Aegina'), wo es heisst „die Blätter von xútiOOS haben eine leicht zertheilende (entzündungswidrige) und feuchte Natur, ähnlich wie diejenige der Melone“. Von nicht medicinischen Autoren erwähnt bereits Teo- crit 10), dass die Schäfer ihre Ziegen mit xúrioos füttern. Es ist jedoch dieser Kytisos mit unserm jetzigen Cytisus ebenfalls nicht identisch, sondern wie bei Paulus von Aegina Medica go arborea. Die obigen Angaben sind zwar nicht die einzigen der antiken Schriftsteller über Cytisus, aber doch die wich- tigsten. Sie zeigen dass die Alten ohne Frage von der An- wesenheit eines activen Principes in der genannten Cytisus- species vielleicht eine, wenn auch unklare Vorstellung hatten. . Erst seit dem Ende des XVI. Jahrhundert, seitdem *inan verschiedene Cytisusarten, hauptsächlich den Cyti- sus Laburnum L., d. h. unsern Gold regen 11), als Schmuck- und Zierpflanze in den Gärten Süd- und Mitteleuropas zu cultiviren begann, wurden auch die gif- tigen Eigenschaften desselben von Neuem, bei Gelegen- heit zufälliger Vergiftungen festgestellt und auch die therapeutische Verwerthung geprüft. Der erste Vergif- 8) Nach Wittstein, Ethymologisch-botanisches Handwörterbuch, 11. Aufl. Erlangen 1856 p. 258, ist der Kytisos der Alten nicht unser Cy- tisus, sondern die zu derselben Familie gehörige Medicago arborea. 9) The Seven Bookes of Paulus Aegineta translated from the Greek by Francis Adams. Sydenham Edition Vol. III pg. 206 London 1847. 10) Theokrit's Idyllen ausg. von H. Fritsche 5. 128. 10, 31. 11) Die Franzosen nennen diesen Baum aubours oder faux ebénier, die Engländer base tree. Das lateinische Wort Laburnum soll aus alburnum = Splint entstanden sein. tungsfall '2) ist aus England notirt; später sind auch in. Frankreich, besonders zahlreich aber in Deutschland mehrere solche Fälle vorgekommen. So bekam der Goldregen als Heilmittel allmählich eine ausgedehnte: und vielseitige Anwendung; er wurde gegen Cephalalgien, Hämorrhagien, Blenorrhagien, Anginen . u. s. w. ange- wandt. Diese Anwendung war natürlicher Weise eine rein empirische, da keine wissenschaftliche Untersuch- ungen über die physiologische Wirkung auf den thie- rischen Organismus vorlagen; aber sie war doch nicht ganz unrichtig, denn wir werden unten sehen, dass ge- wisse Formen von Cephalagie noch jetzt damit behandelt werden können. Meines Wissens ist Th. Scott Gra y 13) der erste gewesen, der im Jahre 1862 Cytisus einer eingehenden pharmacologischen Untersuchung unterzog. Er vergifteté Katzen, Kaninchen, Hunde, Frösche mit einem Decoct aus Cytisus Laburnum und ging damit so, weit, dass er selbst Menschen die Drogue experimenti causa gab. Die Resultate, zu denen er gelangte, resumirt er folgendermassen: Auf welchem Wege auch immer Cytisus in den Organismus eingeführt wird, das Wirksame daraus gelangt ins Blut und wirkt einerseits direct auf die Nervencentra, hauptsächlich auf das Respirationscen- . trum, anderseits stört es die Umbildung des venösen Blu- tes in das arterielle und beeinträchtigt auf diese Weise die schon durch das Gift direct stark mitgenommenen - - 12) Das sub Nr. 4 citirte „Dictionaire“ berichtet dies. 13) Th. Scott Gray, an inquiry into the chemistry and proper- . ties of the Cytisus Laburnum. Edinb. Med. Journal 1862 t. VII pg. 908 und 1025; mir nicht im Original, sondern nur in einem Referate zugängig ; cf. Fussnote 4. - - . -. .' . - -. eri 1 11 Centra und führt schliesslich zum Tode durch Lähmung der Respirationsmusculatur. Das Herz schlägt noch nach dem Tode ; bei der Section findet man das rechte Herz dilatirt, voll von schwarzem Blute, den linken Ventrikel contrahirt. In den Organen keine Spur von Entzündung. systems des Pulses und der Respiration, Schläfrigkeit und Torpor eintreten. Drei Jahre nach der Publication der Scott'schen · Arbeit, gelang es Huse mann und Marm é 14) den all- einig wirksamen Stoff aus Cytisus Laburnum in Gestalt eines Alkaloides Cytisin genannt, zu isoliren; die Ver- suche, welche sie mit diesem Alkaloid angestellt haben, führten zu folgenden Resultaten 15). Ueber die pri- märe Todesursache der mit Cytisin vergifteten Thiere :: stimmen sie mit Scott überein; sie besteht in einer Lähmung des Respirationscentrums mit terminalen Kräm- pfen oder ohne dieselben. Bezüglich der Einwirkung auf das Herz stellen sie sich schroff Scott gegenüber. Sie behaupten dass die Herzganglien, ebenso die im Sympa- ticus und Halsmark verlaufenden Beschleunigungsfasern gelähmt werden. Ausserdem bedingt nach ihnen Cytisin eine Erregung des vasomotorischen Nervensystems und dadurch eine allgemeine Blutdrucksteigerung, ferner eine . 14) A. Huse mann und W. Mar mé; Zeitschrift für Chemie 1865 Pg. 161. 15) A. Huse mann über Cytisin Jahrb. der Pharmacie 31. 1. Nel, in Zeitschr, für Chemie 1869. W. Mar mé, Göttingener gelehrte Nach- richten 1871, Nr. 24. 14 und 15 ref. in dem Buche , die Pflanzenstoffe“ von Th, und A, Husemann und A, Hilger II. Auflage Bd. II 1027. berlin 1884. · Trotz allen meinen Bemühungen konnte ich nicht die beiden Originalarbeiten bekommen, da sie in Dorpat nicht vorhanden sind. 12 anfängliche vorübergehende Erregung mit consecutiver Lähmung des Rückenmarks und der peripheren Nerven, endlich (wenigstens bei Ziegen constant) Diurese, Er- brechen, Salivation und gesteigerte Peristaltik. So stand die Frage über die Wirkungsweise des Cytisins auf den thierischen Organismus, als ich auf Pro- fessor Kobert's Veranlassung, der durch E. Merck das Präparat zum Zwecke therapeutischer Verwerthung hatte in den Handel bringen lassen, im pharmakologischen Institute zu Dorpat meine Arbeit begann. Der Mühe des Selbstdarstellens war ich überhoben, da das von Merck gelieferte Präparat, ein prachtvoll krystallisirtes salpetersaures Salz, wohl sicher von mir nicht besser hätte dargestellt werden können. Meine Aufgabe bestand viel- mehr darin, die Lücken in den Arbeiten meiner Vor- gänger auszufüllen und die von ihnen gewonnenen Re- sultate, soweit sie zweifelhaft waren, einer Controlle zu unterwerfen. Als ich schon mit meinen Experimenten beschäftigt, ja sogar fertig war; erschienen zwei neue Arbeiten über dieselbe Frage, eine von Marm é 16), die andere von Prevost und Binet 1). Da aber die beiden Arbeiten, trotzdem dass sie manches Neue zu Tage förderten, vieles aber von mir beobachtete unberücksichtigt lassen und mit manchen COTT 16) W, Marmé. Separatabdruck aus den Nachrichten der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen Nr. 71887 Neue Untersuchun- gen über die Wirkung des Cytisinnitrats. 17) Recherches Experimentales relatives a l'action physiologique du Cytisus Laburnum par J. L. Prevost et P. Binet. Separatabdruck aus Revue medicale de la Suisse romande 1887, M 13 meiner Resultate in Widerspruch stehen, erachtete ich es für nützlich meine Experimente weiter fortzusetzen. Die Resultate übergebe ich jetzt der Oeffentlichkeit, mit der Hoffnung, dass dieselben vielleicht einiges zur Kenntniss eines pharmakologisch so interessanten Körpers, wie des Cytisin, beitragen werden. Chemischer Theil. CVL Historisches. Die ersten Versuche aus dem Goldregen, Cytisius Laburnum, den wirksamen Stoff zu isoliren sind von Chevallier und Lassaigne 18) gemacht worden; das aber, was sie dargestellt und was sie Cytisin "9) ge- nannt haben, war kein reiner chemischer Körper. Nach Husemann 13) und Marmé ist das Chevallier-Lassaig- ne’sche Cytisin nichts anderes als ein Extract im phar- maceutischen Sinne des Wortes. Th. Scott 12) trennte drei nach ihm im Cytisus La- burnum enthaltene giftige Substanzen von einander: zwei 18) Chevallier und Las saigne, Journ, de Pharmacie et de Chimie t. IV p. 340 t. VII p. 235 referirt bei Huse mann und Marmé, cf. Fussnote 13. 19) Der Name Cytisin scheint sogar noch älteren Datums zu sein. Strumpf (cf. Fussnote 2 auf pag. 8) erwähnt Bd. II. p. 157 (1855) als actives Princip der Samen von Cyt. Laburnum das Cytisin als synonyn mit Cytisusbitter und setzt hinzu, dass es sich auch noch in Cyt, alpinus L. 19 Anagyris foetida L., Coronilla foetida L. und in Cassia Senna finde. Das- selbe soll Erbrechen, Durchfall und heftige Zufälle erregen. Auf pag. 191 meisst es dann weiter: „Peschier und Jacquemin fanden in Securi- gera Coronilla : und Coronilla varia Cytisin (Journ, de Chimie med. 1830. devr. p. 65) was auf ihre arzneiliche Verwandschaft mit Cytisus Laburnum deutet. In der That sind alle drei Pflanzen in gleicher Weise giftig.“ maig .. : 14 Bitterstoffe Cystine a 19) und Laburnin und eine or- ganische Säure, die Laburninsäure, sie sind alle im Wasser leicht, in Alkohol dagegen sehr schwer, löslich. Die Laburninsäure erhält man durch Fällung eines wäss- rigen Aufgusses der Samen mit Bleiacetat und Zersetzung des so gebildeten laburninsauren Blei mit Schwefelwasser- stoff. Cystinea und Laburnin werden von einander ver- mittelst Methylalkohol getrennt, welcher nur die Cystinea löst. -- Diese drei Stoffe wurden später von Niemand anerkannt. Drei Jahre später 1865 fanden vielmehr Hu- se mann und Mar mé im Cytisus Laburnum zwei ganz neue giftige Substanzen Cytisin) und La burnin. Genaue Untersuchungen haben jedoch dann ergeben, dass Laburnin kein besonderer Stoff ist, sondern nur unreines Cytisin. Weiter fanden die genannten Autoren, dass Cy- tisin ein Alkaloid von stark basischen Eigenschaften ist. Sie untersuchten diese genau chemisch und stellten auch die Formel des neuen Körpers fest. Deswegen gelten sie und zwar mit Recht in der deutschen Wissenschaft als die Entdecker des Cytisins. Die Franzosen dagegen behaupten, dass Chevallier und Lassaigne die Ent- decker des Cytisins seien, worin ihnen aber keine andere Nation beistimmt. Vorkommen. Nach Husemann und Marmé 13) ist das Cytisin ein Alkaloid, dein die Formel C2H,,N,O zukommt und 19b) In wiefern die Scott'sche Cystinea dem Cytisin entspricht konnte ich nicht ermitteln. Da ich weder die Scott'sche noch die Husemann- Mar mé'sche Arbeit im Original hatte 50), ich musste mich mit den gee nannten Referaten begnügen wo nichts über Laburnum und Cystinea stehty. nur über Laburninsäure heisst es, dass sie nach Marmé und Flügge (Götting Nachr. 1875. 23. 614) ein Gemenge org, und anorg. Säuren sebe 15 das zuerst nur in den reifen Früchten des Goldregens, Cyt. Laburnum entdeckt wurde. In kleinerer Menge traf es Husemann auch in unreifen Schoten und Blüthen und spurenweise in den Blättern an. – Früchte, Wurzel-, ‘rinde und Samen zeigen den grössten Cytisingehalt. . Es kommt aber nicht nur im Goldregen, C. Labur- num vor; Husemann und Marmé fanden es nämlich 'auch im Cytisus alpinus, C. supinus, C. elongatus, C. Weldenii, C. sessilifolius und C. hirsutus, nicht dagegen in Cytisus nigricans Lembotropis... Cornevin's 20) Untersuchungen über Cytisinge- halt verschiedener Cytisusarten weichen: von denjenigen Husemann's und Mar mé's ziemlich ab. Nach ihm sollen Cyt. Laburnum, C. alpinus, C. purpureus, C. Wel- denii, C. biflorus, C. Alschingeri und C. elongatus die gif- tigsten Species sein, C. nigricans, C. proliferus und C. :: supinus, erklärt er für weniger gefährlich, C. sessilifolius, i C. argentens und C. capitulatus sogar für vollständig ¡ giftfrei. Mir ist es gelungen, nach einer weiter unten zu i besprechenden Methode Cytisin noch in folgenden Cy- tisusarten zu finden: Cytisus Adami, C. ratisbonensis B. minor, C. ratisbonensis Schäf. und C. polytrichus, dage- I gen nicht in Cyt. uralensis. . I Was die schon früher von meinen Vorgängern un- ! tersuchten Arten anlangt, so fand ich Cytisin in Cyt. La- burnum und C. supinus (übereinstimmend mit Marmé). Andere Cytisusarten konnte ich nicht untersuchen, da sic im hiesigen Botanischen Garten nicht vorhanden sind. — 20) C. H. Cornevin, Des plantes veneneuses. pag. 284. Paris , '. bei Firmin Didot. 1887. .. . . 16 . Darstellung. Huse mann und Marmé stellen das Cytisin fol- gendermaassen dar : Die gröblich zerkleinerten Samen werden mit kal- tem, schwach mit Schwefelsäure angesäuertem Wasser wiederholt extrahirt, die vereinigten Auszüge mit Kalk beinahe neutralisirt, nach dem Absetzen des Niederschla- ges colirt und die Colatur durch Ausfällen mit Bleiessig gereinigt. Das fast farblose Filtrat wird mit Schwefel- säure vom Blei befreit mit Soda neutralisirt, stark ein- gedampft und unter allmäligem Zusatz von so viel Soda, dass die Reaction immer schwach alkalisch bleibt, mit Gerbsäure ausgefällt. Die Gerbsäure-Niederschläge wer- den, da sie beim Aufbewahren harzig zusammenballen, so- gleich mit überschüssiger feingeschlämmter Bleiglätte ver- mischt und damit so lange unter beständiger Ersetzung des verdampften Wassers im Wasserbade erhitzt, bis die Masse an kochendem Weingeist keine Gerbsäure mehr abgiebt. Hierauf wird vollständig eingetrocknet und der gepulverte Rückstand mit kochendem Weingeist erschöpft. Der weingeistige Auszug wird bis zur Syrupconsistenz concentrirt, mit Salpetersäure bis zur stark sauren Reac- tion und darauf mit dem 6-8fachen Volumen absoluten Alkohols versetzt. Nach einigen Stunden wird die Flüs- sigkeit von der ausgeschiedenen harzartigen Substanz klar abgegossen und mehrere Tage der Ruhe überlassen. Es krystallisirt salpetersaures Cytisin heraus. Das Cytisin wird von der Salpetersäure mit Kali- hydrat getrennt und erscheint dann als eine weisse strah- lig krystallinische an der Luft trocken bleibende Masse von bitterlichem Geschmack und ohne Geruch. Bei vorsichtigem Erhitzen lässt es sich namentlich im Wasserstoffstrome vollständig in Gestalt etwas dün-. ner biegsamer und sehr langer Nadeln und Blättchen sub- Nos 17 - --- # M limiren. Bei 154° C. kurz vor dem Verdampfen schmilzt es zu einer schwach gelblichen öligen Flüssigkeit, die beim Abkühlen krystallinisch wird. Es reagirt stark alkalisch. Von Wasser wird es in jedem Verhältniss beinahe eben so leicht auch von Weingeist gelöst, dagegen löst es sich .. in wasserfreiem Aether, Chloroform, Benzol und Schwe- felkohlenstoff so gut wie gar nicht. Formel. Die Zusammensetzung des Cytisins wurde von Hu- semann durch die Analyse der freien Base sowohl als verschiedener ihrer Salze und Doppelsalze ermittelt und der Formel C20H,,N,O entsprechend gefunden. Eigenschaften. Das Cytisin ist eine der stärksten Pflanzenbasen. Es fällt die Erden und die Oxyde der schweren Metalle aus ihren Salzlösungen und macht schon in der Kälte das Ammoniak aus seinen Verbindungen frei. . . Salze. Die löslichen Cytisinsalze schmecken bitterer als die freie Base. Die einfachen Salze sind meistentheils zer- fliesslich oder doch nur schwierig krystallinisch zu er- . balten. Nur das salpetersaure Salz C2H2, N2O2NH3 +2H2O besitzt ein ausgezeichnetes Krystallisationsvermögen; es krystallisirt in grossen, dicken, wasserklaren monoklini- schen Prismen, die bei 100-1100 unter Verlust des Kry- . stallwassers undurchsichtig und porcellanartig werden. Es reagirt sauer. Von kochendem Wasser erfordert es we- uger als sein gleiches Gewicht zur Lösung, löst sich aber kaltem Wasser und wässrigem Weingeist gut, schwie- Tig dagegen in absolutem Alkohol und gar nicht im Aether. soweit die Angaben von Huse mann und Marmé, die - - - 18 ich durch folgende eigenen Angaben bestätige und ergänze.' Im Amylalkohol löst sich Cytisin schwer, leicht dagegen, wenn man die saure Reaction der Salze mit Ammoniak neu- tralisirt und etwas erwärmt. Concentrirte Schwefelsäure löst das Cytisin farblos; die Lösung wird durch ein Tröpf- chen Salpetersäure orange, durch ein Stückchen Kalium- bichromat erst gelb, dann schmutzig braun, endlich grün. Reactionen. Das Cytisinnitrat wird von concentrirter Schwefelsäure farblos gelöst; der Zusatz von Kalium- bichromat oder Salpetersäure verursacht keine Verände- rung. Wenn man die Krystalle in concentrirter Schwe- felsäure erwärmt, wird die Lösung orange. Concentrirte Salpetersäure löst die Base und das Nitrat farblos; beim Erwärmen tritt orange Fär- bung ein, die bei Zusatz von Kali chloricum hellgelb wird. Edmann's Reagens löst Cytisinnitrat dunkel orange; die Färbung wird immer heller; bis sie am drit- ten Tage ganz strohgelb wird. Buckingham's Reagens löst das Nitrat mit intensiv oranger Farbe. Ch. L. Bloxa'm's 21) Reagens entsteht bekannt- lich, wenn man Kaliumchloratlösung mit soviel starker Salzsäure mischt, dass eine gelbe Farbe entsteht, und dann im Wasser verdünnt, bis die Färbung sehr hellgelb ist; von diesem Reagens giebt man allmählich zu der Lösung des Alkaloides in Salzsäure, wobei man nach jedem Zu- satz kocht. Dieses Reagens ist auf Cytisinnitrat ohne Ver- änderung. Setzte ich nun nach dem Abkühlen schwa- .- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 21) Ch. L. Blo xam, Chem. News 1887. pag. 55 et 155. - - - - - - 19 ches Ammoniak hinzu, so färbt sich die Lösung intensiv .. grün, wird aber beim Kochen und beim Stehen braun. Sonnenschein's Reagens, d. h. phosphor- molybdänsäure in saurer Lösung giebt mit Cytisin eine flockige Fällung, die noch bei der Concentration 1:4000 deutlich sichtbar ist. · Bouch ar dat’sche Reagens, d. h. Jod-Jodkalium- lösung giebt starke Trübung bis zur Verdünnung 1:25000. Mayer'sche Lösung (Kaliumquecksilberjodid) giebt eine gelbliche Fällung und noch bei 1:10000 wenig- stens eine grüne Trübung. . Mar mé'sche Reagens (Kaliumcadmiumjodid) giebt bei einer Concentration des Alkaloides von 1: 50 reichliche Trübung, weisslichgelbe Flocken, die sich wiederum rasch in der Flüssigkeit auflösen, bei neuem Cytisinnitratzusatze entsteht wieder eine Trübung, die sich wieder allmählich auflöst. Aus der vollkommen klaren Lösung scheiden sich beim Stehen durchsichtige krystallinische Nadeln ab. :: Scheibler's Reagens (Phosphorwolframsäure) giebt in saurer Lösung noch eine deutliche Fällung bei einer Concentration von 1:30000. Goldchlorid giebt einen schmutzigbraunen Nieder- schlag bei 1:4000, der beim Verdunsten krystallisirt (Na- deln). Die Krystalle (das Doppelsalz) sind im Alkohol unlöslich. Platinchlorid giebt direct keine Fällung selbst mit den stärksten Lösungen. Nach dem Verdunsten bil- den sich jedoch Schneeflocken ähnliche Krystalle, die im Alkohol unlöslich sind. Gerbsäure giebt bei der Concentration 1: 1000 U neutraler Lösung einen voluminösen Niederschlag, der 2* . : 20 im überschüssigen Ammoniak sehr leicht löslich ist; in! Salzsäure · löst sich der Niederschlag anch, jedoch schwe- rer als in Ammoniak. Endlich löst auch ein Ueberschuss von Gerbsäure den Niederschlag wieder auf. Kaliumdichromat in schwefelsaurer Lösung, Queck- silberchlorid, Fröhde's und Erdmann's Reagentien (cf, oben), Pikrinsäure und Chlorwasser bewirken keine Fällung, eben so wenig Ammoniak und ätzende und koh- lensaure Alkalien. Nachweis in Gemengen. * Zum Nachweis des Cytisin im Harn und Kör- perflüssigkeiten benutzte ich die Drag endorff- sche Methode. Die Thatsache, dass Cytisinnitrat im Amylalkohol in Gegenwart von Ammoniak löslich ist, diente mir dann als Ausgangspunkt. Mein Verfahren war Folgendes: Die zu untersuchende Flüssigkeit wurde durch Am- moniakzusatz stark alkalisch gemacht und mit dem glei- chen Volumen Amylalkohol circa 15 Minuten lang aus- geschüttelt; nach längerem Stehen trennte sich die Amyl- alkoholschicht von der unteren Flüssigkeitsschicht; die Amylalkoholsschicht wurde vorsichtig mit ciner Pipette gesammelt, verdunstet, der Rückstand in Wasser gelöst und auf Cytisin geprüft. * Das Minimum, welches ich auszuschütteln vermochte, war 0,0001 grm. aus 2 CC. Lösung. Auf diese Weise ist es mir gelungen, Cytisin im Harne und im Speichel nachzuweisen, während ich eine Ausscheidung vom Blute aus in den Magen selbst bei ungeheueren Dosen nicht zu constatiren vermochte. Ebensowenig war ich auch im Stande die Gegenwart des hora, . 21 Cytisin in den Organen. (Leber, Niere, Magenwand) nachzuweisen. – Die Ursache dazu liegt wahrscheinlich darin, dass das Cytisin sehr rasch den Organismus passirt (cf. pharmakologischer Theil) und also garnicht in den Organen abgelagert wird. : Um mein Verfahren besser illustriren zu können, erlaube ich mir hier einige Protocolle meiner chemischen Untersuchungen anzuführen. 1 Migr. Cytisini nitrici in 2 Decigram Wasser ge- löst wird mit Ammoniak versetzt und mit 2 CC. Amyl- alkohol etwas erwärmt und ausgeschüttelt. . . Die nach längerem Stehen scharf sich von einander trennenden Schichten werden mittelst eines Scheidetrich- ters vorsichtig von einander getrennt. – Die Amylalko- holschicht wird im Urschälchen verdunstet; der Rück- stand in etwas Wasser gelöst, giebt mit Mayer- scher Lösung deutliche Fällung; ebenso mit Bouchar- da t’scher Lösung und mit Phosphorwolframsäure, nach dem Zusatze von etwas Salzsäure. Dasselbe Verfahren mit 110 Migr. Cyt. nitric. gab in 1 CC. Wasser und 2 CC. Amylalkohol deutliche Re- actionen mit den oben genannten Reagentien. Um die. Amylalkoholschicht von der übrigen Flüs- sigkeit zu isoliren, benutzte ich später immer die Pipette; dies Verfahren war für mich wenigstens leichter und sicherer als die Anwendung des Scheidetrichters. Beim Ausschütteln von 0,05 Mlgr. Cyt. nitrici in 2 CC. Wasser mit 4 CC. Amylalkohol konnte ich keine Reaction bekommen. – 0,1 Mgr. war also das Minimum, das ich mit dieser Methode nachweisen konnte. .. Harn der Katze (cf. Protokoll Nr. IV) 10 CC. mit Ammoniak versetzt, mit 15 CC. Amylalkohol ausgeschüt- telt, giebt deutliche Reaction mit Phosphorwolframsäure. (saure Lösung) und Kaliumquecksilberjodid. —— — — — — — — — — — — — . - - - - - - - - - - - - - telt, gie - - - - -- - - - - - - - - - - - 22 Harn der Katze Nr. V mit Ammoniak versetzt und mit Amylalkohol ausgeschüttelt gab keine Reaction. Es war wenig Harn da, weil sehr viel bei der Exstirpation der Blase verloren gegangen war. - cer con Bei den Untersuchungen, die ich zur Prüfung des Vorhandensein's des Cytisins in den Orga- nen angestellt habe, wandte ich dasselbe Verfahren an, .. nur dass ich zu diesem Zwecke den wässrigalkoholischen Auszug, worin das Cytisin leicht löslich ist, benutzt habe, um letzteres auf diese Weise von verschiedenen durch Alkohol gefällten Substanzen zu befreien. Die Leber des Hundes Nr. II wird fein zerschnitten, mit Alkohol bei 300 24 Stunden macerirt, filtrirt, ver- dampft, der Rückstand in Wasser gelöst. Die auf dem Filter gebliebenen Lebertheile werden ausgetrocknet, in einer Reibschale zerrieben, mit Alkohol macerirt, filtrirt, verdampft, der Rückstand in Wasser gelöst; die beiden Flüssigkeiten vereinigt und nochmals filtrirt. Ein Theil wird mit Ammoniak versetzt, mit Amylalkohol ausgeschüt- telt und auf Cytisin geprüft. - Kein Resultat. Dasselbe auch mit dem anderen Theile, der vor dem Ausschütteln noch mit Alkohol, Bleiacetat, phosphorsaurem Natron ge- klärt und filtrirt war. · Dasselbe Verfahren habe ich mit den Nieren und der Magenschleimhaut der mit enorm grossen Dosen ver- gifteten Thiere benutzt, konnte aber nie Cytisin in ihnen nachweisen. Selbstverständlich habe ich vor dem Be- . ginne der Versuche die Methode selbst geprüft, indem ich künstlich den Organen Cytisinum nitricum in sehr gerin- gen Mengen zugesetzt und stets die typischen Reactioner bekommen habe. L U in i Mit Benutzung derselben Methode ist es mir gelun- gen die Gegenwart von Cytisin in verschie- denen Cytisusarten nachzuweisen. Die zu untersuchenden Pflanzentheile wurden zer- kleinert, mit Wasser 3 Stunden lang gekocht und das Decoct 24 Stunden sich selbst überlassen. Sodann wurde die Flüssigkeit filtrirt und auf ein kleineres Volumen eingedunstet, mit Ammoniak stark alkalisch gemacht und mit gleichem Volumen Amylalkohol ausgeschüttelt, die Amylalkoholschicht verdunstet, der Rückstand in Wasser gelöst. : Ein Theil der Lösung wurde chemisch (mit Phosphor- wolframsäure, Jod-Jodkalium, Kaliumquecksilberjodid) der andere physiologisch (am Frosch) geprüft. Die Resultate der Untersuchungen sind oben an- gegeben. . Pharmacologischer Theil. Die Wirkung des Cytisins ist bei allen Wirbelthier- klassen im Wesentlichen die gleiche. Die Empfindlich- keit gegen dieses Gift dagegen sehr verschieden und wenig von der Höhe der Thierklasse abhängig;, so ist eine Katze zum Beispiel über 40 mal empfindlicher als eine Ziege, aber nur drei mal so empfindlich wie ein Huhn (immer pro Kilogramm berechnet). Das Gift afficirt bei sämmtlichen Wirbelthieren die- selben Organe und Organsysteme in derselben Reihen- folge. Die Applicationsstelle ist nur für die Bestimmung der toxischen Dosis von Belang; die Symptome bleiben : 24 si immer dieselben, ganz gleich auf welchem Wege man das Gift darreicht. Bevor ich nun zur Besprechung der Art und Weise ..! komme, wie das Cytisin. die einzelnen Functionen des thierischen Organismus beeinträchtigt, möchte ich in aller Kürze die äusserlich sichtbaren Symptome einer Cytisin- vergiftung schildern, wie sie mehr oder weniger bei allen Wirbelthieren verläuft. Die Erscheinungen bei Application verschiedener Giftmengen unterscheiden sich nur quantitativ von ein- ander. Ganz kleine Mengen, bei denen schon eine thera- peutische Wirkung eintritt, rufen keine äusserlich sicht- baren Symptome (abgesehen von der bei Menschen beob- achteten Steigerung der Pulsfrequenz) hervor. Bei der Darreichung einer etwas grösseren Dosis des Alcaloids sehen wir nur leichte Excitation des Nervensystems und Beschleunigung der Athmung und des Pulses; diese Symptome gehen rasch vorüber und das Thier erholt sich binnen einer Stunde. Ist die Giftmenge grösser, an die lethale grenzend, so sehen wir die Nausea sich zum wiederholten Erbrechen steigern, und die Athmung in eine Dyspnoe ausarten, so dass schliesslich ein Athenstillstand erfolgt. Das Herz bleibt dabei unbeeinflusst und schlägt noch lange nach dem Aufhören der Athmung fort. : In Bezug auf das Nervensystem haben wir folgendes - zu notiren. Zuerst tritt eine deutliche Schwäche der Thiere zu Tage, sie können sich nicht aufrecht halten und sinken bei Gehversuchen zu Boden. Nach einiger Zeit treten 25 I - Krämpfe des ganzen Körpers (inconstant) ein, denen bald eine complete Lähmung folgt. Die Thiere reagiren auf die stärksten Reize nicht. Das Verhalten der Pupille ist nicht constant. In der Mehrzahl der Fälle beobachtete ich eine Verengerung derselben, der später eine Erweiterung folgte. Nach einer Ruhepause (einige Stunden) schwinden die Symptome allmählich und die Thiere erholen sich vollständig. Erfolgt der Tod, so ist der Moment seines Eintrittes schwer zu constatiren, indem allmählich Athmung und Reflexerregbarkeit auf Null herabsinken. Von den 48 Experimenten, die ich bezüglich der Feststellung der Maximaldosis und der äusserlich sicht- baren Symptome gemacht habe, führe ich folgende an. Experiment Nr. I. . Hund von 8600 Gr. Gewicht. 13./XI. 10 h 49 m. 10 Mlgr. Cyt, nitric. subcutan. 10 h 55 m. Das Thier wird unruhig. Nausea. 11 h 7 m. Erbrechen flüssiger, gelblicher Massen. 11 h 11 m. Das Thier ist nach dem Erbrechen . . etwas ruhiger. 11 h 13 m. Wiederholtes Erbrechen flüssiger, gelblicher Massen. 11 h 20 m. Erbrechen gelblich weissen Schaumes. 11 h 29 m. Erbrechen schaumiger Massen. 11 h 30 m. Einzelne Brechbewegungen ohne Er- brechen. 11 brochene schaumig. * * - - - - 26 .-. 11 h 35 m. Erbrechen. 11 h 39 m. Wiederholtes Erbrechen. 11 h 43 m. Erbrechen. 11 h 55 m. Das Thier liegt ruhig. 12 h 14 m. Hund steht ruhig mit gesenktem Kopfe, zittert am ganzen Körper. 12 h 20 m. Status idem. h 35 m. Hund munter und völlig gesund. 15./XI. 10 m. 35 Migr. Cyt. nitric. subcutan. 10 h 15 m. Erbrechen wiederholt. 11 h – m. Respirat. Oberflächlich und convul- siv, Krämpfe, das Herz schlägt rhyth- misch. 11 h 5 m. Die Reflexerregbarkeit erloschen, der Hund macht spontan einzelne convulsive Bewegungen, die kaum sichtbar sind. 11 h 15 m. Tod. Section: Keine Abnormität in den Organen. Das rechte Herz mit flüssigem Blut gefüllt.. Experiment Nr. II. Hund (Welpe) von 715 Gr. Gewicht. 19./III. 10 h 3 m. 0,5 Mlgr. Cyt. nitric. subcut. Ohne Wirkung. 20./III. 11 h 35 m. 1 Migr. Cyt, nitric. subcutan. Ohne Wirkung. 21./III. 12 h 15 m. 3 Mlgr. Cyt. nitric. subcutan. . 12 h 30 m. Liegt auf der Seite, die hinteren Extremitäten scheinen gelähmt zu sein. :: 27 12 h 40 m. Zittert am ganzen Körper. 12 h 42 m. Convulsionen. . Am Nachmittag gesund. 24./III. 10 h 16 m. 4 Mlgr. Cyt. nitric. subcutan injicirt. 10 h 35 m. Erbrechen. 11 h – m. Convulsionen. Am Nachmittag gesund. 26./III. 10 h – m. 6 Migr. Cyt. nitric. subcutan. 10 h 10 m. Erbrechen. 10 h 15 m. Liegt auf der Seite. Erbrechen. 10 h 20 m. Erbrechen. Convulsionen. 10 h 45 m. Tod. · Section: Das Herz schlägt ganz deutlich, Darm normal, blass, Harn und Leber werden zum Nachweis des Cyt. genommen. Experiment Nr. III. . Hund (Welpe) von 820 Gr. Gewicht. 29.IV. 5 h 27 m. 7,5 Migr. Cyt. nitric, subcut. Gleich nach der Injection tritt Erbrechen ein; das Thier bekommt 0,16 Chlo- ralhydrat subcutan. 5 h 32 m. Da das Erbrechen sich wiederholt, noch 0,08 Chloralhydrat, nach wel- chem das Thier sich vollständig be- . ruhigt, es schläft. 6 h 55 m. Das Thier ist tod. Section: Das Herz macht langsame und rhythmische Schläge, Lungen normal, keine Hyperämie. Das rechte Herz mit flüssigem Blute gefüllt. Das Gehirn ödematös, die Piagefässe stark gefüllt. Ventrikel leer. Die Darin- gefässe von normaler Blutfülle. vilo T. T: i - . - - 28 Experiment Nr. IV. Katze von 2070 gr. Gew. 26.!III. 11 h 40 m. 3 Migr. Cyt, nitric. subcutan. 11 h 50 m. Starkes Erbrechen. 12 h 20 m. deutliche Schwäche, kann nur liegen, zuckt mit dem ganzen Körper. 12 h 50 m. Allmähliche Erholung. . 1 h 10 m. Völlig gesund. : 27.III. 10 h 38 m. Derselben Katze 4 Migr. Cyt. nitr. subcutan injicirt. 10 h 45 m. Abort eines todten Embryo. 10 h 50 m. Erbrechen. *10 h 51 m. Abort. 10 h 55 m. Blutiges Erbrechen. 11 h 20 m. Convulsive Zuckungen des ganzen Körpers, liegt bewegungslos auf der Seite. 12 h 20 m. Allmähliche Erholung, die am Nach- mittag eine vollständige wird. 30./III. 10 h 50 m. .5 Mlgr. Cyt nitric. subcut. 11 h 5 m. Erbrechen. 11 h 10 m. Liegt bewegungslos auf der Seite, macht einzelne misslingende Geh- versuche. 10 h 40 m. Liegt ganz reactionslos, Athmung langsam und oberflächlich. 12 h 45 m. Erholt sich allmählich. 4 h Nachm. Vollständig gesund und munter. 31./III, 11 h 25 m. 6 Mlgr. Cytisin. nitric. subcutan : injicirt. . 11 h 35 m. Erbrechen. 1 inio . . . . 29 . . 21 11 h 40 m. Liegt reactionslos, macht rasche und oberflächliche Athemzüge, 32 in der Minute. 12 h 3 m. Einzelne convulsive Zuckungen. 12 h 5 m. Das Athmen wird immer oberfläch- licher und langsamer, 12 h 20 m. Tod. Section : Herz macht deutliche arythmische Bewe- gungen, es schlägt noch langsam im eröffneten Thorax. Die Gefässfülle der Darmschleimhaut normal, nur im unteren Abschnitte des Rectum kleine diffuse Hyper- ämie. . Herz, Nieren, Leber, Milz normal. Im rech- . ten Herzen flüssiges Blut; Gehirn mässig hyperämisch, keine Blutaustritte. Ventrikel leer. Experiment Nr. V. .. 3./IV. Katze 395 gr. Gew. 10 h 35 m, 3 Mlgr. Cyt, nitric. subcut. injicirt. 10 h 37 m. Erbrechen. 10 h 40 m. Wiederholtes Erbrechen. 10 h 55 m. Liegt fast reactionslos auf der Seite, Respiration langsam und oberfläch- lich, schwache Zuckungen. 11 h 7 m. Tod. Section: Leber, Nieren, Milz normal, das Herz schlägt noch im eröffneten Thorax, das rechte Herz mit Blut gefüllt, Gehirn mässig hyperämisch. Experiment Nr. VI. 29.,IV. Junge Ziege von 3440 gr. Gew. 11 h 40 m. 20 MIgr. Cyt. nitrici subcutan. Ohne Wirkung. 30 Die Dosis wird jeden folgenden Tag gesteigert (30, 35, 50, 75, 100); erst bei 300 tritt eine kleine Schwäche ein, der Tod erfolgt nach 375 Mlgr. ohne Krämpfe, indem die Athmung still steht. Experiment Nr. VII. Meerschweinchen von 391 Gr. Gewicht. 16./XI. 10 Mlgr. Cyt, nitric. subcutan. Ohne Wirkung. 17./XI. 10 Mlgr Cyt. nitric. um 10 h. 25 m. 10 h 35 m. Das sonst sehr muntere Thier sitzt traurig im Käfig, durch Berührung nicht in Bewegung zu bringen. 10 h 50 m. Liegt auf der Seite und zuckt mit dem ganzen Körper, 11 h – m. Das Thier liegt wie tod, reagirt gar- nicht auf Reize, macht einzelne spon- tane Zuckungen. 11 h 5 m. Völliger Athemstillstand, die Zu- ckungen sind sehr schwach geworden. I1 h 25 m. Die Reflexerregbarkeit völlig erlo- schen. Tod. Die Section ergiebt denselben Befund wie bei ande- ren Warmblütern. Organe unverändert, das rechte Herz mit Blut gefüllt. Experiment Nr. VIII. Einem Meerschweinchen von Gewicht 448 Gr, wird successive von 10 Mgr. - 50 Mgr. jeden Tag um 5 Mgr. steigend, Cytisin nitric. per os hineingeträufelt, erst bei 45 Mgr. treten Symptome von Schwäche und Zuckungen ein, das Thier erholt sich aber in 2 St. vollständig. Nach Darreichung von 50 Mgr. tritt der Tod ein unter densel- 32 j ben Erscheinungen wie bei Nr. VII; die Section zeigt. genau denselben Befund. Experiment Nr. IX. Weisse Ratte von 155 Gr. Gewicht. 20./III. 12 h 40 m. 3 Mlgr. Cyt, nitric. subcutan injicirt. 1h 3 m. Sitzt wie betäubt, mechanisch gereizt bewegt sich kaum, die hinteren Ex- tremitäten nachschleppend. I h 13 m. Reagirt kaum auf mechanische Reize. Convulsionen, die den durch Strych- nin verursachten ähnlich sind. 1 h 14 m. Liegt reactionslos, einzelne convul- sive Respirationen. 1 h 17 m. Tod. .. Section: Das Herz freigelegt, es schlägt noch, keine Peristaltik, in der Darmschleimhaut keine Spur von Ent- zündung Experiment Nr. X. Ein Huhn von 1100 Gr. bekommt jeden Tag subcu- tane Injection von Cyt. nitric. Die Dosis von einem Mgr. beginnend wird jeden Tag um 1 Mgr. gesteigert, erst bei 10 Mgr. treten die Vergiftungssymptome auf. 27./III. 10 h 45 m. 10 Mlgr. Cyt. nitric. subcutan. 11 h -- m. Die hinteren Extremitäten gestreckt, macht convulsive Bewegungen mit den Flügeln. 11 h 30 m. Man kann die Beine nur mit Mühe beugen, dieselben treten wieder in die Strecklage zurück. Kopf nach hinten gebeugt. 12 h 20 m. Erholung. u U 32 28./III. 4 h 45 m. 12 MIgr. Cyt. nitric. subcutan. 5 h – m. Gelähmt, kann nicht stehen. 5 h 5 m. Tetanus der hinteren Extremitäten, schnappt nach Luft, bewegt krampf- haft die Flügel. 5 h 10 m. Tod. Section: Das Herz schlägt rhythmisch. TU . Experiment Nr. XI. Taube von 225 Gr. Gew. 19.III. 12 h 10 m. 3 Mlgr. Cyt. nitric. subcutan. 12 h 17 m. Hintere Extremitäten gelähmt, kann nur die Flügel bewegen, liegt auf der Seite. Die Beine convulsiv ge- streckt, lassen sich mit Mühe beugen, kehren aber momentan in die Streck- lage zurück. 12 h 19 m. Beine ganz steif, man kann sie gar nicht beugen. 12 h 27 m. Einzelne spontane convulsive Zu- ckungen mit den Flügeln, bei denen die Beine sich ganz passiv verhalten. 12 h 30 m. Krampfhafte Zuckungen mit den Flü- geln, der Kopf stark nach hinten ge- beugt, schnappt nach Luft. 12 h 35 m. Tod. Section: Das Herz wird freigelegt, es macht deut- liche Contractionen, die 15 M. nach dem Tode noch fort- dauern, keine Spur von Peristaltik. Organe normal. . 33 Experiment Nr. XII. Winterfrosch (temporaria) 36,5 Gr. Gew. · 11./III. 10 h 4 m, 1 Migr. Cyt. nitric. in den Lymph- sack. ... 11 h 10 m. Coordinationsstörungen treten ein; der. Frosch zieht langsam und un- coordinirt die Beine an. 11 h 15 m. Schwächezustand; auf den Rücken gebracht, ist er nicht im Stande sich umzudrehen. Die vorderen Extre- mitäten wie gelähmt, verharren bei jeder Lageveränderung in derselben Stellung.. 11 h 18 m. Spontane Zuckungen mit den hinte- ren Extremitäten. 4 h 48 m. Liegt bewegungslos auf dem Rücken, nur bei sehr starken mechanischen Reizen, wie Kneifen mit einer Pin- cette, langsame Bewegungen mit den hinteren Extremitäten. .. 8 h -- in. Tod. . .. Wirkung auf's Blut. Bei der Beschreibung der Einwirkung des Cytisins auf einzelne Organe, scheint es mir am zweckmässigsten, mit dem Blute anzufangen, da die Beeinflussung dessel- ben durch das Gift zur Erklärung verschiedener Symp- tome vieles beiträgt. : Das. Cytisin ist nicht im Stande die Gerinnung des Blutes zu beschleunigen; ebensowenig vermag es die rothen Blutkörperchen zu lösen, wie aus den hier fol- genden Versuchen ersichtlich. 3 Dn - 34 DAT 9./X. 4 h 30 m. Das frisch aus der Carotis eines Hundes entlassene Blut wird im Verhältniss 1:3 mit gesättigter Natronsulfatlösung versetzt und in 6 Reagens- gläser (2 CC. Blutflüssigkeit in jedem) gegossen. In das erste Reagensglas wird ein Tropfen einer 1% Cyt. nitr. Lösuug gegossen, in das zweite zwei Tropfen derselben Lösung, in das dritte drei, in das vierte vier, in das fünfte 10 Tropfen, das sechste bleibt zur Controlle. 10./X. Absolut keine Veränderung, die mit Cyt. behandelten Portionen verhalten sich in Bezug auf Ge- rinnung ebenso wie die Controllportion. 9./X. 4 h 35 m. 1 CC. Cytisin nitric. 1 % wird mit 3. CC. physiologischer Kochsalzlösung und mit 1 CC. frischen Blutes zusammengebracht; tritt keine Lösung der rothen Blutkörperchen ein. Das Cytisin verzögert aber die Sauer- stoffa bgabe der rothen Blutkörperchen; das arterielle Blut wird nicht venös, sondern bleibt dabei längere Zeit arteriell' als ohne Cytisin. Dadurch wird natürlich der Stoffwechsel stark beeinträchtigt, da die Abgabe des Sauerstoffs an die Gewebe erschwert ist. In dieser Hinsicht ist die Cytisinwirkung der des Strychnins analog (cf. Harley Lancet 1856, june.), nur besitzt das Cytisin dieselbe in höherem Grade. Diese Thatsache habe ich durch die Beobachtung der Zeitunterschiede, welche die Reduction des Oxyhämoglobins zum (reducirten) Hämo- globin in Anspruch nimmt, zu beweisen versucht. Die Methode die ich dazu benutzte war folgende: Drei Flaschen von gleichem Volumen, mit herme- tisch schliessenden Glaskorken, werden so mit defibri- nirtem Kalbsblute gefüllt, dass keine Luftblase in der U · 35 · Flasche nachbleibt. Das Kalbsblut wird zuvor durch · Wasser im Verhältniss 1:100 verdünnt; dies Verhältniss ist nach Bonwetsch 22) das geeignetste zu spectroscop. Untersuchungen. In eine der Flaschen wird ein mini- maler Cytisin - Crystall, in das zweite ein solcher von Strychnin gebracht; die dritte bleibt zur Controlle. Statt der Crystalle kann man auch neutrale Lösungen der Al- kaloide benutzen. Alle drei Flaschen werden unter glei- chen Bedingungen (Licht und Wärmegrad) vor das Spec- troscop gesetzt und die Zeit beobachtet, welche die Um- wandlung des doppelten Oxyhämoglobinstreifens in den einfachen des reducirten Hämoglobins in Anspruch nimmt. Setzte ich z. B. am Vormittag das Gift dem Inhalte der Flaschen zu, so verschwand der doppelte Streifen in der Controllflasche am Abend desselben Tages, in der Strychninflasche am Morgen des nächsten und erst am Abend in der Cytisinflasche. Diese Versuche wiederholte ich mehrere Male und vertauschte dabei jedesmal die Gläser, um etwaige Fehler, die durch die Beschaffenheit der Gläser oder Stöpsel bedingt sein konnten, zu ver- meiden. Um den Einwand, dass das Cytisin im Organismus in Bezug auf das Blut vielleicht nicht dieselbe Eigen- schaft entwickele wie im Probierglase, unmöglich zu ma- chen, nahm ich noch folgenden Versuch vor. Einer Katze wird etwas Blut aus der Vena jugula- ris entnommen und nach intravenöser Application einer starken Giftmenge eine zweite Portion Blutes aus der ! 22) Immanuel Bonwetsch, Ueber den Einfluss verschiedener Stoffe auf die Umsetzung des Sauerstoffs im Blute. Inaug.-Dissert. Dor- pat 1869. . 3* -. 36 : Vena uterina. Beide Blutportionen werden mit Wasser im Verhältniss von 1 : 100 verdünnt, stark mit Luft ge- schüttelt, um sie vollständig mit Sauerstoff zu sättigen, . in zwei gleichbeschaffene Flaschen gebracht und vor das Spectroscop gestellt. Der doppelte Streifen des Oxyhä- moglobins war schon am Abend desselben Tages in der Flasche mit reinem Blut, einfach, während der. des Cyti- sinblutes noch am dritten Tage deutlich sichtbar war, und erst am Abende desselben zu schwinden begann. Durch diese Versuche glaube ich bewiesen zu haben, dass das Cytisin die „Sauerstoffzehrung“ im normalen Blute herabsetzt. : Wirkung auf das Nervensystem. Das Nervensystem wird stark von Cytisin beein- flusst und zwar, ebenso der centrale wie auch der peri- phere Apparat desselben. Die Wirkung besteht im Allgemeinen in einer an- fänglichen Erregung, der eine Lähmung folgt und dieses gilt ebenso gut für die Nerven der psychischen wie auch der animalen Sphäre. Gehirn, In den Krankengeschichten der mit Cytisin vergif- teten Menschen wird angegeben, dass zuerst eine leichte Excitation, sogar Hallucination, eintritt, welcher später Somnolenz, Torpor und Coma folgt. Dasselbe, nur graduell geringer, fand auch Scott. bei denjenigen Menschen, denen er experimenti causa Cytisusdecoct gegeben hatte. Medulla oblonga ta. Die zwei wichtigen Centra in der Medulla oblongata 37 : 0 werden in gleicher Weise beeinflusst. Das Athmungs- centrum wird zuerst etwas erregt und nachher vollstän- dig gelähmt, und dieser Athemstillstand ist bei Warm- blütern die Todesursache. Wenn man dagegen künstlich die Respiration einleitet, kann man das Thier selbst bei grossen Dosen am Leben erhalten; es ist zwar völlig ge- lähmt, der freipräparirte Ischiadicus reagirt gar nicht auf starke electrische Reize (mit dem Inductionsstrom), aber das Herz schlägt noch zu dieser Zeit kräftig und rhyth- misch. Der Blutdruck welcher sich während der Reizung gar nicht ändert, kann noch recht hoch sein. Das vaso- motorische Centrum wird zuerst stark durch Cytisin er- regt. Ein einziges Milligramm genügt schon, um bei ei- ner kräftigen Katze die Quecksilbersäule des Manometers um 100 Millimeter in die Höhe zu treiben. Diese hoch- gradige Blutdrucksteigerung ist ausschliesslich durch eine Reizung des vasomotorischen Centrums bedingt. Das Herz und der periphere vasomotorische Apparat verhal- ten sich dabei ganz passiv. Dieser anfänglichen Erregung folgt eine complete Lähmung des Centrums, die aber nicht plötzlich, sondern ganz allmählich eintritt. Selbst durch die stärksten Cyti- sindosen ist man nicht im Stande am Ende des Versu- ches die Quecksilbersäule auch nur um einen Millimeter steigen zu machen. Diese Lähmung scheint aber nur auf Cytisinreiz sich, zu beziehen, denn beim Aussetzen der Athmung ist es mir stets gelungen, durch gesteigerte Venosität des Blu- tes, d. h. durch Erstickung, das Centrum zu reizen. Rückenmark und periphere Nerven. Das Rückenmark und der periphere Apparat der 10 motorischen wie auch der sensiblen Nerven werden auf die- selbe Weise beeinflusst. Einer Reizung (Zuckungen, Con- vulsionen, sogar Tetanus bei Tauben) folgt eine complete Lähmung der sämmtlichen musculomotorischen Nerven. Bei Versuchen mit künstlicher Respiration benutzte ich daher Curare nur am Anfange des Versuches, während des Krampfstadiums; später übernahm das Cytisin die lähmende Curarewirkung. Durch grosse Dosen bei Warm- blütern sofort curareartige Lähmung ohne vorausgehende Krämpfe zu erzeugen, war mir nicht möglich. Die Lähmung schreitet vom Centrum zur Peripherie. Marmé nahm früher an, dass die Lähmung auf umgekehrtem Wege vor sich gehe, hat aber in seiner letzten Arbeit diese Annahme als unrichtig erklärt. Ich konnte nach eben tödlicher Dosis bei electrischer Reizung des freigelegten Ischiadicus an Fröschen stets in dem betreffenden Beine eine Zuckung bekommen, wäh- rend die Erregbarkeit des Rückenmarks bereits völlig er- loschen war. Wenn ich aber einem Frosche, der nach dem Claude-Bernard'schen Verfahren (Unterbindung der ganzen Extremität mit Schonung des Ischiadicus) präparirt war, eine zwei bis dreifache tödliche Dosis oberhalb der Ligatur injicirte, so war nach einiger Zeit die Erregbar- keit des Ischiadicus in dem unterbundenen Fusse stets nen; es trat in diesem in einem gewissen Zeitpunkte so- gar völlige Curarewirkung ein. Diese scheinbare Ver- schiedenheit in dem Verhalten der Frösche glaube ich folgendermaassen erklären zu können. Bei einer sehr star- ken Vergiftung tritt die Eigenschaft des Cytisins, die Ab- gabe des Sauerstoffs im Blute zu verzögern, stark in den : 39 UUU Vordergrund und zu einer directen Einwirkung des Gif- tes auf die Nerven addirt sich daher noch eine indirecte, welche durch Vermittelung des veränderten Blutes ent- steht und in der Sauerstoffentziehung resp. in verminder- ter Sauerstoffabgabe besteht. Ist nun die Dosis nur eine lethale, dann haben wir eine Lähmung die vom Centrum zur Peripherie schreitet. Ist aber die Giftmenge sehr gross, so dass sie die tödtliche Dosis mehrfach überschrei- tet, und ist dadurch der Gasaustausch im Blute stark be- einträchtigt, so stirbt das auf die Stoffwechselschwankun- gen so empfindlich reagirende Nervengewebe zuerst ab, und der Frosch macht den Eindruck als ob die Lähmung bei ihm nur in den motorischen Endapparaten stattfände Das ist aber nicht der Fall, bei ihm ist nur die accesso- rische Giftwirkung durch Unterbindung der Gefässe eli- minirt, die Hauptwirkung, d. h. die directe, schreitet langsam vom Centrum zur Peripherie. Deswegen kann ich nicht unbedingt mit Prevost und Binet darin bei- pflichten, dass Cytisin für die Frösche ein die motorischen Nerven lähmendes Gift sei, d. h. mit Curare identisch wirke. Und dieses zwar aus folgenden Gründen. Erstens tritt diese scheinbare Curarewirkung nur bei übermaxi- malen Dosen in den Vordergrund. Es ist kein Wunder, dass Prevost und Binet diesen Umstand unberück- sichtigt liessen; sie arbeiteten mit einem Decocte aus Cytisus, bei dem von einer Analyse der Wirkung und einer genauen Dosirung der: Mengen des Giftes selbst nicht die Rede sein kann. Zweitens tritt diese Wirkung gar nicht ein bei einer nur eben lethalen Dosis; die Ischiadicuserregbarkeit ist dabei vielmehr noch mehrere Stunden nach dem Tode zu constatiren, was ja niemals ! UGU 40 bei Curare der Fall sein kann. Drittens ist der sensible Endapparat ebenso wie der motorische von Cytisin beein- flusst (cf. unten) während er bei Curare intact bleibt. Die sensiblen Nerven werden auch auf dieselbe Weise beeinträchtigt, selbstredend kann man nur das Lähmungsstadium bei ihnen verfolgen. Bei den Vergif- tungsfällen von Menschen wurden nicht selten Anaesthe- sien beobachtet; experimentell kann man dieselbe nur bei einem mit Cytisin vergiftetem Claude-Bernard- schem Frosch nachweisen – man ist nämlich nicht im Stande durch Reizung des nicht unterbundenen Beines, Zuckungen im unterbundenem hervorzurufen. TITIU Circulations-Apparat. Was den Circulations-Apparat anbelangt, so wird der Blutdruck von Cytisin beeinflusst; es lässt sich bei kleinen Giftmengen eine Drucksteigerung constatiren, die ausschliesslich auf Reizung des vasomotorischen Centrums beruht. Wenn das Centrum vorher durch Chloralhydrat ge- lähmt worden ist, erfolgt daher keine Steigerung des Blutdruckes, selbst bei Application der stärksten Cytisin- dosen; Coronillin dagegen, das bekanntlich wie Digitalis die peripheren Gefässe zu reizen vermay, bewirkt daher, nachdem Cytisin sich als absolut wirkungslos erwiesen hat, noch eine, wenn auch geringe Blutdrucksteigerung: Dieser Versuch zeigt, dass man mit Cytisin nicht im Stande ist, die peripheren Gefässe zu lähmen. Dass es dieselben weder lähmt noch reizt, sehen wir weiter und noch viel besser aus den Versuchen mit überlebenden Organen, deren Protocolle ich weiter unten anführe. S 41 Blutdruckversuch. Katze, Gew. 3280 gr., tracheotomirt, künstliche Respiration, Vena jug. und Carotis freigelegt, in der Carot. Manometer-Canüle. 10 h 22 m. Das Thier curarisirt in der Vene Injections-Spritze. 10 h 26 m, Bd. 65–70. 10 h 28 m. Bd, 60-70. Puls 29. 10 h 30 m. Bd. 40–45. Puls 28. 10 h 31 m. 1 Mgm. Cyt, nitric, in die Vene, wobei der Bd. auf 140 steigt. 10 h 33 m. Bd. 135. Puls 30. 10 h 34 m. 125. 36. 10 h 35 m. 100-105. 36. 10 h 36 m. 75 - 80. 36. 10 h 37 m. 45 55. 33. Das Thier leicht curarisirt, macht Bewegungen, neue Curare-Injection. 10 h 39 m 1 Mgm. Cyt. nitr, in die Vene, wobei der Bd. auf 85 gest. Puls 30. 10 h , m Bd. steht wieder auf 40. Puls 29. .10 h 43 m. Wieder 1 Mgm, Cyt, nitr. in die Vene, wobei der Bd, auf 125 steigt. Puls 36. 10 h 45 m. Bd. bei 70-75. Puls 34, 10 h 46 m, Bd. 40. Puls 34. 10 h. 47 m. Wieder 1 Mgm. Cyt. nitric, in die Vene, wobei Bd. auf 50 gestiegen. Puls 34, 10 h 50 m. Bd. 45-50. Puls 34. 10 h 51 m. 5 Mgm. Cyt, nitr. in die Vene, wobei Bd. 120. Puls 36. 10 h 54 m. Bd. 50-60. Puls 34. 10 h 55 m. 45–45. ^ 51. 10 h 56 m 40-45. 31. 10 h 5617, m. 5. Mgm. Cyt, nitric. 10 h 57 m. Bd. 60--65. Puls 33. 10 h 58 m. 50–50. , 29. 10 h 59 m 40--45. 29. 10 h 59"/2m. Inject. VII 5 Mgm. Cyt, nitric. 11 h 0 m. Bd. 50. Puls 24. 11 h 2 m. 40—45 26. 11 h 24/2m.. Inject. VIII 5 Mgm. Cyt: nitr. Puls 26. 11 h 3/,m. Bd. 55. Puls 28. Ilh 4 m. 60-65. 28. 11 h 6 m 55–60. 28. . 11 h 7 m. 45-50. 11h 9 m. 5 Mgm. Cyt. nitr. Inject. Nr. IX. 11 h 10 m. Bd. 50-55. Puls 28. 42 - --- 11 h 12 m. Bd. 45 - 50. Puis 27. 11 h 129/2m. Inject. X 5 Mgm. 11 h 131/,m. Bd. 55-57. Puls 29. 11 h 15 m. Bd. 50, Puls 28. 11 h 15 m. Inject. XI 5 Mgm. Bd. 52. Puls 30. 11 h 17 m. Inject. XII 5 Mgm. Cyt, nitr.. 11 h 18 m. Bd. 52. Puls 30. 11 h 20 m. · Bd. 55. Puls 28. 11 h 21 m. Inject. XIII 5 Mgm. Cyt, nitr. Bd. 58. Puls 27. 11 h 23 m. Bd. 45--50. Puls 28. 11 h 24 m. Inject. XIV 5 Mgm. Bd. 50. Puls 27. 11 h 26 m. Bd. 40-48. Puls 28. Vasomotorisches Centrum arbeitet arrhythmisch, d. h. es treten ohne Anlass starke Schwankungen von 25 -60 ein. 11 h 35 m, Inject. XV 5 Mgm. 11 h 40 m, Bd. 40–45. Puls 29. 11 h 43 m. Bd. 15-50. Puls 25 11 h 44 m. Inject. XVI 20 Mgm. Cyt, nitr. 11 h 45 m. Bd. 100—105. Puls 25. 11 h 46 m. 60—65, Puls 25. 11 h 47 m. 45-47. Puls 25. 11 h 49 m. 38-40. 11 h 50 m. . Inject. XVII 20 Mgm. Cyt. nit. kaum eine Steigerung d. Bd. 38-40. 11 h 52 m. Inject. XVIII von 20 Mgm. Bd. 38-40. Puls 25. 11 h 54 m. Bd. 40–43. Puls 25. Künstliche Respiration auf eine Minute ausgelassen. Nach / M. Bd. auf 60 noch 3/4 M, auf 70, bei Wiedereinsetzen der Athmung sinkt der Blutdruck auf 38–40. 11 h 59 m. Bd. 38–42. Puls 26. 12 h 6 m. Athmung auf eine M. ausgesetzt in der 1/2'55, 3;, '68, 1'55, Bei Wiederaufnahme der künstl. Respir. Bd, 42—45. 12 h 10 m. Bd. 50. Puls 30. 12 h 10 m. Versuch geschlossen. Section : Lunge stark hyperämisch mit diffusen Hämorrhagien, Nieren normal. Gehirn mässig hyper- änisch, Harn blutig mit reichl. Cyt.gehalt, Hund (mittelgross). hm 10 30 i Grm. Chloralhydrat subcutan injicirt. ,,' 45 Das Thior tracheotomirt; in der Carotis Manometercanüle. In der Vena dorsalis pedis Canüle der Injectionsspritzė. 43 h m 26 XXIX. 2 → 11 - Bd. 75-85. 3 Erste Injection von 0,03 Chloralhydrat in die Vene, . I. Injection von 0,03 Chloralhydrat 4 IIl. Injection von 0,03 Chloralhydrat Bd. 78, Puls 32. 8 V., VI, VII. Inject. von Chl.hyd. Bd. 78, 11 VIII, u. IX. Inject, von 0,03 Chl.hyd. „ 73-76, Puls 29 14 X., XI., XII. „ „ „ „ 70 15 XIII., XIV., XV. Inject. v. Chl.hyd. , 68 - 70 17 XVI., XVII., XVII. Injection von 0,03 Chl.hyd. '. . . . . . 68-70, 26 „ 64-68 XIX., XX., XXI. Inject. von 0,03 Chl.hyd. jede ..... 63–66, 22 XXII., XXIII., XXIV. Inject. von 0,03 Chl.hyd. jede. ... 60-65, 23 XXV., XXVI., XXVII. Inject. von 0,03 Chl.hyd. jede, 25 XXVII, Inject. von 0,1 Chl.hyd. . 59–64, „24 » 55–58, „24 ,27 XXX. „ „ „ » » 29 XXXI. „ „ „ „ .. »53_-57 30 XXXII. 50-54, 25 48-52 XXXII 46–50, , 26 . 34 XXXIV. u. XXXV. Inject, von 0,1 Chl,hyd. 36 XXXVI. Inject. von 0,1 Chl.hyd. . , 43—46, „31, Rsp 28 proM Pupillen normal, 11 39 . Bd. 38-42, Puls 29, Rsp.27 pro M 36-40, 29 → 41 XXXVII. Inject. von 0,1 Chl.hyd. , 36–40, „ 31 20 proM 43 XXXVIII. „ 1 , 45 XXXIX. „ „ „ „ 35-38, 30 46 XL. Hund liegt wie todt. 11 48 Bd. 30–36, Puls 30, Rsp. 18 prom → 49 I. Injection von 0,001 Cyt. nitr. ., 70 Bd, momentan auf 0. Respiration hört auf. Künstsiche Respiration einge- geben -- bringt den Bd. auf 75. 11 50 II. Injection von 0,001 Cyt. Nitr. . Bd. 55 Künstliche Respiration aufgegeben, das Thier athmet selbst. 32 : » » : „ 53 11 11 52. III. Injection von 0,001 Cyt. Nitr. , Bd. 50 : , 15-20, Puls 27 „ IV. Injection von 0,01 Cyt. Nitr. . , 15-20, „ 25 54 V, V „ . 15-20, , 24 12 . 1 VI. , , , , , , 14--18, „ 25 Künstliches Athmen aufgehört. Keine Spur von spontanem Athmen. Keine Spur von Zuckungen. 12 5 VII. Injection von 0,01 Cyt Nitr. . Bd. 14-16 6 VIII. „ „ . » 14-16 1 8 IX. „ „ . m 14-16 , 10 X. , o .., 14-16 11 XL. • » 14--16 Puls 23 , 12 Injection von 0,004 Coronillin, wobei der Bd. auf 35 steigt. 14 9 9 29 „ wieder auf 38 steigt. ,, 16 bis 35 steigt. Treten Unregelmässigkeiten in der Bd.säule auf. , 17 wieder gleichmässig der Back. 18 Injection von 0,01 Mgm Cyt. Nitr. Bd. 25—28. . Der Bd. bleibt unverändert. 19 Injection von 0,01 Mgm, Cyt. Nitr., wobei der Bd, unverändert bleibt 25-28. 20 Injection von 0,01 Cyt. - Nitr.. , . Bd. 25-28 » 22 » 0,03 g . . . , 25-28, Puls 25 0,03 , , , , 25-28 Künstliche Respiration ausgesetzt – keine Bd.- Steigerung. 99 % See More 36 .... 36 36 Katze (Gew, 2900 gr.). Tracheotomirt, vena jugularis-Canüle. 7. Carotis mit Manometer ohne Curare noch Pulsfr. Bdck. 10 h 45 m. 38 85-87 38 .. 85-87 87--92 86-88 84-86 Curare-Injection in die Vene, sehr wenig, so dass das Thier selbst athmet. 37 78-82 m . 37 68-72 m. Vagusreizung. Blutdruck sinkt bis 55 bei OR-A. bei momentanem Reiz des Vagus 50 ~ 14 R-A. 39 78-82 35 86-92 m. Injection von / Spritze Cyt, nitr., also 1/20 Mgm. 11 h 37' 36 . 41%, m 36 . .. 35 33 35 36 Pulsfr. Bdck. 2 m. 85 --88 . 21/2 m. 86-93 80-88 7 m. • 85-88 :8 m. 88-95 %10 Mgr. Cyt, nitr, in die Vene. Das Thier wird tief curarisirt. 10 m. 72-82 72_-82 m. Injection von 20 Mgr. in die Vene. Das Thier so schwach, curarisirt, dass es bei Injection sich stark bewegt. . m. 30 100 Vagus-Reiz. 14 R--A, bei welcher der Bd. bis auf 85, bis auf 75 herabsinkt. . 35 34-36. 36 -40 20 Mgr. Cyt. nitr, in die Vene, wobei der Bd. bis 76 mm. Vagusreiz von 14 R-A. 15 Sec. lang, ohne Einwirkung auf den Bd. 55-58 29 m 34 78-82 64-68 32 m. 50-55 32!!m. Vagusreizung ohne Effect auf den Bdck. 40 m. wird der Versuch abgebrochen. Section : Pia- und Duragefässe stark mit Blut gefüllt. – Gehirnsubstanz ödematös durchtränkt; sonst keine Verände- 36 » 30 in. : » rung. Durchströmungsversuche an über- lebenden Organen. . Blutwechsel. m 27 normal. 5 h 0 m 27 25 Mg. C.: 100 B1. 5 h 1 m 35 wieder normal 5 h 2 m 40 , 3 m 32 ~ 4 m 30 o 5 m 28 6 m 20 5 h 1m 33 dieselb. Verz. 5 h 8 m 43 normal. , 9 m 37 er HA CON T : - 5 10 m 26 , 11 m. 28 , 12 m 27 , 13 m 28 5 h 14 m 32 Verg. 12, Mgr. C. auf 100 BI. 5 h 15 m 44 normal. 16 n34 m 26 19 m 26 Blutwechsel. 5 47 m 42 , 48 m 40 , 49 m 38 , 50 m 37 , 51 m 37 , 52 m 37 1242 : 100 c. n. BI. 5 h 53 m 43 5 h 54 m 51 normal. , 55 m 38 , 56 m 36 , 57 m 33 dasselbe + 4 Mgr. 5 h 53 m 40 Coronillin . 59 m 40 normal. 6 h 59 m , 1 m 28 » 2m 22 , 3 m 28 „ 4 m 29 » 5 m 30 o 6 m 34 6 h 7 m 37 58 Mgr. Coronill. 6 h 8 m 43 ) auf 100 Cc. Bl. 6 h 9 m 43 „ 10 m 38 , 11 m 34 39 m 46 48 41 m 37 » 42 m 40 5 h 44 m 47 dieselbe Cone. Cyt, nitric. 5 h 45 m 47 normal. 46 m 47 4 h , 1 m 400 2 m 250 3 m 235 14 m m 16 m 4 4 normal. 4 17 m 5 18 m 19 m ? 5 20 Mgr. Cyt, auf 100 BI. 5 m 6 m 7 m 8 m 9 m 10 m 11 m 12 m 4 60 35 15 12 8 6 6 6 4 » Cyt nitr. 20 Mgr. auf 120 BI. 20 m 4 normal. m 25 m 7 6 ) .. .. .. . , , 4 26 m 27 m 28 m 4 h 29 m 30 m 4 h 31 m 4 4 4 4 3 4 20 Mgr. Cyt. auf 120 B. normal. 32 m 33 m 34 m 35 m 36 m 37 m , , , 3 3 3 3 3 3 .. Herz. Ebenso wenig ist bei der Blutdrucksteigerung das Herz betheiligt. Aus der Beschaffenheit der Pulscurve, so wie aus dem Chloralversuche ist das am besten zu se- hen. Diejenige Curve, welche der Herzthätigkeit ent- spricht, bleibt bei jeder Blutdruckshöhe dieselbe. Das Cytisin übt also keinen Einfluss auf das Herz aus ; dies ist drittens sehr gut am Froschherzen im William’schen, Apparate zu dernonstriren. Die Frequenz der Herzschläge und das Pulsvolumen, d. h. das in der Zeiteinheit durch das Froschherz gepumpte Blutquantum bleiben immer constant. Die anfängliche Steigerung der Pulsfrequenz wie sie stets bei Cytisinvergiftungen beobachtet wird, ist rein centraler Natur und ist nur von der allgemeinen Erre- gung des Centrums abhängig. Aus diesen Gründen kann ich nicht die von H 1- semann und Marmé ausgesprochene Meinung anneh- men, dass das Cytisin die Herzganglien lähme. . — — — i Durchströmungsversuche am ausgeschnit- i tenen Froschherzen mit dem Williams- schen Appar a t. Zeit. . Frequenz. Quantum. 22./IV 4 h 16 m 4,75 51 18 m 4,5 20 m 55 5,0 50 9. 17 m 55 - 4 h 22 m 5,0 Zeit. Frequenz. Quantum 224/2 m Vergiftung 5 Migm. Cyt. nitric, auf 25 Cc. Blut. :- 57 26 m 57 6,0 28 m 30 m 57 6,8 . 32 m 34 m 7,0 37 m 55 7,6 40 m 43 m 45 m . 54 48 m wieder normales. Blut. 49 m 50 7,0 55 55 49 54 m da 6 h Schluss des Versuches. 37 9,5 9,5 38 : 37/2 9,5 23/IV Vormittags 12 h 18 m 21 m 23 m m 26 m 28 m 29 m 30 m | 34 m 5 Migm. Cyt. nitric, auf 25 CC, Blutflüssigkeit. 38 40 9,0 . noch 5 Mlgm. Cyt, nttric. hinzugesetzt. · 40 40 9,0 9,0 9,5 35 m 36 m 40 m 41 m 44 m 46 m 8 m 9,5 9,5 9,25 uoch 5 Mgm. Cyt, nitric. hinzugesetzt. 40 . .: 39 40 noch 5 Migm. Cyt. nitric. hinzugesetzt. 10 39 Schluss des Versuches. ------- 23 23 5 Migm Cyt, nitric, zugesetzt. 24 9,26 . . . . . . -- 23./IV 5 h 50 m 6,5 6,0". 6,25 55 m 58 m 60 m 6h 2 ni . 6,0 49 Zeit Quantum Frequenz. Normales Blut durchgeleitet. 21 6h 6 m 8 m 40 , 9,5 9.5 9,65 9,5 10 m 32 wieder vergiftete Flüssigkeit. 12 m 43 15 m 17 m 43 noch 5 Mgr. Cyt nitric. hinzugesetzt. 20 m 43 21 m 42 23 m 43 m noch 5 Mgr. Cyt nitric, hinzugesetzt. 34 m 41 36 m 32?? 38 m 40 m 44 m 42 m 20 Mgr. Cytisin nitric. hinzugesetzt. 9,5 9,75 9,75 39 41 10 10 10,20 10,0 10,0 10 → 54 m 56 m 56 m 41 40 Schluss des Versuches. 9,5 9,5 Zeit. Frequenz. Quantum. 24./IV. 4 h 33 m 3,5 39 39' 3,25 38 3,75 20 Mgr. Cytisin nitric. in 25 CC. Blutflüssigkeit. 37 3,5 37 3,75 36 4,0 4,0 50 35 36 4,0 » 4,5 4,0 53 m m wieder normale Blutflüssigkeit durchgeleitet. 54 m 56 m 35 58 m 35 , 60 m 4,75 NB. Die Blutflüssigkeit die ich in meinen Experimenten benutzte, bestando bestand aus 1 Theil defibrinirten Blutes und 4 Theile 0,75% Kochsalzlösung. Gewöhnlich 50 CC. Blut defibr. und 200 CC. 0,75% Kochsalzlösung. 4,75 -- - - . ------ 50 Verdauungs-Apparat. Das wiederholt auftretende Erbrechen ist das con- stante, aber auch das einzige äusserlich sichtbare Symp- tom einer Cytisinvergiftung. Ich habe es bei allen Thie- ren, die Erbrechen können, beobachtet. Dieses Erbrechen scheint centrale Ursachen zu haben. Dafür spricht erstens die Thatsache, dass es bei subcutaner Einspritzung eben so gut erfolgt, wie bei Darreichung per os. Ferner tritt es bei Vagusdurchschneidung und darauffolgender subcu- taner Injection auch ein. . Dagegen könnte vielleicht der Umstand sprechen, dass ich auch bei Rückenmarksdurchschneidungen in der Höhe des 3 Brustwirbels, wobei nach K na u t’s23) Unter- suchungen die Bahnen vom Centrum zum Magen durch- trennt werden, Erbrechen beobachtet habe. Dasselbe ist nicht auf reflectorischem Wege. durch Ausscheidung des Giftes auf die Magenwand und dadurch bedingte: Va- gusreizung zu Stande gekommen; es ist mir nie gelungen, trotz einer sehr genauen Methode, Spuren von Cytisin in den Magencontentis und in der Magenschleimhaut nachzuweisen. Indessen könnte es ja noch ein zweites untergeord- netes Brechcentrum im Rückenmarke unterhalb des drit- ten Brustwirbels geben, wie es z. B. untergeordnete Re- spirationscentra giebt. Bei gleichzeitiger Durchschneidung des Rückenmarks am dritten Brustwirbel und der beiden Vagosympatici trat natürlich kein Erbrechen ein. Das Thier stirbt bei dieser Ver- suchsanordnung sehr rasch, im besten Falle lebt es noch . . . . - . . - - - - - - - 23) Arthur Knaut, Innervat des Magens seitens des Rückenmark aus den Brechakt Dissert. Dorpat 1885. - - - - - - - - . - - - - - - - ..51 20 Minuten ; deswegen habe ich nur zwei derartige Experi- mente gemacht, sie gaben jedoch beide dasselbe Resultat. Diarrhoe und Darmentzündungen habe ich nie be- obachtet und deswegen will ich mit Th. Scott-Gray übereinstimmen, dass wenn sie bei Cytisinvergiftungen überhaupt beobachtet wurden, dieselben nicht durch Cy- tisin bedingt waren. Die Peristaltik wird durch Cytisin nicht gesteigert; ich habe dieselbe im Wärmekasten bei Katzen mit frei- gelegten Därmen beobachtet und keine Abweichung un- ter Cytisineinwirkung gefunden. Dasselbe sah ich auch bei Thieren, welche nach Vergiftung mit grossen Dosen sogleich secirt wurden. Uterus.. Ein Abort, der vielleicht durch Cytisin (cf. Experi- : ment Nr. IV) hervorgerufen war, brachte mich auf die . Idee, das Verhalten des schwangeren Uterus untér Cyti- sineinwirkung im Wärmekasten zu untersuchen. Da trotz allen meinen Bemühungen ich nur ein ein- ziges schwangeres Thier zum Experimentiren bekommen , habe, will ich keine Schlussfolgerungen aus diesem Ex- periment machen, führe nur den Protocoll desselben an. : Katze (schwangere). 10 h 15 m. Curarisirt; tracheotomirt im Wärmekasten; Uterus freigelegt durch ein Bauchschmitt in der linea alba. – Uterus ohne Bewegung. 10 h 16 m. 1 Mgr. Cyt. Nitr. in die Vene. – Bewegung der Frucht. 10 h 22 m. Ruhe. 10 h 24 m. 1 Mgr. Cyt. Nitr. in die Vene. – Heftige peristaltische Bewegungen des Uterus selbst. Do 52 - ;- 10 h 34 m. 1 Mgr. Cyt. Nitr. in die Vene. – Kinds- und Uterus-Bewegungen. 10 h 40 m. Ruhe. 10 h 41 m. 5 Mgr. Cyt. Nitr. in die Vene. – Uterus und Kinds-Bewegungen die aber schwächer sind, als die bei den ersten Injectionen - sind aber noch deutlich sichthar. 10 h 50 m. 10 Mgr. Cyt. Nitr, in die Vene. – Die Be- wegungen sind deutlich sichtbar, werden aber nicht stärker als bei den ersten Injectionen. 11 h 1 m. 20 Mgr. Cyt. Nitr. - Keine gesteigerte Thätigkeit. 11 h 10 m. 40 Mgr. Cyt. Nitr. --- Keine Bewegung. Die Foetus sind todt. Drüsen. Hinsichtlich des Verhaltens der secretorischen Drü- sen wird von Marmé und Binet behauptet, dass Cy- tisin die Secretion derselben steigere. Die Speicheldrü- sen, Nieren, nach Binet auch Leber, functioniren unter Cytisin-Einwirkung stärker. Ich habe besondere dies- bezügliche Experimente nicht gemacht, habe aber Sali- vation bei Hunden beinahe constant auftretend beobachtet Ueber andere Drüsen kann ich nichts aussagen. Ausscheidung. Ausgeschieden wird das Gift durch die Nieren un- zersetzt (cf. Chem. Theil), diese Ausscheidung geht sehr rasch vor sich, in 15 Minuten nach der Vergiftung konnte ich es im Harne finden. Theilweise, wie gesagt, wird es : auch mit Speichel ausgeschieden. Section. Die Section weist keinerlei wesentliche Pathologi- - ... .. LU OL . . . - - - -- - - - - . - - -- - - - -- - - 53 11 sche Veränderungen auf, auch nicht die beim Erbrechen üblichen wie Ecchymosen im Magen und im Pleura. Bei der Section sind nur Zeichen eines asphyktischen Todes vorhanden: Blutfüllung des rechten Herzens und der Lungen (bei kleinen Thieren sogar auch Hämorrhagien in den Lungen). Bei jungen Thieren fand ich manchmal eine stärkere Injection der Piagefässe; nur in einem Falle eine Trans- sudation in die Ventrikel III und IV. Einmal bei Ap- plication einer zehnfach tödtlichen Dosis fand ich Blut im Harne. Zum Schluss möchte ich noch die Frage beantwor- ten, in welche pharmacologische Gruppe das Cytisin sei- ner Einwirkung nach auf den thierischen Organismus hineinpasst. Aus dem Vorhergesagten resultirt die grosse Aehnlichkeit des Cytisins mit dem Strychnin; sie zeigen nämlich beide dieselbe Wirkung auf das Blut, auf die Respiration, auf dieselbe curareähnliche lähmende Wir- kung (bei über maximalen Dosen) ohne vorhergehenden Reizungserscheinungen. Nur hinsichtlich der Krämpfe, die bei Cytisin nicht constant und nicht so typisch wie bei Strychnin auftreten, differiren diese beiden Gifte. Wenn man aber die in der letzten Zeit von Falck2t) und Meyer 21a) ausgesprochene Ansicht berücksichtigt, dass die Krämpfe bei Strychnin durch die Respirationslähmung bedingt, also asphyktisch seien, so konnte man die Diffe- ny -.. , , man ! 24) F. A. Falck, Sammlung klinischer Vorträge R. Volkmann Nr. 69. Die Wirkungen des Strychnins. 24a) Sig. Meyer. - Archiv für experimentelle Pharmacologie her. von 0. Schmiedeberg. Bd. II, pg. 458. - - - - -- 54. · 1-:-- . renz zwischen Cytisin und Strychnin beinahe nur als for- mell ansehen. In gewisser Hinsicht ähnelt das Cyt. dem Curare und zwar in seiner lähmenden Einwirkung auf das periphere motorische Nervenapparat. Es steht also zwischen Strychnin und. Curare, viel näher jedoch dem ersten als dem zweiten. : Die grösste Aehnlichkeit aber scheint das Cytisin mit Ulexin zu haben. Dies ist ein Alkaloid, welches vor Kurzem von Pinet 245) im Vulpian's Laboratorium in dem Ulex europaeus L. und in einzelnen Genistaspecies entdeckt worden ist; die pharmacologischen Untersuchun- gen darüber beschränken sich leider nur auf einzelne Froschexperimente. Die hierin gemachten Beobachtun- gen stimmen völlig mit den meinigen überein, die maxi- male Dosis 1 Mgr. eines salzsauren Salzes und die vom Centrum zur Peripherie schreitende Lähmung sind in beiden Fällen identisch. Es bliebe noch zu wünschen übrig, dass weitere Experimente mit Ulexin seiner Ein- wirkung nach auf Säugethiere unternommen würden; wo- durch vielleicht die Aehnlichkeit, wenn nicht die Iden- tität der pharmacologischen Wirkung beider Alkaloide zum Vorschein käme. Therapeutischer Theil. Als Heilmittel ist Cytisin seit lange her bekannt. Wie aus der Einleitung ersichtlich , finden wir fast bei jedem der alten Schriftsteller Angaben über die therapeu- tische Anwendung desselben. In Mitteleuropa ist es seit 24b) Pinet, Archiv de Physiologie red. par Cl. Bernard et Vulpia n 1887 Nr. 2 pg. 89. 55 dem Ende des XVI. Jahrhunderts populär geworden. In England ist Cytisin bis jetzt als diurecticum beim Volke beliebt. Die literarischen Angaben dagegen sind recht spärlich. Marm é 23) und Flügge schlagen es als An- tidot bei Arsenicismus acutus vor, da es die durch Arse- nicalien bedingte Hyperämie beschränken soll. Vilmo- rin 24) und Tollard benutzen es als drasticum, und be sonders erfolgreich als emeticum. V auters 24a) will in Cytisin ein Ersatzmittel für Senna gefunden haben. Aus- führlicher darüber finden wir bei dem schon vielfach ci- tirten Th. Scott Gray, der dem Üytisin eine vielsei- tige Anwendung giebt. Erstens giebt er es als stoma- chicum; er behandelt damit mit Erfolg Dyspepsien, die von galligen Erbrechen begleitet sind. Nach der Appli- cation eines Decocts vom spec. Gew. 1,024 aus Cyt. La- burnum 1-20 Tropfen je nach Constitution und Alter, tritt eine erhebliche Besserung des Appetits ein und das Erbrechen hört auf. Besonders erfolgreich ist die Behand- lung mit Cytisin des Erbrechens bei Kindern, das auf gesteigerter Reizbarkeit des Magens basirt ist, dann ist der Decoct in kleinen Dosen und kurz vor dem Essen zu geben. Die functionellen Störungen der Leber, der vo- mitus gravidarum, Prurigo (bei innerlicher und äusser- licher Application) werden auch mit Cytisusdecoct geheilt. Die narkotisirende Eigenschaft desselben lässt sich zur Milderung des Hustens bei Bronchitis und der Dyspnoe 23) Marmé und Függe. Götting. Nachr, 1875, 23. 614 citirt bei Huse ma n n - Hilger Pflanzenstoffe bei Cytisin. 1884. Bd. II p. 1031. 24) Vilmorin und Tollard in Bull. de pharm. t. 1, pag. 48 bei H a h n citirt. 24a) V auters bei L. Ha h n citirt, ohne Angabe der Quelle. 56 W bei Asthma verwerthen. Die Dosis. für das Decoct ist von 5 Mgr. bis 10 Cgr. je nach Constitution und Alter von Gray angegeben. Für isolirte Bestandtheile für Cystinea 0,005—0,2, für Laburnin 0,25-0,6, für Labur- ninsäure 0,05-0,3. Uebrigens ist die Wirkung eines je- den einzelnen dieser Bestandtheile auf den Organismus dieselbe. Diese von Th. Scott Gray gemachten Beobach- tungen scheinen keinen Anklang auf dem Continente gefun- den zu haben und scheinen auch dort in Vergessenheit ge- Es ist meiner Ansicht nach ein grosser Verdienst von Prof. Ko bert, die Aufmerksamkeit der Thera- peuten wieder auf dieses Mittel gelenkt zu haben. Er liess es en gros von E. Merck darstellen und forderte die Aerzte auf dasselbe therapeutisch anzuwenden. Die In- . dication dazu ist aus dem pharmacologischen Theile mei- ner Arbeit leicht ersichtlich. In kleinsten Dosen schon 1 Mgr. subcutan, steigert es central den Blutdruck ohne das Herz zu beeinflussen. In denjenigen Fällen also, wo eine Contraction der Gefässe erforderlich, findet Cytisin Anwendung. Das sind Melancholie und paralytische Mi- gräne xai Forov. Ich erlaube mir einige Auszüge aus den Krankengeschichten der mit Cytisin behandelten Patien- ten vorzulegen, die das Gesagte illustriren. Dieselben stammen aus der hiesigen psychiatrischen Klinik und sind mir gütigst von Prof. Kraepelin zur Verfügung ge- stellt worden. Fall Nr. I. Lane Peter. Klin. Diagn. Imbecillitas. Pat. fühlt sich sehr matt, der Kopf ist benommen, weiss nicht was mit ihm geschieht. Er kann nicht denken, die Gedanken fehlen ihm, hochgradige Apathie, Pat. rührt . - - . - - -- - - - - - - - - 57'. sich kaum aus seinem Zimmer, möchte immer allein sein, hat keine Lust zur Arbeit. Sprachstörung, die besonders am Abend deutlich hervortritt, vollständige Flexibilitas cerea. 3./III. Cytisin nitric. 0,005 pro die subcut. Oeff- net die Augen, spricht mit leiser Stimme, die Katalepsie schwindet allmählich. Pat. giebt Auskünfte über sein Be- finden; er habe nicht sprechen können, weil die Sprache ihm schwer geworden, auch das Denken sei sehr schwer gewesen, nach der Medicin sei es ihm leichter geworden. Er nimmt Nahrung zu sich. 8./IV. Nach jeder Cytisin- injection ist eine deutliche Besserung wahrzunehmen, welche ca. 2-3 Stunden anhält. Während Pat. des Mor- gens in früherer Weise starr und ohne Reaction dasitzt, antwortet er dann auf kurze Fragen, nimmt Nahrung zu sich, ohne dass die Katalepsie vollständig schwindet. 17./IV. Pat. ist wieder ganz im früheren Stupor und es lässt sich nach Cytisin keine Besserung mehr wahrneh- men, trotzdem dass bis auf 0,008 gestiegen worden ist. · Fall Nr. II. Johann Retzo. Klin. Diagn.: Paranoia habbitualis. Status praes: Pat. ist in hohem Grade ängst- lich erregt, zittert und bebt, lässt sich nur mit Mühe zum Antworten bewegen. Hört verschiedene Stimmen. Flexi- bilitas cerea. 15./1. Cytisinbehandlung angefangen. 3mal täglich Cyt, nitr. bis 3 gtt 1% Lösung pro dosi. Keine Aenderung im Zustande, nur eine leichte Pulsbeschleuni- gung bis 100. 23./1. Cyt. 3mal täglich 4–5 Tropfen 5 Tage hindurch. Während dieser Zeit ist der Pat. etwas zugänglicher, antwortet, wenn auch leise, Angst habe er nicht, geht aufgefordert durchs Zimmer, reicht die Hand, Flexibilitas cerea nicht mehr deutlich, indem Pat. gleich die Extremitäten in frühere Stelle zurückzieht. Im Laufe U : .. 58 des Februars ist der Stupor noch tiefer geworden am 5. III. 0,003, 6./III. 0,004 bis zum 10:/III 0,007 Cyt, nitr. pro die ohne dass eine merkbare Wirkung aufs Allge- meinbefinden hervortritt. Fall Nr. III. Jakob Bringfeldt. Klin. Diagn. Me- lancholie. St. praes: Die Haltung des Pat. ist eine schlaffe, der Gesichtsausdruck ist matt und etwas scheu. Pat. sitzt still auf seinem Bett, befolgt alle Anordnungen des Arztes richtig, zeigt dabei aber ein etwas scheues Wesen. Nur mit Mühe gelingt es aus ihm einige Worte heraus- zulocken. bis zum 10./IV. 0,005, vom 10./ÍV. bis 20./IV. 0,007. – Die Wirkung des Mittels auf den Puls ist jedesmal nach- zuweisen, auch scheint die Cyanose geringert zu werden. -- Das Mittel wird ausgesetzt, weil Pat. sich dagegen zu sträuben beginnt, doch scheint er während des Gebrauches desselben etwas lebhafter geworden zu sein. Er las zu- weilen die Zeitung und wurde sogar einmal beim Turnen an den Geräthen atrapirt. – Das ganze Benehmen bietet keine Aenderung gegen früher, Pat. steht bei der Arbeit ohne zuzugreifen, oder arbeitet wie im Traume. Fall IV. Frl. S. 21 J. am 25.,III 87 wegen einer hysterischen Contractur des rechten Beines, und mannig- fachen nervösen Beschwerden, Herzklopfen, Schlaflosig- keit, Appetitlosigkeit, Vorstopfung u. s. w. in die psy- chiatrische Klinik aufgenommen. Seit mehreren Jahren leidet Pat. allen 2–3 Monaten an heftigen Anfällen recht- seitiger Kopfschmerzen, die seit dem Herbst 1886 häufi- ger geworden, und in der letzten Zeit sogar mehrmals wöchentlich aufgetreten sind. Dem Anfalle geht regel- . 59 UI 4 mässig starke Unruhe, Oppressionsgefühl, Schmerz in der Herzgrube, 'Uebelkeit voraus. Die rechte Pupille wird weiter, und nun beginnt nach 1--2 Stunden unter hefti- gen häufig wiederholtem Erbrechen, Unruhe, quälender Angst, Lichtscheu und Flimmern vor den Augen, der die ganze rechte Schädelhälfte einnehmender Kopfschmerz. Die Dauer des Anfalls beträgt 12—24 Stunden; nach demselben grosse Mattigkeit und häufig eine bald vor- übergehende Sehstörung auf dem rechten Auge, Undeut- lichkeit und Verzerrung der Gesichtsbilder. Es tritt eine fleckige mehr und mehr sich verbreitende und sogar bis auf den Arm übergreifende Röthe, namentlich der rechten Gesichts- und Körperhälfte auf, während die linke Seite blass bleibt; die rechte Temporalis pulsirt stark. Coffein und Salycylsaures Natron hatten sich als therapeutisch unwirksam erwiesen, ebense die gewöhnlichen Schlaf- mittel, dagegen hatten Cocaïneintreufelungen ins Auge, sowie Morphiuminjectionen Linderung bewirkt. Die letz- teren wurden von der Pat. lebhaft gewünscht. Am 10./IV. nach vergeblicher Anwendung verschie- dener anderer Mittel 0,003 Cytisinum nitricum subcutan. Der Erfolg war überraschend. Im Laufe einer halben Stunde schwapden die Röthung, das Depressionsgefühl und der Schmerz bis auf einen leichten Kopfdruck; ausser- dem gelang es nunmehr durch 8 gr. Pavaldehyd mehr- stündigen Schlaf zu verschaffen. Ganz dasselbe Résultat wurde unter Steigerung der Dosis auf 0,005 im Laufe". der folgenden Monate regelmässig erzielt; dabei wurde die Anfangs 3—4. mal wöchentlich auftretende Migräne unter dem Einflusse einer auf das Allgemeinbefinden ge- richteten erfolgreichen Therapie (Massage allgemeine Fa- CP • 60 D radisation, Bäder) immer seltener und stellte sich schliess- lich nach alle 9-10 Tage ein um auch dann sofort cou- pirt zu werden. Die Daten scheinen mir zur Genüge zu demonstriren, welche Veränderungen im Zustande der Patienten, die Cytisinbehandlung hervorzurufen vermag. Die Wirkung auf die Melancholie ist aber leider nur vorübergehend und von kurzer Dauer, auf die paralyt. Migräne dagegen radi- cal und anhaltend. Neuerdings ist Cytisin von Prévost und Binet als centralwirkendes Brechmittel empfohlen worden. Darin bin ich mit den Autoren nicht einverstanden. Ein Emeticum ist meiner Ansicht nach nur dann gut und brauchbar, wenn es nur Erbrechen hervor- ruft. Mit :Cytisin ist es aber nicht der Fall. Selbst so kleine Dosen wie 1 Mgr., die noch lange nicht im Stande sind Erbrechen hervorzurufen, bewirken schon eine hochgradige Blutdrucksteigerung, die jedenfalls gar- nicht beim Brechakte wünschenswerth ist, wo der Blut- druck schon so wie so steigt. Weiter kann ich es nur mit Vorsicht als Diureticum empfehlen, auch dürfte seine Wir- kung in dieser Hinsicht nur eine sehr transitorische sein. Die Dosis ist von Prof. Kraepelin für Menschen, bis auf 0,010 Cyt. nitr. subcutan festgestellt. Man be- ginne aber stets mit kleineren Dosen. 0,003 bis 0,005 genügen, um dic Erscheinungen, auf die es ankommt, hervorzurufen. (D LL VII Toxicologischer Theil. www Die Wirkung des Cytisins erstreckt sich auf sämmt- liche Thierarten. Nach meinen Untersuchungen sterben Hunde, Katzen, Hühner, Kaninchen, Tauben, Sperlinge, 61 Yºu 1 Ratten (schwarz und weiss), Ziegen, Meerschweinchen, Frösche, Blutegel, Bandwürmer, Schnecken unter den im pharmacologischen Theil meiner Arbeit geschilderten Symptomen, sobald man ihnen die toxische Dosis direct ins Blut (Vena) oder hypodermatisch injicirt. Per os kann man nur diejenigen Thiere vergiften, die nicht er- brechen, sonst wird die Giftmasse ausgeworfen und die lethale Dosis gelangt nicht in's Blut. So habe ich bei einer Katze per os nur die Wirkung des Cytisins als eme- ticum zu sehen bekommen, trotzdem dass ich durch die Magensonde 75 Mgr. eingeführt hatte, eine Dosis die sub- cutan circa 10 Katzen tödten könnte. Bei denjenigen Thieren, die nicht erbrechen, ist die tödtliche Dosis be- deutend grösser bei der Darreichung per os als subcu- tan. Ein Meerschweinchen stirbt schon bei 15 Mgr. sub- cutan, während es 40 ohne jegliche Einwirkung verträgt, bei 45 Vergiftungsymptome zeigt, und nur bei 50 todt ist. Die Ursache dieses so grossen Unterschieds liegt wahrscheinlich in der raschen Ausscheidung des Giftes. Es wird rascher ausgeschieden als es zur Resorption ge- langt, auf diese Weise kommt es, dass eine tödtliche Dosis mit einem Male im Blute nicht vorhanden ist. Nur eine Thierklasse fand ich, die im Cytisin, auch in den stärk- sten Lösungen leben können, es sind Ascariden, sie schei- nen gegen das Gift immun zu sein. Den Thierklassen nach, zeigen die Fleischfresser auf Cytisin die grösste Empfindlichkeit; die Pflanzenfresser ver- tragen mehr. Die grösste Empfindlichkeit besitzen diejenigen Säugethiere, welche erbrechen, also Katzen, Hunde; ihnen reihen sich die Tauben an; dagegen vertragen die Nagethiere, wie Ratten, Meerschweinchen u. Kaninchen mehr. Am mei- T1 sten eclatant ist die Widerstandsfähigkeit der Ziege; ich konnte z. B erst nach Injection von 0,375 Cyt. nitr. eine junge Ziege von 3440 Gr. vergiften, also mit einer Dosis, die circa für 40 Katzen ausreichend gewesen wäre. . . Was nun die Dosirung anbetrifft, so fand ich die lethale Dosis stets kleiner als es Marmé angiebt; den Umstand kann ich nur der Güte und Reinheit des Präparates der mir zu Gebote stand, zuschreiben. Hunde 0,004 (0,003), Ka- tzen 0,003 (0,002), weisse Ratten 0,020 (0,013), Meer- schweinchen 0,037 (0,025), Ziegen 0,109 (0,073), Hühner 0,010 (0,007), Tauben 0,013 (0,009), Frösche 0,025 (0,017). Die Dosis die in Klammern steht entspricht dem reinen Cytisin, das 66% des Cytisinnitrats (Zahlen ohne Klam- mern) beträgt. Bei den Injectionen in die Vene sind klei- nere Mengen erforderlich ; so vergiftete K obert einen Hund von 5600 Gr. mit einer Injection von 0,016 in die Vena dorsalis pedis, das Thier starb unter Krämpfen. Nach Marm é soll die Qualität der Vene von Wichtig- keit sein, er behauptet, was ja leicht verständlich ist, dass eine Injection in die Vena jugularis kleinere Mengen er-- fordert, als in die Vena dorsalis pedis. Blutegel sterben nach Cytisindarreichung, wenn sie hypodermatisch (intraparenchymatös) erfolt max. Dos. 0,005, schon nach einer Stunde; in einer Lösung von 1: 1000 Cytisin sterben sie erst am dritten Tage. Schnecken vertragen bis 5 Mgr. intraparenchymatös Taeniae (elliptica) in einer Lö- sung von 20 Mgr. Cyt. nitr. und 22 CC. Kochsalzlösung werden bewegungslos am dritten Tage gefunden. · Bemerkt sei es hier, dass die für die Warınblüter ange- gebene Dosis nur für erwachsene Thiere ihre Geltung hat. Interessant ist nämlich die Thatsache, dass die Widerstands- 63 nel n- fähigkeit gegen Cytisin sich innerhalb gewisser Grenzen um- gekehrt proportional dem Alter des Versuchsthieres verhält, d. h. je jünger das Thier ist, eine desto grössere Giftdose verträgt es. Eine derartige Beobachtung ist zuerst von F. A. Falck 25) für Strychnin bei Kaninchen gemacht wor- den. Die Erklärung dieser Thatsache ist in einer in phy- siologischer und vielleicht auch anatomischer Beziehung unvollständigen Entwickelung der Ganglieu des Central- nervensystems bei ganz jungen Thieren zu suchen. Ich con- statirte dieses Verhalten sowohl für Katzen als für Hunde. Die Resultate der 29 Experimente, die ich bezüglich dieser Frage angestellt habe, führe ich in tabellarischer Zusammenstellung hier an. Katzen. Alter Gewicht Abs. Dosis. Dosis pro Kilo 2 Tage - 4 Wochen 150 0,004 0,022 2 Woch. - 4 Woch. 225 0,003 0,014 4 Woch. – 6 Woch. 400 0,003 0,007 Alte Thiere 2000 0,006 0,003 Hunde. 24 Stunden 200 0,0025 0,012 2 Woch. - 4 Woch. 600 0,005 0,008 Alte Thiere 8000—10,000 0,035. 0,004 Am Menschen sind nach Marm é's Angabe im Ganzen 52 Vergiftungsfälle beobachtet worden. Mir ist es gelungen nur 18 Fälle aus der mir zu Gebote stehen- den Litteratur zusammenzustellen; ich führe sie alle in äusserster Kürze am Ende meiner Arbeit an. Sie be- 2 25) F. A. Falk, Referat in dem Jahresbericht über die Fort- schritte der Pharmakotherapie heransgegeben von R. K obert, 1. Bd 1884, Strassburg. pag. 29. 64 RV- treffen meistentheils Kinder, welche die Samen von Cyt.Lab. mit Erbsen verwechselten. Die Aehnlichkeit der Cytisusblu- men mit denen der Robinia pseudoacacia ist nicht nur für Kinder Vergiftungsursache gewesen ; in den, am Ende der Arbeit citirten Krankengeschichten finden wir nicht selten angeführt, dass die Köchinen die Blumen von Cytisus La- burnum statt deren der Robinia pseudo-acacia bei Zube- reitung der Speisen benutzt haben. Sehr kleine Mengen der Drogue reichen schon aus, um bedrohliche Erschei- nungen hervorzurufen. So ist ein Vergiftungsfall bekannt, wo mehrere Menschen, nachdem sie Brod aus einer Mühle gegessen, in welcher früher Cytisus Laburnum zum Zweck chemischer Untersuchung gemahlen wurde, stark erkrank- ten. Zu bemerken ist, dass die Steine beim Wechsel des Verarbeitungsmaterials gereinigt wurden und dass die kleine Giftmenge, die in's Mehl übergegangen, genügte eine Vergiftung hervorzurufen 25). Als ein ferneres Beispiel 26) möge dies dienen, dass in Dalmatien, wo der Cytisus Weldenii einheimisch ist, nicht selten man die Beobachtung machte, dass nach Ge- ' nuss von Milch, mit dieser Pflanze gefütterter Ziegen, ein heftiger Kopfschmerz entstanden war. Nach End - licher 27) ruft der Geruch von Cytisus Ramentaceus Sieb. schon Kopfschwindel hervor. Die Symptome einer Cytisinvergiftung bei Menschen bestehen in Folgendem: Nausea und Erbrechen leiten constant die Vergiftungserscheinungen ein; in diesem 25) Mar mé cf. . 26) Rosenthal, „Heil-, Nutz- und Giftpflanzen aller Länder“. Erlangen 1862, pag. 987. 27) Citirt bei L. Hahn, ohne Angabe der Quelle. 65 WV Umstande ist der Grund zu suchen, warum der Tod, auch bei stärkeren Giftdosen so selten eintritt. Nach Marmé sind nur 3 Todesfälle bekannt. Das Erbrechen wird von Schmerzen im Abdomen und Epigastrium begleitet, diese dauern manchmal einen Monat an. Convulsionen, Anae- sthesie, Cyanose der Lippen, Coma, manchmal auch Te- tanus gesellen sich in schwereren Vergiftungsfällen hinzu. Ueber die Diarrhoe weichen die Angaben der Autoren auseinander. Weelhouse, Chritisson, Polak, Popham 28), wollen fast bei jeder Cytisinvergiftung die- . selbe beobachtet haben. Popham constatirte bei 9 Per- sonen auf 10, die zu gleicher Zeit vergiftet waren, acute Gastroenteritis .mit choleriformen Symptomen. Die Sec- tion ergab eine diffuse Entzündung des Intestinaltractus. Gray dagegen behauptet, auf eigene Thierversuche sich stützend, dass wenn Darmentzündung bei Cytisinvergif- tung vorkomme, dieselbe nicht durch Cytisin verursacht sei. Die Section ergiebt ausser der oben citirten Entzündung des Darmes eine vollständige Integrität: aller Organe... Der erste therapeutische Eingriff bei etwaiger Cytisinvergiftung würde die Heraus beförderung der ge- nossenen Substanz aus dem Magen sein. Das thut das Gift gewöhnlich selbst. Fals das Erbrechen ausbleiben sollte, so ist jedes Emeticum durch die Magenpuinpe zu ersetzen, sie erspart den so wie so stark angegriffenen Patienten die unnütze Qual. Die Respirationslähmung ist durch die künstliche Athmung zu beseitigen, diese letztere ist in solchen Fällen um so mehr zu empfehlen, da sie von kurzer Dauer zu sein braucht, weil das Gift rasch aus dem Organismus 'ausgeschieden wird. 28) cf. Krankengeschichte, genauere Angabe darüber. 66 Fali l.. Ueber einen Fall der Vergiftung mit der Wurzel von Cytisus Laburnum berichtet Leonard Sedge- wick 29) in Med. Tim. aud Gaz. Jan. 3. 1857. Ein Knabe von 8 Jahren ass am September 1848 Nachm. 4 Uhr ein Stück der Wurzel, die er für Süssholz hielt; er wurde 574 Stunden darauf von Erbrechen, grosser Mattigkeit und Schwindel, der ihn am Gehen hinderte, befallen. Um 54 Uhr als Verf. den Pat. sah, war letzterer äusserst matt, das Gesicht blass, Augen glanzlos, Haut kalt, Puls etwas beschleunigt, sehr schwach; Zunge rein, feucht, nicht roth, Schwindel und Ohnmachtserscheinungen waren vorhanden. Mehrmals wurde ein hellbraunes Fluidum erbrochen, in welchem klebrige faserige Massen schwam- men. Sinnesorgane nicht afficirt, beim Kopfweh keine Convulsionen, keine beschleunigte Respiration, kein Schmerz im Unterleibe. Wiederholte Dosen von Brech- weinstein riefen ergiebiges Erbrechen hervor; da der Puls noch schwach blieb, so erhielt der Pat, sal volatile und war um 7 Uhr hergestellt. Die Schwester des Knaben, 10 J. alt, hatte wenig- stens 3 mal mehr von der Wurzel genossen, als ihr Bru- der und es traten alle obigen Symptome weit stärker hervor. Aber auch bei ihr waren keine Krämpfe oder Kopfweh, wohl aber etwas Schmerz im Hypogastrium, Erweiterung der Pupillen und Betäubung vorhanden. Die Behandlung war dieselbe, das Kind war am folgenden Morgen wieder hergestellt. 29) Jahrbücher der in- und ausländischen gesammten Medicin, her- ausgegeben von Carl Christian Schmidt. 1857. Bd. 94. pg. 28. 67 Fall 2. . Lesage Picon 30) (Revue thér. du Midi. XIII, pg. 396, 1859) beobachtete 6 Personen, welche statt der von Manchen als Delicatesse angesehenen gebackenen Akazienblüthen (Robinia pseudoacacia) die Blumen von Cytisus Laburnum in derselben Zubereitung genossen hatten, heftiges Erbrechen und Durchfall, jedoch ohne weitere Folgen. Fall 3. J. Popham 31) berichtet im Dubl. med. journ. 1863, Febr. p. 248 über eine Vergiftung durch Laburnumsamen. Von zehn Knaben, welche von dem Samen gegessen, kamen neun mit dauernder Gastritis davon; ein 6-jähri- ger Knabe, der mehr genossen hatte, als die anderen, bekam Schwindel, Kopfschmerz, Trockenheit, Hitze, Ge- fühl von Constriction der Kehle, heftige Magenschmerzen, später Nausea und Erbrechen dunkler Massen. Im Spi- tal fand man die Magenschmerzen fortdauernd, Gesicht blass, Gesichtsausdruck ängstlich, Temperatur normal, Puls beschleunigt, Respiration mühsam, dabei heftige Er- regungen, convulsivisches Zucken der Gesichtsmuskeln, stark erweiterte, gegen Licht weniger reagirende Pupillen. (Emeticum, warme Tücher auf Epigastrium und Extre- mitäten, Clysma, schwarzer Kaffee). Nach Aufhören der Schmerzen, zwei Stunden später, Narkose, langsames, stertoröses Athmen. Aufgewacht, antwortet er unzusam- menhängend und fällt bald wieder in Stupor (Stimulantia 30) Op. cit. Jahrg. 1859. Bd. 104, pg. 306. 31) Cansta t t's Jahresbericht über die Fortschritte der ges. Medicin aller Länder im Jahre 1863. Band V, Heilmittellehre p. 114. Würzburg. 68 äusserlich und innerlich). Herstellung am anderen Mor- gen, nachdem der Stupor ruhigem Schlafe gewichen war, bis auf Blässe und Schwäche. Fall 4. Von G. Fischer 32) (Schuchardt's Zeitschrift für pract. Heilkunde, Heft 5, p. 408) erhalten wir Mitthei- lung über die Intoxication zweier Knaben in dem Alter von 2/2 und 4/2 Jahren, die von den ihnen zum Spielen gereichten Schoten von Goldregen eine unbestimmte Quantität genossen hatten. Nach Stunde trat bei dem 21/2 jährigen Kinde Taumeln des Kopfes, Geschlossensein der Augen, ungemeine Blässe des Gesichts und bläuliche Färbung der Lippen ein, dabei waren Gesicht und Extre- · mitäten kühl. Die Mutter gab ihm schwarzen Kaffee, wonach es einmal erbrach und einschlief. Der ältere litt schon nach 14 Stunde an Kopf- und Leibschmerzen, Mü- digkeit und Unfähigkeit zu gehen. Es erfolgte 4 mal Er- . brechen. Nun wurde ihm schwarzer Kaffee gereicht, worauf er einschlief. Die Genesung trat rasch nach Inf. sennae comp. ein, doch blieb noch etwas Blässe und Schlaffheit, sowie Mangel an Appetit zurück. Fall 5. Graham 33) behandelte in Cashel Workhouse 16 Mädchen im Alter von 2–9 Jahren, welche Samen von 32) Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmacognosie, Phar- macie und Toxicologie, herausgegeben von Med.-Rath Dr. Wiggers und Dr. A. Husema nn. Neue Folge des mit Ende 1865 abgeschlossenen Canstatt’schen pharmac. Jahresbericht. 2. Jahrgang 1867 p. 539. 33) Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte in der ges. Medicin, herausgegeben von Rud. Virchow und Aug. Hirsch, III. Jahr- gang. Bericht über das Jahr 1868, Bd. I p. 367. Berlin 1869. Cyt. Lab. gegessen hatten und welche nach Anwendung von Brechmitteln und Liq. ammon. arom. in einzelnen Fällen) sämmtlich genasen. Die beobachteten Erschei- nungen waren: Erbrechen, Angst, beschleunigter und kleiner Puls, Schmerzen im Epigastrium, Zucken der Ge- sichtsmuskeln, Augenverdrehen, Kühle der Haut, Neigung zu Schlaf und Stupor, die aber nicht sämmtlich bei allen Vergifteten vorkamen. Fall 6. . Eine Vergiftung durch Cytisusblüthen beobachtete Pola k 34) in Teheran, wo ein von ihm als Diureticum verordnetes Decoct von Cytisusblüthen Erbrechen, Durch- fall, Kühle der Extremitäten, Collapsus, Agitation und Verengung der Pupillen bei einem hydropischen Kinde hervorrief, das indess durch diese Cur von seiner Wasser- sucht fast ganz befreit wurde. von sser- Fall 7. Ein Todesfall in Yorkshire 35), der einen 6-jährigen Knaben betrifft, welcher Nachmittags Zweige eines Gold- regenbaumes mit den Zähnen abgeschält hatte und um Mitternacht unter Schmerzen im Epigastrium und Uebel- keit erkrankte, dann mehrere Anfälle von Erbrechen nicht sehr reichlicher, dünner und schaumiger Massen bekam, zwischen denen unruhig schlief, bis er gegen 5 Uhr, wo er zwar sehr schwach, aber vollständig bei Besinnung war und vernünftig sprach, starb, wird von Wilson re- ferirt, der eine / Stunde nach dem Tode die Todtenstarre beginnend, den Bauch aufgetrieben und die Pupillen er- 34) Daselbst. 35) Daselbst. .70 weitert fand, später bei der Section eine hochgradige Ent- zündung des Dünndarns und des Mesenteriums bei nor- malem Verhalten aller Bauch- und Brusteingeweide und keiner ausgesprochenen Hirnhyperämie constatirte. Fall 8. Eine Vergiftung von 14 Personen mit Cytisusblüthen beobachtete Dr. Rouge 36) in Lausanne. Dieselben hat- ten von einem Gebäck gegessen, zu dessen Bereitung an- statt der Blüthen von Robinia pseudoaccacia, Goldregen- blüthen verwendet wurden. Nur bei einer Person traten die Symptome in sehr unbedeutender Weise auf, bei den übrigen, wo sie sich in 4-2/2 Stunden, in einem Fall nach 6 Stunden zeigten, bestanden sie -- von 3 Kranken abgesehen, die gleich nach der Mahlzeit etwas Excitation und Lustigkeit bekamen – im allgemeinen Unwohlsein, Schwindel, Uebelkeit, grosser Schwäche in den Beinen, kalten Schweissen, Erbrechen (bei 3 fehlend) und Schlaf- losigkeit. In 3 Fällen war die letztere von Hallucinatio- nen, in einem Fall von Delirium begleitet; bei zwei Per- · sonen trat Diarrhoe ein. Fall 9. Wheelhouse 37) macht im Brit. med. Journ. 1870 Jan. 22. Mittheilung über eine Vergiftung durch Cyt. Lab., die einen tödtlichen Ausgang hatte. Ein 5/2 jähriges Mädchen seheint in zwei getrennten Zeiten unreife Scho- ten gekaut und gegessen zu haben. Nach dem erstmali- 36) Journal de Pharmacie et de Chimie par Dr. Vigla et Niclès. Paris. V. Masson et fils. 1868 p. 467 I. 37) Wiggers und Husema nn's Jahresbericht etc. 5 Jahrg. 1870 p. 618. 71 : . gen Genusse stellten sich Uebelsein, Schmerzen in der Herzgrube und im Leibe ein, nach dem zweiten Male aber sind ausser den genannten Symptomen noch Kopf- weh, Pupillenerweiterung, Kälte der Beine, grosse Un- muhe und Reizbarkeit eingetreten und es kam trotz der ärztlichen Hülfe am folgenden Tage zu einem soporösen Zustande bei fortdauerndem Erbrechen, Purgiren und kleinem schwachen Pulse. Obgleich sich nach einigen Tagen die gastrischen Erscheinungen verloren, trat am 9. Tage der Tod ein. Fall 10. In demselben Jahre theilte Tynla y 38) (Lancet. Aug. 6.) einen Fall mit, wo ein 18jähriges Mädchen 2-3 Stunden lang ein fingerdickes, 2-3 Zoll langes Stück eines Goldregenzweiges, ausserdem noch einige Blumen gekaut hatte und danach an Magenkrampf, Uebelkeit, Durst und Vomituritionen erkrankt war. Auch stellte sich grosse Schwäche ein, während Erbrechen und Durchfälle fehlten. Der Fall endigte in 8 Tagen mit Genesung. : . Fall 11. Eine leichte und ohne medicamentöse Behandlung günstig verlaufende Vergiftung mit Goldregensamen, von denen ein 4jähriger Knabe angeblich 10 Stück gegessen hatte, beschreibt Henry Wilson 39) im Lancet 1871, Sept. 16. p. 396. Die Intoxicationserscheinungen debütirten in einer Stunde mit wiederholtem Erbrechen, eine Stunde später traten Schlafsucht und leichte Convulsionen ein, welche letztere nach kurzer Zeit spontan schwanden; ausser- TU 38) Daselbst. 39) Op. cit. 6 Jahrg, p. 566. 1871. 72 . dem wurden leichte Pupillenerweiterung und etwas Kühle der Extremitäten beobachtet. Auf die Schlummersucht, aus welcher jedoch der Patient ohne Mühe auf Momente zu erwecken war, folgte bald ruhiger Schlaf und völlige Wiederherstellung. Fall 12. UU TT pag. 252) über eine bei Lübeck vorgekommene Vergif- tung von drei Knaben, welche am Wege einen Strauch mit überwinterten Schoten und wahrscheinlich auch rei- fen Samen von Cyt. Lab. gefunden und von den Schoten und Samen genossen hatten. Zwei Knaben von 5 Jahren verfielen in Krämpfe, heftiges Erbrechen, mit welchem bei dem Einen sogar Blut ausgeworfen wurde, Be- wusstlosigkeit und starben in 3/4-1 Stunde. Hinckel. deyn fand bei der Section keine Spur von Entzündung im Magen und Darm, aber bei einem der Knaben war offenbar in Folge des heftigen Erbrechens, bei stark ge- fülltem Magen, eine Ruptur des letzteren eingetreten, durch welche ein Austritt der Magencontenta in die Bauchhöhle stattgefunden hatte. In dem letzteren fanden sich Cyti- sushülsen vor. Ein dritter Knabe von 31, Jahren, wel- cher weniger genossen hatte, kam mit Erbrechen davon. Fall 13. · Ueber die Vergiftung einer aus 7 Personen bestehen- Clonet 41) im Mouvement méd. Jahrg. 1875 Nr. 28 fol- 40) Op. cit. 8. Jahrg. 1873, p 591. 41) Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmacognosie, Phar- macie und Toxicologie von Dr. G. Dragendorff. Neue Folge des mit dem Ende 1865 Canstatt'sche pharmac. Jahresberichtes. 10. Jahrgang. 1875. pag. 498. 73. gendes mit. Die Blüthen waren anstatt Acacienblüthen zum Aromatisiren eines Gebäckes benutzt worden. Nach Genuss des letzteren stellten sich bei 3, später noch bei ... 2 Personen Unwohlsein, Erbrechen, Vertigo ein, denen kalte Schweisse und kaltes Fieber folgten. Das Gesicht wurde blass, die Respiration beschleunigt, der Gesichts- ausdruck schmerzvoll, von Zeit zu Zeit durch spasmodi- sche Muskelcontractionen entstellt. Am Abend erfolgte · vorübergehend Mattigkeit und Somnolenz, während der Nacht aber, waren die Patienten, bei denen übrigens die Symptome nicht gleich heftig auftraten, schlaflos. Bei einem der Patienten dauerte das Erbrechen 12 Stunden, bei anderen nur kurze Zeit, bei letzteren waren aber die übrigen Symptome heftiger. Auch die Wirkung auf den Darm war bei den verschiedenen Patienten ungleich. As- phyxie wurde bei keinem beobachtet. Verf. meint, dass in Summa gegen 8 Gr. frischer Goldregenblüthen zu dem Kuchen verbraucht waren. Tal Fall 14. Ueber eine Massenvergiftung mit Cyt. Lab. berich- tet das Pharm. Journ, and Transact 42) Ser. III. Vol. 6. Nr. 275 p. 275 aus dem British Madical Journ. 58 Kna- ben hatten am frühen Morgen von den Wurzeln eines alten, Tags vorher abgehackten Exemplars gekaut in der Meinung es sei Süssholz. Bald stellten sich bei allen Symptome narkotischer Vergiftung ein, je nach den genossenen Mengen: Schläfrigkeit bis zu vollständi- gem Stupor. Keiner klagte über Brennen im Munde, V mm 42) Daselbst. 74 Schlunde oder Magen. Als sie ins Krankenhaus aufge-: nommen wurden, war ihr Gesicht blass und kalt, der Gang schwankend, die Pupillen etwas erweitert. Auf Verordnung von Vallance erhielten sie sogleich Senf und Wasser in brechenerregenden Dosen, in schwereren Fällen Zinksulfat und Ipecacuanha; während des Er- brechens schienen einige umsinken zu wollen, andere schliefen ein, die Bassins in der Hand. Zwei starke und kräftige, 13 Jahre alte und besonders schwer leidende Knaben wurden nach heftigem Vomiren bewusstlos, machten seltsam wiegende Bewegungen mit den Armen und warfen dann und wann die Beine abwechselnd con- vulsivisch in die Höhe, die Pupillen waren ungleich- mässig erweitert und einer hatte schwachen Schaum vor dem Munde. Nachdem sie im Freien auf- und abgeführt worden waren, kalte Douchen und starken Kaffee etc. erhalten, schliefen sie ein, 10 Stunden nach der Vergif- tung. Sorgfältige Nachforschungen ergaben, dass diese beiden Knaben höchstens eine halbe Unze (15,54 Grm.) Laburnumwurzel zu sich genommen haben konnten. Alle Patienten erholten sich bald und zeigten am nächsten Tage kaum noch Spuren von Unwohlsein. Vallance hält eine nähere Erforschung der thera- peutischen Wirkung der Laburnumwurzel für wünschens- werth; sie zeigte keinerlei „scharfe“, wohl aber ausge- sprochene narkotische Wirkungen in allen oben ange- führten Fällen. Fall 15. Ueber 2 Vergiftungen durch die unreifen Früchte des Cyt. Lab. berichtet Perle 13) in der Berl. klin. Wo- 43) Op. cit. 12 Jahrg. 1887, p. 576. 75 11 chenschr. Jg. 14, Nr. 15, p. 204. Die Menge der Früchte, welche von den beiden, resp. 4 und 3 Jahr alten Patien- tinnen genossen waren, liess sich nicht ermitteln. Beide Mädchen lagen ca. / Stunde, nachdem sie das Gift zu sich genommen hatten, mit auf die Brust herabgesenktem Kopf, halbgeschlossenen Augenliedern, schlaffen Extremi- täten da. Muskelcontractionen wurden nicht bemerkt; die Gesichtshaut war livid gefärbt, kalt, schweissig; die Lippen geöffnet; die Schleimhaut derselben, sowie der Mundhöhle trockener als gewöhnlich; die Pupillen dila- tirt, das Sensorium benommen; die Pulsfrequenz verrin- gert, der Puls unrhythmisch und klein; die Körpertem- peratur war subnormal (36,8 und 36,6); die Respiration oberflächlich, aber nicht verlangsamt. Eines der Kinder erbrach spontan, das andere nach Darreichung von Ipe- cacuanha. Zur Bekämpfung des weit vorgeschrittenen Collapsus wurden Excitantia (Portwein, Wärmflaschen, kalte Compressen auf den Kopf, Riechmittel) angewendet, welche bei der einen rascher, bei der zweiten Patientin langsamer den Sopor verminderten, Vermehrung der Pulsthätigkeit, Schweiss und ruhigen Schlaf bewirkten. In beiden Fällen trat Besserung ein. Fall 16. Eine Vergiftung, ebenfalls durch die Körner des Goldregens, wird von Dr. F. Sa bart hu) (Gesundheit I. 16. p. 243. 1876) beschrieben. Ein 4-jähriges Mädchen kam um 11 Uhr Vorm. von einem Besuch im Garten einer Freundin, wo sie mit Letzterer mit Goldregen ge- 44) Schmidt's Jahrb. der in- und ausländ. gesammt. Medic.. Jahrg. 1876. B. 172, p. 15 : 76 spielt und einige Körner gegessen hatte, lustig und an- scheinend gesund nach Hause. Kaum hatte sie jedoch den ersten Bissen eines Butterbrodes im Munde, als sie zu schwanken begann, sich beim Gehen anhalten musste, über Uebelkeit klagte und sehr bald auch heftig erbrach wobei jedoch keine Körner des Goldregens entleert wur- den; Stuhlgang erfolgte gleichzeitig unter gelindem Leib- weh; die Pupillen waren sehr bedeutend erweitert, die Augen meistentheils geschlossen. Mit leichen bleicher Ge- sichtsfarbe und bläulichen Lippen lag die Kleine schla- fend im Bett; ihre Ruhe wurde nur durch das in halb- stündigen Pausen auftretende Erbrechen unterbrochen. Die Extremitäten waren schwach und kühl; Schmerz war nicht vorhanden, der Puls völlig normal. So verlief der Nachmittag und Abend; Stuhlentleerung trat nicht mehr ein und die Nacht war ruhig. Am nächsten Tage hatte sich das Kind bis auf gelinde, mit Reactionslosigkeit der Iris verbundene Mydriasis, Blässe, Mattigkeit und fast gänzlichen Mangel der Esslust wieder erholt. Erst nach zwei Wochen trat völlige Genesung ein. Bei der Freun- din der Patientin trat die Intoxication weit stürmischer auf. Besonders heftig war die Diarrhöe und beim Erbre- chen fanden sich die verzehrten Körner vor.12) . Fall 17... Einen Fall von Vergiftung durch Cytisus mit Aus- scheidung von grasgrünem Harn bei einem 4 Jahre alten Knaben theilt Dr. E. B u1115) mit (Norsk. Mag. for Le- gevidensk. 3. R. VII. 9. Forh. S. 120. 1877). Der Knabe war plötzlich heftig erkrankt mit Erbrechen, Magenschmer- . 45) Op. cit. Jahrg. 1877 p. 221. 77 zen und Collapsus. Diarrhöe war nicht vorhanden, aber Tenesmus und Erection. Nach einigen Stunden liess der Knabe 300 Gramm klaren grasgrünen Harn und darnach befand er sich mit einem Male wieder wohl; der kurze Zeit danach abgegangene Harn hatte natürliches Ausse- hen. Bei genauer Nachforschung ergab sich, dass der Knabe beim Spazierengehen an der Rinde einer Ruthe gekaut hatte, bis er ganz grün um den Mund geworden war. Der Zweig stammte entweder von Cytisus Labur- num (der indessen in der Umgegend von Christianja sehr selten angetroffen wird), oder am wahrscheinlichsten von Cytisus alpinus (der sehr häufig dort vorkommt). Besonders bemerkenswerth ist dieser Fall durch die Färbung des Harns und durch die rasche und, wie es scheint, vollständige Ausscheidung des Giftes durch den Harn. Fall 18. In den Mittheilungen aus der gerichtsärztlichen Praxis aus den Physikate Ringköbing 46) im J. 1880 von Physikus Dr. Erik Holst (Hosp.-Tidende 2. R. VIII. 11. 1881) finden wir einen Bericht über einen Vergiftungs- fall über Goldregenblüthen. Ein 5 J. alter Knabe, der an den Blumen gesaugt hatte, bekam Erbrechen, Diarr- höe mit Blutbeimischung und blutigem Harne und Krämpfe und starb, ohne dass ärztliche Hülfe gesucht worden war, nach 24 Stunden. In den Ausleerungen hatten sich keine Goldregenblüthen oder Theile davon gefunden. 46) Op. cit. Jahrg. 1881, Bd. 190. p. 187. Inhaltsverzeichniss. - ..- - .- . . . . . . pag. Einleitung .. . . . . . . . Chemischer Theil · · · · · · · · · · · · · · · · · · 13 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Vorkommen . ... . . . . . . . . . . . . 14 Darstellung · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 16 Formel · · · · · · · · · · · · · 17 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Salze . :: · · · · · · · · · · · · · · · · · 17 Reactionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis in Gemengen . . . . . . . . . . . . . . 20 Pharmcologischer Theil... . 23 Wirkung aufs Blut . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung auf das Nervensystem ..... Circulations-Apparat . . . . . . . . . . . . . . . . Herz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verdauungs-Apparat ... Uterus . . . . . . . Drüsen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 52 Ausscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Section . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapeutischer Theil . . . . . . . . . . . . . . . Toxicologischer Theil . . . . . . . . . . . . . . . . ... . 60 Vergiftungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Thesen. . . . . . . . . ... 54 25-- . . These n. 1. Die Substitution des Extract. nuc. vom. durch das Extract. Cyt. Laburn. Wäre in der Therapie zu versuchen. 2. Es giebt kein Krampfcentrum. Die sehr verbreitete Ansicht, dass nur die Al- calescenz des Blutes den Magen an der Selbst- verdauung verhindere, entbehrt jeder logischen Grundlage. 4. Die Sublimatinjectionen bei der Therapie der Lues sind nur auf diejenigen Fälle zu beschrän- ken, wo bedrohliche Symptome entstehen, und bei Benutzung dieser Methode ist stets der Harn auf Eiweiss zu untersuchen. 5. Der Icterus neonatorum ist hämatogen. 6. Es wäre bei Diabetes mellitus die Kumis- und Kephirbehandlung zu versuchen. L.LOL UNIVERSITY OF MICHIGAN T 111 IIIIIIIIIIIIIII IIIIII V I 3 9015 07779 4843 了 ​。 - | _| _ | |