UC-NRLF "^Py,iA; . -^^ , . iiifrfs Hit H| OSWALD WEIGEL Leipzig, Koaigstrasse 1 erbittet stSndig Angebote botanischer Literatur. BIOLOGY LIBRARY G ZUR BLUTLEHRE VON ALEXANDER SCHMIDT. LEIPZIG, VERLAG VON F.C.W.VOGEL. 1892. BIOLOGY LIBRARY 9 .-.,.", , 'V BlOLOGt R G Inhaltsverzeichniss. Seite Einleitung 1 Erstes Kapitel Uber die Faserstoffgerinnung. Feststellung der Aufgaben . 11 Zrveites Kapitel. Uber das Fibrinferment 15 Drittes Kapitel. Uber die in Folge der intravascularen Injektion von Fibrin- ferment eintretenden Blutveranderungen 36 Viertes Kapitel. Ober die Beziehung der Faserstoffgerinnung zu verschie- denen Protoplasmaformen 43 Funftes Kapitel. Uber die in Folge der intravascularen Injektion verschie- dener Protoplasmaformen eintretenden Blutveranderungen .... 55 Sechstes Kapitel. Tiber die Beziehung der rothen Blutkorperchen zu der Faserstoffgerinnung \ 72 Siebentes Kapitel. Uber die in Folge der intravascularen Injektion der rothen Blutkorperchen , bezw. ihres Stromas , eintretenden Blutver- anderungen 75 Achtes Kapitel. Uber die Wechselwirkung zwischen Protoplasma und Wasser- stoffsuperoxyd 86 Neuntes Kapitel. Uber die das Fibrinferment von seiner unwirksamen Vor- stufe abspaltenden Protoplasmabestandtheile 92 Zehntes Kapitel. Uber die in Folge der intravascularen Injektion der das Fibrinferment abspaltenden Protoplasmabestandtheile eintretenden Blutveranderungen 115 Elftes Kapitel. tJber das verschiedene Verhalten der rothen und farblosen Elemente bei der Blutgerinnung . 117 Zwtilftes Kapitel. Uber die iibrigen zur Faserstoffgerinnung in Beziehung stehenden Bestandtheile des Protoplasmas 122 1. Allgemeine Methode ihrer Darstellung 122 2. Uber den in Wasser loslichen Bestandtheil des Protoplasmas und dessen Zersetzungsprodukte 127 3. 0ber den unloslichen Grundstoff des Protoplasmas und dessen Zer- setzungsprodukte 142 4. tJber den Eiweissgehalt des Protoplasmas 148 848936 IV Inhaltsverzeichniss. Seile Drehehntes Kapilel. Tiber die gerinnungswidrige Wirkung des in Wasser lOslichen Protoplasmabestancltheils und seiner Derivate 153 Vierzehntes Kapitel. (Jber die Erhohung der Faserstoffproduktion in Folge des Zusatzes gewisser Protoplasmabestandtheile zum Blate .... 165 Funfzehntes Kapitel. L [ ber das Paraglobulin als Deri vat des in Wasser 16s- lichen Protoplasmabestandtheils 177 Sechszehntes Kapilel. Uber die fibrinogene Substanz als Deri vat des Para- globulins ..... 190 Sielzehntcs Kapitel Uber die unwirksame Vorstufe des Fibrinferments . 201 Achtzehnies Kapitel. Noch einmal iiber die FaserstofiFgerinnung . . . . 218 Neunzehntes Kapitel. Uber die Reaktion des cirkulierenden Blutes gegen die experimentell herbeigefiihrte Erhohung seiner Gerinnungstendenz 229 Zrvanzigstes Kapitel. Schluss 256 Berichtigungen 271 Einleitung. Seit ich mich mit der Faserstoffgerinnung beschaftigt babe, bin ick der Uberzeugung gewesen, welcbe sich mehr und mebr in mir gefestigt hat, dass sie nicht als eine, die Funktionen der betreffenden gerinn- baren Kb'rperflussigkeiten nicht weiter bertihrende, Reaktion der letzteren gegen fremdartige, ihrem Wesen nach zufallige, aussere Ein- fllisse zu betrachten ist, sondern dass sie die uns wahrnehmbarwerdende Consequenz eines stetigen inneren Geschehens in dem Organismus dar- stellt, und dass deshalb das Studium derselben uns die Faden an die Hand geben dtirfte, welche in dieses innere Geschehen hintiberleiten. Was ich, von dieser Voraussetzung ausgehend, ermittelt habe, soil in dem Nachfolgenden zusammengefasst werden. Ich sehe freilich jetzt, wo ich im Begriff bin eine langjahrige Arbeit abzuschliessen, dass ich mit der Losung derjenigen Aufgaben, welche mir von Anfang an vor- schwebten, mich noch ganz im Anfange befinde. Wer sich aber mit der Analyse der Blutgerinnung beschaftigt und ihre ^Ursachen" festzustellen sich bemiiht, der strebt implicite zugleich auch danach, den permanent fliissigen Aggregatzustand des cirku- lierenden Blutes zu verstehen, denn es ist klar, dass in dem Augen- blicke, in welchem wir das Phanomen der Faserstoffgerinnung in seinem ursachlichen Zusammenhange begriffen haben, auch zugleich die Frage, warum dieser Process innerhalb des lebenden Organismus nicht eintritt, ihre Beantwortung gefunden hat. Ftir diejenigen, welche meine Uberzeugungen in Betreff desFibrin- fermentes theilen, ist die Frage nach dem fltissigen Aggregatzustande des cirkulierenden Blutes in diesem Sinne, wenigstens bis zu einer gewissen Grenze, bereits erledigt; denn wer sagt, die Faserstoffge- rinnung beruht auf der Wirkung eines im Aderlassblute (also erst ausserhalb des Organismus) auftretenden specifischen Ferments, der sagt damit zugleich auch, dass das cirkulierende Blut fllissig bleibt, weil ihm dieses Ferment fehlt. Freilich befindet er sich hier- SCHMIDT, Zur Blutlehre. 1 2 Einleitung. bei nur in den Anfangen der Erkenntniss, denn nun erhebt sicb, ganz :;abgeseh$i* ^n; 3dm Chemismus der Fermentation und den sie be- -gleitenden iitid x b e6iniflussenden ausseren Umstanden, die weitere Frage: iWS/^fiajS&ssv cfcs Auftreten des Fermentes im Aderlassblute, aus : ' Velchem Material entsteht es, wober stammt das Substrat der Faser- stoffgerinnung u. s. w., und die Beantwortung jeder einzelnen dieser Fragen wird, indem sie unsere Einsicht in den Gerinnungsvorgang vertieft, uns aucb den illissigen Aggregatzustand des cirkulierenden Blutes von Stufe zu Stufe verstandlicher macben, ja ihn uns zuletzt als notbwendig und selbstverstandlich erscheinen lassen. In Bezug auf die letzten Ursacben der Blutgerinnung ergiebt aber die einfachste Uberlegung, dass es sicb hierbei zunachst nur um die folgende Alternative handeln kann: Entweder es wirken gewisse aussere Bedingungen auf das dem Korper entzogene Blut ein, wie Beriibrung mit den Bestandtbeilen der atmospharischen Luft, mit dem Material des Gefasses, Temperatur- wecbsel u. drgl., welcbe irgendwie den Cbemismus der Gerinnung er- zeugen; zu diesen ausseren Bedingungen zahle ich aucb die durch die Beriibrung mit der atmospharischen Luft eroffnete Mb'glichkeit der Gas- diffusion, insbesondere mit Beziebung auf das Entweicben der Koblen- saure. Lage aber in diesen Einwirkungen die Ursache der Blutgerin- nung, so brauchten wir uns tiber das Fltissigbleiben des Blutes im Organismus keine weiteren Gedanken zu macben, dasselbe ware eben an sicb gerinnungsunfahig und wir batten nur zu ermitteln, in welcber Weise jene ausseren Einwirkungen das Blut, resp. einen seiner Bestandtbeile, angreifen und so verandern, dass der schliess- licbe Effekt die Faserstoffgerinnung ist. Oder es handelt sicb um den Wegfall gewisser innerer Be- dingungen , die im Organismus wirken und welcben das Blut durch den Aderlass entzogen wird. Was die erste Seite dieser Alternative, das Hinzutreten gewisser ausserer Bedingungen, anbetrifft, so bat es zwar Zeiten gegeben, wo man aussere Agentien, insbesondere die oben genannten, nach ein- ander als Ursachen der Blutgerinnung hat ansehen wollen ; ich glaube aber nicht, dass sich gegenwartig, nachdem ihre vollige Irrelevanz bei diesem Process als erwiesen erachtet werden kann, noch Vertreter dieser Anschauung linden lassen werden. Die durch die Berlihrung mit der atmospbarischen Luft ermoglichte Gasdiffusion, speciell das Entweichen der Kohlensaure begtinstigt allerdings die Gerinnung; denn diese Saure stellt, wie wir sehen werden, ein relatives Gerinnungs- hinderniss dar, dessen Wirkung bei erscbopftem, heruntergekommenem Einleitung. 3 Blute sehr augenfallig werden kann; aber das Entweichen der Kohlen- saure ist ebensowenig die Ur sac he der Blutgerinnung, wie der Ge- halt des Blutes an diesem Gase die Ursache seines Flttssigbleibens im Organismus ist. Aber wenn wir schliessen, die Blutgerinnung ist nicht die Folge irgendwelcher ausseren Einwirkungen, sondern beruht auf dem Weg- fall gewisser innerer Bedingungen, welche das Blut fliissig erhalten, so sagen wir damit zugleich, dass es eine andere Summe von iimeren, in dem Blute selbst liegenden, Bedinguogen geben muss, welche, so- fern sie allein zur Geltung kommen, wie das in dem Augenblicke der Fall ist, in welchem das Blut den Ko'rper verlasst, mit Noth- wendigkeit die Faserstoffgerinnung herbeifiihren. Der Complex aller im Organismus wirkenden inneren Bedingungen ist entscheidend fur den flussigen Zustand des Blutes und damit auch fur seine Lebens- thatigkeiten; das Fortfallen eines Theiles derselben und das einseitige Fortwirken des anderen Theiles ftihrt die Faserstoffgerinnung als einen Process herbei, der eine veranderte Richtung resp. einen anders ge- arteten Abschluss der Vorgange im cirkulierenden Blute anzeigt. Und als eine nothwendige und unausbleibliche Consequenz der Zustande und Vorgange im cirkulierenden Blute tritt uns ja auch that- sachlich die Faserstoffgerinnung entgegen. Es ist gewiss richtig zu sagen, je besser das Blut sich im Organismus seine normale Beschaffen- heit erhalt, je gesunder und lebensthatiger es ist, desto sicherer wird es sich auch seinen fliissigen Aggregatzustand daselbst bewahren und die Erfahrung lehrt zugleicb, dass, je mehr dies der Fall, desto grosser zugleich seine Gerinnungsenergie nach der Entfernung aus dem Korper ist. Wir konnen das Blut auf verschiedene Weise krank machen; solches Blut ist geneigt zur Thrombenbildung und solches Blut ge- rinnt zugleich ausserhalb des Korpers immer sehr mangelhaft. Die Storung in den normalen Verhaltnissen des Blutes pragt sich eben aus sowohl in den Vorgangen innerhalb des Organismus, als in ihren Consequenzen ausserhalb desselben. So bequem hat es die Natur uns gewiss nicht gemacht, dass wir nach einer speciellen Ursache fragen durften, welche das Blut fliissig erhalt, wie uns z. B. die schwefelsauere Magnesia diesen Dienst leistet. Auch der Inhalt der absterbenden, also der unter veranderten Bedingungen fortlebenden Muskelfibrille gerinnt. Wir fragen aber nicht, welche specielle Ursache hindert den Eintritt der Ge- rinnung, der Starre, in dem im Zusammenhange mit dem lebenden Organismus befindlichen Muskel, sondern wir sagen zunachst, sie ist hier unmoglich, weil er lebt, und suchen die Bedingungen seines Lebens 4 Einleitung. auseinanderzulegen. In dem Maasse, als uns dies gelingt, wiirden wir einsehen, dass von einer Gerinnung in der lebenden Muskelfibrille gar nicht die Rede sein kann, wir wiirden aber auch begreifen, dass und warum sie unter veranderten Bedingungen eintreten muss. Wir wiirden, entgegengesetzt dem Wege, welchen die Forschung bisher gegangen ist, aus den Zustanden des lebenden Muskels oder Blutes deren Gerinnung als selbstverstandliche Folge ihrer Abtrennung vom tibrigen Organismus ohne Weiteres ableiten. Jedenfalls sind wir berechtigt auch das Blut als ein lebendes Gewebe zu betrachten, zwar als ein fliissiges und bewegliches Ge- webe, aber immerhin als ein lebendes; mit den Lebensthatigkeiten dieses fliissigen Gewebes wird wohl auch die Unmoglichkeit seiner Gerinnung innerhalb des normalen Organismus zusammenhangen. Als Centra dieser Lebensthatigkeiten werden selbstverstandlich die zelligen Elemente anzusehen sein, aber nicht bloss die im Blute schwimmen- den Zellen, die wir gewohnt sind als die eigentlichen, womoglich alleinigen, Blutelemente anzusehen, sondern ganz ebenso auch die Zellen, welche die Uferflachen und Ufermassen dieses strb'menden Ge- webes bilden und mit welchen dasselbe in innigstem Verkehr und Aus- tausch steht, so gut wie mit den in ihm suspendierten Zellen. Der fltissige Zustand des cirkulierenden Blutes als der normale, mit seinen Lebensthatigkeiten zusammenhangende,wird deshalb wohl auch ebenso eine Funktion dieser Zellen, wie der eigentlichen Blutzellen, sein. Ja, wenn es anatomisch leicht ist, das Blut von den tibrigen Geweben zu trennen, so ist es physiologisch schwer, wenn nicht unmb'glich. Welche Bestandtheile des Blutes, insbesondere der Blutflussigkeit, ge- hb"ren specifisch dem Blute selbst an und welche den tibrigen von ihm durchtrankten Geweben, oder von welchen kann man behaupten, sie stammten nicht aus den letzteren? ich werde Gelegenheit haben nachzuweisen, dass die faserstoffbildenden Bestandtheile der Blut- flttssigkeit ganz vorzugsweise aus den Parenchymzellen der vom Blute durchstrb'mten Organe und nur zum kleinsten Theil aus den Blut- zellen, und zwar nur aus den farblosen, stammen. Inwiefern kbnnten unter solchen Umstanden die rothen und farblosen Elemente als die einzigen Lebensherde des Blutes betrachtet werden und von welchen funktionellen Leistungen desselben, wenn wir etwa von der Fesselung des Sauerstoffes durch die rothen Blutkbrperchen absehen, waren wir in der Lage zu behaupten, dass sie nur von den im gewohnlichen Sinne als Blutzellen bezeichneten farbigen und farblosen Elementen abhangen? Hierin liegt ein grosser Unterschied zwischen dem cirku- lierenden Blute und dem Aderlassblut; letzteres ist kein voiles und Eiuleitung. 5 gauzes Blut, kein Blut, welches sich von dem cirkulierenden nur da- durch unterscheidet, dass es sich in einem Gefass von Glas oder Holz befindet, sondern es 1st Blut, welches seinen in jedem Kreislauf immer wieder sich erneuernden Zusammenhaug mit den iibrigen Elementen des gesammten Organismus verloren hat, es ist zerrissenes Blut, ein abgerissener Theil des ganzen Gewebes, welcher deshalb absterben muss, gerade wie der Muskel, und dies unter der Begleiterscheinung der Gerinnung thut, eben auch wie dieser. Auch auf diesem Wege gelangen wir also zum Schlusse, dass der Wegfall gewisser innerer Bedingungen des Blutlebens die Faserstoffgerinnung zur nothwendigen Folge hat. Wenn ferner der fltissige Zustand des Blutes in letzter Instanz als eine Zellenfunktion erscheint, so gilt dies, nach dem Gesagten, von dem, nur eine veranderte Richtung in den Vorgangen des cirku- lierenden Blutes anzeigenden, Gerinnungsprocess nicht minder, aber da es sich hierbei gewissermassen nur um einen Rest von Bedingungen, jedenfalls um einfachere Verhaltnisse handelt, so wird er auch leichter erfasst und begriffen werden konnen , als der fliissige Zustand des Blutes im Organismus. Deshalb ist es mir und meinen Schtilern schon vor Jahren gelungen, die Faserstoffgerinnung als eine Zellenwirkung darzustellen und dass die betreffenden Arbeiten hierbei im Allge- meinen das Richtige getroffen haben, hoffe ich durch meine weiteren Mittheilungen erharten zu konnen. Hier will ich nur auf die eminent coagulierende Wirkung hinweisen, welche jede Art von Protoplasma auf die zellenfreie BlutflUssigkeit, wie ich sie durch Filtrieren von auf abgektihltem Pferdeblutplasma gewinne, austibt. Viel schwieriger wird es sein den complicierten Zellenwirkungen nachzugehen, welche unter den im lebenden Organismus herrschen- den Bedingungen dem Blute den fltissigen Zustand wahren. Aber wir brauchen vor einer Analyse derselben doch nicht zurtickzu- schrecken; denn wir konnen im Voraus annehmen, dass auch hier ein Unterschied sich herausstellen wird zwischen wesentlicheren und unwesentlicheren Zellenwirkungen und die Erkenntniss nur einer der wesentlichen Wirkungen wird uns auch um eine Stufe der Losung der Frage naher bringen. Die Annahme, dass sowohl das Fliissigbleiben des Blutes inner- halb, als auch seine Gerinnung ausserhalb des Organismus Zellen- funktionen darstellen, involviert, wie ich glaube, keinen Widerspruch, vielmehr scheint mir ein Zusammenhang zwischen beiden geboten zu sein, der Art, dass, wenn es dem Experimentator gelange durch sein Eingreifen die nattirlichen Bedingungen fur den fltissigen Zustand des 6 Einleitung. Blutes, so lange es sicb im Organismus befindet, gewisser- maassen zu steigern, eine erhb'hte Gerinnungstendenz und vermehrte Faserstoffproduktion ausserhalb desselben die nachste Folge 1st. Wir kb'nnen aber nun nicbt anders, als diese Zellenwirkungen an gewisse materielle Substrate uns gebunden denken, welcbe, nachdem sie von der Zelle erzeugt worden, Bestandtheile der betreffenden Fltissigkeit werden; denn die Faserstoflfgerinnung ist ein Process, welch er nur in der letzteren ablauft, welcber desbalb auch bei Ab- wesenbeit jeglicher Zelle herbeigeftihrt werden kann, sobald man nur die wesentlicben Substrate der Gerinnung in Lb*sung zusammen- kommen lasst. Es ist mir nun gelungen Zellenbestandtbeile darzustellen , von welchen die einen machtig coagulierend auf die Blutfltissigkeit wirken, wahrend die anderen sie fltissig erbalten, so zwar, dass wenn man nun docb den ersteren das Ubergewicbt ertheilt, wie sie es offenbar bei der Entfernung des Blutes aus dem Korper erlangen, die letzteren die Spuren ibres Daseins, besser ihres Dagewesenseins, in einem Zu- wacbs von Faserstoff hinterlassen. Ftir das cirkulierende Blut wiirde hieraus ein stetiger innerer Gegensatz, ein Kampf entgegengesetzter Zellenwirkungen resultieren, von welchen die eine zum Abschluss, zur Gerinnung drangt, wabrend die andere, unter fortwahrender Er- neuerung ihres Substrates, es nie zu diesem Abschluss kommen lasst, ein Kampf, welcher vielleicht wesentlich die Leistungen des Blutes bedingt und schliesslich ftir jedes Molektil der gegen einander wirken- den Substrate damit endet, dass es zerfallt oder anderweitig ver- braucht wird und damit seine Beziehung zur Frage der Faserstoff- gerinnung verliert. Als Reagens zur Feststellung der von mir ermittelten Wirkungen der erwahnten Zellenbestandtheile, sowie zur Beautwortung noch mancher anderen die Gerinnung betreffenden, spater zu erorternden Fragen diente mir v or All em die zellenfreie Blutfltissigkeit vor Eintritt ihrer eignen Gerinnung, denn es ist klar, dass, wenn es sich darum handelt die Abhangigkeit der Besonderheiten irgend welcher Fltissigkeit von den in ihr enthaltenen Zellen, resp. gewissen Bestand- theilen derselben, nachzuweisen, diese selbst, als Probefltissigkeit, keine Zellen enthalten darf; hat man es aber ferner mit der Ge- rinnungsfrage zu thun, so ist eben so klar, dass die als Reagens zum Nachweis der Zellenwirkung dienende Fltissigkeit nicht schon selbst der Gerinnung unterlegen und damit ftir den Versuch unbrauchbar geworden sein darf. Die Aufgabe ist also das Blutplasma von sammt- lichen in ihm enthaltenen kOrperlichen Elementen zu trennen, und Einleitung. 7 zwar ohne irgend welche Veranderung seiner Substanz, also auf rein mechanischem Wege, und zugleich fiir die Dauer dieser Operation seine eigne Gerinnung, nattirlich gleichfalls ohne Anderung der Sub- stanz, hintanzuhalten. Ich kenne nur eine Blutart, welche zur Darstellung grosserer Mengen von zellenfreiem Plasma dienen kann, das ist das Pferde- blut. Das Plasma von rasch gektthlteni Pferdeblut wird, sobald seine Temperatur auf gesunken ist, auf ein Filtrum von mindestens 3 Lagen gutem Filtrierpapier gebracht, welches sich in dem inneren Raum eines schon vorher mit einer Kaltemischung geftillten Doppel- trichters befindet. ') Sorgt man dafiir, dass die Temperatur des Plasmas auch wahrend des Filtrierens sich unter -f-0,5 halt, so schliipfen weder die farblosen Blutkb'rperchen noch die im Pferdeblut sehr reich- lich vorhandenen Kb'rnerbildungen , noch. selbst die wenigen rothen Blutkorperchen, die noch nicht zu Boden gesunken sind, durch das Filtrum und man erhalt ein klares gelbes, von Zellen vollkommen befreites Filtrat, welches sich zu den Versuchen, iiber welche ich be- richten werde, vortrefflich eignet. Aber es ist nicht ganz leicht die Temperatur des Plasmas wahrend des Filtrierens in den nothigen engen Grenzen zwischen seinem wenig unter liegenden Gefrierpunkt und -f-0,5 dauernd zu erhalten. Steigt die Temperatur tiber -f- 0,5 , so gehen die Zellen in das Filtrat in urn so grosserer Menge tiber, je mehr diese obere Grenze tiber- schritten worden ist; noch schlimmer aber ist, wenn sie bis zum Gefrieren des Plasmas auf dem Filtrum sinkt, was nattirlich zuerst sich in der Spitze und an den Wanden des letzteren merklich macht; leicht friert das Filtrum dabei zugleich auch der Trichterwand an. Hierdurch gerath nun zunachst das Filtrieren in Stockung; man macht aber die Sache nicht besser, wenn man die gefrorenen Massen wieder aufthauen lasst, denn hierbei losen sich nicht bios die rothen, sondern, wie E. v. SAMSON- HIMMELSTJERNA gezeigt hat, auch die farblosen Blutkorperchen vollstandig auf 2 ), und es gelangen so Zellen- bestandtheile in das Filtrat, welche man ja so eben mit den ganz en Zellen durch das Filtrieren vom Plasma abzutrennen beabsichtigte. 1st es einigermassen gelungen, solche Zwischenfalle zu vermeiden, so erhalt man vollkommen zellenfreie Plasmafiltrate , welche bei 1) Die Firma WARMBRUNN u. QUILITZ verfertigt jetzt solche Doppeltrichter nach meiner Angabe. Zum Filtrieren bediene ich mich des Papieres von SCHLEI- CHER u. SCHULL, Nr. 598. 2) E. v. SAMSON-HIMMELSTJERNA. Experimentelle Studien iiber das Blut in physiol. und pathol. Beziehung. Inaug.-Abh. Dorpat 1882. S. 1416. 8 Einleitung. Zimmertemperatur gewb'hnlich stundenlang flussig bleiben und des- halb em ausgezeichnetes Material zu Gerinnungsversuchen darstellen. Ich babe, freilicb in seltenen Fallen, Filtrate erhalten, welche bei 13 140 ttb er 24 Stunden sicb fltissig erbielten. Je tiefer aber wah- rend des Filtrierens die Gefriererscheinungen in das auf dem Filtrum befindlicbe Plasma eingedrungen waren, desto ktirzere Zeit bleibt das Filtrat flttssig und desto weniger eignet es sich dann auch zu den Versuchen. So wenig erwlinscht solcbe Vorkommnisse sind, so zeigen auch sie, dass die Faserstoffgerinnung von dem Ubergang gewisser Zellenbestandtheile in die BlutflUssigkeit abhangig ist. So- bald aber das Filtrieren wegen Gefriererscheinungen in's Stocken gerathen ist, wird man es, wenn dieselben nicht unbedeutend sind, am praktischsten finden, das Plasma sammt dem Filtrum zu ver- werfen und die ganze Operation von Neuem zu beginnen, ein Fall, welcher tibrigens bei einiger Aufmerksamkeit und Ubung hochst selten vorkommen wird. Die Filtrierbarkeit des Pferdeblutplasmas ist sehr verschieden, nicht selten so gross, dass man im Laufe einer Stunde 60 80 Ccm. Filtrat erhalt, wahrend man in anderen Fallen in derselben Zeit sich an 10 20 Ccm. gentigen lassen muss. Meist ist das Filtrat vollkommen klar, schwache Trtibungen beeintrachtigen die Brauchbarkeit desselben gar nicht; will man sie entfernen, so filtriert man noch ein Mai im Doppeltrichter durch einfaches Filtrier- papier, was sehr schnell von Statten geht. Da das erstmalige Fil- trieren hohen Druck verlangt, so muss das Plasma im Uberschuss vorhanden sein. Auf 500 Ccm. Pferdeblut kann man ca. 250 bis 300 Ccm. abhebbares Plasma und 100120 Ccm. Filtrat rechnen. Niedrige Temperatur des Arbeitsraumes erleichtert die Manipulation sehr, besonders weil man dann den Doppeltrichter nur mit Eis zu ftillen braucht und dadurch die Gefahr des Gefrierens beim Filtrieren beseitigt. Es gentigt, das Filtrat in einem in Eiswasser gestellten Gefass aufzufangen. Aber die Trennung der Blutfltissigkeit von den kb'rperlichen Elementen mag noch so gut gelungen sein, niemals erhalt man ein der spontanen Gerinnung ganzlich unfahiges Filtrat. Wir werden spater sehen, dass dieses Ergebniss schon in der ZusammensetzuDg der cirkulierenden Blutfltissigkeit begrtindet ist. Ein anderes aus Pferdeblut darstellbares Praparat zur Prtifung der coagulierenden Wirkung der Zellen ist das Salzplasma. Ich fange ca. 2728 Vol. Blut in 1 Vol. schwefelsaurer Magnesialo'sung von 28% auf, schtittele durch und lasse die Blutkorperchen sich an einem ktthlen Orte absetzen. Nach 24 Stunden hebe ich das Salz- Einleitung. 9 plasma ab, bringe es im Vacuum tiber Schwefelsaure moglichst rasch zur Trockne und pulverisiere den Rttckstand, welcher sich beliebig lange ohne Einbusse an seiner Brauchbarkeit zu Gerinnungs- zwecken aufbewahren lasst. Zum Versuch wird die erforderliche Quantitat dieses Pulvers abgewogen, in einen trocknen Reagiercylin- der geschiittet und mit dem 7 fachen Gewicht Wasser mit Htilfe eines Glasstabes allmahlich verrieben. Im Laufe von ein paar Stunden lost sich die Substanz unter Zuriicklassung einiger weisser, etwas schlei- miger Flockchen, die sich unter dem Mikroskop als Residuen farb- loser Blutkorperchen erkennen lassen, vollkommen auf ; man filtriert nun und erhalt so ein durchaus klares, keinerlei suspendierte Be- standtheile enthaltendes Filtrat, ungefahr von der Concentration des ursprtlnglichen, von den Blutkorperchen abgehobenen Salzplasmas. Jene Spuren von schleimiger Materie entstehen durch die Einwir- kung des Salzes auf die unloslichen Grundstoffe der farblosen Blut- korperchen und erscheinen bei gleicher Behandlung bei alien echten Protoplasmazellen. l ) Bei der angegebenen Concentration unterdrtickt das Salz so- w o h 1 die durch die Wirkung der coagulierenden Bestandtheile der Zellen, bezw. des Plasmas erzeugten Spaltungen, deren Produkt das Fibrinferment ist, als auch die Wirkung des etwa hinzuge- brachten freien Ferments auf die im Plasma praformiert enthaltenen Fibringeneratoren, d. h. es unterdrtickt die Gerinnung. Verdtinnt man nun aber das Salzplasma genugend mit Wasser, so hebt man damit die Widerstandskraft des Salzes gegentiber dem zugesetzten frei en Fer- ment auf und die Flussigkeit gerinnt, weshalb eine solche verdtinnte Salzplasmalosung seit lange von mir als bequemstes Mittel zur Er- kennung des Fibrinferments benutzt worden ist; aber die spontane Fermentabspaltung tritt auch jetzt noch nicht ein; die diese Spal- tung bewirkenden Blutbestandtheile werden also durch das Salz, trotz der Verdlinnung, immer noch lahm gelegt. Es kommt aber auch vor, dass das angegebene Salzquantum in Relation zu den im Blute herrschenden spaltenden Kraften, die sehr variabel sind, ein zu geringes ist; dann kommt es nattirlich auch ohne Fermentzusatz zur Fermententwickelung und zur Gerinnung in dem mit Wasser 1) In neuerer Zeit babe ich es praktischer gefunden, das von den rothen Blutkorperchen abgehobene Salzplasma sofort kalt durch ein zwiefaches Filtrum zu filtrieren, was vortrefflich von Statten geht, und nun das klare Filtrat im Vacuum zu trocknen. Die wasserige Losung des Riickstandes erscheint alsdann nur noch durch eine feinkornige Substanz schwach getriibt, von welcher sie durch nochmaliges Filtrieren leicht zu befreien ist. 10 Einleitung. verdtinnten Salzplasma, aber bei dem von mir ein fttr alle Mai fest- gehaltenen Mischungsverhaltniss zwischen Blut undSalzlosung wickeln diese Processe sich denn doch immer mit solcher Langsamkeit ab, dass auch solche verdlinnte Salzplasmalb'sungen sehr gut zur Er- kennung des Fibrinferments verwerthet werden kb*nnen. Aber selbst, wo das Salz hingereicht hat die Fermententwickelung und damit auch die spontane Gerinnung ganz zu unterdrticken , dort wird man beides wieder hervorrufen, sobald man den natUrlichen Gehalt des verdtinnten Salzplasma an den spaltend wirkenden Blutbestand- theilen ktinstlich, durch Zusatz derselben, erhb'ht. Ich bediene mich gewohnlich einer achtfachen Verdtinnung des Salzplasmas, die in wasseriger Lb'sung hinzugeftigten Zusatze mit- eingerechnet. Indem man hohere oder niedrigere Verdtinnungsgrade wahlt, kann man die Gerinnungszeiten einigermaassen nach Bedtirf- niss regulieren, abkiirzen oder verlangern. Selbstverstandlich muss aber fttr jede abgeschlossene Versuchsreihe der gleiche Verdtinnungs- grad gelten. Erstes Kapitel. Tiber die Faserstoffgerinnung. Feststellung der Aufgaben. Ich babe bisher von gewissen coagulierend wirkenden Zellen- resp. Blutbestandtheilen gesprochen, um durcb diese allgeineinere Ausdrucksweise etwas zu bezeichnen, was zwar wesentliche Grund- lage der Blutgerinnung bildet und gewirkt haben muss, damit sie iiberhaupt zu Stande kommt, was aber keineswegs einen der bisher von mir aufgefundenen eigentlichen oder unmittelbaren Gerinnungs- faktoren, also weder die Globuline, noch das Fibrinferment , noch die Plasmasalze darstellt, sondern einen Faktor, durch dessen Ein- wirkung auf ein im Blute und anderen gerinnbaren Fltissigkeiten enthaltenes, zunacbst unbekanntes, Material das Fibrinferment erst frei und damit wirksam gemacht wird. In den darauf folgenden Che- mismus der Gerinnung selbst greift er nicht ein ; wo die erstgenann- ten drei Faktoren zusammenkommen, oder ktinstlich zusammengebracht werden, da erfolgt eben die Faserstoffgerinnung, gleichgtiltig ob er zugegen 1st odor nicht. Aber seine Gegenwart ist eine nothwendige Vorbedingung der Gerinnung ftir alle Korperflttssigkeiten, welche, wie das Blutplasma, so lange sie sich im Organismus befinden, des Fibrinferments ermangeln 1 ); er ist der Fermenterzeuger fUr dieselben, stellt also keine nachste, unmittelbare, sondern eine entferntere, mittel- bar wirkende Gerinnungsursache dar. Im Unterschiede von den ktinstlich von uns hergestellten, von vornherein sammtliche Gerinnungsfaktoren enthaltenden Gerinnungs- mischungen, in welchen eben nur der durch die gegebene Zusammen- setzung der betreffenden Fltissigkeiten bedingte Process der Gerin- nung stattfindet, haben wir es demnach bei den sog. spontan ge- rinnenden Korperfltissigkeiten, Blut, Chylus u. s. w., unter normalen Verhaltnissen stets mit zwei aufeinanderfolgenden und von einander 1) Ich spreche der Kiirze halber bier von einem Mangel; er ist aber, wie wir sehen werden, kein ganz absoluter, sondern ein relativer, in letzterem Sinne aber freilich ein sehr grosser. 12 Erstes Kapitel. abhangigen, aber wohl von einander zu unterscheidenden chemischen Akten zu thun, mit dem Akt der Fermenterzeugung und dem der Fermentwirkung, der Gerinnung. Wir werden dem Organismus selbst entnommene Mittel kennen lernen, durch welche wir in den genannten Kb'rperfltissigkeiten den ersten Akt, den der Fermenterzeugung, und damit nattirlich auch den von ihm abhangigen Akt der Gerinnung, vollkommen unterdrucken kb'nnen, welche sich aber viel unwirksamer verhalten, sobald sie es mit dem fertig gebildeten freien Ferment zu thun haben. Auch diejenigen fremdartigen Mittel, welche erfahrungs- gemass dazu benutzt werden, die Gerinnung des Blutes zu unter- drlicken, tiben diese Wirkung viel mehr auf den Vorgang der Fer- menterzeugung als auf den der Fermentwirkung aus. Man sieht dies deutlich genug am Salzplasma, sofern der Salzzusatz mb'glichst friih stattfand, bevor noch in dem betreffenden, dem Organismus entzogenen, Blute eine nennenswerthe Fermententwicklung stattgefunden haben konnte. Solches Plasma gerinnt wegen des Salzes, wie bereits be- tont worden ist, auch nach dem Verdtinnen mit Wasser nicht, stellt aber zugleich in diesem verdtinnten Zustande ein empfindliches Re- agens gegen freies Ferment dar. Deshalb zeigt das verdunnte Salz- plasma auch eine mehr oder weniger grosse Neigung zu gerinnen, wenn man mit dem Salzzusatze nach der Blutentnahme gesaumt und dadurch dem Blute Zeit zur Fermententwickelung gegeben hat. - Da ich bei der Darlegung meiner Versuchsresultate denselben Weg einzuschlagen gedenke, welchen meine Untersuchungen von An- fang an genommen haben, d. h. da ich, von der Faserstoffgerinnung ausgehend, auf die Zustande des Blutes im lebenden Organismus zuriick- gehen will, so halte ich es fiir nothwendig, hier zuerst kurz diejenigen Bedingungen zusammenzufassen, welche, in Gemassheit meiner frti- heren Untersuchungen, erflillt sein mtissen, damit in irgend einer Flttssigkeit die Faserstoffgerinnnng stattfindet, um an diese Bedin- gungen die Fragen anzukntipfen, welche zu beantworten mein nachstes Bestreben sein soil. Ich will also eine Definition der Faserstoffgerin- nung von meinem bisherigen Standpunkte aus geben; es ist aber nicht meine Absicht, diese Definition in der vorliegenden Arbeit zu begrtinden; dies wtirde mich fiir die Zwecke derselben zu weit ftthren. Die betreffenden Beweise sind in meinen frtiheren Arbeiten und in denen meiner Schtiler enthalten. Ftir die Fragen, deren Be- antwortung ich hier anstrebe, sind tibrigens die die engbegrenzte Gerinnungsfrage an sich betreffenden Differenzpunkte zwischen mir und einzelnen anderen Forschern von ziemlich untergeordneter Be- deutung; ausserdem wird, hoffe ich, eine bessere Erkenntniss der der ftber die Faserstoffgerinnung. Feststellung der Aufgaben. 13 Faserstoffgerinnung vorausgehenden Zustande des cirkulierenden Blutes auch manches Licht auf den Gerinnungsvorgang selbst werfen. In einer Fliissigkeit findet die Faserstoffgerinnung statt, sobald sie Folgendes enthalt: 1. gewisse geloste Eiweissformen (die beiden bekannten Globuline), als Material, aus welchem der Faserstoff entsteht, 2. ein specifisches Ferment, als Mittel zur Umwandlung dieses Materiales in einen in der Mutterfliissigkeit loslichen Eiweisskorper, zu dessen Eigenschaften es gehbrt, durch Neutralsalze aus der Ib's- lichen in eine (relativ) unlbsliche Modifikation iibergeftihrt zu werden, 3. gewisse Mengen von Salzen, als Mittel urn die eben erwahnte Uberfuhrung des fermentativen Umwandlungsproduktes in die unlos- liche Modifikation und damit seine Ausscheidung zu bewirken, und die Faserstoffgerinuung ist demnach derjenige Vorgang, bei welchem unter der Einwirkung eines specifischen Fermentes aus dem erwahnten eiweissartigen Material ein an sich in der Mutterfltissig- keitloslicher Eiweisskorper entsteht, welcher aber, wie viele andere colloidale Stoffe (z. B. die flussige Kieselsaure), die Eigenthumlichkeit besitzt, schon durch sehr geringe Mengen krystalloider Substanzen in die unlosliche Modifikation ubergefiihrt zu werden und sich somit auszuscheiden. Diese relativ unlosliche Modifikation des fermentativen Umwandlungsproduktes nennen wir Faserstoff". Es giebt also auch einen loslichen oder fliissigen Faserstoff. 1 ) Das Vehikel kann ebensogut reines Wasser sein, wie irgend eine albuminhaltige Kb'rperfliissigkeit, vorausgesetzt, dass es das zur Auf- losung der Globuline erforderliche Ib'sende Agens, Alkalien oder Neu- tralsalze enthalt. Ich will durchaus nicht die Mbglichkeit ausschliessen, dass insbesondere die Globuline, trotz der angewandten Reinigungs- methoden, Einschltisse enthalten, welche bei der Gerinnung in einer mir noch verborgenen Weise initwirken. Ich behaupte nur, dass die in den drei obigen Punkten enthaltenen Bedingungen irn Blute erfttllt sein miissen, damit eine Faserstoffgerinnung stattfindet und kniipfe an sie das Weitere an. Indem man aber gewbhnlich am Blute und nicht an Flussigkeiten, welche die genannten wesentlichen Gerinnungs- faktoren fertig gebildet enthalten, gearbeitet und auch wohl die an 1) Der flussige Faserstoff ist zwar loslich in verdiinnten Alkalien und Sau- ren, aber bedeutend schwerer als die Globuline; wie die letzteren wird er aus seiner alkalischen Losung durch Kohlensaure unverandert, d. h. in lo'slicher Ge- stalt ausgeschieden, er unterscheidet sich aber wesentlich von ihnen eben durch die Eigenschaft, durch Neutralsalze in relativ unloslicher Modifikation gefallt zu werden. 14: Erstes Kapitel. den letzteren gewonnenen Resultate nicht gentigend berucksichtigt hat, 1st andererseits Manches im Blute als zur Faserstoffgerinnung selbst gehOrig und bei ihr mitwirkend angesehen worden, was mit ihr gar nichts zu thun hat, sondern sich auf gewisse der Gerinnung voraus- gehende Akte bezieht, von welchen sie allerdings abhangig ist. Die an die obige Definition der Gerinnung sich kntipfenden Fragen, mit welchen ich mich im weiteren Verlauf dieser Arbeit be- schaftigen werde, sind: 1. Woher stammen die GlobulineV 2. Woher stammt das Fibrinferment und unter wel- chen Einwirkungen wird es von seinem unwirksamen Mutterstoffe abgespalten? Die Frage, betreffend die Mitwirkung der Salze bei dem Vor- gange der Faserstoffgerinnung steht in keiner naheren Beziehung zu dem Gegenstande dieser Arbeit, weshalb ich mit wenigen Worten tiber sie hinweggehen will. Schon in der Vergleichung des fermen- tativen Umwandlungsproduktes der Globuline mit der sog. loslichen oder flttssigen Kieselsaure liegt es ausgesprochen, dass nicht eigent- lich von einem gelosten Zustande desselben die Rede sein kanu, sondern, wie bei der Kieselsaure, von einem Zustande hocbgradiger, wenn man will, unendlicher Quellung. Vor Jahren fanden ARONSTEIN') und ich, dass das einer energischen Dialyse unterworfene Eier- so-, wohl als das Serumalbumin nicht mehr durch Kochen oder durch Al- kohol coaguliert wird ; aber Siedhitze und Alkohol bewirken in dem durch Dialyse von den Salzen moglichst befreiten Albumin eine Zu- standsanderung, welche sich dadurch kenntlich macht, dass dasselbe durch Neutralsalze auch in der Kalte in unlb'slicher Gestalt gefallt wird. Bei der Coagulierung von gewohnlichem Eiereiweiss oder Blut- serum durch Kochen oder durch Alkohol ist also die durch diese Agentien herbeigeftihrte Umwandlung des Albumins in einen der Kieselsaure in dieser Hinsicht ahnlichen Kb'rper von der fallenden Wirkung der Salze zu unterscheiden ; beide Akte schliessen sich aber hier unmittelbar an einander. Warme begunstigt die Fallung durch die Salze ; Alkalien hindern sie. Beim Eintrocknen im Vacuum hinter- lasst das dialysierte, durch Kochen oder Alkohol zur Quellung ge- brachte Albumin, ganz wie die fltissige Kieselsaure einen durchaus unlOslichen resp. quellungsunfahigen Rtickstand. Ganz dasselbe gilt auch von dem Trockenrtickstand des fermentativen Umwandlungs- 1) B. ARONSTEIN. Cber die Darstellung salzfreier Albuminlosungen. Inaug.- Abh. Dorpat 1873. tiber das Fibrin ferment. 15 produktes der Globuline, des fltissigen Faserstoffes, wie auch dessen Fallung durch Salze schon durch einen sehr geringen Ubersehuss an Alkalien behindert wird. KIESERITZKY hat ferner gezeigt, dass auch gelb'stes Alkali- und Saurealbuminat, bei einer gewissen Concentration und bei Vermeidung eines Uberschusses an dem betreffenden Losungs- mittel, durch Salze in unlb'slicher Gestalt gefallt werden, also gerinnen. Man wiirde also sagen kb'nnen, durch das Fibrinferment wird aus den in alkalischer Lb'sung praexistierenden Globulinen auf eine noch dunkle Weise ein hochgradig gequollener Eiweisskb'rper gebildet, welcher durch die in der betreffenden Fltissigkeit enthaltenen Salze gefallt wird. Es ist mir hierbei auch nicht um eine Erklarung der Wirkung der Salze zu thun, sondern bloss um die Constatierung einer Thatsache, in Bezug auf welche ich nur auf die von mir 1 ), von KIESE- RITZKY ' 2 ) und von STRAUCH 3 ) zum Versuch empfohlenen Losungen der gereinigten Blutglobuline hinzuweisen brauche, um Jedem die Moglichkeit zu geben, sich von der Richtigkeit unserer Beobachtungen zu tiberzeugen. Ich werde mich demnach von jetzt ab nur mit den beiden obigen, das Fibrinferment und die Globuline betreffenden, Fragen beschaf- tigen. - Zweites Kapitel. Uber das Fibrinferment. Das Fibrinferment ist fiir meine weiteren Mittheilungen von solcher Wichtigkeit, dass ich es Allem zuvor fiir nothig halte, die Existenz desselben gegen Einwendungen, welche mir in der Literatur begegnet sind, nochmals zu vertreten. Blosse Anzweifelung ohne Mittheilung der Grtinde, ja selbst, wie es auch vorgekommen ist, ohne Angabe dessen, was eigentlich an- gezweifelt wird, ob die Thatsache, dass ein Stoff mit den von mir 1) Die Lehre von den fermentativen Gerinnungserscheinungen u. s. w. Dorpat 1876. S. 29 ff. Pfl. Arch. Bd. XI, S. 298 u. 299. 2) W. KIESERITZKY. Die Gerinnung des Faserstoffes, Alkalialbuminates und A cid albumins, verglichen mit der Gerinnung der Kieselsaure. Inaug.-Abh. Dorpat 1882. 3) PH. STRAUCH. Controlversuche zur Blutgerinnungstheorie von Dr. E. FBEUKD. Inaug.-Abh. Dorpat 1889. 16 Zweites Kapitel. angegebenen Eigenschaften und Wirkungen tiberhaupt existiert, oder nur die Auffassung desselben als ernes Ferments, muss ich nattir- lich unberttcksichtigt lassen, da sie mir keine Handhabe zur Ver- theidigung bietet. Andere Einwendungen scheinen zu vergessen, dass zwischen dem chemischen Process der Gerinnung an sich und denjenigen Vorgangen im Blute, welche ihre Voraussetzung sind, oder zwischen naheren und entfernteren, unmittelbaren und mittelbaren Geriunnungsursachen ein Unterschied besteht. Wenn z. B. BIZZOZERO und Mosso, der eine in den sog. Blutplattchen, der andere in den rothen Blutkb'rperchen die wahren und ausschliesslichen Urheber der Blutgerinnung gefunden zu haben glauben, und nun sogleich meine Gerinnungstheorie ftir falsch erklaren, so bleibt, auch von ihrem Standpunkte betrachtet, ja noch die Frage: wie bewirken diese Elemente die Faserstoffgerinnung? bestehen und es liegt also auch in ihrer Annahme an sich noch gar kein Widerspruch gegen meine Theorie der Gerinnung, speciell gegen die Existenzmbglichkeit des Fibrinferments. Es ist ja doch eine bekannte und unleugbare Thatsache, dass die Faserstoffgerinnung in Flttssigkeiten vorkommt, bezw. herbeigeftthrt werden kann, in welchen kein einziges Blutplattchen oder rothes Blutkb'rperchen ent- halten ist. Sollen diese Gebilde nun doch die wahren und einzigen Gerinnungsursachen darstellen, so kann es sich offenbar nur darum handeln, dass sich ein wirksames Substrat von ihnen ablost und irgendwie, auf nattirlichem oder ktinstlichem Wege, Bestandtheil dieser Fltissigkeiten wird. Warum sollte das Fibrinferment nicht dieses Substrat sein kbnnen? Ich selbst bin, lange vor den genannten beiden Forschern, gleich zu Anfange meiner Untersuchungen von der zunachst aprioristisch gefassten Vorstellung, dass die Faserstoffgerinnung in letzter In- stanz von den kb'rperlichen Elementen des Blutes, rothen und farb- losen, abhangt, ausgegangen. Zu einer Zeit, wo es in Folge des bekannten Versuches von JOH. MILLER festzustehen schien, dass die Blutgerinnung nichts mit den Blutkor perch en zu thun habe, war diese Vorstellung das eigentlich Neue in meinen Arbeiten. Sie hat mir meine damaligen Experimente an die Hand gegeben ; denn ihre Richtigkeit zu beweisen, war der ausgesprochene Zweck derselben und ich zweifle nicht, dass dieser Beweis mir gelungen ist. Aber jene Versuche Uberzeugten mich nur davon, dass Etwas von den kb'rperlichen Elementen des Blutes, des Chylus und der Lymphe in deren Plasma tibergeht, was sie gerinnen macht, sie belehrten mich nicht ttber das Was? und Wie? Diese Belehrung zu finden, ging Uber das Fibrinferment. 17 ich daran , den Gerinnungsprocess an sich , unter steter Festhaltung meiner ursprtinglichen Vorstellung, zu analysieren und bin so zum Fibrinferment, als dem wesentlieLen Faktor desselben gelangt. 1 ) In- dem ich nun weiterhin die Beziehungen zwischen diesem Process und seinen entfernteren, in den zelligen Elementen der betreffenden Kb'rperfltissigkeiten gegebenen Ursachen, bezw. zwischen den letzte- 1) Die Art, wie haufig iiber die Autorschaft des Fibrinfermentes referiert wird, veranlasst mich, hier zu constatieren, dass ich der erste gewesen bin, wel- cher die Moglichkeit einer Fermentation mit Beziehung auf die Faserstoff- gerinnung in's Auge gefasst und auch das Wort Ferment ausgesprochen hat. Ich brauche in dieser Hinsicht nur auf meine alleraltesten Arbeiten in REICHERT und Du BOIS-REYMOND'S Archiv, Jahrg 1861, S. 565 und 566, Jahrg. 1862, S. 550 und 551 hinzuweisen. Die von mir beobachteten Thatsachen waren der Art, dass sie mir die Idee eines Fibrinferments schon damals nahelegen mussten, ich wies sie aber zuriick, weil andere, in den citierten Arbeiten ausfuhrlich dar- gelegte Beobachtungsthatsachen ihr zu widersprechen schienen ; der Hauptgrund lag darin, dass ich das Ferment noch nicht vom Paraglobulin zu trennen ver- stand und daher auch dieWirkungen des ersteren dem letzteren zuschrieb; das Paraglobulin seinerseits aber beeinflusste die Gerinnung wiederum in einer Weise, welche dem Begriff eines Ferments nicht zu entsprechen schien, wie es denn iiberhaupt nicht gut moglich war, diesen Eiweisskorper als ein Ferment aufzu- fassen. BRUCKE ist in seiner 6 Jahre spater, im Jahre 1867, erschienenen Ab- handlung: ,,Uber das Verhalten einiger Eiweisskorper gegen Borsaurelosung", Wiener akad. Sitzungsber. , Math.-naturw. Kl. 2. Abtheilung, Bd. V auf Grund der unrichtigen Voraussetzung, dass das Paraglobulin bei meinen Gerinnungsver- suchen iiberhaupt gar nicht mitgewirkt habe, consequenterweise zur Annahme eines anderen, vom Paraglobulin eingeschlossenen Stofies gelangt, welchem er die von ihm bestatigte coagulierende Wirkung der Paraglobulinniederschlage zu- schrieb. Er hat damit, was die Thatsache betrifft, dass noch ein wirksamer Stoff in den letzteren existiert, das Richtige getroffen; aber er hat diese Thatsache weder bewiesen, noch auch nur eine Vermuthung uber die Natur dieses unbe- kannten, von ihm prasumierten Stones ausgesprochen; dagegen sagt er selbst, dass mir bei meinen damaligen Arbeiten offenbar die Idee eines Ferments ,,vor- geschwebt" habe, was ich mit Beschrankung acceptiere, da sie mir zwar durch die Thatsache mehrfach aufgedrangt wurde, ich sie aber ausdriicklich noch zu- riickwies. Aber in der citierten Arbeit von BRUCKE lag fur mich jedenfalls kein zwingender Grund, von meinen zuerst gefassten Vorstellungen abzugehen, da ich seine Grundvoraussetzung von der Indifferenz des Paraglobulins beim Gerinnungs- akte nicht theilte und auch jetzt noch nicht theile , vielmehr im weiteren Fort- gange meiner Untersuchungen gezeigt habe und auch in dieser Arbeit zeigen werde , in welcher Weise die Faserstofigerinnung vom Paraglobulin beeinflusst wird. Die mir selbst nicht geniigende Deutung meiner eignen Versuche trieb mich dazu, der Sache weiter nachzugehen, und wenn es mir dabei gelang, das Ferment vom Paraglobulin zu trennen und als solches zu erkennen, so bin ich damit einfach zu einer Vorstellung zuriickgekehrt, die ich als Erster ins Auge gefasst und auch ausgesprochen habe, und man wird zugeben miissen, dass ich auf durchaus eignen Wegen zur Entdeckung des Fibrinferments gelangt bin. SCHMIDT, Zur Blutlehre. 2 18 Zweites Kapitel. ren und dem Fibrinferment, festzustellen suchte, bin ich natilrlich auf meine Ausgangsvorstellung wieder zurtickgekommen. Nur setze ich jetzt, und zwar schon seit bald zehn Jahren, statt der Worte ,,rothe Blutkb'rperchen", oder ,,farblose Blutkb'rperchen", oder meinet- wegen statt ,,Blutplattchen" das Wort ,,Protoplasma", und hoffe den Leser davon tiberzeugen zu konnen, dass dieses Wort mich einen Schritt weiter geftihrt hat. Nachdem Mosso erklart hat, das Fibrinferment existiere nicht, oder es existiere etwas, das von den anderen Fermenten ganz ver- schieden sei, ftihrt er als einen ,,sehr tiberzeugenden" Beweis fUr seine Behauptung, dass die rothen Blutkorperchen es sind, welche die Coagulation bewirken, ein Experiment an, welches nahezu dreissig Jahre frtther, unter mannigfachen Variationen, schon von mir angestellt und mitgetheilt worden ist, um auch meinerseits die Abhangigkeit der Blutgerinnung von den rothen Blutkorperchen zu demonstrieren. 1 ) Der Versuch beruht wesentlich darauf, dass ein Tropfen Pferdeblut leicht so in eine proplastische Flussigkeit (ich benutzte damals Transsudate) gebracht werden kann, dass er, ohne sich in der Fltissigkeit zu vertheilen, als Ganzes zu Boden sinkt. Man sieht alsdann, dass die iiber dem Blutstropfen stehende Fltissig- keit sehr lange fltissig bleibt, wahrend er selbst sich schon mit einer Fibrinschicht umhtillt hat und dass von hier aus die Gerinnung all- gemach nach oben bin fortschreitet. Die Flttssigkeit gerinnt aber durch ihre ganze Masse gleichmassig und gleichzeitig, wenn man den hineingebrachten Blutstropfen durch Schiitteln sofort in ihr ver- theilt. Auch dass aufgelbste rothe Blutkorperchen rascher wirken als intakte, habe ich schon lange vor Mosso beobachtet und mit- getheilt. Solchen Missverstandnissen gegentiber muss ich Folgendes be- tonen : Ich habe niemals die eminent coagulierende Wirkung der rothen Blutkorperchen bestritten, im Gegentheil, ich habe sie entdeckt. Wie ich zuerst die sog. serb'sen Transsudate als fibrinogene Fltissig- keiten erkannte und sie zuerst mit defibriniertem Blute oder Blut- serum zu Gerinnungsversuchen combinierte, so habe ich auch zuerst gezeigt und beschrieben, wie gewaltig bei diesen Versuchen die coa- gulierende Wirkung des Blutserums durch Zusatz selbst ganz ge- 1) M. Mosso. Die Umwandlung der rothen Blutkorperchen in Leuco- cyten u. s. w. Archiv fur pathol. Anatomic. Bd. CIX, S. 221, 222. A. SCHMIDT. Uber den Faserstoff und die Ursachen seiner Gerinnung. REICHERT und Du Bois- REYMOND'S Archiv 1861, S. 682. Uber das Fibrinferment. 19 ringer Mengen von rothen Blutkb'rperchen gesteigert wird. Dieser Refund ergab sich ja aus der obigen Versuchskombination, bei Ver- gleichung des Blutserums mit defibriniertem Blute, ganz von selbst. Aber ich habe stets behauptet und behaupte auch noch jetzt Mosso gegenuber, dass es Faserstoffgerinnungen giebt, welche niehts mit den rothen Blutkorperchen zu thun haben, weil sie von ganz anderen kbrperlichen Elementen abhangen; ich mache in dieser Hinstcht sogar keinen Unterschied zwischen thierischem und pflanzlichem Proto- plasma. So lange ich das Paraglobulin fur das coagulierende Agens bei der Faserstoffgerinnung und dazu fur einen homogenen Stoff an- sah, hielt ich samratliche in den gerinnenden Korperfltissigkeiten enthaltenen Zellen, vor allem die rothen Blutkorperchen, ftir Para- globulinreservoire, aus welchen auch das Plasma seinen Gehalt an dieser Substanz bezieht. Spater, als ich den eigentlichen Gerinnungs- erreger in dem, dem Paraglobulin stets beigemengten Ferment er- kannte, wurde ich durch eine Reihe von Umstanden, deren Ausein- andersetzung mich hier zu weit ftihren wtirde, zu der Annahme veranlasst, dass die farblosen Blutkorperchen die Quellen des Fi- brinferments und des Paraglobulins darstellen, wahrend die rothen vermb'ge ihres Hamoglobin gehalts den Fermentations vorgang durch eine Art von Contaktwirkung zwar enorm begunstigen sollten, ohne indess selbst einen Beitrag zu den wesentlichen Gerinnungs- faktoren zu liefern. Das war, was das Hamoglobin und die ihm bei der Gerinnung zugeschriebene Rolle anbetritft, ein Irrthum, welchen ich aber sofort erkannte, nachdem sich herausgestellt hatte, dass auch der Wirkung der farblosen Blutkorperchen keine specifische Bedeu- tung zukommt, sondern dass jedes Protoplasma im Blutplasma eben- dasselbe leistet wie sie ; denn jetzt musste die Frage auftauchen, ob nicht auch das Stroma der rothen Blutkorperchen an dieser all- gemeinen Protoplasmaeigenschaft Theil hat; Ausnahmen lasst man doch nur aus zwingenden Grtinden zu. Nachdem es mir nun ge- lungen war, auch die Stromata der Saugethierblutkbrperchen in der- selben Weise, wie dies fruher von SEMMER 1 ) mit denjenigen der Vogel- und Amphibienblutkorperchen ausgefiihrt worden war, d. h. durch Dekantieren und Waschen auf der Centrifuge mit kohlensaure- reichem Wasser, vom Hamoglobin vollkommen zu befreien und zu sammeln, ist die obige Frage durch die vor tiber sechs Jahren an- gestellten Versuche von NAUCK in bejahendem Sinne entschieden 1) G. SEMMER. Tiber die Faserstoffbildung im Amphibien- und Vogelblut u. s. w. Inaug.-Abh. Dorpat 1874. 2* 20 Zweites Kapitel. worden ') ; das Stroma der rothen Blutkorperchen von Rindern, Pfer- den und Htihnern verhielt sich in filtriertem Blutplasma genau so, wie alle anderen Zellenarten und wie die rothen Blutkorperchen selbst, das krystallisierte Hamoglobin aber war, wie mir schon friiher bekannt war, unwirksam, eine Thatsache, welche jetzt erst ihre rich- tige Erklarung fand. Die coagulierende Wirkung der wasserigen Losungen gesenkter rother PferdeblutkSrperchen in meinen frtiheren Versuchen beruhte, wie gleichfalls von NAUCK bewiesen wurde, auf dem beigemengten Stroma und nicht auf dem aufgelb'sten Hamoglobin. Ich bin also schon seit lange, und zwar ohne Mitwirkung Mosso's, nicht mehr in der Lage, die mir von ihm zugeschriebene Behaup- tung, dass die Blutcoagulation wesentlich durch die farblosen Blut- korperchen hervorgerufen" werde 2 ), zu vertheidigen, sofern dieses wesentlich u heissen soil: ohne farblose Blutkorperchen keine Ge- rinnung. Freilich besteht, mag es sich um die farblosen oder um die rothen Blutkorperchen handeln, zwischen meiner und seiner Auffassung der wesentliche Unterschied, dass ich den Faserstoff nicht unmittelbar aus veranderten und verklebten korperlichen Ele- menten (den rothen nach Mosso) hervorgehen lasse, sondern durch Ausscheidung aus der Blutflttssigkeit unter Mitwirkung der Zellen. Bei dieser Gelegenheit will ich aber daran erinnern, dass ich gegenwartig zwischen der Fermentquelle oder dem betreffenden Zy- mogen, den fermentabspaltenden Substraten und denjenigen, aus welchen die Globuline entstehen, unterscheide. Wir werden sehen, dass die rothen Blutko"rperchen mit Beziehung auf diese Gerinnungs- faktoren sich doch anders verhalten, als alle anderen Zellenarten, so dass ihnen die abgesonderte Stellung, die ich ihnen frtiher zu- wies, gewahrt bleibt, wenn auch in einem anderen Sinne, als ich es damals dachte. Ich wende mich jetzt zum Fibrinferment , indem ich folgende Satze vorausschicke: 1. Es ist eine Thatsache , dass man aus dem lufttrocknen Coa- gulum des nach stattgehabter Faserstoffgerinnung unter Alkohol gebrachten Blutes oder Blutserums mit Wasser einen Stoff extrahiert, welcher in passenden, an sich durchaus nicht gerinnen- den, Flttssigkeiten die Faserstoffgerinnung herbeiftihrt. 1) A. NAUCK. ftber eine neue Eigenschaft der Produkte der regressiven Metamorphose der Eiweisskfirper. Inaug.-Abh. Dorpat 1886, S. 39. 2) A. a. 0. S. 223. Uber das Fibrinferment. 21 2. Es ist ebenso eine Thatsache, dass das Alkoholcoagulum des cirkulierenden Blutes (welches man zu diesem Zweck aus der Ader direkt in den Alkohol fliessen lasst) bei derselben Behandlung ein fast vb'llig unwirksames Wasserextrakt liefert, dass demnach der wirksame Stoff erst ausserhalb des Organismus entsteht resp. ge- waltig zunimmt. 3. Es ist endlich eine Thatsache, dass durch Injektion dieses Stoffes in das Gefasssystem des lebenden Organismus augenblicklich tb'dliche Thrombosen herbeigeftihrt werden konnen 1 ); andrerseits disponiert der Organismus nachweislich ttber eine specifische Wider- standskraft gegen seine Wirkungen und vermag ihn schliesslich aus dem Blute ganz fortzuschaffen. Hierauf beruht die Moglichkeit der Rettung des Thieres. 2 ) Die Griinde, welche mich veranlassen, diesen Stoff als ein Fer- ment zu bezeichnen, sind folgende: 1. Je langere Zeit man den Alkohol auf das Serumcoagulum hat einwirken lassen, desto spurenhafter ist der Rtickstand des be- treffenden Wasserextrakts und auch diese Spuren bestehen zum Theil aus Salzen, zum Theil aus wiederaufgelb'stem Eiweiss. Den- noch wirken diese Wasserextrakte intensiv coagulierend; von der Quantitat des Substrates dieser Wirkung aber konnen wir unter sol- chen Umstanden nur sagen, dass sie ausserordentlicb, vielleicht fur uns unmessbar klein sein muss, denn das Eiweiss und die Salze wird in dieser Hinsicht wohl Niemand beschuldigen wollen. Ver- dttnnt man ein solches Wasserextrakt, so wird zwar die Zeit seiner Wirkung entsprechend verlangert, aber die Masse des Produktes bleibt sich gleich. Ein Beispiel mag angeftihrt werden, um von den hier gelten- den quantitativen Verhaltnissen eine Vorstellung zu geben. Ich be- reitete mir eine Fermentlb'sung, indem ich 1,6 Gr. eines getrockneten und gepulverten Coagulums von Rinderserum eine halbe Stunde lang mit 160 Gr. Wasser extrahierte und dann filtrierte. 3 ). Vom Fil- trat wurden 100 Ccm. eingedampft, der Rtickstand getrocknet und gewogen ; er wog 0,093 Gr., wovon aber 0,054 Gr. als Asche in Abrechnung kamen. Die organische Substanz im Rtickstand be- trug also nur 0,039 % des Wasserextrakts; dieselbe reprasentierte 1) M. EDELBERG. tJber die Wirkungen des Fibrinferments im Organismus. Arch, fur experimented Pathol. und Pharmakol. Bd. XII, S. 283. 2) A. JAKOWICKI. Zur physiol. Wirkung der Bluttransfusion. Inaug.-Abh. Dorpat 1875. S. 28 ff. 3) Das Serumcoagulum hatte 11 Wochen unter Alkohol gelegen. 22 Zweites Kapitel. aber noch lange nicbt den eigentlich wirksamen Stoff, denn, wie leicht nachzuweisen war, enthielt das Wasserextrakt neben deii Aschenbestandtheilen noch recbt betrachtliche Mengen eines Eiweiss- kb'rpers, welcber sich wie Paraglobulin verbielt. Demnach rtickt der wirksame Stoff fiir die Vorstellung in die Region der Milligramme resp. vielleicbt sogar des Unwa"gbaren fur 100 Ccm. des Wasser- extraktes. Trotzdem ftthrten 2 Ccm. desselben die Gerinnung von 100 Ccm. Peritonealflttssigkeit vom Pferde in 39 Minuten herbei. Die Fltissigkeit erstarrte gallertartig und, nachdem ich den Faserstoff mittelst eines Glasstabes zum Collabieren gebracbt und entfernt hatte, erfolgten keine Nacbgerinnungen, aucb nicht nach erneutem Zusatze des Wasserextrakts , die Gerinnung war also eine erschb'pfende ge- wesen. Nun ist es aber leicht, in den Transsudaten des Pferdes durcb diese Wasserextrakte ebenso erschopfende Gerinnungen herbeizuftihren, welcbe ihr Ende erst nach vielen Stunden resp. Tagen finden. Man braucht zu diesem Zwecke die Wasserextrakte nur mit den erforderlichen Mengen Wasser zu verdtinnen und es ist hieraus leicht zu entnehmen, wie kleine Bruchtheile des ohnedies schon so kleinen procentischen Rtickstandes meines obigen Wasserextrakts gentigt batten, um solche langsam fortschreitende und doch zugleich erschopfende Gerinnungen hervorzurufen. Ich glaube kaum, dass sich unter den bisher bekannten Enzympraparaten eines finden lasst, mit welchem man in so kleinen Mengen solche Wirkungen erzielen kann; das mit einiger Sorgfalt hergestellte Fibrinferment gehort unter ihnen sicherlich zu den reinsten, am wenigsten von Protoplasmabestand- theilen und Eiweiss verunreinigten Praparaten. 2. Der in Rede stehende Stoff kann zu wiederholten Malen Ge- rinnungen bewirken. 3. Seine Wirkung auf gerinnbare Kb'rperfltissigkeiten wird durch antiseptische Mittel nicht im mindesten beeintrachtigt. 4. Er wird durch Kochen .seiner wasserigen Losung unwirksam gemacht resp. zerstbrt. 1 ) 5. Im getrockneten Zustande (als gepulvertes Alkoholcoagulum) vertragt er viel hbhere Hitzegrade als in wasseriger Lb'sung. 6. Eine Temperatur von 3540 begtinstigt in hohem Maasse seine Wirkung. 7. Kaite verzbgert sie resp. unterdrtickt sie ganz. 1) Gewdhnlich wird man finden, dass Siedhitze die betreffenden Wasser- extrakte nicht vollig unwirksam macht. Dennoch ist der obige Satz richtig. Die Erklarung wird sich spater ergeben. liber das Fibrinferment, 23 8. Seine Losung erleidet (lurch Gefrieren nicht die geringste Einbusse an ihrer Wirksamkeit. 9. Schon geringe Uberschtisse an Alkalien oder Sauren unter- driicken seine Wirkung; beim Neutralisieren stellt sie sich wieder ein. Grossere Mengen von Alkalien oder Sauren zerstb'ren den wirk- samen Stoff. 10. Geringe Mengen eines Neutralsalzes begunstigen seine Wir- kung, grosse hemmen resp. unterdriicken sie. Die Grenze, von wel- cher an diese hemmende Wirkung der Salze beginnt, variiert je nach ihrer Natur und je nach den relativen quantitativen Verhaltnissen dieses Stoffes zu dem Substrat der Faserstoffbildung. Der Punkt 2 bedarf noch einer Erlauterung. Der Versuch, mit einer gegebenen unveranderlichen Quantitat des Fibrinferments wie- derholte Gerinnungen zu erzeugen, stb'sst namlich auf Schwierigkeiten, welche darin begrtindet sind, dass das Produkt der Fermentation, der Faserstoff, nicht in Losung bleibt, sondern sich in fester Gestalt ausscheidet und dabei einen betrachtlichen Theil des Ferments ein- schliesst und somit der Fliissigkeit entzieht. Bringt man nun, nach- dem der Faserstoff entfernt worden, den fltissigen Theil, das Serum zweiter Ordnung, von Neuem in eine proplastische Flttssigkeit, um eine zweite Gerinnung zu bewirken, so kommt zu dem absoluten, durch den Faserstoff bewirkten Verlust an Ferment noch die rela- tive, durch die Volumsvergrb'sserung der Fltissigkeit verursachte Abnahme desselben zur Geltung, so dass die Gerinnung nun nattir- lich viel langsamer verlaufen wird, als das erste Mai, aber nicht, oder doch nicht nur, weil das Ferment eine Einbusse an Kraft er- litten, sondern weil es zugleich eine absolute und relative Vermin- derung seiner Menge erfahren hat. Uberlegt man diese Verhaltnisse, so wird man sich nicht wundern, dass bei Wiederholung dieses Ver- fahrens tiber Kurz oder Lang der erwartete Erfolg ausbleibt und man wird mit der Annahme, dass er ftir immer ausbleibt, um so eher bei der Hand sein, je ktirzer der Geduldsfaden ist. Noch tibler ist man dran, wenn man, wie es Mosso thut, den Faserstoff selbst zur Ubertragung von Gerinnungen benutzt, denn diese Methode, welche zwar keine steigende Volumsvergrosserung der Reaktionsfliissigkeiten mit sich bringt, leidet an dem schlimmen Umstande, dass der Faserstoff das eingeschlossene Ferment sehr fest zurtickhalt, namentlich in eiweisshaltigen Fltissigkeiten, so dass wie- derum nur ein Bruchtheil vom letzteren, der selbst nur ein Bruch- theil des anfanglichen Quantums darstellt, in die Reaktionsfl ussigkeit gelangen kann. Offenbar kb'nnen aber nur die in der Losung be- 24 Zweites Kapitel. fmdlichen und nicht die vom Faserstoff zurtickgehaltenen Ferment- molekttle zur Wirkung kommen, also fortgesetzte Bruchtheile von Bruchtheilen, deren Nenner mit einander multipliciert gedacht war- den rnussen. Diese Umstande hat Mosso bei seinen Versuchen un- berticksichtigt gelassen und gelangt dadurch zu der Behauptung, das Fibrinferment existiere nicht oder es bestehe eines, welches von den anderen Fermenten ganz verschieden sei, weil es in solch' bedeuten- der Menge vorhanden sein mlisste (d. h. urn wiederholte Gerinnungen zu bewirken), dass es mit chemischen Fermenten nicht verglichen werden kb'nne. ') Nun, ich glaube meine Versuche haben gezeigt, mit wie gering- fiigigen Mengen dieses Stoffes man hochst bedeutende Wirkungen erzielen kann. Aber die Angabe Mosso's, dass ihm nur eiue ein- malige UbertragUDg der Gerinnung gelungen sei, erscheint mir, selbst mit Beriicksichtigung seiner unvortheilhaften Versuchsanord- nuDg, unwahrscheinlich niedrig und ich glaube, dass er sich zu frtih von der Negativitat des Erfolges tiberzeugt hielt. Ich habe bei mei- nen frliheren Ubertragungsversuchen stets nur den fllissigen Theil benutzt, und 2 3 Mai nach einander sind sie mir immer gelungen. Bei einer Modifikation des Verfahrens bin ich indess zu viel be- friedigenderen Resultaten gelangt, so dass das Fibrinferment auch in dieser Hinsicht mindestens dasselbe leistet, was man von anderen chemischen Fermenten zu fordern gewohnt ist. Das Verfahren bestand in Folgendem: Ich Ib'ste einige Gramme lufttrocknen, pulverisierten Salzplasmarttckstands in dem siebenfachen Gewicht Wasser; bei diesem Verhaltniss zwischen Wasser und Ruck- stand entsteht eine Lb'sung, welche ungefahr dieselbe Zusammen- setzung hat, wie das ursprtingliche, mit der schwefelsauren Magne- sialosung vermischte Pferdeblutplasma; ich werde dieselbe hinfort als flSalzplasmalb'sung" von der behufs HerbeifUhrung der Ge- rinnung mit wasserigen Zusatzen verdtinnten Lbsung, die ich als n verdtinnte S al z plas mal osung" bezeichnen werde, unter- scheiden. Von dieser Salzplasmalosung wurden 10 Ccm. mit 80 Gem. Fer- mentlb'sung verdlinnt und die Mischung, welche schon nach zwei Minuten geronnen war, noch einige Stunden bei einer Temperatur von ca. 16 stehen gelassen; dies geschah, urn dem im verdUnnten Salz- plasma zwar rasch eintretenden, aber langsamer ablaufenden Gerin- nungsprocess Zeit zu geben, sich vollkommen zu erschbpfen. Hierauf 1) A. a. 0. S. 221. Uber das Fibrinferment. 25 wurde der Faserstoff durch Umruhren mit einem Platindraht zum Collabieren gebracht, das Kliimpchen aber in der Flussigkeit, in welcher es zu Boden sank, zurtickgelassen ; von der letzteren wurde der fiinfte Theil (18 Ccm.) abgehoben, zur weiteren Beobachtung bei Seite gestellt, durch eben so viel frisch hergestelltes verdtinntes Salz- plasma ersetzt und gut durchgemischt. Bereits nach 5 Minuten war die Fltissigkeit gallertartig geronnen, sichtbar nahm der anfangs durch- sichtige Faserstoff allmahlieh an Masse zu, so dass er etwa nach 1 ! /2 Stunden ganz undurchsichtig geworden war, wabrend die bei Seite gestellte Probe keine Spur einer Nachgerinnung zeigte, zum Beweise, dass der erste Gerinnungsprocess ein vollkommen erschopfen- der gewesen war. Am folgenden Morgen wurde wiederum der Faser- stoff zum Collabieren gebracht, ohne aus der Flussigkeit entfernt zu werden, 18 Ccm. der Fltissigkeit abgehoben, zur Seite gestellt, durch ebensoviel frisch er Fltissigkeit ersetzt u. s. w. In dieser Weise setzte ich den Versuch fort, indem ich von der zweiten Ubertragung an jedesmal 24 Stunden bis zur nachstfolgenden verstreichen Hess. Jedes- mal erfolgte die Gerinnung, zwar mehr und mehr verspatet, aber doch, wie die Betrachtung der zugehorigen Controlle ergab, immer so, dass sie innerhalb 24 Stunden vollstandig beendet war; beim siebenten Male, wo die ersten Zeichen der Gerinnung nach 4 Stunden eintraten, unterbrach ich den Versuch, den icb, wie aus den ange- gebenenGerinnungszeitenhervorgeht, wohl noch mehrfach hattewieder- holen konnen, da die Faulnisserscheinungen in der salzhaltigen Flussig- keit sehr spat auftreten. Solcher Versuche habe ich im Ganzen drei angestellt, jedes Mai mit dem gleichen Erfolge; ich will nur hinzufUgen, dass ich den zweiten Versuch bis zur neunten Ubertragung fortsetzte, ohne bis an die Grenze der Wirksamkeit des Ferments gelangt zu sein. Man sieht, dass bei dieser Versuchsmethode das Volum der Fltissig- keit und ihre Concentration in Bezug auf das Magnesiasalz unver- andert blieb ; zwar unterlag der Fermentgehalt der Fltissigkeit durch die bei jedem Einzelversuch stattfindende Fortnahme eines Theiles der Fltissigkeit einer fortschreitenden Verminderung, aber jedes Mai doch nur urn ein Funftel der vorhandenen Fermentmenge. Die in diesen Versuchen beobachtete steigende Verlangsamung der Gerinnungen, mag sie nun nur durch die fortschreitende Ver- minderung des Fermentgehalts oder zugleich auch durch einen wahrend der Thatigkeit eintretenden theilweisen Verbrauch bewirkt sein, entspricht durchaus den Erfahrungen, welche man auch an anderen chemischen Fermenten gemacht hat, so am Pepsin, Ptyalin, am dia- 26 Zweites Kapitel. statischen Ferment der Leber, am Trypsin u. s. w. An alien diesen En- zymen zeigt sich, dass sie wahrend ihrer Thatigkeit bedeutend an Kraft verlieren, wie z. B. PASCHUTIN, BRtiCKE und GRUTZNER am Ptyalin und Pepsin, HEIDENHAIN am Trypsin nachgewiesen haben, so dass GRUTZNER den Satz aufstellt: n die sogenannten unge- formtenFermentewerden bei ihrerThatigkeitzum Theil zerstort, vermogen also nicht unbegrenzte (wenn auch sehr bedeutende) Mengen anderer Stoffe zu zersetzen. ') Auch von dieser Seite betrachtet tritt also das Fibrinferment ganz in die Reihe der sogenannten ungeformten Fermente oder Enzyme und wird darin verbleiben, so lange diese Bezeichnungen tiberhaupt bestehen. Ein weiterer Einwand gegen das Fibrinferment, welcher mir in der Literatur begegnet ist, beruht auf meiner eigenen Angabe, dass dasselbe das Wasserstoffsuperoxyd nicht katalysiert. Nun, ich be- haupte, die verbreitete, meines Wissens von SCHONBEIN stammende Angabe, dass die Fermente das Wasserstoffsuperoxyd unter Sauer- stoffentwickelung zersetzen, ist falsch ; nicht die Fermente thun dies, sondern, wie ich beweisen werde, ganz andere Protoplasmabestand- theile, welche ihnen beigemengt sind. Ich kenne kein Fermentpra- parat, welches nicht durch Protoplasmabestandtheile verunreinigt ware. Das indifferente Verhalten des Fibrinferments gegen Wasser- stoffsuperoxyd ist vielmehr eine weitere Sttitze ftir meine Annahme, dass dasselbe unter alien bisher bekannten ungeformten Fermenten sich am reinsten darstellen lasst, wie dasselbe ja auch thatsachlich nur noch durch Spuren von Serumsalzen und Serumeiweiss , aber nicht durch Zellenbestandtheile verunreinigt erscheint, jedenfalls nicht durch solche, welche das Wasserstoffsuperoxyd katalysieren. Da viele der Versuche, iiber welche ich weiterhin berichten werde, am bequemsten mit verdtlnntem Salzplasma angestellt werden, weil man nicht immer in der Lage ist, iiber passende Hydrocele- fllissigkeiten oder Hohlenfliissigkeiten vom Pferde zu disponieren, so halte ich es ftir erforderlich schon hier zu betonen, dass man nach der angegebenen Darstellungsmethode nicht immer ein vollkommen vorwurfsfreies Salzplasma erhalt. Als vollkommen vorwurfsfrei be- zeichne ich aber ein solches Salzplasma, dessen, je nach Bediirfniss, mit 6 8 Volum Wasser verdtinnte Lb'sung bei beliebig lange fort- gesetzter Beobachtung keine Spur einer spontanen Gerinnung, einer 1) P. GBCTZNEE. Notizen iiber einige ungeformte Fermente des Saugethier- organismus. Pfl. Arcb. Bd. XII. 1876. S. 301. tiber das Fibrinferment. 27 Flockenbildung oder dergl. zeigt. Der Salztiberschuss muss also gross genug sein, um auch im verdunnten Zustande den Kraften im Plasma, welche das Ferment abspalten, das Gegengewicht zu halten. Diese Krafte unterliegen aber beim Pferde grossen individuellen Schwan- kungen, ja auch Schwankungen innerhalb eines und desselben Indi- viduums, je nach den augenblicklichen Korperzustanden , nach den Jahreszeiten und nach anderen unbekannten Bedingungen. Da es nun aber unmoglich ist, im Voraus zu bestimmen, welcher Art das zur Herstellung des Salzplasma abzunehmende Blut in dieser Hin- sicht sein wird, so wird es bei einem ein fiir alle Male festgesetzten Mischungsverhaltniss auch vorkommen konnen, dass der Salzzusatz im einzelnen Falle sich als mehr oder weniger ungenligend erweist. 1 ) Dem Zufalle verdanke ich den Beweis dafttr, dass die Spaltungs- energie des Blutes eine so hochgradige sein kann, dass es selbst im un- verdtinnten Zustande des daraus hergestellten Salzplasma zur Fer- mententwickelung kommen kann, wenn sie auch nicht bedeutend genug ist, um in diesem Zustande auch die Gerinnung herbeizuftthren. Nach stattgehabter Senkung der rothen Blutkorperchen theilte ich namlich ein Mai das abgehobene Salzplasma in zwei gleiche Theile, trocknete erst den einen Theil im Vacuum tiber Schwefelsaure, wah- rend der andere unterdess bei einer Temperatur, welche zwischen und +5 schwankte, auf bewahrt wurde. Die Mengen waren nicht gross, so dass nach zwei Tagen das Trocknen der ersten Portion beendet war, worauf sofort die zweite in das Vacuum gebracht wurde, aus welchem sie gleichfalls nach zwei Tagen als vollstandig getrocknet herausgenommen wurde. Beide Praparate wurden nun gleichzeitig gepulvert, von jedem etwas abgewogen, mit dern siebenfachen Ge- wicht Wasser gelost, filtriert und von den Filtraten gemessene Mengen mit dem Sfachen Volum Wasser verdtinnt. Es ergab sich nun, dass die aus dem zuerst im Vacuum getrockneten Praparat hergestellte verdtinnte Salzplasmalosung nach 4 Stunden zu gerinnen begann, die andere aber schon nach l*/2 Stunden. Dieses Resultat beweist zu- nachst, dass ich es diesmal mit einem ausserordentlich spaltungs- kraftigen Blute zu thun hatte, aber die viel kurzere Gerinnungszeit der zweiten Probe beweist ausserdem, dass hier ein Mehrgehalt an Fibrinferment zur Wirkuug kam, ein Unterschied, welcher, da es sich um ein und dasselbe Blut handelte, offenbar nur von der Be- handlung desselben abgeleitet werden konnte. In dieser Hinsicht 1) Es koinmt dies nach meinen Erfabrungen im Winter haufiger als im Sommer vor. 28 Zweites Kapitel. bestand aber nur der Unterschied, dass die zweite Portion des Salz- plasmas zwei Tage spater als die erste zum Trocknen in das Vacuum gebracht wurde. In dieser Zeit hatte sich also der Mehrgehalt von Fibrinferment entwickelt. Meine spateren, zur weiteren Beglaubigung dieser Beobachtung angestellten Versuche haben sie ausnahraslos be- statigt. 1 ) Es ist deshalb immer rathsam, das Salzplasma unmittel- bar, nachdem es von den rothen Blutkb'rperchen getrennt worden, im Vacuum, und zwar mbglichst rasch, zu trocknen. Praparate, welche, wie die oben erwahnten, schon wenige Stun- den nach der Verdtinnung mit Wasser spontan zu gerinnen beginnen, sind mir tibrigens, bei der von mir angewendeten Darstellungsmethode, hb'chst selten vorgekommen ; sie kb'nnen immer noch als Reagentien zur Erkennung des Fibrinferments dienen; denn dasselbe wird, selbst in den kleinsten Mengen, ihre Gerinnung deutlich beschleunigen, wovon man sich am besten tiberzeugt, wenn man gleichzeitig ein nur mit destilliertem Wasser hergestelltes Vergleichspraparat beobachtet; grossere Fermentmengen aber machen die Gerinnung solchen Salz- plasmas auf wenige Minuten oder Secunden zusammenschrumpfen. Angenebm ist es aber immer, wenn man es mit Praparaten zu thun hat, deren verdtinnte wasserige Lbsungen in ihrem Verhalten sich dem nahern, was ich oben als vorwurfsfrei bezeichnet habe; kleine flockige Ausscheidungen , welche zuweilen im Laufe einiger Tage auftreten, sind gar nicht bedenklich; abgesehen von der langen Zeit- dauer, in welcher sie sich bilden, kommt es durch sie niemals zu einer erschb'pfenden Faserstoffausscheidung, so dass Losungen, in wel- chen sie sich sogar bereits gebildet haben, immer noch als Reagen- tien zum Nachweis des Fibrinferments benutzt werden kbnnen. RAUSCHENBACH hat am zellenfreien Pferdeblutplasma den Nach- weis geliefert, dass eine Wechselwirkung zwischen Protoplasma und Blutplasma besteht, deren Resultat das Auftreten von Fibrinferment, also die Abspaltung desselben von seinem Mutterstoff ist 2 ); unter gewb*hnlichen Verhaltnissen stellen die farblosen Blutkorperchen den natllrlichen Protoplasmagehalt des von den rothen Blutkb'rperchen abgehobenen Plasmas dar; aber, in das filtrierte zellenfreie Plasma 1) Man hat es sehr selten mit so spaltungskraftigem Blute zu thun, wie im vorliegenden Falle. Deshalb habe ich, um die gemachte Erfahrung zu control- lieren, von zwei Portionen ein und desselben mit der Salzlosung gemischten Plasmas die eine sogleich im Vacuum getrocknet, die andere aber erst, nachdem sie einige Tage einer Temperatur von 1518 ausgesetzt gewesen war. 2) F. KAUSCHENBACH. tJber die Wechselwirkungen zwischen Protoplasma und Blutplasma. Inaug.-Abh. Dorpat 1883. Auch im Buchhandel erschienen. tiber das Fibrinferment. 29 gebracht, wirken alle Formen des thierischen oder pflanzlichen Proto- plasmas ganz eben so, wie die farblosen Blutkb'rperchen. JeneWechsel- wirkung zwischen Protoplasma und Blutplasma, bzw. jener Spal- tungsprocess, durcb welchen das FibriDferment entsteht, wird nun aber durch geniigende Mengen des Magnesiasalzes unmb'glich gemacht. Darum gerinnt das Salzplasma nicht und daher stammt auch die Angabe RAUSCHENBACH'S, dass alle Formen von Protoplasma, welche auf filtriertes Blutplasma in so eminentem Grade einwirken, gegen Salzplasma sich indifferent verhalten; diese Angabe, wb'rtlich gefasst, bezieht sich natttrlich nur auf ein wirklich vorwurfsfreies Salzplasma. Wo ein Ueberschuss an spaltenden Kraften im Salz- plasma noch vorhanden ist, erkennbar daran, dass schon nach blosser Verdunnung mit Wasser allmahlich Fibrinausscheidungen auftreten, da wird das Protoplasma sich darin auch nicht ganz indifferent ver- halten; aber je gtinstiger die Probe mit Wasser ausfallt, d. h. je un- bedeutender jener Ueberschuss ist, desto uubedeutender und schlep- pender ist die durch das Protoplasma erzeugte Gerinnung und in alien Fallen, in welchen er ganz fehlt, in welchen deshalb durch blosses Verdtinnen mit Wasser keine Andeutung einer Gerinnung bei tagelanger Beobachtungsdauer bewirkt wird, in alien diesen Fallen, welche, wenn man bei der Bereitung des Salzplasmas sorgfaltig ver- fahrt, die grosse Mehrzahl bilden, libt auch das Protoplasma nicht die geringste Wirkung auf dasselbe aus. Vergleicht man nun hier- mit die machtigen Wirkungen, welche eine Fibrinfermentlb'sung, deren Rtickstand an Masse gegenuber der Masse des zugesetzten Proto- plasmas verschwindet, auf solches Salzplasma austibt, so liegt es klar am Tage, dass die Gerinnungshemmung durch das Salz im ver- d ii n n t e n Salzplasma nicht auf die W i r k u n g , sondern auf die E n t - stehung des Ferments zu beziehen ist. Wenn nun Mosso sagt, dass Untersuchungen, welche nach meiner Methode mit der proplastischen Flussigkeit angestellt werden, am allerwenigsten geeignet seien, uns tiber das Phanomen der Gerinnung Aufschluss zu geben, weil in dieser Fliissigkeit allzuviele Korper vermengt und verandert sich vorfinden" und daran den nach- folgenden Satz knupft: In der That habe ich bei Wiederholung der Versuche A. SCHMIDT'S, WOOLDRIDGE'S, RAUSCHENBACH'S u. A. constatieren kbnnen, dass die Ge- rinnung der mit Pferdeblut bereiteten proplastischen Flttssigkeit u (also offenbar Salzplasma) auch durch einfachen Zusatz von Wasser und ver- schiedenen anderen, im Zustande der Verwesung befindlichen Fltissig- keiten, ferner von Sperma, zerriebener Krystalllinse u. s. w. zu Stande 30 Zweites Kapitel. kommt, ohne dass es nothwendig ist, weisse Blutkorperchen, Blut- plattchen oder rothe Blutkorperchen hinzuzufiigen. SCHMIDT hatte schon beobachtet, dass man die Coagulation der proplastischen Fltissig- keit auch mit Filtrierpapier oder Amiant bewirken kann" - 1 ), so sehe ich mich veranlasst, diesem Satze gegentiber Folgendes her- vorzuheben. 1. Ich babe niemals behauptet, dass die Gerinnung des Salz- plasmas nicht auch durch einfachen Zusatz von Wasser zu Stande kommen kb'nne, sondern ich habe das Verfahren zu wiederholten Malen angegeben, bei welchem man am meisten Aussicht hat, zu einem Salzplasma zu gelangen, in welchem Wasserzusatz diese Wir- kung nicht hat. Mosso wird urn so haufiger Salzplasmen begegnen, welche seiner objgen Angabe entsprechen, je weniger er die von mir angegebenen Regeln bei ihrer Bereitung beobachtet. Dass durch Salzzusatze fltissig erhaltenes Blut beim Verdtinnen mit Wasser ge- rinnt, ist eine sehr alte Beobachtung; ich habe nur gezeigt, dass man speciell aus dem Pferdeblut und speciell bei Benutzung des Magnesiasalzes und bei Beobachtung gewisser Regeln eine Flussig- keit erhalten kann, welche trotz Verdtinnung mit Wasser permanent fltissig und dabei doch zugleich auch gerinnbar bleibt. Wenn Mosso dasselbe Salzplasma, welches schon nach einfachem Wasserzusatz gerann, oder ein ihm ahnliches, auch zu seinen Versuchen mit farb- losen Blutkorperchen, Sperma, Krystalllinsen benutzt hat, so bezweifle ich das von ihm angegebene Resultat keineswegs ; ich halte es viel- mehr ftir selbstverstandlich. Ich bedauere nur, dass er sich nicht urn ein besseres Salzplasma bemtiht hat und ich behaupte doch zu- gleich, dass auch die Gerinnungen, welche er durch Sperma u. s. w. in seinen Praparaten erzeugt hat, sehr unbedeutende und hb'chst schleppend verlaufende gewesen sind, welche gar keinen Vergleich ausgehalten hatten mit denjenigen, auf wenige kurze Momente zu- sammengedrangten und zugleich erschb'pfenden Gerinnungen, welche er in seinem Salzplasma durch Zusatz einer gleichfalls nach meiner Methode dargestellten Fibrinfermentlosung erzielt hatte. Derartige vergleichende Versuche scheint Mosso nicht angestellt zu haben; wenigstens spricht er nicht davon. Sie hatten ihn aber sicherlich davon tiberzeugt, dass er mit dem Fibrinferment den eigentlichen wirksamen Faktor bei der Gerinnung in der Hand hatte, und das um so mehr, als er aus der Darstellungsmethode ersehen hatte, dass dieser Faktor seinerseits aus solchem Blute stammte, welches selbst bereits geronnen war. 1) A. a. 0. S. 220 und 221. Tiber das Fibrinferraent. 31 2. Es ist nicht zu verstehen, wodurch Mosso sich veranlasst ge- sehen hat, grade RAUSCHENBACH gegentiber zu betonen, dass Sperma, zerriebene Glaslinse u. s. w." die gleichen WirkuDgen haben wie farb- lose Blutkorperchen, Blutplattchen u. s. w. Hat derm RAUSCHENBACH je das Gegentheil oder auch nur etwas Anderes behauptet? Er war es ja gerade, welcher zuerst den Satz aussprach, dass nicht bloss, wie ich anfangs annahm, die farblosen Blutkorperchen, sondern tiberhaupt jedes Protoplasma Quellen des Fibrinferments darstellen und daher in geeigneten Flussigkeiten Faserstoffgerinnungen bewirken und er stutzt diesen Satz unter Anderem sogar auf Versuche, die er mit Sperma anstellte; freilich behauptet er im Gegen- satz zu Mosso, dass das Protoplasma in Salzplasmalosungen unwirksam ist und dazu war er durchaus berecbtigt, da er seine Versuche eben an vorwurfsfreien Praparaten anstellte. Aber ebenso besagen seine Versuche und deren Ergebnisse ja auch andrerseits, dass liberall, wo uberhaupt noch ein Grad von n spontaner" Gerinn- barkeit vorhanden ist, also auch in mehr oder weniger misslungenen Salzplasmalosungen, das Sperma und die Substanz der Krystalllinse qualitativ durchaus ebenso, wie farblose Blutkorperchen u. s. w. wirken miissen, d. h. coagulierend. 3. Wenn Mosso ferner sagt, auch durch Zusatz von Fltissig- keiten, welche sich im Zustande der Verwesung befanden, sei die Gerinnung der Salzplasmalosung zu Stande gekommen, so bedauere ich wiederum, dass er nicht angiebt, welcher Art diese Flussigkeiten waren, noch ob er auch mit ihnen Versuche angestellt hat, als sie noch frisch waren; ich muss annehmen, dass dies nicht der Fall gewesen ist, denn sonst ware ihm der Unterschied der Wirkung nicht entgangen und es hatte sich ibm ergeben, dass jene Zusatze noch wirksam waren nicht weil, sondern trotzdem sie sich im Zustande der Verwesung befanden. Uebrigens will ich bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass in den Untersuchungen von GROHMANN Pilze von verschiedener Art, ebenso verschiedene geztichtete Mikroben- forrnen sich hinsichtlich der Gerinnungsfrage qualitativ ganz ebenso wie jedes andre Protoplasma verhielten und dass demnach die Faul- nissbakterien , indem sie das Protoplasma ihres Nahrmateriales zer- storen, dafiir das ihrer eignen Korpersubstanz einsetzen 1 ); nicht die Faulnisserreger, sondern die Faulnissprodukte sind Ursache der re- lativ gerinnungshemmenden Wirkung faulender Substanzen. 1) W. GROHMANN. tiber die Einwirkung des zellenfreien Blutplasma auf einige pflanzliche Mikroorganismen. Inaug.-Abh. Dorpat 1884. 32 Zweites Kapitel. 4. Ich babe nie bebauptet, dass aucb Filtrierpapier und Asbest die Coagulation proplastiscber FlUssigkeiten bewirken, sondern icb babe nur gesagt, dass ein bereits vorhandener, im Gange befindlicher Gerinnungsvorgang durcb gewisse pulverformige oder porb'se Kb'rper, wie Platinschwamm , Kohlenpulver, Fliesspapier, Asbest begtinstigt werde, indem icb zugleich nacbwies, dass der diesen Stoffen an- haftende Sauerstoff nicht als Ursache der fraglichen Wirkung an- geseben werden kb'nne. *) Icb dacbte demnacb an eine Art Bertih- rungswirkung; doch gleicbgtiltig, jedenfalls bewiesen die betreffenden Versuche, dass die Anwesenbeit des Fibrinfermentes die Voraus- setzung der besonderen Wirkung jener Stoffe war, nicbt aber, dass sie dasselbe ersetzen kb'nnten. Es wird Jedem leicbt fallen, sicb von ihrer volligen Unwirksamkeit an und ftir sich an geeigneten Salz- plasmalbsungen oder besser nocb an den Fltissigkeiten aus den se- rb'sen Hb'hlen des Pferdes, welche fast regelmassig keine Spur einer spontanen Gerinnungsfabigkeit zeigen, zu tiberzeugen. Ich wiinscbte, dass Mosso seine Versucbe mit Sperma, Krystall- linsen u. s. w. an den letztgenannten Fltissigkeiten wiederbolte und die Resultate mit denen verglicbe, welche er bei Anwendung des Fibrinferments erhielte; nachstdem, dass er die keineswegs grosse Mtihe sich nicbt verdriessen Hesse, sicb wirklich gute Salzplasma- lo'sungen zu verschaffen; es wtirde ihm dann alsbald leicht fallen, auch die Resultate, welche ihm weniger gute Losungen dieser Art geben, richtig zu beurtheilen und zu verwerthen. Gegentiber den genannten Hohlenfltissigkeiten ist das Salzplasma nattirlich nur ein Surrogat, aber ein vortreffliches ftir denjenigen, welcber weiss, wann er dasselbe anzuwenden hat und wie es beschaffen sein muss, um den jeweiligen Zwecken des Versuchs zu entsprecben. Dass es ein Gemenge vieler Stoffe darstellt, kommt bei dem Gebrauch, welchen ich davon mache, nicht in Betracht, da es alle Bestandtheile der Blutfltissigkeit enthalt und es sich zudem nur darum handelt fest- zustellen, ob dieses selbe Gemenge von Stoffen als Ganzes, ganz abgesehen von seiner Zusammensetzung , nachdem seine Gerinnung durch eine bekannte Ursache unterdrtickt worden, wieder zum Ge- rinnen gebracht werden kann, ob dieser Process durch das Hinzuthun gewisser, gleichfalls dem Blute angehoriger und aus ihm gewonnener Stoffe hervorgerufen wird und ob namentlich die Wirkungsart der letzteren auf ein Ferment zu schliessen erlaubt oder nicht. Man hat es hierbei mit Fragen chemischer Art zu thun 1) PFLflGEB's Archiv, Bd. VI, S. 527 ff. tiber das Fibrinferment. 33 und eine Analyse chemischer Processe mittelst des Mikroskops scheint mir unsicherer zu sein, als durch Reagentien, welche den Experimentator in den Stand setzen, eben denselben chemischen Vorgang, welcher analysiert werden soil, nach seinem Willen zu er- zeugen und in seinem Verlauf zu lenken und zu modificieren. G. TAMMANN l ) bat die Wirkung des Emulsins auf Amygdalin, Salicin und Harnstoff, ferner die Inversion des Rohrzuckers unter dem Einfluss des Invertins genauer studiert, indem er die zersetzten Substanzmengen bestimmte, und zwar beim Amygdalin durcb die VoLLHARD'sche Methode der Blausaurebestimmung, beim Harnstoff durch die Titration des gebildeten kohlensauren Ammoniaks und beim Salicin und Rohrzucker durch das polaristrobometrische Ver- fahren. Ich entnehme seiner Arbeit die folgenden beiden Satze, um sie auf die Faserstoffgerinnung anzuwenden. 1. Die fermentativen Reaktionen sind unvollstandig, ftihren aber zu keinen Gleichgewichtszustanden, sind also nicht umkehrbar. Dass die Faserstoffgerinnung nicht umkehrbar ist, braucht nicht weiter erlautert zu werden, dass sie zugleich unvollstandig ist, lasst sich wenigstens mit Bezug auf das Paraglobulin behaupten, von welchem nacb Beendigung der Reaktion stets ein Rest in der Fliissig- keit zurtickbleibt. Die Sache ware ganz klar, wenn wir annehmen durften, dass das Paraglobulin das einzige Substrat der Faserstoff- bildung ist. 2. Der Endzustand der Reaktion ist von der Tem- peratur und der Concentration der reagierenden Stoffe abhangig. a) TAMMANN zeigt, dass die Wirkung des Emulsins auf Amyg- dalin bei ungefahr 45 in Betreff der Menge des zersetzten Stoffes ein Maximum erreicht; sie wachst mit der Temperatur bis zu diesem Maximum und nimmt dann mit weiter steigender Temperatur wieder ab. Ich habe schon frtther bei Gelegenheit am Pferdeblut beobacbtet, dass das Faserstoffprocent etwas hb'her ausfiel, wenn das Blut bei Zimmertemperatur, als wenn es bei 35 gerann. Neuere Versuche mit filtriertem Pferdeblutplasma haben diese Beobachtung bestatigt. Ich habe die Gerinnung stattfinden lassen bei Temperaturen von 39, ferner von 16 19, von 36 und endlich von 48. Diejenigen 1) G. TAMMANN. tJber die Wirkung der Fermente. Zeitschrift fur physi- kalische Chemie III, 1. Leipzig, W. Engelmann, 1889. SCHMIDT, Zur Blutlehre. 3 34 Zweites Kapitel. Plasmaproben, welche bei Temperaturen , die hb'her als die im La- boratorium zur Zeit herrschenden waren, gerinnen sollten, wurden zuerst in warmem Wasser rasch bis zur gewiinschten Hohe erwarmt und dann ca. 12 Stunden im Thermostaten auf dieser Hohe erhalten; hierauf wurde zur Gewinnung des Faserstoffes geschritten. Den der Zimmertemperatur ausgesetzten Plasmaproben gewahrte ich eine Ge- rinnungszeit von 2 Tagen und endlich den bei niederer Temperatur gerinnenden eine solche von 8 Tagen. Sammtliche Proben befanden sich in wohl verschlossenen Glasern. Bei alien Praparaten war in den angegebenen Zeiten der Endzustand der Reaktion erreicht, d. h. im ausgepressten Serum fand, auch bei Zimmertemperatur, keine Gerinnung mehr statt. Die gebildeten procentisehen Fibrinmengen ergeben sich aus folgender Uebersicht: Versuchs- nummer bei 3-9 bei 1619 bei 36 bei 48 I 0,48 0,51 0,44 0,40 II 0,69 0,71 0,63 III 53 0,45 Die von der Temperatur abhangigen Differenzen sind hier zwar bei Weitem nicht so bedeutend, als TAMMANN sie beim Amygdalin gefunden hat, allein sie sind doch deutlich genug und lassen die Gesetzmassigkeit erkennen. b) Tiber die Abhangigkeit des Endzustandes bei einer Ferment- reaktion von der Menge des Ferments drtickt TAMMANN sich fol- gendermassen aus: n Bei einer Vermehrung der Fermentmenge nimmt zuerst die Menge des gespaltenen Stoffes zu, dann aber andert sich dieselbe bei weiterer Vermehrung des Ferments nicht und schliess- lich nimmt die im Endzustande unter dem Einfluss noch grftsserer Fermentmengen gespaltene Menge ab". Ich ftthre das Beispiel von TAMMANN hier an. des Emulsins in mmgr. 50 25 12,5 6,2 3,1 1,5 0,7. Zersetztes Amygdalin in /o des urspriinglichen 60 60 60 60 40 20 10. Ich habe in dieser Hinsicht mit der Faserstoffgerinnung nur we- iiige Erfahrungen gemacht, welche zudem nur auf gelegentlichen Beobachtungen beruhen, bei Versuchen, die zu anderen Zwecken an- gestellt wurden. Mit Bestimmtheit kann ich sagen, dass von einer gewissen mittleren Menge des Ferments an die Quantitat des Faser- stoffs bei weiterer Vermehrung des ersteren sich gleichbleibt, so dass der Unterschied im Fermentgehalt sich nur in der verschiedenen Uber das Fibrinferment. 35 Geschwindigkeit der Gerinnung ausdrtickt. Bei sehr kleinen Fer- mentmengen habe ich zwar oft weniger Faserstoff erhalten, als bei grosseren, aber ich habe mich in solchen Fallen nicht davon iiber- zeugt, ob wirklich der Endzustand erreicht war; ich nahm vielmehr das Gegentheil an. Es ist in der That schwer, bei sehr verzogertem Gerinnungsverlauf den Zeitpunkt zu bestimmen, bis zu welchem man warten soil. In Betreff der Frage, ob es eine hb'here Grenze giebt, von welcher an, bei weiterer Vermehrung des Ferments, die Masse des Faserstoffs wieder abnimmt, habe ich gleichfalls auf keine ad hoc angestellten Versuche hinzuweisen. Ich halte dies aber ftir sehr wahrscheinlich auf Grund von spater zu erwahnenden Versuchen, in welchen ich den Fermentgehalt der betreffenden Fltissigkeit nicht durch Zusatz von aussen, sondern durch ktlnstliche Steigerung der inneren Entwickelung in die Hb'he trieb. c) Bei constanter Fermentmenge und bei Vermehrung des spal- tungsfahigen Stoffes fand TAMMANN wohl die absolute, aber nicht die relative Menge des zersetzten Stoffes vermehrt. Ganz dasselbe Verhaltniss habe ich, wie schon seit lange von mir betont worden ist, bei der Faserstoffgerinnung gefunden und zwar insbesondere in Bezug auf das Paraglobulin. Was die fibrinogene Substanz anbetrifft, so wird sie bei normalem Gerinnungsverlauf eben jedesmal ganz zur Faserstoffbildung verbraucht; je grb'sser ihre Menge also ist, desto mehr Faserstoff entsteht; mehr lasst sich in dieser Hinsicht ftir jetzt nicht sagen. Bei einem gegebenen Gehalt an fibrinogener Substanz kbnnen Schwankungen der Faserstoff- menge aber nur durch ein Mehr oder Weniger an Paraglobulin be- wirkt werden; hierbei unterliegt das letztere nun vollstandig dem obigen Gesetz. Bei Vermehrung des Paraglobulins also wachst, wie ich mich ausgedrtickt habe, die Faserstoffmenge, aber nicht propor- tional, sondern im abnehmenden Verhaltnisse bis zu einer Grenze, von welcher an das Wachsthum aufhb'rt. Bei paraglobulinarmen Fltis- sigkeiten ist demnach das durch Paraglobulinzusatz zu erzielende Wachsthum des Faserstoffs ein verhaltnissmassig viel bedeutenderes als bei paraglobulinreichen. So habe ich das Faserstoffprocent im filtrirten Pferdeblutplasma durch Paraglobulinzusatz in maximo nur um 30/o, in den hbchst paraglobulinarmen, wenn nicht ganz para- globulinfreien Hbhlenfltissigkeiten des Pferdes aber um 500 % er- hbhen konnen. d) Zusatz irgend eines Spaltungsprodukts vor Beginn der Reaktion bei gleichbleibender Fermentmenge schwacht die Wirkung des Fer- ments, so dass die Menge des zersetzten Stoffes abnimmt. 3* 36 Drittes Kapitel. TAMMANN beweist dies durch die Abnahme der zersetzten Amyg- dalinmenge bei Zusatz von Benzaldehyd resp. von Traubenzucker oder Blausaure. Ein entsprecbender, die Faserstoffgerinnung betreffender , Ver- such kann bis jetzt nicht angestellt werden, da der Faserstoff in der Fltissigkeit , in welcber er entstanden ist, sich nicht lost und die anderen etwaigen Spaltungsprodukte unbekannt sind. Ich ftthre diesen Satz auch nur an, weil er auf das Klarste zeigt, dass das Paraglobulin nicht als eines dieser Spaltungsprodukte angesehen werden darf, da es bei Zusatz vor Beginn der Reaktion grade im entgegengesetzten Sinne wirkt. Das Verstandniss der Faserstoffgerinnung wird sehr durch den Umstand erschwert, dass zwei verschiedene und doch wieder ein- ander sehr ahnliche Eiweissstoffe hierbei materiell betheiligt sind. Eine Lb'sung dieser Schwierigkeit werden wir in der Auffassung der fibrinogenen Substanz als eines Umwandlungsproduktes des Para- globulins finden, weshalb sich die Bezeichnung ,,Metaglobulin" ftir dieselbe empfehlen dtirfte. - Drittes Kapitel. tlber die in Folge der intravaskulSren Injektion von Fibrin- ferment eintretenden BlutverSnderungen. Nachdem es ftir mich unzweifelhaft geworden war, dass ein erst ausserhalb des Organismus sich entwickelndes Ferment die Faser- stoffgerinnung bewirke, schien es von Interesse zu sein, festzustellen, wie dieses Ferment im cirkulierenden Blute sich verhalten werde. JACOWICKI war der erste, der eine Reihe von Versuchen in dieser Richtung ausfilhrte 0; er arbeitete aber insofern erfolglos, als es ihm kein Mai gelang, durch seine Fermentinjektionen intravaskulare Ge- rinnungen herbeizuftihren; aber er ermittelte daftir andere Thatsachen, aufwelche bauend, es spater EDELBERG gelang, das von JACOWICKI verfehlte Ziel zu erreichen. JACOWICKI stellte zunachst fest, dass auch schon innerhalb des lebenden Organismus Spuren von Fibrin- ferment im Blute constant enthalten sind, ferner, dass das injicierte Fer- ment einem allmahligen Schwunde im Gefasssystem unterliegt, ohne 1) A. a. 0. S. 28 ff. Tiber d. in Folge d. intravaskul. Injekt. v. Fibrinferm. eintret. Blutveranderung. 37 wahrend seines Verweilens in demselben intravaskulare Gerinnungen herbeizufiihren. Da er nun das Fibrinferment in Quantitaten inji- cierte, welche gentigt batten, eine doppelt so grosse Menge Salz- plasmalbsung, als seine Versuchsthiere (meist Katzen), nacb dem Kb'r- pergewicbt berechnet, an Blut besassen, in V* Stunde vollstandig zu coagulieren, so schloss er weiter, und, wie ich glaube, richtig, dass der Organismus tiber Vorrichtungen verftigt, durch welche er 1. die Wirkungen des injicierten Ferments, so lange es als sol- ches im Blute Bestand hat, paralysiert und durch welche er 2. das Ferment selbst tiber kurz oder lang vernichtet. Die Anwendung auf die im cirkulierenden Blute enthaltenen Fermentspuren, welche tibrigens, wie spatere Versuchsreihen ergeben haben, pathologisch zu betrachtlicher Hohe anwachsen kb'nnen, ohne doch nothwendigerweise intravaskulare Gerinnungen herbeizuftihren , ergiebt sich von selbst. Auf meiner Angabe, dass die fermentative Kraft des Blutserums sehr rasch abnimmt, um sich dann auf einer gewissen niederen Stufe lange Zeit zu erhalten, fussend, aber im Ubrigen durchaus unab- hangig von mir, gelang es A. KOHLEE, intravaskulare Gerinnungen mit frischem, noch kb'rperwarmem defibriniertem Blute, das er un- mittelbar vor der Injektion dem Versuchsthiere selbst entnommen hatte, zu bewirken 1 )- Seine betreffenden Angaben sind mehrfach von anderen Forschern, welche seine Versuche wiederholt haben, be- statigt worden, aber, dass das Fibrinferment in diesen Versuchen der wirksame Bestandtheil des defibrinierten Blutes gewesen sei, war eine Annahme, welche, wenn die Wahrscheinlichkeit auch ftir sie sprach, als bewiesen doch nur dann angesehen werden konnte, wenn es gelang, KOHLER'S Resultate auch durch Injektion reiner, wasseriger Lbsungen des Ferments selbst herbeizuftihren. Wenn es aber mit dieser Annahme seine Richtigkeit hatte, so musste man weiter schliessen, dass der Versuch, durch Fermentinjek- tionen intravaskulare Gerinnungen zu erzeugen, JACOWICKI nur des- halb misslungen war, weil seine Fermentlbsungen in Relation zu den von ihm selbst constatierten Widerstanden im Organismus, die ja zudem noch einer Steigerung nach Bediirfniss fahig sein konnten, eine zu geringe Wirksamkeit besassen; es liess sich aber denken, dass es einen Grad der Wirksamkeit der injicierten Fermentlosungen geben kann, bei welch em jeder Widerstand des Organismus nieder- geworfen wird und somit die verderbliche Wirkung des Ferments 1) ASMIN KOHLER. Uber Thrombose und Transfusion u.s. w Inaug.-Abh. Dorpat 1877. 38 Drittes Kapitel. eintritt. Der Versuch mit verdlinntem Salzplasma kann jedenfalls keinen Maassstab zur Entscheidung der Frage abgeben, ob die zu iDJicierende Ferinentlosung diesen Grad von Wirksamkeit besitzt oder nicht, well von der Wand des Reagensglases keine Gegenwirkungen, wie sie sich im Organismus geltend machen, ausgehen. Eine Fer- jnentlb'sung, welche ein gegebenes Quantum Salzplasma nahezu momen- tan zur Gerinnung bringt, kb'nnte sich deshalb doch im Gefasssystem eines Thieres, welches etwa das gleiche Quantum Blut beherbergt, als zu schwach wirkend erweisen; eine zehn- oder hundertmal concen- triertere Fermentlb'sung ware vielleicht hier zur Erzeugung desselben Effekts, wie im Reagensglase, erforderlich, obgleich sie in dem letz- teren kaum wirksamer erscheinen wiirde als die verdunnte Lbsung. Von diesen Uberlegungen ausgehend, unternahm es EDELBERG die Versuche JACOWICKI'S zu wiederholen, indem er sich zugleich urn die Herstellung von Fermentlosungen maximaler Concentration bemtihte J ). In Betreff seines Verfahrens hierbei, sowohl als in Be- treff der von ihm angefuhrten Grtinde, weshalb JACOWICKI'S Fer- mentlosungen weniger intensiv wirken mussten als das noch kbrper- warme Blut in den Versuchen KOHLER'S, bin ich genbthigt, auf seine Arbeit selbst zu verweisen. Hier sei nur erwahnt, dass EDELBERG seinen Zweck vollstandig erreichte. In zehn Fallen gingen seine Versuch sthiere (acht Katzen und zwei Kaninchen) entweder schon wahrend der Injektion oder unmittelbar nach Beendigung derselben asphyktisch zu Grunde und die Sektion ergab in alien diesen Fallen pralle Fiillung des Herzens und der Pulmonalarterie bis in ihre feinsten Verzweigungen , mehrfach auch der Langenvenen und der grossen Venenstamme der Unterleibshohle, mit festen, derben, in den Tra- bekeln des Herzens verfilzten Gerinnseln. Die Injektionsmenge in diesen Versuchen betrug 2025 Ccm. Ausserdem injicierte EDEL- BERG zwolf Froschen nach einander 1 2 Ccm. seiner Fermentlosung und bei jedem der tibrigens am Leben bleibenden Thiere fand er unmittelbar nach der Injektion alle grosseren Gefasse mit Fibrin- gerinnseln, die sich in langen Faden herausziehen liessen, vollge- stopft. - Aber die Injektionen ftihrten bei den Katzen und Kaninchen nicht jedes Mai den Tod herbei; den erwahnten zehn Fallen stehen zwolf andere gegenUber, in welchen die Thiere mit dem Leben da- vonkamen, aber nicht ohne mehr oder weniger schwere Storungen des Allgemeinbefindens, die sich in vorUbergehender betrachtlicher Er- 1) A. a. 0. S. 284-288. tiber d. in Folge d. intravaskul. Injekt. v. Fibrinferm. eintret. Blutveranderung. 39 hohung der Kb'rperternperatur, grosser Mattigkeit und Apathie, fre- quentem Athmen, Zittern, Erbrechen, blutigen Stiihlen, Tenesmen u. s. w. ausserten. Ftir meine ferneren MittheiluDgen 1st nur von Bedeutung die Thatsache, dass es gelungen ist, aus dem getrockneten Alkoholcoa- gulum des Rinderserums mit Wasser einen Stoff herauszuzielien, welcher Faserstoffgerinnungen nicht bios im Reagensglase, sondern auch im Gefasssystem lebender Organismen bewirken kann. Dass dieser Erfolg in den letzteren nicht immer eintritt, wird verstand- lich, sobald man bedenkt, dass man aus den Alkoholgerinnseln des defibrinierten Blutes oder des Blutserums verschiedener Individuen Wasserextrakte von sehr verschiedener Concentration in Bezug auf das Ferment erhalt; urn diese Erfahrung zu machen muss man nattirlich gleiche Mengen der getrockneten Alkoholgerinnsel mit gleichen Mengen Was.ser gleich lange extrahieren, und die filtrierten Extrakte in Hinsicht auf ihre Wirksamkeit auf verdiinntes Salz- plasma oder dergl. mit einander vergleichen. An der verschiedenen Wirksamkeit dieser Wasserextrakte erkennt man, in wie weiten Greuzen der Fermentgehalt des Materials, aus welchem sie gewon- nen werden, d. h. des Blutes variiert, besser noch, wenn man dieses Material selbst zu vergleichenden Gerinnungsversuchen benutzt; schon die Jedermann bekannten Differenzen in den Gerinnungszeiten des Blutes verschiedener Individuen derselben Thierart sind ja nur der Ausdruck ftir die verschiedene Productivity desselben in Bezug auf a1ifl36tn J W"assei'^ bade ihre Wirksamkeit nicht; da aber die Abdapapft^nrpeKatu/^lOO^ iiicht erreicht, so verruhrte ich LymphdrUsenzellenlJrei friit deiri J ze*Kn^ fachen Volum einer 1 procentigen Kochsalzlb'sung und kochte nun an- haltend. Der Kochsalzzusatz fand Statt, um das Zusammenballen der Masse zum Zwecke des Filtrierens zu begiinstigen. Darauf wurde filtriert, das Kochsalz vom Ruckstande auf dem Filtrum weggewaschen und eine kleine Probe des letzteren in filtriertem Plasma mechanisch vertheilt. Die coagulierende Wirkung war dieselbe, wie die der un- gekochten Zellen. Auch in wasseriger Emulsion kann man die vom Alkohol aus den Zellen aufgenommenen Stoffe, ohne Beeintrachti- gung ihrer coagulierenden Wirksamkeit, der Siedetemperatur aus- setzen. Abgesehen von den genannten beiden Zellenarten habe ich die coagulierend wirkenden Stoffe auf dem angegebenen Wege gewonnen aus den gewaschenen Milzzellen, aus den dureh anhaltendes Dekan- tieren mit eiskaltem Wasser isolierten farblosen Blutkorperchen des Pferdes, aus dem ausgepressten Saft entbluteter Froschmuskeln, aus Gehirnsubstanz, aus dem Pankreas, aus der Magenschleimhaut und endlich in grosser Menge aus den rothen Blutkorperchen. Ausserdem finden sich diese Substanzen auch im Blutplasma und im Blutserum. Beim Coagulieren dieser Flussigkeiten mit starkem Alkohol bleiben sie zum grossen Theil in dem letzteren gelost zuruck. Doch schliesst auch das Eiweisscoagulum einen Theil derselben ein und nur durch wiederholtes und anhaltendes Extrahieren mit Alkohol lassen sie sich aus ihm ganz entfernen. Nach einem Versuch zu ur- theilen, betragt der Gehalt des klaren, kb'rperchenfreien Pferdeblut- serums an diesen Extraktivstoffen 0,7 Proc., der des filtrierten Pferde- blutplasmas etwa ebensoviel und der des Rinderblutserums 0,9 Proc. Das Vorkommen derselben in diesen Flussigkeiten veranlasst mich eben zur Annahme, dass auch der Gehalt der Zwischenfliissigkeit des ausgepressten Lymphdrusensafts an diesen Stoffen nur theilweise den unter der Presse zertriimmerten und den trotz des Centrifugie- rens in ihr suspendiert bleibenden Zellen, theilweise aber ihr selbst angehort. In den Flussigkeiten der Kbrperhohlen sind zwar auch durch Alkohol extrahierbare Substanzen enthalten, aber ihre coagulierende Wirksamkeit ist um so geringer, je geringer die Neigung derselben ist, spontan zu gerinnen; an Masse scheinen sie dabei hinter den 102 Neuntes Kapitel. alkoholischen Extraktivstoffen des Blutplasmas und des Blutserums y.nicht $u^u(sk^ijsthen, aber sie sind offenbar anderer Art. Der alko- * "iiolis<$he* Aus2uY der Pericardialfliissigkeit von zwei Pferden hinter- \ c ;}i$j$ lieim; Ejctfeqnjffen einen gelben, zum grb'ssten Theil in Wasser c leicht* loslicteii kiiekstand , welcher auf filtriertes Plasma gar keine coagulierende Wirkung ausiibte. In viel grb'sserer Menge, als aus dem Blutplasma und aus dem Blutserum, erhalt man diese Substanzen aus den Zellen. DEMME be- stimmte in einem Versuch den Gesammtruckstand von 100 gr eines auf der Centrifuge gesammelten Lympbdriisenzellenbreis zu 11,41 gr; hierin waren enthalten 3,47 gr alkobolischer Extraktivstoffe, was 30,44 Proc. des Gesammtruckstandes ausmacht '). Urn sie aus den rothen Blutkorperchen darzustellen, bietet sich als bequemstes Mate- rial wiederum das Pferdeblut dar. Es macht dabei keinen Unter- schied, ob man dazu die rothen Blutkorpercben des bereits geronnenen, oder des nocb nicht geronnenen Pferdebluts benutzt. Um sich von dem Einfluss zu iiberzeugen, welchen diese Stoffe auf die Entwickelung des Fibrinferments ausiiben, fiige man zu einer Probe Pferdeblutplasma eine kleine Quantitat derselben in wasseriger, chwach alkalisch reagierender Emulsion hinzu und vergleiche nach beendeter Gerinnung die coagulierende Kraft des betreffenden Serums mit derjenigen des aus deinselben Plasma durch die gewohnliche Gerinnung erhaltenen Serums; man wird finden, dass das erstere, nach der Zeit der Wirkung beurtheilt, um ein Vielfaches reicher an Fibrin- ferment ist, als das letztere. Aber man suche sich des Serums so friih als mb'glich zu diesem Versuche zu bemachtigen, well der Fer- mentgehalt desselben zuEnde der Gerinnung sein Maximum erreicht und von diesem Augenblicke an rasch auf ein Minimum heruntergeht. Ganz besonders gilt dies vom Pferdeblutserum. Deshalb ist es besser, sich zu diesen Versuchen des gewohnlichen, zellenhaltigen Pferdeblutplasmas, dessen Gerinnung in 1 2 Stunden sicher zu Ende ist, zu bedienen. Dem filtrierten Plasma kann man zwar durchZusatz deralkoho- lischen Zellenextraktivstoffe jede beliebige Gerinnungsge- schwindigkeit ertheilen, aber das Vergleichsplasma, dessen Gerinnung zwar haufig 12 Stunden nach dem Filtrieren bei Zimmertemperatur beginnt, braucht doch meist 24 48 Stunden, ehe es damit zu Ende kommt. Drilckt man die Fltissigkeit frtiher aus dem Kuchen heraus, so erhalt man Nachgerinnungen ; das Ausgepresste ist demnach immer Doch Plasma und kein Serum. 1) W. DEMME. Uber einen neuen Eiweiss liefernden Bestandtheil des Proto- plasmas. Inaug.-Abh. Dorpat 1890. S. 15. Ub. d. d. Fibrinferm. v. s. unwirks.Vorstufe abspalt. Protoplasmabestandtheile. 103 Indem ich also durch meine Zusatze zum filtrierten Plasma den natflrlichen Gehalt desselben an den durch Alkohol ausziehbaren Zellenbestandtheilen erhohte, beschleunigte ich nicht bloss, sondern vertiefte ich zugleich die der Faserstoffgerinnung vorausgehenden Spaltungen, deren Produkt das Fibrinferment ist; denn der betracht- liche Zuwachs an dem letzteren setzt einen gesteigerten Verbrauch an spaltbarem Material voraus. Die viel kleineren und dabei sehr allmahlich sich entwickelnden Fermentmengen im Vergleichsplasma konnen natttrlich auch ihrerseits eine durchaus erschopfende Gerinnung herbeifiihren; der Process nimmt eben nur einen viel langsameren Verlauf. Somit hat sich herausgestellt, was ich nochmals betonen will, dass diese bei der Blutgerinnung eine so hervorragende Rolle spielenden Substanzen einerseits, und zwar in weit tiberwiegender Menge, Protoplasmabestandtheile darstellen, andrerseits aber doch auch in der Blutflitssigkeit, als geloste Bestandtheile derselben ent- halten sind. Ein Gehalt von nahezu 1 Proc. ist, wenn er auch hinter dem der Zellen weit zuriicksteht, an sich genommen nicht gering. Eine vollstandige Extraktion dieser StoiFe wiirde wohl auch mit geringeren Mengen Alkohol, als ich verbraucht habe, gelingen, wenn man ihn heiss anwendete; ich habe nur mit kaltem Alkohol gearbeitet, weil es mir stets darauf ankam, aus dem Coagulum der Zellen nach den Extraktivstoffen auch den gerinnungshemmenden Stoff zu gewinnen; dieser zersetzt sich aber in der Hitze. Das Alkoholcoagulum des Blutserums seinerseits leistete mir im lufttrocknen Zustande die Dienste eines Fermentreservoirs, durfte also auch nicht hoheren Temperaturen ausgesetzt werden. Das Fehlen dieser Substanzen in den typisch proplastischen Transsudaten erklart zunachst ihre vollige Unfahigkeit spontan zu gerinnen; aber ein Zusatz derselben fiihrt trotzdem ihre Gerinnung nicht herbei; es fehlt ihnen eben, wie wir sehen werden, ein zweiter wesent- licher Gerinnungsfaktor, namlich das Objekt der specifischen Wirkung dieser Stoffe. Mischt man sie nun mit Blutserum zusammen, so kommt zunachst das freie Ferment des letzteren auf das in den ersteren enthaltene praf orrnier te Gerinnungssubstrat zur Wirkung, die Flussig- keit gerinnt ; aber diese Gerinnung wird nun durch Zusatz von alko- holischen Zellenextraktivstoffen, ebenso wie durch Zusatz von Zellen, wesentlich beschleunigt und zwar unter einem nachweisbaren Zu- wachs an Fibrinferment; mit dem Blutserum ist also auch jenes Objekt der Wirkung der Zellenextraktivstoffe in das Gemenge ge- langt. Zwar besitzt das Serum ausserdem selbst eineu Gehalt an 104 Neuntes Kapitel. wirksamen Extraktivstoffen, aber zwischen ihnen und ihrem Objekt hat sick bei seiner Entstehung aus Blutplasma ein Zustand der Indiffe- renz hergestellt, der nur durch eine Vermehrung der ersteren gestort werden kann. Anders Hegt die Sache, wenn man diesen Stoffen gegenuber die inaktive, verdunnte Salzplasmalosung als Reagens benutzt. Diese Flussigkeit ist darin dem normalen filtrierten Plasma gleicb, dass sie Alles, was zur Faserstoffgerinnung gehort, in sich enthalt; ihre Be- sonderheit ist, dass der wirkliche Eintritt der Fermentspaltung durch das Salz unterdrtickt ist. Aber wahrend dies auch fur den Fall gilt, dass man Z ell en in das verdUnnte Salzplasma bringt, gelingt es bei Zusatz ihrer alkoholischen Extraktivstoffe fast immer die Spaltungen in demselben und damit auch die Gerinnung wieder ein- zuleiten. Dieser Unterschied in der Wirkung der ganzen Zelle und ihrer in Alkohol losiichen Bestandtheile gilt wenigstens fur die von mir stets eingehaltenen quantitativen Verhaltnisse des Salzzusatzes und des spateren Verdiinnungsgrades mit Wasser. Oft muss der Zu- satz, um zu wirken, sehr gross sein und bei einer schwacheren Ver- dunnung oder bei einem von vornherein grosseren Salzgehalt des Pra- parates wurde er wohl trotzdem wirkungslos bleiben. Immer aber haben die Zellenextraktivstoffe es beim verdunnten, inaktiven Salz- plasma mit ganz anderen Spaltungswiderstanden zu thun als beim normalen Blutplasma und wenn sie dieselben, in hinreichender Menge angewendet, auch schliesslich besiegen, so kommt es doch immer nur zu sehr spaten, oft erst nach niehreren Tagen eintretenden und sehr langsam verlaufenden Geriunungen, durch welche nur Flocken und Flockchen zu Tage gefordert werden. Viel rascher verlauft der Process naturlich, wenn das verdunnte Salzplasma noch einen Uber- schuss an spaltenden, ihm selbst angehorigen Kraften besitzt, so dass es gar nicht als inaktiv bezeichnet werden kann. Ich wiisste keinen anderen Grund fiir diese, verglichen mit deu ganzen Zellen, energischere Wirksamkeit ihrer alkoholischen Extrak- tivstoffe gegenuber dem Salzplasma anzugeben, als deii, dass sie in diesen Versuchen eben all ein und nicht in Begleitung der ge- rinnungshemmenden Zellenbestandtheile zur Anwendung kamen. Die zuletzt angefuhrten Beobachtuugen geben einen Anhalt zur Beurtheilung der Frage, ob die in Rede stehenden Zellenbestand- theile selbst die Mutterstoffe des Fibrinferments darstellen, oder ob sie die Trager der spaltenden Krafte des Blutes sind. Es scheint mir namlich nicht wohl annehmbar zu sein, dass die spaltenden tfb. d. d. Fibrinferm. v. s. unwirks.Vorstufe abspalt. Protoplasmabestandtheile. 105 Krafte einer Flussigkeit, nacbdem sie durch gewisse Einwirkungen, im vorliegenden Falle von Seiten des Magnesiasalzes , auf Null re- duciert worden, dadurch wieder lebendig und wirksam gemacht werden sollten, dass man den Vorrath an spaltbarein Material, dessen Bewaltigung ibnen oblag, also damit aucb die von ihnen zu leistende Arbeit, vergrossert. Meiner Uberzeugung nach stellen diese Stoffe ebensowemg, wie die von P. v. SAMSON und NAUCK in dieser Hin- sicht untersuchten Produkte der regressiven Metamorpbose der Ei- weisskorper das Material dar, aus welchem das Fibrinferment entstebt; sie sind die Trager der spaltenden Krafte des Plasmas, das Mate- rial, welcbes durch sie gespalten wird, den Mutterstoff des Fibrin- ferments sucbe icb anderswo. Icb sebe sie demnacb nicbt als die Gebarer, sondern als die Erzeuger des Fibrinferments an und, um dieser Vorstellung aucb durch eine kurze Bezeicbnung Ausdruck zu geben, will icb sie von nun an zymoplastische Substanzen nennen; denn es giebt ibrer offenbar viele. Es macht keinen Unterschied in qualitative!- Hinsicht, ob diese Substanzen auf das filtrierte oder auf das nicbtfiltrierte Pferdeblut- plasrna einwirken. Die durch sie bewirkte Beschleunigung ist bei dem letzteren vergleicbsweise weniger in die Augen springend, weil dasselbe der in ihni entbaltenen Zellen wegen an sicb viel rascher gerinnt als das filtrierte Plasma. Beim Zusatz der zymoplastiscben Substanzen zum filtrierten Plasma und zu den anderen gerinnbaren Fliissigkeiten braucbt man nicbt angstlich zu verfahren, weil die bei den einzelnen, cbemisch reinen, Produkten der regressiven Metamorphose der Eiweisskorper beobacbtete Gefabr eines uberscbussigen, gerinnungsbemmend wirken- den Zusatzes bier so gut wie gar nicht vorliegt ; namentlich gilt dies vom Pferdeblut und -Blutplasma; hier babe icb nur beobachtet, dass sehr grosse Zusatze die Gerinnung weniger beschleunigten als mittlere; dies erreicbte icb, indem ich zu 3 Tbeilen Blut 1 Tbeil eines dicken, aus diesen Substanzen bestehenden Breies hinzufugte. Mit solchen Massen bat man aber keinen Grund zu arbeiten. Eine durch die zymoplastischen Substanzen bewirkte Verlangsamung der Gerinnung gegenuber dem normalen Blut ist rnir beim Pferdeblut nicht vorgekommen. Beim Hunde- und Katzenblut schien das Optimum des Zusatzes etwas defer zu liegen. Mit 1 3 Tropfen einer diinnen Emulsion dieser Substanzen pro 1 Ccm. dieser Blutarten wird man immer gut fahren. Immerhin besteht aber, wenn auch nicht in qualitativer, so doch in quantitative!* Hinsicbt ein wesentlicher Unterschied zwischen 106 Neuntes Kapitel. v. SAMSON'S und NAUCK'S Beobachtungen und den meinigen ; die Er- klarung mochte wohl in dem Umstande zu sucben sein, dass sie es mit den isolierten, cbemiscb reinen Stoffen, icb aber mit einer in der Zelle vorgebildeten Kombination zu thun batte, in welcber man- ches entbalten sein mag, was ihnen nieht in die Hande gelangt ist. Von den Substanzen, welche der Alkobol aus den Zellen aus- zieht, ist ein Theil zugleich auch in Ather, ein anderer in Wasser loslicb. Der Atherauszug aus dem Riickstande des alkobolischen Zellenextraktes ist gelb gefarbt und hinterlasst beim Verdampfen des Atbers einen gelben Rtickstand, welcber, mit Wasser verriibrt, sauer reagiert. Die in Wasser loslichen Bestandtbeile des alkoho- lischen Zellenauszuges erhalt man am bequemsten, wenn man den letzteren eindampft und den Riickstand wiederum in Alkobol auf- nimmt; wenn man bierbei nicht ebenso grosse Alkobolmengen auf- wendet, wie zum Extrabieren der Zellen verbraucbt wurden, so bleibt ein Rest zurtick, der sicb scbon in sebr wenig Wasser zu einer gelben, scbwach sauer reagierenden Fliissigkeit auf lost. Dieser Bestandtheil des alkoboliscben Zellenauszuges ist also viel leicbter in Wasser als in Alkohol loslicb; aber die coagulierende Wirkung, welcbe die Ge- sammtbeit der im alkobolischen Zellenauszug enthaltenen Substanzen austibt, kommt in gleicber Weise wie den n u r in Alkobol, so aucb den in Wasser und in Atber loslicben Componenten derselben zu. Die in Wasser loslicben ko'nnen ohne Weiteres, nacb Neutralisieren der Losung, zum Versuch benutzt werden; die in Atber loslicben werden zunachst vom Atber durcb Abdampfen befreit, dann mit Wasser verriibrt und scbliesslicb neutralisiert. Der alkoboliscbe Zellenauszug enthalt also ein Gemenge ver- scbiedener chemischer Individuen; ob sie alle bei der Fermentab- spaltung sicb betbeiligen, weiss icb nicbt, aber jedenfalls giebt es sowobl unter den nur in Alkobol, als aucb unter den zugleicb aucb in Wasser resp. in Atber loslicben Bestandtheilen dieses Gemenges solcbe, welcben man diese Wirkung zuscbreiben muss. Bei der qualitativen Analyse des Gesammtruckstandes des alkoboliscben Zellenauszuges wurden, ausser Stickstoff nocb Scbwefel, Pbospbor und Eisen nacbgewiesen; eine specielle chemische Untersucbung desselben ist eine erst nocb zu losende Aufgabe. Mir war es zunacbst nur urn die pbysiologische Wirkung dieser Substanzen zu thun; sicher ist es, dass unter ihnen das Lecithin in bedeutender Menge vorkommt. Die ganze Substanzgruppe lost sich leicht und vollstandig in verdiinnter Natronlauge auf. Um keinen Uberschuss an Natron zu haben, bewirkte ich die Auflosung stets so, dass ein ungeloster Rest tib. d. d. Fibrinferm. v. s. unwirks.Vorstufe abspalt. Protoplasmabestandtheile. 107 zuriickblieb, dann filtrierte ich. Das alkalisch reagierende Filtrat wirkte in ausgezeichneter Weise zymoplastisch, selbst wenn die darin enthaltene AlkalimeDge gross genug war, urn, allein fur sich ge- nommen, die Gerinnung des filtrierten Blutplasmas zu verzogern, oder selbst ganz zu hemmen. Bei Hinzuftigung eines wasserigen Breies dieser Substanzen kommen also sowohl die von vornherein schon in Wasser gelb'sten, als aucb die in den alkalisch reagierenden Reaktions- fliissigkeiten (filtriertes Plasma, Salzplasma etc.) sicb auflosenden Bestandtbeile desselben zur Wirkung. Die in Wasser los lichen Bestandtbeile des alkoboliscben Extraktes sind es, derentwegen man, um zur Reindarstellung des gleicbfalls in Wasser loslichen, gerinnungsbemmenden Zellenbestand- tbeils zu gelangen, so grosse Alkobolmengen zu verbraucben ge- nothigt ist; denn sie sind eben in Alkobol scbwer loslich. Und ob- gleicb icb den Zellenbrei 3 4 Mai nach einander mit je dem zehn- fachen Volum Alkobol, im Ganzen 9 12 Tage lang, zu extrabieren pflege, so ist es mir doch nie gelungen sie ganz fortzuschaifen, so dass bei der nun folgenden Extraktion mit Wasser neben dem ge- rinnungshemmenden Stoff stets nocb kleine Mengen dieser Substanzen aufgenommen werden, eine Verunreinigung, welcbe nur durcb weitere Bebandlung des Wasserextraktes mit Alkohol beseitigt werden kann. Icb babe aucb versucht, zunacbst mit kleineren Alkobolmengen aus- zukommen, dann mit Wasser zu extrabieren und nun den im Wasser- extrakt entbaltenen gerinnungsbemmenden Zellenbestandtheil zu rei- nigen, allein icb fand keinen Vortbeil dabei ; deun bei dieser Reinigung ging vollstandig wieder auf, was icb an Alkohol beim Extrahieren der Zellen erspart hatte, oder die Reinigung gelang nicht, das Fil- trieren ging schwer von Statten u. s. w. Der zugleich in Alkohol und in Wasser losliche Theil der zymo- plastischen Substanzen bedingt eine Eigenthiimlichkeit der Fibrin- fermentlosungen, welche ich bisher mir nicht zu erklaren vermochte. Kocht man namlich eine wasserige Fermentlb'sung und priift sie nach dem Erkalten mit Salzplasma, so wird man zwar zunachst, beim Vergleich mit einer ungekochten, oft nahezu momentan wirkenden, Losung, zu glauben geneigt sein, sie sei absolut unwirksam geworden. Nach einiger Zeit jedocb, je nach der Beschaffenheit des Salzplasmas, naeh einigen Stunden oder im Laufe von Tagen, findet man haufig, dass in der Flussigkeit eine sebr langsam sich fortschleppende Ge- rinnung sich einstellt. Nun pflege ich das Fibrinferment aus Rinder- serum mir herzustellen, welches ja gleichfalls, wie wir bereits wissen, 108 Neuntes Kapitel. einen Gehalt an zymoplastischen Substanzen, und zwar auch an den in Wasser loslichen, besitzt. Ich richtete bisher mein Augenmerk nur auf die moglichst vollkommene Coagulierung der Eiweissstoffe und liess deshalb den Alkohol mindestens 14 Tage auf das Coagulum einwirken, bevor ich zur Herstellung der Wasserextrakte aus dem letzteren sehritt; aber ich erneuerte den Alkohol nicht. Deshalb blieb ein geringer Theil der in Wasser leicht, in Alkohol schwerer loslichen zymoplastischen Substanzen im Coagulum zuriick und ging nach dem Trocknen und Pulverisieren desselben neben dem Ferment in das betreffende Wasserextrakt iiber. Diese Verunreinigung 1st es, auf welcher die geringfugige Wirksamkeit der der Siedhitze ausge- setzt gewesenen Fermentlosung beruht; das Ferment selbst ist beim Sieden vollkommen zerstort worden, aber seine wasserige Losung enthalt eine Beimengung, welche zwar nicht unmittelbar fermentierend wirkt, wohl aber das Ferment im verdiinnten Salzplasma erzeugt; denn diese Beimengung wird durch Siedhitze absolut nicht gescha- digt, wie wir bereits wissen. Daher das spate Auftreten der Ge- rinnung, welche f'Ur die Wirkung der zymoplastischen Substanzen, selbst grosser Mengen derselben, auf Salzplasma, im Gegensatze zu derjenigen des freien Ferments, charakteristisch ist. Die Richtig- keit der hier gegebenen Erklarung wird auch durch die Beobachtung gestutzt, dass beim Eindampfen einer wasserigen Losung des Fibrin- ferments, neben Spuren von geronnenem Eiweiss, stets ein Anflug einer, zuweilen gelblich gefarbten, Substanz zuruckbleibt, welcher sich in Alkohol lost. Die Fermentlosung enthalt also zugleich eine Substanz, welche sowohl in Wasser, als auch in Alkohol loslich ist. Nimmt man diesen Anflug in wenig Wasser auf und fugt ihn zu ver- dtinntem Salzplasma, so ist, da das Ferment beim Eindampfen zerstort worden ist, der Erfolg grade derselbe, wie nach Zusatz einer ge- kochten Fermentlosung, d. h. langsame Gerinnung. 1 ) Ich bin scbon so oft Einwendungen gegen das Fibrinferment begegnet, dass ich mich beinahe wundere, waruin der eben erwahnte Punkt niemals beriihrt worden ist; gegen ein Ferment, das durch Siedhitze nicht vollkommen zerstort wird, liesse sich doch Manches sagen, und dass es sich init dem Fibrinferment so verhielt, war nicht schwer zu bemerken. Um nun aber meinerseits etwaigen kunftigen 1) Die gekochte Fermentlosung wird aber, da sie nur Spuren von zymo- plastischen Substanzen enthalt, nur in dem Falle auf Salzplasma eine wahr- nehmbare Wirkung ausiiben, dass dasselbe keinen geniigenden Salziiberschuss besitzt, also auch einen geringen Grad von spontaner Gerinnungsfahigkeit nach dem Verdtinnen mit Wasser noch zeigt. tib. d. d. Fibrinferm. v. s. unwirks.Yorstufe abspalt. Protoplasmabestandtbeile. 109 beziiglichen Einwendungen zu begegnen, unternahm ich noch folgen- den Versuch. Zwei Portionen eines frischen vollkommen klaren, korperchen- freien Rinderserums wurden mit dem 12fachen Volum Alkohol von 96 coaguliert und 4 Wochen der Einwirkung desselben ausgesetzt, in welcher Zeit aber der Alkohol der einen Portion 5 Mai gewechselt wurde. Ftir haufiges Umschtitteln beider wurde naturlich gesorgt. Darauf wurden die Coagula in gewb'hnlicher Weise verarbeitet und aus relativ gleichen Gewichtstheilen derselben mit je dem 20fachen Gewicht Wasser die betreffenden Fermentlosungen gewonnen und mit Hiilfe eines Assistenten die beiden Mischungen mit dem vorher abgemessenen Salzplasma absolut gleichzeitig hergestellt. In 18 Se- cunden gerannen beide Praparate. Die fermentative Wirksamkeit der beiden Wasserextrakte war also eine absolut gleiche, woraus, so lange wir eines besseren Maassstabes entbehren, docb wohl zu scbliessen erlaubt ist, dass sie auch einen gleichen Fermentgehalt besassen. Jetzt wurde der Rest der beiden Wasserextrakte ein Mai aufgekocht, erkalten gelassen und nun die Versuche mit dem Salz- plasma wiederholt; das letztere besass noch einen geringen Grad von spontaner Gerinnungsfahigkeit, da eine einl'ach mit Wasser ver- dtinnte Probe desselben am dritten Tage kleine Flockchen abzu- scheiden begann. Nach Zusatz der gekochten Fermentlosungen aber traten die ersten Anzeichen der Gerinnung in der einen Ge- rinnungsmischung nach 5 */2 Stunden auf, in der anderen, welche dem mehrfach mit Alkohol extrahierten Serumcoagulum entsprach, erst am Abend des folgenden Tages. Das aus diesem Coagulum stam- mende Wasserextrakt besass also die nach dem Kochen noch ubrig- bleibende Wirksamkeit in viel geringerem Grade als das andere, wahrend vor dem Kochen beide ganz gleich intensiv wirkten; das letztere war offenbar von beiden das viel reinere Praparat. Nach dem Eindampfen der Fermentlosungen, Aussptilen der Schale mit heissem Alkohol, Filtrieren und Wiedereindampfen des Filtrats, blieb von dem reineren Praparat gar nichts Wahrnehmbares ubrig, wohl aber hatte der Alkohol vom anderen Praparat etwas aufge- nommen, das sich, nach dem Abdampfen, in einigen Tropfen Wasser loste und auf verdiinntes Salzplasma in derselben Art, d. h. ebenso langsam wirkte, wie die entsprechende Fermentlosung nach dem Kochen. In den nach meinen bisherigen Angaben hergestellten Ferment- losungen hat man es also immer mit zwei Faktoren zu thun, einern unmittelbar und einem mittelbar wirkenden oder mit dem Ferment 110 Neuntes Kapitel. selbst und mit den ihm beigemengten Spuren von zymoplastischen Substanzen. Unter gewb'hnlichen Verhaltnissen wird das erstere sofort seine Wirkung entfalten, bevor die letzteren u'berbaupt zu Worte kommen ; um ibnen dazu die Gelegenheit zu geben, muss das Ferment zerstort werden, was durch Kochen gescbieht. Aber qualitativ ist die schliessliche Wirkung beider nattirlich eine identiscbe, - die Gerinnung. Diese Identitat des Erfolges veranlasste mich, die Griinde nocb genauer zu pracisieren, welche mich dazu zwingen, das Ferment von den zymoplastischen Substanzen als etwas Besonderes abzutrennen. Die letzteren sind leicht in grosseren Mengen zu beschaffen und also auch der Untersuchung viel leichter zuganglich als das erstere; es konnte deshalb die Meinung entstehen, das, was ich als Ferment bezeichnet babe, sei nichts Anderes als die zymoplastischen Sub- stanzen selbst, und es sei ihre Wirkung uberhaupt gar keine fermen- tative, sondern gehore in irgend eine andere Kategorie von chemi- schen Vorgangen. Ganz abgesehen aber von den in dieser Arbeit bereits angefubrten Griinden, welche den bei der Gerinnung wirken- den Stoff als ein Ferment erscheinen lassen, wird die Annahme der Identitat desselben mit den zymoplastischen Substanzen durch folgende Thatsachen unmoglich gemacht: 1. Die nach der bekannten Methode dargestellten Fermentlosungen hinterlasen beim Trocknen einen Ruckstand, der als relativ minimal bezeichnet werden muss; ihre Wirkung auf Salzplasma aber, nach der Zeit bemessen, ist eine relativ eminente. Demgegeniiber sind die zymoplastischen Substanzen in meinen Versuchen als mehr oder weniger dicker Brei zur Anwendung gekommen, also in relativ grossen Mass en, ihre Wirkung auf dasselbe Reagens aber ist, gleichfalls nach der Zeit bemessen, eine relativ minimale. 2. Die zymoplastischen Substanzen sind in Alkohol Ib'slich und werden durch denselben, wie aus den Zellen, so auch aus dem be- treffenden Serumcoagulum extrahiert. Das Ferment aber wird im Coagulum durch den Alkohol fixiert und geht nur in das Wasser- extrakt desselben tiber. Ob ich das Coagulum in derselben Zeit fiinf Mai mit Alkohol extrahierte oder nur ein Mai war fur die vom Ferment abhangige Wirksamkeit der betreifeuden , nach der Ex- traktion mit Alkohol hergestellten Wasserextrakte ganz gleichgultig. Ebensowenig vermag der Alkohol aus dem im Vacuum erhaltenen geringfugigen Ruckstand einer wasserigen Ferinentlosung das Ferment selbst aufzunehmen; er entzieht ihin eben nur, wie leicht nachzu- weisen, die verunreinigenden zymoplastischen Substanzen und der nach Ub. d. d. Fibrinferm. v. s. unwirks.Vorstufe abspalt. Protoplasmabestandtheile. Ill Entfernnng des Alkohols in Wasser aufgenommene Riickstandsrest wirkt ebenso energisch fermentativ wie vor der Behandlung mit Alkohol. 3. Im verdiinnten Salzplasina bewirkt das von aussen hinein- gebracbte Ferment zwar eine schnell ablaufende Gerimmng, aber es erleidet dabei zugleicb Verluste, so dass eine nach BeendiguDg der Gerinnung rnit derseiben Flussigkeit hergestelite zweite Gerinnungs- inischung mit Salzplasma viel langsamer geriDnt als die erste. In Folge des Zusatzes von zymoplastiscber Substanz aber entsteht im verdunnten Salzplasma zwar eine sebr langsam fortscbreitende Gerinnung, aber nacb Beendigung derseiben ist die Flussigkeit sehr reicb an uberscbussigem freiem Ferment, so dass eine mittelst der- seiben und mit Salzplasma hergestelite, zweite Gerinnungsmiscbung ebenso energiscb gerinnt ? wie eine mit einer kraftigen Fermentlosung bereitete. Dort war fertiges Ferment verb ran cht worden, hier war dasselbe in einer Flussigkeit, die ursprunglicb bocbstens nur Spuren davon entbielt ? unter der Einwirkung der zymoplastischen Substanzen wabrend der langen Dauer der durcb sie berbeigefubrten Gerinnung entstanden, und zwar in viel grosserer Menge, als bei der Gerin- nung selbst verloren ging, so dass ein wirksamer Uberscbuss ttbrig blieb, grade wie bei der gewobnliehen Blutgerinnung selbst *). 4. Die typisch prpplastiscben Transsudate werden durcb das freie Ferment coaguliert, keineswegs aber durcb die zymoplastiscben Substanzen (und deshalb aucb nicbt durcb Zellenzusatz). Warum sie sicb in diesen Fliissigkeiten ganz unwirksam verbalten, babe icb vorlaufig bereits angedeutet; jedenfalls aber ist dieser Unterschied zwiscben ibnen und dem Ferment ein absoluter. Scbon lange bat man sicb veranlasst geseben, fur das Trypsin einen in seinen Bildungszellen praformierten , unwirksamen Mutter- stoff des Ferments anzunehmen. Existiert aber ein solches Verbal t- niss, so muss es aucb Substrate geben, welche das Ferment aus seiner unwirksamen Verbindung frei und damit wirksam macben. Ich ver- muthe, dass es nicht scbwer sein wird ? fur alle ungeformten Fermente die zugeborigen zymoplastiscben Substanzen aufzufinden. Es ist mir schliesslich aucb gelungen, das Fibrinferment von den erwabnten Verunreinigungen vollkommen zu befreien und Losungen desselben berzustellen, welcbe nichts Anderes enthielten als die Fer- t) Zu den unter Punkt 3 angefiihrten Versuchen muss man sich gleichfall& solcher Salzplasmalosungen bedienen, welche noch einen gewissen Grad von Ak- tivitat besitzen. 112 Neuntes Kapitel. mentmolekiile selbst, Losungen, welche eminent wirksam waren, nach nur einmaligem Aufkochen aber sicb ebenso unwirksam verhielten, wie destilliertes Wasser. Das von mir bierbei eingescblagene Ver- fabren bestand in Folgendem: Icb extrabierte 1 gr eines lufttrocknen , fein pulverisierten Coa- gulums von Rinderblutserum, das 8 Wocben lang unter starkem Alkobol gestanden hatte, eine balbe Stunde lang mit 30 Ccm. Wasser, filtrierte, engte das Filtrat im Vacuum auf etwa 3 Ccm. ein und bracbte es in 75 Ccm. absoluten Alkobol. Es entstand eine schwacbe Trubung und nach einigen Stunden batte sicb ein hochst geringer Bodensatz von coaguliertem Eiweiss gebildet; die driiberstehende Fltissigkeit opa- lisierte, entbielt aber keine sicbtbaren trubenden Partikelcben. Icb trennte nun die Fliissigkeit vom Bodensatz und filtrierte sie allmahlich durch ein kleines etwa 7 8 Ccm. fassendes Filtrum. Die Opales- cenz war keineswegs stark, aber icb war erstaunt u'ber die Lang- samkeit der Filtration; sie dauerte liber 3 Stunden. Nacbdem der Alkohol klar abgetropft, wurde das Filtrum, in welchem naturlich nicht die Spur eines Riickstandes wabrnebmbar war, mit Wasser allmahlich ausgespiilt, bis das wasserklare Filtrat nabezu 20 Ccm. betrug; diese Filtration ging so leicbt von Statten, als batte icb es eben einfacb nur mit Wasser zu thun gebabt. Das Filtrat wurde wiederum im Vacuum auf etwa 3 Ccm. eingeengt und nocbmals mit 75 Ccm. absolutem Alkobol gemischt. Es entstand keine Spur einer Trtibung resp. eines Niederschlags , aber die Opalescenz war wieder da und die nacb einigen Stunden vorgenommene Filtration ging ebenso scbwer von Statten, wie das erste Mai ; aucb bier tropfte der Alkohol klar ab; darauf wurde das Filtrum, nachdem noch ein Mai mit ab- solutem Alkohol nachgewaschen worden, zur Entfernung des vom Papier aufgesogenen Alkohols unter eine Glasglocke tiber Chlorcal- cium gestellt, und, nachdem es trocken geworden, mit der ursprOng- lichen Wassermenge, namlich mit 30 Ccm., ausgewascben. Das Wasser nahm die am Papier haftenden Fermentmolekule mit und das Filtrat, welches natiirlich vollig wasserklar war, entsprach in Betreff seiner Wirksamkeit durchaus einer aus demselben Serumcoagulum mit relativ der gleichen Wassermenge erhaltenen friscben Fermcntlb'sung; aber dasselbe enthielt offenbar nur das Ferment und gar keine zymoplas- tischen Beimengungen, denn nach einmaligem Aufkochen war es ab- solut unwirksam geworden. Die zymoplastischen Substanzen waren also bei diesein Verfahren vollstandig vom Alkohol mit fortgenommen worden, das aus dem Serum stammende, die Fermentlosung noch verunreinigende, Minimum Ub. d. d. Fibrinferm. v. s. unwirks.Vorstufe abspalt. Protoplasmabestandtheile. 1 13 von Eiweiss war durch ihn allendlich coaguliert und dann durch Filtrieren beseitigt worden, aber die Fermentmolekule befanden sich im Alkobol in einem Zustande, welcber weder als Fallung, noch als Losung angeseben werden kann, fiir den es nur das Wort Quellung giebt. Dabei erreicben sie eine Grosse, welcbe es ibnen unmoglich macbt, die Poren des Filtrierpapiers zu passieren, zum Gltick ; denn bierauf berubt die Moglichkeit, sie vom Alkobol mit den in ibm gelosten zymoplastiscben Substanzen zu trennen. Wasser fuhrt sie in den vollkommen gelb'sten Zustand tiber, weshalb in diesem Medium keine Spur von Opalescenz durch die Fermentmolekule bewirkt wird und das Filtrieren so leicbt von Statten gebt. Beim Coagulieren des Blutserums mit Alkobol wird also das Fibrinferment nicbt direkt, sondern indirekt gefallt, indem die gequollene Substanz, resp. ihre vergrosserten Molekule vom coagulierten (geschrumpften) Eiweiss eingescblossen und mit niedergerissen werden , welcbem sie unter solcben Umstanden natiirlicb aucb nicbt durcb Alkobol, sondern nur durcb Wasser entzogen werden konnen. Icb scbliesse bieran die Bemerkung, dass die auf diese Weise dargestellten , sebr wirksamen Fermentlosungen das Wasserstoff- superoxyd nicbt im mindesten katalysierten , sofern es sicb um die Sauerstoffentwickelung bandelt; das Ferment selbst aber wird durcb das Wasserstoffsuperoxyd vollstandig vernicbtet '). In den auf die bisher ubliche Weise dargestellten Fermentlosungen ist also neben dem Ferment etwas enthalten, welcbes nacb der Zer- storung des ersteren nicht direkt, sondern indirekt fermentierend, d. b. zymoplastiscb , wirkt. Darum gelingt der Versucb, mit einer gekocbten Fermentlosung Gerinnungen zu erzeugen, aucb nur bei solchen Flussigkeiten, auf welcbe, abgeseben vom Ferment, auch die aus den Zellen extrahierten zymoplastiscben Substanzen coa- guiierend wirken, d. h. bei Flussigkeiten, welcbe nicbt bloss das Material, aus welcbem der Faserstoff, sondern zugleicb aucb das- jenige, aus welcbem das Fibrinferment entstebt, enthalten, also beim filtrierten Plasma und dem daraus bergestellten Salzplasma, nicht aber bei den typiscb proplastischen Transsudaten, welchen das letztere Material fehlt. 1) P. BERGENGRUEN a. a. 0. S. 115. Es wird an dieser Stelle auch ange- geben, dass auch das Paraglobulin und die fibrinogene Substanz durch Wasser- stoffsuperoxyd unfahig gemacht werden bei der Faserstoffgerinnung mitzuwirken; das Paraglobulin verliert dabei seine Loslichkeit in Neutralsalzen. SCHMIDT, Zur Blutlehre. 8 114 Neuntes Kapitel. Protoplasmabestandtheile. In meinen friiheren Arbeiten babe icb angegeben, dass das Fibrin- ferment im freien Zustande nicht bios im Blutserum, sondern, wenn- gleich in sebr geringen Mengen, aucb in vielen anderen thierischen FlUssigkeiten vorkommt, so ini Speichel, im humor aqueus, im Wasser- extrakt der Hornbaut und der Krystalllinse, im neutralisierten Magen- saft u. s. w. Spuren von freiem Ferment fand RAUSCHENBACH auch im Filtrat des reicblich mit Wasser verdiinnten Zellenbreies von Lymphdriisen und J. KLEMPTNER beobacbtete endlicb, dass der ausge- presste Saft entbluteter Froscbmuskeln in dieser Hinsicht sogar wirk- samer war, als selbst das defibrinierte Froschblut, wobei allerdings zu bemerken ist, dass das Blut des Froscbes verglicben mit dem des Saugethiers sebr wenig Ferment entwickelt. Als Reagens zur Erkennung des Ferments diente nns aber damals, da wir nocb keinen Unterscbied zwiseben Ferment und fermentbildenden Substanzen zu macben verstanden, nur das verdunnte Salzplasma; die gegen die letzteren ganz indifferent sicb verbaltenden Transsudate des Pferdes kamen uns damals zu selten zu Gesicbte, als dass es moglich ge- wesen ware, mit ibnen eine Versucbsreibe durchzufiihren. Im ver- diinnten Salzplasma fiibrten die genannten Fliissigkeiten aber immer Gerinnungen herbei, wenn dieselben aucb sebr spat eintraten und sehr langsam verliefen. Es entstebt nun aber der Verdacbt, dass wir es in alien diesen Versuchen nicht mit geringen Mengen von freiem Fibrinferment, sondern mit zymoplastischen Substanzen zu tbun gehabt haben, von welchen ja ein Theil auch in Wasser loslich ist, also unter Anderem auch in RAUSCHENBACH'S wasserige Zellenextrakte tibergegangen sein konnte. Da ich die Sache fur wichtig genug hielt, um ihre Entscheidung anzustreben, so wiederholte ich die Versuche mit folgenden Fliissig- keiten: 1. filtriertes, wasseriges Extrakt von Lymphdriisenzellen, 2. filtrierter, mit Wasser verdiinnter Speichel, 3. filtriertes, wasseriges Hornhautextrakt, 4. filtrierter humor aqueus, 5. filtriertes Linsen- extrakt, 6. filtrierte Glaskorperfltissigkeit. Von jeder dieser Fliissigkeiten wurde ein Theil auf dem Wasser- bade eingedampft, der Riickstand mit heissem starkem Alkohol ex- trahiert, filtriert, das alkoholische Filtrat wiederum auf dem Wasser- bade eingedampft und der Riickstand in Wasser aufgenommen, worin er sich vollstandig aufloste. Diese Losungen bewirkten in verdiinn- tem Salzplasma spat auftretende und langsam fortschreitende Ge- rinnungen. 1) A. a. 0. S. 3335. Zehntes Eapitel. Uber die Blutveranderungen. 115 Alle diese Lo'sungen enthielten also Stoffe, welche in Wasser und zugleich auch in Alkohol loslich sind, auf verdunntes Salzplasma coagulierend wirken und diese Eigenschaft beim Abdampfen auf dem Wasserbade nicht verlieren, d. h. sie besitzen alle einen Gebalt an zymoplastiscben Substanzen; derselbe ist meist sehr gering, variiert dabei in relativ weiten Grenzen, aber er ist immer da. Sie enthalten aber auch alle neben diesen Stoffen geringe Men- gen von freiem Fibrinferment; ware dies nicht der Fall, so wurde man durch Aufkochen dieser Fltissigkeiten keine Verlangsamung ihrer coagulierenden Wirkung auf verdtinntes Salzplasma herbeifiihren kb'nnen, thatsachlich aber tritt die Verlangsamung immer ein; der Unterschied der Gerinnungszeiten ist zwar nicht gross, aber er ist eben auch immer da. Das Fibrinferment im freien Zustande ist also nicht bloss im cirkulierenden Blute in geringen Mengen enthalten, sondern hat in kleinen Mengen offenbar ein sehr verbreitetes Vorkommen im ganzen Organismus. Zehntes Kapitel. Uber die in Folge der intrayascula'ren Injektion der das Fibrinferment abspaltenden Protoplasmabestandtheile ein- tretenden Blutyeranderungen. Auch in Bezug auf die zymoplastischen Substanzen war nun zu- nachst die Frage zu beantworten : was geschieht, wenn man sie ex- perimentell, durch intravenose Injektion, in das Blut bringt, resp. wie wird ihre Wirkung auf die Blutfliissigkeit unter den hier herr- schenden Bedingungen, etwa durch das Eingreifen des Organismus, modificiert? Nach den Erfahrungen, welche ich mit filtriertem Plasma als Reagens gegen diese Substanzen gemacht hatte, erwartete ich von der Injektion derselben gro'ssere Effekte, als ich anfangs erhielt. Ich applicierte nach einander vier Katzen Quantitaten dieser Substanzen, welcbe hingereicht batten, eine ihrer prasumptiven Blutmenge gleiche Menge von filtriertem Plasma in wenigen Minuten unter starker Fer- mententwickelung zu coagulieren, ohne dass irgend eine Wirkung wahrend oder nach der Injektion an den Thieren wahrnehmbar ge- worden ware; nicht einmal die Fresslust derselben war gestort. 116 Zehntes Kapitel. Blutveranderungen. Es war, als hatte ich ihnen etwas Wasser oder verdiinnte Kochsalz- losung iDJiciert. Auch an den nach der Injektion den Thieren ent- nommenen Blutproben war nichts Abnormes zu bemerken ; sie stimmten in Bezug auf die Faserstoffmenge mit der Normalblutprobe uberein, eine vortibergehende Beschleunigung der Gerinnung beruht auf Was- serwirkung, auf welche wir spater zuriickkommen werden. Die Injektionsinenge betrug in diesen Versuchen 15 20 Ccui., welche 0,05 0,15 Gr. Substanz pro 1 Kilo des Thieres enthielten; die letztere war theils einfach mit Wasser zu einer schwach sauren Emulsion verrieben worden, theils wurde sie mittelst einiger Tropfen sehr verdiinnter Natronlauge zum grossten Theil aufgelb'st, wobei die Reaktion schwach alkalisch wurde; bei dieser Reaktion vertheilt sich der ungelost bleibende Rest der Substanz beim Schiitteln ausser- ordentlich fein, so dass wohl angenommen werden kann, dass er von der alkalischen Blutfliissigkeit vollstandig aufgelost wird. Nun hatte ich aber schon oft genug die Erfahrung gemacht, dass auch Zelleninjektionen , wenn ihr Umfang nicht eine gewisse Grenze tiberschreitet , welche je nach der Individuality der Thiere verschieden weit liegt, von ihnen gut vertragen werden. Ich ver- muthete daher, dass grb'ssere Mengen der zymoplastischen Substan- zen zum Ziele fuhren wtirden. Demgemass veranlasste ich den stud. E. v. RENNENKAMPFF, zweien Katzen, von welchen die eine 2,5, die andere 2,2 Kilo wog, 1,5 resp. 1,0 Gr. zymoplastischer Substanzen (0,60 resp. 0,45 Gr. pro Kilo), in 20 Ccm. Wasser verrieben und mit verdiinnter Natronlauge bis zur ganz schwach alkalischen Reaktion versetzt, zu injicieren. ] ) Der Erfolg war schlagend; bei beiden Thieren schon wahrend der Injektion heftige Athemnoth, Krampfe, Tod; bei beiden das rechte Herz mit Blut iiberfullt, hier sowohl wie im linken Herzen Gerinnsel, ebenso in der Art. pulmonalis. Der Effekt war also hier ganz derselbe, wie in denjenigen Fal- len von Zelleninjektion, in welchen die Thiere auf dem Operations- tisch an inneren Gerinnungen zu Grunde gingen. Die zymoplastischen Substanzen sind demnach diejenigen Bestandtheile der Zellen, ver- mb'ge welcher sie die von RAUSCHENBACH entdeckte coagulierende Wirkung auf das Blutplasma ausuben und bei intravascularer In- jektion auch jene inneren Gerinnungen im Gefasssystem lebender Thiere herbeiftihren. Sie sind die Trager der fermentabspaltenden Krafte der cirkulierenden Korperflussigkeiten. 1) E. v. RENNENKAMPPP. tTber die in Folge von intravascularer Injektion von Cytoglobin eintretenden Blutveranderungen. Inaug.-Abh. Dorpat 1891. S. 38. Elites Kapitel. Blutgerinnung. 117 Hat sich so ergeben, dass die zymoplastischen Substanzen bis etwa 0,15 Gr. pro Kilo Korpergewicht von Katzen gut vertragen werden, wahrend sie in Mengen von 0,40,5 Gr. pro Kilo durch Erzeugung von Thromben fast augenblicklich die Thiere toten, so liegen zwischen diesen Grenzen diejenigen Injektionsmengen, welche ein schweres, mehr oder weniger lange andauerndes, haufig zum Tode fiibrendes Siechthum verursachen. Leider verbot sich die Be- nutzung grosserer Thiere durch den Mangel an Material; bei den Katzen konnte sich die Untersuchung der durch die Injektion be- wirkten Blutveranderungen nur tiber ein paar Stunden erstrecken. Soweit sich aber ubersehen liess, stimmten die Blutveranderungen durchaus mit denjenigeu ttberein, welche ich nach Zelleninjektionen habe eintreten sehen. Also zunachst sehr beschleunigte Gerinnung bei gleichzeitiger rapider Abnahme der Fibrinziffer; letztere hob sich zwar sehr bald wieder urn etwas, es folgte aber ein zweites, wie es schien, andauerndes Sinken derselben; auch die Gerinnungszeit ver- langerte sich wieder. Die Frage, ob auch die konsekutive vollkom- mene Gerinnungsunfahigkeit des Blutes eintritt, kann ich wegen Mangel an Erfahrungen nicht beantworten. Das Wesentliche ist jedenfalls, dass die zymoplastischen Substanzen, ebenso wie die Zel- len, to'dliche Thrombosen herbeifuhren ko'nnen. In einer Beziehung machte sich aber ein Unterschied zwischen beiden geltend ; nach Injektion von zymoplastischen Substanzen nahm namlich die Leukocytenzahl zwar ab, aber nur um ein sehr Geringes. Die zerstOrende Wirkung, welche die Zellen in dieser Hinsicht aus- ubeD, bernht also offenbar nicht auf diesen Bestandtheilen derselben, bezw. die Wirkung der reinen zymoplastischen Substanzen betrifft iiberwiegend nur die Blutflussigkeit. Elftes Kapitel. Ulber das verschiedene Verhalten der rothen und farblosen Elemente bei der Blutgerinnung. Schon der Umstand, dass die Zellen bis 30 % ihres festen Ruckstandes an zymoplastischen Substanzen besitzen, wahrend die Blutflussigkeit nur 0,70,9 %, also auf den festen Ruckstand bezogen, in maximo etwa 10 /o, enthalt, weist auf die Abstammung der- 118 Elftes Kapitel. selben aus den ersteren, als ihren Bildungsherden , bin; aber es scbeint mir andrerseits undenkbar zu sein, dass sie als Bestandtbeile der Zelle selbst, so lange sie von ihr eingescblossen sind und fest- gebalteu werden, irgend eiue direkte materielle WirkuDg auf die Blutflussigkeit ausuben konnten; dazu mu'ssen sie offenbar erst Be- standtheile der letzteren werden und von diesem Standpunkte be- urtheile icb aucb die so oft in Folge der Injektion von Zellen auftretende Thrombosis, da dieselben in der Gefassbahn so rasch zerfallen und zugleicb die praformierten farblosen Blutkb'rperchen in ibren Unter- gang mit hineinzieben. Aber aucb eine indirekte Einwirkuog der zymoplastischen Sub- stanzen auf die Blutflussigkeit, etwa durcb Abspaltung des Fibrin- ferments inner balb der Zelle selbst, setzt docb immer den Ubertritt des betreffenden Spaltungsprodukts in die Blutflussigkeit voraus. Es liegt aber zunachst keine Nothigung vor, diese Vorstel- lung weiter zu verfolgen; denn wir wissen bereits, dass die Blut- flussigkeit selbst einen Gebalt an zymoplastiscben Substanzen besitzt, der, an sicb betracbtet, gar nicht so gering ist; wir wissen ferner, dass sich in ibr, aucb nacb Entfernung aller Zellen, das Fibrinferment entwickelt, kurz, dass sie, wie ich bereits betont babe, alles ent- halt, was zur Faserstoffgerinnung erforderlicb ist. Trotz Alledem gerinnt das Blut im Organismus uicbt, ja, wir baben geseben, dass man seinen natiirlichen Gebalt an zymoplasti- scben Substanzen, so wirksam jede durcb einen extra corpus statt- gebabten Zusatz bewirkte Vermebrung desselben sicb erweist, nicbt unbetrachtlich erhohen kano, ohne das Wohlbefinden des Tbieres zu stb'ren, gescbweige Tbromben zu erzeugen. Es scbeint mir daraus klar hervorzugeben, dass der Organismus diese Stoffe in seiner Ge- walt bat und ihren Wirkungen vorzubeugen vermag, so dass unter normalen Verhaltnissen nur jene inehr oder weniger eng begrenzten, aber ununterbrochenen Spaltungen in der cirkulierenden Blutflussig- keit stattfinden konnen, als deren Produkt wir hier unter anderem stets geringe Mengen von Fibrinferment vorfinden, welches seinerseits den stetig wirkenden zerstorenden Kraften des Organismus anheim- fallt. Aber jene Gewalt ist doch auch wieder eine begrenzte, so dass bei Uberschreitung der Grenze durch ktinstliche Zufuhr von zymoplastischen Substanzen in das cirkulierende Blut schliesslich auch hier die Gerinnung erfolgt. Acceptieren wir zunachst diese Vorstellung ohne zu fragen, auf welche Weise und mit welchen Mitteln der Organismus den Wirkungen