EOlSv W1 L Books are not to be taken from the Library Room. $2 £S=£@i£$2S©=4J52&=S©=S®S -w - Zff t A A > >4- <; V fx CSi iT' V ' ^ p r ^ s% ' <* 7 * : < , & 4 < ’ ’ X i S i 4 U yf ‘ J ^ / ' 7 x *viip.r w t&V g ^ s ‘ :t¥Vn »7 «3 w „ , 7 2 #* 7 ^ ^ ^ *» 4 _k,y\ v*- »tv ^ Atr Jk A -Or « sSjsjs* JS? 7 -“Sif ,LV / *. / ,1 1 ' ' # - * / I ' V ' • \ / X *■ ; ' , I 1 . 7 ■ i ' •• ' / \ r \ ung besonderer Riicksicht anf Schadlichkeit un hygieniscli- und forensisch-chemisch untersucht Dr. Th. Weyl. Mit einer Vor rede von^Drqf. Dr. Eucf. Sell . V 1. Lieferung. Berlin 1889. Verlag von August Hirschwald. NW. Unter den Linden No. 68. I REMOTE * V o r r e d e. b _ Die deutsche Theerfarbenindustrie hat sich, Dank dem engen Zusammen- ^ gehen von Wissenschaft und Praxis, mit der Zeit die Welt erobert und wird sich auch in der Zukunft ihre hervorragende Stellung nicht streitig machen lassen, da sie ihren alten Erfahrungen unausgesetzt neue hinzu- fiigt und ihre Fabrikationsprocesse verbessert. Als Erfolg dieser ange- strengten Arbeit sehen wir, wie sich zu den schon eingefiihrten Farbstoffen fortwahrend Neue hinzugesellen und mit ersteren in Concurrenz treten. Mit der Grosse der Production muss aber auch der Umfang der Consumption im rechten Verhaltniss stehen, wenn das Ergebniss ein wirth- schaftlich befriedigendes sein soil, und so werden wir es auch erklarlich finden, dass der Handel bestrebt ist, den betreffenden Erzeugnissen fort¬ wahrend neue Arten ihrer Verwendung zu verschaffen. Dass auch bei der Herstellung yon Nahrungs- und Genussmitteln eine solchc nicht ausser Acht gelassen wurde, ist nicht zu verwundern. Ob derartige Stolfe sich aber ohne Weiteres zu der genannten Verwendung eignen, ob sie ohne Bedenken vom Organismus, wenn auch nur in kieinen Mengen, auf die Dauer vertragen werden, das sind Eragen, fur welche sich neben Anderen auch die offentliche Gesundheitspflege zu interessiren hat; Fragen, zu deren Beantwortung bisher das Erfahrungsmaterial nur in sehr begrenztem Umfange vorliegt. Aus diesem Grunde ist die vorliegende Schrift des Herrn Dr. Th. Weyl mit besonderer Freude zu begriissen. Verfasser hat in derselben auf experimenteller Grundlage einen sehr werthvollen Beitrag zur physiologischen Beurtheilung wichtiger, zum Farben von Nahrungs- und Genussmitteln verwendeter Farben gegeben und sich durch diese Arbeit sehr verdient gemacht, wenngleich, wie er auch selbst hervorhebt, die von ihm beim Thier gewonnenen Besultate sich nicht unmittelbar auf den Menschen iibertragen lassen. Es ist insbesondere IY Yorrede. als sehr beadhtenswerth hervorzuheben, dass der Yerfasser es versucht hat, die chemische Constitution der yon ihm behandelten Farbstoffe in directe Bcziehungcn zu ihren physiologischen Wirkungen zu bringen, ein Untcrnchmen, welches erfolgreich weiter ausgedehnt, dem Fachmann die Aussieht eroffnet, dass es spater einmal moglich sein wird, anstatt der vielen einzelnen Farbstoffe ganze Gruppen derselben in ihrer Wirkungs- weise auf den Organismus beurtheilen zu konnen. In der sicheren Erwartung, dass der Yerfasser selbst auf dem von ihm betretenen Wege weiter wandelt, soil an dieser Stelle die Hoffnung ausgesprochen werden, dass sich noch recht viele andere Fachgenossen bereit fmden lassen, ihn bei der Bearbeitung dieses ebenso umfangreichen, wie schwierigen Gebietes zu unterstiitzen. Die Art, in welcher Fterr Dr. Th. Weyl bestrebt ist, den Gegenstand alien Gruppen von Interessenten ohne Weiteres verstandlich zu machen, ist ebenso anzuerkennen, als die Beigabe der einschlaglichen gesetzlichen Bestimmungen der hauptsach- lichsten europaischen Culturlander dankenswerth ist. Moge das Werk in alien Kreisen, die sich fur solche Fragen inter- ess iren, eine giinstige Aufnahme finden! Berlin, im Oktober 1888 . Prof. Dr. Sell. « Y orwort. Gesetze iiber die Verwendung yon Farben bei Herstellung von Nahrungs- mitteln, Genussmitteln und Verbrauchsgegenstanden sind von den meisten Culturstaaten fiir nothwendig erachtet worden. Es hat mir aber bei langerer Beschaftigung mit diesem Gegenstande scheinen wollen, als wenn die experimentellen Grundlagen, auf denen derartige Gesetze ruhen miissen, namentlich soweit die Theerfarben in Betracht kommen, yielfach zu wiinschen iibrig lassen, ja zum Theil vollig fehlen. Die nachfolgenden Untersuchungen iiber die Wirkung der Theerfarben auf den thierischen Organismus sollen das iiber diesen Gegenstand vor- handene Material sammeln und sichten, hauptsachlich aber neue, gesetz- geberisch verwerthbare Thatsachen herbeiscdiaffen. Diese Studien verfolgen also zunachst rein praktische Zweckc. Als Leser dieser Schrift sind Mediciner und Chemiker gedacht. Hierdurch wurde die Form der Darstellung beeinflusst. Dem Mediciner musste ein Ueberblick iiber die Chemie der Theerfarben Igegeben werden, da ihm dies Gebiet ebenso unbekannt zu sein pdegt, als dem Ohemiker die Grundlagen der experimentellen Pathologie und Toxicologie. Holfentlich bin ich beiden Leserkreisen gerecht: dem Chemiker nicht allzu medicinisch, dem Mediciner nicht zu chemisch^geworden. Bei Untersuchungen, welche sich wie die vorliegenden auf dem Grenzgebietc zweier Wissenschaften bewegen, wird man einem derartigen Vorwurfc nicht leicht entgehen konnen. Die Sammlung der einschlagigen Gesetze und Verordnungen, soweit sie mir zuganglich waren, diirfte willkommen sein. VI Vorwort. Die Namen und Reactionen der Farbstoffe sind moglichst voll- standig aufgefiihrt, wahrend die Methoden der Darstellung nur kurz angedeutet werden konnten. Dass Untersuchungen, wie die meinigen, fiir die Farbenindustrie eher eine Quelle der Beruhigung, als der Beunrubigung sind, bedarf keiner Auseinandersetzung. Somit iibergebe ich diese erste Lieferung meinen naheren und weiteren Fachgenossen nicht ohne mir — bei der Schwierigkeit des be- handelten Gegenstandes — das nachsichtige Wohlwollen derselben zu erbitten. Meinen Dank spreche ich aus den Herren C. Liebermann, E. Sal- kowski und N. Zuntz, welche mir die von ihnen geleiteten Labora- torien fiir meine Zwecke zur Verfiigung stellten. Heringsdorf, September 1888 . Th. Weyl. if i LIBRARY fj- LI N OV%' I n h a 11. Seite Vorrede von Prof. Eug. Sell . Ill Vorwort des Yerfassers. V Allgemeiner Theil. Kapitel I. Die Theerfarben. 1. Herstellung. 1 2. Eintheilung. 2 3. Benennung. 3 4. Handelswaare nnd Coupage.4 5. An wen dung.5 6. Ausfarben. — Beizen. — Drucken.6 7. Echtheit der Theerfarben.6 S. Erkennung.7 Kapitel II. Giftige Theerfarben. 1. Ungiftige Theerfarben werden durch giftige Beimengungen schadlich .... 7 2. Die Statistik der Arbeiter in Theerfarbenfabriken spricht gegen die Giftigkeit der meisten Theerfarben.12 3. Wirklich giftige Theerfarben.14 4. Ungiftige Theerfarben.15 Kapitel III. Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformen. , 1. Deutschland.18 2. England.28 3. Frankreich.28 4. Italien.29 5. Oesterreich-Ungarn.31 Kapitel IV. Aufgaben der Untersuchung. 35 Kapitel V. Methodik. 1. Auswahl der Farbstoffe.36 2. Wahl der Versuchsthiere.37 VIII Inhalt. Seite 3. Art der Darreichung.38 1. Darreichung durch den Mund. (Stomachale Darreichung.) .... 39 2. Injection ins Blut. (Intra vasculare Darreichung.).39 3. Subcutane Darreichung.40 4. Die dermale Application ..40 4. Diagnose der Yergiftung. . . 40 Specieller Theil. Kapitel I. Nitrosofarbstoffe. 1. Dinitrosoresorcin.44 2. Naphtholgriin B. 45 Kapitel II. Nitrofarbstoffe. Tabelle zur Erkennung der wichtigsten Nitrofarbstoffe.49 1. Pikrinsaure.50 2. Safransurrogat (Dinitrokresol).53 3. Martiusgelb.67 4. Naphtholgelb S.71 5. Brillantgelb (Schoellkopf).74 6. Aurantia.76 7. Andere Nitrofarbstoffe.77 8. Zusammenfassung*.77 Register...78 Allgemeiner Theil. Kapitel I. Die Theerfarben. § 1. Herstellung. Die Theerfarben fiibren ihren Namen, weil sie aus Theerbestandtheilen bereitet werden 1 ). Der Steinkohlentheer, das wichtigste Ausgangsmaterial der Farben- fabrikation, wild in den Th eersiedereien dnrch Destination nnd andere Operationen in eine Anzabl yon Rohmaterialien zerlegt, unter denen Benzol, Toluol, Xylol, Naphthalin, Anthracen, Phenol und Kresol die wicbtigsten sind. Die Farbenfabriken sind es, welche das von den Theersiedereien bezogene Material in Zwischenprodukte und in Farbstoffe ver- wandeln 2 ). Die Beziehungen zwischen Bohraateria], Zwischenprodukt und Theer- farbstoff versucht nachfolgende Tabelle (S. 2) darzustellen. Zur Erlauterung derselben mag das Folgende dienen: Aus den Rohmaterialien Benzol und Toluol entsteben durch Behand- lung mit Salpetersaure (Nitrirung) die Zwiscbenprodukte Nitrobenzol und Nitrotoluol. Beide werden durch Reduction in Amidobenzol (A nil in) und Toluidin ubergefiihrt. Bei der Oxydation eines Gemisches von Anilin und Toluidin entsteht ein Farbstoff, das Rosanilin, welches zu den eigent- lichen Anilinfarben oder Triphenylmethanderivaten gehort. Das aus dem Naphthalin (Rohmaterial) herstellbare Naphthol (Zwischen¬ produkt) verbindet sich mit einem Stoffe, dem Diazobenzolchlorid, welches aus Anilin (Zwischenprodukt) durch salpetrige Saure erhalten wird, zu einem Azofarbstoff. 1 ) Eine besondere Gattung von Theerfarben nennt man Anilinfarben. Der letztere Name wurde friiher, da man wenig mehr als eine einzige Klasse von Theer¬ farben — namlich die Anilinfarben — kannte, zur Bezeichnung aller Theerfarbstoffe benutzt. 2 ) Nicht alle Farbenfabriken stellen die Zwischenprodukte selbst her. — Bekannt- lich ist die Fabrikation fast aller wichtigen Farbstoffe durch Patente gcschiitzt. Weyl, Theerfarben. i 2 Allgemeiner Theil. T li e e r •p O *1o -S2 .°C> rO N i § <^> rO <» s** ’ * '* ***** *» •... ,,'*" / ; . . v , .. Phenol Anthracen , / /Vaphtahn Benzol : \ \ J / / V I Toluol / \ i ; : \ ; \ : ■ i ; ■ [ \ ; \ : t : \ ■ g v * \ j A/-* 1 / .Nitrotoluol \ ; \ lY/frobenzoL T Naphtal \ \ \ Anilin Phtalsaure [ * •\ / \ i Resorcin \ ; ; , ♦ » i i * • v : • : 'a 1 ‘ 1 ; ,* \ *« ; • Anthrachinon • •* \ i • ■ • • r V 1 i . •• . • ’ i ■ i 1 1 V » i • ■ i AniUnfarbcn \ * \ : • it * 1 • / K % ■ 1 . • ■ (Fuchsin u.s.w) \ • ‘ ; ; 1 ; \ ; v I V : Triphenylmethanderivate , Anilinfarben , Iiosol - sciure , Corallin. l . Azofarbstoffe. u 1 T fl Fluorescein] 1 f i Phthaleine. i • J /Alizarin Anthracenfarben. Phthalsiiure (Zwischenprodukt) yereinigt sich mit einem zweiten Zwischenprodukt, dem Resorcin, zu einem als Fluorescein bezcichneten Farbstoff. Dieser gehort zu den Phthaleinen. Das bekannteste Glied dieser Reibe ist das Eosin (Tetrabromfluorescem). Der wichtige, als Alizarin bekannte Farbstoff stammt yon dem Anthrachinon ab. Letzteres wird aus dem Rohprodukt Anthracen gewonnen. Natiirlich giebt es noch andere Farbstoffklassen, wie die Safranine, die Indamine, Indophenole u. s. w. Dieselben haben in der Ta- belle keine Aufnahme gefunden, um die Uebersicht nicht zu storen. § 2 . Eintheilung*. Bei der Eintheilung der Theerfarbstoffe war friiher die Farbe, spiiter die Mutter sub st a nz massgebend. So sprach man von rothen, gelben, griinen und blauen Theerfarben, dann yon Anilin-, Phenol- und Naphtholfarbstoffen. In neuerer Zeit hat man mit Erfolg die relative Lagerung der Atome und Atomgruppen im Farbstoffmolekiil — ihre Constitution — Die Theerfarben. 3 erforscht, und theilt daher die Theerfarbstoffe in gewisse natiirlichc Gruppen, nach ihrer chemischen Constitution ein. Die wichtigsten Farbstoffgruppen und einige ihrer Yertreter sind im Folgenden aufgezahlt: Gruppe I. Nitrosofarbstoffe: Naphtholgriin B. Solidgriin (Elsassgriin). Gruppe II. Nitrofarbstoffe: Pikrinsaure, Safransurrogat (Dinitrokresol), Martiusgelb, Naphthol- gelb S, Aurantia, Brillantgelb. Gruppe III. Azofarbstoffe: Anilingelb, Bismarckbraun (Vesuyin), Biebricher Scharlach, Chry- soidin, Congo, Echtgelb, Eehtroth, Orange, Orseilleersatz, Ponceaux, Tropaeoline, Wollschwarz. Gruppe IV. Triphen y Im eth anfarbs toff e o der eigen tliche A nil in- far ben: Fuchsin, Malachitgriin, Methyl violett, Yictoriagriin. Gruppe Y. Gruppe der Bosolsaure: Corallin, Paeonin, Rosolsaure. Gruppe YI. Phthaleinfarbstoffe: Eosin, Erythrosin, Phloxin. Gruppe VII. Anthracenfarbstoffe: Alizarin, Alizarinorange, Alizarinblau. Gruppe VIII. Indigogruppe: Indigo. Gruppe IX. Chinolinfarbstoffe: Chinolingelb, Chinolinroth, Chrysanilin (Phosphin), Cyanin. Gruppe X. Indamine, Indophenole, MethyicnbLau: Indophenol, Methylenblau. Gruppe XI. Gruppe der Azine: Safranin, Magdalaroth. Gruppe XII. Anilinschwarz. Anilinschwarz. Die Charakteristik der vorstebenden Farbstoffgrnppen wird im speziellen Theile gegeben. Die Farbstoffe yerbalten sich tbeils wie Sauren (saure Farbstoffe), tbeils wie Basen (basiscbe Farbstoffe), tbeils wie indilferente Korper (indifferente Farbstoffe). Zu den letzteren gehort der Indigo. Saure Farbstoffe sind die nitrirten und sulfonirten Farben, wie Pikrinsaure, die Orange, Ponceaux und alle Nitrofarbstoffe. Basiscbe Farbstoffe sind salz- artigeYerbindungen vonFarbbasen mitSauren wieFucbsin und Methylenblau. Die basischen Farbstoffe werden durcb Tannin oder Pikrinsaure bei Gegenwart yon essigsaurem Natron gefallt, die sauren Farbstoffe bleiben ungelost. Letztere losen sicb meist leicbt in Alkali. § 3. Benennung. Die Handelsnamen der Theerfarbstoffe werden meist willkurlich ge- Avablt, weil die wissenscbaftlichen Bezeicbnungen zu Jang waren und dem Gcdachtniss allzuAdel zumutbeten. 1* 4 Allgemeiner Theil. So erklaren sich Bezeichnungen wie Methylenblau fiir Tetra- methylcl iamidothiodiphen ylaminchlorhydrat, An ran ti a fiir Hexanitrodiphenylamin, Wollschwarz fiir Natriumsalz des Sulfazosulfobenzolazoparatolylbetanaphthylamin. Bisweilen tragt derselbe Farbstoff mehrere Namen. So sind identisch 1 ): Krocein-Orange, Ponceau 4 GB und Brillantorange, ferner identiscb 2 ): Phenylenbraun, Manchesterbraun, Bismarckbraun und Oanelle. Aucb kommt es vor, dass derselbe Name zwei verschiedenen Farbstoffen beigelegt wird. Dies geschieht besonders, um ein minderwerthiges Produkt an Stelle eines kostbaren abzusetzen. So wird nach Kertesz 3 ) das billigere Martiusgelb als Naphthol- gelb S bezeichnet, obgleicb letzterer Name einem theuerern Praparate zusteht. Endlich werden Mischungen bekannter Farbstoffe, die zur Erzielung einer bestimmten Niiance nothwendig sind, haufig in betriigeri- scher Absicht, unter einem neuen Namen in den Handel gebracht. Cardinal ist z. B. eine Mischung yon Chrysoidin mit Fuchsin 4 ). § 4. Handelswaare. Coupage. In den Handel gelangen die Theerfarbstoffe entweder als Pulver oder als Teig (Paste). Sie sind in Wasser oder Spiritus oder in beiden Menstruen loslich. Unlosliche Farbstoffe finden der Natur der Sache nach eine beschrankte Anwendung. Es ist der Technik gelungen, unlosliche Farbstoffe durch geeignete chemische Behandlung loslich zu machen. Dies geschieht z. B. durch Behandlung mit Schwefelsaure (Sulfurirung) oder bei Azofarbstoffen durch Herstcllung ihrer Bisulfitverbindung. Die Handelsprodukte sind haufig mit Dextrin, schwefelsaurem Natron, Soda oder Salmiak versetzt. Diese Co up age (Schwachung) wird nur selten in betriigerischer Absicht vorgenommen und ist vielmehr haupt- sachlich aus folgenden Griinden gerechtfertigt: Die Fabrikation eines Farbstoffs liefert nicht immer bei jeder ein- zelnen Darstellung genau dieselbe Schattirung (Nuance). Bald wird z. B. ein etwas helleres, bald ein etwas dunkleres Both erzielt, weil bei der Darstellung die Temperatur das zweite Mai um einige Grade hoher stieg, als das erste Mai oder weil der bereits fertige Farbstoff bei etwas hoherer Temperatur getrocknet wurde als dies friiher geschehen war. Da nun der Farbstoffconsument sicher sein muss bei jedem neuen Bezuge des Farbstoffs aus derselben Fabrik mit 1 Kilo Farbstoff stets die gleiche Nuance auf dem gleichen Wollquantum zu erzielen, muss die Fabrik einen etwas zu stark farbenden Farbstoff mit etwas mehr Coupage versetzen als dies bei einem schwacher farbenden Muster noth¬ wendig ware. *) G. Schultz, Steinkohlentheer. 2. Aufl. II. S. 157. 2 ) Kertesz, Die Anilinfarbstoffe. S. 226. 3 ) a. a. 0. S. 58. 4 ) Kertesz, a. a. 0. S. 48 und 152. Die Theerfarben. 5 Ausscrdom ist dor Farber gcwohnt, zur Farbung eincs gewissen Quantums Soide eine nicht zu kleine Menge Farbstoff abzuwagen, weil Febler und Verluste nicht so sebr ins Gewicht fallen, wcnn statt der abzuwagenden 2000 gr 2050 gr genommen werden, als wenn der Arbeiter statt 100 gr etwa 110 gr abwiegt. Es muss aus diesem Grunde der neue Farbstoff* welcher eine sehr grosse Farbekraft besitzt, entsprecbend coupirt werden. Endlich ist der Preis eines mit 50 Procent Coupage versetzten Farb- stoffs natiirlich geringer als der eines lOOprocentigen. Im allgemeinen setzen die Theerfarbenfabriken eine Ehrc darein mog- lichst reine Produkte in den Handel zu bringen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass kleine Beimengungen den meisten Ilandels- produkten von der Fabrikation her anhaften. Diese Spuren unorganischer Salze, wie Kochsalz, etwas Kalk und dergl. sind in jeder Hinsicht vollig bedeutungslos. 1 ) §. 5. Anwendung. Die friiher fast ausschliesslich benutzten natiirlich vorkommenden Farbstoffe sind allmalig durch die bequemer zu handhabenden, haufig auch billigeren kiinstlichen Theerfarben zum Theil verdrangt worden. Es giebt he.ute kaum ein Material, das nicht mit Theerfarben gefarbt wiirde. Natiirlich miissen hier in erster Linie die Gespinnstfasern Seide, Wolle, Baumwolle, dann Flachs, Jute und Hanf genannt werden. Aber auch zum Farben anderer thierischer und pflanzlicher Stoffe linden Theerfarben bereits ausgedehnte Anwendung. Ich erinnere an Haare, Federn, Leder, Knochen, Elfenbein, ferner an Holz, Stroh, Blatter, Blumen, Papiere, Seifen und Dinten. Endlich werden bereits Nah- rungs- und Genussmittel, wie Butter, Ease, Nudeln, Conditorwaaren, Weine und Liqueure mit Theerfarben gefarbt 2 ). Farbstoffe, welche die Textilfaser direkt anfarben, nennt man sub¬ stantive. Hierher gehoren z. B. Fuchsin, Safranin und Bismarckbraun. Adjective Farbstoffe gehen erst auf die Textilfaser, nachdem lctztere mit einem Stoffe impriignirt ist, der sich mit der Farbe zu verbinden vermag. Stoffe, welche die Faser zur Aufnahme von Farben geeignet machen, heissen Beizen. Die Wirkung der Beizen beruht in der Herstellung einer unloslichen Yerbindung, zwischen Farbstoff und Beize. Die un- loslichen Yerbindungen der Metallsalze mit den Farbstoffen heissen Lackc. Als Beizen dienen die essigsauren Salze von Blei, Eisenoxyd und Chromoxyd, ferner Alaun, Chlorzinn und Brechweinstein. Auch Tiirkisch- rothol (das Einwirkungsprodukt von Schwefelsaure auf Ricinusol), Tannin, Starke und Eiweiss werden vielfach angewandt. *) Schadliche, namentlich metallische Yerunreinigungen wie Arsen, Blei u. dgl. diirften in den heutigen Theerfarben deatscher Fabriken kaum mehr enthalten sein. — Ueber die Mischungen der Theerfarben siehe oben S. 4. 2 ) Es mag auch daran erinnert werden, dass die Farbung mikroskopischer Prii- parate vermittelst Theerfarben der Wissenschaft grosse Dienste geleistet hat. 6 Allgemeiner Theil. Be i/on sind namentiich fur die Farbung der Pflanzenfasern, vor allcm dor Baumwolle, von besonderer Wichtigkeit. In letzterer Zeit ist es aber gegliickt eine Reihe yon Azofarbstoffen, welche der ^Congo- gruppe“ angehoren, herzustellen, die Baumwolle ohne Beizcn echt far ben. §. 6 . Ausfarben — Beizen — Brucken. Das Farben der Textilfaser beruht, wie jetzt fast allgemein an- genommen wird, auf der Herstellung einer cliemischen Verbindung zwischen Faser und Farbstoff. Nicht jeder Farbstoff farbt jede Textilfaser. So wird Baumwolle von Alkaliblau, Naphtholgelb und Saurefuchsin nicht gefarbt, wahrend sick Seide durch die genannten Farben leicht tingirt. Pikrin- saure haftet auf der Thierfaser leicht, auf der Pflanzenfaser erst bei Gegenwart einer Beize (s. o.). Man kann die Textilfasern in Form der Strahnen oder als fertige Gewebe (Stiickfarberei) farben. Um Zeuge zu bedrucken verfahrt man folgendermaassen: Die Farbe wird mit Starkekleister, Traganthgummi, Salep oder einem andcren geeigneten Verdickungsmittel, haufig zugleich mit einer Beize versetzt, mit Hiilfe von Druckformen oder Walzen auf das Gewebe aufgepresst. Durch ,,Dampfen a wird die unlosliche Verbindung von Beize und Farb¬ stoff entwickelt und auf dem Gewebe befestigt. Sie bleibt nach dem Spiilen und Seifen unloslich zuruck. Muster entstehen auf einem Gewebe in zweierlei Weise. Entweder schiitzt man gewisse Stellen des Gewebes durch Aufdruck von Stoffen, welche die Farbe nicht annehmen. Dies wird als Reservage bozeichnet. Oder man atzt aus dem bereits fertig gefarbten Gewebe gewisse Stellen durch Aetzmittel heraus (Enlevage). Der Stoffdrnck spielt vor allem bei der Herstellung der Kattune cine grosse Rolle. §. 7. Ecktheit tier Theertarben. Echt ist ein Farbstoff, wenn derselbe durch aussere Einflusso un- verandert bleibt. Natiirlich kommt diese Echtheit wesentlich bei dem „ausgefar bten u Farbstoff in Betracht. Die Techniker unterscheiden: Lichtechtheit, Waschechtheit, Dampfechtheit, Walkechtheit, Echtheit gegen Seifen, Sauren und Alkalien. Fast alle kiinstlichen organischen Farbstoffe werden durch Licht mehr oder minder schnell gebleicht (oxydirt?). So zeigt Wolle, die durch Pikrinsaure gelb gefarbt ist, schon nach mehrtagiger Belichtung eine mehr braunliche Nuance, wahrend Alizarin zu den lichtechtesten Farben gehort. Fast vollkommen waschecht und seifenecht sind auf Baumwolle z. B. Alizarinblau und Congoroth, dagegcn werden Eosinfarben schon durch Wasser leicht abgezogen. Die Walkechtheit kommt namentiich fiir die Fabrikation solcher Gewebe in Betracht, welche wie das Tuch, bevor es in den Handel ge- Giftige Farben. 7 langt, mit Alkalien (gefaultem Harn unter Zusatz von kohlensaurem Ammoniak) geknetet (gewalkt) werden miissen. Durch das Walken wird das Gewebe von Ocl und Leim befreit und eine innige Yerfilzung dor Faden von Kettc und Einschlag hervorgebracht. Das Sauregriin ist ziemlich walkecht, noch bestandiger sind Alizarinblau und Rosanilinblau. §. 8. Erkennung. Dio Erkennung der Theerfarben auf der Fasor und auf Nah- rungsmitteln bereitet noch immer — m vielcn Fallen wenigstens — so grossc Schwierigkeiten, dass auch ein geubter Farbenchemikcr nicht immer zu einem richtigen Resultate gelangen wird. Der Grand hierfiir liegt einerseits in der grossen Anzahl kiinstlicher FarbstofFe, welche Anwendang linden, andererseits darin, dass bei der grossen Farbekraft dor kunstlichen Farbstoffe meist schon kleine Mengen Farbstoff die ge- wiinschte Wirkung hervorbringen. Man wird also besten Falls nur dann zur Identificirang der Farbe gelangen, wenn eine grosse Menge Unter- suchungsraaterial zur Verfiigung steht. Ueber die Erkennung der in diesem Buche erwahnten Farbstoffe sei auf den speciellen Theil und auf die unton citirten Werke verwicsen. 1 ) Literatnr iiber Theerfarben. Siehe die in der Anmerkung citirten Werke. Ausser- dem R. Nietzki, Organische Farbstoffe. Breslau 1887, und P. Julius, Die kunstlichen organischen Farbstoffe. Berlin 1887. Kapitel IL Giftige Theerfarben. § 1. Ungiftige Theerfarben werden durch giftige Beimengimgen schadlich, Arsenhaltiges Fuchsin. Corallin. Hyperhidrosis. In der medicinischen Litcratur wird eine stattliche Reihe von Ver- giftungcn durch ,,Anilinfarben a erwahnt, welche meist an das Fuchsin und ahnliche Farbstoffe ankniipfen. Dass die Anilinfarben giftig sein muss ten, gait Ende der fiinfziger und Anfang der sechziger Jahro dieses Jahrhunderts, als die Fabrikation ') G. Schultz, Steinkohlenlheer. — Kertesz, Die Anilinfarbstoffe. — Witt, Cheraische Industrie. 1886. S. 1. — Humrael-Knecht, Fiirberei und Bleicherei. Berlin 1888. — P. Cazeneuve, Coloration des vios. Paris 1886. 8 Allgemeiner Theil. der „Anilinfarben“ cbcn erst begann, als nahczu selbstverstandlicb 1 ). Jene Korper waren Abkdmmlinge des so giftigen Anilins. Sollten sich nicht die deletaren Eigenschaften der Muttersubstanz auf deren Derivate yererbt haben? Die ersten Versuche iiber die Wirkungen des Fuchsins und anderer Anilinfarben auf den thierischen Organismus scbeint Sonnenkalb 2 ) an- gestellt zu haben. Die untersucbten Farbstoffe, Anilinroth auf Seide, Anilinblau auf Seide, Fucbsin, erwiesen sick als ungiftig. Derselbe Autor macht dann ferner darauf aufmerksam, dass die Anilinfarben giftig sein konnen, weil sie als Verunreinigung diejenigen giftigen Stoffe ent- halten, welcbe wie Arsen und Quecksilber zu deren Herstellung benutzt werden. Auf eine solche Verunreinigung fiihrt er mit Wahrscheinlichkeit auch jenen yon Friedrich 3 ) beschriebenen, dann oft citirten Fall yon angeb- licher Yergiftung durch Anilinfarben bei einem jungen Manne zuriick, der zwei Monate hindurch die A r erpackung von Anilinfarben (Bleu de Lyon, Bleu de lumiere, Fuchsin No. 1 und 2) zu besorgen hatte. Endlich fand Sonnenkalb 4 ) die Angaben iiber die schadlichen Wirkungen eines arsenhaltigen Fuchsins vollkommen bestatigt. Hierher gehort auch der yon Clemens 5 ) beobachtete Fall von Yergiftung durch arsenhaltiges Fuchsin bei einer Stickerin, welche die rothen Seidenfaden stets iiber dieselben Hautstellen ihrer Finger gleiten liess. Es entstanden sehr feme schnittartige Hautverletzungen, von denen aus sich eine langdauernde schwere Entziindung (Phlegmone) iiber die ganze Hand und den Yorderarm verbreitete 6 ). Als nun im Anfange der siebziger Jahre ermittelt wurde, dass eine grosse Anzahl franzosischer Rothweine mit Fuchsin gefarbt seien, waren es vor allem franzosische Forscher, welche die AVirkungen des Fuchsins auf den Thierkorper feststellten. In den A^ersuchen von Clouet und Bergeron 7 ) ertrugen Hundo tagliche Fuchsindosen von 20 gr ohne jeden Schaden. Ein Mensch nahm im Yerlaufe einer Woche 3,5 gr ohne Beschwerden zu spiiren. Die ge- nannten Autoren halten also das Fuchsin fiir unschadlich. Ob das von Feltz und Ritter 8 ) benutzte Fuchsin, welches Diarrhoe und Albuminurie erzeugte, chemisch rein war, bleibt zweifelhaft. 1 ) Die erste technisch, d. h. in grosserem Umfange clargestellte Anilinfarbe, das Mau.vein, wurde 1858 von Perkin dem Aelteren erhalten. Dann folgte das 1858 durch A. W. Hofmann entdeckte, aher erst durch Yerguin in Lyon (1859) tech¬ nisch verwerthete Fuchsin. Ein Kilo Fuchsin kostete 1859 gegen 1209 Mark, 1866 nur noch 50 Mark. 2 ) Anilin und Anilinfarben von Prof. Dr. Sonnenkalb. Leipzig 1864. 3 ) a. a. 0. S. 48. — Es ist mir sehr zweifelhaft. ob dieser Fall uberhaupt etwas mit der Beschaftigung des Patienten zu thun hat. 4 ) a. a. 0. S. 49. 3 ) Deutsche Klinik. 1866. No. 17. S. 156. 6 ) Weitere Falle von Yergiftungen durch Anilinfarben siehe Dahl: Yirchow- Hirsch’s Jahresber. fiir 1870. S. 351; ferner Ludwig und Hofmann, Wiener med. Jahrb. 1877 und Grandhomme, a. a. 0. S. 127 (Literaturiibersicht). 7 ) Yergl. P. Cazeneuve, La coloration des vins. Paris 1886. S. 30. 8 ) Caze neuve, a. a. 0. S. 31. In demselben Buche, S. 43, findet sich auch eine Kritik der, wie es scheint, wenig sachverstandigen Yersuche von Poincare iiber die Wirkung einiger Theerfarben auf den thierischen Organismus, Giftige Farben. 9 Es ist nun bekanntlich Coupier 1 ) gelungen, die Herstellung des Fuchsins ohno Zuhiilfenahme der Arsensaure oder des Quccksilbcr- oxyds auszufiihren, indem er als Oxydationsmittel das zwar giftige, aber duchtige und daber leiclit entfernbare Nitrobenzol benutzte. Mit einem solchen nach Cou pi er-B riming hergestellten Fuchsin bat Grandhomme 2 ) mehrere Wocben hindurcb zwe'i Lapins gefuttert. Die Thiere erhielten taglich mit dem Futter (50 gr. Gerste) je 0,5 gr. Fuchsin. Sie blieben vollkommen munter, der Harn eiweissfrei. „Nach einer Pause wurden 15 g Fuchsin zur Farbung yon 15 g Gerste ver- wendet und binnen 14 Tagen verfuttert. Auch hierauf trat irgend welch c Storung in dem Befinden der Thiere nicht ein. Fine gleiche negative Wirkung hatten subcutane Injectionen — taglich 1—2 Spritzen — einer lproc. Losung. Auch blieb ein Huhn, welches durch drei Wochen mit Fuchsin gefarbten Hafer frass, gesund.“ In voller Uebereinstimmung mit alien Angaben iiber die Ungiftigkeit des reinen Fuchsins bei Thieren, stehen auch Grandhomme’s interessante Beobachtungen an den Arbeitern der Hochster Farbwerke. In dem Fuchsinraume derselben waren von 52 Arbeitern 6 durch 3—4 Jahre, 6 „ 4—6 „ li „ 6-10 „ 5 „ 11-18 „ beschaftigt. Keiner dieser Arbeiter litt an Diarrhoen oder Koliken oder Storungen der Harnsecretion, trotzdem sie taglich in dem feinen Fuchsinstaubc athmeten. Ihr Harn war eiweissfrei, wie die am Sonnabend, nachdem die Leute also die ganze Woche in dem Fuchsinraume gearbeitet hatten, vorgenommene Untersuchung bewies. Endlich ergaben die mit reinem Fuchsin bei Herzfehlern und Nierenerkrankungen angestellten therapeutischen Versuche 3 ) die nahezu vollige Unschadlichkeit des genannten Stoffes bei Einverleibung in den Magen. Es existiren zuletzt noch einige wenig kritische Angaben iiber Hauterkrankungen, die beim Tragen von mit Fuchsin und ahnlichen Farben gefarbten Stoffen auftreten. In dem Referate 4 5 ) iiber den Fall yon Bruce — Ausschlag beim Tragen eines rothgelarbten wollenen Brustlappens — ist von der chemischen Untersuchung der rothen Farbe nicht die Rede. Die von Viand-Grand-Marais (Nantes 3 ) beschriebene Hautaffec- • tioi\, welche beim Tragen eines amaranthfarbenen violett gestreiften 1 ) Yergl. auch Briining, Ber. d. deutschen chem. Ges. 6, 25 (1878). — Das nach Coupier-Briining dargestellte Fuchsin wird hisweilen als „Nitrobenzol- Fuchsin“ hezeichnet. 2 ) a. a. 0. S. 88. 3 ) Siehe die Literatur bei Bamberger, Wiener med. Blatter. 1881. No. 14. — Ferner Sawyer, Yirchow-Hirschs Jahresber. f. 1881. S. 464. 4 ) Virchow-Hirsch’s Jahresber. f. 1870. S. 350. 5 ) Yirchow-Hirsch, a. a. 0, 10 Allgemeiner Theil. Wolihemdes auftrat, wurde durch eine Farbe veranlasst, die naeh der Angabe des Yerfassers im Marsh’sclien Apparate „nur gcringc Arsen- mengen“ enthiolt 1 ). Das vorliegende Material gestattet deranach nur den Schluss: reines Fuchsin ist ungiftig. Die Vergiftungen durch Fuchsin sind A r s en ve r g if tun g en 2 ). Aehnlich scheinen die Yerhaltnisse beim Cor allin zu liegen. Tar- dieu 3 ) hat seine Giftigkeit behauptet. Dasselbe entsteht bekanntlich durch Erhitzen von Phenol mit Oxal- saure und Schwefelsaure auf 120 bis 130 °. 4 ) Die rohe Schmelze, welche ein dunkelrothes, metallglanzendes Harz bildet, komrat als gelbes Corallin in den Handel. Das rothe Corallin — auch Paeonin genannt — bildet sich bei Einwirkung von Ammoniak unter Druck auf rothes Corallin. Tardieu (a. a. 0.) theilt nun acht Falle mit, in denen nach dem Tragen von mit Corallin gefarbten Strumpfen blaschenformige Haut- ausschlage aufgetreten waren. Er stellte deshalb mit Rous sin zweierloi Yersuchsreihen an Thieren an. In der ersten Reihe wurde rothes Corallin, das von Persoz be- zogen war, unter die Haut und in den Magen gespritzt. Die Thierc starben meist. In der zweiten Yersuchsreihe benutzte Tardieu das Extract der verdachtigen rotlien Striimpfe. Diese Thiere starben schneller als die der ersten Reihe. Wie Weickert 5 ) mit Recht hervorhebt, wurde das den Thieren beigebrachte Corallin in Alkohol gelost. Die Sectionsbefunde lassen sich olme Zwang als Folgen einer Alkoholvergiftung auffassen. Ausserdem bleibt unerklart, weshalb das Extract der Striimpfe schadlicher wirkte als der reine Farbstoff. Weiterhin bewiesen dann Weickert’s einwurfsfreie Versuche die vollige Unschadlichkeit des von Th. Wiirtz in Liebenau bezogenen rothen Corallins bei stomachaler, subcutaner und cutaner Application. Auch die in genannter Fabrik mit der Darstellung und Yerpackung be- schaftigten Arbeiter befanden sich vollig wohl, obgleich die Haut der Hande intensiv violett und roth gefarbt war. Darnach ist das reine Corallin ungiftig. Wahrscheinlich waren die beim Tragen der mit Corallin gefarbten Striimpfe aufgetretenen Hautausschlage durch eine Arsen -haltige Beize bedingt 6 ). ') Yergl. auch J. Rollet, Ann. de Dermatol, et de Syphiligr. 1880. I. S. 10. 2 ) Auch reines Anilinblau, Anilinviolett (Dahlia) und Malachitgriin sind nach Grandhomme (a. a. 0. S. 35- 87) ungiftig. 3 ) Cazeneuve, a. a. 0. S. 48 und Schmidt’s Jahrb. 1869. Bd. 143. S. 156. 4 ) Der aus gelbem Corallin dargestellte reine Farbstoff heisst Aurin. Weder gelbes noch rothes Corallin spielen wegen ihrer Unechtheit in der Farberei eine Rolle. Dagegen werden sie noch in der Kattun- und 'Wolldruclverei angewandt [Hummel- Knecht, Farberei. S. 281. (1888.)] 5 ) Schmidt’s Jahrb. 144. S. 107 ff. (1869.) (1 ) Das Reich^gesetz ilber gesundheitsschadliche Farben u. s. w. gestattet die Yer- wendung arsenhaltiger Beizen nur, wenn sich in 100 Quadratcentimeter des fertigen Stoffes nicht mehr als 2 Mgrm. Arsen vorfinden (§. 7). — Dass die arsenhaltigen Giftige Farben. 11 Den yonWeickert formulirten Schliissen stimmen auch Landrin, Babaut und Bourgongnon, ferner Chevreul und P. Guyot 1 ) bei. Allerdings scheint das Coralin des Handels, wie Sell 2 ) fand bisweilen freies Phenol zuenthalten. Dies ist auch der Grund, weshalb Corallin nach dem Peichsgesetz yom 5. Juli 1887 zu den yerbotenen Farben gehort. 3 ) Es gehoren ferner in diesen Zusammenhang jene merkwiirdigen Falle yon Hyperhidrosis (vermehrte Schweisssecretion), deren Kennt- niss wir Grandhomme 4 ) yerdanken. Es erkrankten namlich in den Hochster Farbwerken im Yerlaufc der Jahre 1874—1882 im Ganzen 47 Arbeiter, und zwar hauptsachlich solche, die mit der Herstellung der Eosinfarben beschaftigt waren, unter folgenden Symptomen. „Nach kurzerem oder langerem Aufenthalte in dem betreffenden (Eosin-) Raume fangen die Fingerspitzen und nicht selten der Ballen des Daumens an schmerzhaft zu werden; in einigen (3) Fallen bildeten sich Abscesse; in alien Fallen ist die Schweisssecretion eine so starke, dass die Tropfen dicht zusammenstehen und beim Abwartssenken der Hande abfliessen. Dabei ist das Allgemeinbefinden nach keiner Richtung ge- stort, und weder makroskopisch noch mikroskopisch noch dem Geruche nach an dem Schweisse etwas Abnormes nachzuweisenA Eine Heilung trat in spatestens 16 Tagen ein. Die Ursache der Erkrankungen ist bisher mit Sicherheit nicht fest- gestellt. Yielleicht ist sie in — bisher unbekannten — Beimengungen einzelner Rohprodukte zu suchen, vielleicht aber auch nur in der An- wendung zu starker Ohlorkalklosungen beim Reinigen der Hande. Jedenfalls ist die Zahl der Erkrankungen in den letzten Jahren in der Abnahme begriffen, seitdem die Anwendung starker Ohlorkalklosungen yerboten wurde. 5 ) Beizen vor allem die Arbeiter in den Druckereien auf das empfindlichste zu schadi- gen vermogen, ist bekannt. Einige in den grossen Weikstatten der Actien-Gesellschaft iiir Baumwollspinnerei, Druckerei u. s. w. zu Zawiercie vormals A. und B. Ginsberg gemachten Beobachtungen, welche ich der Gefalligkeit des Herrn J. Ginsberg zu Berlin verdanke, theile ich hier mit. Beim Arbeiten mit arsensaurem Natron und arsenhaltigen Praparaten hauptsachlich in den feuchten Raumen der Farberei, in denen die Arbeiter den ganzen Tag nasse Kleider tragen miissen, schwellen die Fiisse, Hande und Hoden an. Es bildete sich eine „Hautentzundung“ und eine „Art von Blattern“, welche zwang, die Arbeiter in das Hospital zu schicken. — In Folge dessen wurde, ohne dass eine Storung in der Fabrikation eingetreten ware, die Anwendung arsenlialtiger Beizen aufgegeben. *) Weickert, a. a. 0 S. 112 und 118 und Cazeneuve, a. a. 0. S. 43. ~) Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. II. S. 243 (1887). 3 ) Nach Zulkowsky (Ber. d. deutschen chem. Gesellschaft. 10, 1201a. [1887]) entsteht Rosolsaure (Methyl-Aurin) durch Oxydation von Kresol (Methyl-Phenol) mit Arsensiiure bei Gegenwart von Schwefelsaure. Falls diese Methode technisch benutzt wiirde, woruber ich nichts in Erfahrung gebracht habe, konnte die kaufliche Rosol- siiure Arsen enthalten. 4 ) Grandhomme, a. a. 0. S. 40 und 121. 3 ) Herr Dr. P. Seidler hatte die Freundlichkeit mir mitzutheilen, dass ein ihm bekannter Chemiker gleichfalls an Hyperhidrosis litt. Derselbe war in den Far ben- fabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Elberfeld beschaftigt und benutzte zur Reinigung seiner Hande starke Ohlorkalklosungen. Darnach ist die von Grandhomme fiir das genannte Phanomen gegebene Erklarung jedenfalls die richtige, — Ich bin mit Versuchen iiber diesen Gegenstand beschaftigt. 12 Allgemeiner Theil. Das fcrtige Eosin ist die materia peccans sicher nicht, da die mit dcm Ycrpacken des genannten Stoffes beschaftigten Arbeiter gesund blieben. Die kritische Durchmusterung der medicinischen Literatur bat ge- zeigt, dass gut beglaubigte Dalle yon Yergiftung durch rcinc Anilinfarben nicht vorzuliegen scheinen. 1 2 ) Yielmehr waren es wohl stets Beimengungen, meist Arsen oder arsenhaltige Beizen, die jenc vermeintlichen Anilinfarben Yergiftungen veranlassen. Aber noch durch eine zweite Ueberlegung lasst sich die Un- schadli chkeit der reinen-Anilinfarben darthun. §. 2 . Die Statistik der Arbeiter in Theerfarbenfabriken spricht gegen die Gittigkeit der meisten Tkeerfarben. Falls die Anilinfarben und die kiinstlichen Farbstoffe iiberhaupt so starke Gifte waren, als man haufig ohne Kritik annimmt, sollten die Arbeiter in Farbenfabriken, welche jahraus jahrein taglich und stiindlich mit der Herstellung oder Yerpackung dieser Stoffe beschaftigt sind oder sich in Raumen aufhalten, in denen die giftigen Farben her- gestellt oder yerpackt werden, ein besonders grosses Contingent zu den Yergiftungsfallen durch Anilinfarben stellen. Allerdings kommen durch die Ausgangsmaterialien der Farben- fabrikation haufiger acute und chronische Yergiftungen zu Stande. Es ware auch allzu merkwiirdig, wenn diejenigen, welche Benzol, Nitrobenzol, Anilin und ahnliche Stolfe herstellen, sich nicht haufiger mit denselben yergiften sollten als andere Menschen, die in ihrem ganzen Leben nur wenige Male oder auch nicht einmal eine mit Anilin gefullte Flasche in irgend einem Ausstellungsschranke bewundern! Doch ist die Anzahl der Fabriks-Erkrankungen unter den mit Herstellung der Ausgangsmaterialien beschaftigten Ar- beitern in den grossen Farbwerken zu Hochst a. M. nach Grandhomme-) kcineswegs bedeutend. Raum. Zalil der Arbeiter. .n vier Jaliren Fabriks - Erl Absolut. irankungen. In Proc. der Arbeiter. Be- merkungen. Grandhomme Seite Nitrobenzol-. 96 5 5,2 Keine Nitro- 21 benzolverg. Anilin-. 116 18 15,5 Anilismus. 28 Anthracen-. ? 0 — 16 Noch giinstiger lautet die Statistik dcr Fabriks-Erkrankungen fiir diejenigen Arbeiter, welche in den Hochster Farbwerken aus den fertigen Rohprodukten die so genannten Anilinfarben her- stellen. 3 ) 1 ) Ueber eine sehr geringe Zalil gut beobachteter Palle von Yergiftung durch Pikrinsaure siehe den speciellcn Theil. 2 ) a. a. 0. auf den in der Tabelie angegebenen Seiten. 3 ) Grandhomme, a. a. 0. Vergl. die in den Tabellen angegebenen Seiten. Giftige Farben. 13 Raum. Arbeiter- zahl. Arbeiter in Jahren. Fabriks-Erl Absolut. [rankungen. In Proc. der Arbeiter. Beinerkungen. Grand¬ homme S. Rosanilin- . . ? ? 0 29 Fuchsin- . . . 396 9 31 7,8 Hauterkrank. 31 Blau-. 120 4 1 0,83 Anilismus. 36 Dahlia .... 88 4 0 0 _ 36 Grim- .... Eosin-(haupt- 84 4 0 0 — 37 saclilich) . 112 4 27 24,1 Hyperhidrosis (S. 11). 40 u. 121 Aber selbst dieser geringe Procentsatz an Erkrankungen wird durch geeignete sail it are Massregeln wesentlicb herabgedruckt, wie dies die Statistik der „Farbwerke“ in Hocbst ergiebt. 1 ) Jahr. Arbeiter- Bestand. Krankheit. Erkran Falle absolut. rungen. Falle in Proc. der Arbeiter. 1879 325 Anilismus. 13 4 1880 447 do. 18 4 1881 508 do. 17 3,3 1882 500 do. 7 1,4 Ordnet man endlich diejenigen Gewerbe, deren Arbeiter mit „Giften“ handtiren, nacli der Anzahl der gewerblichen Yergif- tungen, welche bei 100 innerlich erkrankten Arbeitern auftreten, so sind die Arbeiter in „Anilinfabriken a recbt giinstig gestellt 2 ). 1 ) Grandhomme, Die Theerfarben-Fabriken u. s. w. Heidelberg 1888. S 117, Tab. F. 13. — Die hygieniscben Massnahmen bestanden in verbesserter Ventilation der Arbeitsraume und in der Anordnung, dass die Arbeiter zwischen dem Aufenthalte in den eigentlichen Fabrikraumen und dem in freier Lnft haufiger als friiher abwechseln. — Siehe auch das Verbot der starken Chlorkalklosungen bei Hyperhidrosis (S. 40). 2 ) Vergl. Hirt, Krankheiten der Arbeiter. III. S. 266 (1875). — Die Zahl fiir die Anilinarbeiter habe ich nach den von Grandhomme a. a. 0. gegebenen Ma¬ terial ien auf folgende Weise berechnet: Nach Tab. F. 7 (Zusammenstellung S. 105) ergiebt sich: Krankheiten. Innerlich kranke Arbeiter der Alizarin-Fabrik. J Anilin-Fabrik. Infections-. 7 35 Ernahrung ....... 77 172 Gefasse . 5 12 Nerven. 16 56 Sinnes organ e . 28 63 Athmungsorgane .... 89 288 Verdauungsorgane . . . 103 339 Fabrikserkrankungen . . — 88 Sonstige .. 5 7 Summa . . . 330 1060 Also in Summa 330 -f- 1060 = 1390 innerlich Kranke. Dabei sind. 88 an gewerb- licher Vergiftung (Fabrikserkrankung) erkrankt. Dies giebt 6,3 pCt. 14 Allgemeiner Theil. Lfde. No. Von 100 innerlich er- krankten Arbeitern litten an ge- werb lichen Vergiftungen pCt. Bemerkungen, Art der Vergiftung etc. betreffend. 1. Vergolder. ____ 2. Zinkweissarbeiter . . — 3. Phosphorfabriken . . 2—8 Phosphorvergiftung. 4. Quecksilbergruben . 3—4 Quecksilber. 5. Anilinfabriken .... 6,3 Anilismus und Hyperliidrosis (S. 11) event Arsen. 6. Hutmacher ...... 7,5 Quecksilber. 7. Glaser.. 10 Blei (Arsen?). 8. Blaufarbenwerke . . 12,5 Arsen. 9. Kiinstl. Blumen . . . 15 Arsen (vor dem Reichsfarbengesetz!). 10. Schweinfurtergriin . . 20 Arsen. 11. Arsenikbergwerken . 20 Arsen. 12. Bleizuckerfabriken . 21 Blei. 18. Topfer .. 25 Blei. 14. Bleihiitten. 32 Blei. 15. Zinngiesser. 35 Blei und Arsen. 16. Schriftgiesser .... 35 Blei. 17. Tabackarbeiter . . . 15 mannl., Nicotin (?). 45 weibl. 18. Silberhiitten. 58 Blei. 19. Bleiweissfabriken . 68 Blei. Dr. Coster aussert sich liber die Gesundheitsverhaltnisse der Ar- beiter in Anilin-Fabriken folgendermaassen ’): „Man ist berechtigt zn sagen, dass die Arbeit in Anilinfarben- Fabriken, die gewohnlich fiir sehr gesundheitsgefahrlich gehalten wird, weil die Arbeiter dabei mit sehr viel giftigen StofFen arbeiten miissen, in keiner Weise.grossere Nachtheile mit sich bringt, als sie der Aufenthalt und die Arbeit in Fabriken iiberbaupt mit sich bringt, selbstverstandlich abgesehen yon den durch grobe Versehen entstandenen akuten Vergiftungen.“ Ans den hier mitgetheilten Thatsachen folgt, dass die Giftigkeit der Anilinfarben an den Iderstellern dieser Farben jedenfalls nicht zum Ausdruck kommt. § 3. Wirklich giftige Theertarben. Es bleibt zuletzt noch eine sehr geringe Zahl wirklich giftigcr Theer- farben iibrig. Die schadlichen Wirkungen der Pikrinsaure und ihrer Salze sind seit langer Zeit bekannt. l ) Amtliche Mittheilungen aus den Jahresberichten der mit Beaufsichtigung der Fabriken beauftragten Beamten. (Deutsches Reich.) IX. Jahrg. 1884. S. 124. Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformon. 15 Cazeneuve und Lepine 1 ) erkannten die Giftwirkung von Martius- gelb, Safranin und Methylenblau 2 ). Ich selbst 3 ) fiigte das Dinitro-Kresol (Safransurrogat) hinzu. § 4. Ungiftige Tlieerfarben. Nicht giftige Tlieerfarben sind nach Cazeneuve und Lepine’s 4 5 ) Versuchen an Hunden und Menschen Naphtholgelb S, sowie einige zur Weinfarbung benutzte Azofarbstoffe: Orange, Ponceau R, Pourpre und Jaune solide. Kaninchen yertragen nach Grandhomme 3 ): arsenfreies Fuchs in und andere Farben der Triphenylmethanreihe (Anilinfarben), ferner Eosin, Ery thro sin und Orange ohne jede Schadigung. Ebenso wenig traten nach Darreichungen von Buttergelb (Dimc- thylamidoazobenzol) bei Kaninchen Storungen auf 6 7 ). Die Giftigkeit von Aurantia ist controvers. Siehe hicruber im speziellen Theil. Kapitel III. Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformen. Trotz der auf den vorhergehenden Seiten angefuhrten Thatsachen, aus denen sich ergab, dass die Gefahr einer Yergiftung durch Anilin¬ farben, soweit die Erfahrungen bisher reichen, bedeutend iiber- schatzt sind, fanden sich die grossen Culturstaaten veranlasst, Gesetze gegen die Anwendung gemeiner Farben bei der Herstellung von Nahrungs- mitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenstanden zu erlassen. Die auf diesen Gegenstand beziiglichen Gesetze und Yerordnungen, sind — soweit sie mir zugiinglich waren 1 ) — am Schlusse dieses Kapitels abgedruckt. 1 ) Paul Cazeneuve, La coloration des vins. Paris 1886. 2 ) Bestatigt von P. Ehrlich (Berlin) nacli gefl. miindlicher Mittheilung. Yergl. auch die ausgedehnten Versuche desselben Autors iiber „neurotrope“ Farben in The- rapeut. Monatshefte. 1887. Marz. 3 ) Deutsche medic. Wochenschr. 1887. No. 45. — Berichte d. deutsch. chem. Ges. 1888. S. 512. — Bestatigung meiner Versuche durch Gerlach, Zeitschr. fur angew. Chemie. 1888. No. 12. 4 ) a. a. 0. 5 ) Die Theerfarbenfabriken in Hochst u. s. w. S. 35 ff. (1888). 6 ) Th. Weyl, Deutsche med. Wochenschr. 1887. No. 45. 7 ) Ich benutze gerne die Gelegenheit, um den Herren Carnelutti in Mailand, 0. Hehner in London und E. Ludwig in Wien auch an dieser Stelle verbind- lichsten Dank fiir Uebersendung der ihr Land betreffenden Gesetze etc. auszusprechen. 16 Allgemeiner Theil. Alle diese verschiedenen gesetzgeberischen Massnahmen yerfolgen dasselbe Ziel. Die Yerunreinigung der Nahrungsmittel, Genussmittel und Yerbrauchsgegenstande durch schadlicbe Farben soil vermieden wer¬ den. Der Weg, auf dem dieses Ziel erreicbt werden soli, ist ein drei- facher. Deutschland, Frankreich und Oesterreich machen diejenigen Stoffe namhaft, welche als schadlich nicht benutzt werden diirfen. England setzt die Strafe fur Yerunreinigung yon Nahrungsmitteln fest, ohne anzugeben, welche Stoffe als gesundheitsschadlich anzusehen sind. Italien scbliesst sich in dem Gesetzentwurfe, dessen Yerabschiedung demnachst bevorstebt, England an, bestimmt aber, dass die Fest- setzung der schadlichen Beimengungen durcb eine Yerordnung zu erfolgen babe, welche auf Grund des Gutachtens Sachver- standiger vom Minister des Innern zu erlassen ist. Eine Berechtigung lasst sich naturlich keinem dieser Gesetze ab- sprecben. Aber wenige Ueberlegungen werden zeigen, dass die Brauch- barkeit der gesetzlicben Massnahmen ebenso ungleich ist, wie das Gerechtigkeitsgefubl, welches in demselben zum Ausdrucke kommt. Das englische Gesetz bestraft mit 50 Pfd. Sterl. denjenigen, der Nahrungsmittel mit einem Material yermischt, farbt u. s. w., welches die Nahrung gesundheitsschadlich machen konnte. Im Wiederholungsfall muss sogar auf Gefangnissstrafe — und zwar bis zu 6 Monaten — erkannt werden. Den Englandern scheint dieses Gesetz zu geniigen. Wenigstens schreibt mir Herr Dr. 0. Hehner unterm 23. Juli d. J.: „Meines Wissens ist seit der Erlassung des Gesetzes von 1873 unter diesem Paragraphen (dem Seite 28 abgedruckten) kein einziger Fall vorgekommen. Anilinfarben, soweit sie nicht stark (sic!) arsenhaltig sind, werden nicht als gesundheitsschadlich angesehen. Auch fiber Ge- brauch yon Giftfarben in der Tapeten- oder Kattundruckerei existiren hier (d. h. in England) keinerlei Bestimmungen. Die Macht der offent- lichen Meinung und der Publicitat ist so gross, dass es Niemand wagen diirfte, grobgiftige Farben anzuwendenY Leider konnen wir uns in Deutschland auf die Macht der offentlichen Meinung und der Publicitat in Sachen der Nahrungsmittelverfalschung kaum verlassen. Wir werden ein Gesetz, das die Yerunreinigung und Verfalschung von Nahrungsmitteln straft, ohne diejenigen Stoffe aufzuzahlen, welche als gesundheitsschadlich anzusehen sind, weder als gerecht noch als praktisch ansehen konnen. Am einfachsten gestaltet sich die Judicatur in Oesterreich. Die verschiedenen Yerordnungen zahlen alle zum Farben von Nahrungsmitteln benutzbaren Stoffe auf und (s. Anhang Seite 32) bestrafen ausser- dem jeden Geschaftsmann, in dessen Arbeits- oder Yerkaufs- local irgendwie andere, „wie immer Namen habende Farbe“ vorgefunden werden! Auch § 6 der Yerordnung vom 1. Mai 1866 (s. Anhang) ist in praxi wohl schwer durchfiihrbar. Wie kann man einem Zuckerbackcr fur die Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformer!. 17 Verwendung einer Farbe verantwortlich machen, deren Schadlichkeit zur Zeit der Anwendung weder festgestellt noch yermuthet war! Dagegen durften sich gegen die osterreichische Yerordnung vom 1. Mai 1886 (S. 34) und gegen die auf S. 35 abgedruckte Yer- fiigung von einem bestimmten Standpunkte aus begriindete Einwendungen nicht machen lassen. Die V erordnung verbietet die An¬ wendung von Farbstoffen, welche durch cbemiscbe Einwirkungen aus Anilin oder aus anderen Theerbestandtheilen bergestellt werden. Jene Yerfiigung benimmt auch den geringsten Zweifel daran, dass die massgebende Behorde die Yerwendung alter Theerfarben fiir den bezeichneten Zweck untersagt! Die Begrundung dieses Yerbotes ist eine durchaus sachge masse. Es kommen viele Theerfarben in den Handel, dies ist der Sinn jener Deklaration, deren Einwirkung auf den menschlichen Organismus unbe- kannt ist, deren Yerunreinigungen ,,gesundheitsbedenklich a sind. Solcbe Stoffe diirfen bei Herstellung von Nahrungs- und Genuss- mitteln nicht verwandt werden. Oesterreicbs Gesetzgebung ist die radicalste auf unserem Gebiete. Es ist anzunebmen, dass die Principien, welche bisher nur auf admini¬ strate em Wege zur Geltung gebracht sind, in Kurzem durch die feier- lichere Form eines Gesetzes sanctionirt werden. Weniger einschneidend als die osterreichische ist die deutsche und franzosische Gesetzgebung. Das deutsche Gesetz verbietet die Anwendung gewisser, nament- lich aufgefuhrten Farben und gestattet daher die Benutzung aller ubrigen, deren Namen im Gesetze fehlen. In Frankreich sind neben den schadlichen und verbotenen auch die unschadlichen und daher erlaubten Farben durch Gesetz bestimmt'). Ohne Zweifel haben diese beiden Gesetze, welche die bis zu einer bestimmten Zeit erworbenen Ergebnisse toxicologischer und chemischer Forschung zum Ausdruck bringen, der offentlichen Gesundheit einen grossen Dienst geleistet. Namentlich iiber die Wirkung anorganischer Farben auf den thierischen Organismus sind wir geniigend genau unterrichtet. Die nachste Zukunft diirfte hier kaum eine Aenderung nothwendig machen. Anders steht es mit den organischen Farben. Die chemische Technik arbeitet mit Riesenschritten. Sie bringt neue Farben in Masse an den Markt. Sie braucht nach der Wirkung dieser Farben auf den menschlichen Organismus nicht zu fragen. Ist der neue Farbstoff schoner als seine Yorganger, ist er dabei billig, so wirft der Fabrikant die bisher benutzten Farben iiber Bord. Dies wird ihm durch Gesetz nicht untersagt. Er wird sogar freigesprochen werden, wenn er eine der im Gesetz fehlenden Substanzen verkauft oder verwendet, auch wenn diese sich nachtraglich als giftig herausgestellt hat. ') Die Yerordnung des Magistrats von Mailand (S. 30), welche inir wahrend des Druckes durch Herrn Dr. Carnelutti freundlichst iibersandt wurde, gestattet die Anwendung ganz bestimmter, namentlich aufgefiihrter Theerfarben. Wcyl, Theerfarben. o 18 Allgemeincr Theil. Charakteristisch fur diesen Rechtszustand diirfte jene (S. 22) abgedruckte Bekanntmachung der Handelskammer zu Sonneberg sein. Diese Behorde empfielilt die Benutzung von drei Farben zur Herstellung von Kinderspielzeug, deren Giftigkeit ich nach- weisen kann. Diese Farben sind Martiusgelb, Safranin und Phenylenbraun (Bismarckbraun). Natiirlich kann sich die Handelskammer nur an das Gesetz halten. Und dieses fuhrt die genannten Stoffe nicht auf. Aber auch den Gesetz- geber trifft keine Schuld. Denn jene Thatsachen, auf welche ich Bezug nehme, waren zu der Zeit, als das Gesetz beratben wurde, nocli nicht erhoben worden. Jedenfalls muss hier Wandel geschafft werden. Es kann dies in doppelter Weise geschehen. Entweder: die Benutzung alter Theerfarben bei der Her¬ stellung von Nahrungs- und Genussmitteln wird untersagt. Oder: im Anschlusse an den italienischen' Gesetzentwurf be- richtet eine Commission von Medicinern und Chemikern von Zeit zu Zeit auf Grund angestellter Yersuche liber die fur den fraglichen Zweck tauglichen und nicht tauglichen Farben. Auf Grund dieses Berichtes verfugi der Bundesrath das geeignete. Untersagt man die Anwendung alter Theerfarben, wie dies von der Reichsregierung in dem Gesetzentwurf betrelfend den Yerkehr mit Wein vorgeschlagen wird, so ist die Schwierigkeit auf das einfachste gelost. Dann batten wir in Deutschland diejenigen Yerhaltnisse, welche in Oesterreich durch jene oben erwahnte Yerordnung (S. 17) bereits er- reicht sind. Yiel grossere Schwierigkeiten bietet natiirlich die zweite Form der Losung. Erspriessliches konnte jene Commission nur leisten, wenn jeder neue Farbstoff auf seine toxischen Eigenschaften gepriift werden miisste, bevor er in den Handel kommt! Jedenfalls wird die gesammte Materie in nachster Zeit eine Neuordnung erfahren miissen — vielleicht in Gestalt eines fiir das ganze Reich geltenden Giftgesetzes. Hierauf komme ich in einem spateren Abschnitte dieses Buches zuriick. Anhang. Gesetze und Verordnungen betreffend die Anwendung von Farben bei Herstellung von Nahrungsmitteln u. s. w. 1. I>eu.tsclilancL. No. I. Gesetz, betreffend die Yerwendung gesundheitsschadlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchs- gegenstanden. Yom 5. Juli 1887. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, Konig von Preussen etc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundes¬ rath s und des Reichstags, was folgt: Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformen. 19 §• i. Gesundheitsschadliche Farben diirfen zur Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln, welche zum Yerkauf bestimmt sind, niclit verwendet werden. Gesundheitsschadliche Farben im Sinne dieser Bestimmung sind diejenigen Farbstoffe und Farbzubereitungen, welche: Antimon, Arsen, Baryum, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Uran, Zink, Zinn, Gummigutti, Korallin, Pikrinsaure enthalten. Her Beichskanzler ist ermachtigt, nahere Yorschriften fiber das bei der Feststellung des Vorhandenseins von Arsen und Zinn anzuwendende Verfahren zu erlassen. §• 2 . Zur Aufbewahrung oder Yerpackung von Nahrungs- und Genuss- mitteln, welche zum Yerkauf bestimmt sind, diirfen Gefiisse, Umhullungen oder Schutzbedeckungen, zu deren Herstellung Farben der im §. 1 Ab- satz 2 bezeichneten Art verwendet sind, nicht benutzt werden. A uf die Yerwendung von schwefelsaurem Baryum (Schwerspath, blanc fixe), Barytfarblacken, welche von kohlensaurem Baryum frei sind, Chromoxyd, Kupfer, Zinn, Zink und deren Legirungen als Metallfarben, Zinnober, Zinnoxyd, Schwefelzinn als Musivgold, sowie auf alle in Glasmassen, Glasuren oder Emails eingebrannte Farben und auf den ausseren Anstrich von Gefassen aus wasserdichten Stoffen findet diese Bestimmung nicht Anwendung. §. 3. Zur Herstellung von kosmetischen Mitteln (Mitteln zur Reinigung, Pflege oder Farbung der Haut, des Haares oder der Mundhohle), welche zum Yerkauf bestimmt sind, diirfen die im §. 1 Absatz 2 bezeichneten Stoffe nicht verwendet werden. Auf schwefelsaures Baryum (Schwerspath, blanc fixe), Schwefel- cadmium, Chromoxyd, Zinnober, Zinkoxyd, Zinnoxyd, Schwefelzink, sowie auf Kupfer, Zinn, Zink und deren Legirungen in Form von Puder findet diese Bestimmung nicht Anwendung. §• 4 . Zur Herstellung von zum Yerkauf bestimmten Spielwaaren (ein- schliesslich der Bilderbogen, Bilderbiicher und Tuschfarben fiir Kinder), Blumentopfgittern und kiinstlichen Christbaumen diirfen die im §. 1 Absatz 2 bezeichneten Farben nicht verwendet werden. Auf die im §. 2 Absatz 2 bezeichneten Stoffe, sowie auf Schwefelantimon und Schwefelcadmium als Farbemittel der Gummimasse, Bleioxyd in Firniss, Bleiweiss als Bestandtheil des sogenannten Wachsgusses, jedoch nur, sofern dasselbe nicht ein Gewichtstheil in 100 Gewichts- theilen der Masse iibersteigt, 2 * 20 Allgememer Theil. chromsaures Blei (fur sich oder in Verbindung mit schwefel- saurem Blei) als Oel- oder Lackfarbe oder mit Lack- oder Firnissiiberzug, die in Wasser unloslichen Zinkverbindungen, bei Gummispiel- waaren jedoch nur, soweit sie als Farbemittel der Gummi- masse, als Oel- oder Lackfarben oder mit Lack- oder Firniss- iiberzug verwendet werden, alle in Glasuren oder Emails eingebrannten Farben findet diese Bestimmung nicht Anwendung. Soweit zur Herstellung yon Spielwaaren die in den §§. 7 und 8 bezeichneten Gegenstande verwendet werden, linden auf letztere lediglich die Yorscbriften der §§. 7 und 8 Anwendung. §* 5 ‘ Zur Herstellung von Buch- und Steindruck auf den in den §§. 2 3 und 4 bezeichneten Gegenstanden diirfen nur solcbe Farben nicht ver¬ wendet werden, welche Arsen enthalten. §. 6 . Tuschfarben jeder Art diirfen als frei von gesundheitsschadlichen Stoffen beziehungsweise giftfrei nicht verkauft oder feilgehalten werden, wenn sie den Yorscbriften im §. 4 Absatz 1 und 2 nicht entsprechen. Zur Herstellung von zum Verkauf bestimmten Tapeten, Mobelstoffen, Teppichen, Stoffen zu Yorhangen oder Bekleidungsgegenstanden, Masken, Kerzen, sowie kiinstlichen Blattern, Blumen und Friichten diirfen Farben, welche Arsen enthalten, nicht verwendet werden. Auf die Yerwendung arsenhaltiger Beizen oder Fixirungsmittel zum Zweck des Farbens oder Bedruckens von Gespinnsten oder Geweben lindet diese Bestimmung nicht Anwendung. Doch diirfen derartig be- arbeitete Gespinnste oder Gewebe zur Herstellung der im Absatz 1 be¬ zeichneten Gegenstande nicht verwendet werden, wenn sie das Arsen in wasserloslicher Form oder in solcher Menge enthalten, dass sich in 100 Quadratcentimeter des fertigen Gegenstandes mehr als 2 Milligramm Arsen vorfmden. Der Reichskanzler ist ermachtigt, nahere Yorschriften fiber das bei der Feststellung des Arsengehaltes anzuwendende^Yerfahren zu erlassen. §. 8 . Die Yorschriften des §. 7 finden auch auf die Herstellung von zum Yerkauf bestimmten Schreibmatenalien, Dampen- und Lichtschirmen sowie Lichtmanschetten Anwendung. Die Herstellung der Oblaten unterliegt den Bestimmungen im §. 1, jedoch sofern sie nicht zum Gcnusse bestimmt sind, mit der Massgabe, dass die Yerwendung von schwefelsaurem Baryum (Schwerspath, blanc fixe), Chromoxyd und Zinnober gestattet ist. §• 9. Arsenhaltige Wasser- oder Leimfarben diirfen zur Herstellung des Anstrichs von Fussboden, Decken, Wanden, Thiiren, Fenstern der Wohn- oder Geschiiftsraume, von Roll-, Zug- oder Klappladen oder Yorhangen, von Mo belli und sonstigen hauslichen Gebrauchsgegenstanden nicht ver¬ wendet werden. Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformen. ‘21 §. 10 . Auf die Verwendung von Farben, welche die irn §. 1 Absatz 2 bc- zeichneten Stoffc nicht als konstituirende Bestandtheilc, sondern nur alsVer- unreinigungcn, und zwar hochstens in einer Menge entbalten, welche sich bei den in der Technik gebrauchlichen Darstellungsvcrfahren nicht ver- meiden lasst, fmden die Bestimmungen der §§. 2 bis 9 nicht Anwendung. §• 11 . Auf die Farbung von Peizwaaren finden die Vorschriften dieses Gesetzes nicht Anwendung. §. 12 . Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfiinfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer den Vorschriften der §§. 1 bis 5, 7, 8 und 10 zuwider Nahrungsmittel, Genussmittel oder Gebrauchsgegenstande her- stellt, aufbewahrt oder verpackt, oder derartig hergestellte, auf- bewahrte oder verpackte Gegenstande gewerbsmassig verkauft oder feilhalt; 2. wer der Vorschrift des §. 6 zuwiderhandelt: 3. wer der Vorschrift des §. 9 zuwiderhandelt, imgieichen wer Gegenstande, welche dem §. 9 zuwider hergestellt sind, gewerbs¬ massig verkauft oder feilhalt. §. 13. Neben der im §. 12 vorgesehenen Strafe kann auf Einziehung der verbotswidrig hergestellten, aufbewahrten, verpackten, verkauften oder feilgehaltenen Gegenstande erkannt werden, ohne Unterschied, ob sic dem Verurtheilten gehoren oder nicht. 1st die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausfiihrbar, so kann auf die Einziehung selbstandig erkannt werden. §. 14. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungs- mitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenstanden, vom 14. Mai 1879 (Peichs-Gesetzbl. S. 146) bleiben unberiihrt. Die Vorschriften in don §§. 16, 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandiungen gegen die Vor¬ schriften des gegenwartigen Gesetzes Anwendung. §. 15. . Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Mai 1888 in Kraft; mit demselben Page tritt die Kaiserliche Verordnung, betreffend die Verwendung giftiger Farben, vom 1. Mai 1882 (Reichs-Gesetzbl. S. 55) ausser Kraft. Urkundlich unter Unserer Hochsteigenhandigen Unterschrift und bei- gedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Bad Ems, den 5. Juli 1887. (E. S.) Wilhelm. von Boetticher. No. II. Die Handels- und Gewer bekammer zu Sonne berg erlautert in einer Bekanntmachung vom 4. Dezember 1887 diejenigen Punkte des Gesetzes vom 5. Juli 1887, betreffend die Verwendung ge- sundheitsschadlicher Farben, welche die Horstellung von Spielwaaren betreffen und stellt am Schlusse derselben diejenigen Farben zusammen, 22 Allgemeiner Theil. welche auf Grund des oben citirten Reichsgesetzes und fur den bczcich- neten Zweck obne Einschrankung verwendet werden diirfen. Diesc Farben sind: .... von Anilinfarben (d. h. Theerfarben Ref.) alle blauen, violetten Farbstoffe, ferner alle Ponceau’s, alle orangefarbenen Farbstoffe, dann u. a. Methylgriin, Brillantgriin, Malachitgriin, Chry- soidin, Naphtholgelb, Martiusgelb, Eosin, Pbloxin, Safranin, Erythrosin, Fuchsin, Phenylenbraun und Anilinscbwarz 1 ). No. III. Bekanntmachung, betreffend die Untersuchung von Farben, Gespinnsten und Geweben auf Arsen und Zinn. Vom 10. April 1888. Auf Grund der Vorschriften im § 1 Absatz 3 und §. 7 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend die Verwendung gesundheitsschadlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchs- gegenstanden, vom 5. Juli 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) bestimme ich, dass bei der Feststellung des Yorhandenseins von Arsen und Zinn in den zur Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln verwendeten Farben und bei der Ermittelung des Arsengehaltes der unter Benutzung arsenbaltiger Beizen hergestellten Gespinnste und Gewebe nacb Massgabe der beiliegenden Anleitung zu verfabren ist. Berlin, den 10. April 1888. Der Stellvertreter des Reichskanzlers. v. Boetticher. Anlage. Anleitung fiir die Untersuchung von Farben, Gespinnsten und Geweben auf Arsen und Zinn (§. 1 Absatz 3, §.7 Absatz 2 des Gesetzes, be¬ treffend die Verwendung gesundheitsschadlicher Farben bei der Her¬ stellung von Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenstanden, vom 5. Juli 1887). A. Vcrfaliren zur Feststellung: des Yorliandenseius you Arseu und Zinn in gcfarfoten Nalirungs- und Genussmitteln (§. 1 des Gesetzes). I. Feste Korper. 1. Bei festen Nahrungs- oder Genussmitteln, welche in der Masse gefarbt sind, werden 20 gr in Arbeit genommen, bei oberflachlich gefiirbten wird die Farbe abgeschabt und ist soviet des Abschabsels in Arbeit zu nehmen, als eincr Menge von 20 g des Nahrungs- oder Genussmittels ent- spricht. Nur wenn solche Mengen nicht verfiigbar gemacht werden konnen, darf die Prufung auch an geringeren Mengen vorgenommen werden. 2. Die Probe ist durch Reiben oder sonst in geeigneter Weise fein zu zertheilen und in einer Schale aus echtem Porzellan mit einer zu messenden Menge reiner Salzsaure von 1,10 bis 1,12 spez. Gewicht und soviet destillirtem Wasser zu versetzen, dass das Verhaltniss der Salz¬ saure zum Wasser etwa wie 1 zu 3 ist. In der Regel werden 25 ccm Salzsaure und 75 ccm Wasser dem Zweckc entsprechen. Man setzt nun 0,5 g chlorsaures Kalium hinzu, bringt die Schale l ) Sielie Veroffentlichungen d. Kaiserl. Gesundheitsamtes. 1888. S. 132 (No. 8). Gesetze gegen die Anwcndung giftiger Farben. — Reformen. 23 auf ein Wasserbad und fiigt— sobald ihr Inhalt die Temperatur desWasser- bades angenommen hat — von 5 zu 5 Minuten weitere klcine Mengen von chlorsaurem Kalium zu, bis die Fliissigkeit hellgelb, gleichformig und diinn- fliissig geworden ist. In der Regel wird ein Zusatz von im ganzen 2 g dcs Salzes dem Zwecke entsprechen. Das verdampfende Wasser ist dabei von Zeit zu Zeit zu ersetzen. Wenn man den genannten Punkt erreicht hat, so fiigt man nochmals 0,5 g chlorsaures Kalium hinzu und nimmt die Schale als- dann von dem Wasserbade. Nach volligem Erkalten bringt man ihren Inhalt auf ein Filter, lasst die Fliissigkeit in eine Kochflasche von etwa 400 com vollig ablaufen und erhitzt sie auf dem Wasserbade, bis der Geruch nach Chlor nahezu verschwunden ist. Das Filter sammt dem Riickstande, welcher sich in der Regel zeigt, wascht man mit heissem Wasser gat aus, verdampft das Waschwasser im Wasserbade bis auf etwa 50 ccm und vereinigt diese Fliissigkeit sammt einem etwa darin entstandenen Niederschlage mit dem Hauptfiltrate. Man beachte, dass die Gesammt- menge der Fliissigkeit mindestens das Sechsfache der angewendeten Salzsaure betragen muss. Wenn z. B. 25 ccm Salzsaure verwendet wurden, so muss das mit dem Waschwasser vereinigte Filtrat mindestens 150, besser 200 bis 250 ccm betragen. 3. Man leitet nun durch die auf 60 bis 80° C. erwarmte und auf dieser Temperatur erhaltene Fliissigkeit 3 Stunden lang einen langsamen Strom von reinem, gewaschenem Schwefelwasserstoffgas, lasst hierauf die Fliissigkeit unter fortwahrendem Einleiten des Gases erkalten und stellt die dieselbe enthaltende Kochflasche, mit Filtrirpapier leicht be- deckt, mindestens 12 Stunden an einen massig warmen Ort. 4. Ist ein Niederschlag entstanden, so ist derselbe auf ein Filter zu bringen, mit schwefelwasserstoffhaltigem Wasser auszuwaschen und dann in noch feuchtem Zustande mit massig gelbem Schwefelammonium zu behandeln, welches vorher mit etwas ammoniakalischem Wasser ver- diinnt worden ist. In der Regel werden 4 ccm Schwefelammonium, 2 ccm Ammoniakfliissigkeit von 0,96 spez. Gewicht und 15 ccm Wasser dem Zwecke entsprechen. Den bei der Behandlung mit Schwefelammonium verbleibenden Riickstand wascht man mit schwefelammoniumhaltigem Wasser aus und verdampft das Filtrat und das Waschwasser in einem tiefen Porzellanschalchen von etwa 6 cm Durchmesser bei gelinder Warmc bis zur Trockne. Das nach der A^erdampfung Zuriickbleibende iibergiesst man, unter Bedeckung der Schale mit einem Uhrglaso, mit etwa 3 ccm rother, rauchender Salpetersaure und dampft dieselbe bei gelinder Warme behutsam ab. Erhalt man hierbei einen im feuchten Zustande gelb er- scheinenden Riickstand, so schreitet man zu der sogleich zu beschreiben- den Behandlung. Ist der Riickstand dagegen dunkel, so muss er von neuem so lange der Einwirkung von rother, rauchender Salpetersaure aus- gesetzt werden, bis er im feuchten Zustande gelb erscheint. 5. Man versetzt den noch feuchten Riickstand mit fein zerriebenem kohlensaurem Natrium, bis die Masse stark alkalisch reagirt, fiigt 2 g eines Gemenges von 3 Theilen kohlensaurem mit 1 Theil salpetersaurem Natrium hinzu und mischt unter Zusatz von etwas Wasser, so dass eine gleichartige, breiige Masse entsteht. Die Masse wird in dem Schalchen getrocknet und vorsichtig bis zum Sintern oder beginnenden Schmelzen 24 Allgemeiner Tlieil. erhitzt. Eine weitergehende Steigerung der Temporatur ist zu vermeiden. Man erhalt so eine farblose oder weisse Masse. Sollte dies ausnahms- wcise nicht der Fall sein, so fiigt man noch etwas salpetersaures Na¬ trium hinzu, bis der Zweck erreicht ist. 1 ) 6. Die Schmelze weicht man in gelinder Warme mit Wasser auf und filtrirt durch ein nasses Filter. 1st Zinn zugegen, so befindet sich dieses nun im Riickstande auf dem Filter in Gestalt weissen Zinnoxyds, wahrend das Arsen als arsensaures Natrium im Filtrat enthalten ist. Wenn ein Ruckstand auf dem Filter yerblieben ist, so muss beriicksich- tigt werden, dass auch in das Filtrat kleine Mengen Zinn iibergegangen sein konnen. Man wascht den Riickstand einmal mit kaltem Wasser, dann dreimal mit einer Miscbung von gleichen Theilen Wasser und Alkohol aus, dampft die Waschlliissigkeit soweit ein, dass das mit dieser vereinigte Filtrat etwa 10 com betragt und fiigt verdiinnte Salpetersaure tropfenweise hinzu, bis die Fliissigkeit eben sauer reagirt. Sollte hierbei ein geringer Niederscblag von Zinnoxydhydrat entstehen, so filtrirt man denselben ab und wascht ihn wie oben angegeben aus. Wegen der weiteren Behandlung znm Nachweise des Zinns vgl. No. 10. 7. Zum Nachweise des Arsens wird dasselbe zunachst in arsen- molybdansaures Ammonium iibergefiihrt. Zu diesem Zwecke vermischt man die nach obiger Yorschrift mit Salpetersaure angesauerte, durch Erwarmen von Kohlensaure und salpetriger Siiure befreite, darauf wieder abgektihlte, klare (nothigenfalls filtrirte) Losung, welche etwa 15 ccm betragen wird, in einem Kochfiaschchen mit etwa gleichem Raumtheile einer Auflosung von molybdansaurem Ammonium in Salpetersaure 2 ) und lasst zunachst 3 Stunden ohne Erwarmen stehen. Enthielte namlich die Fliissigkeit in Folge mangelhaften Auswaschens des Schwefelwasserstoff- Niederschlages etwas Phosphorsaure, so wiirde sich diese als phosphor- molybdansaures Ammonium abscheiden, wahrend bei richtiger Ausfiihrung der Operationen ein Niederschlag nicht entsteht. 8. Die klare bezw. filtrirte Fliissigkeit erwarmt man auf dem Wasserbade, bis sie etwa 5 Minuten lang die Temperatur des Wasser- bades angenommen hat. 3 ) Ist Arsen vorhanden, so entsteht ein gelber Niederschlag von arsenmolybdansaurem Ammonium, neben welchem sich meist auch weisse Molybdansaure ausscheidet. Man giesst die Fliissigkeit nach einstiindigem Stehen durch ein Filterchen von dem der Hauptsache nach in der kleinen Kochflasche verbleibenden Niederschlage ab, wascht diesen zweimal mit kleinen Mengen einer Mischung von 100 Theilen Molybdanlosung, 20 Theilen Salpetersaure von 1,2 spez. Gewicht und 80 Theilen Wasser aus, lost ihn dann unter Erwarmen in^ 2 bis 4 ccm wassriger Ammonfliissigkeit von etwa 0,96 spez. Gewicht, fiigt etwa 9 Sollte die Schmelze trotzdem schwarz bleiben, so riihrt dies in der Regel von einer geringen Menge Kupfer her, da Schwefelkupfer in Schwefelammonium nicht ganz nnloslich ist. 2 ) Die oben bezeichnete Fliissigkeit wird erhalten, indem man 1 Theil Molybdan¬ saure in 4 Theilen Ammoniak von etwa 0,96 spec. Gewicht lost und die Losung in 15 Theile Salpetersaure von 1,2 spec. Gewicht giesst. Man lasst die Fliissigkeit dann einige Tage in massiger Warme stehen und zieht sie, wenn nothig, klar ab. 3 ) Am sichersten ist es, das Erhitzen so lange fortzusetzen, bis sich Molybdan¬ saure auszuscheiden beginnt. Gesetze gegen die Anwendung gifiiger Farbcn. — Reformer!. 25 4 ccra Wasser hinzu, giesst, wenn erforderlich, nochmals durch das Filterchen, setzt */ 4 Raumtheil Alkohol und dann 2 Tropfen Chlormag- nesium-Chlorammonium-Losung hinzu. Das Arsen scheidet sich sogleich oder beim Steben in der Kalte als weisses, mehr oder weniger krystalli- nisches arsensaures Ammonium-Magnesium ab, welches abzufiltriren und mit einer moglichst geringen Menge einer Mischung y'on 1 Theil Ammo- niak, 2 Theilen Wasser und 1 Theil Alkohol auszuwaschen ist. 9. Man lost alsdann den Niederschlag in einer moglichst kleinen Menge verdiinnter Salpetersaure, verdampft die Losung bis auf einen ganz kleinen Rest und bringt einen Tropfen auf ein Porzellanschalchcn, einen anderen auf ein Objektglas. Zu ersterem fiigt man einen Tropfen einer Losung yon salpetersaurem Silber, dann vom Rande aus einen Tropfen wassriger Ammonfliissigkeit von 0,96 spez. Gewicht; ist Arsen vorhanden, so muss sich in der Beriihrungszone ein rothbrauner Streifen von arsensaurem Silber bilden. Den Tropfen auf dem Objektglase macht man mit einer moglichst kleinen Menge wassriger Ammonfliissigkeit alkalisch; ist Arsen vorhanden, so entsteht sogleich oder sehr bald ein Niederschlag von arsensaurem Ammonmagnesium, der, unter dem Mikro- skope betrachtet, sich als aus spiessigen Krystallchen bestehend erweist. 10. Zum Nachweise des Zinns ist das, oder sind die das Zinn- oxyd enthaltenden Filterchen zu trocknen, in einem Porzellantiegelchen einzuaschern und demnachst zu wagen. 1 ) Nur wenn der Riickstand (nach Abzug der Filterasche) mehr als 2 mg betragt, ist eine weitere Unter- suchung auf Zinn vorzunehmen. In diesem Falle bringt man den Riick¬ stand in ein Porzellanschiffchen, schiebt dieses in eine Rohre von schwer schmelzbarem Glase, welche vorn zu einer langen Spitze mit feiner Oeffnung ausgezogen ist, und erhitzt in einem Strom reinen, trocknen Wasserstoffgases bei allmalig gesteigerter Temperatur, bis kein Wasser mehr auftritt, bis somit alles Zinnoxyd reduzirt ist. Man lasst im Wasserstoffstrom erkalten, nimmt das Schiffchen aus der Rohre, neigt es ein wenig, bringt wenige Tropfen Salzsaure von 1,10 bis 1,12 spez. Gewicht in den unteren Theil desselben, schiebt es wieder in die Rohre, leitet einen langsamen Strom Wasserstoff durch dieselbe, neigt sie so, dass die Salzsaure im Schiffchen mit dem reducirten Zinn in Beriihrung kommt, und erhitzt ein wenig. Es lost sich dann das Zinn unter Entbindung von etwas Wasserstoff in der Salzsaure zu Zinnchloriir. Man lasst im Wasserstoffstrom erkalten, nimmt das Schiffchen aus der Rohre, bringt nothigenfalls noch einige Tropfen einer Mischung von 3 Theilen Wasser und 1 Theil Salzsaure hinzu und priift Tropfen der erhaltenen Losung auf Zinn mit Quecksilberchlorid, Goldchlorid und Schwefelwasserstoff, und zwar mit letzterem vor und nach Zusatz einer geringen Menge Bromsalzsaure oder Chlorwasser. Bleibt beim Behandeln des Schiffchen-Inhalts ein schwarzer Riick¬ stand, der in Salzsaure unloslich ist, so kann derselbe Antimon sein. 9 Sollte der Riickstand in Folge eines Gehaltes an Kupferoxyd schwarz sein, so erwarmt man ihn mit Salpetersaure, verdampft im Wasserbad zur Trockne, setzt einen Tropfen Salpetersaure, und etwas Wasser zu, filtrirt, wascht aus, gliiht und wagt erst dann. ‘26 Allgemeiner Thcil. II. Fliissigkeiten, Fruchtgelces u. dgl. 11. Von Fliissigkeiten, Fruchtgelces und dergleichen ist einc solohe Mcngc abzuwagen, class die darin enthaltene Trockensubsanz ctwa ‘20 g betragt, also z. B. yon Himbeersyrup etwa 30 g, von Johannisbeergelbe etwa 35 g, von Rothwein, Essig oder dergleichen etwa 800 bis 1000 g. Nur wenn solche Mengen nicht verfiigbar gemacht werden konnen, darf die Prdfung aucli an einer geringeren Menge vorgenommen werden. 12. Fruchtsafte, Gelees und dergleichen werden genau nach Ab¬ schnitt 1 mit Salzsaure, chlorsaurem Kalium u. s. w. behandelt; diinne, nicht sauer reagirende Fliissigkeiten konzentrirt man durch Abdampfen bis auf einen kleinen Rest und behandelt diesen nach Abschnitt I mit Salzsaure und chlorsaurem Kalium u. s. w.; diinne, sauer reagirende Fliissigkeiten aber destillirt man bis auf einen geringen Ruckstand ab und behandelt diesen nach Abschnitt I mit Salzsaure, chlorsaurem Kalium u. s. w. — In das Destillat leitet man nach Zusatz von etwas Salzsaure ebenfalls Schwefelwasserstoff und vereinigt einen etwa entstehenden Niederschlag mit dem nach No. 3 zu erhaltenden. B. Yerfahren zur Feststellimg des Arsen gelialts in Gespinnsten oder Geweben (§.7 des Gesetzes). 13. 1 ) Man zieht 30 g des‘zu untersuchenden Gespinnstes oder Gcwebes, nachdem man dasselbe zerschnitten hat, drei bis vier Stunden king mit destillirtem Wasser bei 70 bis 80 °C. aus, filtrirt die Fliissig- keit, wascht den Ruckstand aus, clampft Filtrat und Waschwasser bis auf etwa 25 ccm ein, lasst erkalten, ftigt 5 ccm reine konzentrirte Schwefei- saure hinzu und priift die Flussigkeit im Marslrschen Apparat unter Amvendung arsenfreien Zinks auf Arsen. Wird ein Arsenspiegel erhalten, so war Arsen in wasserlos- licher Form in dem Gespinnste oder Gewebe vorhanden. 14. Ist cler Yersuch unter No. 13 negativ ausgefallen, so sind weitere 10 g des Stoffes anzuwenden und dem Flacheninhalte nach zu bestimmen. Bei Gespinnsten ist der Flacheninhalt durch Vergleichung mit einem Gewebe zu ermitteln, welches aus einem gleichartigen Ge¬ spinnste derselben Fadenstarke hergestellt ist. 15. Wenn die nach No. 13 und 14 erforderlichen Mengen des Ge¬ spinnstes oder Gewebes nicht verfiigbar gemacht werden konnen, diirfen die [Jntersuchungen an geringeren Mengen, sowie im Falle der No. 14 auch an einem Theile des nach No. 13 untersuchten, mit Wasser aus- gezogenen, wiecler getrockneten Stoffes vorgenommen werden. 16. Das Gespinnst oder Gewebe ist in kleine Stiicke zu zerschneiden, welche in cine tubulirte Retorte aus Kaligias von 400 ccm Inhalt zu bringen und mit 100 ccm reiner Salzsaure von 1,19 spez. Gewicht zu iibergiessen sind. Der Hals der Retorte sei ausgezogen und in stumpfem Winkel gebogen. Man stellt dieselbe so, class cler an den Bauch stossende Theil des Halses schief aufwarts. der andere Theil etwas schrag abwarts l ) Es bleibt dem Untersuchenden unbenommen, vorweg mit dem Marsh’schen Appa- rate an einer gentigend grossen Probe festzustellen, ob iiberhaupt Arsen in dem Ge¬ spinnste oder Gewebe vorhanden ist. Bei negativem Ausfalle eines solchen Yersuches pedarf es nicht der weiteren Priifungen nach No. 13 etc., 16 etc. Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformer!. 27 gerichtet ist. Letzteren schicbt man in die Kiihlrohrc eines Liebig- schen Kiihlapparates und schliesst die Beriihrungsstelle mit einem Stiicke Kautschukschlauch. Die Kiihlrohre fiihrt man luftdicht in eine tubulirtc Yorlage von etwa 500 ccm Inhalt. Die Yorlage wird mit etwa 200 ccm Wasser beschickt und, urn sie abzuklihlen, in eine mit kaltem Wasser gefullte Schale eingetaucht. Den Tubus der Yorlage verbindet man in geeigneter Weise mit einer mit Wasser beschickten Peligot’schen Rohre. 17. Nach Ablaut von etwa einer Stunde bringt man 5 ccm einer aus Krystallen bereiteten kaltgesattigten Losung von arsenfreiem Eisen- chloriir in die Retorte und erhitzt deren Inhalt. Nachdem der iiber- schiissige Ohlorwasserstolf entwichen, steigert man die Temperatur, so dass die Fliissigkeit ins Kochen kommt und destillirt, bis der Inhait starker zu steigen beginnt. Man lasst jetzt erkalten, bringt nochmals 50 ccm der Salzsaure von 1,19 spez. Gewicht in die Retorte und destillirt in gleicher Weise ab. 18. Die durch organische Substanzen braun gefarbte Flussigkeit in der Yorlage vereinigt man mit dem Inbalt der Peligot’schen Rohre, verdiinnt mit destillirtem Wasser etwa auf 600 bis 700 ccm und leitet, anfangs unter Erwarmen, dann in der Kalte, reines Schwefelwasser- stoffgas ein. 19. Nach 12 Stunden filtrirt man den braunen zum Theil oder ganz aus organischen Substanzen bestehenden Niederscblag auf einem Asbestfilter ab, welches man durch entsprechendes Einlegen von Asbest in einen Tricbter, dessen Rohre mit einem Glashahn versehen ist, her- gestellt hat. Nach kurzem Auswaschen des Niederschlags schliesst man den Hahn und behandelt den Mederschlag in dem Trichter unter Be- decken mit einer Glasplatte oder einem Uhrglas mit wenigen ccm Brom- salzsaure, welche durch Auflosen von Brom in Salzsaure von 1,19 spez. Gewicht hergestellt worden ist. Nach etwa halbstiindiger Einwirkung lasst man die Losung durch Oeffnen des Hahns in den Fallungskolben abfliessen, an dessen Wanden haufig noch geringe Antheile des Schwefel- wasserstoff-Niederschlages haften. Den Riickstand auf dem Asbestfilter wascht man mit Salzsaure von 1,19 spez. Gewicht aus. 20. In dem Kolben versetzt man die Flussigkeit wieder mit iiber- schiissigem Eisenchloriir und bringt den Kolbeninhalt unter Nachspiilen mit Salzsaure von 1,19 spez. Gewicht in eine entsprechend kleinere Retorte eines zweiten, im iibrigen dem in No. 16 beschriebenen gleichen Destillirapparates, destillirt, wie in No. 17 angegeben, ziemlich weit ab, lasst erkalten, bringt nochmals 50 ccm Salzsaure von 1,19 spez. Gewicht in die Retorte und destillirt wieder ab. 21. Das Destillat ist jetzt in der Regel wasserhell. Man verdiinnt cs mit destillirtem Wasser auf etwa 700 ccm, leitet Schwefelwasserstoff wie in No. 18 angegeben ein, filtrirt nach 12 Stunden das etwa nieder- gefallene dreifach Schwefelarsen auf einem, nach einander mit verdiinntcr Salzsaure, Wasser und Alkohol ausgewaschenen, bei 110° C. getrockneten und gewogenen Filterchen ab, wascht den Riickstand auf dem Filter erst mit Wasser, dann mit absolutem Alkohol, mit erwarmtem Schwcfel- kohlenstoff und schliesslich wieder mit absolutem Alkohol aus, trocknet bei 110° C. und wagt. 28 Allgemeiner Theil. 22. Man berechnet aus dem crhaltenen dreifachen Schwefelarson die Menge des Arsens und ermittclt, unter Beriieksichtigung des nach No. 14 festgestellten Flacheninhalts der Probe, die auf 100 qcm des Gespinnstes oder Gewebes entfallende Arsenmenge. 2 , England. In The Sale of Food and Drugs Act von 1875 ist §. 3, auf welchen mich Herr Dr. Otto He liner in London freundliohst aufmerksam machte, fiir unsere Zwecke der massgebendste. §. 3. No person shall mix, colour, stain, or powder, or order or permit any other person to mix, colour, stain or powder, any article of food with any ingredient or material so as to render the article injurious to health, with intent that the same may be sold in that state, and no person shall any such article so mixed, coloured, stained or powdered under a penalty in each case not exceeding fifty pounds for the first offence; every offence after a conviction for a first offence, shall be a misdemeanour, for which the person, on conviction, shall be im¬ prisoned for a period not exceeding six months hard labour. 3. Frankreich. Liste des colorants nuisibles et des colorants non nuisibles*). (D’apres la legislation train;aise.) I. Substances dont Lemploi peut etre tolere. Couleurs minerales. Blanc. Craie, sulfate de baryte precipite (doivent etre appliquees en petite proportion). Bleu. Bleu de Prusse ou de Berlin. Outremer. Violet. Outremer violet. Brun. Ocrc, brun de manganese. Vert. Outremer vert. Jaune. Ocres jaunes. Couleurs organiques. Blanc. Fleur de farine, amidon. Rouge. Cochenille et carmin de cochenille. Car min de Carthrame. Bois rouge, alizarine et pur purine arti- ffcielles, sues de betteraves rouges et de cerises, laques preparees avec ces substances. Orange, Rocon. Melanges de couleurs rouges et de couleurs jaunes inoffensives. Jaune. Safran, faux safran, curcuma, pastel, graine de Perse, granie d’Avignon, quercitron, extrait de bois jaune. Laques alumineuscs preparees avec ces substances. I ’) Siehe Cazeneuve, a. a. 0, S. 293, Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformer!. 2 9 Vert. Lac d’epinards, vert de Chine (lokao), melanges de couleurs jaunes et de couleurs bleues inoffensives. Violet. Extrait d'orseille, bois d’lnde, melanges de couleurs bleues et de couleurs rouges inoffensives. Bleu. Carmin d'indigo, tournesol, bleu d’orseille (bleu violet). Brun. Caramel, sue de reglisse, extrait de chataignier, extrait de cachou. II. Substances dont l emploi doit etre interdit pour la coloration des matieres alimentaires. Couleurs minerales. Composes du cuivre. Cendres bleues; bleu de montagne. Composes du plomb. Massicot, minium, mine orange. Oxychlorures de plomb. Jaune de Cassel, jaune de Turner, jaune de Paris. Carbonate de plomb. Blanc de plomb, ceruse, blanc d : argent. Antimoniate de plomb. Jaune de Naples. Chromates de plomb. Jaune de chrome, orange de chrome. Chromate de baryte. Outremer jaune. Composes de Parsenic. Arsenite de cuivre], vert de Scheele, vert de Schweinfurth, vert metis, sulfure de mercure. Vermilion. Couleurs organiques. Gomme gutte. Aconit Napel. Fuchsine et derives tels que bleu de Lyon. Eosine. Matieres colorantes renfermant au nombre de leurs elements la vapeur nitreuse, telles que jaune de naphtol, jaune Victoria. Matieres colorantes preparees a I’aide des composes diazoiques telles que tro- peolincs, rouge de xylidine. 4« ltalien. l ) Atti Parlamentari. Senato del Regno. Relazione della Commissione composta dei senatori. Cannizzaro, reiatore sul Progetto di legge „Codice sanitario <£ . Titolo IV. Capo I. Dell' igiene delle bevande e degli alimenti. Progetto del Ministero. Progetto della Commissione. Art. 38. Art. 41. Chiunque vende, ritiene perven- Identisch. dere, o somministra come compenso l ) Ich verdanke die Kenntniss der auf ltalien beziiglicheii Dokumente Herrn Professor Dr. Carnelutti in Mailand. 30 Allgemeiner Theil. a propri dipendimenti, materie de- stinate al cibo od alia bevanda, che siano riconosciute guaste, in- fette, adulterate, od in altro modo insalubri o nocive ai termini del regolamento, e punito coll' amenda di L. 10, estensibile a L. 100, e coll’ arresto da 16 giorni a 3 mesi, oltre la confisca delle materie. Nelle stesse amende e pene in- correra chi fabbrica ovende stoviglie, recipienti, altrezzi destinati alia pre- parazione, conservazione e consuma- zione degli alimenti o bevande, i quali possano riescire nocivi alia salute nello impiego che ne sara fatto agli usi industrial], commer¬ cial i, o domestici, e chi nello sta- gnarli, verniciarli, o in qualsiasi altra operazione su di’ essi, li renda nocive. Art. 39. L’elenco dei colori nocivi, che non possono essere impiegati nelle preparazioni delle sostanze alimen- tari e di bevanda, o di quelli che non debbono pure usarsi per la co- lorazione delle stoffe, tappezzerie, giocattoli, carte per involti di ma¬ terie alimentari, ed altri oggetti di uso personate o domestico, sara compilato dal Consiglio superiore di sanita ed approvato dal ministero dell' interno. Chi impiega in qualche modo tali colori per la colorazione delle sostanze od oggetti sopra specificati, o vende tali sostanze od oggetti cosi colorate, sara punito coll' amenda estensibile a L. 500, ed in caso di recidiva con la chiusura dell’ opi- ficio, o del negozio. e punito con pena pecuniaria di L. 10 estensibile a L. 100, e coll’ arresto da 16 giorni a 3 mesi, oltre la con¬ fisca delle materie. Nella stessa pena incorrera chi colia cattiva stagnatura od in altro modo renda nocivi alia salute al¬ trezzi e recipienti destinati alia cu- cina o a eonservare alimenti o be vande. Art. 42. Identisch bis auf sara compilato dal ministro dell’ interno, udito il parere del Consiglio superiore di sanita. Identisch. No. 2. Auszug aus dem Rigolamento del Municipio di Milano (noch nicht publicirt). ,,Es ist untersagt den natiirlich gefarbten Nahrungs- und Ge- nussmitteln (Wein, Weinessig, Fruchtsaften, Conserven, Obst, conservirten Gemiisen, Droguen, wie Safran u. s. w.) Farben irgend welcher Art hin- zuzufiigen. — Gesctzc gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformert. 31 (§. 18.) Die zum Einwickeln yon Nahrungsmitteln u. s. w. be- stimmten Papiere, Gewebe und dergl. diirfen nicht mit giftigen Farben gefarbt sein. A Is giftige Farben gelten die im Deutschen Reichsgesetz vom 5. Juli 1887 (Siehe S. 19) aufgefuhrten Farben. (§. 19.) Zur Farbung von Nahrungs- und Genussmitteln, welche nicht natiirlich gefarbt sind, und von welchen die kunstliche Far¬ bung allgemein bekannt ist (z. B. Liqueuren, Bonbons) ist die Verwen- dung der oben genannten giftigen Farben sowohl, als sammtlicher Theer- farben, welche bier unten nicht angefiihrt sind, bis auf Weiteres verboten. Als erlaubt in diesem Sinne sind folgende anzuseben: gewisse Azofarb- stoffe, ferner kiinstlicher Purpurin und Alizarin. Da mehrere von diesen oben angefuhrten Farben im Handel unter verscbiedenem Namen vorkommen, so ist derjenige, der eine solche Farbc zu verwenden bat, verpflichtet sich zu vergewissern, dass diesel be unter die oben als erlaubt angefuhrten gehort.“ 5. Oesterreich-Ungarn. No. I. Mit Gub.-Erlass vom 4. Marz 1824 Z. 11 379 wurden die schadlichen, zum Anstreichen von Spielzeug oder fur Zuckcrbackereiwaaren nicht verwendbaren und die unschad- lichen daber verwendbaren aufgezahlt und zwar: A. Zum Spielzeugf'arben schadlich sind: 1. Bleiweiss, Kremserweiss, Scbieferweiss und Zinnoxyd. 2. Rauschgelb (Operment), Konigsgelb, Neapelgelb, Bleigelb (Massi¬ cot), cnglisches Gelb, Mineralgelb, cbromsaures Blei und Gummigutti. 3. Griinspan, Braunscbweigergriin, Berggriin, Bremergriin, Scbwe- discbes oder Scheele’schesGriin, Mitisgr(in, WienerGriin, ScbweinfurterGrun. 4. Bergblau, Mineralblau, Scbmalte, kupferhaltiges Berlinerblau. 5. Zinnober, Mennigeroth. Unschadlicli, daher verwendbar sind: 1. Kreide,Gyps, weissgebranntesKnocbenmebl, Elfenbein, Hirscbborn. 2. Schiittgelb, Saffran, Curcumawurzel, Ockergelb, Orlean, eine Abkocbung von Gelbbolz mit y 4 Alaun und Gummi versetzt. 3. Saftgriin, alles Grun, was man sich aus unscbadlichen gelben und blauen Farben zusammensetzt, Veronesische Griinerde. 4. Reines Berlinerblau, Neublau, Indigolosung mit Starke, Sachsisch- blau, eine Auflosung von Indigo in Schwefelsaure, Lacmus, Saftblau und Kornblumenblau. 5. Karmin, Gummi-Lack, Stock-, Korner-, Krapp- und Florentiner Lack, Armeniscber Bolus, reines Eisenoxyd, Fernambuk und Brasilien- bolz-Abkocbung mit Gummi und Alaun versetzt. B. Fur Zuckerbackemaaren schadlicli sind: 1. Zinnober, Mennige. 2. Die oben als schadlich angefuhrten gelben Farben. 3. Die oben als schadlich angefuhrten blauen Farben. 32 Allgemeiner Theil. 4. Griinspan und die oben ais schadlich angefiihrten griinen Farben. 5. Gemenge der schadlichen gelben und rothen Farben. 6. Unechtes (Schaum-) Silber und Gold. 7. Gemenge der schadlichen rothen und blauen Farben. Unschadlich, d aher verwendbar sind: 1. Die Safte rotber Beeren (Berberis, Kermes), rother Rubensaft, Zwiebelschalen, einer Abkochung von Cocbenille mit etwas Weinstein, ein Aufguss von rothen Klatschrosen, Kornblumen mit Wasser boreitet. 2. Saffran, Safflor, Curcumawurzel, wassriger Aufguss der gelben Ringelblumen. 3. Die ausgepressten Safte blauer Blumen (Kornblumen, Veilchen, Schwerdtlilien), Lacmus. 4. Saft von Spinat, eine Zusammensetzung der unschadlichen gelben und blauen Farben. 5. Das Gelbe von Pommeranzen, ein Oleanderdecoct mit ein wenig Soda. 6. Yiolett: Ein Cochenillenaufguss mit etwas Kalkwasser, eine Zusammensetzung von unschadlichen blauen und rothen Farben. 7. Echtes Blatt-Gold und -Silber. No. II. Nach dem Ministerial-Erlass vom 19. September 1848, Z. 3075 (Gubernial-Verordnung vom 5. October 1848, Z. 53 169) diirfen zum Bjemalen der genussbaren Zuckerbackerwaaren, der Tra- gantwaaren sowie aller von Zuckerbackern erzeugten Schau- stiicke, welche nicht zum Genusse bestimmt sind, nur fol- gende Farben verwendet werden: a) weiss: der Tragant selbst, b) roth: Cochenille, Carmin, Alkermessaft, rothe Kornblumen, c) gelb: Saffran, Saftlor und Curcumaewurzel, d) blau: Marzveilchen, blaue Kornblumen, Indigo, Berlinerblau, Ultramarin und Bleu de mer (eine Art kiinstlichen Ultramarins), e) griin: der Saft von Spinat, dann die Mischung von erlaubter gelber und blauer Farbe, f) violett: die Zusammenmischung unschadlicher blauer und rother Farben, ein Cochenilleaufguss mit Kalkwasser, g) Goldfarbe: echtes Blattgold, h) Silberfarbe: echtes Blattsilber. Alle iibrigen, wie immer Namen habenden Farben werden in der Art verboten, dass selbst das Vorhandensein verbotener Farben bei den fraglichen Geschaftsl euten in dem Arbeits- oder Verkaufslocal schon die Uebertretung der in dieser Be- ziehung bestehenden gesetzlichen Vorschriften und das hier- nach Platz greifende Strafverfahren begriindet. No. III. Mit Verordnung der niederosterr. Statthalterei vom 23. Janner 1859, Z. 55 507, wurden die beim Farben mit Alpenroth (Murexid) zu bcobachtenden Vorsichtsmassregeln wie folgt vorgezeichnet. Dieser Farbstoif kann nur durcli die Anwendung von Sublimat bait- Gesetze gegen die Anwendung giftiger Farben. — Reformen. 33 bar gemacht werden. Bei der Bereitung dieser Farbe kommen daher die Arbeiter yiel und durcb langere Zeit mit dem Sublimat in Beriih- rung, woraus bei Ausserachtlassung der nothigen Yorsicbten nacbtheilige Folgen entspringen miissen. Zur moglichsten Hintanbaltung der durch langere Beriihrung mit einer gesattigten Auflage von Aetzsublimat entspringenden Nachtheile ist es aber erforderlich, dass die beim Farben mit Murexid beschaftigten Arbeiter es vermeiden, mit wunden Handen zu arbeiten; dass sie mit der Sublimatlosung nicht langer als nothwendig in Beriihrung bleiben; sick so oft als es angeht, die Hande mit Brunnen- wasser waschen, und sich vorziiglich in Acbt nehmen, bevor sie sich die Hande gewascben haben, Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, oder zuzu- bereiten. Hiervon wurden die Behorden zur Yerstandigung der Farbereien, damit es die Unternehmer an der nothigen Belehrung der Arbeiter nicht fehlen lassen, in Kenntniss gesetzt. No. IY. Ve rordnung des Kaiserl. osterreichischen Staats-Mi- nisteriums vom 1. Mai 1866, betreffend die Yerwendung von Giftfarben und gesundheitsschadlichen Praparaten bei ver- schiedenen Gebrauchs - Gegenstanden und den Yerkauf der- selben. R.-G.-Bl. fur das Kais. Oesterreich S. 137. Citirt nach Yeroffentl. d. Kais. Gesundheitsamtes 1887, 351 (No. 23). §. 1. Die Verwendung von Farben, welche Metalle (Eisen aus- genommen), Gummigutti, Pikrinsaure oder Anilin enthalten, ist bei Genussartikeln aller Art (Esswaaren und Getranke), einschliesslich der aus Tragant, Starke und Zucker bereiteten Devisen und Figuren, verboten. §. 2. Zum Farben oder Bemalen von Kinderspielsachen diirfen Praparate und Farben, welche Arsen, Antimon, Blei, Kadmium, Kupfer, Kobalt, Nickel, Quecksilber (reinen Zinnober ausgenommen), Zink oder Gummigutti enthalten, nicht verwendet werden. §. 3. Die Stoffe, deren Yerwendung in §. 2 untersagt oder nur bedingt gestattet ist, diirfen bei Thonwaaren, welche zur Aufnahme von Nahrungsmitteln bestimmt sind, nur in Anwendung kommen, wenn der farbige Ueberzug eingebrannt wird. §. 4. Mit Arsenpraparaten gefarbte kiinstliche Blumen oder natiir- liche, in eine arsenhaltige Farbentiinche getauchte Pflanzentheile diirfen nur dann, wenn das Abstauben der giftigen Farbenstoffe durch einen Firnissiiberzug vollstiindig gehindert ist, — ebenso diirfen Tapeten mit arsenhaltigen Farben nur in dem Falle verfertigt werden, wenn diese Tapeten oder die so bemalten Parthien derselben mit einem Firnissiiber- zuge versehen werden. §. 5. Die Yerwendung arsenhaltiger Farben zum Bemalen der Wande von Wohnzimmern oder von anderen zum Aufenthalte oder zur Yersammlung von Menschen dienenden Lokalitaten ist verboten. §. 6. Ueberhaupt ist bei Bereitung von Genussmitteln, von Ess- und Kochgerathen, von Bekleidungsgegenstanden und jeder Art Toilette- artikeln die Yerwendung solcher Substanzen untersagt, welche in der W e y 1, Theeriarben. q 34 Allgemeiner Theil. Art und Form, in welcher sie zur Verwendung kommen, die Gesundheit gefahrden. §. 7. Nebst der Erzeugnng ist der Handel, Ausschank und jeder sonstige Absatz der in den vorstehenden Paragraphen angefiihrten Gegen- stande, welche den dort enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen, verboten. §. 8. Uebertretungen dieser Verordnung, welche nicht nnter das allgemeine Strafgesetz fallen, sind nach Massgabe der Ministerial verord¬ nung vom 30. September 1857, Reichs-Gesetz-Blatt No. 198, zu bestrafen. Graf Belcredi m. p. Freiherr von Wullerstorf m. p. Ritter yon K o m e r s m. p. No. V. Aus Anlass einer gestellten Frage: wie sich in jenen Fallen zu benehmen sei, wo in den wegen ihrer Farbung beanstandeten Genuss- waaren zwar Anilinroth, jedoch ganz arsenfrei, daher nicht gesund- heitsschadlich vorgefunden wurde, hat das K. K. Ministerium des Inneren mit dem Erlass vom 21. November 1881, Z. 16 033 (Statthaltereierlass vom 9. December 1881, Z. 75 960) nach Anhorung des obersten Sanitats- rathes sich nicht bestimmt gefunden in der Verordnung vom 1. Mai 1866 R. G. No. 54 eine Abanderung eintreten zu lassen, weil mit der That- sache, dass arsenfreies Fuchsin im Handel vorkommt, noch nicht der Nachweis geliefert ist, dass gleichnamige gifthaltige Praparate nicht mehr im Verkehre sich befinden, iiberdies die Frage liber die Giftigkeit oder Nichtgiftigkeit der aus Anilin dargestellten metallfreien Farbstoffe noch controvers ist und Beobachtungen vorliegen, dass der fortgesetzte Genuss mit arsenfreiem Fuchsin gefarbter Getranke erhebliche Gesundheits- storungen zur Folge hat. Die Verwendung des Fuchsins als Farbma- teriale flir Genussmittel aller Art kann daher um so weniger gestattet werden, als es an solchen Farbungsmitteln fur Genussartikel nicht fehlt, welche dem Zwecke ganz entsprechend und dabei in sanitarer Beziehung ganz unbedenklich sind. No. VI. Ve rordnung des Kaiserl. KonigL Oesterreichischen Ministeriums des Innern., betreffend die Verwendung von aus Anilin oder aus anderen Theerbestandtheilen her- gestellten Farbstoffen bei Bereitung von Genussmitteln. Vom 1. Marz 1886. (Reichsgesetzblatt fur die im Reichsrathe vertretenen Konigreiche und Dander 1886, NIL Stuck.) Citirt nach Veroffentl. d. Kais. Gesundheitsamtes (Deutschland) 1886, 348. Die Verwendung von Farbstoffen, welche durch chemische Einwir- kungen aus Anilin oder aus anderen Theerbestandtheilen hergestellt werden, insbesondere der nach verschiedenen Methoden dargestellten Rosolsaure ist bei Bereitung von Genussartikeln aller Art in Geraassheit der §§. 1 und 6 der Verordnung vom 1. Mai 1866 (R.-G.-Bl. No. 54) verboten. T a a f f e m. p. Prazak m. p. P i n o m. p. Aufgaben der Untersuchung. 35 No. YII. Verfiig ung des Kaiserl. Konigl. Oes terreichischen Ministeriums des Innern, betreffend Verwendung yon Rosol¬ saure zum Farben von Esswaaren. Citirt nach Veroffentl. d. Kais. Gesundheitsamtes 1887, 351 (No. 23). „In Beantwortung der gestellten Anfrage, betreffend die sanitare Zulassigkeit des Gebraucbes der Rosolsaure zum Farben ,der Esswaaren wird nach Einvernehmung des obersten Sanitatsrathes Nachstehendes er- offnet: Der in §. 1 der Yerordnung vom 1. Mai 1886, R.-G.-Bl. No. 54, gebrauchte Ausdruck: „ ,,Die Yerwendung von Farben, welche . . Anilin enthalten“ “ darf mit Riicksicht auf die inzwischen genauer ermittelte Zusammensetzung der aus Rosanilin durch chemische Processe dar- gestellten, und als Farbematerial verwendbaren Yerbindungen nicht mehr in dem Sinne aufgefasst werden, als ob in denselben Anilin enthalten sein miisse, es sind vielmehr unter diesem Ausdruck die aus Anilin durch chemische Einwirkungen erzeugten Farbstoffe zu verstehen. In diesem Sinne kann auch die aus dem Rosanilin dargestellte Rosolsaure als xAbkommling des Anilin aufgefasst und somit als Anilin - Farbstoff unter die Bedingungen des §. 1 der vorbezogenen Yerordnung subsummirt werden. Auf die zweite, aus Oarbolsaure unter Mitwirkung yon Klee- saure dargestellte, nach ihrer Zusammensetzung und ihren Eigenschaften yon der vorgenannten wenig unterschiedene Rosolsaure kann allerdings nicht §. 1 der mehrerwahnten Yerordnung, wohl aber §. 6 derselben, und zwar um so mehr angewendet werden, weil, abgesehen von den bisher noch nicht zuverlassig ermittelten Wirkungen der reinen Rosol- sauren auf den menschlichen Organismus, dieselben yon den zu ihrer Darstellung verwendeten gesundheitsschadlichen Materialien yerunreinigt im Handelsverkehr vorkommen und daher in der Art und Form, in welcher sie zur Yerwendung kommen, thatsachlich die Gesundheit zu gefahrden geeignet sind. Das Ministerium des Innern beniitzt diesen Anlass, um darauf hinzuweisen, dass neuerer Zeit zahlreiche organische, als Farbematerialien verwendbare Yerbindungen insbesondere aus Theer- bestandtheilen dargestellt werden, die eines Theils wegen ihres un- bekannten Verhaltens und ihrer unermittelten Einwirkung auf den menschlichen Organismus, anderen Theils wegen ihrer gesundheitsbedenk- lichen Yerunreinigungen zur Herstellung von Nahrungs- und Genuss- mittein nicht verwendet werden sollen und daher gleichfalls nach den Bestimmungen des §. 6 der vorbezogenen Yerordnung zu behandeln sind.“ Kapitei IV. Aufgaben der Untersuchung. Die Durchmusterung der einschlagigen Literatur hat gezeigt, dass eine Sicherheit iiber die Gesundheitsschadlichkeit oder Giftigkeit der Theerfarben bisher nicht erreicht wurde und deshalb nicht erreicht werden konnte, weil methodische, d. h. zielbewusste Yersuche auf diesem Gebiete beinahe vollkommen fehlen. 3* 36 Allgemeiner Theil. Andererseits haben die grossen Culturstaaten die Nothwendigkeit gefuhlt, durch Gesetze und Yerordnungen die Anwendung gewisser Theer¬ farben bei der Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln zu unter- sagen. Da sich mir bei Beschaftigung mit diesem Gegenstande die Ueber- zeugung aufdrangte, dass eine zweckentsprechende gesetzliehe Regelung dieser Materie nur auf Grund eines umfassenderen Materials erfolgen konne, als es bisber vorzuliegen schien, beschloss icb die iiber die Giftig- keit einzelner Theerfarben vorliegenden Angaben zu priifen und neue Yersucbe iiber eine moglichst grosse Anzahl weiterer Farbstoffe anzu- stellen. So entstanden die nachfolgenden Untersuchungen. Wie bereits betont, verfolgen dieselben wesentlich praktische Zwecke. Es musste dabei haufig zum grossen Bedauern des Experimentators mancb lockender Seitenpfad vermieden werden, welcher iiber die Schick- sale der verfiitterten Substanz im Organismus, iiber das Zustandekommen der beobachteten Yergiftung und iiber die Aenderungen des Stoffwechsels unter dem Einflusse der eingeftihrten Substanz hatte Aufscbluss geben konnen. Zu diesem wenigstens vorlaufigen Yerziclit zwang ferner die Fiille der neuen Beobachtungen, die sich darboten. Dass der Yerfasser an manchen Stellen theoretischen Erorterungen nicbt aus dem Wege ging, bedarf keiner Entschuldigung. Sind doch die hier niedergelegten Resultate selbst nicht das Produkt eines blinden Zufalles, sondern erwacbsen unter der Forderung jener theoretischen Anschauungen, welche die ncuere Chemie iiber die Constitution der Farb- stolFe errungen hat. Kapitel V. Methodik l )- 1. Auswahl der Farbstotfe. Bei der grossen Anzahl der in den Handel kommenden und fast taglich neu entdeckten Theerfarben ist die Moglichkeit alle oder auch nur einen sehr grossen Theil derselben auf ihre Schadlichkeit priifen zu konnen ausgeschlossen. Man wird sich daher mit einer Auswahl be- gniigen miissen, und vielleicht in erster Linie solche Far ben beriicksich- tigen, welche als verdachtige gelten miissen, weil ihre Anwendung absichtliche oder unabsichtliche Yergiftungen zur Folge hatte. Ferner kommen die „gebrauchlichsten u Farben in Betracht. Allerdings ist eine ungefahr vollstandige Liste derselben nicht leicht zu 6 Die Abschnitte 2 bis 4 dieses Capitels wenden sich hauptsacblicb an Nicht- mediciner. Methodik. 37 beschaffen, da die Anwendung gewisser Farben der Mode unterworfen ist, und die Fabrikanten in vielen Fallen ein Interesse daran haben, ihren Concurrenten zu verheimlichen, welche Farben sie in besonders grosser Menge absetzen. Es werden aber auch die Consumenten nicht Jedermann mittheilen, durch welche Mittel sie eine bestimmte Farben- nuance erzielen. A Vielleicht darf man auch hber die Schadlichkeit der Farbstoffe ein Urtheil, auch ohne dass jeder einzelne Farbstoff toxicologisch gepriift ist, gewissermaassen per inductionem zu gewinnen hoffen, wenn die Priifung sich auf eine moglichst grosse Anzahl yon Farbstoffen der verschiedensten Farbstoffgruppen erstreckt haben wird. Sollte sich hierbei nicht ein Zusammenhang zwischen che- mischer Constitution und physiologischer Wirkung ergeben? Endlich bleibt zu iiberlegen, ob die toxicologische Untersuchung sich nur auf die Farbstoffe irn Zustande absolutester chemischer Reinheit oder nur auf die Handelswaare zu erstrecken hat. Die Priifung der reinen Farbstoffe hat vor Allem theoretische Bedeutung. Hierbei wird der Grad der Giftigkeit und ein etwaiges Functionsverhaltniss zwischen Constitution und Wirkung am sichersten erkannt werden. Die Untersuchung der Handelswaare dagegen ist fur die Praxis yon Wichtigkeit. Erst wenn ein Handelsprodukt als giftig erkannt ist, wird es sich um die weitere Frage handeln, ob die nachgewiesene Giftig¬ keit eine essentielle Eigenschaft des Farbstoffes ist oder vielleicht nur durch ungehorige Beimengungen bedingt wird. Dies mag durch einige Beispiele erlautert werden. Das Fuchsin und seine nachsten Verwandten Methylviolett, Malachit- griin sind, wie jetzt feststeht 1 ), nahezu ungiftig. Wer arsenhaltige Anilin- farben fiir giftig erklarte, ohne von ihrem Arsengehalt etwas zu wissen, hatte leicht in den Fehler verfallen konnen per inductionem alle Farb¬ stoffe von einer dem Fuchsin ahnlichen Constitution als Gifte anzusprechen. Das umgekehrte ist bei dem giftigen Dinitrokresol (Safransurrogat) der Fall. Die im Handel befindlichen Praparate enthalten meist circa 40 Procent Salmiak. Dieser Zusatz bedingt die Giftigkeit des Safran- surrogates natiirlich nicht, sondern schwacht sie vielmehr, wie dies selbst- verstandlich ist. Je nach dem Zweck der Untersuchung — mag diese mehr der Theorie oder der Praxis dienen — muss sich die toxicologische Priifung entweder auf das chemisch reine Produkt oder auf die Handelswaare erstrecken. Ist aber die Handelswaare als giftig erkannt, so bleibt zu ermitteln, ob nicht das giftige Praparat durch Befreiung von einer Verunreinigung entgiftet werden kann. 2. Wahl der Versuchsthiere. Nur in den seltensten Fallen wird der Toxieologe Versuche am Menschen ansteilen wollen oder konnen. Hochstens dass ihn ein \ r er- giftungsfaJl, der zu arztlicher oder richterlicher Cognition kommt, auf l ) Siehe Seite 15. 38 Allgemeiner Theil. den riclitigen Pfad geleitet. Er muss daher seine Beobachtungen, falls diese uberhaupt praktisches Interesse haben, d. h. auf den menschlichen Organismus anwendbar sein sollen, an Thieren machen, die ihrem Bau und dem Chemismus ihres Stoffwechsels nach dem Menschen moglichst ahnlich sind. Der Physiologe weiss, und ich kann deshalb hier yon weiteren Be- weisen fiir diese Bebauptung absehen, dass diesen Anforderungen am besten der Hund entspricht.') Naturlich ist es von grosstem wissenschaftlichem Interesse die Wirkung eines Stoffes auch an einer moglichst grossen Anzahl anderer, den verschiedensten Klassen angehoriger Thiere zu studiren. Auch die Pflanzen, die hoheren und die niederen, kommen als Yersuchsobjecte in Betracht. Es soli auch nicht in Abrede gestellt werden, dass sich bisweilen Schlusse durch Experimente an anderen Thieren werden ziehen lassen. Namentlich zu orientirenden Yorversuchen wird man schon ihrer Billig- keit wegen auch Frosche, Kaninchen u. s. w. verwerthen konnen. Aber die bei solchen Experimenten gewonnenen Schlusse lassen sich nur mit grosser Yorsicht verwerthen: kommt es doch vor, dass Kaninchen Stoffe in einer Dosis, welche den Hund schadigt, ja todtet, scheinbar ohne Schadigung ertragen, wie ich dies beim Martiusgelb 1 2 ) habe feststellen konnen. Wissen wir doch, dass Fische durch Ouraredosen, denen Frosche schnell unterliegen, erst nach mehreren Stunden gelahmt werden. Vom Strychnin vertragen Hiihner mehr als das zehnfache, Meer- schweinchen mehr als das dreifache der fiir das Kaninchen todtlichen Dosis. Der Mensch reagirt auf Morphium viel leichter als das Kanin¬ chen u. s. w. Diese und ahnliche Thatsachen werden aber auch bei der Ueber- tragung der am Hunde gewonnenen Schliisse auf den Men¬ schen zur Yorsicht mahnen. Nur weil wir keine andere Moglichkeit haben, miissen wir den Hund als Versuchsthier benutzen und ubertragen die am Hunde gewonnenen Resultate auf den Menschen! 3. Art der Darreiclmng. Selbstverstandlich werden dem Thiere nur genau gemessene oder gewogene Men gen eines Stoffes, dessen Wirkung studirt werden soil, dargereicht werden. Es ist dieses nothig, damit die Resultate eines Autors von einem zweiten Untersucher leicht nachgepriift werden konnen; hauptsachlich aber, weil die meisten Stoffe in kleiner Dosis durchaus anders als in grosser wirken. Man wird ferner die zu priifenden Stoffe wenn irgend moglich in geloster Form, jedenfalls aber — falls ein geeignetes Losungs- mittel (s. u.) nicht zur Yerfiigung steht — als feines Pulver oder als Suspension in Wasser oder dergl. einfiihren. 1 ) Der Affe kommt als zu theuer kaum in Betracht. 2 ) Deutsche med. Wochenschr. 1887, No. 45. Methodik. 39 Hierbei ist die Wahl des Losungsmittels von principieller Be- deutung. Als Losungsmittel sind nur Stoffe verwendbar, welche wie Wasser, sehr verdiinnte Sauren oder Alkalien, verdiinnte Salzlosungen den thie- rischen Korper, so lange sie nur in nicht zu grosser Menge ein- gefiihrt werden, nicht oder kaum alteriren. Alkoholische, atherische etc. Losungen werden nur in ganz geringem Umfange un'd nur im Noth- falle benutzt werden konnen. In zweifelhaften Fallen ist der selbst- verstandliche Controllversuch unentbehrlich. Ein Stoff kann dem Thierkorper, wenn man von gewissen speciellen Fallen absieht, auf vierfache Weise applicirt werden: durch den Mund, durch directe Injection ins Blut, durch Injection unter die Haut, durch Bestreichung der Haut. 1. Darreichung durch den Mund. (Stomachale Darreichung.) Wenn nicht besondere Griinde vorliegen (s. u.), wird der zu priifende Stoff durch den Mund eingefiihrt. Es geschieht dies am besten mit dem Futter. Haufig weigern sich aber die Thiere, das vorgesetzte, mit dem fremden Stoffe versetzte Mahl zu nehmen. Danu kann man es gewalt- sam einzufuhren versuchen oder man wendet die Schlundsonde an. Die Schlundsonde besteht aus einem der Weite der Speiserohre entsprechenden elastischen Gummischlauche, in dem sich ein Trichter befindet. Die Einfuhrung des Apparates, welche Assistenz erfordert, bereitet meist nicht die geringsten Schwierigkeiten. Man thut gut, die mit der Schlundsonde direct in den Magen ge- brachten Losungen oder Suspensionen auf Korpertemperatur zu erwarmen. Die eingegossene Fliissigkeits'menge darf auch bei grossen Hunden 30 bis 50 ccm nicht iiberschreiten. Anderenfalls tritt leicht Erbrechen auf 1 ). Um atzende Wirkungen eingefiihrter Substanzen ahzuschwachen, giebt man diese in einem einhullenden Menstrum, wie Milch oder Pepton- losung. Der lee re Magen erbricht leichter als der mit Speisen ge- fiillte. 2. Injection ins Blut. (Intravaseulare Darreichung.) Die Einfuhrung ins Blut erfordert die Freilegung eines Blutgefasses (Yene oder Arterie). Diese Operation sollte nur von Fachleuten aus- gefiihrt werden. Die meisten Stoffe wirken vom Blute aus schneller und heftiger als vom Magen aus. Gerade bei der Injection ins Blut spielt das Losungsmittel erne grosse Rolle. So bewirken wassrige Losungen leicht Blutgerinnung und vereiteln den Versuch 2 ). Die Anwendung verdunnter, circa 0,75pro- centiger NaCl-Losungen ist sehr empfehlenswerth. *) Die Schlundsonde wird mit Erfolg auch zum „Auspuinpen“ des Magens be¬ nutzt, indem man den eingefiihrten Schlauch als Heber wirken lasst. Man kann die Heberwirkung durch Druck auf die Magengegend und durch Ansaugen unterstiitzen. 2 ) Nach Einfuhrung grosserer Wassermengen in das Gefasssystera treten Krampfe auf. 40 Allgemeiner Theil. 3. Subcutane Darreichung. Die geloste Substanz wird mit einer geeigneten Spritze unter eine eraporgehobene Hautfalte gebracht. Man wahlt gewohnlich den Riicken oder eine Stelle, welche das TJiier mit der Zunge nicht erreicben kann. Vorher ist die Haut an der betreffenden Stelle zu scheeren, zu saubern nnd zn desinficiren. Anch die injicirte Losung, die Spritze und die Caniile miissen „steril“ sein. Bei der Injection diirfen die tieferen Gewebsschichten — Fascien, Muskeln u. s. w. — nicht verletzt werden. Zu grosse Fliissigkeitsvolumina sind zu vermeiden. An einer Stelle sollten auch bei grossen Thieren nicht mehr als 10—15 ccm injicirt werden. Die subcutane Injection wirkt meist ebenso stark wic die intravasculare und ersetzt die letztere. 4. Die dermale Application. Die Darreichung eines Stoffes von der Haut aus wird bei Thier- versuchen nur selten zur Anwendung kommen, da die Aufnahmefahigkeit der unyersehrten Haut so unbedeutend ist, dass sie von manchen Forschern ganz geleugnet wird. Jedenfalls muss die Haut vor der Application rasirt werden. Das Thier darf die bepinselte Stelle nicht belecken konnen. Wird die Haut dagegen ihrer obersten Schichten z. B. durch Zug- pflaster entkleidet oder hat sonst eine absichtliche oder unabsichtliche Verletzung derselben stattgefunden, so dringen aufgestrichene Stoffe leicht in die Haut, d. h. in den Lymph- oder Blutstrom ein. Dann ha ben wir es mit Bedingungen zu thun, unter denen die Farbe oder Beize eines die Haut beriihrenden Gewebes zu Vergiftungen Anlass geben kann. Manche Substanzen, z. B. Quecksilber, lassen sich durch die un- versehrte Haut mechanisch hindurchpressen. 4. Diagnose der Vergiftung. Von den so zahlreichen Symptomen, welche der vergiftete mensch- liche Organismus zeigen kann, kommen beim Thierversuche eine Reihe der wichtigsten, namlich die subjectiven fast ganz in Fortfall. Wie sollen wir am Thiere jene mannigfachen sensiblen und sen- soriellen Storungen, Uebelbefinden aller Art, Seh- und Horstorungen ge- ringen Grades wahrnehmen, die beim Menschen haufig allein schon auf eine Vergiftung hinweisen! So ist z. B. eine bestimmte Form localer Anaesthesie und Amaurose (Blindheit) fur die Bleivergiftung typisch. Auch zur Entdeckung der obj ecti ven Vergiftungssymptome, nament- lich wenn sie wenig ausgepragt sind, gehort eine genaue Kenntniss der Eigenart des gesunden Versuchsthieres. Zahl der Pulse und Respirationen, Werthe der physiologischen Temperaturschwankungen an den verschiede- nen Korpertheilen, Mass und Zahl der Entleerungen, Zusammensetzung der Secrete und Organe miissen demjenigen bekannt sein, der Ab- weichungen von der Norm mit Sicherheit beurtheilen will. Methodik. 41 Von besonderer diagnostischer Bcdcutung ist die Untersuchung dcs Harns. Ein dunkler, fast schwarzgefarbter Ham wird bei Carbolvergiftung abgeschieden, ein Earbstoff-armer und dabei reicblicber Harn bei ver- schiedenen Circulationsstorungen. . Ein hohes specifisches Gewicht deutet auf vermehrten Zerfall yon Korpersubstanz hin, wie sie z. B. im Fieber erfolgt. Eine Aenderung der chemischen Reaction tritt z. B. nach Zufubr von pflanzensauren Salzen auf. Dieselben werden zu kohlen- sauren Alkalien oxydirt und als solche ausgescbieden. Dies ist der Grund, weshalb der Harn der Pflanzenfresser, die in ihrem Futter pflanzensaurc Salze vorfinden, alkalische, der Harn der Fleiscbfresser meist saure oder neutrale Reaction zeigt. Weiterhin lassen sich Veranderungen des Blutes, namentlicb des Blutfarbstoffes bisweilen zur Diagnose der Vergiftung benutzen, welche in diesem Falle meist mit Hiilfe des Spectroscopes gestelit werden muss. So enthalt das Blut neben normalem Blatfarbstoff (Haemoglobin) bei Leuchtgasvergiftung Koblenoxydhaemoglobin; Methhaemoglobin findet sich nach grossen Dosen von chlorsaurem Kalium und rothem Blutlaugem salz; nach Einathmung von Schwefelwasserstoff tritt gleichfalls eine charakteristische Veranderung des Blutfarbstoffes auf. Auch das Auftreten abnormer Harnbestandtheile gestattet bis¬ weilen wichtige Schliisse. Blutfarbstoff erscheint z. B. bei Vergiftung mit Arsenwasserstoff, Zucker findet sich bei Vergiftung mit Kohlenoxyd und Nitrobenzol. Bei Vergiftung mit Carbolsaure fehlen die Sulphate, dagegen ist der Harn reich an Phenol. Ei weissgehalt des Harnes ist haufig auf eine Nieren- affection zu beziehen, wie sie z. B. nach Vergiftung mit Cantharidin und /^-Naphthol beobachtet wurde. Auch Gallensauren und Gallenfarb- stoff sind im pathologischen Harne bisweilen nachweisbar. Kaum unwichtiger als die Beobachtung des lebenden ist die ana- tomische und chemische Untersuchung des todten Thieres fiir die Dia¬ gnose, namentlich aber fiir das Verstandniss der Giftwirkung. Einzelne Gifte werden in bestimmten Organen aufgehauft und lange Zeit hindurch zuriickgehalten. So findet sich das Blei hauptsachlich in den Knochen, in den Meren und in der Leber, das Kupfer haupt¬ sachlich in den Muskeln, das Arsen im Darmkanal, in Mere und Leber. Viele Gifte, z. B. die Sauren und Alkalien und manche Gase wirken local atzend. Andere Stoffe miissen erst in den Kreislauf gelangen, um anatomische Veranderung hervorrufen zu konnen. Hierher gehort z. B. der Phosphor, welcher einerseits den Stoffwechsel in der merkwiirdigsten Weise modi- ficirt, andererseits ausgedehnte fettige Entartung in Leber, Meren, Herz- und Blutgefassen verursacht. Es sind aber auch sehr viele Gifte, namentlich solche von ganz besonderer Kraft bekannt, die schnell todten ohne vorher irgend welche, uns bisher erkennbare anatomische Veranderungen veranlasst zu haben. Man kann dieselben nach dem Hauptangriffspunkt ihrer Wirkung in Herzgifte, Blutgifte und Nervengifte eintheilen. In die erste Classe gehoren Muscarin und einige demselben nahe verwandte Ptomaine; 42 Allgemeiner Theil. Blutgifte sind Kohlenoxyd, Schwefelwasserstoff, Amylnitrit; zar letzten Classe zahlen wir vor allem die Blausaure, dann Strychnin, Nicotin, Chloroform, Curare und wahrscheinlich die meisten Ptomaine. Endlich muss noch auf eine Fehlerquelle aufmerksam gemacht werden, die gerade bei der Beobachtung chronisch vergifteter, dann nach langerer Zeit yielleicht verendeter oder getodteter Thiere yerhangnissyoll werden konnte. Ich meine die Infection in Folge ungeniigend gereinigter Instrumente und schlechter, d. h. unsauberer und ungeniigend ventilirter Stalle: Nur grosse Sauberkeit und genaueste anatomische Untersuchung lassen hier Trugschliisse vermeiden. Aus dieser kurzen Skizze einer „Diagnose der Vergiftung a diirfte hervorgehen, dass die Entscheidung dariiber, ob eine' Substanz giftig ist oder nicht, in den meisten Fallen dem Fachmanne zu iiberlassen sein wird. Specieller Theil Kapitel I. Nitrosofarbstoffe. Durch Einwirkung der salpetrigen Saure auf gewisse Phenole *) und deren Sulphosauren entstehen Korper, welche mit Eisen-, Nickel- und Kobaltsalzen salzartige Yerbindungen eingehen. Diese haben Farbstoff- charakter und sind sehr bestandig. Das Eisen, Nickel oder Kobalt lasst sich in ihnen erst nach der Yeraschung nachweisen. Diese Earbstoffe entbalten wabrscheinlich 1 2 ) die zweiwerthige Isonitrosogruppe == NOH und werden dalier yielleicht besser als Isonitrosofarbstoffe bezeicbnet. Die Metalle yertreten in diesen Farbstoffen die Wasserstoffatome der Isonitrogruppen. 0 /I —NO Me —NO Me Die genannten Earbstoffe farben Wolle, Seide und Baumwolle ziem- lich echt. Man lasst sie entweder auf der Easer sich bilden wie das Solidgriin (s. u.), oder bringt die Faser mit dem fertigen Farbstoff in Beriihrung. Letzteres ist beim Naphtolgriin B (s. u.) der Fall. Ueber die Wirkungen der Nitrosofarbstoffe auf den Thier- korper scheinen Untersuchungen bisher nicht vorzuliegen. 1 ) D. R.-P. No. 28065 vom 19. Januar 1884. — Otto Hoffmann: Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft. 18, 46 a (1885). 2 ) Heinr. Goldschmidt nnd Hans Schmidt: Ueber die Nitrosophenole. Bericht der Deutschen chemischen Gesellschaft. 17, 2060b (1884). 44 Specieller Theil. 1. Dinitrosoresorcin. Das Dinitrosoresorcin C fi H 4 N 2 0 4 , besser als Diisonitroso resorcin ') bezeichnet, entsteht durch Einwirkung von Natriumnitrit auf cine Losung von Resorcin in verdiinnter Essigsaure bei niederer Temperatur * 2 ). Dasselbe hat nach v. Kostanecki (a. a. 0.) die Constitution 0 NOH • \/° NOH Es krystallisirt aus heissem Wasser oder heissem verdiinnten Al- kohol in glanzenden, braunlich gelb gefarbten Blattchen mit 2 Mol. Kry stall wasser. Schwer loslich in kaltem Wasser, ferner in Alkohol. Leichter in heissem Wasser und heissem Alkohol. Unloslich in Benzol und Aether. Es verpufft bei 115°. Die alkalischen Losungen braunen sich schnell an der Luft. Erkennung: Die wasserige Losung farbt sich mit Eisenoxydulsalzen griin. Die grime Losung wird durch Reductionsmittel entfarbt. Das Dinitrosoresorcin farbt Baumwolle, welche mit Eisensalzen gebeizt ist, dunkelgriin. Die Farbe ist seifen- und lichtecht. Der hierbei entstehende grime Farbstolf heisst: Resorcingriin, Elsassgriin oder Solidgriin. a) Stomachale Darreichung. Versuch II. Hund von 11550 gr. 18. Juni. 2 gr in etwas Soda per Schlundsonde. 19. Juni. Thier munter. Harn sparlich, schmutzig dunkelbraun, neutral. Der Harn farbt sich mit Eisenoxydulsalzen dunkelgriin. Die Griinfarbung ist auch in verdiinnter Essigsaure oder Salzsaure bestandig. 2 gr per Sonde. Harn GOO ccm, dunkelbraun. Spuren von Eiweiss. Eisenreaction (s. o.) sehr deutlich. Schwach alkalisch. Reducirt nicht Fehling’sche Losung. 20. Juni. 2 gr per Sonde. Hund munter. Wurstformige braune Faeces. 21. Juni. 3 gr per Sonde. Hund munter. Kein Eiweiss. 22. Juni. Munter. Gewicht 11140 gr. Abnahme circa 400 gr. — Entlassen. Versuch III. Hund von 5500 gr. 13. Juli. 1 gr per Sonde. 14. Juli. Hat wenig gefressen. Harn dunkelbraun, fast schwarz. Giebt mit Eisenvitriol Griinfarbung und allmalig griinen Niederschlag. ‘) Siehe Heinr. Goldschmidt und Jul. Strauss: Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft. 20 , 1607a (1887) und v. Kostanecki: Ebendaselbst, 20, 3188b (1887). 2 ) Das benutzte Praparat habe ich selbst nach G. Schultz: Steinkohlentheer. II, 37 (2. Aufl.) dargestellt. Nitrosofarbstoffe. 45 15. Juli. 2 gr per Sonde. 16. Juli. Harn farbt sich mit Eisenoxydul griin. Kein Eiweiss, keine Reduction alkalischer Kupferlosung. Mit Sauren schwarzer flockiger Niederschlag. 17. Juli. Thier munter. 3 gr per Sonde. Harn alkalisch tief schwarz gefarbt. 19. und 20. Juli. Thier munter. — Entlassen. Harn enthalt etwas Eiweiss und giebt mit verdiinnter Schwefelsaure einen flockigen, braunen Niederschlag. Dieser wird abfiltrirt, in Wasser ziemlich leicht gelost und aus der filtrirten Losung durch verdiinnte Schwefelsaure gefallt. Der Korper farbt sich mit Eisenoxydul griin. Das Filtrat des durch Sauren gefallten Niederschlages giebt mit Eisen¬ oxydul — auch nach Neutralisation — keine Griinfarbung mehr'). b) Subcutane Darreichung. Versuch IV. Hund von 5250 gr. 4. Juli. 1 Uhr N.-M. Erhalt 1 gr in circa 10 ccm Wasser und etwas Soda gelost unter die Riickenhaut. Abend sehr matt. Harn 50 ccm, fast schwarz gefarbt. Giebt mit Eisensalzen keine Griinfarbung (s. o.). Sulphate vorhanden. Spuren von Eiweiss. Auf Zusatz von Sauren entsteht ein in Alkalien loslicher brauner flockiger Niederschlag. Bei der Destination mit Salzsaure geht kein durch Brom- wasser fallbarer Korper ins Destillat fiber. 5. Juli. Hund apathisch. Verweigert jede Nahrungsaufnahme. Tod gegen 2 Uhr Nachmittags. Section am 6. Juli: Leiclie starr. Alle Abdominalorgane hyper- amisch. Lunge hyperamisch. Herz enthalt viel nicht geronnenes Blut. Die Gefasse der Hirnhaute stark injicirt. Gehirnodem. — Kein unter- suchter Leichentheil zeigt die Griinfarbung mit Eisenoxydulsalzen. Nach den vorliegenden Yersuchen ist das Dinitrosoresorcin vom Magen aus auch in grossen Dosen fiir Hunde unschadlich, wahrend bei subcutaner Darreichung schon 0,19 gr pro Kilo Thier inner- halb 24 Stunden todtlich wirkten. 2. Naphtholgrun B. Das Naphtholgrun B, C 20 H 10 N 2 O 10 EeNa. 2 S 2 , ist das Eisennatronsalz der Nitrosonaphtholsulphosaure, welche aus der Schaeffer’schen Saure (j^-Naphtholmonosulfosaure) durch Einwirkungvonsalpetriger Saure entsteht. Es hat nach G. Schultz * 2 ) die Constitution /S0 3 Na S0 3 Naj C 10 H 3 0 0 c l0 H 3 ( NO — Fe — NO ) ') Ueber die flockige Substanz sowie liber eine andere, welche in Aether loslich ist, werde ich demnachst an einem anderen Orte eingehender berichten. 2 ) Die Chemie des Steinkohlentheers. 2. Aull., II, 89 (1887). 46 Specieller Theil. Es kommt als dunkelgriines, im Wasser leicht mit griiner Farbe losliches Pulver in den Handel (L. Cassella und Co. in Frank¬ furt a/M.). Erkennung: 1. In concentrirte Schwefelsaure gestaubt goldgelb. Beim Yerdiinnen der Schwefelsaure mit Wasser kein Niederschlag. 2. Yerdiinnte Sauren verandern die wasserige Losung nicht. Con¬ centrirte Sauren rufen Gelbfarbung hervor. Zusatz yon Alkali stellt die griine Farbe wieder her, falls die Saure nicht zu lange eingewirkt hat. 3. Beim Erwarmen der grunen Losung mit Natronlauge tritt Gelb¬ farbung ein. Der mit der alkalischen Losung geschiittelte Aether bleibt farblos. 4. Beim Erwarmen mit Zinnchloriir und Salzsaure wird die griine Losung zuletzt farblos. 5. Beim Erhitzen auf dem Platinblech bleiht ein Riickstand, der Schwefeleisen enthalt. Das Naphtholgriin B, welches ich der Gefalligkeit der Herren L. Cassella u. Co. in Frankfurt a/M, verdanke, ist, wie die folgenden Yersuche zeigen, Tom Magen aus ungiftig. a) Stomachale Application. Versuch I: Hiindin yon 5800 gr. 13. und 14. Mai. Harn enthalt Spuren yon Eiweiss. 15. Mai. 1 gr Naphtholgriin B in wenig Wasser per Schlundsonde. 16. Mai. Thier sehr munter. Conjunctiva intensiv griin gefarht. Harn griinlich. 1 gr per Sonde. 17. Mai. 1 gr per Sonde. Harn griin. 18. Mai. 5 gr (!) per Sonde. Thier munter. 19. Mai. Appetit ungestort. Thier munter. — Entlassen. Versuch II: Hund von 4800 gr. 12.—14. Mai. Harn ist eiweissfrei. 15. Mai. 2 gr Naphtholgriin B per Sonde. Harn schmutzig gelb- griin. Kein Eiweiss. Kein Eisen mit den bekannten Reagentien nach- weisbar. Der mit rauchender Salpetersaure 3 / 4 Stunden gekochte Harn enthalt kaum Spuren yon Eisen. 16. Mai. Hund normal. 17. Mai. 2 gr per Sonde. Thier unverandert munter. Frisst gut, Harn gelbgriin. Kein Zucker, kein Eiweiss. 18. Mai. Sehr munter. Normale, griin gefarbte Faces. Das Wasserextract der Faces a) mit Ammoniak oder Natronlauge versetzt: griin. b) mit Sauren: roth, Der Harn gelbgriin, verhalt sich gegen Sauren oder Alkalien wie das Wasserextract der Faces. Kein Eiweiss, kein Zucker. Beim Stehen farbt sich der Harn von der Oberflache her fast schwarz. Das Thier erhalt durch Irrthum 2 gr Safranin. — Entlassen. Nitrosofarbstoffe. 47 b) Subcutane Application. Versuch III: Hiindin von 5650 gr. 20.—23. Mai, Harn eiweissfrei. 24. Mai. 2 gr in 25 Wasser subcutan. Sehr munter, hat gefressen. Conjunctiven, Zahnfleisch, Gaumen: griin gefarbt, 25. Mai. 2 gr in 25 Wasser subcutan, Thier munter. 26. Mai. 2 gr subcutan. 27. Mai. Keine Injection. 28. Mai. 2 gr subcutan. 29. Mai. Keine Injection. Thier munter, Keine Abscesse (siehe Yersuch IY und Y). Entlassen. Versuch IV: Hund von 5015 gr. 22.—24. Mai. Spuren von Eiweiss? 25. Mai. 2 gr in 25 Wasser subcutan. 20 Minuten nach der Injection sind Conjunctiva, Zahnfleisch und Gaumen griin gefarbt. Thier munter. Wenig Harn von intensiv griiner Farbe, 26. Mai. 2 gr subcutan, — Thier munter. 27. Mai. Keine Injection. 28. Mai. 2 gr subcutan. Harn intensiv griin, farbt sich mit Saure intensiv roth. 29. Mai. Thier magerer. Keine Injection. Wolle farbt sich in dem mit Schwefelsare schwach angesauerten Harn intensiv dunkelgriin. 30. Mai. Thier matt, fiebert. Innere Oberflache der Ohren griin, ebenso wie die Conjunctiva. 1. Juni. Yiele Abscesse auf dem Riicken. 2. Juni. Tod. 6 Eiterbeulen auf dem Riicken. Section: Genau dasselbe Bild wie im folgenden Yersuche. Versuch V: Hund von 5600 gr. 18. Mai. 2 gr subcutan in circa 25 Wasser. 20 Minuten nach der Injection sind die Conjunctiven griin. 19. Mai. 2 gr subcutan. Harn griin. 20. Mai. 2 gr subcutan. 21. Mai. 2 gr. Der griine Harn farbt Wolle intensiv griin. 22. Mai. Hund munter. Keine Abscesse. Gewicht 5450. Also circa 150 gr Abnahme. 24. Mai. Mehrere Abscesse auf dem Riicken. 26. Mai. Thier sehr matt, wird getodtet. Section: Unter der Riickenhaut drei grosse Abscesse, von denen der eine auf Druck griinlichen, nicht stinkenden Eiter entleert. Unter- hautzellgewebe und die serosen Membranen (Peritoneum, Pericard, Endo- card, Pleura) stark griin gefarbt. Leber und Milz gleichfalls griin. In der Kiere sind die Glomeruli ungefarbt, die Harncanalchen dagegen griin. Die Yersuche I und II, in denen 1—5 gr pro die des Naphthol- griins direct in den Magen gebracht werden, beweisen die Ungiftigkeit dieser Farbe vom Magen aus. Dagegen wurden bei subcutaner Darreichung in zwei von drei Yersuchen Abscesse und septisches Fieber beobachtet. Eine In- 48 Specieller Theil. fection durch die Spritze ist wenig wahrscheinlich, da andere Thiere, bei welchen gleichzeitig dasselbe Instrument benutzt wurde, frei von Abscessen blieben. Auch dem Kafig kann ich keine Schuld beimessen. Ich muss vielmehr die Farbe bei subcutaner Anwendung fur giftig halten und annehmen, dass ich den Hund 3, welcher bei Beendigung des Ver- suches gesund schien, nicht lange genug beobachtete. Hochst interessant ist die ungefahr eine Viertelstunde nach der In¬ jection auftretende Griinfarbung der Conjunctiven und der Innenflache der Ohrmuschel. Kapitel II. Nitrofarbstoffe. Die Nitrofarbstoffe l ) entbaiten die einwertbige Nitrogruppe —NO.,. Sie entstehen durch Einwirkung der Salpetersaure (Nitrirung) auf Benzol- abkommlinge und sind — wie viele Nitrokorper — mehr oder minder explosibel durch Hitze oder Schlag. Bei der Reduction geben sie in meist farblose Amidokorper liber. So liefert die Pikrinsaure (Nitrokorper) bei geeigneter Reduction Triamidophenol (Amidokorper). CsH2 (N0 2 ) 3 giebt (NH 2 ) 3 C|;H2 Pikrinsaure. Triamidophenol. Die Nitrofarbstoffe sind die meist orange oder gelb gefarbten Salze der Nitrokorper. Sie farben Wolle oder Seide entsprecbend dieser Eigenfarbe. Sie dienen diesem Zwecke jetzt nur noch in bescheidenem Umfange, da sie durch echtere Farbstoffe ersetzt sind. Ausserdem ist die Pikrin¬ saure, welche von alien Nitrofarbstoffen wohl am meisten Anwendung fand, langst als giftig erkannt. Zum Gelbfarbcn von Nahrungs- und Genussmitteln werden sie dagegen mit — Ausnahme der durch Reichsgesetz verbotenen Pikrin¬ saure — noch immer benutzt. Die meisten Nitrofarbstoffe, d. h. die Salze der Nitrokorper losen sich nicht allzu leicht in Wasser. Nicht alle Farbstoffe, welche die Nitrogruppe enthalten, sind ..Nitrofarbstoffe Wir rechnen zu diesen vielmehr nur solche Korper, deren Farbstoffnatur nur durch die chromophore Nitrogruppe bedingt wird. So gehoren die Nitro-Azofarbstoffe zu den Azofarben, weil fiir diese die Azogruppe (—N=N—), nicht die Nitrogruppe charakLeris tiscli ist. Nitrofarbstoffe. 49 Die wassrigen Losungen derselben werden meist durch ammonia- kalische Kupferlosung auch noch bei grosser Verdunnung gefallt und zeigen beim Erwarmen mit Cyankalium die „Isopurpursaurereaction“. Die Kupfersalze von Brillantgelb (Schoellkopf) und Dinitrokresol sind sehr loslich und setzen sicb daher erst nach langerem Stehen oder auch gar nicht ab 1 ). Zur Erkennung der wichtigsten Nitrofarbstoffe dient die folgende Tabelle: T a b e 11 e zur Erkennung der wichtigsten Nitrofarbstoffe 2 ). Die wassrige Farbstofflosung wird mit Natronlauge versetzt. A. Es entsteht durch Natronlauge sofort oder erst nach lange¬ rem Stehen ein Niederschlag. Die genuine Earbstofflosung giebt mit Salzsaure einen in Aether mit schwachgelber Earbe losliehen Niederschlag. Mit Eisenchlorid ent¬ steht eine flockige, gelblich-weisse Fallung. Der Korper ist schwefel- frei. Martiusgelb. Die genuine Earbstofflosung bleibt auf Zusatz von Salzsaure klar und wird hellgelb gefarbt. Zugesetztes Eisenchlorid farbt die urspriing- liche Losung einen Moment lang rothbraun, dann dauernd dunkelgriin. Der Korper ist schwefelhaltig. Brillantgelb (Schoellkopf). B. Die mit Natronlauge versetzte Farbstofflosung bleibt klar. I. Mit ammoniakalischer Kupferlosung entsteht in der urspriinglichen Farbstofflosung erst nach mehreren Stunden ein sparsamer Niederschlag oder iiberhaupt kein Niederschlag. Durch Salzsaure tritt Entfarbung der Farbstofflosung ein. Durch Eisen¬ chlorid entsteht ein flockiger, in Wasser leicht loslicher Niederschlag. Beim Kochen mit Eisenchlorid farbt sich die Farbstofflosung roth, beim Erkalten fallt ein flockiger Niederschlag aus. Dinitrokresol (Safransurrogat). II. Mit ammoniakalischer Kupferlosung entsteht sofort ein — meist crystallinischer — Niederschlag. a) Salzsaure bewirkt in der Farbstofflosung einen Nieder¬ schlag. Der durch Salzsaure erzeugte Niederschlag ist in Aether mit gelber Far be loslich. Aurantia. b) Salzsaure bewirkt in der Farbstofflosung keinen Nieder¬ schlag. Durch Deduction mit Zinnchlorur und Salzsaure und nachfolgendem Zusatz von Eisenchlorid entsteht goldgelbe Losung. Naphtholgelb S. Durch Reduction mit salzsaurer Zinnchlorurlosung und nachfolgendem Zusatz von Eisenchlorid entsteht eine blaue Farbung. Pikrinsaure. l ) Das Verhalten gegen ammoniakalische Kupferlosung wurde vom Verf. an fol- genden Farbstoffen gepriift: Pikrinsaure, Dinitrokresol, Martiusgelb, Naphtholgelb S., Brillantgelb (Schoellkopf) und Aurantia. 2 ) Die zu priifenden Losungen miissen mindestens 0,1 pCt. eines Salzes des Farbstoffs enthalten. W e y 1, Theerfarben. a 50 Specieller Theil. 1. Pikrinsaure. OH Pikrinsaure C 6 H 3 N 3 0 7 = C 6 H 2 (0H)(N0 2 ) 3 = N0 2 y \ N0 2 ist a-Trinitrophenol. NO, Sie entsteht durch Einwirkung von Salpetersaure (Nitrirung) auf Phenol, Phenolsulfosauren, o- oder p-Nitrophenol, a- oder jtf-Dinitrophenol und auf gewisse Harze. Endlich wird auch Pikrinsaure durch Nitrirung von Seide, Wolle, Leder und dergleichen erhalten. — Die Darstellung geschieht wohl fast ausschliesslich durch Einwirkung von Salpetersaure auf die Phenolsulfosauren nach folgenden Formeln. (i) (ii) OH ^6 OH -f~ H 2 S0 4 — C 6 H 4 H 2 0 Phenolsulphosauren Phenol OH OH C 6 H 4 Hgo 3 _ l _ 3 HN0 3 — C 6 H 2 + H 2 S0 4 -|- 2H 2 0 Pikrinsaure. Die reine Pikrinsaure crystallisirt in mattgelben, glanzenden Blattern (aus Wasser) oder in rhombischen Saulen (aus Aether). Sie sublimirt bei vorsichtigem Erhitzen unzersetzt, verpufft bei starkerem Erhitzen. Schmelzpunkt 122,5°. Sie lost sich schwer in kaltem, leicht in heisseno Wasser, ferner in Alkohol, Aether und Benzol. Die Losungen sind gelb gefarbt und schmecken intensiv bitter. Die pikrinsauren Salze (Pikrate) explodiren durch Stoss oder Hitze. Das Natriumsalz ist viel leichter loslich als das Kaliumsalz. Erkennung: 1. In concentrirte Schwefelsaure gestaubt: farblos. 2. Die wasserige Losung wird durch einige Tropfeu verdiinnter Salzsaure nicht getriibt. (Unterschied gegen Brillantgelb, Martiusgelb, Aurantia und Dinitrokresol.) 3. Einer sauren Losung wird Pikrinsaure durch Aether entzogen. Der Aether farbt sich gelb. Auf Zusatz von Cyankalium wird das ab- gehobene Aetherextract rothbraun gefarbt. — Die Probe mit Cyankalium (Isopurpursaurebildung) kann auch in der wasserigen Farbstofflosung angestellt werden. (Die Isopurpursaurereaction zeigen alie darauf ge- priiften Nitrofarbstoffe.) 4. Pikrinsaure giebt auch noch bei grosser Verdiinnung mit ammoniakalischer Losung von Kupferoxyd (gleiche A^olumina von Kupfer- sulphat (1 : 12) und Ammoniak) einen gelben crystallinischen Nieder- schlag. Derselbe lost sich in Salzsaure zur klaren Fliissigkeit (Unter¬ schied von Martiusgelb und Aurantia). Seine Losung in heissem Wasser farbt sich beim Kochen mit Cyankalium dunkelbraunroth (Isopurpur¬ saurereaction). Pikrinsaures Kupfer ist in Alkohol loslich. 5. Pikrinsaures Ammoniak giebt mit Natronlauge keinen Nieder- schlag. (Unterschied von Brillantgelb [Schoellkopf]). Nitrofarbstoffe. 51 6. Durch Reduction mit alkoholischem Schwefelammonium wird Pikraminsaure (Dinitroamidophenol) gebildet, welche sich mit rother Farbe lost. 7. Eine salzsaure Losung von Zinnchloriir reducirt zu Triamido- phenol, welches auf Zusatz yon wenig Eisenchlorid in blaugefarbtes Diimidoamidophenol iibergeht. (Unterschied gegen alle. ubrigen Nitro¬ farbstoffe.) 8. Mit Eisenchlorid giebt Pikrinsaure einen rothgelben, in Wasser ziemlich leicht loslichen Niederschlag. Zur Erkennung auf Geweben und in Nahrungsmitteln muss die Pikrinsaure isolirt werden. Man fiihrt sie zu diesem Zweck am besten in atherische Losung liber. Die letztere wird mit wenig Alkali geschiittelt. Mit dem pikrinsauren Alkali konnen dann die oben (S. 50) erwahnten Reactionen No. 2, 4 und 7 angestellt werden. Anwendung: Pikrinsaure wurde friiher sehr viel allein und im Gemisch mit anderen Farben zum Gelbfarben yon Seide, Wolle (nicht yon Baumwolle) und yon kiinstlichen Blumen benutzt. Auch als Farbe fiir Nahrungsmittel und Genussmittel (Bier) soil sie gebraucht worden sein. Sogar als Arzneimittel (s. u.) spielte dieselbe zeitweise eine Rolle. In Deutschland ist ihre Verwendung zum Farben von Nahrungs¬ mitteln u. s. w. seit dem 1. Mai 1888 wegen ihrer Giftigkeit durch Reichsgesetz untersagt. Die Giftigkeit der Pikrinsaure ist haufig uberschatzt worden. Erb 1 ) gab einem Kaninchen von 1700 gr wahrend 90 Tagen taglich 1 Gran (= 0,06 gr) pikrinsaures Kali. Es trat zeitweise Diarrhoe und Abnahme des Korpergewichtes auf. Schwerere Symptome wurden nicht beobachtet. Ein Kaninchen von 2065 gr starb erst, nachdem es in 19 Tagen 42 Gran (= 2,52 gr) des Mittels genommen hatte. Ein „ganz junger“ Hund 2 ) erhielt vom 21. bis 26. April taglich 4 Gran Natron picricum, vom 28. April bis 9. Mai taglich 6 Gran Natr. picricum — also im Verlaufe von circa 3 Wochen 96 Gran = 5,76 pikrinsaures Natrium, ohne das irgend welche bedrohliche Erscheinungen aufgetreten waren. Dann bekam dasselbe Thier am 13. Mai 20 Gran (= 1,2 gr) pikrinsaures Natrium auf einmal. An den folgenden Tagen war der Hund sehr matt. Starke Diarrhoen und Dyspnoe stellten sich ein. Am 14. Mai werden wieder 10 Gran (0,6) verabfolgt, welche aber Erbrechen hervorrufen. Abends nochmals 6 Gran (0,36 gr). Am 15. Mai ist das Thier munter und erhalt wiederum 4 Gran (0,24 gr) und an demselben Tage abends nochmals 12 Gran (0,72 gr). Am 16. Mai grosse Schwache und 3 Gran (0,16 gr) Natron picricum sub cut an. Es erfolgt starkes Erbrechen. Am 17. Mai 12 Gran subcutan (0,72 gr). Am 18. und 19. Mai erholt sich das Thier auffallend. Ausser der starken Gelb- farbung der Conjunctiva und der ausseren Haut bietet es keine Abnormi- taten. Erst am 20. Mai fmdet das geplagte Thier sein Ende, nachdem es 22 Gran (1,32 gr) pikrinsaures Kali erhalten hatte. 4 ) Erb, Die Pikrinsaure. Inaugural-Dissertation. Wurzburg 1864. S. 4 ff. 2 ) Erb, a. a. 0. S. 8. 4* 52 Specieller Theil. Der Hund hatte die colossale Dosis von 175 Gran = 10,5 gr, dar- unter 15 Gran (0,9 gr) subcutan, pikrinsaures Natron resp. Kali in circa 4 Wochen erhalten *). Nach Einverleibung yon 143 Gran (8,5 gr) befand sich der Hund noch leidlicb wobl. Hunde sind also trotz der durch Pikrinsaure „hervor- gerufenen Prostation der Krafte und trotz der.be- deutenden Destruction des Blutes“ ausserst resistent gegen diesen Korper * 2 ). Audi iiber die Wirkungen der Pikrinsaure und ihrer Salze auf den Menschen sind wir durch die therapeutischen Anwendungen und durch Vergiftungsfalle recht genau unterrichtet. Tagliche Dosen von 9—15 Gran pikrinsaurem Kali (0,54—0,9 gr) werden von gesunden erwachsenen Menschen auch fur langere Zeit leicht ertragen 3 ). Es tritt meist schon nach 24 Stunden deutliche Gelbfarbung der Haut und der Conjunctiva auf. Der Harn farbt sich dunkel und enthalt neben anderen Stoffen auch kleine Mengen yon Pikrinsaure. Kinder und schwachliche, fiebernde Erwachsene vertragen Pikrin¬ saure schlecht. Die Pikrinsaure gait friiher als ein Ersatzmittel fur Chinin bei Intermittens 4 ). Man gab Dosen - von 5 —15 Gran (0,3—0,9 gr) Kali picricum pro die — wie es scheint ohne Erfolg. Auch zur Abtreibung von Eingeweidewiirmern wurde sie verordnet 5 ). Gegen Trichinen und Cysticerken ist sie wirkungslos, gegen Bandwiirmer (Taenien) und Spulwiirmer dagegen wird die Wirkung der Pikrate gelobt. Ferner hat die Pikrinsaure gegen Keuchhusten, Dyspepsie, Chlorose, Kratze, Schanker u. s. w. Anwendung gefunden 6 ). Falle von Pikrinsaurevergiftung beim Menschen werden in der Literatur nur wenige erwahnt 7 ). Keiner von ihnen endete mit dem Tode. In dem Fall Adler 8 ) nahm ein 16jahriges Lehrmadchen einen Kalfeeloffel Pikrinsaure, also circa 3 — 5 gr. Sie erbrach sofort, auch stellten sich Diarrhoeen ein. Die Sclerotica und die Haut des gesammten Kbrpers zeigte eine intensiv dunkelgelbe, fast braunliche Far bung, so dass die Patientin wie ikterisch aussah. Die sichtbaren Schleimhaute waren blass. Die Finger beider Extremitaten waren in den Metacarpo-Phalangeal- gelenken gebeugt, in den Phalangealgelenken krampfhaft gestreckt. Sie konnten von der Patientin activ nicht bewegt werden. Das Blut *) Die am 14. Mai gegebenen 10 Gran sind nicht in Rechnung gezogen, weil sie zum grossten Theil erbrochen wurden. 2 ) Erb, a. a. 0. S. 8. 3 ) Erb, a. a. 0. S. 22 und 85. 4 ) Erb, a. a. 0. S. 31. 5 ) Erb, a. a. 0. S. 25 und 36. 6 ) Ewald und Ludecke, Arzneiverordnungslehre. S. 142 (10. Aufl., 1883). 7 ) L. Lewin, Lehrbuch der Toxicologie, 1885, S. 229, fand in der Literatur nur drei Falle von Yergiftung durch Pikrinsaure. Seitdem ist der im folgcnden er- wahnte Fall von Adler hinzugekommen. 8 ) Wiener med. Wochenschr. 1880, 819 (No. 29). Nitrofarbstoffe. 53 enthielt viel weisse und wenig rothe Blutkorperchen. — Im Harn konnte Ludwig Pikrinsaure nachweisen. Nach acht Tagen war das Madchen genesen. Die vorstehenden Notizen lassen erkennen, dass die Pikrinsaure zwar zu den giftigen Stoffen gerechnet werden muss, dass ihre Giftigkeit jedoch bei weitem geringer ist, als man gewohnlich annimmt. Jedenfalls ist ihrVerbot als Farbemittel fiir Nahrungs- und Genussmittel, welches durch Reichsgesetz ausgesprochen wird, voll- auf berechtigt. 2 . Safransurrogat (Dinitrokresol). Als Safransurrogat, Goldgelb, Victoriagelb, Victoria- orange, Anilinorange wird ein Farbstoff bezeichnet, der im Wesent- lichen das Kalium oder Ammoniumsalz eines Dinitrokresols dar- stellt. Er wird durch Nitrirung von Kresolsulfosauren erhalten. OH OH C 6 H 3 —CH, + 2 HN0 3 = C 6 H 2 —OH 3 + H 2 S0 4 + H,0 \ hso 3 Kresolsulfosauren (N0 2 ) 2 .NO, NO, , /NO^ TT /no! und entspricht der Formel C 6 H 2 _ qjj resp. C 6 H 2 _ \ 3 \ OK ONH, i, Das „Victoriagelb“ entsteht durch Nitrirung Yon o-Kresol und unterscheidet sich durch seine gelbe Farbe von dem mehr rothen „Safran- surrogat a . Letzteres wird aus p-Kresol bereitet. Das Kalisalz und das Ammoniaksalz lost sich in Alkohol oder Wasscr ziemlich leicht. Die concentrirten Losungen sind orange, die verdiinnten gelb gefarbt. Die Salze des Safransurrogats explodiren beim Erhitzen. Die Handel- ware wird mit circa 40 pCt. Salmiak versetzt, um sie nichtexplodirbar und versendbar zu machen. Erkennung: 1. In concentrirte Schwefelsaure gestaubt: farblos. Die schwefelsaure Losung giebt mit Wasser keinen Niederschlag (Unter- schied von Martiusgelb). 2. Die wiissrige Losung des Kali- oder Ammoniumsalzes wird auf Zusatz von Salzsaure oder Schwefelsaure fast farblos oder schwach gelb- lich gefarbt. Zugleich scheidet sich das freie Dinitrokresol in schwach gelb gefarbten Nadeln aus. (Unterschied von Pikrinsaure.) Der aus- geschiedene Niederschlag ist in Alkohol loslich. Aether nimmt aus der mit Saure versetzten Farbstoff losung die freie Farbsaure auf und farbt sich hierbei sehr schwach gelblich. (Unter¬ schied von Pikrinsaure.) Ein zum Aetherextract gesetztes Alkali farbt sich gelbbraun. 54 Specieller Theil. 3. Die wassrige oder alkoholische Losung des Farbstoffes farbt sich beim Erwarmen mit Cyankalium dunkelbraun. (Isopurpursaure- reaction.) 4. Die wassrigen Losungen der Safransurrogate des Handels werden durch ammoniakalische Kupferlosung (gleiche Yolumina Kupfersulphat und Ammoniak) auch nach langerem Stehen nicht gefallt (Unterschied gegen Pikrinsaure, Martiusgelb, Naphtholgelb S, Aurantia). Bisweilen scheidet sich nach 24 Stunden ein geringer flockiger Niederschlag aus. (Siehe Brillantgelb.) (Th. Weyl.) 5. Beim Erhitzen der trocknen Salze des Dinitrokresols tritt Yer- puffung ein (s. o. S. 53). 6. Eisenchlorid erzeugt in der wassrigen Losung einen schwach gelblichen, in Wasser leicht loslichen Niederschlag. Die mit Eisenchlorid erhitzte Losung farbt sich roth. Beim Erkalten fallt ein flockiger Nieder- schlag aus. 7. Durch Natronlauge tritt keine Fallung ein (Enterschied von Brillantgelb). 8. Salzsaure Zinnchlorurlosung giebt: a) auf Zusatz von Ammoniak: Bothfarbung. b) auf Zusatz von Eisenchlorid: Orangegelbe Losung. (Yergl. .Pikrinsaure.) Anwendung: Fast ausschliesslich zum Gelbfarben von Nahrungs- und Genussmitteln wie Nudeln, Liqueure, Backwaaren. Die Orangefarbung der Seide und Wolle mit Dinitrokresol schmutzt leicht ab und ist daher wenig beliebt. Das Safransurrogat ist, wie die folgenden Darlegungen zeigen werden, ein starkes Gift. Mir standen fiir meine Yersuche folgende sechs Praparate zur Yer- fiigung. a) Praparat der Sammlung des organischen Laboratoriums im Polytechnikum zu Berlin (von Prof. Liebermann freundlichst zur Yerfiigung gestellt). Dieses Praparat bestand aus fast reinem Dinitro- kresolkalium. # b) Ein von Dr. Martius in Berlin giitigst geschenktes Praparat. c) Handelswaare 4 ) von Schuster & Co. in Eutritsch bei Leipzig. d) Handelswaare 1 ) von Ed. Sauppe in Doebeln. e) Handelswaare 1 ) von M. Mittenzwey in Poelbitz. f) Das Praparat des Yergiftungsfalles in Bremerhaven. Die einzelnen Praparate waren einander sehr ahnlich. Sie stellten gelbrothe oder mehr zinnoberrothe microcrystallinische Pulver dar. Nur das Praparat der Laboratoriumssammlung bestand aus deutlichenCrystallen, die im reflectirten Lichte eine Art von Silberglanz zeigten. *) Also mit circa 40 pCt. NH 4 C1 versetzt (s. o. S. 53). Nitrofarbstoffe. 55 A. Yersuche an Kaninchen. 1. Stomachale Darreichung *). Thiere, denen 0,25 gr Dinitrokresolsalz in wenig Wasser gelost mit der Schlundsonde in den Magen gebracht wurde, zeigten folgende Symptome. Kurz nach der Yergiftung waren die Thiere meist lebhaft wie zuvor. Sie hiipften im Zimmer umher und zeigten nicht die geringste Abnormitat. Bald aber wurde die Athmung frequenter. Das Thier blieb ruhig an seinem Platze sitzen und fiel zeitweise auf die Seite. Beim Yersuche vorwarts zu gehen, werden die Hinterbeine nachgeschleppt. Die Schnauze beriihrte den Boden. Sie wurde aber anfangs wieder gehoben. Das Thier konnte sich noch vorwarts bewegen. Meist waren die Pupillen weit, in einigen Fallen verengerten sich dieselben kurz vor dem Tode. Allmalig wurde die Athmung ausserst frequent, sie setzte zeitweilig aus. Jetzt lag das Thier dauernd auf der Seite, der Kopf beriihrte die Erde, die Augen waren weit geoffnet, die Conjunctivae bulbi („das Weisse des Auges“) unempfindlich, die Pupillen stark dilatirt. Die Extremitaten begannen zu zucken, es stellten sich Streckkrampfe ein. Meist wurde jetzt Cheyne-Stokes Athmungsphanomen beobachtet. Die Athempausen verlangerten sich allmalig bis auf 10—15". Dann trat der Tod unter Erstickung ein, haufig nachdem der Kopf riickwarts geworfen und allgemeine, kurzdauernde Streckkrampfe vorhergegangen waren. In zwei Fallen (I und III) der nachstehenden Tabelle spielte sich der Yorgang in 20—30 Minuten ab. Und zwar war das bei diesen Yersuchen benutzte Praparat, wie bereits oben gesagt, nahezu reines Dinitrokresolkalium. In Yersuch IX trat der Tod erst nach zwei Stunden ein. Die folgenden Yersuchsprotocolle werden das gesagte naher pracisiren. Versuch IV. Kaninchen von 680 gr erhalt 0,17 gr des Praparates von Ed. Sauppe (Doebeln). 12 Uhr 22 Minuten: Yergiftung. 30 54 16 52 2 „ — 10 55 55 55 55 55 55 55 45 55 55 55 55 55 55 55 Thier springt munter umher. Bleibt ruhig sitzen. Nasenflugelathmen. Kopf beriihrt den Boden. Grosse Athipmpausen. Cheyne Stokes. Athempausen von 10 bis 12 Sekunden. Tod. Versuch von Sauppe. 12 Uhr 55 IX: Thier von 1797 gr erhalt 0,45 gr des Praparates — Minuten: Vergiftung. 3 „ Starke Dyspnoe. 9 Siehe Deutsche medicinische Wochenschrift. 1887, No. 45. 56 Specieller Theil. 12 Uhr 10 Minuten Thier liegt auf der Seite. 55 12 55 Streckkrampfe. 55 20 55 Kopf in den Nacken. 55 25 55 Tod. Tabelle I. Yersuche am Kaninchen bei stomachaler Darreicluing-. Gewicht Substanz Bezeichnung Bremerhav. XII 1870 0,45 0,24 2 „ 15 „ ) XIII XIV 1750 1690 0,42 0.42 0,24 0,25 2 „ 20 „ 2 „ 30 „ j Mittenzwey. 2. Subcutane Darreichung. Subcutane lnjectionen babe ich am Kaninchen nur mit dem Pra- parat von Bremerhaven angestellt. Die Symptome waren die oben geschilderten, Nur ging das Thier scbneller als bei stomachaler Dar¬ reichung zu Grunde. Versuch XV. Kaninchen von 1825 gr erhielt 0,2 gr des Bremer- havener Praparates in lauwarmem Wasser subcutan (also 0,11 gr pro Kilo). 2 Uhr 55 4 Minuten: 10 3 •» 40 55 55 55 55 Injection. Starke Dyspnoe. Flankenschlagen. Active Exspiration. Grosse Schwache. Die Extre- mitaten rutschen dem Thiere unter dem Leibe fort. Kopf fallt auf die Seite. Augen weit geoffnet. Thier liegt dauernd auf der Seite. Sehr tiefe Athemziige mit grossen Pausen. (Fast Typus nach Cheyne-Stokes.) Pupillenreflex er- loschen. Tod, 3 15 Nitrofarbstoffe. 57 Ein zweites Thier, dem nur 0,06 gr pro Kilo subcutan injicirt waren, zeigte starke Dyspnoe, kam aber mit dem Leben davon. Bei der Section der Thiere, denen das Gift in den Magen gebracht worden war, fiel der Magen sofort durch seine gelbe Farbe auf. Der Mageninhalt wurde mit Salzsaure angesauert und mit Aether ausgeschiittelt. Das durch Chlorophyll (spectroscopischer Nachweis!) griingefarbte Aether- extract gab beim Schiitteln mit yerdiinnter Natronlauge an diese einen Korper ab, der sich in Alkohol mit gelbrother Farbe loste. Die grime atherische Losung zeigte rothe Fluorescenz. Die alkalische Losung Avurde durch Erwarmen von Aether befreit. Sie gab nach dem Ansauern mit Salzsaure einen crystallinischen Nieder- schlag von den Eigenschaften des Dinitrokresols (s. S. 53). Die meisten Organe, namentlich Leber und Lunge, sehr blutreich. B. Yersuche am Hnnde, 1 ) a. Stomachale Darreichung. Thiere, denen man Safransurrogat mit der Schlundsonde in den Magen bringt, zeigen hochst charakteristische Symptome. Zunachst tritt in jedem Fall einmaliges oder mehrmaliges Erbrechen auf. Haufig werden auch Diarrhoen beobachtet. Hat der Flund hierbei den grossten Theil des Giftes ausgeschieden, so benimmt er sich bereits nach 10—15 Minuten Avie ein normales Thier. Er lauft umher, reagirt auf Anruf und frisst die ihm vorgesetzte Nahrung. Meist aber behalt das Thier soviel Dinitrokresol bei sich, dass die ubrigen Symptome der Vergiftung zur Beobachtung gelangen. In diesem Falle tritt zunachst etwa 10 — 20 Minuten nach dem Erbrechen ein eigenthiimliches Zittern des ganzen Korpers auf. Es folgen krampfhafte, haufig vergebliche Brechbewegungen, die meist nur zahen etwas gelb gefarbten Schleim zu Tage fordern. Die Athmung erfolgt miihsam unter activen Exspirationen. Das Thier vermag sich nicht mehr aufrecht zu halten. Speichelfluss stellt sich ein. Es liegt auf der Seite. Jetzt beginnen Krampfe der Extremitaten, welche anfallsAveise auftreten, bei denen das Thier in der Luft Laufbewegungen macht (Laufkrampfe). Der Tod pflegt im dritten oder vierten Anfalle zu erfolgen. Nachfolgend einige Versuchsprotocolle. Versuch I. Hund von 6230 gr erhalt am 8. Januar 1888 circa 1,5 gr Dinitrokresol der Laboratoriumssammlung in 50—60 lau- Avarmem Wasser per Schlundsonde. 12 Uhr 20 Minuten: Injection. 55 55 55 30 40 45 49 55 55 55 55 Mehrmaliges Erbrechen. Zittert sehr stark. Halt sich miihsam auf den Beinen. Neues Erbrechen. Wiederholte krampfhafte Brechbewegungen. Thier legt sich nieder. „Laufkrampfe a . Thier liegt auf der Seite. l ) Yergl. Berichte der Deutsch. chem. Gesellsch. 1888. S. 512 (Februar). 58 Specieller Theil. 12 Uhr 52 Minuten: Diarrhoe. Speichelfluss. I „ — 55 Thier schlaft. 2 „ — 55 Vollkommen munter. Versuch III. Hund von 5500 gr erhalt am 21. Januar 1888 0,30 gr Dinitrokresol (Praparat der Laboratoriumssammlung) mit der Schlund- sonde. 12 Uhr 10 Minuten: Injection. 55 15 55 Erbrechen. 55 20 55 Diarrhoen. 55 25 55 Thier fallt auf die Seite. Laufkrampfe. Neues Erbrechen. Es wird nur etwas zaher, weisser Schleim entleert. 55 27 55 Neue, starkere Krampfanfalle. Thier liegt auf der Seite. Mund weit — tetanisch — geoffnet. 55 35 55 Dritter Anfall. 55 45 55 Vierter Anfall. 55 50 75 Thier todt. Muskeln starr. Section: Im Magen wenig Inhalt. Einzelne Krystalle von Dinitro- kresol (Nachweis S. 57). Leber, Darm, Lunge hyperamisch. Im Blute kein Methhaemoglobin. Versuch V Ein Neufundlander Bastard von 14,5 Kilo erhalt am 26. Januar 0,7 Dinitrokresol (Praparat des Polytechnikums) in etwas Milch per Schlundsonde. 1 Uhr 55 Minuten: Injection. 2 „ 20 55 Thier still. 55 35 55 Dyspnoe. Jammert laut. 55 40 55 Speichelfluss. 55 45 55 Lasst Harn, der Dinitro-Kresolsalz enthalt. 55 46 55 Erbrechen. 55 50 55 Sehr unruhig. 3 „ — 55 Laufkrampfe. Wimmert laut. 55 3 55 Erbrechen. 55 15 55 Starke Dyspnoe. Liegt auf der Seite. Schwerer Krampfanfall. Reagirt nicht auf starke sensible Reize. 2 „ 25 55 Hund munterer. 55 31 55 Wenig Dyspnoe. 4 „ — 55 Vollig munter. (Siehe das Weitere S. 59, Versuch YII). Die einzelnen Versuche sind weiter unten (Tab. II) zusammen- gestellt. b. Subcutane Injection. Icb hoffte durcb subcutane Injection das bei stomachaler Darreichung auftretende Erbrechen zu vermeiden. Wie die Versuche zeigten, war diese Berechnung falsch. Nitrofarbstoffe. 59 Versuch VI. Hund von 6230 erhalt am 24. Januar 1888 0,1 gr Dinitrokresol (Praparat der Laboratoriumssammlung) in circa 10 cm Wasser snbcutan. (Das Thier hatte vorher 0,3 gr direct in den Magen erhalten’, war aber trotz ausgepragter Vergiftungssymptome mit dem Leben davongekommen.) 1 Uhr 21 Minuten: Injection. — 55 30 55 Starke Dyspnoe. Erbrechen. — 55 30 55 Zittern. Leichter Krampfanfall. ■— 55 57 55 Speichelfluss. Leichter Krampfanfall. 2 55 — 55 Laufkrampfe. Tetanus der Masseteren. Zaher Schleim vorm Munde. 2 55 5 55 Starke Dyspnoe. Thier liegt auf der Seite. 55 10 55 Immer neue Krampfanfalle. Hund reagirt nicht mehr auf Anrufen, auch nicht auf starke sen¬ sible Reize. — 55 15 55 Tod. Muskeln starr. Sectionsbefund wie oben. Kein Methhaemoglobin im Blut. Versuch VII. Hund von 14,5 Kilo erhalt am 26. Januar die fol- genden Dosen des Praparates der Laboratoriums - Sammlung subcutan. (Drei Tage friiher hatte das Thier [S. 58] eine starke Dosis (0,7) des Giftes in den Magen erhalten. Trotz ausgepragter Vergiftungs¬ symptome war der Hund am Leben geblieben.) 10 Uhr 40 Minuten: 0,1 subcutan. Bis 12 12 2 ?? 55 55 r> 55 15 20 30 45 55 55 5 ) 55 55 etwas matt, dann munterer. 0,1 subcutan. Thier matt. 0,2 subcutan. Active Exspiration. Abdominales Athmen. Dyspnoe. Reagirt auf Anruf durchSchweifwedeln. Schwacher Krampfanfall. Spater vollig normal. Versuch VIII. Hund von 3420 gr erhalt am 27. Januar 1888 0,1 gr das Bremer havener Praparat in circa 10 ccm Wasser subcutan. 10 Uhr 30 Minuten: Injection von 0,1 gr. 11 55 6 55 Erbrechen. — 55 27 55 Erneutes Erbrechen. 12 55 — 55 Ebenso. 12 55 50 55 0,2 subcutan. Erbrechen gelblicher Massen. 12 55 55 55 1 55 10 55 Krampfhafte Brechbewegungen. Erbrechen gelblicher Massen. — 55 11 55 Schwacher Krampfanfall. 55 16 55 Thier liegt auf der Seite. Starker Krampfanfall. Laufkrampfe. Tetanus der Masseteren. Mund weit geoffnet. — 55 18 55 Sehr starke Dyspnoe. Eortdauernde Krampfe. — 55 20 55 Tod. Muskeln starr. Sectionsbefund: wie gewohnlich. 60 Specieller Theil. Versuch IX. Hund von 5690 gr erhalt 0,1 Safransurrogat von Mittenzwey (0,017 per Kilo) in circa 25 Ccm. lauem Wasser subcutan. 10 (Jhr 40 Minuten: Injection 0,1. — ?? 48 55 Harte Faeces. Leckt an der Injectionsstelle. — 5) 51 55 Athmet sehr schnell. 11 55 35 55 Setzt sich. — 55 50 55 Anscheinend normal. 12 55 15 55 Injection 0,2 snbcutan. Respiration beschleunigt. — 55 25 55 — 5) 26 55 Erbrechen. — 55 27 55 Erbrechen. — 55 30 55 Erbrechen. Zittert. — 55 31 55 Gelber zaher Schleim erbrochen. — 55 32 55 Schwacher Krampfanfall. Thier liegt auf der Seite. — 55 33 55 Versucht sich empor zu richten. 11 55 35 55 Starker Anfall. Lanfkrampf. Masseteren Krampf. Weisser Schaum vorm Munde. — 55 36 55 Staiker Krampfanfall. — 55 37 55 Noch immer in Krampfen. Pupille reagirt. 55 40 55 Durch sensible Reize wird kein Anfall ausge- lost. Sehr beschleunigte Athmung. Thier liegt auf der Seite. — 5? 45 55 Dritter Krampfanfall. — 55 49 55 Vierter „ — 55 52 55 Funfter „ — 55 55 55 Sechster „ 1 55 — 55 Siebenter „ 1 55 2 55 Achter „ — ’5 5 55 Neunter ,, — 55 8 55 Zehnter ,, — 55 15 55 Elfter „ — 55 26 55 Respiration 108 (!) — 55 32 55 „ 120 (!) — 55 38 55 » 148 (!) 1 55 39 55 » 180 (!) — 55 45 55 » 120 (!) — 55 50 55 Athmet langsamer. Liegt auf der Seite. Ocffnet die Augen. — 55 52 55 Macht spontane Bewegungen mit dem Schwanze. 2 55 — 55 Athmet viel ruhiger. 9 Li 55 10 55 Respiration 90. — 55 25 55 Bewegt den Kopf spontan. — 55 30 55* Wedelt ein wenig mit dem Schwanz. — 55 45 55 Hat sich erholt. Liegt aber noch auf der Seite. Lebt am folgenden Tage und ist anscheinend vollig normal. Nitrofarbstoffe. 61 Tabelle II. Yersuche am Hunde. 6 Gewicht Substanz erhalten. * Bezeichnung Polytechn. IY 6230 0,3 0,048 Erholt sich. i V 14500 0,7 0,05 Vergl. S. 58. ,>V ' ' t r T b> subcutane Injection. YI 6230 0,1 a) 0,1 b) 0.1 0,016 75 Minuten. Vergl. S. 59. > VII 14500 0,007 0,007 Erholt sich. Vergl. S. 59. ■ Polytechn. c) 0,2 0,014 VIII 3420 0,1 0,029 170 Vergl. S. 59. Bremerhaven. IX 5690 a) 0,1 b) 0,2 0,017 0,035 Erholt sich. Vergl. S. 60. Mittenzwey. Yorstehende Tabelle bedarf nur weniger Erlauterungen. Es konnte auffallend erscbeinen, dass Thiere, die 0,05 gr Dinitrokresolsalz in den Magen erhielten (Versuch II—Y) nicht in alien Fallen starben. Diese Erscheinung wird aber leicht verstandlich, wenn man beriicksichtigt, dass jede Dosirung eines Mittels nahezu illusorisch ist, welches wie das vorliegende sofort Erbrecben hervorruft. Es hangt offenbar yon Zufallig- keiten ab, die der Experimentator nicht beberrscht, ob v 7 iel, wenig oder so gut wie nichts von dem eingefiihrten Safransurrogat zur Wirkung ge- langt. Dasselbe gilt natiirlich auch fiir Yersuch I. Bei subcutaner Injection liegen die Verhaltnisse folgendermassen. Yergleicbbar sind Yersuch VI und VII, weil sie mit dem gleichen Pra- parate angestellt sind. Das Thier, welches 7 mgr pro Kilo erhalten hatte (Yersuch Vila und VIIb) blieb am Leben. 16 mgr pro Kilo todteten in Versuch YI, 14 mgr pro Kilo waren fiir den grossen Hund von 14,5 Kilo in Yersuch VII c noch nicht todtlich. Im Yersuch VIII todteten erst 29 mgr pro Kilo, also fast die doppelte Menge der Dose, die in Yersuch VI den Tod herbeifiihrte. Aber das in Yersuch VIII benutzte Bremerhavner Praparat enthielt, wie spater (S. 65) naher ausgefiihrt ist, circa 33 pCt. Salmiak, wahrend das in alien anderen Yersuchen angewandte Praparat der Laboratoriums- Sammlung nahezu reines Dinitrokresolkalium darstellte (S. 54), Auch das Thier von Yersuch IX, der mit dem Praparat von Mit- tenzwey ausgefiihrt ist, war dem Tode nahe, wie das Yersuchsprotocoll (S. 60) beweist. 62 Specieller Theil. Die am Hunde angestellten Versuche haben folgende charakteristi- schen Vergiftungssymptome ergeben. Mag das Gift in den Magen oder unter die Haut gebracht worden sein, in alien Fallen leiteten Brechbewegungen und darauf folgendes Er- brechen die Vergiftung ein, Active Expirationen und Dyspnoe schlossen sich an, Dann folgten Speichelfluss und ein charakteristisches Zittern des ganzen Korpers, Jetzt lag das Thier meist schon hiilflos auf der Seite. Die ersten Krampfanfalle zeigten sich und ausserten sich nament- lich in der Form von „Laufkrampfen a . Ein zweiter, ein dritter Krampfanfall folgte. In einem solchen gingen die Thiere meist zu Grande. Wenige Minuten nacb dem Tode wurden die Muskeln bereits starr gefunden. In mehreren Fallen erbolten sich die Thiere nach 1—2 Std. vollig. Als Dosis toxica ergab sich fiir den Hund bei subcutaner Dar- reicbung 7—10 mgr pro Kilo, wahrend die Dosis lethalis 16 mgr pro Kilo fiir ein fast reines Dinitrokresolkalium, 29 mgr pro Kilo fiir ein Handelpraparat mit iiber 30 pCt. Salmiak betrug. Wie aus den nacbstebenden Formeln hervorgebt, stebt das Safran- surrogat der Carbolsaure und der Pikrinsaure nahe. c 6 h 5 oh Carbolsaure Phenol OH / C„H 2 =(N0 2 ) 3 Pikrinsaure Trinitrophenol Aucb die Vergiftungssymptome des Dinitrokresols stimmen mit denen der Carbolsaure wie fiir das Kaninchen von E. Salkowski 1 ) fiir den Hund von J. Munk 2 ) gescbildert sind, in wesentlicben Punkten iiberein. Fast konnte man die Vergiftung durcb Safransurrogat als eine Carbolsaure-Vergiftung bezeichnen. Nur ist das Dinitro- kresol viel giftiger als die Carbolsaure, wie die folgende Zusammen- stellung zeigt. r pr ° 6±l4 CH 3 Methylcarbolsaure Kresol OH / i \ C c H 2 -CH 3 (NO 2 ) 2 Safransurrogat Dinitrokresol ') Pfliiger’s Archiv, 5, 539 (1872). 2 ) du Bois Archiv, 1880, Suppl. 18. Nitrofarbstoffe. 63 Dar- Dosis lethalis gr. pro Kilo. reichung. Kaninchen. Hund. Carbolsaure l ). Magen. 0,45 0,5 Dinitrokresol. y) Handelspraparat rein. subcutan } 0,25 0,029 0,016 In dieser Tabelle sind die per os applicirten Dosen mit denen ver- glichen, welche subcutan gegeben werden. Es geschah dies, weil das Safransurrogat vom Magen aus Brechen erregend wirkt und sich schwer dosiren lasst; ferner weil die Dosis lethalis der Carbolsaure bei subcu- taner Darreichung fur den Hund nicht ermittelt zu sein scheint. Nimmt man aber an, dass Carbolsaure vom Unterhautzellgewebe aus um 50 pCt. heftiger wirkt, was jedenfalls iibertrieben ist, so bleibt das Dinitro- kresol dem Phenol an Giftwirkung noch immer bedeutend iiberlegen. Ein charakteristischer Unterschied zwischen Dinitrokresol- und Car- bolsaure-Yergiftung ist durch die Brechwirkung der ersteren Substanz gegeben 2 ). Die vorstehend mitgetheilten A r ersuche lassen das Dinitro- kresol als ein Gift erkennen. Sie rechtfertigen den Wunsch: Der Staat moge den frcien Yerkehr eines so gefahrlichen Stoffes untersagen und seine Anwendung zum Farben von Nahrungs- und Genussmitteln und von Geweben verbieten. Dieser Wunsch wird noch besser bcgriindet durch den Fall von todtlicher Yergiftung durch Safransurrogat (Dinitro¬ kresol) beim Menschen, dessen erste Kenntniss ich der Gefalligkeit des Herrn Dr. With, Polizeiarztes in Bremerhaven, verdanke 3 ). Der Sachverhalt ist kurz folgender: Am 9. August 1887 liess sich die verehelichte J. in Bremerhaven, deren Menstruation ausgeblieben war, fur 15 Pfg. „Safran“ holen. Sie nahm das rothe Pulver um 8 Uhr morgens, erkrankte mit Erbrechen und starb an demselben Page gegen 1 Uhr Mittags. Bei der am folgenden Tage vorgenommenen Section waren die Bauchdecken blassgelb, ebenso die Conjunctiven und die Mundschleimhaut. 1m Munde keine Aetzungen. — Im Herzbeutel dunkelgelbes Serum. Keine Eliissigkeit im Pleuraraum. In den Bronchien geblich grime Fliissigkeit, ebenso auf Lungenschnitten. Im Diinndarm kein abnormer Inhalt. Die Magenschleimhaut ist mit braunlich gelber, breiartiger Masse bedeckt. Der Mageninhalt zeigt beim Yerdiinnen mit Wasser in diinner Schicht eine intensiv gelbe, in dicker Schicht eine braungelb- rothliche Farbung. Der Blasenharn hat diesel be eigenthiimlich gelbe Farbung wie die Hautdecken der Leiche. *) Siehc E. Salkowski und J. Munk. a. a. 0. 2 ) Auch Pikrinsaure bewirkt Erbrechen. 3 ) Siehe Berl. klin. Wochenschr. 1888. 64 Specieller Theil. Der Harn enthielt keinen Gallenfarbstoff. Ueber den Uterus kann icb nichts aussagen. Das Amtsgericht in Bremerhaven ubersandte circa 10 gr des Pulvers, von welchem die Verstorbene genommen hatte 1 ). Icb habe dieselben zu toxicologischen und chemischen Untersuchun- gen verwandt. a. Toxicologische Untersuchungen. Ueber diese ist bereits ausfiihrlich berichtet worden (S. 55 ff.). Der Uebersicbt wegen stelle ich meine mit dem Bremerhavener Pra- parate ausgefiihrten A^ersuche nocbmals zusammen und fuge die mit dem Handelsproducte yon Mittenzwey ausgefiihrten Experimente hinzu, weil sicb — wie spater erortert wird (S. 66) — die Identitat beider Praparate berausstellte. Thieryersuclie mit den Praparaten von Bremerhaven und von Mittenzwey. No. Bezeichnung des Praparates. Thier. Art der Darreichung. Gewicht des _ Thieres. gr Subs erha absolut gr tanz den. pro Kilo. gr Bemerkungen. 1 Bremerhaven. Kaninch. Magen. 1610 0,4 0,24 Tod nach 2 Tagen 2 r> 99 1970 0,5 0,25 Tod n. 2 Std. 45 Min. 3 n *i 91 1870 0,45 0,24 „ n. 2 „ 15 „ 4 19 subcut. 1825 0,2 0,109 ., n. 1 „ 11 „ 5 Mittenzwey. w Magen. 1750 0,42 0,24 „ n. 2 „ 20 „ 6 99 99 1690 0,42 0,25 „ n. 2 „ 30 „ 7 Bremerhaven. Hund. subcut 3420 0,1 0,029 „ n. 2 „ 30 „ 8 Mittenzwey. 19 5690 a) 0,1 b) 0,2 0,017 0,035 Erholt sich. Diese Versuche zeigen, dass das Bremerhavener Praparat ein Stoff ist, welcher Kaninchen und Hunde vom Magen und vom subcutanen Gewebe aus schon in kleiner Dosis nach kurzer Zeit zu todten vermag. Die charakteristischen Symptome,- unter denen die Thiere erlagen, sind gleichfalls oben bereits geschildert worden. b) Chemische Untersuchung. Das Bremerhavener Praparat stellte ein orangerothes, lockeres un- deutlich crystallinisches Pulver dar. Beim Erhitzen im einseitig geschlossenen Rohrchen zersetzt es sich unter Ausstossung nitroser Dampfe, beim Erhitzen auf dem Platinblech unter Zischen. *) Auch Herrn Professor Otto in Braunschweig und Herrn Apotheker Techmer in Bremerhaven bin ich fur die Uebersendung kleiner Proben desselben Pulvers zu Dank verpflichtet. Nitrofarbstoffe. 65 Beim Anriihren mit Wasser von gewohnlicher Temperatur loste sich ein Theil des Pulvers mit Orange-Farbe, ein anderer Theil blieb als braunschwarze, theerartigc Masse zuriick. Letztere ging beim Behandeln mit warmem Wasser ziemlicb voll- standig in Losung. Die wassrige Losung des Pulvers farbte Seide und Wolle orange. Die Farbe liess sich schon durch heisses Wasser ziemlich vollstandig wieder abziehen. Die wassrige Losung wurde durch Natronlauge nicht gefallt. Durch ammoniakalische Kupferlosung trat erst nach 24 Stunden ein sehr geringer flockiger Niederschlag ein. Auf Zusatz von vcrdiinntcr Schwefelsaure oder Salzsaure zur wassrigen Lo¬ sung entstand ein crystallinischer Niederschlag. Derselbe wurde mehr- mals aus heissem Wasser umcrystallisirt. Die gelben Nadeln schmolzen bei 79°—80°. (Das Dinitro-p-kresol schmilzt bei 84°, das Dinitro-o- kresol bei 86°). Die Crystalle waren stickstoffhaltig, verpufften beim schnellen Erhitzen und losten sich in Alkohol und in Alkalien mit Orange-Farbe. Offenbar lag ein Gemisch von Dinitro-Para- und Dinitro-Ortho- Kresol vor. Zur weiteren Trennung und zu einer Yerbrennung war das verfiigbare Material leider nicht ausreichend. Eine quantitative Bestimmung der indemBremerhavnerPraparate enthaltenen Substanzen wurde nach folgenden bei den Methoden versucht. A. 2 gr des rothen Pulvers wurden in circa 300 ccm heissen Wassers gelost, noch warm mit verdiinnter Schwefelsaure versetzt und 48 Stun¬ den bei Seite gesetzt. Nach dieser Zeit wurde der Niederschlag auf gewogenem Filter gesammelt, mit Wasser etwas nachgewaschen, im Vacuum getrocknet und gewogen. Das gelbe Filtrat wird (bis zur Ent- farbung) mit Aether ausgeschiittelt. Das Aether-Extract wird in ge- wogener Schale verdampft. Der Riickstand wurde nach dem Trocknen im Vacuum iiber Schwefelsaure gewogen und ebenso wie der auf dem Filter gesammelte Korper als Dinitrokresol in Rechnung gesetzt. Das von Aether befreite, fast farblose wassrige Filtrat wird auf V 2 L. aufgefiillt. Dasselbe enthielt Kalium, Ammoniak und Chlor. Das Chlor wurde durch Titriren mit Silberlosung bestimmt und als Chlor- ammonium (NH 4 C1) berechnet, wahrend das Kalium auf Grund des gewogenen Dinitrokresols (s. o.) als Dinitrokresolkalium in Ansatz ge- bracht wurde. So erhielt ich aus 2 gr Substanz: Dinitrokresol durch Fiillung . . . . 0,7065 ,, aus dem Aether-Extract . 0,330 Dinitrokresol in Summa 1,0365 = 51,8 pCt. Dinitrokresol. Ferner: 0,4524 Cl = 0,67 NH 4 C1 = 33,5 pCt. NH 4 C1. B. Bei der zweiten Bestimmung wurden wiederum 2 gr. Pulver in circa 300 gr Wasser gelost, mit einem Ueberschuss verdiinnter Schwefel¬ saure versetzt und dann sofort mit Aether bis zur Entfarbung ausge- schiittelt. Der Riickstand des Aetherextracts wurde im Vacuum iiber Schwefelsaure getrocknet und dann gewogen. Weyl, Theerfarben. 5 66 Specieller Theil. Erhalten: Dinitrokresol: 0,984 gr = 49,2 pCt. Hiernach enthalt das Praparat ira Mittel aus 2 Versuchen: 51,8 + 49,2 - 2 — 50,5 pCt. Dinitrokresol, welches 60 pCt. Dinitrokresol- Kalium entspricht. Dazu 33,5 pCt. Salmiak. Der Rest wird als Feuchtigkeit und Verlust in Rechnung zu stellen sein. 60 pCt. Dinitrokresol-Kalium. 33,5 „ Salmiak. 6,5 „ Feuchtigkeit und Verlust. 100,0 pCt. Indem ich das Bremerhavener Pulver mit den Safransurrogaten des Handels, die sich in meiner Sammlung befinden, verglich, stellte sich heraus, dass das Safransurrogat von Mittenzwey in Poelbitz zunachst durch seine Farbe, dann auch durch seine chemischen Eigenschaften mit dem Bremerhavener Pulver vollig ubereinstimmte. Diese chemische Identitat wird ferner gewahrleistet durch eine vollige Identitat der toxicologischen Wirkung beider Prapa¬ rat e. Dieser Punkt ist oben bereits ausfuhrlicher erortert worden. Ueberdies hat auch die gerichtliche Verhandlung nachge- wiesen, dass jenes Bremerhavener Praparat von Moritz Mitten¬ zwey in Poelbitz herstammt. Es lasst sich auf Grund der toxicologischen und chemischen Unter- suchungen, welche ich mittheilte, mit Sicherheit erweisen, dass jene Frau in Bremerhaven durch Vergiftung mit Safransurrogat zu Grunde ging. In der Absicht, durch ein Safran-Pulver Abort herbeizufiihren, nahm sie das an Stelle des wirklichen Safrans („Crocus“) erhaltene Safran¬ surrogat. Das todtliche Pulver kostete 15 Pfennige. Da nun das Kilo Safran¬ surrogat vom Fabrikanten fiir circa 23 Mark abgegeben wird, und der Kramer hieran im Einzelverkauf mindestens 50 Procent verdient, hat die Frau fiir 15 Pfennige circa 4,5 gr. des Giftes erhalten. Wenn die Frau 75 Kilo gewogen hatte, ware die todtliche Dosis des Safransurrogats von Mittenzwey mit 0,06 gr pro Kilo Mensch zu berechnen. Es muss noch betont werden, dass das Bremerhavener Prapa¬ rat wesentliche Mengen fremder Nitroverbindungen, nament- lich von Pikrinsaure, nicht enthalten haben kann. Ich habe mich iiberzeugt (siehe S. 49), dass die gebrauchlichen und im Handel befindlichen Nitrofarbstoffe auch noch bei grosser Verdiinnung durch ammoniakalische Kupferlosung gefallt werden mit Ausnahme von Dinitrokresol. Auch Brillantgelb (Schollkopf), welches gleich- falls ein verhaltnissmassig leicht losliches Kupfersalz bildet (S. 74), kann das Praparat nicht verunreinigt haben, weil dieses durch Natron- lauge gefallt wird und mit Eisenchlorid eine charakteristische Reaction (S. 74) gegeben haben miisste. Nitrofarbstoffe. 67 Audi fur den Menschen ist — dies beweist der Bremerhavener Fall— das Dinitrokresol sclion in kleinerDosis ein todtliches Gift. Der freie Yerkehr einer solchen Substanz sollte durch Gesetz yerliindert werden. 3. Martiusgelb. C l0 H 3 N 2 O 3 Na. Das MaPtiusgelb ist nach seinem Entdecker, Dr. 0. A. Marti us in Berlin, benannt. Es wird auch als Naphtholgelb, Naphthalin- gelb, Manchestergelb, Safrangelb, Jaune d’or bezeichnet. OH Es hat die Constitution N0 2 , NV// \ / o 2 entspricht also einem Dinitro-a-Naphthol C tn H 5 (N0 2 ) 2 0H. Zu seiner Darstellung sind mehrere Methoden angegeben. 1. Man behandelt a-Naphthylamin mit salpetriger Saure („diazo'tirt“) und kocht das erhaltene Diazonaphthalinchlorid mit Salpetersaure. Das Martiusgelb scheidet sich in feinen gelben Krystallen aus. Der Process yerlauft in folgender Weise: (I) C, o H 7 NH 2 + 2 HC1 + Na N0 2 a-N aphthylaminchlorhy drat C 10 H 7 — N = N — Cl + NaCl-f 2H 2 0 OH (II) C 10 H 7 -N=N-Cl + 2HNO 3 = C 10 H 5 \ + N 2 +H01+2H 2 0 Diazonaphthalinchlorid (N0 2 ) 2 Martiusgelb 2. Man verwandelt «-Naphthol durch Behandlung mit Schwefel- saure (Sulfurirung) in eine Naphtholsulphosaure und erwarmt diese mit yerdiinnter Salpetersaure. (I) OH O 10 H,OH + H 2 SO 4 =C, 0 H 6 y +H 2 0 X HSO :i a-Naphthol Naphtholsulphosaure (II) OH OH 0,„H 6 / +2HNO :! = C i0 H 5 / +H 2 S0 4 + 2H 2 0 HS0 3 '(N0 2 ) 2 In den Handel kommen das Kalk-, Natron- oder (seltener) das Ammon-Salz. Ersteres ist ein gelborangefarbenes, schwer losliches Pulyer. Das Natronsalz bildet rothliche Crystalle und ist ziemlich leicht loslich. Die Handelsware ist meist mit Dextrin cupirt. (S. 4.) Erkennung: 1. In concentr. Schwefelsaure gestaubt rothgelb. Die schwefelsaure Farbstofflosung wird beim Verdiinnen mit Wasser 68 Specieller Theil. milchig triibe. Auf Zusatz von Aether zur schwefelsauren, mit Wasser verdiinnten Losung farbt sich dieser nur sehr schwach gelblich. Giesst naan den Aether vorsichtig ab, so farbt or sich nach Zusatz von Natronlauge oder Soda stark gelb. Gelb bis braungelb farbt sich auch die alkalische Losung. 2. Mit Cyankalium giebt die wasserige Farbstofflosung nach lange- rem Kochen zunachst Braunfarbung. Dann farbt sich die ganze Fliissigkeit intensiv dunkelbraun (Naphthylpurpursaure). Die Reaction mit Cyankalium kommt — wie es scheint — alien Nitrofarbstoffen zu. 3. Beim Erhitzen verpulft es. 4. Die wasserige Losung wird auf Zusatz von wenig Saure triibe (Unterschied von Naphtholgelb S, Pikrinsaure und Aurantia). Vergl. Brillantgelb (Schoellkopf). 5. Die wasserige Losung wird durch Natronlauge nach einiger Zeit flockig gefallt. Der Niederschlag ist rothlich. (Siehe Brillantgelb [Schollkopf]). Pikrinsaure, Dinitrokresol, Naphtholgelb S und Aurantia werden durch Natronlauge nicht gefallt. 6. Durch ammoniakalische Kupferlosung entsteht auch noch bei grosser Yerdiinnung ein crystallinischer Niederschlag. Das Kupfcrsalz ist in heissem Wasser loslich und giebt mit starker Salzsaure einen Niederschlag von froiem Dinitronaphthol, mit dem sich die unter No. 1 angegebene Aetherprobe ausfuhren lasst. 7. Durch Reduction mit einer salzsauren Losung von Zinnchlorid entsteht: a) auf Zugabe von Ammoniak: eine orangerothe Losung; b) auf Zusatz von Eisenchlorid: eine fast fuchsinrothe Fliissigkeit. 8. Eisenchlorid erzeugt einen gelblichen Niederschlag, der sich wie die Losung beim Kochen roth farbt. Anwendung: Da Martiusgelb stark abschmutzt und sich beim Erwarmen theilweise verfliichtigt, wird es zum Farben von Wolle und Seide wenig mehr benutzt. Nach G. Schulz') wird es bei Woll- und Teppichdruck ange- wendet. Es dient zum Farben von Nahrungsmitteln (Maccaroni) in Frankreich * 2 ) und Italien 3 ). Ueber die Wirkungen des Martiusgelb auf den thierischen Organismus liegen gute Yersuche von Cazeneuve und Lepine vor. Cazeneuve und Lepine 4 ) experimentirten mit dem Natriurasalz des Martiusgelbs. Einem Hunde von 7 Ko. wurden taglich 0,05 gr (per Kilo?) des gepulverten Farbstoffs in die Kehle gebracht. Yom zweiten Tage ab Diarrhoen und Erbrechen gelbgefarbter Massen.* Das Thier verweigerte die Aufnahme jeder Nahrung, Milch ausgenommen. ! ) Chem. des Steinkohlentheers, II, 54 (1887), 2. Aufl. 2 ) Archives gener. de Med. 18Sfi, Vol. I, 753. 3 ) Nach einem von Sanitatsrath Dr. Erhardt in Rom seiner Excellenz dem deutschen Botchafter in Rom, Herrn Grafen Solms, erstatteten und mir freundlichst zur Verfiigung gestellten Berichte. 4 ) Cazeneuve: a. a. 0. S. 80. Nitrofarbstoffe. 69 Seit dem 4. Versuchstage Dyspnoe und 41° im Rectum. Diese Sym- ptome nehmen zu. Am 6. Tage: Keuchende Respiration, Rectal- temperatur 42° C., Fresslust verschwunden. Im Harne findet sich der eingefiihrte Farbstoff und Eiweiss. Das Thier stirbt am 6. Tage. Section: Einige Eingeweide gelb gefarbt. Das zweite Versuchsthier — ein Hund von 22 Ko. — erhielt 0,4 gr. (per Kilo?) in Syrup suspendirt, am folgenden Tage 0,5 gr. Vergiftungssymptome wie bei Hund I. Es wird getodtet. Section: Die Farbung der Eingeweide fehlt, ausgedebnte Hyperamien (congestionne) derselben. Weitere Versuche wurden in der Weise angestellt, dass die Verf. Hunden von 10 bis 25 Ko. 0,03 bis 0,06 des Farbstoffs pro Kilo Thier, in einer 0,7 pCt. Salzlosung gelost, in die Vena femoral is einspritzen. Die Temperatur der Thiere hob sich bis zu 44°. Es trat starke Dyspnoe ein. Der Tod erfolgte V 4 bis l'/ 2 Stunden nach der Injection. — Nach Dosen von 0,1 pro Kilo, die ins Blut injicirt wurden, traten die schon beschriebenen Vergiftungssymptome gleichfalls auf. Die Thiere erholten sich aber wieder. Ich selbst gab dann 1 ) zwei Kanninchen von 1797 gr und von 2100 gr je 0,55 gr des Ammoniaksalzes und 1 gr des Kalisalzes von Martiusgelb. Bei diesen Thieren traten keinerlei Vergiftungs¬ symptome auf. Die folgenden Versuche sind am Hunde angestellt. Verfiittert wurde das leichter losliche Natrium-Salz des Martiusgelbs. Es bildet gelbrothe Nadeln und wurde aus dem von Kuhnheim und Co. in Berlin bezogenen Calciumsalze dargestellt. Versuch 1 Hund von 6850 gr Gewicht. 10. Marz 1888. 1 Uhr: 0,5 gr Martiusgelb (Na-Salz) in circa 25 Wasser, suspendirt per Schlundsonde. 1 Uhr 10 Minuten: Starke Brechbewegungen. Circa 6 Uhr: Erbrechen. 11. Marz. 10 Uhr Vormittags: Thier sehr matt. Temperatur m recto 40,8°. Erbrechen. Diarrhoe. Im Harn Spuren von Eiweiss. Harn etwas dunkler als das ver- fiitterte Salz gefarbt. Der mit Schwefelsaure stark angesauerte Harn giebt ein schwach gelbgefarbtes Aether-Extract. Zugesetztes Natron farbt den Aether gesattigter gelb und in gleicher Weise auch die alkalische Losung. Auf Zusatz von Saure (HC1 oder H 2 S0 4 ) wird der Harn durch ausgeschiedenes (freies) Dinitronaphthol triibe. Keine Injection gemacht. 12. Marz. 1 Uhr: 0,5 per Schlundsonde. 1 Uhr 10 Minuten: Erbrechen. Dann munter. Normale Athmung. 13. Marz. Diarrhoe. Munter. Hat aber Mittags gefressen. Eiweiss im Harn. 14. Marz. 11 Uhr: 1,0 per Schlundsonde. Brechneigung. Bis 3 Uhr Nachmittags kein Erbrechen. 9 Deutsche medic. Wochenschr. 1887, No. 45. 70 Specieller Theil. 15. Marz. Wird todt im Kafig gefunden. Section durch Zufall vereitelt. Versuch II. Hund 5700 g. 22. Marz. 1 gr per Sonde. 23. Marz. Hat fiinf lebende Jungen geworfen. 24. —29. Marz. Thier und seine Jungen munter. Schon aus Yersuch I geht die Giftigkeit des Martiusgelbs bei stomachaler Application hervor, da eine andere Todesursacbe als die durch Vergiftung ausgeschlossen erscbeint. Beweisender aber sind die folgenden Versuche, in denen die Far be subcutan beigebracht wurde. Versuch 111 Hund 5800 gr. 30. April. 10 Uhr: Circa 0,1 in ca. 25 Wasser an verschiedenen Stellen des Riickens subcutan injicirt. Thier munter, Nachm. Diarrhoe. 1. Mai. 0,1 subcutan \ jv . 2. Mai. 0,1 subcutan j iarr oe * DerHarn enthalt yielEiweiss. Beim Ansauern entsteht einNiederschlag von freiem Dinitrophenol. Zugesetzter Aether farbt sick schwach gelblich. Auf Zusatz von Alkali zum abgehobenen Aether-Extract farbt sich dieses und die alkalische Losung gelbbraun. Es gelingt mit dem schwach an- gesauerten Harn Wolle gelbbraun zu far ben. 3. Mai. 0,1 subcutan. 4. Mai. 0,15 subcutan. Harn enthalt Eiweiss. Die Wollfarbung gelingt sehr gut. Dieser Versuch beweist, dass nach kleinen Dosen von Martiusgelb, die subcutan gegeben worden waren, Albuminurie auftrat. Versuch IV. Hund von 8800 gr Gewicht. 30. April. 0,1 subcutan. 1. Mai. 0,1 subcutan. 2. Mai. 0,1 subcutan. Thier hat grossen Durst. 3. Mai. 0,1 subcutan. Durst. Wenig Appetit. 4. Mai. 10 Uhr: 0,2 subcutan. Harn dunkelbraun. Enthalt Eiweiss. Wollfarbung gelingt. 4 Uhr: Sechs Stunden nach der Injection starke Dyspnoe. Grosser Durst. 7 Uhr Nachmittags: Thier vollig apathisch. Starkste Dyspnoe. Das Thier verstirbt noch in der Nacht vom 4. zum 5. Mai. Section: Venose Hyperamie des Darms, der Leber, Milz, Niere und Lunge. Beginnende Pneumonie. Eingeweide und Haut nicht gefarbt. Dieser Yersuch ist ohne Widerrede beweisend. Nur die Vergiftung kann die Todesursache sem, da die Operation — subcutane Injection — als Causa mortis fortfallt. Das Thier hat im Yerlaufe von fiinf Tagen nur 0,6 gr Mar¬ tiusgelb als Na-Salz erhalten, also pro Kilo nur 0,07 gr. Die Vergiftung mit Martiusgelb ruft folgende Symptome hervor: Vom Magen aus wirkt es brechenerregend. Die Thiere bekommen Nitrofarbstoffe. 71 starken Durst und hohes Fieber mit ausgesprochener Dyspnoe. Schon nach den ersten Dosen tritt Albuminurie auf. Meist gehen die Thiere — und zwar wie es scheint asphyktisch — zu Grunde. Bringt man die Substanz direct ins Blut (Cazeneuve und Lepine) oder injicirt man sie unter die Haut, so werden die gleichen Symptome — mit Ausnahme des Erbrechens — beobachtet. Das Martiusgelb gehort biernach zu den schadlichen Farben. Als Farbstoff fiir Nahrungs- und Genussmittel ist dasselbe jedenfalls zu untersagen Zum Farben yon Stoffen, die mit der Haut in Berubrung kommen, wiirde seine Anwendung zu wider- ratben sein, da dasselbe von einer Hautschrunde, einer auch nur ober- flachlicben Hautyerletzung aus, scbadlich wirken durfte. Hierauf weisen die Versucbe hin, in denen die Thiere erkrankten oder starben, als man ihnen Martiusgelb ins Blut oder unter die Haut brachte. Das verfiitterte Martiusgelb wird wenigstens zum Theil unverandert mit dem Harn ausgescbieden. Die mit dem Hundebarne erhaltenen Wollfarbungen zeigten — wohl durch Beimengung des Harnfarbstoffes — eine etwas dunklere Nuance als dem reinen Martiusgelb zukommt. 4. Naphtholgelb S. C 10 H 4 N 2 O 8 SNa 2 . Naphtholgelb S, auch Stiuregelb S, Echtgelb, Anilingelb, Succinin, Schwefelgelb, Oitronin, Jaune nouveau, Jaune solide genannt, ist das Calcium- (Natron- oder Ammon-) Salz der Dinitro-a- OH (a) naphtholsulphosaure C 10 H 4 ^(NO 2 ) 2 . HS0 3 Es lasst sich also als eine Sulfosaure des Martiusgelbs betrachten. Die Darstellung des Naphtholgelb S verlauft im Sinne der folgenden Formeln. 1. Phase. Durch Einwirkung von rauchender Schwefelsaure auf «-Naphthylamin entsteht Naphthylamintrisulphosaure: NH 2 (a) a / C 10 H 7 (NH 2 ) giebt C i0 H 4 =(HSO 3 ) 3 2. Phase. Diese giebt beim Kochen mit salpetriger Saure (Diazotirung) «-Naphtholtrisulphosaure: NH Ja) OH (a) / ^ giebt / C 10 H 4 ^(HSO 3 ) 3 C t0 H 4 4(HSO 3 ) 3 3. Phase. Die a-Naphtholtrisulphosaure geht beim Kochen mit Salpetersaure in Dinitro-a-naphtholsulphosaure iiber: 72 Specieller Theil. OH (a) OH (a) C t0 H 4 ^(HSO 3 ) 3 giebt C 10 H 4 ==(NO 2 ) 2 HSO, Man kann auch vom «-Naphthol ausgehend dieses durch rauchende Schwefelsaure in die Prisulphosaure uberfuhren und die Sulphosaure durch geeignete Beliandlung mit Salpetersaure in die Dinitro-a-naphtholmono- sulphosaure verwandeln. Das Naphtholgelb S, welches meist als Natriumsalz in den Handel kommt, ist ein in Wasser leicht losliches orangegelbes Pulyer. Das Handelsproduct wird mit Dextrin oder dergl. coupirt. Erkennung. 1. In concentrirte Schwefelsaure gestaubt: griin- stichig-gelb. Die Losung in Schwefelsaure bleibt beim Verdiinnen mit Wasser klar (Unterschied von Martiusgelb und Aurantia). Der zu dieser verdiinnten Losung gesetzte Aether bleibt farblos, auch auf Zusatz von Alkali (siehe Martiusgelb), weil die freie Farbsaure in Aether unloslich ist. Durch diese Aetherprobe lasst sich Martiusgelb, welches seiner Billigkeit wegen dem Naphtholgelb S bisweilen zugesetzt wird, in letzterem nachweisen. 2. Die wasserige Losung wird durch Salzsaure nicht gefallt (Unter¬ schied von Dinitrokresol, Martiusgelb, Brillantgelb [Schoellkopf] und Aurantia). 3. Die wasserige Losung giebt mit Natronlauge keinen Niederschlag (Unterschied von Martiusgelb und Brillantgelb [Schoellkopf]). 4. Mit Cyankalium entsteht — wie bei alien Nitrofarbstoffen — eine der Isopurpursaure ahnliche Farbung. 5. Die wasserige Losung wird auch noch bei grosser Verdiinnung durch ammoniakalische Kupferlosung gefallt. Die Losung des crystalli- nischen Niederschlags im heissen Wasser bleibt auf Zusatz von starker Salzsaure klar (siehe oben No. 2) und giebt an Aether nichts ab (siehe oben No. 1). G. Durch salzsaure Losung von Zinnchlortir entsteht auf Zusatz: a) von Ammoniak: Orangefarbung; b) von Eisenchlorid: Bothfarbung. 7. Eisenchlorid erzeugt einen burgunderrothen Niederschlag, welcher sich beim Erwarmen theilweise lost, beim Erkalten wieder erscheint. Anwendung: An Stelle der Pikrinsaure zum Farben von Wolle und Seide und zum Bedrucken der genannten Textilfasern. Zum Farben von Nahrungsmitteln? Thierversuclie. Cazeneuve und Lepine 1 ) gaben einem Hunde von 15 Kilo vier- zehn Tage^hindurch taglich 0,5 gr Naphtholgelb S, darauf zehn Page lang taglich je 2 gr, endlich zehn Page je 4 gr. Das Phier warf neun Junge. Davon lebten acht. Keinerlei Storung wurde an dem Yersuchs- thiere beobachtet. Der Harn war eiweissfrei. — Einige Male wurde die 0 a. a/ 0. S. 84. Nitrofarbstoffe. 73 Farbstofflosung direct ins Blut injicirt. Vergiftungserscheinungen wurden nicht beobachtet. — Beim Menschen brachten 2—4 gr des Farbstoffs pro die Koliken und Diarrhoen hervor. Die genannten Autoren bezeichnen den Farbstoff als un- giftig und schwach abfiibrend. Auffallender Weise nennen Cazeneuve und Lepine 1 ) 'das benutzte Naptholgelb (Jaune NS) besonders schwerloslich, so dass dieselben vieileicht mit cinem anderen Korper experimentirten. Meine eigenen Versuche sind an Hunden angestellt, und zwar mit einem Praparate, das ich der Gefalligkeit des Herrn Dr. G. Schultz von der Actiengesellschaft fiir Anilinfabrikation in Berlin yerdanke. Das- selbe wurde durch Aussalzen und Umkrystallisiren gereinigt. Versuck I Hund yon 4800 gr. 7. Mai. 2 gr in Wasser gelost per Schlundsonde. 8. Mai. Hatgefressen. RuhigcAthmung. Consistente, fastschwarzeFaces. Harn neutral, frei von Eiweiss. Die Farbung von Wolle ge-lingt gut. I, 75 gr per Schlundsonde. 9. —10. Mai. Keiri Eiweiss im Harn. Thier munter. Athmet ruhig. Hat gut gefressen — Keine Injection. II. Mai. 2 gr injicirt. Thier normal. Spuren von Eiweiss im Harn (?). 12. Mai. 2 gr injicirt. Thier normal. Spuren yon Eiweiss im Harn. Feste Faeces. Trotz der immerhin bedeutenden Dosis von 7,75 gr in sechs Tagen und 1,6 gr per Kilo Thier werden bis auf eine ausserst ge- ringe Albuminurie, welche vieileicht schon vor Beginn des Versuches vorhanden war, keinerlei Vergiftungssymptome beobachtet. Die folgenden Versuche, zu denen eine Hiindin und ihr 3‘/ 2 Wochen altes Junge dienten, zeigen, dass auch bei subcutaner Injection von Naphtholgelb S keinerlei Vergiftungssymptome auftreten. Versuck II. Hund von 5800 gr. 11. Mai 0,2 gr in ca. 32 ccm Wasser subcutan. Thier dauernd munter und bei gutem Appetit. 12 Mai. 0,2 gr subcutan. 13. —16. Mai. Thier dauernd munter. Fresslust unvermindert. Saugt sein Junges. Versuck III. 3'/ 2 Wochen alter Hund von 1040 gr. 11. Mai. 0,1 in circa 15 Wasser subcutan. 12. Mai. 0,1 subcutan. Thier munter. Auchwahrend der folgendenTage. Namentlich der Versuch III zeigt, dass auch wiederholte Dosen von 0,1 p. Kilo von einem jungen Thiere selbst bei subcutaner Injection ohne wahrnehmbare Storung ertragen werden. Die Unschadlichkeit des Naphtholgelb S ist ein um so inter- l ) a. a. 0. S. 85. 74 Specieller Theil. essanteres Factum, als sioli dasselbe von ilem so giftigen Martiusgelb nur durch eine Sulphogruppe (HS0 3 ) unterscheidet. Nun bewirkt aber gerade der Eintritt einer IIS0 3 -Gruppe in einen Farbstoff, dass dieser loslich wird. Ein loslicher Farbstoff sollte aber, wenn allein der ge- sunde Menschenverstand entscheidet, giftiger wirken als der unlosliche Farbstolf — das Martiusgelb — aus dem er entstand! Offenbar sind wir noch nicht in der Lage fiber die Giftigkeit oder Ungiftigkeit eines Korpers anders als durch angestellte Versuche zu entscheiden, seibst wenn wir die chemische Constitution eines StofFes noch so genau kennen. 1 ) 5. Brillantgelb (Schoellkopf 2 ). C l0 H 3 N 2 0 8 SNa. Das Brillantgelb (Schoellkopf) ist wahrscheinlich eine dem Napbtol- gelb S isomere Dinitro-a-naphtholmonosulphosaure. In den Handel kommt das Natronsalz, welches ein gelbes ziemlich leicht losliches Pulver darstellt. Es entsteht durch Bebandlung einer Naphtoldisulphosaure mit Sal- petersaure: OH C 10 H 5 (-HSO 3 + 2HNO 3 = C 10 H 4 HSOo OH ^ hso 3 + h 2 so 4 + h 2 o (NO ,) 2 Erkennung: 1. Die wassrige gelbbraun gefarbte Losung wird durch Salzsaure heller gelb, aber nicht gefallt. Zugefiigter Aether farbt sich blassgelb. 2. Durch Natronlauge wird ein orangegelber crystallinischer Nieder- schlag erzeugt. 3. Mit Eisenchlorid farbt sich die Losung schmutzig gelbgriin. Im auffallenden Lichte ist sie undurchsichtig, fast schwarz. Vor Eintritt der Dunkelfarbung erscheint die Losung kurze Zeit hindurcb rothbraun gefarbt. (Unterschied gegen Pikrinsaure, Dinitrokresol, Martiusgelb, Naphtholgelb S, Brillantgelb und Aurantia). (Th. Weyl.) 4. Durch ammoniakalische Kupferlosung tritt erst nach einiger Zeit eine crystallinische Fallung ein. 1 ) Dass giftige Stoffe durch Eintritt einer amKohlenstoff haftenden Sulpho¬ gruppe (HS0 3 ~) ungiftig werden konnen, ist bereits durch eine Reihe von Yersuchen festgestellt. Yergl. z. B. E Salkowski (Pfliiger’s Archiv 4, 92. 1871), der Phenol- schwefelsaure verfiitterte; ferner Cazeneuve und Lepine (bei Cazeneuve a a. 0. S. 92), welche Farbstoffe mit HS0 3 -Gruppen ungiftig fanden. Nach gefl. miindlicher Mittheilung von E. Salkowski ist auch Sulfanilsaure ungiftig. Siehe auch 0 Loew: Pfliiger’s x\rch. 40, 441 und Ehrlich: Therapeutische Monatshefte. 1887. — Die Yer- suche von Stolnikow (Zeitschr. f. phys. Chem. 8, 235) beziehen sich auf den Einfluss der an Sauerstoff haftenden HS0 3 -Gruppe. 2 ) Ich verdanke der Gefalligkeit des Herrn Dr. G. Schultz in Berlin eine Probe dieses schonen Farbstoffs, Nitrofarbstoffe. 75 5. Gegen Zinnchloriir und folgenden Zasatz yon Ammoniak oder von Eisenchlorid, ferner gegen Cyankalium verhalt sich Brillantgelb wie Martiusgelb. Thierversnche. a) Stomacbale Darreichung. Hund von 5650 gr. 26. Juli. Harn enthalt Spuren von Eiweiss. 26. Juli. 3 gr in etwas Wasser suspendirt per Schlundsonde. 27. Juli. Thier munter, hat gefressen. Harn intensiv orangegelb. Die Wollfarbung mit dem durch Schwefelsaure schwach angesauerten Harn gelingt gut. Der Harn enthalt Brillantgelb und zweifelhafte Spuren von Eiweiss. Der mit Salzsaure versetzte Harn giebt an Aether eine diesen schwach gelblich farbende Substanz ab. Zugesetzte Natronlauge entfarbt den Aether fast vollkommen und farbt sich gelb. 28. Juli. Thier munter, hat gefressen. Harn enthalt wenig Farbstoff. 3 gr per Sonde in etwas Pepton 1 ) gelost. 29. Juli. Thier sehr munter. Harn fast eiweissfrei, enthalt viel F arbstolf. Wollfarbung gut gelungen. 30. Juli. 2,5 gr per Sonde in etwas Peptonlosung. Harn alkalisch, fast eiweissfrei. Thier munter, hat gefressen. Farbung von Wolle in dem mit Schwefelsaure versetzten Harn gelingt gut. 31. Juli. 3 gr per Sonde in etwas Peptonlosung. 5. August Der Hund ist vollig normal. Er hat wahrend der Yersuchsdauer um ca. 180 gr zugenommen. Im Harn gelang der Nachweis des Brillantgelbs ausser durch Ausfarbung mittels Wolle im schwefelsauren Bade auf folgende Weise. Der Harn wird mit Salzsaure stark angesauert und mit Aether ausge- schiittelt Das Aether-Extract giebt an Natronlauge den Farbstoff ab, welcher durch die oben angegebenen Reactionen identificirt wird. b) Subcutane Darreichung. Hund von 11600 gr. 27. Juli. Harn frei von Eiweiss und Zucker. 28. Juli. 0,2 gr Brillantgelb in ca. 10 ccm Wasser suspendirt. 29. Juli. Harn in diinner Schicht intensiv orangegelb, in dicker Schicht orangeroth, aber frei von Blut und Eiweiss. Thier munter, hat gefressen. 30. Juli. 0,3 gr subcutan Thier munter, hat gefressen. Harn enthalt etwas Eiweiss. 31. Juli. Kein Harn Thier munter. Hat gefressen. 5. August. Der Hund ist munter. Sein Harn enthalt sehr wenig Eiweiss. Er hat wahrend der Versuchsdauer um fast 300 gr zugenommen. Leider fehlt es mir an Material zu weiteren Thierversuchen. ') Zur Yermeidung einer etwaigeu Aetzung der Magenschleimhaut* 76 Specieller Theil. Vom Magen aus ist Brillantgelb auch in grossen Dosen sicher nicht giftig. Der Hund, welcher den Farbstoff in verhaltnissmassig grosser Dos is subcutan erhalten hatte, war auch ca. 8 Tage nach der letzten Injection vollig munter und bei gutem Appetit. Die Eiweissausschei- dung wahrend der Application blieb hochst minimal. Wie beim Naphtholgelb S macbt sich auch beim Brillantgelb der entgiftende Einfluss 1 ) der Sulphogruppe — HS0 3 geltend. 6. Aurantia. C l2 H 3 N s 0, 2 . Aurantia oder Kaiseigelb ist das Ammoniak- oder Natronsalz des Hexanitrodiphenylamins. 0 6 H a (N0 2 )3 C 6 H 2 (N0 2 ) 3 Es entsteht durch Einwirkung von Salpetersaure auf Dipbenylamin oder Methyldiphenylamin. 0 6 h 3 c 6 h 2 (N0 2 ) 3 \NH + 6HN0 3 = \NH + 6H 2 0 c 6 h 5 / c 6 h 2 (N0 2 ) 3 / In den Handel kommt meist das in braunrothen Nadeln krystalli- sirende, mit Dextrin coupirte Ammoniaksalz. Erkennung: 1. In concentrirte Schwefelsaure gestaubt: schwach gelblich. Auf Zusatz von Wasser entsteht eine flockige Fallung. 2. Die Losungen der Aurantia werden durch starke Salzsaure unter Abscheidung der freien Farbsaure gefallt. Aether lost den Niederschlag mit gelber Farbe. Auf Zusatz von Alkali zum Aether wird dieser ent- farbt, jenes gelbbraun, fast roth gelarbt. 3. Durch Natronlauge entsteht kein Niederschlag. (Unterschied von Martiusgelb und Brillantgelb.) 4. Durch ammoniakalische Kupferlosung entsteht ein zinnoberrother Niederschlag. Dieser giebt beim Behandeln mit rauchender Salzsaure eine Fallung, welche sich gegen Aether verhalt, wie oben unter No. 2 be- schrieben ist. 5. Gegen Cyankalium, gegen salzsaure Losung von Zinnchloriir und spateren Zusatz von Ammoniak oder Eisenchlorid verhalt sich Aurantia wie die Nitrofarbstolfe. Vergleiche aber Pikrinsaure. 6. Eisenchlorid erzeugt einen chamoisfarbenen Niederschlag. ’) Siehe Seite 74. Nitrofarbstoffe. 77 Anwendung zum Orange-Farben von Wolle, Seide und namentlich von Leder. Die Giftigkeit der „Aurantia“ ist mehrfacb behauptet und vvieder bestrittcn worden. Nach Gnehm 1 ) ist das Praparat von Bindscbedler und Busch giftig. Es bilden sich auf den Handen und Armen der mit Herstellung des Farbstoffs beschaftigten Arbeiter und der Farber, welche denselben benutzen, blaschenformige Ausschlage mit starken Schwellungen. Dagegen ist nach Marti us 2 ) das Praparat der Actien-Gesellschaft fur Anilinfabrikation zu Berlin ungiftig. Hierfur sprechen auch die Gutachten von E. Salkowski und Ziurek 3 ), welche am Kaninchen mit einem allerdings stark coupirten Praparate experimentirten. In gleichem Sinne aussert sich auch ein von dem Koniglichen Medicinalcollegium der Rheinprovinz unter dem 19. April 1880 erstattetes Gutachten, wie ich einem Bescheide des Koniglich Rheinischen Medicinal-Collegiums vom 28. April 1888 an mich entnehme. Es geht aus diesem Schreiben hervor, dass sich jenes Gutachten auf ein von der Actien-Gesellschaft fur Anilinfabrikation zu Berlin unter dem Namen „Aurantia“ oder „Kaisergelb“ ubersandtes Praparat bezieht. Der Inhalt jenes Gutachtens ist mir leider unbekannt geblieben. Das- selbe befindet sich bei den Acten des preussischen Unterrichts- Ministeriums. Vielleicht sind die beiden oben erwalmten Praparate — das Berliner und das Basler — verschieden, oder der Farbstoff nur individuell giftig. Leider konnte ich aus Mangel an Material eigene Versuche iiber diesen Punkt nicht anstellen. 7. Andere Nitrofarbstoffe. Die ubrigen von G. Schultz 4 ) erwahnten Nitrofarbstoffe: Flavaurin, Phenylbraun, Granatbraun, Salicylgelb und Sa- licylorange, Palatinorange und Heliochrysin werden, wie es scheint, technisch kaum mehr hergestellt und sind fast ohne Ausnahme fiir die Praxis ohne Bedeutung. 8. Zusammenfassung. Die Versuche, welche iiber die Wirkung der Nitrofarbstolfe auf den thierischen Organismus bisher vorliegen, berechtigen zu folgendem Schluss: Nur die sulphurirten Nitrofarbstoffe Naphtholgelb und Brillantgelb sind ungiftig und zum Farben vonNahrungs- und Genussmitteln benutzbar. Giftig sind Pikrinsaure, Dinitro- kresol (Safransurrogat) und Martiusgelb, verdachtig Aurantia. *) Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, 9, 1245 und 1557 (187G) 2 ) Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, 9, 4247 (1876). 3 ) Zeitschrift fiir chem. Grossgewerbe, 3, 622. 4 ) Die Chemie des Steinkohlentheers, If. Aufl , 2, 48 ff. (1887). Namen- und Sachregister. Actiengesellschaft fur Anilinfabrikation 77. Adler 52. Alizarin 2. Alpenroth 32. Amidokorper 48. Anilinblau 8, 10. — gelb 71 — orange 53. — schwarz 3. — violett (Dahlia) 10. Anilinfarben, eigentliche 1. — Yergiftung durch 7. Anilismus 12 ff. Anorganische Farben, siehe Farben. — Farbstoffe, siehe Farben. Anthracen 2. — farben 2, 3. Antimonnachweis 25. Arbeiter in Farbenfabriken 12. Arsen-Bestimmung 22. — Gehalt, Begrenzung des 20. — haltiges Fuchsin 7. — Nachweis 22. — Yergiftung 10, 14. Aurantia 15, 76. Aurin 10. Aus farben 6. Ausgangsmaterialien der Farbenfabri- kation 12. Azine 3. Azofarbstoffe 1, 2, 3. Babaut 11. Bamberger 9. Bayer, Friedr., siehe Farbenfabriken Beimengungen, unschadliche fiir Farben 5. — giftige 7 ff. Beizen 5, 6. Bergeron 8. Bindschedler und Busch 77. Biervergiftung 14. Bourgongnon 11. Bremerhaven, Vergiftungsfall in 63. Brillantgelb 74. Bruce 9. Briining 9. Buttergelb ungiftig 15. Cannizaro 29. Carnelutti 15, 29. Cassella und Co. 46. Cazeneuve 7, 8, 10, 15, 28, 68, 72, 74. Cazeneuve und Lepine, siehe Cazeneuve. Chevreul 11. Cheyne-Stokes’ Athmungsphanomen 55. Chinolinfarbstoffe 3. Chlorkalklosungen veranlassen Hyper- hidrosis 11. Citronin 71. Clemens 8. Clouet 8. Conditorwaaren, siehe Zuckerbackerwaaren. Congogruppe 6. Corallin 7. — gelbes 10. — rothes 10. Coster 14. Coupage 4. Coupier 9. Bahl 8. Dahlia 10. Dampfen 6. Darreichung der Gifte 38. Diagnose der Yergiftung 40. Diazonaphthalinchlorid 67. Diazotiren 67, 71. Diisonitrosoresorcin, siehe Dinitrosore- sorein. Dinitrokresol 15, 53. Dinitrosoresorcin 44. Diphenylamin 76 Drucken 6. Echtheit der Farben 6. Echtgelb 71. Ehrlich, P. 15, 74. Elsassgriin 44. Enlevage 6. Eosin ungiftig 15. Erb 51. Erhardt 68. Erkennung der Nitrofarbstoffe 49. Ewald, C. A., und Liidecke 52. Farben, erlaubte: in Deutschland 19. „ Frankreich 23. „ Oesterreich 31 ff. — Untersuchung der 22. — verbotene: in Deutschland 19. „ Frankreich 29. „ Oesterreich 31 ff. Namen- and Sachregister. 79 Farben ohne Beizen 6. Farbenfabriken 1. — vormals Friedr. Bayer und Co. 11. Farbstoffe, adjective 5. — basische 3. — Benennung 3. — Coupage der 4. — Eintheilung 2. — indifferente 3. — saure 3. — substantive 5. — s. a. Farben. — s. a. Theerfarben. Feltz 8. Flavaurin 77. Friedrich 8. Fuchsin 8. — arsenhaltiges 7. ©enussmittel durch Theerfarben gefarbt 5. Gerlach 15. Gesetze gegen giftige Farben 15 ff. in Deutschland 16, 18. „ England 16, 28. „ Frankreich 16, 28. „ Italien 16, 17, 29. „ Mailand 30 „ Oesterreich 16, 31 ff. Gespinnstfasern 5 — pflanzliche 5. — thierische 5. Gifte, Eintheilung der 41. Giftige Theerfarben 14. '— s. auch die einzelnen Farbstoffe. Ginsberg, J. 11. Gnehm 77. Goldgelb 53. Goldschmidt, Heinr., und Hans Schmidt 43. — und Jul. Strauss 44. Granatbraun 77. Grandhomme 8, 9, 10, 11, 15. Guyot 11. Handelskammer zu Sonneberg, Erlass der 18, 21, Handelsnamen der Farbstoffe 3. Handelswaare 4, 37. Hauterkrankungen nach Fuchsin 9. Hehner 15, 16, 28. Heliochrysin 77. Hirt 13. Hofmann, A. W. 8. — s. a. Ludwig und Hofmann. Hoffmann, Otto 43. Hummel 7. Hyperhidrosis 7, 11, 13. Jaune d’or 67. — nouveau 71. — solide 15, 71. Indigo 3. Indamine 3. Indophenole 3. Infection 42. Isonitrosogruppe 43. Isopurpursaure 59. Julius, P. 7. Kaisergelb 76. Kertesz 4. Kinderspielzeug, siehe Spielzeug. Knecht 7. Konditor, siehe Zuckerbackerwaaren. von Kostanecki 44. Kresol, ortho 53. — para 53. Kuhnheim und Co. 69. I*ack 5. Landrin 11. Lepine, siehe Cazeneuve. Lewin, L 52. Liebermann, C. 54. Literatur fiber Theerfarben 7. Losungsmittel, Wahl der 39. Losliche Farbstoffe 4. Loew, 0. 74. Liidecke, siehe Ewald und Liidecke. Ludwig, E 15, 53. — siehe auch Ludwig und Hofmann. Ludwig und Hofmann 8. Mailand, Yerordnung des Magistrats zu — betr. giftige Farben 30. Malachitgriin 10. Manchestergelb 67. Marsh’ Apparat 10. Martius, Dr. 54. 67. Martiusgelb giftig 15, 07. Mauvein 8. Methyldiphenylamin 76. Methylenblau giftig 15. Mischungen von Farbsloffen 4. Mittenzwey 54. Munk, J. 62, 63. Murexid 33. Muster, Entstehung der 6. IVahrungsmittel durch Theerfarben ge¬ farbt 5. Naphthalingelb 67. a-Naphthol 67. Naphtholgelb 67. Naphtholgelb S 15, 71. Naphtholgriin B 45. Naphtholdisulphosaure 74. Naphtholsulphosaure 67. a-Naphthylamin 67, 71. Naphthylamintrisulphosaure 7 1. Naphthylpurpursaure 68. Nicotinvergiftung 14. Nietzki 7. Nitro-Azofarbstoffe 4S. Nitrobenzol-Fuchsin 9. Nitrofarbstoffe 3, 48. Nitrogruppe 48. Nitrosofarbstoffe 3, 43. Orange ungiftig 15. Organische Farben, s. Farben. 80 Namen- und Sachregister. Organische Farbstofife, s Farben. Otto G4. Paeonin 10. Palatinorange 77. Paste 4. Patente 1. Perkin der Aeltere 8. Persoz 10. Phenylbraun 77. Phosphorvergiftung 14. Phthalei'ne 2, 3. Pikrate 50. Pikrinsaure 14, 50. Poincare 8. Ponceau R ungiftig 15. Pourpre ungiftig 15. * II > + — 1 b N. 4 y/ S0 3 Na S0 3 H + NaCl Diazobenzol- p-Phenolsulfosaures chlorid. Natrium. o-Oxyazo-p-Benzolsulfosaure (OH : N 2 : HS0 3 = 1:6:4. 3. Das Eingreifen der Azogruppe in die Metastellung bei besetzter Ortho- und Parastellung ist bisher nicht beobachtet worden. 4. Auch beim a-Naphtol und a-Naphtylamin tritt die Azogruppe zum Hydroxyl in die Parastellung, so lange diese frei ist. Ist das Wasser- stoffatom der Parastellung substituirt, so tritt die Azogruppe in die Orthostellung'). N=N OH N = N p-Diazobenzolsulfosaure. a-Naphtol. p-Azobenzolsulfosaure «-Naphtol. OH OH S0 3 H S0 3 H /^-Naphtylamin- «-Naphtolmonosulfosaure. Pyrotin. monosulfosaure D (N.W.) * 2 3 ) 5. /i-Naphtol und jd-Naphtylamin haben kein Wasserstoffatom, wel¬ ches zur OH-Gruppe in Parastellung steht. Die Azogruppe tritt bei der Paarung mit /i-Naphtol in die benachbarte a-Stellung (Orthostellung) zum Hydroxyl. *) Nach Friedlander (a. a. 0. 347) werden bei unbesetzter Parastellung so- wohl Ortho- wie Para-Yerbindungen gebildet. 2 ) siehe S. 88. 3 ) Die Stellung der IiS0 3 -Gruppe ist zweifelhaft. Azofarbstoffe. 93 N=N N = N p-Diazobenzolsulfosaure. /?-Naphtol. p-Azobenzolsulfosaure-^-Naphtol. Die Richtigkeit der unter 1 bis 5 angenommenen Consti- tutionsformeln wird aus den Reductionsproducten der be- treffenden Azofarbstoffe erschlossen, wie dies bereits S. 90 an einigen Beispielen erlautert wurde. Allerdings hat das nahere Studium dieser Reductionsproducte, so weit sie eine complicate Zusam- mensetzung besitzen, eben erst begonnen 1 ). 6. Eine etwas andere Constitution als den bisher besprochenen Farbstoffen muss denjenigen Azokorpern zukommen, welche durch Paa- rung von Diazosalzen mit /S-Naphtol und /2-Naphtylamin entstehen. Waren namlich die mit jtf-Naphtol hergestellten Azofarbstoffe wahre Oxy-Azoverbindungen, so mussten sie, weil sie dann eine freie Hydroxyl- gruppe enthalten, wie die Derivate des a-Naphtols in Alkali loslich sein. Sie sind aber in Alkali unloslich. Aus diesem Grunde formulirte C. Liebermann 2 ) das Anilin-Azo-^-Naphtol nicht C 6 H 5 —N=N —C t0 H 6 OH(/S) sondern C 6 H 5 — N —NH —C 10 H 6 Zincke 3 ) schreibt dem entsprechend das Produkt aus Diazobenzol- chlorid und /^-Naphtylamin nicht C 6 H 5 -N=N-C 10 H 6 NH 2 («, sondern n NH 0 6 h 5 -nh / \ C, 0 H 0 oder C 6 H s — N C 10 H 6 / \ / NH NH 7. Auch fiir die a-Naphtol-Azofarbstoffe ist eine andere Formu- lirung zulassig, wenn man ihre Entstehung aus Chinonen und Phenyl- hydrazin in Betracht zieht 4 ). CO —NH -NH 2 CO a-Naphtochinon. Phenylhydrazin. N=N—C 6 H 3 + h 2 0 OH «-Naphtochinonphenylhydrazid = Benzol-Azo-a-Naphtol. ') Witt, Ber. 21, 3468 (1888). 2 ) Ber. 16, 2863 (1883). 3 ) Zincke, Ber. 18, 3138 b (1885). 4 ) Zincke und Bindewald, Ber. 17, 3026b (1884). 94 Specieller Theil. Das nach dieser Reaction erhaltene a-Naphtochinon-Phenylhydrazid ist mit dem aus Diazobenzolchlorid und a-Naphtol dargestellten Benzol- Azo-a-Naphtol durchaus identisch, wahrend sich die gleichzusammenge- setztcn Produkte aus Diazobenzolchlorid + /tf-Naphtol und jtf-Naphto- chinon -f- Phenylhydrazin von einander deutlich unterscheiden. 7. Ldslichkeit, Farbe, Verhalten gegen die Textiltaser, Anwendung und Nachweis. Die Azofarbstoffe, welche m den Geweben zur Zeit Anwendung finden, sind meist in Wasser loslich. Diese Loslichkeit verdanken sie der Anwesenheit einer oder mehrerer Sulfogruppen (HS0 3 ). So lost sich das Dimethylazobenzol (Buttergelb). 0 6 H 5 — N=N — C 6 H 4 N(C H 3 ) 2 nur in Alkohol, ist „spritloslich a , wahrend die Sulfosaure des Buttergelb (Helianthin oder Methylorange) S0 3 Na ^ / 0.h 4 N=N-0 6 H 4 N(CH 3 ) 2 durch Wasser leicht gelost wird. ^ Dm nun die Sulfogruppe in Azofarbstoffe einzufuhren, stehen drei Wege zur Verfugung. 1. Man behandelt die fertigen, aber unloslichen Azofarbstoffe mit starker Schwefelsaure (sulfirt sie). 2. Die Sulfogruppe ist bereits in dem diazotirten Korper oder in dem Phenol resp. Amin, welches sich mit dem Diazosalz paart, vor- handen. So entsteht durch Diazotiren von p-Sulfanilsaure und Paarung mit Dimethylanilin das losliche Methylorange. NH 2 G) so 3 / / C fi H, + hno, = C Hj + 2H>0 S \ \ so 3 H( 4 ) N=N P- Sulfanilsaure. Diazobenzolsulfosaure. SO, so 3 h / c„h 4 + C 6 H 5 N(CH 3 ) 2 - 0 c h 4 \ \ N=N N = N—0 6 H 4 N (CH 3 ) 2 Dimethylanilin. Methylorange (Helianthin). 3. In jiingster Zeit ist es noch auf einem dritten Wege gelungen zu loslichen Azofarbstoffen zu gelangen. E. Spiegel 1 ) zeigte namlich, dass unlosliche Azofarben durch Addition von Ammoniumbisulfit oder Natriumbisulfit in losliche Earb- stoffe iibergehen, welche Azarine heissen. l ) Ber. 18," 1479 (1885). t Azofarbstoffe. 95 Cl, Cl 2 C 6 H, OH + C i0 H 7 OH(£) = C 6 H, oh N= N -Cl N = N ~ Cj 0 H n 0 H (ft + H Cl Diazo-Dichlor- ftNaphtol. Dichlorphenol-Azo-ftNaphtol. phenolchlorid. Cl Cl C 6 H, OH p -)- (NH 4 )HS0 3 = C 6 H, OH • p N —N — C 10 H f) (OH) NH— N - C, 0 H 6 (0 H) \ so.,nh 4 Amraoniumbisulfit. Azarin S. Diese Azarine zerfallen durch Warme oder Alkali leicht in den urspriinglichen Farbstoff und in neutrales Sulfit. Yon dieser Eigenschaft macht man in der Farberei oder Druckerei Gebrauch. Man farbt oder druckt das Azarin auf die Faser und spaltet dann den Farbstoff durch Erhitzen oder durch ein alkalisches Bad. Die Farbe wird unloslich fixirt, das Sulfit ausgewaschen. Man kennt gelbe, rothe, braune, blaue, violette, ja fast schwarze Azofarbstoffe; dagegen scheint die Herstellung griiner Azofarben bisher nicht gelungen zu sein. Die meisten Azofarbstoffe sind saure Farben, wahrend die Anzahl der basischen Azofarben bisher gering ist 1 2 ). Zu letzteren gehoren das Chrysoidin (salzsaures m-Diamidoazobenzol) /NH, C 6 H 5 —N=N —C 6 H 3 3 HC1 VNH, und das Bismarckbraun (wahrscheinlich salzsaures Triamidoazobenzol) /NH, C (i H 4 , ", 7 NH 2 \N=N-C 6 H 3 4 HC1. \m . 2 Anwendung finden vorzugsweise die loslicben Azofarben, welcbe Sulfogruppen enthalten-) und zwar hauptsachlich in der Wollfarberei. Man setzt hierbei dem Farbbade (der Flotte) gewohnlich ein Gemisch yon verdiinnter Schwefelsaure und Glaubersalz, resp. Natriumdisulfat (Weinsteinpraparat) hinzu. Durch diesen Zusatz wird der Farbstoff schwerer loslich und geht daher langsamer auf die Faser. Scide wird selten mit Azofarben gefarbt. Baumwolle konnte man bis yor kurzen nur mit Hiilfe einer Beize 3 ) durch Azofarben tingiren. Erst in letzter Zeit gelang es Azofarben, die sogenannten Congofarbstoffe 4 ), Deriyate des Tetrazodiphenyls und seiner Homologen herzustellen, welche Baumwolle im einfachen Seifenbade anfarben. 1 ) Siebe S. 3. 2 ) Siehe S. 94. 3 ) S. 6. 4 ) S. 82. 96 Specieller Theil. Die Metallyerbindungen der Azofarben (Lacke) dienen zur Papierfarbung. Die in Wasser unloslichen, aber spritloslichen Azofarben werden zum Anstrich yon Holz-, Leder- und Metallwaren benutzt. Hierzu lost man sie in Lack oder Firniss anf. Auch zur Farbung yon Nahrungs- und Genussmittel werden wasser- und spritlosliche Azofarben bereits in grossem Massstabe ange- wandt. Die spritloslichen dienen z. B. zum Farben alkoholischer Getranke und Licore Yon den wasserloslichen wird das Anilingelb (Spritgelb) zum Farben von Nadeln benutzt 1 2 ). Zum Farben der Weine sind nach Cazeneuve 3 ) gebrauchlich: Bis- marckbraun (Phenylenbraun), Chrysoidin, Anilingelb, Sauregelb (Jaune solide), die verschiedenen Ponceaux, Echtroth (Poccellin), Rouge pourpre, die Tropaeoline, Metanilgelb, Azoflavin u. s. w. Nachweis. Eine charakteristische, alien Azofarbstoffen gemein- same und leicht anstellbare Reaction ist bisher unbekannt. Durch Reduction werden sie wie die meisten anderen Farbstoffe entfarbt. Die Reductionsprodukte der Azofarbstofle (S. 90) sind meist nur bei eingehender chemischer Untersuchung und bei Yorhandensein einiger Gramme reiner Substanz erkennbar und zur „Bestimmung“ des Farb- stoffs geeignet 4 ). Jedenfalls lassen sich diese Reductionsproducte durch Oxydation nicht wieder in die Ausgangssubstanz verwandeln. 1m Gegensatz hierzu liefern Indigo und die Azine (z. B. Safranin) durch Reduction gleich- falls ungefarbte Korper. Aber durch Oxydation, ja schon durch blosses Stehen an der Luft wird der urspriingliche Farbstoff regenerirt. Aus den farblosen Reductionsproducten der Rosolsaurereihe werden durch Oxydation Rosolsaure u. s. w. nicht wieder erhalten. Aber diese Korper sind meist frei von Stickstoff und daher von den Azofarben leicht unterscheidbar. Durch Alkalien werden die Nuancen der Azofarben mannigfach ver- andert, aber niemals tritt Entfarbung ein wie beim Fuchsin u. s. w. Aus alle diesem diirfte hervorgehen, dass die Erkennung einer Sub¬ stanz als Azofarbstoff selbst fiir den Fachmann keine leichte Aufgabe ist, namentlich wenn nur wenig Material zu Gebote steht oder wenn es sich um die Diagnose eines auf der Faser befindlichen Farbstoffs handelt. Die Kunstfarbe eines Nahrungsmittels wird sich iiber- haupt nur unter beso’nders giinstigen Umstanden feststellen lassen. Die erste brauchbare Tabelle zur Bestimmung der Farbstoffe 1 ) G. Schultz, Chemie des Steinkohlentheers. II, 146. 2. Auflage (1887). 2 ) Fresenius’ Zeitschrift 28, 90 (1884). 3 ) a. a. 0. 171. 4 ) 0. M. Witt, Ber. 21, 3468 (1888). Azofarbstoffe. 97 iibcrhaupt diirfte von Witt herriihren. In seinem Sinnc haben dann Weingartner, Lepctit 1 ) und Martinon 2 ) gearbeitet. Weitere Hiilfsmittel fiir diese immerbin wenig erfrculichen Studien lieferten endlich Kertesz 3 ) und G. Schultz mit P. Julius 4 ). Wenn es sich um die Aufsuchung eines yerfutterten Farb- stoffes in den Secreten und Excreten des Thieres handelt — eine Aufgabe, welche den Schreiber dieses Buches vielfaeh beschaf- tigte, envies sich neben dcr chemischen und spectroskopischen Prufung vor allem eine vorlaufige Fixirung des Farbstoffs auf Wolle, Seide oder Baumwolle als ausserst praktisch. Natiirlich musste hierfiir die gefarbte Fliissigkeit — meistens Harn — in der gleichen Weise praparirt werden wie der Farber seine „Flotte a praparirt. Bisweilen war auch eine Beizung der Textilfasern nothwendig. Ich brauche nicht daran zu erinnern, dass diese Methode zum Nachweis kleiner Mengen von Farbstoff bereits von anderen Untersuchern — so zum Nachweis von Fuchsin im Wein, yon Pikrinsaure im Bier ofters benutzt wurde. Die auf der Faser niedergeschlagenen Farbstoffe, lassen sich dann durch chemische Reactionen erkennen und identificiren. Ueber die Erkennung yon Azofarben im Wein liegen eine grosse Anzahl namentlich franzosischer Arbeiten vor 5 ). Yor allzu ver- trauensseliger Anwendung des Spectroskops fiir diesen Zweck sei ge- warnt, da ein Spectrum bekanntlich nur fiir ein bestimmtes Losungs- mittel, eine bestimmte Concentration und Helligkeit als constante Grosse gelten darf. Ich muss mich durchaus den Worten von Cazeneuve 6 ) anschliessen: On remarquera que si les (couleurs) azoiques presentent un spectre peu different les uns des autres du moins iis se diffe- rencient nettement des fuchsines, de la cochenille et de Forseille. 8. Handelsnameu und wissenschattliclie Bezeichnung. Wie schon oben S. 3 erortert, fiihren die kiinstlichen Farbstolfe im Handel meist beliebig gewahlte Namen. Und das mit vollem Rechte! Wiiren doch die wissenschaftlichen Namen derselben, welche ihre Constitution zum Ausdruck bringen solien, so lang, so verwickelt und zuletzt so barbarisch, dass ihr Gebrauch sich von selbst verbietet. Bei- spiele sind S. 4 gegeben. Es hat freilich an den verschiedensten Yorschlagen zur Verein- fachung der Nomenclatur nicht gefehlt. Aber keiner derselben diirfte *) Z. f. angew. Chem. 1888, 535. 2 ) Z. f. d. chem. Jud. (ed. Fischer) 1887. I. 3 ) Kertesz, Die Anilinfarbstoffe. Braunschweig 1888. 4 ) G. Schultz und P. Julius, Tabellarische Uehersicht der kiinstlichen orga- nischen Farbstoffe. Berlin 1888. 5 ) vergl. Cazeneuve. Coloration des vins. Paris 1886, und die dort citirlen Arbeiten, ferner die bekannten Lehrbiicher, z. B. Dietsch und Eisner sowie die Zeitschrift fiir analytische Chemie und die Yierteljahrsschrift fiir Nah- rungsmittelchemie. 6 ) a. a. 0 S. 217. Weyl, Theerfarben. n 98 Specieller Thei'l. sein Ziel bcsser crreichen, als dcrjcnige, wclcher von G. Schultz 1 ) her- riihrt. Jeder Azofarbstoff besteht, wie bereits auseinander gesetzt ist, aus zwei Theilen: 1) aus der diazotirten Base, 2) aus dem Phenol oder Amin, welches sich mit dem Diazosalz vereinigte. Zur Bezeichnung eines Azofarbstoffs wird nun — nach G. Schultz — zuerst das Amin genannt, aus welchem die Diazoverbindung dargestellt ist. Hierauf folgt, gctrennt durch das Wort — Azo — dasjenige Phenol oder Amin, auf welches die Diazoverbindung einwirkte. Bei den zweimal die Azogruppo — N=N — enthaltenden Di.azofarbstoffen wird die diazotirte Base durch das Wort — Disazo — von den beiden Componcnten getrennt. Diesen Vorschlagen, welche sich als sehr praklisch erwiesen haben, bin auch icn gefolgt. Einige Beispiele giebt die Tabellc auf Seite 99. Aus derselben diirfte hervorgelien, dass selbst so verwickelt zusammengesetzte Azofarbstoffe wie das Congoroth eine verhaltnissmassig einfache und dem Chemiker verstandliche Bezeichnung zulassen. 9. Eintheilung der Azoiarben. Als Eintheilungsprincip fiir die Azofarbstoffe dient die Anzahl der in ihnen enthaltcnen Azogruppen. Sie zerfallen hiernach in Mon azo- und Dis-Azofarben, je nachdem sie nur eine oder zwei Azogruppen enthalten. Man kann dann die Monazofarben weiter eintheilcn in Oxyazo- verbindungcn und Amidoazoverbindungcn, je nach dem sie durch Paarung cincs Diazosalzes mit einem Oxy- oder einem Amidokorper ent- standen sind. Die Oxy- und Amidoazokorper konnen sulfurirt sein oder nicht. In diese Gruppe gehort eine grosse Anzahl Azo¬ farbstoffe, und zwar die am friihesten dargestellten. Ihre Eormeln lasscn sich durch nachfolgende Schemata ausdriicken. R 2 )—N —N — R ( OH r_ N = N _r 2 /OH h R — N = N — R,-NH 2 R _ N = N — R, (go 3 H Hicrher rechnen wir auch die Azarine, welche S. 94 geniigend cha- rakterisirt sind. Die Disazofarbstoffe theilen wir mit G. Schultz 3 ) in drei Gruppen. a) Prim are Disazofarbstoffe. Sie entstehen durch successive 1 ) Siehe G. Schultz und P. Julius, Tabellarische Uebersicht. S 0 Anmkg. 2 ) R,H,,R 2 bedeuten hier und im Folgenden Radicale z. B. C ti H 4 NtL>, C 10 H B OH, C 10 H 6 NH 2 u. s. w. :! ) Cheinie dcs Steinkohlentheers. II, 234 (2. Auflage) AzofarbstotTe 99 «+-H e+H O -1-5 cg 32 f-1 ci ftH O N o <—* f—i c3 ^ 53 3 o 45 pj <« 33 53 a o o 4 ) id *i-< co ' 45 CO N • r—1 (V) ^ pq a o • rH 3> 3 co 3 c O b£i 3 3 45 +5> co Si c3 Q a -+n> Jh (8 c3 ft 45 o 3 S-h Q 45 “ > 45 a .—* c3 3 s fl “ £ 3 45 P 3 c3 a o § ® . 'B< b-S c3 rH 3 C3 CO _S 45 3 N -— 53 d «3 Pi E a 3 _ • rH 'co S c3 •M rM M a nd 23 23 0 -1 a tO o 3 45 5=1 P a d m'a O c -t »rH co o tmm T CO H k^ o“^ s-< 45 ' i 13 3 5=1 NH ft r-H . C3 a CO 03 §.-§ ? g_ £ & 3 CO 3 • rH a d co 45 nd 3 45 i O CO o' o O rH 5 JJ 2 ^ r 5= 45 ft ^'3 o : ^ 3 O S3 CO fl o ■ O Hd 'ts s- 45 "d si 3 T3 1/3 *3 3 2 2 45 a r3 , ft 45 3 53 3 :3 co 3 o 45 /” N ^ «^:3 td 00 hr? ^ C Wo.2 Hrt ^ MH P, ° 3 5Zi O ^ Pj a 05 a /• « c3 ^2i o o OJ 3 o 33 ft rt ^5 45 hH 3 :c3 co « c3 « ce Wo W 0 M co IS CO a; o s 23 _ll ^23 I qW^ l-H O ‘ a o -H o S 23 -a to ~o a —N <15 a : g : a ^W N n 0 co a o a d 5 ^ § Zco23oo o- •ft «ft -1 ~5 a o o o 31 ft a3 23 HI a ft a.a I I § « - 45 ra oa ^ to_ to O—o ri ci ft ^ •45 O o a to * ft p oi be hr? 1=1 a o 0H It -N=N 1 T> 'VrTT r 2 _n=n / Rl NH - R _N==N • —N=N \ R,—N=N / Hierher gehort z. B. das Echtbraun: S0 3 Na(«) / C.ftH,: a n \ /OH (l) o 10 h 6 («)N=N I n u (a)N=N j °« u *\OH(8) / \ ~ SO., Na(a) Dasselbe entsteht durch Einwirkung von 2 Moleciilen Diazonaphta- linsulfosaure auf ein Molecul Resorcin. n tt («)S0 3 Na («)N—N—Cl n u («)S0 3 Na (a)N=N—Cl i p tt OHO)_p pr SO, Na + ^ 4 OH(3) 10 C N=N \ OeH/^S + 2HCL r H N=N SO.,Na 2 Mol. Diazonaphtalin- Resorcin, sulfosaurechlorid. b) Sccundare Disazofarbstoffe. Sie entstehen durch Diazotirung eincr cine freie NH,-Gruppe enthaltenden Diazovcrbindung und Paarung der entstandenen Verbindung mit Aminen oder Phenolen. R—N=N—R, NH 2 HC1 + PINO, Chlorhydrat einer Amidoazoverbindung. = R—N=N-R 1 N=N-C1 + 2 H,0 Chlorid einer Azo-Diazoverbindung. R—N=N—R t —N=N—Cl + R,OH (Phenol) = R—N=N—Rj—N==N—R 2 OH + HCJ Secundarer Disazofarbstoff. In diese Gruppe gehoren sehr werthvollc Farbstoffe. So entsteht z. B. Bicbricher Scharlach durch Diazotirung von Arnidoazobenzoldisulfo- saure und Paarung der entstandenen Azo-Diazoverbindung mit /•GNaphtol. Azofarbstoffe. 101 n tj (0S0 3 Na 6 4 (4)N=N— C 6 H 3 Amidoazobenzoldisulfosaure giebt bei \NH 2 nochmaliger Diazotirung und Paarung mit p’-Naphtol n u U)SO, Na *t (4W—"NT_n w oU 3 iNa 63 N=N—0 IoHe OH ( /0 Biebricher Scharlach. c) Azofarben der Congogruppe. Dieselben heissen nach cinern ihrer Hauptreprasentanten dem Congoroth. Sie leiten sich vom Benzidin und dessen Homologen durch Diazotirung und Paarung mit zwci gleichen oder verschiedenen Moleciilen eines Phenols oder Amins ab. Durch Dia¬ zotirung des Benzidins entstehen sogenanntc Tetrazoverbindungen, welchc ihren Namen von den vier Stickstoffatomen, die sie enthalten, fiihren. Die Korper der Congogruppe heissen deshalb auch Tetrazofarbstoffe. C (J H 4 NH 2 c 6 h 4 nh 2 Benzidin. giebt C 6 H 4 —N=N—Cl c!h 4 —N=N—Cl Tetrazodiphenylchlorid. Dieses combinirt sich z. B. mit zwei Moleciilen Naphtionsaure n „ NH 9 ^ 10^6 SO h ZL1 Congoroth. C 6 H 4 -N=N-(/0C lo H 8 C 6 H 4 —N=N— (P)C lQ H 6 Congoroth. NH 2 («) S0 3 Na(a) S0 3 Na(«) NH 2 (a) Die Farbstoffe der Congogruppe haben die Eigenschaft Baumwolle ohne Beize waschecht zu fiirben. Diese Fahig- keit zeichnet dieselben vor alien iibrigen bekannten Azo¬ farben aus 1 ). II. Thierversuche. A. Versuche fremder Autoren. Ueber die Einwirkung einiger Azofarbstoffc auf Mensch und Thier verdanken wir Cazeneuve und Repine-) ausgezcichnete Versuche, deren Resultate nachfolgende Tabelle veranschaulicht. 0 Vergl. iiber die Farbstoffe der Congogruppe besonders G. Schultz a. a. 0. II, Cap. 29 (1888). 2 ) Cazeneuve, Coloration des vins. Paris 1886. 102 Specieller Theil. Laufende No Franzosische Bezeichnung. Synonyme. Constitution. Gehort zur Gruppe der Wirkung. 1 Rougu soluble Azorubin S. Echtroth C. Carraoisin. C *'. H B r/N=zN _ c H «0H l " J aSO; } Na Mona¬ zo¬ farben. Ungiftig auch fiirdenMen- schen. 2 Rouge pourpre Neucoccin, Brillant- Ponceau. Cochenilleroth od. Echtroth D, Bordeaux S, Amaranth, Azosaurerubin 2 B. C,„H r H (SO»Na), NB. Cazeneuve giebt nicht an, welche /J-Naphthol- disulfosaure zur Herstellung der Farbe diente. do. do. 3 Bordeaux B. Echtroth B. C„ 1 H I «N=N-C l0 H 4 f g OH Na); do. do. 4 Ponceau R Ponceau 2 R, Xylidinroth, Xylidin- ponceau. _q /30R do Ungiftig fiir Hunde vom Magen u v. Blute aus. 5 Orange I. a-Naphtol- orange, Tropaeolin 000 No. I. r rj (4)S0,Na ^ n *(l) N=N—C, „ H 6 (a) OH do. do. 6 Jaune solide. Echtgelb R, Sauregelb R, Gelb W. (21CH 3 pu 0 U SO Na ^6 n 3 0U 3 1>a ( A\ ISJO' (1)N-N(I)0.H 1 ^ (?) siehe Eger: Ber.22,851. 1889) do. Fiir Hunde v. Magen u. v. Blute aus unschadlich. Fiir den Men- schen schiid- lich (?). Die bisher gepriiften Azofarben gehoren also sammtlich zu den Monazofarben und waren sammtlich unschadlich. B. Eigenc Vcrsuche. 1. Monazofarbstoffe. 1 ) Meine Versuche sind mit den in der nachfolgcnden Tabelle auf- gezahlten Monazofarbstoffen angestellt. ') Siehe S. 98. Azofarbstoffe. 103 Lau- fende No. Hatidelsname. Herste Diazotirte Base Hung Combinirt mit Gruppe der Azofarben. Wir- kung 1 ) 1 Bisinarckbraun. Einwirkung von salpetriger Siiure auf Meta-Phenylendiamin. Mon azo. — 2 Sudan I. Anilin. />-Naphtol. n — 3 ? m-Nitranilin. /j-Naphtol. » — 4 ? p-Nitranilin. Schaeffer’s Salz. r> 5 Orange 11. Sulfanilsaure. /3-Naphtol. + 6 Ponceau 4 G. B. Anilin. Schaeffer’s Salz — 7 Orseilleersatz. p-Nitranilin. « Naphti.onsaure. — 8 Chrysoidin. t Anilin. m-Phcriylendiamin — 9 Diphenylaminorange. Sulfanilsaure. Diphenylamin. r — 10 Metanilgelb. m-Amidobenzol- rnonosulfosaure. Diphenylamin. 4- 11 Azarin S. Einwirkung von auf den Azo Amidodichlor- phenol. Ammoniumbisulfit farbstoff aus Naphtol. Dieser Tabelle muss ich folgende Bemcrkungen hinzufiigen, wclchc die Auswahl der Farbstoffe betreffcn. Es bedeute R—N=N—R 1 —Gr einen Azofarbstoff und zvvar sei R—C 6 H 3 , R^C^Hg, Gr — eine salz- bildende Giuppe (S. 84 Anmkg). Ich wiinschte nun zu erfahrcn, ob der Eintritt bestimmter Gruppen (Gr) in diescn Azofarbstoff auf sein toxisches Yerhalten einen Einfluss ausiibe. Zu diesem Zweckc ging ich von demjcnigcn Farbstoff aus, welcher durch Paarung von Diazobenzolchiorid mit ^-Naphtol entstcht ' Farbstoff No. 2). R—N=N—R h OH C 6 H 3 --N=N-G l0 H 6 OH(« Ich fiihrte dann in diesen Farbstoff eine Nitrogruppe ein. Und zwar bcfand sicli dieselbe im Benzolkern in Meta-Steilung zur N=N- Gruppe. ') -f bedeutet schadlich (giftig), — unschadlich 104 Specieller Theil. So cntstand der Azofarbstoff R_N=N-R' oh WNO^ (3)N0 2 —0 6 H 4 —N=N—C t0 H 6 OH(/?) (No. 3 dcr Tabclle) Dann so life der Einfluss der Sulfogruppc festgcstellt werden. Dicselbe konnte sich im Benzolkern oder im Naphtalinkern befinden. Also entweder: R— N—N— R(OH) / HS0 3 , C 6 H 4 — N = N — C 10 H 6 (OH) (Farbstoff No. 5) (4)HS0. oder: R—N—N—R OH OH ■) S0 3 H C 6 H 5 — N —N — C 10 H 3 §q (Farbstoff No. 6) Farbstoff No. 4 enthalt gleichzeitig Nitro- and Sulfo-Gruppe. OH R —N = N — R HSO. : (DNO, o 6 h 4 -n=n-c 10 h 3 S o 3Hj (ONO/ wahrend Farbstoff No. 7, dor sich vom a-Naphtylamin ableitet, cbenfalls Nitro- und Sulfogruppe besitzt. R — N=N — R NFL, («) S0 3 H (i)N0 2 X NH (a) 0 6 H 4 — N=N —C 10 H 3 so 2 h ; / • 3 (DN0 2 Leider scheiterten weitere Versuche, welche die Einfiihrung anderer Gruppen in das Farbstoffmolekiil bezweckten, um fiber ihren Einfluss auf die toxische Wirkung des entstandenen Korpers Aufschluss zu erhalten, daran, dass mir andere ,,Zwischenprodukte a unzuganglich blieben. Farbstoff No. 1 (Bismarckbraun) und No. 8 (Chrysoidin) sind viel OH 0 Ich musste mich auf den Fall beschranken, wo C 10 H B dem Schaffer- o schen Salz entsprach, da mir weitere Naphtolsulfosiiuren nicht zu Gebotc standen. — Fur die Ueberlassung der benutzten Zwischenprodukte bin ich Herrn G. Schultz von dcr Actiengese 11 scha ft fur Ani linfabr ikation zu Berlin zu grossem Danke verpflichtet. AzofarbstofTe. 105 benutzt, Farbstoff No. 11 noch nicht untersucht, die Farbstoffe No. 9 und 10 sind isomer. 1. Bismarckbraun C 12 H 13 N 3 , 2HC1. Synonyme: Manchesterbraun, Phenylcnbraun, Vesuvin, Ani- linbraun, Lederbraun, Zimmtbraun, Canelle, Engliscb braun, Goldbraun. Der Farbstofl wird durch Einwirkung von zwei Molekiilen Natrium- nitrit auf drei Molekiile salzsaures Meta-Phenylendiamin in wassriger Losung dargestellt. Ob derselbe — wie gewohnlich angenommen wird — ein Triamido- /(2)NH, azobenzolchlorhydrat 1 ^ 3 \(4)NH.j 2 HC1 oder vielmehr ein m-Phenylendiamin-Disazo-m-Phenylendiamin 0)N = N-C,H,<™’ c - h '«n=».o.h,<™: darstellt, scbeint noch nicht geniigend festgestellt. Die letztere Formel ist der Darstellung nach (s. o.) die wahrschein- lichere. Fiir diesen Fall gehorte das Bismarckbraun zu den Disazo-Farb- stofFen (S. 98). Erkennung: Dunkelbraunes, in Wasser mit brauner Farbc los- liches Pulver. Die wassrige Losung giebt: mit Salzsaure: braunen, in Wasser mit brauner Farbe leicht loslichcn Niederschlag, mit Essigsaure: braune Losung, kein Niederschlag, mit Natron] auge: braunen, in Wasser schwer loslichen Niederschlag, mit Ammoniak: braunen, im Ueberschuss von Ammoniak loslichen Niederschlag, mit ammoniakalischer Kupferlosung: braunen, auch in heissem Wasser schwer loslichen Niederschlag. Beim Erkalten wieder- erscheinend. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure: braune Losung, die sich beim Yerdiinnen mit Wasser rothlich farbt. Bismarckbraun gehort zu den am friihesten 2 ) entdeckten Azofarb- stoffen, wird aber noch immer in grossem Umfange zum Farben von Wolle, Leder und Jute benutzt. Baumwolle wird nur nach vorheriger Beizung mit Tannin oder Tannin und Brechweinstein gefarbt. Bezugsquelle: Actiengesellschaft fiir Anilinfabrikation zu Beilin. a. Fiittrungsversuche. Iiund /. 5690 g. 11. Juni. Kein Eiweiss. ') G. Schultz, Steinkohlentheer II, 193 (1888). *) Siehe S. 81. O 106 Specioller Thoil. 12. Juni. Kein Eiweiss. 13. „ 2 g per Sonde. 10 Uhr 30 Injection. 12 Uhr Erbreohen. 14. „ 2 g. 10 Uhr Injection. 12 Uhr Erbrechen. Hat nichts gefressen. 15. „ Nichts gefressen. Thier bevvegt sich wenig. 16. „ 2 g Zwei Stundcn nach der Injection starkes Erbrechen. 17 — 20. Juni. Hat nichts gefressen. Nur Wasser getrunkcn. 21. Juni. Hat gefressen. Munlrer. Eiweiss im Harn. 22. „ 5 g Thier erbricht eine halbe Stunde nach der Injection. 23—27. Juni. Hat fast nichts gefressen. Eiweiss im Harn. 28. Juni. Munterer. 30. „ Hat gefressen. Eiweiss im Harn. Das Thier wurde bis zum 15. Juli beobachtet. Im Harn zuletzt nur geringe Spuren von Eiweiss. Appetit wie friiher. I kind II: 29,5 Ko. 29. April. Wenig Eiweiss. 30. „ 5 g per Sonde. 1. Mai. Harn braun. Thier munter, frisst wie gewohnlich. 2. „ 5 g per Sonde. Im Harn lasst sich Bismarckbraun durch Wollfarbung und chemische Reactionen (S. 105) nachweisen. 4. „ 5 g Harn braunlich. Kein Eiweiss. 5. „ Harn normal gefarbt. Kein Eiweiss. 8. „ 15 g. Thier hat eine Stunde nach der Injection er- brochen. 9. „ Nichts gefressen. Im Harne Bismarckbraun nachweisbar. 11. ,, 15 g. Erbrechen 1 Stunde nach der Injection. 12. „ Thier frisst wenig. Scheint krank. 14. „ Thier wieder munter. 15. „ 15 g. Erbrechen circa l l / 2 Stunde nach der Injection. 16. „ Nichts gefressen. Harn frei von Eiweiss. 18. ,, Thier wieder normal. 22. ,, Thier normal. Gewicht 28,9 kg. Versuch III. Ein Hund von 5,5 kg. erhielt einen Monat lang tag- licli 0,25 g Bismarckbraun mit der Nahrung. Das Thier befand sich wahrend der ganzen Zeit wohl, erbrach nicht und frass wie gewohnlich. Es nahm wahrend des Versuchs um circa 350 g zu. b. Subcutane und intraabdominale Darreichung. Versuch VI. Ein Hund von 6,3 kg erhielt im Verlaufe von 20 Tagen 9 Injectionen von je 0,1 g Bismarckbraun in 8 —10 cm sterilisirten Wassers unter die Riickenhaut. Das Thier blieb durchaus normal. Der Harn war von normaler Farbe und enthielt kein Eiweiss, Azofarbstoffe. 107 Versuch V. Demselben Thiere spritzte ich dreimal jo 0,1 com Bis¬ marckbraun in 8—10 com steriiisirtera Wasser gelost in die Bauchhohlc. Das Thier zeigte geringe Temperaturerhohung und frass nicht. Dor Earn blicb ungefarbt. Der Hund erholte sich innerhalb acht Tagen vollig. Das Bismarckbraun bewirkt vom Magen aus bei Hunden bereits in einer Dosis von 0,35 per Kilo (Versuch I) Erbrecben und Albuminurie. Weitere Storungen traten auch bei grosscn Dosen (Vers. II.) nicht ein. Kleine Dosen (0,045 gr. per Kilo) zeigten sich auch bei haufiger Darreichung (Vers. Ill) durch- aus unschadlich. — Vom Unterhautzellgewebe aus waren Dosen von 0,016 g (Vers. IV.') unschadlich. Dagegen fuhrtcn dieselben Dosen von der Bauchhohle aus leichtere Storungen herbei. (Vers. V). Der Harn blieb bei kleinen Dosen ungefarbt. Erst bei grosseren Dosen liess sich unverandertes Bismarckbraun im Harne nachweisen. 2. Sudan I. C 16 H 12 N 2 0. Sudan I. wurde zuerst von C. Liebermann 1 ) aus Diazobenzolchlorid und /¥-Naphtol erhalten. Das fiir meine Versuche bcnutzte Praparat stelltc ich mir auf dem angegebenen Wege selbst her und erhielt den Farbstoff durch Umkry- stallisiren aus 90 pCt. Alkohol in schonen rothen Krystallen. Sudan I ist Anilin-Azo-/^Naphtol 2 ) N = N Der Farbstoff dient zum Farben vom Spirituslacken, Oclcn und (?) Likoren. Erkennung: Im reinen Zustande: rothe Crystalle. Unloslich in Wasser, loslich in Alkohol mit orangerother Farbe. Die alkoholische Losung giebt: mit wassriger Natronlauge: rothbraune Losung. mit wassrigem Ammoniak: wie Natronlauge, mit ammoniakalischer Kupferlosung: braunen Niederschlag. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure: fuchsinrothe Losung, die beim Verdiinnen mit Wasser orangegelben Nieder¬ schlag absetzt. Hund I: 11,9 kg. 7. Juni 88. Harn alkalisch. Kein Eiweiss. 8. ,, 2 g per Sonde. 9. „ Keine Injection. Harn von normaler Farbung. Alkalisch. *) Ber. 16, 2860 (1883). 2 ) Siehe S. 93, 108 Specieller Theil. Kein Eiweiss. Lost viel Kupferoxyd in alkalischer Ldsung. Reichlich Sulphate. Das Destillat des mit concentrirter Salzsaure ver- setzten Harnes giebt deutlichen Niederschlag mit Bromwasser. 10 . 11 . 12 . 13. Juni. 14. 15. 16. 22 . 23. 24. 25. 26. 27. 29. 30. 77 77 77 7? 7 ? 7 ? 77 7? 77 77 7? 75 77 7 ? Keine Injection. 2 g per Sonde. Hat erbrochen. Phenol. 2 g per Sonde. 2 g per Sonde. Hund niunter. Harte Faces. Sonst munter. Ham ist fast frei von Plarn dunkelbraun, alkalisch. Eiweiss deutlich nachweisbar. Sulphate vorhanden. 2 g per Sonde. Eiweiss deutlich. 2 g per Sonde. Munter. Hat gefressen. Gewicht 11,55 kg. Abnahme 350 g in 10 Tagen. Munter. Harn normal gefarbt. Kein Eiweiss. 5 g per Sonde. Harn etwas dunkler als normal. Plat wenig gefressnn. 5 g per Sonde. Wenig gefressen. Aus den Faeces lasst sich durch heissen Alkohol viel unveranderter Farbstoff ausziehen, der sich beim Er- kalten des Losungsmittels in rothen Krystallen ab- scheidet und die oben angegebenen Rcactionen zeigt. — Wenig Eiweiss im Harn. Thier munter. Hat aber wenig gefressen. Hat gut gefressen. Harn ungefarbt. Thier munter. Wenig Eiweiss im Harn. Der Farbstoff ist in den verfutterten Dosen nicht vollig unschadlich, da er eine geringe Albuminurie hervorzubringen schei nt. Aus Mangel an einem geeigneten Losungsmittel (S. 39) mussten subcutane Injectionen unterbleiben. 3. Metanitrazotin. Azofarbstoff aus diazotirtem m-Nitranilin und Paarung mit /?-Naphtol C 16 H 3 N 3 0 3 . Diesen Farbstoff, dcr noch nicht beschrieben zu sein scheint, stellte ich mir aus diazotirtem m-Nitranilin und Combination mit /^-Naphtol her. Das Produkt ist in Alkohol von 90 pCt. kaum, in Benzol und Eis- essig. schwer loslich. Es wird in warmer alkoholischer Natronlauge ge- lost und nach der Filtration mit Salzsaure gefallt. Der Niederschlag wird nach dem Absaugcn mit heissem Wasser ausgewaschen. Der Farb¬ stoff stellt ein rothes Pulver dar. Die alkoholische Losung giebt: Azofarbstoffe. 109 mit Na t.ronlau g c: burgunderrothe Earbung, welehe durcli Sauren in Gclb umschlagt, mit Ammoniak: wie Natronlauge. Bcim Stauben in concontrirte SchwcCelsaure entsteht eine fuchsinrotbc Fliissigkeit, welehe sich durch Verdiinnung mit Wasser orangegelb farbt und eine griinlich gelbc Fluorescenz (? durch einen fein vertheilten Niederschlag) zeigt. Aus der Darstellung folgt die Constitutionsformel: Der Farbstoff, welcher Metanitrazotin heissen mag, ist also ein m-Nitranilin-Azo-/i-Naphtol. Hund I. 12,6 kg. 11. Juli. Spuren von Eiweiss im Harn. 12. „ Ebenso. 12. „ 1 g per Sonde. Harn blass, alkalisch. Spuren von Eiweiss, Phenol kaum nachweisbar. 13. „ 2 g per Sonde. Harn rcichlich, blassgelb, trube, stark alkalisch. Auf Zusatz von Sauren zum Harn braust derselbe stark auf. Kcin Zucker. Spuren von Ei¬ weiss. Kein Phenol. 14. ,, 2 g per Sonde. Harn stark alkalisch. 15. „ 2 g per Sonde. Harn sehr reichlich. 16. „ Hund munter. Gewicht 12,45 kg. Also 150 g Abnahme in 5 Tagen. Ein zweiter Hund (5,6 kg) erhielt 10 Dosen zu 1 g im Yerlaufe von 20 Tagen. Das Thier blieb munter, der Harn eiweissfrei und un- gefarbt Beobachtungsdauer 5 Wochen. Ich hatte nach den bei den Nitrofarbstoffen (s. d.) gemachten Er- fahrungen auf eine Giftwirkung des Metanitrazotins gerechnet. Trotz der anwesenden Nitrogruppe war aber der Farbstoff ungiftig. 4. Paranitrazotin. Azofarbstoff aus diazotirtem p-Nitranilin und Paarung mit /^-Naphtolmonosulfosaure S. (Schaeffer). C 16 H 9 N 3 0 6 SNa. Den Farbstoff stellte ich mir aus diazotirtem p-Nitranilin und /f-Naphtolmenosulfosaure S dar. Der Farbstoff ist das Natriumsalz der p-Nitranilin Azo-/?-Naphtolmonosulfosaure S, seine Constitution ist vielleicht 110 Specieller Theil. Rothbraunes, in Wasser mit orangebrauner Farbe losliches Pulver. Die wassrige Losung giebt: mit Natronlauge: fuchsinrothe Losung. mit Ammoniak: wie Natronlauge. mit Kupfersulphat: keine Veranderung, mit ammoniakalischer Kupferlosung: rothvioletten in Ammoniak mit der gleicben Farbe loslichen Niederscblag. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure entstebt eine hellrothe Losung, die sick beim Verdiinnen mit Wasser orangegelb farbt. Der Farbstolf mag seiner Darstellung nach Parani trazotin heissen Ein Kaninchen yon 1,5 kg erbielt zwei Dosen von je 2,5 g mit der Schlundsonde im Ferlaufe von drei Tagen. Das Thier blieb munter. Weitere Versuche mussten aus Mangel an Substanz unterbleiben. 5. Orange II. C I6 H n N 2 0 4 SNa. Synonyme: Orange No. 2, /^-Naphtolorange, Tropaeolin 000 No. 2, Mandarin, Mandarin G extra, Chrysaurin, Goldorange. Den Farbstolf stellte ich mir aus p-Diazobenzolsulfosaure und ft -Napbtol selbst her. Er krystallisirte im Wasser in orangegclben Bliittchen. Er ist Sulfanilsauro Azo-/L-Naphtol und hat wahrscheinlich die Con¬ stitution N = N Wolle und Seide wurden in saurem Bade orange gefarbt, Baumwolle erst nach vorhergegangenem Beizen. Erkennung: Orangerotbe Krystalle, in Wasser mit orangerotber Farbe leicht loslich. Die wassrige Losung giebt: mit Salzsaure: braunen, in Alkobol mit orangerother Farbe leicbt loslichen Niederscblag. mit Natronlauge: rothbraune Losung. mit Ammoniak: wie mit Natronlauge. mit ammoniakalischer Kupferlosung: gelatinosen roth- braunen Niederschlag. beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure fucbsinrothe Azofarbstoffe. Ill Losung, welchc beim Yerdiinnen mit Wasser braungelben Nieder- schlag gicbt. a) Stomacbalc Darreichung. Hund I: Schwarzer Pudel von 10,5 kg. 4. Juli 5 g per Sonde. Harn roth. Diarrhoe? Erbrechen? Die rotbe Harnfarbe erblasst beim Erwarme'n mit Zinn- cbloriir und Salzsaurc. 5. Juli. Keinc Injection. Harn roth durch Azofarbstoff [Erbrechen (?)]. 6. „ Harn roth. 7. „ Harn schwach rothlich, stark sedimentirend. 8. „ Harn sparlich. Yiel Sediment. 9. —12. Juli. Harn alkalisch, triibe. Enthalt Eiweiss. 13. Juli. 7 g per Sonde. 14. ,, Harn orangerotb. Hat niebts gefressen. Diarrhoe. — Keine Injection. 15. „ Keine Injection. Thier hat wenig gefressen. Harn schwach rothlich. 17. „ 2 g per Sonde. Nichts gefressen. Diarrhoe. Harn neutral. schwach rothlich, schr triibe. Spuren von Eiweiss (?). 18. ,, Thier sehr elend. Harn orange. Augen verklebt. 19. ,, Keine Injection. Thier elend. 20. „ Yiel Eiweiss im orange gefarbten Harne. Thier sehr elend. 40° in Recto. 21. „ Stridor beim Athmen. Baumwolle wird durch Harn orange gefarbt. 22. ,, Thier sehr matt. Harn orangerotb. Mit NaOH dunkelroth, mit Sauren gelblich. Baumwollcnfarbung gut gelungen. 23. „ Thier wird tod im Kafig gefunden. Section (24. Juli): Yiel Fettgewebe von normaler Farbe. Muskeln normal gefarbt. Magen und Darm blass. Im Magen und in den oberen Darmabschnitten viele frische und in Yernarbung begriffeno Geschwiire. Leber etwas fettig degeneriri. Nieren blass. Epithel fettig entartet. Lunge normal. Herz blass. Grosse weisse Coagula im Herzen. Gehirn nicht gefarbt. Versuch II. Ein weisses Kaninchen von 2,25 kg starb nach Dar- reichung von 3 g des Farbstoffes innerhalb 12 Stunden. Noch 4 Stunden nach der Injection sprang das Thier munter im Zimmer umber. — Die Section wurde durch Zufall vereitelt. b) Subcutane Injection. Ilund von 4300 g. 12. Dezember. 0,5 g in circa 10 ccm lauwarmcn Wasser unter die Riickenhaut (rechts). 12—14. December. Harn alkalisch, etwas Eiweiss, kein Zucker. Schwach orange gefarbt. 15. December. Kein Abscess an der Injectionsstelle. Munter. Hat gefressen. 0,25 subcut. (Riicken links). Harn orangerotb, sauer. Spuren von Eiweiss. Woll- 112 Specieller Theil. 17. December 18. farbung in dem mit Schwefelsaure angesauerten Harn gut gelungen. 0,5 Subcutan. Kein Abscess. Etwas Diarrhoe. T = 39,5° in Recto. Recbtes Auge verklebt und entziindot. Spuren von Eiweiss. Harn stark orange gefarbt. Wollfarbung im Harn gut gelungen. Keine Injection. Der Augencatarrb gebessert, aber Cataract. 0,5 subcutan. Harn roth-orange. Thier munter. Feste Faeces. Keine Injection. Wenig Eiweiss. Thier zittert. Feste Faeces. Wenig Eiweiss im Harn. 0,75 g an zwei Stellen des Ruckens, subcutan. Hund sehr elend, zittert viel und knurrt. Feste Faeces. Wenig Eiweiss im Harn. Status idem. Abscess an der Injectionsstellc vom 21. Dezcmber. Munterer. Abscess bat sick freiwillig geoffnet. Gewicht 3840 g. Abnahme in 15 Tagen 460 g. 2. Januar 89. Abscess fast-geheilt. Thier munter. Hat gefressen. 3. „ Das Thier verliert die Haare. 14. „ . Thier fast haarlos. Gewicht 3890 g. Munter. Frisst 19 20 . 21 . 22 . 23. 25. 26. 27. 5 ? 5? ')') tiichtig. 17. ,, Schlaft viel. Frisst tiichtig. 26. „ Hat sich vollig erholt. Gewicht 5120 g. Das /if-Naphtolorange ist nach Versuch I. vom Magen aus schon in klciner Dosis giftig und fuhrte den Tod eincs mittel- starken Hundcs herbei. Zur Kontrolle dient der Kaninchen-Ver¬ such (No. II). Im Gegensatz zum /^-Naphtolorange fanden Cazeneu ve und Le pine das entsprechende «-Naphtolorange wahrscheinlich: welches sich also von /^-Naphtolorange nur durch die Stellung der Hy- droxylgruppe unterscheidet, ungiftig. Auch vom subcutanen Gewebe aus scheint der /^-Farbstoff Gift- wirkung zu entfalten. Das Thier uberstand aber den Eingriff. ’) a. a. 0. Azofarbstoffe. 113 (>. Ponceau 4 G. B. C 16 H U N 2 0 4 SNa. Synonyme: Croceinorange, Bri llantorange. Den Farbstoff stellte ich mir aus Diazobenzolchlorid und Schaeffer- schem Salz selbst her. Er hat wahrscheinlich die Constitution: N = N — Erkennung: Rothes, in reinem Zustande krystallinisches Pulver, das sich in Wasser nicht ganz leicht mit rother Farbe lost. Die wiissrige Losung giebt: mit Salzsaure: gelbbraunen Niederschlag, der sich in Alkohol leicht mit gelbrother Farbe lost, mit Natronlauge: gelbe Losung, mit Ammoniak: wie mit Natronlauge, mit ammoniakalischer Kupferlosung: schmutzig gelbbraunen Niederschlag, beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure: orangegelbe Losung, die beim Verdiinnen mit Wasser gelbbraunen Niederschlag absetzt. Farbt Wolle im sauren Bade orangegelb. Hund /: 12,4 Kg. 19. Juni. 2 g in Wasser per Sonde. Harn rosig gefarbt. 20. 55 2 g in Wasser. Harn rothlich. 21. 55 2 g in Wasser. Hund munter. Harn rothlich. Blut. Kein Eiweiss. Kein 22. 55 2 g per Sonde. Hund munter. Harn alkalisch. Eiweiss. Kein Phenol. Kein 23. 55 4 g per Sonde. Harn normal gefarbt, alkalisch, Kein Eiweiss. triibe. 24. 55 Thier munter. Hat gefressen. 27. 55 4 g per Sonde. 28. 55 Harn normal gefarbt. Frei von Eiweiss. In einem zweiten Versuche erhielt ein Hund von 8,5 kg einenMonat hindurch taglich 1 g des Farbstoffs per Sonde. Der Harn blieb ungefarbt, das Thier munter, der Appetit ungestort. Die Gewichtsabnahme — 200 g in 30 Tagen — kommt nicht in Betracht. Der Farbstoff kann also als ungiftig gelten. 7. Orseilleersatz. C l6 H n N 4 0 3 SNa. Synonyme: Naphtionroth (veraltet). Der Farbstoff wird aus diazotirtem p-Nitranilin und Panning mit Naph t i on sail re d arges t e 111. Weyl, Thcerfarbcn. 8 114 Specieller Theil. Er hat also die Constitution : Mein Praparat war von der A ctiengesellschaft fiir Anilin- fabrikatlon zu Berlin bezogen. Dasselbe stcllte einc rothe Fliissig- keit dar, welche 8,2 pCt. Farbstoff cnthielt. ') Erkennung: Brauner in Wasscr rait rothbrauner Farbe loslicher Teig Die wassrige Losung giebt: mit Salzsaure: blaurothen, in Wasser and 96 proc. Alkohol mit rothbrauner Farbe loslichen Niederschlag. rait Essigsaure: rothbraune Losung. mit Natron]auge: blaurothen Niederschlag, der im Wasser schwer, in Alkohol leicht mit braunrother Farbe loslich ist. rait Ammoniak: braunrotho Losung. rait aramoniakalischer Kupferlosung: schmutzig roth- Nicderschlag, der sich in heissem Wasser lost. Beira Stauben inconcentrirteSchwefelsaure fuchsinrothc Losung, welche anf Wasserzusatz einen rothbraunen Niederschlag fallen liisst. Farbt Wolle in saurem Bade orseillcroth. 27. December. a) Stomachale Darreichung. 24.—26. December. Hund yon 3810 g. Harn schwach alkalisch, darin etwas Eiwciss, kein Mucin. 20 cm. Orseille-Losung (—1,64 g Farbstoff) rait Pepton per Sonde. Darnach Brechneigung. Hat nicht er- brochen. Harn normal gefarbt, fast klar, schwach al¬ kalisch. Spuren von Eiweiss. — Mit Sauren, Alkalien und concentrirter Schwefelsaure keine charakteristische Yeranderung. 20 ccm Orseille-Losung (=1,64 g Farbstoff) mit Pepton per Sonde. Harn wie am 27. December. Feste Faces. Munter. Keine Injection. 40 ccm Orseille-Losung (=3,28 g Farbstoff). Munter, hat gefressen. Harn wie bisher. Gewicht 3980 g, also 170 g Zunahme in 7 Tagen. Harn ungefarbt, etwas Eiweiss, reichlich Sulfate. 50 ccm Orseille in Pepton per Sonde (=4,1 g Farbstoff). Harn alkalisch, sonst wie bisher: ungefarbt. 28. 29. 30. 31. 5 ? •>") J7 77 I.Januar 1889. •2 Li • •«, ') 10 ccm der filtrirten Losung gaben 0,82 g Ruckstand. AzofarbstofTe. I 115 3. Januar. Harn farbt Filtrirpapier rosa. Alkalisch, selir wenig Eiwciss. Wollfarbung im angesauerten Harn gelungen, Thier munter. Entlassen. Ein zweiter Yersuch, in clem ein Hand von 4,5 kg einen Monat hindurch taglich 10 com Farbstofflosung (0,82 g Farbe), also im Ganzen 30 mal 0,8 g= 24 g Farbstoff crhielt, verlief wie Yersuch I. Nur biieb der Harn ungefarbt. b) Subcutane Injection. Hund von 4980 g. 2. Januar. Harn normal gefarbt, sehr wenig Eiweiss, 10 ccm Ors.-Ersatz- Losung subcutan (= 0,82 g Farbe). Harn rothlich, keine Injection. Harn rothlich, Spuren von Eiweiss. 10 ccm Ors.-Ersatz-Losung subcutan (= 0,82 g Farbe). (Riicken links.) Harn rothlich, kaum Eiweiss, reichlich Sulfate. Thier munter, keine Abscesse. Keine Injection. 6.-—7. Januar. Keine Abscesse. Thier munter. Wenig Eiweiss. 8. Januar. Thier normal. Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. 3 4 5. ')•) 55 9. Thier hat gefressen. Keine Abscesse. 20 ccm Injection (= 1,64 g) an zwei Stellen des Riickens. Hat nichts gefressen. Conjunctivae ungefarbt. Harn rothlich, wenig Eiweiss. Keine x\bscesse, keine Injection. Keine Abscesse Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. Keine In¬ jection. Harn farblos. Wenig Eiweiss Gewicht 4950 g Also in 12 Tagen keine Abnahme des Korpergewichtes. Munter. Keine Abscesse. Munter. Sehr wenig Eiweiss. Der Farbstoff kann in den angegebenen Dosen vom Magen und vom Unterhautzellgewebe aus als nicht giftig gelten, trotz- dem er eine Nitrogruppc enthalt Vielleicht ist ahnlich wie beim Naphtolgelb S (Seitc 71) die Wirkung der N0 2 -Gruppe durch die gleich- zeitig vorhandene HS0 3 -Gruppe gemildert worden. 10 . 11 . 12 . 14. 17. 55 55 55 55 55 4 \ NH, 3 8. Chrysoidin. C 12 H 12 N 4 HC1. Der Farbstoff wird aus Diazobenzolchlorid und Paarung mit m-Phe- nylendiamin dargestellt, hat also wahrscheinlich die Constitution: N = N HC1 NH 2 Farbt Wolle und Seide ohne Beize, Baumwollc nach dem Beizen orange. Mein Praparat war von der Actiengesellschaft fur Anilin- 8 * 116 Specieller Theil. fabrikation zu Berlin bczogen und stellte ein rothbraunes crystalli- sirtes Pnlyer dar, welches sich in Wasser leicht mit braunrother Farbe loste. Erkennung: Die wassrige Losung giebt: mit Salzsaure: gelatinosen, braunen, in Wasser leicht mit orange- brauner Farbe loslichen Niederschlag, mit Essigsaure: Keine Ycranderung, mit IS 1 atronlauge: orangebraunen Niederschlag, der sich in Wasser schwerer, leichter in Alkohol mit orangegelber Farbe lost, mit Ammoniak: wie mit Natronlauge, mit ammoniakalischer Kupferlosung: braunrothen, in heissem Wasser loslichen, in Alkohol unldslichen Niederschlag- beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure: gelbbraune Losung, die sich beim Verdiinnen mit Wasser ponceau farbt. a) stomachale Darreichung. 24.-25. Marz. Hund von 26,6 Kg. Harn ungefarbt, enthalt deut¬ lich Eiweiss. 25.-26. 55 3 g per Sonde. 26.-27. 55 Harn stark orangebraun gefarbt. Enthalt deutlich Eiweiss. 29.—30. 55 Harn wenig gefarbt. Thier munter. 1. April. 10 g per Sonde. 2.—5. April. Harn stark braun gefarbt. Wenig Eiweiss. 6 —7. „ 10 g Chrysoidin. Thier hat gefressen, nicht erbrochen. 8.—10. , Harn dunkelbrauu. Deutlich Eiweiss. In einem zwoiten Yersuch erhielt ein Hund von 9,5 kg eincn Monat hindurch taglich 1 g Chrysoidin mit der Sonde. Das Thier blicb munter, der Harn ungefarbt und fast eiweissfrei. Es nahm wahrend dicscr Zeit um 1,2 kg, also um circa Vs des Korpergewichtes ab. b) subcutane Darreichung. 12. April. Hund von 5,85 kg. Harn ungefarbt. Spuren von Eiweiss. 13. —14. April. 0,1 subcutan in lOccm sterilisirten Wassers. 15.—27. „ Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. Thier munter. Frisst wie gewohnlich. 29.—30. „ 0,1 subcutan. 2.—3. Mai. Thier munter, Harn ungefarbt. 5. Mai. Harn ungefarbt. Sehr wenig Eiweiss. 8. ,, 0,1 subcutan. 10. ,, Harn normal. Keine Absccsse. Hat gut gefressen. Ge- wicht 4620 g. Also 1230 g Abnahme. Das macht mehr als V 5 des Korpergewichts. 15. „ Thier normal. Frisst sehr viel. Harn fast frei von Eiweiss. c) Einspritzungen in die Bauchhohle. Ein Hund von 4,5 kg erhielt dreimal im Yerlaufe von 10 Tagen 0,1 Chrysoidin in sterilisirtem Wasser gelost, mit sterilisirter Spritze in die Bauchhohle. AzofarbstofTe. 117 Der Ilarn blieb ungefarbt, cnthiclt aber ctvvas Eiweiss. Das Thier war auch noch 3 Woclicn nach bccndotem Yersuch durchaus muntcr und bci gutem Appetit. Das Chrysoidin bcwirkt nach mcinen Yersuchen eine geringc Albuminuric und verursacht cine bcmcrkcnswcrthc A b- nahmc dcs Kdrpcrgewichtes. Wcitcrc Storungcn wurden nicht be- obachtet. Nach grossen Doscn, die in den Magen gebracht wurdcn, geht ein Theil des Farbstoffs in den Harn liber. Im Gegensatz zu den am Hunde gcmachten Erfahrungen beschreibt Blaschko') ein mehrfach recidivirendes Eczem bei einem mit der Her- stcllung von Chrysoidin bcschaftigtcn Arbciter. Ob diesc Hauterkran- kung wirklich durch das Chrysoidin oder nicht vielmehr durch die zu seiner Herstellung dienenden Stoffe — namentlicli das Metaphenylcndia- min schcint verdachtig — hervorgerufen wurde, bedarf, glaube ich, weite- rer Eeststellung. 9. Diphenylaminorange. C, 8 H l4 N 2 0 3 SNa. Synonyme: Sauregelb D., Diphenylorangc, Orange IV., Tropaeolin 00, Orange B., Jaune d’anilinc, Helioxanthin? Orange G. S., Neugelb. Der Farbstoff wird aus diazotirter Sulfanilsaure und Paarung mit Diphenylamin bereitet. Er hat wahrscheinlich die Constitution: N = N \y S0 3 Na \ / NH und ist also das Natronsalz des Sulfanilsaurc-Azo- Diphenylamins. Bezugsquelle: Actiengcsellschaft fiir Anilinfabrikation zu Berlin. Erkennung: Orangegelbes, in kaltem VVasser nicht ganz leicht mit orangcrother Farbe losliches Pulvcr. Die wassrige Losung giebt: Mit Salzsaure: rothvioletten Nicderschlag, der sich in Wasscr nur schwierig mit violetter, in 96proc. Alkohol leicht mit orangcrother Farbe lost. Mit Natronlauge: eigelben Nicderschlag, der in Wasscr nur schwie¬ rig mit cigelber, in 96proc. Alkohol mit orangegclbcr Farbe loslich ist. Mit Ammoniak: orangegclben Nicderschlag, dcr im Ueberschuss des Fallungsmittels ziemlich leicht loslich ist. Mit ammoniakalischer Kupferlosung: gelben Nicderschlag, der *) Sitzungsber. d. Berl. med. Ges. vom 22. Mai 1889. 118 Specieller Theil. sich ira heissen Wasser zur brannen Flussigkeit lost, beim Erkalten wieder ausfallt. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsiiure blau-violctte Lo- sang, die beim Verdiinnen mit Wasser *einen violetten Nicderschlag giebt, der sich mit roth-violetter Farbe im Uoberschuss yon Wasser lost. Farbt Wolle in saurem Bade orangegelb. Dient als Indikator beim Titriren, da es durch wenig frcie Saure (nicht dureli Kohlensaure) roth gefarbt wird. Versuch I: 19. Januar. 20 . 21 . y> 5? 23. 24. 25. 26. 27. 28. r) V) •» y> y> 3. 7. Y) Y) Vermch II: 19. Januar. 21 . 9 o * Li, Y) a) Stomachale Darreichung. 16—18. Januar. Hund von 27,35 k. Wenig Eiweiss. 5 g in Pepton per Sonde. Der Earn farbt sich beim Stehen von oben her dunkel, Eiweiss vorhanden. Sulfate reichlich. Reagirt alkalisch. — Munter, hat gefressen. Harn fast schwarz. Sonst wie am 19. Januar. 5 g. Harn alkalisch, fast schwarz. Der mit starker Salzsaure destillirte Harn giebt nur Spuren von Phenol. Der genuine Harn giebt mit Eisenchlorid keine charakteristische Yeranderung. Beim Versetzen mit starker Salzsaure tritt eine flockige, in Wasser unlosliche, in heissem Alkohol losliche Fallung auf. Das Filtrat des mit Saure ausgefallten Harnes giebt deutliche Eiweissreactionen. Der durch Saure fallbare Korper ist aus dem Harn verschwunden. — Reichlich Eiweiss. 3 g. Der durch Salzsaure fallbare Stoff fehlt. Harn fast ungefarbt. Wenig Eiweiss. Harn sehr dunkel gefarbt; giebt mit Salzsaure einen Niederschlag. Wenig Eiweiss. Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. Wie am 26. 10 g. Harn sehr reichlich, fast schwarz. Derselbc enthalt reichlich Eiweiss und Sulfate. Alkalisch. lar. Harn dunkel gefarbt. Reichlich Eiweiss. — Hat wenig gefressen. Vie! Eiweiss. Gewicht 2635 k, also 1 k Abnahme, d. h. V 27 des Korpergewichts in 14 Tagen. 15 g. Harn tief schwarz gefarbt. Reichlich Eiweiss. Thier munter. Harn dunkelbraun. Deutlich Eiweiss. — Hat gut gefressen. Harn fast normal gefarbt. Thier munter. 15—18. Januar. Hund von 9730 g. Wenig Eiweiss. 3 g in Pepton. 3 g- Koine Injection. Thier munter. 31. Januar. 2. Februar. AzofarbstofTe. 119 2 g. Hat gefressen. 23. Januar. 27. ,, Munter. Hat gefressen. 3 g Farbe. 28. —30. Januar jo 3 g Farbe. Thier munter. 31. Januar. 3 g Farbe. Thier hat gefressen. Munter. Gewicht 9820 g. Das Thier erhalt vom 2. Februar bis 15. Februar taglich 3 g Farb- stoff. Im Harn unveranderter Farbstoff und Fiwciss. Das Thier bleibt munter. b) Subcutane Darreichung. Versuch III. 20. Marz. Hund von 5450 g. Deutlich Eiweiss im Harn. 21.—22. Marz. Harn farblos. Enthielt deutlich Eiweiss. 0,1 sub- cutan. Kein Abscess. Harn ungefarbt. Thier munter. 0,1 subcutan. Kein Abscess. Harn ungefarbt, Wenig Eiweiss. Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. Keine Verande- rung mit Salzsaurc odor Natroulauge. Kein Abscess. Hat gefressen. Kein Abscess. Harn ungefarbt. 31. Marz bis 4. April. Hat gefressen. 0,1 subcutan. 4. April. Munter. Kein Abscess. Korpergcwicht 5220 g, also 230 g Abnahme, d. h. l / 24 des Korpergewiohts in 14 Tagen. 12. ,, Kein Abscess. Munter. Nach vorstehenden Versuchcn ruft das Diphenylamin- orangc Albuminuric hervor. Weitere Storungen traten wah- rend mehrwochentlicher Bcobachtung dcr Versuchsthiere nicht auf. 22. -23. 23. -24. 15.—26. 26.-27. 29.—30. y> 55 10. Metanilgelb. C ls H 14 N 3 0 3 SNa. Synonym: Orange MN. Der Farbstoff entsteht durch Diazotirung von m-Amidobenzol- monosulfosaure und Paarung der Diazovcrbindung mit Diphenylamin. Er hat also wahrscheinlich die Constitution: N — N — NH und ist das Natronsalz der m-Amidobenzolmonosulfosauie-Azo-Diphcnyl- amin. Bezugsqucllc: Actiengese 11 schaft fur Anilinfabrikation zu Berlin. 1*20 Specieller Theil. Erkonnung: Der Farbstoff, ein gelbbraunos Pulver, riecht stark nach Diphenyl ami n. In der wassrigen, gelbgefarbten Losung bewirkt: Salzsaure einen violetten Niederschlag, welcher durch einen Ueberschuss von Salzsaure oder Wasser zu einer fuchsinrothen Fliissigkcit allmalig gclost wird. Natronlauge verandert die wassrige Losung zunachst nicht, nach einiger Zeit entsteht ein gelber krystallisirter Niederschlag, der sich in warmem Wasser zu einer orangerothen Fliissigkeit lost. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure entsteht eine violette Losung, welche sich beim Yerdiinnen mit Wasser fuchsinroth farbt. Mit am mo¬ il iakalischer Kupferlosung entsteht in der wassrigen Losung ein schwerer flockiger, ockergelber Niederschlag, der in Wasser sehr schwer loslich ist. Zur Reinigung wurde der FarbstofF in Wasser gelost, filtrirt und mit essigsauren Natron ausgesalzen. Nach dem Absaugen wird die gelbe Masse aus heissem Alkohol, in dem sie schwer loslich ist, in Gestalt gelber Crystalle gewonnen: Der fiir die Thierversuche benutzte Farbstoff' war fast rein, wic nachfolgcnde Analyse beweist: 0,4895 g Farbstoff trocken bei 105° gaben 0,084 Na 2 S0 4 . br. gefd. JNd - 6,1 5,6 Farbt wie Diphenylaminorange (s. d.) Wolle im sauren Bade orangegelb. a) Stomachale Darreichung. Vermch /: 2. April. Hund von 11,600 g. Harn fast eiweissfrei. 4. —5. April. 10 g Metanilgelb per Sonde. Thier hat erbrochen und nichts gefressen. 5. —6. „ 10 g Metanilgelb. Hat erbrochen und nichts gefressen. 7. April. Thier ist sehr elend. Nichts gefressen. Miihsame Re¬ spiration. 8. ,, Tod in der Nacht vom 7.—8. April. Section: Starr. Aeussere Haut nicht gefarbt. Schleimhaute gelblich. Darme blass, nicht gefarbt. Niere biass, nicht gefarbt. Leber roth, ent- halt viel unveranderten Farbstoff, da sie sich mit concentrirter Schwefel¬ saure roth farbt. Im Magen viel unveranderter Farbstoff. In der sonst normalen Lunge ein circumscripter Heerd, in welchem Tuberkelbacillen nachweisbar sind. Der Heerd befand sich an der Vordcrflachc des rechten untersten Lungenlappens. Das Thier hatte im Yerlaufe von 4 Tagen 20 g Farbstoff also 1,7 per kg erhalton und war durch diese Dosis getodtet worden. Vermch 19—20. 20 .— 21 . 22.-23. II: Miirz. 55 55 55 Thier von 11,25 kg. Dcutlich Eiweiss. 1 g Harn farblos Dcutlich Eiweiss. Harn farblos. Farbt sich von der Oberflache her dunkel. Dcutlich Eiweiss. Harn in diinner Schicht orangegelb. Mit Salzsaure AzofarbstofTe. 121 blauvioleft, mit Natronhuige orangcroth. Thier munter. Conjunctivae nicht gefarbt. 25. -26. Marz. 10 g. Hund hat circa 1 Stundc nach der Injec¬ tion stark erbrochen. 26. —27. ,, Wenig gefressen Harn schmutzig griingelb. 28.—29. „ Harn normal gefarbt. Deutlich Eiweiss. 1. April. 5 g. Thier hat wenig gefressen. Tod in der Nacht vom 1. zum 2. April 8750 g. Section: Haut und Unterhautzellgewebe, Serosae, Darm, Darminhalt gelb (Metanilgelb) gefarbt. Der Darminhalt farbt sich mit concentrirter Schwcfelsaure rubinroth, enthalt also unveranderten Farbstoff. Leber sehr blutreich, dunkclroth gefarbt, giebt die Reaction mit concentrirter Schwcfelsaure. Mere stark gelb gefarbt. Conjunctivae gelb. Blasenharn: orangegelb, wird durch concentrirtc Schwcfelsaure roth, enthalt also unveranderten Farbstoff. Der Hund erhielt im Laufe von 12 Tagen 21 g Farbstoff, also pro kg 0,53 g 1 ). Diese Dosis war todtlich. b) Subcutane Darreichung. Versuch III : Hund von 5220 g. 3.-4. April. Spuren von Eiweiss im Harn. 5.—6. ?? 0,1 g in 10 ccm sterilisirtem Wasser subcutan. zittert viel. Thier 7. 55 Harn ungefarbt. Kein Abscess. Thier zittert. 9. 55 0,15 g subcutan an zwei Stellen injicirt. Thier Frisst viel. zittert. 11. 5 5 ® 0,15 g subcutan. Kein Abscess. Thier munterer. Zittern nicht mehr beobachtet. Harn ungefarbt. Enthalt 8puren von Eiweiss. 14. 55 4790 g. Thier munter. Hat gefressen. Das Metanilgelb muss nach Versuch I und IT vom Magen aus als giftig gelten. Die Dosis letalis ergiebt sich aus Versuch II zu 0,53 g. Das isomere Diphenylaminorange (S. 117) ist dagegen un- giftig. 11. Azarin S. Azarin S wird durch Diazotirung von Amidodichlorphenol, Paarung der Diazoverbindung mit jtf-Miphtol und Behandlung des entstandenen Farbstoffcs mit Ammoniumbisulfit dargestellt. Die Darstellung zerfallt also in zwei Phasen: 1. Phase: Darstellung des Azofarbstoffs Cl Cl C 6 H, OH aus C 6 PI, OH + C, 0 H 7 OH (1 N=N—C, 0 H 6 (/^) OH N—N—Cl 2. Phase: Addition von NH t HS0 3 an den Azofarbstoff. Fur dieses Product nimmt man gewohnlich folgende Formel an: ') Berechnet auf das Anfangsgewicht von 11,25 kg. 122 Specieller Theil. c 6 h 2 oh NH—N nh 4 so 3 Ci 0 H r) (^)OH Her zuerst cntstandene Azofarbstoff ist unloslich, wird abcr durch die Addition yon Ammoniumbisulfit loslich. Drackt man nan das Azarin 8 z. B. mit Aluminiumacetat auf Kattun und erwarmt das Gewebe mit Wasser (bei Gegenvvart yon Alkali oder Saure) so wird der Farbstoff in losliches schwefligsaures Salz (resp. freie Saure) und unlosliches Dichloramidophenol-Azo-/LNaphtol gespalten. Letzteres fixirt sich auf der Faser und farbt diesel be. Mein Praparat, das ich der gefalligen Yermittlung des Herrn von Gerichten verdanke, stammt von Meister, Lucius und Pruning. Gelborangefarbcne, diinnc Paste. Rieeht nach schwefliger Saure und reagirt stark sauer. In Wasser nicht vollig lbslich. Die wassrige Losung giebt: Beim Erwarmen mit Salzsaure: gelben Niederschlag, der sich in Alkohol mit gelber Farbe lost. Mit Ammoniak: braunrothe Losung. Mit Natronlauge; blauviolette Losung, welche sich beim Erwarmen rothviolett farbt, beim Erkalten diese Farbe behalt. Mit concentrirter SchwefeLsaure: dunkelrothc Losung. Zugleich entweicht schweflige Saure. Beim Vcrdiiunen der rothcn Losung mit Wasser cntsteht ein brauner Niederschlag, welcher sich leicht in Alkohol mit brauner Farbe lost. Mit ammoniakalischer Kupferlosung: violetten, in dunner Schicht rothen Niederschlag. a) Stomachale Darreichung. Ein grosser Hund von 25,6 k erhielt im A^erlaufe von 25 Tagen 35 g Azarin in Wasser suspendirt mit der Schlundsonde. Der Harn war schwach gelb gefarbt und enthielt deutlich Eiweiss. Beim Erwarmen desselben mit Salzsaure entwickelte sich schweflige Saure. Die Fress- lust des Thieres war nicht gemindert. In einem zweiten Versuche vertrug ein Flund von 10,3 k im Ver- laufe von 20 Tagen 20 g Azarin S., die ihm mit der Sonde zugefiihrt wurden. Harn wie im Versuch I. Das Thier blieb munter. b) Subcutane Darreichung und Einspritzung in die Bauchhohle. Einem Hunde von 4,7 k wurden im Yerlaufe von 8 Tagen dreimal je 0,1 g der Azarinpaste, in 10 ccm Wasser vertheilt, unter die Bucken- haut gespritzt. Abscesse traten wahrend der Beobachtungszeit (3 Wochen) nicht auf. Kein Eiweiss, kein fremder Farbstoff im Harn. Appetit un- gestort. Einem anderen Hunde wurden am 16. Mai circa 5 ccm Azarinpaste in 5 ccm sterilisirtem Wasser vertheilt — also in Summa 10 ccm Fliissigkeit — mit sterilisirter Koch’schcr Spritze in die Bauchhohle gespritzt. Am folgenden Tage frass das Thier nichts, Der Harn blieb un- Azofarbstoffe. 123 gcfarbt. Am dritten Tage schicn das Thier sehr elend. Hat nichts gefressen. Wenig Eiweiss im Harn. Der Hund wird am folgenden Tagc todt im Kafig ge fun den. Section: Das Peritoneum und die Darmoberliache ist mit rothen Flocken eines Farbstoffs besetzt. Die Diinndarme auf weite Stellen mit dem Peritoneum verwachsen. Diagnose: Peritonitis adhaesiva, sicca. Dieses Section sergebniss ist von hervorragen dem In ter esse. Die rothen Flocken bestanden, wie die chemische Untersuchung zeigte, aus dem Azofarbstoff, welcher dem Azarin S zu Grunde liegt. Es hatte also im Peritonealraum dieselbe Spaltung des Azarins sich vollzogen, welcbe bei der Fixirung des Azarins auf der Faser zu Stande kommt. Yom Magen aus ist das Azarin S. unschadlich. 2. Disazofarbstoffe ‘). Die von mir untersuchten Disazofarbstoffe sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Lau- fende No. Handelsname. H e r s t Diazotirte Base. 3 1 1 u n g. Combinirt mit Gruppe der Disazofarben. Wir- kung -) 1. Echtbraun G. 2 Mol. Sulfanil- saure. a-Naphtol. primar. — 2. Wollschwarz. Amidoazobenzol- disulfosaure. p-Tolyl. /3-Naphtylamin. secundar. 8. Naphtolschwarz P. Amidoazonaph- talindisulfosaure. [d Naphtoldisu'lfo- saure R. do. vom Magen aus. + sub- cutan. 4. Congo. Benzidin. 1 Mol. m-Amido- benzolsulfosaure -}- 1 Mol. Naph tionsaure. Congogruppe. 5. Azoblau. o-Tolidin. 2 Mol. a-Naphtol- monosulfosaure N.W. do. — 6. Chrysamin R. o-Tolidin. 2Mol.Salicylsaure do. —- ') Siche S. 98. 2 ) + bedeutet schadlich, — unschadlich. 124 Specioiler Theil. §. Primare Disazofarbstoffe. *) 1. Echtbraun GL C 22 H u N 4 0 7 S 2 Na 2 . Der Farbstoff entsteht durch Diazotirung von zwci Molekiilen Sul- fanilsiiure und Kuppelung mit cincm Molukiil a-Naphtol. Er hat also die Constitution: S0 3 Na SO s Na N=N N=N \ / C,»H 5 («)OH und ist das Natronsalz des Sulfanilsaure-Disazo-a-Naphtols. Das Echt- braun G. farbt. Wolle in saurem Bade braun. Bezugsquelle: Actiengesetlschaft fiir Anilinfabrikation zu Berlin. Erkennung: Braunes, in Wasser mit rothlich brauner Far be los- liches Pulver. Die vvassrige Losung giebt: mit starker Salzsaure einen violetten, im Ueberschuss von Salz- saure mit violetter Farbe loslichen Niederschlag, welchen Wasser mit brauner Farbe lost, mit Natronlauge: Kirschrothe Losung, mit Ammoniak: wie durch Natronlauge, mit ammoniakalischer Kupferlosung: nur in concentrirter Losung einen in Wasser mit kirschrother Farbe leicht loslichen Niederschlag. In concentrirtc Schwefelsaure gestaubt: roth violette Losung, die sich beim Kochen braungelb farbt. Die roth violette Losung in con¬ centrirter Schwefelsaure farbt sich beim Yerdiinnen mit Wasser kirschroth. a. stomachale Darreichung. V&rsuch I.: 15.—18. Januar. Hund von 9630 g. Ham enthalt sehr wcnig Eiweiss. 19. Januar. 3 g Echtbraun per Sonde. 20. „ Wenig Eiweiss, fast normal gefarbt, farbt sich mit NaOII blauroth. Enthalt also Spuren des vcrfutterten Farbstoffs. Der mit Essigsaure angesauerte Harn farbt Wolle rothbraun. 21. ,, 3 g. 22. ,, Diarrhoe. Harn roth. Frei von Blut. Wenig Eiweiss. Mit NaOId blauroth. Wollfarbung mit dcm durch Essigsaure angesauerten Harn gelingt sehr gut. ') Siebe S. 98. Azofarbstoffe. 125 23. Januar. Harn wenig gefarbt. Mit NaOIi schwach blauroth. 2 g. 24. ,, Harn stark roth gefarbt. Wenig Eiweiss. 25. ,, Spuren von Eiweiss. Harn ungefarbt. 26. —29. Januar. Harn ungefarbt, sehr wenig Eiweiss. 30. Januar. Fast frei von Eiweiss. 5 g Farbe. 3F „ Starke Diarrboe. Harn kaum gefarbt; wird mit NaOH schwach fuchsinroth. Wenig Eiweiss. Gewicht 8820 g. 3. Februar. 10 g Farbe. 4. 55 5. r* i . 55 55 12 . 55 Starke Diarrhoe. Harn enthalt unverandertes Echt- braun G. Hat nicht gefressen. Harn wie am Tage vorher. Harn far bios. Wenig Eiweiss. Diarrhoe. Hat etwas gefressen. Thier normal. Wenig Eiweiss im Harn. In einem zweiten Versuche erhielt ein Hund von 5,6 kg einen Monat hindurch taglich 2 g Echtbraun G Nach der sechsten Dosis stellte sich leichte Diarrhoe ein, welche fast den ganzen Monat anhielt. Die Fresslust verminderte sich. Korperabnahme ca. '/ 5 des Korpergewichts. Nach diesen Versuchen ruft der Farbstoff bei dauernder Darreichung schon in kleiner Dosis (Versuch II), bei seltener Dar- reichung in grosserer Dosis (Versuch I) Diarrhoe hervor. Der Appetit verliert sich. Das Korpergewicht nimmt ab. b) Subcutane Darreichung. 1.—3. Marz. Gewicht 6730 g. 3. -4. 4. 5. 5. 6 . 1 , - 6 . n ■ i . ■ 8 . 55 55 55 55 55 Kein Eiweiss. 0,1 g subcutan in 10 ccm Wasser lauwarm injicirt. Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. Kein Abscess. Harn ungefarbt. Kein Eiweiss. Kein Abscess. 0,1 subcutan. Ungefarbt. Kein Abscess. Kein Eiweiss. 9.— ■11. Marz wie am 7—8. 11.- 12. „ 0,1 subcutan. „ Kein Abscess. 12.— 13. 13.— 14. ,, 0,1 subcutan. I 14.— 18. „ Keine Abscesse Marz. 20 . 23. „ 24—25. Thier munter. Gewicht 6450 g. Kein Abscess. Marz. Kein Abscess. Harn fast ungefarbt. Wenig Ei¬ weiss. Keine Veranderung mit NaOH oder Salz- saure. 0,1 subcutan. Thier munter. Entlassen. 10. April. Kein Abscess. Thier munter. Durch mchrfache Dosen von 0,1 g Farbstoff, welche sub¬ cutan injicirt wurden, blieb die Gesundhoit des Thieres un- beei ntrach tigt. 25 28 ■26. ■28. 55 55 126 Specieller Theil. §§ Secundare Disazofarbstoffe. 2. Wollschwarz. C 29 H 21 N 5 0 6 S 2 Na 2 . Diazoazobenzoldisulfosaure (aus Amidoazobenzoldisulfosaure) wird in. die mit der iiquivalenten Menge Salzsaure versetzte alkoholische Losung von p-Tolyl-/LNaphtylamin eingetragen. Dem Farbstoff kommt biernach folgende Constitutionsformel zu: n o S0 3 Na 6 H S0 3 Na 3 N== N- ( « )Ol0 H 6 /* NH (4) CH 3 (1) Er ist also als das Natronsalz dcr Amidoazobenzoldisulfosaurc-Azo- p-Tolyl-^-Naphtylamins zu bczeichnen. Bezugsquelle: Actiengesellschaft fiir Anilinfabrikation zu Berlin. Schwarzblaues Pulver, das sicb in Wasser mit blauvioletter Farbe lost. Die wassrige Losung giebt: Mit Salzsaure: rothvioletten Niederschlag, der sicb in Wasser mit gleiebcr Farbe lost. Mit Natronlauge: violetten Niederschlag, der sicb in Wasser leicbt mit der gleichen Farbe lost. Mit Ammoniak: blauviolette Losung. Mit ammoniakalisober Kupferlosung: blauvioletten, in Wasser schwer loslicben Niederschlag. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure entstebt eine blaue Losung, die beim Verdunnen mit Wasser einen braunen Niederschlag fallen lasst. Letzterer zersetzt sich beim Kochen. Beim Kochen mit verdiinnter Schwefelsaure zerfallt Wollschwarz nach Witt 1 ) in Tolunaphtazin und Amidoazobenzoldisulfosaure. Wollschwarz farbt Wolle in saurem Bade blauschwarz. a) Stomachale Darreichung. Versuch I. Hund von 29,94 k. 26.—27. December. Harn schwach alkaliscb, enthalt etwas Eiwciss. 28. December. 5 g Wollschwarz in Pepton per Sonde. Harn von normaler Farbung. Neutral, enthalt etwas Eiweiss, reichlich Sulphate. Giebt mit Sauren, Alkalien (auch in der Kochhitze), concentrirter Schwefelsaure, Eisenchlorid keine charakteristischen V erander ungen. 5 g Wollschwarz. Munter. Faces schwarz. Harn nor¬ mal gefarbt. 5 g Wollschwarz. Munter. Harn normal gefarbt, Eiweiss und Sulfate wie bisher. Faces schwarz, hart. bis 1. Januar 1889. Harn ungefarbt. 10 g Wollschwarz per Sonde. Harn intensiv dunkelblau, in dicker Schicht 29. 30. 31. 2. Januar. 9 Ber. 20, 579 (1867). Azofarbstoffe. 127 4. Januar. o. 57 6—7. 7.—12. 13 — 19 . 5? 55 schwarz. Farbt Wolle in saurem Bade blauschwarz. Harn cnthalt Eiwe'iss (Priifung auf Eiweiss nach Aus- fallung der Farbsaure nnd Filtration). Harn farblos. Faces blau. Wenig Eiweiss im Harn. 10 g Wollschwarz. Harnintensivdunkelblau, in dicker Schicht fast schwarz. Farbstoff lasst sich durch essigsaures Natron aus dem Harn aussalzen. Thier hat gefressen. Harn farblos, dunkelt beim Stehen von der Oberfiache her nach. Alkalisch. Eiweiss deutlich. Sulfate reichlich. Faces ’normal gefarbt. Thier munter. Harn enthalt deutlich Eiweiss. Thier munter, f’risst gut. Thier munter. Wenig Eiweiss im Harn. b) Subcutane Darreichung. Versuch II. Hund von 3520 g. 20. Januar. Harn farblos, frei von Eiweiss. 21. „ 0,25 g Wollschwarz in 10 ccm lauwarmem Wassee unter die Riickenhaut. 22. ,, Temp. 39,5 in Recto. Harn ungefarbt. Rein Abscess. Munter, hat gefressen. 23. „ 0,25 g. Munter. Kein Abscess. 24. „ 0,25 g. Harn ungefarbt. Spuren von Eiweiss. 26—27. Januar. Harn ungefarbt. Tcmperatur normal. 28. Januar. Abscess auf der rechten Riickenhalfte. 0,25 g subcutan. 29. „ Harn farblos. Wenig Eiweiss. 30. ,, Harn farblos, alkalisch. Wenig Eiweiss. Der Abscess hat sich verkleincrt. Wollschwarz ist bei stomachaler uiul subcutaner Dar¬ reichung ungiftig. 3. Naplitolscliwarz P. C :10 H, c N 4 O l3 S 4 Na 4 . Der Farbstoff wird durch Diazotirung von //-Naphtylamindisulfosaure G (aus //-Naphtoldisulfosaure G -f- NH 3 ) und Kuppelung mit «-Naphtylamin dargestellt. Dashierbei entstandenc/RNaphtylamindisulfosaure-Azo-«-Naphtylamin wird von neuem diazotirt und mit ^-Naphtoldisulfosaurc (R-Salz) gepaart. Hiernach hat der Azofarbstolf die Constitutionsformel C H (^ 3 Na ) 2 10 5 N=N —G TT I 0 1 1 6 _N==N—C,„H 4 (R) und ist das Natriumsalz des Amidoazonaphtalindisulfosaurc-Azo-p'-Naph- toldisulfosaure R. Mein Praparat verdanke ich der Firma L. Casclla & Co. furt a M. in Frank- 128 Specieller Theil. Farbt — wie Wollschwarz — Wolie in saurem Bade blauschwarz. Blauschwarzes, in Wasser mit dunkelblauvioletter Farbe losliches Pulver. Die wasserige Losung giebt mit Salzsaure: blauviolette Losung. „ Essigsaure: wie Salzsaure. „ Natronlauge: wie Salzsaure. „ Ammoniak: wie Salzsaure. „ Ammoniakalischer Kupferlosung: fuchsinrotbe Lo¬ sung, keinen Niederschlag. mit Kupfersulfat: wie ammoniakalische Kupferlosung. „ Baryumchlorid: blauvioletten Niederschlag, in Wasser schwer loslich. mit Eisenchlorid: wie Baryumchlorid. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure: schmutzig griine Losung, die sich auf Zusatz von Wasser blau farbt, a) Stomachale Darroichung. Vers itch I: 1.—2. Marz Hund von 26—73 kg. Ham enthalt wenig Eiweiss. 2.-3. 3 g per Sonde. _ Harn fast ungefarbt. Wenig Eiweiss. Durch NaOH kaum verandert, auch nicht durch Salzsaure 4.-5, 3 g per Sonde. Deutlich Eiweiss. Harn ungefarbt. Faces blau gefarbt. 5.-6. J) 5 g. Harn schwach rothviolett gefarbt. Durch HC1 fuchsinfarbig. Wenig Eiweiss. 6.-8. Harn ungefarbt. Wenig Eiweiss. Thier munter. Hat viel gefressen. 9.—10. » Harn schmutzig blauroth. Farbt sich mit HC1 orange- roth, mit NaOH blauroth. — Farbung von Wolie mit dem angesauerten Flarne gelungen. 11.—12. V 10 g per Sonde. Thier hat gefressen. Flarn und Faces blau. 12.— 13. Harn wie oben. Wenig Eiweiss. 13.—14. 20 g. Ziemlich viel Eiweiss. Thier munter. Hat ge¬ fressen. 14.—15. >5 Harn blaulich. Deutlich Eiweiss. 15.—16. y> Harn fast farblos. Deutlich Eiweiss. 18.—19. Harn farblos. Wenig Eiweiss. 20.-21. y) Gewicht 26,62 kg. Ein zweiter Hund (4,5 kg) erhielt einen Monat hindurch taglich 1 g Naphtolschwarz mit der Sonde. Er blieb durchaus munter und bei gutem Appetit. b) Subcutane Darreichung Versuch III: 1. Marz. Hund von 3200 g. 2.—3. ,, Harn farblos. Kein Eiweiss Azofarbstoffe. 129 3. -4. 4. -5. Marz. o.- 6 .- 7 , 6 . r* - 8 . 8.-9. Section: 5 ? 55 55 55 55 Harn wie oben. 0,1 subcutan in 10 ccm Wasser, lauwarm unter die Riickenhaut recbts. Harn sparlich. Ungefarbt. Kein Eiweiss. Kein Abscess. 0,1 subcutan. Thier hat wenig gefressen. Kein Abscess. Harn ungefarbt. Kein Eiweiss. Hat nichts gefressen. Tod in der Nacht vom 8.—9. Gewicht 2550 g. Keine Abscesse, keine Verhartung der Injectionsstellen. Unter der Haut an den Injectionsstellen viel unveranderter Farbstoff. Frei von Mikroorganismen. Aucb die Gelatineplatten, welche mit dem Farbstoff aus den Injectionsstellen geimpft waren, bleiben wahrend neun Tagen steril. Leiche noch nicht starr. Sehr mager. Schleimhaute und Muskel normal gefarbt. Darme sehr blass. Mesenterialgefasse stark gerothet. Leber, Milz, Niere, Lunge stark hyperamisch. Nirgends Exsudate. Versuch IV: 9.—10. Marz. Hund von 3860 g. Thier war fiir andere Versuche vorher benutzt worden. Sehr mager. Harn ungefarbt, wenig Eiweiss. 0,1 subcutan in 10 ccm Wasser injicirt. Kein Abscess. Thier elend. Harn sparlich, fast un¬ gefarbt. Mit NaOH, Essigsaure und Salzsaure keine Farbenanderung. Deutlich Eiweiss. 0,1 subcutan. 0,1 subcutan. Harn farblos. Kein Abscess. Harn farblos. Eiweiss sehr deutlich. Thier hat ge¬ fressen, ist aber sehr elend. Keine Abscesse, Thier sehr mager. Deutlich Eiweiss. Viel gefressen. 3887 g. Thier sehr mager. Hat gefressen. Wird durch Blausaure getodtet. Das Unterhautzellgewebe unter der Riickenhaut, an der Stelle, wo die Injectionen gemacht worden, stark blauroth gefarbt. Gleiclie Farbe zeigen die Muskeln. Leber und die anderen Driisen stark hyper¬ amisch und vergrossert. Darm wenig blauroth verfarbt. Conjunctiva und Mundschleimhaut nicht gefarbt. Der Farbstoff ist vom Magen aus unschadlich, vom Unter¬ hautzellgewebe aus schadlich. 10 .— 11 . 11 .— 12 . 12.—13. 13 . - 14. - 14. 16. 17.—19. 20 .— 21 . 25. Marz. Section: 55 55 55 55 55 55 55 §§§ Disazofarbstoffe der Congogruppe. 4. Congo C 32 H 22 N 6 0 6 S 2 Na 2 . Der Farbstoff entsteht durch Diazotirung von Benzidin und Paarang der Tetrazoverbindang mit zwei Molekulen Naphtionsaure. Daraus ergiebt sich seine Constitutionsformel: a N H (OO.H.-WS-H-W.H, „ S0 ; B , Weyl, Theerfarben. 9 130 Specieller Theil. Congo ist somit das Natriumsalz der Benzidin-Disazo-Naphtionsaure- Naphtionsaure. Mein Praparat stammte yon der Actiengesellschaft fur Anilin- fabrikation zu Berlin. Rothes Pulver. Die wassrige roth gefarbte Losung giebt: Mit Salzsaure: blauen Niederschlag, der auch in heissem VVasser kaum loslich ist. Mit Essigsaure: wie mit Salzsaure. Mit Natronlauge: nur in concentrirter Losung einen rothbraunen, in Wasser leicht loslichen Niederschlag. Mit ammoniakalischer Kupferlosung: gelatinosen, rothen, im Ueberschuss von Wasser mit rother Farbe loslichen Niederschlag. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure farbt sich diese blau. Beim Verdunnen mit Wasser entsteht ein blauer Niederschlag. Farbt Baumwolle und Wolle ohne Beize roth. a) Stomachale Darreichung. Versuch I: Hund von 7300 g. 14. —17. December. Spuren'von Eiweiss. 18. December. 2 g Congo in Pepton per Sonde. Thier munter. Harn fast normal gefarbt. 19. „ 2 g Congo. Harn blass, schwach alkalisch. Spuren von Eiweiss. Kein Zucker. 20. „ 2 g Congo. Harn schwach rothlich gefarbt. Durch Sauren nicht verandert, durch NaOH gelb. Wenig Eiweiss. Feste Faces. 21. „ 3 g Congo. Hund munter. Feste Faces. Harn etwas rothlich gefarbt. Die Farbung der Baumwolle in dem nicht weiter praparirten Harn gelingt sehr gut. Die roth gefarbte Baumwolle farbt sich durch Sauren blaulich. Wenig Eiweiss im Harn. 23.—26. December. Munter. Harn schwach rothlich, enthalt ein rothliches Sediment (Congo!) 27. December. 5 g Congo in Pepton. Munter. Harn fast ungefarbt, schwach alkalisch, etwas Eiweiss. 28. „ 10 g Congo. Baumwollfarbung gut gelungen. Wenig Eiweiss im Harn. 30. „ 10 g Congo. Thier hat wenig gefressen, aber munter. Harn wenig gefarbt, schwach alkalisch, wenig Ei¬ weiss. Sulfate vorhanden. Gewicht 6980 g. Abnahme 320 g in 16 Tagen. 31. „ Munter. Keine Injection. Breiige Faces. Yorlaufig entlassen. 15. Januar. Thier munter. Ein zweiter Hund von 4,3 k erhielt einen Monat hindurch tag- lich 1 g Congo mit der Sonde. Er blieb durchaus gesund. Azofarbstoffe. 131 5. 6. 7. 8 . 9. 10 . 11 . 77 75 77 ’7 77 77 b) Subcutane Darreicbung. Versuch II. Hund von 4970 g. 4. Januar 1889. Harn enthalt Spuren von Eiweiss. 0,25 g Congo in 10 com Wasser subcutan unter die Riickenhaut rechts. Harn kaum gefarbt, fast eiweissfrei. 0,25 g subcutan unter die Riickenhaut rechts. Harn ungefarbt, alkalisch, wenig Eiweiss. Thier scheint matt. Hat wenig gefressen. Harn ungefarbt. Kein Abscess Harn ungefarbt. Hat wenig gefressen. 0,25 g unter die Riickenhaut links. Abscess am Abdomen rechts von der Mittellinie. Wenig gefressen. Harn ungefarbt. 0,25 g subcutan unter die Riickenhaut links. Grosser Abscess rechts von der Linea alba. Thier sehr matt, Harn fast ungefarbt. Enthalt wenig Eiweiss. Der grosse Abscess an der rechten Seite des Abdomens wird gespalten. Es werden circa 15 ccm einer blutrothen Fliissigkeit entleert, in welcher sich mit blossem Auge Fetttropfen nachweisen lassen. Die Fliissigkeit gerinnt nach 10 Minuten, zeigt nach geeig- neter Verdiinnung die Streifen des Oxyhaemoglobins — aber nur sehr schwach. Sie farbt sich mit Sauren in- tensiv blau, besteht also zum allergrossten Theil aus vollig unverandertem, nicht resorbirtem Congo. Unter dem Mikroscop sieht man Fetttropfen, rothe Blutkorperchen, und zwar diese in theils normalen, theils in Stechapfelformen. Daneben auch Eiterzellen. Mikroorganismen, welche die Farbung nach Gramm aushalten, werden nicht gefunden. Thier sehr matt und traurig. Gewicht 4300 g, also in 8 Tagen 670 g Abnahme. Thier traurig und matt. 13—14. Januar, Der am 11. Januar eroffnete Abscess entleert freiwillig roth gefarbte Fliissigkeit, in der reichlich Congo-Farbstoff enthalten ist (Blauung durch Sauren). 15. Januar. Der (nicht geoffnete) Abscess auf der linken Seite scheint resorbirt zu werden. Temperatur 39,5 0 in recto. 0,25 g subcutan. Thier sehr elend. Frisst nicht. In recto 39,5 °. Der geoffnete Abscess scheint sich zu schliessen. Temperatur 39,2. Elend, frisst wenig. Hat etwas gefressen. Miirrisch und elend. 40,5° in recto. Matt und miirrisch, hat gefressen. Der eine Abscess hat sich freiwillig geoffnet und ent¬ leert unveranderten Farbstoff neben Eiter. Thier frisst, ist aber sehr matt. 5. Februar. Hund ist wieder munter. Hat gefressen. Die Abscesse am Abdomen waren wahrschciniich Senkungsabscesse von den Injectionsstellen her. 12 . 77 16. 18. 22 . 24. 29. 77 77 77 77 7 ? 9* 132 Specieller TheiL Nach Versuch I. und II. ist Congo auch bei langerer Dar- reichung vom Magen aus unschadlich. Die Storun'gen, welche bei subcutaner Einfiihrung (Versuch III.) auftreten, beruben vielleicht auf der Invasion von Faulnissorganismen und hatten dann mit dem Farbstoff direkt nicbts zu thun. 5. Azoblau 0 34 H 24 N 4 0 2 Na 2 . Der Farbstoff entsteht durcb Diazotirung von einem Molekiil o- Tolidin und Paarung der Tetraverbindung mit zwei Molekiilen a-Naphtol- monosulfosaure N. W. Constitutionsformel: A3)CH 3 (1) C 6 H 3 ( aOE \4) N = N—C 10 H 5 «SO 3 Na aOR (4) N = N— C, o H 3 aS0 3 Na (i) o 6 h/ \(3) CH 3 Azoblau ist hiernach das Natriumsalz der Tolidin-Disazo-«-Napbtol- monosulfosaure NW-a-Naphtolmonosulfosaure N W. Bezugsquelle: Actiengesellschaft fiir Anilinfabrikatio n. Farbt Baumwolle im Seifenbade grauviolett. Schwarzblaues, in Wasser ziemlich leicht mit rotbvioletter Farbe losliches Pulver. Die wassrige Losung giebt: Mit Salzsaure einen rotbvioietten Niederschlag, der sich in Wasser und in Alkobol leicht lost. Mit Natronlauge eine kirschrothe Losung. Mit concentrirter Scbwefelsaure einen blauen Niederschlag, der sich im Ueberschuss der Schwefelsaure zur indigblauen FJiissigkeit lost. Beim Stauben in concentrirte Schwefelsaure entsteht sofort eine indigblaue Losung, welche sich auf Zusatz von Wasser unter Abschei- dung eines violetten Niederschlages triibt. Der Niederschlag lost sich in Wasser mit violetter Farbe. Die Losung des Farbstoffes in concen¬ trirter Schwefelsaure farbt sich beim Kochen unter Zersetzung braun. Mit ammoniakalischerKupferlosung entsteht ein kirschfarbener Niederschlag, der in Wasser schwer loslich ist. Versuch 1. 7. Januar. a) Stomachale Darreichung. Hund von 8450 g. Harn blass, ungefarbt, wenig Eiweiss. Harn wie am 7. 2 g per Sonde in Pepton. Hund munter, hat gefressen. Dunkel gefarbte Faces. Harn ungefarbt. Mit NaOH voriibergehend griinlich gefarbt. Eiweiss? 2 g per Sonde. Harn ungefarbt, oder schwach violett schimmernd. Stark alkalisch. Wenig Eiweiss. Mit NaOH oder NH 3 voriibergehend griinlich. Nichts charak- teristisches mit Eisenchlorid AzofarbstofFe. 133 11. Januar. 12 . •>') 13. 15 . 16. 18. 20 . und 14. Januar. ?? V 5? 5 g per Sonde. Harn farblos, wenig Eiweiss. Beim Kochen mit concentrirter Salzsaure (nicht mit verdiinntcr Essigsaure) farbt er sich auffallend blauschwarz und ganz dunkel. Er giebt dann an Aether eine blau- roth gefarbte Substanz ab. Das Destillat ist frei yon Phenol. 8 g Azoblau. Harn etwas blauviolett, sehr reichlich. Thier munter. Wenig Eiweiss. Reducirt nicht alka- lische Kupferlosung. Januar. Keine Injection. Harn farblos. 5 g Azoblau. Harn farblos. Harn farblos, wenig Eiweiss. Harn farblos, wenig Eiweiss. 5 g Azoblau. Harn farblos, wenig Eiweiss. Gewicht 8490 g. Ein anderer Hund von 4,7 k erhielt einen Monat hindurch 1.5 g Azoblau mit der Sonde. Das Thier blieb gesund und bei gutem Appetit. Im Harn trat Eiweiss nur sehr sparlich auf. b) Subcutane Darreichung. Versuch III Hund von 4600 g. 26—28. Januar. Harn normal. 29. Januar. 0,20 g in 10 ccm Wasser subcutan (linkc Riicken- halfte). 30. „ Beginnender Abscess links. 0,20 g in 10 ccm Wasser subcutan (rechte Riickenhalfte). 31. „ Abscess auf der linken Riickenhalfte wurde geoffnet. Er entleert eine violette gelatinose Masse, aber nur wenige Tropfen Blut. Der entleerte Farbstoff ist un- verandertes Azoblau. Der Eitcr enthalt sehr zahlreiche Eiterkorperchen und massenhafte Faulnissbacillen. Der Harn ist ungefarbt. Wenig Eiweiss. Gewicht 4580 g. 3. Februar. Der Hund frisst und ist munterer. 7. „ 0,20 g unter die Bauchhaut mit sorgfaltig sterilisirter Spritze, nachdem die Injectionsstelle griindlich desin- ficirt war. 10. „ Kein Abscess. Thier munter. 15. „ Kein Abscess. 24. „ Thier munter, kein Abscess. Azoblau ist vom Magen und vom subcutanen Gewebe aus unschadlich. Die Storungen bei subcutaner Injection waren auf eingedrungene Faulnissbakterien zuriickzufiihren. 6. Chrysamin R. G 28 H 20 N 4 O 6 Na 2 . Der Farbstoff entsteht durch Diazotirung von einem Molekul o~Tolidin und Paarung mit zwei Molekulen Salicylsaure. 134 Speciellor Theil. Constitutionsforrael: «}c 6 h/ \ (3) CH 3 (4) N = N — (!) C 6 il 3 (3)CH 3 \(4)N=N — C 6 H 3 ; \ ,(DO H (2)C00Na (DO H o 6 h 3 \ (2)C00Na Chrysamin R. ist hiernach das Natriumsalz der o-Tolidin-Disazo- Salicylsaure-Salicylsaure. Bezugsquelle: Actiengesellschaft fur Anilinfabrikation zu Berlin. Braungelbes, in Wasser mit brauner Farbe losliches Pulver. Die wassrige Losung giebt: mit Salzsaure: gelatinosen, brannen Niederschlag, der sich in Wasser schwer, in Alkohol leichter mit brauner Farbe lost, mit Essigsaure: braune Flocken, mit Natronlauge: gelatinose, rothbraune Fallung, die sich in Wasser mit rothbrauner Farbe lost, mit Ammoniak: rothbraune Losung, mit ammoniakalischer Kupferlosung: gelatinose rothbraune Farbung, die sich in Wasser sehr schwer lost. Beim Stauben in. concentrirte Schwefelsaure entsteht eine roth- yiolette Losung, aus welcher Wasser braunliche Flocken abscheidet. Fiirht Baumwolle im Seifenbade gelb. j? 5? a) Stomachale Darreichung. Versuch I. Hund von 9230 g. 2. Januar 1889. Harn normal gefarbt, alkalisch, sehr wenig Ei- weiss, reichlich Sulfate. 5 g Chrysamin in Pep ton per Sonde. Faces gelblich, diinn. Harn alkalisch, gelblich. Baumwollfarbung mit dem Harne gelungen. Sehr wenig Eiweiss. 5 g Chrysamin. Harn gelblich, durch NaOH roth. Diarrhoe. Thier munter, hat gefressen. 7. Januar. Thier munter. Etwas Diarrhoe. Harn fast unge- farbt, wenig Eiweiss, reichlich Sulfate. Alkalisch. 1 g Chrysamin. Harn wenig gefarbt, enthalt deutlich Eiweiss. Keine Injection. Harn wenig gefarbt, etwas Eiweiss. 1 g Chrysamin in Pepton. Munter. Faces gelblich. 2 g Chrysamin. Hund munter, lauft den Tag iiber frei umher. „ 2 g Chrysamin. 3. 4. 5 . 6 . 7. Januar. 8 . 9. 10 . 11 . Thier munter. Azofarbstoffe. 135 12. Januar. 3 g Chrysamin. 13. „ Thier munter. Hat gefressen. 14. „ Gewicht 9600 g, also 370 g Zunahme in 12 Tagen. 15. „ Munter. 3 g Chrysamin. 16. —20. Januar. Wenig Eiweiss. Munter. Hat gefressen. In Versuch II. erhielt ein Thier von 11,3 k im Verlaufe von 10 Tagen 3 Dosen von je 7 g Farbstoff mit der Sonde. Der Harn war gelblieh gefarbt und enthielt wenig Eiweiss. Das Thier blieb munter auch noch 14 Tage nach der letzten Eiitterung. b) Subcutane Darreichung. Versuch III. Hund von 3680 g. 9. Januar. Harn ungefarbt. Spuren von Eiweiss. 0,25 g Chrysamin in 10 com lauwarmem Wasser sub- cutan. Harn neutral, etwas gelblieh. Wenig Eiweiss. Thier frisst nicht. Kein Abscess. Baumwollfarbung nicht gelungen. 0,25 Chrysamin subcutan. Thier matt. Keine Abscesse. Harn wenig gefarbt. Etwas Eiweiss. 0,25 g subcutan. Wenig Eiweiss. Thier traurig. Keine Injection. Auf dem Riicken zwei Abscesse. 40° in recto. 0,25 g subcutan. Harn schwach gelb, deutlich Eiweiss. Baumwollfarbung nicht gelungen. Keine Injection. Murrisch. 39,5°. Frisst wenig. Ein Abscess auf dem Riicken hat sich freiwillig geoffnet und entleert gelbe Fliissigkeit (Chrysamin). Thier murrisch. 39,5° in recto. Abscess wie am 16. Januar. Der Abscess entleert wenig Earbe. Januar. Temp. 39,5. Murrisch. Hat wenig gefressen. Es scheint sich ein neuer Abscess zu bilden. 22. Januar. Frisst wenig. Die mit dem Messer gespaltene Beule entleert circa 20 ccm einer gelatinosen Masse, welche die Farbe des injicirten Farbstoffs besitzt und in welcher unveranderter Farbstoff aufgefunden wird. In der ent- leerten Masse waren Bacterien nicht mit Sicherheit nachweisbar. Solche Arten, welche die Gramm’sche Methode aushielten, fehlten durchaus. Sehr viel Fetttropfen, Blut nur in Spuren. Gewicht 3210 g. Vom Magen aus ist der Farbstoff unschadlich. Die Ab¬ scesse nach subcutaner Darreichung diirften auf eingedrun- gene Faulnissorganismen zuriickzufiihren sein, obgleich deren Nachweis nicht mit Sicherheit gelang. 10 . 11 . 12 . 13. 14. 15. 16. 17. y> 5 ? 5? 18. „ 19.—21. 136 Specioller Theil. III. Schliisse. 1. Unter den 23 bisher gepriiften Azofarbstoffen zeigten vom Magen aus nur zwei — namlich Metanilgelb und Orange II — derartige Wirkungen, dass man sie zu den Giften rechnen kann. Die Dosis letalis betrug beim Hunde fur Orange II. weniger als 1 g pro Kilo und fur Metanilgelb sogar nur 0,53 g pro Kilo. Yon den iibrigen Farbstoffen riefen einige Erbrechen (Bismarckbraun), Diarrboen (Echtbraun, Chrysamin R) und yiele yon ibnen Albuminurie leicbteren Grades heryor. Nicht immer ganz eindeutig sind die bei subcutaner Darreichung beobachteten Erscheinungen. Die entstandenen Abscesse wurden in einigen Fallen (z. B. Azoblau) auf die Invasion yon Mikroorganismen zuruckgefiihrt. Das Naphtolscbwarz P. wirkt aber vom Unter- hautzellgewebe aus offenbar giftig. Auffallend bleibt, wie langsam in einzelnen Fallen die in wass- riger Losung injicirten Farben vom Unterhautzellgewebe aus resorbirt wurden. Congo liess sich (S. 131) in Versuch III. noch 7 Page nacb der Injection in grossen Mengen nachweisen. Dasselbe wurde auch beim Chrysamin (S. 135) beobachtet. 2. Die Versuche mit den Farbstoffen aus m-Mtranilin -f- /i-Naphtol, p-Nitranilin -f- Schaeffers Salz, p-Nitranilin + Naphtionsaure (= Orseille- ersatz) zeigen, dass der Eintritt einer Nitrogruppe in einen Azo- farbstoff durchaus nicht einen giftigen Farbstoff, wie die bei den Nitro- farbstoffen gemachten Erfahrungen erwarten lassen sollten, erzeugt. Diese Unschadlichkeit der Nitrogruppe im Azofarbstoff wird aber nicht durch die Anwesenheit einer Sulfogruppe hervorgerufen, deren entgiften- der Einfluss sich gleichfalls bei den Nitrofarbstoffen zu erkennen gab. Dies muss aus der Ungiftigkeit des Metanitrazotins (aus m-Nitranilin-f- /fNaphtol) geschlossen werden, welches keine Sulfogruppe enthalt und trotz der Nitrogruppe ungiftig ist. 3. Dass auch trotz der Anwesenheit von Sulfogruppen Farb- stoffe giftig sein kdnnen, wird durch die mit Orange II. (aus Sulfanil- saure + /?-Naphthol) und mit Metanilgelb (aus m-Amidobenzolsulfosaure + Diphenylamin) angestellten A^ersuche erwiesen. 4. Die Giftigkeit des Orange II. und des Metanilgelbs lasst sich mit Sicherheit auf deren Constitution zuriickfuhren, da zwei andere Farbstoffe von bekannter Constitution, welche den ge- nannten Korpern nahestehen, sich als nicht giftig erwiesen haben. a) Es entspricht namlich dem giftigen Metanilgelb das ungiftige Diphenylaminorange. Wie die nachstehenden Formeln zeigen, liegt der Unterschied beider Korper in der Stellung der Sulfogruppe zur Azo- gruppe. Beim Diphenylaminorange befinden sich genannte Gruppen in Para-, beim Metanilgelb in Meta-Stellung. Die Richtigkeit dieser Formeln aber geht daraus hervor, dass Metanilgelb durch Diazotirung von Meta-Amido- benzolsulfosaure, Diphenylamingelb durch Diazotirung von Para-Amido- benzolsullosaure (Sulfanilsaure) gewonnen wird. Azofarbstoffe. 137 n tj (l)SO s Na q tt (l)S0 3 Na L ^ 4 (4)N=N—C 6 H 4 NHC G H 5 ^ n4 (3)N=N-G 6 H 4 NH0 6 H 3 ungiftig. giftig. b) Auch dem Orange II., welches giftig ist, entspricht cin zweiter Farbstoff, das ungiftige Orange I. Beidc Korper unterscheiden sich aber nur durch die Stellung des Hydroxyls im Naphtalinrest. Im Orange I. hat das Hydroxyl die a-Stcllung, im Orange II. die jtf-Stellung. Dies ergiebt sich aus der Darstellung der Farbstoffe, welche in dem einen Fall mit Hiilfe von im anderen Falle mit Hiilfe von /^-Naphtol erfolgt. p tt (4)S0 3 Na (i) n = N—0, 0 H 6 OH(«) Orange I. («-N aphtholorange) ungiftig. n pr (4)S0 3 Na ^(l)N = N-O 10 H fl OH(/50 Orange II. - N aphtolorange) giftig. Andere Azofarbstoffe, welche gleichfalls den Rest des /i-Naphols enthalten, z. B. Sudan I., Neucoccin, Echtroth B., Xylidinroth und Azarin S. sind durchaus ungiftig. 5. Die nach Fiitterung und subcutaner Darreichung von Azofarben entleerten Hundeharne waren haufig normal gefarbt und enthielten erst dann unveranderten Farbstoff, wenn dem Organismus sehr grosse Farbstoffmengen einverleibt worden waren. Ein Theil der verfiitterten Farben findet sich auch in den Faces, und zwar namentlich dann, wenn die verfiitterten Farben unloslich waren. Jedenfalls wird das haufig so complicirt gebaute Farbstoffmoleciil im Thierkorper gespalten und in ungefarbte Produkte verwandelt. Es gelang mir bi'sher wenig- stens niemals aus ungefarbten, nach Fiitterung mit Azofarben entleerten Harnen gefarbte Stoffe darzustellen, welche zu dem verfiitterten Farb- stoffmoleciil in naherer Beziehung stehen. Register zu Lieferung 1= und II Actiengesellschaft fur Anilinfabrikation 77,82, 104, 105, 114, 115, 117, 119* 124, 126, 130, 132, 133. Adler 52. Alizarin 2. Alpenroth 32. Amidoazobenzol 81. — disulfosaure 84, 99. Amidokorper 48, 85, 98. Anilin -blau 8, 10. — braun 105. — gelb 71, 81, 96. — orange 53. — scbwarz 3. — violett (Dahlia) 10. Anilinfarben. eigentliche 1. Yergiftung durch — 7. Anilismus 12 folgd. Anorganische Farben siehe Farben. — Farbstoffe siehe Farben. Atithracen 2. — Farben 2, 3. Antimonnachweis 25. Arbeiter in Farbenfabriken 12. Armstrong 87. Arsen-Bestimmung 22. — Gehalt: Begrenzung des 20. — haltiges Fuchsin 7. — Nachweis 22. — Yergiftung 10, 14. Aurantia 13, 76. Aurin 10. Ausfarben 6. Ausgangsmaterialien der Farbenfabrika- tion 12. Azarine 94, 98, Azarin S. 121 . Azine 3. Azingruppe 84. Azobenzol 84. — monosulfosaure 84. — disulfosaure 84. Azoblau 132 . Azofarben. Anwendung 95, 96. Aufsuchung verfiitterter 97. basische 95. Constitution 91. Darstellung 95. Eintheilung 98. Handelsnamen 97. Lacke der 96. losliche 95. Materialien zur Darstellung der — 86. Nachweis 96. saure 95. spritlosliche 94. Yerhalten 90. wissenschaftliche Bezeichnung 97, 98. Azofarbstoffe 1, 2, 3, 81. — gruppe 82. — korper 82. — rubin S. 102. — saurerubin 2 B. 102. — verbindungen 82. Habaut 11. Baeyer und Jaeger 83. Bamberger 9. Bayer, Frd. siehe Farbenfabriken. Bayer’sche Saure 87. Beimengungen, unschadliche fiir Farben 5. giftige 7 folgd. Register zu Lieferung I. und II. 139 Beizen 5, 6. Benzidin 99. Bergeron 8. Biebricher Scharlach 99. Bindschedler und Busch 77. Bismarckbraun 81, 105 . Bleivergiftung 14. Blaschko 117. Boettiger 82. Bourgongnon 11. Bordeaux B. 102. — S. 102. Bremerhafen, Vergiftungsfall in 63. Brillantgelb 74 . — orange 113. — Ponceau 102. Bruce 9. Briining 9. Buttergelb ungiftig 15. Canelle 105. Cannizzaro 29. Carmoisin 102. Carnelutti 15, 29. Caro 81. Cassella und Co. 46, 127. Cazeneuve 7, 8, 10, 15, 28, 68, 72, 74, 91, 101. Cazeneuve und Lepine siehe Caze¬ neuve. Chevreul 11. Cheyne-Stokes’ Athmungsphanomen 55. Chinolinfarbstoffe 3. Chlorkalklosungen veranlassen Hyperhidrosis 11. Chromogene 83. Chromophore 83, 84. Chysamin R. 133 Cbrysaurin 110. Chysoidin 99, 115 . Citronin 71. Clemens 8. Clonet 8. Cochenilleroth 102. Conditorwaaren siehe Zuckerwaaren. Congo 82, 99, 129 . Congogruppe 6, 99, 101. Corallin 7. gelbes 10. rothes 10. Coster 14. Coupage 4. Coupier 9. Croce'in orange 113. — saure 87. Bahl 8. — und Co. 89. Dahlia 10. Dampfen 6. Darreichung der Gifte 38. Diagnose der Yergiftung 40. Diazonaphtalinchlorid 67. Diazotiren 67, 71, 85. — korper 82. — verbindungen 83. Dietsch 97. Diisonitrosoresorcin siehe Dinitrosoresor- cin. Dinitrokresol 15, 53. Dinitrosoresorcin 44 . Diphenylamin 76. — orange 117 . Disazofarben der Congogruppe 129. primare 98, 124. secundare 100, 126. Disdiazoamidokorper 83. Disulfosauren des a-Naphtols 89. /FNaphtols 88. /FNaphtylamins 89. Drucken 6. Echtheit der Farben 6. Echtbraun G. 100, 124 . — gelb R 102. — — s. a. Naphtolgelb S. — roth B, 102. -C. 102. -D. 102. Eger 102. Ehrlich, P. 15, 74. Eintritt von Gruppen in Azofarbstoffe Wirkung 103. Eisner 97. Elsassgriin 44. Englischbraun 105. Enlevage 6. Eosin, ungiftig 15. Erb 51. Erhardt 68. Erkennung der Nitrofarbstoffe 49. — Azofarbstoffe 96. Ewald C. A. und Liidecke 52. Farben. erlaubte: in Deutschland 19. „ Frankreich 28. „ Oesterreich 31 folgd. Untersuchuug der 22. verbotene: in Deutschland 19. 140 Register zu Lieferung I. und II. G-Saure 88. Guyot 11. llandelskammer zu Sonneberg — Erlass der 18j 21. Handelsnamen der Farbstoffe 3. — — Azofarbstoffe 97. Handelswaare 4, 37. Hauterkrankungen nach Fuchsin 9. — — Chrysoidin 117. Helianthin 94. Hehner 15, 16, 28. Heliochrysin 77. Heuraann und Oeconomides 85. Hexanitrodiphenylamin 76. Hirt 13. Hofmann A. W. 8. s. a. Ludwig und Hofmann. Hoffmann, Otto 43. Hummel 7. Hyperhidrosis 7, 11, 13. in Frankreich 29, „ Oesterreich 31 folgd. Farben ohne Beizen 6, 82, 95 Farbenfabriken 1, 82. — vormals Friedr. Bayer und Co. 82. Farbstoffe. — adjective 5. — basische 3. — Benennung 3. — Coupage der 4. — Eintheilung 2. — indifferente 3. — saure 3. — substantive 5. — s. a. Farben und Theerfarben. Feltz 8. Flavaurin 77. Forsling 89. Friedrich 8. Friedlander 82, 92. F-Saure 88. Fuchsin 8. — arsenhaltiges 7. fccelb W. 102. Genussmittel durch Theerfarben ge- farbt 5, 96. Gerlach 15. Gesetze gegen giftige Farben 15 folgd. in Deutschland 16, 18. „ England 16, 28. „ Frankreich 16, 28. „ Italien 16, 17, 29. „ Mai land 30. „ Oestreich 16, 31 folgd. Gespinnstfasern 5. — pflanzliche 5. — thierische 5. Gifte, Eintheilung der 41. Giftige Theerfarben 14. s. a. die einzelnen Farbstoffe. Ginsberg, J. 11. Gnehm 77. Goldbraun 105. — gelb 53. — orange 110. Goldschmidt, Heinr. und Badl 83. — und Hans Schmidt 43. — und Jul. Strauss 44. Granatbraun 77. Grandhomme 8, 9, 10, 11, 15. Green 89. Griess, Peter 81. Gruppen, auxochrome 84. — salzbildende 83. G-Salz 88. JTauiie d’or 67. — nouveau 71. — solide 15, 71, 102. Indigo 3. Indamine 3. Iodophenole 3. Infection 42. Isonitrosogruppe 43. Isopurpursaure 59. Julius, P. 7. — s. a. Schultz, G. Kaisergelb 76. Kekule 85. Kertesz 4, 7, 97. Kinderspielzeug siehe Spielzeug. Knecht 7. Konditor siehe Zuckerbackerwaaren. von Kostanecki 44. Kresol ortho 53. — para 53. Kuhnheim und Co. 69. Kunstfarbe von Nahrungsmitteln 96. I^ v * *» > ;S , g^jj.*, C . '' ' ’ / Jrk <*? ,. *-/r rh^'r^ •*&£* "as ■'tj ' a ^ ; -S> f^jcv &f& f \ \ I 1 y .fc.?'--’ -*> ■ V<\3^ ~ A \Mi § r MJ$» r-> - • C„,--\ ■ , ' 2 ■ HBw ^ ^f *. v a ^ && ^'* _X*Vf * >Sv^ ’ ' x ( Jar *T N ' «f v jJ ;> jMf ^ k>«-x #^fY <* A 3lw i '** ■■' ’ 9jt »- ?, ^'A* h*^ ' % $ -^C “'• /V y._ <