v B\OLOGV Return this book on or before the Latest Date stamped below. Theft, mutilation, and underlining of books are reasons for disciplinary action and may result in dismissal from the University. University of Illinois Library •WAR 3 j JAN 3 20 )66 06 L161— O-1096 Digitized by the Internet Archive in 2014 https://archive.org/details/arbeitendesbotan01sach "arbeitkn DES B0TANI8CHEN INSTITUT8">1 IN WURZBURG. HERAUSGEGEBEN VON Prof. Dr. JULIUS SACHS. ERSTER BAND. ENTHALTEND ABHANDLUNGEN AUS DEN JAHREN 1871 BIS 1874. MIT 54 HOLZSCHNITTEN UND 8 LITHOGE. TAPELN. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1874. Inhaltsverzeichniss. 1. Heft. 1871. Seite I. Pfeffer, Dr. W., Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlen- saure in Pflanzen. Mit 3 Holzschnitten 1 If. Symmetrie und specifische Wachsthumsursachen. Mit 1 Holzschnitt . 77 2. Heft. 1872. III. Sachs, Jul., Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts auf die stiindlichen und taglichen Aenderungen des Langenwachsthums (Streckung) der Internodien. Mit 2 Holzschnitten und 7 Tafeln 99 IV. Langenwachsthum der Ober- und Unterseite horizontal gelegter sich aufwarts kriimmender Sprosse 1 93 V. Ablenkung der Wurzel von ihrer normalen Wachsthumsrichtung durch feuchte Korper. Mit 1 Holzschnitt 209 VI. Vries, Hugo de, Ueber einige Ursachen der Richtung bilateral-symmetrischer Pflanzentheile 223 VII. Sachs, Jul., Die Pflanze und das Auge als verschiedene Reagentien fur das Licht 27& 3. Heft. 1873. VIII. Vries, Hugo de, Ueber das Welken abgeschnittener Sprosse 287 IX. Langenwachsthum der Ober- und Unterseite sich kriimmender Ranken 302 X. Zur Mechanik der Bewegung von Schlingpflanzen 317 XI. Godlewski, E., Abhangigkeit der Sauerstoffausscheidung der Blatter von dem Kohlensauregehalt der Luft. Mit einer lithographirten Tafel .... 343 XII. Prantl, K., Ueber den Einfluss des Lichts auf das Wachsthuni der Blatter. Mit 1 Holzschnitt 371 XIII. Sachs, Jul., Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. Mit 20 Holzschnitten A 385 IV Inhalts verzeichniss . 4. Heft. 1874. Beit* XIV. Mliller, Herm., Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeirae der Laubmoose (Protonema und Rhizoiden). Mit 9 Holzschnitten 475 XV. Brefeld, Oscar. Untersuchungen iiber die Alkoholgahrung. Vorgetragen am 26. Juli 1873 in der physikal.-medicin. Gesellschaft zu Wurzburg .... 500 XVI. Vries, Hugo de, Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse 519 XVII. Prantl, K., Untersuchungen iiber die Regeneration des Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. Mit 2 Holzschnitten 546 XVIII. Pedersen, R., Haben Temperaturschwankungen als solche einen ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 563 XIX. Sachs, Jul., Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. (Fort- setzung.) Mit 15 Holzschnitten 584 Die \\ irkimg farbigen Lichtes auf die Zersetzuiig der Kohleiisiiure in Pflanzeiu Von Dr. W. Pfeffer. Literatu r. Wenngleich die Literatur ttber die Assimilation in farbigem Lichte bereits von Sachs 1 ) zusaramengestellt wurde, so diirfte doch eine noch- malige kritische Behandlung gerechtfertift sein. Denn die zweifellos wich- tigste unter alien alteren Arbeiten, die von Draper, war fur Sachs nicht zugiinglich und ferner sind seit dessen Bearbeitung des Gegenstandes einige weitere Publicationen erschienen. Es bedarf wohl kaum noch der beson- deren Bemerknng, dass ich die ziemlich zahlreichen neueren Arbeiten iiber Gasabscheidung und Assimilation nur insofern berucksichtige , als sie die W irk ung von Lichtstrahlen verschiedener Brechbarkeit behandeln. Diubeny 2 ), dem jedenfalls das Verdienst zukommt, die ersten umfassen- den Untersuchungen uber die Wirkung farbigen Lichtes auf Gasabscheidung gemacht zu haben, liess die Strahlen einwirken, welche durch farbige Glaser oder mit Fliissigkeiten gefullte Flaschen passirten. Neben farblosem kamen grunes, purpurfarbiges, blaues, rothes und orangegefarbtes Glas zur Anwendung, von welchen indess nur die beiden letzteren reinere und zu Untersuchungen brauchbare Spektra gaben. Das rothe Glas liess die rothen, orangen, gelben und einen Theil der grunen, das orangegefarbte Glas ausser- dem noch einen Theil der blauen Strahlen hindurchgehen. Von den beiden angewandten Flussigkeiten war die eine das bekannte Kupferoxydammoniak in ziemlich concentrirter Lbsung, die andere Portwein , welcher nur rothes Licht durchlassen soil. Ausser der spektroskopischen Uutersuchung der angewandten Medien wurde die Wirkung der dnrchgehenden Strahlen auf 1) Hot, Zeittins; 1864, p. 354 ff. ^2 Philosoph. transact. IS36, o. I, p. 149 ff. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. I. 2 Dr. W. Pfeffkr. Silberpapier , ferner deren erw&rmeride Kraft und relative ITelligkeit fest- zustellen gesucht. Glasscheiben, oder mit Fliissigkeit gefiillte flachwandige Flaschen wurden vor einer OefFnung irdner Gefysse (jars) angebracht, in welche die zu unter- suchenden Pflanzentheile in mit Kohlensaure gesattigtes Wasser gebraeht waren. Wenn Daubeny auch bemiiht war, dureh Auswahl gleicher und gleichgrosser Pflanzentheile untereinander vergleichbare Resultate zu erzielen, so ist doch zu bedauern, dass er, mit Ausnahme von Fucus digitatus, nur mit Landpflanzen, funf versehiedenen Arten operirte. Wie weit die Ge- nauigkeit der volummetrischen Bestimmung der Gase reicht, lasst sich bei der sehr unvollstandigen Beschreibung von Apparaten und Methode niclit sagen, die Art der SauerstofFbestimmung ist aber jedenfalls ziemlich un- genau, da die nach Absorption dieses Gases durch Phosphor dem Gasrtick- stand beigemischte phosphorige Saure in fehlerhafter Weise verrechnet wurde Ferner scheint die den in kohlensaurereichem Wasser von Pflanzen ausge- schiedenen Gasen immer, aber in variabler Menge beigemengte Kohlensaure gar nicht beachtet zu sein, wenigstens ist nie davon die Rede, und dann musste bei der angewandten analytischen Methode die Stickstoffmenge urn deren Volumen zu hoch gefunden werden. Hinter Portwein sammelte sich gar kein Gas , was indess wohl seinen Grund allein iu einer zur erheblichen Schwachung des durchgehenden rothen Lichtes haben durfte; hinter alien anderen Medien wurde Gas entbunden. Daubeny's Schluss, dass es besonders die leuchtenden Strahlen sind, welche die Gasabscheidung veranlassen, ist zwar richtig, doch ist die Amplitude der Extreme von den Mittelzahlen, welche man ziehen konnte, eine so grosse dass auf diese kein Werth gelegt werden kann. Nicht minder variabel ist die quantitative Zusammensetzung der angesammelten Gase, welche in keinem Falle reiner Sauerstoff, sondern immer mit StickstofF gemischt waren, ja in einigen Fallen soil das angesammelte Gas reiner Stickstoff gewesen sein. Da in anderen Fallen aber wieder sehr sauerstoffreiche Gasgemenge bei An - wendung gleicher farbiger Medien gefunden wurden, so runt auch ein anderer von Daubeny gezogener Schluss auf sehr schwachen Fussen , namlich , dass das gesammelte Gas im allgemeinen urn so reicher an Sauerstoff war, je mehr Gas Uberhaupt ausgeschieden wurde. An Draper's 1 ) umsichtiger Arbeit ist nur zu bedauern, dass die Resultate zu summarisch mitgetheilt werden und besonders auch in den gasometrischen Theil ein gar zu beschriinkter Einblick gestattet ist. Draper brachte in verschiedene Zonen eines mittelst Heliostaten und Krystallprisma entworfenen Spektrums Gasrbhren von 15 Mm. [Xurchmesser und 18 Mm. Hd»he, welche mit kohlensSuregesSittigtem Wasser gefttllt waren, in welches Pflanzenblatter oder Pflanzentheile, wie es scheint leider auch 1 Innal, d, Cbim. el Ieu 0,10 Vert et bleu 4,10 Bleu Bleu 1,00 Indigo Indigo Violet Violet Ferner stellte Draper auch Versuche rait durch farbige Fliissigkeiten gehenden Lichtstrahlen an und zwar mit Lbsungen von doppelt chromsaurem Kali und Kupferoxydammoniak, deren Spektrum bei der angewandten Dicke der Schicht leider nicht weiter angegeben wird. Die Fliissigkeiten wurden in parallelwandige, in Holzkasten eingesetzte Flaschen gefullt, ein jedesmal zum Vergleich im weissen Licht angestellter Versuch aber ganz frei an der Sonne vorgenommen. Dreimal unter den funf angestellten Versuchen fand Draper mehr Gas hinter dem chromsauren Kali, als am weissen Licht aus- geschieden, glaubt indess, dass nur die starkere Erwarmung in dem Holz- kasten dieses Ergebniss herbeifuhrte. In den allein mitgetheilten Mittel- werthen stellt sich indess das im weissen Licht gesammelte Gas etwas hoher heraus, als das im gelben Licht ausgegebene; jenes ist mit 4,75, dieses mit 4,55 (wahrscheinlich C. C.) verzeichnet, wahrend fiir Kupferoxydammoniak nur 0,75 (C. C. ?) Gas aufgefuhrt werden. 1) L. c. p. 217. —Die Maasseinheit, nach welcher die Gase gemessen wurden, ist nicht angegeben, vielleicht sind Gubikmillimeter , keinenfalls wenigstens Cubikcentimeter gemeint. 1 * 4 Dr. W. Pfeffer. Draper schliesst aus seinen Resuitaten l )> ddss das Maximum der Kohlen- sUurezersetzung mil dem Maximum dor Helligkeit im Spektrum zusammen- failt und dass die starker brechbaren Strahlen gar keine Assimilation hervor- zurufen veririogen. Hinter dem chromsauren Kali wilrde nach unscrcs Autors Vermuthung ebensoviel Gas, wie am gemischten Lichte gefunden worden sein, wenn nicht audi eine geringe Menge der durchgeheiiden Strahlen durch Absorption und Reflexion vertoren ginge. Weiter bemerkt Draper sehr richtig, (lass die Gasausscheidung nicht von der eTwSrmenden Kraft der Strahlen des Spektrums abhangig ist, da scbon im aussersten Roth sich nur wenig oder gar kein Gas ansammelto, das Warmemaxinium aber noch weiter, in den nicht mehr sichtbaren Theil des Spektrums fallt. Zum wciteren Belege, dass dunkle Wiirmestrahlen die Zersetzung der Kohlensaure nicht mehr zu bewirken vermogen, vvurde hinter einem Holzfeuer ein Melallspiegel aufgestellt und in dessen Focus eine mit kohlensaurehaltigem Wasser und Blattern beschickte Versuchsrohre gebracht. 2 ) Zwar fand so eine Ansammlung von Gas statt, allein dieses war, wie die Analyse ergab, reine Kohlensaure, w T elche durch die Erwarmung des Wassers ausgetrieben wurde. Das Volumen der bei den Experimenten angesammelten Gase ist immer erst nach Absorption der Kohlensaure gemessen, denn sagt Draper : 3 ) »Les proportions — der Kohlensaure — doivent etre variables, car elles dependent du total d'acide carbonique qui reste dans l'eau, de la promptitude avec laquelle l'experience a ete conduite et de quelques autres conditions qui peuvent varier. « Auch auf die unvermeidlichen Fehlerquellen, herbeigefiihrl durch Absorptions- und Diffusionsverhaltnisse, welchen ein unter Wasser ausgeschiedenes und iiber demselben sich ansammlendes, zum grossten Theil aus Sauerstolf und 'Stickstoff bestehendes Gasgemenge unterworfen ist, win! kurz hingewiesen. Eine specielle Entdeckung dieser Verhaltnisse fur in Wasser Gas ausscheidende Pflanzen Melt also Draper schon vor 26 Jahren nicht fur nothwendig, da er damals schon die Kenntniss der einschliigigen Gesetze seitens competenter Leser voraussetzen durfte. In einer grosseren Zahl von Analysen fand unser Autor das Verhaltniss von Stickstofr und Sauerstolf ziemlich variabel, bemerkte aber darin keinen aufMienden Unterschied, wenn er unter dem Einfluss verschiedener Spek- tralfarben ausgeschiedene Gasgemenge verglicli. 4 ) 1) L. (',., p. 219. 2) L. C, p. 222. 3) L C, p. 221. 4) Bei der Vergessenheit, in welche Draper's Arbeit gerieht, crlaube icfo mir auoh auf den zweiten \bschnitt I.e., p. 228 If.) hinzirweisen, in welchem mil aller Precision der i nterschied von Assimilation und Athmung auseinandergesetzl wird. Was hier ausserdem iiber die Zersetzung der an Alkalien gebundenen Kohlensaure gesagl wird, isl durch keine, I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 5 Hunt kommt zwar auch zu dem Schluss, dass die leuchtenden Strahlen des Spektrums zur Zersetzung der Kohlensaure durch Pflanzen wesentlich sind, Fragestellung und Darstelhing sind aber in so hohem Maasse unklar, dass man diese Arbeit auf sich beruhen lassen kann. *) Auch die Untersuchungen von Cloez und Gratiolet 2 ) bleiben weit hinter Draper's Arbeit zurttck, ja die ganzliche Unterlassung einer spektro- skopisehen Prttfung der verwendeten gefiirbten Glaser erlaubt keinen be- stimmten Schluss iiber die Wirkung von Strahlen bestimmter Brechbar- keit auf die Gasabscheidung. Aus den farbigen Glasscheiben , welche als farbloses, mattgeschliffenes, hellgelbes, rothes (mit Kupferoxydul gefarbtes), grimes und blaues Glas bezeichnet sind, wurden Kafige zusammengesetzt und diese uber etwa 2 Liter fassendc Flaschen gestulpt, in welchen die Versuchspflanzen in kohlensiiurereichem Wasser la gen. Sammtliche Kafige wurden gleichzeitig in Thatfgkeit gesetzt und nach drei- bis vierstiindiger Exposition das in den luftdicht verschlossenen Flaschen angesammeJte Gas in Messrohren gepresst, in welchen sich iiber dem Wasser eine Oelschicht befand. Die Anwendung von Wasserpflanzen , Potamogeton perfoliatum, ist ein Fortschritt in dieser Arbeit, deren gasanalytischer Theil wieder recht mangel- haft ist. Die Anwendung von Ocl als SperrUiissigkcit bietet keinen Vortheil, d;i . 148. 2) Jahrb. f. wiss. pot. Bd. V, p. 1 IV. :{ Corapt. i en. Ins 1 s * i 7 , Tom. 65, |>. 322. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 9 Glas isl mir aber bekannt , welches iiberhaupt monochromatisches griines Licht durchlasst. Die weitere beilaufige Mittheilung, dass auch in dem durch Losungen erhaltencn griinen Licht Kohlensaure gebildet werde, entzieht sich einer Kritik , bis der Autor seine angewandten griinen Losungen bekannl gibt, mir ist es vvenigstens nicht gelungen eine Losung aufzutreiben , die allein griines Licht hindurchlasst. Bei den Experimenten mit in Schwefelkohlenstoff gelostem Jod fand Gailletet die Kohlensauremcngc vor und nach Exposition ganz gleich gross. Ob wirklich so viel Jod aufgelbst war, dass gar keine sichtbaren Strahlen mebr durchdrangen, sagt Cailletet nicht, jedenfalls beweisen aber seine Zahlen nicht, w as sie beweisen sollen, dass namlich in den dunklen Warme- strahlen Kohlensaurezersetzung nicht mehr stattfindet. Denn dann hatte Kohlensaure gebildet werden mussen, so aber musste zufallig gerade so viel Kohlensaure zerlegt werden, dass Assimilation und Athmung sich das Gleich- gewicbt hiclten. Die lelztc einschlagi^e Arbeit ist eine voiiaufige Mittheilung von Timir- jaseff. l ) Ueber die angewandte Untersuchungsmethodc wird hier nur gesagt, dass die von Boussingault \erwcrthete adoptirt wurde, welche wesentlich dieselbe ist, die auch ich benutzte und mit der sich in jeder Hinsicht be- friedigende Hesnltatc erhalten lassen. Jedenfalls muss aber das angewandte Blatt nach der Exposition entfernt werden ; geschieht dieses nicht und wird die Absorption der Kohlensaure ohne weiteres vorgenommen, dann ist eine erhebiiche Fehlerquelle gegeben. Entweder zersetzt das Blatt Kohlensaure, so lange noch nicht die letzle Spur dieses Gases vom Kali weggenommen isl, oder wenn die Beleuchtung des Ortes, an wclchem die Analyse aus- gefuhrt wird, hierzu nicht ausreicht, wird fortwahrend Kohlensaure gebildet. Bei der Ktirze der Mittheilung wttrde das Schweigen iiber diesen Punkt begreiflich sein, allein nach der beigegebenen Abbildung (Taf. Ill) inbehte man vei muthen, dass das Blatt auch wahrend # der Ausfuhrung der Analyse im Yersuchsrohr blieb. Da bekannte Quantitaten Kohlensaure in jedes Ver- suchsrohr gebracht waren, so gibt die Diflerenz mit der nach der Exposi- tion vorhandenen Menge dieses Gases die zersetzte Kohlensaure an. Um die obere Partie des Versuchsrohres wurde ein Glascylinder mitteist eines von Paraffin durchtrankten Korkes befestigt und der Zwischenraum mit den farbigen Flussigkeiten angefullt, deren Spektra fur eine gleiche Dicke der Schicht an direkter Sonne festgesleltt waren. Als farbige Medien wurden angewandt: 1) eine ammoniakalische Losung von Carmin, die rothen und einen Theil der orangen Strahlen durchlassend ; %) massig concentrirte Ghlorkupl'erlosung, durch welche die orangen Strahlen zum Theil, ferner die \) Bot. Ztg. 1869. Nr. 11. Die Arbeit ist vom 10. Aug. 1868 datirt, doch habe ich von einei ausfuhrlichen Publikalion. die in Aussicht gestellt wird, bis dahin nichts erfahren. 10 Dr. W. Pfeffer. gelben, grunen und blauen Strahlen drangen ; *) 3) massig concentrirtes Kupferoxydammoniak, welches bckanntlich die starker gebrochene Halite des sichtbarer Spektrums durchlasst und endlich 4) eine gelbe Losung von deren chemischer Natur gar nichts gesagt wird, die abcr nach einer weiter- hin anzufiihrenden citirten Arbeit von J. Muller eine Auflbsung von doppelt ehromsaurem Kali gewescn sein muss. Drei Apparate wurden immer gleichzeitig oxponirt, von denen einer entweder mil Wasser oder mit einer farbigen Fliissigkeit gefuilt war, deren Zersetzungskraft im Verhaltniss zuni Wasser durch cine vergleichende Unter- suchung bereits gefunden wurde. Die Zahlen, wclche sich ftlr die hinter farbigen Medien zersetzte Kohlensaure ergeben, vvenn man die hinter Wasser, im weissen Licht, zersetzte Mengc dieses Gases gleich 100 setzt, sind das Einzige, was von den analytischen Resultaten mitgetheilt wird. Timirjaseff construirt nun eine Curve der Zersetzungskraft, indem er den einer Fliissigkeit entsprechenden Thcil des Spektrums als Abscisse be- trachtet und auf deren Mitte als Ordinate den Quotient aus der zersctzten Kohlensauremenge durch die Ausdehnung des durchgelassenen Spektrums einstellt. Die so erhaltene Curve findet er mit der Intensitatscurve der Warme im Spektrum gut ubereinsthnmend und kommt so zu dem Resume: »Obgleich diese Resultate nicht hinreichen, um zu beweisen, dass die Zer- setzung den Erwarmungskraften der Sonnenstrahlen proportional ist, so glaube ich doch, dass sie diesen Schluss sehr wahrscheinlich machen, und jeden- falls konnen sie mit der DRAPER'schen Ansicht nicht in Einklang gebracht werden«. (Wonach das Maximum der Zersetzungskraft mit dem Maximum der Leuchtkraft zusammenfallt) . Timirjaseff betrachtet als Abscissen die Ausdehnung der durch die Fliissigkeiten passirenden Strahlen des Spektrums, eines Spektrums, das wie man aus der beigegebenen Tafel entnehmen kann, ein mehr oder weniger ideales ist, wie das in der*Regel bei den zu bildlichen Darstellungen be- nutzten Spektra der Fall ist, bei welchem in diesem Falle aber die minder brechbare Seite stark zusammengedrangt ist, etwa so wie in dem durch ein Flintglasprisma erhaltenen Spektrum. Nun aber ist bekanntlich bei gleichem brechenden Winkel das Verhaltniss der totalen und partiellen Dispersion der Strahlen jc nach dem Medium , aus welchem ein Prisma angefertigt wurde, ein anderes und so ist z. B. das durch ein Flintglasprisma erhaltene Spektrum nahezu dreimal langer als ein durch ein Wasserprisma entworfe- nes, bei jcnem hat aber das Roth eine 2,5, das Gclb eine 2,8 und das Violett cine fast viermal gi'ossere Ausdehnung als im Wasserspektrum. 2 ) 1) Diese Lttsung wird bei Anftihrung ihres Spektrums »gelbe Lclsung« genannt, spttter hin abnr immer ;ils ugriine Ldsungo bezeichnet. g Siehe die Tabelle des Verhttltnisses Her partiellen und totalen Dispersion verschie- dener Substanzen von Frauenhofer, in Wvllner's Lehrb. d. 1*1 1 y si k Bd. i, u 2, p. 7;<7. I. Die Wirkung farbigen Lichtes aut' die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 1 1 Es lasst sich in keiner Weise rechtfertigen , warum gerade ein Spektrum gewahlt wiirde, in welchem die rothen und angrenzenden Spektralfarben relativ stark zusammengedrangt sind, wiirde man aber mil Zugrundelegung des Wasserspektrums in der von Timirjaseff befolgten Weise und mil dessen gefundenen Zersetzungswerthen eine Curve construiren , so wiirde diese mindestens mehr Aehnlichkeit mit der Helligkeitscurve, als mit der Warme- curve ergeben. Diese einfache Reflexion reicht schon vollstandig aus, um Timirjaseffs llypothese als ein ganz fehlerhaft gewonnenes Produkt zu be- zeichnen und habe ich vvohl nicht nbthig noch ausfiihrlich auseinander- zusetzen, dass die Methode der Gewinnung der Ordinaten selbst iene ganz ungerechtfertigte ist. Haben Strahlengruppen bestimmter Brechbarkeit einen specifischen, aber ungleich grossen Einfluss aid" die Zersetzung der Kohlen- saure, wie es ja Timirjaseff selbst voraussetzt, so kann man doch gewiss nicht einen fur einige Spektralfarben zusammen gelundenen Mittelwerth direkt der Construktion einer Zersetzungscurve zu Grunde legen. Timirjaseff hatte aber auch, wie er selbst zugibt, die dunklen Warmestrahlen beriick- sichtigen miissen ; anstatt aber, wie er die Hofthung ausspricht, dann eine noch grbssere Uebereinstimmung von Warmecurve und Zersetzungscurve zeigen zu kbnnen, wurde er sich schon von der Unhaltbarkeit seiner Hypo- these iiberzeugt haben, sobald er nun seine farbigen Medien auf Durchlassig- keit fur dunkle Warmestrahlen gepruft hatte. Denn wie Desains j ) in neuester Zeit zeigle, absorbirt schon eine sehr dunne Schicht einer Chlorkupferlbsung alle dunklen Warmestrahlen, wahrend diese zum grossen Theil durch Kupfer- oxydammoniak passiren. Die Zersetzungskraft der durch erstere Lbsung dringenden Strahlen ist aber bei Timirjaseff 47, die der durch letztere Lb- sung gehenden nur 18 und doch ist die dunkle Warme des Sonnenspek- trums mehr als das Doppelte von der leuchtenden. Warum priifte denn aber Timirjaseff nicht die Wirkung der dunklen Warmestrahlen ? Hatte doch Draper — und Timirjaseff kannte, nach denCitaten zu schliessen, diese Arbeit — schon dargethan, dass dieselben Kohiensaure- zersetzung nicht zu bewirken vermbgen und behauptete doch Cailletet dasselbe. Die Abfertigung Draper's bleibt mir unverstandlich, gegen Caille- tet aber wird eingewandt, dass die Anwendung von Jodlbsung in Schwefel- kohlenstofi' nur bei Benutzung von Steinsalzgefassen entscheiden kbnne, da Glas zu viel dunkle Warme absorbire. Dass Glas dunkle Warmestrahlen absorbirt ist freilich richtig, doch gilt dieses besonders fttr die Strahlen grbsster Wellenlange, in geringem Grade fiir die des Warmemaximums und die nachst benachbarten, 2 ) die doch nach Timirjaseff's Hypothese am meisten leisten mussten. Da aber in dem Focus eines Hohlspiegels Platinblech auch I) Compt. rendus 1870, Sitzung vom 21. Mai. 2j Vgl. hieriiber Masson u. Jamin's Resultate in Wullner's Physik, Bd. JI, 3, p. 335. 12 Dr. W. Pfeffer. dann nooh ergluht, ') wenn die dunklen Wiirmeslrahlen vor ihrer Vereini- gung ein mit Jodlosung gefuUtes Glasgefass h alien passiren miissen, so reicht dieren Intcnsitat docli gewiss audi aoch aus , um Kohlensaure durch Pflau- zen zcrlegbar zu machen, wenn ttberhaupt den nichl I cue h Ion den Warme- strahlen diesc Fahigkeil zukommt; Timikjaseff's beziiglichcr Einwand beruht auf deniselben logischen Fehlcr, den Sachs in Betreff des Experimentirens im Dunkeln riigte. 2 ) Ferner rniissie nach der abgehandelten Hypothese Kohlensaure auch im Dunkeln zersetzt werden konnen, wenn nichl Timir - JASEFF den dunklen Warmestrahlen der Sonne und den von irgend einem warmen nichl leuchlenden Korpcr ausgegebenen Warmestrahlen eine ganz verschiedene Wirkung zuschreiben will. Eine solche Annahme kann er aber den von Physikern gelieferten Beweisen gegenuber unmbglich aufrecht halten. Endlich slelll Timirjasfff die Menge der zersetzten Kohlensaure und den Warnieeffekt den J. Miller hinter gleichen farbigen Fliissigkeilen be- stimmte, nebeneinander, um durch die gut ubereinstimmenden Zahlen seine Hypothese zu unterstutzen. Eine solche Uebereinstimmung wie sie in der That in dem von Timirjaseff gelieferten Tafelchen zu findon ist. wiirde, wie sich sehr ttberzeugend darthun hisst, gar nicht einmal etwas bcw 7 eiscn, zudem existirt diesc Uebereinstimmung nicht einmal, wenn nian die von J. Muller faktisch angegebenen Zahlen heranzieht. Mich jeden Urtheiles enthaltend stelle ich hier einfach Timirjaseff's beziigliches Tafelchen (p. 174) und Muller's Zahlen untereinander. Menge der zersetzten WSrmeeffekt derentsprechen- Kohlensaure. den Strahlen (nach Muller). Dnter dem Wasser 100,0 100 ,, der gelben Lbsung 86,2 75 der grunen Lbsung 47,5 48 ,, der rothen Lbsung 36,2 36 ,, der blauen Lbsung 18,0 9 Warmeeflekt fur dieselben farbigen Medien nach .). Muller: 3 ) l. u. III. Farbloses Wasser 100 100 100 100 Rothc Lbsung 37 35 38 40 Gel be Lbsung 65 64 70 74 Griine Lbsung 4 ) 9 13 Blaue Lbsung 9 9 9 13 1 Tyndall, W&rme betraohtel als eine A ri der Bewegung, iibers. \<>n 11. Hei.m- boltz u. d. Wiedemann, isf>4 ; besonders den Unhang /um XII Cap,, |>. 548 it. ± Handb. d. Experimentalphys., [>. 4. a Poggendorfs Annal. 1858, Bd. 105, p. 346. 4] Diesc LtJ$ung von Chlorkupfer soil nach J. Mulleb nur griine Strahlen durchlassen. Kalt gesattigte Ltisungen, < I i«* ich mirdarstellte, Liessen ;iI» ist, so zeigen doch Boussingault's Versuche, wie selbst schon in kurzer.Zeil die Assimilationsthatigkeit der Blatter dadurch beeintrfichtigl werden k;mn. [BoussiNGAULT in Compt. rendus 4 867; Tom. 64, |>. 984 IV. u. 983 II.; ibid. 1865, Tom (H, |> (ii'.s IV. u. Agronomie, Chimie agricol el Physiol. IM. 4, iscs, |». 336 IV. . I. Die Wirkung farbigen Liclites auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. |7 engen Gasmessrohr ermittelt. Diese Bestimmung ist, wie nachher mitzu- theilende Versuche zeigen werden, hinreichend genau, wenn nur daftir ge- sorgt wird, (lass den Blattfliichen moglichst wenig Luft adharirte, was bei alien von mir angewandfen Blattern sehr leicht durch Anfeuchten und Trockenwischeri zu erreichen war. Endlich mttssen audi fur den Wasser- nieiiiscus 0,:i Cub. C. am Gasvolumen abgezogen werden. Nach Abzug des Blattvolumens und mit Beriicksichtigung der Meniscus- correktion sind aile in dieser Arbeit vorkoimnenden Gasvolumina auf 0°Tempe- ratur, I Met. Quecksilberdruck und Zustand der Trockenheit reduzirt. Die Dichtigkeilsanderung des Quecksilbers brauchte nicht l)eachtet zu werden, da die Temperaturschwankungen bei den zur Analyse nothwendigen ver- schiedenen Ablesungen meist unter 2° G. blieben und nur wenigemal um ein galiz Geringes 2 C. iiberstiegen. 2 j Sind die zur Berechnung des Luftvolumens nothigen Ablesungen ge- macht, so wird Kohlensaure in die Versuchsrohren eingefullt und zwar fur einen vergleicbenden Versuch in jede derselben ziemlich gleichgrosse Mengen. Vane vollige Uebereinstimmung ist ganz unnothig, da doch ungleich grosse Quantitaten bei den Experimenten zersetzt werden. Das Einfiillen der Kohlensaure geschah direkt aus dem Apparate, in welchem dieselbe aus Marmor und Salzsaure entwickelt und durch eine gesattigte Losung von doppelt kohlensaurem Natron gewaschen wurde. Auf diese Weise bleil)t keine Spur von Salzsaure der Kohlensaure beigemengt, wie ich mich beim Durchleiten eiries sehr kiiiftigen Gasstromes durch Silberlosung iiberzeugte; auch die Ueberwindung des Quecksilberdruckes hat keine Schwierigkeiten, indem man einfach das Eingussrohr am Entwicklungsapparate mit einem Korke verschliesst. NatUrlich wurde vor dem Zufiillen constatirt, dass alle Luft aus dem Kohlensaureapparate verdrangt war. Das Luftvolumen von dem nach dem Einfiillen der Kohlensaure in gieicher Weise reduzirten Gasvolumen subtrahirt, ergibt die Menge der zu- geftlllten Kohlensaure; der sehr geringe Kohlensauregehalt der Luft von ungefahr 0,01 Procent (dem Volumen nach) kann begreillicherweise vernach- liissigt werden, da er bei den hier in Betracht kommenden Luftmengen eine in den angewandten Apparaten ganz unablesbare Grosse ausmacht. Die Helligkeit auf dem hinter einem Nordfenster befindiichen Tische, 1) Bunsen, gasom. Methoden, 1857, p. 42. — Die Reduktion geschieht nach der be- kannten Formel : 1)1 = («— m) (b— V— 62) (T-T0,003G6 Wo das reducirte Gasvolumen ist; v bezeichnet das abgelesene Gasvolumen, m die Meniscuscorrektion, b den beobachteten Barometerstand, W die fiir die Quecksilbersaule im Eudiometer abzuziehende Druckhohe und 6 2 die Tension des Wasserdampfes bei der Temperatur ft. 2) Bunsen 1. c., p. 43. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wtirzburg. I. 2 IS I)k. W. Pfeffer. auf welchem die Apparate bei den vorgenannten Operationen und uberhaupt alien analytischen Arbeiten standen, reichte hin, urn geringe Menge Kohlen- saure durch die Blatter zersetzbar zu machcn. Zu den Versuchen wurden immer nur Blatter gewahlt, welche bereits einige Stunden insolirt worden waren, jedenfalls also keine besonders grosscn Mengen Kohlensaure im ab- sorbirten oder gasformigen Zustand einschliessen konnten. Wenn also auch, so lange sich die Blatter in reiner Luft befanden, nicht zu befurehten war, dass durch langeres Stehen zum Zwecke der Temperaturausgleichung eine Fehlerquelle entstand, da Kohlensaure nicht gebildet werden konnte, sowar es doch immerhin erwilnscht die Zeitdauer zwischen der Zusammenstellung der Apparate und den nothigen Ablesungen moglichst zu verkilrzen und nach dem Einfiillen der Kohlensaure war dieses sogar geboten. Um nun die zur Temperaturausgleichung nothwendige Zeit so klein ,als moglich zu machen, wurde beim Einftihren der Blatter und ebenso bei alien anderen Manipulationen eine direkte Beriihrung der Apparate mit der Hand vermieden und immer nur mit einem dickem Tuche angefasst; beim Einfiillen der Kohlensaure wurden aber die Apparate gar nicht bertihrt und selbst eine zu grosse Annaherung der Hand verhtitet. Wie mich Versuche lehrten, hatte bei Berucksichtigung dieser Vorsichtsmassregeln das Luftvolumen schon 1 Minuten nach dem Hinstellen der Apparate seine Temperatur soweit aus- geglichen, dass eine nach langerer Zeit vorgenommene Ablesung keine Ver- iinderung mehr entdecken konnte. Ich verfuhr nun in der Weise, dass ich 6 bis 7 Minuten nach der definitiven Zusammenstellung der Appnrate eine Ablesung machte, weitere 5 Minuten wartete und mich verge wisserte, dass eine Volumenveranderung nicht mehr stattgefunden hatte. Dies traf fast immer zu, wenn nicht, so liess ich noch weitere funf Minuten von der letzten bis zu einer folgenden Ablesung verstreichen. Nach dem Einfullen der Kohlensaure wurde die erste Ablesung nach funf Minuten gemacht, die in alien Fallen mit einer zweiten nach weiteren 5 Minuten vorgenommenen Ubereinstimmte. Unter dem Einfluss der hierbei herrschenden Beleuchtung sind aber, wie auch Versuche lehrten, die innerhalb 10 Minuten zersetzten Kohlensauremengen so gering, dass sie sich jeder Ablesung entziehen. Ein Blatt von Prunus laurocerasus von 22 G. Q. Flache hatte an einem be- sonders hellen Tage wahrend fuiifsttindigen Stehens auf dem Gastisch, von 8 Uhr bis 1 Uhr Morgens, 0,5 C. C. ; in 10 Minuten also 0,016 C. C. Kohlensaure zersetzt und fttr ein Oleanderblatt von 25 C. Q. Blattflache wurden an einem anderen gleichfalls hellen Tage, wahrend 6 Stunden 0,7G. C., in 10 Minuten also 0,019 G. G. zersetzter Kohlensaure gefunden. Unmittelbar nach Beendigung der letzten Ablesungen werden die Blatter in der weiterhin zu beschreibenden Weise Strahlen verschiedener Brech- barkeit ausgesetzt und sofort nach Beendigung der Exposition vermittelsl des Eisendrahtes aus den Versuchsrohren entfernt. Dreht man d;>s Blatt wahrend es durch die sperrende QuecksilbersSule gezogen wird hin und [. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. |9 her, so steigen allenfalls anhaftende Glasblaschen in das Versuchsrohr zu- riick und auch von der Wasserschicht wird nur sehr wenig durch das Blatt entfernt, was ja iil>erdies fur die Bestimmung des Gasvolumens gleichgiiltig ist. Da Gas und Quecksilber wahrend der Exposition stark erwarmt wur- den, so bleiben nun die Apparate ein bis zwei Stunden stehen ehe weitere Ablesungen gemaeht werden. Die hieraus, nattirlich ohne Abzug des Blatt- volumens, sich berechnenden Gasmengen, ergeben, mit den frUher gefunde- nen verglichen, die Volumenanderung wahrend der Exposition. Zur Absorption der Kohlensaure wurden etwa 0,2 C. C. einer gesat- ligten Kalilauge in die Apparate gebracht. Es ist dieses leicht mit einer an der Spitze umgebogenen Pipette auszufiihren, in welche man etwas Lauge aufsaugt, das obere Ende verschliesst und durch einfaches Erwarmen ver- mittelst der Hand die kleine Menge Fliissigkeit zum Austreten bringt. Die Kohlensaure diirfte wohl immer nach zwei Stunden absorbirt gewesen sein, indess blieben meine Apparate jedesmal iiber Nacht, stets mindestens I 5 Stunden stehen und so ist gewiss nicht nbthig Belege beizubringen, dass die Absorption in alien Fallen eine vollstiindige war. Die Differenz des Gas- volumens nach der Exposition und nach der Absorption der Kohlensaure ergibt das Volumen der nicht zersetzten Kohlensaure, und dasselbe mit der bekannten eingefullten Menge dieses Gases verglichen lernt das zersetzte Kohlensaure volumen kennen. Eine gasometrische Bestimmung der Kohlensaure ist bekanntlich mit grosster Genauigkeit auszufiihren und zudem ist die Kenntniss der zersetzten Kohlensiiuremenge das genauste Maass fiir die assimilirende Thatigkeit des Blattes, die durch Bestimmung des gebildeten Sauerstoffgases nicht mit gleicher Precision gemessen wird, da nach Boussingault's Versuchen ein annahrend, aber meist nicht absolut gleiches Volumen von Sauerstoffgas fur die zersetzte Kohlensaure gebildet wird. Da eine genaue Bestimmung des Sauerstoffs *) . immer umstiindlich ist, was natiirlich bei einer solchen Zahl von Analysen, wie sie hier noting waren, schwer ins Gewicht fallt, so habe ich mich allein auf die sicher und leicht ausfuhrbare Messung der Kohlen- saure beschrankt. In dem Folgenden werde ich nun auch zeigen, dass die Fehler, welche durch das Herausfiihren des Blattes und durch die Absorptionsverhaltnisse des iiber dem Quecksilber befindlichen Wassers veranlasst werden kbnnen, selbst im ungiinstigsten Falle so gering sind, dass in dem rein gasometri- schen Theile ein fUr unsere Zwecke mehr als hinreichende Genauigkeit garantirt wird. I) Wirklich genaue SauerstofTbestimmungen lassen sich nicht wohl anders, als durch Verpuffcn mit Wasserstoff machen. Es gilt dieses namentlich fiir Gasgemenge , welche mehr Sauerstoff als atmospharische Luft enthalten, da dann nach einer freundlichen Mit- theilung des Herrn Professor Garius bei Anwendung von pyrogallnssaurem Kali Kohlen- oxydgas gebildet wird. 2 * 20 Dr. W. Pfeffer. Ein in keinem Falle mehr ablesbaref Fehler entspringt aus den Ab- sorptionsverhiiltnissen des das Quecksilber bedeckenden Wassers. Icb wende mich sofort zu einem concreten Falle und nehnfe an, dass zu 65 C. G. Luft 8 G. C. Kohlensaure gefiillt werden, ein Verhaltniss, wie es meist annahernd in meinen Versuchen realisirt war. Mit Vernachliissigung der Tension des Wasserdampfes absorbiren dann 0,3 C. C. Wasser bei 0,76 M. Quecksilberdruck und 20° C. folgende Mengen der Luftgase: ] ) Stickstoff 0,0033 G. G. Sauerstoff 0,0018 „ Zusammen also 0,0051 C. G. Gas. Werden nun zu den 05 C. G. Luft 8 C. C. Kohlensaure gefiillt, so nehmen 0,3 C. G. Wasser unter der partiiiren Pressung der Gase dieses Gemenges und unter gleichen Bedingungen wie oben auf von Kohlensaure 0,029G C. C. „ Stickstoff 0,0030 „ ,, Sauerstoff' 0,0016 Zusammen 0,0342 G. C. Gas. Die Aenderung in der absorbirten Menge von Stickstoff und Sauerstoff ist wie man sieht eine sehr geringe, von Kohlensaure wurden aber fast 0,03 G. C. im Wasser aufgenommen, die sich also einer Ablesung entziehen wurden, wenn diese uberhaupt eine so weit gehende Genauigkeit erlaubte. Zersetzte nun ein assimilirendes Blatt alle vorhandene Kohlensaure, so wiirde auch die im Wasser absorbirte allmalich wieder in die Luft diffundiren und mit verarbeitet werden, im Wasser aber eine ziemlieh gleiche Gasmenge wie vor dem Einfullen der Kohlensaure gelost bleiben. 2 ) Da aber fUr die zersetzte Kohlensaure ein annahernd gleiches Volumen Sauerstoffgas 3 ) ge- bildet wird, so wird um dieses das gesammte Volumen nach der Exposition grosser geworden sein, vorausgesetzt, dass durch die Assimilation selbst keine Aenderung im Gasvolumen herbeigeftihrt wurde. Die berechneten Zahlen zeigen, dass es sich hier um so geringe Gas- mengen handelt, dass an eine Ablesung in unseren Apparaten nicht im Entferntesten zu denken ist. Uebrigens fallen bei der Ausfuhrung der Experimente die Fehler noch viel geringer als die berechneten Zahlen aus. Denn meist wurden viel weniger als 8 G. C. Kohlensaure zersetzt; dann war der Quecksilberdruck stets viel geringer als 0,70 M., da von dem 1) Vergl. Bunsen, gasom. Mel hod., |>. 139. 2) Faktisch etwas mehr, da , Wie schon bemerkl isi es nichl siclier, dnss fUr jedes Volumen zersetzter Kohlen- saure riii gleiches Volumen Sauerstoff gebildel wird. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 21 ftir sich schon meist niedereren Barometerstand noch die Hohe dor Queck- silbersaule im Versuchsrohr abzuziehen war; ferner war die Temperaiur ineist hoher als 20 C. und endlich isl auoh die Tension des Wasserdampfes nicht in Rechnung gezogen worden. Bekauntlich andert sich aber die Menge eines absorbirten Gases dem Druck proportional und die Absorptionscoeffi- cienten nehnien mit steigender Temperatur nach einem fiir jedes Gas spe- zifischen VerhaJtniss ab. Beim Zubringen der Kalilauge wird die Fliissigkeit zwar bis auf 0,4 bis 0,5 C. G. vermehrt, allein jetzl verschwindet die Kohlensaure und nur Sauerstoft" und Stickslofi' kommen als driickende Gase (neben Wasserdarnpf) in Belracht, die ja nur in geringer Menge in Wasser absorbirl werden. { ) Bcdenklicher mag das Herausziehen des Blattes nach der Exposition erscheinen, doch zeigen hier meine mitzutheilenden Versuche, dass sich dieses bei gehoriger Sorgfalt ausfiihren lasst, ohne dass nach der Berechnung eine Schwankung in dem Gas volumen zu bemerken ist. Die Aenderungen, welche in der Zusammensetzung der in den Intercellularraumen des Blattes eingeschlossenen und in den Zellflussigkeiten absorbirten Gase wahrend der Ausfilhrung dvv Experiments stattfinden , lassen sich nicht mit Sicherheit angeben, w elches aber das Ma vim um des Fehlers ist, der hierdurch herbei- geflihrt werden kann, lasst sich mit einiger Wahrscheinlichkeit voraus- sagen, Die zur Verwendung gekommenen Blatter verdrangten 0,5 bis 1,1 G. C. Wnsser. Kin Kirschlorbeerblatt von 1,0 C. C. Volumen lege ich den folgen- den Betrachtungen zu Grunde; die ausserdem ofters benutzten Oleander- blatter durften bei ahnlicher lederartiger Beschaffenheit zu wesentlich gleichem Resultate i'tihren. Ein Kirschlorbeerblatt enthalt nach Unger 2 ) y 5 seines Volumens an Gasen in den Intercellularraumen eingeschlossen und gibt ziemlich genau % seines Gewichtes an Trockensubstanz. 3 ) Da nun Gewicht und Volumen dieser Blatter meist ziemlich gut ubereinstimmen, so enthalt ein Kirschlorbeerblatt von 1,0 C. C. Volumen an Intercellulargasen etwa 0,5 C. C., an Trockengewicht 0,3 Grmm. und an wassrigen Theilen 0,5 Grmm. Setzen wir nun einmal voraus, in den Intercellularraumen des Blattes befinde sich reine Luft und auch das in den Zellflussigkeiten absorbirte Gasgemenge sei dem partiaren Druck der Luftgase entsprechend zusammen- gesetzt. Nun mbgen wie oben auf 65 C. G. Luft 8 G. C. Kohlensaure ein- geftillt werden und sich die Intercellulargase und absorbirten Gase mit dieser 1 ) Kalilauge nimmt noch etwas weniger von diesen Gasen auf als Wasser. 2) Genau 21,9 °/ . Bestimmung der in den Intercellularraumen d. Pflz. enthaltenen Luftmenge. Sitzb. d. k. k. Akad. 4 854, p. 11 d. Sptabzg. 3) Drei Blatter, grossere und kleinere, die im frischen Zustand 2,450 Grmm. wogen, gaben bei 100 C. getrocknet 0,812 Grmm. Ein Blatt von 1 Grmm. Gewicht wiirde also 0,331 Grmm. Trockensubstanz liefern. 22 Dr. W. Pfefi ilr. kohlensaurereichen Luft ins Gieichgewicht setzcn. Dann sind in den 0,2 C. C. Interccllulargasen 0)02 0. G. KohlensaWe enthalten und in 0,5 G. G. Wasser 1 ) werden 0,0494 G. G. Kohlensaure absorbirt (bei 20 G. und 0,76 M. Queck- silberdruck) . Wiirde jclzt das Blatt herausgezogen werden, so wtlrden also 0,07 C. G. Kohlensaure mit ilnn cnlfernt und urn diese miisste cine nun- mehr vorgenommene Kohlensaurobestimmung zu goring ausfallen, wenn die Absorption der Kohlensaure in den wassrigen Theilen erst nach Vollendung der ziun Zweck der Berechnung dieses Gases angestellten Ablesungcn beganne. Die berechnete Z;ihl ist aber nun unter alien Umstanden zu hoch, da, wenn aueh wahrend der Exposition der Druck nieht sehr viel geringer als 0,70 M. war, die Temperatur viel holier als 20 G. stieg und dann wird auch das faktisch abgelesene Gasvolumen bci der Reduktion auf °, 1 M. Druck und Zustand der Trockenheit um etwa y 3 verringert. So wiirde unter den oben gemachten Voraussetzungen der Fehler auf etwa 0,05 C. C. steigen und selbst diese Zahl wird nicht errcicht werden kbnnen, wenn ein exponii tes Blatt Kohlensaure zersetzt. Denn es wird nicht nur die Luft ini Versucbsrohr fortwahrcnd anner an Kohlensaure, sondern es verhindert auch der gebildcte und im Blatt sich verbreitende Sauerstoff eine Ausgleichung mit deni umgcbcndcn Gasgemenge, die, soweit unscre Erfahrungen reichen, durch Pflanzengewebe ilberhaupt nicht mit grosser Geschwindigkeit stattfindet. Bei den Versuchen wo die Blatter mit einiger Energie assimilirten , wird also kaum ein auch nur geringer Fehler beim Herausziehen dcs Blattes durch Entfilhrung von Kohlensaure eintreten kbnnen und selbst 0,05 G. C. sind eine fllr unsere Versuche ganz gleichguitige Gasmenge. Da immer nur zuvor insolirte Blatter angewandt wurden, so wird bei der geringen Zahl von Ver- suchen, in welchen Kohlensaure sich bildete, ein grbsserer als der oben be- rechnete Fehler auftreten kbnnen, da das zuvor jedenfalls nur sehr wenig Kohlensaure einschliessende Blatt wahrend der Versuchszeit eine grbssere Menge dieses Gases aufnehmen kann und dann also eine geringere als faktisch gebildete Menge durch die Analyse gefunden werden muss. Da es mir indess bei diesen Versuchen wenig auf absolul genaue Bestimmung der gebildeten Menge Kohlensaure, sondern nur auf Constatirung der Kohlen- saurebildung ankam, so habe ich diesen Fehler nicht zu eliminiren gesucht. Die Ablesungcn erlauben eine bis auf l / 10 C. G. genaue Bestimmung der Gasvolumina und so wird die Amplitude der Fehler bei zwei aufein- iindorlb-Jgendcn Messungen 0,1 C. G. nicht iibersteigen , selbst wenn auch 1) Jcli w iisste koincn Grand anzugeben, wosshalh IMIanzcnthoilc j;r<»ssiMv. Gasmcngen aufnehmen sollten, als die wassrigen Theile antar entspreGhenden Druck- und Tempera tur- verhaltnissen absorbiren. Eher konnte man vermuthen, . 227. — Von anderpn Arbeiten vjl, z. IJ. Hauting, in Pogg. Annal. Bd. 96, l». 543 (mil Tafel). I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersefzung der Kohlensame in Pflanzeti. 29 wie 8 : 4 : 5. 1 Auch das hindurchgehende Grtin , Gelb und Orange sind stark geschwiicht und verschwinden bei stiirkerer Concentration einer Chlor- pli\lIIosung ganzlich, so dass endlich nur das ausserste Roth passirt. Pho- tograpbisches Papier wurde hinter meiner Lbsung nur wenig afficirt. 7) Lbsung von Jod in Schwefelkohlenstoff in solcher Concentration, dass auch nicht die geringste Lichlempfindung wahrzunehmen ist, wenn die Glocke so iiber das Auge gedriickt ist, dass kein seitliches Licht mehr Zu- tritt hat. Mehr Jod, a Is gerade noting um alle leuchtenden Strahlen der Sonne wegzunehmen, wurde iibrigens nicht aufgelbst, da bei einem grossen Ueberschusse nach Tyndall 2 ) auch dunkle Warmestralilen in erheblicher Menge absorbirt werden wiirden. Nach Tyndall gehen durch eine solche Lbsung, wenn dieselbe zwischen Steinsalzplatten eingeschlossen ist 80 bis 90 Procent von der totalen Strahlung einer dunklen Warmequelle. Fiir Glasgefasse stellt sich das Verhaltniss nicht so giinstig, da diese namentlich die Warmestrahlen grbsster Wellenlange in erheblicher Menge absorbiren. 3 ) Da nach Mklloni durch eine zwischen Glaswanden l)efindliche 9,21 Mm. dicke Schicht von SchwefelkohlenstoflF 63 Procent der totalen Strahlung einer Argandschen Lampe dringen und nach Tyndall Jod fiir dunkle Warme so gut wie vbllig diatherman ist, so wird durch obige Zahl auch annahrend die Durchlassigkeit nach Auflbsen von Jod im SchwefelkohlenslofT bezeich- oet. 4 ) Wasser lasst nach Melloni nur 10, Alkohol nur 15 Procent der lolalen Strahlung einer Argandschen Lampe hindurch , wenn es in gleich- dicker Schicht wie oben fur Schwefelkohlenstoff angegeben, angewandt wird und zwischen Glaswanden behndlich ist. Wie durch die Jodlbsung, auch wenn sie zwischen Glaswanden eingeschlossen ist, noch sehr viel dunkle Warme passirt, zeigen auch Tyndall's Versuche, bei welchen in dem Focus cines Metallspiegels auch dann noch Platinblech ergliihte, Magnesiumdraht verbrannte u. s. w., wenn die Strahlen vor ihrer Vereinigung ein mit Lbsung von Jod in Schwefelkohlenstoff gefulltes Gefiiss durchdringen mussten. (A Is Wiirmequelle wurde meist elektrisches Licht verwandt.) 1) Mcine Losung onisprichl so ziemlich der Concentration, welche bei Askenasy (I. c.) durcli die mil / bezeiclmele Curve auf Taf. V, Fig. 1 angegeben ist. Meine Messungen wurden mit einem grossen Steinheilschen Instrument ausgetuhrt. 2) Die Warme J)etracbtet als eine Art der Bewegung, deutscb von H. Helmholtz und G. Wiedemann 4867, p. 373, p. 517 u. besonders der Anbang zum XII. Capitel. Hieraus sind ausser anderen Citaten auch Melloni's Versuche entnommen. 3) Nacb Masson u. Jamin gehen durch weisses Glas folgende Warmemengen des ullra- rothen Theiles des Sonnenspektrums : von der Gruppe 7 = 0,88 ; vonderGruppe 4 =0,22; von der Gruppe 2 = 0,00. Weiteres in Wullner's Experimentalpliysik, II, 1, p. 335. 4) Nicht genau, weil eine Argand'scIic Lampe aucti leucbtende Warmestralilen liefert. 30 Dr. W. Pfeffer Temperatur. Schon den aTteren Experimentatoren war os bekannt, dass bei zu geringer Temperatur Kohlensaure, audi unter dem Einflusse gentt- i4( 4 iul(i]i Lichtes, von grUnen Pflanzentheilen nicht zersetzt wird. Nach den Erfahrungen tiber Keimen, Ergrunen, Reizbarkeit gewisser Organe u. s. w. ist es kaum zweifelhaft , dass auch die Assimilation nur zwischen einem gewissen, voraussichtlich fUr verschiedene Pflanzen spccifischen Minimum und Maximum der Temperatur mbglich sein und dass ein Optimum zwischen diesen 1)eiden Extremen sich finden wird , doch sind keine entscheidenden Versuche in dieser Richtung bis jetzt gemacht worden. Als Gloez und Gratiolet l ) Wasserpflanzen in 4 C. warmes Wasser brachten, fand auch in direkter Sonne keine Gasausscheidung statt, die erstbegann, als die Tem- peratur auf 15 C. gestiegen war und fortwahrend lebhafter wurde, wah- rend das Wasser sich auf 30 C. erwarmte. Wurde jetzt wieder abgektlhlt, so hbrte die Gasausscheidung erst auf, als das Thermometer 10 C. Wasser- temperatur anzeigte. Ob hier bei 30 C. das Optimum der Gasausscheidung erreicht war, wie die genannten Autoren vermuthen , ist aus ihren Ver- suchen nicht zu entnehmen ; Uberhaupt lassen sich zur Entscheidung dieser Frage Wasserpflanzen, der mit der Temperatur sich andernden Absorptions- coefficienten und Ausdehnung der Gase halber, nicht wohl verwenden. Meine Absicht war es nicht die Abhangigkeit der Assimilation von der Temperatur zu untersuchen, was zudem gleichzeitig bei meinen Versuchen nicht wohl auszuftihren war und beschrankte ich mich desshalb die in den mit verschiedenfarbigen Medien gefullten Glocken herrschenden Temperaturen zu bestimmen. Es geschah dieses mit in y i0 C. getheilten , unter sich ubereinstimmenden Thermometeren , deren cylindrische Quecksilbergefiisse berusst waren , indem diese in die der direkten Sonne ausgesetzten um- gekehrten Glocken geftthrt wurden. Jedesmal wurde eine mit Wasser und ein oder zwei mit farbigen Medien gefullte Glocken gleichzeitig vorgenommen und erst nachdem diese bereits einige Stunden lang der Sonne ausgesetzt worden waren, begann die Ablesung der Thermometer. Das Mittel ist dann immer aus je 9 Temperaturbeobachtungen, wahrend welcher die drei Ther- mometer dreimal gewechselt wurden, fUr jedes Medium gezogen. FUr die verschiedenfarbigen Fliissigkeiten wurden die vergleichenden Temperatur- bestimmungen nicht an denselben, immer aber an sehr hellen Tagen vor- genommen, an welchen Temperaturen zwischen 27 und 38 C. notirt wurden. Da also die beobachteten Thcrmometerstande nicht ohne weiteres unter sich vergleichbar sind, so bcschranke ich mich darauf in dem folgenden Tiifel- chen die Werthe zusammenzustellen, welche sich aus den gefundenen Mittel— zahlen ergeben, wenn einmal die hinter einer mit Wasser gefullten Glocke V) Annal. d. Chim, ct de IMi\s. A soi', loin. :t2, 1881; p. 83. — PAtiCONPREt's Vim'sik Iic, ,n denen sogar eine Formel zur Bercchnting der bei verscbiedener Temperatur u. s. w. zersetzt werdenden Kohlensiiure aufgestellt wird, Ubergehe Ich. Dieselben linden sich In Cmpl rendu 1864, T. 58, |». 33/4 ft". I. Die \Virkuii£i farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 31 beobachtete Tempefatur gleich 100, das anderemal die an einem frei in der Sonne hangenden Thermometer beobachtete Temperatur gleich 100 gesetzt wird. Letzteres geschah, vveil ich bei der Ausftthrung der Versuche immer die Temperaturen an einem frei in der Luft hangenden Thermometer beobachtete. Fliissigkeiten mil welchen die Glocken gefiillt waren, (Ausgen. \. Horizontalreihe) . Die Temperatur in der mil Wasser ge- fullten Glocke = 100 gesetzt. Die Temperatur an einem frei hangen- den Thermometer == 100 gesetzt. Frei hangendes Theimometer 95,40 100,00 Wasser 100,00 104,82 Chrs. Kali 102,83 107,79 Cuoammon 103,32 108,30 Anilinroth 104,48 109,52 Orsellin 101,34 106,22 Anilinvioletl 101,34 106,22 Chlorophyll 101,17 106,05 Jodliisung 96,39 101,04 Die Temperaturschwankungen unter den mit verschiedenen Medien ge- f till ten Glocken, welche ja allein bei meinen vergleichenden Untersuchungen in Betracht kommen, betragen also im hochsten Falle 4y 2 Procent, was bei den faktisch beobachteten Temperaturen huchstens 1 1 / 2 a ' s Differenz er- giht. Da beim Kcimen u. a. solche Schwankungen nur wenig ausmachen, wenn es sich urn Temperaturen , die in der Nahe des Optimums liegen, handelt, so ist ein Gleiches auch fiir die Assimilation zu erwarten. Die bei den Versuchen herrschende Warme war ja aber immer eine sehr betracht- liche, die moglicherweise zuweilen selbst das Optimum Uberschreiten konnte, gew iss wenigstens immer das jedenfalls ziemlich tief liegende Minimum urn Vieles ilbertraf. Wenn nun auch vielleicht die Temperaturdifferenzen eini- gen Einfluss auf die Menge der zersetzten Kohlensaure haben konnten , so war dieser doch jedenfalls nur gering und verschwand in den Mittelzahlen theilweise oder ganz, da ja an den verschiedenen Versuchstagen die Tem- peraturen fur dasselbe Medium ungleich hohe waren, vielleicht sogar einmal ttber, ein anderesmal unter dem Optimum lagen. An ungleich hellen Tagen dUrften die relativen Temperaturen fiir gleiche Medien wohl etwas verschieden ausfallen und vermuthlich stellen sich die DifTerenzen an weniger heiteren Tagen etwas geringer, als in den oben zu- sammengestellten Werthen heraus, welche nach Beobachtungen an direkter Sonne berechnet wurden. Ich habe wohl nicht nbthig daran zu erinneren, dass die Thermometerablesungen die Temperatur eines Blattes nicht angeben ; dicse ist selbst im dampfgesattigten Baum nach einigen Beobachtungen ge- ringer, als die Temperatur welche geschwiirzie Thermometer in demselben Baume anzeigen. 32 Ok. W. Pfeffer. Man sieht, dass in tier mil Wasser gefuilten Glocke die Temferalur holier als an emem freihangenden Thermometer tsl. Dies kann aber nicht auffallend sein, denn bei der Glocke fallen ja die Strahlen auf eine cyltn- drische Flache und werden zuni grossen Theil gebroehen und in das Innere der Glocke gelenkl , wobei freilich beim Passiren des Wassers sehr viele dunkle Warmestrahlen absorbirl werden. Die Temperaturen vvurden ja aber iinmer erst abgelesen nachdem die Glocken langere Zeil an der Sonne ge- standen, das Wasser sich also stark erwarint hatte und nun wurde natur- lich von den Glaswiinden . respektive dem Wasser, Warme in das Innere der Glocke gestrahlt und vermittelst Leilung durch die Luft dem Thermometer mitgetheilt. Pernor dtirfte auch die von dem cylindrischen, berussten Quecksilbergefass ausgeslrahite Warme in Betracht zu ziehen sein, welehe far ein freihangendes Thermometer verloren geht, an dem in die Glocke gesenkten aber nicht, da sie entweder von dem Glas oder Wasser absor- birt oder reflektirt wird und also danri zu dem Quecksilbergefass zurUck- gelaugt , wenn sich dieses in der Mitte der cylindrischen Glocke befindet. Die farbigen Medien absorb iren aber auch inehr oder weniger viel von der leuchtenden Warme und wenn desshalb auch weniger Warmestrahlen der Sonne direkl hindurchgehen , so wird doch voraussichtlich die Temperatur der Flussigkeit sich erhohen und eine Vermehrurig der geleiteten und aus- gestrahlten Warme das Thermometer holier steigen machen. So diirfte sich die hohere Temperatur in den farbigen Glocken erklaren und auch die Jod- iosung bildet keinen Wiederspruch. Diese absorbirt alle leuchtende, aber nur einen geringen Theil der dunklen Warme und da letztere etwa das doppelte von der leuchtenden Warme im Sonnenspektrum ausmacht, so wird sich die Temperatur der Flussigkeit wohl niederer stellen. weniger Warme also durch Leitung und Strahlung von dieser aus dem Thermome- ter zugeXiihrt werden. Auf diese Andeulungen der wahrscheinlichen Ur- sachen, welche zu den hinter verschiedenen Medien ungleich hohen Tern- peraturen Veranlassung geben, kann ich mich hier beschranken , ausfuhr- liche Untersuchungen iiber diesen Punkt, die auch die Warmecapacitiit in Rechnung zu ziehen hatten, gehoren nicht hierher und sind zudem Sache eines Physikers. So ganz einfach ist der behandelte Gegenstand llbrigens nicht, da z. B., wie Desains 1 ) zeigte, durch Kupferoxydanimoniak ziemlich viel dunkle Warme dringt; dies ist vielleicht auch die Ursache wesshalb in der mil dieser Flussigkeit gefuilten Glocke die Temperatur geringer als fUr Anilinroth gefuuden wurde, welches doch ungleich weniger leuchtende _ Warme absorbirt. i Compt. rentlus into, Sitz. vom 2. M;ii. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 33 Die Vermehrung organischer Substanz im Pflanzenreich , in der Natur uberhaupt, ist ausschliesslich an die Anwesenheit des Chlorophylls gebun- den, 1 ) denn nur dieses vermag unter dem Einfluss des Lichtes aus den Elementen der Kohlensaure und des Wassers unter Abscheidung von Sauer- stoff organische Verbindungen zu erzeugen. Die letzten Zweifel , welche Th. de Saussure in dieser Beziehung noch hegen konnte, gegrilndet auf das auch von Corenwinder bestatigte Factum, dass gewisse rothgefarbte Blatter auch Kohlensaure zersetzen, fallen niit dem von Gloez 2 ) gelieferten Nachweis, dass. dies nur der Anwesenheit des Chlorophylls in den fraglichen Blattern zuzuschreiben ist. In welcher Weise nun das Chlorophyll thiitig ist, um so resistente Verbindungen wie Kohlensaure und Wasser zu zerreisen und in neuer Weise die Atome von deren Elementen zu gruppiren, ist zur Zeit vollig dunkel ; das aber ist gewiss, dass Assimilation 3 ) nur unter Mitwir- kung des Lichtes mpglich ist. Aus den vorhin behandelten Arbeiten ist bereits bekannt, dass besonders die minder brechbaren Strahlen des sicht- baren Spektrums die Zersetzung der Kohlensaure einzuleiten , die starker brechbaren Strahlen hingegen nur sehr wenig zu leisten vermbgen. Auch wurde bereits von einigen Autoren die Wirkung einzelner Spektralfarben auf die Assimilation zu bestimmen gesucht, ohne dass indess, wie die Kritik der einschlagigen Arbeiten zeigte, genugend zuverlassige Werthe gewonnen wurden. Dies habe ich durch meine Untersuchung zu erreichen und zu- gleich eine von meinen Vorgangern noch nicht beruhrte Frage zu beant- worten gesucht, ob namlich die Spektralfarben in ihrer Vereinigung im gemischten Licht mehr bei der Assimilation zu leisten vermbgen, als wenn sie getrennt zur Einwirkung kommen. Ehe ich jedoch an die Behandlung dieser Hauptfragen gehe , wende ich mich zuvor zu einigen anderen Re- sultaten, die entweder beilaufig bei der Ausfuhrung der Versuche gewonnen wurden, odor deren Kenntniss mbglicher Fehlerquellen halber nothwendig war. Assimilationsver^uche mit an Kohlensaure armerer und reicherer Luft. Die Landpflanzen nehmen wohl gewiss den grbssten Theil der bei der Assimilation verbraucht werdenden Kohlensaure aus der Luft, sicher wenig- stens ist, dass sie ganz allein aus dieser Quelle ihren Bedarf zu decken vermbgen. 4 ) So diinn auch die Kohlensaure in dem Luftmedium gesaet ist, — es enthalt 0,0004 — 0,0005 dieses Gases dem Volumen nach — so ist 4) Ausfiihrliches dariiber bei Sachs, Experimtphys. § 37 u. § 88. 2) Cloez in Cmpt. rendus 1 863, p. 834. — Es gilt gleiches auch fur die Farbstoffe der Algen; Rosanoff in Cmpt. rendus 4 866, 9. April. 3) Ich gebrauche diesen Ausdruck in dem engeren Sinne wie Sachs Experimtphys., p. 4 8, Anmerk. 2 und Lehrb. II. Aufl. § 6. 4) Sachs, Experimentphys., p. 4 27. Arbeiten a. d.bot. Institut in Wurzburg. I. 3 Dk. W Pfki i ki; doch zur Zeit keino Thatsache bekannt, woicho dazu ntrtnigfce, dem Chlo- rophyll eine besondere attractive oder condensirende Wirkung auf die Mo- lecule dieses Gases zuzuschreiben. *) So lange das aber nicht der Fall ist, ist es gerechtfertigt, sich an die gewohnlichen Diffusionsgesetze zu halten und nur in der Summirung eines Prozesses das Geheimniss zu suchen, vermoge welchem solche kolossale Kohlensauremengen dem Chlorophyll zugefiihrt werden, die noting sind, um so erhebliche Quanta organischer Substanz zu bilden, von welcher das Trockengewicht ja selbst nur den zur Athmung nicht verbrauchten Theil reprasentirt. 2 ) Ob eine Pflanze in kohlensaurereicherer Atmosphare energischer zu assimiliren vermag, als in atmospharischer Luft, ist bisher noch nicht unter- sucht. Diese Frage hat ein hohes Interesse, namentlich auch filr die Pa- laontologie, lasst sich aber definitiv nicht wohl anders entscheiden, als durch Vergleich der Assimilationsthatigkeit in gewbhnlicher und einer nur wenig mehr Kohlensaure enthaltender Luft. Eine solche Untersuchung ist mit den von mir angewandten Apparaten unmbglich ; die Frage in dieser Form be- rtlhrt auch meine Versuche nicht, fur die ich indess wissen musste, ob gleiche Mengen Kohlensaure zersetzt werden, gleichviel ob der Luft etwa 1) Versuche welche ich in dieser Richtung anstellte, scheiterten an unvorhergesehenen Umstanden. Meine Absicht war aus einer grdsseren Anzahl von Blattern alle eingeschlosse- nen Gase durch reines Wasserstoffgas zu verdrangen , nun das Volumen des Gases im Apparate zu bestimmen und den Zutritt bekannter Mengen reiner Kohlensaure zu gestatten. Die Apparate, deren Beschreibung keinen Werth hat, erlaubten eine Volumenanderung von V20 Cub. G. mit aller Genauigkeit abzulesen. Die Entfernung einer jeden nachweisbaren Menge von Sauerstoff und Kohlensaure aus den Blattern gelang zwar unter geeigneten Vor- sichtsmassregeln im Laufe von etwa 12 Stunden, aber wenn jetzt die Blatter in reinem Wasserstoffgas stehen blieben, so machte sich schon nach einer Stunde eine geringe Zu- n^ihme des Gasvolumens bemerkbar, die sich bei Anwendung von etwa 30 Grmm. Hollun- derblattern im Laufe von 12 Stunden bis zu 6C. C. steigerte. Ein Durchleiten durch Baryt- wasser zeigte, dass eine sehr grosse Menge von Kohlensaure jetzt im Apparate vorhanden war. Als nun wieder durch reines Wasserstoffgas alle Kohlensfiure verdrangt worden war, hatte nach 12 Stunden das Gasvolumen von Neuem in etwa gleichem Maasse zugenommen und wieder zeigte Barytwasser Kohlensaure in Menge an ; ebenso als das Verdrangen der Kohlensaure durch Wasserstoffgas zum drittenmale vorgenommen worden war. Ob die ganze Volumenzunahme auf Kohlensaure fiel, habe ich nicht zu bestimmen gesucht, doch waren jedenfalls die Mengen gebildeter Kohlensaure so erheblich, dass dieses wohl moglich ist. Bei der Art und Weise der Ausfiihrung der Versuche kann die Kohlensaurebilduiiii nur durch Zerfallen organischer Verbindungen , in Kohlensaure und sauerstoffarmere Ver- bindungen moglich sein, bezeichnet also vielleicht schon einen Verwesungsprozess. Dabei ist aber bemerkenswerth, dass nach 24 Stunden wenigstens, wiemich ein Versuchbelehrte, die in Wasserstoff aufbewahrten Blatter noch ansehnliche Kohlensauremengen am Lichte zu /*i I ! j i r -. n 1 1 < i ; u h j J i i?V " ti/f Vom 17 G. Q. in 2 Std. zer- setzte CO 2 . C. C. C. C. C. G. C. C. 71,59= 6,26 + 65,33 8,74 71,31 = 2,80 + 68,51 3,46 68,77 = 27,00 + 41,77 39,26 68,69 = 23,89 + 44,80 3,11 1) Gompt. rendus, 1865, T. 60, p. 879; Agronomic, Chimie agricole et lMiysiologie Bd. IV, 1868, p. 269 ff. 3* 36 Dr. W. Pfeffer. II. Versuch, i. August. Mit Blattern von Primus laurocerasus a 18 G. Q. Flache und 0,9 C. C. Volumen, die 2 Stunden lang exponirt wurdcn. Vor Exposition. Nach Exposition. Von 18 C. Q. in 2 St. zer- setzte CO 2 . C. C. G. Vol. = CO? + Luft. C. C. Kohlensiiure- gehalt in %. G. Vol. = CO 2 + Luft, C. C. 71,50 = 7,28 -+- 64,22 10,18 71,49 = 3,98 + 67,51 3,30 71,50 = 13,39 + 58,11 18,72 71,54 = 10,09 + 61,45 3,30 68,31 = 26,51 + 41,80 38,81 68,32 = 23,34 + 44,98 3,17 Beide Versuche wurden an. ganz sonnigen Tagen vorgenommen und der Zutritt der direkten Sonnenstrahlen zu den Apparatcn durch transparente Papierschirrne abgehalten. Die Beschrankung der Expositionszeit geschah, um die Veranderung in der Zusammensetzung des Gasgemisches so gering als mbglich zu machen. Die tabellarische Zusammenstellung ist ahnlich, wie bei alien weiterhin aufzufiihrenden Versuchen gemacht. In der ersten Rubrik steht das Ge- sammtvolumen des kohlensaurehaltigen Luftgemisches und dessen Zusammen- setzung aus Kohlensaure und Luft (G. Vol. = CO 2 -f- Luft) vor der Expo- sition, welches wie bei alien anderen Angaben auf 0°, 1 Meter Druck und Zustand der Trockenheit reduzirt wurde. Das nach der Exposition gefun- dene Gesammtvolumen und dessen Gehalt an Kohlensaure und Luft ist in gleicher Weise in der zweiten Rubrik zusammengestellt und in der letzten Vertikalreihe steht die zersetzte Kohlensauremenge , wie alle fruheren und spateren gasometrischen Angaben in Cub. C. ausgedrilckt. Art und Weise der Berechnung sind im methodologischen Theile angegeben. Das Gasvolumen vor und nach der Exposition. Wie aus den am Schlusse dieser Arbeit mitgetheilten Versuchen zu ersehen ist, hat das Volumen des Gasgemenges, in welchem die Blatter assimilirten, nach der Exposition bald um ein Geringes ab-, bald um ein Geringes zugenommen. Das Maximum der Volumenvermehrung wurde zu 6,33 G. C. (4. Versuch), der Volumenabnahme zu 0,56 C. G. (3. Versuch) gefunden und als Mittel von 27 Versuchen mit zusammen 97 Analysen ergibt sich eine Volumenabnahme von 0,096 C. G., ein so geringer Werlh, dass also im Durchschnitt das Volumen als invariabel angesehen werden kann. Iliermit stimmeri auch Saussure's *) und Boussingai lt's 2 ) Versuche 1) R6cherches chimiques iibers. von voigt 1805, p. 51 ft'. 2) Verschiedene Publikatfon in Cmpt. rendus 1865 u. isr>r>. Agronomie, Ghimie agri- cole r\ physiologie, IM. IV, 1868, |>. ar,7 ff. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 37 iiberein, welche indess doch erheblichere Schwankungen als bei meinen Versuchen gcfunden wurden, aufweisen. So wurden von Boussingault Volumenanderungen bis zu 2 C. C. bei einer grossen Anzabl von Experi- menter] beobachtet, bei welchen das gesammte Volumen des Gasgemenges, in welchem exponirt wurde, ziemlich gleich gross wie bei meinen Versuchen war, !) freilich aber meist 20 G. C. und mehr, also dreimal so viel Kohlen- saure als bei mir im hochsten Falle, von einem Blatte zersetzt wurde. Volumenanderungen bis zu 0,56 C. G., wie ich sie beobachtete, sind entschieden zu gross, urn als Versuchsfehler angesprochen zu werden und kbnnen nur darin ihren Grund haben, dass fur die zersetzte Kohlensaure nicht immer ein gleichgrosses Gasvolumen ausgegeben wird. Nach Saussure (1. c.) wird bei der Assimilation filr die zerlegte Kohlensaure ein geringeres als gleiches Maass Sauerstoffgas gebildet und die Volumengleichheit durch eine entsprechende Menge von den Pflanzentheilen exhalirten Stickgases herbeigefiihrt. Dieses Resultat dtirfte indess irrig sein und ist vielleicht in einem Fehler des analytischen Theiles der Experimente begriindet, denn Boussingault 2 ) fand bei seinen mit vervollkommneten Apparaten und Methoden angestellten Versuchen fur die zersetzte Kohlensaure immer ein annahrend, wenn auch nicht vollkommen gleiches Volumen Sauerstoffgas, bei sowohl in Wasser als in Gasgemengen assimilirenden Pflanzen gebildet. Aus den von Boussingault angestellten Experimenten geht auch hervor, dass bei der Assimilation Stickgas durch Zerfallen organischer Verbindungen nicht ent- steht, wie dies ausser Saussure u. a. auch Cloez und Gratiolet 3 ) in neue- rer Zeit zu beweisen suchten. Hingegen bildet sich nach Boussingault 4 ) bei der Kohlensaurezersetzung etwas Kohlenoxydgas mit Spuren von Kohlen- wasserstoffgas, was von diesem Autor auch gegenuber den negirenden Ver- suchen von Cloez 5 ) fur unter Wasser assimilirende Pflanzentheile festge- halten wurde. Indess diirfte die Quelle dieses Kohlenoxydgases in der von Boussingault befolgten analytischen Methode selbst zu suchen sein, die darin bestand, dass der Sauerstoff mit pyrogallussaurem Kali absorbirt und das zurtickbleibende Gas durch Verpuffen mit Wasserstoff weiter analysirt wurde. Bei der Absorption des Sauerstoffs durch pyrogallussaures Kali wird aber nach einer freundlichen Mittheilung des Herrn Professor Carius in 1) Es erscheint bei Boussingault allein desshalb grosser, w@il dieser nur auf 0,76 Meter Quecksilberdruck reduzirte. 2) Agronomie, Ch. agricole etc. Bd. 3, 4 864, p. 266 ff. u. Bd. 4, 4 868, p. 267 ff. 3) Annal. d. Chim. et d. Phys. 1854, p. 59. Die Versuche dieser Forscher sind iibri- gens nicht entscheidend, eben so wenig aber die den atmospharischen Ursprung von Stick- stoff beweisen sollenden von Unger, Sitzb. d. k. k. Akad. zu Wien, 1853, p. 414. 4) Agronomie etc. 1864, Bd. Ill, p. 382 ff. u. Cmpt. rendus 1863, T. 57, p. 354 ff. u. p. 410 ff. 5) Annal. d. Chim. et d. Phys. 1862 u. Cmpt. rendus 1863 p. 354. — Zu gleichem negativen Resultat kam auch Corenwinder, Cmpt. rendus 1865, p. 102. 38 Dr. W. Pfeffhr. Marburg, immer etwas Kohlenoxydgas gebildet, besonders wenn die zu analy- sirenden Gasgernenge reicher an Sauerstoff als an atmospharischer Luft sind, was auch bei Boussingaults Experimenten nach Absorption der Kohlensaure der Fall war. Die Frage. ob immer fiir die zersetzte Kohlensaure ein annahrend gleiches Volumen Sauerstoff ausgegeben wird, ist indess noch nicht als ganz erledigt zu betrachten. Es ist bis dahin noch nicht darauf Rucksicht genommen , dass bei gewissen Pflanzen auch andere Stoffe als Kohlen- hydrate, wenn auch nicht unmittelbare , so doch nachste Produkte der Assimilation moglicherweise sein kbnnen. Sollten dieselben aber armer an Sauerstoff als an Kohlenhydrate sein, wie z. B. Oel, welches ja nach Nageli in den Chlorophyllkornern von Cereus variabilis und Rhipsalis funalis vor- kommt, so wurde fur die bei der Assimilation zerlegte Kohlensaure nicht ein gleiches, sondern ein grbsseres Volumen von Sauerstoffgas gebildet wer- den miissen, wenn nicht das Plus von Sauerstoff in anderer Weise ver- wendet wird, was indess nach der Constanz des Volumens in den Fallen wo Kohlenhydrate sich bilden, nicht gerade wahrscheinlich ist. Es ware dieses dann der umgekehrte Fall als beim Keimen fetlhaltiger Samen, die, wie Saussure 2 ) zuerst zeigte, viel grbssere Volumina von Sauerstoff auf- nehmen, als Kohlensaure ausgeben; hier wird das als Reservestoff aufge- speicherte Fett in sauerstoffreichere Verbindungen verwandelt. In dem umstehenden Tafelchen sind die bei verschiedenen Expositions- bedingungen fur die Volumenanderung sich ergebenden Mittelwerthe in der letzten Vertikalreihe zusammengestellt. In der ersten Coiumne sind die Medien unter welchen exponirl wurde aufgefuhrt und zwar rangiren die- selben in jeder der drei Versuchsreihen nach der Energie mit welcher Kohlensaure hinter ihnen zersetzt, respektive gebildet wurde; die zweite Vertikalreihe nennt die Zahl der Analysen aus welchen das Mittel gezogen wurde. Wie man hier sieht nehmen in jeder der Versuchsreihen die Volumen- differenzen mit nachlassender Assimilationsthatigkeit zu, doch lassen sich Schlusse auf diese Zahlen nicht bauen und verzichte ich desshalb ganz darauf, die mbglichen, in den Absorptionsverhaltnissen begrUndeten Ursachen auseinanderzusetzen. Es differiren fiir die Medien hinter welchen assimilirt wurde, Kupferoxydammoniak ausgenommen, die Mittelzahlen in jeder der Reihen urn weniger als 0,05 C. C, eine Gasmenge, welche in meinen Ver- suchsrbhren sich gar nicht ablesen lasst. Wenn es sich aber um so ge- ringe Gasmengen handelt, sind auch die Volumenschwankungen aus dviwn die obigen Mittelwerthe gezogen wurden , viel zu gross und auch die Volumendin'crcnzcn, welche in jeder der 3 Versuchsreihen fUrdieim ^cmischlen 1, Yg). Sachs, IMiysiol<>^i<>, p. .Si>, r i. 2) Vgl. Sachs, IMiysiolo-ir, p. ±1*. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 39 Medium unter wel- chem exponirt wurde. Zahl der Analysen. Abnahme ( — ) oder Zunahme (-+-) desVo- iumens nach Expos. I. Versuchsreihe | Wasser . . . Chrs. Kali . . Cuoammon . . Dunkel*) . . . 10 10 11 4 — 0,015 — 0,019 — 0,172 — 0,237 II. Versuchsreihe < I Wasser . . . Orsellin . . . Anilinviolett . . Anilinroth . . 12 12 12 12 — 0,099 — 0,113 — 0,100 — 0,138 III. Versuchsreihe f I Wasser . Chlorophyll . . Jodlosung*) . . 5 5 + 0,016 — 0,026 4 — 0,057 *) Bei diesen Versuchen im Dunkeln und den gleichbedeutenden hinter Jodlosung wurde Kohlensaure gebildet. Licht, hinter Wasser, angestellten Experimente sich ergeben, zeigen, dass die zunehmende Volumenabnahme mil sinkender Assimilationsthatigkeit, wie sie sich in obigen Zahlen herausstellt, eben so gut ein zufalliges Zusammen- treffen sein kann. Die zersetzten Kohlensauremengen. Die Energie der Assimilation ist auch fur dieselbe Pflanze an verschie- denen Tagen eine ungleiche. So ergeben sich z. B. fiir das weisse Lieut im Mittel aus 15 Versuchen 6,22 G. C. Kohlensaure, die von einem Kirsch- lorbeerblatt von 1 00 C. Q. Flache in einer Stunde zersetzt worden waren ; als Minimum wurden hier 4,27 G. C. (11. Versuch) und als Maximum 8,99 C. C. [26. Versuch) gefunden. Die Assimilationsthatigkeit eines Oleander- blattes ist im Allgemeinen eine lebhaftere ; als Mittel aus 7 Versuchen wur- den fur gleiche Blattflache und Expositionsdauer wie oben 8,46 C. C, als Minimum 6,47 C. C. (8. Versuch) und als Maximum 1 1 ^79 C. C. (1 8. Ver- such) zersetzter Kohlensaure berechnet. Zwar habe ich keine vergleichen- den Versuche tiber die Zersetzungskraft der Blatter von Prunus laurocerasus und Nerium Oleander angestellt, aber mit beiden wurde sowohl an ganz heiteren als minder hellen Tagen experimentirt. Auch ist es ja bereits durch andere Forscher bekannt, dass Blatter verschiedener Pflanzen unter gleichen Bedingungen ungleiche Mengen Kohlensaure zersetzen. Dieses gilt iibrigens auch fur ungleichalterige Blatter derselben Pflanze; namentlich wissen wir durch Corenwinder, *) dass noch in Entfaltung begriffene Blatter zuerst nur athmen und allmalich erst zu assimiliren beginnen. Bei lebhaft 1) Cmpt. rendus 1866, T. 62, p. 342. 40 Dr. W. Pfeffer. vegetirendcn und ausserdem auch mbglichst glcichartiger Blatter derselben Pflanzo machen sich mcist nur kloincre indivuclle Unterschiede in dcr Assimilationsthatigkeit geltcnd und im Allgcmeinon ist die zorsotzte Kohlen- sauremenge den Blattflachen proportional. Dieser bereits von Saussure ausgesprochene , von Boussingault l ) in neuerer Zeit durch Experimente belegte Satz, ist natilrlich nicht im streng mathematischen Sinne aufzu- fassen , doch liegt in ihm die Berechtigung, die von verschieden grossen Blattern gleicher Pflanzcn zersetzten Kohlensauremengen des Vergleichens halber auf eine als Einheit angenonimene Blattflache zu berechnen. Schon den alteren Autoren war es bekannt, dass die Kohlensaurezer- setzung bei einem gewissen Minimum der Beleuchtung aufhbrt und weiter hat unsere Kenntniss tiber die Abhangigkeit der Assimilation von der Hellig- keit auch bis jetzt eigentlich noch nicht gedeihen kbnnen , da der Mangel einer brauchbaren photometrischen Methode hemmend in den Weg tritt. Nach A. v. Wolkoff 2 ) soil die Ausscheidung der Gase aus Wasserpflanzen direkt proportional der Lichtintensitat sein ; die Gasausscheidung fasst aber Wolkoff als einen der Assimilationsenergie ganz proportional zu- oder abnehmenden Prozess auf. Die Versuche dieses Autors schliessen aber durchaus nicht aus, dass es ein Optimum der Beleuchtung gibt, wie es bereits fur die Bewegungserscheinungen von Chlamidomonas, Euglena und Oscillatorien und fiir das Ergrunen hoherer Pflanzen durch Famnitzin 3 ) be- kannt ist, dass Licht mittlerer Intensitat am energischsten wirkt. Eines aber geht freilich aus Wolkoff's Versuchen hervor, dass namlich das Opti- mum der Helligkeit, wenn ein solches fur die Assimilation wirklich existirt, sehr hoch liegen muss und selbst nicht an sebr heiteren Tagen iiberschritten wurde. Ein Gleiches ist einem vereinzelten, von mir angestellten und hier mitzutheilenden Versuche zu entnehmen. Vier Versuchsrbhren wurden in bekannter Weise mit gleichgrossen Oleanderblattern und einer kohlensaurereichen Luft beschickt. Eine dieser Bohren wurde der direkten Sonne exponirt, wahrend die anderen durch ein, zwei oder drei Lagen eines sehr diinnen Seidenpapiers gedampftes Sonnenlicht empfingen. Aus dem Seidenpapier waren Cylinder zusammen- gewickelt, welche in gleicher Weise wie die mit farbigen Medien gefullten Glocken Uber die Versuchsrbhren gesttilpt wurden. Der Versuch wurde an einem sehr heiteren Tage, den 3. August ausgeftihrt, an welchem wahrend der zweistundigen Expositionszeit, von 9 Uhr 40 Minuten bis 1 1 Uhr 40 Mi- nuten , die Sonne ununterbrochen die Apparate beschien und ein frei an der Sonne hangendes Thermometer 29 bis 3f° C. zeigte. Wie man aus der umstehenden Zusammenstellung des Versuchcs sieht, ist in direkter 1) Cmpt rend us 1866, T. 63, p. 708; Agronomie, Ch. agricolc otc. R. IV, p. 359 IT. 2) Jahrb. r. wiss. Bot. Bd. V. p. 20. 8) Jahrb. I wiss. Bot. VI, p. 20, 31 a. 48. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 41 Sonne am meisten, in dem durch drei Lageri Seidenpapier gedampften Sonnenlicht am wenigsten Kohlensaure zersetzt worden. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO 2 + Luft. G. Vol. = CO 2 + Luft. Von 20 C. Q. in 2 Stunden zersetzte CO 2 . C. C. c. c. G. C. Direkte Sonne Eine Papierlage Zwei Papierlagen Drei Papierlagen 72,76 = 8,49 + 64,27 72,22 = 8,30 + 63,92 72,87 = 8,07 + 64,80 73,02 = 8,82 + 64,20 72,63 = 2,79 + 69,84 72,26 = 3,35 + 68,91 72,92 = 3,72 -}- 69,20 73,08 = 4,59 + 68,49 5,70 4,95 4,35 4,23 Die Assimilationsthatigkeit im farbigen Licht. Die Methode der vergleichenden Untersuchungen iiber die Wirkung des farbigen Lichtes wurde bereits auseinandergesetzt. Bei jedem Versuche wahlte ich immer Blatter von gleichgrosser Blattflache, die ausserdem auch ihrem Gewicht und Colorit nach moglichst vollkommen iibereinstimmten. Waren diese Blatter in die kohlensaurereiche Atmosphare der Versuchs- rbhren gebracht, so wurden sie unter den mit verschiedenen Flussigkeiten gefUllten Glocken immer gleich lange und bei gleicher Insolation exponirt. In jeder der Versuchsreihen war eine Glocke mit Wasser gefiillt, um mit Hillfe der im weissen Licht zersetzten Kohlensaure die hinter den farbigen Medien zu verschiedenen Zeiten erhaltenen Besultate untereinander ver- gleichen zu konnen. Da ich die im gemischten Lichte zersetzte Kohlen- saure gleich 100 setzte, so driicken die fur die farbigen Flussigkeiten sich berechnenden Werthe die Zersetzungskraft der durchgelassenen Strahlen in Procenten aus. In den wenigen Fallen wo Kohlensaure sich bildete, wurde in gleicher Weise verfahren, die procentischen Werthe sind hier nur nega- tiv zu nehmen; sie sind in dem folgenden Tafelchen durch cursiven Druck Zahl der Analysen. Procentische Mittelwerthe. a) fur zersetzte CO 2 . Die Extreme. Wasser . . . 100 Chrs. Kali . . 10 88,6 79,2 — 98,7 Cuoammon . 11 7,6 4,5 — 10,1 Orsellin . . . 10 53,9 48,0 — 62,8 Anilinviolett . . 10 38,9 30,4 — 46,9 Anilinroth . . 10 32,1 25,1 — 28,4 Chlorophyll . . 5 15,9 10,5 — 20,1 b) fur gebildete CO 2 . Dunkel . . . 4 13,2 10,0 — 17,2 . Jodldsung . . # 4 14,1 11,1 — 16,4 12 l)u. \V. RpEjFia, ausgezeichnet. In diesem sind die berechnelen procentisehen Mittelwerlhe, die Zahl der Analysen, aus welchen das Mittel entnommen wurde und die gefundenen Extreme zusammengestellt. Die detaillirten Belege bitte ich am Schlusse dieser Abhandlung nachzusehen. Die immerhin erhebliche Amplitude der Extreme, weicher wir in der letzten Vertikalreihe begegnen, ist nicht in einem Fehler der Methode be- griindet, sondern liegt in der Natur der Sache. Neben anderen schwer zu bemessenden Umstanden diirfte ganz besonders die individuell verschiedene Assimilationsfahigkeit der Blatter in Betpacht kommen, die auch mit aller nur erdenklichen Sorgfalt als Fehlerquelle nicht zu beseitigen ist. Man sieht aber, was wichtig ist, dass die Mittelwerthe ziemlich genau mitten zwischen den Extremen liegen und auch die Zahl von 1 Analysen, welche mit alien den farbigen Flussigkeiten unternommen wurden, aus welchen die Wirkung einzelner Spektralfarben abgeleitet werden sollte, biirgt fur eine zu unseren Zwecken ausreichende Genauigkeit der mittleren Werthe, woftir wir auch noch weitere Garantien im Verlaufe unserer Betrachtungen finden werden. Bei den Versuchen im Dunkeln und hinter Jodlosung kam es nicht aut Gewinnung sehr genauer Werthe an und reichten hier, ebenso wie fur Chlorophyll auch schon eine geringere Zahl von Experimenten aus. Die angestellten Analysen sind ausnahmslos am Ende dieser Ahbandlung mitgetheilt und nur zwei, die Versuche 21 und %% w,tjiirden bei der Be- rechnung der Mittelzahlen nicht verwendet. In diesen ist aber, wie man seines Ortes sehen kann, nur der fur Anilinroth im Versuch 21 gefundene Ze.rsetzungs worth fehlerhaft ausgefallen. Wie aus friiherer Beschreibung und Darstellung zu ersehen ist, waren die Losungen von chromsaurem Kali und Kupferoxydammoniak so regulirt, dass das Spektrum durch dieselben in zwei Half ten getheilt wurde; Kupfer- oxydammoniak liess die violetten und blauen und einen geringen Theil der griinen Strahlen, chromsaures Kali die anderen minder brechharen Strahlen des Spektmms hindurch. Addiren wir die hinter den beiden Medien zer- setzten und in Procenten ausgedriickten Kohlensauremengen, so diirfen wir erwarten als Summe 100 zu erhalten. In der That finden wir 96,2, eine Zahl die an und fur sich schon unsere Erwartung bestatigt und durch den Ausfall von 3,8 nur fur die Genauigkeit der erhaltenen Resultate spricht. Denn wie schon friiher gesagt, ist alles durch die blaue und ebenso ein Theil des durch die gelbe Losung gehendcn Griins merklieh geschwacht, die im far^jgen Medium absorbirten Strahlen sind aber naliiilich fiir den Zeisetzungsprozess der Kohlensaure verloren. Ebenso ist es nicht unwahr- scheinlich, dass in den farbigen Flussigkeiten auch einige von den Strahlen zurUckgehalten werden, welche scheinbar ohne Schwiiehung dieselben durch- dringen. Wie es ja schon aus frtiheren Arbeiten bekannt ist, linden wir auch hier vvieder die minder brechbaren Spektralfarben dls die bei der Assimi- 1. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 43 lation fast allein wirksamen, die ihrer energischen Wirkung auf Chlorsilber halber als »chemische« getauften Strahlen, aber bei diesem doch auch che- mischen Prozesse nur sehr wenig, nicht einmal y l2 jener leisten. Urn mich zu vergewisseren j ob bei einer langere Zeit dauernden Ein- wirkung der blauen und violetten Strahlen die Assimilationsthatigkeit eines Blattes vielleicht ganz sistirt oder wenigstens beeintrachtigt werde. wurden die im Versuch 6 und 7 aufgefiihrten Experimente angestellt. Im ersteren Falle wurden zwei gleiche, mit Kupferoxydammoniak gefullte Glocken an- gewandt, unter die eine wurde ein Blatt gebracht, welches bis zum Beginn des Versuches von der Sonne insolirt worden war, unter die andere ein gleiches Blatt, welches vor Beginn der Exposition bereits vier Stunden lang nur die durch Kupferoxydammoniak passirende Strahlen empfangen hatte. Der Erfolg zeigte, dass beide Blatter ungefahr gleichgrosse Mengen Kohlensaure zerlegt hatten. Beim 7 . Versuch wurden die Kirschlorbeerblatter von Zweigen genommen, welche bereits sieben Tage zuvor abgepfliickt und in Wasser gestellt worden waren. Der eine dieser Zweige hatte wahrend dieser Zeit frei hinter einem Fenster gestanden, von den zwei anderen hatte aber der eine nur die durch chrom- saures Kali, der andere nur die durch Kupferoxydammoniak dringenden Strahlen empfangen. Erst unmittelbar vor Beginn des Versuches wurden die Blatter abgepfliickt und dieselben dann in demselben Lichte, welches sie bis- her erhalten hatten, exponirt. Auch hier wurden hinter Kupferoxydammo- niak sowohl, als hinter chromsaurem Kali relativ gleiche Mengen von Kohlen- saure zersetzt, als bei anderen Experimenten , bei welchen die Blatter vor Beginn des Versuches von der Sonne insolirt worden waren. Also selbst bei siebentagigem Verweilen in blauem Lichte hatte die Zersetzungskraft eines Blattes nicht gelitten. Dasselbe gilt fill* das hinter chromsaurem Kali gestandene Blatt und zudem zeigt unser Versuch auch noch, dass ein Blatt, mit nur einem Aestchen vom Stamme getrennt, auch nach sieben Tagen seine Assimilationsthatigkeit nicht eingebtlsst hat, wenn ihm mittlerweile nur ge- niigende Menge von Feuchtigkeit zugefiihrt wird. Gleiches hat ubrigens Boussingault bereits durch speciell auf diesen Punkt gerichtete Versuche nachgewiesen. Wie wir sahen wird hinter den Losungen von chromsaurem Kali und Kupferoxydammoniak, von denen jede etwa die Halfte des sichtbaren Spek- trums hindurchlasst, so viel Kohlensaure wie im gemischten Lichte zerlegt. Wenn eshierdurch auch wahrscheinlich wird, dass jedereinzelnen Spektralfarbe eine spezifische Wirkung auf die Assimilation zukommt, gleichviel ob jene isolirt oder mit anderen Strahlen combinirt zur Wirkung kommt, so sind diese Versuche doch noch nicht entscheidend. Es ware bei der geringen Bedeutung der blauen und starker brechbaren Strahlen fur die Assimilation immerhin denkbar, dass die vereinten minder brechbaren Spektralfarben die Zersetzung einer grbsseren Kohlensauremenge einzuleiten vermogen, als wenn die Farben einzeln auf assimilationsfahige Blatter einwirken. 44 Dr. W. Pfeffek. Zwei Wege sind es, die wir hei der Priifung der Wirkung von Slrahlcn bcstimmtcr Brechbarkeit auf die Assimilation einschlagen konnen; entwcder wir lassen diejenige Spektralfarbe deren Einfluss auf die Zersctzung der Kohlensaure wir kenncn lernen wollcn, isolirt auf ein Blatt einwirken, oder wir schliessen die zu untersuchenden Lichtstrahlen a us und gestatten alien iibrigen Strahlen des Spektrums den Zutritt. Ausschliesslich der erstere Weg wurde von alien bisherigen Forschern betreten, der letztere wurdc, wie ja auch fur die Nahrstoffuntersuchungen, der allein zulassige sein, wenn gcwisse Lichtfarben zur Assimilation in einem analogen Verhaltniss, wie unentbehrliche Nahrstoffe zu dem Wachsthum standen. Die Entscheidung dieser letzteren Frage ist ubrigens nach beiden Untersuchungsmethoden moglich. Gewiss ware es der Controlle halber erwtinscht gewesen, die Wirkung einzelnerSpektralfarben sowohl auf dem direkten zweiten,-als dem indirekten erstgenannten Wege kennen zu lernen, allein der Mangel brauchbarer Fliissig- keiten machte mir dieses unmbglich. So habe ich keine Flussigkeit finden konnen, welche allein gelbe oder griine Strahlen oder auch beide zusammen hindurchlasst und ebenso keine Lbsung, welche dem ganzen sichtbaren Spektrum bis auf Roth oder Roth und Orange den Durchtritt gestattet. Indess gibt es mehrere Fltissigkeiten, welche allein rothe und orange Strahlen hindurchlassen, von denen ich die alkoholische Lbsung von Anilinroth wahlte, weil durch diese die genannten Strahlen mit besonderer Lichtstarke dringen. In Orsellin fand ich einen Kbrper, dessen geeignet concentrirte Lbsung allein die getben Strahlen mit nur wenig Orangen wegnimmt und im Anilinviolett einen anderen , der die gelben und griinen Strahlen zusammen absorbirt. Die Wirkung der gelben Strahlen auf die Assimilation ergibt sich also als Differenz der hinter Wasser und hinter Orsellinlbsung zersetzten Kohlen- saure und ebenso lernt man die Wirkung der gelben und griinen Strahlen zusammen durch Vergleich der mit Wasser und mit Lbsung von Anilin- violett erhaltenen Resultate kennen. Ist aber so die Bedeutung der gelben und griinen Strahlen zusammen und die der gelben allein fur die Assimi- lation bekannt, so lasst sich auch die Wirkung der griinen Strahlen fiir sich finden. Die dunklen Absorptionsstreifen der Orsellin- und Anilinviolett- lbsung reichten bis zur Natronlinie und gerade bis zu dieser Linie liess die angewandte Lbsung von Anilinroth die rothen und orangen Strahlen hin- durch, welche also direkt gepriift wurdcn. Die Strahlen welche brechbarer als die griinen sind, kamen bei der Kupferoxydammoniaklbsung zur Ariwen- dung, das wcnige Griin, was diese Flussigkeit hindurchlasst ist, wie schon frtiher gesagt, so lichtschwach , dass es auf die Assimilation jedenfalls nur wenig Einfluss haben kann. Da die blauen, Indigo- und violetten Strahlen zusammen so wenig Kohlensiiure zu zersetzen vermOgen , so habe ich die Wirkung dieser Spektralfarben riicht einzeln kennen zu lernen gesucnt. In der ehen ausein;in(leig(\setzten Weise finden wir im Vergleich zuin I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der KohlensSure in Pflanzen. 45 geinischten Lichte gleich 100, die Wirkung fur die gelben Strahlen 1 ) 4(3,!, ftir die griinen und gelben zusammen 6 1 7 4 und so stellt sich die Zer- setzungskraft der griinen Strahlen allein zu 1 5 heraus. Diese indirekt ge- fundenen Werthe, sind mit den direkt ftir die starker und schwacher brech- baren Strahlen des sichtbaren Spektrums gefundenen in folgendem Tafel- chen zusammengeslellt. Roth und Orange . 32,1 Procent. Gelb 46,1 Griin 15,0 ,, Blau, Indigo u. Violett 7,6 ,,. Summa = 100,8 Die Summirung der fur Strahlen k>estimmter Brechbarkeit gefundenen Zersetzungswerthe gibt also fast genau 100, den Zersetzungswerth des ge- mischten Lichtes. Hieraus folgt aber ganz evident, dass jede Spektralfarbe eine specifische Zersetzungskraft fur Kohlensaure zufcommt , die dieselbe bleibt, gleichviel ob die betreffenden Strahlen fiir sich oder mit anderen combinirt auf assimilationsfahige Blatter einwirken; wenigstens so lange die Beobachtungen auf kurze Zeiten ausgedehnt ist. Schon durch die mit Kupferoxydammoniak und chromsaurem Kali erhaltenen Resultate wurde dieses wahrscheinlich gcMnacht und nach der energischen Wirkung, welche isolirte Spektralfarben u. a. in Draper's Versuchen zeigen, war nicht anzunehmen, dass das ge- mischte Licht mehr Kohlensaure zu zersetzen vermag, als die einzelnen angewandten Spektralfarben zusaminengenommen. Neben blauen und starker brechbaren Strahlen dringen auch noch einige griine Strahlen durch Kupferoxydammoniak, die, wie schon gesagt, aber sehr lichtschwach sind und desshalb unmoglich bei der Kohlensaurezersetzung viel ieisten kbnnen, da ohnehin die Erstreckung dieses G nines nur etwa Ys von der gesammten Ausdehnung dieser Farbe im Spektrum ausmacht. Selbst also, wenn das Griin nicht geschwacht und die Zersetzungskraft im ganzen Griin des Spektrums gleich gross ware, so wiirde die partiare Wirkung der durch Kupferoxydammoniak dringenden griinen Strahlen gleich 3 zu setzen sein. Um diesen Werth also kann obige Summe hbchstens zu hoch aus- gefallen sein, da ausserdem die Wirkung der gesammten griinen Strahlen mit 15 in derselben enthalten ist. Es beriihrt aber begreiflicherweise unsere Schlusse nicht im geringsten, wenn bei .der Summirung eine um fiinf zu hohe oder zu niedere Zahl erhalten wird, die Uebereinstimmung bleibt auch dann noch eine so vollstandige , als bei Untersuchungen dieser Art nur immer erwartet werden kann; die geradezu ganzliche Uebereinstimmung ist ohnehin nur als eine rein zufailige zu betrachten. Fiir die Genauigkeit der fiir einzelne Spektralfarben gefundenen Werthe 1) Ich nenne hier der Einfachheit halber »gelbe Strahlen « die Strahlen des Spektrums von U bis nicht ganz zui?, wobei freilich auch einige orange Strahlen mit einbegriff'en sind. 46 Dr. W. Pfefkkr. gibt Heron Sum mi rung sohon geniigende Garantie und ferner auch ein Ver- gleich mit dem hinter chromsaurem Kali erhaltenen Resultate. Die Losung dieses Korpcrs lasst in der nngewandten Concentration die rothen, orangcn, gelben und den grosseren Theil der griinen Strahlen hindurchgehen. Fiir diese Strahlen, wenn wir das ganze Grim mitrechnen , erhalten wir durch Summirung aus obigem Tafelchen einen Zersetzungswerth von 93,?, eine Zahl die an und ftir sich schon gut mit 88,6, dem fur chromsaures Kali gefundenen Zersetzungswerth Ubereinstimmt. Es fehlt aber nicht nur etwa x j h der griinen Strahlen in dem vom chromsauren Kali durchgelassenen Spektrum , sondern es ist auch das ausserste passirende Griin noch ge- schwacht und so wiirde die Valenz dieses Farbengemenges mindestens urn 3 zu .vermin dern sein , und dann ergeben sich bis auf ein Plus von etwa 1 */ 2 , a ' s0 sem " zufriedenstellend iibeneinstimmende Werthe. Ein gleich giin- stiges Resultat gibt auch ein Vergleich der hinter Kupferoxydammoniak zer- setzten Kohlensauremenge mit dem fur die entsprechenden Strahlen sich berechnenden Zersetzungswerthe, der sich fur Blau, Indigo und Violett zu 6,8 nach Abzug der starker brechbaren Strahlen herausstellt. Ftir Kupfer- oxydammoniak wurde ein Valenz von 7,6 im Mittel gefunden, durch diese Losung dringt aber auch noch eine geringe Menge sehr lichtschwachen Gruns, dessen Zersetzungswerth , wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich, wesentlich weniger als 3 sein wird. Wie aus der vorhin mitgetheilten Zusammenstellung zu ersehen ist, kommt fast die Halfte der gesammten zersetzenden Kraft des Sonnenlichtes den gelben Strahlen zu, von welchen aus dieselbe nach beiden Seiten des Spektrums schnell abnimmt. Aus den gefundenen Werthen ist in dem bei- Fis. 3 gegeben Holzschnitt eine Curve der Zci sctzungskraft construirt, indem jenen (>i\lsprceh(!ndc Oidinalen auf die Millo der Strecjten, welchc die untersuehten 1. Die Wirkung tarbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 47 Spektralfarben in dem dargestellten Spektrum einnehmen, eingestellt wurden. Wie man sieht ist die Zersetzungskurve der nach Fraunhofer l ) eingetra- genen Curve der Helligkeit nach Lage und Form sehr ahnlich, und es wiirde sich unbedingt eine noch grbssere Uebereinstimmung herausstellen, wenn fiir die Construktion der ersteren nur eine geniigende Anzahl von Ordinaten zu Gebote stande. Denn es ist kaum zweifelhaft, dass die orangen Strahlen viel mehr Kohlensaure zu zersetzen vermbgen, als die rothen, welche letzte- ren nach Draper 2 ) nur sehr wenig bei der Assimilation zu leisten ver- mbgen. Ich habe aber diese Strahlen nur vereint bei der Untersuchung angewandt und kann desshalb nicht die jeder einzelnen dieser beiden Spek- tralfarben entsprechende Ordinate errichten. In gleicher Weise habe ich die blauen und starker brechbaren Strahlen nur vereint untersucht, wah- rend nach Draper die Indigo- und violetten Strahlen gar keine Gasausschei- dung bei in Wasser untergetauchten Pflanzentheilen veranlassten. Die geringe Bedeutung der starker brechbaren, auf Chlorsilber u. s. w. so energisch wirkenden Strahlen folgt schon aus friiheren Arbeiten (Dau- reny, Drapek, Sachs u. a.) und ebenso aus den von mir erhaltenen Resul- taten. Ich habe desshalb die Curve der chemischen Intensitat, wie sie von Bunsen und Roscoe gefunden wurde, deren Maximum ilber die violetten Strahlen zu liegen kommt, im beigegebenen Holzschnitt gar nicht einge- tragen. Uebrigens ist die Formirung neuer Verbindungen aus den Elemen- ten von Kohlensaure und Wasser auch ein chemischer Prozess und es nicht wohl gerechtfertigt nur die auf Chlorsilber, Chlorknallgas u. a. besonders wirkungsfahigen Strahlen mit dem Namen )>chemische Strahlen « zu belegen, wogegen auch von friiheren Autoren, wie Draper, Sachs, protestirt wurde. Schon Draper :i ) zeigte, dass die dunklen Warmestrahlen grune Pflan- zentheile nicht zur Assimilation anzuregen vermbgen und dasselbe Resultat ergaben, wie mit Sicherheit vorauszusagen war, die von mir mit Lbsung von Jod in Schwefelkohlenstolf angestellten Versuche. Diese Lbsung ab- sorbirt bei genilgender Concentration alle leuchtenden Strahlen, lasst aber den grbssten Theil der dunklen Warmestrahlen hindurch, auch wenn sie in Glasgefassen eingeschlossen ist, die diese Strahlen, namentlich die grbsster Wellenlange, in erheblicher Menge zuriickhalten. 4 ) Bei 4 mit dieser Jod- Ibsung angestellten Versuchen wurde eine mittlere Kohlensaurebildung, die man nach dem bisherigen Schema als negative Valenz von 14,1 bezeichnen darf, gefunden und fast gleichen Werth, namlich 13,2, ergaben 4 im Dun- keln angestellte Experimente. Bei diesen letzteren wurde iiber eine in be- kannter Weise beschickte Versuchsrbhi e ein Rezipient von schwarzer Pappe gesttilpt, der wahrend des Versuches von der Sonne beschienen wurde. 4) Denkschrift d. Akad. z. Munchen 184 7, p. 214 mit Tafel. 2) Diese Arbeit p. 3. 3) Vergl. diese Arbeit p. 4. 4) Vergl. diese Arbeit p. 29. 48 Dr. W. Pfeffer. Gaijlletet ') gibt hoi semen E\pcrimenten mit Lbsung von Jod in Schwefelkohlenstoff die Menge der Kohlensaure vor und nach Exposition als ganz gleich an und schliesst irrigerweise liieraus , dass Assimilation niclit slattgefunden habe. Ware dieses der Fall, so mtisste, wie ich bereits frtther erwahnte, Kohlensaure gebildet worden sein, wahrend das Gleichbleiben des Kohlensauregehaltes nur dann mbglich ist, wenn Assimilation und Athmung sich gerade das Gleichgewicht halten. Vielleicht war Cailletet's Lbsung nicht concentrirt genug und liess noch einige rothe Strahlen passiren. Timirjaseff's 2 ) Hypothese, dass die Kohlensaurezersetzung den Erwarmungs- kraften der Sonnenstrahlen proportional sei, beruht, wie ich bei der Kritik von dessen Arbeit zeigte, auf ganzlicher Verkennung der Thatsachen und hatte diese nicht einmal Versuche zum Zwecke der Widerlegung erfordert. Wie ganz verschieden ubrigens die Curve der Assimilationsthatigkeit von der Warmecurve ausfallt, ist aus dem beigegebenen Holzschnitt zu ersehen, in welchein auch die Intensitatscurve der Warme nach J. Muller 3 ) einge- tragen ist. Da bei meinen Versuchen Blatter von fiinf verschiedenen Pflanzen immer mit gleichem Erfolge angewandt wurden, so ist wohl der Schluss erlaubt, dass alle griinen Blatter, uberhaupt alle grunen Pflanzentheile unter dem Einfluss von Strahlen bestimmter Brechbarkeit auch gleiche relative Mengen von Kohlensaure zersetzen ; wenigstens ist mir kein Faktum bekannt, wel- ches auf em in dieser Beziehung ungleiches Verhalten gewisser Pflanzen hinwiese. Es ist dieses um so bemerkenswerthes da allem Anschein nach das Chlorophyll verschiedener Pflanzen in ungleicher Weise durch Licht be- stimmter Helligkeit zur Assimilation angeregt wird, denn selbst bei nahe verwandten Pflanzen finden sich solche, von denen die eine an den sonnig- stenOrten vorkommt, die andere aber an so schattigem Orte lebt, dass erstere vielleicht an diesen gar nicht mehr wiirde assimiliren kbnnen. Die durch meine Versuche uber die Wirkung des farbigen Lichtes auf die Assimilation sichergestellten Resultate sind kurz zusammengefasst folgende : Nur die fiir wiser Auge sichtbaren Strahlen des Spektrums vermogen die Zersetzung der Kohlensaure anzuregen und zwar leisten bei diesem Pro- zesse die am hellsten erscheinenden , die gelben Strahlen allein fast so viel, als alle iibrigen Strahlen zusummengenommen. Die am starksten breehbaren und auf Chlorsilber u. s. w. sehr energisch einwirkenden Strahlen des sicht- baren Spektrums haben fur die Assimilation eine nur sehr unter geordnete Jiedeulung. Jeder Spektralfarbe kommt eine specifische quantitative Wirkung auf die AssiiHi/alionsthutigkeit zu, die unveriindert bleibt, gleichviel ob die betreffendm 1) Vergl. friiher, p. 8. 2) Vergl. friiher, [>. 10. ») Poggdf. Annal. Bd. p. ho. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 49 Strahlen isolirt oder mit einigen oder mit alien anderen Strahlen des Spek- trums combinirt auf chlorophyllhaltige P/hinzentheile einwirken. Der Einfluss des durch eine Chlorophylllosung dringenden Lichtes auf die Assimilation wurde bisher noch nicht untersucht, wenigstens ist mir nur eine kurze Notiz von Becquerel l j bekannt , dass zwei Epheublatter, welche in kohlensaurehaltigem Wasser lagen und durch eine ziemlich con- centrate Chlorophylllosung dringende Lichtstrahlen empfingen, im Laufe von 6 Stunden 2 Cub. C. Gas ausschieden. Die Untersuchung der Wirkung, welche die durch eine Chlorophylllosung passirenden Strahlen auf die Assi- milation austiben, war aber von besonderem Interesse. da wir von Sachs 2 ) wissen,dass hinter einerunverfarbten Chlorophylllosung Pflanzen zwar ergrtinen, ein Chlorophyllauszug aber nicht eher verfarbt wird, als bis die umgebende Losung selbst diesem Schicksal verfallen ist. Das Spektrum der zu meinen Versuchen angewandten Chlorophyll- losung wurde bereits frtther beschrieben. Die starker brechbaren Strahlen des Spektrums wurden ganz absorbirt und nur noch ganz wenig Blau blieb iibrig. Der Absorptionsstreifen im Roth, und ebenso die beiden anderen, im Orange und zwischen Griin und Gelb, hatten zusammen eine solche Ausdehnung, dass sie etwa ein Viertel des Spektrums zwischen den Frauen- hoferschen Linien A und F verdunkelten. Mit griinem oder wenigstens nicht merklich verfarbtem Chlorophyllauszug wurden 4 Versuche, Nr. 23, 24, 25 und 26, gemacht, wahrend der Versuch 27 mit verfarbter Losung an- gestellt wurde. Diese letztere war aber durch freiwilliges Verdampfen des Alkohols so concentrirt, dass die Absorptionsstreifen in der schwacher ge- brochenen Haifte des Spektrums, welche beim Verfarben an Breite abneh- men, denen der angewandten grunen Losung wieder mbglichst gleich gewor- den waren. Die Resultate der einzelnen Versuche sind in Folgendem zusammen- gestellt, und wie man sieht wurde hinter der verfarbten Losung (Versuch 27) nicht mehr Kohlensaure, wie hinter einer noch grunen Losung zersetzt. 23. Versuch. Zersetzte Kohlensaure = 19,9 Procent — i o 5 1 1 it — ? ii = 119 ii ii — "r ii ii ii =20,1 ,, = 17 2 1 1 11 7 11 Mittel = 15,9 Procent. Der mittlere Zersetzungswerlh von 1 5, 9 erscheint auffallend gering, wenn man bedenkt, dass die Absorptionsstreifen vom Gelb und Griin nur wenig und auch von den orangen und rothen Strahlen nur einen Theil verdunkeln. Freilich wird auch von den zwischen den Absorptions- 24. 25. 26. 27. 1) Becquerel, la lumiere, Paris 186S. 2j Expeiimtpliys. p. 4 3. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. I. 4 50 f)K. W. pFKf'KI H. streifen liegenden Strahlen eiri erhebh'ehes Quantum absorbirt, wie deren sehr entschiedene Lichlsehwaehung unzweifelhaft darthut. Diese Licht- schwachung kann sehr wold die Ursache sein, dass die Assimilation h inter einer Ghlorophylllosung so auffallend beeintrachtigt wird, docfa fehlen wieder bestimmte Anhaltspunkto, urn eine andere Mftglichkeit zu wider- legen, dass niimlich die in den Absorptionsstreilen ausgelOschten Uchtstrah- len die Assimilation in ganz aberwiegemlor VVeise einleiten konnen. Ah- sorptionsstreifen entstehen bekanntlich durch Ausloschen der Strahlen eni- sprechender Wellenlange, sei es, dass dieselben in einem Medium in Arbeii oder in Warme umgesetzt werden. Letztere Umwandlung ausseldiesslieh findet bei den Losungen statt, welebe am Lichte nieht verandert werden, und kann ebensowohl audi die alleinige Ursache der Absorption sstreifen im Chlorophyll sein; hierfUr spricht sugar der Umstand, dass beim Verfarben eines Chlorophyllauszuges die Absorptionstreifen nieht verschwinden, vvenn sie auch an Breite abnehmen. Unter diesen Umslanden ist der Naehweis, dass h inter einer verfarbten und un verfarbten Ghlorophylllosung gleiche. aber auffallend geringe Mengen Kohlensaure zersetzt werden, das Einzige, was aus meinen Versuchen mit Sieherheit zu entnehmen ist. Keinenfalls kann man aber auf diese Vei- suche allein hin schliessen, dass bestimmte disjunkte Strahlengruppen des Spektrums die Assimilation in besonders energiseher Weise veranlassen, die Zersetzungscurve also durch eine Zackenlinie darzustellen ist. Ueber diesen Punkt entscheidende Yersuche anzustellen , ist mit den jetzt zu Gebote stehenden Mitteln unmoglich und lassen sich auch ebenso wenig Wahr- scheinlichkeitsgrunde dafur oder dagegen anfuhren, ob in der Zersetzungs- curve fur Kohlensaure auch untergeordnete Maxima zu erwarten sind. Ks liess sich hier hochslens darauf hinweisen, dass die nach Bunsen und Roscok fdr die Wirkung der starker brechbaren Strahlen auf Chlorsilber entworfene Curve zwei deutliche Maxima zeigt und auf Guillemain's ') Versuehe, naeh welchen es im Spektrum fur die heliotropische Kriimmung zwei Maxima gibt, das eine in den schwacher als Both, das andere in den starker als Violett gebrochenen Strahlen. Auf diese letzteren Angahen ist indess kein Gewicht zu legen, da Guillemain's Resultate uber die Wirkung verschieden stark gebrochener Strahlen auf heliotropische Kriimmung wohl sicher einer Correktur bedurfen. 2 ) Wie das Ergriinen hinter verfarbter und unyerfarbter Lbsung statt- 1] Anna), d. scienc. naturell. 1 8 r> 7 , p. 829. 2) Nach Guillemain findet im ganzeri Spektrum, die Warnaestrahlen niederer Temp©- peratiir ausgenommen , heliotropische Kriimmung statt, welches Resultal vielleichl eine Folge unvollkommener Dispersion der Sonnenstrahlen im angewandten Prisma war. Sicher wenigstens isi, dass hinter Medien die wie chromsaure KaldosmiLi nur schwacher brechbare Strahlen durchlassen, keine heliotropische Kriimmung eintritt, Nttheres hoi Sa» iis^Experimt.- pliss. |>. 42. [. Die Wirk-ung farbigeo Licfites auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. , r >1 findet, so wird auch hinter beiden assimilirt und zwar mit gleicher Energie, wenn die Spektra der beiden Chlorophylllosungen mbglichst iibereinstimmen. Hingegen wird, wie Sachs zeigte, ein Chlorophyllauszug (lurch die eine griine Chlorophylllosung passirenden Strahlen nicht verfarbt, wohl aber durch diejenigen Strahlen, welche durch eine verfiirbte Chlorophylllosung hindurchgehen. Eine geniigende Erklarung dieses interessanten Faktums verinag [ch nicht zu geben. Gasabscheidung (lurch Wasserpflanzen. Es 1st wohl mehr als wahrscheinlich , dass die Assimilationsthatigkeil bei Wasser- und Landpflanzen von den verschiedenen Spektralfarben in relativ gleicher Weise angeregt wird, und es war nun interessant zu sehen, wie sich die durch Blasenzahlen erhaltenen Resultate gegeniiber den von mil- gefundenen Zersetzungswerthen fur gleiche fai'bige Flussigkeiten her- ausstellen wiirden. Schon bei der Besprechung der SACHs'schen Arbeit habe ich hervor- gehol)en, dass das Blasenzahlen nicht nur die bequernste, sondern auch die genaueste Methode ist, wenn es sich einfach um die Abhangigkeit der (iasabscheidung von Strahlen verschiedener Brechbarkeit handelt. } ) Dahin- gegen milsste, wenn hierdurch die Assimilationsthatigkeit selbst messbar sein sollte, das heraustretende Gas eine gleiche Zusammensetzung haben, gleichviel, ob der Blasenstrom mit grbsserer oder geringerer Geschwindig- keit aus derselben Wunde hervorquillt. Dies ist aber irn hohen Grade unwahrscheinlich. Wenn eine Pflanze im Wasser liegend assimilirt, so wird das in der- sell)en im absorbirten und gasformigen Zustand eingeschlossene Gas in kcinem Augenblick sich mit dem im umgebenden Medium aufgelbsten in cinem Gleichgewichtszustand befinden, der indess fortwahrend angeslrebt werden muss. So wird ein Sauerstoffstrom aus der Pflanze zum Wasser gehen und umgekehrt besonders Kohlensaure, doch auch Stickstoif in die Pflanze diffundiren. Diese kurzen Andeutungen tiber ein von Sachs' 2 ) aus- fiihrlich behandeltes Thema gentigen bier, um uns einer Pflanze, die aus einer Wunde einen Blasenstrom hervortreten lasst, zuwenden zu kbnnen. Der Sauerstoff wird von der Zelle aus, in welcher er durch Zerlegung der Kohlensiiure gebildet wurde, zum Theil wohl direkt in das umgebende Wasser diffundiren, zum voraussichtlich grossten Theil aber in das Innere der Pflanze dringen , um in den tntereellularraumon und Luftliicken sich im gasformigen Zustande zu sammeln und nach der den Austritt geslatten- den Wunde hinzustromen. Aul* den Wege, den er Ids hierher von seiner 4) Fruher p. 13. I ^vcHs. Experinltphys, p. 245. 4* 52 Dr. W. Pfeffer. Bildungsstatte aus im ahsorbirteri und gasformigen Zustand zuriickzulegen hat* mischen sich ihm die anderen in der Pflanze enthaltenen Gase, Stick- stoff und Kohlensaure, hei, und eine Ausglcichung mit diesen wird um so vollstandiger sein konnen, je liinger der zu durcheilende Weg ist, oder je langsamer eine bestimmte Strecke durchlaufen wird. Da nun bekanntlich die Geschwindigkeit des Blasenstromes unter dem Einfluss vorschiedener Spektralfarbeneine sehr ungleiche ist unddesshalb anzunehmen steht, dass der Sauerstoffgehalt der Blasen urn so geringer ausfallt, je langsamer dieselben aufeinander folgen, so wird das vergleichende Blasenzahlen einen der wirk- Iichen Assimilationsthatigkeit gegeniiber um so hbheren Werth geben , je weniger energiseh die Kohlensaurezersetzung dureh die zutretenden Strahlen des Spektrums angeregt wird. Diese Folgerung fand ich in zufriedenstellen- der Weise bestatigt, als ich die Gasabscheidung unter denselben farbigen FJiissigkeiten beobachlete , mit welchen ich rneine Untersuchung ttber die Assimilationsthatigkeit von Landpflanzen anstellte. Ueber die Ausfiihrung des Blasenzahlens habe ich hier nur weniges in Betreff der von mir angewandten Zusammenstellung der Apparate zu sagen. Dieselben Glocken und dieselben FJiissigkeiten, wie bei meinen Versuchen mit Landpflanzen wandte ich auch beim Blasenzahlen an, indem ich die- selben iiber ein geeignetes cylindrisches Gefass stiilpte, in welchem sich die Versuchspflanze, die immer Elodea canadensis war, befand, mit dem Stammquerschnitt nach oben gewandt und in ihrer Lage durch Anbinden an einen Glasstab unverriicklich fixirt. In das, in dem tibrigens offen bleibenden Gefiisse enthaltene Wasser wurde einige Zeit ein Kohlensaure- strom geleitet und das Zuleiten dieses Gases jedesmal wiederholt, nachdem einige vergleichende Zahlungen, abwechselnd hinter einer mit Wasser und einer mit farbiger Fliissigkeit gefiillten Glocke gemacht w T orden waren. Die Versuche mit den verschiedenen Losungen wurden nicht an denselben, immer aber an sehr hellen Tagen vorgenommen, und jedesmal die in einer oder bei geringer Zahl in 2 Minulen austretenden Blasen gezahlt. Die Besultate sind in Folgendem zusammengestellt und zwar die Blasen- zahl in einer Minute und das hieraus sich ergebende Mittel in den beiden ersten Columnen und in der letzten Vertikalreihe noch die Werthe, welche sich filr die farbigen Flussigkeiten ergeben , wenn die Zahl der Blasen im weissen Licht, hinter der mit Wasser gefiillten Glocke, gleich 100 gesetzt wird. Die Temperaturen habe ich nicht angefUhrt, weil diese, wie ein in dem Versuchswasser stehendes Thermometer zeigte, bei zwei aufeinander- folgenden Ablesungen stets um weniger als ein l / 2 C. dififeriFten. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pllanzen. 53 Die Glocken geliilll mil ; Zahl der Gashlasen in 1 Minnie. Im Mittel. Zahl der im weissen Licht ausgeschiedenen Blasen = 100 gesetzt. Wasser Chrs. Kali*; .... 27 26 26 25 26 27 26 26 24 24 24 24 26,2 24,7 100,0 94,3 Wasser Cuoammon *) ... 33 34 34 35 34 33 6 7 6 7 7 6 33,8 6,5 1 00,0 19,2 Wasser 28 29 29 30 30 28 17 18 18 19 19 17 29,0 18,0 1 00,0 82,4 Wasser Anilinviolett .... 28 28 30 30 30 28 14 14 15 15 15 14 29,0 14,5 100,0 50,0 Wasser ...... Anilinroth 30 30 31 31 29 28 13 14 14 14 13 12 29,8 , 1 3,3 100,0 44,6 Chlorophyll**]. . . 45 46 46 45 44 13 14 14 13 12 45,2 13,2 100,0 29,2 *) Vgl. Sachs, Bot. Ztg. 1864, p. 363 n. Experimtphys p. 26. *) Dieses j^st eine Chlorophylllosnng, welehe bereits ein wenig vertarbt war. Wenn die im weissen Licht, hinter der mit Wasser gel'iillten Glocke, zersetzte Kohlensaure und ebenso die in diesem Fall ausgeschiedene Zahl der Gasblasen gleich 100 gesetzt wird, so ergeben sich die Werthe, welche in dem l'olgenden Tafelchen in der ersten und zweiten Vertikalreihe stehen. Die Differenz, um welche die durch Blasenzahlen erhaltenen Werthe zu hoch ausgefallen sind, finden sich in der letzten Columne zusammengestellt. Im weissen Licht zer- setzte CO 2 = 100 Im weissen Licht ausge- schiedne Gas- blasen = 100 Differenz. Wasser .... 100,0 100,0 Chrs. Kali . . . 88,6 94,3 5,7 Orsellin .... 53,9 62,1 8,2 Anilinviolett . . 38,9 50,0 11,1 Anilinroth . . . 32,1 44,6 12,5 Chlorophyll . . 15,9 29,2 43,3 Cuoammon . . 7,6 19,2 11,6 Iii diesem Tafelchen folgen die farbigen Medien so aufeinander, dass hinter jedem tiefer stehenden weniger Kohlensaure zersetzt wird, als hinter dem vorhergehenden, und wie man sieht, steigen die in der letzten Co- lumne slchenden Diflerenzen im Allgemeinen in derselben Reihenfolge. Ftir Kupferoxydammoniak fallt die Differenz zwar etwas geringer aus , als 54 Dr. W. Pfeffer, fiir Chlorophyll und Anilinroth, allein sie ist doch immer uoch doppelt so gross als zwischen Wasser und chromsaurem Kali und geradc bei jenem Medium, hinter welchem die Gasblasen am langsamsten aufeinander folgen, war ein Fehler beim Zahlen derselben am leichtesten moglich, da der Aus- tria einer Blase nicht immer genau mit dem Ablauf einer Minute zusammen- fiel. Jedenfalls liegt in obigem Resultate der Beweis, class das Blasen- zahlen im far big en Licht einen hoheren, als der Assimi lationsthUtigkeit in den betre/f'enden Strahlen entsprechenden Werth ergibt und zwar im Allgemeinen tint so holier, je weniger Kohlensaure Bberhaupt zersetzt wird. Der eben gezogene Schluss stent mit unseren theoretischen Folgerungen im vollen Einklang, und naeh diesen ist wohl auch gewiss, dass der Sauer- stoffgehalt der aus einer Wunde ausgeschiedenen Blasen sinkl, wenn die- selben langsamer aufeinander folgen. Doch erlauben obige Resultate einen bestimmten Schluss auf die Zusammensetzung der von einer Pflanze mit ungleicher Geschw indigkeit ausgeschiedenen Gase nicht, da hierbei auch die Difrusionsverhaltnisse der Gase in einer nicht mit Sicherheit zu berechnen- den Weise in Betracht kommen. Hierauf naher einzugehen, kann hier nicht in meiner Absicht liegen. Bereits Daubeny l ) kam, auf treilich sehr unsichere Belege hin, zu dem Schluss, dass das von Pflanzen unter Wasser ausgeschiedene, Gas um so firmer an Sauerstofi' sei, je weniger Gas ausgegeben vverde. Eine Bestati- gung dieses Schlusses konnte Drapkr bei den Analysen, welche mit in ver- schiedenen Spektralfarben ausgeschiedenen Gasgemengen angestellt wurden, nicht linden , wahrend bei Cloez und Gratiolet wieder das Sinken des Sauersloffgehaltes mit Verringerung der ausgeschiedenen Gasmenge in ganz auffallender Weise hervortritt. Bei den Versuchen, die diese Autoren mit Wassei'ptlanzen anstellten, sammelten sich z. B. im Mittel aus 3 Beobach- tungen 73,7 G. G. Gas hinter weissem Glase, fur welches nach Abzug der Kohlensaure 76,8 Procent Sauerstoff gefunden wurden, unter blauem Glase hingegen wurden 18 C. C. Gas erhalten, in denen die Analyse nur 44,6 Procent Sauerstofi' ergab (nach Abzug der Kohlensaure). Dieser gewaltige Unterschied in dem Yerhaitniss von Sauerstoff und Sticksloft', wie er in den beiden oben angefuhrten Fallen gefunden wurde, kann ein analytischer Fehler unmoglich sein, wenn audi die Sauerstoffbestimmung der genannten Autoren nach einer sehr mangelhaften Methode geschah. Diese analytischen Befunde haben ubrigens keine endgiiltige Beweiskrafl, da in der Zusammen- setzung der ausgeschiedenen Gase wesentliche Aende ungen beim Aufsam- meln statthaben konnlen. Denn wenn das Sperrwasser ein gewisses Quan- tum Sauerstoff zu absor!biren vermochte, so mussle der Sauerstoffgehall eines in geringer Menge angesammelten Gasgemisches in hoherem Grade vermindert werden, als wenn grossere Gasinengen sich ansamtilelten. I Siclic die K rit i k tliCSei' A il mm I , wie audi die < I»m voil Dkai'L.h, CLOEZ u. GhaTIOLLT I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der kohiensaure in Pflanzen. 55 Diese kurzen Andeutungen mogen hier geniigen , da mir eigene Beobach- Umgen in dieser Richtung nicht zu Gebote stehen unci eine ausfuhrliche Kritik der einschlagigen Literatur nicht hierher gehort. In meinen Intersuchungen vvurde ausschliesslich die Wirkung der Strahlen versehiedener Brechbarkeii auf die Kohlensaurezersetzung durch chlorophyllhaltige Pflanzen behandelt und insofern, als dieser Prozess nicht ohne Bildung organischer Substanz gedacht werden kann, durfte auch die Bezeichnung » Assimilation^ angevvandt werden. Bam it ist aber keines- wegs gesagt, dass die Produkte der Assimilation ihrer qualitativen Be- schaffenheit nach fur dieselbe Pflanze gleieh sind , gleichviel ob sie in ge- mischtem Liehte oder unter dem Einfluss einer oder einiger Spektralfarben gebildet \\urden. Wenn dieses auch wahrscheinlich ist, so sind doch bis jetzt keine Beobaehtungen in dieser Richtung angestellt worden, und von Fallen, wo eine naehweisbare Bildung von Assimilationsstotfen ganzlich unter- blieb, wenn auph vielleicht ganz geringe Mengen Kohiensaure zersetzt werden konnten, ist nattirlich abzusehen. Daraus, dass die Strahlen mittlerer Wellenlange so energiseh auf die Assimilationsthatigkeit wirken, tolgt aber noch keineswegs, dass ein mit wirklicher Gewiehtszunahmc verbundenes Wachsthum unter dem alleinigen Einfluss der schwacher brechbaren Strahlen des sichtbaren Spektrums statt- linden muss. Das Wachsthum setzt sich aus einem Complex von Funk- tionen zusammen, und wenn auch manche, wie Zelltheilungen und Neu- bildung von Organen in der Regel dcs Lichtes nicht bediirfen, *) so konn- ten doch andere moglicherweise nur unter dem Einfluss der blauen und starkei- gebrochenen Stiahlen sich abwickeln. Aus den bis jetzt bekannten Thatsachen, welche von Sachs 2 ) zusarnmengestellt sind, ergibt sich, dass die chemischen Vorgange in der Pflanze im Allgemeinen vorwiegend oder aus- schliesslich durch die schwacher brechbaren Strahlen, die Bewegungser- scheinungen durch die starker brechbaren Strahlen beeinflusst werden. \lit Gewissheit lasst sich nun freilich voraussagen, dass bei alleinigem Zu- tritt dei" blauen und der Strahlen noch geringerer Wellenlange, die bei der Assimilation so sehr wenig zu leisten vermbgen, ein mit erheblicher Ge- wichtszunahme verbundenes Wachsthum nicht stattfinden kann; ob dies indess der Fall ist , wenn nur schwacher brechbaren Spektralfarben der Zutritt gestattet ist, kbnnen nur Versuche entscheiden. Bei einigen Keimversuchen , die Sachs im farbigen Licht anstellte, 1) Niiheres bei Sachs, Physiol, p. 30; Lehrbuch p. 618. 2) Lehrbuch, 2. Aufl. p. 625, 56 Dr. W. Pfekfkh. vvurde nur das Aussehen dcr Pflanzchen beachtet, nicht aber bestimmt, ob eine Gewichtszunahme stattgefunden hatte. Hinter eincr Losung von Kupfer- oxydammoniak bildeten sich nur diejenigen Theilc der Keimpflanzchen aus, welche auch im Dunkeln zur Entwicklung kommen, und nach nicht langer Zeit gingen die sehr schwachlichen, iibrigens ergrunten Pflanzen regelmassig zu Grunde. Im orangen Licht (chromsaures Kali) hingegen kamen einige, wenn auch kleine Laubblatter zur Entwicklung, wahrend die Internodien langer als im weissen Licht wurden ; kurz die schwacher brechbaren Strah- len verhiellen sich im Allgemeinen wie gedampftes Tageslicht. *) Die einzige mir bekannte Publikation tlber Gewichtszunahme von Pflan- zen, welche unter dem Kinfluss von Strahlen geringerer Brechbarkeit er- vvachsen waren, wurde von Dr. A. Meyer 2 ) gemacht. Dieser liess Erbsen und Wicken unter Pyramiden von gelbem Glas erwachsen und land nach IOV2, respektive 9 Wochen , eine, wenn auch nur geringe Zunahme des Trockengewichts. Diese Glaspyramiden schlossen zwar die starker brech- baren, die sogenannten chemischen Strahlen, vollstandig aus, schwachten aber, wie es der Verfasser selbst angibt, das durchgehende Licht sehr er- heblich, was fur das Wachsthum der Pflanzen gewiss von Bedeutung war. Auch wurde zum Vergleiche nicht das Trockengewicht der En^bryonen allein, sondern das der ganzen Samen bestimmt. Ferner bin ich in der glucklichen Lage die Resultale eines anderen hierhergehbrigen Versuches , welcher bereits im Sommer 1865 von Herrn Professor Sachs angestellt wurde, mit dessen giitiger Erlaubniss hier kurz mittheilen zu kbnnen. Am 3. Mai 1 865 wurden je drei Sonnenrosensamen in Gartenerde gesteckt und iiber die Blumentbpfe ahnliche doppeltwandige, nur viel grbssere Glocken, wie ich sie bei meinen Versuchen anwandte, gestiilpt. Eine der- selben war mit Wasser, eine andere mit Losung von Kupferoxydammoniak und die letzte mit Losung von chromsaurem Kali gefiillt, die bei der ange- wandten Concentration in ahnlicher Weise, wie die von mir gebrauchten Lbsungen das Spektrum halbirten. Fiir Luftzutritt und Ausschluss aller anderen als der durch die Fltissigkeiten dringenden Strahlen war voll- standig gesorgt. Unter der Glocke mit Kupferoxydammoniak entwickelten sich auch hier die Keimpflanzchen, von der Ghlorophyllbildung abgesehen, nicht weiter, als cs auch im Dunkeln der Fall gewescn sein wurde, und da diesclben Hiu 19. Mai zu verderben bcganncn, so wurden sie behutsam aus der Erde genommen, die Wiirzelchen auf das sorgfaltigste gereinigt und zur Bestim- mung des Trockengewichts bei Seite gestellt. 1 Sachs in Hot. Ztg. 1 8G4, p. 371. 2] Produkiion von organischer Pflanzensubstanz bei Abschluss der cheinische.i Lieht- strahlen in Landwirthsehftl. Versuchsstatioaen IM. IX. Ich kenne die Arbcil nur aus Hoffmann's Jahresb. d, Agrikulturchemie fiir 4867, p. 144. I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zerselzung der Kohlensaure in Pflanzen. 57 Unter den beideo anderen Glocken blieben die Pflanzen bis zum 17. JuM und vvurden dann gleichfalls mit ihrem Wurzelsysteme behutsamst aus der Erde genonimen , gereinigt und zur Beslimmung des Trockengewichts hingestellt. Sowohl im weissen , als im orangen Licht vvaren die Pflanzen vbllig gesnnd gcblieben und zu ansehnlicher Grbsse herangewachsen. Nachdem die geernteten Pflanzchen langere Zeit iiber Schwefelsaure gestanden halten , vvurden sie so lange bei 100 C. getrocknet, bis keine Veranderung des Gewichtes eintrat. Im gleicher Weise wurde auch das Trockengewicht von 10 Embryonen von Sonnenrosen bestimmt und zu 0,394 Grmm., filr einen Embryo also zu 0,0394 Grmm. gefunden. Das Trockengewicht der drei im blauen Licht gekeimten Pflanzchen wurde zu 0,133 Grmm. gefunden; folglich ist im Mittel das Trockengewicht eiues im blauen Liehfc gekeimten Pflanzchens 0,044 Grmm. eines Embryo 0,0394 ,, Differenz 0,0046 Grmm. Wenn diese geringe Gewichtszunahme von 0,0046 Grmm. auch die moglichen Beobachtungsfehler kaum iiberschreitet, so zeigen uns doch obige Zahlen, dass eine geringe Assimilation im blauen Licht stattgefunden hatte, denn sonst hatte das Trockengewicht beim Keimen erheblich abnehmen miissen. So fand z. B. Boussingault l ), dass bei einem im Dunklen kei- menden Maiskorn wahrend 20 Tagen fast die Halfte der Trockensubstanz durch Athmung verloren gegangen* war. Im weissen und im orangen Licht wurden je zwei Pflanzen geerntet und das Trockengewicht fur die ersteren zu 0,765 Grmm., fur die letzteren zu 0,322 Grmm. bestimmt. Hiernach stellt sich das Trockengewicht und die Gewichtszunahme filr eine Pflanze wie folgt: Im weissen Licht erwachsene Pflanze. Trockengewicht einer Pflanze 0,382 Grmm. ,, eines Embryos 0,0394 ,, Gewichtszunahme 0,3426 Grmm. Im orangen Licht erwachsene Pflanze. Trockengewicht einer Pflanze 0,161 Grmm. ,, eines Embryos 0,0394 ,, Gewichtszunahme 0,1216 Grmm. Die Gewichtszunahme im orangen Licht betragt also annahernd den dritten Theil (35,4 Procent) von der im weissen Licht. Diese relative Ge- wichtszunahme lasst sich aber nattirlich nicht ohne Weiteres mit der hinter einer gleichen Lbsung von chromsaurem Kali zersetzt werdenden Kohlen- sauremenge vergleich^n, sondern es mtisste hierzu auch die durch Athmung 1) Vgl. Sachs, Expermtpliys., p. 21. 58 Dr W. Pfeffer. wahrend dor nachtlichen Perioden gebildet werdende Kohlensaure in Redl- ining gezogen vverden , was rait einiger Genauigkeit kaum moglich sein dtirfte. Das geht aber aus diesem Versuche mit aller Evidenz hervor, dass eine, bei alleinigem Zuttitt der Sttrahfeii germgerer Brechbarkeit erwachsen- deu Pflanze sehr erheblieh an Trockensubstanz zunimmt. Ein gleiches Resultat gab ein von Herrn Professor Sachs in diesem Sommer angestelltcr Versuch rait Ipomaea purpurea, bei dem leider eine Vergleichung mil iin weissem Licht gewachsenen Ftlanzen aus Mangel an gleichen Apparaten nicbt angestellt vverden konnte. Auch hier gediehen die Keimpflanzchen hinter einer Losung von Kupferoxydanmioniak nicht wciter als im Dunkeln und gingen endlich zu Grunde; ibr Trockengewieht wurde nicht bestimint. Hinter einer Losung von doppelt ehromsaurem Kali wuch- sen drei Pflanzen vqm Id. Jura bis zmn S.* August und wurden dann in einem ganz gesunden Zustand geerntet Aus der Beslirnniung des Trocken- gewichts der drei Pflanzen und von 8 Embryonen ergibt sich die Gewichts- zunahme einer Pflanze wie folgt: Trockengewieht einer Pflanze 0,1812 Grram. eines Embryos 0,0104 Gewichtszunahme 0.1708 Grmm. Diese vorlaufigen Mittheilungen zeigen , w ie gesagt ) nur, dass ein mit wirklicher Gewichtszunahme verbundenes Wachsthum unter dem alleinigen Einfluss der Strahlen der minder brechbarcn Halfte des sichtbaren Spek- trums moglich ist. In welchem Verhaltniss aber hier Gewichtszunahme und Assimilationsthatigkeit stehen, und wie sich das Wachsthum bei Zutritt, respektive Ausschluss cinzelner minder brechbarer Spektralfarben gestaltet, rniissen fernerc Untersuchungen entscheiden. Zusammeiistellung der Versuche. Die Resultate der angestellten Experimente sind in Folgeudem zusam- mengestellt. Bei jedem vergleichenden Versuche ist ftir die bezeichneten Medien das gesammte Volumen des Versuchsgases und dessen Zusammen- setzung aus Kohlensaure und Luft (G. Vol. = CO 2 -f- Luftj vor und nach der Exposition angefiihrt, ferner die absolute Menge der von einem Blatte zersetzten Kohlensaure und die Difiercnz der Gasvolumina vor und nach der Exposition; eine Volumen zunahme ist mit -{-, eine Volumenabnahme mil bezeichnet. Darunter folgen die zersetzten oder gebildeteh Kohlen- sauremengen, welche unter der Annahme, dass die Assimilationsthatigkeit und Alhmung den Blattflaehen proportional zu- und abnehme fur 100 C. Q. Blatlflache und einstttndige Exposition berechnet wurden, und endlich die Werthe, welche sich ftir die verschiedenen Medien ergeben, wenn die unter der mil Wasser geftlllten Glocke zersetzte Kohlensaure gleich KM) gesetzt und. In den wenigen Fallen, \\<> KohlensHure gebildet wurde, ist deren I. Die Wirkung farbigen Lichtes aid die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 59 iibsolute und die fur 1 00 C. Q. Blattflache und einstiindige Versuchsdauer berechnete Menge durch cursivgedruckte Zahlen ausgezeichnet, ebenso an eh die hier negativen procentischen Zersetzungswerthe. Wenn bei besonders intensivem Sormenschein die Apparate mit Schinnen von sehr durchscheinendem Pergamentpapier beschattet wurden, so ist es jedesrual bei dem Versuche angefuhrt. In diesein Falle wurde auch die Temperatur an einem hinter dem Schirni befindlichen, sonst aber an einem unbeschatleten Thermometer abgelesen. Erste Versuchsreike. Neben Wasser warden Lbsungen von Kupferoxydammoniak (Cuoammon und chromsauretn Kali ^Chrs. Kali) angevvandt. Bei wenigen gleichzeitig angestellten Versuehen, deren Zweek war, die Lm Dunklen gebildete Kohlen- sauremenge kennen zu lernen , w urde ein Recipient aus schwarzer Pappe Qber ein Versuehsrohr gestiilpt und diese Zusammenstellung an einem Fenster den Sonnenstrahlen ausgesetzL I. Versuch. 15. Juni. Blatter von Prunus laurocerasus a ^8 C. Q. Flache und 1,0 C. G. Volumen wurden :* Stunden lang, von 9 Uhr 10" bis \ '2 Uhr 40" Mrgs. exponirt. Dauernder Sonnenschein. Temperatur in Sonne 25 — 26 C. Vor Exposition. Nach Exposition. (i. Vol. = C02 + Luft. G. Vol. = CO' 2 4- Luft. V. 18 C Q. in 3 Std. zersetzte C02. Differenz der Volumina. C. C. c. c. C. C. C. C. Wasser . . Chrs.Kali Cuoammon 77,07 = 8,55 -+- 68,52 75,68 = 7,83 + 67,85 76,50 = 8,47 + 68,03 76,84 = 4,50 4- 72,34 75,63 = 4,26 4- 71,37 76,27 = 8,09 -f- 68,18 4,05 3,57 0,38 — 0,23 — 0,05 — 0,23 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. u. 1 Std. berechnet, C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. i Wasser .... 4,82 100 Ghrs. Kali ... 4,25 88,1 Cuoammon . . . 0,45 9,4 60 Dr. W. Pfeffer. 2. Versuch. 17. Juni. Blatter von Primus laUrocerasus 3 Stunden, von 9 Uhr 50" bis 12 Uhr 50" Morgens exponirt; Blattflaehen a 32 C. Q., Blattvolurnen 1,1 C. C. An- fangs Sotmensehein unci nur die letzte halbe Slundc theilweise bewolkter Hinimel ; die Apparate mit Papierschirmen beschattet. Thermometer in der Sonne 24 — 28 G. Vor Exposition Nach Exposition. Ditferenz der Volumina. C. C. G. Vol. = C02 + Lull. C. C. G. Vol. = C0 2 + Lull. c. c. V. 32 C.Q. in 3 Std. zersetzte o.geb.CO 2 . C. C. Wasser . . Chrs. Kali Cuoammon . Dunkel . . 74,01 = 6,44 H- 67,57 74,81 = 7,63 + 67,18 73,83 = 7,01 -|- 66,82 74,70 = 8,06 -|- 66,64 74,21 = 1,28 -|- 72,93 74,87 = 2,99 + 71,88 73,70 = 6,60 + 67,10 74,42 =11,57 -j- 62,85 5,16 4,64 0,47 3,51 -f 0,20 -f- 0,06 — 0,13 — 0,28 Zersetzte od. geb.CO 2 prolOOC. Q. u. 1 Std. berechnet. C. C. Hint.er Wasser zer- setzte CO. 2 = 100. Wasser .... 5,37 100,0 Chrs. Kali . . . 4,83 89,9 Cuoammon. . . 0,49 9,1 Dunkel .... 3,66 27,2 3. Versuch. 19. Juni. Blatter von Prunus laurocerasus a 31 C. Q. Fliiche und 1,1 C. C. Volumen warden von 9 Uhr 1 0" bis 1 2 Uhr 1 0" Morgens exponirt. Fast ununterbrochener Sonnenschein ; die Apparate waren mit Papierschirmen beschattet. Temperatur in der Sonne *25 — 2(5 G. Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz der Volumina. C. C. G. Vol. = CO 2 + Lull. C. C. G. Vol. = CO 2 -f- Lull. C. C. V. 31 C. Q. in 1 Std. zersetzte o. geb.CO 2 C. C. Wasser . . 73,53 = 6,15 + 67,38 73,43 = 0,05 -f- 73, 3S 6,10 — 0,10 Chrs. Kali . 7 5,4 4 = 6,4 3 09,01 75,35 = 1,12 -[- 74,23 5,31 — 0,09 Cuoammon . 75,87 = 6,28 -f 69,59 75,31 = 5,87 -|- 69,44 0,41 — 0,56 Dunkel . . 75,85 = 6,15 4- 69,70 7 5/,6 = 7,17 + 68,29 1,05 — 0,39 I. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 61 Zersetzte od. geb.CO 2 prolOOC. Q. u. 1 Std. berechnet. C. C. l-Tintpr Wni^pr 7pr- 111 111" l VVclc>r>Cl ACl setzte CO 2 = 100. Wasser .... 6,56 100,0 Chrs. Kali . . . 5,71 87,0 Cuoammon . . . 0,47 7,2 Dunkel .... 1,34 7 7. 2 4. Versuch. 21. Juni. Mit Blattern von Prunus laurocerasus a 27 G Q. Flache und 1,0 G. C. Volumen. Expositionszeit und Wetter ganz wie im vorigen Versuch. Tem- pera tur in der Sonne 24 — 27 C. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO 2 + Luft, G. Vol. = CO 2 -f- Luft. V. 27C.Q. in 3 Std. zersetzte o. geb. CO 2 Differenz der Volumina. C. C. C. C. C. C. C. C. Wasser . . Chrs. Kali . Cuoammon . Dunkel . . 73,11 = 7,39 + 65,72 73,04 = 7,00 + 66,04 74,03 = 7,77 -j- 66,26 75,15 = 7,26 -f- 67,89 73,44 = 0,87 + 72,57 73,26 = 1,10 + 72,16 74,26 = 7,45 4- 66,81 75,19 = 7,98 4- 67,21 6,52 5,90 0,32 0,72 4- 0,33 4- 0,22 4- 0,23 4- 0,04 Zersetzte od. geb.CO 2 prolOOC. Q.u. 1 Std. berechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 8,05 100,0 Chrs. Kali . . . 7,28 90,5 Cuoammon . . . 0,39 4,9 Dunkel .... 0,89 11,0 'i. Versuch. 22. Juni. Blatter von Prunus laurocerasus a 26 C. Q. Flache und 1,0 C. C. Volumen. Hinter Wasser, chromsaurem Kali und im Dunkeln waren die Blatter 3 Stunden, von 9 Uhr bis 12 Uhr Morgens, hinter Kupferoxyd- ammoniak 8 Stunden, von 6 Uhr Morgens bis 2 Uhr Mittags exponirt. Wahrend der ganzen Versuchszeit war ganz wolkenloser Himmel ; die direk- ten Sonnenstrahlen wurden von den Apparaten durch transparente Papier- schirme abgehalten. Thermometer hinter dem Schirm 24 — 28 C. 02 Dr. W. Pfeffer. Vor Exposition. Nach Exposition. Dift'erenz der Volumina. C. C. G. Vol. = CO- + Lull. c. c. (1. Vol. = CO- -f- Lttft. L<. Li. V. 26 C. Q. in 3 resp. 8 Std. zers. o. geb.CQ 2 Wasser . . 74,69 = 7,74 + 66,95 74,36 = 1,93 + 72,43 5,81 — 0,33 Ghrs. Kali . 74,69 = 6,73 -j- 67.96 74,51 = 1,17 + 73,34 5,56 — 0,18 Cuoanunon . 73,49 = 7,47 -j- 66,02 73,27 = 6,55 + 66,72 0,92 — 0,22 Dunkol . . 73,60 = 5,85 + 67,75 73,28 = 6,43 -j- 66,85 0,58 — 0,32 Zersetzte od. geb-CO 2 pro100C.Q.ii. 1 Ski. hereon net. C. C. Hi ntor Wasser zer- setzte CO-^ = 100. Wasser .... 7,45 100,0 Chrs. Kali . . . 7,13 95,7 Cuoammon . . . 0,44 5,9 Dunke) .... 0,74 10,0 f>. Versuch. 24. Juni. Die zu diesen Versuchen bestimmten Blatter von Prunus laurocerasus wurden bereits Abends zuvor abgepfliickt und mit dera Stiel in Wasser ge- stellt. Drei Blatter standen frei an einem Ostfenster und erhielten von Sonnenaufgang bis zum Beginn der Versuche direkte Sonne, das vierte, gleichfalls an einem Ostfenster stehende Blatt, empfing hingegen bis zum Beginn des Versuches nur Licht, welches eine concentrirte Lbsung von Kupf eroxydam moniak passirt hatte. Dieses Blatt, sowie auch eines der zu- vor an direkter Sonne insolirten Blatter wurden unter mit Kupteroxyd- a in moniak gef til lien Glocken h Stunden, von 8 Uhr 25" bis 12 Uhr 25" Morgens exponirt , von den anderen zwei Blattern hingegen blieb jedes nur :} Stunden, von 9 Uhr 20 Minuten bis 12 Uhr 20 Minuten, hinter Wasser und chromsaurem Kali slehen. Jedes der Blatter hatte 28 C. Q. Flache und verdrSngte 1,1 G. C. Wasser. Der Himrael war meist mit weissen Wolken bedeckt; die Apparate wurden riieht mit Schirmen be- schattet. Thermometer 23 — 27 C. [. Die Wirkung farbisen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. fi3 Vor Exposition. Nach Exposition. 1 / 1 1 1 V 1 ( 1 1 /. dei' VYtl 1 1 1 1 1 1 1 1 i T \» 1 LI 1 1 1 1 1 1 1 1 . c. c. n — ro-' 4- full c. c. G. Vol . = CO- + tuft: c. c. V. 28 C. Q. in 3, res p. 4 Std. zer- setzte C02 C. C. VV d>r>cl 71,66 = 3,37 + 68,29 4,53 3g Ghrs. Kali . 72,06 = 8,42 + 63,94 71,s5 = 4,32 + 67,53 3,80 — 0,21 Cuoammon I* 71,79 = 6,36 -{- 65,43 71,54 = 5,83 + 65,71 0,53 — 0,25 Cuoamm. II * 71 ,42 = 5,38 + 66,04 71 .26 = 4,93 -f- 66,33 0,45 — 0,16 Zersetzte CO- pro 100 C. Q. n. 1 Std. berechnet. C. C. It inter Wasser zer- setzte CO 2 = too. Wasser .... 5,27 100,0 Chrs. Kali . . . 4,52 83,9 Cuoammon I * 0,47 9,0 Cuoammon II ' . 0,40 7,6 *) Bei deni in it Cuoammon I bezeichneten Versuche empfing das Blatt zuvor die direkte Morgeasonne, wahrend in dem mil Cuoammon II bezeichneten Versuche das Blatt bis zum Begins des Versuches hinter Lbsiing von Kupferoxydammoniak verweilte. 7. Versuch. 1. Juli. Die in diesem Versuche angewandten Blatter von Prunus laurocerasus stamraten von Zweigen, weiche am 23. Juni Mittags abgepfliickt und in Wasser gestellt warden waren. Einer dieser Zweige, von denen jeder 6 l)is 8 Blatter trug, blieb frei an einem Slidfenster stehen, von den bei- den andereo erhielt der eine nur Licht, welches eine Losung doppelt chrom- saures Kali, der andere nur soieb.es, welches Kupferoxydammoniak passirt hatte. Zu dem Zvveeke waren diese Zweige in grosse Blechkasten gestellt, deren dem Fenster zugewandte Seite durch ein doppelwandiges, zur Auf- nahme der genannten Losungen bestimmtes Glasgefass gebildet war. Erst beim Beginn des Versuches wurden Blatter abgepfluckt und die am Licht gestandenen hinter Wassser, die hinter chromsaurem Kali und Kupferoxyd- ammoniak gebliebenen hinter den gleichen Losungen exponirt. Das dem weissen Licht ausgesetzte Blatt hatte 20 C. Q., die beiden an deren Blatter 25 C. Q. Oberflache; jedes der drei Blatter verdrangte 1,0 C. C. Wasser. Unter den mit Wasser und chromsaurem Kali gefullten Glocken blieben die Blatter i Stunden, von 9 Uhr bis 1 Uhr, hinter Kupferoxydammoniak aber 5 Stunden, von 9 Uhr bis 2 Uhr Morgens, exponirt. Sonnenschein und von weissen Wolken reflektirtes Licht wechselte wahrend der Dauer der Versuche ; die Apparate wurden nicht durch Papierschirme beschattet. Das Thermometer zeigte zwischen 21 — 2b G. 64 Dr. W. Pfeffer. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO* + Luft. G. Vol. = GO 2 4- Luft. V.25od.26 C. Cs in 4, resp. 5 St, 9apc rrk'2 Differenz der Volumina. C. C. C. C. C. C. G. C. Wasser . . Chrs. Kali . Cuoammon . 72,80 = 6,71 -j- 66,09 71 ,70 = 6,14 -j- 65,56 71,87 = 6,48 4- 65,39 72,93 = 1,30 -f- 71,63 71,64 = 1 ,75 4- 69,89 71,53 = 5,82 65,71 5,41 4,39 0,66 -h 0,13 — 0,06 — 0,34 Wasser . . Chrs. Kali . Cuoammon . Zcrsetze CO 2 pro 100 C. Q. u. 1 Std. be- rechnet, C. C. Hinter Wasser zer setzte CO' 2 =100. 5,20 4,39 0,53 100,0 84,4 10,1 8. Versuch. Mit Blattern von Nerium Oleander 2. Juli. a %\ C. Q. Flache und 0,9 C. C. Volumen. Exponirt wurde 3 Stunden, von 9 Uhr 50" bis 12 Uhr 50", wahrend welcher Zeit Sonnenschein und bewolkter Himinel oft wechselte. Das Thermometer schwankte zwischen 19 und 24 C. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO 2 + Luft, C. C. G. Vol. = CO 2 + Luft. C. C. V. 21 C.Q. in 3 Std. zersetzte CO 2 C. C. Differenz der Volumina. C. C. Wasser . . Chrs. Kali . Cuoammon . 72,10 = 6,57 + 65,53 74,08 = 7,87 66,21 73,56 = 7,56 + 66,00 72,17 = 2,49 -j- 69,68 74,21 = 4,64 -f 69,57 73,69 = 7,32 -j- 66,37 4,08 3,23 0,24 + 0,07 + 0,13 + 13 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 6,47 100,0 Chrs. Kali . . . 5,13 79,2 Cuoammon . . . 0,38 5,9 9. Versuch. 4. .luli. Blatter von Senecio nemorensis h 21 (\. Q. FJache und 0,5 C. C. Vo- lumen wurden 5 Stundei*, von !> Uhr 10" bis 8 Uhr 10" exponirt. Wahrend t. Die Wirkuhg farbigen Lichtes auf die Zersetzung dor Kohlensaure in Pflanzen. (35 der Versuchsdauer war der Himmel mit weissen Wolken bedeckt, iibrigens ziemlieh belles Wetter. Das Thermometer zeigte 19 bis 21 G. Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz der Volumina. C. C. G. Vol. = CO 2 + Luft. c. c. G. Vol. = CO 2 Luft. C. C. V. 21 G.Q. in 5 Std. zersetztc CO' 2 C. C. Wasser . . Chrs. Kali . Cuoammon . 73,2-2 = 6,94 66,28 73,09 = 7,05 + 66,14 73,47 = 6,66 -f- 66,81 73,32 = 1,86 + 71,46 73,12 = 2,56 + 70,56 73,31 = 6,39 + 66,92 5,08 4,49 0,23 + 0,10 + 0,03 — 0,16 Zersetzte CO' 2 pro 100 C. Q. u. 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 4,84 100,0 Chrs. Kali . . . 4,2S 88,4 Cuoanimon . . . 0,22 4,5 10. Versuch. 5. Juli. Mit Blattern von Convallaria latifolia a 22,5 C. Q. Flache und 0,5 C. G. Volumen. Exponirt vvurde 5 Stunden, von 9 Uhr 45" bis 2 Uhr i-5", wahrend welcber Zeit der Himmel fast fortwahrend bewolkt war und nur selten Sonnenslrahlen durchbrachen. Thermometer 20 bis 24 G. Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz der Volumina. G. C. G. Vol. = CO' 2 + Luft. C. C. G. Vol. = CO' 2 + Luft. C. G. V. 22,5 C. Q. in 5 Std. zersetzte G02. C. G. Wasser . . Chrs. Kali . Cuoammon . 73,83 = 7,78 + 66,05 74,26 = 7,71 + 66,55 74,32 = 7,58 -f- 66,74 73,87 = 3,26 70,61 74,22 = 3,25 + 70,97 74,12 = 7,13 -f- 66,99 4,52 4,46 0,45 -f 0,04 — 0,04 — 0,20 Zersetzte CO' 2 pro 100 C. Q. u. 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 4,02 100,0 Chrs. Kali . . . 3,96 98,7 Cuoammon . . . 0,40 9,9 Arbeiten a. d. bot. lnstitut in Wiirzburg. I. 5 66 Dk. W. IM kftkk. Zweite Versuchsreihe. Die in dieser Reihe neben Wasser gebrauchten Flilssigkeiten sind ammoniaknlische Lflsung von Orsellin und alkoholische Losungen von Anilin- violett und Anilinroth. I I . Ver such. 7. .Tuli. Blatter von Primus laurocerasus a 25 G. Q. Flache und 0,9 C. G. Volumen wurden wiihrend 4 Slunden , von 9 Uhr bis 1 Uhr exponirt. Durch weisse und graue Wolken, welche den Himrnel bedeckten, brach die Sonne nur dann und warm wahrend dieser Zeit; das Thermometer zeigte 22— 2f> G. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO 2 + Luft. G. Vol. = CO* Luft. V.25G.Q. in 4 Std. zersetztc CO 2 . Differenz der Volumina. C. C. c. c. C. C. C. C. Wasser . . Orsellin . . Anilinviole.lt Anilinroth . 73,12 = 7,87 + 65,25 72,38 = 7,71 -+- 64,67 72,60 = 7,36 + 65.24 72,52 = 7,71 -|- 64,81 73,15 = 3,60 69,55 72,41 = 5,03 + 67,38 72,59 = 5,66 -f- 66,93 72,36 = 6,64 + 65,72 4,27 2,68 1,70 1,07 + 0,03 0,03 — 0,01 — 0,16 ZersetzteCO 2 pro100 G. Q. in 1 Std. he- reon net. G. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 4,27 100,0 Orsellin .... 2,68 62,8 Anilinviolett . . 1,70 39,8 Anilinroth . . . 1,07 25,1 12. Versuch. 8. Juli. Prunus laurocerasus Blatter von 29 C. Q. Flache und 1,0 C. C. Vo- lumen wurden { Stunden, von 9 Uhr 15" bis 12 Uhr 15" exponirt. Die Sonne schien ohne Unterbrechung ; die Apparate waren mit Papierschirmen gedeckt. Thermometer 28 bis 31 C. I. Die Wirknng farbigen Lichtes nut die Zersetzung der Kohlensaure in Pflanzen. 67 Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz der Volumina. C. C. G. Vol. = CO 2 -f- Luft. C. C. G. Vol. = CO- + Luft. C. C. V.29 C.Q. in 3 Std. zersetzte CO 2 . C. C. W i i ^ s g r Orsellin . . Anilinviolett Anil in roth . n» co — 7 Kft _1_ fii n 72.66 = 8,60 + 64,06 70,42 = 6,00 + 64,42 71,22 = 6,82 H- 64,40 71,68 = 3,14 -}- 68,54 72,52 = 6,42 + 66,10 70,41 = 4,52 + 65,89 71,15 = 5,63 + 65,52 4,42 2,18 1,48 1,19 0,00 — 0,14 — 0,01 — 0,07 Zersetzte CO-' pro 100 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO* =100. Wasser .... 5,08 100,0 Orsellin .... 2,51 49,3 Anilinviolett . . 1,70 33,5 Anilinroth . . . 1,43 26,9 13. Versuch. 10. Juli, Die angewandten Blatter von Prunus laurocerasus wurden a 19 C. Q. Flache und 0,8 C. C. Volumen gefunden. Wahrend der dreistiindigen Expositionszeit, von 9 Uhr 30" bis 1"2 Uhr 30", schien die Sonne ununter- brochen und waren die Apparate mil Papierschirmen bedeckt. Thermome- ter 26—30 C. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO 2 + Luft. G. Vol. = CO 2 4- Luft. V. 19 C.Q. in 3 Std. zersetzte CO 2 . Differenz der Volumina. C. C. C. C. C. C. C. C. Wasser . . Orsellin . . Anilinviolett Anilinroth . 70,94 = 8,43 + 62,51 70,33 = 7,58 -|- 62,75 70,20 - 7,82 -|- 62,38 71,17 = 7,80 + 63,37 70,91 = 4,60 4- 66,31 70,19 = 5,58 -f- 64,61 70,05 = 6,14 4- 63,91 71,04 = 6,33 4- 64,71 3,83 2,00 1,68 1,47 — 0,03 — 0,14 — 0,15 — 0,13 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 6,72 100,0 Orsellin .... 3,51 52,2 Anilinviolett . . 2,95 43,9 Anilinroth . . . 2,58 38,4 68 1)b. W. Pfki i 1:1; 1 4. Ver such. 1 I . Juli. Mit Blattern von Prunus laurocerasus a 25 G. Q. Fliiche und 0,9 C. C. Volumen. Exponirt wurde von 9 Uhr 20" bis 12 Uhr 20", wahrend wel- cher Zeit das Sonnenlicht nur dann und warm von weissen Wolken ee- dampft wurde und die Apparate mit Scbirmen gedeckt waren. Thermo- meter 25—30 G. Vor Exposition. Nach Exposition. D'rfferenz tier Volumina. C. C. G. Vol. = CO-' + Luft. C. C. G. Vol. = CO 2 + Luft. c. c. V.25 G.Q. in 3 SUI. zersetzte CO-'. C. G. Wasser . . Orsellin . . Anilinviolett Anilinroth . 70,39 = 7,43 + 62,96 69,37 = 7,26 + 62,11 70,21 = 8,23 -j- 61,98 70,24 = 7,48 -f 62,76 70,20 = 2,48 + 67,72 69,19 = 4,59 -|- 6^,60 69,98 = 5,91 64,07 70,12 = 5,71 -f- 64,41 4,95 2,67 2,32 1,77 — 0,19 — 0,18 — 0,23 — 0,12 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. C. G. Hinter Wasser zer- setzte CO- =100. Wasser .... 6,60 100,0 Orsellin .... 3,56 53,9 Anilinviolett . . 3,09 46,9 Anilinroth . . . 2,36 35,8 15. Versuch. 12. Juli. Prunus laurocerasus Blatter, deren Flache a 20 G. Q. und deren Vo- lumen 1,0 C. C. wurden wahrend 5 Stunden, von 9 Uhr 5" bis 2 Uhr 5" exponirt. Wahrend dieser Zeit schien die Sonne theilweise, theilweise war sie mit weissen Wolken bedeckt; vor den Apparaten waren Papierschirme angebracht. Das Thermometer zeigte 26 — 29 C. Vor Exposition. /. Nach Exposition. Differenz der Volumina. C. G. (i. Vol. = CO' 2 + Lull, G. C. G. Vol. = CO' 2 + Luft. C. G. V.20 G.Q. in 5 Std. zersetzte CO 2 . C. G. Wasser . . Orsellin . . Anilinviote! I Anilinroth 69,67 = 7,98 -f- 61,69 69,26 = 7,50 -f-61,76 69,97 = 7,32 4~ 62,65 68,41 = 7,23 -f 61,18 69,50 = 2,61 + 66,89 69,07 = 4,22 4- 64,85 70,00 = 5,03 + 64,97 68,41 = 5,33 -f- 63,08 5,37 3,28 2,29 1,90 — 0,17 — 0,19 -f- 0,03 0,00 1. Die Wirkung farbig$n Lichtes aid die Zersetzung der Kohlensaure in Ptlanzen. 69 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. be- Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. rechnet. C. C. Wasser .... Orsellin .... Anilinviolett . . Anilinroth . . . 5,37 3,28 2,29 1,90 100,0 61,1 42,6 35,4 1 6. Versuch. II. Juli. Die Versuchsblalter von Prunus laurocerasus vvurden a ii C. Q. Fiache und 0,9 C. C. Volumen gefunden. Der Himmel war wahrend der fiinf- stundigen Versuchsdauer, von \) Uhr 30" bis 2 Uhr 30", mil weissen Wolken bedeckt, durch welche slellenweise die Sonne durchbrach. Thermometer 24 bis 30 C. Vor Exposition. Nach Exposition. Dillerenz dor Volumina. C. C. (i. Vol. = CO 2 -(- Luft. C. C. G. Vol. = CO 2 + Lutt, c. c. V.22 C. Q. in 5 Std. zersetzte CO 2 . C. C. Wasser . . Orsellin . . Anilinviolett Anilinroth . 71,80 = 7,77 + 64,03 71,42 = 7,23 + 64,19 71,12 = 6,99 -(- 64,13 70,61 = 7,07 + 63,54 71,53 = 1,45 + 70,08 71,34 = 3,56 + 67,78 71,03 = 4,33 + 66,70 70,44 = 4,74 4- 65,70 6,32 . 3,67 2,66 2,33 — 0,27 — 0,08 — 0,09 — 0,17 Zersetzte GO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. G. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 =100. Wasser .... 5,74 100,0 Orsellin .... 3,34 58,1 Anilinviolett . . 2,42 42,1 Anilinroth . . . 2,12 36,9 17. Versuch. 15. Juli. Nerium Oleander Blatter; von %% C. Q. Fiache und 0,9 C. C. Volumen wurden von 9 Uhr bis I Uhr cxponirt. Sonnenschein und von weissen Wolken bedeckter Himmel wahrend der Versuchsdauer. Thermometer 24—28 C. 70 Dk. W. Pfefjfer Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz dor Volumina. C. C. G. Vol. = CO 2 -f- Lutt. C. C. G. Vol. = CO 2 + Lutt. C. C. V. 22 G. Q. in 4 Std. zorsetzte CO 2 . C. C. Wasser . . 71,^5 = 7,60 -f- 63,85 71,41 = 1,05 + 70,36 6,55 — 0,04 Orsellin . . 71,30 = 8,02 + 63,28 71,24 = 4,66 + 66,58 3,36 — 0,06 Anilinviolett 71,62 = 7,41 + 64,21 71,55 = 4,90 + 66,65 2,51 — 0,07 Anilinroth . 71,06 = 7,54 -j- 63,52 70,93 = 5,23 + 65,70 2,31 — 0,13 Zersetzte CO 2 pro 100 G. Q. und 1 Std. bc- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 7,44 100,0 Orsellin .... 3,82 51,3 Anilinviolett . . 2,85 38,3 Anilinroth . . . 2,62 35,3 18. Versuch. 20. Juli. Oleanderblatter von 22 G. Q. Flache und 1,0 C. C. Volumen wurden von 8 Uhr 30" bis 1 1 Uhr 30" exponirt. Die Sonne war wahrend der Versuchszeit nur selten durch weisse Wolken verschleiert , die Apparate wurden durch Papierschirme beschattet. Thermometer 26 — 30 C. Vor Exposition. Nach Exposition. G. Vol. = CO 2 + Luft. G. Vol. = CO 2 + Luft. V. 22 G.Q. in 3 Std. zersetzte CO 2 . Differenz der Volumina. C. C. C. C. C. C. C. C. Wasser . . Orsellin . . Anilinviolett Anilinroth . 73,09 = 8,10 + 64,99 72,40 = 7,89 + 64,51 72,43 = 7,23 + 65,20 72,35 = 7,76 + 64,59 73,13 = 0,32 + 74,81 72,47 - 3,98 + 68,49 72,36 = 4,49 + 67,87 72,29 = 5,41 + 66,88 7,78 3,91 2,74 2,35 -h 0,04 + °> 07 — 0,07 — 0,06 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. he- rechnet. G. C. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 11,79 100,0 Orsellin .... 5,92 50,3 Anilinviolett . . 4,15 35,2 Anilinroth . . . 3,56 30,2 I. Die Wirkung farbigen Lichtes aut die Zersetzung clef Koblerisaure in Pflanzen. 71 19. Versuch. %\. Juii. Die zum Versuche ausgewahlten Oleanderblatter massen 21 C. Q. in der Flache und verdrangten 1,0 C. C. Wasser. Wahrend der dreistiindi- gen Versuchsdauer von 9 Uhr bis I i Uhr war der Himmcl fast fortwahrcnd von weissen Wolken bedeckt, nur selten brach einmal fiir Augenblicke die Sonne durch. Thermometer 2i bis 27 C. Vor Exposition. Nach Exposition. Difl'erenz der Volumina. C. C. G. Vol. = CO' 2 + Luff. C. C. G. Vol. = CO? + Luft. C. C. V.21 C. Q. in 3 Std. zersetztc C02. c. c. Wasser . . 72,31 = 7,29 + 65,02 72,05 = 2,62 -f- 69,43 4,67 — 0,26 Orsellin . . 71,83 = 8,15 + 63,68 71,45 = 5,91 + 65,54 2,24 — 0,38 Anilinvioletl 71,59 = 7,44 + 64,15 71,45 = 5,74 65,71 1,70 — 0,14 Anilinroth . 71,90 = 7,70 -f- 64,20 71,53 = 6,41 + 65,12 1,29 — 0,37 ZerselzteCO" 2 pro100 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Wasser zer- setzte CO-' = 100. Wasser .... 7,41 100,0 Orsellin .... 3,55 48,0 Anilinviolett . . 2,70 36,4 Anilinroth . . . 2,05 27,6 20. Versuch. 22. Juli. Blatter von Tinnantia undata von 18 C. Q. Flache und 0,7 C. G Vo- lumen wurden von 9 Uhr bis 1 Uhr exponirt. Der Ilimmel war wiihrend der Versuchszeit von grauen und weissen Woiken bedeckt, durch welche dann und wann Sonne durchbrach. Thermometer 23 bis 27 G. Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz der Volumina. C. C. G. Vol. = CO' 2 + Lut't. C. C. G. Vol. = CO 2 + Luft. C. C. V. 18C.Q. in 4 Std. zersetzte CO' 2 . C. C. Wasser . . 72,93 = 8,19 + 64,74 73,05 = 2,70 + 70,35 5,49 + 0,12 Orsellin . . 71,63 = 7,67 + 63,96 71,63 = 4,82 + 66,81 2,85 0,00 Anilinviolett 72,48 = 8,06 + 64,42 72,44 = 6,40 -}- 66,04 1,66 — 0,04 Anilinroth . 71,88 = 7,63 + 64,25 71,83 = 5,99 -|- 65,84 1,64 — 0,05 72 Dr. W. Pfeffer. Zersetzte CO 2 pro 1 00 C. Q. und 1 Std. be- rechnet . C. G. Hinter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. Wasser .... 7,62 100 Orsellin .... 3,96 51 '9 Anilinviolett . . 2,31 30,4 Anilinroth . . . 2,28 29,9 Die bciden folgenden Versuche sind in die Mittelzahlcn nicht aufge- genommen , doch fllhre ich dieselben bier auf, urn alle angestellten Ver- suche wiederzugeben und mich nicht dem Vorwurf auszusetzen , eine passende Auswahl unter den gevvonnenen Zahlen getroflen zu haben. Bcim 21. Versuch ist hinter dem Anilinroth excessiv viel CO 2 zcrsetzt worden, die iibrigen Werthe stiminen aber rccht gut mit den sonst fftr die betreffenden Medien gewonnenen Zahlen. Beim 21. Versuch war hinter Wasser alle Kohlensaure zersetzt, berechnet man aber z. B. nach der fur Orsellin aus 10 Versuchen gewonnenen Mittelzahl, wie es unten geschehen ist, die pro- ccntischen Mengen von Kohlensaure, wclche hinter Anilinviolett und Anilin- roth zersetzt vvurden, so ergeben sich auch hier Werthe, welche innerhalb der Amplitude der sonst fur diese Medien gefundenen Zahlen zu liegen kommen. Es ware also allein der fiir Anilinroth beim Versuch 21 gefun- dene Werth, welcher fehlerhaft, offenbar viel zu hoch, ausgefallen ist; eine Ursache hierfiir vermag ich nicht anzugeben. 21. Versuch. 6. Juli. Blatter von Prunus laurocerasus a 24 C. Q. und 1,0 C. C. Volumen wurden von 9 Uhr 1 5" bis 1 2 Uhr 1 5" exponirt. Wahrend des dauernden Sonnenscheins waren die Apparate mit Papierschirmen beschattet. Thermo- meter 24 bis 28 C. Vor Exposition. Nach Exposition. Dffierenz der Vohimina, c. c. (i. Vol. = GO 2 -f Lttft. c. c. (i. Vol. = CO 2 -f- Lull. C. C. V. 24C.Q. in 3 Std. zersetzte CO 2 . C. G. Wasser . . 73,21^7,34 -J- 65,87 7 :t , 1 2 = 2,29 + 70,83 5,05 — 0,09 Orsellin . . 72,23 = 6,99 -|- 65,2/. 72,08 = 4,02 + 68,06 2,97 — 0,15 Anilinviolett 72,70 = 7,37 + 65,83 72,67 = 5,28 + 67,39 2,09 — 0,03 Anilinroth . 71 ,91 = 7,02 + 64,89 71,77 = 4,09 + 67,68 2,93 — 0,14 1. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in Ptlanzen. 73 Zersetzte CO 2 pro 100 C. Q. und 1 Std. be- rechnct. C. C. II inter Wasser zer- setzte CO 2 = 100. V V dWC I • • • 7 01 100 Orsellin .... 4,' 12 58^2 Anilinviolett . . 2,90 41,4 Anilinroth . . . 4,07 58,0 22. Vers uc h. 1 9.. Juli. Die verwandlen Oleanderbl<er wurden zu 23 G. Q. Flaehe und l,0 C. C. Volumen gefunden. Wahrcnd der Versuchszeit, von 9 Uhr bis I Uhr, war die Sonne nur selten durch weisse Wolken verschleiert , die Apparate waren mil Papiersehirmen l)edeckt. Temperatur 25 — 29 C. Vor Exposition. Nach Exposition. Differenz dei" Volumina. C. C. G. Vol. = CO- + Luffc. c. c. G. Vol. = CO 2 + Lufl. C. C. V. 23C.Q. in 4 Std. zersetzte CO 2 C. C. Wasser . . 72,43 = 8,18 -(- 64,25 72,10 = + 72,12* — 0,33 Orsellin . . 72,81 = 8,10 -\- 64,71 72,67 = 1,47 -f- 71,20 6,63 — 0,14 Anilinviolett 72,12 = 7,62 + 64,50 71,73 = 3,99 + 67,74 3,63 — 0,39 Anilinroth . 72,49 = 7,66 -f 64,83 72,23 = 4,29 + 67,94 3,37 — 0,26 Zersetzte CO 2 pro 1 00 C. Q. und 1 Std. be- rechnet. C. C. Hinter Orsellin zer- setzte CO 2 = 53,9. Wasser .... ? ? Orsellin .... 7,21 53,9 Anilinviolett . . 3,94 29,5 Anilinroth . . . 3,66 27, 4 *) Diese Zahl berechnete sich aus den Ablesungen nach Zusatz von Kalilauge. Dritte Versuchsreihe. Die hier in Anwendung gekommene Lbsung von Jod in Schwci'elkohlcn- stotV war so concentrirt, dass auch in direkter Sonne kein sichtbares Liclit durchdrang. Die Chlorophylllosung wurde,^wie schon friiher angegeben, nach den beiden ersten Versuchen durch neue, iibrigens ganz gleiche Losung ersetzi. Im letzten,- 27. Versuch, ist aber eine Lbsung angewandt, welche n die Flaehe und (lurch die beiden Vcgetationspunkte gefuhrfcr Schaitt aus eincr rcifen Brutknospe von Marchantia polymorpha ; a. die hyalinen zu Wurzelhaaren auswachsenden Zellen; b. mit eigenthumlichem Inhalt erfullte Zellc; d. die Fliigel der Buchtcn, in welchen die Veiietationspunkte e liegen. Vcrgrosserung l6B/ t . angefiilU. Einzelne von einer braunlichen Masse unbekannter Natur erfullte Zellen (b. in d. Fig.), die auch im ausgebildeten. Thallus von Marchantia ge- funden werden, haben fur uns kein weiteres Interesse , urn so mehr aber die von farblosem Inhalt erfuilten und von Starke freien oberflachlichen Zellen (a), welche besonders auf dem mittleren Areale beider Seiten der Brutknospen zahlreich vorhanden und gewohnlich auch durch ihre Grosse ein klein wenig ausgezeichnet sind. Die Wurzelhaare nehmen namlich allein aus diesen Zellen ihren Ursprung, indem sich dieselben einfach hervor- stiilpen und zu dem schlauchformigen Haare heranwachsen. Die Wurzel- haare producirenden Zellen sind also an den Brutknospen schon durch ihren Inhalt ausgezeichnet, wie es auch am Thallus vom Marchantia der Fall zu sein scheint. Auch an den griinen Wurzeln von Hydrocharis morsus ranae diirften die Wurzelhaare wohl nur aus den hyalinen Zellen entspringen, 1) Ausfiihrlich untcrsucht von Nageli in Zeitschrft, f. vviss. Bot. von Nageli u. Schlei- dex lift. 2, p. 150. Vgl. auch Sachs Lehrb., 2. Aufl., Fig. 214 auf p. 288. 80 Dr. W. P*effer. springen, welche binter dem Vegetationspunkt zwischen chlorophyllhaltigen liegen. 1 ) Es wild vortheilhaft sein Einiges iiber allgemeine Keimungsbedingungen vorauszuschicken , urn bei der Auseinandersetzung der Experimente mich moglichst kurz fassen zu konnen. Im Dunklen entwickeln die Brutknospen entiweder gar keine oder doch nur sparliche Wurzelhaare, welche aber nie bedeutende Li'mge erreiehen und auch spiiter als am Lichte erseheinen. Weiter aber entwickeln sich die Brutknospen, obgleich sie doch eine grosse Menge Starke enlhallen, im Dunkeln in keinem Falle und verhalten sich also almlich wie Sporen von Farrenkrautern und Moosen, welche, wie Borodin 2 ) zeigte, bei Ausschluss von Licht nicht keimen , obgleich sie mit Ueservestotfen angefullt sind. Die eigenthiimliche mattgrune Farbe, welche die Brutknospen bald nach Verfinsterung annehmen, riihrt von der hier sehr ausgesprochenen Wanderung der Chlorophyllkbrner auf die Seitenwiinde der Zellen her. Im diffusen Tageslicht entwickeln sich die Wurzelhaare wohl immer, aber das Heranwachsen der Seitensprosse erfolgt sehr viel langsamer, als bei gentigender Beleuchtung. Es tritt dieses besonders auf- fallend hervor, wenn an einem verlikal gestellten Torfstiickchen die dem Fenster zugewandte und abgewandte Seite gleichzeitig besaet wird. Aber auch w 7 enn in gentigendem Maasse Feuchtigkeit und Beleuchtung geboten werden, so zeigt sich doch die Zeit bis zu welcher Wurzelhaare er- seheinen, von der Temperatur sehr abhangig. Fur diese Minimum, Maxi- mum und Optimum kennen zu lernen lag nicht in meiner Absicht, und so mogen nur einige ganz aligemeine Angaben hier Platz finden. Abgesehen da von , dass auch die aus demselben Korbchen entnommenen Brutknospen sich mit ungleicher Schnelligkeit entwickeln, vergingen bei 14 bis 1 8° C. meist 4 bis 5 Tage, ehe die ersten Wurzelhaare zum Vorschein kamen, wahrend dieselben bei Temperaturen iiber 20 G. wohl immer in % Tagen, ja bei besonders warmen Wetter sogar in 24 Stunden an einem Theil der ausgesaeten Brutknospen wenigstens, gebildet waren. Ebenso ist die wei- tere Entwicklung der Brutknospen neben der Beleuchtung in hohem Grade von der Temperatur abhangig, im gunstigsten Falle waren Spaltoftnungen auf der Oberseite der heranwachsenden Seitensprosse 7 Tage nach der Aussaat gebildet. Bei der Mehrzahl meiner Versuche kamen Wurzelhaare nach \ 7'2 bis 2 Tagen, SpaltofFnungen nach 10 bis 14 Tagen zum Vor- schein. Wahrend bei den in gewolmlicher Lage angestellten Aussaaten nur auf der dem Substrat aufliegenden Seite Wurzelhaare erseheinen, werden diese 1) An den Wurzoln von Lycopodion hilden sich die Wurzelhaare aus keilformigen /cllcii, welche an der grundsichtigen Seite der Epidermiszellen abgeschnitten werden. NBgeli u. Leilgeb, BeiUiige z. \\ iss. Bot. Bft. IV, |>. 144 in Taf. XVII, Fig. 8 u. 9. 2) M61ang biolog. lues d. Hull. d. I'Academ. d. si. Petersbourg, 1 867, I VI, p, »31 ff, 11. Studies) uher Symmetrie und specilische Wachsthumsursachen. Si auf beiden Seiten gebildet, wenn die dem Substrate anliegende Seite der Brutknospe die zenithwarts, die freie die aufwarts gewandte Seite ist. Zu solchen Aussaaten benutzte ich mit Vortheil Feuehtkammern denen ahnlich, welche Hoffman x ') bei seinen Keimungsversuchen mit Pilzsporen anwandte. Es bestehen dieselben aus zwei grossen Objekttragern von etwa 100 bis 1 I Mm. Liinge und 50 bis 60 Mm. Breite und einem el)enso grossen dicken Pappdeckel , aus welchem ein rechteckiger Raum von etwa 50 Mm. Liinge und 30 Mm. Breite weggenommen und ausserdem noch eine schmale Rinne ausgeschnitten ist, welche von dem rechteckigen Fenster zu einer der schma- len Seiten fuhrt. Eine der Glasscheiben ist auf einer Seite mit schwarzem Papier uberklebt oder mit schwarzem undurchsichtigem Lack iiberzogen, auf die andere Seite derselben wird ein Stuck angefeuchtetes graues oder Weisses Fliespapier gelegt, der ausgeschnittene und zuvor mit Wasser durch- trankte Pappdeckel aufgesetzt und auf die durchsehende rechteckige Papier- Qache die Aussaat der Brutknospen gemacht. Nun deckt man auf die an- dere Seite des Pappdeckels die zweite Glasscheibe und halt die Feucht- ka miner durch umgelegte Faden oder Kautschuckbiinder fest zusammen. Der Apparat wird nun, die schwarze Glastafel nach oben , hinter einem Fenster und zwar hoch iiber dem Fensterbrett und dicht hinter die Glas- scheiben postirt, zu welchem Zwecke ich denselben auf eine aus starkem Eisendraht zusammengebogene Gabel lege , die selbst an einem Holzstab befestigt ist, welcher durch eine Klammer festgehalten wird. Zwischen Pappdeckel und Papier der Feuchtkammer klemme ich noch einen Saug- docht, welchen ich mit dem anderen Ende in ein mit Wasser angefulltes Glas, das an den Holzstab angehangt wird, tauchen lasse. So ist auch fiir geniigende Feuchtigkeit immer gesorgt, wahrend Luftwechsel durch die t iiigL'Schnittene Rinne stattfindet. Um der erdwiirts gewandten Seite der Brutknospen mbglichst viel Licht zuzuwenden, gebe ich dem Apparat eine etwas geneigte Lage, so dass er einen nach dem Fenster zu geoffneten Winkel von etwa 20 Graden mit dem Horizont bildet. Dass die so gebotene Beieuchtung geniigend ist, hierfur ist das schbne Gedeihen der Brutknospen ein sicheres Reagens, da wie schon gesagt, die Entwicklung im stark diffu- sem Tageslicht nur langsam fortschreitet. In solchen Feuchtkammei-n wurden sechs Aussaaten, je mit 30 bis 40 Brutknospen vorgenommen, die immer zu gleichem Resultat fiihrten; sowohl auf der dem Papier anliegenden , als auch auf der der Erde zugewandten und beleuchteten Seite der Brutknospe erschienen gleichzeitig zahlreiche Wurzelhaare. Ganz gleicher Erfolg wurdo aber auch erzielt, wenn statt der oberen einseitig verdunkelten Glasplatte eine durchsichtige genommen und die Aussaat der Brutknospen nicht auf Papier, sondern direkt auf die innere Glaswand vorgenommen wurde. Brachte ich aber Brutknospen auf 1) Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. 2, p. 298. Arbeiten a. d.bot. Institut in Wurzburg. I. 6 S2 Dlt. W. PpEFl i B die untere Glastafel , gleicfcviel ob die obere verdunkelt odor durchsicbtig war, so trieben jene immer nur auf elite* , dor erdw&its gerichfajftta und heleuebteten Seite Wurzelhaare , wiihrend die andere dem Zenith mgu- wandte and koinom Substrot anliegeude Seite keine produzirte. Aus diesen VersUefaen tolgt also, wie es auch andere Experiruente be- stiitigen werden, dass das Licbt dem Hervorwachsen dor Wurzeihaare kein Hinderniss isl. Kin etwaiger Kinwand, cbss das Heranwaehsen dor Wur/ol- liaaro zur Nachtzcit geschehen sei, wird aber unwiderruflich durch folgen- dos zweimal wiederholtes Experiment beseitigt. In eirje Feuchtkammer wurdon Abends Brutknospen ausgesaet und jene mil ihrer gesehwarzfcen Glaslafol auf einen Tisch gelegt, so dass also tiber Nachl die dem Papier nicht anliegenden Seiten dor Brutknospen zoniihwaris gerichtet waren. Fruh Mortons, bis wohin von Wurzolhaaren noch nichts zu morken war, wurde nun dor Apparat fainter etnem Fonstor in umgckohrte Steljung gebracbt und an einem besondors warm en Tage hatte ein Theil der Brutknospen schon bis zum Abend Wurzelhaare, aber immer wieder auf beiden Seiten gebildet. Abends wurde die Feuchtkammer wieder wie zuerst auf einen Tisch ge- legt, um am nachsten Morgen von Neuem in umgekehrter Lage, die freie Seite der Brutknospen nach unten gewandt, auf die Drahtgabel gebracbt zu werden. An diesem zweiten Tage hatte auch der Rest der Brutknospen auf beiden Seiten Wurzelhaare gelrieben, die, wie wir aber wissen , auf dor zenithwiirls gewandlen Seite, wonn diese keinem Substrate anliegt, nicht gobildet werden. Dahingegen kommen auch an dieser, wie die ebon augofiihrten Experimente zeigen, immer dann Wurzelhaare zum Vorschein, vvenn dieselbe mit einem Substrate in Beruhrung slehf, wahrend - die der Fade zugewandte Seite unier alien Umstanden , gleichviol ob einem Sub- strate anliegend oder nicht, Wurzelhaare treibt; selbstversti'mdlich nur dann, vvenn die zur Entvvicklung nothwendigen Bedingungen, wie Feuchtigkoit und Warme gegeben sind. Wir sehen also unter dem alloinigen Einfluss einer vertikal abwiirls wirkendeaa Kraft Wurzelhaare horvorwachsen, und dass diese Kraft nur die Gravitation soin kann , folgt auch aus den noch mitzutheilenden , im Cen- trifugalapparat angestellten Versuchen. Ferner zeigen die obigen Experi- mente, dass auch durch Beruhrung mil einem Korper eine Kraft gowonnon wird, welcbe fur sich allein im Slande isl, die Froduklion von Wurzolhaaren an dor boriihrton Seite zu veranlassen; denn, wie wir wissen, ersoheinen diese nur dann an dor zenithwiirls gewandlen Brulknosponscilo, wenn diese einem Substrate anliegt. Da ein gleicbes Besullat erziell wurde, wenn die obere Platte unserer Feuehlkammer aus durehsiehligem Glase besland, aid' welches inimillelbar ausgesiiel wurde, so kann die Yordunkelung der obolon Brutknospenseite keine Ursacho soin, und zudem wissen wir ja auch, dass Fiehl das I lervorw ;iehsen \<>n Wur/elhaaren nicht hinderl. Fbenso wenig kann die Veranlassung zur Wurzelhaarbildung auf dor Zenithseite in dem 11. Studien iiber Symmetric imd speeffiscKe Wachsthtimsui^a chen. 83 Wasser liegen . welches sich in fliissiger Form zwischeo ^Brutknospe and Substrat ansammelt, denn auch auf der erdwSrts gewandten und freien Seite erseheinen Wurzelhaare, und zudem zeigen weilerhin mitzu- theilende Versuehe, dass, wie auch bei Ranken und schlingenden Sta^mmen, die Beruhrung mil Wasser nicht wie die mit einem s'oliden Korper wirkt. Die Soblasse, welche sich aus den in den Fe uchtka mm era mit mehr ate 250 Brutknospen und immer mit entsprechendem Besultate angesteliteu Experimenten mit Sicherheit ableiten lassen, sind also, uni es hier noeh einmal zu wiederholen, folgende: durch Beleuchtung wird das Hervorwachsen von Wurzelhaaren auf dor von Licht getroffenen Seite in keiner Weiso ver- bindert, und femer: sowohl unler der nlleinigen Wirkung der Erdschwere, wir auch unter dor alloinigen Wirkung des Gontaktes mit einem soliden Korper werden Wurzelhaare aus don Brutknospon von Marchanlia hervor- gelockt, wenn nur gowisso nothwendige Keimungsbedingungen , geniigendo Feucbtigkeit, Temperatur und auch Boleuchtung dargeboten sind. Schon aus don obigen Versuchen zog ich dioso in dor Thai da mit vollig ervvioso- nen Schlllsse, am andere bestatigende Experimente nun um so bequomor und fasslichor darstellen zu konnen. Die folgonden Versuehe wurden in einem vortreff'lichen , fm hiesigen Laboralorium befindlichen Centrifugalapparat angestellt, welcher durch ein Uhrwerk in Bewegung geseizt wird. Aus Torf, wie or zu Cul- tural] angewandl wird. wurden droi gleicbgrosse Stiickchen von etwa £0 Mm. Breite, 20 Mm. Ilohe und 10 Mm. Dicke goschnitten und nach dem Anfeuchten jo eine der breiten Seiten mit 30 bis 40 Brutknospen von Marchantia besiiet. Auf eine kreisformige Kofkscheibo wurden zwei Torfsttickchen in vertikaler Stellung befestigt, und zwar so, dass bei dem einen die besaete Seite nach innon, bei dem anderon nach aussen gewandl, bei beidon aber voni Centrum der Scbeibe etwa gleichweit, 40 Mm., ent- fernt war; das dritte Torfstttckchen kam in horizontalo Stellung, die besaete Seiie ze n i thwarts gewandt. Nachdem die Korkschoibe mit Wasser durch- irankt und iiber dieselbe ein gut anschliossendos cylindrisches Glasgel'ass gedruckt war, wurde die Scbeibe auf dor vorlikalstehendon Axe des Cen- trifuga lappa rates befestigt, so dass sie in horizontalo Rotation versetzt wurde. Der Apparat lief ohne Unterbrechung vom Morgen des 15. bis zum Morgen des IS. Mais mit 6 Drehungen in der Secunde, was bei einer Rotationsaxe von 40 Mm. einer Centrifugalkraft von ziemlich genau 57 Meter entspricbt. Bereits nach I '/j Tagen batten die Brutknospon bei einer Zimmertemperatur von 20 bis 34 G. Wurzelhaare getrieben, und nach 3 Tagen, bei Beendigung des Versuches, waren auch die entwicklungsfahigen Sprosso schon morklich herangewachsen. Bei dem TorfstUckchon, dessen besaete Fliiche dem Rotationsmittelj)unkt zugewandt war, wirfcte also Centrifugalkraft und Gontakt auf die gleiche, radial nach aussen gewandte Seite, und ganz "allein auf dieser batten sich Wurzelhaare gebildet. Hingegen waren bei den anderen Torfstttckchen, ' . 6* 84 Dr. VV. PfEffek. wie zu erwarten war, auf beiden Brutknospenseiten Wurzelhaare bervor- gewachsen; denn hier lag die der Rotationsaxe zugewandte Seite der Knospen dem Substrate an, wahrend die nacb aussen gekehrte Seite unter dem Zuge der an die Stelle der Erdschwere getretenen Schleuderkraft stand. Bei diesem Versuche befanden sich also die Brutjtnospen in einer analogen Situation, wie die in den Feuchtkammern auf die Innenseite der zeni thwarts gekehrten Platte ausgesUeten. Die auf dem dritten Torfstiickchen ausge- siieten Brutknospen tagen niit ihrer erdwiirts gewandten Seite dem Substrate auf und batten auch, gfanz der Erwartung gemass, allein auf dieser Wurzel- haare produzirt. Nicht weniger belehrend ist der folgende Versucb. Auf angefeuchtetes Papier, welches auf einen ObjekttrSger ausgebreitet war, wurden etwa iO Brutknospen gesaet und nun auch deren aufwarts gekehrte Seite mit einem anderen Stuck sehr dunnen Fliespapiers bedeckt und dieses ganz sanft an- gedruckt; durch einen aufgelegten, mit dem anderen Ende in Wasser tauchenden Streif Fliespapier wurde fur bestandige Feuchtigkeit gesorgt. Nach zwei Tagen hatten beide Seiten der Brutknospe, die nach unten ge- wandte also unter gleichsinniger Wirkung von Contakt und Schwere, die obere unter dem Einfluss des Contaktes Wurzelhaare gebildet. Bei einer anderen gleichzeitig in gewohnlicher Weise auf Papier gemachten Aussaat, welcbe mit der vorigen unter derselben Glocke gestanden hatte, waren nach zwei Tagen nur auf der dem Substrat anliegenden Unterseite Wurzelhaare hervorgewachsen. Vertikal gestellte Brutknospen (d. h. die grbsste Medianebene senkrecht) trieben immer auf beiden, der dem Substrat anliegenden und freien Seite Wurzelhaare , sowohl bei Aussaaten , welche auf Torfstuckchen , als bei anderen, welche in der fruher beschriebenen Feuchtkammer angestellt wurden. Auch hier zeigte sich wieder sehr schon, dass Beleuchtung das Hervorwachsen der Wurzelhaare nicht vcrhindert, denn diese waren auf beiden Seiten der Brutknospe in gleicher Ueppigkeit gebildet, wenn auch die freie Seite den direkten Sonnenstrahlen ausgesetzt wurde. Gleicher Erfolg wurde auch erzielt, wenn beide Seiten der vertikal gestellten Brut- knospe beleuchtet wurden. Diese Experimente sind bequem mil einer au5 zwei durchsichtigen Glastafeln zusammengestellten Feuehtkammer anzustellen, itidem man die Brutknospen direkt auf die Glaswande aussaet und die Kammer senkrecht und rechtwinklie gegen eine Fensterscheibe aufstellt. Wahrend das Hervorwachsen der Wurzelhaare auf der dem Substrat anliegenden Seite ohne weiteres als Wirkung des Contaktes verstiindlicb ist, kann hier die Schwerkraft allein die Produktion von Wurzelhaaren auf der freien Seite nichi erklaren. Die beiden Seiten der Brutknospen sind bekannllieh von sanft gewolb- ten Flachen begrftnzt und wenn ein jener trennender MedianschniU genau senkrechl steht, s<. wirkf der Zug der Schwere, wenn auch unter sehr it Studien iiber Symmetric and gpecifische Wachsthumsursachen. 85 spitzcm Winkel aiigreifend, nur auf die unlere Halite dor Brutknospenseile zu Gunslen der Wurzelhaarproduktion , wahrend auf der obercn liaifle die Gravitation dem Ilcrauswachsen der Wurzelhaare sogar ein Hinderniss sein muss, wenn einc solche hemmende Wirkung der Erdschwcrc iiberhaupfc zukommt. Die folgenden Experimente wcrden hier Aufklarung geben. Auf Papier, welches iiber Glaslafeln ausgebreitet war, sliete ich Brut- knospen , mit besonderer Sorgfalt die grosste Medianebene dem Substrate parallel legend und neigte die Glasplatten in einem mit etwa 20 Grad nach dem Zenith gebffneten Winkel gegen die Verlikalc. In dieser Lage fcsl- gchalten brachte die bei weitem ttberwiegende Zahl der Brutknospen auf beiden Seiten Wurzelhaare hervor, doch vvaren diese oftcrs augenscheinlieh spiirlicher auf der freien als auf der anderen Seite gel)ildet, und bei etwa 8 Procent der Aussaat (es wurden 3 Aussaaten mit zusammen ungefahr 100 Brutknospen gemacht) fehlten Wurzelhaare auf der dem Substrat nicht anliegenden Seile ganzlich. Bei anderen, in gleichcr Weise angestclllen Aussaaten steigerte ich die Neigung der Glasplatten auf etwa 15 Grad, und dann kamen bei hochstens dem zehnten Thcil der angewandten Brutknospen [bei \ Aussaaten mit etwa 1 40 Brutknospen) und bei diescm auch nur sparliche Wurzelhaare auf der freien, aufwarts ge wand ten Seite zuiii Vor- schein. Alio diese Aussaaten wurden gegen ein Ost- oder Siidfenster ge- richtet unter ciner Glasglocke gehalten und dem Papier durch eineu auf- gelegten, mil dem anderen Ende in Wasser lauchenderi Papierstreifen fori— wahrend Feuchtigkeit zugefiihrt. Auf der freien Seite vertikal gestellter Brutknospen wcrden also sehr zahlreiche Wurzelhaare gebildet, wahrend bei horizontaler Lage auf der zenithwarts gewandten Seite gar keine zum Vorschcin kommen. Diese Fakta und die Resultate, welchc bei Aussaaten auf Glasplatten, die 20 oder i*) Grad gegen die Vertikale geneigt waren, erhalten wurden, zwingen zu folgendem , mit alien Thatsachen in volligem Einklang stehenden Schluss : Sind die nothwendigen Keimungsbedingungen gegeben, so wird in den Brutknospen sclbst cine Kraft erzeugt — sie wird ferncr »eigene Kraft « genannt werden — welchc bestrebt ist, die hyalincn Zcllen zu Wurzel- haaren auswachscn zu machen, dieses Bestrebcn aber wird durch die Erd- schwere Uberwaltigt, wenn diese mit Uberwiegender Energie der Wachs- thumsrichtung entgegenwirkt. Diosc cigene Kraft wollcn wir uns als erne zu den, an Punktcn der con- vexen Flachen der Brutknospen angelegten Tangenten rechtwinkelige und nacn Ausscn wirkende vorstellen. Diese wird dann an Brutknospen, welche in einem zenithwarts geoffneten Winkel gegeu die Vertikale geneigt sind, das Hervorwachscn von Wurzclhaaren nicht mehr veranlasscn konnen, wenn die aus der eignen Kraft und der Schwerkraft resultirende Diagonalkraft mit der Tangente eines Punktes zusammenfallt, oder einen spitzeren Winkel als diese mit dem Erdradius bildet, Jedenfalls ist die in den Brutknospen 86 Dr- W. Pfeffkr. entwickelte Kraft, vemioge welcher Wurzelhaare hervorgelrieben vyerden, wcscntlich geringer als die Wirkung der Sehwere, da bej horizontaler Lage dcr Brutknospen Wurzelhaare auf dor Obcrscite gar nicht mehr gebildet werden und deren Produktion auch schon boi einer Neigung von iij Grad gegen das Lolh fast ganz aufgehoben 1st. Auch in dom Ccntrifugalvorsuch linden unscre obigen Schliisse ihrc Bcstatigung, denn hier, wo die Gravitation zurti grtfssten Theil durch eine horizontal vvirkoudc Schloudorkraft ttberwogen wird, wuchsen auch bei den vertikal gestellten Brutknospen auf dor freien, dem Botationscentrum zuge- wandlon Seite koine Wurzelhaare a us. Welcher Ail diese eigene Kraft ist, und wie sie in den Brutknospcn entwickelt wild, beruhrt hier natiirlich nicht und ist iiberha.upt eine Frage, die ebon so wenig zur Zeit einer BeanUvorlung fahig ist, wie etwa die Causalitat der Neubildung oder des Ilervorwachsens boliobiger Organc. Die ebon und bereits frtther gczogenen Schlttsse stehen durch a us nicht in einem Widerspruch. Durch Beruhrung mil eineni soliden Substrate wird ebon wieder eine Kraft gewonnen, welche niindeslens im Stande ist die hennnende Wirkung aufzuheben, welche die Erdschwere dem lleran- wachscn der Wurzelhaare auf einer zenithwarts gewandten Brutknospon- seite entgegensetzt. Ausserdem muss die Erdschwere 1 aber auch, wenn sie die eigene Kraft unterdriicken kann, bei gleichsinnigor Wirkung das Ilervor- wachsen dcr Wurzelhaare befordern. Nur bei einem mit etwa 40 Brutknospen angostellten Versuche , .einer Aussaat auf Papier, hattcn sich bei nur 6 Brutknospen cinigo ganz vcrcin- zeltc Wurzelhaare auf der zenithwarts gewandten und freicn Seile ge- bildet. Wenn ich hierfur auch keinen Grund anzugeben verinag, so ist doch diese vereinzelte Ausnahme bedeutungslos, da bei etwa 500 in hori- zontaler Lagc cullivirten Brutknospcn die freic Obcrscite stcts ohne Wurzelhaare blieb. Auf Wasser schwimmende Brutknospen treiben ebenso schnell wie bei anderen Aussaaten Wurzelhaare und, wie es ja auch anders nicht zu erwarten war, allein auf der untercn Seite. Wichtig aber ist, dass auch danii nur auf der Untcrseite Wurzelhaare zuin Vorschein kommen , wenn die Brutknospen mil einer Wasscrschicht bedeckt sind. Ich stellte diese Experimente mit (lichen Uhrschalen an auf deren angefeuohtete Innenwand ich die auszusaeriden Brutknospcn brachte und nun das Wasser fast vollig vei'dunsten liess. Die Brutknospen haften jetzt lest genug an den Glas- wariden, um ruhig liegen zu bleiben, wenn man das Uhrschalchen vor- * sichtig mit Wasser anfullt, was am heston geschieht indem man eiri Glas- siiihchcn auf Am Grund der Senate setzt und das Wasser an diesem herab- rinnen l;isst. Uebrigens bleibt auch dann immer eine An/ahl Brutknospen auf dem Grunde des Schalchens liegen, wenn mini dieselben mil einer Messerspitzc pk>tzlich imler Wasser fuhrl. - II. SUidien liber Svmmetrie und >peeilische WachSt^umsursaCfaen 87 Audi unter einer wenige Millimeter hoheH Wasserschicht komnien die Wurzelhaare ebenso schncll wie sonst zum Vorschein , aber wie gesagt i miner nur auf dor erdwarts gewandten Seite. Dass diese audi dor G las- wand anliegt, ist gleichgtiltig , da dicselbe ohnehin unter dor Wirkung der Schwere Wurzelhaare getrieben haben wiirdc. Aus diesen Versuchcn folgt also ganz unwiderleglich , dass die Bertihrung mil Wasser nicht wie die mil einem soliden Kbrper wirkt, was nach Darwin l ) audi in gleicher Weise fttr reizbarc Ranken gilt. Uebrigens muss das Uhrschalchen, in welchem (mho Aussaat vorgenommen wird, vor Erschutterungen gehutet werden, da- rait nicht durch Urakippen von Brutknospen Tauschungen veranlasst werden. Es wtlrde iiberfliissig sein, speziell die mit Wasseraussaaten angestetl- ten Experimente aufzufuhren , welehe gleichfalls wieder zeigen, dass das Hervorwachsen dor Wurzelhaare, audi wenn die betreffende Soite be- leuchtet ist, nicht beeintrachtigt wird. Die Versuche ftihrteri stots zu gleiehem Resultat, wenn die Uhrschale unten verdunkelt war, odor wenn durch einen Spiegel refleTttirtes Licht von union her in das Wasser fiel, wobei cs wieder gleichgtiltig war 3 ob audi von oben Licht zutrat, odor ob das Uhr- schalchen mit einer geschwarzten Platte tiberdeckt war. lm Duriklen treiben die Brutknospen von Marchantia , wie ich schon friiher sagte, Lmmer nur theilweise odor audi gar nicht Wurzelhaare, auch kamen diese in der Regel um etwa einen Tag spater zum Vorschein , als an gleichzeitig gemachten and bei gleicher Temperatur gehaltenen Aussaaten, welche dem Licht ausgesetzt waren. Bei einigen, wo gleichzeitig auf Wasser und Papier oder Tori" ausges&et und mit demselben schwarzon Recipienteri verdunkelt wurde, trieb aul" dem Wasser oinc rolativ entschieden grossere Anzahl von Brutknospen Wurzelhaare als auf don andcren genannton S'ub- straten, doch diirfte dieses wohl oin zufalliges Zusammentroffen gewesen sein, und so habe ich audi die Sacbe nicht weitor vorfolgt. Im iibrigon gelten im Dunkeln, wenn uberhaupt Wurzelhaare gebildet werden. fur dorcn Erseheinen die gloichen Geselze, w io wir sie bei Culturon am Licht kenncn gelernt haben. Audi hier bitdete die zenith warts gewandle Seito der Brut- knospen nur dann Wurzelhaare, wenn sie einem Substrate anlag, und bei vertikaler Stellung erschienen dieselberi gleichfalls auf beidon Seilen der Brutknospe. Es sei hier noch bemerktj dass auch die durch zu den Flachcn senk- rechte Schnitte in zwei odor drei Stiicke zerlegteri Brutknospen Wurzel- haare, ja zuweilen schneller als die uuvcrsehi len Knospen treiben. Ferner will ich hier ein Experiment wenigslens erwahnen , das, wie cs zu or- warten war, zeigt, dass Brutknospen, urn sich welter entwickeln zukonnen, nothwendig flussiges Wasser aufnehmen mtisscn. Etwa 50 Bi'utknospon blieben auf trockenem Papier liegend in einem vollig dampfgesattigten Raum 1 ICIx'i die Bewegung voij Schlingpflanzcn. Im Auszug in Flora 1866, p. 323, SS Dr. W. Pfeffer. wahrend 12 Tatjen hinter dem Nordfenster eines Zimmcrs stehen , dessen Tcmpcratur wahrend dieserganzen Zeit nur zwischen 19 und 21 C. schwankle, ohne dass irgend cin Wurzolhaar zum Vorschcin gekommen ware, obgleich die Brutknospen nur sehr wenig von ihrcm Turgor eingebUsst haiten. Als nach dicser Zcii das Papier durch Wasser feucht gchalten wurde , waren nach zwei Tagen hinter dcmsclben Fenster Wurzelhaarc hervorgewachsen. Liegi die Unterseitc einer Brutknospc cinern Substrate auf, so wirken auf jene Schwerkraft und Contakt zusammen, wahrend wenn die zenith- warts gewandtc Scitc einem Substrate anliegt, die Wurzelhaarc auf dieser Seite der Brutknospc unler deni alleinigen Einfluss dcr Beruhrung hervor- vvachsen. Es war nun moglich, dass die Wurzelhaarc untcr der eombinir- tcn Wirkung von Gravitation und Contakt sehneller crschicnen, als wenn eine dicser Krafte allcin thatig war. Einc Anzahl dicser Frage halber an- gestelltc Vcrsuche, bci welehen die Brutknospen auf die erdwarts odcr zenithwarts gewandtc Scite von Torfstiickehen oder auf Pagier gesaet vvurden, fuhrtcn aber zu keinem Resultate, da bald hier, bald dort zuerst Wurzel- haarc crschicnen, was ich iibrigens im Voraus crwartct hatte, da sclbst die aus demselben Becher genonuncnen Brutknospen individuelle Verschicden- heiten in Betrefl' der Zeit, welche bis zuni llcrvorwachscn von Wurzel- haaren verstreicht, zeigen und es sich in unserem Falle jedcnfalls nur urn sehr kleine Zeitdillcrenzen handeln konnte. Wenn auf beiden Seiten der- selben Brutknospc Wurzelhaare produzirt werden, so scheincn dicsc immer beiderseitig gleichzeitig aufzutrelen, sowohl wenn die dem Zenith zuge- kehrte Seite unter der Wirkung des Contaktes Wurzelhaare treibt, als auch, wenn die Aussaat auf die vertikal gestellte Flache eines Substrates gemacht wird. Nachdem bis hierher ausschliesslich das Hervorwachsen der Wurzel- haare behandelt wurde, wende ich mich jetzt zur Bctrachtung des Ein- flusses elementai^er Krafte auf die weitere Entwicklung der Brutknospen. Die Wurzelhaare sind sehr stark negativ heliotropisch und krummen sich stets, gleichvicl ob sic in vertikaier oder horizontaler Richtung hervorwach- sen, sehr stark convex gegen einfallende Lichtstrahlen. Wachsen die Wurzel- haare in die freie Luft hinein, so erreichen sie wohl die zwei- bis vierfache Lange des grbssten Durch messers einer rcifen Brutknospc, collabiren aber frUhcr oder spater, wenn sie nicht durch Ruckwartskrumniung das Substrat erreichen, wclchcin die andcrc Seite der Brutknospc anliegt. Wenn sie auch hicrbci durch den starken ncgativen llcliotropismus sehr unterstutzt werden, so gelingt es doch z. B. bei Aussaateh, wo die erdwarts gewandte Seite dcr liiutknospcn frei ist, den deren mittlerem Areale entspringenden Wurzelhaaren gewohnlich nicht, sich bis zum Substrate zurllckzukrUmmen, wahrend dieses von den niihci- an den Sciiem;in Tagen haben sicb wie an jedem Thallus v6n Marchantia die rautenfOrmigeh , durch Zellmauem getrennten Luftlttcken und Uber denselben die bekannten merkwurdigon Spaltoflnungen gebildet. Nur an dem zuerst gebildeten Tbeil der Seitensprosse unterbleibt dio Bildung von Luftlttcken und SpaltOffnungen , nichtsdestoweniger ist in- doss auch hier die Oberseite unfahig Wurzelhaare zti produziren, welche allein, wie auch dio Blattlamellen, auf dor Unterseite zum Vorschein kommen. Dio eigentliche Brulknospe ninnnt zwar durch pehnung und vielteicht auch Theilungen (ich achtete nicht hierauf) dor Zellen erheblich an Grbsse zu, aber c I i < ^ Zellen bleiben immer interstitienlos verbunden und cine ana- tomisch odor physiologisch ausgezeichnete Obor- und Unterseite wird nicht gebildet. Droht man Brutknospen, deren Scitensprosse eben Spalloflhungcn entwickelt hatten, um, so dass nun dio friiher zenithwarts schauende Seite dem Substrate aufliegt, so wcrden auf dieser, soweit das A real dor eigent- lichen Brutknospe reichfy auch jotzt nooh Wurzelhaare gebildet, wiihrend die Oberseite dor Sprossen, auch die altoslen koine Spaltoffnungen bildenden Partien, immer frei von Wurzelhaaren bleiben. Wenn freilich dio Soitcn- sprosse schon sohr weit entwickelt vvaren, gelang es mir nicht mehr durch Umkehren das zuvor zenithwarts gewandte Areal dor Brutknospen zum Hervortreiben von Wurzelhaaren zu bringen, doch war auch jotzt noch das Gewebe dor Brutknospe luckenlos verbunden, nur die Starke zum grosston Theil aus demselben verschwiuiden und das Chlorophyll sparlich geworden. Von einer eigentlichen Bilateralitat kann also, insofern cs sich nicht um die Sprosse, sondern nur um die Brutknospen handelt, nicht die Bode sein, denn del 1 endliehe Vorlust dor Fahigkeil Wurzelhaare auf derjeuigen Seite, Welche bis dahiu frei von denselben blieb, zu bilden, diirfte wohl in oinom Vci schw inden dor Reserves tofife odor in demErlftschen dor Lebensthatigkeit des Brutknospengewebes, worauf das allmahliche Verschwinden des Chloro- phylls hindeutet, seincn Crund haben. Sicher wenigstens ist, dass beide Seiten der Brutknospen sich noch ganz gleichwerthig in Betreff dor Wurzel- haarbildung zeigtenj auch wenn die Seitensprosse sich bereits bis zur Bildung von Spaltdfthungen entwickelt hatten. Die angefuhrten Thatsachen zeigen also, dass Bilateralitat don Brut- knospen selbst gar nicht induzirt, wohl aber don Seitensprossen gleich bei ihrer Entwicklung inhHronl wird. Hiermit stehen Mirbel's Angabcn nicht II. Studien iiber Symmetric unci speeifisrhe Waelisthumsuisaclien . 91 ira Einklang, nach welchcn Bilateralitat schon 24 Stunden nach der Aus- saat unwiderrullich ausgebildet sein soli, obgleich, wie auch die Figurcri ■ W) und 'i0 (Taf. IV.) zeigen, bis dahin nur einzclno Wurzelhaare auf der (lom Substrat aufliegcnden und nach untcn gewandten Seilc gebildet waren und eine merkliche Entwicklung der Seitensprosse noch nicht begorinen hatte. ') Brutknospen dieser Entwicklung habe ich sehr oft und unter Anwendung verschiedener Substrate (Gartenerde, Sand, Tort' und Papiorj umgekehrt, aber Mirbel's Angaben nicht bestatigt gcfunden. Die nach dem Dmkehren erd warts gewandte und dcm Substrat aufliegende Seite brachte bald Wurzelhaare hervor , wahrend die der anderen , nunmehr aufwSrts gewandten Seite in schon frtiher beschriebener Weise nach dem Substrate sicli zukrtimmten, die noittlerweile hervorwachsehden Seitensprosse waren aber der (lurch das Umwenden eingenommenen Lage entsprechend oricntirt, so dass also die nach dieser Operation dem Zenith zugewandte und beleuch- tete Seite zur Oberseite wurde. Anders aber gestaltete sich die Sache, wenn Brutknospen umgewandt wurden, bei welcheri eine merkliche Ent-^ wieklung der Seitensprosse bereits begorinen hatte ; waren diese auch noch sehr klein und Intercellularraume noch gar nicht gebildet, so war doch Bilateralitat unwiderruflich inharent geworden. Dies land ich moist zwei his drei Tage nach der Aussaai realisirt, und nun wickelte sich Alles in der Wetee ab, wie es von Mirbel sehr gut be&chrieben und abgebildet und bereits einieitend kurz referirt wurde. Das Areal der Brutknospen selbst bringt ebenso, wie es oben erst bemerkt wurde. auf der bisher freien Seile Wurzelhaare hervor, die sich aber nienials auf der nach dem Umkehren dcm Substrate aufliegenden Seite der Sprosse bilden ; diese wird vielmehr wieder dem Licht zugewandt, indem sich die fortwachsenden Sprosse an ihrem Vonjerende zuerst aufbiegen unci endlich riickwarts umschlagen. Djeselbe Seite, welche vor dem Umwenden dem Licht zugewandt war, wird es also auch jetzt wieder und aid" ihr cntslchen., wie ubrigens schon bemerkt, mil Ausnahme der zuerst gebildeten Partie, Spaltoffnungeh , wahrend die andere Seite baldigst nach dem Erscheinen der Seitensprosse Wurzelhaare und Blattlamcllcn produzirt, Die Art und Weise des Zuruckschlagens der Sprosse ist schon frtiher nach Mirbel kurz angegehen und mehr noch als Worte vcrmogen (lessen herrliche, in dieser Bezichung ganz correktc Ab- bildungen den Vorgang zu versinnlichen. Mirbel hat also die Ausbildung der Bilateralitat an keimenden Brutknospen nur in ein zu fruhes Entwieklungs- sladium, noch vor das Erscheinen der Seitensprosse zur tick verlegt. Die Bilateralitat wird also sofort mit dcm Hervorwachsen der Seiten- sprosse aus den Brutknospen inharent und zwar wird unter alien Umslan- deri die beleuchtete zur anatomischen Oberseite, gleichviel ob diese der 1) An warmer) Tagen kamen audi bei hair die Aussaateii in 24 Stunden his zu diesem En Inn ieklungsstadium. 92 Dr. W. Pfeffer, Erde oder dem Zenith zugewandt ist. Bei ilioglichst gleiehmassiger Be- leuehtung beider Brutknospenseiten , wie sic in den Experimented gebqten War, welche mit a us zwei durchsiehtigen Glasplatten zusaramengesetzten Feuchtkammern angestellt warden, ist es mir nicht gel an gen, die Entwick- lang der Sprosse so wcit zu bringen, dass Ober- und Unlerseite ohnc weiteres kcnntlich waren. Brutknospen, die in dieser Weise Wurzclhaare getrieben und kleine Seitensprosse entwickelt hatten, warden auf Erde oder Tori' bald mit der dem Glas zuvor anliegenden, bald mit der vorher freicn Seite ttbertragen, ohne cl;»ss Lcfa indess dufch diese Experimente zu cinein bestimmten Resultate gelangt ware. Bilateralitat scheint auch bei beider- seitiger Belcuchtung immer mit dem Hervorwachsen der Sprosscn ausgo- bildet zu sein, doch weiss ich nicht zu sagen, ob unter diesen Vcrhaltnisscn die zufallig etwas weniger Licht empfongende oder die dent Substrate an- liegende Seite zar Unterseite bestimmt wird. Brutknospen, welche auf Wasser schwimmend cultivirt werden, treiben auffallend schmale bandformige Seitensprosse, die man den schmalen , von manchen laabigcn Lebermoosen gebildeten Wassersprossen vcrgleichcn kann. Die Oberseite der auf Wasser gebildeten Sprosse von Marchantia ist durch die Unfahigkeit Wurzclhaare erzeugen zu konnen und stcllcnweise vorhan- dene Intercellularraume sehr wohl ausgezeichnot, doch haben sich bei meinen Culluren niemals Spaltottnungen gebildet; ubrigens habe ich mir auch keine bL'sondere Miihc gegeben deren Bildung zu erzielen. — Endlich sci hier auch noch bemerkt, dass, wenn Brutknospen derart vertikal gestellt sind, dass die beiden Seilenspi'osse aufwarts und abwarts wachsen miissen und eincr dcrselben nicht zur Entwieklung kommt, es ebenso oft der dem Zenith als der der Erde zugcwandte Spross ist. Die wesentlichstcn Rcsultate sind in Folgendem nochmals kurz zu- sammengefasst. Die Zellen, welche zu WurzeUiaaren auswachsen y sind schon auf den anuto- misch und physiologisch gleiehwerthigen Seiten der reifen Brulknospe durch ihren chlorophyll- mid stUrkefreien hyalinen lnhalt ausgezeichnet und sind im Durch- schnilt auch ein wenig grosser als die ubrigen Zellen der freicn AitssenflUchen. Wenn die unentbehr lichen Entwicklungsbedingungen [genugende Feuchtig- keit, Temperatur und auch Held) dargeboten sind, so haben alle hyalinen Zellen vermoge einer in den Brutknospen selbst enUvickellen Kraft das Hc- streben zu Wurzelhaaren hervorzuwqehsen ; diese eigene Kraft aber wird auf- gehobeti durch die Schwerkrafl, wenn diese in einer entgegengesetzten liich- Umg thtttig ist. Desshalb werden auf der frei dem Zenith zugewandten Brutknospenseite twine Wurzclhaare producirt, wilhrend sich dieselben auf der der Erde zugekehrten Seite unter alien Ihiisliinden hilden. Ausserdein wird auch durch die andauernde BerUhrung mit einem soliden harper cine Kraft gewonnen, welche mindestens die hemmende Wirkung der Schwerkrafl aufhebt, und so bilden Sich immer auf der eaiem Substrate anliegenden Brut- II. Studien iiber Symxnetrie und specifische Wachsthumsursachen. 93 knospenseite , auch wenn diese zenithwtirts g&waridt ist, Wurzelhaare. Be- merkenmcerth ist, class Beriihrung mil Wasser riicht wie der Contakt mit einem festen Korper wirkt. Em gewisses Mass uon Beleuchtung ist nothwendig , urn cine hrdftige Produktimi von Wurzelhaaren hervor zuruftn\ an ini Dunklen gehaltenen Aus- saaten werden (jar kerne oder doch nur sparliche Wurzelhaare gebddet unci eine Ehtwicklung der Seitensprosse unterbleibt iiberhaupt giinziich. Hingegen JcOnnen Wurzelhaare sowohl a uf der beleuchteten, als auch auf der beschatte- ten Seite der Brutknaspen hervorwachsen. Der Geotropismus der Wurzelhaare wird durch den sehr energischen nega- tiren Heliotropismus derselben weit uberwagen* Wenn eine Brutknospe auch bereits Wurzelhaare trie!), so ist dam it noch keineswegs Bilateralitat induzirt, sondern diese bildel sich erst, an den hervor-' wachsenden Spi-ossen aus, welchen sie aber auch gleich mit deren Erscheinen unwidemiflieh inharent wird. Die beleuchtete Seite der Sprosse, wie auch deren Lage sein mag, wird unter alien Umstiinden spalWffnungsbildende Ober- seite, die beschaitete Seite zur Unterseite, ivelche Wurzelhaare und Blatt- lamellen hervorbringt. Auch nachdem die Seitensprossen sich gebildet haben ) ist die Brutknospe selbst noch beiderseitig gleichwerthig. Die Bilateralitat komnit, wie den aus einer Brutknospe sich entwickeln- den Seilensprossen , ehenso gut jedem beliebigen Thallus von Marchantia zu. Legt man einen alter en oder jUngeren Thalluslappen von Marchantia mil der Lichtseite auf Erde und halt ihn auf dieser durch iibergelegte Glasplatten fest, so krummt sich das fortwachsende Ende in einem schar- fen Bogen nach ruckwiirts um, so dass die Oberseite wieder dem Licht zugewandt wird. Ist die Glasplatte so fest aufgelegt, dass dieses nicht moglich ist, so geht der Thallus nach lang£rer Zeit zu Grunde, nie aber bilden sich Wurzelhaare auf der mit Spaltoffhungen besetzten Oberseite. Audi aus der Aussenflache mannlichcr und weiblicher Bluthenstiinde wueh- sen kerne Haargebilde hervor, als jene wochenlang auf feuchtem Sand lie- gen blieben. Es ist bekannt, wie auch in der Natur der Tliallus laubiger Lebermoose seine Oberseite, gleichsam wie ein Blatt, immer dem Lichte zukehrt, und wo diese Moose an der Decke von Kluften vegetiren, wie ich es bei Marchantia, Fegatella conica und Preissia commutata ofters beob- achtete, da ist auch die Oberseite erdwiirts gewandt. Bekanntlich sind auch fast alle laubigen Lebermoose streng bilateral, und ebenso ist bei diesen immer die gleiche Seite dem Lichte zugewandt, auch wenn dieselbe ausnahmsweise erdwiirts schaut, wie dies u. a. der Fall ist, wenn Radula complariata oder Frullania dilatata auf der Unterseite horizontaler Baumaste vegetiren. Wie bei diesen bei Neubildung von Pflanz- 94 1)k. W. Pfeffer. chen Beleuchtung und Vefcdunklung oder Berithrung mil einem korper auf die Orienitirung von Liehl- und Schattenseite wirken, Linn ich nicht sagen, an der Pflanze selbst aber sind Ober- und Unterseite nicht mehr umzu- kehren, wie dies schon daraus folgt, dass bei derselben P&anze die Ne- benbliitter, wo solcbe vorhandeft, immer mil' der gleichen Seite sieh linden. Ich bracbte Pflcinzchen von Galypogeia Trichomanis zwischen zwei durcb Streifen von PappdeekeJ a useinand ergeb alten c Glasplatten, deron un- tere auf dunklem Grunde lag. Dieser war die Oberseite dor Pflanzchen zusewandt. wahrend deren untere, mil Nebenblattern besetzte Seite be- leuchtet wurde und nach dem Zenith schaute. Die don Vegetatidnspunkt umhtilleriden Blatter wurden durcb kleine, mil schwarzern Lack aufgetra^ne Punkte gekennzeiehnet, und so stellte sieh nach fast % '/ 2 Monaten, von An- fang Juni bis Mitte August, ein Zuwachs von 10 bis 15 Mm. heraus, aber Ober- und Unterseite dor neugebildeten Sprosse war ganz gleich wie an don Ubrigen Pflanzchen orientirt. Da bei suchte die fortwachsende Spilze der Pflanzchen sieh riickwiiris umzuwenden, una die Oberseite wieder dem Lichte zuzuwonden, was audi gelang, wenn die Pflanzchen nicht eng genug zwischen die Glasplatten eingeklemmt waren. Audi bei Selaginella sind die bilateral ausgebildeten Seiten nicht utn- zukehren. Zwei Zweige einer in einem Topf vegetirenden Pflanze von Selaginella Kraussiana wurden am 6. Mai 1870 in umgekehrler Lage, die Unterseite also zenilhwarts gewandt, zwischen zwei Glasplatlen gebracht, deren untere auf dunklem Grunde lag und welche durch diinne Pappdeckel- streifen so auseinander gehalten wurden, dass die Zweigc zwar nicht ge- presst wurden, aber audi sieh unmoglieh umwenden konnlen. Die ganze Zusammenstellung stand bis zum 20. August hinter einem Nordfenster und war mil einer grossen Glasglocke Uberdeckt. Zu Beginn des Versuches war auf eines der untersten Blatter jeder der an den eingeklemmten Zweigen wahr- nehmbaren Dicholomien ein feiner Punkt mil schwarzern Lack aufgelragen wordeh, und am Ende des Experimentes stellte sieh heraus, dass die Schein- axen meisl urn i Fussstiicke zugenommen batten, von denen ubrigens die jiingslen noch kurz waren. In einer Endknospe unserer Selaginella hat hoehslens eine zvveiinalige Dicholomirung stattgefunden, bis die Sprosse audi ohne weitere Prapafation zu erkennen sind, und da zu Anfang und Ende des Experimentes nur die ohne weiteres sichtbaren Dicholomien berUcksioh^ tigt wurden, so waren zwei Fussstiicke der Scbeinaxe jedenfalls wahrend der Versuchsdauer neugebildet vvoMen. Obgleich also hierbei die Unter- seite die beleucbtete und zenithwiirts gewandte war, so war doch weder in der Orientirung yon Ober- und Unterseite, noch in den Grossen verb alt^ nissen \on Ober- und Unterblattern ein Unterscbicd gegenUber den friiher gebildeten Sjprossen \\ ahrzunehmen: leh kann meht sagen , oh bei neu enlslehenden Pflanzchen von Sola- *inella und Galypogeia oder anderen bebJatterten Leberraoosen die Orrenti- Jl Studien uber.Syrnuietrie u in I specifisehe Waehsthunasursachen 95 rung der beiden beteregeiren Seiten in einer abnliehen Beziebung zum Licbt stehen wifd, wie es bei den a us den Brulknospen hexanwaGh sen den Seiten- sprossen von Marchantia der Fall ist, bei welchen, wie ieh naehwre's, die beleuchtete Sette slets zur Oberseite wind. Wie am Thalius von Marchanlia. so ist aber auch an Pflanzen von Selaginella and Calypogeia die Bilatera- litat strong inherent 1 ) und Ober- und Unterseite konnen in kefner Wetse nmgewechselt werden. Welche BelbeiHgung der Scbwerkraft^ (join Lieht odoi- anderen von anssen einwirkenden Agentien bei bilateraler oder sytnme- trischor Ausbildung von Sprossen und Blaltern anderer Pflanzen zukommt, mtlssen, soweit es ebeii angeht, experimentelle Untersuchungen entseheiden; die von Hop. minister -j iibor dieses Thenia zus'ammengesleJIten Tbalsacbert, lasso ich mit Sachs 3 ) meist wesentlich anders auf. Wiesner's 4 ) Ansichi fiber die Wirkung der Erdscbwere auf Grossenverhaltnisse der Blatter an horizontal oder schief stohenden Zweigen kann nur auf experimentellem Wege begriindet werden, der freilich auch von Wiesnkr, aber in zu untcr- geordneter Weise betreten wurde, und zndom ergaben dessen Experimenle mil zwei Arten von Goldfussia sowohl negative als positive ResuHate, Die Haustorien von Guscuta und Cassyta und die Haflballen an den Ranken von Ampolopsis entstehen, wie fl. v. Moul 5 ) in einer klassisehen Arbeit zeigte, nur bei Beriibrung mil irgend oinem Gegenstand. Wie bei Marchantiabrutknospen, und nach Darwin 6 ) audi bei Ranken von Passiflora und EeliinoeN slis, die Beruhrung mit Wasser nicht \\ ie die mil einem lesion Kiii pei- wirkl, so ist es auch bei Ranken von Ampolopsis der Fall, wie die hier kurz mitzutheilenden Experiments zeigen, welche an im Freien wach- sendem wildem Wein vorgenommen wurden. Noch im Wachsthum begriffene Ranken wurden in Wasser gelaucht, welches sich in eiiiem griJsseren Glas- gef&ss belaud, und durch Feslbinden der Zweige in fester Stellung gebalten. Bei jedem Experimente hing die Mehrzahl dor Ranken frei in das Wasser berab, wiihrend einige gegen die F&cbe eines in dem Wasser liegenden Stttckes eines Dacbziegels gestemmt waren. Bei 5, von 9 uberhaupt an- gewandten Ranken, hallo die Bildung der Uaftfoallen an verschiedenen mit dem rauben Ziegelstiick in Beruhrung stehenden Stellen nach 3 — 5 Tagen in merklicber Weise begonnen, wiihrend bei \ \ Ranken, welche frei in das 1) Dies isl offenbar auch beim Epheu der Fall, dessen Haftwurzeln immer auf gieicher Seite entspringen, audi wenri Zweige frei herabfaangen oder etwa liber eirie Mayer hinaus wachsend allsoiliL; beleuchtet sind. Vgl. Sachs, Lehrb., 2. Aull., p. 672. I) Altg . Morpholog. § 23 u. 2/.. 3j Lehrbuch, 2. Aufl., p. 185. 4; Wiesner, in Sit zh. (1. k. k. Akad. 186S, Bd. LVllt, Sptabdr. — Vgl. auch Sachs Lehrb., It. Aufl., p. 631. 5 Deber den Bau und das Wiiulcu vou Ranken und Schffngpflarizen, 1827, p. 129 Jl. u. p. 70 ff. 6, Bewegung . <•., |». 49, II. Studien liber Symmetrie und specifische Wachsthumsursachen. 97 an den Stellen , mit welchen sie mat irgend einem Korper in Bertthrung kommen, einen Filz von Wurzelfaserchen hervor. Ich hatte nicht Gelegen- heit die zweifellos genauen Beobachtungen Mohl's an Vanilla oder andern Luftwurzeln von Orchideen zu wiederholen ; an den Wurzeln vieler Pflanzen land ich indess die Wurzelhaare auch dann gebildet, wenn eine Beriihrung mit einem Korper nicht stattgefunden hatte , so z. B. an Keimpflanzchen von Zwiebeln, Bohnen, Erbsen , Mais u. a. Ferner erscheinen bei diesen, auch wenn die Wurzeln in horizontaler Richtung fortwachsen, die Wurzel- haare auf alien Seiten; ihre Bildung wird also nicht von dem Zuge der Schwere beeinflusst. Bekannt ist ubrigens, dass Verfinsterung in manchen Fallen Produktion von Wurzeln und W T urzelhaaren begtinstigt. *) Das Hervorbrechen der schon der Anlage nach vorhandenen Wurzeln aus den Wurzeltragern von Seiaginella , wenn diese den Boden erreiehen, ist nicht etwa die Folge einer Contaktwirkung, sondern wird nur durch die in flussiger Form dargebotene Feuchtigkeit veranlasst. Wurzeltrager einer unter einer Glasglocke cultivirten Seiaginella sulcata wurden so tiber trocke- nen Glasplatten, Pappdeckel und Sand angebracht, dass sie nach kurzen Langenwachsthum moglichst genau senkrecht auf die genannten Substrate aufstiessen. Auf der Glasplatte und dem Pappdeckel bogen sich die Spitzen um, wahrend dieselben in Sand eindrangen , ohne dass indess jemals die Wurzeln hervorbrachen. Sind hingegen der Pappdeckel oder der Sand feucht gehalten, so beginnen auch 1 J / 2 bis 2 Tage nach dem Auftreffen die viel- fach kreuzweise dichotomirenden Wurzeln zu erscheinen, wahrend die Zellen des kopffbrmig angeschwollenen Endes des Wurzeltragers in einen durch- sichtigen, die Wurzeln anfangs verhiillenden, weiterhin aber verschwinden- den Schleim zerfliessen. 2 ) Ebenso leicht aber brechen auch die Wurzeln hervor. wenn man einen Wurzeltrager in Wasser tauchen lasst, und man kann auf diese Weise herrliche Praparate erziehen. Da es hierbei gleich- giiltig ist, ob das Licht zutreten kann oder moglichst abgehalten ist, so folgt auch, dass die Verfinsterung, welche mit dem Eindringen der Wurzel- tragerspitzen in die Erde verbunden ist, keine Bedingung fur das Hervor- brechen der Wurzeln ist. . Wir haben schon mehrere Beispiele kennen elernt, wo das Wasser nicht wie die Beriihrung mit einem festen Korper wirkte, und ebenso ist es auch bei Seiaginella, wie die folgenden Experimente zeigen. Ein frei herab- hangender Wurzeltrager wurde 15 bis 20 Mm. oberhalb des kopffbrmigen Endes mit einen diinnen Saugdocht umschlungen, der mit dem anderen Ende in ein Gefass mit Wasser tauchte. Nach zwei Tagen machte sich das Erscheinen der Wurzeln schon bemerklich, doch hatte hierbei das vom Saugdocht herabrieselnde Wasser sich in Trbpfchen an der Spitze der 1) Vgl. Sachs Lehrbuch 2. Aufl., p. 618. 2) Vgl. Nageli u. Leitgeb, Beitrage z. wiss. Botanik Hft. IV, p. 126. Arbeiten a. d. t>ot. Institut in Wiirzburg. I. 7 98 Dr. W. Pfeffer. Studicn liber Symmetric etc. Wufczeltrager ansammeln kbnnen, und desshalb richtete ich zwei in gleicher Weise rait einem Saugdocht umschlungene Wurzeltrager vertikal aufwarts. Hier konnte das Wasser vermbge seiner Adhasion kaum his zur Spilze des Wurzeltragers steigen, und dennoch hatte, wenn auch erst nach 3 Tagen, das Hervorbrechen der Wurzeln begonnen, welche hier freilich langsamer. als in Wasser tauchende, weiterwuchsen, was natiirlich nicht Wunder neh- men kann. Jedenfalls ist aber mit diesen Experimenten der mogliche Ein- wand beseitigt, dass bei Wurzeltragern von Selaginella die Beriihrung mit Wasser wie die mit einem soliden Kbrper wirkt und bei den mit trockenen Glasplatten, Pappdeckel und Sand angestellten Experimenten eben nur we- gen Mangel an Feuchtigkeit das Erscheinen der Wurzeln unterblieb. Damit folgt aber, »dass ullein in Folge der Aufnahme von Wasser. die in dem kopf- fdrmigen Ende der WurzeltrUger bereits Hirer Anlage nach vorhandenen Wurzeln hervorbrechen «, und dass hierbei die Schwerkraft unbetheiligt ist, geht aus dem zuletzt angefiihrten Experimente mit vertikal aufwarts ge- stellten Wurzeltragern hervor. Bei den hier behandelten Pflanzen sahen wir, dass Bilateralitat, wenn sie vorhanden, auch inharent war, wie es auch bei anderen Fallen meist der Fall zu sein scheint. Auf weitere Auseinandersetzungen verzichte ich ul)rigens und verweise auf die Behandlung , welche Sachs l ) in neuster Zeit diesem Thema, das erst durch ausgedehnte Untersuchungen genti- gend aufgeklart werden kann, angedeihen liess. Aus meinen Versuchen geht aber auch hervor, dass die Wirkung von aussen influirender Krafte eine ganz ungleiche ])ei verschiedenen Objekten sein kann und man sich hier wohl hiiten muss, aus einer Anzahl bekannter Fa He ailgemeine Schliisse ableiten zu wollen. Dr. A. Frank fand nach einer mittlerweile erschienenen Schrift (Die natiirliche wagerechte Richtung von Pflanzentheilen) bei alien Versuchs- objekten Bilateralitat schon den Knospen inhariren. Nur bei den Nadel- hblzern war in den jugendlichsten Laubknospen noch keine Bilateralitat ausgebildet; die Oberseite orientirte sich bei Weiterentwicklung der Knospen hier stets so, dass sie zenithwarts gewandt war. 1) Lehrbuch, 2. Autl. p. 185 fT. 111. Leber den Eiufluss der Luftteuiperatur und des Tageslichts auf die stiindlicheii uud tiiglichen Aeiideruiigen des Laiigeiiwaclisthtims (Streckung) der Inteniodieu. Der Einfluss, welchen die veranderliche Lufttemperatur und der perio- dische Wechsel von Tageslicht und nachtlicher Dunkelheit auf das Langen- wachsthum der Internodien und Blatter geltend macht, nachdem dieselben aus dem Knospenzustand hervorgetreten sind, ist vielfach Gegenstand der I ntersuchung gewesen; schon Christoph Jacob Trew publicirte 1727 lange fortgesetzte tagliche Messungen am Bluthenschaft von Agave americana in Verbindung mit Temperatur- und Wetterbeobachtungen ; aber erst hundert Jahre spater gaben Ernst Meyer (1827) und Mulder (1829) der Forschung in dieser Richtung einen neuen Anstoss, dem dann van der Hopp, de Vriese (1847, 1848) und Andere folgten; eingehender wurden die ein- schlagigen Fragen jedoch von Harting (1842), Caspary (1856), Rauwenhoff (1867) bearbeitet. Zu einer definitiven Beantwortung oder auch nur zur Feststellung einer wirklich brauchbaren Methode fiihrten diese iibrigens mit Fleiss und Aus- dauer angestellten Beobachtungen nicht; die sorgfaltige Durchsicht derselben zeigt, dass kaum zwei Beobachter zu demselben Resultat kamen, und dass die Auffindung gesetzlicher Beziehungen des Langenwachsthums zur Tem- peratur und dem Licht sogar unmoglich war, da man sich einerseits die zu beantwortenden Fragen nicht klar und bestimmt genug stellte, ander- seits die hier einfliessenden Fehlerquellen und demnach die Schwierigkeiten der Beobachtung mehr oder weniger unbeachtet liess. Zwischen hinein erschien sogar noch eine Reihe von Mittheilungen, die einfach nur wieder- holte Langenmessungen brachten, ohne die ausseren Umstande tiberhaupt oder genugend zu berticksichtigen , so dass man wohl ein Bild der fort- wahrenden Ungleichformigkeit des Wachsthums in verschiedenen Tagen und Tageszeiten erhielt, ohne jedoch die Ursachen derselben verzeichnet zu Von Dr. Julius Sachs. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. U. 100 Dr. Julius Sachs. finden; manche Bcobachtcr bcschrankten sich sogar darauf, den Utiterschied des taglichcn und nachtlichcn Zuwachses constatiren zu wollen, Ubcrlegien aber nicht, dass ,,Tag" und ,,Nacht*' far die Pflanze verschiedene und sehr variable Gomplicationen von Wachsthumsbedingungen bedeuten, und dass eine solche Fragestellung unmoglich zur Aufhndung gesetziicher Be- ziehungen fuhren kann , so lange man nicht die einzelnen Factoren, welche in den Begriffen Tag und Nacht I'lir die Pflanze enthalten sind , kennt; in diesem Sinne mehr oder weniger unbrauchbar fur unseren Zwcck sind z. B. die Mittheilungcn von Seitz, Mkven, Martins, Ducuartrk. Ich habe mich , wenn auch mit grossen Unterbrechungen , seit I8()9 /unachst mit der Ausbildung genauerer Beobachtungsmethoden beschaftigi, und die zu beantwortenden Fragen besser zu sondern und klarzustellen gesucht. ') Es vvird die Darstollung dieser Bemtibrungen , sovvie die Mil— Iheilung einiger sehon jctzt gesicherten Resultate der Gegenstand dieser Abhandlung sein. — Da ich selbst erst durch meine eigenen Arbeiten ein Urtheil tiber den wissenschaftlichen Werth und die Resultate der Beobach- tungen meiner Vorganger gewonnen habe und ich glaubc, dass auch der Leser erst cinen Standpunkt gewinnen mochte, von dem aus die frUheren Arbeiten verwerthel werden konnen, so werde ich, abweichend von dem gewohnlichen Verfahren, die LiLeratur erst am Schluss behandeln. I. Vorlaufige Betraclitungen uber die zu bearbeiteudeu Fragen und die etwa zu erwartenden Resultate. Mit wenigen Ausnahuien hat die Mehrzahl der Beobaehter des Langen- wachsthums Pflanzentheile ausgewahit, welche durch sehr betrachtliche Zuwaehse in kurzen Zeilen sich auszeiehnen; ganz besonders waren es die machtigen Bluthenstamme der Agaven, die wegen ihres raschen Wachs- thums wiederholt gradezu den ausseren Anlass zu derartigen Beobachtungen dai'boten; man war aul' solche Objecte angewiesen, weil man sich be- gniigte , die Langenzuwachse einfach mit dem Maassstab zu messcn , den man unmittelbar an die beobachteten Pflanzentheile anlegte. Wenn nun auch zuzugeben ist, dass bei rasch wachsenden Pflanzen auf diese W eisr hinreichend genaue Messungen in ein- oder mehrstiindigen Zeitraumen zu in.ichen sind, so treten doch dabei andere Ucbelstande auf, von denen ich nur zwoi besonders hervorheben will; erstens sind namlich Pflanzen,, welche so sehnell wachsen, dass man tiiglieh auch nur vier bis sechs himvirhend genaue Messungen machen kann, sclten zu haben; man is! dem Zufall preisgegefaen und eine melhodiseh zusammenhangende Beobaehlungsreihe i si kaiiin durchliihrbar ; zweitens sind derartigc Pllanzen (wje die Agaven} 1) VSergl. Sachs, Lehtfbuch der Bot. Ill Aull. p, 632 und VerhandlungeD der physik. \iwa\. (icsrilscli in Wm/lmrg A. Fobr. 1871. Uebcr den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 101 Musaceen, Victoria regia) meist von so betrachtlicher Grosse, dass man genbthigt ist, die Beobachtungen im Gewachshause oder gar unter freiem llimmel vorzunehmen, also unter Umstanden, wo sie sehr grossen, unregel- massig wechselnden Schwankungen der Temperatur und des Lichts, der Lut't- und Bodenfeuchtigkeit unterworfen sind, welche in angemessener Weise zu regeln und zu beherrschen der Beobachter ganz ausser Stande ist. Die Yergleichung der friiheren Beobachtungen zeigt, dass diese Um- stande wesentlich dazu beigetragen haben , die Besultate nicht nur ver- schiedener Forseher, sondern auch die desselben Beobachters verscbieden Und cinander widerspreehend ausfallen zu lassen. Aus dieson Griinden hielt ich es fiir die nachste Aufgabe, eine Beob- aehlungsmethode zu linden, die es erlaubt, beliebige, auch langsam wach- sende, kleine Pflanzen mit hinreichender Genauigkeit womoglich stilndlich zu messcn. Geeignele Objecle, die sich der Auigabe voJlstandig anschmiegen, sind auch in diesem Falle noch schwierig genug zu haben , abef doch (lurch vorsichtige Cultur in Topfen zu beschatfen: besitzt man sie aber cinmal, so kann man sie im Zinmier unter beliebig veriinderten Bcdingungen der Beobachtung unterwerfen. Die Fragestellung im Einzelnen entspringt hier, wie bci alien experi- mentalen Untersuchungen , aus der Erwiigung der bereits bekannten ein- schlagigcn l^rscheinungen, aus den en sich auf die moglicherweise zu erwar- tenden Resultate schliessen liisst. Koinmt es daraul' an, den Gang des Langenwachsthums eines Pllanzen- lh( 4 ils so kennen zu lernen, dass man nicht nur cin zusammenhangendes Hild desselben von Anfang bis zu Ende crhalt, sondern auch die Wirkungen zu beurtheilen vermag , welche bestimmte Schwankungen der Temperatur, der Beleuchtung und der Feuchtigkeit hervorbringen , so ist es durchaus noting , die Zuwachse in kurzen, d. h. in ein-, zwei- oder drcistiindigcn Zeitraumen zu messen und zugleich zu wissen, wie der Gang des Wachs- thums sich verhalten wurde , wenn diese ausseren Ursachen sammtlich constant waren. Dass in der Pflanze selbst Ursachen thatig sind, welche ganz unab- hangig von dem Wechsel ausserer Bedingungen , das Langenwachsthum bald beschleunigen , bald retardiren, war ohnehin zu vermuthen und Hess sich z. Th. aus dem bisher Bekannten entnehmen. Schon Harting l ) land, dass die Ilopfenstengel anfangs langsam , dann immer rascher wachsen, ein Maximum der Geschwindigkeit erreichen und dann wieder immer lang- samer wachsen, bis endlich das Wachsthurn aufhort; auch Munter er- kannte, obgleich seine zahlreichen Beobachtungen bei sehr schwankenden Temperaturen gemacht waren , diese Thatsache , die er mit den Worten 4) Harting: Tijdschrift voor natuurlejke Geschiedenis en physiol. Deel IX en X 1 842 und Bot. Zeitg. -1843, p. 100. 8* 102 Dr. Julius Sachs. ausdrtickt 1 ) : ,,dass ausser dem taglichen, aus Exacerbation und Remission zusammengesetzten Khythmus auch eine Zunahme, llohe und Abnahme (incrementuni , acme, decremenlum) der Intensitat des Wachsthums statt- lindet. Die rhythmisch producirton Liingen nehmen anfangs zu, steigon zu einer gewissen Hohe und nehmen dann ab bis zum volligen Aufhbren." Am bestimmtesten hat bisher Rauwenhoff (s. unter V) die Thatsache aus- gesprochen, dass im Laui' einer Vegetationsperiode das Wachsthum der Stengel erst zunimmt , ein Maximum erreicht und dann langsam bis auf Null sinkt. Meine 2 ) bei sehr constanten Temperaturen an Keimpflanzen gemachten Messungen hatten Zunahme , Maximum und Abnahme nicht nur fur die Keimstengel, sondern auch fur die Wurzeln ergeben, fur welche wir kurz- lich neue Bestatigungen durch Dr. Koppen :j ) erhalten haben. Aber nicht bloss ganze Stengel, Internodien und Wurzeln zeigen diese Zu- und Ab- nahme des Wachsthums aus innern, noch unbekannten Ursachen, sondern auch einzelne kurze Abschnitte eines Internodiums thun dasselbe ; man kann diess schon aus einer sorgfaltigen Betrachtung der Zahlen von Munter 4 j und Grisebach 5 ), obwohl diese selbst es nicht hervorheben, entnehmen, deutlicher tritt diese Thatsache in unserer Tabelle 1 hervor; das dort als Beispiel gewahlte epicotyle Internodium von Phaseolus multiflorus wachst in basifugaler Richtung, d. h. jeder hbher liegende Querschnitt beginnt und vollendet sein Wachsthum spater, als jeder nachst untere ; daher zeigen uns die tieferen Querzonen e. f, g, h, i des Internodiums auf der Tabelle nur noch die fortschreitende Abnahme (das Aufhbren) des Wachsthums, die hbheren , k, 1, m aber lassen noch die Zunahme , das Maximum und die Abnahme erkennen. Ich werde im Folgenden, urn eine wichtige Thatsache kurz bezeichnen zu konnen, die anfangliche Zunahme, Erreichung eines Maximums und end- liche Abnahme der Wachsthumsgeschwindigkeit eines Pflanzentheils , unab- hangig von ausseren Einflussen, als die grosse Peri ode, oder auch im llinblick auf die graphische Darstellung derselben (vergl. Tafel I und II) als die grosse Curve des Wachsthums bezeichnen. 6 ) Nach dem eben Mitgetheilten ist ersichtlich, dass jeder Querschnitt eines Internodiums eine solche grosse Wachsthumsperiode besitzt, dass sich aus diesen die des ganzen Internodiums summirl und dass wahrscheinlich in ahnlicher Weise 1) Munter, Botan. Ztg. 4 843, p. 125. 2j Sachs in Pringsh. Jahrb. fur wiss. Bot. 4 860. II. p. 344. 3 Koppen, ,,Warme und Pllanzenwachsthum'', eine Dissertation. Moslcau 1830. 4) Muntek: Linnafea 1841, Bd. 15 p. 209 und Bot. Zeitg. 1843. 5) Grisebach in Wiegmanns Archiv fttr Naturgeschichte 1843 p. 267 It. 6) Ich ha be last a lie Zahlcnreihen meiner Vorganger betreffs des Langenwachs- Iliurns auf Coordinaten iibertragen ; auch dort tritt, ahnlich wie in meinen eigenen Beobachtungsreihen, die hlxistenz der grossen Curve meist deutlich hervor. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tagesiichts etc. 103 die grosse Periode eines ganzen vielgliedrigen Stengels aus den grossen Perioden der aufeinanderfolgenden Internodien entsteht. Bietet nun die grosse Curve des Wachsthums ein Beispiel dafiir. wie die Wachsthumsgeschwindigkeit eines Pflanzentheils unabhangig von ausseren Einfltissen , ja trotz derselben , sich gleichmassig andert , so ist anderseits hervorzuheben , dass ciie starken Schwankungen der Langenzuwachse, welche man bei halbstundigen oder sttindlichen Beobachtungen wahrnimmt, aoch auf andere innere Ursachen hinweisen, welche ebenfalls unabhangig von ausseren Einfltissen, die Wachsthumsgeschwindigkeit mit bestimmen. Diese Erscheinung, die ich als ,,stossweise Aenderungen des Wachsthums" bezeichnen will, wurde schon von Caspary fur das Blatt der Victoria regia *), dann von mir in meinem Lehrbuch der Botanik (II. Aufl. p. 631) angedeutet; sie lasst sich aus unseren Tabellen und Tafel V, VI, VII erkennen. 2 ) Ich zweifle nicht, dass die Kenntniss der grossen Periode sowohl, wie die der stossweissen Aenderungen des Wachsthums spater einmal fur eine Theorie der Mechanik des Wachsthums von bedeutendem Nutzen sein wird; hier indessen habe ich beide Erscheinungen nur desshalb hervor- gehoben, weil ihre Kenntniss durchaus nbthig ist, wenn man die Wir- kungen ausserer Einfltisse auf das Langenwachsthum aufsucht und weil durch sie die experimentale Feststeliung gesetzlicher Beziehungen auf das Aeusserste erschwert wird. Setzt man z. B. den Fall , man beobachte ein wachsendes Internodium bei constanter Feuchtigkeit und Finsterniss, aber bei wechselnder Tempera tur, so werden die in langeren Zeiten z. B. Tagen erhaltenen Verschiedenheiten der Zuwachse nicht ohne Weiteres als Functionen der verschiedenen Temperaturen aufzufassen sein, da sich gleich- zeitig die Phase der grossen Periode andert; es kann kommen, dass der hbheren Temperatur (unterhalb des Optimums) ein geringerer stiindlicher oder Tageszuwachs entspricht, weil sich das Internodium zu dieser Zeit in einem Zustand befindet, wo es tiberhaupt weniger wachsthumsfahig ist. Es liegt nun nahe, die Schwierigkeit dadurch zu vermeiden, dass man die Pflanze rasch nach einander verschiedenen Temperaturen aussetzt, um die Phasendifferenz der grossen Periode auf ein Minimum zu reduciren ; allein die stossweisen Aenderungen des Wachsthums, welche ganz unregel- 1) Caspary, Flora 1856, p. 167 sub 3. 2) Ich habe ubrigens zu bemerken, dass die stossweisen Aenderungen des Wachs- thums um so weniger hervortreten , je weniger die ausseren Wachsthumsbedingungen variiren; bei meinen friiheren Versuchen (1869) und spater bei denen, welche Herr Reinke im hiesigen Laboratorium 1 870 machte, waren die Pflanzen bei weitem nicht in dem Grade vor Luftzug, Licht und Temperaturwechsel geschiitzt, wie bei meinen 1871 durchgefuhrten Beobachtungen; es scheint, dass der haufige und rasche Wechsel der ausseren Verhaltnisse Unregelmassigkeiten des Wachsthums bewirkt, die mit den ausseren Einfliissen dann nicht unmittelbar Hand in Hand gehen. 104 Dr. Julius Sachs. massig eintreten, konnen don Effect der Temperatur auf don Zuwachs bald steigern, bald vermindern , ohne dass man in der Lage ware, zu ent- scheiden, wie viel auf Rechnung des Einen und des Anderen zu setzen ist. Ganz dieselben Schwierigkeiten werden sich bei constanter Temperatur in Bezug auf die Wirkung variabler Beleuchtung oder Feuchtigkeit in kurzen Zeitraumen wiederholen. Diese Verwickelung init inneren Stbrungen da , wo es sich darum handelt, die Wirkungen ausserer Agentien auf das Wachsthum kennen zu lernen , rnacht es nicht nur noting, die Zahl dor Beobachtungen ausser- ordentlich zu haufen, sondern sie bringt es auch mit sich, dass man nur selten im Stande ist, aus den stundlichen Zuwachszahlen direkt irgend eine gesetzlicho Beziehung abzuieiten; urn diess mit Sicherheit zu erreichen, isi es vielmehr nothig, die Zahlenwerthe auf Coordinaten zu verzeichnen ; die Gurven, richtig construirt, iassen dann gewbhnlich die ursachlichen Be- ziehungen klar hervortreton (Weiteres daniber vergl. unten). Ziehen wir nun in Betracht, was sich betreffs der Wirkungen ausserer Bedingungen auf das Wachsthum etwa aus den bisher bekannten Er- fiihrungen vermuthen und feststelien lasst. I) Feuchtigkeit der Umgebung; da es mir hier nicht darauf ankommt , die gesetzlichen Beziehungen zwischen dieser und dem Wachs- thum zum Gegenstand eingehender Untersuchungen zu machen, so erwahne ich ihrer bloss, urn darauf hinzuvveisen, dass Aenderungen in der Feuchtig- keit der Umgebung den Gang des Wachsthums mitbestimmen und also a Is Fehlerquelien auftreten konnen, wenn man die Beziehungen von Temperatur und Licht zum Wachsthum untersucht. Von dem Wassergehalt der Luft hangt bekanntlich der Wasserverlust der Pflanze durch Transpiration ab, der Feuchtigkeitsgehalt des Bodens bedingt einen mehr oder miner raschen Ersatz dieses Verlustes mittels der Wurzeln ; Verlust und Ersatz aber bestimmen zusammen den Turgor derZellen 1 ; und dass dieser eine der wichtigsten und unmitteibaren Ursachen des Wachsthums ist, darf mit Bestimmtheit behauptet werden , wenn auch direkt auf diesen Punkt ge- richtete Untersuchungen noch kaum vorliegen. Indessen zeigt die tagliche Beobachtung an mikroskopischen Pflanzen , dass die Zellen derselben , so lange sie wachsen, stark turgesciren und man ist daran so gewbhnt, dass eine nicht turgescirende Zelle fiir krank , todt oder doch nicht fur eine wachsende gehalten wird; ebenso zeigt die Erfahrung bei der Pflanzen- cultur, dass das Wachsthum nur so lange oder doch nur dann kraftig stattfindet, wenn die wachsenden Theile turgesciren; werden wachsende Stengeltheile durch Yerdunstung schlaff, welk, so verkurzen sie sich be- 1) Bhntcr Turgor v«rstehe ich ausschliosslicli den Grad der Spannung Ewischeo /clls.'itt dud Zellhaut oder in andieren W©rten, die Gr&sse des Druqkos, den der /tdl- saft ;>iil die Zellhaut und diese uosngekehrl aid jeaen iibt. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 105 trachtlich , wie die Messung zeigt. Theoretisch genommen entspricht es wenigstens unseren bisher gehegten Ansichten von dem Wachsthum , dass durch die Dehnung , welche die Zellhaut unter dem Druck des Zellsaft- wassers erfahrt, die Intussusception erleichtert , das Wachsthum beschleu- nigt wird. Soli also durch die Feuchtigkeitsverhaltnisse keine Stoning im Gang des Wachsthums veranlasst werden , so hat man dafur zu sorgen , dass der Turgor der beobachteten Pflanze womoglich constant bleibe; es wird diess am sichersten erzielt , wenn man die Beobachtungsbedingungen so einrichtet, dass die Verdunstungsflache sehr klein, der Wassergehalt der Luft und des Bodens nahezu constant ist. Diese Forderung lasst sich bei kleineren Pflanzen und im Zimmer genugend erfullen, wie meine Unter- suchungen zeigen, unmoglich ist diess dagegen im Freien und bei grossen Pflanzen; hier kann man zwar den Boden constant feucht erhalten, abet- ment die die Pflanze umgebende Luft: bei dem sehr starken und oft plotz- lichen Wechsel der psychrometrischen Differenz in der umgebenden und bewegten Luft, wird die Pflanze umsoweniger im Stande sein , den Tran- spirationsverlust sofort und vollstandig zu ersetzen, je grosser sie ist, je mehr Flache ihre Blatter darbieten und je langer der Weg von den Wur- zeln bis zu diesen ist; es liegen sogar Beobachtungen von de Vriese vor- 1 ), welche zeigen, dass bei allerdings mangelnder Bewurzelung einer Agave, der wachsende Bluthenstamm am Tage, bei gesteigerter Transpiration, sich wiederholt verktirzte, um bei abnehmender Temperatur und Beleuchtung, ai)er zunehmender Luftfeuchtigkeit sich wieder durch Wachsthum zu ver- langern. So lehrreich an sich ein derartiges Vorkommniss ist, so sehr hat man sich doch davor zu hulen , wenn es darauf ankommt, den Einfluss der Temperatur und des Lichts auf das Wachsthum zu studiren. 2) Temperatur. Dass das Wachsthum erst dann beginnt, wenn eine gewisse niedere Temperatur (der specifische Nullpunkt) iiberschritten wird, dass es um so mehr beschleunigt wird, je hbher die Temperatur liegt, dass bei einer gewissen hbheren Temperatur, Optimaltemperatur, (zwischen 20 und 30° C.) ein Maximum der Wachsthumsgeschwindigkeit eintritt, wahrend bei noch weiterer Sieigerung der Temperatur die Zu- wachse wieder abnehmen , habe ich friiher 2 ) fiir Keimpflanzen dargethan und Koppen hat diess in seiner erwahnten Arbeit bestiitigt. Uebiigens hatte schon Harting (1 842) ein derartiges Verhalten fiir die Hopfensprosse aus seinen Beobachtungen gefolgert, ohne jedoch zwingende Beweise dafiir beizubringen. Diese Thatsachen sind fiir die uns vorliegende Aufgabe nur insofern zu verwerthen, als man zunachst beachten muss, dass Temperaturen untei*- 1) Vergl. unten den VII. Abschnitt. 2) Sachs in Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. II. p. 338. 106 Dr. Julius Sachs. halb des specifischen Nullpunkles iiberhaupt keine Wirkung auf das Wachs- thum iiben , oder besser gesagt dasselbe nicht zu Stande kommen lassen ; und dass eine Erwarrnung bis iiber die Optimaltemperalur- schadlich wirkt. Da jedoch im natiirlichen Verlauf der Dinge Teraperaturen oberhalb des Optimums nur selten vorkommen, bei Experimenlen aber vermieden werden konnen, so will ich im Folgenden ganz davon absehen und unter hbheren Temperaturen nur solche unterhalb des Optimums, also giinstigere vei- stehen. Dass selbst inncrhalb dieser Grenzen eine einfache Beziehung zwischen Temperatur und Wachsthumsgeschwindigkeit nicht besteht, geht schon aus Hartings Forschungen hervor, wurde von mir (a. a. 0.) fur Keimpflanzen ausfiihrlich nachgewiesen und ist schon desshalb einleuchtend, weil bei der Existenz der grossen Periode und der stossweisen Schwan- kungen des Wachsthums eine einfache Proportionality zwischen Wachsthum und Temperatur undenkbar ist, wenn es sich um einen und denselben Pflanzentheil zu verschiedenen Zeiten handelt. Es lasst sich bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse eben nur soviel sagen, dass vom speci- fischen Nullpunkt ausgehend bis zum Optimum die Wachsthumsgeschwindig- keit um so grosser ist, je hoher die einwirkende Temperatur liegt. Diess Alles gilt zunachst ftir constanle Temperaturen; von Dr. Koppen ist (a. a. 0.) die Frage ventilirt und z. Th. bejahend beantwortet worden, ob die Schwankungen der Temperatur als solche eine Verlangsamung des Wachs- thums bewirken. Ich enthalte mich hier einstweilen jedes Urtheils, da ich bei Mittheilung meiner Untersuchungen darauf zuriickkomme. Wenn man von der Wirkung der Temperatur auf das Wachsthum redet, so setzt man stillschweigend voraus, dass die durch das Thermo- meter angezeigte Temperatur auch wirklich in dem wachsenden Pflanzen- theil vorhanden sei. Handelt es sich dabei um Wurzeln, welche in Erde wachsen und um ein zwischen derselben in die Erde gestecktes Thermo- meter, so ist die Annahme gewiss gerechtfertigt ; nicht so, wenn man die Temperatur der Luft nach einem in der Luft aufgehangten Thermometer mit dem Wachsthum eines in der Luft befindlichen Pflanzentheils vergleicht. Da sowohl die Thermometerkugel wie der Pflanzentheil ihre Temperatur der Warmeleitung und der Strahlung verdanken, diese aber bei beiden gewiss erheblich verschieden sind, so wird schon aus diesem Grunde nur selten der Fall eintreten, dass die Temperatur des wachsenden Gewebes durch das daneben hangende Thermometer genau angegeben wird. Dazu kommt, dass in einer nicht ganz mit Wasserdampf gesattigten Luft, die Pflanze transpirirt und sich dabei abkiihlt, was an dem trockenen Thermo- meter nicht stattfindet ; anderseits ist es aber gewiss , dass ein nasses Thermometer durch die Verdunstung viel starker abgekuhlt wird als die Pflanze, deren Verdunstung im Yerhaltniss zur Oberflache und Masse viel geringer ist. Hat man daher njcht Gelegenheit, das Thermometer in das beobachtete Internodium selbst einzusenken , und das ist' bisher nie ge- Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 107 schehen , bei kleinen Pflanzen auch unmbglich , so giebt das Thermometer neben der Pflanze nur in sehr ungeniigender Weise die Temperatur der- selben an. Bedbachtet man unter freiem Himmel, bei bewegter Luft und bei raschem Temperaturwechsel oder unter Verhaltnissen, wo die beobach- tete Pflanze direkt von der Sonne beschienen wird , so wird die Tem- peratur der Pflanze nicht selten eine von der des Thermometers sehr ver- schiedene sein; aueh diese Fehlerquelle wird auf ein Minimum herabgedriickt, wenn man in einem Zimmer, bei ruhiger Luft, langsamer und geringer Temperaturschwankung und in diffusem Licht beobachtet. Weiter unten werde ich die Mittel angeben, die ich anwandte, um diesen Beobachtungs- fehler moglichst unbetrachtlich zu machen. Ganz abgesehen davon, dass unter Umstanden die Temperatur eines wachsenden oberirdischen Pflanzentheils auch von der Temperatur des durch die Wurzeln aufgenommenen Wassers und durch Warmeaustausch mit dem Boden veriindert werden kann , ist der Einfluss des Bodens noch in anderer Beziehung von Gewicht. Unterliegt die Luft und mit ihr der oberirdische Pflanzentheil raschen und kraftigen Temperaturschwankungen, so machen sich diese nur langsam und in geringer Starke im Boden und an den Wurzeln geltend; dadurch kann aber die Turgescenz der Pflanze verandert werden; ist z. B. der Boden sehr warm, so nehmen die Wur- zeln viel Wasser auf und der Turgor steigert sich, wenn die Temperatur der Luft nicht hinreicht eine kraftige Verdunstung zu veranlassen (so ist es z. B. am Abend nach einem warmen Tage), umgekehrt wird der Turgor vermindert, wenn bei niederer Bodentemperatur die Wurzeln das Wasser langsam aufnehmen , wahrend ein warmer Wind oder Sonnenschein die Blatter zu starker Transpiration anregen (so z. B. nach Sonnenaufgang nach einer kalten Nacht). Von den so bewirkten Aenderungen des Tur- gors aber wird die beobachtete Wachsthumsgeschwindigkeit mit beeinflusst sein. — Bei Beobachtung im Freien werden auch diese Verhaltnisse das Resultat betreffs der Temperaturwirkung, die man untersucht, bis zur Un- kenntlichkeit entstellen konnen , und auch in diesem Sinne empfiehlt sich wieder die Beobachtung in) Zimmer, bei ruhiger Luft bei sehr langsamen und geringen Temperaturschwankungen , denen die Erde des Blumentopfes folgen kann ; wenn auch unter solchen Verhaltnissen die Temperatur der- selben meist um einige Grade tiefer liegt als die der Luft, so ist doch die Differenz gering und fast constant, d. h. die als Curven verzeichneten Temperaturen der Luft und der Erde (im Topf), laufen fast parallel iiber einander hin. 3) Licht. Der Einfluss des Lichts auf das Langenwachsthum ist insofern bekannt, als wir wissen, dass es bei alien positiv heliotropischen Pflanzentheilen durch das Licht um so mehr verlangsamt wird, je inten- siver dieses ist, dass mit zunehmender Dunkelheit das Wachsthum be- schleunigt wird, so lange es nicht an Baustoffen fur das Wachsthum fehlt. 108 Dr. Julius Sachs. — Leider haben wir noch keine brauchbare Methode, die so sehr wech- selnden Lichtintensitaten so zu messen , dass die Messungen ftir die beob- aohtete Pflanze unmittelbare Geltung haben; Messungen der mit dem Auge wahrnehmbaren Hclligkeil wtirden, auch wenn sie bequem ausfiihrbar waren, etwas anderes darbieten, als das gesuchte Maass derjenigen Licht- strahlen, welche das Langenwachsthum beeinflussen ; diess sind namlich, wie direkte Beobachtung und der Heliotropismus im farbigen Licht zeigt, die blauen, violetten und ultravioletten , also die unpassenderweise so ge- nannten chemischen Strahlen, ftir welche Bunsen und Roscoe *) eine Mes- sungsmethode ausgebildet haben , deren Handhabung ftir unsere Zwecke ubrigens mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein wtirde. Da sich aus den von ihnen gemachten Bestimmungen ergiebt, dass die ,,chemische Intensitat" des Tageslichts im AUgemeinen von Sonnenaufgang bis Mittag rasch zunimmt, um von da bis Sonnenuntergang wieder ebenso rasch ab- zunehmen und da diess ftir den von mir verfolgten Zweck einstvveilen hinreicht, so habe ich photochemische Messungen nicht vorgenommen. 4) Combination der Wachsthumsbedingungen. Versuchen wir es nun, auf Grund der gemachten Erwagungen, uns eine Vorstellung von dem Gang des Wachsthums oder seiner graphischen Darstellung, der Wachsthums curve, eines Internodiums zu machen, welches den wech- selnden und verschiedenen Wachsthumsursachen zunachst in freier Luft ausgesetzl ist, so leuchtet sofort ein, dass die Wachsthumscurve die mannig- faltigsten Formen annehmen kann, je nachdem die verschiedenen Ursachen in gleichem oder entgegengesetztem Sinne wirken, je nachdem sich das w 7 achsende Glied in dieser oder jener Phase seiner grossen Periode befindet. Um hier sogleich die oft aufgeworfene Frage zu behandeln, ob das Wachs- thum Nachts starker oder schwacher sei, als am Tage, und ihren wahren Sinn klar zu legen , versuchen wir eine Analyse der durch die Worte Tag und Nacht bezeichneten Combinationen von Wachsthumsursachen und ihren Wirkungen. Gewohnlich ist die mittlere Tagestemperatur hoher als die mittlere Nachttemperatur, es mtisste dem entsprechend das Wachsthum am Tage ausgiebiger sein als in der Nacht; das Tageslicht jedoch wirkt in entgegengesetztem Sinn und es wird darauf ankommen , ob die Intensiliit der wirksamen Strahlen hinreicht, die Temperaturwirkung aufzuheben ; es wild sich der Erfolg auch wahrscheinlich nach der specifischen Natur der Pflanze richten, denn es ist denkbar, dass manche Pflanzen ftir Licht empfindlicher sind, als andere. Auch ist am Tage die psychromctrische Differenz mcist grosser als in der Nacht, die Transpiration also gesteigert und es kann leicht eintreflfen, dass der Turgor am Tage geringer ist als Nachts, wodurch das Wachsthum ebenfalls retardirt wird. Es feonnte demnach der Fall eintreten, dass das Wachsthum am Tage, trotz der ») Potio, Annal¥n r.vui Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 109 hoheren Temperatur doch geringer ware als in der Nacht und gewiss wird diess der Fall sein, wenn die Tagestemperatur der Nachttemperatur gleich oder geringer als diese ist. 1st dagegen der Temperaturiiberschuss des Tages gegeniiber der Naeht ein sehr betnichtlicher, so ist es wahrscheinlich, dass der Einfluss des Lichts und der Verdunstung doch iiberwogen wird, dass das Tageswachsthum ausgiebiger bleibt als das nachtliche,, obgleich dieses durch die Dunkelbeit und meist durch hoheren Turgor gefordert wird. — Beachten wir ferner noch einige extreme Falle, die hier mbglich sind; es koante sein, dass die Nachttemperatur hoher ware als die des folgenden Tages, dass zugleich Regen wetter in der Nacht die Turgescenz auf ein Maximum steigert, wahrend am folgenden Tage bei betrachtlicher Helligkeit z. B. ein kalter Wind herrscht; in diesem Falle wird das niichtliche Wachsthum intensiver sein iniissen. Im zeitigen Fruhjahr oder im Herbst kann es gcschehen, dass die Luft Nachts unter den specifischen Nullpunkt der Pflanze sinkt, alsdann vermag die Feuchtigkeit und die Dunkelheit das W achsthum nicht zu fbrdern , es tritt Stilistand ein und das Wachsthum erfolgt nur am Tage, wo die Temperatur sich hinreichend tiber den spe- cifischen Nullpunkt erhebt. — Denken wir uns ferner die ausseren Wachs- thumsursachen so vertheilt, dass dieselben filr sich allein , einen nicht allzubetrachtlichen Unterschied des W T achsthums am Tage und in der Nacht bewirken wiirden , so kann der Unterschied gradezu ausgeglichen , oder selbst umgekehrt werden, durch die verschiedene Wachsthumsfahigkeit der Pflanze zu verschiedenen Zeiten, z. B. durch den Einfluss der Phase der grossen Periode; hat ein beobachtetes Internodium z. B. Nachts bei sonst ungunstigeren Bedingungen sein Maximum der Wachsthumsfahigkeit (den Gipfel der grossen Curve) erreicht, so kann bei sonst giinstigeren Redingungen run folgenden Tage das Wachsthum doch kleiner sein. Diese und zahlreiche andere Combinationen sind schon dann mbglich, wenn man nur die mittleren Werthe von Tag und Nacht vergleicht. Noch grosser wird die Zahl der mbglichen Falle , wenn man sich ein Bild der Ereignisse nach sttindlichen Beobachtungen zu machen sucht ; denken wir uns die grosse Curve des Wachsthums eines Internodiums verzeichnet , so werden die sttindlichen Aenderungen der Temperatur, die sttindlichen Aenderungen der Lichtintensitat und der psychrometrischen Differenz bald in diesem, bald in jenem Sinne den Verlauf der Curve abandern ; die bei constanten ausseren Verhaltnissen in Form eines einfachen Bogens auf- und absteigende Curve wird sich in eine vielfach und verschieden aus- gezackte Linie verwandeln, an deren Zacken man das tagliche und niicht- liche Auf- und Abschwanken der Zuwachse mehr oder minder deutlich crkennt; die Grosse, Form und Lage dieser Zacken ist das jeweilige Re- sultat des Zusammenwirkens der Temperatur, Feuchtigkeit und des Lichts. Diese Andeutungen werden gentigen , um zu zeigen , wie wenig Sinn es hat, wenn manche Beobachter, ohne genaue Verfolgung der Wachs- 110 Dr. Julius Sachs. thumsursaehen einfach feststellen wollen , in welchem Verhaltniss das Nacht- und Tageswachsthum zu einander stehen ; sie zeigen aber auch, wie schwierig, ja unmbglich es ist, den Einfluss jedes einzelnen mitwir- kenden Factors (der Temperatur, des Lichts, der Feuchtigkeit, der grossen Periode, der stossweisen Schwankungen) aus Beobachtungen erschliessen zu wollen, die man unter freiem Himmei oder in Gewachshausern macht, wo sammtliche Wachsthumsursachen bestandigen und heftigen Schwan- kungen gleichzeitig unterworfen sind. Die Betrachtung der vorliegenden Literatur am Schluss dieser Abhandlung wird hinreichende Illustration en fur das eben Gesagte liefern. Die Aufgabe ernster Forschung in dieser Bichtung kann vielmehr nur die sein, die Wirkung jeder einzelnen Wachsthumsursache fur sich ausftihrlich zu studiren, woraus sich dann der gewohn- liche und naturliche Verlauf der Erscheinungen genauer, als es bisher mbglich war. analysiren, combiniren und voraussagen lasst. lch habe , urn einen ersten Schritt zur Erreichung dieses Zieles zu thun, zu bestimmen gesucht: I) den Verlauf der grossen Periode einiger Internodien oder die Form der grossen Wachsthumscurve bei constanten ausseren Wachsthumsbedingungen ; 2) die Wirkungen schwacher langsamer und starker rascher Temperaturschwankungen auf den Gang der Zuwachs- curve ; wobei die Pflanzen in mbglichst constanter Finsterniss und bei mbglichst constantem Turgor erhalten wurden; 3) die Wirkungen des Wechsels von diffusem Tageslicht und nachtlicher Finsterniss bei mbglichst schwachen Temperaturschwankungen , die sich hier leider nicht immer in erwunschter Weise nivelliren lassen. Wenn die von mir erlangten Besultate trotz der vielen darauf ver- wendeten Zeit, doch nur als erste schwache Anfange gelten kbnnen, so liegt die Schuld einerseits in dem Umstande, dass ich zunachst die Beobachtungsmethoden festzustellen , die Fehlerquellen zu studiren, und somit mir und meinen Nachfolgern den Weg zu ebenen hatte; anderseits liegt es in der Natur der Sache, dass jede Beobachtungsreihe mehrere, selbst viele Tage erfordert und dass zufallige Stbrungen leicht ganze Beob- nchtungsreihen unbrauchbar machen kbnnen. Nimmt man noch dazu, dass man es hier bestandig n)it mehreren langen Zahlenreihen zu thun hat, die oft erst umgerechnet, in verschiedener Weise tabellirt und endlich in geeigneter Weise graphisch dargestellt werden milssen, wenn sie iiber- haupt ein klares und ubersichtliches Bild der Ereignisse liefern sollen, beachtet man ferner, dass es nbthig ist, Monate lang zu bestimmten Tages- stunden piinktlich auf dem Platze zu sein, urn die Ablesungen zu machen, *so wird man zugcben, dass es sich hier urn Beobachtungen handelt, welche die ganze Energie und Geduld des Beobachters herausfordern, und schliess* lich doch nur ein unscheinbares Resultat Liefern. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 1 ] \ II. Apparate und Beobachtungsmethodeii. Die von mir benutzten Methoden zur Beobachtung des Langenwaclis- ihums in kurzen Zeitraumen (fast immer Stunden) haben das Eine gemein- sam, dass ich nicht direkt mit dem an die Pflanze angelegten Zollstab nu\sse, sondern am oberen Ende desjenigen Pflanzentheils, cfessen Langen- waehsthum beobachtet werden soil, einen diinnen Seidenfaden befestige, der iiber eine leichtbewegliche , sorgfaltig abgedrehte holzerne Rolle lauft und einen Zeiger in Bewegung setzt, durch welchen die Zuwachse un- inittelbar oder in proportionalen Werthen angegeben werden. Es waren vorwiegend drei Formen von Apparaten, die ich angewendet habe und von denen ich den einfachsten als ,,den Zeiger am Faden", den zweiten als ,, Zeiger am Bogen", den brauchbarsten und complicirtesten als ,,das selbstregistrirende Auxanometer" bezeichnen will. I) Zeiger am Faden. Der an der Pflanze befestigte Faden vvird senkrecht aufwarts iiber eine kleine, leichtbewegliche Rolle gefiihrt, die sich ungefahr 30 — 40 Ctm. iiber dem Befestigungspunkt des Fadens be- findet. Das freie, von der Rolle herabhangende Fadenende wird mit einer Schlinge versehen , in welche ein Gewicht eingehangt wird ; bei diinnen Internodien geniigt ein Gewicht von 10 — 15 Gramm ; bei dicken, festen und zu Nutationen geneigten Internodien nimmt man zweckmassig starkere Gewichte , um Nutationskriimmungen unmoglich zu machen. An dem Ge- wicht ist eine feinspitzige Nahnadel so befestigt, dass ihre Spitze als Zeiger an der Millimetertheilung eines senkrechten Maassstabes l ) hinabgleiten kann ; zeigt die Theilung noch halbe Millimeter an, so gelingt es bei einiger Uebung, auch Zehntelmillimeter mit ziemlicher Sicherheit zu schatzen, besonders wenn man bei dem Ablesen die Skale und die Nadelspitze mittels eines kleinen Spiegels beleuchtet. — Damit die Nadelspitze der Theilung anliege , ohne jedoch in ihrem Hinabsinken gehindert zu sein, dreht man das Gewicht am Faden 3 — 4mal herum ; nach dem Freilassen sucht sich die Torsion des Fadens auszugleichen und bewirkt so, dass der Zeiger mit geringer aber geniigender Kraft der Theilung angedriickt wird. Der hier, wie bei den folgenden Apparaten verwendete Faden ist immer diinner, fester Seidenzwirn, der vorher, um seine Oberflache zu glatten, einige Male durch erweichtes Wachs und dann durch die Finger gezogen wurde. Die Befestigung des Fadens an der Pflanze kann hier, wo das span- nende Gewicht gering ist , einfach dadurch bewirkt werden , dass man einen Sfbrmig gebogenen Silberdraht von etwa 0,4 Mill. Dicke in das 4) Bei diesen wie den im Folgenden angegebenen Messungen benutze ich die so- gen. prismatischen Maassstabe; sie sind aus hartem Holz in Form eines Lineals; eine zugescharfte Kante tragt die Millimetertheilung, die andere zeigt Zolle und Linien. t 12 Dr. Julius Sachs. Internodium einsticht und in die obere Kriimmung die Schlinge des Fadens einhakt. — Bei den bciden iblgendcn Apparatcn , wo der lange Zeiger samml deni Gewicht an der Rolle eine grossere Spannung des Fadens be- wirkt, isL es zweokmiissiger, die Befestigung in folgender Weise hcrzuslellen : man inaeht an einein Fadenstiick von etwa 8 Ctm. Lange beiderseits eine Stehlinge, stecki die eine durch die andere und legt den Faden so um das obere Ende des Internodiuins unmittelbar unter der Basis des Blattes; mil llilfe einer Pincette lasst sich diese Ligatur fest anlegen ; die freie Sohlinge dieses Fadenstuckes wird in die unlere Oese eines graden Silberdralit- sliiekes gohangt, dessen obere Oese das untere Ende des an der Rolle bcfcsliglen Fadens aufnhnmt (Fig. I in B). Das Dickenwachsthum des \ tltertt odiums bowirkt, dass die Ligatur in eine Rhine eingeschlossen und so un\ eniickbar bcfestigt wird. — Es ist bei der Befestigung des Fadens besonders daraut' zu aehten. dass er nieht an der daniber liegendcn End- knospo sich reibt, noch mehr, dass nieht ini Verlauf des Versuehs nen sich entfaltende Blatter ihn seitwarts drucken ; solche Blatter iniissen vorliei von der Knospe entfernt werden. Es bedarf kaum der Erinnerung , dass die Pflanze , Rolle und der Zollstab wahrend der Beobachtung unverriickbar feststehen inussen ; uiu diess zu erreiehen stelle ich den Blumentopf auf die rauhgeschliffene Seite einer Glasscheibe, die Rolle und der Zollstab werden in kleine eiserne Schraidjstocke bel'estigt , die in Standern mit sehr schwerem Fusssliick mil Stellschraube eingelassen sind ; (tiber die zu vermeidenden Fehler dieses und der folgenden Apparate s. unten). 2) Der Zeiger am Bo gen ist der in ineinem Lehrbuch der Botanik (M. Auil. 1870 p. 632 in Fig. 414) abgebildete Apparat; ich verweise auf die dort gegebene Beschreibung mit der Bemerkung, dass es unter Um- standen bequemer ist, das spannende Gewicht sogleich an der ersten Bolle und zwar (in der Fig.) links auf der Seite des Zeigers zu befestigen, der dann bei fortschreitendem Wachsthum sich senkt, statt wie dort empor- zusteigen. 3) Das selbstregistrirende Auxanometer 1 ) ist der in Fig. I dargestellte Apparat; er besteht aus den beiden Haupttheilen A und C, 1) Grisebach hat in seiner oben cit. Abhandlung das zur Markirung der Internodien benutzte Zahnradchen bereits Auxanometer genannt, das diesen Namen wohl kaum vcrdicnen diirftc ; da mein Apparat nieht fugiieh anders genannt werden kann, so mag er denselben Namen tragen ; zur Unterscheidung wird der Zusatz ^selbstregistrireud" gentigen! Eine unvollkommcnere Form dieses Apparatcs, wo das Uhrwerk durch ein zu Centrifugalversuehen bestimmtcs Laufwerk ersetzt war, habe ich 1869 und 1 870 benutzt und bereits in den Vcrhandl. der pliysik. medic. Gcs. in Wurzburg am 4. Febr, 1x71 beschrieben. Bei den bier mitgetheilten Versuchen habe ich tnioh ausschliesslich sehr labil werden, und auch hier hatte eine allzustarke Vergrosserung den Nachtheil, dass man das Papier zu oft wechseln miisste. — Maassgebend fiir die Wahl der Vergrosserung ist vielmehr, dass die stundlich geschriebenen Linien weit genug von einander abstehen, damit die Messungsfehler hierbei unschadlich werden; dazu geniigt, dass die Bogenstucke zwischen ihnen \ — 6 Mill, lang sind; ferner ist maassgebend, dass der Zeiger eine solche Lange habe, dass der von seiner Spitze beschriebene Bogen auf dem Papier in einem geeigneten Verhaltniss zum Krummungsradius des Cylinders stehe ; da der Zeiger namlich sich in einer senkrechten Ebene bewegt, aber auf einer senkrechten Cylinderoberflache schreibt, so wiirde bei zu geringer Lange des Zeigers das Schreiben bald aufhoren, wenn er einen zu grossen Winkel mit der Vertikale zu machen beginnt. Auch ist eine betrachtliche Lange des Zeigers desshalb wunschenswerth, damit die Bogenstucke zwischen den Zuwachslinien als grade Linien gemessen werden konnen. Um nun den Zeiger ziemlich lang zu machen, ohne dass die Vergrosserung zu be- deutend wird, muss auch die Rolle eine hinreichende Grosse haben, was 9* 118 Dr. Julius Sachs. Ubrigens auch andere Vortheilc mil sich bringt. Die Wahl der Vergrosserung miisste sich naturlich auch nach der Geschwindigkeit des Wachsthums richten ; so lange man es indessen mit Pflanzen zu thun hat , die in der Stunde um hbchstens 1 bis 2 Mill, wachsen , kommt man mit der Ein- richtung aus, die ich fiir meine sammtlichen unten mitgetheilten Beob- achtungen benutzt habe; die Zeigerliinge betnigt namlich nahezu 60 Ctm., der Rollenradius (d. h. in der Rinne gemessen) nahezu 5 Ctm. ; wonach also die Vergrosserung , wie auch direkte Messung zeigt, eine 12fache ist. Obwohi es im Allgemeinen ziemlich gleichgiltig ist, die Vergrosserung genau zu kennen , da man fiir Beantwortung der meisten Fragen nur die Verhaltnisszahlen der Zuwachse zu kennen braucht, kann es doch der Gontrolle wegen erwunscht sein, die Vergrosserung genau zu bestimmen. Es ist das sehr einfach, wenn man den Radius der Rolle vom Centrum bis zum tiefsten Theil der Rinne genau messen kann, da dann der Quo- tient des Radius in die Zeigerlange die Vergrosserung darstellt ; allein diese Messung ist bei grosseren Rollen nicht leicht, und genau genommen muss die halbe Dicke des Fadens dem Rollenradius zugerechnet werden und auch diese Fadendicke ist nicht leicht zu bestimmen. Es ist daher zweck- massig die Vergrosserung direkt zu bestimmen, was sich in folgender Weise erreichen lasst. Statt des Blumentopfs mit der Pflanze stellt man unter die Rolle einen schweren Stander, der einen kleinen Schraubstock tragt; in diesen spannt man einen Millimeterstab , an welchem der Faden befestigt ist. Nachdem die Zeigerspitze an das berusste Papier des Cylinders angelegt und zur Ruhe gekommen ist, hebt man den Millimeterstab in dem gebffneten Schraub- stock um genau 1 Ctm. und schraubt fest. Dasselbe Verfahren wieder- holt man an verschiedenen Stellen des berussten Papiers mehrfach; die mittlere Lange der so erhaltenen Bogen ist n Ctm. Theilt man nun den Bogen mittels des Zirkels in 10 gleiche Theile, so entspricht jeder einem Millimeter des Maassstabs u. s. w. und man kann den so getheilten Bogen dazu benutzen, auf dem schwarzen, fixirten Papier die Zuwachse un- mittelbar in Millimetern abzulesen. Die Messung der Zuwachse kann mittels des soeben beschriebenen getheilten Bogens auf Papier direkt geschehen, indem man denselben an die mit dem Zeiger geschlagene Bogenlinie anlegt und die Bogenlangen zwischen den parallelen von der Zeigerspitze gezeichneten Linien abliest. Ich habe es jedoch vorgezogen, die Bogenstucke zwischen den Zuwachs- linien unmittelbar mit dem Millimeterlineal zu messen: so lange dieselben nur 15 — 20 Mill, lang sind, konnen sie bei der Lange meines Zeigers ohne iigend crheblichen Fehler als grade Linien betrachtet und als solche ge- messen werden; in den Tabellen ist diess durch die Ueberschrift „Zu- w;iehse in Millimetern am Bogen" angedcutet. — Der Vollstiindig- keit wegen sei noch auf eine kleine Ungenauigkeit hingewiesen, die darin Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 119 liegt, dass man die Zuwachse direkt auf dem mit dem Zeiger beschriebenen Bogen misst, Offenbar fallen die Durchschnittspunkte desselben mit den Zuwachslinien nicht auf die Stellen , die genau einer ganzen Umdrehung entsprechen. Da jedoch von einer zur andern Linie die seitliche Stellungs- iinderung der Zeigerspitze am Cylinder eine nur unbetrachtliche im Ver- gleich zum Umfang des Cylinders ist, so lange die Zuwachse selbst 1 — 2 Mill, pro Stunde nicht iiberschreiten, so kann der so entstehende Messungs- fehler bei Zuwachsen unter 2 Mill, pro Stunde unbedenklich vernachlassigt werden, zumal wenn man den Zeiger jedesmal am Anfang des Versuchs so stellt, dass er im Laufe desselben einen Winkel von hochstens 25—30° mit dem Horizont zu erreichen im Stande ist, was durch Einschiebung verschieden langer Drahtstucke am Faden erreicht werden kann; grade mit Rucksicht auf diese Verhaltnisse ist es nothig, dass der Zeiger eine betrachtliche Lange ohne zu starke Vergrosserung der Zuwachse habe. Fehlerquellen. Vorausgesetzt, dass die Aufstellung der genannten Apparate sorgfaltig geschehen , die Rollen gut abgedreht und centrirt , die Faden richtig befestigt sind , so bjeiben dennoch manche Bedenken gegen die Genauigkeit ihrer Angaben zu beseitigen. Diese Bedenken beziehen sich z. Th. auf Veranderungen an den Apparaten selbst, z. Th. auf Ver- anderungen an den beobachteten Pflanzen, durch welche die als Zuwachse bezeichneten Grossen mit beeinflusst sein konnen. A. Durch den Apparatbedingte Fehler. a) Fehler, welche an alien drei Apparaten vorkommen, konnen entspringen aus der Dehn- barkeit und Hygroskopicitat des Fadens, aus der Volumenanderung des Bodens im Blumentopf bei Veranderung seines Wassergehaltes. Die durch Warmeausdehnung etwa bedingten Veranderungen konnen im Voraus als ganz unerheblich unbeachtet bleiben. Da die durch die Dehnbarkeit und Elasticitat des Fadens bedingten Langenanderungen der Fadenlange proportional sind, so kommt es vor Allem darauf an, diese so viel als moglich zu vermindern; es lasst sich diess am einfachsten durch Einschaltung von Drahtstticken thun, die oben und unten scharf umgekrummt sind; bei dem Zeiger am Faden kann so die Faden- lange auf 20 — 30 Ctm., bei den beiden anderen Apparaten auf 10 — 12 Ctm. verktlrzt werden. Um den aus der Dehnbarkeit des Fadens entspringenden Fehler zu beseitigen, genUgt es, den Faden vor der Benutzung an dem Apparat unter derselben Spannung, die er spater haben soil, langere Zeit hangen zu lassen und dann immer denselben Faden zu benutzen. Die Ausgiebigkeit der hygroskopischen Storungen eines solchen Fadens lasst sich mit Hilfe des Auxanometers leicht prufen, indem man ihn statt an einer Pflanze , in einem Schraubstock befestigt. So fand ich bei der von mir benutzten Einrichtung, dass die Zeigerspitze bei 24 Umdrehungen eine einzige Linie auf dem berussten Papier hinterliess, die allerdings ungefahr 1 Mill. Breite hatte; dabei wechselte die Temperatur und die Luftfeuchtig- 120 Dr. Julius Sachs. keit in weiteren Grenzen, als bei den meisten Versuchsreihen mit Pflanzen. Es komnit somit auf eine Umdrehung ein durchschniltlicher Fehler von 0,04 Millimeter, was schon bei der Ablesung der multiplicirten Werthe des zweiten und dritten Appa rates ausserhalb der Messbarkeit liegt und bei den direkten Zuwachsangaben des Zeigers am Faden gar nicht mehr in Betraeht kommt, da dort der Fehler noch mit 12 zu divi— diren ware. Viel grosser sind die Fehler, welche durch Zusammenziehung und Ausdehnung der Erde im Blumentopf entstehen konnen. Vor Allem ist es nothig, dass man nur solche Pflanzen zum Yersuch verwendet, die be- reits Wochen oder Monate lang in demselben Blumentopf gewachsen sind, bei denen sich ein Gleichgewichtszustand der Erde hergestellt hat. 1st diess geschehen so kann man die Erde im Topi' als unbeweglich betrachten, wenn man sie durch tagliehes Giessen vor dem Versuch bestandig feucht erhalt. Urn eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie gross die Fehler sein konnen , welche durch starkes Austrocknen und nachtragliche Be- feuchtung des Bodens verursacht werden, machte ich folgenden Versuch am Auxanometer. Ein Blumentopf von 15 Gtm. Hohe und '16 Gtm. Weite, d. h. von der mittleren Grosse derer, in denen die beobachteten Pflanzen standen, enthielt seit 4 Monaten den Wurzelstock einer Dahlia; die Erde war seit 1 4 Tagen nicht mehr gegossen worden und betrachtlich ausge- trocknet. Der Stump! des vorjahrigen , vollig verholzten Stammes ragte 3 Gtm. iiber die Erde hervor; an ihm wurde der F'aden des Auxanometers mittels eines starken Drahthakens befestigt; die noch Jrischen Seitensprosse wurden entfernt. Bei den beiden ersten Umdrehungen lielen die vom Zeiger gezeichneten Linien fast genau auf einander; dann wurde die Erde begossen , so dass das Wasser reichlich unten herauslief (der Topf stand wie immer auf einer Glasplatte) ; der nachste Zeigerstrich fiel nun um 0,5 Mill, tiefer, der folgende um 3 Mill., der dritte um 2,5 Mill., der vierte um 1,5 Mill., der filnfte um 1,5 Mill, unter den je vorhergehenden ; ein Zeichen, dass sich der Befestigungspunkt des Fadens um den 12. Th. dieser Werthe gehoben hatte. Die 17 folgenden Linien fielen sammtlich unter einander und nahmen auf dem Papier eine Breite von 10 Mill, ein, indem ihre Entfernungen immer kleiner wurden; am folgenden Tage wurde abermals begossen, (nachdem der Zeiger tiefer gestellt war) und in der ersten Stunde fiel die Zeigerspitze um 1,2 Mill., in den sieben folgenden Slunden noch um 5,5 Mill.; die folgenden 14 Linien nahmen 3,3 Mill. Breite ein; als dann nochmals gegossen wurde, nahmen die folgenden 24 Striche unter einander fallend 3,5 Mill. Breite ein; nach abermaligem Giessen fieien kennung der Gegenstande unmbglich macht; scheint die Sonne auf die Schirme , so tritt allerdings ein wjihrnehmbarer Grad von Helligkeit im Zimmer ein. Beurtheilung und graphische Darstellung der Zahlen. Hat man die Zahlenreihen der stiindlichen Zuwachse , Lufttemperaturen, psychrometrischen Differenzen und sonstige Bemerkungen einer mehrtagigen Beobachtungsreihe vor sich, so ist es durchaus nicht leicht, aus denselben ohne Weiteres irgend ein bestimmtes Resultat betreffs der Einwirkung ausserer Agentien auf das Wachsthum abzuleiten. Die stiindlichen Zu- wachse schwanken unregelmassig auf und ab, Beziehungen zu Temperatur und Licht treten nur ab und zu klar hervor. In hbherem Grade geschieht diess allerdings schon dann , wenn man statt der stiindlichen Werthe die daraus berechneten zwei- oder dreistiindigen Zuwachse und Mitteltempe- raturen berechnet, aber auch so gewinnt man kaum ein klares Bild des inneren Zusammenhanges des Wachsthums und seiner Bedingungen ; diess ist nur durch eine geeignete graphische Darstellung der Zahlen werthe moglich, die merkwiirdigerweise bisher keiner meiner Vorganger benutzt hat und diese Unterlassung ist eine der Ursachen, warum manche Beobachter die wahren Resultate ihrer eigenen Beobachtungen nicht erkannten, wie ich noch im letzten Abschnitt zeigen werde. Ich habe nicht nur alle meine Beobachtungsreihen , sondern auch fast sammtliche Angaben meiner Vor- ganger auf Coordinaten tibertragen; meist habe ich die graphische Dar- stellung meiner Zahlen sogar auf zwei- oder drei- und mehrfach ver- schiedene Weise versucht, um ein mbglichst anschauliches Bild der Vor- gange zu bekommen. Die beigegebenen Tafeln mit den zugehbrigen Erklarungen und Ta- bellen werden dem Leser hinreichend verstiindlich sein und kann ich mich ttier ;iuslahrlichei- Atigefoen Ube» das Verfahren im Allgemeinen um so Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 127 mehr enthalten , als auf anderen Gebieten der Naturwissenschaft die gra- phische Darstellung von iD Zahlen ausgedriickten Beobachtungen ja ohnehin liingst im Gebrauch ist. Nur auf einen Punkt jmochte ich besonders hin- weisen, den der Ungelibte leicht Ubersehen konnte. Handelt es sich nam- lich darum, Mittelwerthe auf den Coordinaten zu verzeichnen, so versteht es sich von selbst, dass man die ihnen entsprechenden Punkte auch auf die Mitte desjenigen Zeitraumes eintragen muss , ftir den der Mittelwerth gilt; hat man also z. B. die Mitteltemperatur der Nacht einzutragen, die a us zwei Beobachtungen von Abends 6 Uhr und Morgens 7 Uhr genommen ist, so muss der betreffende Punkt filr die Temperaturcurve auf diejenige Ordinate gesetzt werden, welche 12*/ 2 Uhr Nachts entspricht ; eben so muss der mittlere stundliche Zuwachs ftir diesen Zeitraum auf denselben Punkt der Zeitabscisse fallen; nimmt man statt der mittleren Zuwachse die Zuwachssummen filr bestimmte Zeitraume, so sind dieselben an den gleichen Punkten, an welchen die mittleren Zuwachse stehen mttssten, einzutragen ; wird z. B. die Curve der dreisttlndigen Zuwachse verzeichnet ftir die Zeiten von 12 — 3 Uhr, 3 — 6 Uhr, 6 — 9 Uhr u. s. w. , so miissen die Punkte fttr die dreistiindigen Zuwachse auf die Zeiten 1 1 / 2 Uhr, 4y 2 Uhr, 7y 2 Uhr u. s. w. fallen. DCt Tabellen. Die hier folgenden Beobachtungsreihen sind sammtlich im Jahre 1871 vom Anfang Marz bis in den Juli gewonnen. Die Ordnung, in der ich sie folgen lasse , ist nicht chronologisch , sondern vom einfacheren zum com- plicirteren fortschreitend, wie noch weiter aus Abschnitt IV zu ersehen ist. 1. Phaseolus multiflorus. Etiolirte Pflanze im finstern Zimmer beobachtet; Wachsthum (grosse Periode) der einzelnen Theile des epicotylen Internodiums. Das Internodium wurde am 19. April 4 Uhr Abends in 12 Stttcke a 3,5 Mill, lang ein- getheilt; die Stttcke sind von unten nach oben mit a bis m bezeichnet; die erste Messung fand am 21. April 8 Uhr frtth statt, aus ihr ist die erste Columne der Zuwachse fttr 24 Stunden berechnet; die folgenden Messungen immer taglich um 8 Uhr frtth. Temperatur bestandig zwischen 10,2 und 11,0° R. — Messung mit Maassstab. — Vergl. p. 102. 128 Dn. Julus Sachs, Mezeichnung tier je 3,5 Mill, langen Stiicke. Zuwachs bis 21. April. Zuwachs bis ! 22. April. Zuwachs bis 23. April. Zuwachs bis 24. April. ! Zuwachs bis! 25. April. Zuwachs bis 26. April. | Zuwachs bis 27. April. Zuwachs bis 28. April. Zuwachs bis : 29. April. Zuwachs bis 30. April. Mill. Mill. Mill. Mill. Mill. Mill. Mill. Mill. Mill. Mill. obeii m 1,2 1,5 2,5 5,5 7,0 9,0 14,0 10,0 7,0 2,0 1 1,5 1,5 6,0 9,0 9,5 9,5 3,5 1,0 2,7 3,0 6,5 6,0 2,0 3,9 2,5 3,0 1,0 h 3,3 1,0 0,5 1,8 0,5 f 1,1 0,2 0,6 0,3 d 0,6 c 0,3 b 0,3 union ;i 0,3 Surnme jierPar- linlzuwachse 17,6 hi, 5 18,5 21,5 1 8,5 18,5 17,5 11,0 7,0 2,0 2. Fri t i 1 1 a r i a i m pe rial i s. Griine Pflanze im Lichl unci etiolirte Pflanze iiri Finslern. Zur Vergleichuttg tier grosser! Periode beider (vergl. Taf. L). Ablesung der Zuwachse mit- tels Zeigers an Faden. Zwei nahezu gleichgrosse Zwiebeln waren in gleiche Topfe gleichzeitig eingepflanzt ; die eine keimte in einem finsteren Zimmer, die andere an eineni helien Fenster ; bei dieser begann die Beobachtung als das untere Internodium des Laub- und Bluthenstengels 7 Mill. , bei jener als es 22 Mill, ilber der Erde hoch war; der Faden war mittels eines Silberdraht- hiikchens unmittelbar unter dem ersten Laubblatt befestigt, die verzeich- neten Zuwachse gelten daher aussehliesslich fur das unterste Internodium. . — Die beiden Apparate standen wahrend der Beobachtungszeit neben ein- ander auf eineni Tisch ; die grune Pflanze erhielt nur diffuses Lichl (nichl (liiekte Sonne) von zwei Ostlenstern aus 3 Meter und zwei Nordfenstern aus 2 Meter Entfernung; zwei Spiegel verhinderten die heliotropische Kiuuiinung vollstandig. Die daneben stehende etiolirte Pflanze war mit einem Hohlcylinder von Stanniol bedeck! und so verfinstert (vergl. p. 125). — Die Lufttemperatur (°C.) wurde an einem metallenen Maximum- und Minimum-Thermometer (von Hermann und Pfister), welches zwischen beiden Pflanzen stand, taglich dreimal, urn 8 Uhr frtth, 12 Uhr Mittag, () l T hr Aliend abgelesen und aus diesen 6 Datcn die taglichcn Mitteltemperaturen fvcrgl. p. 125) berechnet; die taglichen Schwankungen waren gering and erreichten hOchstens 2°C. in 24 Stunden. — Mit Ausnahme der triiben Tage am 80. Mftrz und 2. — 5. April war das Wetter hell. Leber den Eintluss der Lut'ttemperatur und des Tageslichts etc. 129 Tagl. Zuwachse in d £ o *^ Millim. um 12 Uhr Tail. „• s S- O CO Mittag abgelesen. Bemerkungen. griine e t i 1. Ptlanze. Pflanze. iy. Dis zu. Millim. Marz i n us f ' 1 V, Vj. 9 n 25, U 21 10,5 O , _ 22 41,4 6,1 i 9 9 , Z* 1 3 '4 Q 3 75 .i 1 3 9 13 4 19 5 1 2, o von \ 9 \}hv M\\\no 9*-* his 4 9 HhrTVIittsia 26 14,fi 12,2 4 9 : i 24. Marz; am 23. Marz ist das griine Inl prnnHiiim 97 1 IVfill rl;i 1 1 1 2 Add 1 0, D hpr/nccpn Dcgl) »Scll. 1 \ 1 ll'i 1 1 . J\ 1 ) 1 1 1 . .1 () 7 58 18,2 atn 1. April 8 Lhr triih die griine Pllanze 2 10,2 4,4 15,5 beg os sen. a o y 1 f 3,S 1 4 , •I 1 fi ,,0 13,8 10,7 V2 \ 1,9 fi 11,0 0,7 s,s 7 N 1 1 , 1 1.2 0,0 4,4 2,1 '.) 1 1 , 5 0,0 10 I 2,5 0,0 Iii dem Zeilraum vom Marz I i Uhr Mitlag bis zum 7. April 1 2 Uhr Mittag, wo beicle Pflanzen gleichzeitig beobacbtet warden und wuchson, betrug der Gesammtzuwachs der griinen 93,2 Mill., dor dor etiolirten 189,9 ; dieser war also mehr als doppelt so gross wie jener; ausserdem dauerte der Zuwachs des etiolirten Internodiums noeh 3 Tage langer, als das des griinen; das Maximum der taglichen Zuwachse ft] It bei dem grunen Inter- nodium auf den 2'6. Marz, bei dem etiolirten auf den 1. April, also 6 Tage spate i\ Da nach Beendigung der Beobachtungen sich land, dass das Inter- nodium unterirdisch und innerhalb der Zwiebel bei beiden Pflanzen 30 Mill, lang war, so ergiebt sich die erreichte Gesammtlange filr das Griine 120,7 Mill., fur das etiolirte 214,6 Mill. 3. Hop f e n. Griine Pflanzen im Finstern (Vergl. Taf. IL). Grosse Periode und Tem- peraturwirkung. Zu den beiden folgenden Beobachtungsreihen wurden Pflanzen ver- wendet, welche, in grosse Topfe gepflanzt, schon zweimal in diesen iiber- wintert hatten. An beiden Exemplaren wurden sammtliche Sprosse , bis 130 Dr. Julius Sachs. auf je einen, zur Bebbachtung besonders geeigneten . dicht an der Erdo weggeschnitten. — Wahrend der Beobachtungszeil waren die Sprosse mil tubulirten Glasglockon bcdeckt, dicse zum Zweck der Verdunkelung mil Bleifolie dicht umwickelt ; in zwei anderen dicht daneben , auf feuchter Erde stehenden tubulirten Glasglocken befanden sich die Thermometer (°C), in der einen das trockene, in der anderen das feuchte, welches Nachts 0,25 bis 0,3°, Tags 0,3° bis 0,4° weniger zeigte, als jenes. — Zuwachs- ablesungen an Millimeterthcilung, an welcher sich der Zeiger mittels Faden und Rolle bewegte. No. K. Die vier oberirdischen lnternodien unter der Knospe des Sprosses haben am Anfang des Versuchs die Langen (von unten nach oben gezahlt) : 90 — 31, — 28 — 17 Mill.; der Zuwachs findet an den 3 oberen lnternodien, uberwiegend am jungsten stall. Tag. Tageszeit. Temp. G. Mittel. Zuwachse in Millim. Mittel pro Stunde. Zuwachse in Millim. fur ganze Tage 6h Abd.— 6h Abd. Temp. C. Mittel fur ganze Tage p. 125. 18. April 6 Ab.— 8 Fr. 8 Fr.— 12 M. 12 M. — 6 Ab. 14,°6 15,0 15,3 0,18 Mill. 0,40 „ 0,73 ,, [ 8,5 Mill. 14,04 19. April 6 Ab.— 8 Fr. 8 Fr.— 12 M. 12 M. — 6 Ab. 14,7 14,7 16,1 0,90 Mill. 1,17 ,, 1,58 ,, 1 26,7 Mill. 15,0 20. April 6 Ab. 8 Fr. 8 Fr.— 12 M. 12 M.— 6 Ab. 15,4 15,2 15,7 1,31 Mill. 1,65 ,, 1,73 ,, 1 35,0 Mill. 15,4 21. April 6 Ab.— 8 Fr. 8 Fr. — 12 M. 12 M.— 6 Ab. 14,8 14,8 15,4 1,03 Mill. 1,12 ,, 1,00 ,, j 25,0 Mill. 14,09 22. April 6 Ab.— 8 Fr. 8 Fr. — 12 M. 12 M. — 6 Ab. 14,1 14,3 15,6 0,39 Mill. 0,27 „ 0,07 „ j 7,0 Mill. 14,5 No. II. Das vorletzte Internodium unter der Knospe, das 3. von unten, ist in den letzten 5 Tagen am Licht nur urn 1 2 Mill, gewachsen und bei Beginn des Versuchs 32 Mill, lang; das letzte Internodium unter der Knospe ist 20 Mill, lang und ergiebt die in der Tabelle verzeichneten Zuwachse. Ueber don Einfluss der Lufttemporatur und des Tageslichts etc. 131 Tag. Tageszeit. Temp. C. Mittel. Zuwachse in Millim. Mittel pro Stunde. Zuwachse in Millim. fur ganze Tage 6h Abd.— 6» Abd. Temp. C. Mittel fur ganze Tage ■1±. April 8 Fr.— 12 M. 12 M.— 6 Ab. 6 Ab.— 8 Fr. 14,03 15,6 14,8 0,45 Mill. 0,75 „ 0,91 „ \ 19,0 Mill. 14,09 23. April 8 Fr.— 12 M. 12 M. — 6 Ab. 6 Ab. — 8 Fr. 14,7 14,9 14,2 1,30 Mill. 1,03 ,, 0,97 „ | 25,0 Mill. 14,5 -24. April 8 Fr. — 12 M. 12 M.— 6 Ab. 6 Ab.— 8 Fr. 14,5 15,1 14,0 1,25 Mill. 1,75 ,, 0,75 ,, 1 26,0 Mill. 14,3 -) \ \ rwil If. . \ [ M 1 1 8 Fr.— 12 M. A a \\ a AK 1i L\l . D I\U. 6 Ab.— 8 Fr. 13,9 1 t , o 13,3 1,00 Mill. 1 , -j o , , 0,41 ,, 1-17 9 Mill , l 1 j £ If 1 111. 13 9 -26. April 8 Fr. — 12 M. 12 M.— 6 Ab. 6 Ab. — 8 Fr. 14,1 15,0 13,7 0,40 Mill. 0,45 ,, 0,04 ,, > 4,8 Mill. 14,1 4. Fritillaria imperialis. Etiolirte Pflanze im Finstern; Wirkung starker Temperatur-Schwankungen auf das Wachsthum ; (vergl. Taf. III.). Beobachtung der Zuwachse mittels des Zeigers am Bogen. Zur Beobachtung diente ein im Finstern erwachsener Laubspross, dessen erstes Internodium am Anfang bereits 15 Ctm. hoch war; der Faden wurde unmittelbar unter dem ersten Blatt der noch nicht entfalteten Laubknospe mittels eines Hakens von Silberdraht befestigt; die folgenden Angaben beziehen sich also ausschliesslich auf das erste Internodium. — Die Verdunkelung wurde durch einen Hohlcylinder von Stanniol bewirkt; neben der Pflanze befanden sich die beiden Thermometer (°R), das eine mit trockener, das andere mit nasser Kugel ; jedes mit seinem unteren Theil in einem Hohlcylinder von Stanniol von der Grosse dessen, der die Pflanze bedeckte , umgeben ; jeder dieser Cylinder steht auf der feuchten Erde eines Blumentopfes (vergl. p. 124). — Die Temperaturschwankungen wurden durch Heizung eines grossen eisernen Ofens im grossten Saale des Labo- ratoriums und gelegentlich durch Oeffnen von Thiir und Fenster bewirkt. Der Apparat stand 5 Meter von dem Ofen entfernt und war durch einen grossen hdlzernen Schirm vor der Strahlung desselben geschiltzt; die Temperaturanderungen am Apparat wurden demnach durch die Luftwarme des Saales vermittelt. Die Temperatur der Erde wurde durch ein in die Erde neben der Pflanze gestecktes Thermometer angegeben. Arbeitan a. d. bot. Institut in Wurzburg. II. ] Dr. .Ii i, ii S Sachs. ~ a> » Tag. Stunde der Ablesung. >vachs Stund ige n- ade. I (Mil | Brcte. (Hi I 1 1 ft iii i 1 1 ■ r 1 j U l l 111 111 1 chron n Hiill Bemerkungen. Hiille. psy Dill. Th. i \ fi Via V7 8 h 30 m fr. 1 1 2° 1 1 80 iim x 1 » IViili '^'IhmvI (illl o 11 LI 11 «-v ' llvluLi 1 1 ,06 12 3 14 2 i \ 2,10 14 16 6 0,9 12 Mittag 1,05 15 3 17 9 ,1 A 1 , 1 /) 1 ,45 16 9 17 9 0,7 3 2,05 16,3 17 U ,0 ii m qIi T^hpIi mi \ i n cr 11 111 O ll OL/Il 111 1 1 l - meter, bei 1 Smaliger Vergrosserung. Dor im Finstern anstreibende Spross besass zwei oberirdische Inter- aedietl Unter der Kndknospe; am !. Mai vvurdc der Faden unlerhalb dos ersten Blattpaares angekoppoli, nm zu sehen, ob das untere taternodium Leber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. ] 33 noch waehst ; bis zum 2. Mai in 21 Stunden betrug die vvirkiiche Ver- langerung bei II — 13°R. nur 0,58 Millimeter; dann wurde das obere Ende des zweiten Internodiums unmittelbar unter dem 2. Blattpaar an- iiekoppelt ; die mit dem 4. Mai beginnenden hier folgenden Zuwachs- angaben betreffen daher sicherlich nur das zweite Internodium. — Die Pflanze war wahrend der Beobachtungszeit mit dem Zink-Recipienten um- geben (vergl. p. 125), und so gestellt, dass die Sonnenstrahlen denselben vor Mittag treffen und erwarmen konnten ; durch einen vorgestellten Papier- schirm konnte die Intensitat der Strahlung vermindert werden. — Das Thermometer (R) befand sich mit seinem unteren Theil in einem gleichen, auf feuchter Erde stehenden Recipienten, der jedesmal derselben Strahlung dicht neben der Pflanze ausgesetzt wurde. Stunde. Zuwachs in Mill, am Boaen. Temp. R. im Reci- pienten. Grdsste Tempera- turschwankung in einer Stunde. Bestrahluns. 6h fr. 7 ,, 8 ,, 9 10 10h 30'" fr. 10 h 50<" 11 fr. 12 Mittag 12 h 30 m M. 1 Mittag 2 3 4 - • 5 ,, 6 Abend 9 10 12 Nacht 4 ,, 3 „ 4 „ 5 „ 6^ fr. 7 •„ 8 „ 9 „ 10 ^ „ 12 Mittag 2,8 2,5 3,0 2,5 3,6 3,0 7,2 4,5 4,0 4,3 4,6 4,4 4,2 4,0 3,8 3,5 3,0 2,5 2,3 2,1 2,0 1,7 1,8 1,6 0,8 1,5 2,0 1,8 2,2 5,0 5,0 5,6 11,07 13,9 12,7 1 2,3 14,3 12,5 16,3 15,6 12,9 13,0 12,7 12,0 11,01 12,3 12,5 16,0 13,8 1 ,10 aufwarts. 1 ,2 abwarts. 0,°4 abwarts, und 2,00 aufwarts. 2,02 abwarts. von 12 — 1 h 3,8 aufwarts und 0,7 abwarts. 2,07 abwarts. 0,°1 aufwarts. 0,03 abwarts. 0,°7 abwarts. 0,°6 aufwarts. 0,2 aufwarts. 3,05 aufwarts. 2,2 abwarts. im Mittel 0,07 abwarts. meist triib, wo-l- kig; Wirkung der Strahlung aber merklich. v.12 bis12 h 3 m Sonne. um12 h 30beschattet. der Himmel meisl wolkig, zwischen 1 und 1 1 11 Sonne. 10* 134 Dr. Julius Sachs. Zuwachs Temp. R. Grosste Tempera- Tag. Stunde. in Mill, am im Reci- turschwankung in Bestrahlung. Bogen. pienten. einer Stunde. 5. Mai 4h Mittag 5 6 Abend 7 8 10 12 Nacht 8,4 Neu ein- gestellt. 5 3 s'o 4,1 4,0 4,0 3,6 12,4 12,0 11,6 1,2 abwarts. 6. Mai 1 z , , 3 4 5 6 h fr. 7 „ 3,4 3 K O y O 3 8 4 4 4 n 4,0 11,0 8 3,5 11,7 0,07 aufwarts. 9 5 2 12,7 1 aufwarts. 1 5 5 13 4 7 n ii fwiirtc v/,i uui wdi i.^ . Himmel irnmer triib. 1 1 5 B 13 L a Viwfci r»tc <1IJVVCIII&. 6 13 1 v,i cttllWdl IS. /) 7 6,' 5 12,6 / > 0,25 abwarts. 9 o,o 4 5,8 I 5 6,3 / UjO dUWdl IS. U xiUcllll 6 7 8 5 8 6'o 110 J 9 5,0 10 4,7 4,3 7. Mai 1 1 >) 2 3 4 5 4 o 3,6 3 3 2^6 2,6 6 h fr. 2 5 10 5 7 2,5 > 1,00 aufwarts. 8 „ 3*0 12,5 9 4 3 13 2 7 finfwnWe U,l (lUl VTdl to . Sonnenschein, mit 10 \\ \\ ,, 3^6 5,0 14,0 14,2 1,7 aufwarts. 0,2 aufwarts. Papierschirm ab- gcschattet. 12 Mittag 5,2 15,3 1,1 aufwarts. \ „ 2 „ 4,5 3,6 | 0,8 abwarts. 3 „ 2,8 12,7 6. Fritill a ria imperialis. Etiolirte PfJanze frci im linstern Zimmer. Wirkung geringer Temperatur- schwankung. Grosse und tagliche Pcriode. Beohachlet mittels dos Aux.mo- meters, bei 12maliger Vergrosserung der Zuwachse. Ms das untere Internodium des im Finslern ausgetriebenen Laub- Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 135 sprosses 2o Mill, ilber der Erde lang war (sammtliche Laub blatter noch als Knospe zusammenschliessend), wurde der Faden mittels eines Hakens von Silberdraht unmittelbar unter Knospe befestigt und die Beobachtung begonnen. — Die Pflanze blieb unbedeckt, ebenso das trockene und feuchte Thermometer (/?) ; ein drittes Thermometer steckte in der Erde des Blumen- lopfs neben der Zwiebel. — Den genau einstiindigen Zuwachs-Angaben des Auxanometers entsprechen sttindliche Temperaturbeobachtungen von Morgens 8 bis 12 Uhr und Nachmittags 3 bis 6 Uhr: aus jenen sind die dreistiindigen Zuwachse, aus diesen die zugehorigen Mitteltemperaturen und psychrometrischen Differenzen berechnet (vergl. wegen der Nachttempera- tiiren p. 124). A. Nach dreistiindigen Werthen. .S c* a 03-03 Mitlel-Temp OR. Tag. jHiincie von — bis Bemerkungen. je3S Mil am I Erde. Luft. "II X 5 o-(-> 27. Marz 3 — 6 Abend 6—9 9 — 42 Nacht 1 0,7 10,7 11,6 13,1 13,8 13,6 13,4 2,1 28. Marz 12—3 3 — 6 friih 15,4 18,0 13,2 13,0 6 — 9 20,3 11,4 12,9 2,4 um 8^ friih Erde begossen. 9 — \ 2 Mittag 21,6 115 12 8 2 8 8 — 1 h Mittag Sonne (d. h. die 12-3 „ 26,5 11, '5 12,'8 2^8 Sonnenstrahlen treffen die 3 — 6 Abend 28,0 11,4 12,4 2,9 Aussenseite der die Siid- 6-9 „ 24,8 11,9 fenster deckenden schwar- 9—12 Nacht 28,0 11,7 zen Schirme). 29. Marz 12—3 „ 3—6 friih 30,0 11,3 29,9 11,0 6—9 ,, 28,3 9,5 11,0 2,2 9— 12 Mittag 31,7 10,1 11,7 2,4 um 12 h Mittag neu eingestellt. 12—3 ,, 3—6 Abend 41,8 11,0 11,7 2,5 39,0 10,5 11,5 2,8 6-9 „ 36,7 10,9 9— 12 Nacht 37,8 10,6 30. Marz 12—3 ,, 3—6 friih 39,3 10,4 39,4 10,2 6-9 „ 41,6 8,6 10,1 2,3 8 h friih Erde begossen. 9— 12 Mittag 39,2 9,5 10,7 2,2 12—3 ,, 41,4 9,9 10,8 2,2 3—6 Abend 38,0 9,5 10,4 2,3 5 h Abend neu eingestellt. 6-9 „ 23,5 10,0 9— 12 Nacht 26,0 9,8 31. Marz 12-3 „ 3—6 friih 28,5 31,2 9,7 9,5 6—9 ,, 34,7 7,9 9,4 2,0 9—1 2 Mittag 35,8 8,3 9,5 2,0 10 h Morgens Erde begossen. 12—3 33,6 8,4 9,5 2,1 3 — 6 Abend 28,3 8,4 9,4 2,2 um 4 h Abend neu eingestellt. 6—9 ,, 21,5 9,0 9— 12 Nacht 22,8 8,8 136 Dr. Julius Sachs Tag. Stunde von — bis Zuwachs in je 3 Stunden. Millim. am Bogen. Mitte -Temp. OR. Bemerkungen. Erde. Luft. psycl Diffe 1 April 1 2 — 3 Nacht 24,6 8,7 q fi friih O 1,7 1 9 Q 6,9 8 1 9 1,7 3 fi Ahpnd 6,6 8 2 8,9 1,7 6 — 9 -,, 7,3 8,9 9 — 12 Nacht 6,4 8,8 7. April 12—3 ,, 3—6 fruh 6,9 6,3 8,8 8,7 6—9 ,, 6,2 7,6 8,8 1,6 9 - 12 Mittag 5,1 8,7 9,5 1,6 12—3 „ 6,5 9 - 4 9,9 1,7 1) Das Zimmer im ±. Stockwerk, wo das Au^aoometeF aufgestellt ist, stehl durch eine 1 DKuss grosse Oeffnung mil dem dtiruriter liegenden Zimmer dels ersten Stockes Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 137 Das Internodium hatte am Anfang des Versuchs iiber .der Erde (von der Grenze des oberen Zwiebelrandes bis zur Basis des untersten Laub- blattes, wo der Faden eingehakt war) die Hohe von 25 Mill. ; nach Be- endigung der Beobachtungen (am 8. April 8 Uhr friih) betrug diese 193.1 Mill.; der Zuwachs wahrend der Beobachtungsdauer ; inclusive der Zeit vom 7. April 3 Uhr Nachmittag bis 8. April 8 Uhr friih betrug also ! 68 Mill. Der oberirdische Theil des Internodiums war vor Beginn des Versuchs durch schwarze Striche in fiinf gleichhohe Stucke a 5 Mill, ein- getheilt worden, welche von unten nach oben gezahlt, mit den Buchstaben a, bj c, d, e bezeichnet sein mogen. Nach Beendigung der Beobachtungen waren die Langen dieser Stucke a = 19.5 Mill.; 6 = 26,5; c = 33,6; d=45,5; e = 29,5 Mill. Nach Abzug der ursprunglichen Lange jedes Sttickes von 5 Mill., er- halt man die Zuwachse ftir a =14,5; 6 = 21,5; c = 28,6; rf = 40,5; e = 24,5 Mill. Ausserdem war aber wahrend des Versuchs unterhalb a ein neues Stuck von der Lange 38,5 Mill, herausgeschoben , durch Verlangerung des in der Zwiebel steckenden Stuckes von 32 Mill. Lange. Demnach ist das Wachsthum dieses Internodiums ungleichmassig an verschiedenen Querschnitten und zwar in basifugaler Bichtung zunehmend; indem sich das in der Zwiebel steckende Stuck von 32 Mill. Lange nur um 38,5 Mill., das iiber der Zwiebel befindliche von 25 Mill, urspning- licher Hohe aber um 168 Mill, verlangerte; an diesem Theil nahm das Wachsthum von a bis d zu, nur das oberste Stiick e wuchs langsamer, war aber bei Beendigung des Versuchs noch nicht ausgewachsen. B. Theil der vorigen Tabelle A. Tag. Stunde von — bis z T~ z z t— 4 f-6 1. April 12—3 Nacht 28 52 89 3—6 friih 29 56 404 6—9 „ 33 63 4 49 9— 12Mittag 29 56 4 02 4 2 — 3 29 53 92 3 — 6 Abend 30 57 4 03 6—9 23 45 85 9—42 Nacht 30 59 443 2. April 12—3 ,, 34 64 4 22 3—6 fruh 32 65 433 6-9 „ 34 67 147 (Fortsetzung der Tabelle auf pag. 138.) in Verbindung; dieses wurde , um die Temp, bei der immer zunehinenden Abkublung des Wetters , nicht allzustark sinken zu lassen , geheizt; es wurde so eine sehr lang- same Erwaroaiing des Beobachtungsraumes kiinstlich erzielt. 138 Dr. Julius Sachs. Tag. Stunde von — bis z t z z t 4 t 6 2. April 9 — j2 Mittag 28 54 96 12 — 3 1 8 33 53 3 — 6 Abend 21 39 65 6—9 25 49 88 9 — 1 2 Mitta fr 28 52 96 3. April 12 — 3 26 50 93 3 r friih *j yj it mm 27 53 1 01 6 — 9 27 53 1 01 9 — \ 2 Mittag 1 7 31 53 42 3 23 40 65 3 — e Abend 27 49 81 6—9 26 46 76 9 — \ 2 Naeht 26 46 77 4. April 4 2 3 31 57 96 3 — 6 t'riih 30 55 87 6-9 ,, 31 57 98 9— 12 Mittag 25 43 66 12—3 21 35 51 3—6 Abend 27 44 63 6—9 „ 21 35 51 9— 12 Nacht 17 28 C. Grosse Periode aus der Tabelle A berechnet. Tag. mittlere Tages- temp. R. z. z z z ~T~ t— 4 t— 6 28. Marz 12,06 182,6 14,5 21,2 27,7 29. „ 11,2 275,2 24,6 38,2 53,0 30. 10,3 288,4 28,0 45,8 67,7 31. „ 9,3 236,4 25,4 44,6 71,6 1. April 2- 8,45 196,6 23,3 44,2 80,2 8,4 181,3 21,6 41,2 75,5 3. 8,8 174,9 19,6 36,4 62,4 4. „ 9,7 196,6 20,2 34,5 53,1 5. ,, 9,9 140,8 14,2 23,8 36,1 6. „ 9,0 60,7 6,7 12,1 20,2 7. Dahlia va ri a bilis. Etiolirter Spross im Finstern, d. h. im finstern Zimmer und von einem Zink-Recipienten umgebcn. Vcrhaltcn dcs Wachsthums bei sehr ge ringer Temperaturschwankung. Beobachtung am Auxanorneter ; 12fache Vergr. der Zuwachse. Diese Tabelle enthiilt die stundlichon B v'o ba chtun gen vom 7. — 13, Juni, aus denen j 5,3 10,9 8. Juni f „ 3,2 5,6 11,0 2 „ 3,5 12 Mittag 5,6 11,1 3 „ 3,5 1 5,6 4 „ 3,6 2 5,6 5 „ 6 friih 3,6 3 „ 5,4 11,2 3,0 4 5,6 11,3 7 3,1 10,6 5 „ 6 Abend 5,6 11,4 8 „ 3,3 10,6 5,6 11,3 9 2,6 10,8 V „ 5,4 10 ,, 3,0 10,9 8 5,2 11 „ 5,6 11,0 9 „ 5,3 12 Mittag 5,6 11,0 10 „ 5,0 \ n 6,0 11 „ 12 Nacht 5,0 2 „ 5,8 11,2 5,5 3 5,5 11,2 10. Juni i „ 5,5 4 5,4 11,2 2 „ 5,4 5,0 11,2 3 5,0 6 Abend 5,2 11,2 4 „ 5,5 7 5,4 5 „ 6 friih 5,4 8 „ 4,5 5,7 9 „ 4,8 7 5,7 10,8 10 4,8 8 „ 5,0 11,0 11 12 Nacht 5,0 9 „ 6,0 11,2 5,0 10 „ 5,8 11,4 9. Juni 1 „ 5,0 11 „ 6,0 2 „ 4,6 I 2 Mittag 6,1 11,5 3 „ 5,0 1 6,0 I II) Dk. Julius Sachs Tag. Stuncle. Zuwachs in Mill. am Bogen. Temp. or. im Zink- recipienten. Tag. Slunde. Zuwaclis in Mill, am Bogen. PC ' r © <** S. £ a cLtsj .£ s c 3 CD C CJ H — oj 2 Mittag 5,5 1 1 . Juni 12 Nacht 5,0 3 6,5 11,6 12. Juni 5,2 neu ein- 12,0 2 4,6 gestellt 3 4 ,7 4,4 11,7 4 4,7 6 Abend 4,5 1 1,7 5 4,5 7 „ 4,6 6 bub 4,8 4,8 5,0 5,2 '8 ,, 5,0 11,9 10 6,0 9 5,3 12,1 m 7,0 10 ,, 5,3 12 Nacht 6,0 11 ,, 5,4 12,2 5,8 12 Mittag 5,0 12,2 6,0 5,0 6,0 4,6 12,3 4 6,0 3 4,8 12,3 § 6,2 4 „ 5,3 12,3 6 tnib 6,0 5 4,6 12,3 7 6,3 6 Abend 4,4 12,3 8 ,, 6,5 11,6 7 4,3 9 >, 7,0 11,8 8 5,3 10 7,2 12,0 9 5,0 7,0 12,2 10 „ 4,8 12 Mittag 6,5 12,6 4,4 1 6,4 12 Nacht 4,3 2 5,8 13. Juni 5,3 5,2 12,3 2 ,i 5,4 4 4,6 3 5,0 5 4 ,7 4 5,0 fi A hp rid 4,6 5 4,6 7 ,, 4,6 6 frill) 5,0 8 „ 4,5 , ' f- ti '.T: 5,4 12,0 9 4,3 8 5,6 12,1 10 4,2 5,0 12,1 *< ,, 4,6 8. Dahlia variabilis. Etiolirte Ptlanze im Finstern. Einwirkung sehr geringer Slrahlung und kleiner Tcmperaturschwankungen auf das Wachsthum. Beobachtungen am Auxanometer; 12malige Vergr. der Zuwachse. Die hier folgende Tabelle umfasst drei Beobachtungsreihen an einem und demselben eliolirten Spross, urn den Einfluss mehr oder minder voll- kommenen Schutzes gegen Licht- und Warmestrahlung so wie gegen Tem- pciaturschvvankungen kennen zu lernen. — Wahrend der ersten und dritten Beobachtungsreihe war die Pflanze nur von einem Zinkrecipienten umgeben, das Zimmer aber dureh ein SUdfenstcr erleuchtet, doch so, dass direktes Sonnenlieht den Apparat nieht treflcn konnte; wahrend der zweilen Beobachtungsreihe wurden alle drei Fensler mit schwarzen Schirmen be- Leber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 144 deckt. — Die beiden Thermometer (R) steckten mit ihren unteren Theilen in Zinkrecipienten', von gleicher Form und Grbsse, wie der die Pflanze bedeckende ; das nasse zeigte bestandig 0,1— 0,3° R. weniger als das Irockene. — Die Blatter der Pflanze waren bis zur Knospe abgeschnitten, an den Schnittflachen wurde wahrend der ganzen Beobachtungszeit be- standig Wasser ausgeschieden. — Bei der ersten Beobachtungsreihe war der Faden unter dem zweiten, bei der zweiten unter dem dritten, bei der dritten unter dem vierten Blatlpaar befestigt; das zugehorige (resp. 2., 3., 4.) Internodium war am Anfang jeder Reihe jedesmal 15 Mill, lang; doch wuchsen auch die unteren Internodien noch mit. — Die dreistiindigen Angaben der Tabelle sind aus den einstundigen Beobachtungen berechnet (wegen der Nachttemperaturen vergl. p. 454). Reihe A. Diffuses Tageslicht durch ein Sudfenster; Pflanze unter Zinkrecipienten. Tag. Stunde von— bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. 3stiindige Temperatur- mittel OR. Tag. Stunde von — bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. 3stiindige Temperatur- mittel or. 2. Juni 12— 3Mittag 12,1 15,3 4. Juni 12—3 ,, 15,9 13,3 3 — 6 Abend 1 0/0 14,9 3—6 frtih 17,4 13,2 6-9 „ 15,6 14,4 6-9 „ 13,0 13,0 9 — 12 Nacht 19,8 14,2 9 — 12 Mittag 13,4 13,0 3. Juni 12-3 „ 23,6 14,0 12—3 ,, 13,0 12,7 3-6 friih 26,8 13,8 3—6 Abend 11,6 12,3 6—9 ,, 9-12 Mittag 26.5 14,1 6—9 ,, 10,7 12,1 21,2 14,5 9— 12 Nacht 12,3 12,0 12-3 3—6 Abend 18,4 14,4 5. Juni 12 — 3 „ 14,6 11,9 14,4 14,0 3—6 friih 15,2 11,8 6-9 „ 14,2 13,8 6—9 ,, 12,9 11,7 9 — 12 Nacht 17,0 13,5 9 -12Mittag 11,5 11,9 Reihe B. Zimmer verfinstert; Pflanze im Zinkrecipienten. Tag. Stunde von — bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. 3stiindige Temperatur- mittel °R. Tag. Stunde von — bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. 3stundige Temperatur- mittel OR. 7. Juni 6—9 Abend 10,8 11,00 9. Juni 12—3 Nacht 14,6 10,9 9 — 12 Nacht 12,2 10,9 3—6 friih 16,2 10,8 8. Juni 12-3 ,, . 10,2 10,8 6—9 ,, 16,7 10,8 3—6 friih 10,2 10,7 9 — 12 Mittag 16,5 10,9 6-9 ,, 9,0 10,7 12—3 ,, 16,6 11,1 9— 12 Mittag 14,2 10,9 3 — 6 Abend 16,8 11,3 12-3 ,, 17,3 11,1 6—9 ,, 15,9 11,3 3—6 Abend 15,6 11 ,2 9 — 12 Nacht 15,5 11,1 6—9 „ 14,7 11,2 10. Juni 12—3 15,9 11,0 9—12 Nacht I 4,8 11,1 3—6 friih 16,6 10,9 L42 Dr. Julius Sachs Tag. Stunde von — bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. 3stundige Temperatur- mittel OR. Tag. • Stunde von — bis Zuwachs in 3 St. Mill am Bogen. i & '5 of C S 4i 2 O-S rr, C • — « g s H 10. Juni q — 9 friih 16,7 11,0 1 1 . Juni 9 — <|2 Nacht 13,8 1 1 9 9 — l2Mittag 17,9 11,4 12. Juni 1 2 — 3 14,5 11,8 12 — 3 18,0 11,6 14,0 117 3 — 6 Abend 13,3 11,7 6 — 9 ,, 15,3 11,8 6—9 14,6 11,6 9 — 12Mittag 15,7 12 2 9 — 42 Nacht 19,0 11,6 12 — 3 ,, 14,4 1 2,3 11. Juni 12 — 3 ,, 17,8 11,6 3 — 6 Abend 14,3 1 2,3 12^3 3—6 friih 18,2 11,6 6—9 ,, 14,6 6—9 ,, 19,8 11,7 9— 12 Nacht 13,5 12,2 9— 12Mittag 20,7 12,2 13. Juni 12—3 ,, 15,7 12,1 12—3 17,4 12,4 3—6 fruh 14,6 12,0 3—6 Abend 13,9 12,2 6—9 ,, 16,0 12,1 6-9 „ 13,4 12,1 Reihe C. Diffuses Tageslicht durch ein Siidfenster: Pflanze im Zinkrecipienten. Tag. Stunde von — bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. 3stiindige Temperatur- mittel OR. Tag. Stunde von— bis Zuwachs in 3 St. Mill, am Bogen. & .J ac2 05 ^ £° JU1 M ©S EH 14. Juni 12— 3Mittag 14,5 14.05 15. Juni 3—6 Abend 14,3 15,6 3—6 Abend 8.7 14,2 6—9 „ 16,3 15,3 6—9 ,, 8,2 13,9 9—12 Nacht 17,3 15,3 9 — 12 Nacht 8,8 13,9 16. Juni 12—3 ,, 17,3 15,2 15. Juni 12—3 ,, 12,0 13,9 3 — 6 fruh i7,5 15,1 3 — 6 friih 12,0 13,8 6—9 ,, 16,4 15,3 6-9 „ 11,6 14,2 9— 12Mittag 15,8 16,6 9— 12Mittag 9,7 15,3 12-3 „ . 14,2 17,0 12—3 ,, 10,8 15,8 3—6 Abend 13,5 16,9 9. Dahlia variabilis. Ktiolirtc Pflanze im Finstern. Tagliche und grosse Periode des Wachs- thums. Ablesung der Zuwachse am Maassstab miltels Zeigers am Faden (vergl. p. 111). Der im Finstern erwachsene Spross wurde nach Ankoppelung des F;i sehr hell. 11 5,2 14,3 2,8 12 Mittag 5,5 15,5 2,8 1 6,0 5,8 1 3 5,4 14,1 2,7 > hell. * > > 4,5 13,9 2,6 5 ,, 5,0 13,9 2,7 J 6 Abend 4,5 13,8 2,6 8 ,, 9 ,, , 3,5 6,5 9,2 10 „ 6,0 11 5,2 12 Nacht 6,5 24. Mai 1 2 „ 4 „ 6,6 6,5 7,3 5 6 fnih 7,6 8,0 12,5 7 „ . 8 „ 11,8 16,0 13,5 14,9 2,5 2,5 9 ' 7,8 15,2 3,0 10 8,5 15,2 2,4 11 „ 12,4 15,2 2,4 12 Mittag 9,6 15,2 2,3 > sehr hell. 1 2 8,3 7,2 15,2 2,2 3 6,3 14,8 2,3 6,5 14,7 2,2 5 4,3 14,6 2,2 6 Abend 6,0 14,5 2,4 7 7,3 8 12,5 9 9,5 1° 10,0 146 Dk. Julius Sachs. Tag. 24. Mai 25. Mai 26. Mai 27. Mai Slunde. Zuwachs in 1 St. Mill, am Bogen. Temp Luft. psychr. Di tic rem 1 1 Abend 10,0 12 JNacnt 11,0 K , , 11,9 2 ,, 11,2 3 1 2,2 4 , , 1 3,5 5 13,5 6 friih 13,5 13,5 7 , , 16,5 A 1 O 1 4, 3 A 1 1 ,'t Q o , , 19,3 15,3 St A 2,1 9 ,, 10,5 15,7 2,4 10 , , 16,3 15,8 2,0 11 15,0 15,9 1 ,9 12 Mittag 13,2 15,9 2,1 1 >> 11,5 2 ,, 9,0 3 71 6,6 15,6 2,1 4 5,0 5 5,5 6 Abend 4,8 15,1 n ' ft 4,5 8 „ 6,5 14,9 1,6 9 „ 11,0 10 ,, 14,0 A A 11 A A t\ 1 1 , U A St VJapK f i z in a cm ia o 1 Z,o 1 si 1 3,0 A~ St 9 ^ >> 3 ,, 1 z, o 15,0 4 14,0 5 .." 6 friih Neu ein- 1 3,8 7 » gestellt 8 1 6,2 St /. y o, * ten 1 O, / 10 ,, 16,7 16,7 2,3 11 ,, 16,5 16,8 2,1 12 Mittag 13,0 1 6,9 2,2 1 ,, 9,0 7,0 3 5,6 1 6,7 2,4 6,0 1 6,5 2,3 5 4,5 16,4 2,2 6 Abend 3,8 16,2 1,9 7 ,, 5,2 8 >> 11,7 9 13,0 10 , , 11,5 11 8,8 12 Nacht 8,5 \ » 7,0 2 ,, 15,2 3 ,, 17,0 4 15,3 5 „ 17,5 6 friih 19,5 14,7 7 „ 23,5 15,7 Beleuchlung. sehr hell. hell. sehr hell. > hell. sehr hell. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 147 Tag. Slunde. Zuwachs in 1 St. Mill, am Bogcn. Temp Luft. . OR. psychr. Differenz. Beleuchtung. 27. Mai 8 fruh 10 11 12 Mittag \ 3 15,5 11,0 13,0 8,4 4,5 3,0 1,0 1,2 16,9 17,3 17,5 17,8 17,8 17,2 1,9 2,0 2,0 2,0 2,1 2,0 » sehr hell. B. Dreistiindige Werlhe bach der Tnbelle A berechnet. Zuwachs Mittel- lag. Stunde in 3 St. Temp. OR. z von — bis Mill . am der drei t — 1 Bogen. Stun den. 23, Mai 9 — 12 Mi t tag 16,3 14,3 38 12 — 3 ,, 17,2 14,8 35 3—6 Abend 14,0 13,9 36 6—9 „ 19,2 13,6 53 9— 12 Nacht 17,7 13,3 54 24. Mai 12—3 ,, 20,2 13,0 67 3—6 fruh 22,9 12,7 85 35,6 14 89 9 — 12Mitlag 30,5 15,2 58 12—3 ,, 21,8 15,1 43 3—6 Abend 16,8 14,6 36 6—9 „ 29,3 14,4 67 9— 12 Nacht 31,0 14,1 76 25. Mai 12-3 ,, 35,3 13,9 91 3 — 6 fruh 40,5 13,6 112 6—9 ,, 46,3 14,7 98 9— 12 Mittag 44,5 15,8 70 12 — 3 ,, 27,1 15,7 47 3—6 Abend 1 5,3 15,4 28 6—9 ,, 22,0 15,0 44 9—12 Nacht 37,8 14,6 82 *6. Mai 12—3 ,, 40,3 14,3 94 3—6 friih neu ein- 6—9 ,, gestellt 9— 12Mittag 46,2 16,8 68 12—3 ,, 21,6 16,8 32 3—6 Abend 14,3 16,4 22 6—9 ,, 9— 12 Nacht 2 9,9 16,0 49 28,8 15,6 51 27. Mai 12—3 „ 39,2 15,1 77 3—6 fruh 5 2,3 14,9 107 6-9 „ 0,0 16,1 81 9— 12Mittag 2 5,9 17,6 34 12—3 5,2 17,5 0,7 Arboiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. II, I 1 148 Dr. Julius Sachs. 12. Dahlia variabilis. Grttne Pflanze im Licht (Taf. VI). Tagliche Periode unter dem Einfluss der TJcht- und Temperaturschwankung. Beobachtung am Auxanometer ; 12malige Vergrosserung der Zuwachse. Bei einem am Sudfenster erwachsenen Spross, dessen erstes, zweites und drittes Internodium bereits aufgehort hatten zu wachsen, war das 4. Internodium 50 Mill, lang und noch im Wachsthum begriffen , das 5. 7 Mill, lang, begann eben kriiftig sich zu verlangern; dieses wurde unter seinem Blattpaar angekoppelt; die verzeichneten Zuwachse beziehen sich also auf das 4. und 5. Internodium; am Ende des Versuchs, nach 136 Stunden war das 4. Internodium 101 Mill., das 5. 43 Mill, lang; der Zu- wachs beider zusammengenommen betrug also 87 Mill, direkt mit dem Manssstab gemessen ; die Summe der stiindlichen Messungen dividirt durch 12! ergiebt aber 90,5 Mill. Zuwachs ; die Differenz von 3,5 Mill, kommt zum Theil auf die Ungenauigkeit der direkten vier Messungen, z. Th. auf die kleinen Fehler bei den 136 Messungen der stiindlichen Zuwachse auf dem berussten Papier. — Die Pflanze stand wahrend der Beobachtung je 2 Meter vom Ost- und Siidfenster entfernt und erhielt Tags nur diffuses Licht; urn das direkte Sonnenlicht am Morgen abzuhalten, wurde das Ost- fenster taglich um 7 Uhr Abends mit einem schwarzen Schirm verstellt, der am folgenden Morgen um 7 Uhr, wenn die Sonnenstrahlen die Pflanze nicht mehr treffen konnten, wieder entfernt wurde. Zwei Spiegel, dicht hinter der Pflanze, den 'beiden Fenstern parallel aufgestellt, hinderten die heliotropische Krummung vollstandig. — Zur Beseitigung allzustarker Schwankungen der psychrometrischen Differenz in der Umgebung der nicht bedeckten Pflanze wurden bei Beginn des Versuchs, dann taglich Morgens um 7 Uhr, einigemal auch nach Mittag die Dielen des Zimmers mit Wasser ubergosscn; das trockene und nasse Thermometer hingen nahe neben der Pflanze, deren Blatter ausserhalb der Knospe abgeschnitten waren. A. Sttindliche Beobachtungen. tag. Stunde. Zuwachs in 1 St. MM], am Bogen. Temp Luft. . OR . psychr. DiH'erenz. Beleuchtung. 49. Juni °20. Juni 5—6 Abend 7 Abend 8 „ 9 10 ,, 11 12 1 Nacht a,o ;{,o :i,3 4,8 5,0 4,8 4,0 fi,0 17,(> 17,1 2,1 i,i J trub. Ueber den Einfluss der Luftternperatur und des Tageslichts etc. 149 Zuwachs in 1 St. Mill, am Temp. OR. Munile. Luft. psych i Boeen. Differen 2 Nacht 5,0 3 5,8 4 6,1 p 5,8 6 fruh 4,3 7 6,5 1 D, J A K g », 8,0 1 / , O 9 A 9 „ 14,0 a n q 11,6 2,1 10 14, 3 A H O 1 / ,2 2,0 u „ 15,6 IT K 1 / , o Ci A 2,0 12 Mittag 10,0 A 7 3 2, U 7,1 ft k -> A 2,1) 4.8 3,4 A 1 Q 2,0 2,2 1 / ,2 . 2,0 2,4 6 Abend 2,5 y| ft R 1 U,lj 1 ,9 7 ,-, 4,3 1 O , '4 A K 1 , o 8 ,, 5,1 9 6,5 10 5,8 11 7,3 12 Nacht 8,1 8,8 9,6 10,8 4 ,, if*- 11,5 5 12,5 6 13,5 7 fruh 15,5 lie i a n Z, I 8 12,4 17,6 2,4 9 12,5 16 5 <9 A , ■ 10 ,, 17,0 10,5 12 Mittag 10,3 ie n 1 o,y 2,2- 7,0 2 i >- 5,5 1 O, O a a 2,U 3 >> neu ein- il ft 1 O, O 2,0 gestellt 4,5 1 6,2 1 ,7 5 4,2 6 Abend 3,5 15,8 1,5 7 5,6 IK n 10,/ 1 , 4 8 5,0 9 11,0 10 „ 9,0 9,0 12 Nacht 9,2 10,4 11,0 3 11,5 12,0 5 11,6 6 fruh 11,0 12,4 15,5 2,1 8 ,, 12,5 16,5 2,3 9 11,0 15,9 1,9 10 „ 12,2 15,8 1,9 Beleuchtuns. triib. heiter trii b . hell. > Iriib. triib. | heiter. 11* Dr. Julius Sachs. Stunde. Zuwachs ir\ A Cf in i &t. Mill, am Bogen. Temp Luft. . °R. ncvfll Difl'erei 1 1 friih 12,6 15,8 2,2 12 Mittag 10,0 1 6,1 2,2 1 >, 7,2 2 5,2 16,1 2,2 4,0 15,8 1 ,8 5 3,6 1 5,8 1 ,7 6 Abend 3,0 15,6 1 ,6 7 »» M 15,4 1 ,5 8 9 ,, 11,0 1 u y,5 11 ,, 7,5 12 Nacht 8,0 10,8 10,4 3 11,6 4 12,0 5 ,, 11,2 6 friih 10,6 7 11,5 1 5,4 1 ,5 8 ,, A O K 1 <>,5 A O. i o,y a a 1 ,o y , , A K 10 neu ein- 1 6,5 1 ,6 gestellt M >, 1 3,5 Ad Milton i z lviniag 1 8 ' l " 1 o, o A 9 1,6 * ,1 3,5 2 ,, 3,5 3 3,0 1 6,5 1 ,4 4 ,, 2,6 16,2 1,3 5 „ 3,5 6 Abend 2,5 1 5,9 1,3 7 ,1 4,2 15,8 1 ,3 8 7,2 9 ii 8,0 10 8,0 11 ,, 7,5 12 JNacht 8,5 1 ,, 9,6 2 ,, 1 0,2 3 10,4 4 ,, 11,0 11,5 6 friih 10,8 7 ii 11,5 1 5,1 1,3 , , 1 • i 1 ZjO 9 „ 9,0 15,6 1,5 10 9,5 16,1 1 ,7 11 ,, 9,5 16,0 1 ,6 12 Mittag 7,6 1 6,4 1 ,8 * ,i 5,0 Z >i •»»» 3 „ 4,0 16/. 1,3 /, 2,0 16,4 1,3 ! > i > <; Abend 1,8 :* ( o 15,9 1,2 7 4, a 15,8 u Bcleuchtung. heiter. heiter. triib. fcrub. Ueber den Einfluss der Lufttcmperatur und des Tageslichts etc. Zuwachs in 1 St. Mill, am Temp. OR. Tag. Stunde. Luft. psychr. Beleuchtung.. Bogen. Differenz. 24. Juni 8 Abend 9 10 „ 11 12 Nacht 6,5 8,0 6,0 5,8 6,8 25. Juni < >, 3 ,, 4 * > > 5 ,, 6 fruh 7,5 8,0 y,u 9,0 9,0 9,5 7 „ 8 11,5 10,2 15,3 15,2 1,3 1,3 9 9,0 15,2 1,3 B. Dreistiindige Werthe nach der Tabelle A berechnet. i .— i Tag. Stunde von— bis Zuwachs in 3 St. Mill, am p. wah desdre d. Zeit umes. in runde z n Zahlen z Bogen. I \ o t 1 5 H £ "8 1 <» Tn n i 1 V * J UIl 1 ft q AKpnH 111 17,2 1 O O 9—12 Nacht 13,8 17,0 19 7 20. Juni 12—3 15,8 16,9 23 8 3—6 friih 16,2 16,7 24 9 6-9 „ 28,5 16,9 41 15 9 — 12 Mittag 39,9 17,3 54 17 12—3 3—6 Abend 15,3 17,3 21 7 7,1 17,0 10 3,5 6-9 „ 15,9 16,4 25 11 9 — 12 Nacht 21,2 16,2 34 18 21. Juni 12—3 29,2 16,0 48 29 3—6 friih 37,5 15,8 65 47 6—9 ,, 9—12 Mittag 40,4 16,6 63 29 37,8 16,7 56 22 12-3 „ 17,5 16,6 26 11 3—6 Abend 12,2 16,1 20 11 6-9 „ 21,6 15,7 38 31 9 — 12 Nacht 27,2 15,6 48 32 22. Juni 12—3 32,9 15,6 59 55 3 — 6 friih 34,6 15,5 63 69 6—9 ,, 35,9 15,9 61 39 9 — 12 Mittaa 34,8 15,9 59 39 12—3 16,9 16,1 28 15 3—6 Abend 10,6 15,8 18 13 6-9 „ 22,3 15,4 41 56 9 — 12 Nacht 25,0 15,4 46 62 23. Juni 12—3 3 — 6 friih 32,8 15,4 61 82 33,8 15,4 63 84 6—9 ,, 37,4 16,1 61 34 9 — 12 Mittag 34,3 16,6 52 21 12—3 10,0 16,5 15 7 3—6 Abend 8,6 16,2 j 14 7 152 Dr. Julius Sachs. Zuwa chs p. wah- desdrei- d. Zeit- umes. in lundcn Zahlen Tag. Stunde von — his in 3 St. Mill, am z z l5oij;en. Tern rend stiin ra t— 10 t— 15" 23. Juni 6—9 Abend 19,4 15,8 33 24 9_/| ^ Naclil 24 15,6 43 40 24. Juni 12—3 Sn 2 15,4 56 75 friih 33 3 15,2 64 166 6—9 32,8 15,3 62 109 9_12 Mittag 26 6 16,0 4 4 27 12—3 ,, 14,3 16,4 22 10 3—fi Abend 6^8 16,2 11 6 C Ik o — y 18,7 15,8 32 23 9—12 Nacht 18,6 15,7 33 26 25. Juni 12—3 24,5 15,5 4 4 4 9 3—6 friih 27,5 15,4 51 69 6—9 ,, . 30,7 15,2 59 153 13. P o 1 e m o d i u m r c p t a n s. Grttne Pflanze im Licht (Taf. VII). Tagliche Periode unter dem Einfluss der Licht- und Temperaturschwankung. Beobachtung am Auxanometer ; I2malige Vergr. der Zuwachse. Die Pflanze halie im Topf tiberwintcrt; die Sprosse wurden bis auf einen mit scchs geflederten Blattern versehenen Bliithenstengel weggeschnitten ; an diesem wurde der Faden iiber dem 6. Blatt djcht unter der Knospe befestigt. Die Gcsammtfliiche der 6 Blatter nach beendigtem Versuch mittels einer getheilten Glasscheibe gemessen, betrug annahernd 25 Quadrat- centimeter. Der Stengel hatte von der Basis bis zum Befestigungspunkt des Fadens am Anfang des Versuchs 81,5 Mill. Hohe ; eine mit schwarzen Strichen angedeutete Theilung desselben in gleiche Stucke zeigte am Ende des Versuchs, dass das untere 21 Mill, lange Stuck gar nicht mehr ge- wachsen war, die anderen aber um so mehr, je naher sie dem Gipfel lagen; das Wachsthum war also ein entschieden basifugales. — Der Topf stand wahrend der Beobachtung in einem, ihn cng umschliessenden Blcch- gefass und war mit einem den Stengel durchlassenden halbirten Glasdcckel bedcckt. — Die Pflanze, sowie die beiden in ihrer Nahe befindlichen Thermometer waren der Luft d(\s Zimmers frei ausgesetzt. — Die Be- leuchtung erfolgtc vorwicgend durch das 1 Meter cntfernte Siidfcnster, zum Theil durch das 2 Meter cntfernte Ostfcnster; direkte Sonnenstrahlen wurden von der Pflanze wie von den Thermomctern durch einen Papicr- schirm, der aber noch sehr helles Licht durchliess, abgehalten. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 153 A. Stiindlichc Beobachtungen. Zuwachs Temp. OR. Tag. Stunde. Mill, am Luft. psychr. Beleuchtung. Bogen . Differenz. 23. April 11 friib 11,9 1,8 12 Mittag 6,0 3,3 11,8 1,7 • tin I ). 2 3,0 3 1,5 12,0 1,8 4 1,5 1,7 12,0 1,7 > heiter. 5 6 Abend 1,5 11,7 1,8 7 2,8 8 1,5 1,5 10 1,3 2,0 12 Nacht 2,5 24. April 3 5 ,, 6 friih 2,7 3,0 3,2 3,5 3,5 3,8 > 7 ,, 3,3 11,0 1,7 8 ,, 3,5 11,3 1,7 i 9 ,, 3,2 11,3 1,7 / triib. 10 2,2 11,4 1,8 H „ 2,2 11,6 1,8 J 12 Mittag 3,8 1 1,8 1,9 seit 11 h 30 111 Sonne hinter 1 3,1 Sob inn. 2 2,6 bciter. 3 2,8 12,1 1,9 trlib. 4 3,3 11,9 2,0 I 5 1,8 11,8 1,8 - boiler. 6 Abend 1,5 11,8 1,9 7 1,0 8 ,, 1 ,2 9 1,5 10 1,5 11 „ 1.5 12 Nachl 1,7 25 April 4 2 3 , 4 5 6 friih 2,0 1,6 2,0 2,0 2,4 2,7 7 ,, 2,1 A £ 8 ,, 2,0 10,9 1,6 9 A C 1 , 11,1 1,8 4° " 1,5 10,9 1,6 > sebr triib. 1,6 11,0 1,7 12 Mittag 1,5 11,4 1,8 1 2 2,2 3,6 3 2,5 11,6 1,9 > heiter. 4 „ 2,0 11,7 1,9 5 ,, 1 ,0 11,5 1,9 154 Dn- Julius Sachs. Zuwachs Temp. OR. Tag. Stundc. Mill, am Bogen. Lttffc. psychr. Differenz. Belcuchtung. 25. April 6 Abend 1,0 11,4 1,9 hciter. 7 8 H 12 Nacht 2,0 2,3 2,2 3,5 3,8 4,2 26. April 1 2 „ 3 „ 4 5 , , 6 fruh 3,8 4,0 4,2 4,8 5,5 5,7 7 ,, 8 „ 3,5 3,5 10,7 11,0 A o 1,9 1,9 > heiter. ( 9 „ 3,5 11 o 11 ,o 9 n 10 „ 3,6 la n 1z,U 9 n ZjV I Sonne auf dcm Schirm. 11 3,5 too 1 Z, O I 12 Mittag 3,8 1 Z,0 ) \ ,, 6,2 2 7,6 3 ,, 4 6,0 5,3 n) 4 1 4, .£ A Q » heiter. 5 „ 4,5 11,3 6 Abend 5,0 11,8 1,8 7 3,5 8 6,6 9 „ 5,6 10 „ 4,5 11 5,0 12 Nacht 5,0 27. April 1 4,8 2 „ 3 * >> 5 6 friih 5,2 K I. 5,4 6 5 6,5 7,5 7 J, 8 „ 5,5 5,0 1 1 ,2 1> 7 J triib. 9 ,, 3,2 25, W [ Sonne auf dem Schirm. 10 4,8 13 9. 1 25,1 1 1 4,5 13,1 2 2 weisse Wolke. 12 Mittag Q H O,0 12 7 2 1 „ 2 >, 8,4 o, 5,0 11,8 1,8 triib. 12 Mittag 5,0 12,1 1,9 Sonne — triib. 1 2 „ 8,0 7,5 >> >, >> 3 9,8 11,9 1,8 triib. 4 M 5,6 12,1 1,9 1 5 a 3,5 12,0 1,8 > heiter. 6 Abend 3,0 11,9 1,7 J 7 M 3,2 5,5 S :; 8,5 10 „ 7,2 i 1 6,8 12 Nacht 6,5 29. April 3 » 4 5 6 fruh 6,0 6,1 6,5 7,4 8,0 7,5 7 4,5 11,5 1,8 heiter. 8 3,2 11,7 1,8 weissc Wolken. 9 2,6 12,0 1,9 10 6,4 12,3 1,9 triib und hell. H ,, 5,7 12,4 2,0 sonnig. 12 Mittag 7,0 12,4 2,0 weisse Wolken. 1 6,5 2 „ 6,5 3 », 7,0 I 12,7 2,0 B. DreistUndige Werthe nach Tabelle A. c o fl . Tag. Stunde ox) en a • 2 ■A B fl a ° G _ CO z von— bis 3stiin Zuwa Mill. Bogi Mittelt der Lu fiir 3 t— 10 23. April 12 — 3 Mittag 7,8 11,9 4,1 3—6 Abend 4,7 11,9 2,5 6—9 9 — 12 Nad) I 5,8 11,6 3,6 5,8 11,4 4,1 24. April 12 — 3 8,9 11,3 6,8 3 — 6 fruh 10,8 11,1 9,8 6 — 9 „ 10,0 11,2 8,3 9 — 12 Mittas 8,2 11,5 5,5 12—3 ,, 8,5 11,9 4,5 156 Dr. Juliub Sachs Tag. Slumlc von — his Istundige Mill, am Bogen. a ^ c/3 ~ 2 co t- P. - z IPTo - 24 Anril q ft /Mipurl 6,6 119 3 5 (5 y 3,7 117 2 2 114 3 3 25. April 12 3 5,6 113 4 3 •i ft PHih 7,1 111 6 4 5 9 (> 5,9 10 9 6,6 9 12 Mittag 4,6 1 1 1 4,2 12 3 8,3 115 5,5 9 ft \IiimuI 4,0 115 2,7 g 9 6,5 113 5 11,5 111 10 5 'i, Anril 12 3 12,0 110 12 q ft Priih 16,0 10 8 20,0 6 9 1 0,5 115 7 q 19 Miltae */ I — 1 111 1 1> I/O J-^ 10,9 12 3 4 ; 7 12 3 19,8 12 4 8 2 0, ^ q ft Ahpnd 14,8 12,0 7 4 ft q 12,4 117 7 2 14,5 1 1 6 9 97 Anril 12 3 15,4 114 11,0 O D 1 Ml 11 20,5 113 15,8 ft q 13,7 1 1 8 7,6 q 19 \|||| ... 17,8 12 8 6,4 1 2 3 23,6 12 6 91 9 ft AhpnH 15,1 12 4 6 3 ft 9 15,3 1 2,0 7,6 q /1 9 Mn/'lif 17 1 Z IN oH-.II I 19,4 118 1 0,8 98 Anril 12 3 19,6 116 12,2 o ft (Villi — D Hull 23,5 114 1 6,7 ft q 19,4 11,6 12,1 q 4 iVliff.ify i7 I £t fill 1(1^ 17,8 11,8 9,9 1 q q 25,3 12,0 12,6 q ft Ahpnrl 12,1 12 6^0 ft q 17,2 1 1 ,8 9,5 9 — 12 Nacht 20,5 11, '7 12,1 29. April 12—3 18,6 11,7 10,9 3—6 fruh 22,9 1 1 ,6 A 1. 9 1 t,6 6—9 10,3 11,7 6,0 9 — 12 Mittag 19,1 12,3 8,3 12 — 3 20,0 12,6 7,7 14. Richardia aethiopica. Chine Pflanze am Licht. Tiigliche Pcriode untcr dcm tiinfluss dcr Licht- urid T> 2,4 8 1,6 9 1,6 10 „ 1,6 11 • j 1,6 12 Nacht 1,7 2,4 3,0 3 ., 8,3 3,5 3,3 R (Villi o I run 3,2 A A ft 7 „ 2,9 8 3,9 112 • ' 1 7 9 3,5 ii B 1 1 , o 1 9 10 3,0 A A R 1 1 ,o 1 9 11 2,3 A A K 1 s l ,o 12 Mittag 2,5 A A K 1 1 , 1 8 1 ,, 2,5 2 2,7 3 ,, 2,4 A A a 1 1 , 1 8 4 >> 2,5 A A K 1 1 , i 7 5 „ 2,3 1 A K 1 1 , o A 7 6 Abend 2,3 ii e 11,0 A 7 7 „ 2,1 8 „ 2,1 9 ,, 2,1 112 1 6 10 ,, 2,1 1 1 2,1 12 Nacht 2,0 1 „ 2,1 2 „ 2,3 3 „ 2,5 4 „ 2,7 5 ,, 2,6 6 friih 3,0 1 1 7 3,2 8 ,, 3,6 A A 9. 11,5 1 ft i ,o 9 ,, 3,8 11,7 1,7 10 3,6 1 Z, O 4 7 1,1 11 ,, 3,2 12 Mittag 2,8 12,0 1 6 1 ,u ' 1 „ 3,1 2 ,, 3,0 3 2,7 4 5 n 2,5 2,5 6 Abend 2,5 ^ 2,4 8 „ 9 „ 2,4 2,5 10 2,0 I Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 159 Tag. Stunde. Zuwachs Mill, am Bogen. Temp T lift . °R. psychr. Differenz. Beleuchtung. A Q A m il 19. -V [Jl 1 1 A A A Hon H 1 1 .Till UU 2 1 i l iNaciit 25, O •20. April 1 » 2,5 2 2,4 3,0 6 friih 11,8 1,6 B. Dreistttndige Werthe nach Tabelle A berechnet. era- im iten. Tag. Stunde. Zuwach: Stunde Mill. £ Bogei Lufttemj tur OR. Recipier 3stiind Zuwacl 25. Juni 10 friih 15,1 5,0 15,0 12 Mittag 12,8 14,9 \ 2 3 „ 9,0 10,8 6,5 14,8 i 26,3 4 7,4 14,7 5 8,0 14,7 I 23,4 6 Abend 8,0 14,7 7 >> 6,8 8 7,2 | 24,8 9 7,8 10 6,8 u 8,0 I 24,4 12 Nacht 9,6 26. Juni 1 „ 12,2 2 „ 13,0 | 37,7 3 „ 12,5 4 „ 11 ,5 5 11,0 1 33,3 6 friih 10,8 7 10,3 13,9 8 9,5 13,8 I 29,1 9 n 9,3 13,8 8,2 13,8 8,6 13,8 I 24,8 12 Mittag 8,0 13,8 9,5 a 8,2 13,7 1 26,7 3 9,0 13,6 4 „ 9,8 13,6 B 9,8 1 30,8 6 Abend 11,2 13,5 tleber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. Tag. Stunde. Zuwachs pro Stunde in Mill, am Bogen. S S «= £ -s ® P* . c S cc .2 © ° c 35 o s» 2 ® 3stiindige Zuwachse. 26. Juni / Aoenci 11,2 8 ,, 12,5 > 37,0 9 13,3 10 U,2 H 14,5 > 43,0 12 Nacht 14,3 27. Juni 7 friih 12,50 16. Dahlia variabilis. Griiner Spross im Finstern (wie bei Tabelle 1 5) . Tag. Stunde. Zuwachs pro j Stunde in Mill, am Bogen. Temp. OR. j im Reci- pienten. 3stiindige Zuwachse. i I 2. Juli 9 friih 15,2 10 ,, 3,0 15,3 5,8 12 Mi Has 3,5 15,6 V „ 3,5 2 3 ,, 3,5 3,6 16,0 [ 10,6 4,0 5 4,0 16,1 1 11,8 6 Abend 3,8 16,1 4,8 5,5 6,5 \ 16,8 10 7,5 IM 8,0 } 24,5 12 Nacht 9,0 3. Juli \ 10,0 2 „ 11,5 > 34,7 3 13,2 14,0 5 14,0 | 41,2 6 friih 13,2 7 M 13,4 16,0 8 „ 12,0 [ 38,4 9 13,0 16,5 10 13,0 16,7 U' ,, 12,4 I 38,4 12 Mittag 13,0 16,9 1 „ 2 12,5 13,4 1 38,9 3 13,0 17,0 Mir 13,8 5 ,, 6 Abend 14,0 16,9 \ 42,4 14,6 16,8 162 Dr. Julius Sachs. Tag. Stundc. f | 2 £ CO ^ Juli 4. Juli 7 Abend 8 9 10 11 12 1 2 3 4 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 Nacht fruli Mittag neu ein- gestellt 17,5 17,2 19,0 19,5 19,5 20,1 20,0 21,0 20,5 20,8 18,3 18,5 20,5 21,5 19,5 22,0 20,0 20,0 22,0 22,0 J so,; \ 58,0 I | 61,1 J 59,6 16,2 16,6 16,7 J 60,5 17,0 17,1 J 64,8 17,0 J 64,0 • IV. Ergebnisse der Beobachtungett. 1) Die schon im 1. Abschnitt als grosse Periode bezeichnete That- sache, dass ein wachsender Pflanzentheil zunachst mit kleinen Zuwachsen beginnt, dann immer schneller wachst, ein Maximum der Wachsthums- geschwindigkeit erreicht und dann immer langsamer wachst, bis endlich Stillstand eintritt , wird durch die Tabellen 1,2,3 sowie durch Tafel I und II erlautert. Tabelle I zeigt, wie an einem wachsenden Internodium jeder einzelne Abschnitt eine grosse Periode besitzt, wie die alteren Ab- schnitte bereits aufgehbrt haben zu wachsen oder sich in den letzten Phasen ihrer grossen Periode befinden, wahrend die jungeren erst zu wachsen beginnen; ferner, dass sich aus diesen grossen Perioden der ein- zelnen Querabschnitte , die grosse Periode des ganzen Internodiums sum- m j r t. — Tabelle 2 und Tafel I lasst die Beziehungen des Lichtes der Temperatur und der Bodenfeuchtigkcit zum Verlauf der grossen Curve erkennen : das im Licht gewachsene Internodium erreicht sein Maximum frllher als das etiolirte im Finstern , die Ausgiebigkeit des Wachsthums ist in alien Phasen seiner Periode geringer als bei diesem, auch hort das W;iclisthum frtther auf. Die VergU^ichung der Temperaturcurve mit der Zuwachscurve liisst erkennen, dass die grosse Periode von dem Verlauf der Temperaturschwanktiiagen in hohera Grade unahhiingig ist; das grtlne Inter- Ueber den Einfluss der Lu ft temperatur und des Tageslichts etc. 163 nodium erreicht hier sein Maximum vor, das etiolirte lange nach dem wahrend dieser Zeit eingelretenen Temperaturmaximum ; die grosse Periode befindet sich bei dem etiolirten Internodium noch in der aufsteigenden Phase, wahrend die Temperatur stetig fallt, jene dagegen bleibt in der absteigenden Phase, wahrend diese sich wieder hebt. Die starken Aus- zackungen der beiden grossen Gurven sind wenigstens z. Th. Wirkungen des wiederholten Begiessens der Erde, wie die Vergleichung der Tabelle mit den Curven erkennen lasst. Die Methode der Beobachlung lasst jedoch nicht erkennen, inwieweit die Befeuchtung etwa eine Aufquellung des Bodens (die hier fehlerhafter Weise als Zuwachs auftreten wiirde) veran- lasste ; ich glaube jedoch , da die Erde immer ziemlich feucht blieb , im Ilinblick auf das unter II Mitgelheilte , dass das Begiessen die Wasserauf- nahme und den Turgor, in Folge dessen die Zuwachse gesleigert hat. — Tabelle 3 und Tafel II lassen ebenfalls die grosse Periode wachsender Internodien deutlich genug erkennen; zugleich bemerkt man, wie die durch die taglichen Temperaturschwankungen veranlassten Beschleunigungen und Retardationen des Wachsthums als Auszackungen der grossen Curve sich geltend machen ; und ausserdem zeigt der Spross Nr. I (Tabelle 3), dass drei gleichzeitig wachsende Internodien zusammen eine sehr regelmassig verlaufende grosse Curve bilden, die sich von der eines einzelnen Inter- nodiums (No. II) in der Form kaum unterscheidet. Ferncr ist noch auf die grosse Periode in Tabelle 6 hinzuweisen, die in C nach Tageswerthen dargestellt und so iibersichtlicher gemacht ist. Tabelle GC zeigt in der Columne z diese Tageszuwachse unmittelbar; dabei tritt eine Unregelmassigkeit darin auf, dass wahrend der absteigenden Phase am 4. April eine vorubergehende Wachsthumszunahme stattfindet. Dass diess in irgend einer Weise von der Temperaturschwankung abhangt, zeigt die Vergleichung der folgenden Columnen, wo die Zuwachse durch die herrschende Temperatur t, dann durch t — 4, endlich durch t— 6 divi- dirt sind ; je hoher man den Nullpunkt der zur Division benutzten Tem- peratur nimmt, desto mehr wird die Ungleichformigkeit im Sinken der grossen Curve ausgeglichen, was besonders dann auffallt, wenn man diese in den durch die Tabelle C gegebenen vier Formen graphisch darstellt (liber dieses Ver- fahren vergl. weiter unten). — Endlich giebt Tabelle 9 den Verlauf der grossen Periode bei nahezu constanter Temperatur fur ganze Tage und zu- gleich die Schwankungen der Zuwachse am Vormittag, Nachmittag und in der Nacht. Obgleich hier zufallig das Steigen und Fallen der Temperatur mit dem Steigen und Fallen der Zuwachse zusammenfallt , zeigt doch die Betrachtung der Tagesmittel ohne Weiteres, dass diess nicht die Ursache der grossen Curve ist; man beachte, dass am 28. April der Zuwachs 22,8 Mill, bei U,6<>C., am \. Mai der Zuwachs 32,8 Mill, bei 14,50 C, am 4. Mai der Zuwachs 18,9 bei 14,°7 stattfand. 2) Einfluss der veranderl ichen Temperatur aufdenstiind- Arbp'itoH a d. bot. lnstitut in Wiirzburg. II. 12 164 Du. Julius Sachs. lichen und taglichcn Gang des Wachsthums. Die zur Fest- stellung dieses Einflusses untcrnommenen Beobachtungen wurden immer an etiolirten Pflanzen im Finstern gemacht, die zu diesem Zweck im Fin- stern erwachsen waren, urn so die Stbrungen zu vermeiden, die moglicher- weise daraus cntstchen, dass eine am Licht erwachsene Pflanze ersU nach und nach in den Zustand iibergeht, welcher dem Lichtmangel entspricht. Die Resultate sind auffallend verschieden, je nachdem die Temperatur rasch und kraftig schwankt oder sehr langsam und wenig schwankt; im ersten Fall folgt die Zuwachscurve der Temperaturcurve so, dass sie diese gewissermaassen nachbildet, im zweiten Fall dagegen machen sich andere Einfllisse geltend, welche den Effect der sehr geringen Tempera turschwan- kungen iiberwiegen. Unter raschen und starken Temperaturschwankungen verstehe ich hier jedoch nur, dass die Lufttemperatur in der Nahe der Pflanze stiindlich um einen oder einige ganze Grade (C. oder R.) wechselt; viel starkere Schwan- kungen, etwa um 10° (C. oder R.) und mehr in der Stunde mochte ich desshalb nicht anwenden, weil es dann ungewiss ist, ob dieselben auch rasch genug in die Pflanze selbst iibergehen, was bei der geringen Leitungs- fahigkeit des Zellgewebes sehr fraglich und nicht leicht zu controliren ist. Unter sehr schwachen und langsamen Temperaturschwankungen verstehe ich solche, die in einer Stunde nur ein oder wenige Zehntel eines Grades (R. oder C.) betragen. Die Betrachtung der Curven auf Tafel III und IV zeigt deutlich, wie bei raschem und starkem Auf- und Abschwenken der Temperatur die Curve der Zuwachse ebenfalls und gleichmassig auf- und absteigt. Tem- peratur- und Wachsthumscurve sind einander sehr ahnlich, ohne jedoch vollstandig parallel zu laufen, was zumal auf Tafel III nicht der Fall ist. Ein ahnliches Verhalten tritt ubrigens auch bei geringeren Temperatur- schwankungen auf Tafel II hervor, wo jedoch noch deutlich zu bemerken ist, vvie bei der auf- und absteigenden Phase der grossen Periode die Tem- pera turschwankung nur geringen Effect auf das Wachsthum ubt, selbst von den inneren Wachsthumsursachen iiberwogen wird, wahrend zur Zeit des Maximums der grossen Periode, also zur Zeit der grossten Wiichsigkeit der Pflanze eine grbssere Aehnlichkeit der bedingenden und der bedingten Curve hervortritt. Es zeigt sich also, dass zur Zeit der stiirkeren Wachsthunisfahigkeit der Pflanze (in der Mitte der grossen Periode) Temperaturschwankungen von einen) bis einigen Qraden in der Stunde das Wachsthum machtig ver- Sndern, und zwar so, dass dem Steigen der Temperatur ein Stcigcn, dem Fallen der Temperatur ein Fallen der Zuwachse entspricht. Jedenfalls vv- leidei hicrdurch die Angalx; KOppen's , wonach Temperaturschwankungen an sich das Wachsthum verlangsamen , cine Einschrankung ; dehn dieser Satz im weiteren Sinne genommcn , wtlrde verlangen, dass einer Tern- Ueber den Eintluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 165 peratursteigerung ein gleichzeitiges Fallen der Zuwachscurve entspreche, was nicht der Fall ist. Ich mbchte jedoch noch nicht behaupten, dass Koppen's Angabe desshalb uberhaupt unrichtig sei ; derm es ware mbglich, dass der Gesammtzuwachs meiner Pflanzen wahrend der Versuchszeiten grosser gewesen ware, wenn die mittlere Tempera tur, die sich aus den Schwankungen ergiebt, geherrscht hatte, wofiir es mir an einem Vergleichs- object fehlt. Weitere Versuche mogen dariiber entscheiden. Mir geniigt es hier , gezeigt zu haben , dass innerhalb gewisser Grenzen die Wachs- thumscurve mit der Temperaturcurve gleichsinnig steigt und fallt. Dagegen ist aus den Tabellen 6, 7, 8, 9 zu ersehen, besonders wenn man die Zahlen auf Coordinaten ubertragt, dass Temperaturschwankungen von einem oder wcnigen Zehntclgradcn in einer Stunde odor gar in 3 Stunden keinen merklichen Einfluss auf den Gang des Wachsthums iiben, dass dann offenbar innere Ursachen und sehr schwache aussere Einwirkungen , auf die ich zuriickkomme, die Form dor Wachsthumscurve bestimmen. 3) Wirkung des periodischen Wechsels von Tageslichi und nachtlicher Dunkelheit auf den Uiglichen Gang des Wachsthums. Die im April, Mai, Juni gemachten Beobachlungen, welche auf den Tabellen 10 bis 14 verzeichnet sind , noch mehr die danach entworfenen Gurven auf Tafel V, VI, VII zeigen , dass im Allgemeinen die Wachsthumscurven vom Abend bis Morgen steigen , auch wenn die Temperatur in der Nacht urn einen Grad oder mehr fallt; dass sie nach Sonnenaufgang plotzlich und rasch fallen, obgleich die Temperatur sich urn mehrere Zehntel Grade hebt; dieses Fallen kann wie auf Tafel V und VI bis zum Abend fort- dauern , so dass taglich eine einfache Periode derart hervortritt , dass vom Abend bis Morgen Steigerung, vom Morgen bis Abend Verminderung der Zuwachse herrscht; nicht selten , zumal dann, wenn die Temperatur am Tage um einige Grade steigt, tritt jedoch um Mittag oder Nachmittag eine voriibergehende Zunahme der Wachsthumsgeschwindigkeit auf, die indessen den Eintritt des abendlichen Minimums nicht hindert. Durch ein Verfahren, dem ich zunachst nur den Werth eines empirischen Kunstgriffes beilege, lassl sich darthun , dass die am Tage eintretende Steigerung in der That nur eine Wirkung der hoheren Temperatur ist, wahrend die nachtlicbe Steigerung und das Sinken am Morgen oder wahrend des ganzen Tages von einer anderen Ursache bewirkt wird. Nennt man niiinlich die beobach- teten Temperaturen t und dividirt man die dreisttindigen Zuwachse sammt- lich durch die Werthe t — n, wobei n von Null bis zu einer Zahl steigt, die nur wenig unterhalb des kleinsten t liegt, so zeigt sich, dass die am Tage eingetretene Hebung um so vollstandiger verschwindet , je naher n dem kleinsten Werthe von t riickt, ohne doch mit ihm zusammenzufallen ; die Tabellen 11 B, \2 B, 14 B liefern einige Proben dieses Verfahrens und seines Erfolges. Tabelle 1 3 B zeigt jedoch , dass dieses Verfahren nicht 42* 166 Dr. Julius Sachs. immer geniigt, urn die Erhebung der Zuwachscurve am Tage ganz zu be- seitigen; vollstiindiger wird diess in dicsem Falle durch Division der Zu- wachse mit (t—10) 2 erreicht. Jedenfalls zeigt dieses Verfahren, das, wie oben bereits erwahnt, auch zur Rectification der grossen Curve benutzt werden kann, dass solche Zacken der Zuwachscurve, welche sich durch dasselbe beseitigen lassen, Functionen der Temperatur sind, und zugleich wird daraus ersichtlich , dass die Beziehung der Temperatur zurn Wachs- thum eine sehr merkwiirdige und complicirte sein muss. Der Erfolg der Division der Zuwachse durch die Werthe l—n oder auch (/ — n) 2 wird auf den Tafeln an den mit — - — .... bezeichneten Curven besonders anschaulich, auch darin, dass das Maximum der cor- rigirten tiiglichen Zuwachsperiode ofler auf eine fruhere Morgenstunde fallt, als das unmittelbar beobachtete Zuwachsmaximum , wie auf Tafel VI; dieser Erfolg entspricht namlich vollkommen der Deutung, welche man der taglichen Periode des Wachsthums einer im Licht vegetirenden Pflanze geben muss. Das Steigen der Zuwachscurve vom Abend bis zum Morgen, ebenso wie das plotzliche Fallen derselben nach Sonnenaufgang und bis zum Abend kann kaum anders als dahin gedeutet werden, dass sowohl die Beschleunigung, welche das Wachsthum durch die Dunkelheit erfahrt, als auch die Retardation , die das Licht bewirkt (eine Thatsache , die durch das Wachsthum gleichartiger Pflanzen im Finstern und im Licht hinreichend sicher gestellt ist), nicht plotzlich eintreten , sondern nach und nach; dass die am Tage durch das Licht beeinflusste Pflanze mit Eintritt der Nacht nicht sofort den hbchstmbglichen Zuwachs erreicht, den sie im Dunkeln haben kann, sondern erst nach und nach; der durch das Licht inducirte Zustand langsameren Wachsthums braucht langere Zeit, um in den der Dunkelheit entsprechenden Zustand schnelleren Wachsthums uberzugehen, was sich eben in dem bestiindigen Steigen der Zuwachscurve vom Abend bis zum Morgen ausspricht; ebenso kann das Fallen der Zuwachscurve vom Morgen bis zum Abend einfach darauf zuruckgeftthrt werden , dass der Zustand grosser Wuchsigkeit, den die Pflanze in der Nacht erreicht hat, unter dem Einfluss des Lichts nur nach und nach einem neuen Zu- stande weicht, der dem Wachsthum im Licht entspricht; obgleich die bis Mittag zunehmende Lichtinlensitat gewiss mit dazu beitragt, das Sinken dor Zuwachse bis Mittag zu begunstigen, ist das weitere Sinken am Nach- mittag, also bci abnehmender Lichtstarke doch ein Beweis, dass die blosse Dauer der Beleuchtung in dem angegebenen Sinne wirkt. Wenn das nachtliche Steigen der Zuwachscurve schon vor Sonnenuntergang beginnt, so wird das auf die schon um diese Zeit eintretende belriichtliche Licht- abnahme zurllckzuftlhren sein. Die tiigliche Periode des Wachsthums einer dem Wechsel von Tag und Nacht bci geringer Temperaturschwankung Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 167 unterliegenden Pflanze findet so ihre gentigende und sehr einfache Er- klarung. Ob diese Periode auch im Freien unter dem Einfluss einer slarken Krhebung der Temperatur am Mittag und einer betrachtlichen Er- niedrigung derselben am Morgen noch zu beobachten ist, oder nicht viel- mehrjausgeglichen, selbst in eine entgegengesetzte umgewandelt wird, mag einstweilen unentschieden bleiben. Die Kenntniss der durch das Licht bewirkten taglichen Wachsthums- periode giebt uns nun auch den Schlussel zur Erklarung des Verhaltens der Pflanzen im finstern Zimmer oder unter einem Blechrecipienten bei sehr geringer Temperaturschwankung, worauf schon oben hingewiesen vvurde. Die Tabellen 6, 7, 8 zeigen, dass die Pflanzen unter diesen Um- standen vom Morgen bis gegen Mittag oder selbst bis zum Abend immer langsamer wachsen, wahrend die Zuwachse bis zum Morgen sich, wenn auch langsam und unbetrachtlich , vergrossern, wenn auch die schwachen Schwankungen der Temperaturcurve den gegensinnigen Verlauf nehmen. Die Erscheinung kann also unmbglich der Temperatur zugeschrieben werden, und ich glaube, es bleibt nichts anderes iibrig, als sie dem ausserordentlich geringen Helligkeitsgrade zuzuschreiben, der Tags in dem verdunkelten Zimmer oder innerhalb des massig hellen Zimmers in einem Zinkrecipienten herrscht. So vvenig glaublich diese Annahme erscheint, wenn man beachtet, dass es sich hier urn eine Helligkeit handelt, die das Auge selbst nach einigen Minuten Verweilens in dem dunkeln Raum kaum wahrnimmt, findet sie doch, abgesehen von der Geringfiigigkcit der Zuwachs-Schwankungen selbst, ihre Bestatigung durch Tabelle 8; dort tritt namlich in der ersten und letzten Beobachtungsreihe A und C , wo die Pflanze innerhalb des massig erhellten Zimmers nur unter einem Blechrecipienten vegetirte, die Periodicitat noch deutlich genug hervor, zumal wenn man den gegensinnigen Verlauf der Temperaturcurve beachtet; bei der zwischen beiden liegenden Beobachtungsreihe B dagegen , wo die Pflanze im finsteren Zimmer unter dem undurchsichtigen Recipienten stand, wird die tagliche Periode fast un- merklich, die Zuwachscurve folgt den starkeren Temperaturschwankungen. Viel deutlicher als in den Tabellen tritt dieses Verhalten in graphischer Darstellung derselben hervor, die ich hier jedoch, um die Zahl der Tafeln nicht unmassig zu haufen, dem Leser selbst uberlassen muss. Eine weitere Bestatigung dafUr, dass die geringe Helligkeit in dem dunkeln Raume die Tagesperiode veranlasst, mochte ich auch darin finden, dass bei Division der Zuwachse durch t oder t — n die an sich schwach angedeutete Periode eine Form und einen Ausdruck gewinnt, als ob die Pflanze in einem massig hellen Zimmer vegetirte, wie beispielsweise aus Tabelle 6 B zu entnehmen ist. Bei den Tabellen 6 bis 8 handelt es sich um etiolirte Pflanzen im Finstern; dass auch grune Pflanzen in tiefer, wenn auch nicht absoluter Finsterniss (unter einem Blechrecipienten im massig hellen diffusen Tages- 168 Dh. Julius Sachs, licht) noch die enlsprecliend gcschwachte Tagesperiode crkennen lassen, ist aus unsercn Tabollon 15 und 16 zu entnchmcn. Aus mcincn im Jahre 1870 gcmachten Beobachtungen , wo grllnc, am Lichl erwachsene Pflanzon , ebenfalls unter verdunkelndcn Umhiillungen beobachtet wurden , die aber weniger gut schlossen , als meine Zinkreci- pienten von 1871, glaubte ich schliessen zu miisscn 1 ), dass die durch das Licht inducirte Tagesperiode auch unabhangig von demselben im Finstern noch einigc Tage fortdauere, cine Ansicht, die ich nach dem Mitgetheilten jedoch nicht mehr iesthaltcn mbchte. 4) Uebereinstimmung der durch das Licht indue irten tag- lichen Wachsthumsperiode mit der Periodicita t derGewebe- spannung und der Bla ttbe wegungen. Kraus' 2 ) und Millardet 3 ) haben durch zahlreiche Messungen bewicsen , dass die Gewebespannung wachsender Pflanzentheile unter dem Einfluss von Tageslicht und Nacht- dunkelheit periodische Aenderungen Hirer Intensitaten zeigt, die der Zeit nach mit den Stellungsanderungen periodisch beweglicher Blatter so zusammen- fallen , dass diese Bewegungen selbst als Folgen der Aenderungen der Gewebespannung aufgefasst werden konnen. Ich wahle der Kiirze wegen diese Ausdrucksweisc , da nach Millardet* (p. 30) die Goincidenz bejder insofern nicht ganz zutrift't, als das Hauptminimum der Gewebespannung im Stamm um Mittag, das in den Blattern gegen Abend oder Anfang der Nacht eintritt, die Goincidenz wurde vielleicht vollstandiger sein , wenn man der Temperatur und der Transpiration genauer, als es geschehen ist, Rechnung truge, wodurch die ,,secundaren Oscillationen" gewiss mehr zuriicktreten wurden. Beurtheilt man nun dementsprechend die Aenderungen der Gewebespannung nach den Stellungsanderungen periodisch beweg- licher Blatter, fur welche Millardet sehr zahlreiche Beobachtungen an Mimosa pudica machte, so iiberrascht die ausserordentliche Ueberein- stimmung der taglichen Periode der Spannungsanderung mit tier des Wachs- thums, wenn beide Erscheinungen unter dem Einfluss des Wechsels von Tageslicht und Nachtdunkelheit stattfinden. Millardet's Spannungscurven (1. c. PL I, II, III) stimmen in ihrem Verlauf ganz auffallend mit dem der Zuwachscurven auf unseren Tafeln V, VI, VII tiberein; auch sie steigen vom Abend bis zum friihen Morgen, sinken dann plotzlich und erreichen ihrcn tiefstcn Stand am Abend; auch sie steigen am Mittag oder Nach- mittag ein- bis zweimal unbetrachtlich empor (Millardet's secundiire Maxima und Minima) ^J, was den ahnlichen Erhebungen der Waclisthums- 1) Verhandl. der physik. medic. Gesellsch. in Wiirzburg, 4. Febr. 1 S7 1 . 2) Kraus: botan. Zeitg. isr>7 |>. und |>. 144; ferner Ergfinzung seiner Angaben betreffs der nachtlichen Spapnungsanderungen in Millardet's < it. Schrift p. 60 unten. :{) Millardet: Noiivelles recherches sur I'a periodicity de la tension; 6tude sur les inoiivctncnls period, ct p;ir;ilon. de la sensitive; Sftfassburg 1S(i«.) |). 30. 4) Wenn dasgrosse Maximum und das kleinsle Miiiiniuin von Millaudet's Spannungs- Ucber den Einfluss der Luftlcmperatur und des Tageslichts etc. 169 curven entspricht, die ich als Temperaturwirkungen nachgewiesen habe, was die secundaren Maxima und Minima der Spannungscurve wahrschein- lich auch sein werden, vvenigstens stimmen Millardet's Temperaturangaben mit dieser Annahme sehr wohl iiberein. Dass die tagliche Periode, welche sich in der Steigerung der Gewebe- spannung, vom Abend bis zum Morgen und im Sinken derselben bis zum Abend ausspricht, gleich der entsprechenden der Zuwachse eine Function des Lichts ist, folgt schon aus dem Umstand, dass ihre beiden Wende- punkle, das Maximum und Minimum mit dem Eintreten und Schwinden der Tageshelligkeit zusammenfallen , noch mehr aber aus • ihrem Ver- schwinden in anhaltender Dunkelheit, wie bereits Kraus (a. a. 0. p. 125) bewiesen hat. Die Uebereinstimmung der Curven der Gewebespannung und des Wachsthums geht aber noch weiter; die oben erwahnten stossweissen Aenderungen des Wachsthums in kurzen Zeitraumen, welche ein bestandiges Auf- und Abschwanken der Wachsthumscurve veranlassen , finden ihr Analogon auch im Verhalten der Gewebespannung ; schon Kraus fand (a. a. 0. p. -1 25), dass die letztere im Finstern mehr oder w T eniger regelmassige Oscillationen in sehr kurzen (etwa zweistiindigen) Zeitintervallcn erkennen lasst; vermbge des Zusammenhangs der Gewebespannung mit den pe- riodischen Blattbewegungen spricht sich diess auch in den fortwahrenden Stellungsanderungen der bew 7 eglichen Blatter aus, die sowohl unter dem Einfluss des Lichts 1 ) als auch nachher langere Zeit im Finstern so rasch stattfinden , dass sie selbst von Viertel- zu Viertelstunde notirt werden kbnncn. Grade diese bestandigen Schwankungen der Gewebespannung waren es, die mich zucrst auf den Gedanken brachten, Mittel zur Bestimmung der Zuwachse in sehr kurzen Zeitraumen aufzusuchen, indem ich die Ver- muth ung hegte, dass den Schwankungen der Gewebespannung auch liberal! solche des Wachsthums entsprechen wiirden, eine Vermuthung, die sich, wie man sieht, in ganz iiberraschender Weise bestatigt hat. Die Gewebespannung wird durch ungleiche Wachsthumsgeschwindig- keit und durch ungleiche physikalische und physiologische Eigenschaftcn der verschiedenen Gewebeschichten eines Organs hervorgerufen , anderscits wird auch die Mechanik des Wachsthums durch die bereits hervorgerufene Gewebespannung nothwendig mit bedingt; es ist daher zu erwarten , dass Erscheinungen der Spannungsanderungen auch gewbhnlich oder immer auf Aenderungen des Wachsthums und umgekehrt hindeuten , dass aussere curven nicht bis auf die Stunde mit denen unserer Zuwachscurven coincidiren, so ist zu bemerken, dass auch die letzteren unter sich nicht immer in dieser Hinsicht iiber- einstim:nen , was nicht allein von der Tageslange abhangt, sondern auch von der Stellung der Pflanze im Zimmer, der Lage der Fenster lind anderen Ncbcnumslanden, 1) Millardet a. a. 0. Planche II, III, IV und Sachs: Flora 1863. p. 468. 170 Dr. Julius Sachs. Agentien, wic Warme, Lichl und Feuchtigkcit dcr Umgebung, auf Wachs- thum und Gewebespannung gleichsinnig und gleichzeitig einwirken werden. Die genaue Erforschung dieser Verhiiltnisse aber hat nicht nur insofern Werth, als sie den Schlussel zur Erklarung mancher specieller Lebens- erscheinungen der Pflanzen auffinden lehrt, sondern noch mehr insofern, als dadurch die Grundlagen einer mechanischen Theorie des Wachsthums, dieser hervorragendsten und allgemeinsten Lebenserscheinung , gewonnen werden. V. Literatur. Die ziemlieh ausgedchnle und in mancher Beziehung reichhaltige Li- teratur unseres Gegcnstandes ist insofern einigermaassen uncrfreulich , als bisher kein Beobachter die hier einschlagigen Fragen sich selbst klar ge- macht hat; obwohl man stillschweigend oder ausdrucklich anerkannte, dass das Wachsthum von verschiedenen Bedingungen abhangt, beobachtete man doch immer unter Umstanden, wo sammtliche Wachsthumsbedingungen gleichzeitig grossen Schwankungen unterlagen , so dass es unmoglich war, zu entscheiden, ob und inwieweit die beobachteten Schwankungen des Wachsthums den Veranderungen der Temperatur, des Lichts, der Feuchtig- keit oder inneren Ursachen zuzuschreiben seien; von diesem Vorwurf sind selbst die so sorgfaltig interpretirten Beobachtungen Harting's und die mtih- samen Messungen Caspary's nicht frei zu sprechen. Olfenbar muss die Erforschung einer Erscheinung, die von n Bedingungen abhangt, davon aus- gehen, womoglich n — 1 dieser Bedingungen constant zu machen und nur die eine, deren Effect gepruft werden soil, variiren zu lassen, und offenbar muss nach und nach jede der n Bedingungen in einer besonderen Beobach- tungsreihe als variable auftreten , wahrend sie in den anderen constant bleibt. Dieses allein zum Ziel fiihrende Verfahren , welches ich zuerst bei meinen Beobachtungen iiber die Keimungstemperaturen einschlug 1 ), war schon von selbst dadurch ausgeschlossen, dass man die Pflanzen im Freien, oder im Gewachshause oder in einem gewohnlichen Wohnzimmer beobachtete, wo Temperatur, Licht und Feuchtigkeit mannigfach combinirten Schwan- kungen unterliegen. Je nachdem zufallig die eine oder die andere der Wachsthumsbedingungen alle anderen uberwog, konnte man bald der einen bald der anderen eine ganz besondere Bedeutung fur das Wachs- thum und seine taglichc Periode zuschreiben, wenn man nicht beachtete, dass in einem anderen Fallc wicder eine andere Ursache priivaliren konne. So enthiilt d(;nn die Literatur, in dem Zustaode, wie ich sie vorfinde, nicht cine Reihe feststehender wissenschaftlicher Satze , auf denen sich weiter i) Sachs: Physiol. Unters. iiher d|e Abhangigkeil der Keimung von der Temperatur in Pringsh. Jahrb. fiir wiss. Bot, I860. Bd. II |>. 388. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 171 bauen liesse, sondern vielmehr ein massenhaft angehauftes Rohmaterial von Beobachtungen , welche erst kritisirt und gedeutet werden miissen, um Resultate zu ergeben. Diess hier bis in's Einzelne durchzufiihren ware indessen unzweckimissig und unnothig, da man mit demselben Aufwand an Zeit und Muhe neue Beobachtungen nach dem richtigen Prinzip anstellen kann. Wenn ich im Folgenden eine gedrangte Uebersicht der Literatur gebe, so geschieht es zum Theil, um zu zeigen, dass ich die Bemuhungen meiner Vorganger sorgfaltig gepruft habe, vorwiegend aber mbchte ich dar- thun, dass die verschiedenen Angaben derselben einander nur scheinbar widersprechen , und dass man , von den unter 1 entwickelten Gesichts- punkten ausgehend und auf Grund der unter IV gewonnenen Resultate, den Beobachtungen mehrfach andere Deutungen geben kann und muss, als es durch die Beobachter selbst geschehen ist. Ich werde zunachst jedoch nur diejenigen Arbeiten beriicksichtigen , welche neben den Messungen an Pflanzen noch die Temperatur und andere Bedingungen beriicksichtigen, die anderen, die selbst dieser geringen Anforderung nicht entsprechen, mbgen am Schlusse noch erwahnt werden. Wie schon oben erwahnt, haben es die Beobachter versaumt, ihre Zahlenreihen graphisch darzustellen; ich habe diess, um ein klares Bild ihrer Angaben zu gewinnen, nachgeholt, aus tausenden von Zahlen die Curven der Zuwachse und Temperaturen , zuweilen auch die der Luft- feuchtigkeit verzeichnet; meine Kritik sttitzt sich vorwiegend auf den Ver- lauf dieser Curven. Christoph Jacob Trew (1727) *) diirfte wohl der Erste gewesen sein, der es unternahm, die Langenzuwachse in gleichen Zeiten mit den Temperaturen der Luft, dem Zustand des Wetters, besonders der Be- leuchtung und der Barometerstande zu vergleichen; er wurde zu seinen Beobachtungen, wie die Mehrzahl seiner Nachfolger, durch die Entwickelung eines Bluthenstammes von Agave americana veranlasst, den er taglich leider nur einmal maass, obgleich er die Temperaturen und sonstigen Umstande taglich dreimal verzeichnete (5 Uhr Morgens, 12 Mittag, 9 Abend). So geben also seine Beobachtungen keine Auskunft iiber den Gang des Wachs- thums innerhalb eines Tages, wohl aber uber den Verlauf desselben im Grossen und Ganzen vom 9. Mai bis 19. Juni. Tkew uberlasst es dem Leser, aus seinen Tabellen Resultate zu gewinnen und Gaspary (Flora 1 856. p. 163)' behauptet, ,,es lasse sich aus ihnen nicht einmal ein Parallelismus zwischen Wachsthum und Warme erkennen"; das wiirde nun an und fur sich nur beweisen, dass andere Ursachen neben der Temperatur vorwal- teten, die Curvenzeichnung aber zeigt, dass Caspary's Folgerung unrichtig ist, denn die Curve der taglichen Zuwachse steigt und fallt neunmal gleich- zeitig mit dem Steigen und Fallen der Temperaturcurve , wenn auch die 1) Chr. J. Trew in Frankische Acta erudita et curiosa 1727 p. 381. 172 Dr. JuLrus Sachs kleineren Zacken heider Gurvcn mehrfach nicht ubcreinstimmen; auch die zweitagigen Zuwachsc zeigen cine ahnlichc Abhiingigkeit von der Tem- peratur in vier Perioden und es ist daher gewiss, dass in dicsem Falle der Verlauf des Wachsthums durch die Ternperaturschwankungen ganz vor- wiegend bestimmt wurde, dass die anderen Wachsthumsursachen davon iiberwogen wurden. Nach den von Trew gemachten Tempera turangaben l ) lasst sich zwar die Form der Temperaturcurve bestimmen, nicht aber die absolute Hbhe der cinzelnen Tcmpcraturen nach unseren jctzigen Thermo- metern beurthcilen ; doch ist es wahrscheinlich, dass die Schwankungen, in Graden nach Celsius odcr Reaumur ausgcdriickt, sich als sehr betracht- liche herausstellen wurden, und daraus erklart sich leicht, dass die Wachs- thumscurve der Temperaturcurve ziemlich genauin ihren grossen Schwingungen folgt, obgleich alle anderen Bedingungen cbenfalls sehr variabel warcn ; ebenso dtirfte es der Grosse der Ternperaturschwankungen zuzuschreiben sein, dass selbst die grosse Periode des Wachsthums nur undeutlich zu erkennen ist. Viel jtlnger, als die Beobachtungen unseres Landsmannes Trew, sind die des Franzosen Ventenat, namlich von 1793; mir war es unmoglich, das Original 2 ) zu vergleichen; Caspary, der es offenbar vor sich hatte, sagt (Flora 1856 p. 161): ,,Meyen giebt an, dass schon Ventenat 1793 am Bltithenschaft von Fourcroya gigantca bcobachtet habe, dass er bei Tage schneller wachse als des Nachts. Diess ist ein Irrthum. Ventenat hat nach der 1. c. mitgetheilten Beobachtungstafel den Schaft nur alle 24, 48 oder 72 Stunden gemessen, woraus sich die Angabe Meyen's nicht folgern lasst ; auch erwahnt Ventenat 1. c. das von Meyen angegebene Resultat sonst nicht, leitet iiberhaupt aus seinen Messungen des Schaftes, mit denen er Thermometcrbeobachtungen verbunden hatte, kein Resultat ab. u Die ersten Beobachtungen uber die taglichen Schwankungen des Wachs- thums sind demnach die von Meyer 1827 und Mulder 1829. Ernst Meyer 3 ) liess im September 1827 den Bluthenschaft von Amaryllis Belladonna, der sich sehr rasch verlangcrt, Morgens urn 6 Uhr, 1) Trew bcnutztc cin Thcrmometrum florcntinum , an wolchem der Stand ober- und unterhalb cines ,,punctum tcmperati" in positiven und ncgativcn Wcrthcn nach Zollcn und Linicn abgclescn wurde; wo dieser Punkt mittlerer Warme lag, ist nicht zu bestimmen, fiir unscrcn Zwock aber auch gleichgultig , da es nur auf die Schwan- kungen der T(;mperatur, nicht auf ihre absoluten Werthe ankommt; zur Vcrgleichung mit der Wachsthumscurve berechnete ich die taglichen Mittel aus Trkw's Angabcn. — Ueber das Thcrmometrum (lorcntinum vcrgl. auch Gehleb's physik. Wdrtcrbuch IX. p. 857. 2) Hullct. soc. philom. 1795. I. [). 65. 3) E. Meyer: „Beob. liber Pflahzenwachsthum in Bezug aid' die versch. Ta^es- zeiten" in den Verhandl. des Vereins zur Befbrd. des Gartenbaues in den k. preuss. Staaten. Berlin V. 1 s^«> . p. no. — Caspar nennt dies$ Arbeit (Flora i 8|S6. |>. <62) Ueber den Einfluss dcr Lufttempcratur und des Tageslichts etc. 175 Mittags um 12 Uhr, Abends 6 Uhr messen und zugleich den Thermomcter- stand in dem Gewachshaus , worm die Pflanze stand, beobachten. ,,Es ergiebt sich, sagt er, dass die Pflanze von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends, aber bei erhbhter Einwirkung von Licht und Warme, fast noch einmal so rasch wuchs, als von Abends C Uhr bis Morgens 6 Uhr. Der Einfluss der Warme auf das schnellere Wachsthum am Tage scheint sich daraus zu ergeben, dass die Zunahme bei geringerer Warme geringer war, bei wiederum vermehrter Warme betrachtlicher. " Fast ebenso naiv, vvic das Unternehmen, dergleichen beobachten zu lassen, ist die Bemerkung : ,,Welcher Antheil aber der Einwirkung des Lichts gcbiihre, liess sich nicht ausmitteln , weil eine Entziehung desselben nicht nur die Warme ver- mindert, sondern auch der Gesundheit der Pflanze geschadet und mithin den ganzen Versuch unsicher gemacht haben wurde. u — Dass trotz des Wechsels von Tageslicht und NachtdunkeJheit die Temperatur doch den Ausschlag gal) , und eine Vcrminderung des Wachsthums nicht einmal am Vormittag aufkommen liess, ist leicht erklarlich, wenn man in den Tabellen sieht, dass die Temperatur Morgens zvvischen 9 und 14°R. , Mittags zwischen 12 und 22°, Abends zwischen 14 — 18° stand, dass die Schwan- kung vom Morgen bis Mittag meist 8 — 9° R. betrug. Ausfuhrlicher, aber nicht viel besser sind E. Mhyer's Beobachtungen im Miirz 1829 an 12 Keimpflanzen von Weizen und Gerste, die er in Topfen im Wohnzimmer cultivirte. Die Temperatur des Zimmers, neben den Pflanzen, am Fenster gemessen , sank Morgens niemals unter 13°R. ? stieg aber durch Heizung des Ofens schon um 8 Uhr friih auf 14 — 16°R., war von 10 Uhr frUh bis 6 Uhr Abends 16— 17,5° R. (oder mehr), um bis 10 Uhr Abend bis auf c. 14,7 oder 15,7 zu sinken. ,,Das Licht wirkte durch die grossen Fensterscheiben fast eben so stark auf die eingeschlossenen Pflanzen, als ob sie im Freien gestanden hatten." Die Erde wurde massig feucht gehalten; gemessen wurde in zweistiindigen Intervallen von 8 Uhr friih bis Abends 10 Uhr, mil dem Zollstab von der Oberflache der Erde bis zur Spitze des jedesmal jiingsten, sich entwickelnden Blattes, so dass also in der Zahlenreihe Messungen verschiedener Blatter in einander ver- webt sind. 2 ) Die Tabellirung der Beobachtungen ist wenig iibersichtlich und nur mit grossem Zeitverlust gelingt es, sich selbst ein Urtheil tiber die spatere der beiden von Meyer und giebt den Jahrgang 1837 der gen. Zcitschr. dafiir an, obgleich Bd. V, p. 110 richtig cit. ist; es fallt diess umsomehr auf, als Meyer selbst in seiner andercn Arbeit gleich Eingangs auf diese Beobachtungen an Amaryllis hinweist. 1) E. Meyer: ,, Ueber das periodische tagliche Wachsthum einiger Getreidearten" ; Linnaea 1829. p. 98. 2) Es ware allerdings moglich , dass die Zuwachse consecutiver Blatter ahnlich in einander greifen, wie die der Internodicn eines Stengels (s. unter 1) , woriiber indess noch nichts bekannt ist. 174 Dr. Julius Sachs. diese zu bilden , da dcr Vcrfasscr in der Originaltabelle nicht einmal die Zuwachse, sondcrn nur die Langen der Pflanzen in Duodecimalmaass an- giebt, aus denen man jene erst berechncn liess. Meyer selbst sagt p. 108: ,,Durchgangig finden wir das Wachsthum von 8 Uhr Vormittags bis 8 Uhr Nachmittags grosser, als in der anderen, nachtlichen Halfle des Tages. Durchgangig linden wir es gleichfalls grosser in den 6 Stunden von 8 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags, als in den 6 folgenden Stunden. Bei ' jeder Pflanze bemerken wir zwei Beschleunigungen und zwei Verminderungen des taglichen Wachsthums; die erste Beschleunigung fast bei alien Pflanzen zwischen 8 und 1 Uhr Vormittags, die zweite von langerer Dauer zwischen 12 und 4 Uhr Nachmittag. u Die weiteren Interpretationsversuche Meyer's sind unklar und zeugen von dem geringen Geschick fur derartige Dinge, das am Anfang dieses Jahrhunderts bei den Botanikern leider so haufig war. Ich habe nach seinen Haupttabellen die Temperatur- und Wachs- thumscurven fur die Pflanzen a, b und g construirt, und finde, dass beide Curven in ihren Hauptschwingungen gleichsinnig verlaufen, nur ist das Steigen und Fallen der Temperaturcurve vom Morgen uber Mittag bis zum Abend und friihen Morgen ein ziemlich ruhiges, wahrend die Curve der Zuwachse am Tage zwei bis drei tiefe Zacken darbietet; auf die plotzliche Erhebung der Zuwachse bis 10 oder 12 Uhr Vormittag, folgt eine Ver- minderung, die ich, da sie in die Zeit der hbchsten Temperatur fallt, ftir ^ eine Wirkung des Lichts halte ; diese wird durch die dauernd hbhere Tem- peratur jedoch zum Theil uberwogen, was sich in einer bald grbsseren, bald geringeren, bald fruher, bald spater am Nachmittag eintretenden Er- hebung der Zuwachscurve ausspricht. Im Ganzen ist also eine gewisse Aehnlichkeit im Gang der Wachsthumscurven mit dem auf unseren Tafeln V, VI, VII wohl vorhanden, aber offenbar durch Nebeneinfltisse und durch die in der Messungsweise liegenden Ungenauigkeiten vielfach entstellt. Meyer scheint nicht daran gedacht zu haben, dass das Licht am Tage der das Wachsthum beschleunigenden Wirkung der Temperaturerhohung ent- gegenwirkt, eine Thatsache, die man langst vorher aus den Untersuchungen Bonnet's und anderer hatte folgern konnen; ja Meyer scheint das Tages- licht fur einen den Langenzuwachs geradezu beschleunigenden Factor ge- halten zu haben, wie ich aus dem Text p. 1 1 1 schliessen mbchte. lnteressanter, und an wissenschaftlicher Ausbeute reicher sind die Bcobachlungen Mulder's uber das Wachsthum des Blattes von Urania speciosa 1 ) (1829). Am 0. Juni wurdc die Spitze des zur Beobachtung bestimmten Blattes uber der es vcrhUllenden Scheide sichtbar; der Stand dieser Spitze wurde an dem nicht mehr wachsenden Stiel des nachst benachbarten Blattes durch einen Strich bezcichnct und von diesem 1) MULDER in Bijdnigcn lot do natuurkundigo Wotcnschappen vorzamelt door Ran Hall, Vholik on Muldeh. Amsterdam 1.S29 IV. p. 251. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. . 175 aus immer gemessen; diess geschah vom 12. Juni bis 25. Juni Abends, dann entfaltete sich die Blattspreite am folgenden Tag, auch kam jetzt der Blattstiel zum Vorschein. — Die Beobachtungen wurden meist von 5 Uhr Morgens bis 1 2 Uhr Nachts in ein- bis zweistundigen Intervallen gemacht ; sie umfassen ausser den Zuwachsen auch die Lufttemperatur und den Zu- sland des Himmels (Helligkeit, Bewolkung, Regen). Aehnlich wie Meyer hat auch Mulder seine sehr zahlreichen und anstrengenden Beobachtungen in einer so wenig ubersichtlichen Weise mitgetheilt, dass es viel Zeit und Miihe fordert, sie in eine der Beurtheilung giinstige Form zu bringen ; ich habe die drei Tabellen 1. c. p. 254, 257 und die der Tageszuwachse in eine Tabelle zusammengestellt und nach dieser die Zuwachse und Tem- peraturcurve entworfen ; beide Curven zeigen einen verhaltnissmassig ruhigen Verlauf, taglich einmal auf- und absteigend (nur am 16., 17., 24. Juni ist die Zuwachscurve zackig) ; merkwtirdig ist aber, dass sie immerfort gegensinnig verlaufen, d. h. wahrend die Temperaturcurve Vormittag steigt, fallt die Zuwachscurve, wahrend diese vom Mittag bis Morgen steigt, fallt jene; die Maxima der Temperatur am Mittag fallen tiber die Minima der Zuwachse, die Minima der Temperatur am fruhen Morgen beinahe liber die Maxima der Zuwachse. Es zeigt diess ohne Weiteres, dass die Schwan- kungen des Wachsthums in diesem Falle nicht oder nicht unmittelbar von der Temperatur abhiingen. Mulder selbst fasst seine Resultate folgender- maassen zusammen : ,,Man findet, dass Mittags ein Stillstand des Wachs- thums eintritt, der immer mit 11 Uhr begann und meist bis 1 Uhr, bis- weilen auch bis 4 Uhr dauerte. Das Wachsthum war im ersten Falle von 1—4 Uhr immer gering, meist 1 Slrich (niederl.j in 3 Stunden. Die Temperatur war zur Zeit des Stillstandes (11 — 1 Uhr) zwischen 71 — 88° F., meist ilber 80°; der Himmel hell oder wenig bewolkt mit Sonnenschein, auch einmal triib. Bei dem sehr geringen Wachsthum von 1 — 4 Uhr war die Temperatur 70 — 88°, meist tiber 80° F. Beachtung verdient auch, dass dieses Wachsthum immer bei sinkender Temperatur eintrat, wahrend der Stillstand bei steigender stattfand (das Letzte ist nach der Tabelle nicht immer zutreffend und unwesentlich) . — - Es ist aber auch ein Tag, wo auch am Mittag pro Stunde 1 selbst 3 Strich (niederl.) zuwachsen. Der Unterschied in den ausseren Verhaltnissen *) an diesem Tage (17. Juni) bestand darin, dass die Luft schon seit Morgens trub und feucht (betrocken en dick) war, wahrend kein Sonnenscheim wahrgenommen wurde ; das Thermo- meter spielte von 11 — 4 Uhr zwischen 70 — 72° F. ; — auch war das von 8 — 11 Uhr (Vormittag) besonders stark (9 Strich in 3 St.) — der Zustand dieses Tags schien mit einem nachtlichen ubereinzukommen. Ob auch innere, in der Pflanze selbst gelegene Ursachen mitgewirkt haben, lasst sich nicht beweisen, doch ist es nicht wahrscheinlich ; in der Nacht, die 1) Es sei hier bemerkt, dass die nachtlichen Zuwachse bis liber 7 Strich erreichen. 176 Dr. Julius Sachs. auf diesen Tag folgte, war das Wachsthum nicht stark u. s. w. ,,Man konnte, fahrt Mulder fort, aus den zwei genannten Punkten die Folgerung ableiten, dass bei den hochsten Warmegraden und Einwirkung des Sonnenlichts kein Wachsthum in die Lange der Blatter stattfindet. u Vergleiche ich nun diese Ergebnisse mit meinen auf Tafel V, VI, VII verzeichneten, so finde ich eine uberraschende Uebereinstimmung ; offenbar ist das Steigen der Zuwachscurve bis zum fruhen Morgen bei stetig sin- kender Temperatur eine Wirkung der Dunkelheit, die sich von Stunde zu Stunde steigert; ebenso das Sinken der Zuwachse vom fruhen Morgen bis Mittag eine Folge der iminer zunehmenden Lichtwirkung, welche hier die beschleunigende Wirkung der steigenden Temperatur uberwiegt; dass das Steigen der Zuwachse schon am Nachmittag wieder eintritt, (um bis zum frtihen Morgen zu dauern) , lasst sich aus der nun abnehmenden Licht- wirkung bei noch immer hoher Temperatur erklaren. Bei der von Mulder beobachteten Pflanze mag aber noch ein Umstand mitgewirkt haben , der bei meinen Beobachtungen ganz ausser Betracht kommt; die betrachtliche Verdunstungsflache , welche die machtigen Blatter der Urania darstellen, musste mit steigender Temperatur und Lichtintensitat am Tage dahin wirken, die ganze Pflanze, also auch das beobachtete wachsende Blatt, wasserarmer zu machen, und diess umsomehr, als um diese Zeit auch die psychrometrische Differenz sich betrachtlich gesteigert haben mag; es musste demnach der Turgor der Pflanze und zumal des wachsenden Blattes und in Folge dessen die Wachsthumsgeschwindigkeit sich vermindern ; so konnte die retardirende Wirkung, welche das Licht auf das Wachsthum direkt ausiibt, mit der Verminderung des Turgors zusammen das Wachsthum gradezu auf Null reduciren; mit abnehmender Lichtintensitat nahm am Nachmittag dann auch die Temperatur ab. und in Folge dessen die relative Luftfeuchtigkeit zu ; der Turgor begann zu steigen und mit ihm die sttind- lichen Zuwachse. Nicht so befriedigend und klar sind die Besultate von Mulder's Beobachtungen iiber das Langenwachsthum einer Bluthe von Cactus grandi- florus 1 ) 1829); hier stand das Wachsthum Nachts still, oder es war doch sehr gering, dagegen war es Tags, besonders am Mittag, am starksten. — Die nach seinen Zahlen entworfene Wachsthumscurve zeigt zumal am 22. und 23. Juli einen ungemein unruhigen Gang, sie springt unregelmassig auf und ab; mit Ausnahme des 24. Juli erkcnnt man jedoch leicht, dass die Zuwachse mit der Temperatur im Allgemcinen steigen und fallen. Das Vcrhaltcn des Wachsthums ist also, trotzdem dass die Pflanze dcm Licht- cinfluss ausgesetzt war, grade das entgegengesetzte von dem des Wachs- thums des Uraniablattes, und diess erscheint mit Rucksidit auf die Natur 1) Mulder in Bijdragen tot de natuurkundige Wetenschappen verzamelt door Van Hall, Vrolik, Mulder iv. 1829. p. 420. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 177 der Pflanze erklarlich ; die retardirende Wirkung des Tageslichts wurde hier durch die Wirkung der Temperaturerhohung umsomehr iiberwogen, als bei der geringen Verdunstungsflache des Cactus die Verminderung des Turgors am Tage wegfiel oder doch unbetrachtlich war ; bei der gross- blattrigen Urania wurde das Wachsthum von dem Licht und der Wirkung der Transpiration, bei dem massiven Cactus wurde es von der Tempera tur entscheidend beeinflusst. Zuccarini 1 ) beobachtete 1833 das Wachsthum eines Bluthenstammes von Agave lurida; er wurde vom 4. Mai bis 18. Juni taglich nur einmal gemessen; die taglichen Mitteltemperaturen schwankten in dieser Zeit von 3j \ — 1 5,2° R., das Wetter war sehr veranderlich ; dementsprechend schwankt denn auch die Curve der Tageszuwachse unregelmassig auf und ab, ohne eine deutliche Beziehung zur Temperatur oder auch nur die grosse Periode erkennen zu lassen ; nimmt man dagegen die dreitagigen Mitteltemperaturen und dreitagigen Zuwachse, so findet man, dass den vier Hebungen und Senkungen der Temperaturcurve ebenso viele Hebungen und Senkungen der Zuwachscurve entsprechen, eine Erscheinung, die bei Curven aus inehr- tagigen Zuwachsen und Mitteltemperaturen gewohnlich hervortritt und zeigt, dass fiir grossere Zeitraume gewohnlich die Temperatur den Gang des Wachsthums entscheidend bestimmt. Das soeben Gesagte findet seine Bestatigung auch, wenn man die von dem Gartner Dommelaer in Van Der Hopp's Garten an zwei Bluthenstammen von Agave americana gemachten, von De Vriese mitgetheilten Beobachtungen 2 ) graphisch darstellt. Eine der beiden Pflanzen stand wahrend der Beob- achtungszeit (vom 31. Mai bis 13. August 1835) in einem Gewachshause, die andere in freier Luft. Gemessen wurde taglich zweimal, Morgens und Abends, meist urn 7 oder 8 Uhr, die Temperatur aber viermal (8 Uhr friih, 1 Mittag, 7 und 10 Uhr Abend) beobachtet. — De Vriese zieht aus den Tabellen den Schluss, das Wachsthum hange zumeist von der Temperatur der Luft ab ; das beinahe bestandig schwachere Wachsthum Nachts stehe in Verbindung mit der niedrigeren Temperatur und der geringeren Feuchtig- keit (tot de mindere opklimming van vocht; die relative Feuchtigkeit ist aber Nachts gewohnlich grosser). Viel mehr lasst sich aus den langen Ta- bellen der unzweckmassig eingerichteten Beobachtungen nicht ersehen; ich habe die Zuwachse und Mitteltemperaturen fur je zwei Tage daraus berechnet und auf Coordinaten ubertragen; die Wachsthumscurven beider Pflanzen gehen mit der der Temperatur in ihren grossen Schwingungen gleich- sinnig, nur zwischen dem 1 6. und 26. Juli weicht die im Haus stehende Pflanze ab. Von der grossen Periode des Wachsthums ist nur der Anfang und 1) Zuccarini in Nova Acta Acad. Gaes. Leopold. Carol, nat. curios. Vol. XVI. pars II. 1 833. p. 673. 2) in der Tijdschrift voor natuurlijke Geschiedenis en Physiologic uitgegev. door Van deu Hooven en de Vriese. Amsterdam -1838. p. 51. 178 Dr. JtTLius Sachs. das Ende deutlich zu erkennen; eine betrachtliche Depression der Tem- peratur von Mitte Juni bis Anfang Juli und eine folgende betrachtliche Hebung bewirkt eine tiefe Senkung und nachherige Hebung der Zuwachs- curven, durch welche der Verlauf der grossen Periode fast unkennt- lich wird. Wahrend die bisher erwahnten Beobachter mit naiver Einfachheit ihre Beobachtungen mittheilcn und nur schUchtern Versuche zur Deutung der- selben wagen, trilt uns nun eine Abhandlung Harting's 1 ) (1842) mit dem vollen Bewusstsein der Wichtigkeit und Schwierigkeit der Aufgabe und sonach mit ganz anderen Anspriichen auf Beachtung entgegen , die natttr- lich auch die Kritik entschiedener herausfordern. Bei der hier nothige n Kiirze muss ich mich jedoch darauf beschranken , Harting's Arbeit dem ernsten Studium derer, die in dieser Bichtung ferner thatig sein wollen, zu empfehlen, da sie in Bezug auf die Discussion der Besultate den Er- wartungen, die man bei dem Namen Harting's hegt, durchaus entspricht; auffallend ist es aber, dass ein Forscher von so bedeutender Begabung sich entschliessen konnte, seine Beobachtungen im Freien zu machen, mit einer Pflanze (Humulus Lupulus), die sich sehr leicht im Topf cultiviren lasst. So war er genbthigt, neben den Messungen der Zuwachse, um wissenschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden , auch zu beobachten, 1) den Begenmesser, 2) das Psychrometer (dessen Angaben ganz tlber- flussiger Weise in Luftfeuchtigkeiten umgerechnet sind), 3) das Barometer, 4) das Wetter, d. h. Helligkeit, Bewolkung des Himmels, 5) Bichtung und Kraft des Windes; 6) ein Thermometer im Boden, eines in der Luft. Da die Pflanze den grossten Theil des Tages von der Sonne beschienen werden konnte , so haben die Angaben dieser Thermometer sowohl , als auch die psychrometrischen Differenzen eine nur sehr mittelbare Beziehung zur Pflanze selbst. Wie complicirt und gar nicht mehr zu beherrschen die so gewon- nenen Beobachtungen werden, zeigen die Tabellen A und B, wo man nicht weniger als 1 8 Columnen von Zahlen und Zeichen ubersehen soli , um all die Beziehungen des Wachsthums zu erkennen. Dabei muss man die Auf- merksamkeit auf drei Stengel theilen, deren einer schon Mitte Juni krankelt, wahrend ein zweiter abbrach und nur einer ungestort fortwuchs. Beob- achtet wurde um 7 Uhr Morgens, 3 Uhr Nachmittag, 11 Uhr Abends; es liegt auf der Hand, dass bei dieser Eintheilung des Tages die Wirkung des Lichts unmbglich deutlich hervortreten konnte ; die Nacht von 1 1 Uhr Abend bis 7 Uhr friih gerechnet, kann man allenfalls gelten lassen ; die Zeit von 7 Uhr frilh bis 3 Uhr aber umfasst allzugrosse Temperatur- s< liwankungen , ebenso die von 3 Uhr bis 11 Uhr Abends, wo noch dazu 1) P. Hahting Wa.irncmingcn over don groei der Planten en do omstandigheden die darop invloed hebben (Tijschrift vobr nntuurlijke geschiedenis en physiol. uitgegev. door Van der Hooven en de Vriese. Leiden T. IX. p. 297). Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 179 die ersten Stunden intensives Tageslicht, die folgenden aber Nachtdunkel- heit umfassen. Harting wahlte den Hopfen zu seinen Messungen seines besonders raschen Wachsthums wegen, ferner weil bei der Form der Terminalknospe die Messung bis auf 0,5 Mill, genau gemacht werden kann, endlich weil das friihzeitig im Jahr beginnende und lang dauernde Wachsthum eine mindeslens fiinf Monate hindurch fortgesetzte Beobacblung erlaubt. — Da bei dem Hopfen immer nur die 2 — 3 unler der Knospe befindlichen Internodien im Wachsthum begriffen sind, so gelten die beobachteten Zuvvachse fur diese allein, aber auch fur sie zusammengenommen (vergl. oben p. 163). Wer die von Harting selbst gezogenen Schliisse ubersichtlich bei- sammen zu sehen wtinscht, findet sie am Ende seiner Abhandlung, noch bequemer in der bolanischen Zeitung 1843 p. 99 — 101 ; ich glaube jedoch dem Leser verstandlicher zu werden, wenn ich das Wichtigste aus der Abhandlung selbst hervorhebe; p. 310 heisst es : ,,Wenn wir nun das Wachsthum dieser drei Stengel unter einander vergleichen, dann fallen sogleich die grosse Ungleichheit und die geringe Uebereinstimmung in's Auge, die nicht allein in grosseren Zeitabschnitten , sondern vor Allem in den taglichen Messungen wahrgenommen wurden. Nur selten halt das Wachsthum dieser, doch vollig gleichen ausseren Einfliissen unterliegenden Stengel, gleichen Schritt; den einen Tag nimmt der eine, den folgenden der andere starker an Lange zu, ohne dass hierbei irgend eine feste Regel wahrzunelimen ist. " ,,Wenn man das Wachsthum zu verschiedenen Zeiten des Pflanzen- lebens vergleicht, so findet man, dass es unabhangig von ausseren Ur- sachen , eine Zu- und eine Abnahme des Wachsthumsvermbgens giebt, indem die Stengel zu gewissen Zeiten geringer Luftwarme und ohne andere begiinstigende Umstande, starker gewachsen sind als zu einer anderen frilheren Zeit; auch geschieht dieses Zunehmen bei alien drei Stengeln nicht in einem gleichen Verhaltniss. " Harting hat hier offenbar dieselbe Erscheinung fiir die Wachsthums- periode eines ganzen Stengels erkannt, die Munter fiir einzelne Internodien, ich fur einzelne Querabschnitte von solchen gefunden, und die ich (unter I) als grosse Periode eines wachsenden Pflanzentheils bezeichnet habe. Sehr deutlich tritt diese grosse Periode in einer von Harting vorher mitgelheilten Tafel hervor, wo er sagt, der eine Hopfenstengel der am 1. Mai 492 Mill, hoch war, habe bis Ende August die Lange von 7,263 Meter erreicht und zwar vertheilen sich die Zuwachse folgendermaassen : es kommen 0,492 Meter auf den April 2,230 » » » Mai 2,722 » » » Juni Arbeilfii a. d. bot. Institut in Wurzburg. II. 13 180 Dr. Julius Sachs. 1,767 Meter auf den Juli 0,052 » » » August. 1 ) Harting's Erklarung dieser Erscheinung halte ich nicht fur gelungen. ,,Die mit der Zeit zunehmende Beschleunigung, sagt er, kann vbllig erklart werden, theils aus der zunehmenden Anzahl und Verbreitung der Wurzeln wahrend des Lebens der Pflanze, wodurch die aufsaugende Oberflache grosser wird; theils aus der Vermehrung der Blatter, und folglich der Verdunstung, welche, wenn nicht die einzige, doch die vornehmste Ursache des Saftsteigens ist." Harting verwechselt hier die Wasserstromung im Holzkbrper, welche durch die Verdunstung hervorgerufen wird, mit der langsamen Wasserbewegung, die das Wachsthurn veranlasst, zwei ursach- lich ganz verschiedene Vorgange 2 ) ; die durch die Transpiration veranlasste Wasserstromung ist fttr das Wachsthurn unnothig , wie die Vegetation der submersen Pflanzen und die von Landpflanzen in dampfgesattigtem Raume zeigt, und kann ihm sogar nachtheilig werden, wenn der Ersatz durch die Wurzeln nicht ausreicht und so Verminderung der Turgescenz eintritt. Dieser Irrthum kehrt bei Harting mehrfach wieder. ,,Auf die zunehmende Beschleunigung, fahrt er fort, folgt eine ahnliche Abnahme des Wachsthums, welche besonders bemerkbar wird urn die Zeit, wo die Bluthenknospen sich zu entwickeln beginnen, obgleich sie schon friiher anfangt. Mit dem Erscheinen der Blumen vermindert sich das Wachsthurn sehr schnell und endlich, wenn die Antheren sich gebffnet haben, und der Pollen erscheint, also zur Zeit der Befruchtung, hbrt alles Wachsthurn auf." Harting sieht hierin, wie das Spatere zeigt, eine der Ursachen des Aufhbrens des Wachs- thums; nicht wahrscheinlich sei es , dass die Wurzeln eine belangreiche Aenderung erleiden, viel eher kbnne man annehmen, dass eine Veranderung der anatomischen Structur des Stengels vor und nach dem Erscheinen der Blumenknospen stattfinde. Dass auch diese Annahme kaum zutreffen durfte, zeigt z. B. der Kurbis, der Monate lang Bliithen bildet und dabei fort- wachst. In Betreff der Vertheilung des Wachsthums auf die Tageszeiten hebt er p. 314 hervor, dass (wie Tabelle C ergebe) das gesammte Wachsthurn des Sprosses No. I im Mai und Juni von 7 Uhr frtth bis 3 Uhr Nachmittag am starksten, von 1 1 Uhr Abend bis 7 Uhr friih am schwachsten gewesen sei, namlich 7 h friih-^3 h Nachm. =1837,5 Mill. 3 h Nachm.— 1 \ b Ab. = 1 589,5 » 1 I h Abend — 7 h frUh = 969,0 » Diess gelte jedoch nicht fttr die ganze Vegetationszeit; vielmehr finde 1) Man vcrgl. hiermit noch die Tabellen auf p. 343 der HAKTiNG'schcn Arbeit, wo die grosse Periode auch fiir die Blattstiele von Rheum Rhaponticurn und palniatum hei*vortritt. 2) Vergl. daruber mein Handbuch der Exp. -Physiol, p. 196. Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 181 das starkste Wachsthum urn so spater am Tage statt, je langer der Stengel bereits geworden ist und, wie er hinzufiigt, einen je langeren Weg der Saft von der Wurzel bis zum Gipfel zuriickzulegen habe, wofiir irgend ein Grund mir in diesem Falle nicht einleuchten will ; iibrigens hat schon Caspary (1. c. p. 1 65) mit Recht darauf hingewiesen, dass diese Folgerung Harting's in seinen eigenen Tabellen keine allgemeine Bestatigung findet, die richtige Erklarung dtirfte vielmehr darin liegen, dass nach deni 7. Juni die ab- steigende Phase der grossen Periode beginnt. Ganz besondere Sorgfalt hat Harting auf die Beziehung der Temperatur zum Wachsthum verwendet ; es lohnt , dariiber einigermaassen ausfiihrlich zu referiren, obgleich ich im Hauptresultat nicht mit ihm einverstanden bin. ,,Die Wirkung der Luftwarme, heisst es p. 318, tibertrifft vorweg alle anderen messbaren Einfltisse" ; er erlautert diess durch eine Tabelle (p. 319), wo in funftagigen Mitteln die 8stiindigen Mitteltemperaturen und mittleren Zuwachse des Sprosses No. I verzeichnet sind; man ersieht aus derselben, dass die grossten Zuwachse vom 1. Mai bis 9. Juni in die Zeitraume von 7 Uhr frtih — 3 Uhr Nachmittag fallen, wo auch die Temperatur den hbchsten mittleren Stand behauptet; dass das Wachsthum von 3 Uhr Nachmittag bis \ \ Uhr Abend entsprechend der geringeren Mitteltemperatur abnimmt und dass es von 1 1 Uhr Abend bis 7 Uhr fruh mit dem tiefsten Stande der Temperatur tibereinstimmend am geringsten ist. — Indem ich manches Unwesentliche und Unzutreffende de's Textes tibergehe, versuche ich, in Kiirze eine Vorstellung davon zu geben , wie Harting zu seiner bekannten Formel gelangt, durch welche das W T achsthum als Function der Temperatur und der grossen Periode ausgedriickt werden soli ; ist die Formel auch noch nicht befriedigend, so ist der Versuch, eine solche zu finden, beach- tenswerth. Die Summe des Gesammtwachsthums der drei Hopfenstengel, dividirt durch 3, giebt das mittlere Wachsthum eines derselben, dieses getheilt durch die mittlere Temperatur eines Tages, giebt das Wachsthum fur je einen Grad, wahrend dieses Tages; so ist diess dargestellt ftir Mai und Juni auf seiner Tabelle A; diese zeigt, dass bis zum 7. Juni das Wachsthum ftir je einen Grad zunimmt; er berechnet, wie gross ftir den Hopfen diese tagliche Beschleunigung des Wachsthums fur einen Grad C. der Temperatur ist 1 ), namlich = 0,1337 Mill. ,,Setzt man nun, fahrt er fort, die bekannte Lufttemperatur eines gegebenen Tages == t, das Wachs- thum derselben Pflanze an demselben Tage = a und verlangt man zu wissen, wieviel das wahrscheinliche Wachsthum A betragen wird an einem Tage, der urn d Tage von dem ersten entfernt ist und dessen Mitteltem- peratur = V ist, so hat man A = V [- + d r J, worin r die Grosse 'dar- 4) Wir kdnnten diess auch als die tagliche Steigung der grossen Curve des Wachs- thums in der ersten Phase bezeichnen. 13* 182 Dr. Julius Sachs. stellt, welche die tiigliche Beschleunigung des Wachsthums vergegenwartigt, d. h filr unsere Pflanze 0,1337 Mill." — ,,Man weiss z. B., dass am 5. Mai die mitllere Temperatur 4 5,7°, das Wachsthum der drei Stengel zu- sammen 109 Mill. d. h. 36,3 Mill. fUr jeden ist, dann wird das wahr- scheinliche Wachsthum am 26. Mai (also 21 Tage spater), wo die Mittel- temperatur 18,1° ist, betragen 4- 21 X 0,1337 X 18,1 =91,46 Mill. fUr jeden Stengel oder 283,38 Mill, ftir alle drei zusammen ; an diesem Tage aber war das Wachsthum wirklich 301,5 Mill , also 18 Mill, mehr, was er auf die ilbrigen Umstande schiebt, die am 26. giinstiger als am 5. Mai waren. Es ist wesentlich, zu wissen, wie der Werth r hier gewonnen ist; die durch die taglichen Mitteltemperaturen dividirten Zuwachse bilden nach Harting eine versteckte arithmetische Reihe; indem er z. B. vom 7. Glied derselben das erste abzieht, bekommt er die 6fache Differenz der Reihe; z. B. fur den Zeitraum 1. bis 6. Mai betragt das Wachsthum dividirt durch die Temperatur 2,184 Mill.; — ftir den Zeitraum 31. Mai bis 3. Juni be- triigt es ebenso 5,982 Mill. ; letzter Werth ist das 7. Glied der Reihe, 0,1266. — Die mehrfach wiederholte Berechnung ergiebt nun Werthe filr r, welche zwischen 0,0925 bis 0,1854 schwanken, das Mittel aus alien ist 0,1337 Mill. = r. In seiner Tafel A. sind nun die Werthe y (Zuwachs durch die Temp. dividirt), wie sie die Beobachtung ergiebt und die nach der Formel be- rechneten Zuwachse neben einandergestellt ; irn Allgemeinen stimmen sie ziemlich iiberein, doch kommen audi nicht selten betrachtliche Abweichungen vor; die berechneten Werthe sind bald zu klein, bald zu gross; am 3. Juni z. B. betragt die Differenz beider x / 7 des direct beobachteten Werthes, am 15. Juni sogar y 2 desselben; Uberhaupt ist die Uebereinstimmung nach dem 7. Juni, wo die absteigende Phase der grossen Curve eintritt, gering, offen- bar, weil der absteigende Schenkel der grossen Curve anders geformt ist als der aufsteigende, nach welch lelzterem vorwiegend der Werth von r berechnet ist (vergl. jedoch 1. c. p. 329). Weiterhin (p. 330) wirft Harting die Frage auf, ob das Maass der Beschleunigung (r) auch filr die ersten und letzten Zeitraume des Wachs- thums gelte; er zeigt, dass diess unmogllch ist, da die Berechnung des Anfanges und Endes des Wachsthums ganz andere Zeiten ergiebt, als die beobachteten. Wahrscheinlich wiirden weitere Beobachtungen lehren, dass die Zunahme des Wachsthums nicht so einfach ist, als angenommen werde, und dass audi die Beschleunigung selbst mit ra sofa em Wachsthum zunimmt; daher hat man 5,982—2,184 6 = 0,633, d. h. fUr jeden Tag 0,633 5 Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 183 jedenfalls mtisse man den Werlh von r selbst als einen veranderlichen betrachten. Ganz abgesehen von manchen anderen Schwierigkeiten, die sich bei vveiterer Verfolgung des von Harting eingeschlagenen Weges finden wUrden, mochle ich hier nur darauf aufmerksam machen, dass man statt der be- obachleten Temperaturen /, nothwendig die Werthe / — t benutzen mUsste, wenn man unter t die niedrigste specifische Wachsthumstemperatur einer Pflanze versteht; bei dein Hopfen liegt diese nur wenig iiber dem Gefrier- punkt, daher konnte Harting aueh ohne Beachtung der damals noch un- bekannten Thatsache, dass die niedrigslen Wachsthumstemperaturen oft hoch Uber dem Eispunkt liegen, mittels seiner Formel Werthe finden, die von den beobachteten nicht gerade abschreckend verschieden waren. Wahrend Harting die Frage nach der specifischen Nulltemperatur des Wachsthums nicht beriihrt, legt er sich dagegen die Frage vor, ob die Beschleunigung des Wachsthums immerfort mil der steigenden Temperatur zunehme, oder ob es dafiir eine Grenze giebt, also einen Punkt, den wir jetzt gewohnlich als das Optimum der Temperatur bezeichnen. Aus seinen Beobachtungen vom 7. — II. Juni schliesst er, dass fiir den Hopfen diese Grenze bei 20° C. liege, was gewiss zu niedrig ist. Selbstverstandlich musste bei Aufstellung einer der lURTiNG'schen ahnlichen Formel auch darauf Riicksicht genommcn werden, dass Uber einen gewissen Punkt hin- aus (Uber dem Optimum) , die Tempera turerhbhung retardirend wirkt. Gerade diese Andeutungen zeigen nun, wie ausserst complicirt die Be- ziehungen von Wachsthum und Temperatur sind und wie gering bis jetzt die Hoffhung ist, diese durch eine mathematische Formel auszudrUcken. In Bezug auf die Ubrigen Umstande, welche das Wachsthum von Harting's Pflanzen mit bestimmten, beschranke ich mich darauf, seine am Schluss mitgetheilten Thesen anzufUhren, namlich : ,,Die Temperatur der Wurzel Ubt keinen mcrklichen Einfluss auf das Wachsthum des Stengels aus." — ,,Wahrscheinlich ist eine trockene Luft im Allgemeinen fur das Wachsthum gunstiger als eine sehr feuchte Luft (der oft wiederholte Lieblingsirrthum Harting's , der bereits oben ange- deutet wurde). Es scheint jedoch, dass ebensowohl eine sehr trockene als eine sehr feuchte Luft nachtheilig auf das Wachsthum einwirken. " — ,,Starkerer Luftdruck scheint im Allgemeinen einen gunstigen Einfluss auf das Wachsthum zu aussern" (was ich aus seinen Beobachtungen denn doch nicht folgern mochte). — ,, Ueber den Einfluss von Wind oder ruhiger Luft lassen sich aus den Beobachtungen keine einigermaassen sicheren SchlUsse Ziehen." — ,,Regen, wenn er einigermaassen stark ist, verlangsamt immer das Wachsthum des Hopfens" (auch Regen bei gleicher Temperatur wie vor und nachher in trockener Luft?) W. H. de Vriese beobachtete vom 10. Juni bis 1. Septbr. 1847 das Wachsthum eines BlUthenstammes von Agave americana, der sich im 184 Dr. Julius Sachs. Universitatsgarten zu Leyden entwickelte. Die sammtlichen Messungen von Anfang an sind mitgetheilt in den Annales de l'agriculture et de bo- tanique de Gand 1818, die in meine Hande zu bekommen, ich vergeblich bemiiht war; die seit dem 9. August gemachten Beobachtungen an dem- selben Exemplar, die das fur uns Interessanteste enthalten, sind mit den Schlussfolgerungen de Vriese's in dem Nederlandsch kruidkundig Archief (uitgegev. door de Vriese, Dozy en Molkenboor Th. II. 2. Stuck 1850) abgedruckt, die ich gleich den oben genannten niederlandischen Zeitschriften aus der Kbnigl. Hof- und Staatsbibliothek in Miinchen zur Benutzung erhielt. De Vriese hebt zunachst hervor, das Wachsthum sei anfangs starker als spater gewesen, ohne dass man diess ausseren Umstanden zuschreiben kbnne; es ist diess offenbar unsere von ihm unvollstiindig wahrgenommene grosse Wachsthumsperiode, deren absteigende Phase in der mir vorliegenden Tabelle vom 9. August bis 1. Septbr. sehr deutlich erkennbar ist. — Das Wachsthum vollzog sich anfangs vorwiegend, spater ausschliesslich in den Theilen nahe unter dem Gipfel, die unteren Internodien wuchsen spater nicht mehr; die starkste Verlangerung trat vor dem Austreiben der Aeste ein. — Vor dem 10. August war das Tageswachsthum meist starker als das der Nacht; es sei kein Zweifel, dass diess der hbheren Temperatur des Tages zuzuschreiben sei, Wachsthum und Warme hielten gleichen Schritt; in der Zeit des starken Wachsthums haben die Nachtzuwachse die der Tage nur wenige Male nennenswerth ubertroffen, was er (fur den 21., 29. und 31. Juli) z. Th. der Temperatur zuschreibt. Bei Caspary, (Flora 1856 p. 166), der die zuerst genannte Abhandlung citirt, finde ich noch die Mittheilung: ,,der Schaft wachst im Mittel vom 21. Juni bis 8. August zur warmsten Tageszeit zwischen 12 und 3 Uhr am meisten, gegen Abend nimmt das Wachsthum allmalig ab; von Morgen gegen Mittag steigt es jedoch nur an einzelnen Tagen gleichmassiger an und erleidet im Mittel eine Verminderung zwischen 9 und 12 Uhr, welche durch individuelle (?) Verdunstungsverhaltnisse verursacht ist." Die mir vorliegende Tabelle vom 9. August bis 1. Septbr. zeigt nun die merkwUrdige Erscheinung, dass das Wachsthum dieses Bltithenstammes an 5 Tagen Vormittags von 6 Uhr friih bis 1 2 Uhr Mittags ganz still stand, an zwolf Tagen trat in derselben Tageszeit sogar eine namhafte Verkiir- zung ein, und nur an zwei Tagen fand Vormittag ein geringer Zuwachs statt. — Den Schliissel zur Erklamng dieses Verhaltens dttrfte die von de Vriese nur nebenbei und zuletzt erwahnte Thatsache liefern, dass die beobachtete Pflanze keine Wurzel besass ; ,,die Aufsau^ung von Wasser, sagt er, geschah durch die porbsc todte Masse, welche die noch lebendcn Theile des Wurzelstocks bedeck to." Der wachsende Stamm nahm nothwendig die Nahrungsstolle aus den dicken fleischigcn BliiUcrn wahrscheinlich aber auch Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts etc. 185 das Wasser aus diesen auf, ahnlich wie die austreibenden Laubblatter einer in der Luft aufgehangten Kiichenzwiebel Nahrung und Wasser aus den Zwiebelschalen allein erhalten. Solange der Stamm noch nicht sehr lang und umfangreich war, mochte die Zufuhr aus den Blattern genugen, als er aber immer langer wurde und sogar die Aeste auszuwachsen begannen, konnien die scbon zum Theil erschopften Blatter dem Bediirfniss des Stammes nicht mehr vollkommen genugen; das Wasser, welches sie dem Stamme lieferten, reichte wohl hin, soweit es das Wachsthum, die Ausdehnung der Zellen betraf; den Transpirationsverlust am Vormittag zu decken war es unzureichend ; da musste die Turgescenz des wachsenden Stammes ab- nehmen und diess konnte sich dadurch geltend machen, dass keine wahr- nehmbare Verlangerung oder gradezu Verkurzung eintrat. Diese Erklarung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man in der Tabelle bemerkt, dass am 19. August wo es regnete, und am 22. August, wo der Himmel trUb (betrocken) war, auch ein geringer Zuwachs am Vormittag eintrat, Ver- minderung des Turgors durch die Verdunstung mochte auch dadurch unter- stUtzt werden, dass das Wasser aus den Blattern bis zum wachsenden Gipfel in der letzten Zeit einen betrachtlich langen Weg zurtlckzulegen hatte ; trat am Vormittag bei hellem, trockenem Wetter Verdunstung an den Gipfeltheilen ein, so konnte der Ersatz nicht sofort erfolgen. Zu dem Allen kam, dass das Licht an sich auf das Wachsthum des Stammes retardirend einwirkte; solange an dem noch kiirzeren Stamm die Wasserzufuhr gun- stiger war, konnte diese durch die beschleunigende Wirkung der Temperatur aufgewogen werden, nicht mehr aber spater, wo der Stamm an Wasser- mangel litt. — Gegen diese Erklarung erhebt sich nur die eine Schwierig- keit, dass das Wachsthum an den Nachmittagen (12 Mittag bis 6 Abend) immer noch ein ziemlich bedeutendes, wenn auch kleiner als in den Nachten war; man darf aber vielleicht annehmen, dass die langsam eintretende Erwarmung der Blattmasse dazu beitrug, das Wasser rascher in den Stamm hinaufgelangen zu lassen, wahrend in den Nachten die Sistirung der Transpiration den Stamm vor Wassermangel schutzte. Die ausfilhrlichste Arbeit, welche bisher erschien, ist die von Caspary: tiber die tagliche Periode des Wachsthums des Blattes der Victoria regia und des Pflanzenwachsthums iiberhaupt 1 ) (1856). Er wahlte dieses Object wegen seines raschen Wachsthums, da das Blatt an einem Tage im Maximum um mehr als einen Fuss im Durchmesser zunimmt, und weil seine hori- zontale, auf dem Wasser flach ausgebreitete Lage die Messung begtinstigt; diese gunstige Lage tritt allerdings erst spat ein, und da, wie Caspary be- merkt (p. 169), das Wachsthum am Tage der Ausbreitung des Blattes am starksten ist, in den folgenden Tagen abnimmt, so betreffen seine Messungen nur die letzte Phase der grossen Wachsthumsperiode, deren Existenz Cas- 4) Caspary in Flora 4 856 p. 4 1 3 — 171 . 186 Dr. Julius Sachs. pary vollit* entgangen ist. Aber grade in dieser Zoit des Wachsthums ist gewbhnlich der Einfluss ausserer Agentien, wie meine eigenen und andere Beobachtungen zeigen, schwercr zu crkennen als unmittelbar vor, wahrend und nach dem Eintritt des Maximums der grossen Periode und diesem Um- stand ist es wohl vorwiegend zuzuschreiben, dass Caspary's mil eisernem Fleiss und enormer Ausdauer Monate lang Tag und Nacht fortgesetzte stundliche Beobachtungen (1854 und 1855) nicht so reich an brauchbaren Resultaten sind, als sie es unter anderen Umstandcn sein wiirden. Da Ubrigens Caspary's sehr ausgedchnte Arbeit Jedem leicht zuganglich ist, so beschranke ich mich darauf, die am Schluss von ihm selbst zusammen- gestellten Resultate, soweit sie unscre Aufgabe unmittelbar betretfen, an- zufiihren und der nbthigen Kritik zu unterziehen. Ich beginne mit seinem 3. Satz : ,,das Blatt wachst Tag und Nacht ohne Unterbrechung fort, jedoch nicht regelmassig. Auf sehr starkes Wachsthum folgt meist geringes und auf geringes oft starkes"; er fiigt hinzu ,,diesc Ungleichheit des Wachs- thums ist bei alien anderen untersuchten Pflanzen auch bemerkt worden" — es ist die oben unter I. als stossweise Aenderung des Wachsthums bereits charakterisirte Erscheinung. 4) ,,Trotz der Unregelmiissigkeit lasst sich eine iagliche Periode doch deutlich erkennen. Das Wachsthum ist kurz nach Mittag zwischen 12 und 1 Uhr am starksten, erreicht spater am Nachmittag ein Minimum, steigt wieder in der Nacht zu einem zweiten geringeren Hbhepunkt kurz nach Mitternacht zwischen 12 und I Uhr an, sinkt zu einem zweiten Minimum des Morgens hinab und steigt dann wieder gegen Mittag. Die Tagesperiode hat also zwei Maxima, ein grosses bei Tag und ein kleines bei Nacht, und zwei Minima, von denen das eine auf den Morgen, das andere (das kleine) auf den Nachmittag fallt. u — Um dem in meiner Abhandlung ver- folgten Gedankengange treu zu bleiben, lasse ich sogleich Caspary's 11., 12., 13. Satz folgen. 11) ,,Die tagliche Periode des Lichts hat keinen nachweisbaren Ein- fluss auf die Periode des Wachsthums des Blattes, denn durch kiinslliche Veranderung der taglichen Periode der Warme kann es bewirkt werdcn, dass das Blatt bei Tage zur Mittagszcit, wcnn das Licht am starksten ist, am wenigsten wachst 1 ), und dass das Maximum des Wachsthums auf jede beliebige Stunde der Nacht, zur Zeit ganzlicher Finsterniss fallt. Das Licht bewirkt keinc Ausdehnung der Zellen, sondern Stofiwcchsel in ihnen." 12) ,,Das grossc Maximum der Periode des Wachsthums des Blattes hangt vom Maximum der Periode der Wiirmc, hauptsachlich der des Wassers 1) In dicscm Satze sleeken zwei Fehler; erstens ein logischer, insofern es unlogisch ist, zu sagen, das Licht tiabe keinen Einiluss auf das Wachsthum, weil ein anderes Agens i< Julius Sachs. und die Schwierigkeit der Xrennung dor Gewebestreifen bedingl einzclne Dnsicherlieften dor Messungsresultate (vergl. Tabelle rechts union). 7. Ambrosia trifida. 16. — 1 7. Juni 1870; Dauer ?() Stunden. 5 Sprossabschnitle von jo 3 — 4 Internodion, 268 Mill, lang gemacht. Jede Zahl giebl dio Lange dos Gewobeslreifens von nur einem Spross. L a n g c n der Gewebeslreifen . Gewebestreifen. IVisch. hori- zontal. aufrecht. Zuwachs hori- zontal. in Mill, aufrecht. concave [ Rindc 265 270 282 5 17 Seite Holz 265 272 283 7 18 . Mark 283 297 304 14 21 con vex c ! Mark 283 297 304 14 21 Seite Holz 265 283 283 18 18 Rindc 265 285 282 20 17 Der horizontal geleglc Spross hallo sich im vorderen Drittel seiner Lange aufrecht gekrUmmt. 8. Helianthus argy rophylla. ✓ 20.— 21. Juni 1871; Dauer 19 Slundon. Dio 237 Mill, lang geschnitlenen Sprossabschnilte boslanden aus 3 — i Internodien; vor deui Versuch, d. h. bevor ihnen genannle Lange gegeben wurde, ha lien die Sprosse eine Slunde im Wasser gelegen. Die Zahlen sind Mitlel aus je drei Exemplaren. Lang en der Gewebeslreifen. hori- Zuwachse Cicwehestreit'en. t'risch. zontal im Glasrohr. aufrecht. hori- zontal im Rohr. au frecht. { Rinde ■ concave J 235,2 238,8 244,7 3,6 9,5 Seite | Mark 254,5 255,8 263,8 1,3 9,3 10,8 { Mark convexe J 254,0 256,3 264, S 2,3 SHl ° | Hindc 237,5 244,3 24 S, 3 6,8 10, S Die horizontal in don Glasrdhren gelegenen Stucke krttmmten sich hoi dem UerausBielien aus donselben aufwarts ; dio aufrecht gestellten zeigtcn Nutationen nrach verschtedenef EUchtung seitwurls, Langenwachsthum der Ober- und Unterseite, 201 9. Ailanthus glandulosa. 22.-23. Juni 1870; Dauer 17 Stundcn Von sehr kniftigcn Wurzelschbsslingen, die vorher oinc halbe Slunde im Wasser gclegen hattcn , wurden Stiicke aus 4 — 5 Intcrnodicn bostohond in der Lange von 262 Mill, abgcschnitten. Die Zahlen sind Mittel aus je drei Exemplaren. Lang en der Gev\ ebestreilen in Millimetern. (jcwcbestreit'en. frisch etwas ge- kriimmt. borizont frei 1 le- gend . il gelcgl. im Glas- rohr. schief a ufreeht. concave Rinde concaves Mark convexes Mark convexe Rinde 258,7 275,7 276,2 259,0 264,0 28'., 7 289,3 278,5 266,0 283,0 284,0 274,3 268,3 284,7 285,7 271,0 Zuwa chsla ngen in Mil li mete rn. (jew ebestreilen. horizon t{ frei hori- zontal. d gelegt, ini (Jlas- rohr. schief iiu frccbt. concave Rinde concaves Mark convexes Mark convexe Rinde 5,3 9,0 13,1 19,5 8,3 7,3 7,8 12,3 9,6 9,0 9,5 12,0 Die frei horizontal gelegten richteten sich in eincm Bogen von circa 120° auf mil einem Kriimmungsradius von circa 90 Ctm. — Die schief aufrechten und aus den Glasrohren hervorgezogenen waren sehr schwach gekrummt. 10. Inula Helenium, 29. Juni — I . .luli 1871 ;_ Dauer 48 Stundcn. Je 5—7 Intcrnodicn umfassende Stiicke wurden 1 85 Mill, lang ge- macht. Die Zahlen sind Mittel aus je zwei Exemplaren, 1)h. Julius Sachs. Lang en der Gewebeslneifen in Millimetern. Gewebestreifen. frisch. horizon t frei lie- gend. U gelegt. im Glas- rohr. schief a ufrecht. concave Rinde raittleres Mark convexe Rinde 184,0 193,0 184,0 186,0 201 ,0 197,0 186,6 200,0 196,5 189,0 201,0 191,0 Zuw a chslangen in Millimetern. liorizontai ueleut. Gewebestreifen. frei lie- im Glas- schief a ufrecht. gend. rohr. concave Rinde 2,0 2,5 5,0 mittleres Mark 8,0 7,0 8,0 convexe Rinde 13,0 12,5 7,0 Die aus den Glasrohren genomrnenen Stiicke krtimmten sich fast eben- stark wie die horizontal frei gelegenen , in einem Bogen von etwa 45°. 1 I . C lematis recta. 14.— 1 6. April 1871; Dauer 48 Stunden. Je drei Internodien umfassende Stiicke wurden 141 Mill, lang gemacht. Die Zahlen sind Mittel aus je drei Exemplaren. Lang en der Gewebestreifen in Millimetern. Gewebestreifen. frisch. horizonh frei lie— gend. il gelegt. im Glas- rohr. schief aufrecht. concave Rinde concaves Mark convexes Mark convexe Rinde 139,7 142,9 142,9 139,7 141,2 148,4 150,0 145,4 141,9 147,8 149,1 144,0 143,4 149,8 150,2 139.7 Zu wachslangen in Millimetern. Gewebestreifen. horizontc frei lie- gend. \\ gelegt. im Glas- rohr. schief aufrecht. concave Rinde concaves Mark convexes Mark convexe Rinde 1,5 5,5 7,1 5,7 2,2 4,9 6,2 4,3 3,7 6,9 7,3 4,8 Langenvvachsthiim der Ober- tuid Unterseite. 203 Die frei horizontal gelegten Sliicke bildeten am vorderen Drittel einen Bogen von 'i0°. bei circa 8 Ctm. Kriimmungsradius ; die aus dem Rohr genommenen wareh nur wenig, mit einem Radius von I 4 Clm. gekiummt. 12. Scrophularia orientaiis. 22.— 24. April 1871; Dauer 46 Stunden. Von sehr kraftigen Sprossen (eines Wurzelstoekcs) wurden Stiicke von i — i Internodien 1 72 Mill, lang geschnitten. Die Zablen sind Mittel aus je drei Exemplaren. Langen der Gewebestreifen in Millimetera. Gewebestreifen. frisch. hori- zontal gelcgt. untere600 schief aufrceht. concave Rinde 170,5 172,7 174,2 concaves Mark 176,6 183,8 184,1 convexes Mark 176,3 185,7 186,2 convexe Rinde 169,5 182,7 180,1 Z uwach s langen in Millimetern. Gewebestreifen. hori- zontal. schief aufrecht. concave Rinde 2,7 4,2 concaves Mark 7,4 7,7 convexes Mark 9,3 10,8 convexe Rinde 12,7 10,1 Die horizontal gelegten hatten sich beinahe der ganzen Lange nach gekriimmt; Kriimmungsradius ungefahr ll Ctm., Bogen fast 90°; — die schief aufrechten vorwiegend im unteren Drittel gekriimmt mit ungefahr 15 Ctm. Radius. Aus den 12 Tabellen ist Folgendes zu entnehmen: 1) Bei der Aufwartskriimmung eines frei horizontal gelegten Sprosses wachst von je zwei gleichnamigen Gewebestreifen immer der der unteren, convexen Seite starker, der der oberen, concaven Seite schwacher a Is die gleichnamigen Gewebestreifen eines aufrechten Sprosses in derselben Zeit. 2) Die Langendiflerenz zwischen oberer Rinde und oberem Mark wird in der horizontalen Lage grosser als die Langendifferenz zwischen der •20 1 Dk. Julius Sachs. unteren Rinde und dem unteren Mark ; es sprieht sich diess hci IJaibirung des gekrummten Sprosses senkrecht zur Krummungsebene darin aus, dass die concave Halfte noch mehr concav, die convexe Halfte weniger convex, grade, odor selbst aufwarts concav wird; durch das Wachsthum in hori- zontaler Lage w ird also die Spannung der Gewebe auf dor oberen , con- caven Seite verstarkt, auf der unteren, convexen vermindert. 3) Wird ein horizontal gelegter Spross durch Bedeckung mit Sand und Belastung oder durch Einschliessung in eine Glasrohre an der Aufwarts- kriimmung gehindert, so tritt bei Befreiung von dem Ilinderniss sofort eine Aufwartskrtlmmung ein, die aber viel schwacher ist als bei gleichen, 1'rei horizontal geleglen Sprosscn in derselben Zeit. — Die Differenzen im Liingen- wachsthum der einzelnen Gevvebestreifen eines soichen Sprosses sind der Art nach denen eines frei aufwarts gekrummten gleich, der Quantitat nach geringer, der geringeren Aufwartskriimmung entsprechend. — Die That- sache , dass ein horizontal gelegter und an der Aufwartskriimmung gehin- derter Spross bei der Befreiung von dem Hinderniss sofort emporschnellt, zeigt, dass auch in der erzwungenen graden Lage die Ursachen der Auf- wartskriimmung thatig sind ; die Thatsaehe aber, dass die Krummung eines soichen Sprosses viel geringer ist als bei einem horizontalen , der sich frei aufrichten kann, zeigt ferner, dass die Ursachen der Aufwartskriimmung in einem unbeweglich gemachten Spross nicht zur vollen Geltung kommen ; mit anderen Worten, die Beweglichkeit eines frei horizontal gelegten Sprosses ist eine der Ursachen, welche die Beschleunigung des Wachsthums auf der Unterseite und die Verminderung desselben auf der Oberseite be- giinstigen. II. Versuche mit Gr as halm en (Triticum , Dactylis glomerata, Glyceria spectabilis, Andropogon niger, Zea Mais). Die Internodien der Graser vorlangern sich intercalar an ihrer Basis tiber dem Diaphragma, welches die Hohlraume zweier Uber einander stehender Glieder trennt ; diese Steiie des Stengels ist von einer ringformigen , polsterartigen Auf- schwellung der Basis der Blattscheide dicht umhullt, diese allein bildet den ausserlich wahrnehmbaren Knoten. Oberhalb der Knoten eines auf- rechten Halmes, soweit dersell)e enlfaltete Blatter besitzt, wachsen die Internodien sowie die Blattscheiden nicht mehr; steckt man ein Stuck eines soichen Halmes frei horizontal scbwebend in feuchten Sand inncrhalb eines Zinkkastens, wo feuchte Luft und tiefe Finsterniss herrschen , so bleiben die; Internodien und Blattscheiden grade, der Knoten aber bildet nach 2, 4 Tagen ein seharfes Knie, so dass das freie Ende des HaJinstUckes emporgerichtet wird, meist unter einem spitzen Winkel mit dem Horizont, zuweilen vertical. Die Krummung vollzicht sich allein in der Querzone, welche ausserlich durch die Anschwellung der Scheidenbasis bczeiehnel isi. Vergleicht man oinen soichen gekrUmmten Knoten mit einem gleich alien nicht gekiiiminten . so nimnil man ohne Weileres wahr, dass die Liingenwachsthum der Ober- und Unterseite. 205 convoxc untere Seite desselben viel starker gewachsen, verliingert ist, als der aufrecht gebliebene Knoten, nicht selten 3 — 5mal so stark. Hatte man das Halmstiick so lange horizontal stecken lassen, bis die Aufkriimmung sich nicht weiter versUirkle, und dreht es dann urn, so dass die concave Seite abwiirts liegt, dann wiichst in den* nachsten Tage auch diese starker und zwar so lange, bis der Knoten oben und unten gleich lang, das Halm- stuck also grade ist; der Knoten ist nun ringsum so lang, wie am Ende des ersten Versuchs die Unterseite , also viel liinger als ein aufrecht ge- bliebener Knoten. Es zeigt diess auch , dass das versUirkle Wachsthum der Unterseite des Knotens eine Grenze hat; denn hatte man das Halm- stuck in der ersten Lage so lange belassen, bis keine weitere Verstiirkung der Kriimmung eintrat, so kriimmt er sich in der zweiten Lage nicht mehr aufwarts, sondern er wird nur grade, das Lan gen wachsthum ist damit erschopft. Besichtigt man die Ober- und Unterseite eines stark gekriimmten Knotens mit blossem Auge oder mit der Lupe, so bemerkt man , dass die convexe Seite des ringformigen Scheidenpolslers glatt, glanzend, durch- scheinend ist; dagegen erscheint die concave Oberseite dunkel, opak, rauh ; letzteres rilhrt von sehr feinen Querfalten her, welche auf dem Langsschnitt unter dem Mikroskop deutlich und zahlreich hervortreten : sie werden nicht bloss von der Epidermis, sondern auch dem unterliegenden Parenchym gebildet. Ist die Oberflache des Knotenpolslers, wie bei Andropogon niger, behaart, so bemerkt man die Haare auf der convexen, verlangerten Seite weit aus einander geriickt, auf der kurzen concaven Seite dicht zusammen- gedriingt. Ausser der Querfaltelung zeigt die Oberseite gekriimmter Grasknoten gewohnlich noch eine querliegende Einknickung, bald in der Mitte , bald am Rand des Knotens. Beide Erscheinungen fiihren zu dem Schluss, dass die Oberseite bei der Aufwartskriimmung passiv zusammengedriickt wird, als ob man das Halmstiick an bei den Enden gefasst hatte und es in der Querzone des Knotens krummen und knicken wollte. Dieses Verhalten sowohl wie auch die augenscheinliche sehr geringe Lange des gekriimmten Knotens auf der Oberseite brachten mich auf den Gedanken, es kbnne mit dem starken Wachsthum der Unterseite gradezu eine Verkiirzung der Ober- seite verbunden sein, eine Vermuthung, die sich vollkommen zu bestatigen scheint, obgleich die hier moglichen Messungen nach Maassgabe des Objects nicht sehr genau sein konnen. Zur Messung der Knotenflachen verwendete ich einen schmalen Papierstreifen, an dessen Rand eine Millimetertheilung mil Bleistift angebracht war; die Knoten verschiedener Halmstiicke wurden nun unmittelbar nach dem Abschneiden damit auf zwei gegeniiber liegenden Seiten gemessen, indern das Papier dicht aufgelegt wurde ; die Langen auf- geschrieben und dann das Hahnsluek mit der einen gemessenen Seite hori- zontal nach unten, mit der andern also nach oben gelegt. Als nach einigen I)k. Julius Sachs Tagen die Krummung bedeutend geworden war, wurde die Ober- und Unterseite wieder mit dcm Papierstreifeo gemessen und Sorgo getragen, dass dieser sich libera 1 1 der concaven Seite anschmiegte. Da die Grenze dcs Knoiens oben und unten (beziiglich der vcrtikalon Pflanze) nicht imnaer scharf ist, so wurdc sic anfangs durch cinen feinen Tuschestrich markiil. Bci diesena Verfahren- findel man in der That eine Verkurzung der Ober- seile an dem gekriiinrnten Knotcn, die so bedeutend ist, dass ich sie trotz der unvollkommcnen Messungsnictliode doch nicht filr einen Irrthum halten kann. Diese Vcrsuche wurdcn mit Halmstttcken von dunnstengeligem Cin- quantinomais und von dickstammigem Pferdezahnmais gemacht; die Pflanzen waron ctwa I — 1,5 Meier hoch, die mannlichen Bluthen soeben oder noch nicht zuin Vorschein gekommen. Der kleinere Durchmesser des (im Quer- schnitt elliptischcn) Knoiens, der bei der horizontalen Lage aufrecht stand, betrug bei der dunnstarnmigen Varietat 10—12 Mill., bei der anderen 26 — 30 Mill. Cinquantinomais. Ualmstticke mit einem Knoten in der Mittc; voni 21. — 27. Juli 187 1 in feuchtem finsterm Raum horizontal in Sand gesteckt. Liinge des Knotens vor nach der Krummung. No. I. Oberseite — 4,3 Mill, -2,5 Unterseite — M 5 ? — 9,0 No. II. Oberseite — 4,0 ? 1 —3,0 Unterseite — 5,0 1 5 " -11,0 No. III. Oberseite — 5,0 5 ? -',,5 Unterseite — 5,0 1 1 \S> K — 1 ~v> Pferdezahnmais (ebenso behandelt). No. IV. Oberseite — - 3,(5 Mill. -3,0 Unterseite — - 4,0 5 ) _ -16.0 No. V. Oberseite - - 4,0 5 > -3,3 Unterseite — - M ? 5 — -20,0 No. VI. Oberseite — - 3.7 ) i -3,7 Unterseite — - 3,0 ? • — -1 (,(t Die piikroskopische Untersuchung radialer Lilngsschnittc von gekrtlmmten Grasknoten lassi auch <>lmc Messung soiert erkennen, dass die Zellep der Langenwachsthum der Ober- unci Unterseite 207 Unterseite betrachtlich in die Lange gewachsen sind : die Parenchymzellen zwischen den Striingen, sowie die Epidermiszellen sind in Richlung der Langsaxe verlangert, hyalin , reich an Zellsaft, relativ arm an Protoplasina und Kornchen ; die der Oberseite sind dagegen querliegende Tafeln , deren Langsdurchmesser viel kurzer ist als der radiale; der enge Zellraum ist mit Protoplasma und korniger, opaker Substanz erfullt; diese kleinen Zellen der Oberseite verhalten sich also zu den grossen der Unterseite wie junge, nicht ausgewachsene Zellen zu alten vollkommen entwickelten. Zellthei- lungen finden im Gewebe der stark wachsenden Unterseite nicht statt. — iVlittels eines HARTNAK'schen Ocularmikrometers habe ich ziemlich zahlreiche Messungen ausgefiihrt; da die Schnitte jedoch in reinem Wasser sich wellig biegen, musste Kali und Giycerin zugesetzt werden ; diese Reagentien ver- iindern jedoch das Volumen und die Form der Zellen nicht unbetrachtlich, und so kommt es, dass das Langenverhaltniss der Zellen, auf diese Art gemessen, etwas kleiner ausfallt, als den Dimensionen der Ober- und Unter- seite entspricht; dazu kommt, dass nicht die Epidermiszellen, sondern, der grbsseren Deutlichkeit wegen die dritte oder vierte Schicht des Paren- chyms gemessen wurde , deren Langendifferenz auf Ober- und Unterseite selbstverstandlich etwas kleiner ist, als die der beiden Epidermisstreifen. So fand ich das Langenverhaltniss der Zellen bei Andropogon niger (6 Tage horizontal gelegen, Aufkrummung vollendet) wie 1:7, das der Polsterseilen selbst wie 1 :10; — bei den oben genannten Maisstiicken : Langenverhaltniss dei' Zellen der Polsterseilen bei No. I. I : 3,3 1 : 3,0 ,, No. II. 1 : 2,3 I : 3,7 ,, No. III. 1 : 2,9 1 : 2,8 ,, No. IV. 1 : 4,7 1 : 5,3 Wie die Parenchymzellen des Knotenpolsters bleiben auch die langen Prosenchymzellen der es durchlaufenden Strange in hohem Grade wachs- tlmmsfahig, wahrend sie da, wo sie aus dem Knoten in die diinne Lame lie der Scheide ubergehen, fertig ausgebildet sind; Messungen an diesen Zellen sind wegen ihrer prosenchymatischen Anordnung kaum moglich , ihr jugendlicher Zustand giebt sich aber an der Weichheit ihrer Wandungen zu erkennen ; sie bleiben, mit Kali behandelt, farblos, oberhalb des Knotens im diinnen Theil der Blattscheide nehmen die Wande desselben Stranges mit Kali eine intensiv gelbe Farbung an; diese sind verholzt, jenc nicht, Lasst man gekrummte Halmstiicke in absolutem Alkohol Tage lang liegen, so verschwindet die Krummung des Polsters , die Langendifl'erenz der Ober- und Unterseite, nicht; zuweilen wird der Winkel, den die beiden Inlemodien am gekrummten Knoten bilden, ein wenig stumpfer, zuweilen 208 Dr. Julius Sachs. Larigehwachsthum dor Ober- iirid Unterseite. auch nicht; es zeigt diess, dass das betrachtliohe Flachenwachsthum der Zeljwande nicht bloss durch Wassereinlagerung , sondern auch durch Ein- lagerung fester Substanz bewhrkt wird. Da ich gesonnen bin, die tJntersuchurigen iiber die Aufwartskrtirflmung fortzusetzen , und das Obige nur als vorlaufige Mittheilung betrachte, so enthalte ich mich liier theoretischer Auseinandersetzungen . die zugleich cine ausftihrliche Besprechung der einschlagigen Literatur verlangen wiirden. Wurzburg im Juni 1871. V. Ablciiknii" f ganz unter Wasser gesetzt wird, Wurzeln iiber die Erde hervor. Offenbar hangt die Ersehcinung zuniichst davon ab, dass die Erde im Topf gleich- massig feucht ist, dass die Oberflache derselben nicht starker austrocknet, als die inneren Theile, was besonders durch die Erwarmung der Oberflache bei starker Belcuchtung an einem in der Luft stehenden Topf begtinstigt wird, weshalb die Erscheinung in diesem, (gewbhnlichen Falle) nicht eintritt. Aehnliche Erscheinungen beschreibt Duchartre in seiner genannten Abhandlung (1856); er hatte die Tbpfe, in denen verschiedene Pflanzen eingewurzelt waren mit Glasgefassen umgeben, welche eine feuchte Atmo- sphare umschlossen und an deren Innenseite das aus der Erde verdunstende Wasser sich condensirle und herabrieselte. Wurzeln traten aus der Erde hervor und wuchsen aufwarts in den dampfgesattigten Raum oder krochcn auf der Erdoberflache hin; aus dem unteren, mit eingeschlossenen Stammsttick von I — 2 Ctm. Ilohe bildeten sich Wurzeln, welche horizontal schwebend oder schief aufwarts wuchsen (Hortensia, Veronica Lindleyana). Ich mbchte Duchartre nicht beistimmen, wenn er diese Erscheinungen ohne Weitcres mit den von Knight und Johnson beobaehteten in eine Reihe 222 Dr. Julius Sachs, Ablenkung der Wurzeln etc. slellt, sie gewissermaassen als Bestiitigungen derselben betrachtet. Gewiss ist es ja, class in beiden Fallen die Vcrtheilung der Feuchtigkeit auf die Wachsthumsrichtung einwirkt, die Thatsache aber, dass Wurzeln aus einem in sieh glcichmassig feuchten Boden aufwarts wachsend an die Luft her- vortreten, dass sie ferner in eincr dampfgesattigten Atmosphare horizontal wachsen, muss offenbar auf anderen Ursachen beruhen, als die von Knight, Johnson und mir beobachtete Ablenkung der Wurzeln von der normalen Richtung, die nur bei ungleicher Vertheilung der Feuchtigkeit um die Wurzeln eintritt. Dass ferner Wurzeln, welche aus dem feuchten Boden heraufgekommen sind und in eine nicht gesattigte Luft eintreten, nun wellen- formig auf- und abbiegend horizontal am Boden hinlaufen, gehbrt offenbar in dieselbe Kategorie von Thatsachen, wie die von Ciesielski beschriebenen. Bevor sich iiber die Wirkung der Feuchtigkeit auf die Wurzelrichtung irgend etwas Abschliessendes sagen lasst, ist es nothig alle diese Erschei- nungen im Einzelnen sorgfaltig zu studiren; hierzu auch Andere anzu- regen, ist der Zweck dieser Mittheilungen. WUrzburg, 8. Septbr. 1871. VI. Heber einige Ursachen der Richtuiig bilateralsyimiietrischcr Pflanzentheile. Von Dr. Hugo de Vries. Im Anfang des Sommersemesters 1871 legte Herr Professor Sachs mir die Frage zur experimentellen Beantwortung vor, inwieweit sich bila- teralsymmetrische Pflanzentheile bei ihren gcotropischen und heliotropischen Bewegungen anders verhalten als die gewohnlichen senkrecht wachsenden Stengel. Unter seiner Leitung habe ich im vergangenen Sommersemester im botanischen Institut der LIniversitat Wiirzburg eine Reihe von Unter- suchungen hieriiber angestellt, deren Resultate ich hiermit der Oeffentlich- keit ubergebe. Fiir die vielfnche Belehrung und Untersliitzung bei dieser Arbeit fuhle ich mich Herrn Professor Sacus, meinem verehrten Lehrer, zum lebhaftesten Dank verpflichtet. Meine Untersuchungen beziehen sich lediglich auf Blatter und nicht- vertikale Sprosse von Gefasspflanzen. Weder die Beschreibung der Rich- tungen, welche diese in der Natur einschlagen , noch eine vollstandige Er- kllirung aller bei dem Erreichen dieser, oder bei dem Verlassen kiinstlich gegebener Richtungen beobachteten Erscheinungen liegt im Zwecke meiner Arbeit; ich beabsichtigte nur einige der wichtigsten Ursachen dieser Er- scheinungen experimentell festzustellen. Dass eine solche Auffassung des Gegenstandes bei dem jetzigen Zustande unserer Kenntnisse berechtigt ist, wird, wie ich glaube, die Behandlung der einschliigigen Literatur zur Ge- nilge zeigen. 1. Historisches und Kritisches. Schon von den altesten Forschern, welche (iberhaupt den Richtungen der Pflanzentheile eine wissenschaftliche Betrachtung widmeten , w urde es als eine selbstverstandliche , sich durch eine einfache Ueberlegung leicht ergebende Thatsache ausgesprochen , dass bei den Richtungen der nicht- vertikalen Stengelorgane dieselben Ursachen bestimmend mitwirken , denen 224 Dr Hugo de Vries. atich die vertikal aufwarts odor abwarts gerichteten Pflanzenorgane ihre Richtung verdnnken. Man versuchte die Abweichung von der Verlikale dadurch zu erkliiren, dass man mit den (iberall wirkenden Ursachen, in diesen Fallen neue sich combinirt dachte, indem der Gleichgewichtszustand aller wirkenden Ursachen die schiefe Richtung des Organes bestimmte. Da also die senkrecht aufwarts oder a b warts wachsenden Organe den ein- fachsten Fall bildeten , wurden diese hauptsachlich studirt, und die schiel* wachsenden nur gelegentlicli a Is Anhang oder Erweiterung mit in die Untersuchung hineingezogen. Nur fttr Bonnet bildeten die Blatter den Hauptgegenstand seines Studiums, und auch er verglich ihre Richtung und deren Ursachen mit den Vorgangen in vertikalen Stengeln als mit dem einfacheren Fa lie. Bis vor einem Jahre war diese Richtung der Untersuchung die all- gemeine, und weil ich hier nicht auf die Literatur ttber die Ursachen der Richtung senkrechter Pflanzentheile eingehen kann, werde ich mich darauf beschranken mtissen , das Wenige hervorzuheben , was bei den Unter- suchungen uber diese gelegentlicli auch iiber Blatter und nicht-vertikale Sprosse mitgetheilt wurde. Eine eingehendere Besprechung wird dann aber eine im vorigen Jahre von Dr. A. B. Frank veroffentlichte Abhandlung finden miissen, in der ganz andere, den frilheren widersprechende Ansichten vertrelen werden. Dodart *) war der erste, der darauf aufmerksam machte, dass die oberirdischen Pflanzentheile bestimmte Richtungen einschlagen, und diese, wenn sie aus ihnen herausgebracht sind, wieder anzunehmen suchen. Er zog hierbei hauptsachlich nur die Stengel in Betracht. Bonnet hingegen behandelte in der zweiten Abhandlung seines be- riihmten Werkes ,,Recherches sur l'usage des feuilles dans les planles" 2 ) ausfuhrlich die Richtungen der Blatter und ihre Eigenschaft diese wieder anzunehmen, wenn sie durch irgend eine aussere Ursache aus derselben abgelenkt worden sind. Auch priifte er die Abhangigkeit der hierbei beobachteten Erscheinungen von verschiedenen Umstanden, und versuchte es auf diese Weise empirisch ihre Ursache aufzufinden. Wenngleich dieses Letztere ihm nicht gelungen ist, so bildeten doch die von ihm beschriebcnen und entdcckten Thatsachen eine breite und sichere Grundlage fiir jede weilere Forschung. Er zeigte, dass die Blatter die Oberseite ihrer Spreite gegen das Licht wenden, oder genauer, dass sie ihre Flache senkrecht auf die Richtung des stiirksten einfallenden Lichtes stellen und dabei ihre Oberseite diesem zukehrcn; er fand dieses sowohl l)ei diffusem Tageslicht, bei direktcm Sonncnlicht, bei natiiiiicher oder kilnstlicher einseitiger Be- 1) Histoire de \'Acm\. Hoy. d. Sc. 1099. p. 60— 6 C 2 ; tbidem 1 7 o . p. 64. 2) Deutsdi von Aknolu: Untersuchungen liber den Nutzen der Blatter bei deri Pflanzen. 3. 45 \)\. Ueber einige Ursachen dor Richtung hilateralsymmetrischer Pllanzcntheile. 225 leuchtung (im Freien oder am Fenster) als auch bei Bonutzung kiinstlicher Lichtquellen. Werden die Blatter aus dieser, fiir sie normalen Richlung, gewaltsam herausgebogen , so suchen sie die friihere Lage wieder anzu- nehmen, und erreichen dieses mittelst Kriimmungen oder Achsendrehungen mehr oder weniger vollstandig. Bonnet fand ferner, dass abwiirts gebogcne Blatter auch in volliger Dunkelheit sich aufwarls richten, dass hohere Tem- peratur diese Bewegungen fordert, und dass bei vielen Blattem diese Be- wegungen nur mittelst gewisser Theile, z. B. der Blattstiele oder der Bolster ausgefuhrt werden. Die Erkliirung, welche Bonnet von diesen Erscheinungen gab, und welcher seine Meinung zu Grunde lag, dass die Unterseite der Blatter zu dem Einsaugen des Thaues bestimmt sei, also diesen aufsuche, wurde voll- standig von Dutrochet l ) widerlegt, der das Licht und die Schwere als die iiusseren Ursachen dieser Bewegungen nachwies. Schon durch die kritische Behandlung der Versuche Bonnet's, welche er zum grbssten Theile wieder- holte, gelang es ihm diesen Nachweis zu liefern. Durch seine Rotations- versuche zeigte er, dass viele Blattstiele sich unter dem combinirten Ein- flusse der Schwere und der Centrifugalkraft ahnlich verhalten wie die Stengel. 2 ) Ferner betonte er, dass es nicht immer die Oberseite der Blatter ist, welche sich gegen das Licht kehrt. Schon Duhamel *) und Bonnet sahen die Blatter des Viscum album in jeder Lage gegen das Licht wachsen , und in jeder ihnen willkiihrlich gegebenen Lage verharren; Dutrochet wies aber auf die Blatter mehrerer Gramineen, auf die blatt- artigen Zweige des Ruscus aculeatus u. s. w., welche ihre Unterseile gegen das Licht wenden. Er erkliirte dieses Verhiiltnlss durch die Beobaehtung, dass gerade bei diesen Arten es die Oberseite ist, welche das sonst auf der Unterseite befindliche luftreiche Gewebe besitzt. Diejenigen Bliitter, welche einen solchen Unterschied ihrer beiden Seiten nicht zeigen , wie z. B. manche Allium-Arten , richten entweder die obere, oder die untere Seite des Blattes gegen das Licht. Bei seiner Erkliirung 4 ) der Eigenschaft der Blatter den verlorenen nor- malen Stand wieder anzunchmen, beriicksichtigt Dutrochet nur den Blatt- stiel , ja er betrachtet die Spreite als ganz passiv bei diesen Bewegungen. Dass dieses Letztere nicht richtig ist, lehrt die Betrachtung dieser Bewegungen sowohl bei gestielten Blattern als zumal bei ungestielten ohne Muhe, und ich werde unten mehrfach die Gelegenheit haben, hiervon Beispiele anzu- fiihren. Fiir die Bewegung der Blatttheile giebt er zwei Ursachen an : 1) die Aufwartskrummung unter dem Einfluss der Schwere, welche Eigen- 1) Dutrochet, M6m. pour servir a l'hist. anat. et physiol. d. vegetaux et des animaux. 1. II. p. 96. 2) 1. c. II. p. 53. 3) Duhamel, Divers. Obs. surleGuy ; Hist. del'Acad. Roy. d. Sc 1742, Momoiros p, 483. 4) Dutrochet, 1. c. II. p. 109. 226 Dr Hugo de Vries. schaft also den Blattstielen und Stengeln gemeinsam ist, und 2) krtlmmen sich nach ihm die Blattstiele dem Lichte zu, aber nur wenn dieses ihre Unterseite trifft. Beide Angaben sind der Hauptsache nach richtig, be- diirfen aber, wie sich im Laufe meiner Abhandlung ergeben wird, einer Vervollstandi#ung um fur alle Falle Geltung zu haben. Schon dreissig Jahre vorher hatte Knight 1 ), als er durch seine Rota- tions versuche den direkten Nachweis zu liefern suchte, dass es die Schwere sei, welche die Richtung der vertikalen Stengel und Wurzeln bestimmt, eine Erkliirung filr die Wirkung der Schwere auf nicht-senkrechte Aesto versucht. Er nahm fiir die Stengel im Allgemeinen an, dass der in ihnen enthaltene Saft, sobald sie sich nicht in der vertikalen Lage befinden, durch die Schwere beeinflusst wird, und sich also auf der unteren Seite anhauft. Hierdurch wiirde das Wachsthum dieser Seite gefbrdert, und kbnne eine Aufwartskriimmung eintreten. In der Wirklichkeit trete diese nur dann kraftig ein , wenn der Stengel sehr saftreich sei , und verursache einen senkrechten Stand (vertikale Stengel) ; fiir die nicht-vertikalen Stengel nahm er an, dass sie nicht saftreich genug seien, um diese Kriimmung auszu- fiihren, bei welcher ja das Gewicht des Astes zu uberwinden sei. Hier- nach betrachtete Knight die Richtung dieser Zweige als die Folge zweier einander entgegenwirkender Krafte , deren eine sie herabzieht, und deren andere sie aufwarts zu richten strebt. Hofmeister 2 ), der die Wirkungen der Schwerkraft auf die Pflanzen einer ausfiihrlichen Untersuchung unterwarf, benutzte zu seinen Versuchen iiber Organe mit Gewebespannung sowohl Stengel als auch Blattstiele, und lieferte hierdurch einen erneuten Beweis fiir den ursachlichen Zusammen- hang, der an vertikalen und nicht-vertikalen Pflanzentheilen beobachteten Richtungen und Richtungsanderungen. Einige Falle von nicht-vertikaler Richtung erlauterte er eingehender. 3 ) Eine Behauptung von Dutrochet 4 ) widerlegend, zeigte er, dass bei der Hiingeesche das Herabhangen der Aeste durch ihr Gewicht verursacht wird, indem dieses grosser ist als die Kraft, mit der sie sich geotropisch aufwarts zu krummen suchen. Die schon von Dutrochet 5 ) angegebene Thatsache , dass die Auslaufer von Typha , Spar- ganium und Equisetum in wagerechter oder schief abwartsgeneigter Rich- tung, ja oft sinkrecht abwarts wachsen , erklart er da durch , dass sie sich zwar geotropisch aufwarts zu krummen suchen, daran aber durch ver- schi(Hlene Widerstande gehindert werden, welche sie in der einmal angenom- 1) Knight, On the direction of the Radicle and Gormen during the Vegetation of seeds; Philosoph. Transact. 1806. I. p. 99 2) W. Hofmjeister, Uebcr die durch Schwerkraft bestimmte Richt. v. Pflanzentheilen; Ber. d. math.-phys. CI. d. K. S. Gcs. d. Wiss. 1860. S. 175. :t) HOFMEISTER, I. C. S. 205. /«) Dutrochet, Momohes. LI. p. 90. r>) Dutrochet, I. c. II. p. 6. 26. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 227 menen Richtung festhalten. Sobald der Widerstand entfernt werde, oder sobald durch gesteigerte Ernahrung das Streben zur Aufwartskriimmung h'mreichend erstarkt sei, finde eine Aufwartskrtimmung wirklich statt. In seinem Handbuch l ) zeigte Hofmeister dann weiter , dass auch die heliotropischen Kriimmungen der Blattstiele mit denen der Stengel tiber- einstimmen. Die Resuitate der verschiedenen Untersuchungen iiber die Ursachen der Richtung nicht-vertikaler Sprosse zusammenfassend , spricht er, Seite 286, den Satz aus : ,,Auf dem Zusammenwirken von positivem Heliotropismus, von Belastung von der Lothlinie abweichender Sprosse durch das krummungsfahige Endstuck und von geocentrischen Kriimmungen, beruhen die mannichfachen , specifisch verschiedenen und charakteristischen Richtungen seitlicher Auszweigungen von Baumen und Strauchern." Die Ursache, durch welche die Blatter ihre Vorderseite gegen das Licht zu wenden suchen, wird von ihm als eine Art negativen Heliotropismus be- zeichnet, und darin gefunden, dass ,,eine Flache oder Kante des krum- inungsfahigen Organs von einem Gewebe gebildet ist, welches bei dem Empfange einer Beleuchtung von bestimmter Intensitat sich starker aus- dehnt, starker wachst, als alle Ubrigen Gewebe des Organs". 2 ) Auch Sachs vertrat in seinem Handbuch der Experimentalphysiologie 3 ) die Ansicht, dass die bei vertikalen und nicht-vertikalen Organen durch das Licht oder die Schwere entstehenden Kriimmungen wesentlich die namliche Ursache haben. In Bezug auf die Wirkung der Schwere zeigte er, dass bei den geotropischen Aufwartskrummungen die Unterseite starker in die Lange wachst als die Oberseite , und griindete hierauf eine neue Erklarung dieser Erscheinungen , indem er die Ansicht Hofmeister's , nach welcher eine erhohte Dehnbarkeit der Epidermis der Unterseite die Ursache der Aufwartskriimmung war, widerlegte, und die KrUmmungen als reine Wachsthumserscheinungen auffasste. Hierdurch wurde eine tiefere Einsicht in die Natur der durch die Schwere in den Pflanzen hervorgerufenen Kriim- mungen erzielt, und eine empirische Grundlage gewonnen fur die von Sachs aufgestellte Theorie iiber die Art und Weise, wie die Schwere diese Erscheinungen verursacht. Was fiir den hier behandelten Gegenstand bei seinen Untersuchungen noch nebenbei wichtig ist, ist der Umstand, dass er sowohl Blattstiele als Stengel benutzte 4 ), und dadurch auch in dieser Richtung ein ahnliches Verhalten fur die ersteren darthat. Auf ein paar Falle, auf welche Sachs die Aufmerksamkeit lenkte, sei hier noch hingewiesen. Urn den Einfluss der Ernahrung auf die Richtung der Organe zu zeigen , erinnerte er an die Thatsache, dass ein horizontal 1) Hofmeister, Handbuch dor pliysiol. Bot. Bd. I. 1. Abth. Die Lehre von d. Pflnnzenzelle S. 289. 2) Hofmeister, I. c. S. 293. 295. 3) Sachs, Handbuch der Experimentalphysiologie d. Pflanzen. S. 505—510. 4) 1. c. S. 508. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. II. \ § 228 Dr. Hugo dk Vries. oder schief wachsender Zweig nach Wegnahme des Gipfels des Haupt- stammes sich aufrichtet, und so gewissermaassen den verlorenen Gipfel durch einen neuen ersetzt, und dass dieses bei sympodialer Stammbildung sogar der natiirliche Hergang ist. ] ) Das Herabhangen vieler Bliilhen durch Kriimmung ihres Bliithenstiels , z. B. von Borrago officinalis, erklarte er durch die Annahme, dass die Blilthenstiele hinreichend weich und span- nungsfrei sind, urn unter dem Gewicht sich abwarts zu krtimmen. 2 ) Gegen diese Erklarung erhob sich Frank 3 ), der dieses Herabhangen der Bltithen, in Fallen wo kein negativer Heliotropismus die Ursache ist, als eine geotropische Abwartskriimmung darzuthun suchte. Er stellte Zweige von Clematis integrifolia , G. cylindrica, Papaver dubium und P. pilosum, an denen sich Bliithenstiele befanden, kurz vor dem Eintreten der Kriimmung 4 ) dieser Letzteren aufrecht in einen dunklen Raum und sah nach einiger Zeit, dass die Kriimmung sich auch hier vollzogen hatte, und dass die Knospen also senkrecht abwarts hingen. In einem zweiten Versuche stellte er Zweige dieser Arten und von Smilacina racemosa, nach- dem die Kriimmung schon eingetreten war, so in's Dunkle, dass sie in einem Winkel von 45° mit der Vertikale mit der Spitze abwarts standen, dass aber die Oeffnung der von den Bliithenstielen gemachten Bogen nach oben schaute. Der Erfolg war, dass diese Kriimmungen sich ausglichen, oder in die entgegengesetzte ubergefiihrt wurden, wahrend in den alteren Theilen der Pflanzen geotropische Aufwartskriimmungen slattfanden. Durch direkte Messungen iiberzeugte sich Frank, dass wahrend dieser Kriimmungen ein Wachsthum der sich kriimmenden Theile stattgefunden hatte. Aus diesen Wahrnehmungen schliesst Frank, dass die Ursache der Abwarts- kriimmung die ist, dass die Schwere auf die einzelnen Zellen der kriim- mungsfahigen Strecke so einwirkt, dass in diesen, sobald sie in eine zu der Vertikalen geneigte Stellung gerathen , die Oberseite rascher zu wachsen anfiingt als die Unterseite, und dass dadurch die Kriimmung des ganzen Organs herbeigefuhrt werde. Er rechnet also diese Erscheinungen , gleich den Wurzelkriimmungen, zu den Fallen des positiven Geotropismus. 5 ) Da nun aber die meisten iiberhiingenden Bliithenstiele, und zumal die von Frank untersuchten Arten in dem gekriimmten Theile Gewebespannung besitzen, und es bisher als ausnahmslose Regel gait, dass nur spannungs- lose Organe positiven Geotropismus besitzen konnen, kam mir eine Prttfung von Fkank's Angaben wttnschenswerth vor. Ich theile ineine beziiglichen 1) \. c. S. 106. 2) ). c. S. 93. 3) Dr. A. B. Frank, BeitrSge zur Pflanzenphysiologie is<;s. S. 53. \ I Dass Frank diese Kriimmung Nutation, und dasjenige was Jedermann mil dem Namen Nutation bezeichnet, Inclination nennl 'I. p. s. 51), ist eine durch Nichts be rechtigle Neuerung, die wold keine Onhanger linden wird 5) Frank, I. <•. 8. s<>. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 229 Versuche hier mit , weil auch icb bei meinen Untersuchungen keine Falle von positivem Geotropismus in Organen mit Gewebespannung gefunden habe , und weil durch sie Frank's Schlnssfolgerung vollstandig w iderlegt wird, und damit die von Hof.meister aufgestellte Regel ausnahmslos bleibt. Nur drei von den von Frank benutzten Arten habe ich untersuchen konnen. und zwar: Clematis integrifolia l ) , Papaver pilosum und P. dubium. Mit diesen wiederholte ich Frank's Versuche mit dem namlichen Erfolge. Zu den Versuchen mit senkrecht aufwarts gerichteten Bluthenstielen habe ich Exemplare benutzt, in denen schon eine Abwartskrtimmung eingetreten war. Daneben aber wiederholte ich die FRANK'schen Versuche mit Exem- plaren, deren Bliithenknospen ich zuvor entfernt hatte. Jetzt glichen sich die Krummungen der senkrecht gestellten Bliithenstiele aus , diejenigen der abwarts gerichteten glichen sich nicht aus, sondern wurden scharfer und die Spitze stellte sich wbmoglicfa noch genauer senkrecht. (Die alteren Theile der Bliithenstiele befestigte ich so, dass sie keine Krummungen machen konnten.) Dieses Resultat zeigt, dass die biegsamen Slellen der Bliithenstiele, wie alle anderen Organe mit Gewebespannung, negativ geo- ti opisch sind ; und dass also die Abwartskrummung Folge des Gewichtes der Bluthenknospen ist. Von einer grossen Anzahl anderer Arten (z. B. Geum rivale , G. potentilloides , Anemone pratensis , Papaver somniferum) stellte ich tiberhangende Bliithenstiele mit und ohne Endknospe (resp. Bl tithe) senkrecht m einen dunklen Raum und fand in alien Versuchen, dass diejenigen ohne Endknospe sich geotropisch aufwarts krummten. Einen noch schlagenderen Beweis fur den negativen Geotropismus der gekriimmten Theile iiberhangender Bliithenstiele lieferte mir foigender Ver- such : Von iiberhangenden Bluthenstielen von Papaver pilosum und P. du- bium wurden die Endknospen sammt dem nachsten geraden Theile des Stiels entfernt , dann der ganze untere grade Theil in eine enge Glasrbhre hineingesteckt; es blieb also nur der gekriimmte Theil frei. Jetzt wurde der so vorbereitete Stiel mit dem unteren Ende in den feuchten Sand eines dunklen feuchten Raumes horizontal hineingesteckt, und zwar so, dass auch die Krummungsebene horizontal lag. Nach Verlauf mehrerer Stunden hatte sich der gekriimmte Theil in alien Versuchsobjecten senk- recht aufwarts gekriimmt , an dem Ende des engen Glasrohrs war die Kriimmung eine sehr scharfe. Fur die abwarts gebogene Endspitze des noch beblatterten Stengels von Saxifraga longifolia , fur die tiberhangende Stengelspitze von Solidago villosa, und fur die horizontal auf der Erde kriechenden Auslaufer der Lysimachia Nummularia hat Frank 2 ) den negativen Heliotropismus als die 1) Die meisten Versuche mit dieser Art stellte ich an der eingewurzelten Pflanze im Freien an, da die Ernahrung der Bliithenstiele durch das Abschneiden zu sehr be- eintrachtigt wird, 2) Frank, 1. c. S. 49 53. 46* 230 Dr. Hugo de Vries. Ursache dieser Erscheinungen angegeben Die ttbrigeh in dieser Abhnndlung besprochenen Thatsachen und Ansichten beruhren meinen Gegenstand nicht. *) Die Bewegungen, mittelst deren die Blatter die verschiedenen Stellungen, welclie sie wahrend ihrer Entwickelung einnehmen, erreichen, wurden von Sachs 2 ) als Nutationen aufgefasst. Er beschreibt diese Bewegungen und ihre Ursachen folgendermaassen : ,,Die Knospenlage vvird durch starkeres Wachsthum der Blatthinterseite bewirkt, das spatere Auseinanderschlagen bei der Entfaltung durch starkeres Wachsthum der Oberseite , bevor das Blatt seine definitive Stellung anniminl, krummt es sich oft erst ruckwarts (Phaseolus). Bei den Farrnbldttern ist das Wachsthum der Hinterseite anfangs so uberwiegend , dass sie in der Knospenlage nach vorn spiralig eingerollt sind; dasselbe ist bei manchen Blattranken (Cucurbitaceen) der Fall, andere sind schon anfangs grade (Pisum u. a.); jene strecken sich vor Vollendung ihres Wachsthums nicht nur grade, sondern bei ihnen und alien Kanken uberwiegt schliesslich die Verlangerung auf der Oberseite so sehr, dass sie sich ruckwarts spiralig einrollen." Im vorigen Jahre verbffentlichte Frank eine Abhandlung Uber die natiirliche wagerechte Richtung von Pflanzentheilen 5 ), in der, wie ich schon anfangs kurz erwahnte, ganz andere Ansichten iiber die Ursachen der Richtung der Blatter und der nicht- vertikalen Sprosse vertreten werden, als die bis hierher auseinandergesetzten. Ohne die Thatsachen und An- sichten , welche bis dahin veroffentlicht wurden , zu widerlegen , ja mil einzelnen Ausnahmen ohne ihrer zu erwahnen, wird ein Erklarungsversuch aufgestellt, der mit ihnen im vollsten Widerspruch steht. Ehe ich dazu iibergehe die Richtigkeit der FiiANK'schen Ansicht zu prUfen, will ich kurz uber die von ihra gemachten Versuche und Beobachtungen referiren. Um eine kritische und dennoch ubersichtliche Darstellung liefern zu konncn, sei es mir gestattet, die Thatsachen in einer andern Reihenfolge, ;ils der von Frank gewahlten, zu besprechen. Zuerst werde ich die Ver- suche uber den Einfluss der Schwere und des Lichtes auf die morpho- logische Orientirung horizontaler Aeste behandeln , dann die Beobachtungen nicht-vertikaler Stengel und Blatter, und drittens die Versuche uber die 1) Wenn Frank durch die Angabc der Thatsachc, dass an ihrer Spitzc befestigte, an der Basis aber bewegliche SLengclgebilden , sich dennoch durch die Schwere nach (then concav krurnmcn konncn (I. c. S. 83. 84), meint cincn nenen Gesichtspunkt fur die Wissenschaft eroffnet zu haben (wie dieses aid' Seite 81 , und aid' Seite 84 seiner bald zu cilirenden Abhandlung Richtung von Pflanzentheilen" scheint), so nuige er die namliohen Versuche bei Honnkt (I. c. S. 72 — 74) und bei DutROCBET (I. e. II. S. 6.) nachl'esen und sich zumal die beziigliche Tilled bei Bonnet ariSehen (Tafel Will). /Vuch ist eine Bemerkung von Hofmeister (Die Lehre von der Pflanzenzelle. S. 286.) zu beachteh. 2) Sachs, Lehrbucn der B'otanik, 2. And. 1 S7t). s. 565. 8) Du. a I',. Frank, Die natiirliche wagerechte Richtung von Pflanzentheilen, und ihre VbhBngigkeil vnm Lichte und von der Gravitation, Leipzig 1S70. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 231 Fragen, wie diese sich im Dunkeln , oder nachdem sic kunstlich in un- nattirliche Lage gehracht sind, vorhalten. In diese drei Gruppen lassen sich sammtliche in Frank's Abhandlung mitgetheilten Thatsachen, soweit sic die Stengel und Blatter der Gefiisspflanzen beriicksichtigen, ohne Zwang zusammenfassen. Versuche mit einseitiger Beleuchtung, Versuche iiber den Einfluss der Belastung, Versuche mit vom Pflanzenkbrper getrcnnten morphologisch genau umschriebenen Organen hat Frank in dieser Arbeit nicht angestellt. Ueber seine Versuche im Dunkeln muss im Allgemeinen bemerkt werden, dass sie meistens so lange dauerten, dass die benutzten Pflanzentheile bei der Beobachtung des Resultates ganzlich etiolirt waren. Ueber Frank's Schlussfolgerungen lasst sich bemerken , dass er immer nur eine Kraft als ausschliesslich bcstimmend fur die Richtung der Pflanzen- theile betrachtet, und dadurch dazu gelangt ist, diesen Kraften ganz neue hypothetische Wirkungen zuzuschreiben. In vielen von seinen Beobach- tungen ist es sehr leicht, die Resultate durch das Zusammenwirken langst bekannter Ursachen (Geotropismus , positiver oder negalivcr Heliotropismus, Belastung) zu erkliiren ; zu einer vollstandigen Erkliirung braucht man nllerdings meistens noch wenigstens eine anderc Ursache, worauf ich aber erst spater nach Mittheilung meiner eigenen Untersuchungen werde eingehen konnen. In Bezug auf die anatomische Orientirung horizontaler Aeste hat Frank die wichtige Thatsache aufgefunden, dass bei den Conifercn die Ausbildung eines horizon talen Astes zu einem bilateralsymmetrischen Gebilde wahrend der Entwickelung aus dem Knospenzustand von der Schwere und vielleicht auch dem Lichte beeinflusst wird , und zwar so , dass immer die physi- kalische Oberseite, resp. die am starksten beleuchtete Seite zur anatomischen Oberseite wird. Bei den von ihm untersuchten Laubholzern findet diese Beziehung nicht statt, sondern wird die histologische Differenzirung lediglich durch die in der Knospe schon vorhandenen Verhaltnisse bestimmt. 2 ) Die Versuche, woraus er diese Folgerungen schliesst, sind der Haupt- sache nach die folgenden: Er befestigte vor dem Treiben der Knospen, Aeste kunstlich in verschiedenen Richtungen. Er erhielt dadurch Knospen deren Achse vertikal aufwarts, andere deren Achse vertikal abwarts, und noch andere deren Achse horizontal gerichtet war. Von den die Knospen mit horizontaler Achse tragenden Sprossen standen einige mit ihrer Folia- tionsebene senkrecht, andere mit dieser horizontal, wobei dann die Unter- seite nach oben schaute. Bei dem Austreiben der Coniferen-Knospen beobachtete er nun Folgendes. Die vertikalen Zweiglein richteten sich bald horizontal; ihre Krummungsebene stand aber in keiner Beziehung zu der Foliationsebene der jahrigen, sie tragenden Sprosse, die horizontalen Zweig- lein iinderten ihre Richtung nicht. Bald scheitelten sich bei alien die 1) 1. c. S. 24—27. 2) 1. c. S. 34. 232 Db. Hugo de Vries. Blatter und zwar immer auf der physikalischen Oberseite , welche dadurch auch bei der weiteren Entwickelung zur anatomischen Oberseite wurde. Dem entsprechend drehten sieh die Blatter in ihrem Basaltheile so, dass ihre morphologische Oberseite zur physikalischen wurde. 1st diese Diffe- renzirung einmal eingelreten , so kann man durch Aenderung der Richtung des neuen Zweiges keine Umwechslung der Ober- und Unterseite rnehr hervorrufen. Von der Thatsache, dass wirklich die physikalische Oberseite zur anatomischen, und nicht etwa durch Torsion die anatomische zur phy- sikalischen geworden ist, kann man sich auch an den ausgewachsenen Versuchszweigen leicht uberzeugen. Frank erhielt diese Resultate bei Taxus baccata, Pinus Picea, P. balsamea und P. canadensis. Ich habe seine Versuche mit in umgekehrler Lage hoiizontalgestellten Aesten von Taxus baccata, Picea nigra und Sequoia sempervirens wiedeiholt, und seine An- gaben genau bestatigt gefunden. Bei Tilia parvifolia und Carpinus Betulus beobachtete Frank in diesen Versuchen, dass immer die Foliationsebene der neuen Zweige durch die- jenige des jahrigen Astes bestimmt war; bei dem Austreiben der neuen Zweige erhielten diese ihren normalen Stand erst durch Kriimmungen und Achsendrehungen. In alien diesen Versuchen wurde der Einfluss des Lichtes nicht ausgeschlossen, doch beobachtete Frank, dass wenn er Aeste der genannten Coniferen in der normalen horizontalen Lage im Dunkeln treiben liess, die Scheitelung der Blatter und die Ausbildung der anato- mischen Ober- und Unterseite auch hier erfolgte. '} Ein grosser Theil von Frank's Arbeit ist der ausfuhrlichen Beschreibung einer Anzahl der in der Natur vorkommenden Falle horizontaler oder schiefer Sprosse und Blatter gewidmet. 2 ) Es wird hierin gezeigt, wie die mor- phologische Orientirung allgemein in bestimmter Beziehung zu der physi- kalischen Richtung steht, wie zumal bei den Blattern diese Beziehung otfenbar eine fttr das Pflanzenleben ntitzliche, und hauptsachlich durch die Richtung des einfallenden Lichtes bedingte ist, und wie in denjenigen Fallen , wo der Stengel oder das Blatt bei dem Hervortreten aus dem Knospenzustande nicht gleich anfangs die fiir ihn normale Richtung hat, diese durch Kriimmungen und Achsendrehungen erreicht werden. Ferner beschreibt er den Antheil, welchen die Richtung der Aeste an dem Habitus der Baume und Zweige haben, weist darauf hin, dass in vielen Fallen die der Kriimmungen und Drehungen fahigen Internodien und Blatter diese Kigenschaft nicht in ihrer ganzen Lange, sondern nur an bestimmten Stellen besitzen, und erliiutert zulelzt, wie den getheilten und den zusammen- gesetzten BliJttern durch diese Eigenschaft die Erreichung einer solchen i) 1. e. S. 27. 2> I. c. S. 5—4 7 fur die Sprosse, S. 43 — 65 fur die Blatter, die zwei in diesen letzteren Seiten mil verzeichneten Versuchsreihen werde ich sptiter erwfthnen. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 233 Stellung, dass jeder Theil der Spreite senkrecht auf das einfallende Licht steht, bedeutend erleichtert wird. Auf die einzelnen von ihm beschrie- benen Falle niiher einzugehen wurde mich zu weit fiihren. Die Versuche , welche Frank iiber die Ursachen dieser verschiedenen Richtungen angestellt hat, lassen sich bequem in zwei Grnppen zusammen- fassen, je nachdem es sich herausstellte, dass das Licht einen Einfluss auf die Richtung des untersuchten Pflanzentheils hatte, oder dass diese Rich- tung auch in der Dunkelheit angenommen wurde. Ich erwahne die Ver- suche der letzteren Gruppe zuerst. hinge, noch wachsende, horizontale Zweige von Taxus baccata , Pinus Picea, P. balsamea, P. canadensis 1 ), Tilia , Garpinus , Ulmus 2 ), Spiraea hyper icifolia 3 ) , Philadelphus colombianus 4 ), wurden in senkrecht aufwarts, und andere der namlichen Arten in senkrecht abwarts gerichtete Stellung gebracht und kilnstlich befestigt. Nach einigen Tagen hatte sich das noch wachsende Ende so gebogen, dass es horizontal stand, wobei es meistens, jedoch nicht in alien Fallen seine morphologische Oberseite gegen das Zenith kehrte. Wo die Oberseite bei der Krummung unten kam, erreichte sie durch eine Torsion des Sprosses bald wieder ihre norma le Lage. Im Dunkeln wurden die Versuche init dem namlichen Erfolg wiederholt. Frank erklart dieses Resultat dadurch, dass er annimmt, dass die Internodien die Eigenschaft besitzen, sich senkrecht auf die Richtung der Schwere zu stellen . und dabei ihre Oberseite nach oben zu richten. Das mag in einigen Fallen richtig sein , in anderen aber besitzt der Ast dieses Streben nur, so lange das Gewicht der Blatter mitwirkt. Als ich bei Ulmus cam- pestris, Picea nigra u. a. m. die Blatter eines horizontalen kraftig wach- senden Zweiges entfernte, beobachtete ich nach einigen Tagen eine Aufwarts- krummung dieser Zweige; die horizontale Richtung ist also Folge der Be- lastung, wahrscheinlich mit gewbhnlichem Geotropismus , und vielleicht auch mit anderen Eigenschaften der untersuchten Organe combinirt. Ferner befestigte Frank wachsende horizontale Zweige der genannten Arten , und von Corylus 5 ) , Lonicera Xylosteum , und L. diversifolia 6 ) in horizontaler aber umgekehrter Lage; die Folge war, dass sie durch Tor- sionen wieder in ihren ursprunglichen Stand geriethen , wobei die schon von Natur tordirten Zweige die neue Torsion in der Richtung der schon vorhandenen ausfiihrten. Bei mehreren dieser Arten stellte er auch Zweige horizontal so auf, dass ihre Medianebene horizontal stand; auch diese er- reichten ihre naturliche Stellung durch Torsionen , und zwar wurde dabei immer der ktlrzeste Weg eingeschlagen. Auch im Dunkeln wurden alle diese Versuche mit dem namlichen Resultate wiederholt. Frank nimmt auch hier eine Eigenschaft der Internodien an , sich senkrecht auf die 1) 1. c. S. 22 — 30. 2) 1. c. S. 30 — 37. 3) 1. c. S. 37. 4) 1. c. S. 38. 5) 1. c. S. 35. 6) I. c. S. 39. 234 Dk. Hugo de Vries. Richtung der Schwere, unci zwar mit der morphologischen Oberseite nach oben, zu stellen. Da aber die Blatter in diescn Versuehen nicht cntfernt wurden, da nicht genau angegeben wurde, ob nicht auch geringe Krurn- mungen hierbei auftraten , und da , wie ich im Laufe dieser Abhandlung zcigen werde, eine auf verschiederien Seiten ungleiche Belastung in vielen Fallen die alleinige Ursache beobachteter Torsionen ist, so lehren alle diese Versuche Nichts iiber die Frage, ob die Ursache der Torsion in dem sich tordirenden Theile, oder ob sie ausserhalb desselben gesucht werden muss. Sie sind also nicht im Stande die von Frank aufgestellte Hypolhese auch nur wahrscheinlich zu machen. In alien diesen Versuehen verhielten sich diejenigen Blatter 1 ), welche nicht durch Kriimmung oder Drehung der Zweige in ihre normale Lage zuruckgefiihrt wurden, genau ebenso, sie erreichten, insofern ihr Wachs- thumsstadium dieses gestattete, ihre normale Stellung entweder durch Kriimmungen oder durch Achsendrehungen , dabei immer den kiirzesten Weg folgend. Da nun auch in diesem Falle, wie ich zeigen werde, das Gewicht der Spreite im Stande ist, je nach der Lage, Kriimmungen und Torsionen herbeizufiihren , konnen auch in dieser Ilinsicht die Versuche nicht als iiber die Eigenschaften einzelner Theile entscheidend betrachtet werden. Noch in einem Versuche 2 ) meint Frank den Nachweis geliefert zu haben, dass Sprosse sich senkrecht auf die Richtung der Schwere zu stellen suchen. Der Versuch bezieht sich auf die Auslaufer der Erdbeeren, und zwar benutzte Frank die Fragaria lucida. Er fand, dass kiinstlich vertikal aufwarts oder abwarts gerichtete Auslaufer dieser Art sich sowohl im Lichte als im Finstern wieder horizontal stellen; dass aber die in nor- maler Lage verdunkelten ihre Richtung nicht andern , oder dass , wenn auch kleine Abweichungen eintraten, diese doch spatcrhin wieder aus- geglichen wurden. Die Versuche mit den vertikal aufwarts gestellten Aus- laufern lassen die Vermuthung zu, dass das Gewicht der Spitze einen Einlluss hatte, da die Kriimmungen nur eintraten, nachdem die Stengel um ein Betrachtliches in die Llinge gewachsen waren ; die Beschreibung der ubrigen Versuche ist nicht genau genug um irgend welche Kritik zu gestagen. Ich habe es daher versucht, iiber die Eigenschaften der Aus- laufer der Erdbecrc durch neue Versuche in's Klare zu kommen. Ich stellte zahlreiche, meist 15 Cm. lange, kraftig wachsende Aus- lii ulorspitzen von vcrschiedenen Arten , an denen ich die Endknospc und etwaige Blatter entfernt hatte, horizontal in normaler oder umgekehrlcr Lage in einen dunklcn feuchten Raum : nach 24 Stundcn hatten sich alle 1) l. c. S. r,o— 65. 2) 1. c. S. 20; den Versuch mil Dculzin S. 15 und 40, werde ich ersl spider besprechen. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 235 deutlich aufwarts gekriimmt, sie waren also negativ geotropisch. Fiir die Versuche iiber den Einfluss des Lichies benutzte ich in Topfen wachsende Evemplare der F. canadensis, da mir die F. lucida nicht zur Verfiigung stand. Mehrere Auslaufer dieser Exemplare befestigte ich in vertikaler Stellung, so dass die c. 15 Cm. lange Spiize frei und beweglich blieb. Da diese Spitzen nicht alle ganz gerade waren, stellte ich die Pflanzen in's Dunkle , wo sie bald vollig grade und senkrecht wurden. Jetzt stellte ich die Topfe unter einem Recipienten von schwarzem Pappdeckel, dessen eine vertikale Seite durch eine Glasscheibe gebildet war, vor dem Siid- fenster, so dass die Spitzen direktes Sonncnlicht erhielten. Einige stellte ich mit ihrer morphologischen Oberseile, andere mit ihrer Unterseite gegen das Licht. Nach 4 — 5 Stundcn hatten sich alle Auslauferspitzen convex iie^en das Licht gebogcn. Als ich jetzt den ganzen Apparat wieder ver- dunkelte, stellten sich die Spitzen wieder senkrecht. Ich wiederholte diese Versuche mehrere Tage hindurch. Erst als die Spitzen zu lang geworden waren, um durch den Geotropismus ihres unteren, nicht mehr kraftig wachsenden Theiles gehoben zu werden, wurdc die Kriimmung in diesem Theile eine bleibende. Ini direkten Sonnenlichte sind diese Auslaufer also negativ heliotropisch. Bei sehr diffusem Tageslicht haben sie, wie spater gezeigt werden wird, keine heliotropische Eigenschaften. Die horizontale Stellung im Freien kann also als die Lage betrachtet werden, in der Geo- tropismus und Heliotropismus einander Gleichgewicht machen. Dem ent- sprechend sieht man an triiben Tagen im Freien nicht seltcn die wenig belasteten Spitzen dieser Auslaufer sich etwas aufwiirts krummen. Die Nutationen , welche man vielfach an den iiusscrsten , 1 - 2 Cm. iangen Streeken der Spitzen bcobachtct, bleibcn hier selbstvcrstiindlich ausser Betracht; Einen Einfluss des Lichtes auf die Richtung nicht-vcrtikaler Pflanzen- theile beobachtete Frank in folgenden Versuchen : Die horizontalen Stengel von Polygonum aviculare , Atriplex latifolia, und Panicum Crus Galli l ) krummten sich senkrecht aufwarts , nachdem sie in vollige Finsterniss versetzt worden waren; dagegen stellten sich vertikal aufwarts oder vertikal abwarts gebundene Zweige der ersteren Art im Lichte alsbald wieder horizontal. Frank schliesst aus ersteren Ver- suchen richtig, dass die genannten Sprosse negativ geotropisch sind, erklart abor den zweiten Versuch, indem er annimmt, dass die Stengel die Eigen- schaft haben, sich senkrecht auf das einfallende Licht zu stellen. Viel einfacher ist aber die gleich zulassige Annahme, dass sie negativ heliotro- pisch sind, und dass Geotropismus und Heliotropismus einander bei der wagerechten Stellung Gleichgewicht machen. Einen Versuch. um iiber die Zulassigkeit der einen oder der andern Annahme zu entscheiden , hat Frank nicht gemacht. i) 1. c. S. 18—20. 236 Dr. Hugo de Vries. Bei Convallaria latifolia und C. multiflora *) beobachteto Frank, dass die Sprosse, welche im Licht ihre Spitzen wagerecht stellen, bei der Ent- wickelung in vblliger Finsterniss senkrecht bleiben, und dass sogar bei der ersteren Art die am Liehte schon gekriimmten Sprosse sich in der Finsterniss wieder erheben. Statt der einfachen Erklarung, dass die horizontals Stellung hier Folge des Zusammenwirkens von Geotropismus und negativeni Heliotropismus ist, wahlt Frank auch hier, ohne den entscheidenden Grund anzugeben , die Annahme, dass die Stengel die Eigenschaft besitzen , sich senkrecht auf das einfallende Licht zu stellen. Ueber den Einfluss des Lichtes auf die Richtung der Blatter stellte Frank folgende Versuche an. 2 ) In Tbpfcn stehende Stocke von Lappa minor, Rumex conglomeratus, Capsella Bursa pastoris, Plantago major, 1'. lanceolata, Primula elatior, Cirsium sp. und Ranunculus Ficaria , welche alle noch in der Bildung ihrer Wurzelblatter begriffen vvaren , wurden in natiirlicher Stellung in einen vollig dunklen Raum gestellt. Alle noch v\ achsenden , und alio neu sich entwickelnden Theile stellten sich dabei vertikal , woraus Fhank schliesst, dass ihre natiirliche von der Lothlinie abweichende Stellung nur eine Wirkung des Lichtes ist. Da aber die senkrecht entwickelten Blatter vollig etiolirt waren, somit ihre Ernahrung eine unvollstandige und das Wachsthum zumal ihrer Spreiten ein ganz anderes war als dasjenige der namlichen Theile im grtinen Zustand, so kann man auch diesem Versuch keine Beweiskraft zusprechen fur die Be- hauptung, dass die Spreiten der untersuchten Blatter nur durch die direkte Lichtwirkung ihre normale Stellung erhalten. 3 ) Mit Allium ursinum , in dessen Blatlern die morphologische Unterseite bekanntlich im Laufe der Entwickelung zur Lichtseite wird, stellte Frank ganz ahnliche Versuche an. 4 ) In diesen tordirten sich die Blattstiele wie gewohnlich, aber starker als am Liehte, die Spreite kriimmte sich abwarts, wobei aber ofter die Lichtseite unten kam , woraus Frank schliesst, dass hier auch das Licht einen Einfluss auf die normalen Krummungen ausubt. Ich ubergehe das Capitel ilber die Marchantiaceen und Jungermannia- ceen, und wende mich jetzt zu dem letzten Capitel, dem Frank die Ueber- schrift ,,Allgemeine Gesetze" gegeben hat. Zuniichst fasst er hier das Resultat aller seiner im Vorhergehenden mitgetheilten Beobachtungen und Versuche dahin zusammen, dass das Ziel der beobachteten Bewegungen ,,diejenige Stellung ist, in welcher die Linie 1) I. c. S. 21. 2) 1. c. S. 46. 3) Beobachtet man in der freion Natur die Richtung der jun^slen Wurzelblatter dieser Arten, auch naeh ihrer vdlligen Entwickelung, so wird man leichl erkennen, da68 die auf das einfallende Licht senkrechte Richtung der Spreite, welche Frank ihnen zuschreibt, sich bei viclen nur in sehr unvollkommener Wcise vortindet. 4) 1. c. S. 46. Leber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 237 oder Ebene des Wachsthums rechtwinklig steht zu der Richtung, in welcher die Gravitation wirkt oder die Lichtstrahlen gehen, wobei, wenn zweierlei morphologisch verschiedene Kanten oder Seiten an den Organen sich finden, immer eine bestimmte der Quelle jener Kral'te zugekehrt wird." l ) Ueber die Ursache dieser Bewegungen habe ich scbon im Vorhergehenden beinerkt, dass Frank annimmt: I) dass jedesmal nur eine aussere Kraft ausschliesslich die zu erreichende Richtung bestimmt, und 2) dass tiberall diese aussere Kraft direkt aut' den sich kriimmenden oder tordirenden Theil einwirkt. Zwar hat Frank diese beiden Annahmen nicht ausdrucklich hervorgehoben, noch ihre Richtigkeit experimentell gepruft; aus alien seinen Schlussfolgerungen geht aber deutlich hervor, dass er sie als richtig, man niochte sogar meinen, als selbstverstiindlich voraussetzt. Indem nach diesen Yoiaussetzungen jedes einzelne Theilchen, welches dieser Bewegungen fahig ist, eine morphologisch in ihm bestimmte Ebene, welche immer die Langsachse des Organs in sich enthalt, senkrecht auf die Richtung des Lichtes und der Schwere zu stellen sucht, das Organ sich immer transversal auf die Richtung des Lichtes oder der Schwere stellt, schlagt Frank vor, der Ursache dieser Bewegungen den Namen Transversal-Heliotropismus, resp. Transversal-Geotropismus zu geben. Die erste der beiden Annahmen ist eine enlscbieden willkiihrliche und logisch unbegriindete. Wenn ein Pflanzentheil , wie z. B. die Stengel von Polygonum aviculare , Convallaria latifolia u. a., sowohl fur die Wirkung des Lichtes, als fur diejenige der Schwere empfindlich ist, und man weiss, dass er sich unter dem Einfluss des Letzteren senkrecht zu stellen sucht, daran aber durch das Licht gehindert wird, so ist unter alien Bedingungen seine wirkliche Richtung (abgesehen von anderen mitwirkenden Kraften) die Folge des Zusammenvvirkens beider Krafte , und diese Richtung kann nur dann mit derjenigen Richtung zusammenfallen , welche er unter dem alleinigen Einfluss des Lichtes haben wurde, wenn dieser Einfluss im Ver- gleich zu dem der Schwere unendlich gross ist. Zu dieser Annahme be- steht aber nicht der geringste Grund, und viele Beobachtungen wider- sprechen ihr auf das Entschiedenste. Dass die von Frank angefiihrten Thatsachen diese Annahme nicht beweisen , habe ich bei der Erorterung dieser erwahnt. Ueber die Richtigkeit der zweiten Annahme kbnnen selbstverstandlich nur solche Versuche entscheiden, bei denen jede Belastung des untersuchten Theils entlernt worden ist, da bekanntlich durch kunstliche Belastung im Allgemeinen leicht Krummungen, und durch auf verschiedenen Seiten un- gleiche Belastung Torsionen herbeigefuhrt werden konnen, welche durch das Wachsthum bleibend werden. Solche Versuche nun hat Frank nicht gemachl. Naheres uber den Einfluss der Belastung werde ich im Laufe 1) 1. C. S. 72. 238 Ok. Hugo de Vries. meiner Abhandlung mitthcilen; es wird sich da zeigen, wie dieses schon bei dem angefuhrten Versuche mit Ulmus und Picea der Fall war, dass audi die naliirliche Belastung eincn wichtigen Einfluss auf die Richtung und auf die Bewcgungen der Pflanzenihcile haben kann. Da mit ich spa ter nicht hierauf zuriickzukommen noting habe, erwahnc ich hier, dass zumal meine Unlersuchungcn iiber die Ursache der Torsionen die Unrichtigkeit der zweiten Annahme beweisen. Naehdem also beide Annahmen fur keinen Fall bewiesen, fiir viele Falle aber entschieden unrichtig sind, wird der Schluss erlaubt sein, dass fiir die Aufstellung der Hypothese, dass die horizonlalen Pflanzentheile cine Eigenschaft besitzen, die man mit dem Namen Transversal-Heliotropismus, resp. Transversal-Geotropismus belegen konntc, kein Grund vorhanden ist. Auch aus rein logischen Griinden ist, wie es mir scheint, jene Hypo- these unhaltbar. Denn es giebt im Pflanzenreiche nicht nur vertikale und horizontale Organe , sondern auch jede andere Richtung hat ihre Vertreter. Wenn nun Frank annimmt, dass horizontale Pflanzentheile die Eigenschaft haben, sich senkrecht auf die Richtung des Lichtes oder der Schwere zu stellen , und zwar durch eine direkte Einwirkung dieser Krafte auf ihre kleinsten Theilchen, so muss er auch annehmen, dass schiefe Pflanzentheile ebenso die Eigenschaft haben sich schief zu diesen Richtungen zu stellen, und zwar nach bestimmten Winkeln. Es wurde also z. B. auch 45° -He- liotropismus oder -Geotropismus u. s. w. geben, ja sogar mtisste man fiir einige Pflanzentheile — 45° -Heliotropismus u. s. w. annehmen, und der Transversal-Heliotropismus ware nur einer von den vielen moglichen Fallen, und zwar der 90° -Heliotropismus. Ebenso fiir den Geotropismus. Aus dieser Betrachtung ersieht man, dass die Frank'scIic Ansicht kaum den Namen eines wissenschaftlichen Erklarungsversuchs verdient. Nach der Aufstellung seiner Hypothese versucht Frank es, die moglichen Bewegungen aller ,,transversal-heliotropischen und trans versal-geotropischen" Pflanzentheile in allgemcinen Satzen auszudrucken. Indem er die auf die Richtung des Lichtes , resp. der Schwere in normalem Zustande senkrechte Ebene der bctrachteten Organe Transversal-Ebene nennt, stellt er folgende Satze auf. l ) 1) ,,Steht die Transversalebene vertikal, resp. in der Richtung inten- sivstcr Belcuchtung so, dass die Basis dem Zenith, resp. der Lichtquelle zugckehrt ist, so beschreibt das Organ eine Krummung von 90°, bei welcher die Vorderscitc concav wird. %) Steht die Transversalebene in der namlichen Richtung , aber so, dass die Spitzc dem Zenith, resp. der Lichtquelle zugckehrt ist, so nimmt das Organ cbenfalls cine Krummung von 90° vor, bei welcher aber die Vorderscitc convex wird. 1. C. S. 78. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 239 3) Steht die Trans versa lebene so, dass dem Zenith, resp. des Quelle intensivsten Liehtes weder die Basis noch die Spitze, sondern eine Seite zugewendet ist, wobei also die Longitudinale des Organes rechtwinklig liegt zur Vertikale, resp. zur Richtung starkster Beleuchtung, so erfolgt eine Achsendrehung um 90° und zwar rechtsum wenn die rechte, linksum wenn die linke Seite dem Zenith, resp. der Lichtquelle zugekehrt war. i) Liegt endlich die Longitudinale des Organes abermals rechtwinklig zur Vertikale, resp. zur Richtung starkster Beleuchtung, aber so, dass die - Transversalebene horizontal, resp. rechtwinklig zur Richtung der Beleuchtung steht, jedoch die Hinterseite dem Zenith resp. der Lichtquelle zukehrt, so wird entweder eine Krummung von 1 80° beschrieben , wobei die Vorder- seite convex wird, oder es erfolgt eine Drehung des Organes um seine Achse im Betrage von 180°. In diesen vier Formen geschehen die Bewegungen aller der verschie- denen transversalheliotropischen und -geotropischen Pflanzentheile, von denen in der vorliegenden Arbeit die Rede gewesen ist, wie der Leser leicht selbst finden wird, wenn er dieselbe mit diesen Gesetzen vergleicht. ' l Ueber diese ,,Gesetze > j > 8 — 6 —14 9 — 6 1.5 1.5 > > > j Stachys lanata Saxifraga cordifolia Scrophularia nodosa Tilia grandifolia III. Reihe. Keine epinastische Differenz. Menyanthestrifoliata 1 — — 5.5 5.5 | 2.0 1.5 —0.5 1 Ganze Blattstiele. In den, in die erste Reihe zusammengebrachten Versuchen batten sich alle Exemplare aufwarts gekriimmt; diese Krummung war immer starker wenn die Oberseite unten lag, als im umgekehrten Fall. In den Versuchen der zweiten Reihe haben die norma len Exemplare sich entweder gar nicht, oder abwarts gekriimmt ; die inversen kriimmten sich aufwarts ; ihre KrUm- mung war aber bei jeder Species starker als die der abwarts gekriimmten Exemplare der namlichen Art. In dem Versuche der dritten Reihe kriimmte sich das normale Exemplar eben so stark aufwarts als das inverse. Sieht man einstweilen von diesem letzten Versuche ab, so ist die ein- fachste Erklarung der gefundenen Thatsachen, die Annahme dass 1) die Blattstiele und Blattrippen negativ geotropisch sind, 2) in den Blattstielen und Blattrippen die morphologische Oberseite eine starkere Wachsthumsfahigkeit besitzt als die Unterseite. 1) Die Spannung war meist nur noch in den Spitzen , welche nicht mit zu dem Versuche benutzt wurden, sichtbar. 252 Dr. Hugo de Vries. Der zweiten Annahme zufolge muss also das Gewebe der Oberseite unter vollig gleichen Umstanden, also wenn alle ausseren Umstande allseitig gleichmassig einwirken, starker in die Lange wachsen , als das der Unter- seite, eben so wie in vertikalen Stengeln das Mark rascher wachst als die Rinde. Schimper l ) nannte horizontale oder schiefe Pflanzenorgane, deren Ober- seite starker in die Dicke wachst als ihre Unterseite : Epinastische , und man kann die Bedeutung dieses Wortes meiner Ansicht nach auf .solehe Organe ausdehnen , deren Oberseite starker in die Lange wachst als ihre Unterseite. Ich will deshalb im Folgenden , die zweite , vorlaufig noch unerwiesene Eigenschaft der Blatter Epinastie , etwaige nur durch diese veranlasste Kriimmungen epinastische Kriimmungen , und den Unterschied der Wachsthumsfahigkeit beider Seiten die epinastische Differenz nennen. 2 ) Wo in den in der Tabelle ve'rzeichneten Versuchen die Oberseite unten lag, bewirkten diesen beiden Annahmen nach, der Geotropismus und die Epinastie jede fiir sich eine Aufwartskrummung , und ihre Wirkung sum- mirte sich also ; wo die Oberseite oben lag wirkten diese beiden Ursachen einander entgegen, da die zweite eine Abwartskrummung hervorzurufen suchte. Dementsprechend haben sich alle inversen Exemplare aufwarts gekrtimmt; bei den normalen wurde das Entstehen und die Richtung der entstehenden Krummung durch das Verhaltniss beider Ursachen bestimmt. Wo der Geotropismus starker vvirkte als die Epinastie musste eine Auf- wartskriimmung eintreten , die aber geringer war als jene der inversen Exemplare; hierher gehoren also die Versuche der ersten Reihe der Ta- befle. Wo der Geotropismus .der epinastischen Differenz gleich war fand gar keine Krummung statt, und wo cfer Geotropismus kleiner war als diese Differenz, musste eins Abwartskrummung erfolgen, wie dieses auch in den Versuchen der zweiten Reihe ersichtlich ist. Einige Arten (Sambucus, Levistium, Scrophularia) sind sowohl in der ersten Reihe als in der zweiten verzeichnet. Dieses deutet darauf hin, dass das Verhaltniss zwischen Geotropismus und epinastischer Differenz nicht ein fiir jede Art bestimmtes, sondern von anderen Umstanden (zumal vom Alter) abhangendes^ist. Rei dem Versuche mit Menyanthes (III. Reihe) war offenbar keine Epi- nastie vorhanden. Die RIattstiele dieser Pflanze sind aber, morphologisch betrachtet, keine bilateralen Gebilde ; wenn die Scheide und der An- 1 Arntl. Bcricht. Naturtorschervers. in Gottingen 1 854. S. s7 ; citirt bei Hof- MEISTER, Allg. Morphol. d. Gewiichse. S. 604. 2; Wenn die epinastischen, und die spater zu erwahnenden hyponastischen Kriim- mungen, die ihnen entgegenwirkenden Kriimmungsursachen iiberwinden , so entstehen in der freien Natur die Nutationen der Blatter; statt vieler Beispiele sei nur das eine der Farrnkrauter genannt, bei denen die Einrollung der Blatter durch Hyponastie, die sptttere Entrollung durch Epinastie verursachl wird. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 253 heftungspunkt der Blattchen entferrit sind, kann man an ihnen ausserlich die Oberseite nieht mehr von der Unterseite unterscheiden. Die iibrigen untersuchten PflanzentheiJe sind alle mehr oder weniger ausgepragt bilateral- symmetrisch ; es gilt also die zweite Annahme nur fiir die bilateral-sym- metrischen Blattstiele und Blattrippen. Es ist nun nicht schwer den Beweis zu liefern, dass die beiden bis jetzt nur zur Erklarung aufgestellten Hypothesen wahr sind. Man braucht dazu einfach die beiden krummenden Ursachen auf eine andere Art zu combiniren. Dieses erreicht man z. B. dadurch , dass man die Blattstiele und Rippen horizontal auf die Seite legt, so dass also beim Anfang des Versuehs ihre Medianebene horizontal liegt. Unter diesen Umstanden wird der Geotropismus eine Aufwartskriimmung in vertikaler Ebene hervorzu- rufen suchen, die Epinastie aber eine Kriimmung in horizontaler Ebene. Die Resultirende wird eine Kriimmung in schiefer Ebene sein, bei welcher die eonvexe Seite von der Grenzlinie zwischen der morphologischen Ober- seite und derjenigen Seite , welche beim Anfang des Versuehs nach unten schaute, gebildet vverden wird. Der Winkel. den die schiefe Ebene mit der Vertikalen macht, wird durch die relative Intensitat beider componirenden Ursachen bestimmt. Die Resultate der von mir hieriiber angestellten Versuche entsprechen diesen Forderungen auf das Genaueste, wie die folgende Tabelle zeigt. In dieser enthalt die dritte Spalte den Winkel, den die Krummungsebene am Ende des Versuehs mit der Vertikale bildet. Je kleiner dieser Winkel , je grosser die Intensitat des Geotropismus im Verhaltniss zu der epinastischen Differenz. Die fiinfte Spalte enthalt die Radien der KrUmmungen, welche die Versuchsobjecte am Ende des Versuehs in der Krummungsebene be- sassen; es sind also in der Tabelle keineswegs die geotropischen KrUm- mungen, von den epinastischen getrennt, wie dieses etwa durch Projektion auf eine horizontale und auf eine vertikale Ebene hatte geschehen konnen. Die Zahlen werden jedoch gentlgen den ausgesprochenen Satz zu beweisen. Die sechste Spalte enthalt das absolute Wachsthum der krummungsfahigen Stelle wahrend des Versuehs, in Millimetern. Ich habe fiir jede Art eine Reihe von Versuchen gemacht, fiihre hier aber immer nur einen an. Die Versuche sind, mit Ausnahme der oben angegebenen Punkte, genau nach der in der vorigen Abtheilung beschriebenen Methode angestellt. 254 Dr. Hugo de Vries. 03 CJ ac a der jngs- itder ale. Kriimmungs- radien in Cm. hum c/T Arten. otallan rgans, i 3 s s _ ah us. II E Wink jene Veil be ini nfan am Ende. CJ - iihre ersu Ho < Nahere Beschreibung des gekrummtei) Theils. Blattstiele. Petasites alba - 12 100 — 10 3.0 Cimicifuga racemosa 10 450 — 5 5.0 Macleya cordata 5 900 9 1.5 Spiraea sorbifolia 8.5 700 4 3.5 Rubus ldaeus 5 800 8 1 .5 Clematis recta 7 450 7 1.5 Cystopteris alpina 35 450 5 2.0 B. Blat mittelr ippen. Verbascum thapsiforme 20 200 13 3.0 Corylus Avellana 6 900 6 Ulmus campestris 5 900 5 Scrophularia nodosa 9.0 900 12 0.5 Inula Helenium 18 200 4 3.0 Inula bifrons 13.5 450 16 2.5 Ganz. Untere zvvei Drittel. Ganz. Ganzerallg.Blattstiel 4 Cm. des gradenTh. der Spitze. Ganz. ohnedieSpitze. Untere Halfte. Zweites Viertel von oben. Untere drei Viertel. Noch auf eine andere Art kann man die geotropischen Kriimmungen mit den durch die Epinastie entstehenden combiniren, und also einen neuen Beweis fiir die Richtigkeit der beiden Satze , oder wenigstens fiir die des zweiten liefern. Stellt man die Blattstiele und Blattrippen namlich vertikal in den Zinkkasten, so wird die Epinastie eine Kriimmung in vertikaler Ebene bewirken, bei welcher die morphologische Oberseite an der convexen Seite liegt. Der Geotropismus wird dahin streben, diese Kriimmung zu ver- hindern, und die bereits eingetretene wieder aufzuheben oder zu ver- ringern. Die hiertiber angestellten Versuehe zeigten genau die erwarteten Krummungen; ich fUhre sie nicht besonders auf, weil man in den Ver- suchen ilber den Heliotropismus Beispiele in Menge hierzu finden wird. Meiner Ansicht nach konnen also die beiden anfangs gemachten An- nahmen als empirisch bewiesene Regel angenommen werden. Sie gelten zunachst nur fUr die untersuchten Arten, doch hatte ich im Laufe meiner Untersuchungen vielfach Gelegenheit sie fiir andere Arten bestatigt zu sehen, und niemals fand ich eine wirkiiche Ausnahme, wonach ihre Allgemeinheit sehr wahrscheinlich ist; wenigstens, was die zweite Regel betrifft fiir Blatt- stiele und fiir diejenigen Blattrippen, welche bei dem Isoliren aus dem Mesophyll ihre Unterseite concav krUmmen. Auf das Verhaltniss der Blatter, bei denen dieses nicht der Fall ist, komme ich noch weiter unten zuriick. Es ist vielleicht nicht ohne Interesse darauf hinzuweisen, dass diese beiden Eigenschaften von der normalen Richtung der Organe an der Pflanze unal)hlingig sind ; in der Seite 250 mitgetheilten Tabelle sind sowohl solche Or^nne onthalten, welche senkrecht, als andere welche schief odor sognr Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 255 wagetecht gewachsen waren. Zumal die geotropische Aufwartskriirnmung der letzteren, in dem Falle wo die Oberseite oben liegt (z. B. Ulmus) ver- dient besondere Beachtung; bei der Besprechung des Einflusses der Be- lastung werde ich noch mehrere Beispiele hiervon zu verzeichnen haben. Alle diese Versuche und Folgerungen beziehen sich, wie gleich anfangs hervorgehoben wtirde, auf ein bestimmtes Alter, namlich auf das letzte Wachsthumsstadium. Es erilbrigt also zu untersuchen, welchen Einfluss das Alter auf diese Erscheinungen hat. Urn diese Frage zu beantworten kann man sowohl die in der ersten als die in der zweiten Tabelle befolgte Methode benutzen. Ich habe rait einigen Arten nach beiden Methoden Versuchsreihen angestellt, und theile die Kesultate in der folgenden Tabelle mit. Die Einrichtung der ersten Halfte der Tabelle ist derjenigen der Seite 250 mitgetheilten gleich, die der zweiten stimmt mit der Seite 254 mitgetheilten uberein. In der ersten Halfte enthalten danach die Specialspalten A die Zahlen, welche die Kriim- mungsradien und das Wachsthum der normalen Exemplare angeben, die Spalten B die gleichen Zahlen fur die inversen Exemplare. Die Zahlen der ersten Spalte enthalten in beiden Halften die Langen der ganzen Organe vor Anfang der Vorbereitung fiir den Versuch ; sie erlauben ein Urtheil tiber das relative Alter der verschiedenen Versuchsobjecte. In der zweiten Halfte der Tabelle sind die untersuchten Blattrippen und Blattstiele fiir jede Art einem vertikalen) Aste entnommen ; in der ersten Halfte wurden fiir die Versuche mit Rumex und Inula zwei gleiche vertikale Aeste ausgewahlt, deren einzelne Blatter zu je zwei so genau als mbglich mit einander tiber- einstimmten. Aus den ganzen Versuchsreihen werden, wie immer, nur diejenigen Paare aufgefiihrt, in denen das Wachsthum , wahrend des Ver- suchs eine geniigende Uebereinstimmung zeigte. Wo in der zweiten Halfte der Tabelle die Unterseite die convexe war, ist diess dadurch angegeben, dass der Winkel der Kriimmungsebene mit der Vertikale als negativ verzeichnet wurde. Arten. SC — I § Kriimmun beim Anfang. gsradien in Cm. am Ende. Wachsthum wahrend des Versuchs, in Cm. Nahere Be- schreibung des ge- kriimmten Theils. A 6 B Diff. B Diff. Rumex Patientia 28 24 12 12 2.5 2.5 Untere Halfte der 20 17 7 10 3.0 2.5 — 0.5 Blattrippe. Untere Halfte der 16 7 5 2 2.5 2.0 — 0.5 Blattrippe. Unteres Drittel der 12 • 7 3.0 2.0 —1.0 Blattrippe. Unteres Drittel der Inula bifrons 20 20 10 10 2.0 1.0 — 0.0 Blattrippe. Untere Halfte der 12 13 8 5 1.0 1.5 0.5 Blattrippe. Untere Halfte der Rlathrirme. 256 Dr. Hugo de Vries. Arten. Totallanged. Organs, inCm. Kriimmun beim Anfang. gsradieninCm. am Ende. Wachsthum wahrend des Versuchs, in Cm. Nahere Be- schreibung des ge- kriimmten Theils. * A B A B Diff. A B Diff. Inula bifrons 5 — — 6 — 1.0 1.5 0.5 Untere Halfte der Blattrippe. 3,5 10 0.5 0.5 Untere Halfte der Blattrippe. Menyanthes trifoliata 12 5 8 2.0 2.5 0.5 Obere Halfte des Blattstiels. 9 4 4 2.0 2.5 0.5 r ^ Caw rJpr \fittp 7 5 5 2.5 2.5 3.5 ,, 5 5 5 2.0 2.0 3 ,, 2.5 12 12 1.0 0.5 -0.5 Ganz. Arten. a> C i2 '3 o E- Winkel der Kriimmungs- ebene mi t der Vertikale. Kriimr radien i- Sfi c c i=S — c ) > » > j Althaea officinalis Q o 7 2.5 2.5 > > > > i > Bryonia alba 4.5 -1 .5 1 — 0.5 2.0 2.5 0.5 ?' " " Macleya cordata 1 —8 4.5 —3.5 3.5 3.0 — 0.5 Sonchus palustris 20 8 3.0 3.5 0.5 Mittleres Drittel. Dipsacus fullonum 17 —10 8 —2 2.5 2.5 Polygonum cuspi- H c\ \ 11 tii 6 —2 2 3.5 4.0 0.5 Unteres Drittel. Scolopendrium offi- 5 Ctm. lange Strecke cinarum 12 — 6 3.5 —2.5 4.0 4.0 des oberen Theils. E Blattrippen ohne Spannung durch die Spreite. Sedum purpurascens I 4 | 3 1.5 liS Untere Halfte. Aus diesen Yersuchen geht hervor, 1) dass in vielen Fallen kein Ein- fluss des Heliotropismus zu bemerken war, 2) dass in den iibrigen Fallen der Heliotropismus immer ein positiver war, und 3) dass er in keinem Falle die Epinastie iiberwand. Das letztere ersieht man daraus, dass die Exemplare deren Oberseile dem Lichte zugekehrt war, niemals am Ende des Versuchs mit positiver Krummung verzeichnet worden sind, nur waren in einigen Fallen beide Krafte mit einander im Gleichgewicht , und blieb der Blattstiel oder die Rippe grade. Urn auch in diesem Falle den direkten Beweis ftir die Richtigkeit meiner Deutung der beobachteten Krummungen zu liefern , habe ich eine Reihe von Yersuchen angestellt, in denen eine Seitenkante das starkste Licht empfing. deren Einrichtung aber sonst genau die der vorigen Ver- suchsreihe war. Es krummten sich in diesen Yersuchen die Blattstiele und Blattrippen mit der Hinterseite concav, bogen sich dabei aber dem Lichte zu. Auch hier war die epinastische Krummung starker, meist sogar betrachtlich starker als die positiv heliotropische (z. B. Allgemeine Blatt- stiele von Rhus typhina , Aelanthus glandulosa , Spiraea sorbifolia ; Mittel- rippen von Physalis Alkekengi, Rubus odoratus). • Ueber den Einfluss des direkten Sonnenlichtes auf diese Erscheinungen habe ich nur wenige Untersuchungen gemacht, in denen das Sonnenlicht mittelst eines Spiegels in horizontaler Richtung auf die Pflanzen fiel. Einige Yersuche wurden mit dem namlichen Apparate ausgefuhrt, mit dem die im Vorhergehenden beschriebenen gemacht waren, andere mit Organen, welche , ohne von der Pflanze getrennt zu werden, in vertikaler Stellung aufgestellt wui'den. Es ergab sich, dass auch hier der Heliotropismus nicht im Stande war die Epinastie zu uberwinden. So z. B. mit all— gemeinen Blattstielen von Phaca alpina, und Rubus Idaeus (im Apparate) ; 18* 262 Dk. Hugo de Yries. mil Blattstielen von Cucurbita Pepo unci Mittelrippen von Helianthus annuus ohne Trennung von tier Pflanze). Die namliche Differenzirung-der krummungsfahigen Stelle wie bei dem Geotropismus , findet selbstverstandlich auch ftlr den Heliotropismus statt. Auch hier scheint der positive Heliotropismus weit verbreitet zu sein (so z. B. bei den Polstern von Phaseolus multiflorus). Bel a stung. In alien meinen in den beiden vorhergehenden Abtheilungen ange- fuhrten Versuchen, wurde die Spreite enlfernt. Ich will also jetzt ver- suchen die Frage zu beantworten , wie die dort behandelten Kriimmungen sich gestalten, wenn die Spreite nicht entfernt wird, und so den Einfluss bestimmen, den die Anwesenheit der Spreite auf die in der freien Natur beobachteten Erscheinungen besitzt. Wahrend bei den Rippen die Bewegungen nicht nur durch das Ge- wicht der Spreite beeinflusst werden , sondern auch dadurch , dass die Rippen durch das Mesophyll gespannt sind, ist bei den Blattstielen dieses letztere Moment ausgeschlossen , und man hat hier also die Gelegenheit nachzuforschen, welchen Einfluss die zu hebende Last der Spreite auf die Aufwartskrummung hat. Einige Versuche hieruber enthalt die folgende Tabelle deren Einrichtung genau die Seite 249 beschriebene ist. Die Spe- cialspalten A enthalten die Angaben uber die belasteten Blattstiele, die Spalten B jene iiber die unbelasteten ; die morphologische Oberseite war immer oben. Im Uebrigen ist die Versuchsmethode die in der Abtheilung uber die Methode im Allgemeinen beschriebene. 1^ KitimmLin gsradien in Cm. Wachsthuni wahrend des Arten. c •- beim Anfang. am Ende. Yersuch Mm S in o ^ ^ C A B A B Diff. A B Diff. Aconitum Na pell us 3.0 6 5 — 1 1.5 2.0 0.5 Agrimonia procra 8 12 7 —5 4.0 2.0 — 2.0 8 13 6 — 7 7.0 1.5 — 5.5 Pavia macrostachya 10 14 10 8 —2 5.0 3.0 — 2.0 Rhus typhina 11 3 5.0 5.0 Sanguisorba offi- cinalis 22 3.5 3 —0.5 13.5 8.0 — 5..') Nahere Be- schreibung des ge- kriimmten Theils. Ganz. Obere Halfte. 3 Ctrn. langeStrecke der Milte des be- blatterten Theils. Wie zu erwarten war, ergeben diese Versuche, dass die Aufwarts- krummung durch die Last eine schwiichere wird. In diesen Versuchen rial der Geotropismus die epinastische Differenz zu uberwinden, und werden .lie Blatter also nur mit einer relativ geringen resultir^nden Kraft aufwiirts gehoben, was der Sichtbarkeit des Einflusses der Belastung vortheilhaft ist. Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 263 Legt man aber die Blatter umgekehrt, so dass der Geotropismus und die Epinastie zusammenwirken . um das Blatt aufwarts zu kriimmen , so ist in den meisten Fallen die resultirende Kraft schon so gross, dass die An- wesenheit der Blattchen oder ihre Abwesenheit keinen merklichen Einfluss mehr hat. So z. B. bei Spiraea sorbifolia, Tanacetum roseum. An die Betrachtung dieser Tabelle lasst sich noch eine Bemerkung knupfen tiber den Einfluss , welchen die Entfernung der Spreite auf die Ernahrung der Blaltstiele hat. Das Wachsthum war namlich in den be- blatterten Blattstielen von Pavia, Agrimonia und Sanguisorba ein betracht- lich viel starkeres als in den unbelasteten. Da aber zu den Versuchen sehr gleiche Blatter ausgesucht waren, so muss man annehmen, dass das starkere Wachsthum der ersteren dureh eine bessere Ernahrung wahrend des Versuchs verursacht wurde. Bei den beiden anderen Arten fand kein soleher auffallender Unterschied stall. Direkte Untersuchungen tiber den Einfluss der Spreite auf die Ernahrung habe ich nicht gemacht: eine grosse Schwierigkeit bei der Losung dieser Frage ist namlich die, dass wahrend bei den sonstigen Versuchen das gleiche Wachsthum die Vergleichbarkeit sonst einander sehr ahnlicher Objecte vol Island ig macht, hier dieses Merkmal der Vergleichbarkeit fehlt. Es bedarf also dieser Punkt noch einer weiteren Priifung nach einer Methode welche vor Anfang des Versuches die Gleich- heit des- Wachsthums der zu untersuchenden Exemplare feststellt; auch ware vielleicht eine mikroskopische Priifung der benutzten Blaltstiele auf ihren Gehalt an Nahrstoffen von Interesse. Schon anfangs (Seite 241) wurde die Thatsache behandelt, dass die Blattrippen gewdhnlich durch das Mesophyll gespannt sind. Es lasst sich daher vermuthen, dass, wie in dem normalen Blatle die Rippe die Form und Lage, welche ihr vermoge ihrer eigenen Gewebespannungen zukommen, nicht annehmen kann, so auch die durch die Wachsthumsverhaltnisse der Versuche bedingten neuen Lagen nicht angenommen werden konnen. Mit anderen Worten, es ist wahrscheinlich , dass die Spreite die Kriim- mungen der Rippe in jeder Richtung und in jecler Beziehung vermindern oder sogar ganz verhindern wird. Die Versuche, die ich hieruber gemacht habe, bestatigen diese Vermuthung vollkommen. Die Methode und die Einrichtung der Tabelle sind genau die friiher beschriebenen. Von den zwei zu vergleichenden Exemplaren , welche entweder beide normal , oder beide invers lagen, war das eine das ganze Blatt (Spalten "A), das andere die aus der Spreite isolirte Mittelrippe (Spalten B). 264 Dr. Hugo de Vries. Arten, Kriimmungsradien in Cm. beim Antang. B B iDiff. Wachsthurn wahrend des Versuchs, in Mm. B Diff. Nahere Be- schreibung des ge- kriimmten Theiis. I. Reihe. Mo rphologische Oberseite oben. A. Fast vertikale Blatter. Inula Helenium 15 —24 7 6 — 1 6.0 6.0 Unteres Drittel Dipsacus fullonum 15 12 5 —7 3.5 3.0 — 0.5 Rumex Patientia 16 10 3.0 3.5 0.5 Untere Halfte. B. Fast horizontale Blatter. Lonicera pyrenaica Coryllus Avellana Ufmus campestris Lonicera Ledebouri Philadelphus Gordo- nianus Rubus odoratus Vitis vinifera 5.6 8 5 0.5 0.5 Ganz. 7 — 14 2.0 2.0 8 8 2.0 1.0 — 1.0 Untere Halfte. 8.5 — 2 2.0 1.5 — 0.5 i > >) 7 — 8 — 6 2.0 2.5 0.5 Untere zwei Drittel. 10 — 8 — 3 2.0 2.0 Mittleres Drittel. c. 5.5 Fast vertikal abwarts wachsende Blatter. 1.5 2.0 3.0 1.0 Untere Halfte. Reihe. Morph ologische Oberseite unten. A. Fast horizontale Blatter. Lonicera pyrenaica 5 3 —2 1.0 1.0 Untere Halfte. Lonicera Ledebouri 7.5 — 14 — 9 — 14 + 8 1.5 1.0 — 0.5 Ganz. Corylus Avellana 5.5 5 2 0.5 0.5 Philadelphus Gordo- nianus 6.5 6 3 — 3 2.0 2.5 - 0.5 Untere Halfte. Vitis vinifera B. Fast vertikal abwarts wachsende Blatter I Obere Halfte. Man sieht aus der Tabelle, class sich bei einigen Arten die ganzen Blatter sowohl in normaler als in inverser Lage gar nicht krummten, wah- rend die Rippen sich unter dem combinirten Einflusse der Schwerkraft und der Epinastie (resp. Hyponastie) krummten. Die Krummungen der normalen Rippen waren entweder aufwarts oder abwarts concav, je nach- dem der Einfluss der Schwere grosser oder kleiner war als die epinastische Differenz. Die Abwartskrummung der inversen Rippe von Lonicera pyre- naica bestatigt die friiher angegebene Thatsache, dass diese Rippen hypo- nitstisch sind. Die Versuche, in denen eine Abwartskrummung der Rippen stattfand, sind zumal dazu geeignet, darzuthun, dass es nicht die Last der zu hebenden Spreite ist, welche die Krummung des Blattes geringer maclit .ils die der frcien Rippe, sondern dass es nur die hemmende Wirkung der Spannung zwischen Rippe und Spreite sein kann. Inwieweit bei den ubrigen Versuchen die Last der Spreite mitwirkt um die KrUmmung zu Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 265 verringern, kann hier vorlaufig nicht entschieden werden. Dass sie mit- wirkt ist wahrscheinlich , und wird dieses noch mehr durch einige Ver- suche, die ich mit Blattern machte, welche keine oder nur geringe Span- nung ihrer Rippen zeigen , und deren Rippen sich dennoch stark aufwarts kriimmten wahrend die ganzen Blatter keine Krummungen zeigten. (So bei Arten von Sedum und Saxifraga u. m. A.) Neben der Last ist hier vielleicht auch ein Widerstand des weniger kriimmungsfahigen Gewebes der Spreite gegen die Kriimmung zu uberwinden. Dass die naehtheilige Wirkung der Spreite aber nicht immer so weit geht , die Kriimmungen ganz zu verhindern , beweisen die Versuche mit Dipsaeus fullonum und Inula Helenium zur Geniige. Torsionen. Bei meinen irn Vorhergehenden mitgetheilten Untersuchungen mit ab- i:esehnittenen , unbelasteten Blattstielen und Mittelrippen beobachtete ich niemals, dass irgend ein Organ sich tordirte, auch dann nicht wenn bei horizontaler Lage im Anfang des Versuchs seine morphologische Oberseite unten lag. Es lag daher nahe zu vermuthen, dass irgend eine aussere Ursache die bei den im Freien angestellten Versuchen vielfach beobachteten Torsionen herbeifiihrte und zwar eine in den bisher mitgetheilten Versuchen ausgeschlossene Ursache. Ich steckte in der gewbhnten Weise ganze bandformige oder fast band- formige Blatter mehrerer Arten in inverser horizontaler Lage in den Sand des dunklen feuchten Raumes (Digitalis ferruginea, Steflaria Holosteum, Hy- pericum calycinnm. Arnica Chamissonis) ; nach 24 Stunden war bei vielen Blattern dieser Arten eine Torsion der Spreite eingetreten , durch welche die Spitze ganz oder nahezu horizontal mit der Oberseite nach oben lag; hierbei war sie aber bedeutend seitwarts ubergebogen. Isolirte Mittelrippen dieser Arten, ebenso untersueht, kriimmten sich immer ohne jede Torsion aufwarts. Augenscheinlich war es also die Last der Spreite, welche die Torsion verursacht, und zwar dadurch, dass beim Anfange des Versuchs die sich aufwarts krummende Mittelrippe nicht genau in einer vertikalen Ebene blieb, sondern sich etwas seitwarts bog, wodurch fiir den unteren Theil der Rippe eine auf beiden Seiten ungleiche Belastung entstand. Die hierdurch entstandene mechanische Torsion wurde durch das von ihr beeinflusste Wachsthum bleibend und immer grosser, so lange die tordirende Ursache noch da war. Einen zweiten Versuch stellte ich mit einer kraftigen, in einem Topfe erzogenen Kiirbisptlanze an. Nachdem der Stengel an einem Stab uberall so angeheftet war, dass er keine Krummungen machen konnte, wurde der Topf in einem finstern Zimmer umgekehrt aufgestellt. Nach einigen Stunden hatten die Blattstiele angefangen sich aufwarts zu krummen, und sich dabei 266 Dr. Hugo de Vries. so tordirt , dass die Mittelrippen ilirer Spreiten wagerecht standen (hei senkrechtem Stand der Spreite). Jetzt wurde an einem Blatte, wo die Torsion fast genau 90° betrug, die Spreite entfernt; in demselben Augen- blick hob sich der nicht mehr belastete Blattstiel ein wenig. Mehrere Stunden spatcr hatte er sich sehr kraftig aufwarts gehoben , dabei aber jede Torsion ausgeglichen , wahrend die tibrigen Blattstiele, deren Spreile nicht entfernt worden war, ihre Torsion noch vergrbssert hatten. Eine grbssere Versuchsreihe habe ich nach der folgenden Methode an- geslellt. Normal vertikal wachsende, beblatterle Sprosse von verschiedenen Arten wurden, ohne von der Pflanze getrennt zu werden, in horizontaler Lage so befestigt, dass die Medianebene einiger noch wachsender Blatter horizontal wurde. Bei meinen Yersuchen war meistens nur der die Ver- suchsblatter tragende Theil genau horizontal, die oberen und unteren Theile des Sprosses abvs arts gebogen , urn eine bequeme Befestigung zu ermbg- lichen. Bei dieser Ein rich tung hat die kiinstliche Unterseile des Sprosses, weil er durch den Geotropismus zu starkerem Wachsthum als die Ober- seite veranlasst wird, und die Befestigung das Entstehen von Kriimmungen verhindert, das Streben den Spross so zu tordiren , dass sie zur Oberseite* wird; indem die jedesmalige Unterseite dieses versucht, ist fortwahrend eine Torsionsursache vorhanden; bei lockerer Befestigung des Sprossendes beobachtete ich diese Torsionen bei sehr vielen (nicht alien) untersuchten Arten ; mehr als eine ganze Schraubenwindung sah ich z. B. bei Sida Napaca, Helianthus tuberosus, Sanguisorba officinalis (keine derartige Tor- sion zeigte mir Althaea officinalis). Selbstverstandlich muss bei den Ver- suchen iiber die Ursache der Torsionen der Blatter die Befestigung eine solche sein, dass die hier angedeuteten Torsionen des Stengels nicht statt- finden kbnnen. An einigen von den Blattern, deren Medianebene auf diese Weise horizontal gestellt war, wurde die Spreite entfernt, und zwar so, dass ent- weder nur der Blattstiel, oder bei ungeslielten Blattern, zwei untere Drittel der Mittelrippe blieben ; an anderen Blattern wurde Nichts entfernt. Die ihrer Last befreiten Blattstiele und Bippen krummten sich in ein oder zwei Tagen in horizontaler oder ein wenig aufwarts geneigter Ebene mit der Hinterseite concav, ohne irgend welche Torsion zu zeigen ; auch spiiter trat bei diesen niemals eine Torsion ein. Auch die ganzen Blatter krummten sich zuerst mit der Hinterseite concav, dann aber fing die Spitze an sich zu senken, bis sie genau oder fast genau nach unten gerichtet war, wobei der Blattstiel, resp. der untere Theil des sitzenden Blattes eine Torsion von 90" erlitt. Die Arten an denen ich diese Besultate erhielt sind : A (Yer- suche mit ganzen Blattern und entlasleten Blattslielen) Staphylea pinnata, Rubus Idaeus, R. odoratus, Helianthus tuberosus. B (Versuche mit ganzen Blattern und entlastelen Blattrippen) : Inula Helenium , I. bifrons , Salvia Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 267 officinalis, Polygonum tinctorium, Physalis Alkekengi. Diese Versuche zeigen, dass das Gewicht der Spreite die Ursache der Torsion war. Urn einen mbglichen Einwand vorzubeugen, dass etwa die Entfernung der Spreite durch die Beeintrachtigung der Ernahrung der Blattstiele die Torsionen unmoglich mache, habe ich an von der Spreite befreiten Blatt- stielen des Helianthus tuberosus durch kunstliche einseitige Belastung Tor- sionen herbeizufuhren gesucht. Eine 5 Cm. lange feine Stecknadel, deren Ende mittelst eines Tropfens Ziegellack beschwert war, wurde zu dem Ende in ^iie Spitze des von der Spreite befreiten Blattstieles, senkrecht auf deren Achse und in der Medianebene , so tief hinein gesteckt , dass das einseitige Gewicht augenblicklich kaum eine merkliche Torsion verursachte. Wie im vorigen Versuche standen auch hier die Blattstiele an den hori- zontal gestellten Sprossen so, dass ibre Medianebene horizontal war. Bei einigen Blattstielen war die Vorderseite belastet, bei anderen die Hinter- seite. Nach einigen Tagen zeigten die unbelasteten keine Torsionen, wah- rend alle belasteten eine deutliche Torsion ausgefiihrt batten, wobei immer die belastete Seite nach unten gekehrt war. Auch bei Dahlia variabilis gelang es mir nach Entfernung der Blattchen an dem allgemeinen Blattstiel durch kunstliche einseitige Belastung eine Torsion hervorzurufen. Stellt man vertikale Aeste der Indigofera Dosua horizontal, so tordiren sich die Blatter, deren Medianebene horizontal liegt um fast 90°, aber nur dann wenn die Blattchen nicht entfernt worden sind; die Torsion findet fast ganz in und nahe an dem Polster statt. Es zeigen alle diese Versuche iibereinstimmend , dass die unter dem Einflusse der Schwere entstehenden Torsionen nur Folgen der auf beiden Seiten ungleichen Belastung des betreffenden Organes sind. Ueber die Frage, ob die bei einseitiger Beleuchtung entstehenden Tor- sionen durch die namliche Ursache hervorgebracht werden, habe ich keine direkten Versuche gemacht ; doch spricht der Umstand, dass ich bei meinen f ruber uiitgetheillen Untersuchungen iiber Heliotropismus niemals Torsionen beobachtete, sehr Mr die Wahrscheinlichkeit dieser Vermuthung. III. Ursachen der Richtung nichtvertikaler Sprosse. Geotropis m us, Epinastie, Hyponastie. In den folgenden Untersuchungen habe ich diejenigen Sprosse, welche nicht senkrecht aufwarts , oder bei einseitiger Beleuchtung in der Richtung gegen das einfallende Licht wachsen, welche also wie die Blattstiele eine Oberseite und eine Unterseite unterscheiden lassen, nach derselben Methode behandelt, wie die Blattstiele und Blattrippen in den vorhergehenden Ab- theilungen. Wie man spater sehen wird bestatigen die Resultale meine Vermuthung , dass sie sich ahnlich wie diese verhalten wtirden. Dieser Umstand verursacht zunachst, dass die Untersuchungsmethode , nicht allein 268 Dr. Hugo de Vries. in ihren grosseren Ztigen , sondern auch in den kleinsten Einzelheiten mit der fur die Blattstiele befolgten iibereinstimmt. Ftir die hier zu beschrei- benden Versuche verweise ich daher ganzlich auf das in der Abtheilung liber die Methode der Untersuchung, und iiber den Geotropismus der Blatter mitgetheilte, rnit der Bernerkung, dass, wo dort von einer Spreite am Gipfel des Blattstiels die Bede ist, hier die Partial-Inflorescenz am Ende eines Seitenzweiges einer Inflorescenz zu verstehen ist; und dass, wo dort die Seitenblattchen eines allgemeinen Blattstiels eines gefiederten Blattes ange- ftihrt werden , man hier die einzelnen Blatter eines ganzen beblatterten Sprosses betrachten muss. Die Oberseite ist immer, vsie dort, durch die morphologischen Verhaltnisse bestimmt. Die Besultate meiner Versuche iiber Geotropismus, Epinastie und Hypo- nastie von nichtvertikalen Sprossen sind in der beigeftigten Tabelle ver- zeichnet, deren Einrichtung genau mit der Seite 250 mitgetheilten iiber- einstimmt. Arten. Totailange d. Organs, inCm. Krummuri beim Anfang. gsradien in Cm. am Ende. Wachsthum wahrend des Versuchs, in Mm. Nahere Be- schreibung des ge- kriimmten Theils. A B A B DiflF. A B Diff. . Reihe. Epinastische Sp rosse. A. Inflorescenz-Zweige. Isatis tinctoria 16 8 — 8 7 2 — 5 2.0 2.5 0.5 Obere Halfte. Levisticum officinale 11 16 10 — 6 2.0 1.5 — 0.5 Ganz. Tanacetnm Parthe- 11 13 7 — 6 3.5 4.0 0.5 nium Sinapis nigra 12 4.5 2.5 —2 4.0 4.0 Untere Halfte. Sinapis alba 11 4 3.5 —0.5 3.0 3.5 0.5 3 Cm. des unteren Theils. Physiospermum 12 5 4 —1 2.5 2.5 4 Cm. des unteren aquilegifolium Theils. Aquilegia spectabilis 10 — 10 5 3 —2 2.0 2.5 0.5 3 Cm. des mittleren Theils. Archangelica offici- 35 15 9 — 6 9.0 9.0 14 Cm. des mittleren nalis Theils. Tanacetum sero- 11 16 — 16 6 5 — 1 12.5 11.0 -1.5 Ganz, ohne die tinum Spitze. Crambe cordifolia 17 18 — 13 18 5 0.5 1.0 0.5 5 Cm. des oberen Theils. B. HorizonU de Ae >te. Tilia parvifolia 9 2 2.0 2.5 0.5 Zwei jiingste Inter- nodien. Pyrus Malus 12 15 — 15 15 8 2.0 2.5 0.5 Zwei jiingste Inter- nodien. Philadelphia Gordo- nianus 8 8 2.5 2.5 Jiingste Internodien. Ueber einige Ursachen der Richtang bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 269 Arten. Z 6 if- - — ~~ Kriimmun beim Anfang. gsradien in Cm. am Ende. Wachsthum wahrend des Versuchs, in Mm. Nahere schreibung kriimmten Be- des ge- Theils. A | B. A B (Difif. A B DifT. C. Aufsteigende Aeste. Asperugo procum- 23 — 21 3 2 — 1 4.5 4.0 — 0.5 4 Cm. des oberen bens Theils. Lasiospermum ra- 17 — 14 8 5 — 3 7.0 6.5 — 0.5 8 Cm. des oberen diatum Theils. Calendula arvensis "& 25 22 6 4 -2 4.0 4.0 8 Cm. des oberen Theils. D. Auslaufer und auslauferartige Gebilde. Fragaria elatior 8 12 10 —2 3.5 3.5 Letztes Inter- nodium. Potentilla reptans 15 7.5 2 —5.5 3.0 2.0 - 1.0 2.5 Cm. der unteren Halfte. Ajuga reptans 18 U — 6 8 2.5 — 5.5 1 .5 2.0 0.5 4 Cm. des oberen Theils. Convolvulus arvensis 8 6 - 2 2.0 2.0 6 Cm. der Spitze. 6 „ „ LysimachiaNummu- 1 1 10 — 1 2.0 2.0 laria Lithospermum pur- 4 2.0 1.5 —0.5 V v, „ pureo-coerulum II. Reihe. Hyponastische Sprosse. Horizontal Aeste. Prunus avium 2.5 16 1 .0 1.0 Drei jiingste Inter- nodien. Cotoneaster vulgaris 10 15 2.0 2.0 Drei jiingste Inter- nodien. Ulmus campestris 11 12 -12 5 — 4 — 1 2.0 2.0 Vier jiingste Inter- nodien. Corylus Avellana 9 4 — 6 +2 1.5 1.5 Zweites und drittes Internodium. Evonymus verru- 10 11 — 11 2 —2 1.5 2.0 0.5 Drei Cm. des ober- cosus sten Theils. Picea nigra 5.5 2.5 — 4 +1.5 3.5 3.0 — 0.5 Untere Halfte. Aus dieser Tabelle geht hervor: Bei den untersuchten Seitenzweigen von Inflorescenzen , bei den Aus- laufern, und auslauferartigen Gebilden , bei einigen horizontalen und auf- steigenden Aesten krummen sich sowohl die normalen als die inversen Objecte aufwarts, und zwar die letzteren kraftiger als die ersteren. Bei einigen (Tilia, Philadelphus) krttmmt sich der entblatterte normal hingelegte Ast nicht aufwarts, der umgekehrte wohl. Bei den Objecten der zweiten Reihe kriimmten sich die normalen Exemplare aufwarts, die inversen abwarts. Ebenso wie bei den Blattern kann man auch hier die entstandenen Kriimmungen als das Resultat zweier zusammenwirkender Krafte betrachten, indem man annimmt, dass : 1) die bilateralsymmetrischen Sprosse negativ geotropisch sind ; 2) die Wachsthumsfahigkeit der Oberseite und die der 270 Dr. Hugo de Vrtes. Unterseite verschieden sind, und zwar dass jene der Oberseite bei den in der ersten Reihe verzeichneten Arten grosser ist a Is jene der Unterseite, bei den in der zvveiten Reihe zusammengestellten aber kleiner als diese. Nach der frtiher gevvahlten Rezeichnung kann man also die Objecte der ersten Reihe epinastisch, die der zweiten Reihe hyponastisch nennen. Man kann sich leicht von der Wahrheit dieser beiden Satze iiberzeugen. indem man die Versuchsgegenstande entweder in horizontaler Stellung mit horizontaler Medianebene, oder in vertikaler Stellung untersucht; die dann entstehenden Krummungen entsprechen diesen Satzen vollkommen. Ich halte es fiir iiberntissig meine hieriiber angestellten Versuche einzeln anzufiihren, nur muss ich bemerken, dass bei den Auslaufern die vertikal gestellten Exemplare gerade blieben. oder wenn sie vorher gekriimmt waren, diese Kriimmung ganz oder fast ganz ausglichen, woraus folgt, dass ihre Epinastie jedenfalls eine sehr geringe ist. Wie aus dem jedesmaligen Verhaltnisse dieser beiden Kriimmungs- ursachen in jedem einzelnen Versuche die wirklich beobachteten Krum- mungen erklart werden, wird man sich, nach dem hieriiber bei den Blat- tern Gesagten leicht klar machen kbnnen. Auf Eins mbchte ich noch hinweisen. Wahrend ich bei den Blatt- stielen keine, und bei den Blattrippen im letzten Altersstadium nur ein- zelne Beispiele gefunden habe, wo die Oberseite eine geringere- Wachs- thumsfahigkeit zeigte als die Unterseite, tritt dieses Verhaltniss unter den- jenigen bilateralsymmetrischen Sprossen, welche schon in der Knospe in horizontaler Richlung angelegt werden , ziemlich haufig auf. Bei der Be- sprechung des Einflusses der Belastung komme ich noch auf diese Er- scheinung zurtick. Heliotropism us. Indem ich, wie im vorigen Abschnitt und aus denselben Grunden fiir die Beschreibung des benutzten Apparates, die Methode der Untersuchung, die Deutung der beobachteten Krummungen und die Einrichtung der Ta- belle auf die entsprechende Abtheilung iiber den Heliotropismus der Blatter verweise, schreite ich zugleich zu der Mittheilung der Versuche und zu der Betrachtung ihrer Resultate. Artcn. Totallanged. Organs, inCm. Kiiimmun beim Anfang. gsradien in Cm. am Ende. Wachsthum wahrend des Versuchs, in Mm. Nahere Be- schreibung des go- krummten Theils. A B A B Diff. A B DifT. A. Inflorescenz-Zwn^r. Physiospermum 13 — 16 9 — 7 4.0 4.5 0.5 Ganz. aqtiilegifolium Levisttcum officinale 13 15 — 19 —22 22 2.0 3.0 1.0 Cramhe cordifolia 10 — 11 11 3.0 3.0 Ob'ere Halfte. Brassica nigra 15 —9 — 1 1 8 — fi 3.5 3.0 — 0.5 Obere zwei Dritte). Ueber einige Ursachen der Richtung bilateralsymmetrischer Pflanzentheile. 271 At ten. •c £ to CJ Of h 1 « c ?*• Krlimmiin beim An fang. gsradieninCm. am Ende. Wachslhum wahrend des Versuchs, in xMm. Nahere Be- schreibung des ge— kriimmten Theils. A B A B Diff. A » Diff. B. Aufsteigende Zweige. Calendula arveiisis 16 — 7 7 6.0 6.5 0.5 3 Cm. des mittleren Theils. Asperugo procum- — 4 3 — 1 5.5 5.5 3 Cm. des mittleren bens Theils. C. Auslaufei • und auslauferartige Gebilde. Lithospermum pur- 18 — 12 — 14 — 1 4 3.0 2.0 1.0 1 Cm. lange Spitze. pureo-coeruleum Fragaria grandiflora 9 5 — 1 1 24 7.0 7.0 Letzteslnternodium . Convolvulusarvensis 4 — 6 2.5 2.5 10 Cm. lange Spitze. i'olygonum aviculare 10 3.0 4.5 1.5 ^0 „ „ Lysimachia Nummii- 8 0.5 1 .0 0.5 10 ,, laria • Es ergiebt sich, dass in vielen Fallen kein Einfluss des Heliotropisnnis bemerklich war. dass dieser zumal bei den Auslaufern ganz fehlte, dass in den Ubrigen Fallen der Heliotropismus immer ein positiver war, und dass er in keinem Falle den Einfluss der Epinastie ttberwand. Hyponastische Sprosse sind nicht uniersucht worden. Wie man sieht. stinnnen diese Er- gebnisse ganzlich mit den bei den Blaitern gewonnenen iiberein. Kein Einfluss des Heliotropismus zeigte sich bei den mit Auslaufern und auslauferartigen Gebilden gemachten Versuchen. Vergleicht man aber was hierilber schon im historischen Theile mitgetheilt wurde, so ergiebt sich, dass fur diese Gebilde bei direktem Sonnenlicht negativer Heliotropis- mus entweder nachgevviesen (Lysimachia, Fragaria) oder doch sehr wahr- scheinlich ist (Polygonum). Belastung. Einige iiber den Einfluss der Entfernung der Blatter angestellten Ex- perimente theile ich in der Tabelle mit. fur deren Einrichtung ich, ebenso wie tOt die Methode der Unlersuchung , auf den Abschnitt iiber die Be- lastung bei den Blattern (Seite 26^) vervveise. Ebenso wie dort wurden belastete (Spalte A) und unbelastete (Spalte B; Zweige verglichen, die Lage war in alien eine normale horizontale. 272 Dr. Hugo de Vries. Arten. — - 8) nacli^ewicscn. 2) Dieses sans doute zei^t, dass er seine Losungen nicht einmal spectroskopisch jyiift hat. 3) Urn dabei unparteiisch zu verfahren, Mess ich das Urtheil dariiber, ob der blaue und gelbe Schatten gleich Intensiv'' seien, von Herrn Baranetzk\ abhangen, der Pril- i.ii ux s Auffassnng mi Princip theilte und sich im Soromer 1871 in Wurzburg befand. Die Pflanze und das Auge. 281 hare gelbrothe Halfte desselben, welche von der Losung des Kalibichromats durchgelassen wird. Dass die von Prillieux benutzte ,,blaue Losung" dem rnensch lichen Auge noch den Eindruck von Blau macht, berechtigt keines- vvegs dazu, das von ihr durchgelassene Licht als ,, blaues Licht" in der Anwendung auf die Pflanze zu bezeichnen und dieses ,, blaue Licht" nun mit dem gelben zu vergleichen. Ich denke, die von mir beantwortete Frage war besser gefasst, indem ich die beiden bekannten Losungen so einrich- tete, dass die eine grade diejenige Halfte des Sonnenlichts durchliess, wel- che die 1 andere absorbirte; so konnte ich bestimmen, was die eine (roth- gelb-grune) und was die andere (griin-blau- violette) Halfte des Sonnen- lichts leistet, und daran, so wie an den Ergebnissen Draper's, Pfeffer's u. a. m. wild durch Prillieux's Ergebnisse nicht das Geringste geiindert; statt etwas Neues zu lehren , bedurfen seine Ergebnisse selbst erst der Interpretation auf Grund der von uns anderen bereits gefundenen Thatsachen. Sein ,, blaues Licht" konnte man fast eben so gut gelbes Licht nennen, welches ein wenig abgeschwiicht und mit viel blauem und anderem verunreinigt ist ; und da das blaue Licht eine, wenn auch geringe, Gasabscheidung be— wirkt, so wird die Abschwiichung des gelben durch diesen Zuschuss so ausgeglichen werden kbnnen , dass das sogenannte blaue Licht Prillieux's eine sensiblernent egale " Wirkung haben konnte, wie das gelbe Licht von grosserer Ilelligkeit. Das citirte Resultat Prillieux's beruht aber auf einer zweifachen Anwendung des Wortes ,, blaues Licht"; einmal wird es in dem Sinne genommen, dass eben nur die benutzte Losung dem Auge blau erscheint (obgleich sie das ganze Spectrum durchlasst) , das andere Mai, w o es darauf ankommt, den Schluss zu ziehen, wird es in dem Sinne gebraucht , den ich und andere dem Wort geben , wonach es die blaue Halfte des Spectrums (etwas grtin, blau, violett, ultraviolett) allein be- deutet. Barainetzky 1 ), der Prillieux's Fragestellung fiir gerechtfertigt hielt, stiess sich doch an die Thatsache, dass die sehr hellblaue Losung desselben ,,alle Strahlen des Spectrums durchlasst"; er schlug daher den entgegengesetz- teta Weg ein, und machte eine Kupferoxydammoniaklbsung von c. 25 Mill. Dicke so dunkel, dass sie nur violettes, blaues, einen Theil des griinen, und Spuren des rolhen Lichts durchliess; um nun ein hinreichend dunkles gelbes Licht zu bekommen, benutzte er eine concentrirte Losung von Eisen- chlorid, ,,deren Consistenz und somit Lichtabsorption es mbglich machten, beide Halften des Spectrums von gleicher Lichtintensitat zu erhalten". Sein Resultat weicht nur darin von dem Prillieux's ab, dass er im sog. blauen Licht sogar starkere Gasabscheidung beobachtete, als in dem sog. gelben. Da genauere Angaben ilber das Verfahren fehlen, so erklare ich mir dieses Ergebniss durch die Annahme, dass auch seine blaue Losung noch sehr 1) Botau. Zeitg. 1871. No. 13. 282 Dr. Julius Sachs. hell war, wie auch daraus folgt, dass sie noch Spuren von Roth durch- liess, wahrend die Eisenchloridlbsung seiner eigenen Angnbe nach grade ,,die am starksten leuchtenden Strahlen in ziemlich beschrankter Menge durchliess' Es waren also auch hier zwei Lichtgemenge in Action gesetzt, die dem Auge zwar den Eindruck von gelb und blau machen, deren wahre Zusammensetzung aber unbekannt ist. Auf Grund der von Pfeffer ge- wonnenen Werthe fiir die einzelnen Spectralfarben leuchtet jedoch ein, dass man Lichtgemenge von beliebiger Mischung und Farbung ftlrs Auge her- stellen kann , die bei gehbriger Abschwachung bald der einen, bald der andern Strahlen die versehiedensten Wirkungsgrade ergeben mlissen. Das gilt principiell nicht bloss fiir die Gasabscheidung, sondern fur alle vom Licht beeinflussten Functionen der Pflanze. Nach dem Allen fuhrt also Prillieux's Verfahren schliesslich zu Ergeb- nissen , die an sich keine klare Einsicht betreffs der Wirkung des Lichts auf Pflanzen gewahren , die vielmehr erst durch das bereits daruber Be- kannte ihre Erklarung finden. Prillieux stellte die Frage, wie wirkt Licht von verschiedener Farbe bei gleieher Intensitat , statt dessen liefert seine Methode verschiedene Lichtgemenge, von denen das eine die minder brech- bare Halfte des Spectrums, das andere das ganze (abgeschwachte) Spectrum umfasst. Zudem lasst sich zeigen, dass auch die Gleichheit der Intensitat", wie er sie auffasst, keinen bestimmten Sinn hat. Somit hat Prillieux die von ihm selbst gestettte Frage in keiner Weise beantwortet. Soil uberhaupt die von Prillieux aufgestellte Frage einer besseren Be- arbeitung zuganglich gemacht werden, so bedarf sie zunachst einer genaue- ren Fassung, die sich folgendermaassen ausdriicken lasst : Wie verhalt sich die Gasabscheidung (allgemeiner : wie verhalten sich Uberhaupt Pflanzen) unter dem Einfluss verschiedenfarbigen Lichts, dessen Helligkeit oder Leuchtkraft fiir das Auge die gleiche ist. — Mit dieser darf eine andere Frage durchaus nicht verwechselt werden , welche sich dahin aufstellen lasst: wie verhalten sich die Pflanzen unter dem Einfluss von Strahlen verschiedener Brechbarkeit , deren objective Intensitat, d. h. deren lebendige Kraft, die gleiche ist? Der grosse Unterschied der beiden Fragen wird sofort einleuchten , wenn man beachtet, dass die subjective Lichtintensitat oder besser die Helligkeit oder Leuchtkraft des Lichts eben nur eine Beziehung bestimmter Strahlen zum Sehnerven ins Bewustsein bringt, dass diese Beziehung jedoch keines- we^s mit der objectiven Schwingungsintensitat des Lichts oder seiner lebendigen Kraft steigt und fallt, wenn man Strahlen von verschiedener Brechbarkeit vergleichl ; mit anderen Worten, die Helligkeit des Lichts ver- schiedener Farbe ist kein Maass fiir, und erlaubt keinen Schluss auf die objective Kraftgrosse, welche die dem Auge verschiedenfarbig erscheinenden Slrahlen repriisensiren. Man kann dicscn Sach verhalt nicht wohl klarer Die Pflanze und das Auge. 283 aussprechen, als es von Helmholtz { ) in folgenden Worten geschieht : ,,Wenn wir die Intensitat des objectiven einfarbigen und verschiedenfarbigen Lichts gemessen denken durch die lebendige Kraft der Aetherbewegung, so miissen wir sie, nach dem allgemeinen Gesetz von der Erhaltung der Kraft, proportional setzen der Warmemenge , welche bei der Absorption des be- treffenden Lichts entwickelt wird. Es ist diess bisher das einzige physi- kalische Mittel , durch welches wir die Intensitat von Aetherwellen ver- schiedener Schwingungsdauer vergleichbar machen kbnnen. Wenn wir die Leuchtkraft der Aetherwellen verschiedener Schwingungsdauer mit dem Auge vergleichen, so zeigt sich, dass die Intensitat der Lichtempfindung keineswegs proportional ist der durch die Warmeentwickelung gemessenen lebendigen Kraft dieser Aetherschwingungen. Wenn wir ein Spectrum mittelst eines Steinsalzprismas entwerfen, welche Substanz unter alien am gleichmassigsten Strahlen verschiedener Art durchgehen lasst, so liegt, wie Melloni gefunden hat, das Maximum der Warme jenseits des aussersten Roth, wo das Auge kein Licht mehr empfindet, und die Warme nimmt im Spectrum continuirlich vom Violett zum Roth zu, wahrend das Maximum des Lichts (der Helligkeit) im Gelb sich befindet. Ebenso habe er schon fruher bemerkt, dass die ultra violetten Strahlen, wenn sie durch Fluores- cenz in Strahlen mittlerer Rrechbarkeit verwandelt werden, an Leucht- kraft ausserordent lich zunehmen, wahrend nicht anzu- nehmen ist, dass die lebendige Kraft ihrerSchwingungen da- durch vermehrt werden konne. 2 ) Die Starke der Lichtempfindung hangt also nicht allein ab von der lebendigen Kraft der Aetherschwingungen, sondern auch von der Schwingungsdauer derselben. Es folgt daraus, dass alle mittels des Auges vollz ogenen Vergleichungen derStarke verschiedenartig zusa mmengesetzten Lichts keinen von der Natur des Auges unabhangigen Werth haben." — Ich mochte es mir nicht versagen, noch folgende wichtige Stelle aus dem genannten Werk (p. 444) anzuftihren : ,, Die Art der Wirkung muss naturlich immer von den Eigenthtimlichkeiten sowohl des wirkenden Kbrpers abhangen, als von denen des Kbrpers, auf welchen gewirkt wird. Dariiber sind wir auch keinen Augenblick in Zweifel , wenn wir von solchen Eigenschaften des Kbrpers reden, welche sich zeigen, wenn der eine auf einen anderen, ebenfalls der Aussenwelt angehbrigen Kbrper wirkt, z. R. bei den chemischen Reactionen. Rei den Eigenschaften dagegen, welche auf Wechselbeziehungen der Dinge zu unseren Sinnesorganen beruhen , sind die Menschen von jeher geneigt gewesen, es zu vergessen , dass wir es auch hier mit der Reaction gegen ein besonderes Reagens, namlich unseren Nervenapparat , zu thun haben, und dass auch Farbe, Geruch, Geschmack , Gefiihl der Warme und Kaite 1) Handbuch der physiol. Optik, Leipzig 4 867. p. 316. 2) Vergl. daiiiber auch Fechner's Psychophysik. Leipzig i860, p. 249 unten. 284 Dr. Julius Sachs. Wirkungen sind, die ganz wesentlich von der Art des Organs, auf welches gewirkt wird, abhangen. 4 ' Die Richtigkeit dieser Betrachtungen tritt bei den Pflanzen urn so leb- hafter hervor , als bei ihnen verschiedene Processe ganz verschiedene Be- ziehungen zum farbigen Licht erkennen lassen : die auf photographische Platten kaum einwirkenden Theile des Spectrums sind es, welche die Kohlensaurezersetzung in griinen Organen weit iiberwiegend bewirken, wahrend die von den Physikern sogen. chemischen Strahien (die blauen, violetten und ultravioietten) wenig oder nichts wirken ; jene Strahien sind es zufallig auch , welche auf unsere Retina den lebhaftesten Lichteindruck hervorbringen ; ich sage zufallig, denn es lasst sich kein causaler Zusammen- hang dafur denken, dass die leuchtenden Strahien in dem Maasse, wie sie uns den Eindruck der grbsseren oder geringeren Helligkeit machen, auch mehr oder weniger auf die Sauerstoffabscheidung der Pflanze einwirken; die subjective Eigenschaft der Helligkeit ist eben so wenig die Ursache der Gasabscheidung in der Pflanze, wie diese die Ursache der Helligkeit im Auge ; es ware daher auch unrichtig, zu sagen, die kohlensaurezersetzende Kraft der Lichtstrahlen hange von ihrer Helligkeit (oder wie es gewbhnlich zweideutig genannt wird, von ihrer Lichtintensitat) ab, es darf vielrnehr nur behauptet werden, dass die Curve der Helligkeiten mit derjenigen, welche die sauerstoffabscheidenden Krafte reprasentirt , ungefahr uberein- stimmt. (Vergl. Pfeffer Heft I p. 46.) Die Strahien von starker Brechbarkeit, welche dem Auge immer nur den Eindruck geringer Helligkeit machen , dafur aber die photographischen Platten am starksten afficiren , sind es , welche das Wachsthum positiv- heliotropischer Pflanzenstengel verlangsamen, also auf die Mechanik des Wachsthums einwirken , wahrend sich die dem Auge hell erscheinenden Strahien wie tiefste Finsterniss in dieser Beziehung verhalten. Besonders lehrreich ist dabei, dass die wachsende Pflanze mit grosser Sicherheit die Existenz von blauen oder violetten Strahien gewissermaassen herausfuhlt in einem Lichtgemenge, das unsere Retina nur als eine homogene Misch- farbe erkennt, ohne zu errathen, dass auch blaues oder violettes Licht darin ist: lasst man z. B. mono- oder dicotyle Keimpflanzen in Kasten wachsen , die nur von einer Seite her Licht durch Lbsungen oder Glaser von weinrother Farbung erhalten (z. B. durch eine parallelwandige Flasche, die mit hellem Rothholzextract oder mit Orsellinlbsung gefullt ist), so krUmmen sie sich kraftig nach dieser Seite hin; das blosse Auge erkennt in diesem Licht kein Blau oder Violett, das Prisma aber legt solches dar und diese Strahien sind es, welche die Krummung der Stengel allein be- wirken, denn hinter einer Losung, welche nur rothe, orange und gelbe Strahien durchlasst, erfolgt keine KrUmmung. Ditse Bemerkungen werden genUgend zeigen , dass die Helligkeit, die Die Pflanze und das Auge. 285 eine blosse Beziehung des Lichts zu unserer Retina ist, nicht als Maassstab der Wirkungen aufgefasst werden darf, welche das Licht, d. h. die Aether- schwingungen auf die Pflanze ausiiben. Gehen wir nun nach dieser vorlaufigen Orientirung auf unsere oben gestellten Fragen zuruck, so erscheint der Werth der ersten: wie verhalten sich die Pflanzen unter dem Einfluss verschiedenfarbigen Lichts von gleicher Helligkeit? ziemlich gering, weil hier zwei Reactionen des Lichts, namlich seine Wirkung auf das Auge und seine Wirkung auf die Pflanze, die unter sich keine ursachliche Verbindung haben, doch in willkiirliche Verbindung gesetzt sind. Nun kann es allerdings in manchen Fallen bequem sein, die Beantwortung der Frage zu gewissen anderen Zwecken zu kennen und die betreffende Untersuchung mag daher nicht grade tiberflussig sein. Dabei sind aber besondere Schwierigkeiten nicht zu tibersehen. Die Be- stimmung, ob man verschiedenfarbiges Licht von gleicher subjectiver Inten- sitat oder Helligkeit vor sich hat, ist auf dem von Prillieux eingeschlagenen Wege namlich nicht zu erreichen , schon desshalb nicht , weil er still— schweigend voraussetzt, dass die Augen verschiedener Beobachter beziiglich der Farbenwahrnehmung graduell gleich sind , was keineswegs der Fall ist. Aber auch angenommen, diese Schwierigkeit bestande nicht, so hangt das rein subjective Urtheil uber die Helligkeit verschieden farbigen Lichts noch von Umstanden ab , welche die Untersuchung aufs Aeusserste er- schweren und an welche Prillieux ebenfalls nicht gedacht hat; zum Be- weise fuhre ich noch eine Stelle aus dem citirten Werke von Helmholz an, wo es p. 317 heisst: ,,Purkync hat schon bemerkt, dass Blau bei schwacherem Licht gesehen wird, Roth erst bei starkerem. Spater hat Dove darauf aufmerksam gemacht, dass wenn man die Lichtstarke von Flachen, die mit verschiedenen Farben iiberzogen sind, bei verschiedener Beleuchtungsstarke vergleicht, bald die eine, bald die andere heller aus- sieht. " Inwiefern die neueren, von K. Vierordt *) beschriebenen Methoden zur Vergleichung der Helligkeit verschiedenfarbigen Lichts sich bei der- artigen Untersuchungen anwenden lassen, mag einstweilen dahingestellt bleiben. Einen viel grosseren wissenschaftlichen Werth hatte die Beantwortung der anderen Frage : wie verhalten sich die Pflanzen unter dem Einfluss verschieden brechbarer Strahlen von gleicher lebendiger Kraft oder gleicher Schwingungsintensitat; gegenwartig fehlt es aber an jedem Mittel, Licht von dieser Eigenschaft herzustellen ; die Beantwortung dieser Frage muss verschoben werden, bis uns die Physiker in den Stand setzen, uns blaues, griines, gelbes , rothes Licht von gleicher lebendiger Kraft zu verschaffen. \ ) Vierordt : die Anwendung des Spectralapparates zur Messung und Vergleichung der Starke des farbigen Lichts (Tubingen 1871). 286 Dr. Julius Sachs. Die Pflanze und das Auge. Bis dahin aber ist es eine lohnende Aufgabe, die im Sonnenlicht enthaltenen Lichtarten, so wie sie in denselben eben vorkommen, von einander zu sondern und sie so auf die Pflanzen einwirken zu lassen; diess ist mog- lich , und zum Theil bereits mit Erfolg geschehen; der von Prtllieux ein- geschlagene Weg aber ein Abweg. der vermieden werden muss. Wit rz burg, 16. Septbr. 1871. Druck von Breitkopf und Hiirt.pl in Leipzig Ho nfen . (mint S/uvsst iw fijisfrrn ; Fftden uberRoUt. 5 Dahlia variabilis. EliofirlflWam t mi Ffnslcm . Tat. IV J) ahlia i aria b His . 23Juni VIII. Ucber das Welken abgeschoitteiier Sprosse. Von Dr. Hugo de Vries. Es ist eine bekannte, im Pflanzenreich ziemlich weit verbreiteie Er- scheinung, dass grossblatlrige Sprosse, dereo Holzkorper noch nicht hin- reichend entwickelt, deren Transspiration aber sehr betrachtlich ist, nacb ciniger Zeit anfangen zu welken, wenn man sie frisch von der Pflanze ab- geschnitten und in Wasser gestellt hat. Urn sie wieder frisch zu machen, geniigt es, das Wasser nicht durch einfache Saugung aufnehmen zu lassen, sondern es mittelst Druck in die Pflanze hinein zu pressen. Sachs, der diesen Versuch zuerst niachte, fand, dass in vielen Fallen ein Quecksilber- diuck von 8-10 Cm. hinreichend war, die welken Sprosse innerhalb 10 Minuten bis einer halben Stunde wieder turgescent zu machen. l ) Bei einer spateren Ausdehnung dieser Untersuchungen fand er, dass die durch Druck wieder frisch gemachten Sprosse auch dann noch turgescent bleiben, wenn durch den Verbrauch des Wassers im Apparat fur die Verdunstung der Blatter das Quecksilber in dem offenen Rohre sich so gesenkt hat, dass es urn 8 bis 10 Cm., oder auch mehr, tiefer steht als in dem durch die Pflanze geschlossenen Rohre; m. a. W., dass die durch Druck wieder tur- gescent gewordenen Sprosse spater auch bei negativem Druck frisch bleiben konnen (so bei Helianthus annuus, Nicotiana, u. v. A.) Ferner fand er, dass der Wurzelstumpf solcher Pflanzen, wenn man sie wahrend der Verdunstung durchschneidet , in den ersten Stunden Wasser einsaugt, und erst spater anfangt, Saft ausfliessen zu lassen, dass aber die Menge des ausgeschiedenen Saftes immer geringer, oft viel geringer ist als die Menge des, wahrend derselben Zeit vom abgeschnittenen und in Wasser gestellten Gipfel aufgenommenen Wassers, ungeachtet dieser oft 1) Sachs, Lehrbuch d. Botanik 2. Auflage S. 575. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzbixrg. III. 20 288 , Dr. IIit<;o dk Vim s. sehr stark wehkt, also weniger aufnimmt, als er im gesunden Zustande aufnehraen wtirde. Im Anfatig des Sommers 1871 theilte Herr Professor Sachs mir diese Beobachtungen mil, und forderte mich auf, die bei diesen Untersuchungen noch unbekannl gebliebene Ursache des Welkens soldier Sprossglpfel zu erforsehen. Herr Professor Sachs hatte die Giite, mir die Veroffentlichung der von ihm gemachten Versuehe, woraus er obigen Schluss ableitete , an dieser Slelle zu crlauben. Da sie den Ausgangspunkt fiir meine eigenen Untersuchungen uber die genannte Frage bilden, schicke ioh sie der Mil- theilung dieser voran. I. Versuch. Titkonia tagetiflora. Eine im Topf im Freien erwachsene, krSftige Pflanze mil bluhendem Terminalkopfe, zahlreichen BhUlern und kleinblattrigen Achselknospen wurde am 15. Aug. 1870 Abends 4 Uhr nach einem sonnigen Tage irfs Zimmer genommen und der Stengel 7 Cm. Uber der Erde durchsehnillen. Auf den Wurzelslumpf wurde ein Glasrohr aufgcselzl, und in dieses 20 Cm. booh Wasser gegossen. In den ersten 40 Minulen sog der Wurzelslumpf aus dem Rohr 1,1 CC, und bis zum 10. Aug. 8 Uhr friih noch 1,3 CC, dann fing er an Wasser auszuscheiden. Jelzt wurde ein heues Ausfluss- rohr aufgesetzt, in dem der Druck auf die Schnittflache constant =0 war. Seit der Zeit schied der Wurzelslumpf mehrere Tage hindurch Wasser ab, und zwar in den ersten 24 Stunden 4,0 CC, in den drei folgenden Tagen je 2,0—2,6 CC. (Temperalur der Erde im Topf J 6,2°— 21,4° C.j Der Gipfel wurde sogleich nach dem Abschnciden inittelst eines dop- pelt durchbolirten Kautschuckpfropfes auf einen mil Wasser gefullten Cy- linder gesetzl; durch das zweite Loch wurde ein Wasser-Manomeler an- gebrachl, um die Saugung abzulesen. In den ersten 40 Minulen, also in der Zeil, wo der Stumpf 1,1 CC. aufsog, sog der Gipfel 2,7 CC. Wasser; er begann sofort zu welken. Am 16. August, 8 Uhr friih, war der Gipfel ganz welk, alle Blatter und Zweige hingen herab, er hatte 40 CC. gesogen. Um 9 Uhr 20 Min. wurde der Gipfel in ein U-formiges Rohr gesetzl, und das Wasser unter 20 Cm. Quecksilberdruck hineingepresst. Nach etwa b 1 /^ Stunden war der Hauptstamm wieder straff, die Bliithe aufgerichtet, die Blatter aber noch welk. Es waren 25 CC. gesogen, und dadurch das Quecksilber in beiden Schcnkeln des Rohres auf ein gleiches Niveau ge- kommen. Jelzt wurde neues Wasser eingcfiillt, und wieder unter einen Druck von 20 Cm. Quecksilber verselzt. In weiteren 17 Stunden hatte. der Gipfel fast alles Wasser, namlich 48 CC. aufgesogen , und dabei das Quecksilber auf 19 Cm. Hohe hinaufgehoben. Dabei waren der Haupt- stamm und die Bliithe frisch geblieben ; die Blatter aber noch welk. Die Lufttemperatur wiihrend dieses Versuchs war ziemlich constant 21 — 22° C. II. Versuch. Nicotiana latissima. KriSflige, im Topf im Freien erwachsene bltlhende Pflanze mil l () grossen Ueber das Welken abgeschnittener Sprosse. 289 Blattern. Am 10. Aug. 1870 urn 7 Uhr Abends wurde der Stamm ober- btalb des zweitunteren Blattes durchschnitten , imd der Gipfel mit acht Bliitlern in Wasser gestellt; der Stumpf wurde, nach Wegnahme der Blatter und Verschmierung der Narben mit Mask en lack, mit einem Abflussrohr ver- sehen, in welchem der Druck auf die Schnittflaehe = war. Die Pflanze hatte die beiden letzten Tage wahrend stark en Regens draussen gestanden ; dennoeh sog der Stumpf ein wenig Wasser ein (etwa 0,5 CC). Die fol- gende Tabelle enthalt die vom Wurzelstumpf abgeschiedenen Saftmengen, imd die in gleichen Zeitraumen vom Gipfel aufgesogenen Wassermengen. Pro Stunde berechnetf 1870. SI undo. Tempera tur °C. Ausflnss- raenge in CO. Saugung des Gipfels in CC. Bemerkunsen. Erde. Lult. to Aug. 7 Ab. Anfang. 1 1 Aug. 8 Friih 18.9 19.5 0. 03 3.0 \ 10.15 19.2 20.2 0.15 4.4 12.30 19.6 20 . 7 0.15 3.6 ' Moist Regen, Luft feucht. 4.5 20.6 21.9 0.24 4.8 5.10 0.13 1 1 2 8 Fr. 19.2 20.5 0.10 2.6 10.0 0.30 2.5 I Meist Regen, Luft feucht. 12.0 • 0.30 5.0 3.30 0.31 2.2 5.0 21.1 21.7 0.10 3.3 13 Aug. 7.30 9.30 19.4 20.5 0.13 0.30 0.82 1.5 13. Aug. Heiteres Wetter. 11.30 4.45 5.45 20.4 21.2 21.2 22.4 22.1 22.1 0.27 0.20 0.10 1.0 1.6 1:0 \ Am Gipfel das unterste JBlatt welk und verdorben 14 Aug. 8.30 19.1 20.7 0.10 0.72 Das zweituntere Blatt welk, 10.30 19.9 21.6 0.25 0.5 alle Blatter etwas schlaff. 12.0 20.4 22.2 0.20 1.4 3.30 21.2 22.5 0.20 0.6 Neu gegossen. 4.45 21.2 21.7 0.12 0.6 15 Aug. 8 Fr. 19.6 20.6 0.11 0.84 Alle Blatter deutlich welk, 10.0 20.1 22.6 0.2 1.0 die beiden" unteren ver- 2.15 21.5 22.6 0.21 dorben. 15.7CC. 200 CC. Summe fur die gauze Zeit berechnet. III. Versuch. Cucurbita Pepo. An einer im Topf erwachsenen. nicht starken Pflanze wurde 25. Juli 1 809 Abends um 4 Uhr der Stengel in einiger Entfernung oberhalb der Erde durchschnitten, der Gipfel in Wasser gestellt und auf den Wurzel- stumpf ein Ausflussrohr aufgesetzt. Anfangs wurden Luftblasen abgeschieden, seit 26. Juli 1 2 Uhr aber nicht mehr. Von da bis 28. Juli 8 Uhr friih, wurden 14,4 CC Saft ausgeschieden, bei einer Temperatur der Erde im Topfe von 20,8—23,4° C. Der abgeschnittene Gipfeltheil mit 1 3 ausgewachsenen Blattern hat von dem Augenblick des Abschneidens ab, in den ersten 7 ! / 2 Stunden nur' 6 CC. 20* 290 Dr. Hugo de Vries. gesogen, unci war dabei sehr stark gewelkt. Bis zura 28. Juli 8 Uhr frttb blieb tier Gipfel welk und sog dennoch 14 CC. auf. (Lufttemperatur 21,8 — 23,4° G.) Obgleich der Gipfel also fortwShrend sehr welk war, sog er doch mehr Wasser auf, als vom Wurzelstumpf in der gleielien Zeit ab- geschieden wurde. IV. Versuch. Helianthus annuus. Ein im Topfe erwachsenes Exemplar wurde am 26. Juli urn 10 Uhr frilh in einiger Entfernung iiber der Erde durchschnitlen , der Gipfel in Wasser gestellt und auf den Wurzelstumpf ein Rohr gesetzt. Nach 6y 4 Stunden war im Rohr das Wasser urn 2,1 CC. vermehrt; der Gipfel hatte aber 9,5 CC. Wasser aufgesogen ; dabei waren die Blatter gewelkt. Temperatur der Erde 20—22° C. ; der Luft 18° C. V. Versuch. Helianthus animus. Eine ahnliche Pflanze wurde in gleicher Weise behandelt: Ausscheidung des Wurzelstumpfes in 4 Stunden bei 20 u C. Boden- temperalur = 0,5 CC. Aufsaugung des Gipfels in 4 Stunden bei 15° C. Lufttemperatur = 1,2 CC. Dabei welkte der Gipfel ein wenig. (30. Juni 1869). Die hier in Betracht kommenden Pflanzen, deren abgeschnittene und in Wasser gestellte Gipfel und Sprosse, bei normaler Verdunstung, bald zu welken anfangen, verhalten sich also in Bezug auf den Druck des Wassers im Innern der lebendigen Pflanze genau so, wie die Ubrigen Pflanzen : Wahrend kraftiger Verdunstung herrscht in sammtlichen Theilen der Pflanze bis in die Wurzel hinein ein negativer Druck, und erst einige Zeit nachdem durch das Abschneiden des Stengels die Verdunstung aufgehort hat, kann sich der positive, von der Wurzeln ausgehende Druck an Schnitlflachen bemerklich machen. Die in Wasser gewelkten Sprossgipfel dieser Pflanzen konnen zwar durch positiven Druck wieder frisch gemacht werden ; einmal wieder frisch geworden, brauchen sie aber, um turgescent zu bleiben, des positiven Druck es ebensowenig, wie die unverletzte Pflanze. gj Beim Abschneiden von dem Wurzelsystem oder von dem Hauptstamme erfahren solche Sprossgipfel also eine Veranderung, deren Folge das Welken ist, und welche durch einen kurze Zeit dauernden, positiven Druck be- seitigt werden kann. Aufgabe der folgenden Untersuchungen war es nun (Im- Natur dieser Veranderung zu erforschen. Meine Versuche wurden alle mit Helianthus tuberosus gemacht; viele aber nachtraglich mit anderen Arten \\ itnlerholt, um Uber die Allgemein- heit ihrar liesultate ein Urtheil zu gewinnen. Wo keine Ai t gehannl wird, ist imtncr II. tuberosum gemeint. Um mich im Folgenden kurz und deut- licfa ausdrttcken zu kdnnen, will ich die Erscheinung des Wei kens bei den iibgesehnitlenen Sprossen von Helianthus tuberosus etwas naber beschreiben. Scbneidet man im Hocbsommer einen elwa Cm. langen Gipfel eines Ueber das Welken abgeschnittener Sprosse. 291 Sprosses in der Luft ab, und slellt ihn dann mil Her Scbnittflacho in Wasser, so fangen schon in einigcn Minuten die jiingsten entfalteten Blatter an zu welken. Ihnen folgen die nachstalteren und die altesten Blatter, vvahrcnd die Endknospe mit alien ihren noch ganz oder fast ganz der Achse parallelen Blattern frisch hleibt; die aussersten Blatter dieser Knospe sind bis 10 Cm. lang, bisweilcn sogar etwas langer. Spater fangt auch die Endknospe an zu welken, dann erschlafft der Gipfel des Stengels unter ihr, und wenn etwa 5 — 10 Cm. von diesem ganz schlalf geworden sind, hort das weitere Ers'chlaffen und Zusammenfallen auf, und tritt durch wciteren Wasscrverlust Verlrocknung ein. Nicht selten ist dieses letzte Stadium des Welkens schon innerhalb einer bis zweier Stunden erreicht. Die Stclle, wo man den Schnitt fiihrt, mit anderen Worten, das Alter des Sprosses an der durchschnittenen Stelle, hat einen grossen Einfluss auf die Geschw indigkeit des Welkens. Abgeschnittene Sprosse von 2 Meter Lange und mehr, sah ieh gewohnlich, nachdem sie mit der Schnittflache in Wasser gcstcllt waren, mehrere Tage hindurch frisch bleiben. Schnitt ich Sprosse in einer Entfcrnung von 40 — 60 Cm. von der Spitze ab, und slellte ich sie cbcnso in Wasser, so blieben sic mehrere Stunden hindurch frisch, ehe sie anfingcn zu welken ; wahrend bei einer Lange des abge- schnittenen Gipfcls von 10 — 20 Cm. das Welken gleich nach dem Einsetzen in das Wasser anfangt. Schneidet man zu kleine Sprosscnden ab, so be- siUcn diesc keinc hinrcichende Anzahl von Blattern, urn durch ihre Ver- dunstung das Welken herbei zu fiihren. Urn die Erschcinung des Welkens beobachten zu kbnnen, muss man also weder zu kleine, noch zu grosse Sprossgipfel abschneiden, sondern den Schnitt an einer kraftig wachsenden, noch nicht verholzten Stelle fiihren und auch fur cine genugende Anzahl Blatter an dem Sprossgipfel sorgen. In den folgcnden Versuchen ist dicsen beiden Bedingungen immer geniigt, wenn nicht das Gegentheil angegeben wird. Der Grad der Verhol/Aing hangt zwar hauptsachlich von dem Alter der betrachteten Stelle, aber auch von anderen Umslanden ab, und wird also nicht immer einfach durch die Entfcrnung von der Spitze des Sprosses gemessen. Ganz verholzte Stengel zeigen die hier betrachtete Erscheinung nicht mchr. Bei Sprossenden von Ilclianthus tuberosus , deren Lange ungefahr 30 Cm. war, gclang es mir in vielen Versuchen niemals, das Welken da- durch zum Aufhoren zu bringen, dass ich das Wasser mittelst eines Druckes von 10—20 Cm. Quecksilber in den Spross hinoinfuhrte. Erst als ich rincn Druck von 40 — 45 Cm. anwandte, gelang es mir einen solchen an- fangs welken Sprossgipfel wicder turgescent zu machen. Machte ich aber an einem ahnlichen und gleichaltrigen Sprosse den Schnitt 1,5 Meter unter dem Gipfel, so reichte ein Quecksilberdruck von 20 Cm. vollkommen aus, um die in Wasser nur wenig gewelkte Spitze bald wieder frisch zu machen. 292 Dr. Hugo de Vkies. In don von Sachs gemachten und den bisher mitgetheilten Versuchen vvurde dor Schnitt immer in der Lull gemacht; es land also immer eine tlnterbfechxing der JiVasserleitung im Stengel stall. Uni don Einfluss dieses Umslandes zu ontersuchen, hog Idh lange Sprossc von Helianthus, ohne sie von der Pflanze zu trennen, und ohne sic zu knicken, so herab, dass eine 20 Can. von dem (lipfel entfernte Stelle in das Wasser eines unterge- stellten Gefasses tauchte, der Gipfel aber selbst, sammt alien BJattern, in der Lull blieb. Jetzt schnitt ich mil sehr scharfem Messer den Gipfel unter Wasser ab, so dass die Schnittflacbe audi keinen Augenblick mil der Lull in Beruhrung kam und keine Unterbrechung in tier Zuleitung des Wassers stall- land. Diese so von der Pflanze getrenn'ten Sprossgipfel blieben mehrereTage hindurch turgescent. left habe diesen Versuch mil vielon Sprossen von HeHanthus wiedorholl und immer das niinilicho Resultat erhalten, wenn nur bei dem Durchschneiden keine VerLetzung des an der Schnittflache gren- zenden Theiles des Stengels (wie z. B. durch Knickung) slattgefunden hatte. Die Untorbreoliung der Wasserleitung wahrend des Abschneidens in der Lull isl also vvahrsolieinlicli die Ursache des Welkeris. Es tragi sich doshalb zunaolist, wie die Saehe sich verhalten vvird, wenn der Schnitt in der Luft gemacht wird, wahrend die Wasserstrbmung in der Pflanze still sleht, oder doch eine sehr geringe ist. Ich l)og von grosscn Sprossen von Helianthus, ohne sie von der Pflanze zu trennen, die Gipfel senkrecht abwarts und tauchte diese mit einer !»<>- trachtlichcn Anzahl von Blallern unter Wasser. Nach einigen Minuten schnitt ich den Stengel in der Lull durch, tauchte die Schnilttlache nach 10 Secunden unter Wasser, hob die Blatter daraus hervor und trocknele diese ein Wenig ab. So bereitete ich mir vier, je 20 Cm. lange Gipfel vor. Die ersten 24 Stunden nach dem Versuche blieben alio ganz turgescent: spatcr fingon sie an zu vvelken, und nach abermals 24 Stunden waren sie schon deutlich, wenn auch noch nichl vollkommen welk. Ich wiedcrhoite den Versuch mit vier andern, gleiclilangon Sprossgipfeln, welchc ich aber vor dem Absehncidcn \ l / 2 Stunde im Wasser unlergelaucht liess, damit sic ihre voile Turgesccnz annahmen, und so die Slromung des Wassers im Stengel noch inehr reducirt vverden wiirde; die in der Luft befindlichcn Blatter dieser Sprossc schnill ich vor Anfang des Versuches allc ab. Hier war das Welken noch langsamcr: nach 48 Stunden hatten drei Exemplare je nur ein welkcs Blatt (das vierte Exemplar war schon ganz welk). Noch >h Stunden spatcr welkten auch diese drei Sprosse, doch war auch jetzt noch in einem die Endknospe frisch, spatcr verwelkte Alios. Je geringer also die WasserstrOmung in dem zu durchschneidenden Slengeltheile, desto langsamer das Welken dor Sprosse. l)i<> Dauer dor Bertihrung der Schnittflache eines in der Luft durch- schnittenen Sprosses mit der Luft muss demzufolge bei unverminderter Oeber das Welkei) abgeschnittener Sprosse. 293 Verdunstung der Blatter einen Einfluss auf die Geschwindigkeit des Welkens ha ben. Folgender Versuch bestatigt dieses. Ks warden Sprosse von Helianthus an dor Pflanze heruntergebogen and ihre Spitze knrz ttber eincr Wasserflachc in einem starken, nach obcn concaven Bogen gebogen. Das Wasser berlihrte den Stengel nicht. Jelzt wurde dor Stengel in dor Krumnumg mit einem sehr scharfen, trockeneil Messer in dor Lull durchschnitten ; dor abgeschnittene TheiJ schlug vor- moge seiner Elasticitat augenblicklich in's Wasser hinein. Die Dauer der Beriihrung der Schnittflache mil dor Lull war vielleichl nur l / 10 Seeunde. hie vici so vorbereiteten Sprossgipt'el, je 10 Cm. lang, blieben wahrond lh Stunden frisch, nur an einem waren nach dieser Zeit ein Paar welke Blatter. Dann fin gen sic Jangsam an zu vvolkon, nach 1 2 Slundon hatten sic je 3 ) welke Blatter, noch i8 Stunden spalor waren alle Blatter wolk, dif Endkno^pen aber (mil bis \l Cm. langen aussersten Blattern) noch ganz frisch. lch stellte sechs in der Lull abgeschnittene, je 20 Cm. lange Spross- gipfel sogleich in s Wasser, sio hatten schon hinreichend Holz gebildet, um hicrin frisch zu bleiben. Nach %k Stunden nahm ich sic aus dem Wasser heraus, trocknete ihre Schnitlflacho ab und lioss drei von ihncn 3 / 4 Stundo, die drei anderen I ] / 2 Stunde in dor Luft liogen ; bier w elklen sio, und als sio spalor wieder in's Wasser gestellt wurdon, wurden sio nicht wic- der frisch. Dieses zcigt, dass in alteren durchschnittenen Stcllen cine langere Zeit dor Beriihrung mit dor Luft zum Ilcrvorrufen des Welkons nothwendig ist als in jiingeren. Hat man einen frischen Spross in Wasser stehen, so darf man weder seine Schnittflache mit der Luft in Beriihrung bringen, noch einen neuen Schnitt in der Luft maehen, wenn der Spross nicht wolken soil. Wohl aber darf man inn aus dem Wasser hcrausheben und in ein anderes Wassergefass stcllen, wenn nur ein Tropfen Wasser an der Schnittflache hangen bleibt. Dicsen lelzteren Versuch habc ich zahlloso Male, auch mit vielen anderen Arton, gemacht, und niemals hat ein Spross demzufolge ge- welkt. Ich mache die Querschnitte zu dem Zweckc rochtwinklig auf die Achsc des Stengels. Aus alien dicsen Versuchen darf man schliessen, dass eine Unter- brochung der Leitung des Wassers in dem Stengel, wahrend die Blatter Wasser saugen, cine Aenderung im Stengel verursacht, deren sichtbare Folgo das Welken der Blatter und des Sprossgipfols ist. Je jungcr die Strecke des Sprosses, wo der Schnitt gemacht wird, je starker die Sau- giing der Blatter, und je Janger die Dauer der Unterbrechung ist, desto starker und schneller ist das Welken. Die Annahme, dass diese Verandorung im Stengel eine Vcrminderung seiner Leitungsfahigkeit fiir das Wasser ist, liegt auf der Hand und lasst sich durch folgenden Versuch leicht beweisen. 294 Dr. Hugo de Vries. Zwei Sprossgipfel von llelianthus wurden in dor Luft ahgcschnitlcn und in Wasser gestellt. Dcr eine war 40 Cm. lang und hatte 16 Blatter, der andere war 20 Cm. lang und hatte 12 Blatter. Nach kurzcr Zcit fingen sie an zu welkcn, aber langsam. Nach 12 Stunden war der erstere ganz welk, mit einer 7 Cm. langen welken Streckc des Stengels, in dcm andern waren die Endknospe und alle Blatter welk. Jetzt entfernte ich die 12 altcsten Blatter des einen und die 6 altesten Blatter des anderen Sprosses, ohne sonst was zu verandern. Demzufolge wurden sic beidc wieder frisch und blieben dann mehrere Tage hindurch turgesccnt. Das filr den Turgor und die Verdunstung von 4 resp. 6 Blattern nbthige Wasser konnte also durch den Stengel geleitet werden, das fur alle Blatter nbthige aber nicht. Entfernt man an in der Luft durchschnittenen Sprossen vor dcm Welken einigc Blatter, so kbnncn diese Sprosse ganz frisch bleiben ; vertrocknen an einem welkenden Sprosse die alteren Blatter, ehe die Endknospe zu welkcn anfangt, so kann diese letztere noch lange frisch bleiben. Die Leitungsfahigkeit wird nicht im ganzen Stengel verandert, sondern nur in einer grbsseren oder kleineren Strecke oberhalb der Schnittflache. Dieses folgt daraus, dass, als ich von in der Luft abgeschnittenen und demzu- folge im Wasser welkenden Sprossen eine 5 — 6 Cm. lange Strecke ober- halb des ersten Schnittes durch einen neuen , jetzt aber unter Wasser ge- fiihrten Schnitt, entfernte, die Sprosse sich wieder erholten und vbllig turgesccnt wurden. Ich habc diesen Versuch mit Sprossen von 10 — 20 Cm. Lange und mit solchen von 50 Cm. und mehr mehrfach wiederholt, den neuen Schnitt entweder einige Stunden nach dem ersteren, oder bei nicht sehr raschem Welken bis drci Tage nachher gemacht und immer das nam- liche Besultat erhalten. Schnitt ich vor dem Eintreten des Welkens an einem in der Luft abgeschnittenen Sprosse unter Wasser eine 5 — 6 Cm. lange Strecke weg, so unterblieb das Welken immer. Um nicht mit dieser Strecke Blatter mit zu entfernen und^dadurch zugleich eine andere Ursache der Wieclerherstellung des Turgors, namlich die Verminderung der Ver- dunstung herbeizufuhren, entfernte ich in diesen Versuchen die belrellen- den Blatter immer vor Anfang des ganzen Versuchs. Den namlichcn Versuch habe ich mit einer Anzahl von andern Arten wiederholt, indem ich 20 Cm. lange Gipfcl grossblattriger Sprosse in der Luft abschnitt, sie nach 30 Secunden in Wasser selzte, sie anfangcn liess zu welkcn, und als dieses sehr deutlich eingetreten war, unter Wasser eine 5—6 Cm. lange Strecke entfernte. Sic wurden demzufolge alle wie- der frisch und blieben dieses mehrere Tage hindurch. Ich unlersuchte Impatiens Koylii, Sambucus nigra, Broussonelia papyrifera, Staphylea pinnala, Xanthium cchinatum , llelianthus tracheliifolius , Siegcsbeckia cordifolia u. A. Ich habe diesen Versuch auch so gemacht, dass ich den neuen Schnitt in dei- Lull machte, wtthrerid die sammtlichcn Blatter unter Wasser Waren, Ueber das Welken abgeschnittener Sprosse. 295 unci schon einige Minuten vorher im VVasser gcwesen waren. Tauchte ich dann die neue Schnittflache nach Entfcrnung einer Strecke von 5 — 6 Cm. in's Wasser und hob die Blatter daraus hervor, so erholten sich die Sprosse, diejenigen von Helianthus tuberosum fingen aber nach einiger Zeit wieder an zu welken,. wahrend die anderer Arten mehrere Tage hindurch frisch blieben. So z. B. Xanthium echinatum, Siegesbeckia cordifolia. Ueber die Grosse der Strecke, welche diese Veranderung erleidet, habe ich nur ein paar Versuche angestellt. Aus dem Vorhergehenden er- sieht man, dass sie in den meisten Fallen nicht 5—6 Cm. betragt. Vier je 15 Cm. lange Sprossgipfel wurden in der Luft abgeschnitten und nach 10 Secunden in Wasser gestellt, wo sie anfingen zu welken. Als sie nach einer Stunde sehr welk waren, wurde unter Wasser eine neue Schnitt- flache gemacht, indem nur eine 1 Cm. lange Strecke des Stengels entfernt wurde. Die Sprosse welkten immer weiter. Nach mehreren Stunden wurde nochmals ein neuer Schnitt unter Wasser gemacht, jetzt aber 6 Cm. des Stengels entfernt. Demzufolge erholten sich die Sprosse, innerhalb 6 Stunden waren die Endknospen, innerhalb 24 Stunden die meisten Blatter wieder frisch. Das namliche Resultat gab mir bei vbllig gleicher Untersuchung Siegesbeckia cordifolia. Die so turgescent gewordenen Sprosse blieben dieses mehrere Tage hindurch. Es war natiirlich auch hier vorher gesorgt, dass bei der Entfcrnung der untercn Strecke des Stengels keine Blatter mit entfernt wcrden konnten. Wahrscheinlich ist die veranderte Strecke desto grosser und ihre Ver- anderung eine desto starkere, als das Welken der Blatter rascher und starker ist. Die Vcrminderung der~ Leitungsfahigkcit , welche nach dem Vorher- gehenden bei grossblattrigen Sprossen, dercn llolzkorper noch nicht hin- reichend enlwickelt ist, in einer grbsseren oder kleinercn Strecke des Stengels oberhalb eines kiinstlichen Querschnittes eintritt, wenn durch den Schnitt eine Unterbrechung in der Zufuhr des Wassers herbeigefiihrt wird, wahrend die Blatter und der obere Theil des Sprosses Wasser saugen, kann man sich auf folgende Weise entstanden denken. Durch das Auf- horen der Wasserzufuhr verlieren zunachst die vom Schnitt getroffenen Zellen einen Theil ihres Wassers, das von den hbher liegenden Zellen auf- gesogen und nicht ersctzt wird. Bald verlieren auch die nachsthbheren Zellen, welche das Wasser leiten mussen, aus derselben Ursache von ihrem Wasser. Wird nun der Stengel mit der Schnittflache in Wasser gestellt, so nehmen diese Zellen zwar wieder Wasser auf, man muss aber an- nehmen, dass sie unter dicsen Umstanden ihren Verlust nicht vbllig er- setzen kbnnen, das heisst, ihren normalen Gehalt an Wasser nicht wieder erreichen kbnnen. Nimmt man nun weiter an, dass von dem Wasserge- halt dieser Zellen die Geschwindigkeit der Wasserleitung abhangt, so sind 296 Dk. Hi go de Vries diese beijden Annahmen nn Stsmde die Verminderung der Leitungsfahigkeil vorlaufig zu erklaren. Ich will jetzt noch einige Versuche mittheilen, welehe ich liber die Prage gemacht habe , duroh welch e ausseren Umstande die verminderle Leitungsfahigkeit wied«r auf das normale Maass zuriickgefuhrt werden kann. Erstens isl hief an die sohon an fangs erwahnten Versuche von Sachs zu erinnern, aus denen hervorgeht, dass die yvelken Sprosse nicht aur (lurch Hineinpressen ties Wassers unter Druck wieder frisch werden, dass also die Lei lung des Wassers iiu Stengel unter Druck eine raschere isl, sondern dass dadurch auch die Leitungsfahigkeit des Stengels wieder auf das normale Maass gebracht wild und darauf auch nach dem Aufhoren des Druckes bleibt. Drei je 30 Cm. lange Sprossenden von Hel.ianthus wurden in der Lull abgeschnitten und in Wasser geslclli; sic waren innerhalb einer Stunde welk. Nachdcm sic noch zwei Stunden weiter gewelkl halten, wurden sie, ohne Erneucrung ihrer Schnittflache in Wasser von 35° G. gcstelll und blieben hierin einige Stunden bis die frei in dor Lull sich ausbreitenden Blatter wieder frisch geworden waren. Die Temperatur des Wassers blieb constant zwischen 35° und 40° C. ; ein 10 Cm. langer Theil jedes Slcngels ragte in das warme Wasser hinein. Dann wurden sic in kalles Wasser gesetzt ; nach 1 2 Stunden war ein Exemplar noch ganz fwsch, die zwei andern hatten je zwei welke Clatter; noch 12 Stunden spiiler hatten sic alle drei einige welke Bliiller. Die Leitungsfahigkeit im erwarmten Theilc war also, wenn auch nicht vollkommcn wiederhergesteHt, so doch bedcutend erhoht worden. In der Luft abgeschnitlene und in Wasser geslcllle, 20 Cm. lange Sprossgipfel von Sambucus nigra welkten sehr stark binnen einer Slunde; dann stellte ich sie mit dem unteren Ende in Wasser von 35° C, wo sie in einer bis zwei Stunden turgescent wurden. Jetzt in kalles Wasser geslclli, blieben sie wahrend mehrerer Tage vollkommen frisch. Wahiend des Vcrsuchs wurdc die Schnittflache nicht erneuert. Drei 12 Cm. lange, in der Luft abgeschnittene und in Wasser geselzle Sprossenden von Helianthus fingen bald an zu welken und wurden nach einer Slunde in welkcm Zusland vollig unter Wasser getaucht. Auch die Schnittflachen waren unter Wasser. Als sie innerhalb 10 Minulcn frisch geworden waren , wurden die Blatter aus dem Wasser genonmion, und etwas abgetrocknet ; die Schnittflachen blieben im Wasser. Nach einer Slunde waren je 2 — 3 Blatter welk, nach 4 Stunden nur die Endknospen noch frisch und 12 Stunden spiiler waren auch diese welk. Von andern ahnliohen Exemplaren, an denen aber, nach dem Aufenthalte im Wasser eine neue Schnittflache in der Lull gemacht war, wahrend die Bliiller noch unter Wasser waren. die sonsl aber vollkommen gleich behandelt waren, w aren nach I < *> Stunden noch keine, nach 21 Stunden nur I — 2 Blatter Ueber das Welken abgeschnittener Sprosse. 297 welt. Aehnliche Versuche stellte ich mil demselben Resultate mlt 16 Cm, langen Sprossenden von Xanthium eehinatum an. Einc grossere Anzahl jo 10 Ctn. lange Sprossspitzen von Helianlhus waren in dor Luft abgeschmtten und sogleich in Wasser gesctzt, wo sie hald arifingen zu welken. Jotzt wurde eine Glasglocke ubergestulpt, wo- durch die Verdunstung bald aufhorte and sa'mmtliche Blatter wiedor frisch wur- den. Nach I 5 Stunden wurde die Glasglocke entfernt ; I 2 Stunden spater waren die meisten Blatter welk, aber die Endknospen noch frisch ; spater wur- don alio Blatter welk, und hald darauf fingen auch einige Endknospen an zu wo Ikon. Wenn diese beiden Vorsuche zeigen, dass bei gowohnlicher Tempera-: tur auch unter Umstanden, welche dor Aufnahme dos Wassors im Stengel sehr gunstig sind, dennoch die nortnale Leitungsl'ahigkeit nicht wiodor er- reicht wild, so scheinen sio dooh Grund fttr die Vertuulhung zu geben, dass eine geringe Vergrosserung dor Leitungsfahigkeit stattgefunden hatte, da die Sprossgipfel zum zwoitcn Male langsamer wolkton als zuin orsten Male. Fur diese Vermuthung sprechen auch die beiden folgenden Be- obachtungen. Einigo 6—12 Cm. lango Sprossenden von ftelianthus warden in der Luft abgeschnitlen und in Wasser gesetzt, nachdem soviolo Blatter entfernt waren, dass an jedem ausscr der Endknospe nur die drei jiingstcn Blatter blieben. Bald wolkton jo I — { i dieser Blatter, nach einige n Stunden or- holtcn sio sich aber wieder und blieben mehrere Tago hindurch frisch. In dor Luft abgeschnittene und in Wasser gcstelltc, 40 Cm. lange Sprossgipfel von Sida Napaoa fingon bald an zu welken. Nach mehreren Stunden waren sio, ohne dass die Schnittflache erneuert worden war, wie- der turgescent geworden und blieben mehrere Tago hindurch in diesem Zustando. Die genaucrc Erkenntniss der Abhangigkeit dor Verniindcrung der Leitungsfahigkeit von vorschiodonen Umstanden, und die Entdeokung ihrer wahren Ursachc muss spateren Untersuchungen vorbohalton bleiben. Nach dem Vorhergehcnden darf man aber die Iloffnung hogen, dass das naherc Studium dor hier bohandclten Erschcinung dazu ftthrcn wird, auf die bei der Wasscrleitung im Pflanzcnkorper stattfindenden Vcrhaltnisse ein neues Licht zu werfen. November 1871. N a c h t t a g . Nachdem das Manuscript der vorlicgcndcn Abhandlung schon langsl dem Herausgebor itborgeben worden war, erschien oinc Arbeit von Dr. N. J. C. Muller fiber »Beziohungcn zwischen Verdunstung, Gowebespannung 298 Dr. Hugo dk Vries. und Druck im Inneren dcr Pflanzc«. ') Da die Thatsache, dass abgeschnittene, in Wasser gcslellte Sprossc von Ilelianthus annuus welken und nach Mullek's Ansicht nur durch daucrndcn Druck da ran verhindcrt werden konnen, cine Hauplstiitze dcr dort vcrlrctcncn Ansichten ist, und diese Ansichtcn (iberhaupt mit der herrschcndcn Auffassung im Widcrspruch stehen, halte ich es fur meinc Pflicht die Erorterungcn Muller's hicr nach- traglich zu besprechcn. Auf den beiden crslcn Seiten dicscr Abhandlung werden cinigc falsche, theilweise vcraltctc, thcilweisc nicrnals ausgcsprochenc Ansichtcn uber die Bcwegung des Wasscrs in dcr Pflanze als die herrschcndc AuiTassuiiLi hingeslelll. So sollcn die Resultate der IlALEs'schcn und Hofmeist Ea'schen Yersuche iibcr den Wurzeldruck, wclchc bei Ausschluss der Verdunstung gemacht wurden, von den frtiheren Schriftstcllcrn ohne Wcitcrcs auf die verdunslcnden Pflanzcn iibertragen wordcn sein, ja Muller bchauptet sogar, »dass der IlALEs'sche Druck als Motor gcnannt w ird fur die Bcwegung der Wassermassen in dem 200 Fuss hohen Baum«. Wo Herr Muller in der botanischen Literatur diese Ansichtcn gcfundcn hat, ist mir nicht bekannt, da die erforderlichen ^Literaturangaben ftir diese Bchauptungcn fchlen. Eine historische Untersuchung der Frage liegt auch nicht in meiner Absicht, da cs viehnehr Herrn MiLLiiR's Pflicht ware, selbst durch cine solchc, mit den nbthigen Citaten ausgestattcte Behandlung des Thema's das wirklichc Vor- handen- und Verbreitetsein der vonjhm als solchc angegebenen Ansichten zu beweisen. Ich halte mich an die lctztc, etwa zwei Jahre vor Mlller's Arbeit erschicnene Darstellung der hicrhcr gehorigen Erscheinungen, wclchc von Sachs in dcr zvveiten Auflagc des Lehrbuchs dcr Bolanik, S. 572 — 580 gegeben wurdc. Die vcrschicdencn Vorgange der Wasserbcwegung, wclchc von Muller in seiner Arbeit fortwahrend mit cinander vermischt und ver- wirrt werden, sind hier klar und dcutlich von cinander getrennt und in ihren Bezichung zu den verschicdenen .wirkenden Ursachcn dargethan. Sachs untcrscheidet (man sehc z. B. S. 577.) I) »die langsamen Bewegun- gen des Wassers, wodurch dieses den assimilirenden und den wachsenden Zellen und Gcwebemassen zugeltihrt wird«, 2) »die durch Verdunstung an- geregtc, meist raschcrc Wasscrstromung im Ilolzkbrperu und 3) »den Auf- trieb des Wassers a us der Wurzel in den Stamnuc Jede dieser drci Arten der Bcwegung des Wassers tritt untci 1 Umstandcn von den Andcrn geson- dcrt in die Erscheinung, meistens abcr wirken sic zu gleicher Zcit in der namlichcn Pflanze, wobei abcr die zwcite fast ausnahmslos bei weitem die ausgiebigste ist. Die Natur dicscr vcrschicdencn Bewcgungen, die Gevvebe, i»i denen sic stattfinden und die zu ihrer Erklarung zu benutzenden physi- i) Botaniscbe Untersuchungeo von Dr, N. .1 c Miller 1872 Hefl II S 21—55. Ueber das Welken abgesclinitlener Sprosse. 299 kalischen Erscheinungen werden dargelegt und dadurch eine Einsicht, so weit unsere physikalischen Renntnisse diese eben erlauben, angebahnt. Dieser Darstellung gegentiber erscheint nun die MiiLLER'sche Arbeit nicht nur als iiberfliissig, sondern sogar als ein bedeulender Riickschritt. Fiir die Bewegungen des Wassers in hohen Baumen, sagt Muller (S. 22), konne man sich a priori zwei mogliche Ursachen denken : den Wurzeldruck und die Imbibition. Da nun der Wurzeldruck oftenbar nicht fiir die ganze Er- hebung des Wassers ausreicht, ineint Muller, dass die Imbibition allein den Wasserverlust deckt. Diese Folgerung wurde aber schon von Hales (siehe Sachs, Handbuch , S. 213.) ausgesprochen. Wenn nun abgeschnittene belaubte Aeste von Baumen und Strauchern, in Wasser gestellt, frisch bleiben, reiche bei diesen Arten die Imbibition zur Erklarung der Er- scheinung bin. Bei Helianthus-Zweigen aber, welche abgeschnitten und in Wasser gestellt welken, reiche die Saugung nicht hin, den Wasserver- lust zu decken, es musse hier also ein Wurzeldruck mitwirken. Diese An- sicht wurde schon von Sachs, I. c. ausgesprochen, die Fortsetzung der von Sachs an jener Stelle beschriebenen Versuche ftthrte diesen aber zu der Ansicht, dass die Folgerung nicht richtig sei ; diese fortgesetzten Unter- suchungen bildeten, wie im Anfang vorliegenden Aufsatzes hervorgehoben wurde, den Ausgangspunkt fiir meine eigenen Untersuchungen. Muller aber, der, ohne Sachs zu citiren, die Folgerung als seine eigene hinstellt, betrachtet sie als richtig und geht bei seinen folgenden Unter- suchungen von ihr aus. Merkwiirdig ist es dabei zu bemerken, dass Muller's eigene, in seiner Arbeit mitgetheilten Versuche die Unrichtigkeit der Behauptung zeigen : Auf Seite 38 giebt er an, dass ein Blatt von Helianthus annuus bei einem von — 24 bis — 130 Mm. Quecksilber fallen- den Drucke wahrend mehrerer Stunden turgescent bleibt ; auf S. 44, dass Helianthus in normaler Weise lange Zeit unter negativem Druck von bis 100 Mm. Quecksilber verdunstete. Wie stimmen diese Beobachtungen zu dem Seite 24 gezogenen Schlusse: dass ein Wurzeldruck bei solchen saft- reichen Krautptlanzen noting ist, urn das Welken zu vermeiden? Die angebliche Thatsache, dass das in den Blattern hoher Baurne ver- dunstende Wasser durch die Imbibition herbeigeschafft werden kann, dass aber oiedere Krautpflanze'n den Wurzeldruck fur eine normale Verdunstung brauchen, sucht nun Mullek durch die ganz unbegrilndete Annahme zu er- kliiren, dass die Verdunstungsgrosse der Blatter hoher Baume gegentiber der Krautpflanze sehr klein sei. Die von Sachs, I. c. nachgewiesene Be- ziehung zwischen der Verdunstung und der Entwickelung des Holzes und einige andere Umstande machen es im Gegentheil sehr wahrscheinlich, dass grade bei hohen Baumen die Verdunstung der Blatter eine sehr namhafte ist: Auch die von Muller selbst citirte Paulownia und andere grossblattrige Baume, machen diese Annahme Muller's wenigstens sehr unwahrscheinlich. Es ware aber nutzlos weiter hierauf einzugehen, oder auch eine Kritik 300 Dr. Hugo de Vries. der S. 25 — ( il gefttbrten Discussion liber die Moglichkeft einer Messnng des hei Krautpflanzen angeblich far normale Verdunstung nothigen Wurzel- druckes zu liefern, nachdem die im Anfang meiner Arbeit mitgetheilten Versuche von Sachs die Existenz einer kr&fligen Saugung frigch decapitir- fcer WurzeJstScke, also eines nega liven Druckes, auch fiir diese Fiille ausser Zweifel gesetzt ha ben. Die von Muller eitirlen Experimente von Hales und Hofmeistkr ttber die bei der Imbibition von Wasser in Idbendige Gewebe beobaehleten Druck- krafte haben, wie sich aus ihrer Beschreibung leicht ergiebt, keineswegs den hochsten Druek bestimmt, unler denen noch Qucllung unter Aufhahme von Wasser staltfinden kann. Sie haben nur gezeigt, dass dieser Druek zwei Alniospharen erreichen oder sogar ttberschreilen kann. Dass die Kraft der Imbibition wahrscheinlich viel grosser (sogar grosser als 5 — 6 Alniospharen) sei, wurde von Sachs, I. c. S. 578, hervorgehoben, der dar- auf hinwies, dass »trockene Slarkekbrner sich, wenn sie Wasser von glei- eher Temperatur imbibiren, uin 2— 3" C. erwarmen ; (siedendes) Wasser durch einen Druek von 10 Aim. nur um 0,078° C. erwarmt wird. Da nun die Erwiirmung. durch Imbibition wahrscheinlich auf Verdichtung des Wassers beruht, so erlauben diese Angaben einen Schluss auf die enorme Kraft der Imbibilion«. Muller, der dieser Stelle ebensowenig wie sonstiger, richtiger Ansichten seiner Vorganger erwahnt, meint, dass die lmbibitions- kriifle »eher 30 als 20, eher 40 als 30 Alniospharen gleichkommen«. Ober dieses aus eigenen oder Anderer Experimenten folgert, bleibt unbekannt, da die An- gabe der Quelle fehlt. J ) Wenn nun auch diese Behauptung an sich nicht unwahrscheinlich ist, so niitzt sie doch wenig, wenn keine Thatsachen zu ihrer Unterstiitzung mitgetheilt warden. Um nicht zu viele Einzelheiten aus Muller's Arbeiten zu besprechen, komme ich gleich zum Schlusse dieses Capitels, wo in folgenden zwei Satzen das Resultat zusammengefasst wird: (S. 31.) »Das Wachsen der Knospen wird also viel eher mit den Quellungserscheinungen und den osmo- tischen Spannungen der Zellinhalte, wie mit den Wurzeldrueken in Causal- zusammenhang slehen. Die Drucke der Zellinhalte wachsender Zellen auf ihre Wand in der Nahe der Vegetationspunkte werden ganz unabhangig vom Wurzeldruck sein, was fiir sehr hohe Pflanzen, Biiume nicht erst zu be we i sen war«. In diesen beiden Satzen sind vvieder die einzelnen, bei Sachs, 1. c, richtig von einander getrennten Erscheinungen mil einander vecwirrt. Dass das Wachsen der Knospen ohne den Einfluss des Wurzel- d rucks vor sich gehen kann, und in gcwohnlichen Fallen ohne diesen vor sich gehl, isl Jedem bekannt, und daraus zu folgern, dass durch die Ver- \) Das von Muller in dieser Rich tun g angestellte Experiment Nr. 19 befindel sich nuf S. 52. Leider ist aber nor die Methode Mm. betrug. Die Papierrollen waren 1) Vergl. Sachs, Lehrbucb Botanik 3. Aull. S. 693. Langenwachsthum der Ober- und Unterseite slch krilmmender Ranken. 305 tlber Glasstiibe geschoben, und nachdem die Ranken eine oder mehrere Windungen auf der Rolle gemacht hatten, wurde der Glasstab entfernt, wobei die Rolle an der Ranke hangen blieb. Vorher wurde mit Tusche die Stelle auf der Ranke bezeichnet, mit der sie mit dem Papier in Re- running kam. Jetzt krummten sich die Ranken von diesem Reriihrungs- punkte abwarts, nach ihrer Rasis hin, und bildeten noch einige weitere Windungen auf der Papierrolle. Wenn letztere bei diesen Versuchen nicht zu schwer ist, besitzen spater alle Windungen, auch die der Rolle nicht anschliessenden dieselbe Richtung; ist die Rolle aber schwerer, so tritt eine Aenderung der Richtung der Spirale aus demselben Grunde ein, aus welchem diese bei Ranken auftritt, welche eine Sttitze umschlungen haben und sich nachher spiralig aufrollen. Wenn Ranken sich um einen, durch ein kleines Gewicht vertikalgespannten Faden schlingen, beobachtet man das namliche: Erst bildet die Ranke von dem Punkte, wo sie den Faden beruhrt, aufwarts gegen ihre Spitze Windungen um den Faden herum, dann aber auch einige abwarts gegen ihre Rasis, wodurch der Faden gegen die Pflanze hingezogen wird, und ihr oberer Theil also, anstatt der vertikalen eine schiefe Rich- tung einnimmt. Ich beobachtete diese schiefe Stellung des Fadens wahrend der den Faden nicht beriihrende Theil der Ranke noch ganz grade war und die Vermehrung der Windungen nach der Rasis hinzu sehr deutlich bei Ktirbissen und bei Passiflora gracilis. Wenn der Theil der Ranke zwischen dem Faden und der Rasis der Ranke sich spiralig einzurollen anfangt, wird der Faden selbstverstandlich noch mehr auf die Seite gezogen. Diese einfachen Versuche, zeigen, dass die durch den Reiz entstehenden Krum- mungen sich sowohl gegen die Rasis der Ranke als gegen ihre Spitze fortpflanzen. In vielen Fallen, zumal bei alteren Ranken, erstreckt sich die durch den Reiz hervorgerufene Krummung nicht nur auf den beruhrten Quer- schnitt, sondern sogleich auf eine grbssere oder geringere Slrecke oberhalb und unterhalb dieser Stelle. Die Verschiedenheit des Langenwachsthums der Oberseite und der Unterseite wird also hier auf langeren, nicht berUhrten Strecken einfach dadurch ausgelost, dass an einem einzelnen Punkte die Reruhrung erfolgt. Sehr deutlich beobachtet man dieses, wenn man um Ktlrbisranken innerhalb der reizbaren Stelle einen diinnen Faden bindet und dadurch einen geringen allseitigen Druck auf die Ranke ausiibt. Die Ranke krummt sich diesem Reize zufolge mit der Unterseite concav und zwar erstreckt sich die gebogene Stelle etwas nach beiden Seiten iiber den Faden hinaus. Nach einigen Stunden gleicht sich bei giinstiger Temperatur diese Krummung wieder aus. Einen weiteren Reweis fur die Verbreitung der Wirkung des Reizes nach beiden Seiten gab mir folgender Versuch. Die Mitte der reizbaren Stelle einer noch geraden Ktirbisranke klemmte ich zwischen zwei diinnen und schmalen, etwa 4 Cm. langen Korkplattehen ein, und zwar so, dass das eine Plattchen der Unterseite, das andere der Ober- 21* 306 Hugo de Vries. seite der Ranke anlag. Mittelst ernes Fadens drUckte ich beide Pliittchen an die Ranke an und hing sie an eineni langen Faden auf um durch ihr Gewicht der Ranke nicht zu schaden, aber ohne dadurch die Beweglich- keit dieser wesentlich zu beeintrachtigen. Zwischen den Korkplatten konnte sich die Ranke selbstverstandlich nicht krUmmen, aber auf den beiden Seiten der gepressten Stelle entstand in einigen Stunden eine Krummung, welche sich auf 5 resp. 4 Mm. erstreckte und deren Concavitat den Kork nicht berUhrte. Die KrUmmung bildete auf der Spitzenseite einen halben Kreisbogen, auf der anderen Seite etwas mehr als ein Viertel eines Kreises. Spater verstarkten sich diese KrUmmungen zumal auf der Seite der Spitze, wodurch sich die Ranke den Korkplatten anlegte und sich um diese weiter herumschlang. Eine allgemeine und leicht zu beobachtende Thatsache ist es weiter, dass Ranken, deren reizbare Stelle mit einer sehr diinnen StUtze in Beruhrung kommt, um diese herum eine oder mehrere Windungen machen, ohne sich ihr fest anzulegen, wahrend diese Windungen erst spater sich verengern und also der StUtze auf alien Seiten anschliessen. Auch sieht man in solchen Fallen den jiingeren Theil der Ranke von dem gereizten Punkte gegen die Spitze hin sich in einem weiten Rogen krummen, wahrend die Spitze selbst noch grade bleibt. Eine andere, hierher ge- horige Erscheinung ist es, dass die Spitzen solcher Ranken, welche eine sehr dicke StUtze umschlungen haben, oft neben der StUtze einige engere Windungen machen. Auch diese Windungen schreiten von der gereizten Stelle gegen die Spitze hin, und sind also als eine Reizerscheinung zu be- trachten, da bekanntlich die ohne Reiz, am Ende des Wachsthums ent- stehenden Windungen immer an der Spitze selbst anfangen. Auch die Thatsache, dass kurze Zeit nachdem die Spitze einer Ranke eine StUtze umschlungen hat, das spiralige Einrollen in den alteren Theilen der Ranken, von dem gereizten Punkte abwarts erscheint , wahrend er ohne die Reizung noch in langerer Zeit nicht wUrde stattgefunden haben, kann als Folge einer Verbreitung der Wirkung des Reizes betrachtet werden. Dass hier- bei die Richtung der Spirale nicht auf der ganzen Lange der Ranke die namliche ist, wie bei den sich freiwillig einrollenden Ranken, sondern an einer oder mehreren Stellen abwechselt, wurde schon von Mohl beobachtet und als eine geometrische Nothwendigkeit betrachtet (Mohl, 1. c. S. 79), spater aber von Darwin (1. c. S. 96) der diese Stelle in Moiil's Abhandlung nicht gelesen zu haben scheint, ausfuhrlicher erklart und an Beispielen als mechanisch nothwendig erlautert. Dakwin hat (1. c. S. 100) durch hUbsche Versuche gezeigt, dass Ran- ken, welche durch eine unbedeuteude und kurzdauernde Reizung eine Krummung an der gereizten Stelle gemacht haben, spater nachdeu) der Reiz zu wirken aufgehort hat, die KrUmmung ausgleichen und sich wiedeij grade St reckon. Ich wiederholte seine Versuche mit verschiedenen Arten von Rankenpflanzen und fond jm Allgemeipen seine Angatye besiatigt'. In I.antienwachsthum der Ober- unci Unterseite sich kriimmender Ranken. 307 einzelnen Fallen aber erhielt ich ein abweichendes JResultat : Eine Ranke von Cucurbita Pepo wand sich in einer Windung urn eine dilnne Stiitze, die die Stiitze nicht beriihrenden Theile blieben grade. Als nun die Stiitze vorsichtig entfernt wurde, wand sich die Ranke von der gekrUmmten Stelle aus nach beiden Seiten hin, so dass nach zwei Stunden an dieser Stelle zwei ganze Windungen waren, wahrend die iibrigen Theile der Ranken noch iramer grade geblieben waren. Nachher wurde die KrUmmung wieder geringer und streckte sich die Ranke bis auf y 4 Windung wieder grade. An einer anderen KUrbisranke machte ich die namliche Reobachtung. Eine Ranke von Cucumis Dipsacus hatte sich in Beruhrung mit einer Stiitze scharf in 1 / i Windung gekrummt, so dass ihr oberer und ihr unterer Theil einen rechten Winkel mit einander bildeten. Als nun die Stiitze ent- fernt wurde, krtimmte sich die Ranke an der vorher gereizten Stelle in - einer engen Windung, streckte sich aber spater wieder grade. Diese Be- obachtungen zeigen, dass die Wirkung des Reizes fortdauern kann, nach- dem der reizende Kbrper selbst entfernt wurde. Hatte die BerUhrung langer gedauert, so beobachtete ich ofters, dass die KrUmmung nachher sich von der gereizten Stelle aus fortsetzle, ohne sich spater wieder auszu- gleichen. Ranken von Passiflora gracilis und Cyclanthera edulis, welche um eine dtinne Stiitze \ — 3 Windungen gemacht hatten, wanden sich, nachdem die Stiitze entfernt worden war, von der gekrummten Stelle in einen un- regelmassigen Kniiuel zusammen (wahrend die sich freiwillig einrollenden Ranken meist eine sehr regelmassige Schraubenlinie bilden). Die Ranken konnen sich um Stutzen sehr verschiedener Dicke winden. Die Ranken der meisten Pflanzen konnen sich um die diinnsten Faden winden; ftir die dickeren Ranken, z. B. fur die des Weins scheint es eine Grenze in der Dicke der Stutzen zu geben, unterhalb welcher sie sich ihnen nicht mehr in einer ganzen Windung anschmiegen konnen 1 ). An hinreichend diinne Stutzen legen sich die Ranken in regelmassigen Schraubenwindungen an, welche meist dicht nebeneinander, oft sogar theil— weise iiber einander liegen. .Um dickere Stutzen hingegen bildet die Ranke eine wellig an der Oberflache hin- und hergebogene Schraubenlinie. Kurze Zeit, nachdem sich die Windungen um die Stiitze gebildet haben, uben sie auf diese (vielleicht mit Ausnahme ganz diinner Faden und Drahte) einen Druck aus, indem die Ranken sich starker zu krummen suchen; es erscheint dabei die Stutze als zu dick fur die der eigentlichen Wachs- thumsdifferenz der beiden Seiten entsprechenden Krummungen. Die Existenz dieser den Druck verursachenden Neigung zu starkerer KrUmmung ist leicht darzuthun : Man bezeichnet mit Tusche auf eine Ranke kurze Zeit nach- dem sie eine Stutze umschlungen hat, die Stelle, wo sie mit dieser in Be- ruhrung kommt und wo sie diese verlasst, und bestimmt die Zahl der ■1) Vergl. hieruber Sachs, Lehrbuch der Bolanik 3. Autl. S. 773. 308 Dr. Hugo de Vries. zwischen beiden Marken befindlichen, also der der StUtze anliegenden Win- dungen. Jetzt schiebt man die Ranke vorsichtig von der StUtze ab. In dem Augenblick. wo die Windungen frei werden, ziehen sie sich zusammen, indem ihr Durchmesser ein geringerer als der der StUtze wird und zugleich ihre Zahl zunimmt. Ich liess z. B. eine Ranke von Gucurbita sich urn eine 5 Mm. dicke StUtze winden. In einigen Stunden hatte sie V/ 2 eng anschliessende Windungen gemacht, welche sich bei dem Abschieben von der StUtze auf 4 Windungen zusammengezogen. Dass die Ranke einen Druck auf die StUtze ausUbt, wurde schon von Mohl (1. c. S. 63) bemerkt, der beobachtete, dass Ranken Blatter, welche sie umschlingen zusammen- drucken ; eine Beobachtung, welche sich sowohl im Freien, als auch kUnst- lich, z. B. an Cylindern aus dUnnem Papier, an denen man auf einem Theil ihrer Lange einen Langsstreifen entfernt hat, leicht wiederholen lasst. Um dickere StUtzen bildet die Ranke, wie erwahnt wurde, eine wellig ^ hin- und hergebogene Linie. Indem einzelne kurze Strecken der Ranke sich starker zu krUmmen suchen als dem Durchmesser der StUtze ent- spricht, heben sie sich von dieser ab, schmiegen sich ihr aber, wahrend die starkere KrUmmung entsteht, seitlich wieder an, wodurch eine gebogene Linie an der Oberflache der StUtze entsteht. Wird nun eine solche Ranke vorsichtig von ihrer StUtze abgeschoben, so zieht sie sich, wie die um dUnnere StUtzen gewundene, zu engeren und deshalb vermehrten Windun- gen zusammen, und die welligen Ausbiegungen bleiben als solche vorhan- den und verstarken ihre KrUmmung. Dabei sieht man aber nicht selten, dass nach dem Isoliren die Windungen der Spirale nicht alle gleich ge- richtet sind, sondern dass ihre Richtung sich an einer oder mehreren Stellen andert. Zumal beobachtet man dieses, wo die welligen Ausbiegun- gen sehr stark waren, und hat man diese vor dem Isoliren mit Tusche bezeichnet so liegen nachher diese Tuschestriche an den Punkten der Ranke, wo die Richtung der Spirale sich andert. Ein paar Beispiele niogen diese sehr leicht zu wiederholende Beobachtung erlautern : Eine Ktirbis- ranke wand sich in 5y 2 Windungen um eine 6,0 Mm. dicke StUtze; nach dem Isoliren bildete diese Strecke 8 engere Windungen mit 4 Wende- punkten. An einer Ranke von Momordica Charantia, welche eine Windung um eine 6 Mm. dicke StUtze gebildet hatte und in dieser zwei wellige Ausbiegungen zeigte, wurden die Mitten dieser beiden Stellen mit Tusche bezeichnet und dann die Ranke von der StUtze abgeschoben. Es bildete diese Strecke jetzt ungeiahr zwei Windungen mit zwei Wendepunkten, in deren Mitle die Marken lagen. Aus alien) dem Vorhergehenden folgt: 1) Die Beeinllussung der Wachsthumsdillerenz der Ober- und Unter- seite der Ranken (lurch Reize ist nicht immer local, sondern kann sich von der gereizten Stelle aus ttber eine grossere oder geringere Strecke, in ge- wissen Fallen ttber die ganze Ranke verbreiten, Langenwachsthum der Ober- und Unterseite sich kriimmender Ranken. 309 i Die Beeinflussung der Wachsthumsdifferenz der Ober- und Unter- seite der Ranken durch den Reiz hbrt nicht immer sogleich mit der Be- riihrung auf, sondern dauert unter bestimmten Umstanden noch einige Zeit fort, nachdem der beriihrende Korper entfernt worden ist. 3) Die Grosse der durch den Reiz ausgelosten Wachsthumsdifferenz hangt nicht von der Dicke der Stiitze, sondern von inneren Ursachen ab; in den gewohnlichen Fallen sucht die Ranke sich durch den Reiz starker zu krUmmen als der Dicke der Stiitze entspricht und drtickt sich ihr da- durch fest cm. Meine Untersuchungen tiber das absolute Langenwachsthum der Ober- und Unterseite der sich kriimmenden Stellen in den Ranken in Vergleich mit dem Wachsthum bei gradem Wuchs beziehen sich direct nur auf die sich um Stiitzen krUmmenden Stellen. Bei diesen schloss ich auf das Wachsthum bei gradem Wuchs aus dem Wachsthum der der gereizten Stelle beiderseits am nachsten liegenden, grade bleibenden Strecken der namlichen Ranke. Bei der Veranclerung der Lange der sich freiwiliig ein- rollenden Ranken und der sich spiral ig zusammenziehenden Theile der- jentgen Ranken, vvelche einc Stiitze gefasst haben, zwischen dieser Stiitze und der Basis der Ranke selbst, ware nur eine Vergleichung mit dem Wachsthum der namlichen Theile kurzc Zeit vor dem Einrollen moglich. Ich habe diese abcr unteilassen, da die einfachen Messungen der Langen- veranderung bei diesen Bewegungen im Allgemeinen schon hinreichend deutliche Zahlen liefern, um eine solche Vergleichung vollig UberQiissig zu machen. Fur alle Falle war die Methode der Messungen, der Hauptsache nach, die namliche, und ich will da her zunachst diese beschreiben. Ehe die Ranken anfingen sich zu kriimmen, oder kurze Zeit bevor sie mit einer Stiitze in Beriihrung gebracht wurden, wurden mit Tusche feine Querlinien auf ihre Oberseite aufgetragen, deren Distanz in der reizbaren Stelle genau 1 Mm., in den anderen Theilen aber genau \ Cm. betrug. Dann wurde mit der Unterseite der reizbaren Stelle eine Stiitze in Beriih- rung gebracht und die Ranke daran mitlelst eines sehr dtinnen Fadens befestigt, damit sie sich nicht durch Nutation wieder von ihr entferne. Die Ranke wand sich jetzt in einer oder mehreren Windungen um die Stiitze. Je nach ihrem Alter blieben dabei die unteren, von der Stiitze nicht beriihrten Theile grade oder fingen auch sie an, sich spiralig einzu- rollen. Der Theil zwischen der Stiitze und der Spitze der Ranke, blieb in vielen Versuchen auch bis zu Ende des Versuchs grade, oder bei langerer Dauer wand er sich von oben herab ganz um die Stiitze oder er wand sich in freien Windungen neben der Stiitze. Wo es moglich war, wurde der Versuch beendigt, nachdem die Ranke um die Stiitze eine oder zwei, 310 Dr. Hugo dk Yriks, eng an der Stiltze anliegendc Windungen gemacht hatte, und ehc die nicht herlihrten Theile noch angefangen hatten sich zu krllmmen. In diesen Versuchen wurde die Lange der nn den gewundenen Theil grenzenden, grade gebliebenen Strecken direct mit dem Maassstab am Ende des Ver- suchs bestimmt und so ihr Wachsthum wahrend des Versuchs zum Ver- gleich mit demjenigen der gewundenen Strecke gefunden. Filr die Berechnung des Wachsthums der schraubig gewundenen Theile wurden ausschliesslich allseitig gleichmassige , der Stutze eng anliegende W indungen benutzt. War aus den vorhandenen Windungen eine solche ausgewahlt, so wurde zunachst bestimmt, wie viele der Abtheilungen, welche von Anfang des Versuchs auf der Oberseite der Ranke mit Tusche bezeichnet waren, und welche damals je I Mm. Lange hatten, auf der Aussenseite in genau einer Windung lagen. Diese Zahl giebt die Lange der Windung vor Anfang der Krtlmmung in Millimetern. Um die Lange der Aussenseite und der Innenseite der Windung am Ende des Versuchs be- stimmen zu konnen, wurde die Schraubenwindung als kreisfbrmig betrach- tet, und mittelst einer Micrometerschraube l ) der Diameter des ausseren und des inneren Kreises gemessen Als Diameter des inneren Kreises ist die Dicke der Sttitze zu betrachten, da die Innenseite der Rankenwindung dieser eng anlag. Der aussere Diameter ist der Summe der Sttitzendicke und der doppelten Dicke der Ranke gleich, und es wurde daher zur Gon- trolle in den meisten Versuchen auch noch die Dicke der Ranke in der Versuchsstelle direct mit der Micrometerschraube gemessen. Bei den freien Windungen konnte der innere Durchmesser nur durch die Differenz des ausseren Durchmessers und der doppelten Rankendicke bestimmt werden. Aus dem Durchmesser wurde dann die Lange des Umkreises durch Mul- tipliciren mit 3,14 bestimmt. Um auch filr die so erhaltenen Zahlen eine Controlle zu gewinnen, wurde eine directe Messung mittelst eines schmalen Papierstreifens vorge- nommen, worauf eine Mm.-Eintheilung gedruckt war. Die Messung des ausseren Umkreises fand durch directes Anlegen dieses Streifens an die Windung statt; zur Messung des inneren Umkreises wurde eine feine Kolle aus dem Papieistreifen gemacht, mit der Eintheilung auf der Aussen- seite, und die Windung vorsichtig von der Stiltze auf diese hintlberge- schoben. Lasst man die Rolle frei, so entrollt sie sich durch die Elacticitat des Papiers und schliesst der Rankenwindung an; man kann dann auf 1) Die Micrometerschraube erlaubte cine leichte und genaue Ablesung von Hundertel- Mm.; da aber die Gleichmiissigkcit der Windung und das Anschliessen der Ranke an ■ lie Sehraube wahrend der Messung diese Genauigkeit nicht erreicht, wurden nur ha I be Zehntel-Mm. beriicksichtigt und bei hinreichend gleichmassigen Windungen uberschritt der lieobaclitungslehler nie 0,05 Mm., wodurch, wie die Einrichtung der Tabelle zeigt, in den meisten Fallen eine gleiche Genauigkeit in '?>— 80" C. Eine junge 12 Cm. lange Ranke an einer im Topic hinter einem Siid- fenster in einem fenchten Raum wachsenden jurigen Pflanze, Wurde mitlelst feiner Queiiinien von Tusche auf der Oberseite genau in Cm. eingetheilt. Die 312 Dr. Hugo de Yries. 4te und 5te der so erhaltenen Abtheilungen (von dcr Spitze aus gezahlt) wurden in der namlichen Weise in Mm. eingetheilt. Ein Eisendraht dicntc als Stiltze und wurde der Unterseite der in Mm. eingetheilten Strecke sanft angedrttckt und diese daran nichl weiter befestigt. Nach einigen Stunden war eine deutliche KrUmmung an der BerUhrungsstelle eingetreten; am Ende des Versuchs etwa 1 1 / 2 Windung, genau an die StUtze anschliessend, gebildet; die iibrigen Theile der Ranke aber grade geblieben. Die 3te Cm.- Abtheilung von der Spitze ab gezahlt, war jetzt 1,2 Cm. lang, die 6te und ebenso die alteren je 1,1 Cm. lang. Von den 1 1 / 2 Windungen wurden die beiden Enden so abgeschnitten, dass genau eine Windung Ubrig blieb, deren Lange 4,6 der vor Anfang des Versuchs auf der Oberseite bezeichne- ten Mm.-Abtheilungen betrug. Die directe Messung ergab ferner ftir die 1 Dicke der StUtze 1,55 Mm., fUr die Dicke der Ranke 0,65 Mni., fUr den Durchmesser des ausseren Umkreises 2,8 Mm. und fUr die Lange dieses ausseren Umkreises 9,0 Mm. Die Dicke der StUtze crgiebt fUr die Lange des inneren Umkreises 1,55 x 3,14 = 4,87 Mm. Der Durchmesser des ausseren Umkreises ergiebt far die Lange dieses 2,80 X 3,14 = 8,79 Mm. Die Lange einer Mm.-Abtheilung am Ende des Versuchs ist also: 4 87 auf der lnnenseite — ' = 1,05 Mm.; Zuwachs auf 1 Mm. = 0,05 Mm. 4,6 auf der Aussenseite 8 / ^ = 1,9 Mm.; Zuwachs auf 1 Mm. = 0,9 Mm. 4,6 Nimmt man fUr das Wachsthum dieser Strecke, wenn sie grade ge- blieben ware, das Mittel des Wachsthums der Ranke oberhalb und unter- halb dieser Strecke an, so bekommt man 0,15 Cm. auf 1 Cm., oder 0,15 Mm. auf 1 Mm. Es crgiebt sich also, dass bei dem Winden die lnnenseite absolut langsamer, die Aussenseite aber absolut und zwar be- deutend starker gewachsen ist, als dieses ohne KrUmmung der Fall gewesen sein wUrde. Wenn nun auch das Wachsthum bei normalem gradem Wuchs nicht genau als das Mittel der beiden dazu benutzten Zahlen angenommen wer- den darf, so kann dieses doch niemals geringer angenommen werden als 0,1 Mm. auf jeden Mm., andererseits auch das Wachsthum der hoheren Theile nicht so stark Ubersteigen, dass cs den gezogenen Schluss beein- Iraohtigen konnte. Die folgende Tabelle enthalt die in dieser Weise fur eine grossere An- zahl von Ranken von Cucurbita Pepo gewonnenen Zahlen, die zweito die Besultate dcrselben Vcrsuche mit andeien Arten. Aus dem Vorhcrgehenden Langenwachsthum der Ober- und Unterseite sich kriimmender Ranken. 313 wird die Bedeutung der einzelnen Columnen leicht verstandlich sein. Die Ranken waren meist solche in Tbpfen gezogener Pflanzen ; theilweise aber benutzte ich Ranken an abgeschnittenen Sprossgipfeln von im Freien ge- wachsenen Pflanzen. Beim Abschneiden dieser Sprossgipfel wurde die aus meiner vorhergehenden Arbeit sich ergebende Regel befolgt: ich stellte neben der Pflanze ein Gefass mit Wasser, tauchte die Schnittflache sogleich nach dem Abschneiden unter und schnitt dann unter Wasser eine etwa 5 Cm. lange Strecke ab. Die Dauer der Versuche betrug l / 2 bis 2 Tage; die Temperatur war zwischen 25° und 30° C. Die Versuche wurden grossentheils in Doppelfenstern angestellt, wo die Luft sehr feucht gehalten wurde. Als Stiltze dienten Glasrbhren oder Eisendrahte. Tabelle I. Langenwachsthum der Ranken von Cucurbita Pepo bei den durch Reiz hervorgerufenen Kriimmungen. in Cm. In Mm. ausgedrilckte -2 bi> S a Berechnete Zuwachse in Mm • atl-P 1 Mm Beob. Zu- wachse Ranken. e der Ranke Durch ■3 M o> tJ mess. tD ai n >bachtete i der Ranke. Berechnete Lange des inn. | auss. Lange des Umkreises. I der Mm. -A 1. Windu dei tD a » V Passittora alata Passifl. cinnabarina Nr. II » III Disemma Mulleriana Nr. II 18 12 1 12 , 16 ! 10 17 20 I I 21 14 14 21 13 16 18 16 22 In Mm. ausgedrttckte : Durchraess. 0.95 0.9 0.95 0.95 0.95 0.9 0.95 0.95 0.9 1.2 1.55 1 .55 1.2 1.65 0.95 0.95 1.25 5* 1.95 1.8 1.9 2.0 2.1 1.75 2 1.8 1.9 2.2 2.4 2.4 2.4 2.95 2.3 2.45 2.3 2.2 2.55 0.5 0.5 55 0.6 0.45 0.55 45 0.5 0.45 0.4 0.65 0.65 0.6 0.65 0.6 0.65 Berechnete Liinge des inn. | auss. Umfcreises. a © CO oa .5 IP Berechnete Zuwachse in Mm.;auf lMra. der der Windung. 2.98 6.12 I 3.4 — 0.1 0.8 0.15 0.05 2.83 5.65 — 3.4 — 0.15 0.7 0.1 0.05 2.98 5.97 3.4 — 0.1 0.75 0.0 0.0 2.98 6.28 3.3 — 0.1 0.9 0.05 0.05 2.98 6.59 3.6 — 0.15 0.85 0.15 0.05 2.83 5.50 3.1 -0.1 0.75 0.05 0.1 2.98 6. 28 1 3.8 —0.2 0.65 0.05 2.98 5.65 40 —0.25 0.4 0.0 0.0 2.83 5.97 2.9 0.0 1.05 0.5 0.1 3.77 6.9 I 7.0 3.1 0.2 1.1 4.87 7.54 7.5 4.5 0.1 0.65 0.3 1 4.87 7.54 8.0 5.0 — 0.05 0.5 0.2 0.1 3.77 7.54 5.0 -0.25 0.5 0.4 0.1 5.18 9.26 5.1 0.0 0.8 0.2 0.2 2.98 7.22 2.6 0.15 1.8 0.3 0.2 3.93 7.69 3.9 0.0 0.95 3.14 7.22 3.6 — 0.15 1.0 2.98 6.91 3.0 0.0 1.3 3.93 8.01 4.4 — 1 0.8 Beob. Zu- wachse in Cm.; auf 1 Cm. der Ranke. 3 der Windungr. Aus diesen beiden Tafeln geht hervor : 1) Bei den durch BerUhrung mit einer Stutze an der Beruhrungsstelle hervorgerufenen Krummungen der Ranken wachst die Oberseite immer starker und zwar meist bedeutend starker als die Oberseite der der ge- krtlmmten Stelle zunachst liegenden grade bleibenden Theile. 2) Bei diesen Krummungen wachst die Unterseite entwedcr wenigcr als die Unterseite der der gekrummten Stelle zunachst liegenden grade bleibenden Theile, oder sie wachst wahrend der KrUmmung gar nicht, oder sie wird sogar kiirzer. Welche von diesen drei Moglichkeiten injedcm einzelnen Falleauftritt, hangt von der Frageab, ob das Wachslhum bei normalem gradem Wuchs starker oder schwacher gewesen sein wurde, wie sich leicht aus der ersten Tabelle ergiebt. Das Wachsthum der Ranken hbrt in den urn eine Stutze gekrUmmten Stellen nicht sogleich nach der Vollendung der Kriimmung auf, wenigstens nicht in alien Fallen. Man Uberzeugt sich hiervon sehr leicht durch folgen- den Versuch. Kurz nachdem eine Ranke einige eng anschliessende Windun- gon um die StUtze gemacht hat, zieht man mit Tusche eine feine, der Achse der StUtze parallele Linie ttber diese Windungen. Nach einiger Zeit beobachtet man, dass die auf den einzelnen Windungen befindlichen Theile dieser Linie gegen einander verschoben sind, und zwar in einer Richtung, welche einer Verlangerung der einzelnen Windungstheile ehtspricht. Bei Langenwachsthum der Ober- und Unterseite sich kriimmender Ranken. 315 eincm solchen Versuch zeigte mir eine urn cine 6 Mm. dicke Stiitze in zwei Windungen gewundene Ranke von Cucurbita Pepo, innerhalb Slundon einen Zuwachs von \ Mm. in jeder Windung; eine Ranke von Mourn- lica Charantia in einer, urn eine gleich dicke Stiitze gemachle Windui.g rinen Zuwachs von 2 Mm. innerhalb 24 Stunden. Bei denjenigen Schraubenwindungen, welche nicht an der beriihrten Stelle um die Stiitze herum gebildet werden, sondern entweder z wise hen der Stiitze und der Rasis der Ranke, oder, wenn die Ranke keine Stiitze gefasst hat, von der Spitze abwarts iiber ihre ganze Lange oder einen grossen Theil ihrer Lange entstehen, ist eine Vergleichung des Wachsthums der Innen- und Aussenseite mit dem normalen graden Wuchs, wie oben auseinandergesetzt wurde, nicht mbglich. Die Angaben des Wachsthums von grade bleibenden Theilen fehlt daher in der folgenden Tabelle ; auch ist der Durchmesser des inneren Umkreises nicht direct gemessen worden, sondern aus demjenigen des ausseren Umkreises und der Dicke der Ranke bestimmt. Wie schon erwahnt, ist die Lange einer Windung vor dem Versuch berechnet aus der Zahl der Windungen auf einer Cm.-Abtheilung. Im Uebrigen ist die Tabelle in gleicher Weise wie die beiden Vorhergehen- den eingerichtet. Auch die Bedingungen der Versuche waren die namlichen wie in der vorigen Versuchsreihe. Die Versuchsdauer war meist 1 — 2 Tage. Tabelle III. Langenwachsthum der Ober- und Unterseite von Ranken und Rankentheilen, welche sich ohne Beruhrung mit einer Stiitze krummen. Arten. In Mm. ausgedruckte Durcbmess. des inn. I auss. Umkreises. ber. beob. Berechnete Lange des inn. | auss. Umkreises. O Ul S. 53 L. ste Lange • Anfang ;hs. nassige Cm. izahl gleichr Wind, auf 1 aus berechnt jr Wind, voi des Versu< < 3 a Berechnete Zuwacbse in Mm.; auf 1 Mm. der < der Windung. I. Freie Windungen des unteren Theils, nachdem die Spitze sich um eine Stiitze geschlungen hat. Cucurbita Pepo 0.7 3.6 5.0 11.30 15.70 1.13 8.8 0.3 0.8 Nr. 11 11 0.5 1.5 2.5 4.71 7.85 8.0 1.8 5.6 — 0.15 0.4 »» III 10 0.7 1.85 3.25 5.81 10.21 1.5 6.7 — 0.15 0.5 » IV 14 0.8 1.8 3.4 5.65 10.68 1.5 6.7 — 0.15 0.6 » V 13 0.7 1.4 2.8 4.40 8.79 1.75 5.7 —0.25 0.55 » VI 0.8 1.4 3.0 4.40 9.42 1.7 6.0 [0.55 Microsech. ruderale 20 0.4 1.4 2.2 4.40 6.91 2.13 4.7 —0.05 "0.5 Nr. II 17 0.55 1.0 2.1 3.14 6.59 2.25 4.4, 3.6 — 0.35 0.5 Passifl. cinnabarina 18 0.6 1.1 2.3 3.45 7.22 2.8 — 0.05 1.0 Nr. II 16 0.55 1.25 2.35 3.93 7.38 8.0 2,3 4.3 —0.1 0.7 Cyclanthera edulis 18 0.7 1.8 3.2 5.65 10.05 2.2 4.5 0.25 1.25 Disemma Mulleiiana 16 0.55 1.35 2.45 4.24 7.69 2.2 4.5 — 0.05 0.7 II. Yvele Windungen von Ranken, welche keine Stiitze umfasst haben. Cucurbita Pepo • 0.6 2.4 3.6 7.54 11.30 1.13 8.8 —0.15 0.3 Cylanthera edulis 24 1 0.45 1.3 2.2 4.08 6.91 3.9^) 0.05 0.8 Passiflora Impetatrix 14 0.95 1.6 3.5 ] 5 02 10.99 11.6 0.651) —0.25 0.7 1) Direct beobachtet mittelst vorher gemachter Mm.-Eintheilung 316 Dr. Hugo de Vries. LHngenwachsthum der Ober- und Unterselte etc. Diese Zahlen zeigen : 1) Dass das Langenwachsthum der Oberseite bei den sich schrauben- artig einrollenden Ranken bedeutend starker ist, als das Wachsthum der namlichen grade bleibenden Strecken in gleicher Zeit, kurz vor oder am Ende des Langenwachsthums der Ranken (vor dem Rtickwartseinrollen) auch unter den gunstigsten Umstanden sein kann. 2) Dass bei diesen KrUmmungen in weitaus den meisten Fallen eine Verkiirzung der concaven Seite eintritt. Die Vergleichung mit den Resultaten der beiden vorigen Tafeln fuhrt zu dem Anfangs ausgesprochenen allgemeinen Satze: Bei den Krilmmungen der Ranken wird das Wachsthum auf der con- vexen Seite beschleunigt, dasjenige der concaven Seite aber vermindert, oder auf reducirt. Bei geringem Totalwachsthum der Ranke tritt sogar eine Verkiirzung der concaven Seite ein. Zur Mechanik der Bewegungeii von Schlingpflanzen. Von Dr. Hugo de Vries. In der bolanischen Literalur stehen sich uber die Ursache desWindens der Schlingpflanzen zwei Meinungen gegenilber : die eine, von Mohl *) begrtlndele und am Allgemeinsten verbreitete nimmt eine Reizbarkeit in den Stengeln die- ser Pilanzen an, welche der Reizbarkeit der Ranken analog sein soil ; die andere, von Palm 2 ) zuerst aufgestellte, spater von Darwin 3 ) in etwas abweichen- der Art vertretene, glaubt das Winden ohne die Annahme einer solchen Reizbarkeit erklaren zu konnen. Palm's Ansichten wurden durch die Kritik Mohl's scheinbar endgiiltig wideiiegt, und die von Darwin angestellten Experimente richteten sich nicht gegen den Schwerpunkt der MoHL'schen Theorie, die Reizbarkeit durch dauernde Reriihrung, und so gelang es die- sem Forscher nicht seine Auffassung zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. Rei diesem Stand der Sache erschien eine neue Untersuchung Uber dieses Thema erwiinscht, um, wenn moglich, eine endgilltige Entscheidung der Frage zu erreichen. Diesen Zweck habe ich in der vorliegenden Ab- handlung angestrebt, und zugleich wenigstens eine Andeutung fur eine spatere mechanische Erklarung zu geben versucht. Leider fehlte mir die Zeit, diejenigen beabsichtigten Versuche anzustellen, welche zu dieser Er- klarung fiihren sollten. Ich habe in dieser Arbeit ausschliesslich die mecha- nische Seite der Frage berilcksichtigt ; ftlr eine Reschreibung der bei ver- \) Mohl, tleber den Bau und das Winden der Ranken und Schlingpflanzen. 1827. 40. 2) Palm, Ueber das Winden der Pflanzen 1827. Vergl auch die ausfiihrliche Kritik Mohl's ; 1. c. S. 145—152. Die Arbeit selbst ist erst wahrend des Druckes in meine Hande gekommen. 3) Darwin, On the movements and habits of climbing plants 1865 (Separatabdr. aus dem Journ. of the Linn. Soc. Vol. IX. p. 1—118). 318 Dr. Hugo de Vries. sehiedenen Arten beobachteten Einzelheiten, sowie fur die Darstellung der bVziehung des Windens zu dem Leben der Pflanze muss ich auf die beiden vorziiglichen, bereits citirten Abhandlungen Mohl's und Darwin's verweisen. In dem ersten Theile dieser Abhandlung habe ich, nebst einer ge- sehichtlichen Finleitung, in einzelnen kleinen Abschnitlen meine Versuche beschrieben; jeder dieser Abschnitte bezvveckt die Beantwortung einer ganz speciellen Frage. Im zweiten Theile habe ich es dann versucht, die er- hallenen Resultate zu einer iibersichtlichen Darstellung der bei den Schling- pflanzen beobachteten Wachsthumsbewegung zusaminen zu fassen. Fur das Versliindniss des Folgenden wird es vielleicht von Nutzen sein, schon von vornherein zu bemerken, dass meine Unlersuchungen mich zu der Ueberzeugung der Richtigkeit der PALM'schen Ansicht, also der Nichtexistenz einer Reizbarkeit gefiihrt haben. I. Experimental ler Theil. Ges chichi Itches und Versuche ilber Reizbarkeit. Ein Hauptsalz bei jeder Untersuchung iiber die Ursache des Windens, welcher als solcher von sammtlichen Forschern mehr oder weniger klar ausgesprochen und hervorgehoben wurde, ist, dass die kreisformige Be- wegung der Sprossgipfel und die Windungen gleichgerichtet sind. Die kreisformige Bewegung der Gipfel entsteht bekanntlich aus dem Zusammen- wirken der Nutation der jiingeren, und der Torsion der alteren Theile; beide fUhren den iiberhangehden Gipfel in der namlichen Richtung im Kreise herum ; erstere aber viel rascher als letzere. Palm (1. c. S. 4 8, vergl. Mohl, 1. c. S. 1 46) hat diese beiden Ursachen der kreisformigen Bewegung bereits richtig unterschicden, und die Nutation als die Ursache des Windens, die Torsion als eine von beiden unabhangige Erschcinung betrachlet. Mohl hingegen kannte die Nutation nicht und belrachlele des- halb falschlich die Torsion als die einzige Ursache der kreisformigen Be- wegung; diese konnte selbstverstandlich das Winden nicht verursachen, und so wurde Mohl (S. 112) zu der Annahme gefiihrt, dass die Stengel der Schlingpflanzen eine Reizbarkeit besiissen. Dieser Reizbarkeit zu Folge sollte das Wachsthum auf der beruhrten Seite geringer vverdcn als auf der entgegengesetzten. Dutrochkt 1 ), der, anscheinend ohne die Arbeilen von Palm und Mohl zu kennen, die Thatsache, dass die Nutation, das Winden und gewohnlich auch die Torsion bei jeder Art die niimliche Richtung haben an einer An- zahl von Arteii beobachtele, zeigte zugleich, dass diese Richtung auch mit der der Blattsteilungsspirale, wo eine solche gefunden wird, Qbereinstimmt. Er machte wteiter die Beobachtung, dass bei Solanum Dulcamara an v< i r- \) DlJTROCHET, Complfs rend US 1844 p. 295; Ann. Sc. mil. ;i. S«>ri< 4 II. p. 1<>3. Zur Mecbanik tier Bewegungen von Schlingpflanzen. 319 schiedenen Stengeln eihe verschiedene Richtung der Windungen auftritt, dass aber dennoch an jedem einzelnen Sprosse die Richlung der Nutation, der Windung, der Torsion und der Blattstellungsspirale die namliche ist. Die constante Gleichheit dieser vier Richtungen beweist, nach ihm, dass sie von der namlichen Ursache abhangen (Gpts. rendus, 1. c. S. 302) : »qiT ils sont produils par la meme force interieure et vitale, dont Taction est'revolutive autour de l'axe de la plante«. Die Neigung, sich zu win- den, sei von vornherein in der Pflanze gegeben; in den meisten Fallen aber ist die Beriihrung mit einer Stiitze nothig, urn das Winden selbst auszulbsen. l ) Als spater von L£on 2 ) eine Varietat von Phaseolus multiflorus ent- deckt wurde, in der die Richtung der Torsion constant derjenigen der Win- dungen entgegengesetzt ist, und die von Palm gefundenen Ausnahmen von der constanten Richtung der Torsion in gewundenen Stengeln be- statigt wurden, verlor das Zusammenfallen der Torsionsrichtung mit der Richtung der Nutation und der Windungen einen grossen Theil ihrer Wichtigkeit. Die falsche Ansicht Mohl's iiber die Ursache der kreisfbrmigen Bewe- gungen wurde zuerst von Darwin (I. c. S. 5.) widerlegt, und dadurch seine Annahme eines Reizes ihrer Nothwendigkeit beraubt. Durch Eingriffe, welche bei den Ranken als Reiz auftraten, gewann Darwin fiir &\ch die Ueberzeugung, dass den Schlingpflanzen keine Reizbarkeit zukomme, schloss aber dadurch die Mbglichkeit einer Reizwirkung durch dauernde Beriih- rung nicht aus. Er betrachtete die Windungen als die directe Folge der Nutation, in dem er die Schlingpflanzen mit. einem Tan verglich, das rasch in einein Kreise umhergeschwungen plbtzlich durch eine Stiitze zurtickge- halten wird und sich dadurch um diese schlingt. 3 ) Dieser Vergleich war aber nicht im Stande, eine deutliche Erklarung von dem Winden zu geben, und da die MoiiL'sche Annahme einer Reizbarkeit, wenn sie auch den Be- weis ihrer Nothwendigkeit durch die Erkenntniss der Nutation verloren hatte, doch nicht von Darwin als unmbglich dargethan, od^r durch directe Versuohe widerlegt worden war, blieb diese bis jetzt die lierrschende, und 1) I. c. S. 202. »La disposition a I'cnroulemenl spirale existait dans la tige volu- bile, avant quo cot enroulement cxistat« und S. 303 : »On he pout nier quo lo contact dos supports n ait do ['influence pour determiner los tiges volubilos a s'enroulor sur eux en spirale«. 2) Leon, Bull. Bot. Soc. d. Franco T. V. 1858 p. 356; citirt bei Darwin, 1. c. S. 5. 3) S. 9: »lf a man swings a rope round his head, and the end hits a stick, it will coil round the stick, according to the direction of the swinging rope; so it is with twining plants, . . . . «. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. III. 22 320 Dr. Hugo de Vrif.s. wurdc sie auch in der 1. und 2. Auflage des Lehrhuchs dor Rolanik von Sachs verlrelen. J) Ausser soinen Hauptboweis fuhrl Mohl hauptsachlich noch zwei That- sachen als Stiilzen filr seine Theorie der Reizbarkeit an. Erstens weist er darauf liin, dass die kreisformge Rewegung (Nutation) der Sprossgipl'cl auch bei nicht schlingenden Arten beobachtet wird (Pisum sativum, Latliyrus odoratus, Passiflora) wenn auch nicht in eineni so hohen Grade wie bei den Schlingpflanzen. Wenn nun diese Betrachtung auch zeigt, dnss sich das Wrnden aus der Nutation nicht ini Allgemeinen, sondern nur unter be- stimmten Bedingungen erklaren lassen wird, so reicht sie doch zum Be- weis der Reizbarkeit nicht lift. Zweitens hebt Mohl hervor, dass den gewundenen Stengeln der Schlingpflanzen die starken Torsionen der nicht windenden, grade aufwarts wachsenden Sprosse fehlen. Diese Thalsaclie liisst sich aber viel einfacher durch die mechanische Verhinderung erklaren, welche der gewundene Zustand des Stengels auf die Ausbildung dieser Torsion ausiibt. In den jtlngeren, weicheren Theilen des Stengels sind die inneren Ursachen der Torsion irnmer nur wenig stark entwickelt, und wer- den in den meisten Fallen von iiusseren Torsionsursachen tiberwunden, in den iilteren sich selbstthalig und kraftig lordirenden Stengeltheilen kann aber die schon weiter vorgeschrittene Ausbildung des Holzkorpers in dem ge- wundenen Zustand die Entstehung von Torsionen bedeutend ersebweren oder ganzlich verhindern. "In wie weit diese Betrachtung zu einer Erkla- rung der MoiuAschen Beobachtung ftthrt, mag einstweilen unentschieden bleiben ; sie zeigt aber, dass die Annahme einer Reizbarkeit zu der Erkla- rung vorlaufig noch ganz unnbthig ist. Die Versuche, welche von Darwin iiber die Reizbarkeit angestellt wur- den, und welche diesen Forscher zu der Ueberzeugung der Nicht-Exislenz dieser Reizbarkeit fiihrten, waren hauptsachlich die folgenden : Darwin (I. c. S. 10) rieb die nutirenden Sprossgipfel mehrerer Schlingpflanzen starker als zum Auslosen einer Reizbewegung bei den Ranken nothig ist, und band einen leichten gabelig verzweigten Holzzweig an solche Gipfel, so dass dieser mit ihnen im Kreise herumgefiihrt wurde, aber ohne da- durch Windungen zu bekommen. Diese Versuche zeigen zwar, dass solche Ursachen nicht im Stande sind als Reiz zu wirken ; aber nicht, dass andere Ursachen, zumal dauernde einseitige Beriihrung nicht als Reiz wirken kon- nen. Ebenso wenig wttrde die schon von Mohl (I. c. S. 126) gemachte Beobachtung, dass Schlingpflanzen, welche in der falschen Richlung kilnst- 4) Man sehe auch: Sachs, Haodbuch d. Exp. IMiys. 48G5 S. fi 1 . und Hofmkistiu. hie L'ehre von der Pflanzehzelle s. :j o 9 . Die von Hofmeister betonte A^ngabe, dnss die Nutation in den windenden Theilen verniehlel sei , ist nicht ZUlfeffend, wie in dem /Vbschnitte iiber die Nulation der Spitze scb,Ungender Sprosse naher ausgefubri wer- den soil. Zur Mechanik dor Bewegungen von Schlingpflanzen. 321 lich urn Stiitzen gewunden und festgebunden worden sind, oberhalb der Ligatur wieder ihre normale Windungsrichtung annehmen, etwas beweisen, da ja beim Anbinden ein Druck auf zwei gegeniiberliegende Seilen statt- findet. Wenn es sich darum handelt, durch directe Versuche iiber die Existenz oder Nicht-Existenz einer Reizbarkeit zu entscheiden, so ist es Aufgabe solcher Versuche, eine dauernde einseitige Beriihrung, mil oder ohne Druck der Pflanze gegen die sie beriihrende Stiitze herzuslellen ; mit andern Worten , man muss erstens die bei der Nutation vorangebende Seite dauernd eine Stiitze beriihren und sich an diese andriicken lassen, ohne dabei die Nutation selbst durch die Unbeweglichkeit der Stiitze aufhoren zu machen, und zweitens muss man eine Stiitze dauernd gegen die bei der Nutation hintere Seite drucken lassen. Zumal der letzere Versuch ist, meiner Meinung nach, entscheidend ; kriimmt sich der Stengel nicht gegen diese Stiitze concav, und windel er sich nicht um sie (was selbslverstand- lich in der falschen Richtung geschehen miissle), so beweist der Versuch, diiss nicht eine dauernde BerUhrung oder ein dauernder einseitiger Druck die berttforte Seite zu langsamerem, die gegentil)erliegende zu starkerem Wachsthum reizt, sondern dass die Krummung von ganz anderen Ursachen abhangt. Es liisst sich gegen diese Folgerung nicht einvvenden, dass vielleicht nur eine einseitige Reizbarkeit vorhanden sein konnle, indem nur die bei der kreisfonmgen Bewegung vordere Seite die reizbare ware. Die kreis- formige Bew egung ist eine rolircnde Nutation, es geht also in jedem Augen- bllck cine andere Seitenlinie dcs belreflenden Internodiums voran ; es hiingt nur von der Stellung der Stiitze ab, mit welcher Seitenlinie des Sprosses sie in BerUhrung kommt. Auch der Ein wand, dass die bei die- scm Versuche beriihrte Seite nicht dauernd die niimliche ist, hat keiiie Bedeutung, da dieses auch dann nicht der Fall zu sein braucht, wenn die Stiitze die Nutationsbewegung des Gipfels verhindert, und von ihm um- sehlungen wird. Ausfiihrlicheres hieriiber wird man in den belreflenden Ab- schnilten linden. Die einfachsle Art, diese Versuche anzustellen ist diese, dass man die StUtze an den einen Arm einer Drehwaage befestigt, deren Rolationsachse mit der Verliingerung der vertikalen Achse der Nutationsbewegung zusam- menfiillt. Ein kleines Gewicht am unteren Elide der Stiitze vermindert ihre Beweglichkeit, an den andern Arm bringt man ein Gegengewicht an, Bei hinreichend langem Aufhangefaden (ich benutzle einen von 80 Cm. Uingo) kann der durch die Torsion dieses Fadens ausgeUble Druck der Stiitze gegen den nutirenden Gipfel langere Zeit hindurch sehr constant sein. Ich babe eine Anzahl dergleichen Versuche mit Phaseolus multiflo- rus gemacht; die Pflanze und der ganze Apparat standen in einem geeig- neten Glaskasten, um jeder Bewegung der Waage durch Luftstrome vor- zubeugen. Ich will die betreffenden Versuche nicht ausfiihrlieh beschrei- 322 Dr. Wvgo i>i Vwes ben, da ich sic nur zur weilern Bestiitigung eiher sonst begrnndeten Ueber- zeugung gemacht babe, sondern nur ihre Resultate kurz miltheilen. Driickte die Stillze [ein Eisendraht von 1.5 Mm. Dicke) auf die Vorder- seile des nulirenden Gipfels, so geht bei geringem Drucke die Nutation Tage lahg ungestort vor sich; der Gipfel schiebt also die StUtze immer vor sich her; bei grbsserem und rascher sleigendem Drucke machte der Gipfel nur l / 4 bis ! / 2 Umkreis und wand sich dann urn die Sttltze. Drttckte die StUtze hingegen auf die Hinterseite des nulirenden Gipfels, so geht auch hier bei geringem Drucke die Nutation ' ungestort vor sich ; die Sttltze foigt also hier der kreisfbrmigen Bewegun'g des Gipfels ; bei grbsserem Drucke aber (wenn der Gipfel z. B. anfangs urn I80°durch die StUtze fortbewegt war), lindet keine Nutation stall, sondern slreckt sich der Gipfel grade, wobei er sich von der Stiltze befreit. Lasst man einen solchen Gipfel un- beUistigt, so senkt er sich nach einigen Stunden und fangt seine gewbhn- lichen Nutationen wieder an. Es folgt aus dieser Discussion, dass die von Mohl und Andern bei- gebrachten Argumente die Nolhwendigkeit der Annahme einer Reizbarkeit bei den Schlingpflanzen nicht erwiesen haben, dass hingegen die directen Yersuche eine solche Reizbarkeit wenigstens sehr unwahrscheinlich machen. Die Arten der Gattung Cuscuta verhalten sich ganz anders als ge- wbhnliche Schlingpflanzen, indem sie eine ausgesprochene Reizbarkeit ha- ben, welch e nicht nur Krummungen urn die StUtze herum veranlasst. son- dern auch das Dickenwachsthum und die Entstehung der Haflwurzeln be- einflusst, und indem sie nicht nur urn vertikale oder fast vertikale, sondern um Stiitzen jeder beliebigen Richtung winden kbnnen, und in ihren nicht- w indenden Stengeln keine Torsion entsteht. x \ Nach diesen Thatsachen ver- halten sich die Stengel der Guscuta-Arten physiologisch mehr den Ranken als den Schlingpflanzen ahnlich 2 ) ; sie werden deshalb in der vorliegen- den Arbeit nicht weiter berucksichtigt. Verhinderung der Nutation als Ursache der Entstehung der Schrauben windungen. Wenn also, nach dem Vorhergehenden, das Winden ohne Reizung entstehen soli, so ist die erste zu beantwortende Frage die nach der wirk- lichen Ursache dieser Erscheinung. Die Versuche zur Beantwortung die- ser Frage habe ich hauptsaohlich mit Phaseolus multiflorus gemacht, und ich will daher, zum besseren Verstiindniss, die Entstehung der erslen Win- dungen junger Pflanzen oder sonst ohne Stiitzen wachsender Sprosse die- ser Art genauer beschreiben. 1) Dutqocebt, Comptps rendus <844, p 29S. 2 Siehe auch Sachs, Lehrbucb, c 2. Aull. s. iito. und Palm, das Winden der Pflansei*, 8. /.5 — 51. Zur Mechanik der Bewegungen von Schlingptlanzen. 323 Phascolus multiflorus nutirt l ) bekanntlich nach links; ihre Wind uri gen sind dem entsprechend links!aufig, d. h. machch cine der Bewegung eines Uirzcigers enlgegengeselzte Bewegung und steigen glcichzeitig aufwarts. Wenn man ncben einem nutirenden Gipfel einer solchcn Pflanze cine dttivne Stutze stellt, hort die Nutation selbslverslandlich auf, sobald er die Sliitze erreicht hat. 2 ) Die ausserste Spitze hebt sich jetzt auf der Seitc der Sliitze, wodurch ihre Kriiminungsebene sehief gestellt und der Stengellheil mit seiner concaven Seite der SlUtze angedruckt wind. Die Kriimmungs- ebono nahert sich immer mehr einer horizonlalen Lage, und indeni die ausserste Spitze sieh weiler crhebt, wind die Kriimmungsebenc vvieder sehief; jetzt aber isl die concave Seite der Kriimmung nach oben gerich- tet. Inzwischen ist die Kriimmung immer starker, d. h. der Kriimmungs- radius immer kleiner gevvorden. Es bildet also der Stengeltheil von der berUhrten Stellc an bis zur aussersten Spitze einen Theil eines links auf- warts steigenden Schraubenumganges, dessen Radius (bei nicht zu dicker Stiltze) grosser ist als der der Sliitze; der Stengeltheil ist desto weiter von der Sliitze entfernt, jc dunner dicse ist. Weder der an die Sliilze angedrUeklc Theil, noch die an dicscn grenzende jiingere Strecke konnen ihre normalen, nutirenden Nutationsbewegungen maehen, nur die ausserste Spilze bewegl sich anscheinend unregclmassjg hit) und her, und driickt sich dadurch einmal an die Sliitze an, ein andermal entfernt sic sich vvie- der von dieser. Als ich verlikal gespannte diinne Bindfaden, oder Eisen- drahte von 0,5 — t Mm. Dickc als Stiltzen benulztc, sah ich diese Er- scheinungen am deutlichsten ; in vielen Fallen machte der jiingste, der Stiitze nicht angedriickle Theil cine halbe oder einc ganze Schraubenv\ in- dung von I bis 1,5 Cm. Durchmesser. Dicse Windung war meist nur wenig aufsteigend; spater vvurde sic steiler und dabei enger, bis sie sich von unten ab, allmahlig der Sliitze anlag. Ich vvahlte von einer Anzahl in Topfen gezogener junger PHanzen von Phaseolus multiflorus vier Exemplare aus, mit kraftigen, nutirenden Gi- pfeln , und welchc cinander moglichst ahnlich waren. Ich befestigte die Pflanzen in der Weise an vertikalc Stiitzen , dass die untere Grenze des nutirenden Theiles genau an das obere Ende der Sliitze gebunden vvurde. Die Gipfel konnten also ungehindert ihre Nutationsbewegungen maehen. Jetzt stellte ich Eisendrahtc von 1.5 Mm. Durchmesser neben zweien die- ser Gipfel ; bei dem Einen auf der vordern Seite, bei dem Andern auf der \) Eine aust'iihrliche Bcschreibung der von Sacus als rotirende Nutation bozeich- neten Bewegung befindet sich im Anfang des zweilen Theils. 2) Bei solchen Versuchen thut man am Besten, nur solche Sprossgipfel auszuwah- len, deren Krummung in einer vertikalen Ebene liegt, und die complicirter gekriimm- ten Gipfel nicht zu benutzen ; bei dem hier beschriebenen und sammtlichen iibrigen Versuchen habe ich immer diese Vorsicht angewendet. 324 Dr. Hugo de Vries. bei der Nutation hinteren Scitc, senkrecht auf. Beide bertthrted die Sten- gel lcisc, ungefahr im oberen Thcil der Eriimmung; der erstere Gipfel druekte sich dureh die Nutation an diese Stiltze an ; der zvveite wiirdc sich von ihr cntfernt ha ben, wurdc aber mit ein wenig Gum mi (welches nur seine llintcrscile bcrUhrtc) an den Eiscndraht angcklebt. Den zwei anderen Gipfcln gal) ich horizontal gleich dicke Eisendrahlc a Is Slutzcn, wclchc in Bczug auf den bei der Nutation beschriebencn Kreis tangential standen und den oberen Thcil der KrUmmung bei dem Eincn von oben, bei dem Andern von untcn beruhrten. An beide vvurden die Sten- gel wieder mit Gummi angcklebt und. Sorge getragen, dass auch hicr nur die einc Scitc mit dicscm in Bertlhrung kam, lch hatte also vicr ziemlich gleiche Gipfel, alio an der niunlichen Stelle ihrcr KrUmmung fcstgchalten , in ihrer Nutation vcrhindert; bei jedem wurdc ausschliesslich cine der vicr Ilauptsciten beruhrt; die bciulu le Seilc war aber bei jedem einc Andcrc. lch uberliess nun die Pflanzen sich selber, sic standen neben einandcr untcr gleichen Umstanden in emcm Zimmer bei ungefa! 30° G. und im difliisen Licht. Alio vicr hoben ihre freien Spitzen auf der bei der Nutation vorderen Seite, dicse krunimten sich starker, indem die Krummungsebcne sich erst horizontal und dann schief mil der concaven Kriimmungsscite nach oben stclltc, und bildctcn dann je eine links aufstcigende Schraubcnwindung von eincm halben bis einem ganzen Schraubenumgangc. Irgend cine wesentlichc Verschiedenheit war bis da- hin in dem Verhalten dicser vicr Spitzen nicht zu erkenncn. lch habe diescn Versuch in gleicher Wcisc und mit gleichem Resultat mil llopfen, also einer rechtswindenden Pflanze wiederholt. Bei Mucuna mollissima, Convolvulus italicus, Thunbergia alata und Pharbitis hispida habe ich auf der bei der Nutation hinteren Scitc senkrechte Eiscndrahte in der oberen Krummungsstclle in gleicher Wcisc angcklebt, und ahnlichc Schraubcn- windungen bekommen, wie wenn die Stiitze auf der Vorderscite stand, nur dass die Windungen hicr nicht urn, sondcrn neben der Stulzc gebildet wurden. Thunbergia und Pharbitis bildctcn in dicser Weise fast cinen halben Schraubenumgang, Mucuna und Convolvulus mehr als \ i / 2 Windung. Fcrner habe ich die bei der Nutation obcre Krummungsstclle bei Phascolus multiflorus zwischen zwei parallclc, auf die Achsc des Stengels senkrechte Eisendrahtc, wclche mittclst einer Feder aneinandcr gedruckt wurden, geklcmmt, und zwar so, dass nur die in jenem Augcnblick con- vcx(; und concave Sciten , nicht die beiden ubrigen Seitcn die Drahte berilhrtcn. lch habe diesc Stelle des Stengels in eincm Versuchc horizontal gelassen, in eincm andern verlikal gcslellt und in beiden Fallen ganz ahnlichc Sehraubenwindungcn crhfillten, wle s'w am eihe dtlnne Stiltze (Milstchcn. Aus diesen Vorsuchen folgt, dass weder eip Druck auf die Vorderseite., h Uberhaupt ein einsei tiger Druck fUr das Enistehen dicser erslen Zui Mechmuk der Bevvegungen von Schlingpfl.ni/cii 325 Schraubenw hid ung erfofdcrHch ist ; dass vieliucVir d i e V e r h i n t] e r u n g der Nutation a 1 s die U r s a c h c d e r E n t s t e h u n g d i e s e r W i n d u n g b e t r a c h t e t w e r d e n m u s s. An die ausserslen Spitzcn nuti render Sprossgipfel von Phaseolus mul- tillorus, P. vulgaris, Pharbilis hcderaeca, Quamoclit luloola befesligle ich eincn diinncn Faden, den ich mittelst eines kleinen Gewichtes (2,5 Graimn) ttber einerRoIle senkrechtaufwarts spanntc. DasGcvvicht reichtc grade bin, um die sichlbaren Nutationsbcwcgungen aufzuheben. Im Verlaufe einigcr Tage bildelcn diese Stengel linkslaufigc Seliraubenwindungcn, welehe tlieilweiso in Torsionen ubergingen, theilweise aber auch nach vollendetein Waehstluim noeh als Seliraubenwindungcn geblieben vvaren. Nachdcm die Vcrsuchsstrecke, welehe vor Anlang des Vcrsuchs weder Windung noeh Torsion hatte, voJUg ausgewaehsen war, beobachtetc ich in ihr bci Phaseolus multillorus cine Schraubenwindung und G Torsionsunigiingc ; bei Ph. vulgaris 9 Schraubenw. v bci einem andcrcn Exemplare 1 Schraubenw. und 7 Torsionsuing.); bei Phar- bilis 5 Schr. und 8 Tors., bci Quamoclit 1 Wind, und 7 Torsionen. Bei eincr Wiederholung dieses Vcrsuchs mit fiinf Exeinplarcn von Phaseolus multi- llorus erhieh ich in alien zwar sehr starkc Torsionen, aber nur in zwei Excmplarcn deutlieh gewundene Strccken (von bis ] /2 Windung). Auch hier hatte also die Vcrhinjerung der Nutation die Enlstchung von Schrauben- windungen zur Folgc. Noeh auf verschiedenen anderen Weiscn habe ich durch Vcrhinderung der Nutation Schraubenwindungen bekoinmen, deren Richtung immer die namlichc war, wic die der Nutation. Freie, nach dem Aufhoren des Wachsthums blcibende Schraubenwin- dungen werden in der Natur nicht scllen lieobachlet. Sehr in die Lange gezogene Windungen an kraftigen Sprossen, welehe keine StUtzc gefunden hatten, sah schon Mohl (S. 105) z. B. an Arislolochia Sipho, niedrige Windungen an krankhaften Sprossen oder an Sprossen, welehe aulhorlen sich zu vcrlangern, beschrieb Darwin (S. 10) bci Akebia und Slaunlonia; schbnc Beispielc dazu licfern auch Menispermuin und Dioscorea. Dass in diescn lctzteren Fallen wirklich, wie Darwin meint, eine Verminderung des Wachsthums zu der Bildung dieser eigenthiimlichen Windungen Veran- lassung giebt, kann man aus dem ahnlichen Verhalten abgeschniltener nuti- icnder Sprossgipfel schliesscn. Solehe Sprossgipfel machen unter giinstigen Umstanden ihrc Nutationen 1 — 2 Tage lang in normaler Weise, obgleich langsamer als sonst, dann aber fangen sie an sich schraubig aulzurollen, und wachsen dann so fort, bis das Wachsthum in ihnen iiberhaupt erlischt. Ein abgeschnittener Sprossgipfel von Quamoclit luteola bildete z. B. 2y 2 freie Schraubenumgange, deren innererDurchmcsser etwa 6 Mm. betrug; auch bei anderen Arten habe ich die namliche Erscheinung mehrfach beobachtet. Ob die Erklarung, welehe Darwin von diesem Einflussc der Wachsthums- verminderung giebt, die i ichtige ist, mochte ich vorlaufig noeh nicht entscheiden, 326 Dr. Hugo de Vries. Strecken der Windungon und Druck nuf die Stiitze. Es ist einc allgcmeine Erschcinung bei Schlingpflanzen, class sie nicht bis zu ifarer Spitzc der Stiitze angcdriickt sind, wcnigstens nicht wcnn die Dicke der Stiilze cine gewissc Grosse nicht iibcrschreitet. Lhsst man Schlingpflanzen der verschiedenslen Arten sich um senkrecht gc- spannte Bindfaden win den, so findct man fast immcr die Spitzc von der Stiitze entfernt und zwar cntweder in grader Linie abstehend, oder in eincm grosseren oder kleineren Bogen, dcssen Concavilat der Stutze zugc- kefart ist. Bei Calystegia Septum bcobachtetc ich Spitzcn solcher sich an diinnem Bindfaden hinaufschlingendcr Stengel, welche ctwas mehr als cinen Schraubcnumgang mit 1 — 1,5 Cm. Durchmesscr bildeten, desscn Ilohe fast = war. Beim weitcrcn Wachsthum wurdc der Durchmesser kleiner und nahm die Ilbhe des Umganges zu, wodurch der Stengel sich der Stutze andruekte. So z. B. auch bei Quamoclit luleola, Phaseolus multiflorus, Phar- bitis hispida, Convolvulus Scammonia. Zwischcn dicscn freicn Windungen der jungslen Thcile schlingender Stengel und den freie* ^chrauben windungen in ihrcr Nutation verhinderter Spitzen war es mir nicht mbglich cinen wesenllichen Unterschied aufzufin- den. Bei dickcren Stiitzen ist das freic Ende schlingender Stengel kleiner als bei dunnercn, ja sie konnen bis zur ausscrsten Spitzc der Stiitze an- gedriickt sein. Dieses riihrt einfach davon her, dass die Stiitze ein Hin- derniss fur die vbllige Ausbildung der freien Windungen bildet; indem diese ihren Durchmesser kleiner zu machen suchen, drucken sie sich der Stiitze an. Diese jiingsten Windungen unterscheiden sich, wie von Darwin (1. c. S. 11) bemcrkt wurdc, von der alteren dadurch, dass sie sehr niedrig sind ; bei dem weiteren Langenwachslhum strecken sich die Win- dungen und entfernen sich dadurch mchr von einander. Schon Mohl fend, dass Schlingpflanzcn cinen Druck auf die Stutze ausiiben; er schloss dieses daraus, dass die Stengel, wenn man als Stutze einen senkrecht gespannten Bindfaden anwendet, die grade Richlung des Bindfadens durch den Druck, den sic auf ihn ausiiben, venindern, so dass er ebcnfalls, wie der um ihn geschlungene Stengel die Richtung ciner Schraubcnlinic annimmt (Mohl, 1. c. S. 113). Auch bei dickeren Stiitzen kann man diesen Druck lcicht beobachten. Von Keimpflanzen von Phaseolus multiflorus, welche sich um cylindrische 9 Mm. dicke Ilolzstabe gewunden hatten, entferntc ich vorsichlig den noch wachsenden Theil von dieser Stiilze und fiihrte ahnlichc, aber nur 5 Mm. dicke Stal>c als Achse in ihie Windungen; die Windungen schlossen sich dicscn dunneren Stiitzen sogleich ong an. Sie hatten also vorher auf die dickcren Stiitzen einen entsprcchen- defl Druck ausgeUbt. Bringt man in die Achse von Windungen, welche um cine dicke Stutze gema&lit wurdett, oach Entfernung dieser, einen dUnnen gespannten rKlcn, 60 sctoliessen sich die Winach- tujlgen beweisen diese Wrsuehc die Unabhangigkeil der Nutation von del Torsion. Zur Mechanik dor Bewpgungen von Schlingpflanzen. 333 Dass audi umgekehrt die Torsion von der Nutation unabhangig ist, gehl aus folgendcn Versuchen hervor. An langeren abgeschnittenen Sprossen von Calystegia Sepium und Phaseolus inultiflorus, welche in Wasser gostellt waren, wurden sammtliche noch nutirende Theile enlfernt, der iibrig blei- bende Theil aber unten befestigt und senkrecht aufwarts geslellt, wahrend das obere Ende einen kleinen Zeiger trug, welcher senkrecht auf der Achse (It s Stengels stand. Die kreisformige Bewegung dieses Zeigers zeigte selbst- \ei -stiindlich eine Vermehrung der Torsion an; sie betrug in einem Ver- suche hei Calystegia 420°, bei Phaseolus 290° in den ersten %k Stunden. Diese Torsionsvermehrung erstreckte sich iiber eine. 20 resp. 30 Cm. lange Strecke, seiche zu Anfang des Versuchs schon 3 resp. 1 1 / 2 Torsionsum- giinge zeigte. Auch habe ich diesen Versuch in der Weise wiederholt, dass ich den unteren Theil des nutircnden Gipfels , stall diesen zu ent- It rnen, zwischen den Korkplallen eines Halters feslklemmle und den unter- halb djeser Stelle befindliehen Theil, deren unteres Ende in WasseP lauchte. sonst nicht befestigle. Ein am unteren Ende befestigter Zeiger zeigte bei beidefi Arlen wiihrend 24 Stunden eine bedeutende Torsionsvermehrung, und zwar von 240° auf einer 9 Cm. langen Strecke bei Calystegia (Anfangs- torsion dieser Strecke: 1 1 / 4 Umgang), von 70° bei Phaseolus (Lange der Strecke > 8 Cm., Anfangstorsion : 1 Umgang). Diese Versuche beweisen zugleich die Unal)hiingigkeit dieser Torsion vun iiusseren Ursachen. Wie schon Anfangs erwahnt wurde, ist die Rich- \n\v' dieser Torsion mit Ausnahme von einer Varietat von Phaseolus mul- tillorus (nach LtON, citirl l>ei Darwin, 1. c. S. 5) immer die niimlich wie die Nulationsrichtung. (Darwin, S. 9; Mohl, 1. c. S. 100.) Bei verschiedenen Pflanzen ist sie aber sehr ungleich stark; Arlen, bei denen sie giinzlich fehlt, sind aber bis jetzt mit Sicherheit noch nicht bekannt geworden. Durch das Gewicht der Endknospe entstehendv Torsion. Als eine iiussere Torsionsursache habe ich bei der Aenderung der de- cussirlen Blatlstellung in die zweireihige bei den horizontalen Aesten man- cher Straucher und bei geotropischen Bewegungen im Allgemcinen die ein- seilige Ueberbelaslung nachgewiesen. 1 ) Es liess sich daher erwarten, dass die oft in einem grossen und weiten, oft nahezu horizontalen Bogen von der Stiitze abslehende Spitze, welche in Bezug auf den hochsten der Sliitze noch angedriickten Theil des Stengels als eine einseitige Last wirkt, Torsionen verursachen konnle. Der Versuch bestiitigte diese Voraussetzung. Vier Sprosse von Calystegia Sepium waren an senkrechle Stiitzen gebun- den ; ihr ±: 8 Cm. langer Gipfeltheil ragte iiber das obere Ende der Stiitzen hinaus und machte seine kreisformigen Nutationsbewegungen ; ihre Kriim- mung lag fortvvahrend in einer ihre Richtung wechselnden vertikalen i) Im II. Het'te dieser Arbeiten S. 267, 272, 273. 334 Dk. Hugo dj. Vries. Ebene. Als ich diese Bewegungen einige Zeit beobachtet hatte, zog ich auf der 4 convexen Seite eine Langslinie mit Tusche, entfernte bei zwei Exemplaren das Blatt des altesten nutirenden Internodiums und siimmt- liche jiingere Theile und gab alien vier Exemplaren senkrechte cylindrische Holzstabe als Stiitzen zuni Umschlingen, indeni ich diese leise an die bei der Nutation vorangehende Seite andrilckte. In den vier Gipfeln bcrUhrlc eine iihnliche Stelle des altesten nutirenden Internodiums die Stiilze. Nach einem halben Tag hatten sich alle dicht den \ Cm. dicken Stiitzen angeschmiegt ; bei den nicht verw undeten stand dieEndknospc in einem freien Bogen von der Stiitze ab. Bei den beiden von jeder Last befreiten Inter- nodien war die schwarze Linie jetzt die Oberseite der Windung; bei den nicht verwundeten Exemplaren, wo die Knospenlast auf die alteren Inler- nodien eingewirkt hatte, war die Linie zur Innenseite der Windung gewor- den. Es hatte also an dieser Stelle eine Drehung von 90° stattgefunden, welche selbstverstandlich eine entsprechende Torsion des nachstaltesten Theiles verursacht hatte. Da das Gewicht der Endknospe immer auf die beim Winden innere Seite driickt, muss die Richtung dieser durch einseitige Ueberbelastung entstandene Torsion bei in verschiedener Richtung schlingenden Pflanzen eine verschiedene sein, und zwar wird sie immer den Windungen, also auch der normalen, bei nicht windenden Stengeln auftretenden Torsion entgegengesetzt ^gerichtet sein. Es lasst sich dies leicht geometrisch und auch ebenso leicht experimentell beweisen. Betrachtet man die Tangente zur Stiitze durch die letzte Stelle, wo der Stengel die Stiitze noch beruhrt, als die Achse, welche durch die einseitige Belastung gedreht wird, so sucht in dem Versuch mit Galystegia die Knospe, da sie auf der rechten Seite dieser Achse liegt, und durch die Schwere hinuntergezogen wird, sich in der namlichen Richtung wie die Zeiger einer Uhr zu bewegen. Da nun selbstverstandlich die dadurch entstehende Torsion beim Wachsthum all— mahlig an den Stengel hinaufruckt, geht die Torsion nach rechts und zu- gleich am Stengel aufwarts, ist also rechtslaufig. Eine Langslinie, welche Anfangs iiberall oben w^ar, muss nach einiger Zeit in ihrem oberen Theile auf der Innenseite liegen, wie es der Versuch zeigte. Es lassen sich die schon von Palm (S. 19 ; vergl. Mohl, 1. c. S. 149) beob- achteten Torsionen in der falschen Richtung, welche nach meinen LTnter- suchungen viel haufiger sind als Palm und Mohl (1. c. S. 149) glaubten. vor Allem aber auch die S. 334 beschriebenen , in schon gewuiidenen Stengeln entstehenden Torsionen, zum grossten Theil aus dieser Ursache erklaren. Andere iiussere To rsionsursache n. Ejne zweite Ursache, welche in der Natur und in den Versuchen sehr hdufig Torsionen, und zwar in beiden Richtungen verursacht, is! durch die Blattstellung gegeben. Es isi eine aligemeine Beobachtung, dass bei Zur Mecfianik der Bevvegungen von Schlingpflanzen. 335 den Schlingpflanzen die Blatlor fast niomals auf der Innenseite der Spirale stehen. Ware eine morphologische Seile uberall die inn ere, so mtissle we nigs tens bei spiraliger Blattstellung von Zeit zu Zcit ein Blalt auf der Innenseite stehen, und da dieses nicht statthndet, so muss es daftir eine beslimmle Ursache geben. ') Bei alteren Stengeln ist es nicht mehr mog- lich diese Ursache zu enldecken, in den noch wachsenden sich schlin gen- den Sprossgipfeln gelingt dieses aber leicht. In diesen kommt es gar nicht selten vor, dass ein Blalt genau auf der Innenseite der Spirale sleht; es verhindert dadurch die betreffende Windung sich bei ihrem Strecken ohne Weiteres der Stiitze anzulegen. Dieses hat zur Folge, dass das Blatt gegen die Stiitze gedruckt vvird. Ist nun das Blatt nicht genau gegen die Achse der Stiitze gerichtet, oder wird es durch irgend eine geringe Ursache nur etwas aus dieser Rich tun g heraus bewegt, so muss es durch den ge- nannten Druck neben der Stiitze hin , entvveder nach rechts oder nach links, seit warts gleilcn, was nur geschehen kann, wend der obere Theil seines Internodiums eine entsprechende Torsion erfahrt. An im Zimmer in Topfen gezogenen Pflanzen , zumal beim Hopfen, hatte ich vielfach Gele- genheit, diesen Vorgang genau zu verfolgen ; einige Male schnitt ich das betreffende Blatt, sobald es dem Anschliessen der Windung hinderlieh wurde, mit der Scheere dicht am Stengel ab; in solchen Fallen legte sich der betreffende Theil des Stengels ohne Torsion, oder doch ohne sUirkere Torsion als die iiber und unler ihm befindlichen, der Stiitze an. Noch durch andere Ursachen konnen zufallig oder absichtlich Torsio- nen in der falschen Bichtung erhallen werden. Wenn ein nicht-winden- der Spross an eine Stiitze angebunden vvird, die Ligatur aber ziemlich nahe an der Endknospe gemacht wird, strebt der jiingste, schon tordirte Theil des Sprosses seine Torsion zu vergrossern. Ware die Knospe fret, so wurde er diese urn ihre Achse drehen, jetzt aber kann dieses nicht statlfinden. Entwcder vvird die Vermehrung der Torsion dadurch unmog- lich (so in mehreren Versuchen mit Phaseolus multillorus), oder der jtingsle noch weiche Stengeltheil unterhalb der Ligatur vvird durch die unteren Theile gezwungen, sich in einer der gewohnlichen entgegengesetzten Bich- tung zu tordiren. Eine solche Torsion ist, wie die Einrichtung der Ver- suche zeigt, immer auf eine kleine Slrecke beschriinkt. Mehrere gewohn- lich stark nach links drehende Arten von Convolvulaceen zeigten mir diese Erscheinung; bei Calystegia Sepium. z. B. erhielt ich in einem Falle eine rechtslaufige Torsion von 1 3 / 4 Windung auf einer 3, 5 Cm. langen Strecke, 1) Dutrochet, Compt. rendus 1844, p. 301, der diese Erscheinung und die da- durch entstandene Torsion heobachtete, erklarl sie folgendermaassen : »Chez une tige enroulee en spirale sur un support, les feuilles, en se porlant toules du cote le^jlus eclaire, produiseut par ce niouvement, dans la tige qui les porte, une torsion qui est quelquefois en sens inverse de celui de sa torsion normale.« Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiiizbiug. III. 23 336 Dr. Hugo dr Vries. bei Quanioclit luteola in einem Versuche eine rechtlanfige Torsion von 300°, in einer 2 Cm. langen Strecke. Oberhalb dor Ligalur war die spater ein- tretende Torsion wieder linkslaufig. Bei Calystegia Sepium gelang es mir bei Sprossen, welche ich . ober- halb des schon tordirten Theiles fest an ihre Stiitze gebunden hatte, durch mechanische rechtslaufige Torsion dor jiingeren Theile eine bleibende rechts- laufige Torsion zu verursaehen, indem ich jedesmal die Endknospe an die Stiitze befestigte, um sie am Detordiren zu vcrhindern. Oberhalb der so erhaltenen abnormalen Torsion stellte sich aber die normale linkslaufige wieder ein. Aus diesem und dem vorhergehenden Abschnitte ergiebt sich also, dass ausser der norma Ien aus innerer Ursache entslehenden Torsion noch viel- fach, zumal in windenden Stengeln, durch iiussere Ursachen Torsionen ent- stehen kbnnen. Die Bichtung dieser ist entweder der der normalen Tor- sion entgegengesetzt, oder mil ihr gleichliiufig. Nutation der Spitze schlingender Sprosse. In den vorhergehenden Absehnitten wurde mitgetheilt, dass die Spitze von um hinreichend diinne Stiitzen sich windenden Schlingpflanzon immer in einem nach der -Stiitze concaven, meist fast horizontalen Bogen absteht (S. 326) und dass in den hochsten , schon geschlungenen Theilen der Pflanze eine Torsion stattfindet, welche der normalen, aus inneren Ursachen entstehenden Torsion entgegengesetzt gerichtet ist, und als aussere Ursache die einseitige Last der Endknospe auf die jungen lorsionsfahigen Theile erkennen lasst. (S. 334) Die Combination dieser beiden Ergebnisse fiihrt zu einem neuen Resultate. Der Torsion der jiingsten geschlungenen Theile zufolge miisste die ge- bogene Spitze im Kreise herumgefuhrt werden, und zwar rechtslaufig, weil die Torsion selbst rechtslaufig ist. Sie miisste sich also senken, und sobald die Bewegung etwa 90° erreicht haben wurde, wurde die Ursache einer weiteren Torsion aufgehdrt haben. Da nun aber, wie die Beobach- tung zcigt, die Endknospe nicht abwarts, sondern fortwahrend nach innen, nach der Stutze gebogen ist, muss in der Spitze selbst eine Bewegung stattfinden, welche fortwahrend der Torsion entgegenwirkt. Wie leicht einzusehen, kann diese Ursache nur eine Nutation sein, und zwar nur eine linkslaufige, also der gewohnlichen Nutation der Gipfel nicht winden- der Sprosse gleichgerichtete. Es ist leicht , sich von dem Vorhanden- sein dieser Nutation durch die Beobachtung zu iiberzeugen. J ) Die Geschwin- 1) Hiormit erledigt sich aiich dor Einwurf HoFMEBSfER's (Pttanzenzelle S. 309) gegen die Ansicht Darwin's, dnss nur die Annahme einer Ht-izhnrkoil dns Erltischen des Ver- mdgens die Nutation fortzusetzen an den ContactsteUen erklbfen kann. Es erlischt dieses Vei iiioLren ;ui diesen Slellen elten nielil, sondern die Wirkung der Nulation wild scheinbar durch die Torsion aufgehoben. Zur Mfchanik dor Bewegungen von Schlingpflanzen. 337 digkeit clieser Nutationsbewegung ist viel geringer als die der gleichen Be- wegung der Gipfel nicht schlingender Sprosse ; hierbei ist aber an die von Darwin (I. c. S. 8) beobachtete Thatsache zu erinnern, class die iiusser- ste Spitze nutirender Sprossgipfel oft eine viel langsamere Bewegung zeigt, als die alteren, noch nutirenden Internodien. Wie leicht einzusehen ist, hangt die wirkliche Richtung der ausser- sten gebogenen Spitze des windenden Sprosses von dem Verhaitnisse der Torsionsgeschwindigkeit und der Nutationsgeschwindigkeit ab ; nur wenn diese beide gleich sind, kann die Knospe fortwahrend die namliche Lage behaiten. Die Torsionsgeschwindigkeit hangt nun offenbar von dem mecha- nisehen Moment der Endknospe, und diese von der Kriimmung der Spitze ab. Die Kriimmung der Spitze ist aber die Nulationskrummung, und man sieht, dass in den betrachteten Fallen fur die constante nach der Stiilze concave Biegung der Spitze ei'n bestimmtes Verhallniss zwischen der Grosse der iSutationskriimmung und der Nutationsgeschwindigkeit erforderlich ist. Das Winden hangt aber auf's Innigste mil dieser constanten Richtung der Spitze zusammen. Weitere Unlersuchungen auf dem hier angedeute- ten Weg werden wahrscheinlich zu der Entdeckung wichtiger Thatsachen fiir eine Theorie des Schiingens fiihren. i II. Allgemeiner Theil. Die Schlingpflanzen zeichnen sich durch bestimmte, vom Wachsthum verursachte Bewegungen aus. welche bei anderen Pflanzen entweder nur in geringerem Maasse vorhanden sind, oder giinzlich felden. Es sind dies die rotirende Nutation, das Schlingen und die Torsion. Der Gipfeltheil nicht windender Stengel von Schlingpflanzen, oder auch derjenige windender Stengel, nachdem sie das Encle ihrer Sttitze orreicht hal)en , hiingt in einem meist ziemlich weiten Bogen Uber: das Wachsthum auf der convexen Seite ist aus inneren Ursachen in jedem Augenblicke starker, als das der eoneaven, sonst wiirde der Gipfel sich geotropisch senkrecht stellen mussen. Beobachtet man einen solchen Gi- pfel einige Stunden hindurch, so sieht man, dass er nicht immer nach der namlichen Seite iiberhangt, sondern sich nach und nach, nach alien Seiten richtet, und dabei seine jungslen Theile in einem Kreise herumfithrt. In vielen Fallen liegt die ganze Kriimmung fortwahrend in einer, ihre Rich- lung wechselnden vertikalen Ebene, und ist die von der Spitze beschrie- bene Linie einem Kreise sehr ahnlich; in anderen Fallen bildet der uber- hangende Gipfel eine mehr complicirte Curve, und weicht die beschriebene Linie mehr oder weniger von einem Kreise ab. Die Richtung dieser kreis- fOimigen Bewegung ist fur jede Art eine constante, die meislen Schling- pflanzen bewegen ihre Gipfel nach links, der Bewegung eines Uhrzeigers entgegengesetzt. 23* 338 Dr. Hugo de Vries. Zieht man, wiihrend der. Gipfel z. B. nach Norden iiberhangt , eine Langslinic mit Tusehe auf der convexen Seite, so beobachtet man Folgen-^ des. Zur Veroinfachung denkc ich mit eine Art, deren kreisformige Be- wegung nach links gerichlet ist. Die Spitze geht also von Norden nach Westen. Dabei bleibt aber die schwarze Linie nicht auf der convexen Seite, sondern sie rtickt allmahlig seitwarts von der Krtimmung, und wenn der Gipfel nach Weslen gerichlet ist, liegt die Linie nach der Seite, welche im Augeliblick bei der Bevvegung voran gelit. Nach einer wcilcren Be- wegung von 90°, wenn also der Gipfel nach Siiden schaut, liegt die Lttfie auf der concaven Seite; bei einer Richlung des Gipfels nach Osten liegt sie auf der Hi nler seite des sich bevvegenden Gipfels, und wenn der Gipfel wieder seine urspriingliche Stelle eingenommen hat, ist auch die bezeich- riete Linie wieder zur convexen geworden. Schaut man nicht von oberi, sondern von der Seite , z. B. von Siiden her nach einem solchen Gipfel wiihrend einer ganzen Umdrehung, so bleibt die bczeichnete Linie immer dem Beobachter zugewendet. Es geht aus dieser Darstellung hervor, dass in jedem Augenblick eine andere Seitenlinie convex ist, also in ihrem Langenwachsthum die ubrigen Seiten uberwiegt. Es ist daher diese Bevve- gung eine Nutation. Das slarkste Langenwachsthuni geht immer von einer Seitenlinie auf die nachstfolgende iiber, schreitet regelmiissig um den Sten- gel herum, dadurch entsleht die kreisformige Bewegung, die also mit dem Namen rotirende Nutation zu belegen ist. Nicht immer ist die rotirende Nutation so einfach wie hier beschrie- ben. Denkt man sich, dass in verschiedenen Querschnitten des Stengels das starkste Langenwachsthuni einer Seitenlinie sich nicht mit gleicher Ge- schwindigkeit um den Stengel herum bewegt, so entstebt naturlich eine in verschiedenen Punkten nach verschiedenen Hichtungen gebogene Linie, deren Form sich fortwahrend verandert. In der Natur tritt eine solche mehr complicate Curve sehr oft dadurch auf, dass die Geschwindigkeit der genahnten Bewegung deslo kleiner wird, je naher der betrachtete Quer- schnitt der Spitze des Sprosses liegt. Dadurch ist an den jttngeren Thei- Icn die im Ganzen vorangehende Seite einmal concav, ein andermal wie- der convex. Bisweilen kommt es auch vor, dass der nutirende Gipfel sich grade streckt und sich nach der gogeniiberliegenden Seite hinuberhiegl. Wild an einem rotirend nutirendeu Sprossgiplel einer Schtingpflanze eine SteHe des Uberhangenden Theils, z. B. der hbchste Punk! des Imo- gens, duich irgend welche tlrsache festgchalten, so hort selbsl\ orslandlich die norrriale Nutation sbewegung auf. Die frefgebliebene Spitze musste jetZt um cine durch die Achse des Stengels an (1(4- leslgeliallenen Stelle gezogetie grade Linie als Achse welter nutiren , und anfanglich findet dieses a'tich statt : die Spitze erhebt sich auf derjenigen Seile, welche bei der Nutation voranging r bis ihre KrUmmungsebepe etwas liber die hori- Zur Meclianik der Bewegungen von Schlingpflanzen; 339 son tale hinausgekommen ist, bis ihre Kriimmung also vom Befcstigungs- punkte nach der Spitze zu schief aufsteigt. Man kann die von ihr gebil- d.ete Curve in diesem Augenblick als den Theil einer Schraubenwindung betraehten, deren Achse vertikal stent. Aus einer einfachen geomelrischen Belrachtung zeigt sich leicht, dass diesc Schraubenlinie in der namlichen Richlung aufsteigt, in der die rotirende Nutation stattfmdet. Bei den moisten Arlen von Schlingpflanzen wird also diese Schraubenlinie sich zu- gleich im Kreise nach links und aufsteigend bewegen; eine solche Linie bezeiehnet man als eine linksgerichtete oder linkslaufige. Nachdem die frei gebliebene Spitze bei ihrer rolirenden Nutation cine solche Stelle erreicht hat, dass die Linie ohne inerklichen Fehler als cin Theil einer mit der Nutation gleichlaufigen Schraubenlinie betrachlet werden darf, hbrt die normale, rotirende Nutation sbewegung dieser Spitze aa£, und wUehsl sie in dieser Schraubenlinie weiler, und bildet, wenn keine weiteren ausseren Umslande sie beeinllussen , einen grosseren Theil einer Windung, oder sogar eine bis mehrere gauze Windungen. Die Fnlslehung dieser Windungen ist unabhangig von der Weise, auf welche die Verblnderung der Nutation stattfmdet. In der Natur findet diese gewohntioh dadurch statt, dass der Gipfel eben durch seine Nuta- lionsbewegung mil einer Sttttze in Bertihriing gebracht wird. Da selbst- yerstfindlich die Sliitze sich da bei auf der Vorderseite der Nutation befindet, werden sich die Schraubenwindiingen, falls die Sliitze diinn ist, um diese herum, aber zuniichst in einiger Entfernung von ihr bilden; ist die Stulze dicker, so miissen sic sich ihr sogleich anlegen. Ueberschreitet die Dicke der Stiitze aber eine gevvisse Gross© , so kann die entslehende Windung sich ihr nicht mehr anschmiegen, sondern sie wird sich neben ihr entwickeln. Ktinstlich kann man irgend einen Punkt des nutirenden Gipfels auf jede Art festhalten : immer bekonunt man die nlimliche Schraubenwindung. Am lehrreichsten ist aber folgender Versuch. Man stelll einen graden, diinnen Eisendraht senkrecht neben der Pflanze auf und druckt ihn leise an die Hinterseite des nutirenden Gipfels. Damit dieser sich nicht von ihm weg- bewege, klebt man ihn vorsichtig mit ein wenig Gummi an. Demzufolge entstehen die Windungen, die aber jetzt nicht inn die Sliitze herum, son- dern neben ihr liegen. (Siehe Seite 324) . Diese zuerst entstehenden Windungen sind , gleichgultig ob sich eine Stiitze in ihrer Mitte befindet oder nicht, wenig steil und sind darin den jungslen Windungen um Sliitzen schlingender Stengel iihnlich, welche auch, wenn die Stutze hinreichend cliinn ist, dieser nicht anliegen, wie die iilteren Windungen es thun (S. 326 und 327). lch betrachte jetzt das weitere Wachsthum der gewundenen Stellen, und /war zunachst in dem einfachsten , seltenen Fall, dass sich keine Stutze in ihrer Mil tc befindet (Seite 326 und 327). In diesem Falle sieht 340 Dr. Hugo de Vriks. man, wahrend die gewundene Strecke selbst bedeutend in die Lange wachst, die Windurig sleiler wcrden, und dabei ihren Radius veikleinern. Die Windung streckt sieh, und wenn der Radius Null gevvorden ist, ist der Schraubenumgang in einen Torsionsumgang verandert. Der betreft'ende Stengeltheil steht dabei dureh seincn Geoti'opisnius senkrecht und tragi die jiingeren Theile auf seiriem oberen Ende. Da fur diese jctzt jede Stoning der Nutation aufgehorl hat, verliert sieh aueh in den jiingeren Theilen die Schraubenlinie und die rolirende Nutation nndet wieder in norrnaler Weise stall. Anders verhalt sieh die Sache wenn sieh ein fester Korper, eine Stutze in der Achse der Windungen befindet. Da man meist nur bei Renutzung von diinnen (I — 2 Mm. dicken) Slutzen zu einer klaren Einsicht gelangen kaun, denke ich mir eine solehc in der Aehse der Sehraubenlinie. Zuniichst hat diese noeh keinen Einfluss : die belraehletc Windung wird sleiler und enger, bis sie die Stutze beruhrl. Indem sie jctzt strebl sieh weiter zu streeken. driickl sie sieh der Stiitze cng und fest an und sehiebl sieh in ihrcm hohcren Theil etwas an diese hinauf. Auf diese Weise iegen sieh immer hohere und hbhere Windungen an die Stiitze an ; dadureh wird fort wahrend die rolirende Nutation der neu sieh enlwiekelnden jiingsten Theile verhindert, und diese bilden also lortwahrend einen Theil einer Schraubenwindung mil grosserem Durchmesser als der der Stiitze, also frei von dieser abstehend. So sehlingl sieh der Stengel immer weiter an die Stiitze aufwarls, indem er dureh die alteren Win(iungen kraftig an diese bel"estigt wird, bis er das Ende der Stutze erreicht. Die erste tiber das Ende hervorragende Windung kann sieh wieder ganzlieh streeken, und es fangl also wie l>ei Windungen, wclche ganzlieh ohne Stiitze gebildet worden sind, bald die normale, rolirende Nutation wieder an. Es suchl, so zu sagen, die Pflanze eine neuc Stutze auf. Aus dieser Darstellung geht hervor, dass Sehlingpllanzen sieh nur urn senkreehte oder wenig von der Vertikalen abweiehende Stiitzen vvindeu kbnnen. Die dritte oben erwahnte, allgemeine Eigensehafl der Sehlingptlanzen ist die Torsion oder Drehung des Stengels urn seine Achse. Diese Torsion ist bei viclen Arlen von Sehlingptlanzen sehr leicht an der Riehtung der Leisten, Haarstreifen u. s. w. auf der Oberflaehe des Stengels zu erkennen : In den jiingsten Internodien laufen diese mit der Achs(^ des Stengels parallel, in den alteren beschreiben sie mehr oder weniger steile Schrauben- linien um diese herum. In nieht windenden SprosSen isl die Torsion ge wbhnlieh starker entwiekelt als in windenden. In einem ausgewachsenen tordirten Internodium ist cine solcbe Leiste • xlcr Haarstreif selbstverstiindlich linger als die grade gebliebene Achse des Stengels, und da si(; im jungen Internodium mil der Achse parallel lief, hat ihr Langenwaehslhum zu iigend einei- Zeit das der Aehse iibertrotTen. Zur Mechanik der Beweg'ungen von Schlingpflanzen. 341 Die Fahigkeit zur Torsion entsieht also dadurch, dass eine aussere Cylinderschicht die Fahigkeit hat, aus inneren oder ausseren Ursachen (zu Ende des Liingen- wachsthums des betreffenden Querschnitts) starker in die Lange zu wachsen als die inneren Theile. Je grosser diese Fahigkeit zur Torsion, je mehr Torsionswindungen unter gleichen Umstanclen in einer gleichlangen Strecke des Stengels entstehen werden. Diese Torsionsfahigkeit ist aber bei den verschiedenen Arten von Schlingpllanzen ausserst verschieden, und zwar zeigen im Allgemeinen die am besten windenden Arten auch die starkste Torsion in ihren nicht windenden Sprossen. Von dieser Torsionsfahigkeit ist die Richtung der wirklich eintreten- den Torsion genau zu unterscheiden. Ist die entstehende Torsion von ausseren Ursachen bedingt, so hiingt ihre Kichtung selbstverstandlich von diesen ab; entsteht aber cine Torsion aus inneren Wa chs t hu n i s u rsachen, so ist ihre Richtung eine ftir jede Art constants und fallt niit einer ein- zigen Ausnahine immer m it der der Nutation und des Windens zu- sammen. Diese durch innere Ursachen bedingte Torsion ist eine an nicht- windenden Sprossen klar hervortretende allgemeine Erscheinung bei den Schlingpllanzen (Seite 332). An windenden Stengeln ist die Torsion zwar eine ebenso allgemeine, wenri auch nicht so ausgepriigte Erscheinung; da sich bier niit der inneren Ursache vielfache aussere, ihr theihveise ent- gegenwirkende, theihveise unterstiitzende Ursachen combiniren, sind die Verhaltnisse bier oft viel complicirter. Eine sehr oft, vielleicht allgemein vorkommende aussere Torsionsur- sache ist das Gewicht der Endknospe. Die ausserste Spitze sdhlingender Sprosse steht, wenigstens bei dtlnnen Stiitzen, in einem grosseren oder kleineren, nach der Stiitze hin concaven Bogen von der Stutze ab, dadurch wirkt das Gewicht der Endknospe als eine einseitige Belastung auf die hbchsten gewundenen Theile, wodurch in diesen eine Torsion entsteht, welche immer der normalen entgestellt ist (Seite 333). Zum Schlusse habe ich noch das Zusammenwirken der Nutation und der Torsion, sowohl bei windenden als bei nicht-windenden Stengeln von Schlingpflanzen zu besprechen. Beide Ursachen fuhren die tibergebogene Spitze im Kreise herum. Bei nicht-windenden Stengeln wirken beide in der nlimlichen Richtung, die Nutation fuhrt die Spitze aber in demselben Zeitraume mehrere Male herum, in welchem die Torsion der alteren Theile, welche hier aus inneren Wachsthumsursachen entsteht, sie nur einen ganzen oder einen halben Kreis bewegt. Es erhoht die Torsion also die Geschwin- digkeit der durch die Nutation entstehenden kreisformigen Bewegungen der Spitze um ein Geiinges (Seite 332). Bei schlingenden Stengeln wird oft die aus inneren Ursachen entstehende Torsion von der durch die ein- seitige Last der Endknospe verursachten ganzlich uberwunden. Diese Tor- sion wiirde die gebogene Spitze in einer der Nutation entgegengesetzten Richtung herumfuhren ; soweit meine Beobachtung reicht, halten die Nutation 342 Di\. Hugo de Vries. Zur Mechanik der Bewegungen etc. trod die Torsion sich aber nahezu das Gleichgewicht, so dass die Spitze mil geringen bin- und hergchenden Bewegungen, doch immer ihre concave Seite der StUtze zukehrt. Auf den ersten Blick wiirde man bier wedcr Nutation noch Torsion vermuthen, eine auf den Gipfel gemachte Liings- linic liiuft aber urn die Achse des Stengels herum und zeigt dadurch die Existenz beider Erscheinungcn leicht und deutlieh an (S. 336). Es sei mir erlaubt, die Hauptsatzc, wclchc ich als das Ergebniss meiner Arbeit beirachte, nochmals kurz zu w4ederholen : Die Schlingpflanzen besitzen keine Reizbarkeit. Jede Langskantc des Stengels kann beim Sehlingen zur concaven Seite werden; im noch vvach- senden Theil des windenden Stengels finden sogar sehr gewbhnlich Torsionen slatt, denen zufolge auf einer beslimmten Strecke die verschiedenen Seiten- linien des Stengels successive zur concaven, die StUtze beruhrenden Seite werden. Die Verhindcrung der rotirenden Nutation verursacht die Entstehung von Schraubenwindungen. Die Schraubenwindungen strecken sich bei ihrem weiteren Wachsthum und driicken sich dadurch einer in ihrer Mitte be- findlichen Sliitze an ; fehlt die StUtze, so streckt der betreffende Theil sich grade. In windenden Stengcln combiniren sich mit der aus innerer Wachs- thumsuisache entstehenden Torsion, vielfache, von ilusseren Ursachen bc- dingte, ihr gleich oder entgegengesetzt gerichtete Torsionen. XI. Aklinii»igkeit benen konnen im Verglcich mit dieser nls verschvHndend klein angeseheii werden, Sic ist die Ursaohe, da«s man sich , um cine Thalsacbe zu con- slatiren, nur auf zahlreihe uud nic auf ein einziges Experiment sttitzen darf. Trotz aller MOhe, ist es mir selten gelungen, vier ganz ahnliche und niemals vjer ganz gleiche Blatter zu linden. Selbst im Farbentone hat jedes Watt el was eigenlhiimliclies, was selbstverstandUch auf seine Zer- Abhangigkeit der Sauerstofl'ausscheidung der Blatter von dem etc. 347 selzungskraft von Einfluss sein kann. Bei den Versuchen mil Oleander- blattern musste ich sogar oft darauf verzichten, vier hinreichend ahnliche Blatter zu finden, nnd habe dann nur die Zersetzungen von je zwei ahn- lichen Blotter mil einander verglichen. 5) In der Zusammenstellung der Versuche ist das Durchschnittsprocent, der Kohl erf saure in der Luft wahrend der Insolation angegeben und das- selbe der Betrachtuug des Versuchs zu Grunde gelegt. Schon dass man nur den procentischen Kohlensauregehalt der Luft beriicksiclitigt, ist nicbt ganz vorwurfsfrei. Es kommt hier nicbt sowohl darauf an, wie viel °/o Kohlensaure die Luft enthalt, als vielmebr, wie man aus Boussingault's Versucben schliessen kann, welchen partiaren Druck dieselbe ausiibt. Strong genommen sollte man also von der mittleren partiaren Pressung der Koblen- siiure und nicht von der procentiscben Zusammensetzung der Luft reden. Pa sicb aber der Druck jeden Augenblick mil der Temperatur andert, so liabo ich der Einfachheit wegen den Kohlensauregebalt in % angegeben, dafiir aber wurde gesorgt, dass die Quecksilbersaule wahrend der Insola- tion in veischiedenen Rohren moglicbst gleiclie Hdhe hatte. Sie betrug gewohnlicb etwa '\ Ins I Centimeter, wenn die Temperatur ungefahr 20° C. war. Ein anderer Fehler liegt in der Art der Bereclmung des mittleren Kohlensauregehaltes der Luft selbist. Als soldier wurde die Mittelzahl zwischen der Kohlensauremenge am Anfang und Ende des Experiments betrachtet. Enthielt die Luft vor der Insolation 4°/ , nach der Insolation 2°/o, so hat man == 3% als mittleren Kohlensauregehalt ange- nommen. Diese Art der Bereclmung ware aber nur dann vollkommen genau, wenn wahrend der ganzen Insolationsdauer die Kohlensaurezer- setzung mit gleicher Schnelligkeit vor sicb ginge. Bei grosseren Kohlen- sruiregehalten ist das wenigstens wahrsclieinlich, liei kleineren aber ent- schieden unmoglicb. Denn in kohlensaurereicherer Luft geht die Sauer- stoffausscheidung schneller vor sich als in kohlensaurearmerer, (wenn nur der Kohlensauregehalt in beiden Fallen nicht zu gross ist) ; daher muss auch der Zersetzungsprocess in einer nicht zu viel Kohlensaure enthaltenden Luft anfangs lebhafler sein, um sich dann mit sinkendem Kohlensauregehalte immer mehr zu verlangsamen. Somit sinkt auch der Kohlensauregehalt nicht gleiehmassig, sondern immer langsamer, und aus diesem Grunde ist die Mittelzahl zwischen dem anfanglichen und endlichen Kohlensauregehalt etwas hbher als die Zahl, welche den wirklichen mittleren Kohlensauregehalt wahrend der ganzen Insolationsdauer ausdriickt. Dieser Fehler ist um so grosser, je kleiner der Kohlensauregehalt iiber- haupt und je langer die Insolationsdauer war. Um ihn. mbglichst klein zu machen, habe ich (besonders in der zweiten Versuchsreihe) die Expo- sitionszeit so weit als mbglich beschrankt. Im directen Sonnenlichte 348 DR. EmIL fiODLKWSKl. dauerte die Insolation moist nur x fc Stunde. Eino weitere Reschrankung dieser Zeit konnte ohne Einfluss auf die Genauigkeit der Kesultate nicht stattfinden. Meine Versuche wurden hauptsachlich nur mit Blattern von drei Pflan- zenarten ausgefuhrt. Diese sind : Glyceria spectabilis, Typha latiiolia und Nerium Oleander. Es ist selbstverslandlich, dass ein ganzes Blatt von Glyceria oder Typha, nicht verwendet werden konnte. Versuch II zeigt die Vertheilung der Zersetzungskraft in den verschiedenen Blatttheilen, und zwar, dass dieselbe in der Mitte am stiirksten ist, und nach der Spitze einerseits und nach der Basis anderseits abnimmt. Deswegen wurde die Spitze des Blattes von etwa 70 C. Lange weggeschnitten und von dem daran stossenden Theile Stiicke von etwa 100 C. Lange zum Experimente verwendet. Die Thatsache, dass eine miissige Steigerung des Kohlensauregehaltes der Luft auch eine lebhaftere Thatigkeit der Blatter bewirkt, habe ich zu- erst an Glyceria spectabilis gefunden. Urn dieselbe mit aller Sicherheit zu constatiren, habe ich bei einigen Experimenten den moglichen Einfluss der in- dividuellen Blatterverschiedenheiten folgender Weise zu eliminiren gesucht. Der Versuch III zeigt, dass selbst bei unahnlichen Blattern, denen ver- schiedene Zersetzungskrafle zukommen, die Vertheilung derselben auf der Blattflache eine ahnliche ist, und zwar nimmt dieselbe i miner von der Spitze gegen die Mitte des Blattes hin zu. In diesem Experimente ist die Mittelzahl zwischen der Menge der zersetzten Kohlensaure von dem oberen Theile des ersten und unteren des zweiten Blattes nahezu gleich der mitlleren Zersetzung von dem oberen Theile des zweiten und dem unteren des ersten Blattes. Nun habe ich bei meinen Versuchen mit Glyceria zwei mbglichst ahnliche Blatter ausgesucht, die Spitze derselben weggeschnitten und aus dem daran stossenden Theile zwei Stticke aus jedem Blatte zum Experi- mente gebraucht. Der obere Theil des einen und der untere des zweiten Blattes waren in einerkohlensaurereicheren, der obere des zweiten und der untere des ersten Blattes in einer kohlensaurearmeren Atmosphiire insolirl, und wurden dann Mitlelzahlen zwischen den, von den beiden ersten und den beiden letzten Blattstiicken zersetzten Kohlensauremengen mit einander ver- glichen. Durch dieses Verfahren wurde der stdrende Einfluss der Hlatl- verschiedenheiten wenigstens zum Theil eliminirt, und die l^ntersehiede konnten fast ausschliesslich nur von einen gleichen KohltMisiiuregehalte der Luft herriihren. 3. ZuHanmieiistellung und Beiraclitung der Versuche. Jedflr Versuch isl in cinrr bcsoiKlcrcn klcinen T a belle dargcstelll. Eg sind hiear angeg^ben : das Volumcn und die Haehc jedes Blattes, das ab- solulc Gasvolumen und die Zusamincnsclzung dessclbrn vor und nach der Abhangigkeit der Sauersloffausscheidung der Blatter von dem etc. 349 Exposition, die mittlere Kohlensauremenge der Luft in °/o> die absolute Menge, welche nach der Berechnung von 1 Quadrat-Decimeter in 1 Stunde zersetzt wurde, und endlich die Differenzen der Volumina vor und nach der Exposition. Erste Versuchsreihe : Mit Glyceria spec tab His. Versuch I. 28. Mai. Spitzen von 4 ahnlichen Blattern. Exposition von 9 bis 12 Uhr. Der Himmel mit weissen Wolken bedeckt, durch welche die Sonne nur dann und wann brach. Temp. 19—23° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- siiure- gelialt in of Zer- setzte C0,» C. C. Zer- setzte eo 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renzen der Vo- lumina. Gas-Vol. =C0 2 + Luft. Gas-Vol. = CO-.. + Luft. 1. 3 1>9J 74, 7r) = 7,! +67,65 75,32 = 1,41 + 73,9i 5,7 5,69 5,93 0,54 2. 29,o f; 76, 68 =11,3l+65,37 77,09 = 3 >42 + 73,67 9,5 7,89 8 >98 0,41 3. 29,88 76,18= 5,92 + 70,26 76,9i = 1,3 +75, 61 4-7 4,62 5,16 0,73 4. 30,06 74,83 = 12,39 + 62,44 75,i9 = 5,02 + 70, 17 ^1,5 7,37 8,17 0,36 Versuch II. 29. Mai. Ein Blatt in vier Theile zerlegt: Nr. 1 die Spitze, Nr. 4 die Basis, Nr. 2 und 3 Mittelstucke. Exposition von 9 bis 12 Uhr. Der Himmel wie im vorigem Versuche. Temp. 21 — 24° C. Nr. Blattvelumon Blatt- fiiiche. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renzen der Vo- lumina. Gas-Vol. = CO* + Luft. Gas-Vol. — CO, + Luft. 1. 0,4 14,77 69,36 = 8 >32 + 61,04 69,65 = 3, 7 4 + 65,86 9,4 4,53 10, 9 -> +0,29 2 0,8 17,7 70,i7 = 8, 62 + 61,5 5 7 0,55 = 1, 8 4 + 68, 7 i 7,5 6,78 12,71 + 0,38 3 1,0 18,77 70,77 = 8,96 + 61,81 71,l3 = 2,i3 + 69,oo 7,8 6,83 12,13 + 0,36 4. 1,3 20,57 66,94 = 7-52 + 59,42 67,51 =2,92 + 64,59 7,9 4,6 7,45 + 0,57 Versuch III. 30. Mai. Von zwei ahnlichen Blattern wurden die aussersten Spitzen wegge- schnitten, und dann zwei daran stossende Theile jedes Blattes zum Ver- suche genommen. Nr. 1 das obere, Nr. 2 das untere Stttek des ersten, Nr. 3 das obere, Nr. 4 das untere Stuck des zweiten Blattes. Exposition 350 Dk. Emil Godlewski. von 10 Uhr 45 Min. bis 1 Uhr 45 Min. Der Himmel war mit woisson Wolken bedeckt, (lurch welche die Sonne oft brach. Temp. 22 — 28° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- fliiche. Vor Exposition. Nach Exposition. ]\litt- lerer Kolileii- saure- li al t der Luft in oj Zer- set/.te CO* C. C. Zer- COa pr.lD.Q. u. 1 Std. bereeh- net C. C. Diffe- reuz dor Vo- lumina. Gas- Vol. = CO2 +Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,4 18, 41 72, 5 3 = 10,3 5 + 62 )18 72, (J1 =,6, 18 + 66, 7 3 1 1 ,5 4, .7 7,54 + 0.38 2. 0,55 18,59 70,^=4 0,38+ 60,34 74,25 = 4,86+ 66^ 10,7 5,52 9,84 + 0,53 3. 0,45 18,89 73,97 = 10, ( ,>+ 63,35 74,o 7 = 5, 05 + 69,22 9,7 5 > 57 9,82 + 0,3 4. 0,7 ^9,25 72,52= 11,3 + 64,22 73,n = 4,40 + 68 ,71 1 0,7 6,9 1 1 ,89 + 0,59 Mittelzahl der Kohlonsaiirezersetzung von Nr. 1 und 4 — 9, 4s C. C. der von Nr. 2 und 3 — 9, N5 C. G. pj*0 1 Dm. Q. und in 1 Stunde. Versuch IV. 31. Mai. Sliicke von zwei iihnlichen Blattern. Nr. 1 das obere, Nr. 2 das unlere Stuck des ersten, Nr. 3 das obere, Nr. 4 das untere Stiick des zweiten Blattes. Exposition von 9 bis 12 Uhr. Wahrend der erslen Stunde bewolkter Himmel , spater fast ununterbrochener Sonnenschein. Temp. 22 — 29° C. Nr. 1 und Nr. 2 haben sich wahrend der Experimenle ein Bischen vom Lichte abgedreht. Nr. I Biattvolumeu. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gelialt der Luft in o| . Zer- setzte C0 2 in C. C. Zer- setzte CO2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renzen der Gasvo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = CO2 + Luft. 1 . 0,4 1 6,30 69, 8 o=13, l4 + 56, 70 70,i3 = 8, on + 62,07 15,o 5,08 10,39 + 0,33 2. 0*5 16,«)9 66, 83 = 5, 84 + 60, 99 67,oo = 0,03 + 66,37 4,8 5,21 10,^.7 + 0,17 3 0,4 16,09 69,50 = 6,57+62,93 69 )(i i =2,or,+ 67, 5 5 6,. 4,51 9,42 +0,n 4. 0„; 17,25 69, l2 = 12,3o + 56 )8 . 2 69,45=5,88 + 63,57 13,2 6,42 ^2,41 + 0,33 Mittelzahl: Kohlensauregehalt 1 4 71 °/ — Zersetzung 1 1 , 4 CO. 5, 4 % » 9 :S2 C. C. pro 1 Q. D. in I Stunde. Versuch V. 1. Juni. Blatlstiickc wie irii vor i gen Vefsuche. Exposition von M l)is 2 Uhr. Wiihrcnd der erslen lliilllc diescr Zeif schicn die Sonne fast mumter- brochcn. Temp. 25° G: sptKer hat sich der Himmel mit grauen Wolken bedeckt. Temp. 21° G. Abhangigkeit der Sauerstoffausscheidung der Blatter von dem etc. 351 V. -> I . Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- gehalt der Luft C.C. Zer- setzte GOa C. C. Zer- setzte C0 2 pr. ii^.vj. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renzen Gasvo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = CO* + Luft. 1. 0,35 ",65 68, io = **i62 + 56, 4g 68,36= 8, 18 + 60, 18 14,5 3.44 7,82 + 0,26 2. 0,6 15,20 68,36 = 6, 7 61 >66 68,63 = 2,81 + 65, 8 2 6,9 3-89 8,54 +0,27 3. 0,3 1 3,20 68, >2 = 6,22 + 62,00 68,27= 3 fl3 -|- 65,i4 6,8 3,09 7,80 + 505 4. o- H )24 68,i8 =",?3 + 53,4 5 68,37 = 10,02 + 58,35 18,i 4,71 11,02 + 0,19 Mittelzahl: Kohlensauregehalt 16, 3 % — Zersetzung 9, 42 C. C. a 6, 8 % » 8, 17 C. C. pro 1 D. Q. in 1 Stunde. Yersuch VI. 2. Juni. Blatter wie im vorigem Versuche. Exposition von 1 I Uhr 20 Min. bis 2 Uhr 20 Min. Der Himmel war die ganze Zeit hindurch mit grauen Wolken vollstandig bedeckt. Temp. 20, 3 — 21° C. Nr. 2 11 2 Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C.C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft, Gas-Vol. = COj + Luft. 4. 0,3 15,01 69, 7 9 = 5,77 + 64,oo 69,89 = 3,74 + 66,15 6,8 2,03 4 ,50 +0,1 2. 0,5 1 5,68 69, 6 6 =H.,84 + 57,82 69,91 = 9,34 + 69, 91 45,2 2,50 5,31 +0,25 3. 0,3 1 6,62 70,48= H,66 + 58,3 9 70,59 = 9,48 + 70,59 15,o 2,18 4 ,37 +0,11 4. 0,6 17,04 65,71 = 6,u + 59,60 65,99 = 3,32 + 65,99 7,0 2,79 5,45 +0,28 Mittelzahl: Kohlensauregehalt 1 5 7 1 °/ — - Zersetzung 4, 89 C. C. » 6,9% )) 4, 97 C. C. pro 1 D. Q. in 1 Stunde. Versuch VII. 3. Juni. Blattstucke wie oben. Exposition von 12 Uhr 10 Min. bis 3 Uhr 10 Min. Der Himmel mit weissen und grauen Wolken bedeckt. Temp. 22 bis 230 C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in oJ Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. , Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. \. 0,4 24,12 70,92 = 5,23 + 65, 7 9 71,02 = 1,84 + 69, 18 4,9 3,39 5,35 + 0,io 2. 0,4 20,75 70,20 = 1 0,7 +60,50 70,3i = 5,oi + 65,30 12-7 5,69 9,14 + 0,n 3. 0,7 20,96 69,46 = 8,99 + 60,47 69,68 = 3,47 + 65,2i 8,9 5,52 6,78 + 0,22 4. 0,7 20,82 67,37 = 4,55 + 62, 77 67,60 = 0,76 + 66,24 3,9 3,79 8,07 + 0,28 Arbeiten a. d. hot. Institut in Wiirzburg.^III. 2-1 352 EMIL GODLEWSKl. Mittelzahl: Kohlensauregehalt 10, 3 % — Zersetzung 8^ 6 C. C. '«,4% » i, %t c. c. pro I D. Q. in I Stunde. Versuch VIII. 5. Juni. Blattstiicke wie oben. Exposition von I bis 5 Uhr. Triibes Wetter. Es regnele fast fortwahrend. Temp. 48, 5 — C. Nr. JBlattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohle>i- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte CO, C. C. Zer- setzte CO, pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = CO, + Luft. Gas-Vol. = CO, + Luft. 1. 0,5 22,o 6S,7-j = 4,71 -j- 64,oi 68,70 = 2,02 + 66,io 5,3 2,09 2-31 o,oo 2. 0,5 23 )7 69,51 = 9, 9fi + 59,55 69,02 — 8,i9 + 61 , 4;j '12,9 ',77 1,71 +0,n 3. 0,8 21,23 7 1,71 = 1 1,02 + 69, C9 7'l,68 = 9,, 2 + 62, 9 14 . ',90 2,23 + 0,03 4. 0,8 22,oi 66,09= 4,58 + 62, u 66,80 = 2,7 + 64, 10 5,4 '1, 88 2,13 + 0,,, Mittelzahl: Kohlensauregehalt 5j 4 % — Zersetzung 2, 22 C. C. 'I3, 5 % * ',97 tk % pro I D. Q. in 1 Stuncle. Versuch IX. 8. Juni. Mittlere Stiicke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 12 bis 3 Uhr 30 Min. Der Himmel mit weissen und grauen Wolken bedeckt, durch welche die Sonne nur selten brach. Temp. 22 — 24° C. Mitt- Zer- Vor Exposition. Nach Exposition. lerer Zer- setzte Diffe- !* Blatt- Kohlen- setzte CO, renz der Nr. "o saure- gehalt pr.lD.Q. u. 1 Std. fliichp. CO, Vo- cS Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas -Vol. = CO, + Luft. dor Luft C. C. berech- lumina. 5. in % net C. C. 1. 0,4 18,7 68,42= 12,oo + 55,7fi 68,54 = 8.40+60,14 12,-, 4,20 + 0„2 2. 0,45 18,84 69,22 = 5,05 + 64. l7 69,05= 5,3, +64,04 69,39 = '1,33 + 68,oo 70,15= 1,85+68,30 ',9 3,72 3,40 5, (in + 0,17 + 0,2, 3. 0,4 19,34 2,o 5,n 4. 0,3 17,27 67,49= 12, ]0 + 55,39 67,09 = 8,io + 59,53 12 3,94 6,52 +0,M Versuch X. 9. Juni. Mittlere Stiicke. 1 von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 9 Uhf 15 Min. bis 1 % Uhr 15 Min. Dir&cte Sonnenstrahlen und bewOlkter Himmel oft wechselnd. Temp. ^2 — ^;>" <;. Abhangigkeit der Sauerstoffausscheidung der Blatter von dem etc. 353 i> 1 . © g S _> ■g Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt cler Luft in 0/0 Zer- setzte CO2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net O. C. Diffe- rent der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 -f- Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. t. 0,55 21,07 72, 75 = 8,49 + 65,34 73,io= 2,35 + 70, 75 8,1 5,06 8,00 + 0,35 2. 0,5 21,82 71,20 = 12,05 + 59, 15 71,51 = 6 ,62 + 64, 89 13,, 5,43 8,29 + 0,31 3. 0,5 22,23 70,92 = ",08 + 59,94 71 ,09 = 5,5i + 65, 48 11,6 5,57 8,36 + 0,17 4. 0,55 20,9 66,95 = 7,03 + 59,92 67, 3H = 7, 8 9 + 64,49 7,4 4,H 6,12 + 0,43 Versuch XI. 10. Juni. Vier ahnliche Blattstucke. Exposition beginnt urn I I Uhr 45 Min. und dauert iy 2 Stunde fiir die Blattstucke Nr. 1 und 2, und 3 Stunden fur Xr. 3 und 4. Bis 1 Uhr 30 Min. fast ununterbrochener Sonnenschein. Temp. 25 — 31 C. ; spater hat sich der Himmel mit Wolken hedeckt und die Temp, sank bis auf 22° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- fiaclie. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt cler Luft in °lo Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berecli- net CO. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. =C0 2 + Luft. Gas-Vol. =CO., + Luft. 1. 0,5 2-3, 15 72,37 = 1 1,84 + 60 ;5 3 72, r4 = 8 ;84 -f- 63, y0 14,4 3,00 8,64 + 0,27 2. 0,5 22 l89 65,95 = 3 ,41 + 62,54 66,n = 1,28 + 64, 8 9 3,5 2,13 6,21 +0,22 3. 0,4 21,12 69,40= 5,p,3-J-63, T7 69,52 = 2, 4 3 + 67, 9 5,8 3,2 5,05 + 0,12 4. 0,5 20,38 70, 10 = 1 1,29 + 58, 87 70,07 = 7,24 + 62, 8 3 13,s 4,05 6,62 + 0,03 Versuch XII. 12. Juni. Stiicke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 12 Uhr 10 Min. bis I Uhr 40 M. Fast ununterbrochener Sonnenschein. Temp. 26 — 29, 5 ° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in°| Zer- setzte CO2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berecli- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = CO2 + Lutt. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. f. 0,3 14, 7 2 70,02 = 1 9,69+ 50,33 70,35 = 1 7,05 + 53,30 26 2,64 1 1,95 + 0,33 2. 0,25 14,ii 69,93 = 10,16 + 59,77 69,93 = 7,29 + 62, 6 4 12,6 2,87 13,56 — 0,11 3. 0,3 1 5,62 67,56 = 3,64 + 63, 9 2 67,63 = ',68 + 65,95 3,9 1 ,96 8,31 + 0,07 4. 0,3 14,97 67, ,6 = 12,68 + 54,48 67,40 = 1 0,07 + 57,43 17 2,61 11,62 + 0,24 Versuch XIII. 15. Juni. Stticke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von I Uhr 30 Min. bis 2 Uhr. Fast ununterbrochener Sonnenschein. Die Apparate wurden mit Papierschirmen beschattet. Temp. 25 — 29° C. 24* 354 Dk. Emil Godlewski. Nr. Blattvolumen. Blatt- flaclie. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in °j Zer- setzte C0 2 . C. C. Zar- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Lnft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. \ . 0,4 18,65 68,80 = 12,3j + 56,49 69,09 = 9 -32 + 59, 77 15,8 2,99 6,41 2. 0,3 16,99 68,14= 4 >80 + 63,34 6!S, 2 7 = 3 -33 + 64,94 5,9 1,47 3,46 3. 0,4 18, 63 68, 78 = 11.67 + 57,1! 69,06 = 8 ,46 + 60,60 14,6 3,21 6,89 4. 0,38 is, 7< 64,29 = 4,12 + 60,17 64,42 = 2,72 + 61,70 5,3 1 ,40 3,00 Versuch XIV. 16. Juni. Stiicke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 11 Uhr 15 Min. bis 12 Uhr 15 M. Fast ununterbrochener Sonnenschein. Temp. 29 — 33° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gebalt der Luft in oj Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,6 23,81 70,61 = 18,53 + °2,o8 70,60 = 16,i7 + 54,43 24,5 2,36 9,91 + 0.44 2. 3.1) 0,6 20 69,33 = 10,16 + 39. 17 69,78 = 7 ,08 + 62,70 12, 6 3,08 15, 4 + 0,45 0,5 21,9 70,4 9 = 5,32 + 65,17 70,63 = 4,33 + 66,29 7 0,99 (4, 5 ) + 0,13 4. 0,55 22,16 68,10= 3,i3 + 64,9 7 68,33 = 1 '81 + 66,52 3,6 1,32 3 ,96 +0,23 Versuch XV. 1. Juli. Vier ahnliche Blattstiicke. Exposition von 12 Uhr 30 Min. bis 1 Uhr. Ununterbrochener Sonnenschein. Temp. 28 — 31° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kolilen- saure- gehalt der Luft in oj Zer- setzte COj C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Volu- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,38 18,75 68,i6 = 9,68 + 58,48 68,33 = 9,28 + 39,05 13,9 0,40 4,27 + 0,17 2. 0,38 18,30 68,23 = 7,26 + 60,97 68,40 = 6,72 + 61 ,68 10,4 0,54 5,35 + 0,17 3. 0,44 19,44 68,57 = 0,07 + 63,5 68,64 = 4,61 + 64,03 7 0,46 4,73 + 0,07 4. 0,4 18,07 68, 17 = 2,,, 8 + 65, 8 9 68,25 = 2,09 + 66, 16 3,1 0,19 2,io + 0,08 Schon der erste Versuch dieser Reihe zeigt eine ganz ausgesprochene Abhiingigkeit des Sauerstoflausseheidungsprocesses von dem Kohlensaurege- halte der Luft. Er zeigt, dass noch mit 5% Kohlensauregehalts das <) Dledes Blatt hatte sich wahrend der Insolation langs der Mittelrippe vollstandig zu- sammengelegt, was der Grund seiner geringen Leistung war. Abhangigkeit der Sauerstoffausscheidung der Blatter von dem etc. 3 5 5 Optimum nicht erreicht war. Da eine solche Abhangigkeit in dieser Form neulichst von Pfeffer verneint wurde, so habe ich mir alle Miihe gegeben, um dieselbe zunachst ganz unzweifelhaft festzustellen. Alle Versucbe dieser Reihe, welche zu diesem Zwecke angestellt waren. zeigen iibereinstimmend, dass die Zunahme an Kohlensauregehalt der Luft bis zu einer gewissen Grenze auch eine lebbaftere Kohlensaurezersetzung bewirkt. Eine Ausnahme bilden hier nur die Experimente IV und VIII. In beiden waren die Zersetzungen in kohlensaurereicherer und armerer Luft nahezu einander gleich, ja in dem VIII. Versuche hat Blattstiiek Nr. I in einer 5° Kohlensaure enthal- tenden Luft verhaltnissmassig bedeutend mehr geleistet. als Nr. 2 in der Atmosphare, welche 12% Kohlensaure enthielt. Beide Versuche und zwar ganz besonders der Versuch VIII waren an truben Tagen angestellt. wo die Apparate keine directen Sonnenstrahlen, sondern nur diffuses Licht erhielten. Das zeigt. dass die starkere Zunahme an Kohlensauregehalt der Luft nur insofern die zersetzende Thntigkeit der Blatter be^iunstigt, als das Licht von genUgender Intensitat ist. Bei directem Sonnenlichte scheint das Optimum des Kohlensauregehaltes der Luft etwa zwischen 8° und 10° zu liegen, wenigstens eine Steigerung des Kohlensauregehaltes uber 7° hat noch gunstig gewirkt Versuch V und XV . Die Wirkung noch kohlensaure- reicherer Luft war in dieser Versuchsreihe wenig untersucht, doch zeigt der Versuch XII schon bei l7°/o und noch mehr der Versuch XIV bei 24% eine Verminderung der zersetzenden Thatigkeit der Blatter. Zweite Versuchsreihe : rnit Typhi lati folia. Versuch XVI. 14. Juni. Stiieke von drei ahnlichen Blattern. Exposition von II Uhr 15 Min. bis 2 Uhr. Die Sonne bricht oft durch weisse Wolken. welche den Himmel bedecken. Temp. 24 — 26° C. Nr. Blatt- fiache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer KoMen- saure- frehalt der Luft in • Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- luuiina. Gas-Vol. = ( '0 2 -f Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1 . 0,6 68, 7 o = • 1 >98 + 68, ^ = 7. 41 + 6 1 . 47 13,3 *>58 ■trill +0,18 0,6 ' 15,55 6S.44 = ,0 »81 + J",63 68,76 = 5,38 4" ^tBB 5 , 43 + 0, 32 3. 0-6 ,5 >68 6,ii -4- 66, S 7 ='0,4)5 + 66.39 4,o 5,63 18,02 +0.-18 Versuch XVII. 17. Juni. Stiieke von vier ahnlichen Blattern Exposition von 12 Uhr bis 1 Uhr 30 Min. Sonnenschein und bewolkter Himmel oft wechselnd. Temperatur 25—290 C. 356 Dk. Emil Godlewski. Nr. s S3 — P3 Blatt- fliiche. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Koblen- gehalt der Luft in o| Zer- sctzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u.'l Std.' berecb- net C. (.'. Diffe- renz der Vo- lumina. * Gas-Vol. = C0 2 4- Lnft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,6 15, 14 69,45=12,^+57,,, 69,67 = 9,43 + 60.04 13, 5 2,73 12,02 +0,22 2. 0,65 16,27 69, 5 7 = 12,-,,+ 56,,, s 69,86 =9,15 + 60,7, 13,5 3,44 14,00 + 0,2!) 3. 0,7 1 4 r- 70,67 = 6,33 + 64 7 3 4 7 °,80 = 3,io + 67,7 6,7 3,23 14,86 +0,13 4. 0,65 14,45 68,00= 6,83 + 61 ,77 68,73 = 3,82 + 65,, , 7,7 3,01 14,2!) +o„ 3 Versuch XVIII. 18. Juni. Vier Blattstucke wie oben. Exposition von 12 Uhr bis 1 Uhr 15 M. Dauernder Sonnenschein etwas durch weisse durchsichtige Wolken ge- dampft. Temp. 25—28° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- ;flacbe. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kob ln- saure- gebalt der Luft in ojo Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte CO., pr.lD.Q. a. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz Aer Vo- lumina. Gas-Vol. - C0 2 + Lnft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,7- 17,o 70,7 9 = 9, 4 o + 61, 39 70,84 — 4,84 + 66,oo 10 4,56 21,48 + 0,05 2.1; 0,8 16,3 69, 18 = 7, 4 4 + 61,74 69,,4 = 2, 03 + 66, 61 7,3 4,81 23,55 + 0,06 3. 0,7 17,05 71,03 = 3,67 + 67,3 6 71,l2 = 0,37 + 70,7 5 2,9 3,30 13,48 +0,09 4. 0,8 16, n 67,7i = 2, 13 + 65, r) 8 67,78 = °>16 + 67, 6 2 1,7 1,07 9,2, + 0,07 Versuch XIX. 19. Juni. Vier Blattstucke wie oben. Exposition von 12 Uhr 10 M. bis 1 Uhr 25 Min. Der Himmel mit weissen Wolken bedeckt, nur dann und vvann directer Sonnenschein. Temp. 23 — 26° C. Nr. £ £ Blatt- fliiche. Vor Exposition. Nach Exposition. Stitfc- lerer Koblen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte C0 2 e.c. Zer- setzte CO, pr.lD.Q. u. 1 Std. perecb- netC.C. Diffe- reuz <1 11 3 Blatt- flache. Vor Exposition. Naeh Exposition. - Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in ojo Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- netC. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = CQ 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,8 •5,45 68 ,36 — 7 '23 + 6 1 ,13 68,02 = 5,87 + 62, 8 5 9,6 ' ,36 '7,ri + 0,26 2. 0,75 '5,5 67,45 — 5,00 + 62,45 67,64 = 3 ,46+ 64,i 8 6,3 ',57 20, 2 6 +0,19 3. 0,7 '5,68 67,8;3 = 3 >20 + 64, 63 67, 8 r)= ',53 + 66,36 3,6 1,67 ^1,30 + 0,06 4. 0,75 ^8^32 67,ns = 2 >33 + 65, r ,5 68, 15 = 1,2S + 66, 87 2,6 1,05 '3,71 + 6)17 Versuch XXI. 21. Juni. Vier Blattstucke wie oben. Exposition von 12 Uhr bis 12 Uhr 45 M. Der Himmel mit grauen Wolken bedeckt. Temp. 24° C. Nr. Blattvolumen) Blatt- flaehe. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- siture- gehalt der Luft in ojo Zer- setzte t'0> C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berecli- netC. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gss-Vol. = CO2 +Luft. Gas-Vol. = C62 + Luft. 1. '6,70 69,57 = 7,03 + 62,5 4 69,g9 == 6,44 + 63,15 9,6 0,50 4,69 + 0,02 2. 0,65 69, 18 = 3, 74 -f- 65,44 69,22 = 3,i8 + 66,04 4,1 0,56 4,31 +Q,04 3, 0,7 '6,08 69,87 = 2,52 + 67,35 69, !)4 = 2 >03 + 67,9i 2,4 0,49 4,31 + 0,07 0,8 ^7,26 66,12 = ' ,28 + 64,84 66,22 = 0,no + 65,53 *»5 0,59 4, 5 +0,10 Versuch XXII. 22. Juni. Vier Blattstucke wie oben. Exposition von 11 Uhr 40 Min. bis 2 Uhr 10 Min. Der Himmel mit grauen Wolken bedeckt, trilbes Wetter. Temp. 22" C. Nr. Blattvoluraen. Blatt- flaclie. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berecli- netC.C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. °,7 '4,93 72, 7 3 = 27,35 + 45,38 72,80 = 26,36 + 46,44 36,7 e,9d 2,39 + 0,07 2. 0,65 14,93 69,59 = 1 5,59 + 54, 00 69,59 = 1 4,48 + 52, n 21,o 1,11 2,99 0,00 3. 0,65 15,34 69,10=1 0,43 + 58,67 69,20 = 9„4+60,o6 14,o 1,29 3 ,33 0,10 4. 0,6 4 4, 6 " : ' 66,,5= 7,u + 59,04 66,10= 5,89 + 60,31 10 1,22 3,35 0,07 358 Dr. Emil Godlewski. Versuch XXIII. 23. Juni. Vier Blattstucke wie oben. Exposition von 11 Uhr 20 Min. bis 12 Uhr 5 Min. Dauernder Sonnenschein. Temp. 28— 30° G. Nr. Blattvolumen. Blatt- Vor Exposition. iNacn Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in oj Zer- setzte CO2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- netC.C. Uitie- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Lnft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,45 12,93 74, 2 4 = 29, 21 + 44 ;5 3 74,23 = 28, lfi + 46, 17 39,i 1,55 1 5,95 —0,01 2. 0,45 t4,« 7'1,07 = 19,38 + 51,69 71,17 = 17,3 + 33 ,87 25,8 2,00 18,88 + 0,10 3. 0,53 '3,05 69, 87 = 12,93 + 56,94 69,99 = 1 1 , 34 + 58, 6 5 17,3 1,59 16,18 + 0,12 4. 0,5 1 4,04 66,35 = 3,55 + 60,80 66,45 = 3 ,28 + 63 , 17 6,7 2,27 21,56 +0,10 Versuch XXIV. 24. Juni. Vier Blattstucke wie oben. Exposition von I I Uhr 20 Min. bis 11 Uhr 50 Min. Wolkenloser Himmel. Temp. 29—31° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in % Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. \. 0,7 16,86 68,08 = 3,04 + 63,04 68,26 == 2,94 + 65,32 3,8 2,10 24, 17 + 0,18 2. - 0,8 16,99 69,05 = 3,74 + 65, 31 69,17 = 2,22 + 66,95 4,3 1 ,52 17,9 + 0,12 3. 0,7 16,67 69,35 = 2,50 + 66,85 69,55 = 1 ,14 + 68,48 2,6 1,36 16,31 + 0,22 4. 0,7 17,03 65,85 = ',18+ 64,67 65,96 = 0,39 + 65,57 1,2 0,79 9,28 + 0,11 Versuch XXV. 26. Juni. Stilcke von vier Blattern wie oben. Exposition von 12 Uhr 30 Min. bis 2 Uhr 30 Min. Der Himmel mit grauen Wolken bedeckt. Tempera tur 22— 22, 5 o C. Nr. 3 a 5 "3 j« 5 Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Koblen- saure- gebalt der Luft in °|o Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte CO 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = 002 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,75 14,22 73,43 = 31, 9 + 42, 4 7:1,55 = 30,79 + 42, 7 6 42,3 0,30 1,05 + 0,32 2. 0,75 J 8,83 70,49 = 18,9 + 51,59 70,69= 18,12 + 32, 5 7 26,5 0,78 2,81 + 0,20 3. 0,7 1 3,u8 68,29= 10,35 + 57, 92 68,5c = 9,27 + 59,29 14,5 1 ,08 3,99 + 0,27 4. 0,7 14,,i 65,87 = 6,< M , + 58,96 66,12= 5,69 + 60,43 9,5 1,21 4,28 + 0.25 Abhangigkeit der Sauerstoffausscheidung der Blatter von dem etc. 359 Versuch XXVI. 27. Juni. Stiicke von vier Blattern wie oben. Exposition von 12 Uhr 30 Min. bis 1 Uhr 15 Min. Die Sonne nur selten von weissen Wolken verschleiert. Temp. 22—280 C. Nr. Blattvoluiiien. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- Jerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in °| Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,42 I2,io 69,07= 7,26 + 64,8, 69, 18 = 3,i7 + 63,90 9 2,09 23,20 + 0,n 2. 0,44 12,30 6" ,23 = 2,29 + 6 4, n 4 67.37 = 1 ,3 + 66,07 2,6 0,99 »o, 73 + 0,14 3. 0,45 13,18 63,86 = 4 ,7 + 60, lfi 66,05 = 2, u + 63,9i 3,3 2,56 25,99 +0,19 4.1 0,40 12,05 67,47 = 3 ,67 + 63,80 67,5i = 1,84 + 65, 67 4,i 1,83 20,24 + 0,04 Versuch XXVII. 30 Juni. Stiicke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 10 Uhr 20 Min bis 10 Uhr 50 Min. Wolkenloser Himmel. Temp. 28—32° C. Nr. Blattvoluiiien. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in°| Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol, =C0 2 + Luft. Cas-Vol. = C0 2 + Luft, 1. 0,7 13,52 68,93 = 5,21 + 63,02 68,36 = 3,n + 65,25 6,1 2,1 26,49 + 0,13 2. 0,7 13,46 70,93 = 8,50 + 62,37 71 ,32 = 6,27 + 65,05 10,4 2,29 29,62 + 0,39 3. 0,7 1 5,12 69,5 6 = 3,77 + 63,79 69,79 = 3,58 + 66,21 7,3 2,19 2«,97 + 0,23 4. 0,75 14,9~ 63,52 = 6,87 + 36,65 63,90 = 4,73 + 59,17 9,1 2,i 4 28,7 + 0,38 Versuch XXVIII. 3. Juli. Stucke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 12 Uhr 20 Min. bis 1 Uhr 20 Min. Der Himmel war mit Wolken bedeckt, durch welche die Sonne nur dann und wann brach. Temp. 22 — 26° G. Nr. Blattvolumen. Blatt- fiache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol .•= C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,7 15,96 72 ; 65 = 25,47 + 47,i 8 72, 81 = 24,15 + 48, 6 6 34, 1,32 8,33 + 0,16 2. 0,77 16,71 70,53 = 1 7,43 + 33,io 70,68 = 4 3,7 + 34,98 23,5 1,73 10,35 + 0,15 3. 0,77 16,37 68,39= 6,44+61,95 68,55= 4,39 + 64,i 6 8,0 2,05 12,52 + 0,16 4. 0,72 13,96 63,83 = 2,98+ 60,85 64,02 = '1,34 + 62,68 3,4 1 ,64 10,21 + 0,19 1) Dieses Blatt hat sich etwas wahrend der Insolation gebogen. 360 Dr. Emil Godlewski. Versuch XXIX. k Juli. Stiicke von vier ahnlichen Bl altera. Exposition von 12 Uhr 4 Min. Der Himmel vollstandig mit weissen Wolken bedeckt. Temp. 23 — 25° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- fliiclie. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in oj Zer- setzte C0 2 c. e. Zer- setzte OQb pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- netC. G. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft, Gas-Vol. = C0 2 + Luft, 4. 0, 7 18,.)., 70, o 3 = 20,22 -|- 50,oi 70,36 = 18,oo + 32,.,7 27,4 2,13 1 1 ,60 +0,13 2. 0,7 1-7,08 68,35= 7,36 + 60,9.) 68.5,i= 4,94 + 63,62 9,1 2,4-2 14, ,6 + 0,22 3. 0,75 18,08 6S, 5n = 5,3| + 63,25 68,71 = 2, 4 9 + 66,.,., 5,7 2,82 13,6 + 0,15 4\ 0,7 16,65 6/ i, 14= 1,88 + 62,28 64,20= 0,52 + 63,74 1,8 1,24 7,44 + 0,12 Yersueh XXX. Stiicke von vier ahnlichen Blattern. Exposition von 10 Uhr 30 Min. bis 10 Uhr 50 Min. Dauernder Sonnenschein. Temp. 29—31° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- fliiche. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kolilen- saure- gehalt der Luft in °lo Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berecli- net C. C. Diffe- renz dei Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft, Gas-Vol. = C0 2 + Luft, \ . 0,75 13,68 67,42 = 5,]9 + 62,23 67,53 = 3, y7 + 63, f) 6 6,7 1,32 25,25 + 0,n 2. 0,6 15 68-06 = 3 ,60 + 64,46 68,19 = 2,78 + 65,4i 4,6 0,82 16,4 + 0,13 3. 0,7 1:6,, 6 68,22 = 2,38 + 63,84 68,35 = 1 ,42 + 66,93 2,8 0,86 15,9 + 0,13 4. 0,67 14,95' 64,84 = 1,25 + 63,59 64,98 = 0,78 + 64,20 1,5 0,47 9,43 + 0,14 Die Versuche mit den Blattern von Typha latifolia, welche in dieser Versuchsreihe zusammengestellt sind, haben von alien die regelmassigsten Resultate geliefert. Um einen bessern Ueberblick derselben zu erhalten. habe ich auf der Tafel sammtliche Versuche dieser Reihe von XVIII an in Curven dargestellt. Jedem Versuche entspricht eine besondere Curve. Die Procente des Kohlensauregehalles der Luft bilden die Abscissen, die zer- setzte Menge derselben die Ordinalen der Curven. Die Curven sind auf doppelte Weise aufgetragen. Bei den unteren sind einfach die in einer Stunde von 1 Decim. Quad. Blatlflache zersetzten Cub. Centim. der Koh- lensaure als Ordinaten benutzt. Jeder Punkt bedeutet das Resultat einer Analyse. Diese Curven sind also rein empirischer Natur. Bei der Construc- tion der oberen Curven ist angenommen, dass das Optimum in einer zwi- sehen 5°/ und (>% Kohlensiiure enthaltenden Luft liegt. Die zwischen diesen Grenzen zersetzten Kohlensauremengen sind gleich 100 gesetzt, und die Mengen, welche in der Luft anderer Zusammensetzungen zersetzt wa- ren, wurden dem entsprechend berechnet und als Ordinalen aufgetragen. Abhangigkeit der Saueistoffausscheidung der Blatter von dem etc. 361 Um den Einfluss der Lichtintensitat besser zu veranschaulichen, sind die Yersuche von ganz hellen Tagen durch ausgezogene, die der Tage mitt- lerer HeJligkeit durch unterbrocbene, und endlich die Versuche, welche bei sehr triibeni Wetter angestellt wurden, durch punctirte Linien dar- gestellt. Betrachten wir nun diese Gurven, so sehen wir: I) dass sie sammt- lich zwischen I °/o un ^ 5% steigen, und nach 7°/ wieder zu sinken be- ginnen, das heisst, dass, wenn der Kohlensiiuregehalt der Luft von 1 °/ bis 5 °/o allmahlig zunimmt, so wird auch dadurch die zersetzende Tha- tigkeit i miner lebhafter. Die Luft, welche etwa 5 bis 7 °/o Kohlensaure enthalt, scheint fUr die Sauerstoffausscheidung der Typha-Blatter bei in- tensivem Lichte besonders geeignet zu sein. Eine weitere Zunahme des Kohlensauregehaltes wirkt schadlich. 2) Dass die Steilheit der aufsteigenden Theile der Curven bedeutend grosser ist als die der absteigenden, zeigt, class der gunstige Einfluss der Zunahme d^s Kohlensauregehaltes, bevor das Optimum erreicht ist, grosser ist als der nachlheilige, wenn dasselbe schon uberschritten ist. 3) Nicht sammtliche obere Curven zeigen sovvohl beim Steigen wie bei dem Sinken dieselbe Steilheit. In der aufsteigenden Periode sind die aus- gezogenen steiler als die unterbrochenen und die punctirte Curve ist sogar beinahe horizontal, in der absteigenden ist gerade»das Gegentheil der Fall, die grbsste Steilheit haben hier die punctirten, die kleinste die ausgezo- genen Linien. 1m Allgemeinen ist die Steilheit der oberen Curve um so grosser beim Steigen, um so kleiner beim Sinken, je hbher die entspre- chende untere Curve liegt. Die hbhere oder tiefere Lage der unteren Cur- ven, das heisst die grbssere oder kleinere absolute Menge der von der Blattflacheneinheit zersetzten Kohlensaure ruhrt aber grbsstentheils von den DifFerenzen der Lichtintensitat verschiedener Versuchstage her. Somit sehen wir, dass die Abhangigkeit der Sauerstolfausscheidung von dem Kohlen- sauregehalte der Luft seinerseits von der Lichtintensitat abhangt. Die Be- giinstigung der zersetzenden Blat'lthatigkeit durch die Zunahme des Kohlen- sauregehalts ist um so grosser, je starker die Lichtintensitat ist. Bei schwachem diffusen Lichte ist diese Zunahme wenigstens ohne Einfluss aul die Sauerstoffausscheidung. Es ist hbchst wahrscheinlich, dass jeder Licht- intensitat ein anderes Optimum des Kohlensauregehaltes der Luft zukommt. bei welchem die Sauerstoffausscheidung ein Maximum erreicht. Je starker die Lichtintensitat, um so hbher liegt dieses Optimum. Die Curve XXVII. welche das Resultat eines an besonders hellem Tage angestellten Versuches darstellt, steigt noch nach 7%. Das Ueberschreiten des Optimums wirkt um so schadlicher, je schwa- cher die Lichtintensitat ist. Diese Thatsachen, welche wir auch bei den Versuchen mit Glyceria ge- funden haben, sind nicht ganz neu, auf etvvas Aehnliches habe ich schon 362 Dr. Emil Godlewski. oben bei der Besprechung von Saussure's Versuchen aufmerksam gemacht. Wir sahen dort, dass dieselbe Menge der Luft beigemengter Kohlensaure, welche im intensiven Lichte die Vegetation begiinstigte , im schwachen diffusen Lichte auf dieselbe schadlich wirkte. Man darf zwar diese Ver- suche mit den meinigen nicht identificiren, da es sich nur um die Sauer- stoffausscheidung handelt, doch eine gewisse Aehnlichkeit ist nicht zu ver- kennen. Wenn nun einmal bewiesen ist, dass der Einfluss des Kohlensaurege- haltes der Luft auf die Sauerstoffausscheidung seinerseits von der Lichtin- tensitat abhangt, so ist man auch berechtigt, umgekehrt anzunehmen, dass die Wirkung der Lichtintensitat von dem Kohlensauregehalte der Luft ab- hangt. Je reicher die Luft an Kohlensaure ist, desto grosser ist die Wir- kung der Lichtintensitat. Ein Blick auf die unteren Curven, macht das sofort anschaulich. Die Differenzen zwischen den Ordinaten einzelner Cur- ven riihren hauptsachlich von der Ungleichheit der Lichtintensitat an ver- schiedenen Tagen, an welchen die entsprechenden Versuche angestellt waren, her. Diese Differenzen wachsen aber mit der Abscissengrbsse. Zwischen 5°/ und 6°/ sind sie bedeutend grosser, als zwischen l°/ und 2°/o (ver- gleichen wir nur die Curven XXI, XIX und XXX), das heisst, die Sauer- stoffausscheidung in einer Luft, welche o°/ bis 6°/ Kohlensaure enthalt, wird durch eine starkere, Lichtintensitat mehr beschleunigt, als in der Luft, welcher nur 1°/o bis 2°/ Kohlensaure beigemengt ist. Daraus folgt aber, dass eine allgemein gultigeeinfacheBeziehung der Lichtin- tensitat zur Sauerstoffausscheidung unmbglich ist, und wenn man auch eine solche Beziehung in einigen Fallen gefunden hat (Wolkoff's Versuche), so darf man dieses Resultat keinesw 7 egs verallgemeinern. Mayer 1 ) sucht die Proportionalitat der Sauerstoffausscheidung mit der Lichtintensitat theoretisch zu begriinden, indem er sich darauf stiitzt, dass zwischen der zur Wirksamkeit gelangenden Kraftgrosse und der Grbsse der geleisteten Arbeit eine Proportionalitat bestehen musse. Dagegen ist aber einzuwen- den, dass die zur Wirkung gelangende Lichtmenge nicht nothwendig der Lichtintensitat proportional sein muss ; schon die Schnelligkeit der Diffu- sions vorgange musste hier eine Grenze setzen. Meine Versuche zeigen aber, dass eine solche Proportionalitat nur unter gewissen Umstanden bestehen konnte, unter anderen aber nicht. Bestiinde sie z. B. in einer 6% Kohlensaure enthaltenden Luft, so konnte sie in einer nur 2% Kohlensaure enthalten- den Luft nicht bestehen. Daraus ist aber der weitere Schluss zu ziehen, dass man aus den Versuchen, welche tiber die Wirkung der Lichtintensitat in kUnstlicher kohlensaurereicher Atmosphiire angestellt sind, nicht ohne Weiteres auf die Verhaltnisse im Freien schliessen darf. Der Einfluss der Lichtintensitat auf die Sauerstoffausscheidung ist im Freien, wo kaum ! /2o% 1, Lchrbuch der Agriculturchemie. Heidelberg, 1871, S. 29. Abhangigkeit der Sauerstoffausscheidung der Biatter von dem etc. 363 Kohlensiiure vorhanden ist, wahrscheinlich viel kleiner, als in unseren Experimenten in kohlensaurereicher kunstlicher Atmosphare. Wollten wir die Wirkung verschiedener Lichtintensitaten auf die Kohlensaurezersetzung im Freien studiren. so miissten wir nach einer von der bisherigen ganz verschiedenen Methode suehen. Was die Ursache des Einflusses des Kohlensauregehaltes der Luft auf die Sauerstoffausscheidung anbetrifft, so ist diese wahrscheinlich in dem Einflusse der partiaren Pressungen einzelner Gase auf die Diffusions- und Absorptions-Erscheinungen derselben zu suchen. Die Zersetzung der Kohlensaure im Blatte zerstort das Gleichgevvicht zwischen den partiaren Pressungen der ausseren und der inneren Atmo- sphare. Die Differenzen dieser Pressungen sind um so grosser, je lebhafter die Zersetzung undje kohlensaurereicher die aussere Atmosphare ist. Je grosser aber diese Differenzen sind, desto schneller gehen die Diffusions vorgange vor sich, somit muss diese Schnelligkeit sowohl von der Lichtintensitat als von dem Kohlensauregehalte der Luft abhangen, und beide diese Einflusse mtissen sich gegenseitig bedingen. Die Schnelligkeit der Diffusionsvorgange muss aber wieder auf den Zersetzungsprocess von Einfluss sein. Damit kann aber nicht erklart werden, warum ein zu grosser Kohlensauregehalt der Luft schadlich auf die Sauerstoffausscheidung einwirkt, vielleicht er- schwert er die Athmung, wodurch die Blatter weniger lebensfahig werden, was jedoch eine blosse Vermuthung ist. Dritte Versuchsreihe : mit Nerium Oleander. Versuch XXXI. 2. Juli. Vier ahnliche Blatter. Exposition von 12 Uhr 20 Min. bis 1 Uhr 50 Min. Sonnenschein und bewblkter Himmel abwechselnd. Temperatur Nr. Blattvoluiien. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C.C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 +Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft, 1. 0,75 16,98 72, 16 = 25,47 + 54,98 72,34 = 22, u + 54,03 33 3,36 13, 18 + 0,18 3. 0,7 16,o 3 69,4i= 7,o9 + 62,3 2 69, 6 i= 3,7 8 + 65,93 7,8 3,31 13,60 + 0,20 3. 0,75 17,81 68,37 = 4,07 + 64,98 68,6i= 0,7 5 -f- 67,86 3,5 3,32 12,49 + 0,24 4. 0,6 16,3 64,84 = 3, 19 + 64,65 65,oi= 0, 18 + 65,83 2,6 3,01 12,31 + 0,17 364 DR.,EMIL GODLEWSKl. Versuch XXXII. 5. Juli. Vier ahnliche Blatter. Exposition von 12 Uhr 20 Min. bis 1 Uhr 50 Min. Der Himmel wie bei vorigem Versuche. Temp. 23 — 26° C. Nr. olumeu. Blatt- Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- siiure- gehalt der Luft in «jo Zer- setzte Zer- setzte C62 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diite- renz der Blattv flache. Gas-Vol. = GO2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 -f Luft. c. c. Vo- lumina. 1 . 0,75 18, 4 6 72, 8 3= 26, (il -j- 46,22 72 )90 = 23, 0!) + 49,2i »U 2 ,02 10,54 0,07 2. 0,8 I9, 7 69,24 = 21 ,20 + 48, 04 69, 38 = 18,3 H- 51,08 28,r, 2,90 9,99 0,14 3. 0,8 17,5 69,37 = ' 4,42 + ^8,95 69,53= 10,4, + 59, 12 H,47 0,ifi 4. 0,78 18,07 66,32= 9,48+56,84 66,43= 6, r , 5 :')9, 7S 2,83 »0,5I 0,n Versuch XXXIII. 8. Juli. Drei ahnliche Blatter. Exposition von 12 Uhr 30 Min. bis I Uhr. Dauerntler Sonnenschein. Temp. 30 — 32° C. Nr. 3 5 IS Blatt- . flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Lnft in oj Zer- setzte CO2 O. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. I Std. berech- uet C. O. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C'0 2 + Luft. Gas-Vol. =C0 2 + Luft. 1. 1,03 2 4,08 68,19 = 6,81 + 61 ,30 68,45 = 3 ,32 + 63,i3 8,9 ' ,49 '2,37 + 0,26 2. 0,78 18, 2 5 67,oi = 3, fi7 -f- 63,34 67,i2 = 2,03 + 63, 5 o 4,7 1 ,04 1 1 ,40 + 0,11 3. 0,8 18,51 67, ,2 = 2, 3 65,oo 67,16 = 1 ,25 + 65,9] 2,5 0,78 8,43 + 0,04 Versuch XXXIV. 1!. August. Vier der Farbe und der Dicke nach ahnliche Blatter. Exposition von I Uhr bis 3 Uhr. Wegen des bewolkten Himmels nur diffuses Licht. Nr. 8 5 Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kolilen- saure- gehalt der Luft in o(o Zer- setzte COa C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net CC. Diffe- renz der Vo- lutin na. Gas-Vol. =C0 2 + Luft, Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,95 20,4 70,28 = 20,22 + 50,06 70,23 = 19-,23 + 51,00 2-8,2 0,99 2,42 -0,05 2. 0,95 20,5 69,^ = I 3,59 -j~ 56,29 70„ 4 = 12,3 + 57,H4 18,5 1 ,29 3,23 +0 >2 « 3. 0,85 17,98 69, 81 = 9, 8 9 + 59,9 2 69,98 = 8,59 -f- 6 I ,39 13,2 1,30 3,62 + 0,17 4. 0,85 18,20 66, 51 = 3,16+63,35 66,-2 = I ,51 + 65,21 3,6 1,65 4,31 +0,21 Versuch XXXV. 13. August. Vier ahnliche Blatter. Exposition von 10 Uhr 20 Min. bis 10 Uhr 50 Min. Dauernder Sonnenschein. Temp. 25 — 27° C. Abhangigkeit der Sauerstoffansscheidung der Blatter von dem etc. 355 Nr. Blattvolumen. Blatt - flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- gehall der Luft in°| Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.l D.Q. u. 1 Std. berech- net C.C. Difte- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. 1. 0,5 13,n 69,oi= l6,, +53, 45 69,04 = ,3 >13 + 54 ,51 22,3 ',03 15,72 + 0,03 2. 0,5 I2,a3 69,57 = 7,71 + 6t, 8 6 69,54= 6,4o+63, 05 10,2 1 ,22 19,02 -0^)3 3. 0,5 69,63 = 3 ,0l + 65, 7 2 69,51 = 2,73 + 66, 78 *>8 ',18 1 8,44 -0,12 4. 0,5 12,41 67,r,i = 2, n 4- 6S,5o 67,54 = 7,03 + 66,51 2,3 0,07 15,55 -0,07 Versuch XXXVI. 45. August. Zwei Paare ahnlicher Blatter. Nr. 1 ahnlich dem Nr. 2, Nr. 3 ahn- lich dem Nr. L Exposition- von 10 Uhr 50 Min. bis 11 Uhr 20 Min. Dauernder Sonnenschein. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in °lo Zer- setzte~ CO2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- netC. C. Difte- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = CO2 + Luft, 1. 0,8 I7, 8! , 70,00 = 7,ui + 62,o;» 70,i3 = 5, 17 + 64,06 8,7% '',84 20,50 + 0,13 2. 0,8 1 7,97 69,05 = 2,17 + 66,88 69,oo = °»61 + 68, 48 2% 1,46 16,75 + 0,04 3. 0,7 69,77 = 6,57 + 63,20 69,8i = : >'->4 + 64,57 8,4% 1 ,33 17,73 + 0,04 4. 0,73 lo, 8 65,71 = 2,' Ifi + 63,5 5 65,77 = 1 ,07 + 64,70 2,4% 1 ,0!) 13,70 + 0,06 Versuch XXXVII. 16. August. Zwei Paare Blatter wie vorstehend. Exposition von \\ Uhr bis I I Uhr 30 Min. Dauernder Sonnenschein. Temp. 30 — 32° C. Nr. Blattvolumen. Blatt-] flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft in o| Zer- setzte CO2 C. C. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- netC. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C02 + Luft, Gas-Vol- = C02 + Luft. 0,8 19,36 69,58 = 7, 8I + 61,77 69,7, =6,30 + 63,4, 1 0,, 1,51 13,6 + 0,13 0,8 18,40 69,oi = 1,94 + 67,07 69,77 = 0,78 +68,00 1,0 1,16 12,6 + 0,io 0,78 17,i9 69, go = 7,gg + 62,oo 70,02 = 6,00 + 63,42 10,4 1,20 13 ,0I + 0,13 it- 0,s 16,50 65,50 = 1,7S + 63,72 65,7i = 0,50 + 65,15 1,8 1 U,7i + 0,21 Versuch XXXVIII. 17. August. Blatter wie oben. Exposition von 11 Uhr bis I I Uhr 30 M. Dauern- der Sonnenschein. Temp. 30—320 C. 366 Dr. Emil Godlewski. Nr. Blattvoluraen. Blatt- flache- Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kobleu- saure- gehalt der Luft in ©jo Zer- setzte C0 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- netC. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. Gas-Vol. = C0 2 + Luft. v- 0,95 20,82 69,09 = 7 ,99 + 61 ,30 69, 49 = 6,3 6 + 63, 13 10,4 1,63 <5,66 + 0,20 1,0 21,18 65, 52 = 1 ,97 + 63,55 65,64 = °,oi| = 1 ,72 + 63,5y 65,32 = )82 + 64, 5 o 1,9 0,90 9,47 + 0,03 Versuch XLII. 23. August. Blatter wie oben. Exposition von 12 Uhr his 12 Uhr 40 M. Dauern- der Sonnenschein. Temp. 31 — 32° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kolilen- saure- gebalt der Lnft iu °|o Zer- setzte co 2 c. c. Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. bereoh- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas-Vol. = C0 2 + Luft, Gas-Vol. = COi + Lult, \. 0,07 1 7, 7 -> 68,03 =6,08+ 62,55 68,81 = *,95 + 63, so 8,0 1,13 9,50 + 0, 18 2. 0,7 15, 8 68, 4 8 = 0,03 + 67,55 68,49 ==0, 10 + 68,39 0,8 0,83 7,88 + 0,01 3. 0,0 14,45 69,5t = 5,07 + 63,5 4 69,7,= 5,oo + 64 )6 o 8,0 0,01 9,44 + 0,21 4. 0,0 14,i 66,51 = 1,i3 4" 65, 38 66,50= 0,24 + 66,35 1,0 0,89 9,46 + 0,08 Versuch XLI1I. 24. August. Blatter wie ohen. Exposition von 11 bis 12 Uhr. Dauernder Sonnen- schein. Ein Papierschirm beschattet die Apparate. Temp. 27 — 30° C. Nr. Blattvolumen. Blatt- fliiche. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- siiure- gelialt der Luft in°| Zer- setzte C0 2 c. e. Zer- setzte CO* pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C. C. Diffe- renz der Vo- hi niina. Gas-Vol. = C0 2 +Luft. Gas-Vol. == t'0 2 + Luft. 1. °,7 14,51 70,38 = 1,41+ 62,07 70,40 = 0,87 + 69, 5 o 1,0 0,54 3,72 + 0,08 2. 0,07 14,44 69,06 = 6,40 + 63, 47 70,19 = 5,33 + 64,84 8,4 1 ,10 8,05 +0,23 3. °,7 13,55 70,29 = 1,4G + 68, 8 3 70, 46 = 0, 89 + 69,53 1,7 0,57 4,21 + 0,13 4. 0,7 13,67 67,29 = 6, 6 3 + 60, 4 i 67,35 = 5, 3 o + 61 ,06 8,9 1 ,24 9,07 +0,31 Versuch XLIV. 25. August. Blatter wie oben. Exposition von 12 Uhr 37 Min. bis 1 Uhr 37 M. Dauernder Sonnenschein. Ein Papierschirm beschattet die Apparate. Temp. 29—31° C. Arboiien a. d. bot. Institut in Wurzbnrg. TIL 25 368 Dr. Emil Godlewski. Nr. Blattvolumen. Blatt- flaclie. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kolilen- siiuro- gelialt uer Juutt in o| Zer- setzte p p Zer- setzte C0 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berech- net C C. Diffe- ronz der Vo- lumina. fine V^l PA L TnW uab- v oj. — (jUj -j- ijuii. Poo Vnl PA L TuP* Lras- V 01. = l Uj -f- JjUII. \ , 0,8 fin A 1 fi7 J ,oo — 1 ,90 i ' »19 " J ,18 — u ,42 nr or >,7f> 1 ,0 1 ,48 u °«ll i a -r ,09 2. 0,8 17,47 69,if, — 6,84 + 62,.> (i 69,2, = / ',na + 64, 5 8 8,3 12,94 +o, 0(i 3. 0,8 17,29 69,55=1,6 +67, 9 5 69,69= 0,35 + 69^ 1,4 1 ,25 7,2 + 0, 14 4. 0,8 16, 5 S 65,<;o == 5,9 + 59,70 65, 8 i = 3 :7f, + 62, 0(1 7 2;i S 12,90 + 0,2! Durch diese Versuchsreihe wollte ich mich iiberzeugen, in wie weit die an Glyceria und Typha erhaltenen Resultate sich auf andere Pflanzen iibertragen lassen. Im AUgemeinen sind die Resultate dieselben, wie in den beiden ersten Versuchsreihen , doch enthalten sie viel mehr Unregelmassigkeiten. Das Optimum scheint fur Oleander etwas tiefer zu liegen als bei Typha. Nicht alle Versuche sind entscheidend genug. Die Versuche XXXIII, XXXVI, XLIII, XL1V zeigen eine auffallend grbssere Zersetzung in kohlensaurereicherer als in kohlensaurearmerer Luft, der Versuch XXIV zeigt sehr schbn den schadlichen Einfluss zu grosser Koh~ lensaurequantilalen bei geringer Lichtintensitat, im Experimente XXXII bei starkerem Lichte hat auch ein Kohlensauregehalt von 36°/ nicht gescha- det. Andere Versuche sind zum Theil zweifelhaft ausgefallen, so haupt- sachlich die Versuche XXXI, XLI und XLII, es ist aber wohl zu bemer- ken, dass auch hier nicht etwa Schwankungen nach beiden Seiten vor- hanclen sind, denn nirgends war die Zersetzung bei geringerem Kohlen- sauregehale starker als bei hbherem. Von anderen Pflanzen habe ich noch einen Versuch mit Primus lau- rocerasus, und einen mit Myagrum perfoliatum ausgefuhrt. Versuch XLV. \ I . Juni. Brei ahnliche Blatter von Prunus laurocerasus. Exposition von 9 bis 11 Uhr. Fast ununterbrochener Sonnenschein. Temp. 23—290 c. Nr. Blattvolumen Blatt- flaclie. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- sanre- gehalt der Lufl in »/o Zer- setzte COs ('. v. Zer- setzte CO-.. pr.lD.Q. u. I Std. berech.- aet ('.('. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas- Vol; = + Lnft. Gas-Vol. =('()„•+ Luft. \. 9,96 29,11 67,80= 4,59+ 68,21 68,01 = 2,08+ 6^98 il% 2,50 4,05 + 0,2, ■1 0,1c, 27,83 60,80 = 10, 82 + 5 5 ,98 65 ,|i ti = 8,24 + 58,82 \ 4 ,-, 2*| 4*o +0,a :{. 0,97 16, HO B4,8o« 4 -1,66+ 09,73 68,02 2,8j + <>2, 7I 4,3 1 ,7.; 3,24 + 0,22 Abhiingigkeit der Sauerstoffausscheidung der Blatter von dem etc. 3(39 Versuch XLVI. 25. Juni. Drei Blatter von Myagrum perfoliatum. Exposition von 12 Uhr 20 Min. bis I Uhr 5 Min. Die Sonne etwas mit weissen Wolken gedampft. Nr. Blattvolumeii. Blatt- flache. Vor Exposition. Nach Exposition. Mitt- lerer Kohlen- saure- gehalt der Luft i»°|o Zer- setzte C0 2 C. C. Zer- setzte ob 2 pr.lD.Q. u. 1 Std. berecli- net C. C. Diffe- renz der Vo- lumina. Gas- Vol. =5 C0 2 + Luft Gas-Vol. = C0 2 + Liift. 1 . 0-35 9,22 66, fi4 = 2,9-2 + 6 4>50 66,72 = \ ,07 + 6o, 05 2,5 «,15 16,40 + 0, 08 2 0,35 8,5 67,51 = 6, 09 -J- 61 ,4> 67,50 = 4 >98 + 52 ,52 8,9 17,41 —0,01 3. 0,35 9,01 67,45 = 2 ,09 + 63,86 67,86 = 0,97 + 06,89 2,3 1,12 16,55 -0, O r, Worm man iiberhaupt aus diesen veroinzelten Versuchen irgend einen Schluss Ziehen darf, so kann man veriniilhen, dass fur Prunus lauroce- rasus das Optinmm der Kohlensauregehalte der Luft nicht unter 4%, fiir Myagrum perfoliatum aber tieler liegt. Resultate. Die durch die eben beschriebenen Versuche erlang- ten Resultate will ich nun in folgenden Satzen kurz zusammenfassen : 1) Die Zunahme an Kohlensauregehalt der Luft bis zu einer gevvissen Grenze (Optimum) begiinstigt die Sauerstoffauscheidung, iiber diese Grenze hinaus wirkt sie darauf mehr oder weniger schadlich. 2) Das Optimum liegt fur verschiedene Pflanzen verschieden hoch, fiir Glyceria spectabilis an hellen Tagen etvva zvvischen 8 und 10%, fur Typha latifolia zvvischen 5 und 7%, fiir Oleander wahrschemlich noch etwas tiefer. x ) 3) Die Begilnstigung der Sauerstoffaussche idling durch eine gewisse Zunahme an Kohlensauregehalt der Luft unterhalb des Optimums ist viel grosser als die Hemmung derselben durch eine ahnliche Zunahme oberhalb des Optimums. 4) ,le starker die Lichtintensitat ist, desto mehr vvird die Sauerstoffaus- scheidung durch die Zunahme des Kohlensauregehaltes bis zum Optimum begiinstigt, und bei Ueberschreiten des Optimums desto weniger gehenunt. 5) Aus dem Satze 4 folgt, dass der Einfluss der Lichtintensitat auf die Sauerstoffausscheidung um so grosser ist, je mehr Kohlensaure der Luft beigemengt ist. 1) In Folge des oben erorterten Fehlers in der Art der Berechnung des mittleren Kohlensauregehaltes der Luft sind vielleicht die Optima fiir Glyceria und Typha etwas zu hoch angegeben. Doch nach dem Versuche XIII kann das Optimum fiir Glyceria keines- wegs unter 5%, nach den Versuchen XXV und XXX fiir Typha nicht union 4% liegen, denn noch nach der Beendigung des Experimcntes waren die Blatter, welche weniger Kohlensaure zersetzten , in einer Atmosphare, welche in erslem Falle nahezu 5, in letz- tem nahezu 4% Kohlensaure enthielt. 25* 370 Dr. Emil Godlewski. Abliangigkeit etc. Nur weitere Untersuchungen konnen zeigen, in wie weit diese Siitze fur versehiedene Pflanzen eine allgemeine Geltung haben, und wie sich die Verhaltnisse hei ganz geringem Kohlensiiuregehalte zwischen 720% bis ^% gestalten. Krakau, 25. October 1872. XII. lleber den Einfluss des Lichts auf das Waclisthuiii der Blatter. Von Dr. K. Prantl. Nachdem die retardirende Wirkung des Lichts auf das Wachsthum der Stengel sowohl durch die alteren Erfahrungen iiber Etiolement und Helio- tropismus, als auch durch die neuerdings von Sachs nachgewiesene tag- iiche Periode festgestellt war, schien es von Wichtigkeit zu erfahren , wie sich die in dauernder Finsterniss weit hinter der normalen Grbsse zuruck- bleibenden Blatter dem periodischen Wechsel von Tag und Nacht gegen- uber verhalten. Ich fiihrte desshalb im Sommer 1872 nachfolgend mitge- theilte Versuchsreihen im Laboratorium des botanischen Instituts in Wiirz- burg aus. Von fruheren Arbeiten, welche die Periodicitat des Blattwachsthums zum Gegenstand hatten, ware nur die Untersuchung Caspary's l ) zu erwah- nen ; allein dass dessen Methode nicht hinreichte, urn insbesondere betreffs der Lichtwirkung zu einem sicheren Resultate zu gelangen, wurde bereits von Sachs 2 ) hervorgehoben. Da die Beschaffenheit des Materials es nicht ermoglichte, einen gra- phischen Apparat zur Aufzeichnung der Zuwachse anzuwenden , so blieb nichts ubrig. als an moglichst rasch wachsenden Blattern in bestimmten Zeitraumen die Messung mit dem Maassstabe vorzunehmen. Es wurden zu dem Zwecke an den beiden Langsrandern in der Nahe des grossten Breitendurchmessers zwei gegenuberliegende Punkte mittels Tusche aufge- tragen und deren jeweilige Entfernung als Breite notirt; als Lange gait die 1) Ueber die tagliche Periode des Wachsthums des Blattes der Victoria regia und des Pflanzenwachsthums iiberhaupt. Flora 1856 pag. 113 If. 2) Arbeiten des botanischen Instituts in Wurzburg II. Heft. pag. 185 IF. 372 DK. K. PllANTL. Entfernung von der Spitzc bis zu einem nahe an der Basis gelegenen ebenso bezeichneten Punkte. Es blieb hiebei nur cine Fchlerquelle ttbrig, namlieh der zum Flachlegen der Sprcite bei jeder Messung nbthige Zug; allcin der- selbe wurde gerade nur soweit angewendet, als unbedingt nothig schien ; durch die oftmalige Uebung glaube ich auch erreicht zu haben, dass der- selbe bei alien Messungen ziemlich gleich stark war. Hiefiir biirgt ofl'en- bar noch die auffallende Uebereinstimmung in den Zuwachsen der Lange und Breite; denn fur erstere kommt diese Fchlerquelle kaum in Betracht. Die Stunden, in wclchen die Messungen vorgenommen wurden, waren (5 Uhr Morgens, 9 Uhr Vormiltags, \% Uhr Mittags, 3 Uhr Nachmittags, 6 Uhr Abends, 9 Uhr und 12 Uhr Nachts. Einige Versuche zeigten, dass die Messung um 3 Uhr Morgens nicht unbedingt nothig war, indem ich an- na hernd dasselbc Resultat crhielt, wenn ich den fur den sechsstundigen Zeit- raum von \% bis 6 Uhr erhaltenen Zuwachs halbirte und die Halfte fiir jeden der beiden dreistundigen Zeitraume cintrug. Ein weiteres Verfahren, welchcm ich die durch die Messung gewonnenen Zahlen unterzog, bestand darin, dass ich aus je zwei aufeinanderfolgenden dreistundigen Zuwachsen das Mittel nahm und dieses auf die Mitte des betreffenden sechsstundigen Zeitraumcs auftrug ; hiedurch suchte ich mich zunachst zu uberzeugen, in wie weit die Form der gewonnenen Curven durch ein derartiges Verfahren etwa geandert wurde; ferner wurden so die unvermeidlichen Ablesungsfehler weniger fuhlbar, indem die Halfte des in jedem dreistundigen Zcitraum moglicherweise gemachten Fehlers auf die beiden angrenzenden vertheilt wurde; das Gleiche gilt von den wirklich vorhandenen unregelmassigcn Stossen des Wachsthums, auf deren Verfol- gung es ja hier nicht ankommen konnte. Schliesslich muss noch bemerkt werden, dass die zu den Versuchen- verwendeten Pflanzen von Gucurbita Pcpo, Ferdinanda eminens und Nico- tiana Tabacum im Gewachshause in grossen Topfen erzogen waren und wahrend der Vei'suchsdauer am Noi dfenster standen (am Siidfensler konnte die Temperatur nicht constant genug erhalten werden) ; unmittelbar neben jeder Pflanze hing ein Thermometer. Tab e lie In den Tabellen I, 11, 111 und VIII sind sowohl die unmittelbar be- obachleten Zuwachse (beob.), als die umgerechncten (umg.) verzeichnet; erstere sind auf die Stunde, um welcfas sic abgelesen wurden, eingetragen, letztere auf die Mitte des sechsstundigen Zeitraums; es ist somit jede Zahl der letzteren das Mittel aus der mil ihr auf gleicher Linie stehenden und dci- Qachstlolgenden bepbacliteten Zahl. In den Tabellen IV- VII sind auf di<; beobachteten Zuwachse aufgezeichnet, da 3 a 11,25 1,25 12,25 2,25 11,5 1,5 11,75 1,75 6 ) 1,25 1,37 /2,25 2,62 16,0 H,5 1,75 f 1,75 2,12 20,4 9 1,5 1,5 3,0 2,25 18,0 2,0 1,75 2,5 2,75 22,4 veranderlich. 12 1,5 1,25 1,5 2,0 18,01) 1,5 1,25 3,0 2,5 23,3 23,6. 1) 18,6. 3 1,0 1,25 2,5 2,25 17,2 1,0 1,5 2,0 1,75 22,9 6 1,5 1,25 2,0 1,75 18,0 2,0 1,75 1,5 2,0 21,4 einzelne Kegen- 9 1,0 1,25 1,5 2,0 16,5 1 ,5 1,75 2,5 2,25 20,8 giisse. 12 1,5 2,12 2,5 2,87 16,5 2,0 2,12 2,0 2,62 20,2 16. » 3 a )2,75 2,75 13,25 3,25 12,25 2,25 )3,25 3,25 6 (2,75 2,12 j 3,25 3,12 16,0 1)2,25 2,62 )3,25 3,37 19,6 9 1,5 1,5 3,0 1,75 16,3 3,0 2,0 3,5 2,25 20,0 Kegen. 12 1,5 1,0 0,5 1 ,25 16,3 1,0 1,5 1,0 1,5 20,7 3 0,5 1,25 2,0 1,75 16,5 2,0 1,5 2,0 2,25 21,3 6 2,0 1,5 1,0 1 2,5 21,2 374 Dr. K. Prantl. II. Zwei opponirte Blatter von Ferdinanda eminens, wovon eines (b) in eine Glasglocke eingefiihrt war. Am 18. Juni wurde die Messung urn 3 Uhr Morgens wirklich ausgefiihrt; ebenso am 21. ; an diesem Tage aber die um 6 Uhr Morgens unterlassen. Datum . Stunde. a) f re i. b) unter Glocke. Bemerkunsen . Zuwachse Temp. R. Zuwachse Temp. C. Breite. Lange. Breite. Lan ee. beob. umg. beob. urag. beob. umg. beob. limp' UUlg. 17. Juni 12 2,0 1 ,25 0,5 0,5 17,51) 1,0 0,75 0,5 0,5 16,2 17,0. !) 17,7. 3p 0,5 0,5 0,5 0,75 1 7,7 0,5 1,0 0,5 0,5 17,0 sehr hell, nur ein- 6 0,5 1 ,25 1,0 0,5 1 7,9 1,5 1,25 0,5 1,0 17,0 zelne Wolken. 9 2,0 1,75 0,0 1,25 1 7,9 1,0 1,0 1,5 1,0 16,0 12 1,5 1,75 2,5 2,0 16,0 1,0 0,5 0.5 0,5 14,7 18. » 3a 2,0 2,25 1,5 2,0 16,0 0,0 1,25 0,5 1,0 14,7 6 2,5 3,0 2,5 1,75 15,5 2,5 2,0 1,5 1,0 14,2 9 3,5 2,5 1,0 1,0 16,0 1,5 1,0 0,5 0,5 15,0 12 1,5 0,75 1,0 1,0 16,92) 0,5 0,5 0,5 0,5 16,0 16,3. 2 ) 16,9. 3 0,0 1,0 1,0 0,75 17,0 ' 0,5 0,75 0,5 0,5 16,0 sehrheli, nur ein- 6 2,0 1,5 0,5 0,25 16,9 1,0 1,0 0,5 0,75 16,0 zelne Wolken. 9 1,0 1,25 0,0 0,5 16,0 1,0 0,75 1,0 M 14,3 12 1,5 2,12 1,0 1,87 15,6 0,5 0,87 2,0 1,62 14,0 19. » 3a }2,75 2,75 \2,75 2,75 41,25 1,25 (1,25 1,25 6 )2,75 2,62 1,87 1 5,5 (4,25 1,62 jl,25 1,12 1 4,2- 9 9 K & } O 1 7 ^ 1,0 1,0 16 9 2,0 1 ,25 1,0 1,25 i fi ft 12 1,0 0,75 1,0 0,5 17/23) 0,5 1 ,0 1,5 1,0 17,0 16,8. 3) 17,2. 3 0,5 0,25 5 17,2 1 5 75 0,5 0,25 17,0 sehr hell, etwas 6 0,0 0,5 M 0^5 17,2 o'o o'o 0,0 0,0 17,2 raehr Wolken. 9 1,0 1,25 0,0 0,5 16,0 0,0 1,0 0,0 0,75 15,0 12 1,5 1,75 1,0 1,37 16,0 2,0 1,25 1,5 14,6 20. » 3a )2,0 2,0 J 1 ,75 1,75 )0, 5 0,5 1,5 6 )2,0 1,75 #1 ,75 1,37 15,0 (0,5 0,75 1,25 14,0 9 1,5 1,25 1,0 1,0 16,0 1,0 1,0 12 1,0 1,0 1,0 0,5 17,04) 4) 17,6. 3 1,0 0,75 0,0 0,0 17,2 colir lioll ^Vnlk on 6 0,5 0,75 0,0 0,0 17,2 9 1,0 0,75 0,0 0,75 16,2 12 0,5 1,0 1,5 1,25 16,0 21 . » 3a 1,5 2,25 1,0 1,5 16,0 6 )3,0 3,0 )2,0 2,0 9 )3,0 1,75 (2,0 1,5 17,0 12 0,5 0,5 1,0 1,25 17,95) 5) 17,8. 3 0,5 1,0 1,5 0,75 17,0 hell, Wolken. 6 1 , 5 1,5 0,0 0,25 17,1 9 1,5 0,75 0,5 1,25 16,9 12 0,0 1,12 2,0 2,0 16,9 22. » 3 a )2,25 2,25 /2,0 2,0 16,8 6 |2,25 1,37 \2,0 1,75 17,2 9 0,5 1,5 Ueber den Einfluss des Lichts aitf das Wachstbum der Blatter. 375 III. Zwei aufeinanderfolgende Blatter einer jungen Pflanze von Cucurbita Pepo, vvelche unter Glasglocke stand. In den Ablesungsstnnden kamen dieselbcn Unregehnassigkeiten vor, vvie in der vorigen Versuchsreihe. Datum. Stunde. Zu^ D Brei ►vachse des lattes III. Zuwachse des Blattes IV. Temperatur C. Remorkiin a fin te. Lange. Breite* Lange. beob. umg. beob. umg. beob. umg. beob. j umg. 17. Juni. 3p 4,5 3,75 3,0 2,75 23,0 sebr bell, hur einzelne 6 3,0 1,75 2,3 1,75 22,5 Wolken. 9 0,5 3,0 1,0 1 ,5 20,8 12 5,5 4,0 2,0 1 ,25 1 9,9 18. » 3a 2,3 4,5 0,5 2,25 19,1 6 6,5 5,5 4,0 3,5 19,1 9 4,5 4,25 3,0 3,0 20,1 12 4,0 3,25 3,0 2,0 21,8 21,4. 3 2,5 2,5 1,0 1,0 21,5 schr bell, nur einzelne 6 2,5 1,75 1,0 1 ,0 19,7 Wolken. 9 1,0 1,5 1 ,0 1,0 2,0 2,0 2,5 2,0 19,6 12 2,0 2,62 1 ,0 1,12 2,0 1,75 1,5 1,5 19,0 19. » 3a )3,25 3,23 (1,25 1,25 \yt 1,5 \\i 1,5 g f 3,25 3,12 f 4,35 1 ,62 I 1,5 2,0 ( 1 ,<> 2 25 19 9 3,0 2,25 2,0 1,75 2,5 2,5 3,0 2> 20^7 12 1,5 1 ,25 1 5 1 25 2 5 2 5 2,0 1,5 21,9 22,5. 3 1,0 1,5 i'o 0,'75 2> 4*75 1,0 0,75 22,0 sehr bell, elwas mehr 6 2,0 1,5 0,5 0,5 1,0 1,25 0,5 1,0 22,0 Wolken. 9 1,0 0,5 0,5 0,5 1,5 1,75 1,5 1,5 20,0 12 0,0 1,12 0,5 0,87 2,0 2,62 1,5 1,5 19,3 -20. » 3a j2,25 2,25 )1,25 1,25 )3,25 3,25 )1,5 1,5 6 )2,25 2.12 jl,25 1,12 )3,25 2,62 H,B 2,25 18,7 9 2,0 1,5 1,0 0,75 2,0 2,75 3,0 2,5 20,0 12 1 1,0 0,5 0,75 3,5 2,75 2,0 1,5 22,0 act a 3 1,0 1,5 1,0 0,75 2,0 2,25 1,0 1,0 22,2 sehr hell, Wolken. 6 2,0 1,5 0,5 0,75 2,5 2,0 1,0 0,75 22,2 9 1,0 1,0 1,0 0,75 1,5 1,75 0,5 0,75 20,2 12 1,0 1,25 0,5 0,5 2,0 2,25 1,0 0,75 19,9 21. » 3 a 1,5 1,75 0,5 1,25 2,5 3,12 0,5 1,75 19,7 6 )2,0 2,0 (2,0 2,0 )3,75 3,75 )3,0 3,0 9 J 2,0 1,25 K° 1,5 )3,75 3,12 )3,0 2,75 21,6 12 0,5 0,5 1,0 0,5 2,5 2,75 2,5 1,5 21,8 22,8. 3 0,5 0,75 0,0 0,25 3,0 2,75 0,5 1,0 21,6 hell, Wolken. 6 1,0 .0,75 0,5 0,5 2,5 2,25 1,5 1,0 21,9 9 0,5 0,75 0,5 0,25 2,0 1 ,0 0,5 0,25 20,6 12 1,0 1,12 0,0 0,25 0,0 1,0 0,0 0,75 20,2 22. » 3 a J 1 ,25 1,25 jO, 5 0,5 |12,0 2,0 1,5 1,5 6 )1,25 jo, 5 1)2,0 1 4,25 1,5 20,0 Dr. K. Pkantl. IV. Ein Blatt von Cucurbita Pcpo , welche fortwahrend unter Glasglocke stand. Die umgercchneten Wcrthc sihd in der Curve I. mitgetheilt. Datum. Stunde. Beobachtete Zu- waclisc. Breite. ! Lange. r i i B e in e r k u n g e n. 10. .luli. 12 5 1 24,0 23,8. 3l) 1 ,5 1 ,0 23,6 6 1 0,5 23,9 triib. 9 1 ,5 1 ,5 22,3 1 2 1 ,5 1 ,5 20,7 11. » 3a 12 5 2,0 6 }m 2 * 19,2 9 3,5 2 5 21,2 12 2,0 \ ,5 23,5 23,7. 3 1 ,5 1,0 23,9 6 0^0 o|o 23,9 sehr hell, wolkenlos. 9 1,5 1,0 22,5 12 1,0 1,0 21,1 12. » 3a H,0 2,0 6 )1,0 2,0 20,05 9 3,0 2,5 22,5 12 1,0 1,0 23,9 24,9. 3 1,0 1,0 24,9 sehr hell, Nachmittag uberzogen. 6 0,0 0,5 24,4 9 0,5 0,0 22,9 12 0,0 0,5 22,1 1 3 n 3a ) 1 ,75 2,25 6 J 4 ,75 2,25 21,9 9 1,5 2,5 23,7 12 2,0 •1,6 25,3 25,6. 3 1,0 0,0 25,2 sehr hell, NachmitUig liberzogen. 6 0,0 0,0 24,7 9 0,0 0,5 22,5 12 0,0 0,5 21,9 u. » 3 a )0,75 0,75 6 jo, 75 0,75 21,8 Ueber den Eintluss dcs Lichts auf das Wachsthum dcr Blatter. 377 V. Zwei aufeinanderfolgende Blatter von Cucurbita Pepo, von 6 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens unter dem schwarzen Recipienten , sonst unter Glasglocke, die umgerechneten Werthe s. Curve II. Datum. Stunde. Beobachtete Zuwachse. Temperatur C. Bcmerkungen. ■ Blatt a. Blatt b. Breite. 1 Lange. Breite. Lange. 10. Juli. 3a 12,0 1,75 6 /2,0 1,75 20,6 9 3,0 2,5 22,3 1 2 2,5 2,0 24,6 24,0. 3 1,0 1,5 24,1 triib. 6 0,5 1,5 24,4 9 1,5 0,5 21 ,8 1 2 1,0 1,5 20,2 11. » 3a )1,25 1,5 6 )1,25 1,5 19,0 9 5,0 4,0 21,5 1 2 2,0 2,0 23.3 23,7. 3 1,5 2,0 24,2 sehr hell, wolkenlos. 6 1,5 1,0 • 23,8 9 . 0,5 •0,0 22,2 1 2 0,5 0,5 20,9 12.' » 3a )0,5 0,75 6 jo, 5 0,75 19,8 9 2,5 2,0 22,8 12 1,0 2,0 24,0 24,9. 3 0,0 1,5 25,3 sehr hell, Naclnnitlag iiber- 6 2,5 2,5 24,5 zogen. 9 0,0 0,5 22,7 12 1 , 1 ,5 21,8 13. » 3 a 14,0 1,5 6 jl,0 1,5 21,8 9 5/5 4,0 24,0 12 2,0 2,5 25,2 25,8. 3 3,5 3,0 25,5 sehr hell, Nachmiltag iiber- 6 2,0 2,5 25,2 zogen. 9 0,0 0,0 22,2 12 2,0 1,0 21,3 14. » 3 a 11,25 0,75 6 ■ M,25 0,75 21,2 9 5,0 5,0 23,0 42 2,0 2,5 24,0 3 1,5 1,0 24,3 6 2,0 3,0 23,9 9 0,5 0,0 21,0 12 1,0 0,0 20,3 45. » 3 a 10,5 0,75 6 jo, 5 0,75 19,8 9 3,0 1,5 22,4 378 Dr. K. Prantl. VI. Blatt einer Ptlanze von Cucurbita Pepo, welche vom 10. Juli Abends an von 9 Uhr Abends bis 9 Uhr Morgens unler dem schwarzen Recipienten, sonst unter Glasglocke stand. Die umgerechneten Werthc sind in Curve III. mit- gctheilt. Beobachtete Zu- Datum. s 3 wachse. g B e m e r k u n g e n. GO Breite. Lange. 10. Juli. 9 a 4,0 2,5 22,5 12 2,3 3,0 25,2 24,6. 3 3,0 2,0 24,75 trub. 6 2,0 1,0 24,4 9 3,5 3,0 21,8 12 1,5 1,5 20,0 11. )> 3a j2,25 1,25 6 /2,25 1 ,25 18,75 9 1,5 2,5 21,25 12 5,0 3,5 23,75 24,25. 3 5,5 4,5 24,25 schr hell, wo I ken I o.s. 6 2,0 2,0 23,75 9 2,0 1,5 21,0 12 0,5 0.5 20,0 12. » 3 a JO. 5 0,5 6 jo, 5 0,5 19,1 9 1,5 1,0 22,5 12 4,0 3,5 24,4 25,5. 3 2,5 1,0 25,25 sehr hell, Nachmittag tiberzogen. 6 ' 3,0 2,5 25,0 9 0,5 0,0 23,1 12 0,0 1,0 21,25 13. » 3a 6 )1,25 )1,25 0,25 0,25 21,5 9 0,0 0,0 23,75 sehr hell, Nachmitlag uberzogen. 12 2,5 2,0 25,25 26,25. 3 1,5 1,0 25,6 6 0,5 1,0 25,0 f Ueber den Einfluss des Lichts auf das Wachsthum der Blatter. 379 VII. Blatt einer Pflanze von Cucurbita Pepo, welche vom 10. Juli an von 3 Uhr Nachmittags bis 1 2 Uhr Nachts unter dem schwarzen Recipienten , sonst unter Glasglocke stand, also von 3 Uhr Nachmittags bis 3 lifer Morgens dunked hatte. Die umgerechneten Werttie s. Curve IV. Datum. 10. Juli. 11 . 12 13. 14. 3 a 6 9 12 3 6 9 12 3 a 6 9 12 3 6 9 12 3n 6 9 12 3 6 9 12 3 a 6 9 12 3 6 9 12 3 a Beobachtete Zu wachse. Bieite. Lange. 1,0 1,0 M 3,0 2,0 0,.'i a, a 1,0 (2,5 J 2 , 5 3,. r i 2,5 2,5 0,5 0,5 1,0 2,5 2,5 4,5 1,5 1,5 0,5 1,0 1,0 2,7! 2,7: 3,5 1,5 1,0 0,5 1,0 1,0 2,2! 2,2i 2,0 1 1 2 3 2, 0, li, 2, 2, 2 3, 2, 1, 0, 0, 1, 2, 2, 3*, 5 2,0 0,5 0,5 2,0 0.5 25 20,3 22,1 24,0 24,4 23,6 21,2 19,7 19,2 21,4 23,2 24,1 23,1 21,4 20,2 20,0 22,9 24,3 25,2 23,7 22,4 21,5 21,9 23,9 24,5 22,0 21,0 21,8 23,4 Bemerkungen. 24,2. hub 23,7. sehr hell, wolkenlos. sehr hell, Nnchniittag iiberzogen. 25,8. sehr hell, Nachmittag uberzogen. Df. K. I'liANTL. VIII. BIntt einer Pflanze von Cucurbita Pepo, welche im feuchtgehaltenen Dop- pelfenster stehend vom 10. Juli Abends an von 6 Uhr Abends bis 12 Uhr Mittags mil dem dunkeln Recipienlen bedeck! blieb. Z u w a chse PC Datum . a so Breite. Lange. 2 Bemerkungen. beob. umg. beob. umg. o> H ... 10. Juli. 3p r 3,0 2,5 2,0 2,0 , — . 19,8 : : 6 2,0 2,0 2,0 1,5 22,2 9 2,0 3,0 1,0 2,0 19,5 12 4,0 3,87 3,0 2,75 1 7,2 11. » 3 a |3,75 3,75 (2,5 2,5 6 (3,75 2,62 /2,5 2,0 16,0 9 1,5 1,25 1,5 1,0 1 8,0 12 1,0 2,0 0,5 1,5 19,0 19,0. 3 3,0 2,0 2,5 1,5 20,0 6 1,0 1,25 0,5 1,25 1 9,5 9 1,5 1,5 2,0 1,25 1 8,0 12 *,5 1,62 0,5 1,0 17,5 12. » 3 a H,75 1,75 1,5 6 )1,75 2,12 1,5 17,0 9 2,5 1,75 1,5 1,25 19,0 12 1,0 1,5 1,0 1,25 19,8 19,9. 3 2,0 1,5 1 ,5 1,25 19,9 6 1 ,0 0,5 1,0 0,75 19,5 9 0,0 1,0 0,5 1,0 18,5 12 2,0 1,75 1,5 1,12 18,0 13. » 3 a H,5 1,5 )0,75 0,75 6 1,75 /0,75 1,12 18,0 9 2,0 1,25 1,5 0,75 19,5 12 0,5 2,25 0,0 1,0 20; 5 20,0. 3 4,0 2,0 2,0 1,25 20,0 6 0,0 0,75 0,5 0,75 19,8 9 ' 1,5 1,0 18,5 Retrachtel man zuerst die Tabellen I. bis IV., welche den Verlauf des Wachslhums unter gewohnlichen Verhaltnissen darstellen, sovvie die nnten iblgende nach Tabelle IV. construirte Curve I. , so bemerkl man sofort eine deutliche tagliche Periode, welche fiir Lange und Breite des Blattes denselben Gang verfolgt, und zwar derart , dass die Zuvvachse von den Abendstunden an wahrend der Nacht grosser werden , nach Tagesanbruch ihr Maximum er- reichen* und bis zum Abend wieder sinken. Vergleicht man damit die von Sachs (a. a. O.) gefundene Periodiciliit der Stengel, z. B. dessen Tabellen 11 und 12, Tafel V. und VI., so gewahrt man eine Aehnlichkeit , wie sic bei der verschiedenen Beobachtungsmethode nicht grosser erwartet werden kann. Obgleich hienach schon mil grdsster Wahrseheinlichkeit die Periode des Blat- tes ebenso wie die des Stengels als eine Functian der Beleuchtung gelten tje be r den Einfluss ties Lichts auf das Waehstbum der Blatter. 381 musste ^hielt ich es doch nicht fur uberfliissig, zur Priifung dieser Ansicht einige weitere Versuche anzustellen. Zunachst lag die Moglichkeit vor, dass das Volumen des Blattes durch die Transspiration bedeutende Aenderungen erleiden konnte, dass also der durch die Messung gefundene Zuwachs nicht der Ausdruck des wirklichen Zuwachses ware, sondern entweder die Difterenz aus dem wirklichen Zuwachs und der elwaigen durch Abnahme der Turges- ceDZ bewirkten Volumenverminderung des Blattes , oder umgekehrt die Summe aus dem wirklichen Zuwachs und der durch Steigerung der Turges- cenz bewirkten Volumenzunahme. Ein Vergleich der normalen Blatter mit den unter Glasglocke cultivirten (Tab. I. und II.) belebrt uns aber, dass in beiden Fallen die Zuwachscurve gleich verlauft ; wenn nun auch die Transspi- ration durch die Glasglocken nicht vollstandig gehindert werden konnte, so hatte doch durch die blosse Verminderung dieses Factors, wenn er sich uber- haupt in fuhlbarer Weise geltend machen wiirde , das Resultat eine Aende- rung erleiden miissen ; auffallend istnur, dass bei Ferdinanda eminens das in der Transspiration beeintrachtigte Blatt im Allgemeinen weniger wuchs, als das freie. Den schlagendsten Beweis aber dafiir, dass bei moglichst wenig schwankender Temperatur die Periode eine Function der Beleucbtung ist, glaube ich dadurch beigebracht zu haben, dass ich in einer Reibe von Parallelversuchen die Dunkelheit auf verschiedene Tagesstunden verlegte. Wahrend namlich eine Pflanze den normalen Wechsel von Tag und Nachl genoss, also Anfangs Juli etwa von 9 Uhr Abends bis 3 Uhr Morgens Nacht hatte (Tab. IV, Curve I.), wurden drei andere taglich nur 12"Stunden lang beleuchtet, und zwar eine von 6 Uhr Morgens bis Uhr Abends (Tab. V, Curve II) , eine andere von 9 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends (Tab. VI, Curve III), und eine dritte von 3 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags (Tab. VII. Curve IV). Die Curven sind so zusammengestellt , dass in alien Fal- len das Maximum auf die gleiche Ordinate fall t und man sieht auf den er- sten Blick, dass dasselbe in alien Fallen^ kurz nach Anfang der Beleuchtung eintritt, mag die Tagesstunde sein, welche sie wolle. So schlagend dieses Resultat hezuglich des allgemeinen Verlaufs der Curve und der Lage des Maximums ist, so bietet die Lage des Minimums doch einige Schwierigkeiten. Dasselbe ist namlich ebenfalls verschoben, so dass es etwa 12 Stunden nach dem Maximum zu liegen kommt; diese Er- scheinung hatte an und fur sich nichts Auffallendes , wenn nicht an der normalen Pflanze das Minimum schon um 3 bis 6 Uhr Nachmittags eintrate, often bar weil die Lichtintensitat Abends zu gering ist, um noch eine erheb- liche retardirende Wirkung ausiiben zu konnen ; nun ist kein Grund abzu- sehen, warum in den Versuchen mit l^stiindigem Tage das Minimum erst nach Eintritt der kunstlichen Verdunkelung um 6 und 9 Uhr Abends ein- tritt; einer besonderen Berucksichligung scheint mir aber dieses Verhaltniss nicht werth zu sein, einmal, da ich selbst in meine Melhode nicht dasjenige Vertrauen setze, um fiir die richtige Bestimmung des Minimums, wobei es 382 Dr. K. I * 1 1 .\ n ti > . sicli um Zuwachse von etvva y 2 Millimeter handelt, einslehen zu konnen ; ferner dessjhalb , weil (lurch die plblzliehe Verduflkelung mittels des Reci- pienten eine plbtzliche Stbrung des GleieJigewiehts in der Pflanze kerbeige- fahrt wird, Uber deren Tragweite wir uns koine Recben&chaft geben konnen. ■ Zuwachscurven des Blattes von Cucurbita Pcpo ; die ausgezogene Linie bedeutet die Zu- wachse der Breite, die unterbrochcne die der Lange, die punktirte den Gang der Tcm- peratur. Der Wcchsel der Bcleuchtung ist durch die Schraffirung angedeutet, so dass der einl'aeh schwarze Grund die Dunkclheit repnisentirt. Die Zahlen unter der Abscissen- Achse sind die Tagesstunden ; Mitternaclit 1st besonders markirt. Die Zuwachse sind auf der Ordinaten-Achsc nach halben Millimetcrn , die Tempcraturen nach ganzen Gradeq Celsius aufgetragen. Curve I. reprasentirt den Gang der Zuwachscurve unter normalen Verhaitnissen , II. bei ISstUndiger Nachi von o bis r> Uhr, IIJ. boi Verdunkelung von 9 Uhr Abends bis 9 Uhr Morgons , IV. bei Verdunkelung von 3 Uhr Naehniiltags bis 3 Uhr Morgons. Ueber den Einfluss des Lichtes auf das Wachsthum der Blatter. 383 Begreiflicherweise konnie wahrend der m eh re re Tage dauernden Ver- suchsreihen die Temperatur unmoglich so constant gehalten werden, als es fiir unseren Zweek wiinschenswerth gewesen ware , und es sind da her alle Curven in ihrem Verlanfe mehr oder minder von den Temperatur- schwankungen mit beeinflusst. Eine augenfallige Temperaturwirkung ist es z. B., wenn in Tab. I die Zuwachse unter Tags nur wenig abnehmen ; bei der im Vormittag bedeutend steigenden Temperatur konnte die an jenem Tage ohnehin nur schwache Lichtintensitat das Wachsthum nur so- wcit hindern. dass es durch die Temperatur nicht vermehrt wtirde. Das bedeutende Steigen der Zuwachscurve in der Nacht trotz der fallenden Temperatur ist immer noch deutlich genug ausgesprochen. Ebenso macht sich in Tabelle III die Temperaturwirkung theils in einer kleinen Erhebung der Zuwachscurve in den Nachmittagsstunden [z. B. Blalt HI. 19. und 20. .Iuni y , theils in einem nur langsamen Sinken wahrend des Vormittags geltend z. B. Blatt IV. 20. und 21. Juni . Den starksten Einfluss der Temperatur finden wir in Tab. VIII. In derselben sind die Zuwachse ver- zeichnet, welche sich ergaben, als eine Pflanze 1 8 Stunden Dunkelheit er- hielt und nur von 12 Uhr Millags bis 6 Uhr Abends beleuchtet wurde. Am 10. Juli Abends bei Beginn der Dunkelheit steigt die Curve, fallt aber von 3 Uhr Morgens an der Temperatur folgend, um 9 Uhr Morgens wieder mit ihr zu steigen; der Eintritt der Beleuchtung um 12 Uhr Miltags jedoch verhindert ein weiteres Grosserwerden der Zuwachse und bewirkt sogar eine deutliche Abnahme derselben. In der Dunkelheit beginnt sich die Curve wieder zu heben, fiillt von 6 Uhr Morgens an schwach (Temperatur , von I i Uhr an (Beleuchtung) starker, steigt wahrend der Dunkelheit wieder und fallt endlich mit Eintritt der Beleuchtung wieder herab ; von da an entzieht sie sich wegen der zu klein gewordehen Zuwachse der weiteren Verfolgung. Nebenbei sei noch bemerkt, dass auch die grosse Periode durch vor- stehende Versuche fur die Blatter nachgewiesen wurde; sehr schbn tritt sie z. B. in Curve HI hervor; fiir uns hat sie nur insoweit Interesse, als zur Zeit des Maximums einerseits die grossen Zuwachse die Beobachtung eiieichterten , andererseils erwartet werden konnte und sich auch spater bestatigte, dass in der Zeit des Maximums die taglichen Schwankungen deutlicher hervortreten (vgl. Sachs a. a. 0. p. 186). Dass es an unregel- miissigen Stbssen nicht fehlt, zeigen die mitgetheilten Zahlen. Obgleich meine Versuche nur mit drei verschiedenen Pflanzen durch- gefiihrt wurden, scheint mir das gewonnene Resultat doch von allgemeiner Giltigkeit zu sein, da gerade die Blatter der von mir verwendeten Pflanzen beim Wachsthum in constanter Finsterniss nur eine sehr geringe Grosse erreichen und sich die ursprilngliche Fragestellung gerade hierauf bezog. Zudem boten auch die Formverhaltnisse der betreffenden Pflanzen einige Unterschiede , indem zwei derselben [Cucurbit® und Ferdinanda) deutlich Arbeiten a. d. bpt. Institut in Wurzbqrg. 111. 20 384 Dk. K. Pkantl. llchcr den Einfluss Wurzeln von Faba , in Wasser gewachsen , dann an der Luft abge- trocknet und ein wenig erschlafft ; Kriimmung l / 2 Minute nach dem Auf- iegen auf die Wasserflache : Pflanze. Kr. Rad. (wie oben.) Bogengrade. (wie oben.) No. 1 30 Mill 80° No. 2. .... 50 50° No. 3 10 „ . 550 No. 4. ... 15 550 No. 5 50 ,, 400 Hinter diesen gemessenen Stiicken liegt nun jedesmal noch ein langeres Sttick mit flacher Kriimmung . welche zur Hebung der Wurzelspitze iiber das Niveau ebenfalls beitragt. Ganz ahnlich verhalten sich die Hauptwurzeln von Zea Mais; es ge- niigt, dieselben 1—2 Minuten an der Luft liegen zu lassen, nachdem man sie aus feuchten Sagspanen, wo sie gewachsen sind, herausgenommen hat, um bei dem Auflegen auf die Wasserflache Kriimmungen mit 10 — 20 Mill. Radius an der vorderen Region zu erhalten , wobei sich die Spitze mit sichtbarer Geschwindigkeit aufrichtet. Je kiirzere Zeit eine Wurzel an der Luft gelegen, je weniger sie also von ihrer Turgescenz verloren hat, desto flacher wird auch die Kriimmung sein und desto mehr wird sich diese auf den vorderen im Wachsen be- griffenen Theil beschranken ; wie aus dem Mitgetheilten von selbst erhellt und durch Versuche leicht dargethan werden kann. — Bei sehr diinnen Wurzeln hat man ubrigens noch zu beach ten, dass die Kraft, mit welcher sie sich iiber das Niveau zu heben suchen, durch die Grosse der Adhasion an diesem ganz oder zum Theil iiberwogen werden kann; die Kriimmung wird hier erst dann vollstandig gesehen, wenn man die diinne Wurzel von der Wasserflache wieder abhebt. Um das weitere Verhalten der iiber das Wasserniveau emporge- kriimmten Wurzelspitzen kennen zu lernen, benutze ich folgende Einrich- tung : auf dem Boden eines grossen Porcellannapfes oder einer glasernen Krystallisirschale wird mit Siegellack ein Korkstiick aufgekittet, dann soviet Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. III. 27 400 J. Sachs. Wasser eingegossen, dass es den Kork grade bedeckt. Mit Nadeln werden nun die Keimpflanzen auf diesem so befestigt, dass die Wurzel ihrer ganzen Lange nach grade auf der Wasserflache adharirt. Die Emporkrtlmmung be- ginnt sofort; nachdem ein Glasdeckel aufgelegt ist, um den Luftraum fiber dem Wasser feucht zu behalten , lasst man das Ganze ruhig stehen. Der Verlauf des Weiteren kbnnte wesentlich gestort vverden, vvenn man die im folgenden Paragraphen zu beschreibende , auf der Bilateralitat der Keim- pflanzen beruhende Krilmmung ausser Acht liesse; es ist daher nbthig die Samen der Papilionaceen so zu befestigen , dass einer der beiden Cotyledonen unten , die symmetrisch theilende Medianebene der Keim- pflanze also horizontal liegt. 1 ) Diess vorausgesetzt , bleibt die Wurzel- spitze ilber Wasser, vvenn auch die Krilmmung hinter ihr sich zuweilen mehr abflaeht. Erst in Folge des fortschreitenden, wirklichen Wachsthums krtlmmt sie sich abwarts , wan rend der concav aufwarts gerichtete altere Theil seine Krilmmung behalt. Richtet sich nun die fortwachsende Spitze steil nach unten, so taucht sie in das Wasser ein und wachst in demselben vveiter fort, ohne sich jemals wieder ilber das Niveau zu erheben ; ist dagegen die Abwarts- kriimmung sehr flach, trifft also die fortwachsende Spitze unter einem sehr spitzen W T inkel auf das Wasserniveau, so wird nun abermals nur die Unter- seite des Endstilckes benetzt, es erfolgt eine neue Aufrichtung der Wurzel- spitze in Folge einseitiger Benetzung und auf diese folgt abermals eine durch Wachsthum veranlasste Abwartskrtimmung. Diese Vorgange kbnnen sich mehrmals wiederholen , so dass endlich die W T urzel von 6 — 10 Cm. Lange in Form einer Wellenlinie auf dem Wasser hinlauft, indem die Wellenberge derselben sich ganz Uber dem Niveau in Luft befinden, wahrend die den Wellenthalern entsprechenden Stellen das Wasser mit ihrer Unterseite beriihren. Ich habe dieses Verhalten wiederholt bei Mais- und Erbsenwurzeln beobachtet, bei denen von Faba gelang es jedoch nicht eine zweite Hebung der Spitze zu sehen , da dieselbe nach der ersten Hebung, bei Beginn des Versuchs immer zu steil abwarts wuchs und so allseitig in's Wasser eintauchte , womit natilrlich jede Ursache zu neuer Hebung wegfallt. Die hier beschriebenen Erscheinungen sind von anderen Beobachtern bereits mehrfach gesehen, aber ganz anders gedeutet worden ; zunachst diirften einige Angaben Hofmeister's ilber die AufwartskrUmmung von Wurzeln ihre genilgende Erklarung durch meine Darlegung linden; so vor Allem die in Pringsheim's JahrbUchern Bd. Ill, p. 90, die sich auf Lepidium, Pisum, Vicia sativa beziehen, vielleicht auch die auf p. 89. — Ich selbst 1) Die mir anfangs nodi unbekanntc Bedeutuiii; dieses Umstandes \crursachte, dasM eine Angabe in meuier yorlttuflgen Mittheilung 1. c. mil 716. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 413 Wachsthums-Modus der Hauptwurzel. §. 17. Lange der wachsenden Region. Schon Duhamel l ) suchte die Lange der hinter der Wurzelspitze liegenden Region zu be- stimmen, innerhalb welcher das Langenwachsthum erfolgt; als er zu diesem Zweck in Wasser wachsenden Hauptwurzeln der Keime von Niissen, Man- deln, Eicheln und Kemobst das 3 — 4 Linien (also ungefahr 6 — 8 Mill.) lange Endstilck abgeschnitten hatte, zeigte der zuruckbleibende Theil keine Verlangerung mehr, und als er feine Silberdrahtstifte in verschiedenen Entfernungen von der Spitze durch die Wurzeln steckte, und spater deren Lage zu einer festen Scala bestimmte, waren diejenigen Stifte, welche an- fanglich 2 — 3 Linien (4 — 6 Mill.) uber der Spitze eingesteckt waren, un- verriickt geblieben. Erst 80 Jahre spater nahm Ohlert 2 ) die Frage wieder auf. Er liess in einer Rleirohre mit seitlichem Ausschnitt Samen von Lupinus, Phaseolus, Pisum in Erde keimen, aber so, dass die Wurzel unterhalb der Erde in einen freien Raum der Rohre trat, also in feuchter Luft weiter wuchs, wo er dann von der Spitze ausgehend in Entfernungen von je 1 / 2 Linie (also ungefahr I Mill.) farbige Punkte auf der Wurzel anbrachte, von denen No. 1 der von der Spitze entfernteste , No. 20 der der Spitze nachste war; nach 24 Stunden waren nun die Punkte 1 — 18 unverandert, No. 20 stand noch an der Spitze wie vorher, »aber Punkt 19 war auseinander gezogen und nahm einen Raum von etwa y 2 Zoll em(< - Indem er das wachsende Stuck taglich neu eintheilte, ergab sich das Resultat: »dass narnlich die ein- mal gebildete Wurzelfaser sich in ihrem Inneren nicht mehr verlangert, dass auch die Spitze nicht neu erzeugt wird , dass aber das Wachsthum in die Lange in der Art vor sich gent, dass an einer Stelle, etwa ] / 2 Linie liber der aussersten Spitze stets neue Materie eingeschoben wird.« Die Messungen Ohlert's und seine Reurtheilung derselben konnen unmoglich sehr genau gewesen sein, sonst hatte er die Lange der wachsenden Region bei den genannten Pflanzen statt y 2 Linie, 2 — 3 Linien lang finden mussen. Wigand 3 ) theilte 2 Linien lange Wurzeln von Pisum in je 4 gleiche Theile; nach 3 Tagen hatten sich nur die unteren, also ein Stuck von an- t'anglich 1 Linie Lange verlangert; noch kilrzer fand er in ahnlicher Weise verfahrend die wachsende Region bei Lepidium. Aus Hofmeister's Angaben 4 ) kann man entnehmen , dass er die wach- sende Region der Keimwurzel von Faba in 24 Stunden einmal langer als 1 Duhamel, phys. des arbres. Paris 4 758, I p. 83, 84. 2) Ohlert, Linnaea. 1837, p. 616. 3j Wigand, Bolanische Untersuchungen, Braunschweig 1854, p. 159. 4; Hofmeister, Jahrb. f. wiss, Bot. Ill, p. 96, 97, 98; die oben von mir gebrauchte Ausdrucksweise findet ihre Erklarung weiter unten. 414 J. Sachs. 4 und kUrzer als 5,5 Mill., in einem anderen Palle kUrzer als '« Mill, fand, fiir Pisum zeigen seine Zahlen , dass die wachsende Region [Messung 16 Stunden nach der Markirung einmal linger als 6 und kUrzer als 9 Mill., ein andermal langer als 5,5, kUrzer als 8,7 Mill, war: in einem dritten Fall war sie langer als 5,1 und kUrzer als 6.9 Mill. Frank 1 ) markirte Pisumwurzeln und fand die Lange des wachsenden StUckes 1,4 bis 2,8 Linien (also ungefahr 2 — 5 Mill. : bei Linum usilatis- simum nur 1 Linie also ungefahr 2 Mill, in feuchter Lull . Bei Muller 2 ] finde ich keine bestimmte Aeusserung Uber die vein ihm gefundene Lange der wachsenden Region an Pisumwurzeln. Ciesielski 1 theilte die Wurzeln in 0,5 Mill, lange Zonen mid aus seiner Tabelle ist ersichtlich . dass bei 20stlindigem Wachslhum die Lange der wachsenden Region war: bei Pisum sativum circa 6 Mill. Vicia saliva circa 5,5 Mill. Lens esculenta circa 4,5 Mill. Bei meinen sehr zahlreichen Beobachlungen liber- die vorliegende Frage setzte ich den ersten Theilstrich (Marke No. ; so, dass ein Querschnilt an dieser Stelle den Vegetationspunkt der Wurzelspitze treffen wurde. Diess ist natiirlich nur mit annahernder Genauigkeit moglich, da man den Vege- tationspunkt nur ziemlich unbeslimmt durchschimmern sieht. lminerhin vermeidet man dadurch den viel grosseren Fehler, die vor dem Vegetations- punkt liegende, einige bis 5 Zelmtelmillim. umfassende Lange der Wurzel- haube, die gar nicht in Betracht kommen soil, in die Messung mit aufzu- nehmen und so die wachsende Region zu lang zu finden, wahrend bei Vernachlassigung dieser Vorsicht, die erste wachsende Zone zum Theil der Haube, zum Theil dem Wurzelkorper angehort und mit den anderen Zonen nicht streng zu vergleichen ist. Hat man nun eine Wurzel mit einer Anzahl aquidistanter Striche ver- sehen und misst man deren Entfernung nach einiger Zeit, so findet man eine Querzone als die letzte,-die sich noch verlangert hat, alle hinter ihr liegenden haben sich nicht verlangert oder sogar verkurzt (vgl. 18). In wiew r eit es nun moglich ist, aus diesen Wahrnehmungen einen Schluss zu Ziehen, mag an einem Beispiel erlautert werden. Eine in Wasser senkrecht wachsende Wurzel von Faba war vom Vegetationspunkt aus in 10 Querzonen von je 1 Mill. Liinge getheilt worden ; die einzelnen Zonen sollen von der Spitze aufwarts gezahlt I, II .... X heissen. Nach 15stundigem Wachsen bei 20 — 20,7° C. ergaben sich nun folgende Verlangerungen (Zuwachse) der einzelnen Querzonen : 4) Fhank, Beitrage p. 34. 2) Muller, Bot. Zeitung. 1871 p. 700. 3) Theophil Ciesielski, Unters. uber die Abwarlskriimmung der Wurzel; Breslau, 1S71, }>. 11. Ueber das Wachsthum der Haupt- and Nebenv. urzeln. 415 Zone. Verliingerung. X 0,0 Mill. IX 0,2 „ VIII 0,3 VII 0,6 VI 1,4 V 2,0 IV 2,5 in M • II 1,2 Gesammtverlangerung ll,<> Mill. Die letzte gewaehsene Zone oder Querscheibe von 1 Mill. anfanglicher LSnge war also die neunte nnd die Lange der ganzen wachsenden Region umfasste somit 9 Querscheiben von je I Mill. Lange; es ware aber un- genau zu sagen, sie sei 9 Mill, lang; deDB worm auch die 9te Querscheibe sich verliingert hat, so ist doch ungewiss . oh die ganze 9te Querscheibe, oder nur ein an VIII angrenzender Theil derselben gewaehsen ist: wSre letzteres, wie wahrscheinlieh, der Fall, so ware die waehsende Region nur S Mill, und einen Bruchtheil eines Millimeters lang. Da diese Ungewiss- heit bosteht, so lehrl unsere Messung also nur, dass die waehsende Region gewiss langer als 8 und selir wahrscheinlieh kiirzer als 9 Mill. ist. — Bei dem gegenwiirtigen Stand der hier in Beirachl konnnenden Fragen geniigt diess nun vollkommen, und eine grossere Genauigkeit ist nicht wohl zu erzielen : anseheinend allerdings dadurch, dass man die Querscheihen kiirzer ninunt. z. B. 0,5 Mill, lang; allein es ist zu beachten, dass man bei dem Aufsetzen der Markcn sieh leicht urn 0.1 Mill, irrt, dass man auch bei der Messung einen Fehler von 0,1 Mill, machen kann : diess fiillt aber am so mehr in's Gewieht. je kleiner der Zuwaehs des gemessenen Stiickes uber- haupt ist, er ist aber um so kleiner, je kiirzer die waehsende Querscheibe ist. Ware in unserem Beispiel die neunte Zone in zwei Zonen a, b von je 0,5 Mill, abgelheilt worden, und wiire a um 0,15 Mill., b um 0,05 Mill, gewaehsen, so wtirde die Messung, die hoehstens noch Zehntelmill. an- gjebt, gefunden haben fttr a den Zuwaehs 0,1 Mill., fiir b den Zuwaehs 0,0; es wiire also un rich tig, zu glauben , man babe diessmal genauer be- obachtet als vorhin. Hatte man dagegen die Querzonen bei unserer W Ur- iel anfangs je 3 Mill, gemacht, und diese von der Spilze beginnend als A, B, C, D bezeiehnet, so hiitte die Messung ergeben Zone D C B A Zuwaehs 0,0 Mill M „ 5,9 ,, Arlmiteii a. d. bot. Institut in Wiir/.hurg. Ill 410 J. Sachs. In diesem Falle ist die Zone G die letzte wnchsendc , sie ist aber 3 Mill, lang und man kann unmbglich wissen , oh die ganze Zone C oder nur ein kleiner iiber B liegender Theil derselben noch gewachsen ist; man kann in diesem Falle also nur sagen, die wachsende Region ist gewiss langer als 6, aber sehr wahrscheinlich kttrzer als 9 Mill. Der Spielraum der Ungewissheit ist hier also viel grosser als oben , wo wir die Zonen je 1 Mill, lang gemacht hatten. Es kommt also darauf an, die Zonen so kurz zu machen als moglich, aber zu beachten , dass dabei die Zuwachs- beobachtungen bei allzuweilgehender Kurze der Zonen ungenau werden. Nach sehr zahlreichen Messungen an Zonen von 5 — 1 Mill. Lange bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass die Resultate die genugendstcn sind, wenn man die Querzonen je 1 Mill, lang nimmt. Ware die Liinge der wachsenden Region iiir jede Pflanzenspecies eino ganz constante, so wurde es lohnen, genauere Bestimmungen dieser speci- fischen Constante vorzunehmen , was mit Hilfe einer Theilmaschine und eines stark vergrossernden Fernrohrs wohl moglich ware, allein die Liinge der wachsenden Region ist sehr inconstant bei den verschiedenen Indivi- duen einer Species auch unter gleichen iiusseren Bedingungen und eben- falls variabel , wenn diese letzteren variiren. Kommt es also darauf an, die Lange der wachsenden Region mit irgend einer anderen Erscheinung, z. B. der Abwiirtskrummung (s. unten) zu vergleichen, so darf man nicht etwa jene als ein fiir alle Mai bekannt voraussetzen , sondern man muss sie in jedem einzelnen Falle direct bestimmen. Die individuellen Un terschiede der Lange der wachsenden Region bei gleichen iiusseren Bedingungen mbgen folgende Beispiele veranschaulichen : die grossen Buch- staben bezeichnen verschiedene Pflanzen derselben Art, aber von mbglichst gleicher Beschaffenheit. In feuchter Luft, in demselben Cylinder; Wurzeln anfengs 15 Mill, lang; Temp. 18,7—20,5° C. Dauer 17 Stunden. Liinge der Querschcihen anfangs = 1 Mill. Pisum sativum. Zuwachse in Mill Querscbeiben A B C 1) 0,2 03 1,0 X IX VIII VII VI V IV III II 0,5 0,8 1,3 2,5 7,0 i,o 0,5 0,"5 0,5 1,5 1,5 2,0 4,0 6,2 6,5 5,5 1,0 0,5 0,(i Dolwsr das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 417 Nimrnt man, der Bequemlichkeit des Ausdrucks wegen an, dass die hintere Grenze der wachsenden Region in der Mitte derjenigen Zone ge- legen babe, welche den letzten Zuwachs zeigt, so ist die Liinge der wachsenden Region bei A = 6,5 Mill. ? 7 B — 5,5 ,, ) 7 C — ^,5 n 1 J D = 4,5 „ ? ; E = 3,S Qucrcus R o I) u r. Wurzeln in Wasser waehsend in demselben Cylinder, anfangs etwa 60 Mill. lang. Temp. 18 — 20° C. ; Dauer i\ Slunden. Querscheiben an- fangs = 2 Mill, lang, Zuwachse in Mill. Zone. A B C V 0,0 0,0 0,0 IV 0,0 0,5 0,2 111 0,8 1,5 1,2 11 4,0 5,5 6,0 1 4,0 3,0 1,5 Demnach war die Liinge der wachsenden Region bei A grosser als 4, kleiner als 6 Mill. »j: . ® n if ® n n^n " ' » n Vicia Fab a. W urzeln in feuchter Lu ft in demselben Cylinder, anfangs etwa 20 Mill, lang; Temp. 18 — 21° C. Dauer 24 Stunden. Querscheiben je 1 Mill. lang. Zuwachse in Mill. Zone. A B X 0,0 0,0 IX 0,0 0,0 VIII 0,0 0,4 VII 0,5 0,5 VI 0,5 1,0 V 1,5 2,5 IV 3,0 7,0 III 5,6 5,0 II 4,5 1,3 I 1,8 0,0 Die Liinge der wachsenden Region war demnach, wenn man annimmt, 28* 418 J. Sachs. ihre Grenze habe bis in die Mitte des zuleizt wachsenden Stiickes hinauf- gereicht bei A = 6,5 Mill „ B = 7,5 „ Ob bei Wurzeln gleicher Art aber von verschiedener Lange, also von verschiedenem Alter, die Lange der wachsenden Region verschieden ist, diirfte bei der grossen individuellen Verschiedenheit nur durch Messung sehr zahlreicher Individuen zu bestimmen sein ; nach gelegentlichen aber haufigen Wahrnehmungen glaube ich indessen , dass diese Verschiedenheit nicht gross ist. Der Einfluss verschiedener Med i en, Luft, Wasser, Erde, auf die Lange des wachsenden Stiickes kann mit Sicherheit ebenfalls nur durch Beobachtung sehr zahlreicher Individuen festgeslellt werden. Die Zahl meiner direct darauf gerichteten Untersuchungen ist nicht gross, sie fiihren aber, zusammengehalten mit meinen sonstigen Erfahrungen, zu dem Ergeb- niss, dass die Lange der wachsenden Region in feuchter Luft (in den ersten 24 Stunden) meist kleiner ist als in Wasser und lockerer feuchter Erde. Bei Pisum ist sie in feuchter Luft gewohnlich geringer als 8 Mill., in Wasser und Erde meist grosser als 9 Mill. ; bei Faba in Luft meist geringer als 9 Mill., in Wasser und Erde oft grosser als 10 Mill.; bei der Eichc fand ich sie in feuchter Luft wiederholt ktirzer als 6 Mill., in Wasser noch langer als 7 Mill. Berspielsweise mag noch eine Beobachtung an Phaseolus hier stehen, obgleich nur je 1 Individuum beobachtet wurde. Die Pflanzen waren sehr gleicher Beschaffenheit. Phaseolus mult if lor us. Temperatur des Wassers 20—20,7° C, der Luft 20— 21,2° C. Dauer 4 5 Stunden; Lange der Querscheiben 1 Mill. Zuwachse in Mill. Zonen. in Luft in Wasser X 0,0 0,0 IX 0,0 0,1 VIII 0,0 0,2 VII 0,0 0,3 VI o,6 0,3 V 0,5 (),(> IV 1,0 1,2 HI 1,4 1,4 11 v> 2,2 I 2,3 1,0 ( resammtzuwachs 0,0 7,3. 4 Deber das WachstlKipi der Haupt- und Nebenwurzeln 419 Die Lange der wachsenden Region war demnach in Lull eirca 5,5 Mill, und Wasser circa 8,5 Mill. Werden Fabawurzeln, die bereits einen Tag in feuchter Luft ge- wachsen sind , von neuem markirl, so findet man, dass die Lange der wachsenden Region am 2len Tage sich verkleinert, indem zugleich der Gesammtzuwachs abnimmt. §. 18. An den in feuchter Luft wachsenden Wurzeln, zumal denen von Faba, beobachtet man haufig schon nach 24 Stunden , gewbhnlich aber nach 2 Tagen cine Verkiirzung derjenigen Querzonen, wclchc zuletzt aufgchort ha ben in die Lange zu wachsen, also unmittelbar liber der hinleren Grenze der wachsenden Region liegen; diese Verkiirzung ist aber sehr betrachl- lich, da sie oft 0,1 — 0,05 Mill, auf einen Mill. Lange der Querzonen betriigt. Diese Krscheinung stimnit mil der friiher erwahnten Erschlaffung der in feuchter Luft (ohnc oftcre Rcnetzung) wachsenden Wurzeln und ich vermuthe die Ursache derselben darin , dass die jiingeren wachsenden Zellen den alteren, ausgewachsenen das Wasser rascher entziehen, als diese es aus den noeh alteren Thcilen zu ersetzen vcrmogen, so dass ihr Turgor sich mindert, also Verkiirzung durch elastische Zusammcnziehung der be- treffenden Zellhaute einlritt, worin eben die Verkiirzung besteht. Jeden- falls ist die Thatsache einer eingehenderen Untersuchung werth, da sie fur die Mechanik des Wachsens neuc Gesichlspunkte erolf'nen konnte. §. 19. Vcrtheilung des Wachsthums in der wachsenden Region. Dass die von der Spitze verschieden "weil entfernten, also ver- schieden alien Querscheiben der Wurzel in derselben Zeit verschicden grosse Zuwachse erfahren , geht schon aus den Angaben Ohlkrt's und Wigand's (1. 1. c. c.) , wenn auch undeutlich hervor; viel bestim inter ist aus Hofmeister's Darstellung zu enlnehmen (I. c), dass die gleichzeitigen Zuwachse bis zu einigcr Entfernung von der Wurzelspitze erst zunehmen, ein Maximum errcichen und weiter nach hinten wieder bis Null abnehmen. Dasselbc zeigen' einige Zahlen von Frank (1. c. p. 35). Ausflihrlichcr untersuchte Mlller dieses Verhalten 1 ), indem cr Hauptwurzeln von Pisum, rait aquidistanten Marken versehen bei 20° G. nach 10 — 24 Stunden maass. Versteht man unter Parlialzuwachsen die Verlangerungen der einzelnen hinter einander liegenden Querzonen, so gilt -nach ihm der Satz : »Der Partialzuwachs wachst von der Spitze ab und erreicht 4 — 5 Mill, von dieser sein Maximum und wird Null in noch grosserer Entfernung von der Spitze«. Tafel V, Fig. 4 bot. Zeitung, 1869 stellte er dieses Verhalten graphisch dar, indem er die Partialzuwachse als Ordinaten auf ihren F^ntfernungen von der Wurzelspitze, welche die Abscissen darslellen , aufrichtele. Mehr als I) MiiLLEK, Bot. Zeitung 1 869, p. 387 and 1871 p. 727, 729. 120 J. Sachs. aus diescr Curve der Partialzuwachse ist auch aus seiner Formel e = f (X) nicht zu entnehmcn , in welcher € den Partialzuwachs und X die Entfer- nung der Querscheibe von der Spitze bedeutet. *) — Auch Ciesielski hat (I. c. p. I I) die Curve der Parlialzuwachse zu bestimmen gesucht, indem er die Wurzeln in 0,5 Mill, lange Querscheiben eintheilte; nach 20 Stunden des Wachsens in feuchler Luft , fand er die Entfernung des Maximalzu- wachses von der Spitze aus bei Pisum circa 4 Mill. Vicia sativa circa 3,5 Mill. Lens esculenta circa 3 Mill. Bei der Bestimmung der Partialzuwachsc begegnet man denselben Schwierigkeiten, wie bei der Aufsuchung der hinteren Grenze der wachsen- den Region ; hier aber hat man bei Beurtheilung der gewonnenen Zahlen noch manches Andere zu bedenken , was ebenfalls an einigen Beispielen erlautert werdcn soil. Eine Wurzel von Faba'war vom Vegelationspunkt aus in Zonen von je 1 Mill. Lange getheilt worden ; sie zeigte nach 15 Stunden in Wasser von 20—210 c. folgende Zonen Partialzuwachse in Mill. X 0,1 IX 0,2 VIII 0,3 VII 0,1 VI 0,6 V 1,0 IV 1,8 III 2,0 II 2,3 J 0,8 Gesammtzuwachs = 9,6 Mill. Lange der wachsenden Region grosser als 9 Mill. Die Tabelle zeigt, dass die Partialzuwachse von der ersten zur zweiten Zone sleigen , dann fallen; unzweifelhaft ist diese Veranderung aber eine continuirliche und schon in der ersten Zone wird der Zuwachs, wenn wir sic uns z. B. in 10 kiirzcre zerlegt denken, nach hinten steigen , ebenso wird er in der dritten und jeder folgenden fallen. In der zweiten Zone, welche hier den Maximalzuwaehs zeigt, darf man annehmen , dass weflii wir sic ebenfalls in 10 Theile getheilt hatten, die Zuwachse derselben, von vorn nach hinten cist zunehmen, an eincr S telle ein Maximum zeigen und weiter hinten wieder abnchmcn wtirden. Die wahrc Lagc der Stelle, wo 1 Ein cenaueres Studium der Arbeiten Muller's zeigt iiberhaupt>. wie diinn (Jer mathemalische Firniss ist, mil dem er seine Darstellung zu ii^erzieheu ptlegt. Ueber das Wachsfhum der Haupl- unci Nefeenwurzeirf. 421 das Maximum des Wachsthums vvirklich staltgefunden hat, ist also nur in- soweit bekannt , als wir sagen konnen, sie liege innerhalb der zweiten Miliimeterzone iiber der Spilze; die Zahl 2,3 Mill, ist nur die Summe der Zuwachse der einzelnen kurzen Querscheiben, aus denen diese Zone von I Mill. La'nge besteht; das Letztere gilt auch von jeder anderen Zone. — Hatte man nun die Zonen gleieh anfangs 2 Mill, lang gemacht und sie mit A, B . . . benannt, so hatte die Messung ergeben Zone Partialzuwachse E 0,3 Mill. D 0,7 „ C 1,6 „ B 3,8 ,, A 3,1 „ In diesem Fa lie erscheint zwar zufallig der grosste Zuwachs auch wicder in der zweiten Zone, a her diese war nun 2 Mill, lang, und die wahrc Lage des Maximums ist jelzt noch weniger genau bekannt als vor- hin ; wolllen wir das Maximum in die Mitte dieser zweiten Zone verlegen, so wiirde uns die obige Tabelle zeigen, dass diess nicht richtig ist, denn es liegt in der hinteren Halite der Zone A, die sich aus den Zonen I und II (von vorhin) zusammensetzt. Wir hatten also hier einen betrachtlichen Fehler in der Beslimmung der Stelle, wo das Maximum der Zuwachse liegt, gemacht. Aehnliche Betraeht.ungen wiirden sich auch fiir die Beur- theilung der anderen Zonen C, D, E ergeben. Offenbar wiirde man die Curve der Partialzuwachse um so genauer erhalten, je kiirzer die Quer- scheiben genommen wiirden; allein schon bei solchen von 0,5 Mill, wiirden die Messungsfehler den Vortheil aufheben und so ist es auch hier am ge- rathensten, sich mit dem Grade von Genauigkeit zu begniigen , den man bei I Mill, langen Querscheiben etfialt. Ein auch von friiheren Beobachtern hervorgehobener Ucbelstand liegt darin, dass die Farbenstriche auf der Wurzel durch das Wachsthum u m so- me hr auseinandergezogen werden , je naher sie dem Ort des Maximalzu- wachses liegen und je betrachtlicher das Wachsthum uberhaupt ist. Man ist daher bei der Messung genothigt, willkuiliche Grenzen innerhalb der verbreilerten Striche anzunehmen; ich habe mir nun angewohnt, jedesmal vor der Messung einen neuen feinen schwa rzen Strich in die Mitte der Marke einzutragen und diess bei wiederholten Messungen zu wiederholen. Uebrigens haben die aus dem genannten Verhalten hervorgehenden Unge- nauigkeiten der Messung die cine gute Seite, dass sie um so geringer sind, je geringer der Zuwachs selbst ist, dass die Fehler also gerade an den Stellen klein sind, wo die Messung rclativ genauer sein muss. Wirft man nun die Frage auf, was denn eigentlich die Partialzuwachse, welche man nach beliebig gewahlten Zeitraumen erhalt, lehren? so zeigt sich, dass in jeder durch die Messung gewonnenen Zahl zweierlei ganz 122 J. Sachs. versehiedene Dingc enthalten sein konnen ; der Zuwaehs, d. h. die gc- messene Ve danger ung einer Querschcibc hangt namlich ab, niehl allein von der Gesehwindigkeit des Wachsthums, sondern auch von dessen Dauer; hort eine Zone zu wachsen auf, bevor man die Messung vornimmt, so lehrt dicse weder etwas iiber die Gesehwindigkeit, noch ilber die Dauer des Wachsthums. Eine Zone hort abe.r urn so friiher zu wachsen auf, je weiter entfernt sic vom Vegetationspunkt liegt, und es leuchtet ein, dass man auch das Maximum der Zuwachse an verschiedenen Stellen finden muss , jenachdem man kiirzere oder langere Zeit nach der Markirung bis zur Messung verstrcichen lasst; je langer die Wurzel wachst, desto mehr riickt das Maximum von hinten her in die vorderen Zonen , welche man bezeichnet hat. Eine sehr grellc Beleuchlung lindet das eben Gesagte in folgendem Beispiel. Eine in feuchter Luft wachsende und oft benetzte Wurzel von Faba war in Zonen von je 1 Mill, getheilt; sic wurde taglich, je nach 24 Stun- den gemessen ; Temp. = 18 — 21° G. taglich. Ich stelle hicr nur die Zu- wachse so zusammen, wie sie sich aus den Messungcn des Islen, 2ten und 3 ten Tages ergaben. Zuwachse in Mill. Zone in 24 Stunden in 2X24 Stunden in 3X24 Stunden X IX 0. VIII VII 0,4 0,4 0,4 VI 0,5 0,5 0,5 V 1,5 1,5 1,5 IV 3,0 3,0 3,0 111 5,6 6,6 6,6 II 4,5 15,0 17,0 I 1,8 5,0 23,0 Hier lag also nach 24 Stunden das Maximum der Zuwachse in Zone III, nach 2 X 24 Stunden aber in der Zone 11, nach 3 X 24 Stunden in der Zone I; die Zone III hatte namlich schon vor der zweiten Mes- sung, die Zone II erst vor der dritten Messung zu wachsen aufgehbrt, die Zone 1 aber wuchs noch nach dieser fort. Da nun die urspriinglich bezeichneten Zonen zwar gleich lang sind, aber verschiedenes Alter be- sitzen, so muss von der Spitze aus gezahlt, jede folgende Zone, wenn man sic l^iiiz auswachsen liisst um so ktirzer bleiben , je weiter sie riickwarts liegt, denn je mehr diess der Fall, einem tleslo entwickelteren Theil der Wurzel gehort si<> an, d. h. je weiter eine Zone zurilckliegt, desto ausge- wachsener sind die Zellen, desto weniger haben sie noch zu wachsen. Lasst man also nach der Markirung lange Zeit bis zur crsten Messung vcr- streichen, so tehrl diese nur, \sic viel jedes Stuck noch an L&nge Uber- Ueber d;is Wachfethurri der Haupt- unci NcbenwurzHn. 423 haupt zunehmen konnte, nicht aber mil welcher Gcschwindigkcit diess in den einzelnen Zonen gcschieht. — Da in uuserem Beispiel die Zonen IV, V, VI, VII schon von der ersten Messung ausgcwachsen waren, so ist iiber ihre Wacbsthumgeschwindigkeit aus der Messung nichts zu cntnehmen, und weil diess der Fall ist, so lehrt diese auch nichts iiber die Slelle, wo das Wachsthutn am ersten Tage am raschesten war, sondern nur dass in den ersten 24 Stunden die Zone III einen grosseren Zuwachs hatte als die folgenden; ob diess Folge ihrer grosseren Wachsthumsgeschwindigkeit oder ihrer langeren Wa chsth u m sdauer sei, blcibl bci unserem Beispiel ganz unbekannt. Urn also von der Dauer des Wachsens der einzelnen Zonen unab- hangig zu werden und die Geschwindigkeit selbst vergleichen zu konnen, ist es nbthig moglichst kurze /oil nach der Markirung bis zur ersten Messung verstreichen zu lassen , oder aber man muss das Wachsthum der ganzen Wurzel durch niedere Temperalur so vci langsamcn , dass auch die aileron Zonen noch langere Zeit wachsen konnen; in bciden Fallen sind aber natiirlich die Zuwachse gering und die Messungsfehler relativ gross; doch zeigen die Beobachtungen, dass je kiirzer man die Zeit bis zur ersten Messung nimmt, desto mehr das Maximum der Zuwachse nach hinlen riiekt. Beziiglich der Vertheilung der Wachsthumsgeschwindigkeit lehrte unser letztes Beispiel nur soviel, dass sic von der Spitze bis zur Illten Zone zunimmt. ob sic hinter dieser abnimmt, blieb ganz ungewiss, da man nicht wissen konnte, wie lange Zeit die Zonen IV, V, VI, Vll gewachsen waren. Dieses Bedenken wird jedoch durch Messung in kiirzeren Zeit- raumen beseitigt; so z. B. durch folgendc. Pis urn, Wurzel k — 5 Cm. lang, Zonen 1 Mill. Iang ; 18 — 19° G. Z u w a chse in W a s s e r nach 6 Stunden in den spateren 18 Stunden X 0,2 Mill. 0,0 Mill IX 0,2 i f 0,1 VIII 0,3 f ? 0,1 i •> VII 0,7 ? ? 0,1 1 1 VI 0,8 5 1 0,2 y j V 1,0 •) 1 0,4 ? j IV 1,0 ? ? 1,0 III 0,8 1 1 3,2 ? > 11 0,2 t 1 5,8 7 7 I 0,2 J 1 • 1,3 : i Hier lag also das Maximum der Zuwachse in den ersten 6 Stunden wahrscheinlich an der Grenze der vierten und funften Zone ; dass die Ab- nahme der Zuwachse in den folgenden Stiicken nicht bloss von einem fruheren Eilbschen des Wachsthums in ihnen herruhrt, sondern durch lang- I 421 i. Sachs. samcres Wachsen verursacht ist, wild dadurch bewiesen, dass diese Zonen auch in den folgcndcn Stundcn noch ein wenig gewachsen sind. Hatte man die erstc Messung 24 Slunden nach der Markirung vorgenommen , so hatte man das Maximum der Zuwachse in der Zone II gefunden. Noch deutlicher tritt die Abnahme der Gesohwindigkeit des Wachs- thums in den hinteren Querzonen in folgenden Messungen hervor: Fa ba , Wurzeln in Wasser wachsend, anfangs circa 2 Cm. lang; Zonen anfangs 1 Mill, lang; Temp. = 18 — 19°G. Zuwachse in Mill, in den ersten 6 Stunden in deri spateren 17 Stunden X 0,0 0,0 IX 0,2 0,1 VIII 0,2 0,4 VII 0,3 0,4 VI 0,5 0,5 V 0,8 1,2 IV 0,8 3,2 III 0,5 5,5 11 0,3 7,7 I 0,0 1,0 Das Maximum lag in den ersten 6 Stunden wahrscheinlich an der Grenze der vierten und fiinften Zone, die dahinter liegenden Zonen VI — IX sind auch spater noch deutlich gewachsen . folglich ist die bei der ersten Messung constatirte Abnahme der Zuwachse durch Verminderung der Ge- schwindigkeit, nicht aber durch friihercs Aufhoren des Wachsthums be- wirkt. Faba, ebenso. Zuwachse in Mill, in den ersten 6 Stunden in den folgenden 1 7 Stunden X 0,1 0,1 IX 0,1 0,2 VIII 0,5 0,3 VII 1,0 0,5 VI 1,0 1,5 V 0,5 -2,5 IV 0,4 M III 0,3 3,7 II 0,0 2,0 I 0,0 1,0 Hier lag das Maximum in den ersten 6 Stunden wahrscheinlich an der Grenze der sechsten und siebenten Zone; die Abnahme der Zuwachse in den folgenden Zonen ist nicht Folge ihres frUheren AufhOrens , da si* 1 Uebcr das Wachsthum der Haupt- und Ncbcnwurzcln 425 noch spater fortwuchsen , sondern sie beweist, dass die Geschwindigkcit dcs Wachsens hinter der Zone VII abnimmt. Ilatte man die erste Messung nach 24 Stunden vorgenommen, so halle man im vorletzten Fall das Maximum der Zuwachse in der Zone II, im letzten Fall in der Zone IV wahrgenommen. Faba, ebenso behandelt. Filnf Zonen je 2 Mill, lang; Wurzel in Wasser von 18° C. Zuwachse in Mill. Zone in den ersten 6 Stunden in den folgenden 18 Stunden V 0,2 0,3 IV 0,8 0,7 III 1,0 2,5 11 0,7 4,3 I 0,3 3,3 Faba, ebenso. V 0,8 0,5 IV 0,8 0,7 III 1,2 2,2 11 1,0 3,5 I 0,0 3,0 Fiir die hier zvvei Mill, langen Zonen gel Itcn dieselben Betrachlungen vorhin. Zea Mais, Wurzel an fa ngs 20 Mill, lang, in Wasser von 22° C. wachsend ; Zonen 1 Mill. lang. Zuwachse in Mill. Zone nach 6 Stunden in den spateren 1 7 Stunden X IX VIII VII 0,2 VI 0,3 V . 0,8 IV 2,0 0,3 III 2,2 3,8 II 0,8 10,7 1 0,0 1,0 Fin zweites Exemplar verhielt sich ebenso i ; hier waren schon 6 Stun- den nach der Markirung bei hoher Tcmperatur die Zonen V, VI, VII ganz ausgewachsen , Zone IV wuchs in den folgenden 1 7 Stunden noch um 0,3 Mill. ; sie war also bei der ersten Messung noch nicht ausgew 7 achsen, demnach war sie langsamer gewachsen als die Zone III. 126 J. Sachs lm Vorstchenden wurden die Bedingungen genannl, unlcr denen aus don gleichzeitigen Parlialzuwachsen verschiedon alter Querzonen die Fol- gerciiig zu ziehon isl, dass die Geschwindigkeil des Wachsens, hinler der Stelle, wo sie ihr Maximum erreicht hat, wiodor abnimmt und bis Null sinkt. Nennt man v {l v< 2 , • . • die Wachsthumsgeschwindigkeitcn der Zoncn 1, II . . . , so lasst sich dieser Satz ausdriicken durch das Schema : I II III IV V VI VII VIII *>i < v 2 < v :i < v 4 > r 5 > > v 7 > Null. Vergleichl man nun die Zuwachse einer und dersclben Querzone in aufe i nan do rfolgenden g lei oh en Zeiten, so findet man ebenfalls, und mil grosserer Sicherbeit, class die Geschwindigkeil cist zunimmt, ein Maximum erreicht und wicder abnimmt, bis sie endlich auf Null sinkt. — Die zur Beobachtung zu wiihlende Querscheibe muss natiirlich sehr jung sein ; an alteren , von der Spitze urn einige Millimeter entfernten Quer- scheiben wiirde man nur noch das Abnchmen, aber nicht mehr die an- fanglichu Zunahmc der Wachslhumsgeschwindigkeit bcobachtcn ; sie darf aber auch nicht den Vcgctationspunkt selbst einschliessen , da hier das Wachsthum , so langc die Wurzel sich iiberhaupt verliingcrt, so zu sagen immerfort von neuem anfangt. Bei Beobachtungen dieser Art kommt es vor Allem darauf an, die Temperatur in den aufeinandcrfolgenden Zeiten constant zu crhalten oder doch nur solche Vcrsuchc als maassgebend zu bctrachtcn, wo bei stcigender Temperatur (unler dem Optimum) die Zu- wachse fallen und umgekehrt. Dieser Forderung wurde in den folgcnden Versuchcn sorgl'altig Bechnung getragen. F a b a ; Wurzel in W a s s e r. Die beobachtete anfangs 1 Mill, lange Querscheibe hatte ihre \ordere Grenze I Mill, iiber den Vegetationspunkt : Zuwachse in jc 24 Stunden. l.Tag '2. Tag 3. Tag i. Tag 5,8 Mill. 13,2 Mill. 6,5 Mill. 0,0 Mill. tagliche Mitteltemperatur des Wassers 20,5<> G. 20,70 G. 21,0° G. 21,1° G. Fab a; Wurzeln in feuchtcr Luft oft befeuchtet; die Oueischeiben anfangs I Mill. lang. ErsteS Beispicl: die beobachtete Querscheibe war anfangs, 0,5 Mill, vom Vegetationspunkt entfernt. Zuwachse in Mill, b i n n en j e 21 Stunden. l.Tag 2. Tag 3. Tag It Tag. 5. Tag 6. Tag 1,3 5,7 12,5 10,5 9,0 0,0 Zweiles Beispiel, zwei anfangs je I Mill, lange Querzonen hc- obachtet, deren vordere vom Vegetationspunkt um 1 Mill, enilerni war. (Jeber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 427 Z u vv nchse in Mil 1. in j e 24 Stnnden. Zone \ . Tag 2. Tag. 3. Tag. 4. Tag. II 3,9 5,9 0,5 A I 0,9 9,4 C± A o,U A u Dr ittes Beispiel , ebenso. Zone 1 . Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag II 4,0 8,8 I 0,7 9,7 11,3 0,5 Viertes Beispiel, ebenso. II 2,4 9,0 0,6 0,2 I 0,3 3,3 9,5 4,0 Dor Einwand, dass die Messung bei dieser Methode die Zuwachse un- gleichlanger Sliicke betrifft, indem sich eben die gemessene Querzone ver- langert, trifft unseren Folgepunkt nicht; eben deshalb weil die Zuwachse mit steigender Lange der Zone anfangs zwar zunehmen, aber mil noch mehr steigender Lange doch wieder abnehiuen; die Verschiedenheit der Zuwachse 1st also nicht eine Function der Lange, sondern des Alters, d. h. des verschiedenen Entwickelungszustandes der Querzone; sehr deut- lich tritt diess in folgendem Schema hervor , wo l u / 2 , ? 3 . . . die succes- siven Langen derselben Zone, t'j, r 2 . . . ihre Zuwache an den successiven Tagen T u T 2 . . . bedeutet: fur T x T 2 T % T 4 1\ 1\ ist k v 4 ^> v b ^> Nu " • Die hier ttber den Wachsthums-Modus der Hauptwurzeln angestellten Betrachtungen gel ten nun auch in den wesentlichen Punkten fur ganze Stengel und im Besonderen fiir einzelne gestreckte Internodien, welche an ihrem oberen oder unteren Ende eine intercalare Bildungszone besitzen, wie das epicotyle Internodium von Phaseolus multiflorus , dessen Wachs- thumsmodus aus der Tabelle auf p. 128 (unseres 2. Heftes) ersichtlich ist. Doch geht Muller *) viel zu weit, wenn er sagt, »dass zwischen der Wachsthumsweise des Stamraes und derjenigen der Wurzel kein Unter- schied besleht«. Ein immerhin bedeutungsvoller Unterschied liegt darin, dass die Lange der wachsenden Begion bei den Stengeln und Internodien gewbhnlich eine sehr betrachtliche , mehrere bis viele Centimeter umfassende ist, wahrend sie bei der Wurzel selten 10 Mill, erreicht. 2 ) Als nachste Ur- sache dieser Verschiedenheit habe ich bereits in meiner vorlaufigen Mit— theilung 3 ) angegeben, dass jede Querscheibe der Wurzel ihre Wachsthums- 1) Muller, Bot. Zeitung 1870 p. 727. 2) Ich werde jedoch spater zeigen , dass bei Luftwurzeln znweilen die wachsonde Region viel langer ist. 3) Phys. medic. Gesellsch. in Wurzburg. 16. MSrz 1871. .). Sachs. curve rascher und in steilerem Bogen durchlauft; auch bob ich hervor, dass es wahrscheinlich dieso Wahrnehmung sein diirfte, die Muller l ) in dem an sich unrichtigen Satze : die » Wurzel wachst rascher wie der Stamm« ausdriicken wollte. Fig. 7. §. 20 . Die wachsenden Theile werden vor warts gestossen. 1st die Wurzelbasis fixirt, die Spitzc frei, so muss die durch Intussusception bewirkte Verlangerung der wachsenden Region mit einer nach vorn gerich- teten translatorischen Bewegung verbunden sein, derart, dass jeder weiter vorn liegende Querschnitt sich rascher bewegt, als jeder hinter ihm liegende. 1st in Fig. 7 A die Wurzel vom Vegetations- punkt aus in 10 Zonen von I Mill. Lange ge- theilt und die umgebogene Spitze der Nadel n mit der Marke auf gleiches Niveau gebracht, so findet man schon nach wenigen Stunden die Marke 1 und 2 , spater auch 3 und 4 an dem Index vorbeigewandert; B zeigt die Wur- zel nach 22 Stunden (24° G. in Wasser) , wo bereits die Marke 5 an der Stelle liegt, die an- fangs von der Marke eingenommen wurde; die Fig. B zeigt auch , dass die Marken 6 bis 9 sich dem Index genahert haben, abwarts ge- stossen worden sind, diese Bewegung setzte sich auch spater noch fort, denn nach 24 Stun- den stand die Marke 5 um \ Mill, unter dem Zeiger. Die Vergleichung der Lage der Marken von A und B lasst sofort erkennen, dass Nr. am ra- schesten gewandert, am tiefslen hinabgestossen worden ist ; und dass die zuruckgelegte Weg- strecke um so ge ringer ist, je naher eine Marke am hinteren Ende der wachsenden Region lies;t. Es leuchlet ein , dass die Marke 9 um Keimpllanze von Faba , das Vor- . . . 1 beiriicken der Marken der wach- soviel vorwarts gestossen wird, als der Zuwachs senden Region der Wurzel an ^cr Querzone X betnigt, dass die Marke S der testen Spitze der Nadel n . . , , _ zeigcnd. iiner cincn Weg zurucklegt, der der sum me der Zuwachse von X und IX gleich ist u. s. vv. ; dass endlich die Marke um die ganze Liinge vorwarts gestossen wird, die aus alien Partialzuwachsen resultirt. Fttr den durch B reprasentirlvn Zustand zeigte nun die Messung Folgendes : 1) MtiLLER, Hot. Zeitung 1 870, p. 81 o. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 429 Zone. Zuwachs in Mill. Hf .,1. „ TVT.. Marke Nr. ist vorwarts gest X A 61 0,2 y 0,2 IX 0,6 8 A O 0,0 VIII 0,/ / 1,5 TTTT VII A O 0,8 o 2,3 VI r\ a 2,0 5 4,3 V 3,5 4 7,8 IV o,5 o o 14,3 III III C A o,U 25 <»><*) Q 11 2,5 1 24,8 I 1,0 25,8 Summe der Zuw. 25,8 Bei ganz gleicber Behandlung ergab sich fiir eine Erbsenwurzel Zone. Zuwachs in Mill. Marke No. wurde verscboben X 9 IX 8 VIII 7 VII 0,3 6 0,3 VI 0,5 5 0,8 V 1,5 4 2,3 IV 3,0 3 5,3 111 5,5 2 10,8 II 4,5 1 15,3 I 0,5 15,8 Summe 15,8 Ganz ebenso verhalten sicb die Wurzeln in Erde ; urn es zu be- obacbten, steckte ich Keimpflanzen von Faba an die Glaswand des Kastens Fig. 1 tf, so dass die Markirung zu sehen war, dann wurde ein Papier- index so auf die Glaswand geklebt, dass seine Spitze auf die Marke zeigte, wahrend ein anderer die Lage des obersten Theilslrichs bezeichnete, urn zu sehen, ob diese Stelle unbeweglich sei. Urspriingliche Lange der Zonen VI 10 Mill. V 2 „ IV 2 „ 111 2 „ II 2 „ ■ ^ „ Nach 16 Stunden ergab sich: 430 I, Sachs. Zone VI V IV III II I Zuwachs in Mill Marke No. ist gewandert um Mill. : 0,5 1,5 2,0 3,5 6,0 4,0 8 4 3 ( i 1 0,5 2,0 4,0 7,5 13,5 17,5. Summe 17,5 Bei dieser Bewegung ist jeder Querschnitt zugleich passiv, indem er von den hinter ihm. liegenden geslossen wird , aber auch zugleich activ, indem er die vor ihm liegenden slossen hilft. Der Effect dieses Vorganges, wenn der Vorgang selbst auch verschieden ist, kann vcrglichen werden mit 'dem Vordringen der Spitze eines Nagels, den man in ein Brett hin- einhammert; wie die Nagelspitze die Fasern des Brettes auseinander driingt und sich selbst zwischen diese hineinschiebt, so driingt die Wurzelspitze die Korachen der Erde auseinander, schiebt sie bei Seite und dringt so mit Gewalt vor; ein Vorgang, der sich hinter einer Glaswand beobachten lasst; ein blosses Hinabsinken der Wurzelspitzen in die Lticken des Bodens, wie man nach der Knight - HoFMEisTEit'schen Theorie l ) annehmen musste, findet nicht statt, was ubrigens auch aus dem Eindringen der Wurzelspitze in Quecksilber (s. unten) folgt. Die Grosse der Kraft, mit welcher die Wurzelspitze vorwarts gestossen wird, zu bestimmen, scheint kaum moglich. Offenbar resultirt diese Kraft unmittelbar aus dem Vorgang des Wachsthums durch Intussusception selbst; sie ist an jedem im W T achsen begriffenen Punkte thatig ; die Molekule miissen auseinander gedrangt, ihre Gohasion also uberwunden werden, da- mit neue zwischen ihnen sich einlagern konnen ; man kbnnte diess die innere Arbeit des Wachsthums nennen; die Gewalt jedoch , mit welcher dieses Auseinanderschieben der Molekule geschieht, ergiebt noch einen Ueber- schuss, der dazu verwendet wird, die umliegenden Theile, auch wenn diese auf Widerstand treffen, vorwarts zu schieben, was man die aussere Arbeit des Wachsthums nennen kbnnte. Bestimmt man nun, ein wie grosses Gewicht eine wachsende Wurzelspitze auf eine bestimmte Hbhe in Lit iiobener Zeit zu haben vermag, so misst man also im besten Falle nur die aussere Arbeit des Wachsthums; tiber die innere wird dadurch gar nichts ansgesagt. ' 2 ) Aber auch diese aussere Arbeit zu messen ist bisher nicht gelungen. Lasst man namlicli die senkrecht abwSrts wachsende Wurzel ein Gewicht heben, so wiichst sie dabei grade fort, wenn dieses leicht ist, wird aber der Widerstand grosser, so biegt sich die Wurzel und es treten Abnormitaten ein. Mir gelang es wiederholt, durch eine Wurzel von Faba, 1) VergL Hopmeister, Botan. Zoiluii^ 1869 p. 33. 2) Vergl. Miller, Botan, Zeitung 187.1 p. 7^9, IT., w<> die innere \rbeil des Wachs thums nichl beriicksichtigt ist. I'eber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 431 die in feuehter Lutt mil senkrechter Spitze auf eine hohle (etwas Wasser enthaltende Wachsplatle traf, ein Uebergewicht von 1 Gramm iiber eine Rolle Ziehen zu lassen , ohne class Biegung eintral. War das zu hebende Gewicht grosser, so bogen sich die Wurzeln sehr stark. Ein derartiger Versuch beweist also die Biegsamkeit der Wurzel und dass die aussere Arbeit des Wachsens immerhin eine belrachtliche ist; sie kann aber viel belriichtlicher sein, gerade so wie die Gewalt, worn it ein zwischen Wider- lagen eingeklemmler Eisenstab durch Erwarmung sich ausdehnt, viel grosser sein kann als seine Biegungsfestigkeit, indem er sich durch die Ausdehnung zwischen seinen Widerlagen biegt. — Lasst man Wurzeln dagegen in feuchlen Model brth on senkrecht hinabwachsen , so kbnnen die Biegungen vermieden werden, all ein die Alhmung der Wurzel leidet in dem dichten Medium 1 ), diese wiichst langsamer und der Widerstand, den sie uberwin- det, ist nicht genau zu bestimmen. Selbst das Eindringen der senkrecht wachsenden Wurzel in Quecksilber gewahrl die gewunschte Einsicht nicht; dif grbsste geleislete aussere Arbeit ware niimlich proportional dem hydro- statischen Druck an derjenigen tiefslen Stelle, bis zu welcher die Wurzel- spilze in Quecksilber ohne Biegung eindringt ; allein diese Tiefe ist kaum zu bestimmen . denn die Wurzel , anfangs gerade, kriimmt sich, wenn sie 'i — '-i Cm. Tiefe erreicht, und slirbt dann gewohnlich ab, vorwiegend wohl in Folge des Luftmangels. Doch ist das Wachsen in Quecksilber wenig- stens insofern lehrreich, als es zeigt, dass die aussere Arbeit, welche das Wachsen zu leisten im Stande ist, sehr betrachtlich sein muss, da die Geschwindigkeit des Wachsens durch den Gegendruck des Quecksilbers nicht merklich veriindert wird . denn offenbar muss die bewegende Kraft um so grosser sein, ein je grbsserer Widerstand ohne merkliche Stbrung der Bewegung Uberwunden wird. Ich habe 9 Versuche derail angestellt, dass jedesmal eine gleiche An- zahl mbglichst gleicher Keimpflanzen von Faba in zwei Glascylindern so befestigl wurden, dass, die Wurzeln der einen in Wasser, die der anderen in Quecksilber -) hinabw achsen mussten ; das letzlere war mit dilnner Wasserschicht bedeckt ; bei beiden tauchle die Wurzelspitze anfangs nur I — 2 Mill, in das Wasser, resp das Quecksilber. Die folgenden Zuwachs- grossen, die meist in 24 Stunden erreicht wurden, sind die Mittelzahlen aus den in jedem Cylinder wachsenden Wurzeln , deren Zahl in der letzlen Columne genannt ist. 3 ) i; Was Miller . Bot. Zeitung 1 S7 1 p. 714, iibersehen hat. 2) Das Quecksilber wird zu derartigen Zwecken am besten durch wiederholh's heftiges Schutteln mit Wasser, bis dieses ganz klar bleibt, gereinigt. 3) Da gegenwartig Niemand das Eindringen senkrecht abwiirts gerichteter W r urzeln in Quecksilber leugnet. so ware es iiberfliissig. die oft genannte Literatur dariiber noch- mals zusanimenzustellen. Aus den Angaben von Pinot, Mulder und Payer ist ohnehin wenig Sicheres zu entnehmen ; viel besser sind die Versuche von Speschexeff, Botan. Zeitung 1870, p. 65 IT. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzbmg. III. 29 432 .1. Sachs. N u miner Zuwachs in Mill. (ileiche Zahl der iles in Mil te I fiir eine Wurzel Wurzel u in Wasser Versuches. Wasser Quecksilber und Quecksilber 1 36,0 39,7 3 2 20,0 20,2 4 16,8 17,5 4 h 19,5 15,5 4 5 4-6,0 12,5 2 6 15,5 21,8 4 7 19,0 16,5 4 8 16,5 24,5 2 9 15,2 11,9 6 Allgemeines JV1 i ltd 19,4 20,0 aus je 33 Wurzeln. Bei den einzelnen Versuchen ist, wie man sieht, das Wachsthum bald \m Quecksilber, bald im Wasser etwas schneller, wie nach den indivi- duellen Versehiedenheilen, die bei so geringer Individuenzahl noch nicht ausgegltchen sind, zu erwarten steht; nimmt man aber das Mitlel aus alien Versuchen , so ist die Geschvvindigkeit in Quecksilber noch etwas grosser als in Wasser, auch das ist ofl'enbar noch Folge der nicht ausge- glichenen individuellen Versehiedenheilen , zeigt aber jedenfalls , dass die (lurch den Quecksilberdruck etwa bewirkte Verlangsamung des Wachsthums eine nur unbelriichtlicho , die Grosse der Kraft; womit die Wurzel vor- dringt, also eine sehr bedeulende sein muss. Wachsthum gekappter und gespaltener Wurzeln. §. 21. Wachsthum nach Wegnahme der Wu r z e Is pi tz e. In Ciksielski's mehrfach citirler Arbeit findet sich p. 29 die Angabe, dass Wurzeln von Pisum, Lens, Vicia saliva , denen man den Vegetationspunkt weggesehnitten hat, sich weiter enlwickeln, indem die hinter dem Schnill liegenden Theile sich ausbilden, dass aber solche Wurzeln von der Schwere nicht mehr beeinflusst werden und sich nicht abwiirts kriimmen. ] ) Bei hauliger Wiederholung dieses Versuchs mil Fabaw urzeln , denen ich die Spitze 1,0 bis 0,5. Mill, iiber dem Vegetationspunkt wegschnitt und die ich dann in feue'hter tuft, Wasser oder Erde weiter wachsen liess, tral zunaehsl die Erseheinung hervoi', dass die gekappten Wurzeln auf- fallend starker Nutationen machen , indem sie innerhalb der wachsenden I) Ciksielski maclile hierbci audi die interessantc Entdeekung, dass solche ge- kappte Wurzeln spaler oft cincn neuen Vegetationspunkt bilden ; auch ich habe di'ess gesehcrt, und Dr. Prantl ist mit einer genaueren Uiitersucliung fiber die Art, wie die neue Spit26 sich bildet, beschiifligt. Ich fand auch, dass an eiiier in Wasser krtfftig fdrtWachsehdeti I iiugshjilfle einer Wurzel der VegetatibnsCuinkt sich ergiinzle, und nun mil allseitlger EUndcrVbilduhg t'ortwucbs. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nehenwurzoln. 433 Region kraftige Krummungen erfahren, deren Krummungsradius nicht selten nur einige Millimeter betragt, wahrend der Bogen einen Halbkreis erreicht, so dass bei senkrecht abwarts hangenden Wurzeln die Schnittflache am Spitzenende aufwarts gerichtet wird. Diese Nutation erfolgt mit so grosser Kraft, dass sehr haufig bei horizontalen , sell)st in feuchter Erde liegenden Wurzeln, der Einfluss der Gravitation auf das Wachsthum iiberwogen wird, so dass unregelmassige Kriimmungen seitwiirts und aufwarts zu Stande kommen, aber grade diese, von Ciesielski wie es seheint ubersehenen, Nutation en, welche die Operation hervorruft, erschweren die Beantwortung der Frage, ob gekappte Wurzeln wirklich auf den Einfluss der Gravitation nicht mehr reagiren, wie er behauptet. 1 ) Ich kann jedoch anfuhren, dass gekappte und horizontal geiegte Wurzeln, zumal in feuchter Erde, (wo die Abwartskrummung gesunder Wurzeln am entschiedensten eintritt) haufiger abwarts als aufwarts sich krummen , und dass die Abwartskrummung oft energischer ist als die durch Nutation in anderem Sinne hervorgebrachten Krummungen. Ich glaube die Gesammtheit der Erscheinungen daher so deuten zu miissen , dass bei gekappten Wurzeln der Einfluss der Gravi- tation, der wirklich noch vorhanden ist, durch die Nutation nur verdeckt und oft unkenntlich gemacht wird. Da, wie ich sogleich zeigen werde, das Wachsthum der hinter dem Schnitt liegenden Querzonen nicht beein- trachtigt ist, und da die geotropische Kriimmung durch den Einfluss der Schwere auf alle hinter der Spitze liegenden wachsenden Querzonen her- vorgerufen wird, so ist auch nicht einzusehen, durch welchen geheimen Einfluss die Wegnahme des Vegelalionspunkts einen Vorgang hindern sollte, der gar nicht in ihm, sondern in iilleren Querzonen des Gewebes statt- tindet. Abgesehen von den Nutationen verlauft das Wachsthum der gekappten Wurzeln ganz ebenso , wie wenn der Vegetationspunkt noch vorhanden ware; jede Querzone, auch die dem Schnitt nachste, vollendet ihr Wachs- thum nach demselben Gesetz, und die Partialzuwachse zeigen von vorn nach hinten verglichen dieselbe Zu- • und Abnahme wie in einer unverletzten Wurzel. Zur Veranschaulichung mag ein Beispiel genugen. Zwei Fabakeime mit circa 20 Mill, langer, senkrecht hinabhiingender Wurzel wuchsen, haufig benetzt, in feuchter Luft neben einander in demselben Recipienten (18 bis 20° C.) ; 0,5 Mill, (iber dem Vegetationspunkt war der einen die Spitze weggeschnitten ; beide waren von dieser S telle a us in Zonen von je 1 Mill. Liinge markirt. I Schon Hartig (Botan. Zeitung 1866 p, 53} giel)t an: »Schneidet man von aufge- richtelen Wurzeln 3ie Spitze ah, dann Iritt eine Beugung gar nicht ein«; doch sagt er Nichts tiber die Liinge des ahgeschuittenen Stlickes. 29* 434 J. Sachs. Z u w a ch s e i n d en e rs ten 24 Stun d e n Zonen Wur-zel mit Spitze ohne Spitze X 0,5 Mill. 0,2 Mill. IX 0,(5 0,3 VHI 0,7 ) 1 0,5 , , VII 1,0 ) > M ■ 5 VI 4,8 >> 2,0 > 5 V 2,5 , ; 3,2 IV 4,6 ? J 4,2 J • III 5,0 H 5,0 } J 11 3,0 > > 2,5 ? J I 1,0 0,5 i > Partialzuwachse 20,1 Mill. 19,7 Mill. 2. Tag 3. Tag 4. Tag 4,2 Mill. 6,0 Mill. 14 Mill. 2,5 „ 10,0 „ 12 i ? 13 „ o,o „ 12,2 „ 0,5 „ Die nacb je 24 Stunden wiederholte Messung der Zone I ergab die Zuwachse am 1 . Tag mit Spitze 0,9 Mill, ohne Spitze 0,5 Fur Zone II ebenso : mit Spitze 3 ,, ohne Spitze 2,5 Die Unterschiede im Gang des Wachsthums beider Wurzeln sind nicht grosser als sie sonsl bei Vergleichung zweier Wurzeln gleicher Keimpflanzen auftreten , sie sind nicht durch die Operation sondern durch die Indivi- dualitat bedingt. Wenn a us Ciesielski's Mittheilung zu schliessen war, dass der Vege- tationspunkt der Wurzel zwar keinen Einfluss auf das Wachsen, aber doch einen solchen auf die Abvvartskriimmung ausiiht (zwei Satze, die einandei eigentlich w idersprechen), so komme ich vielmehr zu dem Schluss, dass das Abschneiden des Vegetationspunkls , indem es Nutationen bewirkt. die Abwarlskrummung nur slbrt und daher bei Versuchen ttber die Lelztere als Fehlerquelle ebenso zu vermeiden ist, wie die Anwendung von Wurzeln, clef en Spitze irgendwie abgestorben ist. §. 22. Das Wachsen gespaltener Wurzeln. Werden frische, sehr turgescente Wurzeln durch einen halbirenden Liingsschnitt bis auf 2 — 3 Cm. hinter der Spitze gespalten , so treten die beiden Liingshalften nicht solten unter sehr spitzem Winkel auseinander, indem sich die aus- gcwachsenen Theile ein wenig nach aussen krUmmen ; sehr haufig tritt dieses Klaflen jedoch nicht ein, die beiden Halften bleiben grade neben einander liegen. 1 ) Zuweilen kommt es vor, dass sich die in lebhaftem 1) Dutrochet mom. I p. 15, 16 behauptet mit Unrechl das Gegentheil; Frank's Angaben Pur Pisum (dessen B^itrSge p. i<;, d'7) sind dagegen in der Hauptsache rich tig Ueber das Wacbsthnm der Haupt- und Nebenwurzeln. 435 Wachsen begriffenen Spitzentheile beider Halftdn eiri wenig nach innen krummen, so dass die Schnitlflachen concav werden. Deuttfcher ist es zu sohen, went] man cine ganz grade Wurzel von Faba nur auf 5 — 6 Mill. Lange von der Spitze aus spallet und die cine Halite ganz Wegriimmt; die andere von dem Gegendruck jener befreit , biegt sich nun deutlicher einwarts ; die Kriiinmung an einem so kurzcn Stiick ist als solcbe nicht leicht zu erkennen ; bait man jedoch die grade Wurzel scnkrecht vor sich hin und denkt man sich die Wachsthumsaxc als verticale Linic vcrlangert, so bemcrkt man, dass die Schnittflache der iibriggeblicbenen Halfte diese Linic schneidet. Zuweilen tretcn jedoch auch kraftigere Krummungcn mit der Schnittflache concav an den Langshalften innerhalb der wachsenden Region auf, sovvohl bei der Hauptwurzel von Faba, wie bei sehr rasch wachsenden Luftwurzeln von Aroideen. Werden nun Wurzeln vor dem Spalten in gcwohnler Weise markirt, dann vertical mit der Spitze a b warts in feuchter Luft, in Wasser odcr in feuchlcr sehr lockcrer Erdc sich selbst Uberlassen, so beobachtet man fol- gende Erscheinungen, auch dann wenn die Wurzeln sich in der feuchten Luft eines sehr langsam urn horizontale Axe rotirenden Recipientcn sich befmden, wo also gcotropische Krummungcn ausgcschlossen sind. Nach einigen Stunden krummen sich die beiden Langshalften inner- halb der wachsenden Region einwarts, die Schnittflachen nehmen die Gon- cavitat, die Rindc wird convex; oft stem- men sie sich dabei gegeneinander bis eine Halfte neben der anderen vorbeigleilet und beide sich nun ungehindert weitcr krummen (Fig. 8 Faba E, D, A] ; ganz ebenso ver- halten sich gekappte und gespaltene Wur- zeln (C) ; war die eine Langshalfte weg- genommen, so krummt sich die andere ungehindert (/?). Zuweilen kommt durch eine Torsion die Schnittflache der einen Langshalfte mit der anderen in der Gegend des starksten Zuwachses in Beruhrung und, wie es scheint in Folge des Druckes, um- schlingt sie diese nun in einer, selbst in zwei eng anliegenden Windungen. An dem Auseinanderrucken der Marken er- kennt man, dass die Kriimmung immer nur innerhalb der wachsenden Region erfolgt und dass sie an den Orten des starksten Zuwachses den kleinsten Kriimmungsradius besitzt (Fig. 8 B, C), der oft selbst bei dicken Wurzeln nur 2—3 Mill, betragt; die Spitzen werden oft durch die Kriimmung der alteren wachsenden Theile ganz zuruckgebogen Gespaltene Fabawurzel in normaler Stellung wachsend. 436 J Sachs. (C, D) und bci den dUnneren Wurzeln der Erbsen bildet nach 20 Slunden eino Halfte (nach Wegnahme der anderen) oft cincn vollcn Kreis , von 4 — 3 Mill. Durchmcsser. In Folge der Spaltung ist das Wachsthum jeder Langshalftc meiklieh verlangsamt, die einzelnen Querzonen folgen aber der oben besehricbcnen Rcgel, vvie schon aus Fig. 8 B, C zu crkennen ist. Hat man durch den Langsschnitt ungleiche Ha If ten hcrvorgebracht, so wachst immer die diekere Halfte am starksten, also diejenigc, vvclche einen grosseren Thcil des axilen Stranges enthalt. Macht man in der wachsenden Region solchc longilu- dinale Einschnitte, dass zwei seitliehe , l)loss aus Rindonparcnehym besle- hendc Lappen von einer mittleren Lamelle abgelost werden , wclche den ganzen axilen Strang und zwei Rindestrcifen besitzt, so wachst diese Millel- lamelle allein und zwar sehr kraftig weiler, wiihrend die Rindenlappen gar nicht wachsen (Fig. 8 F). Frank, der die Einwartskriimmungen gespallener, in Wasser liegcnder Wurzeln von Pisum, Phaseolus multiflorus , Linum usitatissimum , Tro- paeolum majus beobachtete, sagt (I. c. p. 17), dass bei anderen IMlanzon wie Zea Mais, Phragmitcs communis, Sium latifolium, Alisma Plantago die Erscheinung nicht auftritt; fur Zea Mais babe ich mich jedoch davon iiber- zeugt, dass die Langshalften sich ganz wie bei Pisum verhalten; dicke Luftwurzeln von Aroideen krtimmen sich l ) mil ihren Spalldachen in Wasser ebenfalls cinwarts, besonders deutlich wenn sie durch zwei sich kreuzende Langsschnitte in i Theile gespalten sind , und ich zweille nicht, dass all.e Wurzeln, wie die oben beschriebenen sich verhalten. Aus meinen zahlreichen Beobachtungcn an gespaltenen Wurzeln folgere ich nun zweierlei, namlich : a. dass die Rindenzellen der Wurzeln iiberhaupt nur dann wachsen, wenn ihnen vom axilen Strang aus Nahrungsstofi zugefiihrt wird , der in radialer Richtung das Gewebe durchselzt; wiirden alle zum Wachsthum der Rindenzellen nothigen Stotl'e denselben in der Langsrichtung von hinton her durch altere Rindenzellen zugefuhrt, so ware nicht einzusehen, warum vorn abgetrennte , hinten festhangende Rindelappen nicht wachsen. Denkt man sich also die wachsende Region in Querscheiben zerlegt, so wachst die Rinde einer jeden solchcn von den Stoffen, die sie aus dem Theil des axilen Strangs derselben Querscheibe bezieht. Dass die Zellen des Stranges sclbst aber die Nahrstoffe von hinten her und schlicsslich aus den Cotyle- donen, herbeileiten , folgt nicht nur aus der Gesammtheit der Keimungs- vorgange, sondern auch daraus, dass hinten unterhalb der Cotyledonen abgeschnittenc Wurzeln nur ausserst wenig wachsen , wie bereils Fkank fBot. Zoitung 1808 [>. 564) angicbt und wovoii ich mich selbst iiberzeugte. 1) liter ist <1> 6 C ^r 7 " 7 " 1 " 1 ' doch die davor und dahinter liegenden sich nach Maass- m ; gabe ihres' Wachsthums und ihrcr Lage zum Erdradius dabei betheiligen. Da ich erst weiter unten, wenn ge- t—'' ^ 1 wisse Vorfragen beantwortet sind , auf die Einzelheiten c des Vorgangs zurUckkommc, so mag hier einstweilen das cben Gesagle an cinem Beispiel erlautert werden :
de wachsenden horizontal geleglen oder schiH aufgerichfcet'eij Wurzeln von Faba, Pisum, Phaseolus, Aesculus hnfangs, d. h. naeh 4 — (> Stunden (bei 18 — 20° C.) die eines Kreisbogens, der die gatfae vviihrend dieser Zeit merklich vvachsende Region umfasst ; die Kriimmunii strigtTl s'wh in den erslen Stunden voin kaum merklichen flachen Boizcn his zu einem gcwissen Grade, indem der KrUmmungsradius immer klciner wird, man bemerkt; dass diese Zunahme der KrUmmung an der Stelle des stilrksten VVachsthums am bedeulendsten ist, dass der Kreisbogeii in fine 1, Hofmeister, ii<»t. Zeitung 1 sr»9 p. 92. / Ueber das Warhsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 445 mehr parabolische Form ttfrergeht, deren Scheilel in der Gegend des slark- sten Wachsthums liegt. c. Mit dem Eintreten der parabelahnlichen Form macht sich gewohn- lich auch ein Unterschied geltend, je nachdem die Wurzeln in Luft. Wasser oder in Sand, Erde vvachsen. Bei den ersten niimlich erscheinl ha u fig der am slarksten gekriimmte Theil wie ein scharfes Knie, vor und hinter welchem die Kriimmung plotz- lich flacher wird, wie z. B. in Fig. 10 fi, wo die Wurzel schief aufgerichlet war, dasselbe geschieht aber auch bei horizontal geleglen Wurzeln. Bei den in Sand oder Erde wachsenden Wurzeln dagegen ist der Uebergang von der slarksten Krummung zu den schwacheren davor und dahinter ein sehr allmiiliger (Fig. 9, Fig. 2), der Bogen ein mehr gleichmiissig ge- sc-hwungener. d. Bei noch weiler forlgesetztem Wachsthum. d. h. nach 15 — 20 Stun- den findet man mil Ililfe der auf Glimmerpla'ttchen eingeritzten Kreise, dass sich die Kriimmung der Wurzel in Erde und Sand nicht geiindert hat, d. b. die nach 6 — 8 Stunden (Fig. 2, Fig. 8) gekriimmten Theile behalten ihre Form, nur die vorderslen Zonen konnen noch Veranderungen erfahren. Anders bei Wurzeln in Luft und Wasser; hier konnen zwei verschiedene Aenderungen eintreten; entweder die vorhandene stiirkste kniefbrmige Kriimmung bleibt erhalten und das vordere Stuck, welches sich jet/t rasch verliingert, wiichst mit sehr geringer Krummung oder fast grade fort (Fig. 10 #, Fig. \\ A)"; oder aber, die knieformige Kriimmung gleicht sich mehr und mehr aus, an ihrer Stelle entsteht ein flacher Bogen (Fig. 11 H). An diesen Aenderungen ist zweierlei von Interesse : erstens dass der Fig. 10. Vioia Faba in feuchter Luft, nach 2 4 Stunden Pisum salivum in feuchter Luft. 440 J. Sachs kraftig fortwachsende vordere Theil dor Wurzel eft koine weitere Kriimmung durch die Gravitation erfahrt, obgleich or mit dem Erd radius oinon Winkol bildet, dor auch oin rochler sein kann; zum.nl schief aim; iris gerichtete Wurzeln, die mil der Verticale einon Winkel von 20 — 30° hi I den, wachsen oft tagelang grade fort, auch in Wassor, oline jo die verticale Richtung zu gewinnen ; diese Unempfindlichkeil fiir die Wirkung dor Schwore ist um so auffaliender, als Wurzeln, welche frisch aus dem Keimlager genommen und in Luft odor Wassor schief oder horizontal gelegt werdon, sich in den ersten SLunden normal kriimmen (siehe sub a), leh bin nicht im Stande, eino Ursache dieses Verhaltens anzugeben. Zweitens ist von Interesse, dass sich die anfangliche Krummung der Wurzel in Luft und Wasser oft stark abllachl, zuweilen fast grade wird. Diess zeigt, dass die Zellen der Unter- seite, welche an fangs iangsamer wuchsen als die der Oberseite, nach- triiglich von Neuem starker wachsen und so die KrUmmung ausgleichen. Das Streben 7 nachtriiglich , wenn die Krummung schon entstanden ist, auf der concaven Unterseite starker zu wachsen, ist zuweilen auch bei Wurzeln in lockerer Erde zu bemerken ; nimmt man sie namlich nach 24 oder 48 Stunden aus der Erde heraus, so vergrossert sich plotzlich der Winkel, den das senkrechte junge fast grade StUck (Fig. 9 E) mit dem alten horizon- talen bildet. Diess beweist, dass die untere Partie der Wurzel sich gegen die Erde gestemmt hatte, indem sie gehindert wurde ihre KrUmmung abzuflachen. Doch kommt diese Erscheinung selten vor, wohl in Folge der geringen und sehr unvollkommenen Elasticitat der Wurzel, die es bedingt, dass der ihr durch den Widerstand des Bodens aufgezwungene Zustand, ein dauernder wird. e. Die Frage, ob der Krummungsradius gleichdicker Wurzeln in Luft und Wasser einer-, in festen Medien anderseits bei gleicher Aufstellung der Keimpflanzen und gleicher Wachsthumsgeschwindigkeit der gleiche sei, lasst sich schwer entscheiden, da gleichartige Wurzeln auch in demselben Medium sich verschieden stark krummen ; zudem hatte die Beantvvortung jener Frage auch nur fUr die ersten Stunden der Krummung einen stengeren Sinn, da die Krummung spater in Luft und Wasser sich verflacht; dem entsprechend zeigen denn auch sehr zahlreiche Messungen, die ich nach 20 — 30 Stunden vornahm, dass die Krummung in Luft immer viol flacher war als in Erde odor Sand. Die Messung in den ersten Stunden jedoch, vie! wichtiger wiiie, ist schwierig, da der Kriimmungsradius einos liogens von elwa 20 — 30° an einem so dicken Korper, vvio os die WurzeJ ist, nicht leicht mil Sicherheit bestimmt werden kann, wenn sie nicht fest in Er"de liegt. Doch lasst sich so viel mit Bestimmtheit angeben , dass in feuchter Luft odor in Wasser die KrUmmung sehr oft sehr llaeh ist, so llach wic sic bei don in \ivdv und Sand gewachsenen Wurzeln niemals vorkommt. So zoigl /,. B, I'ig. 1^ die Wiuv.eln zweier sehr gleichail jgor Koimpllan/on Ueber das Wachsthum der rfaupt- und Nebenwurzeln. 447 von Faba , 15 Stunden nachdem sie horizontal gelegt worden; bei A in feuchter Luft ist die Krummung sehr flach, bei B in Sand so stark, wie sie sonst auch in lockerer Erde gewohnlich vorkommt. Bei demselben Versuch waren noch jederseits zvvei andere, paarweis gleiche Wurzeln verwendet worden, die den Unter- schied in gleicher Starke und in gleichem Sinne zeigten. Zu beachten ist bei dieser Yerschiedenheit, dass sie weder mit der Grosse des gesammten Zuwachses noch mit der Ver- theilung der Partialzuwachse zusammenhangt. Nur beispielsweise will ich aus vielen ande- Vicia Faba 4 5 Stunden nach der ren Messungen, welche dasselbe ergeben, die Horizontallegung ; A in feuchter 55 ' D ' Luft, B in teuchtem Sand. Zuwachse der beiden in Fig. 12 abgebildeten Wurzeln hier rnittheilen: Partialzuwachse in Mill, auf der convexen Seite gemessen. Zone A in feuchter Luft B in feuchtem Sand X 0,0 0,2 IX 0,2 0,5 VIII 0,3 0,5 VII 1,5 1,5 VI 1,6 1,6 V 2,0 2,5 IV 3,0 2,4 III 2,0 1,5 11 1,2 1,5 I 0,0 0,5 Gesammtzuw achs 11,7 12,7 Der Kriimmungsradius der convexen Seite des aus den Zonen IV, V, VI, VII bestehenden Stuckes betragt bei B nahebei 10 Mill., bei A circa 40 Mill. ; beide Wurzeln waren in der Zone V ungefahr 2 Mill. dick. Die Differenz des Langenwachsthums der Ober- und Unterseite, als deren Ausdruck die Kriimmung erscheint, war also, wie man auch ohne Berechnung sofort sieht, bei A sehr unbedeutend, bei B aber recht betracht- lich ; die Ursache dieser Verschiedenheit wird sich zum Theil aus §. 28 ergeben. §. 27. Verhalten der AbwartskrUmmung bei Widerstand leistender Unterlage. a) Wurzel auf hori z onta 1 e r Glaspla tte. 1 ) In der Nahe des Randes einer kreisrunden Glasscheibe (Fig. 13 g) befestige \) Vergl. Fkank, Bot. Zeitung 1868 p. 579 und Hofmeister, Bot. Zeitung 1869 p. 92. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. III. 3D 448 J. Sachs. ich mit Siegellack eine Leiste von Kork (k), in welcher mit Nadeln Keim- pflanzen so angesteckt werden, dass die 3 — 5 Cm. lange Wurzel der Scheibe wenigstens mit ihrem vorderen 1 — 2 Cm. langen Theil dicht anliegt. Diese Vorrichtung wird in eine grosse Krystallisirschale s s von Glas gelegt. Komml Fig. 13. Gcotropische Krummung eiuer Wurzel von Faba auf fester Unterlage in verschicdenen Entwickelungsstadien A, B, C; % uberall die Stelle der Glasplatte, auf welcher anfangs die Spitze der Wurzel lag. es darauf an, die Wurzel in feuchter Luft zu beobachten , so wird die Krystallisirschale vorher innen nur benetzt, sodass die Glasplatte trocken bleibt; soli die Wurzel in Wasser liegen , so giesst man (wie in Fig. 13 n n) soviel davon ein, dass es die Wurzel bedeckt, die Cotyledonen aber von Lufl umgeben bleiben. Ein gut schliessender Glasdeckel oder eine nied- rige Glasglocke wird nun aufgesetzt, urn die Luft iiber den Keimpflanzen feucht zu halten. Gewohnlich wurden 5 — 6 Keimpflanzen gleichzeitig neben einander auf dem Kork (k) befestigt. Beobachtet man nun in kurzen Zeitraumen, z. B. anfangs von 10 — 10 Minuten, spater von Slunde zu Stunde, so bemerkt man, wie schon Frank 1. c. angegeben hat, dass die wachsende Region der Wurzel sich in einem nach oben convexen Bogen von der (esten Platte abhebt; wobei einerseits die Spitze (Fig. 13 z) anderseits die hinter der wachsenden Region liegende Stelle der Wurzel (a) der Platte dicht anliegt; 2 — 3 Stunden nach Beginn des Versuchs ist die Hbhe der Concavitat der Unterseite der Wurzel sehr goring; man kann zwischen ihr und Glasplatte eben durchsehen, und man bemerkt an der Markirung, dass die am starksten wachsende Zone der Wurzel die hbchste Stelle des flachen Kreisbogens einnimmt, den die wachsende Region bildet. Spater wird die Krummung betrachtlicher, indem alio Querzonen dieser Region sich yerlangern, der Bogen umfasst eine grbssere Zahl von Graden und seine Hohe liber der Glaspktte erreicht 3 — 1 Mill, (bei Faba). Nach Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 449 15 — 20 Stunden hat sich das Bild jedoch geandert; der Raum zwischen der hbchsten Stelle der Concavitat und der Unterlage ist nicht nur hbher (5 — 6 Mill.) geworden, sondern auch die Form der markirten Region hat sich geandert; lag anfangs der hochste Punkt der noch kreisbogenfbrmigen Krummung z. B. in der dritten urspriinglich 2 Mill, langen Zone, so liegt er jetzt am vorderen Theil der zweiten Zone, spater sogar in der ver- langerten ersten Zone ; dabei ist die ganze gekrummte Region nicht mehr ein Kreisbogen, sondern ungefahr parabolisch : die starkste Krummung liegt in den erst spater stark gewachsenen vorderen Zonen, von wo aus sie sich hinten abflacht. Indem bei diesen Vorgangen die Wurzelspitze sich auf die feste Platte aufstemmt, und die tiber der Spitze liegenden Theile sich verlangern, werden diese immer hbher Uber das Niveau der Platte emporgehoben , dadurch steigert sich zunachst die auf der Oberseite concave Einkrummung hinter der entgegengesetzten geotropischen Convexitat (Fig. 13 5), endlich genUgt auch diese nicht mehr und ein langer Theil oder die ganze altere Wurzel- region erhebt sich uber die Platte (Fig. 13 C). Je nach der Steifheit der Wurzel kann diess fruher oder spater eintreten. Der Vorgang beruht wie leicht ersichtlich auf der grbsseren Biegsamkeit der alteren Wurzeltheile; die sehr unvollkommene Elasticitat derselben bewirkt, dass wenn man eine wie Fig. 13 C gehobene Wurzel ganz von der Platte abhebt, sie ihre Form fast genau behalt. Diese Erscheinungen treten in feuchter Luft wie in Wasser ein ; warum die Krummung sich andert soil in einem spateren Abschnitt unter- sucht werden (§. 28). Indem jedoch die altera Wurzeltheile gehoben werden, drticken sie vermbge ihrer Elasticitat auf die vordere jetzt allein noch wachsende Region ; befindet sich diese in Wasser , so besteht der Effect meist nur darin, dass die Krummung aller Theile wieder flacher wird, die Wurzel- spitze aus ihrer fast senkrechten in eine nach vorn zielende schiefe Lage ubergeht. Ist die Wurzel dagegen von feuchter Luft umgeben, also schlaff (§. 10), so bewirkt der Gegendruck der hinteren Region, dass die vordere wachsende, abwarts gerichtete und starker erschlaffte Stelle Verbiegungen erleidet, welche die mannigfaltigsten Formen annehmen kbnnen. b. Um Wurzeln in ihrem Verhalten gegen widerstehende festere Erde zu beobachten , wurde die auch sonst benutzte gesiebte schwarze Gartenerde in den Kasten mit der Hand festgedrtickt , so dass eine glatte Oberflache entstand, auf diese wurden die Keimpflanzen dicht hinter der schiefen Glaswand horizontal auf die rechte oder linke Flanke gelegt und nun die Cotyledonen sowie der hintere W T urzeltheil mit einer dicken Lage lockerer Erde zugedeckt; nur die wachsende Region lag frei auf der festen Erde. Die nun auftretenden Erscheinungen waren ganz dieselben, wie auf der Glasplatte: die Wurzelspitze stellte sich beinahe rechtwinkelig auf 30* 450 J. Sachs. die feste Erde, wobei der hintere Wurzeltheil sammt der Last der auf ihm liegenden lockeren Erde emporgehoben wurde; war die unterliegende Erde sehr fest, so drang die Wurzelspitze nicht ein, war sie etwas lockerer, so wurde sie durch die Elasticitat der hinteren Theile in die Erde hinein- gedrttckt. — Wurde der Versuch ganz in derselben Weise eingerichtet, nur mit dem Unterschied, dass die ganze auf festerer Erde liegende Wurzel, auch vorn mit lockerer Erde bedeckt war, so hob sich die wie auf einer Glasplatte sich krUmmende Region derart, dass unter ihr eine Hohlung zwischen der Concavitat der Wurzel und der festen Erdschicht entstand ; da aber in diesem Fall auf der wachsenden Region selbst eine Last von Erde ruhte, so hatte die sich abwarts wendende Spitze der Wurzel von vornherein einen Riickhalt und konnte so leichter, als vorhin, in die unter- liegende festere Erde eindringen. Die ganze wachsende Region beschreibt in diesem Falle bei Faba oft einen schonen Kreisbogen von 4 — 45 Mill. Radius und 90° Bogenlange. — Auch wenn die Wurzel in ganz lockerer Erde liegt, macht sich der Widerstand derselben gegen die sich krUmmende Spitze darin geltend , dass man hinter der aufwarts convexen wachsenden Region eine kleine Concavitat wahrnimmt, wie in Fig. 2 und 9 C hinter der Marke 5. c. Hebung eines Gewichts durch die Abwartskrummung. Bei der Beurtheilung des bekannten JoiwsoN'schen Versuches ] ) handelt es sich offenbar urn dieselben Gesichtspunkte, wie bei dem Verhalten einer Wurzel auf einer festen oder doch widerstandsfahigen Unterlage, nur dass es dabei moglich wird, die Kraft bis zu einem gewissen Grade, wenn auch keineswegs genau (§. 20) zu messen , welche die Wurzelspitze bei ihrer Abwartskriimmung geltend zu machen im Stande ist. Zur Anstellung dieses Versuchs fand ich folgendes Verfahren zweck- massig : auf einer grossen Korkscheibe ist ein senkrechter Stander mit einer sehr leicht beweglichen Rolle befestigt, Uber welche ein Coconfaden gefUhrt ist; an die beiden herabhangenden Enden desselben sind WachsstUckchen von etwa 4 Gramm Gewicht befestigt. Das eine WachsstUck wird zu einem kleinen loffelartigen Schalchen mit einer nach aussen mUndenden Rinne (un- gefahr von der Form einer antiken Handlampe) umgeformt, mit einem auf- rechten Fortsatz zur Befestigung am Faden. In die Hohlung dieses Loffels wird ein Tropfen Wasser gebracht und nun das Gleichgewicht desselben mit dem anderen WachsstUck hergestellt ; ist diess geschehen , so steckt man in den Kork, der das Ganze tragt, eine Nadel, an welcher eine Keim- pflanze von Faba so aufgespiesst ist, dass sie auf der Seite liegt. Die etwa 2 Cm. lange Wurzel wird nun in die Rinne des Loffels mit der Spitze 1) Henky Johnson ; Kol'orat tiber scincn Versuch in Linnaea V, 1830 p. 148. — HOFMEISTEK, Hoi. Zeilung 1868 p. 273. — Fkank , ebonda p. 597. — Mulleh, Bot. Zei- tung 1871 p. 720. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 451 so eingelegt, dass sie dem Wachs mit der Unterseite dicht anliegt und dabei von der kleinen Flilssigkeitsmenge benetzt ist. Auf das WachsstUck- chen am anderen Ende des Fadens legt man nun einen Reiter aus dickem Stanniol, der vorher abgewogen worden ist; das Gewicht des Reiters sucht natilrlich die Wurzelspitze aufwarts zu kriimmen. Die Rander des Loffels halten die Wurzel seitlich fest, die Spitze stemmt sich in den Hintergrund der Hohlung desselben ; so ist ein Ausgleiten der Wurzel nicht zu furchten, die Ubrigens ganz unbeschadigt bleibt und indem sie sich abwarts kriimmt, sich doch immer in die Vertiefung des Wachsloffels hineinstemmt. Die ganze Vorrichtung steht in einer grossen mit Sand gefiillten Schale, tiber welche eine geraumige Glasglocke gestulpt wird. Die auf diese Art angestellten Versuche mit kraftigen Hauptwurzeln von Faba zeigten nun, dass die Wurzelspitze sich ganz in der Weise wie sonst in feuchter Luft abwarts krummt, wenn das Gewicht am anderen Ende des Fadens weniger als \ Gramm betragt; der altere Wurzeltheil ausserhalb des Loffels erleidet dabei keine erhebliche Krummung und die wachsende Region krummt sich wie sonst, so dass die Wurzelspitze sich mehr und mehr abwarts richtet und indem sie diess thut und sich ver- langert, wird das Gewicht am anderen Fadenende entsprechend gehoben. Der Versuch kann 2 — 3 Tage fortgefiihrt werden, wenn man die Wurzel ah und zu mit einer Spritzflasche benetzt, wobei darauf zu achten ist, dass der Loffel nicht mit Wassertropfen beschwert wird. Wiederholt wurde bei der Krummung ein Gewicht von beinahe einem Gramm gehoben, ohne dass auch nur eine Abnormitat an der Krummung wahrzunehmen war. Dickere Wurzeln wtirden naturlich mehr, diinnere weniger leisten ; denn der Erfolg hangt offenbar nur von der Riegsamkeit ab, so iange die Kraft, welche ich in §. 20 als aussere Arbeit des Wachsens bezeichnet habe, hinreicht das Gewicht zu heben ; diese Kraft aber kann eben wegen der Riegsamkeit nicht vollstandig gemessen werden. d. Kriimmung auf Quecksilber. ] ) Die unten cit. Arbeiten von Frank, Muller, Spescheneff haben bereits gezeigt, dass Wurzeln von ge- nUgender Dicke 'd. h. Riegungsfestiukeit ihre Abwartskriimmung auch dann vollziehen, wenn sie horizontal auf oder in Quecksilber liegen oder schief auf dessen Oberflache stehen. Es kommt mir hier weniger darauf an die Richtigkeit dieser Angaben zu bestatigen, als vielmehr die Reihe der Er- scheinungen, welche Wurzeln bei Widerstand gegen ihre Abwartskriimmung zeigen, zu vervollstandigen. Zur Reobachtung an grbsseren Keimpflanzen wie Faba, Phaseolus, Pisum, Quercus, Zea vervvende ich den Apparat Fig. 14; in ein Glasgefass 1) Vergl. Hofmeistek, Ja'hrb. f. wiss. Bot. Ill p. 105, wo auch die altere Lit. cit. ist. — Frank, Beitrage p. 26. — Frank, Bot. Zeitung 1868 p. 593. — Hofmeister, ebenda p. 267. — Muller, Bot. Zeitung 1870 p. 804. — Spescheneff, ebenda p. 65 ff. 152 y. Sac us. von 6—8 Cm. Durchmesser wird rentes Quecksilbei bis zu 2 \ Cm. Hone eingefullt, Qachdem an einer Stelle der Seitenwand ein Stuck Kork (/.:) mil Siegellack befestigt worden ist; noch zweckmassiger ist es, das mil einem Spalt versehene Korkstiick aul* dor Glaswand gewissermaassen reiten zu Fig. 14. Wurzol von Faba in Quecksilber eindringend ; k Kork; n n Wasserschichl. lassen. Eine Keimpflanze wird nun in der Weise, wie es die Figur zeigt an den Kork so angespiesst, dass die Wurzol mil ihrom vordercn Theil dem Quecksilber horizontal aufliegt, wahrend die Cotyledonen (ubcrhaupl der Same) etwas hoher zu liegen kommt. Auf das Quecksilber giesst man eine o — 6 Mill, hohe Wasserschicht, welch e die Wurzel vollstandig bedeekt. Durch Ueberdecken einer Glasplatte oder Glocke wird der Raum urn den Samen feucht erhalten. Schon nach wenigen Stunden bemerkt man an der capillaren Ver- tiefung, welche das Quecksilber an der Wurzelspitze annimmt, dass diese in das Quecksilber einzudringen sucht; nach 4 5 — 20 Stunden findet man bei Faba, Pisum , Phaseolus, Quercus eine starke Kriimmung, vermoge welcher die Wurzelspitze senkrecht abwarts gerichtet worden ist; sic wiichst nun senkrecht in das flllssige iMetall hinab; eine nach oben concave Stelle hinter der wachsenden nach oben convexen Region zeigt, wie bei den auf einer Glasplatte sich krummenden Wurzeln an, dass hier die Wurzel durch den Gegendruck des Quecksilbers , der die Spitze nach oben zu stossen sucht, sich biegt; nicht selten sieht man, zumal bei beginnender Kriim- mung, dass die Concavitat der gckrilmmton Stelle das Quecksilber nicht beriihrt (wie auch in Fig. 13 C] , ebenlalls eine Folge des Widerstandes, den die abwarts gerichtete Spitze an dem aufwarts gerichteten hydrostati- schen Gegendruck des Quecksilbers findet. Ware die Wurzel viel dUnner und biegsamer, so wtirde ihre F^lasticitiit nicht hinreichen, die sich krilm- mende Wurzel in t Uebcr das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 455 konnte auch ihre Kriimmiing nur unmerklich zunehmen , obgleich ihr Ab- lenkungswinkel a einem Rechten nahe kommt. Die Zone II dagegen hat sich wahrend der ganzen Zeit kraftig verlangert und dem entsprechend auch starker gekrtlmmt, ihr Krilmmungsradius ist kleiner geworden ; Zone II hat sich aber starker gekriimmt als III. obgleich ihr mittlerer Ablen- kungswinkel /? kleiner war als a und wahrend der Kriimmung immer kleiner geworden ist (/?'). — Die Zone I ist aus zwei Griinden viel schwacher gekriimmt als II; zuerst deshalb, weil ihre Verlangerung obwohl fort- dauernd (im Gegensatz zu III), doch viel langsamer gewesen ist als bei II; noch mehr musste aber die Zunahme der Kriimmung von I durch ihren kleinen Ablenkungswinkel vermindert werden. Schon in Folge der im Zustand A eingetretenen Krummung von III und II ist die Zone I betracht- lich schief abwarts gerichtet worden, ihr Ablenkungswinkel y ist viel spitzer als $ und a; die Wachsthumsdifferenz ihrer Ober- und Unterseite, also ihre Kriimmung konnte in dieser Lage durch die Gravitation nur viel schwacher als bei II sich steigern ; noch mehr aber wurde die weitere Krummung von I dadurch beeintriichtigt, dass durch die energische Kriim- mung von II die Zone I ganz passiv in eine Lage gebracht worden ist, die sich der senkrechten immer mehr nahert, so dass der krummende Einfluss der Schwere bei I in dem Grade abnimmt, wie die Kriimmung von II steigt. Nehmen wir nun an , in dem Zustand B sei Zone III und II ganz ausgewachsen ; sie behalten deshalb ihre gewonnene Krummung. Zone I dagegen wachst weiter und kann in Folge dessen sich auch noch weiter kriimmen ; allein der Einfluss der Gravitation ist schon in dem Zustand B sehr schwach, weil der Winkel y bereits schon klein geworden ist; er wird aber bei weiterer Krummung immer kleiner, und weil er kleiner wird, nimmt auch die krummende Wirkung der Schwere immer mehr ab. Streng genommen, kann also das fortwachsende Ende der Wurzel niemals wirklich grade und senkrecht werden , sondern nur der Verticalen sich asymptotisch nahern. Bei den in lockerer Erde wachsenden Wurzeln ist diess oft wirklich der Fall, wenn sie nicht etwa durch Nutationen oder Hindernisse im Boden unregelmassige Formen annehmen ; das selbst 10 — 1 5 Cm. weit hinab- gew T achsene Ende ist noch nicht vollkommen senkrecht ; von der Stelle der starksten Krummung ausgehend sieht das vordere so stark verlangerte Stiick der Wurzel einer Para bei sehr ahnlich. Bei den in Luft und Wasser sich krttmmenden Wurzeln aber kommt noch eine andere Ursache dazu, w 7 elche es hindert, dass die geotropische Krummung endlich zur senkrechten Rich- tung des Endes fuhre ; diese Ursache liegt in dem nachtraglichen Wachs- thum der gekriimmten Unterseite, wodurch die anfangliche Krummung theilweise ausgeglichen abgeflacht wird ; dabei wird die fortwachsende vordere Region gehoben , die so herbeigeftihrte Vergrosserung ihres Ab- 156 J. Sachs. lenkungswinkels (man vcrgleiche die punktirten Linien bci B) mtisste nun dahin fiihren, dass die vorderc Region immer wieder mit starkercr Krtim- mung a b warts ginge; das geschieht aber gcwohnlich nieht, wie oben ge- zeigl wurde ; die in Luft und Wasser wachsenden Wurzeln, nachdem sic sich anfangs kraftig gekriimmt haben, verflachen nicht nur ihre urspriing- liche Kriimmung, sondern verlieren auch in dem vorderen Theile die Fahig- keit sich weiter zu kriimmen, sie verhalten sich dann wie Nebenwurzeln der ersten Ordnung. — Die in dcr Erde wachsende Wurzel kann ihre anfangs entstandene Kriimmung spater nicht abflachen, weil die Erde die entsprechende Bewegung des vorderen Sluckes hemmt; es kommt aber, wie es scheint, noch eine andere Krilmmungsursache in's Spiel, welche die geotropische Kriimmung unterstutzt, namlich die starkere Reibung, welche die concave Seite der Wurzel an den Erdtheilen erfahrt. Wie dicse Reibung zu Stande kommt, wird man begreifen, wenn man annimmt (was freilich nicht mbglich ist) , die Wurzel Fig. 15 A behielle ihren Kriimmungsradius und verlangerte sich in der durch die punktirte B gegebenen Form ; dann ware die Reibung auf alien Seiten nahezu die gleiche ; allein so wachst die Wurzel eben nicht; sondern indem sie sich verlangert, verktirzt sich der Kriimmungsradius jedes wachsenden Theils und es ist ahnlich, als ob die Wurzel aus der Lage der punktirten Linien in die Lage der ausge- zogenen in B sich kriimmte ; dabei muss nothwendig die concave Seite einen stiirkeren Druck und dem entsprechend eine starkere Reibung an den Erdtheilen erfahren, als die convexe. Da nun aber, wie oben gezeigt wurde , eine an einem festen Kbrper mit Reibung hinwachsende Wurzel sich ihm anzuschmiegen, sich um ihn zu kriimmen sucht, so wird auch der beschriebene Vorgang in der Erde die geotropische Kriimmung unter- stiitzen miissen. Betrachten wir nun ebenso die Krummungen einer auf horizontaler Glasplatte festgelegten Wurzel Fig. 16 A Das verschiedene Langenwachs- thum der Ober- und Unterseite bewirkt hier in derselben Weise wie vor- hin die Kriimmung, die anfangs einem Kreisbogen ahnlich ist; wahrend aber bei der Kriimmung in Luft und Wasser, der Hauptsache nach auch in lockerer Erde, die Spitze frei ist und abwarts gestossen wird, trifft sie hier auf unbesiegbaren Widerstand; dieser lelztere wirkt aber so , als ob man die Wurzel A in Fig. 15 an ihrer Spitze soweit auf warts stiesse, bis diese mit dem Stuck IV au niveau Hegt; ware das wachsende sich kriim- mende Stuck sehr biegsam, so wurde bei dieser Hebung der Spitze die Kriimmung fast oder ganz ausgeglichen jedenfalls erhcblich abgellacht werden. Das geschieht aber nicht oder nur in unerheblichem Grade, weil hinter der sich kriimmenden Region eine biegsamere und weniger clastische Slelle der Wurzel liegt; die Biegung erfolgt daher bei der Hebung der VVurzelspitze, oder was dasselbe bedeutet , indem diese auf der Unterlage wie Fig. 16// sich aufstemmt, hinter dvv geotropisch gekrUmnilen Region; Ueber das Waclisthum der liaupt- und Nebenwurzeln. 457 Fig. 16. w es ist dieses Verhalten und die Art der dahei entstehendcn Spannung auf Obcr- und Unterseite in Fig. B dadurch ausgedriickt, dass man die Figur dei- geotropisch gekrUmmten Region so gezeichnet hat, als ob sie durch einen Schnitt von der dahinter- liegenden abgetrennt ware ; die Auf- stemmung der Spitze bewirkt hinter der Zone III eine ZusammendrU- ckung auf der Oberseite, eine Zer- rung auf der Unterseite, was an der Wurzel (Fig. 13) als eine hin- ter der wachsenden Region lie— gende aufwarls concave Biegung sich geltend macht. Wahrend nun bei der in Luft, Wasser, lockerer Erde wachsenden Wurzel die vorderen Zonen durch die KrUmmung der hinteren soforl ab warts gestossen werden und so in eine fttr die weitere KrUmmung immer ungUnstigere Lage kommen, ist es hier anders. Die noch wachsende Zone II , wenn auch gebogen , liegt doch noch so, dass ihr mittlerer Theil rechtwinkelig zur Schwere, ihre anderen Theile nur wenig anders gerichtet sind ; da sie nun rasch wachst und zugleich unter sehr gUnstigen Winkeln von der Schwere getroffen wird, so krUmmt sie sich energischer, ihr KrUmmungsradius wird kleiner als wenn die Wurzelspitze keinen Widerstand findet (II C) ; dadurch kommt nun auch hier die vordere noch wachsende Zone I in eine fur ihre eigene KrUmmung immer ungunstiger werdende Lage. Bei langerer Dauer dieser Verhaltnisse aber andern sich die Bedingungen fur jede Zone in verschie- dener Weise. Zunachst treten III und dann II in den Zustand des Aus- gewachsenseins Uber, sie werden biegsamer; in der ganzen geotropisch gekrUmmten Region aber besteht durch die Aufstemmung der Spitze das Streben, die KrUmmung abzuflachen ; in dem Grade nun, wie die alteren Zonen auswachsen , geben sie diesem Streben nach, Aachen sich ab , die vorher an der Grenze von HI und IV gelegene Concavitat der Oberseite schreitet weiter gegen die Spitze vor; dazu kommt, dass die Zellen der concaven Unterseite langsam nachwachsend , die geotropische KrUmmung ohnehin abzuflachen suchen ; beide Vorgange schreiten von hinten nach vorn an der Wurzel fort. Unterdessen aber rUckt auch die am raschesten wachsende Region in die vordere Partie von II, dann in die hintere von I ; an diesen Stellen muss jetzt die KrUmmung zunehmen, der Radius kleiner werden; dadurch wird die Spitze immer mehr senkrecht gestellt, so wird die in Fig. 16 C dargestellte Form der KrUmmung erzielt : von der Spitze an steigt die gekrUmmte Wurzel steil aufwarts, urn danp nach 458 J. Sachs. hinten sich langsam abzuflachen. In ihrem vcrwickelten Zusammenwirken streben diese z. Th. im Wesen des Geotropismus, z. Th. in der durch die Aufstemmung der Spitze bewirkten Spannung, z. Th. in der mit dem Alter veranderlichen Biegsamkeit und Elasticitat liegenden Ursachen dahin, die starkste Kriimmung der Wurzel in eine der Spitze nahere mit ihr vor- riickende Region zu verlegen , wahrend bei der freien Wurzel die zuerst cntstandene starkste Kriimmung ihren Ort behalt, die Spitze immer grade werdend weiter wiichst. In den angegebenen Momenten liegt auch die Ursache davon. dass dilnne Wurzeln nicht in Quecksilber eindringen, und dass dickere bei ihrem Eindringen einen Bogen von kleinerem Radius be- schreiben als in Wasser oder in Luft. Die Thatsache , dass eine schief oder geradezu vertical aufgerichtete Wurzel bei der Abwartskrummung einen Bogen von kleinerem Radius als Fig. 17. Wurzeln von Faba schief aufwarts in Erde gelegt ; A urspriingliche Lage, B nach 41/2 -Stunden, C nach 24 Stunden. eine horizontal gelegte beschreibt, widerspricht nur scheinbar unserem zweiten Satze und bestatigt zugleich den ersten. In Fig. 17 und 18 ist die Form der geotropischen Kriimmung einer schief aufwarts und einer umge- kehrt vertical gestellten Wurzel (in lockerer Erde) moglichst genau ab- gebildet, ebenso wie in Fig. 2 und 9 die Kriimmung aus horizontaler Lage. Die Wurzel Fig. 17 ist in Zonen von in solche von je 1 Mill, eingetheilt. je 2 Mill., die von Fig. 18 Betrachten wir - zunachst das Verhalten der schief auf- gerichteten Wurzel Fig. 17 A, so leuchtet sofort ein, dass die alteren Querzonen V, IV (iiber den Marken 5 und 4) sich bezuglich der Kriimmung in einer sehr ungiinstigen Lage befinden , denn ihr Wachsthum ist langsam und hbrt bald auf, zugleich aber bildet ihre Wachsthumsaxe mil der Richtung der Schwere einen kleinon Winkel ; beides \Nirkt dahin, dio Kriimmung dieser alteren Zonen, bis auf das kaum Merk- liche horabzumindern. Die jUngoren Zonen 111, II sind zwar betrefifs des Abl(mkungswinkcls anfangs in derselbcn ungUnstigen Lag(>, die KrUm - Wurzel von Faba senkrecht aufwarts in Erde gelegt. Die hinter der Marke 10 liegende Region ist noch etwas gewachsen, die Marke 10 daher in B empor- gostossen; A urspriingliche Lage, B nach 4 Stunden, C nach 7 Stunden, D nach 521 Stunden, E nach 28 Stunden. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 459 mung kann nur langsam sich geltend machen , was in der That leicht zu beobachten ist, sie wird unter gleichen Verhaltnissen 1 — 2 Stunden spater als bei horizontalen Wurzeln bemerklich; dafiir aber wachsen diese mitt- leren Zonen nicht nur rasch , sondern ihr Wachsthum dauert auch langer, als das der alteren, die krtimmende Wirkung der Schwere hat also Zeit, sich mehr und mehr geltend zu machen. Dazu kommt aber, verglichen mit der horizontalen Wurzel, ein die Kriimmung der aufgerichteten sehr begunstigender Umstand; wenn namlich eine Zone der horizontalen Wurzel mit freier Spitze sich kriimmt, so kommt eben dadurch und sofort jeder ihrer Querschnitte in eine zur Verticalen schiefe Lage , der anfangs rechte Winkel wird ein spitzer und mit zunehmender Kriimmung immerfort spitzer, wodurch die krtimmende Wirkung der Schwere beeintrachtigt wird (Fig. 15). Beginnt dagegen die rasch wachsende Zone einer aufgerichteten Wurzel sich zu krummen, so wird der anfangs sehr spitze Winkel, den sie mit der Verticalen bildet-, zunachst immer weniger spitz; dann sogar ein Reenter; dadurch wird die betreffende Zone von Stunde zu Stunde in eine fur die Kriimmung zunehmend gunstigere Position gebracht (Fig. 17 B 1 1 , 2) ; der Einfluss der Schwere auf die Wachsthumsdifferenz der Ober- und Unterseite, also auf die KrUmmung wird auf diese Weise nicht nur verlangert, sondern in Folge der Kriimmung selbst gesteigert ; der mittlere KrUmmungsradius wird unter diesen Verhaltnissen nothwendig kleiner werden, als wenn die Wurzel von Anfang an horizontal gelegen hatte. Sind die vorderen Zonen auf diese Weise aus der schief aufgerichteten in die horizontale Lage Ubergegangen , dann treten dieselben Verhaltnisse bei weiterem Wachsthum ein, wie bei einer horizontalgelegten Wurzel, wie Fig. 17 B, C erkennen lasst. Es leuchtet ein, dass einerseits die Verminderung der Kriimmung der alteren fast ausgewachsenen Zonen, anderseits die Begiinstigung der KrUm- mung an den rasch und lange Zeit wachsenden jungeren Zonen um so deutlicher hervortreten muss, je mehr sich die Aufrichtung der Wurzel der umgekehrt verticalen Lage nahert, wie Fig. 18 sofort erkennen lasst. — Die Frage, was eine Wurzel thun wUrde , wenn es gelange, ihre wachsende Region vollstandig vertical aufzurichten und sie in dieser Rich- tung zu erhalten, ist schwer zu beantworten. Bei meinen zahlreichen Experimenten krummten sich auch die anscheinend ganz vertical gestellten (wie Fig. 18) erst seitwarts, dann abwarts. Ist die Wurzel wirklich genau senkrecht, so fallt jeder Grund zu einer geotropischen KrUmmung weg, da ja die Schwere ebenso wie bei einer genau senkrecht abwarts wachsenden Wurzel mit der Wachsthumsaxe parallel und auf alien Seiten derselben gleichartig wirkt. Da nun bei sehr zahlreichen Versuchen gewiss einzelne Wurzeln genau senkrecht aufwarts zu liegen kommen , so miissten doch diese wenigen aufwarts fortwachsen ; wenn diess nun nicht geschieht, wie die Erfahrung zeigt, so miissen noch andere Ursachen mitwirken; die 460 .T. Sachs. wichtigste derselben, vielleicht die einzige, mag in der freiwilligen Nutation der Wurzel liegen; auch eine genau senkrecht aufgerichtete Wurzel wird bald auf der einen, bald auf der anderen Seite ein wenig starker wachsen und so eine Nutationskrummung machen; ist diese auch noch so gering, so wirkt die Schwere nicht mehr parallel mit der Axe und der Geotropis- mus tritt in Action. Ich habe vielfach Keimpflanzen umgekehrt vertical in feuchte Erde ge- sleckt und Uber die aufrechte , anscheinend senkrechte Wurzel eine oben offene Glasrohre gesttilpt, die nur geringen Spielraum filr etwaige Be- wegungen der Spitze gewahrte. Die Wurzeln wuchsen auf diese Art nicht selten 4 — 6 Cm. aufwarts in der Rohre fort; sie suchten sich zu kriimmen erfuhren aber sofort an der Spitze und dem convex werdenden Theil den Gegendruck der Glaswand; zuweilen gelang es einer Wurzel ihre Spitze in dem engen Raum , den sie ohnehin fast ausfilllte , doch abwarts zu richten und dann abwarts fortzuwachsen, soweit es der enge Raum er- moglichte; gewohnlich aber schob sich das scharf gekrummte Ende an der Glaswand hinauf, indem die KrUmmung sich mit dem Auswachsen des ge- kriimmten Theils abflachte und ausglich , wahrend immer wieder jiingere Theile die Krummung versuchten. Gombinirt man, was oben iiber das Verhalten horizontaler Wurzeln auf fester Unterlage und iiber die schief aufgerichteten gesagt, so gelingt es, sich dieses Verhalten der in Glasrohren aufgerichteten Wurzeln hinreichend klar zu machen. Nachtraglich ist noch darauf hinzuweisen, dass die in Fig. 17 und 18 sichtbare, wenn auch schwache Ruckwartskrummung hinter der wachsen- den Region ebenso wie die entsprechende Erscheinung bei Fig. 9 durch die Anstemmung der Wurzelspitze an die von ihr zu verdrangenden Boden- theilchen bewirkt wird; es ist die schon bei Fig. 13 und 16 besprochene Erscheinung, nur in geringerem Grade ausgebildet, weil die lockere Erde nur unbedeutenden Widerstand leistet. §. 29. Wachsthum der Ober- und Unterseite wahrend der geotropischen KrUmmung. 1 ) Rein geometrisch betrachtet konnte die KrUmmung der Wurzel auf sehr verschiedene Art zu Stande kommen : entweder dadurch , dass die Unterseite sich verkilrzt oder die Oberseite allein sich verlangert oder beides gleichzeitig eintritt; oder sie konnte da- durch bewirkt werden, dass beide Halften sich zwar verlangern, die obere aber rascher und starker als die untere ; in diesem Fall entsteht dann die weitere Frage, wie verhalt sich diese Verliingerung beider Seiten zu der einer normal abwarts wachsenden Wurzel ; es konnte ja sein , dass Ober- 1) Vorgl. Wigand, Botan. Untorsuchungcn. Braunschweig 1854 p. 160. — Frank, Bci- trflge p. 41. — HOPMEISTEB, Botan. Zcitung 1868 p. 277. — MtiLLER, ebenda 1869 p. 390, 40r>. — ClF.SlKLSKI I. C. p. ^7. % Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 461 und Unterseite langsamer wachsen, aber in verschiedenem Grade ; es konnte jedoch auch geschehen, dass die Oberseite noch starker wachst, als eine normal abwarts gerichtete Wurzel, wahrend die Unterseite im Wachsthum gehindert ist. Die Beobachtung zeigt nun, dass die geotropische Kriimmung der Wurzel in der That auf die zuletzt genannte Art bewirkt wird : das Wachsthum der Oberseite ist ebenso kraftig oder noch kraf- tiger als wenn die Wurzel ihre nor male Lage hatte; die Unterseite dagegen ist in ihrem Wachsthum immer erheblich beeintrachtigt im Vergleich mit dem einer normal abwarts wachsenden Wurzel. Die sich abwarts krummende Wurzel verhalt sich also grade entgegengesetzt einem sich aufwarts krummenden Stengel, der, wie ich friiher (2tes Heft p. 193) gezeigt habe, auf der Unterseite starker, auf der Oberseite schwacher wachst, als es bei aufrechtem Stand geschehen wtirde. ') Schon Frank (1. c. p. 41) hatte sich beziiglich der geotropischen Wur- zelkrummung die Frage vorgelegt, ob »die Oberseite die normale Wachs- thumsintensitat einhalt und die Unterseite hinter derselben zuriickbleibt, oder ob die Unterseite mit der normalen Intensitat weiterwachst, wahrend die Oberseite ihr Wachsthum beschleunigt«. — »Diese Frage sei jedoch, fahrt er fort, nicht zu beantworten , weil man ja an dem gekriimmten Wurzelende nicht erfahren kann, wie es gewachsen sein wilrde, wenn es die grade Richtung eingehalten hatte, und bei Vergleichungen grader Wur- zelenden von Pisum sativum komme man bald zu der Ueberzeugung, dass die Langen der Rindezellen in gleichen Entfernungen von der Wurzelspitze bei verschiedenen Wurzeln verschieden sind«. — So liess Frank eine der wichtigsten Fragen , welche die mechanische Erkliirung der geotropischen Kriimmung vorbereiten konnen , unentschieden. Zu ihrer Beantwortung that aber Ciesielski (1. c. p. 26) den ersten Schritt, indem er zeigte, dass bei den aus aufgerichteter Lage scharf abwarts gekriimmten Wurzeln von Pisum die Zellen der Oberseite etwas langer, die der Unterseite viel kiirzer sind, als die Zellen von gleicher Lage unter der Epidermis des weiter fort- gewachsenen senkrechten und bereits ganz ausgewachsenen Stiickes der- selben Wurzel. Er giebt beispielsweise an , dass die Zellen in normaler Lage an dem unterhalb der Kriimmung liegenden jiingeren Stuck 2 ) die Lange 99 Micromill. hatten , wahrend die an der convexen Seite des ge- 1) Der Stengel von Hippuris enthalt, wie die Wurzel, einen axilen Strang um- geben von Rindenparenchym-; dennoch kriimmt er sich geolropisch aufwarts, hier tritt der Gegensatz des positiven und negativen Geotropismus bei ahnlichem anatomischem Bau besonders deutlich hervor. 2) Zur Vergleichung hatten jedoch auch die Zellen des alteren hinter der Kriimmung liegenden Stiickes ebenfalls gemessen und das Mittel aus ihrer und der obigen Lange ge- zogen werden miissen ; dass diess durchaus nbthig, werden meine Messungen zeigen. 4(32 J. SacHs. kriimmlen Theils 125, die auf der concaven aber nur 20 Micromill. maassen. — Ciesielski fand auch in radialer und tangentialer Richtung die Zellen der convexen Seite starker, die der concaven schwiicher gewachsen ais an dem graden Stuck. Da ich mich hier ausdriicklich einstweilen auf das Langenwachsthum beschranke, so will ich nur im Yorbeigehen bemerken, dass ich bei sehr stark gekrummten dicken Wurzeln von Faba und Aesculus eine Beeintrachtigung des Dickenwachsthums (in radialer Richtung) an der . unteren Rinde nicht beobachtet habe, dass dagegen zuweilen die concave Rinde erheblich dicker ist als die convexe, so dass der axile Strang inner- halb der gekrummten Region excentrisch, der convexen Seite naher, liegt; in einem Falle war diese Different zu Gunsten der unteren Rinde so be- trachtlich, dass sie sich an den einzelnen Zellen leicht messen liess; die unmitlelbar unter der Epidermis liegenden Zellen hatten einen radialen Durchmesser von 13 — 1 5 Theilstrichen auf der concaven, einen solchen von 10 Theilstrichen auf der convexen Seite, und ahnlich verhielten sich die weiter nach innen liegenden Zellschichten ; bei einer sehr sch a rf gekrummten Wurzel von Aesculus verhieit sich der radiale Durchmesser der aussersten Parenchymzellen auf der convexen und concaven Seite sogar wie 6,6 zu 10,1. Ciesielski fasst die Ergebnisse seiner Messungen in folgendem Satz zusammen : »das mikroskopische Bild uberzeugt uns mit voller Bestimmt- heit, dass die an der convexen Seite gelegenen Zellen eine abnorme Streckung nach alien Richtungen erlitten und dadurch die Zellen der con- caven Kante nicht nur an der entsprechenden Vergrbsserung gehindert, sondern sogar comprimirt haben, wie diess die vielfachen Falten und Un- regelmassigkeiten der concaven Kante andeuten«. Ich zweifle an dieser Compression und- Faltenbildung in gewissen Fallen umsoweniger, als ich bereits fruher nachgewiesen habe (2tes Heft p. 205), dass dasselbe auch bei der Aufwartskriimmung der Grasknoten auf der concaven Oberseite stattfindet; wenn man daraus aber folgern wollte, dass die concav werdende Seite der Wurzel sich bei der Krummung ganz passiv verhalt und von der allein wachsenden Oberseite einfach zusammengedruckt und am Wachs- thum gehindert werde, so ginge diess viel zu weit. Vielmehr zeigt die Beobachtung, dass auch die Unterseite einer sich krummenden Wurzel ge- wohnlich wachst, nur viel schwacher, als die grade Wurzel ; es mag diess in einzelnen Fallen, zumal bei aufgerichteten und sehr scharf gekrummten Wurzeln so weit gehen, dass das Wachsthum der concaven Seite unmerk- lich wird und die von Ciesielski beobachteten Erscheinungen eintreten, aber jedenfalls ist diess nur ein extremer Fall, der nicht die Regel dar- stellt, ebenso wie das entsprcchende Verhalten der Grasknoten nur einen extremen Fall der Aufwartskriimmung darstellt, deren gewohnlicher Ver- lauf bei Internodien in einer Schwiichung des Langenwachsthums der concaven, in einer Stiirkung desselben auf der convexen Seite besteht; Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 463 und so ist es auch bei den Wurzeln. — Die Ansicht, als ob die Ursache der Wurzelkriimmung vorwiegend oder allein in dem verstarkten Wachs- thum der convexen Seite liege, ist nicht richtig, denn ich werde zeigen, (lass zuweilen die Oberseite nur vvenig starker wachst als eine normale Wurzel, wahrend die kraftige KrUmmung wesentlich durch das sehr ge- schwachte Wachsthum der Unterseite bewirkt wird. Ich habe die hier behandelte Frage nach zwei Methoden zu beant- worten gesucht; einmal durch Vergleichung einer sich kriimmenden Wurzel mit einer ihr gleichen graden , sodann durch Messung der Zellen an der gekrUmmten Stelle und an den graden alteren und jUngeren Partien an derselben Wurzel. a. Vergleichung einei* gekrUmmten mit einer graden Wurzel. Von je zwei gleichen Keimpflanzen von Faba wurde die eine horizontal oder fast vertical aufgerichtet, die andere vertical abwarts dicht neben einander in sehr lockere Erde hinter eine dilnne Glimmerwand 'Fig. I ) gelegt, nachdem sie mit Marken von je 2 Mill. Entfernung versehen waren. Die KrUmmungsradien und Bogenlangen werden mitlels dunner Glimmerplattchen mit eingeritzten Kreistheilungen (Fig. 2) gemessen und berechnet. Erstes Beispiel. Eine Wurzel horizontal, die andere normal senk- recbt abvvHits; 14 Stunden nach Beginn des Versuchs (bei 17,5 — 18°C.) sind bei der horizontalen die 4 vorderen Zonen (anfangs 8 Mill, lang) ge- wachsen und gekrUmmt; Bogen kreisformig, 135° umfassend. Zuwachs der v i e r vorderen Zonen auf dei' convexen Seite = 10,8 Mill, concaven = 6,1 ,, der Mittellinie (Axe der Wurzel) = 8,4 ,, der graden Wurzel = 10,5 ,, Beschleunigung der convexen Seite = 0,3 Mill. Verlangsamung der concaven Seite = 4,4 ,, Verlangsamung d. Mittellinie d. gekrUmmten Stelle = 2,1 Zweites Beispiel: ebenso behandelt; nach 14 Stunden beschreibt die horizontalgelegte W T urzel einen Bogen von 98°, der einern Kreisbogen sehr genau gleicht ; gewachsen und gekrUmmt sind die ersten 4 Zonen. Zuwachse der vorderen 4 Zonen auf der convexen Seite = 8,7 Mill. ,, concaven ,, =5,3 der Mittellinie = 7,0 v der graden Wurzel =* 8,5 Arbeiten a. d. bot. Fnstitut in Wiirzburg. III. 464 J. Sachs. Beschleunigung der convexen Seite = 0,2 Mill. Verlangsamung der concaven Seite = 3,2 Verlangsamung d. Mittellinie d. gekrUmmten Stelle = 1,5 ,, Drittes Beispiel. Eine Wurzel last vertical aufgerichtet, die andere normal abwdrts; nach 14 Stunden (bei 15,5 — 16° C.) sind die drei vor- deren (anfangs 6 Mill, langen) Querzonen gekrummt; fast genau ein Kreis- bogen von 160°. Zuwachse der vorderen 3 Zonen auf der convexen Seite = 5,8 Mill. ,, „ concaven „ = 2,8 ,, der Mittellinie = 4,3 ,, der graden Wurzel = 5,5 ,, Beschleunigung der convexen Seite = 0,3 Mill. Verlangsamung der concaven ,, =2,7 Verlangsamung d. Mittellinie d. gekrummten Stelle =1,2 ,, Viertes Beispiel, ebenso behandelt; nach 14 Stunden beschreiben die drei vorderen Zonen 1 ) einen fast kreisformigen Bogen von 160°. Zuwachse der vorderen drei Zonen auf der convexen Seite = 6,7 Mill. ,, concaven ,, =4.2 der Mittellinie = 5,5 der graden Wurzel = 6,0 ,, Beschleunigung der convexen Seite = 0,7 Mill. Verlangsamung der concaven ,, =1,8 ,, Verlangsamung d. Mittellinie d. gekrUmmten Stelle = 0,5 ,, Die Uebereinstimmung der Ergebnisse dieser Veisuche ist, wenn auch nicht in den einzelnen homologen Zahlen , so doch im Hauptergebniss so gross, dass ich nicht versaumen will hervorzuheben , dass diese Versuche nicht aus anderen ausgewahlt, sondern die einzigen in dieser Richtung ge- machten sind ; die Uebereinstimmung dieser Versuche unter sich und mit dem Ergebniss der hier noch folgenden Messung zeigt, dass die indivi- duellen Verschiedenheiten hier nur in sehr untergeordnetem Grade sich geltend gemacht haben; vorwiegend wohl eine Folge der ausserst sorg- taltigen Auswahl der Keimpflanzen und der kurzen Dauer der Versuche. 1) Auch die vierte Zone war erheblich gewachsen und deutlich gekriimmt , doch war ihr Radius zu gross, als dass man sie mit in den Bogen der drei vorderen hatte aufnehmen konnen, wenn dieser als Kreisbogen betrachlet werden soil tc. Ueber das Wachsthum <1er Haupt- und Nebenwurzeln. 465 Die wichtigsten Ergebnisse dieser Messungen sind : 1) das Wachsthum der convexen Seite der sich kriimmenden Wurzel ist nur wenig starker als das der graden ; 2) das Wachsthum der concaven Seite der sich kriimmenden Wurzel ist viel langsamer als das der graden ; 3 daher ist das Wachsthum der Mittellinie der sich kriimmenden Wurzel (oder das Gesammtlangen wachsthum derselben geringer als das der graden. b. Vergleichung der Zellenlangen der gekriimmten Stelle mit der der nicht gekriimmten Stellen. Wenn aus dem Langen- verhaltniss der Zellen innerhalb und ausserhalb der gekriimmten Stelle ein Schluss auf die Forderung und Verlangsamung des Wachsthums gezogen werden soil, so muss vorher l'estgestellt vverden , dass bei der Kriimmung zumal auf tier convexen Seite nicht etwa nachtragUche Zelltheilungen ein- trelen, durch welche die Lange der zu messenden Zellen natiirlich verkiirzt werden vviirde. Zur Feslstellung der Thatsache, genilgt es, einerseits das Aussehen der Zellen vvahrend der noch stattfindenden und nach vollendeter KrUmmung zu prufen , anderseits aber durch Messung zahlreicher Zellen die mittlere Lange derselben an der convexen Seite zu bestimmen und diese mit der mittleren Lange zu vergleichen , welche die Zellen an der- selben Stelle haben wiirden , wenn die Kriimmung nicht stattgefunden ha He. Das Letzte wird aber dadurch erreicht, dass man die mittlere Lange zahlreicher Zellen in dem alleren hinter der Kriimmung, sowie in dem jiingeren, vor der Kriimmung liegenden Sttick bestimmt und aus beiden Werthen das Mittel zieht. Dieses Verfahren ist deshalb nblhig, weil die Zellen vom oberen Theil der Wurzel nach vorn hin an ausgewachsenen Stiicken zunehmen ; eine Vergleichung der gekriimmten Stelle mit dem alleren graden Stuck allein vviirde daher eine zu starke Vergrbsserun^ der convexen Zellen, eine solche mit dem jiingeren graden Stuck allein eine zu geringe Forderung der convexen Seite ergebeh (wie bei Ciesielski s. oben geschehen ist). Um nun diese Werthe bestimmen zu konnen, muss man Wurzeln benutzen, die schon vor Beginn des Versuches etwa 2— 3 Cm. lang geworden sind; diese dann horizontal oder schief aufgerichtet der geotropischen Wirkung ausselzen und sie nachher so lange fortwachsen lassen, bis vor der Kriimmung ein jungeres senkrechtes Stuck von wenig- stens 2 — 3 Cm. Lange liegt, damit man sicher weiss, dass die obere Region dieses Stiickes vollkommen ausgewachsen ist. — Da Messungen dieser Art unmoglich sehr genau sein konnen, muss man die Erscheinungen so zu gestalten suchen , dass auch minder genaue Messungen einen klaren Ein- blick gewahren ; diess geschieht durch Benutzung recht dicker Wurzeln, die man nbthigt sehr scharfe Kriimmungen zu machen, indem man sie fast senkrecht aufgeiichlet in lockerer Erde wachsen lasst. Je dicker die ge- krUmmte Stelle und je scharfer die Kriimmung ist, desto grosser ist auch 31* 466 J. Sachs. die Langendifferenz der convexen und concaven Seitc und ihrer Zellen, desto weniger hat also ein kleiner Fehler in den Langenmessungen bczUg- lich der Differenzen, urn die es sich hier handelt, zu bedeuten. Die Zellenmessungen wurden mil einem HARTNACK'schen Ocularmicro- rneter gemacht, dessen Theilstriche nach meiner Bestimmung nahezu gleich 0,005 Mill, angeben. 1 ) lch gebe im Folgenden, da es sich nur urn rela- tive Werthe handelt, die Zahl der Theilstriche an, durch deren Multipli- cation mit 0,005 man diese also in Millimeter umrechnen kann, wenn es noting sein sollte. Die gemessenen Zellen waren immer die der aussersten Parenchym- schicht unmittelbar unter der Epidermis; da nun die Epidermis selbst sehr-dunn ist, so mussten , wenn keine nachtraglichen Theilungen ein- treten, die Zellenlangen der convexen und concaven Seite sich fast genau verhalten wie die KrUmmungsradien dieser Seiten ; dass diess nicht immer genau genug zutritTt , riihrt vorwiegend von der Unmoglichkeit her, die KrUmmungsradien sehr genau zu bestimmen. Am genauesten erhielt ich diese dadurch, dass ich die aus der gekrummten Stelle herausgeschnittenc dilnne Medianplatte, nachdem an ihr die Zellen gemessen waren, auf dem Objecttrager unter sehr dunnem Deckglas liegen liess und auf dieses nun das Glimmerplattchen mit den concentrischen Kreisen auflegte. — Trotz der angedeuteten Ungenauigkeit zeigte die Vergleichung des Verhaltnisses der KrUmmungsradien mit dem der Zellenlangen beider Seiten doch evident, dass keine nachtraglichen Theilungen wahrend der Krummung stattgefunden haben ; ware diess der Fall , so wurde man es sicherlich auch an dem Aussehen der Zellen und der Lage der neuen Wande bemerken miissen, was nicht der Fall ist. Der Uebersichtlichkeit wegen bezeichne ich mit R den KrUmmungsradius der convexen, mit r den der concaven Seite; mit x die Lange der Zellen auf der convexen, mit c die der concaven Seite ; mit m die mittlere Zellenlange des gekrummten Stuckes, mit rri die des graden Stuckes oberhalb und unterhalb der KrUm- mung. Vicia Fab a. I. H = 5,3 Mill. r : R = 1 . 1,9. r = 2,8 ,, . 1) Die von Hahtnack bcigelcgte Tabcllc gicbl irrthiimlich nur 0,003a Mill. an. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln 467 Zellenlangen *) an Krilmmung .convex (x) =41,7 c : # = 1 : 1,6. concav (c) = 26,3 Mitlel (m) =34,0 am graden Stuck oberhalb = 40,0 unterhalb = 14,6 Mitlel (m) = 42,3' x — m' = — 0,6 m' — c = 1 6.0 m <^ m . Vicia Faba. II. R = 6,4 Mill. r : ft = I : 1,8 r = 3,5 „ Zellenlangen an Krummung: convex (x) = 28,3 c : x =, 4 ,,: 1,S concav (c) = 15,0 Mittel (m) = 21,6 am graden Stuck : oberhalb = 23,2 unterhalb = 26.1 Mittel (w') = 21,6 x — m' = 3,7 iyl — c =9,6 m <^ m . Aesculus H i p p oca s ta n u m I. R = 7 Mill. . r : R = I : 2,4 r = 3,2 „ Zellenlangen an der Kriimmung: convex (x) =27,0 c : x = \ : 2,0 concav (c) = 13,3 Mittel (m) = 20,1 1) Jede Zahl, welche ich als Zellenlangc aufgeiiihrt , ist das arithmelische Mittel aus wenigstens 20, oft aus 40 Messungen. 468 J. Sachs. am graden Stttck : oberhalb = 16 unlerhalb = 23 Mittel (m') = 19,5 x — m! = 7,5 m' — c = 6,2 /// ^> m' A e s c u I u s Hip p o casta num II . H = 5,2 Mill. r : H = I : 3,0 r - 1,7 „ Z e 1 1 e n I a n g e n an del 1 Krummung convex (x) = 28, 1 c : x = 1 : 3,1 concav (c) = 9,3 Mittel = 1 9,1 am graden Stiick oberhalb = 19,0 unterhalb = 21,2 Mittel (///) = 20,1 X - in = 8,8 m' — c = 10,8 m <^ »t' Die fur unseren Zweck wichtigsten Folgerungen aus diesen vier Bei- spielen sind : 1) Das Wachsthum der convexen Seite ist bei Tabelle II nur wenig starker als das Mittel der graden Stiicke , bei Faba I sogar ein wenig schwacher, was wohl aut' einem Beobachtungsfehler beruht; bei Aesculus I und II ist es auf der convexen Seite bedeutend starker als das Mittel des der graden Stucke (vergl. die Werthe x — m f ) . 2) Das Wachsthum der concaven Seite ist iiberali viel schwacher als Mittel der graden Stucke (vergl. die Werthe m' — c). 3) Das Mittel der Zuwachse auf der convexen und concaven Seite der Krummung ist in drei Fallen etwas kleiner, als das Mittel der Zuwachse an den graden Stucken ; nur bei Aesculus 1 ist m ^> m\ die Dilferenz aber so klein, dass sie als innerhalb der Beobachtungsfehler liegend angenommen werden kann. Im Ganzen stimmen also die Ergebnisse dieser Beobachlungsmethode (zumal soweit es die nach beiden Methoden beobachtete Faba belrift'l) mit denen der ersten so gut iiberein, als sich bei der Unsicherheit derartiger Messungen nur erwarten lasst. Als das fur das Wesen der geotropischen Krtlmmung wichtigste Hesultal darf uian daher den bereits im Eingang des § ausgesprochenen Satz an- Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 469 sehen , der sich auch so aussprechen lasst : bei der geotropischen Krum- mung wachsen gewdhnlich alle Zellen innerhaJb des sich kriimmenden Sttlckes, aber urn so langsamer je naher sie der concav werdenden Unter- seite liegen ; von der convexen Seite ausgehend, wo die Zellen vollkommen ausgebildet, und sehr saftreich sind , findet man bis zur concaven, wo sie jungen unausgebildeten protoplasmareichen Zellen gleichen, alle Uebergange ; indem die Ausbildung der Zellen der Unterseite sehr erheblich beeintrach- tigt wird , konnen die der Oberseite eine mehr oder minder betrachtliche Ueber verlangerung erfahren. Einige noch zu vervollstandigende Beobach- tungen (s. oben) weisen darauf hin, dass die Retardation des Langewachs-: thums auf der Unterseite mit einer Steigerung , die Beschleunigung des Langenwachsthums auf der Oberseite mit einer Beeintrachtigung des Wachs- thums in ra dialer Richtung verbunden ist; die Zellen der concaven Seite machen auf den Beobachter den Eindruck als waren sie in der Langs- richtung comprimirt, daher in der Querrichtung erweitert, die der convexen Seite dagegen, als waren sie in der Langsrichtung gezerrt und dabei ver- engert; dabei stehen die Querwande der Zellen der concaven Rinde radial, die der convexen Seite sind schief und prosenchymatisch zugespitzt, wie iui Parenchym etiolirter Stengel. Inwiefern nun diese noch unvollstandigen Daten dazu beitragen konnen, die Wirkungsweise der Schwere auf das Wachsthum erkennen zu lassen, wird erst dann sich zeigen , wenn die entsprechenden Beobachtungen fur die Aufwartskrummung negativ -geolropischer Organe gemacht sind und genaue Vergleichungen mit den Vorgangen bei der Krummung der Ranken und bei den heliotropischen Krummungen vorliegen. §. 30. Geotropismus gekappter und gespaltener Wurzeln. Schon in §. 21 habe ich darauf hingewiesen, dass bei der Neigung ge- kappter Wurzeln, sehr starke Nutationen innerhalb der wachsenden Region zu machen, es schwierig zu erkennen ist, ob sie, wie Giesielski behauptet, dem Einfluss der Schwere nicht mehr gehorchen , ihren Geotropismus also verloren haben; ich hob aber auch hervor, dass die Gesammtheit zahl- reicher Beobachtungen an horizontal gelegten Wurzeln, deren Vegetations- punkt weggeschnitten ist, mich zu dem Ergebniss fuhrt, dass ihr Geotro- pismus noch vorhanden ist, aber durch die kraftigen Nutationen oft ver- deckt wird. Ebenso sind auch Wurzeln, welche bei 2 — 4 Cm. Lange in der Nahe ihrer Basis von der Keimpflanze abgeschnitten worden sind , noch geotro- pisch, sofern sie uberhaupt wachsen. ! ) An dicken Fabawurzeln machte ich Quer-Einschnitte 3 — 5 Mill, uber der Spitze , die bis zu dem axilen Strang vordrangen ; die horizontal ge- 1) Vergleiche jedoch Frank, Bot. Zeilung 1868 p. 564. 470 J. Sachs. legten Wurzeln krUmmten sich in gewohnter Weise abwarts, gleichgiltig ob der Einschnitt oben oder utiten lag; diess Alies stimmt mit dem frUher angegebenen Verhalten des Wachsthums, dass dasselbe in jeder Quefscheibe unabhangig von den davor und dahinter liegenden Querscheiben sich voll- zieht, wenn nur die Rinde ihre zum Wachsthum nbthigen Stoffe in radialer Richtung aus dem Strang bezieht, der sie seinerseits aus Reservestoff- behaitern der Keimpflanze durch die Lange der Wurzel hinleitet. Beztlglich der langsgespaltenen Wurzeln haben schon Frank und Cie- sielski l ) gezeigt, dass die Langshalften noch geotropisch sind, dass aber die Abwartskrlimmung durch das Streben zur Einwartskrtimmung mehr oder weniger verdeckt wird. Liegt die Schnittflache einer halbirten Wurzel unten, so combinirt sich die Wirkung des Geotropismus mit der Wachs- thumsdifterenz des Stranges und der Rinde, beide wirken in gleicher Rich- tung ; liegt die Schnittflache oben, so wirken beide KrUmmungsursachen in entgegengesetztem Sinne und es komuit darauf an , ob der Geotropismus das Einwartsstreben tlbervviegt oder nicht (vergl. §. 21). Eine besonders unbequeme Fehlerquelle bei derartigen Beobachtungen, welche die genannten jedoch unbeachtet liessen, liegt darin, dass bei einer nicht streng symmetrischen Spaltung, die dickere Halfte, welche einen grosseren Theil des axilen Stranges besitzt, starker wachst und sich auch starker einwarts kriimmt , als die andere , wahrend man niemals genau weiss, ob die beabsichtigte symmetrische Spaltung auch wirklich gelungen ist. Man kommt daher nur durch Beobachtung sehr zahlreicher gespaltener Wurzeln zu einem sicheren Resultat, welches aber auch nur dann rein her- vortritt, wenn die eine Halfte des gespaltenen StUckes der Wurzel ganz weggenommen wird, weil, wenn beide nebeneinander vorhanden sind, sie sich bei dem Streben zur Einwartskrtimmung gegen einander stemmen, oft an einander vorbeigleiten und so unregelmassige Formen entstehen. Meine an Faba gemachten Beobachtungen ergaben nun Folgendes : W T erden mbglichst genau symmetrisch gespaltene Wurzeln nach Weg- nahme der einen (5 — 10 Mill, langen) Halfte in feuchter Luft horizontal gelegt, so dass die Schnittflache selbst horizontal (oben oder unten) liegt, so folgen die Halften allein ihrem Streben zur Einwartskrtimmung, welches aus dem rascheren Wachsthum der Rinde gegenUber dem axilen Strange entsteht. Liegt also die Schnittflache oben , so kriimmt sich die Wurzel- halfte aufwarts (Fig. 19 A), liegt sie unten, abwarts (B). Der Einfluss der Schwere auf das Wachsthum wird also bis zum Unkenntlichen Uberwogen, durch die Wachsthumsdifferenz der ausseren und inneren Gewebeschichtcn. Dass dabei nicht etwa die Verwundung den Geotropismus hindert, fbtgt ohne weitei'es daraus, dass die den Strang enthaltende MiUellainelle einer * Wurzel, deren Rinde rechts und links oder oben und unten dbgBSpaftefl wor- \) Kkank, Beitr&ge |». — Crtsfirtiski, DMSdrtition p. 27. Ueber das Wachsthum tier Haupt- und Neben wurzeln. 471 den ist Fig. 19 E, F), sich energisch abwarts krUmmt. 1st die Mittellamelle jedoch nicht symmetrisch geschnitten , und liegt sie mit den Schnittflachen horizontal, so krUmmt sie sich nach derjenigen Seite hin (auf- oder ab- warts), deren Schnittflache der Wachsthumsaxe naher liegt, wie Fig. 4 9 C, D. Spaltet man eine Wurzel einfach, ohne die eine Halfte vvegzunehmen, und befestigt sie dann mit horizontaler Schnittflache in Luft, so krummen sich meist beide Halften (wie Fig. 20 A) abwarts; denn indem sie sich Fig. 19. Gespaltene Wurzeln von Faba in feuch- Gespaltene Wurzel von Faba in ter Luft. Die gespaltene Region anfangs lockerer Erde ; anfangliche Lange 5 Mill, lang der Spaltung 5 Mill. gegen einander zu stemmen suchen, wird das Abwartsstreben (Einwarts- krttmmung) der oberen durch den Geotropismus unterstiitzt, die Aufwarts- (hier Einwarts-) krilmmung der unteren aber durch den Geotropismus geschwacht. Sehr haufig wachst die obere Halfte solcher Wurzeln starker in die Lange als die untere; diese Erscheinung kann nicht allein Folge unsymmetriseher Spaltung sein, da dann bei grosser Zahl von Objecten auch das Gegentheil haufiger, als es geschieht, vorkommen mtisste; man darf daher annehmen, dass auch symmetrisch halbirte Wurzeln sich so verhalten; es wird diess auch dadurch bestatigt, dass auch nach Weg- nahme einer Halfte, wie bei Fig. 19 A, B die sich abwarts kriimmende B meist starker wachst als die sich aufwartskrummende A. Diese That- sachen zeigen, dass das Wachsthum der Rinde , und in Folge dessen der ganzen Langshalfte, beschleunigt wird, wenn sich die Rinde Uber dem Strang, dass es verlangsamt wird, wenn sich die Rinde unter dem Strang befindet. Diess ist schon aus der Kriimmung ganzer Wurzeln zu schliessen ; diese Beobachtungen zeigen jedoch, was dort nicht zu sehen war, dass die beiden Halften in dieser Beziehung unabhangig von einander sind. Deutlicher als an den in feuchter Luft wachsenden halbirten Wurzeln spricht sich dieses Verhalten in feuchter, lockerer Erde aus. Lasst man beide gespaltene Halften tlber einander liegen, so findet man sie nach 24 Stunden in der grossen Mehrzahl der Falle abwarts gekrttmmt wie 472 J. Sachs. Fig. 20 A ; nimmt man die eine Halfte weg , so k rum ml sich die mit der SchnittfJache abwarts gekehrte immer abwarts (Fig. 20 B) ; die mit der Schnittilache oben liegende krUmmt sich meist scliwacher abwarts oder sie bleibt fast grade (Fig. 20 C). Bei diesem Verhalten, welches mit dem in Luft anscheinend nicht stimmt, ist offenbar der Widerstand der Erde be- theiligt; bei der mit dem Schnitt abwarts gekehrten Halfte wird dieser Widerstand durch die combinirte Kraft der Einwartskriimmung und des Geotropismus Uberwunden, bei der mit dem Schnitt oben liegenden, wird die AufwartskrUmmung (d. h. Einwartskruminung) durch die Erde gehin- dert und der Geotropismus, der fur sich allein nicht stark genug ware, bewirkt eine, wenn auch schwlichere Krummung nach unten. §. 34. Eine Nachwirkung der begonnenen geotropischen Action wird von Frank und Ciesielski l ) angegeben. Der erste sagt : »Werden Erbsenkeimpflanzchen mit graden Wurzeln in einem Winkel von 45° mit dem Horizonte schrag aufwarts gerichtet im dunkeln Raum auf- gestellt , in dieser Stellung etwa 2 — 4 Stunden belassen , und wenn die Abwartskrummung der Spitzen noch nicht eingetreten oder nur schwach angedeutet ist, in eine obere und untere Halfte aufgespalten , so krUmmt sich in Wasser gebracht, nach einiger Zeit die dem Zenith zugekehrt ge- wesene Langshalfte in einem Bogen von 90° und daruber derart, dass die Schnittflache concav wird, wahrend die andere Halfte die ursprungliche Richtung beibehalt oder sich nur schwach nach innen krummt,« was nach y 4 Stunde bis nach einigen Stunden geschieht. Nach Ciesielski geniigt es, eine Wurzel 4 — 8 Stunden gewaltsam in horizontaler Stellung festzuhalten, »am besten durch Befestigung an einem horizontalen Brett und sie darauf so umzukehren, dass die fruher gegen den Zenith gekehrte Seite, jetzt gegen den Nadir zu liegen kommt, urn nach kurzer Zeit zu sehen, dass die Predisposition zur Abwartskrummung in der Wurzel bei der fruheren Stellung vorhanden war, da sich in diesem Fail die Wurzel aufwarts krummt, d. h. mit der fruher dem Zenith zu- gekehrten Kante convex wird«. Trotz der grossen Zahl meiner in dieser Richtung angestellten Ver- suche ist es mir doch nicht gelungen das Vorhandensein einer derartigen Nachwirkung zweifelfrei zu machen. Bei einer Reihe von Versuchen wurden Fabakeime hinler Glaswand in lockere Erde horizontal gelegt und nach 2 — 3 Stunden, wenn die erste Andeutung einer Abwartskrummung eingetreten war, der mit Deckel ver- schlossene Kasten umgekehrt (fttr Unbeweglichkeit der Erde dabei war ge- sorgtj ; in der grossen Mehrzahl der Fiille glieh sich die bereils eingetretene KrUmmung einfach aus und nach einigen Stunden trat eine neue Abwiirts- krltmmung «?in ; war die KrUmmung vor der Umkehrung schon etwas be- i ; I'uank . Beilrttgei p. m\. — Ciesielski^ Dissertation p. 49. Leber das Wachsthum der Haupt- und Neben wurzeln. 473 trachtlicher , so wurde sie nicht mehr ausgeglichen , sondern das jiingere vor ihr liegende Stiick kriimmte sich abwarts, so dass die Wurzel einige Stunden nach der Umkehrung die Form eines langgezogenen liegenden ui zeigte. In einigen wenigen Fallen jedoch fand ich die vor der Umkehrung angedeutete Kriimmung 3 — 4 Slunden spater weiler ausgebildet, die durch die Umkehrung des Kastens nach unten gekommene Convexitat war be- trachtlich gesteigert; in einem Falle hatte die so in umgekehrter Lage aus- gebildete KrUmmung einen Krummungsradius von 15 Mill, bei etwa 50° Bogenlange, in einem anderen einen Knimmungsradius von 10 Mill, bei 80° Bogenlange; die auf soche Art aufgerichteie Wurzelspilze kriimmte sich jedoch spater abwarts, vvodurch auch hier die S-Form erzielt wurde. Noch ungUnstiger fielen die Versuche mit Wurzeln aus, deren Ab- wartskrUmmung ahnlich. wie bei Ciesielski durch eine horizontale feste Unterlage gehindert war, als welche ich jedoch nicht ein Brett, sondern eine Glasplatte benutzte. Die Fabakeime wurden zunachst ganz in der Art wie in Fig. 13 befesligt. Die Glastafel blieb so lange horizontal in Wasser liegen, bis die Wurzeln den ersten Anfang der Kriimmung zeigten, so dass die Concavitat derselben eine Hbhe von 0,5 — 2,0 Mill, tiber der Platte erreichte. Nach dieser Vorbereitung , die meist 2 — 3 Stunden er- forderte, wurden die Glasplatten mit den Keimen in zweierlei Art behan- delt; in einer Versuchsreihe wurde die Platte umgekehrt auf ein weites mit Wasser theilweise gefiilltes Cylinderglas so gelegt, dass sie dieses wie ein Deckel verschloss; die auf ihrer Unterseite liegenden Keime also in feuchter Luft sich befanden, sie blieben zu dem von dem ihnen anhangen- den Wasser lange benetzt. In keinem einzigen Falle beobachtele ich in der umgekehrten Lage eine Steigerung der Krummung, nach 2 — 3 Stunden war dagegen die entgegengesetzte Kriimmung abwarts concav eingetreten ; war die KrUmmung vor der Umkehrung starker, hatte die Concavitat Uber der Platte 4 — 5 Mill. Hbhe, so blieb diese jetzt unverandert, weil die betref- fenden Zonen ausgewachsen waren, und die jungeren Theile krummlen sich, der Wurzel die S-Form gebend, abwarts. — Bei einer anderen Ver- suchsreihe wurden die Glasplatten mit den Keimen senkrecht so in Wasser gestellt, dass die Wurzeln allein in dieses eintauchten und ihre Spitzen senkrecht abwarts gerichtet waren ; hier trat in alien Fallen ohne Ausnahme binnen 1 — 2 Stunden Gradestreckung der gekriimmten Stelle ein, wenn die Concavitat vorher nur 0,5 — 2,0 Mill. Hbhe tiber der Platte besass ; die Wurzeln wuchsen der Platte angeschmiegt abwarts oder sie machten eine flache Kriimmung, convex zur Glastafel. War jedoch die Kriimmung anfangs starker und hatte sie mehrere Stunden Zeit gehabt sich auszubilden, waren die gekrUmmten Zonen also fast oder ganz ausgewachsen, bevor man die Tafel senkrecht in Wasser stellte, so blieb auch hier die Kriimmung er- halten , nur der vor ihr liegende jiingere Theil der Wurzel richtete sich grade abwarts und wuchs ohne Kriimmung an der Glastafel hinab. 474 J. Sachs. Ueber das Wachstbum der Haupt- und Nebenwurzeln. Wenn bei diesen Versuchen ausserhalb der Erde Uberhaupt einc Nach- wirkung der geotropischen Action vorkommen sollte, so miisste sie sehr gering sein und nur wahrend der ersten kurzen Zeit nach der Umkehrung oder Senkrechtstellung der Wurzeln sich geltend machen ; vielleicht wurden feinere Messungsmethoden dergleichen erkennen lassen, vielleicht aber auch nicht. Dagegen ist aus meinen Versuchen ein anderes, nicht unwichtiges Resultat zu entnehmen; dass namlich die concav gewordene Seite , wenn die Krummung noch nicht zu well vorgeschritten war, nach der Umkeh- rung oder Senkrechtstellung von Neueni starker zu wachsen beginnt, wo- durch die Krummung ausgeglichen wird; diess ist besonders bei den vor- her gekriimmlen, dann senkrecht gestellten Wurzeln auffallend , denn hier wirkt die Schwere in longitudinaler Richtung auf die gekrummte Stelle und auf alien Seiten der Axe ziemlich gleich ; dennoch gleicht sich die Kriim- mung eben zu volliger Gradestreckung aus, was nur dadurch mbglich ist, dass die concave, also vorhin schwacher gewachsene Seite jetzt schneller in die Lange wachst um den Ueberschuss des Liingenwachsthums der con- vexen auszugleichen. Die angefiihrten Versuche Frank's habe ich nicht nachgemacht, da mir eine symmetrische Spaltung der Wurzel nach begonnener Krttmmung fast unmbglich scheint; und nur eine ganz symmetrische, den axilen Strang genau halbirende Spaltung wiirde , wenn sie das von Frank angegebene Resultat liefert, beweisend sein. In die genannten Versuche von Ciesielski diirfte sich, wie ich fast vermuthen mbchte, ein Nebenumstand eingeschlichen haben, der die begonnene Krummung nach der Umkehrung steigern konnte; vielleicht waren seine Wurzeln nicht allseitig nass, das Brettchen aber feucht und die Wurzeln konnten so die Einwirkung feuchter Flachen er- fahren, die ich im zweiten Heft p. 212 beschrieben habe. Weitere Ver- suche, zu denen es mir jetzt an Zeit fehlt, mbgen die Sache entscheiden. Dass Wurzeln , wie es auch Stengel bei der Aufrichtung thun , zu- weilen bei der Abwartskriimmung mit der Spitze nicht bloss die verticale Richtung erreichen, sondern iiber diese hinausgehend, sich sogar ein wenig riickwarts krummen, konnte wohl, wie Ciesielski (p. 23) anzunehmen scheint, Folge einer geotropischen Nachwirkung sein, doch lasst sich die Erscheinimg auch ganz anders deuten, und scheint in verschiedenen Fallen auf verschiedenen Ursachen zu beruhen. Die Fortsetzung dieser Abhandlung (Uber die Nebenwurzeln) folgt im 4ten Heft. W U r z b u r g , den 4. December 1 872. Druck von Breilkdpf und Hiirtel in Leipzig. XIV. Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeiuie tier Laubmoose. (Pro tone ma und Rhizoiden. ) Von Dr. Hermann Muller (Thurgau). Seitdem Nagkli *) , Schimper 2 ) und Hofmeister 3 j die grundlegenden Untersuchungen Uber die Entwickelungsgeschichte der Moose gemacht, waren es ganz besonders die Arbeiten von Leitgeb 4 ) , welche die Kenntniss des Scheitelwachsthums des Laubmoosstengels bis zu derselben Klarheit f Order- ten, unit welcher die der Characeen und Rhizocarpeen bereits vorliegt. .ledoch bezogen sich zumal die neueren Untersuchungen vorwiegend auf das Scheitelwachsthum der belaubten Moospflanze, wahrend die merkwur- digen Vorkeimbildungen der Laubmoose, die man unter dem Namen Pro- tonema zusammenfasst, seit Schimper's sie betreffenden Untersuchungen eine den jetzigen Anforderungen entsprechende morphologische Rearbeitung nicht mehr erfahren haben. Gerade diese die ganze Riologie der Laubmoose be- herrschenden Protonemabiidungen sollen der Gegenstand der folgenden Re- traehtungen sein. Die morphologische Redeutung des Protonemas war friiher nur nebenbei in den Kreis der Retrachtungen gezogen worden, besonders konnte die Frage, ob das Protonema als eine besondere Generationsform im Genera- tionswechsel zu betrachten sei, aufgeworfen werden , wie es Sachs in den ersten Auflagen seines Lehrbuchs gethan hat. Auf Seite 2-12 der 3. Auflage hat er bereits von allgemeinen Betrachtungen ausgehend dem Protonema die 1) Zeitschrift fiir wissenschaftliche Botanik. 1845. 2) Recherches anat. et physiolog. sur les mousses. 1848. 3) Vergleichende Untersuchungen. 4) Wachsthum des Stammchens von Fontinalis antipyretica und Sphagnum, sowie die Entwickelungsgeschichte ihrer Antlieridien. 1868 und 69. ( Sitzungsher. der k. k. kademie der Wissensch.) Arlieiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. IV. 32 476 Dr. Hermann Mijller (Thurgau). Bedeutung einer besonderen Generationsform abgesprochen und dasselbe als ein Vorkeimgebilde in Anspruch genommen. In Folge der Arbeiten Leitgeb's *) iiber die Segmeniirung der Scheilel- zelle und die Blatt- und Sprossbildung der Laubmoose kam Sachs auf die Vermuthung, dass die fruher von ihm gesehene spiralige Anordnung der schiefen Theilungswande im Protonema sowie auch die erste Anlage seil- licher Aussprossungen dor Letzteren gewisse Aehnlichkeiten mil den von Leitgeb sludirten Vorgangen am Scheilel des Moospflanzchens darbieten mbchten, und dass mbglicherweise das Protonema filr die Laubmoospflanze eine ahnliche Rolle spiele, wie die Vorkeime fur die Charen. Schon in den Jahren 1870 und 71 bearbeitete Herr Schucii im Wiirz- burger Laboratorium diese Frage ausfiihrlich, und die Resullate entsprachen in uberraschender Weise den von Sachs gehegten Ansichten. Doch hat es Herr Schuch unterlassen diese seine Beobachtungen irgendwo mitzutheilen, und so habe ich im Herbst 1873 die Bearbeitung derselben Frage von Neuem aufgenommen. Ich bin nun auch durch meine Untersuchungen in den Stand gesetzt, diese und andere Fragen endgiillig zu beantworten. Zu- dem konnten vielleicht die erhaltenen Resultate auch von allgemein mor- phologischem Interesse sein , indem sie dazu beitriigen , die Beziehungen zwischen Blatt und Spross zu beleuchten. Ich will nun zunachst zur vorlaufigen Orientirung des Lesers in kurzen Ziigen den bisherigen Stand unserer Kenntnisse in diesen Kapiteln der Mooskunde darlegen und zugleich die Verdienste friiherer Beobachter her- vorheben. Veranlasst man die Sporen eines Laubmooses zu keimen, so platzt die aussere Sporenhaut, das Exosporium, und die farblose innere Haut, das Endosporium, wird an einem oder mehreren Orten schlauchfbrmig hervor- getrieben. Jede solche Ausstulpung zeigt unbegrenztes Spitzenwachsthum und succedane Theilungen der jedesmal verjungten Scheitelzelle durch zur Wachsthumsrichtung senkrecht gestellte Wande, so dass zuletzt ein con- fervenahnlicher Zellenfaden hervorgeht. Die Gliederzellen dieses Fadens theilen sich nicht mehr durch Querwande, konnen aber seitlich ausgestulpte Zellen bilden , die wieder befahigt sind durch gleiche Entwickelung zu einer Zellenreihe sich auszubilden und abermals sich zu verzweigen. Auf diese Weise entsteht das Gebilde, das man allgemein mit dem Namen Moosvorkeim oder Protonema belegt. Zuerst vvurde die Keimung der Moossporen von IIrowig 2 ) beobachtet; den damaligen Kennlnissen und Anschauungen der Botaniker entsprechend, 1) LEiTGEBj a. a. 0. 2; Funda men turn muscorum, vol. II. 1782. Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 477 bezeichnete er den Vorkeim als Cotyledon , die Sporen als Samen. Die ersten Keimungszustande sind von ihm ganz richtig abgebildet. Bedeutend genauer und richtiger werden die Keimungsvorgange und das Protonema von Nageli uud Schimper beschrieben. Der Erstere weist zuerst nach, dass die Vorkeimfaden auch in die Erde eindringen konnen, dass die sonst farblosen Wandungen braun werden und die Querwande zur Langsrichtung dann nicht mehr senkrecht sind , sondern gegen dieselben eine schiefe Lage einnehmen. Dagegen hat Schimper vorwiegend die bio- logischen Verhaltnisse des Protonemas hervorgehoben und auf die grosse Uebereinstimmung desselben mil den Wurzelhaaren (Bhizoiden) hingewiesen. Zahlreiche Moospflanzchen konnen aus einem einzigen Vorkeim hervor- sprossen , und zwar sind es die ersten Gliederzellen von Seitenzweigen, welche zu ihrer Bildung befahigt sind 1 ). Soil eine Moosknospe gebilcjet werden , so treibt eine der genannten Gliederzellen eine kurze, schlauchformige seitliche Ausstulpung, die durch eine Scheidewand abgetrennt wird. Eine zur Wachsthumrichtung dieses Schlauchs geneigte Querwand theilt ihn in eine grundwarls gelegene Glie- derzelle und eine Scheitelzelle. In der Letzteren treten in rascher Aufein- anderfolge nach verschiedenen Richtungen geneigte Scheidewande auf, wo- durch sie jedesmal in eine Gliederzelle und eine verjungte Scheitelzelle getheilt wird. Die Scheidewande schneiden sich gegenseitig, und nur die ersten sind oft so weit von einander entfernt, dass sie sich nicht mehr treffen. Diese Vorgange wurden bereits von Schuch 1870 gesehen und als Uebergansformen von der gewohnlichen Gliederung eines Protonemafadens zur Herstellung eines Moosstammchens gedeutet 2 ). Betrachlet man den Basen einer Barbula , eines Bryum oder irgend eines anderen acrocarpischen Mooses auf seiner Unterseite, so entdeckt man leicht ein dichtes , filzartiges Geflecht brauner, goldglanzender Faden. Es sind dies die sogenannten Wurzelhaare oder Bhizoiden. Sie nehmen ihren Ursprung aus peripherischen Zellen des Moosstengels und zwar hauptsach- lich an dessen Basis und in den Blattaxeln. Durch schlauchformige Aus- stutpung dieser Zellen und einen ahnlichen Entwickelungsgang, wie er fUr das Protonema beschrieben wurde, werden fadenformige verzweigte Zell- reihen gebildet, welche den schon erwahnten abwartswachsenden Zweigen des Sporenvorkeims iihnlich sind, gleich jenen abwarts wachsen, braune Wande bilden und nur wenig oder gar kein Chlorophyll enthalten. Wie wir weiter unten noch deutlicher sehen werden, stimmen das aus der Spore hervortretende Protonema und die Wurzelhaare auch in ihren weiteren Ent- wickelungsverhaltnissen vielfach iiberein. Hier sei nur noch die von Nageli 1) Sachs, Lehrbuch der Bolanik. 1873. 2) Sachs, Lehrbuch der Bolanik. 1S73. p. 314. 32* 478 Dr. Hermann Muller (Thurgau). und Schimper hervorgehobene Thatsache erwiihnt, dass nam 1 ich ein Rbizoid, das zur Erde heraustritt und nun dem Lichteinflusse ausgesetzt ist, eben- falls hyaline Wande bildet, dass sich in dossen Zellen bald reichlich Chloro- phyll zeigt und dass endlich in diesem Falle die Seitenzweige von denen des Sporenprotonernas durchaus nicht zu unterscheiden sind. An den Wurzelbaaren und den protonematischen Forlsetzungen dersel- ben entstehen zwei Gebilde versehiedener Art, namlich eigentliche Moos- knospen und Brulknospen oder Brutknollen. Die Ersteren zeigen hier eine ganz analoge Entwickelung, wie an dem aus der Spore entstandenen Vorkeim , die Lelzteren dagegen sind im aus- gebildeten ZustandQ vielzellige, braunwandige Gebilde von linsenformiger oder kugeliger Gestalt, die auf kurzen Stielen den Wurzelbaaren seitlicb ansitzen. Lorentz *) beschreibt cinlasslich die Brulknospen von Fissidens, kann jedoch ilber ibr weiteres Scbicksal Nichls erfahren. Unter den von ihm gezeicbneten Brulknospen finde ich ater aucb eigenllicbe Moosknospen, z. B. Taf. I. Fig. 7 und 8. Nach dieser vorlaufigen Orienlirung liber unseren Gegenstand gebe ich nun zu einer ausfiihrlicheren Darstellung meiner eigenen Beobachlungen liber, welche irn Winter 1873/74 im Wurzburger Laboratorium gemacht worden sind. Es freut micb , an dieser Stelle meinem verehrten Lehrer, Herrn H of rath Sachs, fur Mittheilung der einscblagenden Literatur und son- stige Untersttitzung der Arbeit meinen beslen Dank aussprechen zu konnen. Keimung und Sporenvorkeim. Von den verschiedenen ausgesaten Sporen keimten diejenigen von Funaria bygrometrica 2 ) und Atrichum undulatum am besten. Da die Keimungsvor- gaoge bei alien hoheren Laubmoosen einen hohen Grad von Uebereinslim- mung darbielen , so werde ich micb in meiner Darstellung auf die bei Funaria bygrometrica gefundenen Thatsachen beschriinken. Ein Theil der Sporen wurde auf feinen mit Brunnenwasser befeucb- teten Kiessand gebracht, ein anderer Theil auf ein gut ausgekocbtes, nacb- her mit Nahrlosung getrankles und wieder ausgewaschenes Stilck reinen Sphagnum-Torfes 3 ) ausgesiit. Von diesen beiden Kulturen besass die lelztere 1) Sludicn iiber Ban unci Ea^wickelungsgeschichte der Laubmoose. 1863. t) Meinem Herbarium enlnommene, 1 869 gesammelte Sporen dieses Mooses keimten eben s«> kiiit'ii^ wie solchej die aus noch lebenden ungeoffneten Kapseln gewaltsam enl leert wurden. \\) Das Wiirzburger Laboratorium verdankt der GefalligkeH dos ^errn Professor Strasburoeb cine An/ahi solcher Torf?iegel.. Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 479 immer das kraftigere und gesundere Aussehen, dagegen entwickelte die erslere zuerst Moosknospen ! ) . Wie es auch bei den Samen mancher Phanerogamen der Fall ist, ebenso fcritt die Keimung nicht bei alien Moossporen einer Aussaat gleich- zeitig auf; denn wahrend die einen schon nach 4 — 6 Tagen die ersten Keimungserscheinungen zeigten, trat dasselbe Stadium bei andern erst nach zvvei Monaten ein , zu einer Zeit, wo an dem von den ersteren gebildeten Protonema bereits Moosknospen aufgetreten waren. Schon in den ersten Tagen nach der Aussaat ballt sich die vorher amorphe Chorophyllsubstanz in gesonderte Kbrner. Die Spore selbst nimmt an Volumen betrachtlich zu, wobei die aussere Membran springt, und wenn die Zunahme rasch geschieht, auf ein Mai ganz abgeworfen vvird (ex in Fig. 1. A). In anderen Fallen crhalt das Exosporium nur Risse und bleibt noch langere Zeit am Endosporium haften. An bcliebigen Stellen (in dem zuletzt angefiihrten Falle aus den Rissen des Exosporiums) wird das Endosporium schlauchfbrmig hervorgetrieben. Eine Quervvand trennt diese Aussttilpung von dem Innenraum der Spore, und zwar kann diese erste Wand zuweilen in den Sporenraum selbst hin- eingeriickt sein (Fig. 1 A) ; eine Erscheinung, die wenn auch vielleicht nur entfernt an die Vorgange bei Andreaea 2 ) und den Hymenophyllaceen erin- nert. Jede solche vom Innenraum der Spore abgeschnittene schlauchfbrmige Aussttilpung wird zur Mutterzelle einer Vorkeimaxe, indem sie unbegrenztes Scheitelvvachsthum zeigt und von Zeit zu Zeit sich nicht mehr theilende Segmente bildet. Der gewbhnliche Fall ist nun der, dass zuerst nur eine solche Aus- sttilpung erscheint; ist diese bereits zu einem zwei- oder auch vielzelligen Faden herangebildet, dann zeigt sich auf der anderen Seite der Spore eine der ersten ganz ahnliche Aussttilpung, die wie jene in der angegebenen Weise zu einem Zellfaden sich entwickelt (Fig. I B). Nach fruheren Angaben wird nur der eine dieser Gliederfaden zu einem chlorophyllhaltigen Protonema mit rechtwinkligen Scheidewanden, der andere dagegen zu einem in die Erde eindringenden Rhizoid, dessen chlorophyll- freie Zellen durch schriige Qucrwande getrennt sind. Meine Reobachtungen zeigen , dass in vielen Fallen zwischen diesen zwei zuerst aus der Spore 1) Um in kurzer Zeit kraftige Vorkeimkulturen zu erhalten, versorgte ich dieselben reichlich mit Kohlensaure. Es zeigt sich, dass dieses bei hdheren Pflanzen mit Vortheil angewandte Verfahren auch hier von gutem Erfolg ist. Wenn ich einen Vorkcimrasen halbirte und zu der einen unter eine Glasglocke gebrachten Halfte an hellen Tagen von Zeit zu Zeit eine Anzahl Kohlensaureblasen leitete, so zeigte sich, dass die Vorkeirae in kurzer Zeit kraftiger und starkereicher wurdcn als die der anderen Halfte, und dass sie bedcutend fruher eine grosse Zahl junger Moospflanzen hervorbrachten. 2) Emil Kuhn, Zur Entwickelungsgeschichte der Andreaeaceen, (Mitth. aus d. Ge- sammtgebiet der Botanik von Schenk und Luerssen. Band I.) 480 Dr. Hermann Muller (Thurgau). hervorgegangenen Gebilden ein solcher Unterschied sich wirklich findet, dass er aber wohl in eben so vielen Fallen nichl statt hat, sondern dass Fig. I. Sporenvorkeime von Funaria hygrometrica. 4, B und C'junge, D ein alteres Stadium, ab Bo- ^enoberflache, Kn Moosknospen , /und/' zwei seitliche Auszweigungen mit bcgrenztem Wachsthum , ex ab- geworfenes Exosporium. hier die beiden Zellfaden sich in alien Beziehungen, die Entwickelungsstufe ausgenommcn, vollstandig gleich sind. Aber auch in den Fallen, wo der eine Zellenfaden zum Protonema, der anderc zum Rhizoid wird , ist der Unterschied nur ein relativer. Die ersten Scheidcwande stehen gewbhnlich in Beiden zur Langsaxe des Fa- dens rechtwinklig und erst wciter von der Spore entfernt werden sie schief, im letzteren oft schon nach drei oder vier Zellen, im ersteren dagegen nieist spaler (Fig. 1 C u. D). Wahrend in den Rhizoiden der Neigungs- vvinkel der Querwande um 45° schwankt, entfernt er sich im chlorophyll- haltigen Protonema oft nur wenig von einem rechten Winkel. Hieraus und aus dcm frilher Gesaglen geht nun schon ziemlich deut- lich hervor, dass die beiden zucrst aus der Spore hcrvortretenden Zellfaden Die Sporenvorkeime unci Zweigvorkeime der Laubmoose. 481 morphologisch gleichwerthig sind, dass aber in den Fallen, wo sie ungleiche physiologische Arbeit zu verrichten haben , naiiirlich auch Aufbau und ausserer Habitus Verschiedenheiten zeigen werden. Dass dieser Unterschied wirklich nur ein physiologischer ist, wird ferner auch dadurch bewiesen , dass der chlorophyllhaltige Protonemafaden in die Unterlage cindringen kann und an dieser Stelle von einem Rhizoid durchaus nicht zu unterscheiden ist. Umgekehrt wird das Rhizoid da, wo es aus der Erde heraus an's Licht tritt, zu chlorophyllhaltigem Protonema, dessen Scheidewande beinahe rechtwinklig quergestellt sind. Diese Griinde und spater anzufUhrende Analogieen veranlassen mich, filr das ganze aus der Spore hervorkommende Gebilde den Namen Sporen- vorkeim vorzuschlagen, und den Regriff dahin zu pracisiren, dass verschie- dene Theile desselben verschiedene physiologische Redeutung haben konnen, und dass dem entsprechcnd diese Theile auch eine etwas verschiedene Ausbildung erfahren. Wahrend namlich die iiber der Unterlage sich be- (indenden Theile viel Chlorophyll enthalten , also der Assimilation dienen, fuhren die in die Erde wachsenden, vom Licbte abgeschlossenen und dess- halb nur wenig oder gar kein Chlorophyll enthaltenden Partieen dem Yor- keime Nahrungsstoffe in wasseriger Losung zu , dienen als Wurzeln. Rei Ersteren sind die Wandungen farblos und durchsichtig und die Scheide- wande mehr oder weniger senkrecht zur Langsaxe, bei Letzteren besitzen nur die Spitzen farblose Wandungen, die alteren Theile dagegen gelb bis braun gefarbte, und die Querwande sind starker gegen die Langsaxe geneigt. Diese verschiedene physiologische Ausbildung kann nun ganz verschie- dene Vorkcimfaden treffen, oder aber an verschiedenen Theilen desselben Fadcns auftreten. Zudem will ich hier noch beifiigen, dass das oben Ge- sagle nicht nur fur die zwei zuerst auftretenden Faden, sondern uberhaupt fur alle Theile des Sporenvorkeimes Geltung hat (Vgl. Fig. 1 D). Kehren wir nun nach diesen Remerkungen wieder zum Entwickelungs- gange des Sporenvorkeims zuruck. Die erste auftretende Vorkeimaxe ist, wie wir gesehen, ein assimilirendes Organ, die zweite verhalt sich entweder ebenso, oder aber sie dient dem Vorkeim als Wurzel. Nachlraglich konnen nun aus der Spore noch mehrere Vorkeimfiiden hervorgetrieben werden, so dass die Stelle der Spore zuletzt nur noch daran zu erkennen ist, dass sie als Ausgangspunkt mehrerer hier entspringender Vorkeimaxen erscheint. Welche physiologische Arbeit diese spater auftretenden Axen des Sporen- vorkeims zu leisten haben, hiingt zuniichst davon ab, ob sie an der der Unterlage zugekehrten Seile der Spore hervortreten oder aber nicht. Die ersten Gliederzellen der Vorkeimaxen, welche unmitlelbar aus der Spore entspringen, zeigen die Eigenthumlichkeit , dass ihre seitlichen Aus- zweigungen ohne weitere Vermittlung sofort wieder als Vorkeimaxen sich ausbilden konnen, welche den aus der Spore unmitlelbar entspringenden 482 Dr. Hermann Muller (Thurgau). gleichen. Zuweilen aber haben die Auszweigungen dieser ersten Glieder- zellen nur ein begrenztes Wachsthuni. Die folgenden Gliederzellen jeder aus der Spore direct entsprimgoiini Vorkeimaxe kdnnen dagegen seitlichc Auszweigungen hcrvorbringen , die, so weit sich dies uberhaupt nachweisen lasst, immer begrenztes Wachs- thuni zeigen und sich uberdies auch noch durch die Stellung der Quer- wande von den eigentlichen Vorkeimaxen unterscheiden. — Bei /'in Fig. \ I) findet sich eine solche seitliche Auszweigung, die selbst wieder verzw ergl ist, weiter nach rechts bei f eine nocli unverzweigte. Die Basalzellen dieser niit begrenztem Wachsthuni versehenen seitlichen Auszweigungen sind es nun, aus denen neue Vorkeimaxen (5. Ordn.) ihren Ursprung neh- men kbnnen. An diesen kbnnen dann wieder solche begrenzt waehsende Auszweigungen mit Vorkeimaxen 3. Ordn. entstehen u. s. f, Welches ist nun aber der morphologischc Entstehungsort der Moos- pflanzen, welche vorzubereiten ja doch der eigentliche Zweck des ganzen Vorkeims ist? Das in Fig. 1 D gezeichnete Praparat gibt uns Antwort auf diese Frage. Dort sehen wir, dass aus der basalen Zelle der begrenzt wachsenden seitlichen Auszweigung /' eine Moosknospe An hervortrilt, also an derselben Stelle , wo unter andern Umstiinden eine Vorkeimaxe hatte hervortreten kbnnen. Dasselbe zeigten mir zahlreiche andere Praparate und lasst sich auch an dem von Sachs *) gezeichnelen Vorkeim sehen. Genaue- res tiber diese Verhaitnisse folgt weiter unten im Zusammenhang mit ana- logen Vorkommnissen an den Zweigvorkeimen. Z w e i g v o r k e i m e 2 ) . W r ie schon oben mitgetheilt, vvurden bis jelzt mit dem Namen Wur- zelhaare (Rhizoiden) Organe der Moospflanze bezeichnet, welche derselben als Wurzeln dienen , nebenbei aber auf die verschiedensle Weise die ve- getative Propagation besorgen. (Man vergleiche das Uebersichtsbild (Fig. 2.) Spater darzulegende Uebereinstimmungen dieser Gebilde mit den Spo- renvorkeimen vcranlassen mich , dieselben mit dem Namen Zweigvorkeiinc zu belegen. Was nun den morphologischen Ursprung dieser Zweigvorkcimc betrifft, so ist derselbc nicht in der Weisc wie dcrjenigc der Blatter und Knospen \) Sachs, Lehrbuch 1873. Fig. 226. 2) Die Untcrsuchungcn uber die Zweigvorkeime wurden an den verschiedensten acrocarpischen Moosen gemaclit. Als giinstiges Versuchsmaterial, an dem sich die bc- schriebenen Verhaitnisse ganz leicht controlliren lasscn, kann ich besonders die vcr- schiedetten B^rblilla-Arten z. B. B. muralis, B. ruralis, B. revolula, sodann Brynm argen- teum, Funaria bygronietrica, Encalypta vulgaris enapffebldll'. Die Sporenvoi keime und Zweigvorkeirne der Laubmoose. 483 rim Moosstengel zu fixiren. Diese namlich cntspringen in streng gesetzlicher Ordnung dicht unter dem Schcitel des Moosstengels, wo jede einzelne Zelle des liineiistems ihre besondere niorphologische Bedeutung besitzt; die Zweigvorkeirne dagegefa rnachen mehr den Eindruck adventiver Sprossun- gen , sie enlspringen aus viol a Keren Theilen des Moosstaninies und zwar a us Oberflachenzellen desselben, denen eine bestimnite niorphologische Be- deutung fur die gesammte Architektonik der Moospflanze nicht zukommt. Dem entspiechend sind es Zellen verschiedensler Lage, bald iiber der Blatt- axel, bald neben der Blatlinsertion, welche zu Zweigvorkeimen auswachsen kbnnen. Xach alien diesen Merkinalen gleichen die Zweigvorkeirne den Haar- gel)ildcn der meislen Pflanzen ; andererseils aber ist doch wieder hervor- zuheben, dass einzelne Zweigvorkeirne oder Gruppen von solchen oft gerade an dem Orte des Mutterstammchens entstehen, wo nach dem bekannten Bauplan der Laubmoose ein wirklicher Zweig auftreten kbnnte (Fig. 2). Fig. 2. Unterer Theil des Stengels einer Barbula muralis mit Zweig-v orkeimen. a b Bodenoberflache, B juiige und ausgewachsene Brutknolle, kn Moosknospe. Wir -wollen auch hier die aus den peripherischen Zellen des Moos- slammcs direct entspringenden Gliederfaden Vorkeimaxen nennen und zuerst unserer Betrachtung untcrwerfen, wahrend dann die Verzweigung derselben der Stoff eines weiteren Abschnittes sein wird. Aehnlich wie die Axen des Sporenvorkeims kbnnen auch die der Zweig- vorkeirne gleich bei ihrem Erscheinen cntweder als sehr chlorophyllreiche quer gegliederte Faden oder, was der gewbhnliche Fall ist. als schiefge- gliederte Rhizoiden auftreten. Zunachst behalten wir diese letztere Form im Auge. 484 Da. Hermann Mullek (Thurgau). Die Zweigvorkeitnaxe zeigt unbegrenzles Langenwachsthum (lurch eine lange Scheitelzelle, welche (lurch schiefe Wiindc gestreckte Segmoutc ab- gliedert. Intercalare Theilungen linden gewohnlich nicht stalt 1 ). An dor 1'orlwachsenden Spitze sind die Aussenwandungen der Gliederzellcn diinn und hyalin, verwachsen mit den umgcbenden Erdtheilchen ; an den a Keren Theilen werden diese dann abgestossen , die Wandungen selbst nehmen gelbe bis braune Farbe an und erfahren eine vvesentliche Verdickung. Im Inhalte findet sich hier wenig oder gar kein Chlorophyll, dagegen ist er reich an Protoplasma und Oeltropfen. Die in die Erde vordringenden Spilzen von Zweigvorkeimen sind be- fahigt, sich jeder Unebenheit anzupassen, in die kleinsten Ritzen zwischen die Steinchen einzudringen , hier sich zu verengern , dort belrachllich zu erweitern. Auf diese Weise entstehen oft die bizarrslen Formen, die zu einer Untersuchung durchaus nicht geeignet sind. Es ist desshalb vortheil- haft, sich Moosrasen auf weicher Unterlage selbst zu Ziehen, oder solche zu verwenden, die auf zarter, weicher Erde gewachsen sind. Recht hiibsche, regelmassige Zweigvorkeime haben mir auch solche Moospflanzchen erge- ben, die ich zwischen zwei schmale Torfstreifen eingeklemml ubcr Wasser aufhing. Die Scheidewande der Gliederzellen bilden mit der Langsaxe des Zvveig- vorkeims einen Winkel , der ungefahr 45° betragt, jedoch auch mehr oder weniger von dieser Grosse abweichen kann; auch die dem Moosslamme zunachst stehenden, also zuerst gebildeten, machen hier bei den Zweigvor- keimen keine Ausnahme (Fig. 2). Da ich spater die Lage dieser Scheide- wande und die Auszweigungen der Gliederzellen mit den am Gipfel des Moosstammchens auftretenden Zelltheilungsfolgen vergleichen werde, so wollen wir uns schon jetzt die Zweigvorkeimaxen aufrecht gestellt denken, so dass die fortvvachsende Spitze nach oben schaut (Fig 3 — 5); es soil aber nie vergessen werden, dass in der Natur die Zweigvorkeime hbchst selten eine solche Lage einnehmen, sondern dass ihnen vielmehr meist geradc die enl- gegengesetzte eigenthumlich ist. Rezeichnen wir eine durch den hbchsten und den tiefsten Punkt einer llauptwand gelegte Longitudinalebene als Medianebene, so zeigt sich, dass die Medianebencn der consecutiven Hauptwande sich sehr oft nach drei Hichtungcn ordnen und sich ungefahr unter Winkeln von 120° schneiden, und da ausserdem die Divergenzen dieser Mediancn immer nach links oder immer nach rechls fortschreiten , so leuchtet ein , dass die Scheidewande schraubig angeordnct sind; oder mit andern Worlen, denkt man sich die hbchslliegenden Punkte in genetischcr Reihenfolge mit einander verbunden, so erhalten wir eine links- oder cine rechtslaufige Schraubcnlinic (Fig. 3 u. 5). \) Einige PrUpar&te machton mir wahrscheinlrch , class ausDahmswei^e doch inter- calare Theilungen vinkommcn konncn; cs sichcr zu conslatiren, gelang mir jedoch nicht. Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 485 Dem Leser kann nicht enlgangen sein, dass diese Anordnung den Stel- lungsverhiiltnissen der Hauptwande am Stammscheitel entspricht, nur mit dem Unterschied, dass die Segmente des Zweigvorkeims sehr lang sind und die Hauptwande sich gegenseitig nicht scbneiden. Nehmen wir namlich an, die Glieder des Zweigvorkeims seien so weit verkurzt, bis je drei aufein- anderfolgende Scheidewande sich schneiden, so haben wir das Bild von der Scheilelzelle eines Moosstammes , die nach drei Seiten hin Segmente bildet ; oder denken wir uns umgekehrt den Gipfel eines Moosstengels sehr schlank , die Scheitelzelle rasch in die Lange wachsend, die Hauptwande erst nach langeren Zwischenraumen auftretend, im Uebrigen aber Nichts geandert, so wiirde sich der Moosstengel wie ein Zweigvorkeim verhalten. Bei Fontinalis antipyretica sind die hbchsten Punkte der segment- abschneidenden Wande in drei Orthostichen angeordnet l ] , wahrend bei Po- lytrichum, Barbula 2 ) und anderen Moosen die Scheitelzelle zwar ebenfalls dreiseitig ist, die Divergenz aber mehr als l / a betragt, und desshalb stehen die Segmente nicht mehr in drei Orthostichen, sondern in drei Linien, die selbst schraubig um den Stamm verlaufen. Ebenso ist auch bekannt, dass spater durch das Wachsthum im Moosstengel Drehungen vorkommen konnen, wodurch dann die Divergenz der ausgebildeten Blatter eine andere wird als diejenige der blattbildenden Segmente am Scheitel. Nach alledem wird es kaum auffallen, wenn auch in den Zweigvorkeimen, die zudem in ihrer Wachsthumsrichtung von der Umgebung so abhangig sind , die Scheide- wande nicht immer das im Vorigen dargestellte Stellungsverhaltniss inne- halten , sondern dass sich Zweigvorkeime verschiedener Moose verschieden verhalten , dass allere und jUngere Theile derselben Axe ungleiche Diver- genzwinkel zeigen, und dass endlich hie und da sich auch Unregelmassig- keiten zeigen konnen 3 ). Es zeigen dem nach die Zweigvorkeime dieselbe S eg in en- tirung wiederMoosstamm, nur sind die Hauptwande der auf- einanderfolgenden Segmente so weit von einander entfernt, dass sie sich nicht mehr schneiden, und im Gegensatz zum Moosstammchen unterbleibt in den Seg men ten der Zweigvor- keime die Ge we bebil dung. Ganz ahnliche Verhaltnisse zeigen auch diejenigen Axen des Sporen- vorkeims, denen die physiologischc Bedeutung von Wurzeln zukommt, jedoch nut dem schon fruher angedeuteten Unterschiede , dass die ersten Wande zur Langsaxe meist rechtwinklig stehen. Was dagegen die iiber der 1) Leitgeb, a. a. 0. 2) Siehe Fig. 7 A und B. 3) Man hat bei diesen Beobachtungen darauf zu achten, dass die Scitenglieder eines Zweigvorkeims unter dem Deckglas alle in eine Ebene gedriickt und dadurch aueh l>e- treffende Theile der Vorkeimaxe um ihre Langsaxe gedreht werden. Praparate wie das in Fig. 3 gezeichnete sind fiir Constatirung der besprochenen Verhaltnisse die gunstigsten. 486 Dr. Hermann Mullen (Thurgau^. U titer I age im Mchte wachsendcn A\m beider Vorkeime betrifft, so ist in denselben die Stellung der Schcidcwiinde eine so wenig gencigle find zu- dem von verschiedenen Einfliissen so schr abhiingige, dass es kaum und ineistens gar nichl inbglich ist , eine spiraligc Anordnung defSelberi zu er- kennen. V e r z w e i g u n g der Z w e i g v o r k e i in e. Wenn sehon, wie so eben gezeigt wurde, die Entsfehung der Gliederzel- len eines Zweigvorkeims mil der Segmcntirung am Slammscheitel eine nichl zu verkennendc Aehnlichkeit darbielet, so vvird diese Letztere noch auf- fallender dadurch gesteigert, dass wir auch die Blatt- und Sprossl)ildung des Stain mscheilels in ihren ersten und morphologisch entscheidenden Mo- menten bei der Verzweigung der Zweigvorkeime wieder finden. Aus den meisten Gliederzellen einer Vorkeimaxe tritt unter clem hoch- sten Punkt der Segmentwand ein papillenartiger Auswuchs hervor, der gewbhnlich bald nachher durch eine Wand von der Gliederzelle abge- schnitten wird (Fig. 3 — 5). Diese Wand will ich im Interesse der weileren Vergleichungen mit einem besonderen Namen, namlich als Papillarwand bezeichnen. Die Papillarwand (p) ist entweder parallel mit der Langsaxe und kann dann leicht als blosse Fortsetzung der Aussenwand der Glieder- zelle erscheinen (Fig. 4 B u. C), oder sie ist auf der scheitelsichtigen Seile nach innen geneigt und trifft die Segmentwand (Fig. 4 A). Die abgeschnittenen Papillen kbnnen sich nun ganz verschieden ver- halten. Ein grosser Theil bleibt auf dieser Stufe der Ausbildung stehen, und die zarte hyaline Haut wird verdickt und braun (Fig. 3) ; ja andere hbren sogar sehon auf sich weiter zu entwickeln , bevor sie von der Vor- keimaxe durch eine Wand abgetrennt sind. Fig. 4 C zeigt uns eine solche Papille, die sehon einen weiteren Schritt in der Entwickelung gethan. Sie hat sich etwas mehr gedehnt und ist durch eine Wand / in zwei Zellen a und /? getheilt worden. In deni bo- treflenden Beispiel steht die Zelle a mit der Papillarwand nichl mehr in Bcruhrung; cs kann aber auch die Scheidewand / etwas tiefer riicken, so dass sic die Papillarwand schneidet, und dann slossen beidc Zellen a und ti an die letztere Wand (Fig. 4 B). Gewbhnlich steht die Wand / scnkrechl auf der Papillarwand, auch dann, wenn die beiden Wande sich nichl schneiden. Es leuchtct sofort ein, dass die vorhin als Papillarwand bezeichnetc Wand /; am Moosstammchen der von Leitgeb ') »Blaltwand« genannten ent- spricht, und nach dem cIxmi Gesagten kann es nichl zweifelhaft seiu, dass i ) Leitgeb, a. a. o. Die Sporenvorkeime unci Zweigvorkeime der Laubmoose. 487 die mit / bezeichnete Wand der »Basilarwand« Lettgeb's analog ist. Sie soli daher aueb fortan als Basilarwand bezeichnet werden. Fig. 5. Fig. 3. Zweigvorkeim von Bryum argenteum. Fig. 4. Zweigvorlvfeimpapillen von Barbula vuralis. Fig. 5. Oberirdische Zweigvorkcimspitze von Barbula muralis. — p Papillarwand , I Basilarwand, « aero- scope Papillarzelle, ft basiscope Papillarzelle , / der aus « hervorgehende Blattvertreter , n erste Wand einer Knospenanlage. Es wird nicht iiberflilssig sein , die so eben zwischen Zweigvorkeim und Moosstammchen gemachte Vergleichung noch etwas ausfuhrlicher dar- zulegen , indem ich dabei die bekannte Figur von Leitger 1 ), welche die Vorgiinge am Stammscbeitel von Fontinalis veranschaulicht, und die sonst bekannten Verhaltnisse bei der Blattbildung der Moose zu Grunde lege. Wir gehen bei dieser Vergleichung am zweckmassigsten von der schon weiter angefiihrlen Thatsacbe aus, dass eine Gliederzelle des Zweigvorkeims einem Segment der Stammscheitelzelle entspricht; wie nun bei dem Letz- teren jederzeit noch vor dem Auftreten irgend einer Theilungswand der acroscope Theil der Aussenwand sofort in Form einer breiten Papille sich binauswblbt , so geschiehl auch etwas Aehnliches an der Gliederzelle des 1) Wem das Leitgeb'scIic Original nicht zur Hand ist, findet die betrefifende Figur copirl Lm Lehrbuch von Sachs, 4 873. p. 377. 488 Dr. Hermann Mullf.r (Thurgau). Vorkeims am acroscopen Theil ihrer Aussenwandung, wenn auch hier die Auswolbung nur geringere Breite hesitzt. Bei der sehr langgezogenen Form des Segments am Zweigvorkeim kann es nicht auffallen , dass unterhalb dieser Auswolbung noch ein langes cylindrisches Sliick iibrig bleibt, wah- rend am Segment des Starnmes die Auswolbung wenigstens Anfangs iiber die ganze Hdhe der Aussenwand sich abzuboschen scheint. Da nun die breite Papille im letzteren Falle zum Blalt sich ausbildet, so schien es nicht ganz ungerechtfertigt , wenn Leitgeh die erste Wand, durch welche eine Aussenzelle von dem Segment abgetrennt wird, als »Blattwand« bezeich- nete; allein die weilere Entwickelung des Stammsegments zeigl ohnehin, dass die durch die »Blaltwand« abgetrennte Aussenzelle keineswegs bloss ausschliesslich zur Erzeugung des Blattes dient, dass vielmehr der untere Theil derselben das Berindungsgewebe des Slammes und eine Knospe zu bilden hat. Sehen wir einstweilen von den zahlreicheren Zelltheilungen ab, welche erst spiiter am Stammsegment die Rinde erzeugen , so umfasst die durch die Blattwand abgetrennte Aussenzelle zwei wesentlich verschiedene Dinge, namlich in ihrem acroscopen papillosen Theil die Anlage des Blattes, im basiscopen die Anlage eines Sprosses. Diese beiden Theile der Aussen- zelle von verschiedener Bedeutung werden nun durch eine Querwand sofort von einander getrennt. Dies ist Leitgeb's Basilarwand. Oberhalb derselben liegt die Blattmulterzelle, unterhalb die Sprossmutterzelle. Es ist durchaus kein Grund vorhanden, die Aussenzelle, welche Blatt und Spross gleich- zeitig erzeugen kann , ausschliesslich als Blattanlage zu bezeichnen ; viel- mehr darf nur der durch die Basilarwand abgetrennte obere Theil als Blattmutterzelle bezeichnet werden. Diese Betrachlungsweise ergibt aber sofort, dass es nicht zweckmiissig ist, den Namen »Blattwand« im Sinne Leitgeb's festzuhalten ; unverfanglicher scheint es, auch am Stammsegment, wie wir es an der Gliederzelle des Zweigvorkeims gethan haben, diese Wand als Papillarwand zu bezeichnen. Die Aussenzelle am Stammsegment entspricht also der durch die Pa- pillarwand abgetrennten Auszweigung des Zweigvorkeims ; die Basilarwand scheidet in beiden Fallen zwei differente Zellen von einander, die wir am Stamm als Blatt- und Sprossmutterzelle bezeichnen diirfen. Bis zu einem gewissen Grade wiirde sich diese Bezeichnung auch fttr die beiden Zellen der Papille am Zweigvorkeim (a und /?) rechtfertigen lassen; allein wir wilrden eines der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung abschwachen, wenn wir die beiden Zellen, welche am Zweigvorkeim durch die Basilar- wand getrennt werden, ohne VVeiteres als Spross- und Blattmutterzellen bezeichnen wollten. Es zeigt sich namlich die merkwUrdige Thatsache, (hiss diese beiden Zellen am Zweigvorkeime noch nicht mit Entschiedenheit die ihnen zugesprochene Bedeutung festhalten, wie es am Stengel geschieht, dass vielmehr die aus den beiden Zellen a und ($ hervorgehenden Gebilde von sehr schwankender Natur sein konnen. Nur das Eine steht lest, dass Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 489 wenn ein aufwartswachsender Laubstengel gebildet werden soli, er jeder- zeit aus der untern, basiscopen der beiden primaren Halften der Papille, also aus /? entspringt, und dass ausserdem die acroscope Halfte der Papille eine Neigung verrath, Gliederfaden mit begrenztem Wachsthum zu erzeugen, die vvir audi aus andern GrUnden berechtigt sind als blattahnliche Gebilde von sehr primitiver Form aufzufassen. Die ursprilnglich verschiedene Bedeutung der beiden Zellen a und /? Iritt nur dann allerdings schlagend hervor, wenn in der That beinah gleich- zeitig die eine zu einem Laubspross, die andeie zu einem blattahnlichen Gebilde sich ausbildet (Fig. 6 u. 7). Dieser Fall tritt jedoch selten auf. Nichi selten ist es dagegen , dass beide Zellen nach Entstehung der Basi- laiwand sich nicht weiter entwickeln, oder dass nur die eine oder die andere zu einem eigenarligen Gebilde auswachst. Aber auch die Verglei- chung der zuletzt angefuhrten und noch weiterer Ausbildungsarten, welche die beiden Zellen befolgen kbnnen , fiihrt uns zu beachtenswerthen Re- sultaten. In den meisten Fallen beginnt die Zelle a zuerst sich weiter zu ent- wickeln; sie wiichst zu einem Schlauche aus, der durch eine Querwand getheilt wird ; die Endzelle wiichst weiter, wird abermals getheilt und so geht es eine Zeit lang fort (Fig. 4 D u. Fig. 5). Wie bereits erwahnt zeigen die so gebildeten aus a hervorgehenden Zellfaden begrenzles Wachs- thum ; da sie zudem , wie sofort gezeigt werden wird , gelegentlich noch weitere Aehnlichkeit mit Moosbliiltern zeigen , so will ich einstweilen alles das, was sich aus der acroscopen Papillarzelle a Uberhaupt entwickeln kann, als Blattvertreter bezeichnen. Die Querwande eines solchen Blattvertreters sind gewohnlich schief, ohne dass es jedoch gelingt ihre Neigung auf eine nach drei Seiten hin Segmente bildende Scheitelzelle zurilckzufUhren, wie dies fiir die Axen der Zweigvorkeime moglich ist. An einzelnen Praparaten schien es mir viel- mehr, als liessen sich die hbchsten Punkte der Scheidewande in zwei Orthostichen reihen, was ja auf eine zweiseitige Segmentirung der Scheitel- zelle hinweist, wie sie beim typischen Moosblatt sich findet. (Man vergl. f in Fig. 2—7.) Es kbnnen die Blattvertreter sich auch noch weiter verzweigen, ahnlich wie die Auszweigungen mit begrenztem Wachsthum an den Sporenvor- keimen, welch letztere auch sonst vollstandig mit ihnen tlbereinslimmen. (f in Fig. 1, 2, 6 und 7.) Gehen wir nun auf die verschiedenen Entwickelungsformen der Zelle [3 tiber, so muss zuerst hervorgehoben werden, dass sie in vielen Fallen auf der ersten Ausbildungsstufe stehen bleibt und aus ihr kein weiteres Gebilde hervorgeht; sie erscheint dann als unterste Zelle des Blattvertre- ters. (Vergl. die unteren Blattvertreter f in Fig. 6 und 7.) Weiter oben wurde bereits erwahnt, dass aus /? zuweilen die Knospe eines Laubmoos- 490 Dk. Hermann Mullf.r (Thurgau). Stengels enlspringt, viel haufiger ist es dagegen, (lass aus dieser Zelle ein langes fadenformiges Gebilde hervorwachst, welches im Allgemeinen die Eigenschaften einer Vorkeimaxe wiederholt und daher dem Beohachler auch als einfache Verzweigung einer solchen ersclieint [Sp. Fig. 0). Es kbnnen also aus (i zwei scheinbar sehr verschiedene Gebilde her- vorgehen, namlich entweder ein ty pi seher Moosstamm oder aber eine diesen vertretende Vorkeimaxe, die aber, wie friiher gezeigl vvurde, nichts anderes ist als ein sehr gestreckter Moosstengel. (Das in Figur (i gezeichnete Pni- parat zeigt beide Falle an demselben Zweigvorkeim.) Kehren wir einen Augenbliek zu unserer Vergleichung des Zweigvor- keims mit der typischen Moospflanze zuriick, so bemerken wir, dass die Zelle «, aus der am Moosstamm ein Blatt hervorgeht, am Zweigvorkeim ein Gebilde hervorbringt, das eben falls begrenztes Wachsthum und ausserdem sonst noch Blattnatur zeigt, nnd dass aus der Zelle ft sowohl am Moos- stamme als auch am Zweigvorkeim eine der Mutteraxe analoge Axe ihren Ursprung nehmen kann. Es hat also die Zelle a in beiden Fallen Tendenz z u r B 1 a tt b i 1 d u n g , die Zelle /i die T e n d e n z einen Spross zu erzeugen. In ganz seltenen Fallen ist die zeitliche Entwickelung der beiden Papil- lartheilzellen eine andere und geht zuerst aus /? ein Spross hervor. Die Zelle a verkummert dann entweder vollstandig, oder aber diese Entwickelungsfolge zeigt sich schon vor Anlage der Basilarwand ; dann erscheint diese als erste Querwand der neuen Hauptaxe, die Zelle a als erstes Segment. In diesem Falle kann aus a noch nachtraglich ein Blattvertreter hervorgehen, der nun aber schon an der neu gebildeten Axe zu stehen scheint. — Es zeigt sich also, dass man die urspriinglich verschiedene Bedeutung der Zellen a und wie schon erwahnt wurde, nur dann deutlich erkennt, wenn beide gleichzeitig in difleienter Weise sich ausbilden. Ich habe oben darauf hingewiesen , dass Leitgeb's Annahme, es habe die durch seine »Blattwand« abgeschnittene Aussenzelle des Stammsegmentes wesentlich nur Blattnatur, nicht nothwendig festzuhalten sei; nach dem so- eben Milgetheilten kbnnte man mit demselben Recht die ganze Papille des Zweigvorkeims und demgemass auch die ganze Aussenzelle am Stamm- scgment als Sprossanlage bezeichnen. Allein beide Annahmen halte ich fur minder empfehlenswerfh als die oben vertretene, wonach das durch die Papillarwand (Blattwand) abgeschnittene Stuck in seinem acroscopen Tbeil von vornherein zur Blattbildung im basiscopen zur Sprossbildung hinneigt. Die in diesem Abschnitle fiir die Zweigvorkeime besprochenen Ver- zweigungsverhaltnissc linden sich in ganz analoger Form auch bei den Spo~ renvorkeimen, nur sind sie bei diesen nicht so scharf ausgesprochen. Was die physiologische Ausbildung betrill't, so gilt das schon beim Spoicnvoikciim (icsagte. Sowohl A\en als Blattvertreter der Zweigvorkeime koiincn der MoospM.-mzc als Wurzcln diencn, sic sind dann chlorophyllarm Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 491 und mit braunen Wandungen versehen. Beide kbnnen aber auch, wie Fig. 2 zeigt, uber die Erde empor an's Licht dringen, sich mit Chlorophyll versehen und nun als Assimilationsorgane verwendet werden. Mit dieser Aenderung geht eine weitere Hand in Hand; wahrencl namlich in den vom Lichte abgeschlossenen Theilen der Zweigvorkeime die Segmentwande stark gegen die Langsaxe des ganzen Organs geneigt sind, stehen sie in den oberirdischen Theilen zu derselben gewbhnlich fast rechtwinklig. Dass dies jedoch nicht immer stattfindet, zeigt in Fig. 5 ein Zweigvorkeim, von dem nur die zwei untersten der gezeichneten Gliederzellen in der Erde sich befanden. Moo s knospen. Diejenigen Knospen , welche aus einem Vorkeime hervorgehen und zu einem beblatterten Moosstengel sich entwickeln, will ich , urn sie von den spater zu beschreibenden Brutknollen (Brutknospen) zu unterscheiden, kurz- weg mit dem Namen Moosknospen bezeichuen, w 7 ahrend dann unter Stamm- knospen die jungen Zustande seitlich aus dem Moosstengel entspringender Zweige zu verstehen sind. Sporenvorkeim und Zweigvorkeim verhalten sich mit Beziehung auf Knospenbildung durchaus gleich und es gehen diese bei Beiden aus mor- phologisch gleichwerthigen Zellen hervor. Was ich also hier bei den Zweig- vorkeimen uber Knospenbildung sage , gilt zugleich auch fur den Sporen- vorkeim , bei dessen Beschreibung diese Verhaltnisse noch nicht mit der nothigen Genauigkeit behandelt werden konnten. In den zahlreichen Fallen, wo ich die Bildung von Moos- knospen beobachtete, war es, wie schon erwahnt, immer die Zelle/?, welche als Mutter zelle dieser neuenAxe auftrat, und zwar gewbhnlich erst dann , wenn die Zelle a bereits einen Blattvertreter erzeugt halte. Folgt die Zelle ft ihrer Tendenz eine Knospe hervorzubringen, so wolbt sie sich zuerst nach aussen schlauchformig vor und schlagt nun eine be- sondere Wachsthumsrichtung ein (Fig. 5). Bald nach ihrer Streckung wird sie durch eine zu ihrer Langsaxe geneigte Wand in zwei Zellen getheilt. Diese Scheidewand (n p in Fig. 5 und die Wand uber ft in Fig. 7) trifft nach oben so ziemlich auf den aussersten Rand der Basilarwand, nach unten wendet sie sich der Papillarwand zu, schneidet diese jedoch gewbhn- lich nicht, sondern trifft die freie Aussenflache. Nach dieser ersten Wand treten in der unbegrenzt weiter wachsenden ausseren Zelle noch weitere Wande auf, die nach drei Seiten geneigt mit der Langsaxe des neuen Ge- bildes gewbhnlich einen urn 45° schwankenden Winkel einschliessen [Kn in Fig. G und 7). Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. IV. 33 492 Dr. Hermann Muller (Thurgauj. Zeigen schon die zwei ersten nach n folgenden Wande eine so starke Neigung, so schneiden sie dieselbe, wie es z. B. in Fig. 6 u. 7 bei Kn der Fall ist. Von da an schneiden sich dann je drei Wande, also 2, 3 und *, dann 3, 4 und 5 etc., so dass vvir eine nach drei Seiten Segmente ab- Fig. 6. Fig. 7. Fig. 6. Zweigvorkeim von Bryum argenteum ; a die Stelle der acroscopen, /? die der basiscopen Pa- pillarzelle ; / die aus « hervorgehenden Blattvertreter ; Sp ein in § entspringender Spross ( Vorkeimaxe ) ; Kn eine aus /? hervorgehende Moosknospe. Fig. 7. Zweigvorkeim von Barbula muralis ; B schematischer Grundriss der Knospe Kn. Bezeichnun- gen wie bei Fig. 6. schneidende Scheitelzelle haben . ahnlich der im ausgebildeten , an seiner Spitze jedoch noch fortwachsenden Moosstengel, und somit hat sich aus der Zelle /? ein Moosstamm constituirt. Je nachdem nun die Verhaltnisse giinstig sind oder nicht, wachst die Scheitelzelle weiter und fahrt fort Segmente zu bilden und so ein Moos- stammchen hcrvorzubi ingen , oder aber sie bleibt eine Zeit lang in dein Fig. und 7 dargestellten Stadium stehen, was ich daraus schliess<% dass Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 493 gerade Knospen dieser Ausbildung die haufigsten sind , wahrend solche, die nur wenig alter oder nur wenig jiinger sind, mir seltener zu Gesichte kamen. Doch so , wie ich sie hier beschrieben , finden wir diese Verhaltnisse nicht immer, sondern oft sind die ersten Wande noch nicht so stark gegen die Langsaxe geneigt und weiter von einander entfernt, so dass sie sich nicht treffen, und es erregt dann den Anschein, als wolle aus d( r Zelle (3 eine Zweigvorkeimaxe, also ein sehr gestreckter Moosstamm , hervorgehen (was ja in anderen Fallen auch wirklich der Fall ist). Nach und nach findet aber ein Uebergang von diesem Zellfaden zur Knospenbildung statt in der Weise, dass die Wande allmalig schriiger werden und sich naher rticken. Zuerst schneiden sich je nur zwei Wande, dann auch drei , so dass wir zuletzt wieder die typische dreiseitige Scheitelzelle haben. Auffallend ist, dass bei den einen Mooser, z. B. den Barbulaarlen die Knospe in ihrer normalen Form gewbhnlich direct aus der Zelle ($ hervor- gehen kann oder doch nur einer kurzen Vorbereitung bedarf, wahrend bei anderen z. B. Encalypta vulgaris der gewohnliche Fall der ist, dass aus (3 zuerst eine langgliedrige Vorkeimaxe hervorgeht, die sich erst nach und nach zu dem gedrungeneren Bau des Moosstammes verktirzt. Nachdem die Scheitelzelle eine gewisse Anzahl von Segmenten gebildet, wolben sich die alteslen nach Aussen vor, und es tritt in ihnen die erste Wand, unsere Papillarwand (Leitgeb's Blattwand), auf. An denjenigen Seg- menten, bei denen die zwei Hauptwande sich nicht schneiden, also z. B. bei den ersten Segmenten der Knospe von Encalypta , wolbt sich nur der oberste Theil des Segmentes papillenformig vor, und es tritt die Papillar- wand in ihrer typischen Form auf. Unsere typische Papillarwand und Leitgeb's Blattwand gehen allmalig in einander uber, sie haben dieselbe Richtung, namlich eine zur Langsaxe der Knospe ziemiich parallele, uber- haupt zeigt sich hier beim Uebergang von der Vorkeimnatur zur Stamm- natur besonders klar, dass diese beiden Wande ganz dieselbe Bedeutung haben; aber auch die anderen aufgestellten Beziehungen treten hier mit vollstandiger Klarheit hervor. Die aus den altesten Knospensegmenlen hervortretenden Blatter sind meist noch einfache Zellreihen , ahnlich den Blattvertretern der Vorkeime, und erst spater angelegte Segmente sind im Slande r typisch gebaute, mit Rippen versehene Moosblatter zu entwickeln. Zwischen der ausgebildeten Blattform und dem fadenformigen Blattvertreter finden sich die mannigfal- tigsten Uebergange. Die Divergenzen der Blatter des aus [3 hervorgehenden Sprosses stellen sich so, dass der a u s a entsprin ge nde Blatt- vertreter als erstes Blatt in der fortlaufen den Spirale aufge- fasst werden konnte. ^Man vergl. Fig. 7 A u. B.) W T enn nun auch der Blattvertreter als ersles Glied der Blattspirale der 33* 494 Dr. Hermann Muller (Thurgau). Knospe erscheint, so darf daraus nicht etwa geschlossen werden , dass er wirklich das erste Blatt des Laubsprosses ist, wie auch schon daraus her- vorgeht, dass der Spross in vielen Fallen gar nicht erscheint; vielmehr weist dieses Verhalten auf tiefer liegende Wachsthumsgesetze hin , aus denen die morphologischen Unterscheidungen erst als secundare abzulei- ten sind. Brutknollen ( B rutknospen). Die Brutknollen sind linsenformige bis kugelige Zellkorper, die auf kurzen Stielen ausschliesslich den braunwandigen Axen der Zweigvorkeime ansitzen (Fig. 2 B). Sie sind dem unbewaffneten Auge sichtbar, schwanken jedoch sehr in ihrer Grosse. Ganz ausgebildete, nicht mehr weiter wach- sende Brutknollen konnen aus nur etwa 15 Zellen bestehen, wahrend an- dere deren uber funfzig aufweisen. Die Zellen sind am ganzen Gebilde gleichartig , polyedrisch , die Zellwande verdickt und von brauner Farbe. Die ausgebildeten Brutknollen zeigen in ihren Zellen kein Chlorophyll, da- gegen sind sie reich an Beservenahrung, woraus schon einigermassen auf ihre biologische Bedeutung geschlossen werden kann. Die Brutknollen gehen aus den Papillen hervor, wobei aber eine Dif- ferenzirung derselben in zwei sich verschieden verhaltende Tochterzellen a und /? nicht eintritt, sondern die ganze durch die Papillarwand abge- schnittene Zelle geht ohne diese Differenzirung zur Bildung eines knollen- formigen Gewebekorpers, der Brutknolle, iiber. Eine noch bildungsfahige Papille wolbt sich in einer zur Papillarwand senkrechten Bichtung ziemlich weit vor und wird dann durch eine zur Wachsthumsrichlung geneigte Wand getheilt (Fig. 8-4). Die aussere Toch- terzelle erfahrt durch eine zweite , ebenfalls gegen die Langsaxe geneigte, auf der vorigen ziemlich senkrecht stehende Wand abermals eine Theilung. In der auf diese Weise entstandenen zweiseitigen Scheitelzelle konnen nun noch eine oder zwei mit den ersten parallele Segmentwande auftreten ; dann aber hbrt die Segmentbildung in der Scheitelzelle auf (Fig. 9 B) . In ihr sowohl als auch in den Segmenten treten nun Scheidewande in den verschiedensten Lagen auf, so dass zuletzt ein vielzelliger Korper resultirt, wie ihn Fig. 8 C und Fig. 9 A — C zeigen. Die Keimung dieser aus Zweigvorkeimen hervorgegangenen Brutknospen (Brutknollen) ist meines Wissens noch nicht bcobachlet worden. Daclurch, dass ich die mit ausgebildeten Brutknospen versehenen Kulturcn (siehe An- merkung S. 4 99) wieder feucht hielt, war ich in den Stand gesetzt, das weitere Verhalten derselben genau zu unlersuchen. Als erstes Anzeichen einer weiteren lMilwickelung tritt meistens in einem Theil der Zellen Chlo- Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 495 rophyll auf 1 ). Aus einzelnen besonders protoplasmareichen Zellen, deren Lage aber keineswegs eine bestimmte ist, treten Vorkeimfaden hervor, die Fig. 8. Brutknollen. A und B zwei verschieden alte Entwickelungsstadien, C ausgewachsene, nun kei- mende Brutknospe. an ihrer Spitze unbegrenzt fortwachsen , ilberhaupt sich ganz gleich ver- halten wie die Vorkeimaxen, zu welch letzteren ich sie auch rechnen will. (Vgl. Fig. 9 C.) Natiirlich kbnnen aus den Papillen , welche an den aus der Brutknospe hervortretenden Vorkeimen entstehen , nun Blattvertreter 4) Es scheint, dass diese Chlorophyllbildung nur in den dem Lichte ausgesetzten Brutknospen auftritt, wahrend die ubrigen auch ohne Chlorophyll zu bilden zu den weiteren Entwickelungsstadien ubergehen kdnnen. 496 Dr. Hermann Muller (Thurgau). und Vorkeimzweige , unter Umstanden auch aus einer Zelle /? ein Moos- stammchen hervortreten. Ausgebildete Moospflanzen hervorzubringen ist ja wohl der Zweck aller dieser Vorkeimbildungen, mogen sie nun in der Spore, am Stamm oder aus einer Brutknolle ihren Ursprung nehmen. Doch ist hier bei den Brutknollen ein solcher vorbereitender Vorkeim nicht immer durch- aus nothwendig; es kann auch eine Vorkeimaxe ihre Segmente sehr ver- kiirzen und so zu einem Moosstamme werden , der dann also direct aus der Brutknolle hervortritt (Fig. 9 A — C). Fig. 9. A — C. Keimende Brutknollen (b) an Zweigvorkeimcn (z , s Stielzellen , kn Moosknospen, / Blattvertreter. In dem zuletzt angedeuteten Falle wird eine Zelle der Brutknolle zur Scheitelzelle des Moosstiimmchens. Gewohnlich steht die neu gebildete Moospflanze auch spater nur durch eine einzige Zelle mit der Brutknolle in Zusammenhang, was darauf hinweist, dass die erste in der Mutterzelle des Stiimnichens auftretende Hauptwand ausserhalb des eigentlichen Umfangs der Brutknolle auftritt (Fig. 9 A). Von diesem Punkte aus, wo das junge Pflanzchen auf seinem Querschnitte nur eine Zelle zeigt, geht es erst all- niiilig zur typischen Form tiber, und demgemass kbnnen auch an Stelle der ersten Blatter fadenfdrmige Blattvertreter oder ganz einfach gebaute Die Sporenvorkeime und Zvveigvorkeime der Laubmoose. 497 Blatter sich befinden , und erst weiter oben am Stammchen erreicht das Blatt die ihm eigenthiimliche Ausbildung (Fig. 9 B). Es kann das neu gebildete Moospflanzchen einen ziemlich hohen Grad der Entwickelung erreichen, indem es nur die in der Brutknolle angehaufle Reservenahrung aufnimmt (Fig. 9 B); in den meisten Fallen dagegen treten schon sehr fruhe aus den unteren Zellen des Stammchens oder aus sei- nem Ursprung benachbarten Zellen der Brutknolle Vorkeimfiiden hervor, welche dann als Rhizoiden die weitere Zufuhrung von Nahrstoffen besor- gen (Fig. 9 A u. C). Bei Tetraphis pellucida sitzen auf dem Scheitel besonderer Pflanzchen in eine Art von Kelch eingeschlossen Gebilde , die in ihrem Aeusseren an unsere Brulknospen erinnern und auch so benannt vvurden. Ich hatte Ge- legenheit die von Sachs auf Seite 320 des Lehrbuchs abgebildeten und andere Praparate zu sehen und zu vergleichen. Aus denselben scheint hervorzugehen , dass die Keimung dieser Gebilde ganz ahnlich derjenigen ist, welche ich soeben fur die aus Zweigvorkeimen hervorgehenden Brut- knollen beschrieben habe. Aus beliebigen Zellen kbnnen Vorkeime her- vorgehen (Fig. 231), an diesen entstehen Blattvertreter, die nun aber nicht Zellfaden, sondern Zellflachen sind. Aus der Basis dieser Flachenvorkeime kann nun entweder eine weitere Vorkeimaxe hervorgehen (Fig. 2M A) oder aber diese Hauptaxe kann der Stamm einer Moosknospe sein (Fig. 231 B). Da ich nicht Gelegenheit hatte, ganz junge Entwickelungsstadien dieser Flachenvorkeime zu sehen, so kann ich nicht bestimmt sagen, ob der Fla- chenvorkeim aus der Zelle a einer Papille hervorgeht und unserem Blatt- vertreter entspricht, und ob auch hier die Vorkeimaxen (event. Moosknospen) immer in der Zelle ihren Ursprung haben; die Moglichkeit ist jedoch nicht ausgeschlossen. Ergebnisse. Ueberblicken wir nochmals die aus meinen Untersuchungen hervorge- gangenen Resultate , so scheinen folgende Beziehungen als die wesent- lichsten : 1) Der Spoi'envorkeim bereitet den complicirten Bau des Moosstammes vor. 2) Die ausgebildete Pflanze kann wieder zur Bildung eines solchen vo r b er e i te n d en Gebildes z urii ck gre if e n und die Zvveigvorkeime her vorbringen. 3) Sporenvorkeim und Zweigvorkeim sind morphologisch 498 Dk. Hermann Mullen (Thurgau). und physio logisch gleich werthig un d zeigen sowohl in ihrem anatomischen Bau als auch in ihren Verzweigungsverhalt- nissen wesenlliche Uebereinstimmung mit dem Moosstamm. Was den letzteren Punkt anbelriff't, so will ich kurz noch einmal die wichtigsten Thatsachen recapituliren : Eine Gliederzelle der Vorkeim - Hauptachse entspricht einem Segmente des Moosstammes. Das Segment des Letzteren wolbt sich nach aussen zur Blattwulst vor; dasselbe thut auch das gestreekte Segment des Vorkeims in seinem oberen Theil und bildet so die Papille. An beiden Orten tritt eine Liingswand auf, hier die Papillarwand, dort die nach Leitgeb genannte Blattwand. Papillarvvand und Blattwand haben dieselbe Bedeutung. Sie theilen das vorgewolbte Segment in zwei Zellen, eine innere, die nachher zur Bildung der Hauptaxe beitragt und keine weiteren Sprossungen mehr hervorbringt, und eine aussere, welche die Tendenz hat, ein Blatt und einen Spross zu bilden. Die Basilarwand theilt am Stamm die Aussenzelle des Segmentes , am Vorkeim die Papille in zwei Zellen, in eine acroscope a und eine basiscope /?. Die Basilarwand hat immer eine zur Papillarwand (Blattwand) mehr oder minder genau rechtwinklige Lage; im Moosstamm trifft sie auf dieselbe, in den Vorkeimen kann dies ebenfalls stattfinden , sie kann hier aber auch, was wieder durch die Streckung der Glieder hervorgerufen wird , weiter nach oben rucken und dann die Papillarwand nicht mehr treffen. Aber nicht nur ihrer Entstehung nach sind die Zellen a und ft den acroscopen und basiscopen Aussenzellen am Moosstamme gleichwerthig, son- dern auch Hire Tendenzen entsprechen denjenigen der genannten Zellen vollstandig , d. h. die Zelle a kann ein Blatt oder einen Blattvertreter, die Zelle /? unter Umstanden einen Spross erzeugen ; und zwar entstehen Sprosse am Vorkeim so gut wie am Stamm nur aus dieser Zelle. 4") Am Moosstamm ist die Bedeutung jeder einzelnen Zelle am Vegetations- punkt morphologisch scharf ausgesprochen , jede Aussenzelle erzeugt in ihrem acroscopen Theil ein Blatt und nach einer gewissen Zahl von Blattern wird der basiscope Theil einer Aussenzelle zum Spross. Viel unbestimmter und schwankender macht sich dasselbe Wachsthumsgesetz am Protonema geltend. Hier kann die Aussenzelle (Papille) des Seg- ments einmal gebildet jedes weitere Wachsthum einstellen, oder sie macht nur den Anfang zu einem solchen , sie theilt sich in eine acroscope und eine basiscope Zelle, oder die eine dieser beiden allein bildet sich weiter aus, es entsteht bloss ein Blattvertreter oder bloss ein Spross, oder beide, Spross und Blattvertreter werden erzeugt, oder endlich die Differenzirung unterbleibt ganz; die urspriingliche Papille wachst zwar riistig fort, aber sie wird zu einer Brutknolle, in welcher Blatt und Spross noch gar nicht differenzirt sind. Die Unsicherheit in der morphologischen Ausbildung geht so weit, dass, wie es scheint, selbst zufallige aussere Verhaltnisse da r auf Die Sporenvorkeime und Zweigvorkeime der Laubmoose. 499 hinwirken konnen , ob aus der primitiven Papille Spross und Blattgebilde oder ob daraus eine Brutknolle entstehen soli 1 ). 5) Es wird nach dem bisher ausfiihiiich Mitgetheilten kaum noch nothig sein, darauf hinzuweisen, dass die besprochenen Vorkeime in der Entwicke- lungsgeschichte der Laubmoose dieselbe Rolle spielen wie die von Prings- heim 2 ) beschriebenen Vorkeimbildungen in der Entwickelungsgeschichte der Characeen, und dass es deshalb gerechtfertigt scheint, die von Pringsheim fiir die Characeen eingefuhrien Bezeichnungen Sporenvorkeime und Zweig- vorkeime auch auf die entsprechenden Gebilde der Laubmoose zu ubertragen. Wie die Sporenvorkeime der Characeen die Bildung des complicirter gebauten eigentlichen Charenstammes vorbereitet, wie aus dem Charenstamm selbst die Zweigvorkeime als vereinfachte Nachbildungen desselben und zu- gleich als vegetative Propagationsorgane hervorgehen, so sind auch die Spo- renvorkeime der Laubmoose vorbereitende Gebilde , an denen sich das Wachsthumsgesetz des Moosstammes schon in seinen einfachsten Ziigen gel- tend macht, und so sinkt auch andrerseits wieder der Gestaltungstrieb des Moosstammes auf seine allereinfachsten und wesentlichsten Momente zuriick in der Bildung der Rhizoiden, die ich als Zweigvorkeime bezeichnet habe. 4) Kulturversuche zeigten mir, dass umgekehrte Barbula - Rasen , deren Zweigvor- keime durch Feuchthalten zu rascher Lebensthatigkeit gebracht wurden , dann Brut- knospen erzeugten, wenn die Rasen bei nicht zu niedriger Temperatur allmalig trockener gehalten wurden. Es scheint, dass diese Brutknollen Anpassungsgebilde sind, welche die Pflanze gegen den Untergang durch Austrocknen schutzen sollen. 2) Ueber die Vorkeime und nacktfiissigen Zweige der Charen Jahrb. f. wiss. Bot. III. 4863. Nachtragliche Anmerkung: Nachdem das Manuscript bereits in Druck gegeben war, gelang es mir, an meh- reren Sporenvorkeimen zu sehen, dass auch Vorkeimaxen , die direct aus der Spore entspringen, an ihrer Spitze in eine Moosknospe ubergehen konnen, eine Thatsache, die ebenfalls fiir meine Auffassung spricht, dass namlich Vorkeimaxen und typische Moos- stammchen morphologisch gleichwerthig sind. XV. liiitersuchuiigeii uber die Alkoliol^ahrung. Yon Dr. Oscar Brefeld. Vorgetragen am 26. Juli 1 873 in der physicalisch-medicinischen Ges3llschaft zu Wiirzburg. Ueber die Alkoholgahrung liegen von Botanikern einerseits und von Chemikern anderseits eine Menge von Beobachtungen vor. Der Vorgang der Gahrung hat eine botanische und eine cbemische Seite; eine botanische, weil dabei die Hefe auftritt und eine Bolle spielt, ein kleiner einzelligor Organismus, welcher dem Pflanzenreiche , speciell den Pilzen angehbrt; eine ehemische, weil dabei Processe vor sich gehen , die mit chemischen Zersetzungen Aehnlichkeit haben , deren Ausgangspunkt irri Wesentlichen Zucker, deren Endresullat Kohlensaure und Alkohol sind, Verbindungen, welche einen bestimmten chemischen Charakter tragen und in der Chemie von Bedeutung sind. Yon Chemikern, welche sich mit der Alkoholgahrung beschafligten, sind vornehmlich zu nennen Gay-Lussac und Pelouze , Dumas, Berzelius , Mitscherlich , Liebig, Traube , Pasteur. Die Zahl der Botaniker, welche die Hefe untersuchten, ist ungleich grosser, ich will darunter nur wenige hervorheben : Persoon, Cagniard de Latour, Schwann, Turpin, Meyen, Karsten, Ehrenberg, Fremy , Trecul, Hoffmann, Bail, Rees. Die Chemiker betrachteten im Anfange den Vorgang der Gahrung naturgemass vom chemischen Standpunkte, die Botaniker hingegen richteten , unbekiimmert uni die Gahrung selbst, ihr Hauptaugenmerk auf den Organismus, die Hefe far sich. So ist es gekommen , dass man in der richtigen Eikenntniss der Ursachcn der Gahrung nur langsame Fort- schritte machte und dass noch bis in die neueste Zeit hinein ttber wesent- liche Punkte Contioversen und Unklarheiten beslehen. Die chemische Seite lilsst sich nicht vollsliindig ohne die bolanische, und da diese ausser der Dr. Oscar Brefeld. Untersuchungen iiber die Alkoholgahrung. 501 morphologischen noch eine speciell physiologische hat. also ihrerseits wieder nioht obne die chemische richtig verstehen. Es waren Gagniard de Latour und Schwann, welche in den Jahren 1836 und 1837 zuerst der Ursache der Gahrung nachforschten. Cagniard beobachtete, dass die bei der Gahrung auftretende Hefe ein Organismus sei ? der sich durch Sprossung vermehre, er vermuthete schon ganz richtig, dass auf den Vegetationsprocess dieses Organismus, der Hefe, die bei der Gahrung auftretende Kohlensaure und Alkohol zuruckzufiihren seien. Den Beweis aber des ursachlichen Zusammenhanges der Gahrung von der Gegen- wart der Hefe erbrachte Schwann. Er zeigte, dass die Gahrung nicht eintrete, wenn man die Hefekeime todtet; er vermuthete diese Hefekeime in der Luft und zeigte, dass in reiner gahrungsfahiger Losung keine Gahrung eintrete, wenn man die zutretende Luft vorher ausgluhte. Als nun durch die Versuche Schwann's sicher gestellt war, dass die Gahrung nicht ohne die Hefe stattfinden konne , war der Weg zu einer Erklarung des Vorgangs geebnet. Bi-rzelius und Mitscherlich (1 843 und 45) sagten einfach, die Hefe wirke als Gontactsubstanz auf den Zucker ein und spalte ihn in Alkohol und Kohlensaure. Liebig stellte im Jahre 1843 die erste Gahrungstheorie au r . Er fasste die Hefe in dem allgemeinen Sinne eines Fermentes als eine stickstoffhaltige, eiweissartige Substanz auf, welche wie viele andere, z. B. das Emulsin, chemische Zersetzungen zu bewirken vermoge Liebig fiihrte nun die Gahrung auf die leichte Zersetzbarkeit dieser eiweissartigen Substanz zuruck und dachte sich den Vorgang folgender Art : Der in Zersetzung begriffene Eiweissstoff besitzt die Fahigkeit, gewissen a n - deren Kbrpern den namlichen Zustand der Bewegung zu ertheilen, in welchem sich seine Atome befinden, durch seine Beruhrung also mit anderen Korpern diese zu be- fahigen, Verbindungen einzugehen oder Zersetzungen zu erleiden. Indem Liebig die Hefe als lebenden Organismus ignorirte, machte er mit seiner Theorie einen entschieclenen Ruckschritt. — Traube stellte 15 Jahre spater eine zweite Theorie auf. Er meint, die Fermente seien a us der Zersetzung des Proteins, hier aus der Hefe h er vorgega ngene chemische Verbindungen, die zwar fur sich nicht isolirbar seien, die aber die Fahigkeit besassen, freies aufzunehmen und auf andere Verbin- dungen zu tibertragen, die dadurch Zersetzungen erlitten. Die vermuthete Verbindung habe naturlieh nach der Abgabe von wiederum die Fahigkeit aufzunehmen und von Neuem zu tibertragen, und dieser Vorgang kann sich dann sehr oft wiederholen. Die Theorie Traube's fand w T enig Beachtung gegeniiber der von Liebig gegebenen. Gestutzt durch die grosse Autoritat Liebig's fand sie allgemeine Verbrcitung, so sehr, dass es sogar moglich wurde, die Thatsache, dass 502 Dk. Oscak Bhefeld. das bei der Alkoholgahrung wirkende Ferment ein lebender Organismus sei, zum zweiten Male als neue Entdeckung hinzuslellen. Es war Pasteur, der sie machte, seine Arbeiten beginnen im Jahre 1857 und gehen bis in die neuesie Zeit. Er bestatigte die Versuche Schwann's und stutzte sie durch neue Beweise. Die Vermuthung Schwann's, durch Versuche gestutzt, dass die Hefekeime in einer gahrungsfahigen Fliissigkeit aus der Luft kamen 7 begriindete er durch direcle Beobachtung. Er filtrirte Luft durch Schiess- baumwalle, lbste diese in Alkohol und Aether auf und wies die bei der Lbsung zuriickbleibenden Pilzkeime direct nach. Pasteur betrachtet sich, im Gegensatze zu Liebig, als Entdecker der Thalsache, dass bei der Alkohol- gahrung die Hefe die Gahrung bewirke, dass die G ah rung ein Vor- gang der Lebensthatigkeit der Hefe sei, dass die Gahrung Hand in Hand gehe mit dieser Lebensthatigkeit, d. h. mit der Entwicklung und mit der Vermehrung der Hefezellen und dass sie also nicht, wie Liebig meinte, ein Act der Zersetzung sei durch eine nicht lebende eiweissstoffartige S ub s ta n z. Es handelte sich nun darum , die Lebensregungen bei der Vegetation der Hefe genau zu studieren. Diess ist mit vielem Erfolge von Pasteur geschehen. Pasteur fand zuerst, dass die Hefe fur gewbhnlich wie alle lebenden Wesen zuerst aufnehme und dafur Kohlensaure abgebe. (In anderer Form hatte diess schon Gay-Lussac ausgesprochen, indem er angab, dass zum Beginn der Gahrung nothwendig, spater aber nicht mehr er- forderlich sei.) Er fand weiter, dass die Gahrung auch ohne freien Sauerstoff eintrete, und stellte hiernach folgende Theorie auf: Bei Gegenwart von freiem Sauerstoff lebt die Hefe wie alle an- de r en Organ ismen, sie erregt keine Gahrung. Findet die Hefe den Sauerstoff aber nicht frei vor, so nimmt sie ihn zum Zwecke ihrer Lebensthatigkeit, ihrer Entwicklung und Ver- mehrung aus ihr zusagenden sauerstoff reichen Verbindun- gen. Durch diese Entnahme von Sauerstoff aus diesen Verbindungen , hier vom Zucker, wird der G leichgewich ts- zustand gestbrt und er zerfallt in Kohlensaure und Alkohol, nebenbei werden noch etwas Bernsteinsaure und Glycerin gebildet. Die Hefe hat nach Pasteur zwei Art en zu leben: als Pilz, als Schimmel bei freiem Sauerstoff, als Ferment, wenn der Luftzutritt a bgeschl ossen ist. Pasteur zieht hieraus selbst die Consequenz, dass es Organism en giebt, specie 11 die Hefe, welche ohne Luftzutritt alle Acte der Lebensthatigkeit, der Entwicklung und Vermehrung voll- ziehen konnen, und er wies durch Gewichtsbestimmungen nach, dass in beiden Fallen, wenn auch ungleiche, so doch eine Vermehrung der Hefe stattfinde. Untersuchungen liber die Alkoholgahrung. 503 Diese von Pasteur aufgestellte Theorie hat jeizt ebensolche Verbreitung gefunden, wie die frtthere von Liebig, sie ist, mit Ausnahme der Pflanzen- physiologen im Engeren, ganz allgemein angenommen. Liebig, der inzwischen eingesehen hatte, dass seine Auffassung iiber die Natur des Alkoholferments nicht haltbar sei, und der zu seinem Miss- vergniigen wahrgenommen , dass er dadurch Pasteur Gelegenheit gegeben hatte , eine Entdeckung zum zweiten Mai zu machen , die von Schwann 20 Jahre frtiher gemacht war, nahm seine friiheren Untersuchungen wieder auf und theilte das neue Ergebniss vor etwa vier Jahren mit. Liebig's Ansicht iiber die Alkoholgahrung lautete nun so: »Die Hefe besteht aus Pflanzenzellen , die sich in einer Fliissigkeit entwickeln und vermehren, welche Zucker, ein Albuminat und verwandte Korper enthalt. Nur durch die Vermittlung der Hefezellen kann ein Albuminat und Zucker zu der eigenthum lichen Verbindung zusam mentreten, in welcher sie als Bestandtheil des Pilzes eineWirkung auf den Zucker aussert. Wenn der Pilz nicht mehr wachst, so lost sich das Band, welches die Bestandtheile des Zellinhaltes zusam- menhalt, und es ist die in demselben eintretende Bewe- gung, wodurch die Hefezellen eine Verschiebung oder eine Spaltung der Elemente des Zuckers bewirken.« Ich will aus seiner Mittheilung noch einige Stellen kurz hervorheben. »In dem Processe der Gahrung findet so zu sagen eine Wirkung nach aussen auf Stoffe statt, welche in Producte zerfallen, die von dem lebenden Organismus nicht weiter verwendbar sind. Der vitale Vorgang und die chemische Wirkung sind 2 Erscheinungen, welche in der Erklarung auseinander gehalten werden mussen.« Er fuhrt weiter aus : »Der Ansicht, dass auf der Entwicklung und Vermehrung der Hefezellen die Zersetzung des Zuckers in der Gahrung beruhe, stent die Thatsache entgegen, dass die Hefe in reiner Zuckerlosung Gahrung hervorbringt , wo bei der Ermangelung stickstoff-, schwefel- und phosphorsaurehaltiger Ver- bindungen doch nur unbedeutende Vermehrung der Hefe stattfinden kann.« Liebig fand, (was auch schon Pasteur gefunden, aber von ihm anders verrechnet wurde), dass in reiner Zuckerlosung das Gewicht der Hefe mit der Gahrung abnimmt, wenn ein bestimmtes Maass des Hefezusatzes uberschritten wird, dass es hingegen zunimmt, wenn da von w eniger zu- gesetzt wird. Pasteur liess die wesentlich gegen seine Theorie gerichteten Einwen- dungen Liebig's (soweit sie die Alkoholgahrung betreffen) unberucksichtigt, und es scheint, als ob diess allgemein geschehen sei , w 7 enigstens sind Pasteur's Auffassungen nach wie vor im vollsten Ansehen. Die Gontroverse in den Ansichten Pasteur's und Liebig's 504 Dr. Oscar Brefeld. besteht wesentlich darin, dass Pasteur die Gahrung als den Aus- druck der Lebensthatigkeit, d.h. der Entwicklung und Ver- meil rung des Hefepilzes auffasst, abcr einer Lebensthatig- keit unter besonderen Bedingungen unter dem Ausschlusse freien Sauers toffs. Dieser zur Lebensthatigkeit sonst nothwendige freie Sauerstoff wird dann dem Zucker, einer sauerstoffreichen Verfoindung, entnommen, es tritt Wachslhum und Vermehrung der Hefezellen , zugleich aber auch Gahrung, ein Zerfallen des Zuckers in Kohlensaure und Alkoliol etc. ein. Liebig hingegen meint, der vitale Vorgang und die chemische Zersetzung, die Gahrung seien auseinander zu haiten, die Gahrung trete erst dann ein, wenn der Pilz nicht mehr wachst. Pasteur stiitzt sich auf die Thatsache, dass ohne freien Sauersloff der Hefepilz Gahrung errege, dass er dabei wachst und sich vermehre; Liebig auf die Thatsache, dass auch reine Zuckerlosung mit Hefe vergahre, wo das Wachsthum nur ein geringes sein konne. Gegen beide aber spricht die weitere Thatsache, dass in normaler Nahrlbsung, wo die Hefe thatsachlich wachst, Gahrung eintritt dann, wenn sie mit ihrer Obepflache dem freien Zutritt der Luft ausgesetzt ist. — Hiemit habe ich in Kiirze den gegenwartigen Slandpunkt in Thatsachen und Ansichten iiber die Alkoholgahrung dargelegt, ich will an dieser Stelle abbrechen und zur eigencn Untersuchung ubergehen. Es ist eine allbekannte Thatsache, dass alle lebenden Wesen zu ihrer normalen Lebensthatigkeit (abgesehen von ihren Nahrstoffen) des freien Sauerstoffs becliirfen , dass sie alle, die Pflanzen sowohl wie die Thiere, athmen, d. h. freien Sauerstoff aus der Luft aufnehmen und daftir Kohlen- saure abscheiden. Die Hefe nun, die die Gahrung erregt, ist eine Pflanze, ein Pilz, welcher in organischen Nahrflussigkeilen lebt und zwar in solchen, welche ausser den stickstoffhaltigen und mineralischen Bestandtheilen vor- zugsweise Zucker enthalten. Diese Nahrflussigkeiten miissen nun nach der allgemein geltenden Thatsache freien Sauerstoff aus der Luft aufgelbst haben, welcher zur Athmung, zur Lebensthatigkeit, kurz zur normalen Entwicklung der Hefe nothwendig ist. Normaler Weise miissen w r eiter bei dieser Lebens- thatigkeit, wie es bei alien Pflanzen und Thieren geschieht, fiir ein Volumen eingeathmeten Sauerstoffes im hbchsten Falle ein gleiches , sonst ein etwas geringeres Volumen an Kohlensauregas wieder ausgeathmet werden , weil das Volumen -Verhallniss zwischen ungebundenem Sauerstoff und seiner Veibintlung mit Kohlensloff zu gasfbrmiger Kohlensaure ein Gleiches ist. Thatsachlich ist diess nun aber bei der Lebenslhatigkeit der Hefe nicht der Fill I. Die aus der giihrenden FlUssigkeit, worin die Hefe lebt, ausge- schiedene Kohlensaure kann mehr wie um das SOfache die Athmungs- kohlcnsauro iibertieffen. Dieses ganz abnorme Verhalten der Lebensthiil ijj;— kcil der Hefe, diese ganz enorme Ausscheidung von Kohlensiiure und Untersuchungen liber die Alkoholgahrung. 505 zugleich das Auftreten von Alkohol in der Flussigkeit ist das , was man hier als Gahrung bezeichnet, als Alkoholgahrung, weil bei dem Vorgange Alkohol gebildet wird. Wo her kommt nun diese Kohlensaure? Das ist die erste Frage. Athmungskohlensaure kann sie nur zum kleinen Theile sein , dem Theiie mimlich , der etwa nahezu dem aufgenommenen Volumen Sauerstoff entspricht. Ihr Ursprung bedarf einer besonderen Erklarung und diese Erklarung ihres Ursp rungs, ihres ur- sachlichen Zusammenhanges mit dem Leben der Hefe begreift die Erklarung des Processes der Gahrung in sich. Die Frage nun, welcher Stoff der Nahrlosung das Material zur Kohlensaure und Alkoholbildung hergiebt , liisst sich leicht beantworten, es ist unzweifelhaft der Zucker; auch die Frage, wodurch der Zucker die eigenthumliche Zersetzung erleidet, ist uber jeden Zweifel sicher gestellt, es ist die lebendige Hefe. Wie und unter welchen Umstanden kommt nun aber die Zer- setzung des Zuckers zuStande? Welches sind die Bedin gun- ge n der Gahrung? Die Gahrung tritt ein in normaler Nahrlosung bei Luftzutritt z. B. in der Bierwurze ; hier findet mit der Gahrung eine bedeutende Vermehrung der Hefezellen statt. Die Gahrung tritt aber ein auch bei Luftabschluss , sie tritt ferner auch ein bei alleiniger Gegen- wart von Zucker, und es fragt sich nun weiter : Wie verhalt sich hier die Hefezelle? Liebig und Pasteur sind bis zu dieser Frage gekommen , aber sie haben sie nicht weiter durch Thatsachen gestiitzt, sondern an dieser Stelle ihre Theorien begonnen. Der eine sagt (Pasteur), die Hefe Wachst auch ohne freien Sauerstoff, die Gahrung ist der directe Ausdruck dieser vegetativen Thatigkeit , die sich hier im speciellen Falle in der Form der Gahrung anders aussert als sonst; der andere (Liebig) sagt, die Hefe kann in der blossen Zuckerlbsung nur wenig wachsen , die Gahrung ist hier aber sehr stark und diese starke Gahrung kann unmoglich im normalen Verhaltnisse zur Entwicklung, zur Lebensthatigkeit der Hefe stehen. Die Theorien beider stehen aber mit der Thatsache im Wider- spruch , dass, wie in den Brauereien, die Hefe bei Luftzutritt Gahrung erregt und zugleich erheblich wachst. Es handelt sich hier in erster Linie offenbar um die Cardinalfrage: Kann denn die Hefezelle wirklich ohne freien Sauerstoff wachsen? Giebt es auf der untersten Stufe leben der Wesen eine Classe von solchen, der en Lebens- bedingungen plbtzlich anders sind, die, wie Pasteur meint, im Gegensatze zu alien anderen von gebundenem Sauerstoff leben, sich ernahren und vermehren kbnnen. Die Frage zu beantworten ist nicht leicht. Es handelt sich bei streng wissenschaftlicher Genauigkeit nicht um Wagungen und Beslimmungen, die, wie die PASTEUR'schen , Einwendungen und Hinterlhuren offen lassen, sondern um die Beobachlung einer einzelnen Hefenzelle in den 506 Dr. Oscar Brefeld. verschiedensten Lebensbedingungen und namentlich unter absolute in Ausschlusse von freiem Sauerstoff. Sollen diese Versuche VVerth haben, so ist ganz selbstverstandlich , dass in jedem Falle Controlversuche zu machen skid, in welchen Hefezellen von derselben Cultur, in derselben Nahrlbsung x ) zur selben Zeit ausgefiihrt, unter denselben Umstanden zur Beobachtung hergerichtet unter normalen Lebensbedingungen, bei unge- stbrtem Zutritt freien Sauerstoffs der Luft, mitbeobachtet werden. — Ich leitete also zumichst tiber oder besser gesagt um eine Aussaat von Hefe in Biervviirze, in welcher sich die einzelne Hefezelle in einer geeigneten Kam- nier (von Geissler in Berlin nach Art der RECKUNGHAUSEN'schen Kammern angefertigt) bei 300facher Vergrbsserung wochenlang verfolgen liess, einen starken continuirlichen Strom von Kohlensaure. Die Kohlensaure wurde aus Maruior mit verdtinnter Salzsaure gewonnen und zur Reinigung nur in einer Lbsung von 2fach kohlensaurem Natron gewaschen. Der Apparat war so eingerichtet, dass der Strom ohne Unterbrechung wochenlang in beliebiger Starke fortdauern konnte. Es zeigte sich bei dem ersten Ver- suche, dass die einzelne Hefezelle in Kohlensaure fortwuchs, nur erheblich langsamer als in der normalen Controlcultur. Das Wachsthum dauerte etwa 14 Tage hindurch fort, bis die Nahrlbsung erschbpft war und die Cultur, in welcher durch die Vermehrung der Zellen die Beobachtung der einzelnen am Ende unmbglich war, unterbrochen wurde. Es frug sich nun, da sich auch in weiteren Versuchen immer das gleiche Resultat her- ausstellte, die Hefezelle namlich in gewbhnlicher Kohlensaure weiterwuchs, ob die Kohlensaure auch rein sei. Eine Probe durch Absorption der Kohlensaure mit Kalilauge die Menge etwa beigemengten fremden Gases zu bestimmen, ergab, dass sie bis Yfoo Volumen nicht absorbirbaren Gases enthielt. Da dieses Gas nichts anderes als atmospharische Luft war, diese zu etwa y 5 aus Sauerstoff besteht, so betrug die in der Kohlensaure als Verunreinigung enthaltene Menge Sauerstoff V3500 Volumen. Ich versuchte nun in einer weiteren Versuchsreihe die Kohlensaure , ehe sie durch die Kammer geleitet w ? urde, zu reinigen resp. vom Sauerstoff zu befreien, und verwendete zu diesem Zwecke eine sehr concentrirte Lbsung von pyro- gallussaurem Kali, welche die Kohlensaure in einer 5 Zoll hohen Fitissig- keitssaule durchdringen musste, bevor sie in die Kammer kam. Die Ver- suche gelangen nicht, die Absorption des Sauerstoffs war nicht vollstandig. Die Hefe wuchs zwar langsamer noch als fruher, aber sie wuchs weiter. Die absolute Befreiung der Kohlensaure vom beigemengten Sauerstoff schien nach diesem Misserfolge kaum noch in einer ftir den speciellen Versuch zulassigen Weise mbglich. Es blieb nur ein Mittel ubrig. Hatle namlich, wie aus dem Versuche vermuthungsweise hervorging, die Hefe die merk- 1 Es wurde als N&hrltisung immer nur frisehe Bicrwiirz* 1 verwendel aus der ftrauerei \on Urn. Dr. BOttinoeb in Wurzhi^rg. Untersuchungen liber die Alkoholgahrung. 507 wtlrdige Fahigkeit, die so minimalen Quantitaten von Sauerstoff, die der tibergeleiteten Kohlensaure beigemengt waren, zu ihrer Lebensthatigkeit an sich zu Ziehen, so war nichts natiirlicher als der Gedanke , mit dem Ver- suchsobjecte selbst die Kohlensaure vom Sauerstoff zu befreien. Ich wandte also in einer abermaligen Serie von Versuchen statt des pyrogallussauren Kali eine geeignete Culturlosung mit viel Hefe an und zwang die eingeleitete Kohlensaure durch geeignete Vorrichtung zur moglichst grossen und langen Beriihrung mit der Culturlosung. Nun wuchs die Hefezelle nicht, aber sie wuchs auch nicht weiter, als die Kammer gebffnet wurde, sie war aus nicht naher ermittelten Ursachen todt. Als auch diese Versuche, reine Kohlensaure zu bekommen , misslungen waren, versuchte ich endlich die Culturen in den Kammern mit moglichst gereinigter, Kohlensaure durch Abschmelzen des Zu- und Ableitungsrohres luftdicht abzuschliessen. Diese wurden vorher zu einem feinen Rohrchen ausgezogen, die Culturlosung mit den einzelnen Hefezellen in die Kammer eingesogen und nun mehrere Stunden lang ein moglichst heftiger Kohlensaureslrom durchgeleitet , dann schnell wahrend des Durchleitens mit dem Lothrohr die ausgezogenen Stellen der Leilungsrdhren abgeschmolzen. In den Apparat war ein anderes weites Rohr eingeschaltet, dieses wurde ebenfalls abgeschmolzen, dann unter Kali- losung gebffnet und die Verunreinigung der Kohlensaure im speciellen Falle bestimmt, sie betrug z. B. V1200 Volumen an Luft, also Y 6 ooo Volumen Sauerstoff. Die mit der Kohlensaure eingeschmolzene winzig kleine Menge von Sauerstoff war nun den Hefezellen in der Cultur zu ihrer Entwicklung geboten. Es war nach den friiheren Resultaten vorherzusehen , dass sie schnell verbraucht sein wurde, und es handelte sich nun darum, ob dann noch ein weiteres Wachsthum der Hefe erfolgen konne. Bei den ersten Culturen dieser Art, die bei einer Zimmertemperatur von 43 — 4 4° C. an- gesetzt waren, wuchsen die Hefezellen 2 Tage, aus je einer Zelle wurde in einer Aussaat, worin bei 300facher Vergrosserung 5 — 6 einzelne Zellen im Gesichtsfelde lagen und je einzeln mit absoluter Sicherheit verfolgt werden konnten, etwa 5—8 neue Sprosse, dann stand, offenbar mit dem Verzehr des freien Sauerstoffes in der Kammer, das Wachsthum still. Aber die nicht mehr wachsenden Hefenzellen blieben zunachst am Leben, erst in einigen Tagen verloren sie ihr gewohnliches Ansehen, die Vacuolen verschwanden und sie bekamen etwas dickere Membranen ; dabei nahm der Zellinhalt ein gleichformiges, vollig kornchenfreies, stark lichtbrechendes Ansehen an. Nach etwa 8 — 10 Tagen (verschieden, je nach der Tempera- tur) farbte sich der Inhalt gelb, die Zellen schrumpften stark zusammen und waren spatestens in I 4 Tagen alle todt. — Es konnte nun gegen diese Versuche der Einwand erhoben werden , dass die Hefezellen etwa aus Mangel an Nahrung oder durch sonstige Ursachen so wie so zu Grunde gegangen waren. Wurde nun auch ein solcher Einwand durch die Control- cultur allein schon beseitigt, in welcher ein sehr starkes Wachsthum und Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. IV. 34 508 Dr. Oscar Brefeld. Vermehrung der Hefe bis zur volligen Verdunkelung des Gesichtsfeldes durch Hefezellen eintrat, ich begniigte mich nicht damit, sondern saete in den ersten Fallen in die Culturlosung der geoffneten Karnmer, worin alles abgestoiben war, mil Hilfe eines ausgegliihten, in reiche Hefemischung eingetauchten Platindrahtes frische Hefezellen aus. Sie wuchsen in jedem Falle wie in frischer Bierwiirze aus und vermehrten sich durch den ganzen Culturtropfen. In den weiteren Fallen beobachtete ich die in den Kammern wie fruher eingeschmolzenen Hefenzellen so lange , bis kein Wachsthum mehr erfolgte, dann wartete ich 2 — 4 u. 6 Tage, offnete unter Abbrechen der Spitze die Karnmer und liess Luft zutreten; jedesmal begannen die noch lebenden Hefezellen sofort neu auszuwachsen und sich wie fruher zu vermehren. Ich will noch beifugen, dass im Sommer bei 25° C. die eingeschlossenen Hefezellen in der Frist von 12 Stunden die Spur von Sauer- stoff in dein Culturtropfchen und in der eingeschlossenen Kohlensaure der Karnmer bereits verzehrt haben und von da an nicht weiter wachsen. Beim Oeffnen der Karnmer unter Wasser war stets durch heftiges Austreten von Gas activer Druck bemerkbar, auch dann, wenn die Temperatur beim Oeffnen niedriger war, als beim Zuschmelzen. Der Druck nahm zu mit der Lange der Zeit, schon ein Beweis , dass die Gahrung noch fort— dauerte nach dem Slillstande des Wachsthums der Hefezellen. Es geht aus diesen hier cursorisch beschriebenen Versuchen auf's Unzweifelhafteste hervor, dass die Hefe ohne freien Sauerstoff nicht wachsen kann. Pasteur's Annahme, dass die Hefe im Gegensatze zu alien anderen lebenden Organismen von ge- bundenem Sauerstoff leben und wachsen konne, entbehrt hiernach durchaus der thatsachlichen Begriindung. Da wei- ter nach der Pas TEUR'sche n Theorie auf eben dieser Eigen- thumlichkeit der Hefe, von gebundenem Sauerstoff leben und wachsen zu konnen, der Process der Gahrung beruht, so ist folgerichtig die ganze Theorie, die sich so allgemei- nen Bei fa lies erfreut, unhaltbar geworden, sie ist einfach unrichtig. — Doch mit diesem negativen Besultate, dass die Hefe ohne freien Sauerstoff nicht wachsen kann, ist durch die mitgetheilten Versuche ein anderes entschieden positives Ergebniss gewonnen, die Thatsache namlich, dass die Hefe innerhalb der Nahrlosung eine wun- derbare Anziehung zum freien Sauerstoff besitzt, dass ein- zelne Hefezellen in der kurzen Frist von einigen Stunden die minimalsten Mengen von freiem Sauerstoff aus weiter Umgebung an sich zu ziehen vermOgen, mit ihrer Hilfe ihr Wachsthum, ihren natUrlichen Lebensprocess zu vollziehen. Wollte ich durch einen Vergleich diese Anziehungskraft der Hefezellen ftir freien Sauerstoff klarer zu machen versuchen, so konnte ich an die Fahii;- keit der grUnen Blatter erinnern , im Lichte die Spuren von Kohlensaure Untersuchungen liber die Alkoliolgahrung. 509 in der Luft zu ihrer Nahrung an sich zu Ziehen. Von mehr chemi- schem Gesichtspunkte aufgefasst, kbnnte man nach diesem Verhalten derHefe zum freien Sauerstoff dann, wenn ihr in Nahrlbsung die Mbglichkeit des Wachsens gegeben ist, die Hefe auch als ein ausserst feines Reagenz auf freien Sauerstoff bezeichnen, geeignet, die feinsten Spuren nach- zuweisen und zu entfernen. In dieser rapiden Anziehung fur freien Sauerstoff steht die Hefe unter den Schimmelpilzen und ihren nachsten V T ervvandten fast einzig da. Sie vermbgen in gewbhnlicher Kohlensaure, welcbe Spuren oder nur geringe Mengen von Sauerstoff beigemengt enthalt, nicht zu wachsen, sie sterben in kiirzerer oder langerer Zeit, verschieden nach den einzelnen Gattungen und Arten ab; nur eine einzige Ausnahme habe ich bis jetzt gefunden , die mit der Hefe ubereinstimmt in der An- ziehung zum freien Sauerstoff, es ist der Mucor racemosas , der (nebst seinen nachsten Verwandten) einzig unter seinen zahlreichen Stammes- genossen , wie die Hefe, in Zuckerlbsung alkoholische Gahrung hervorzu- bringen vermag. Nach der Erledigung unserer ersten Frage durch die that- sachliche Constatirung, dass Hefe ohne freien Sauerstoff nicht wachsen kann, kommen wir nun zur zweiten. Sie lautet: Kann die nicht wachsende Hefe, die Hefe, welche keinen freien Sauerstoff vorfindet, in Zuckerlbsung Gahrung erregen? Zur Beant- wortung dieser Frage leistete das gewonnene Resultat, die Eigenschaft der Hefe, den ihr gebotenen freien Sauerstoff schnell und vollstandig an sich zu ziehen, vorziigliche Dienste. Ich fiiilte einen grossen Ballon von 3 Litre Inhalt mit einer ausgekochten 1 procentigen Lbsung von Candiszucker, vertheilte darin etwa 18 Gramm Hefe halbtrockener weicher Beschaffenheit und verschloss nun den Ballon mit einem doppelt durchbohrten mit zwei gebogenen Glasrbhren versehenen Kautschukpfropfen so dicht als mbglich. Zwischen dem Korke und der Fliissigkeit blieb in dem engen Halse des Kolbens ein lufterfiillter Raum von etwa 2 Zoll Hbhe. Ich leitete nun bald nach dem Verschlusse durch das eine Bohr, welches bis nahe an die Oberflache der Fliissigkeit ging, einen starken Strom von Kohlensaure iiber diese, weicher aus dem zweiten an seiner umgebogenen Spitze unter Queck- silber miindenden Rohre w 7 ieder austrat. Schon nach 1 / i — ! / 2 Stunde begann eine sehr starke Gahrung, eine heftige Entwicklung von Kohlensaure in der Fliissigkeit, welche in Form kleinerer oder grbsserer Blasen entwich. Als sie einige Stunden fortgedauert hatte, beschloss ich das Durchleilen von Kohlensaure, indem ich das Leitungsrohr an einer vorher diinn aus- gezogenen Stelle abschmolz. In dem Ballon befanden sich geringe Mengen atmospharischer Luft, welche die ausgekochte Fliissigkeit wahrend des Erkaltens wieder gelbst hatte, sie war aber zum Theil, ebenso wie die Luft des todten Raumes, durch den stark iibergeleitelen Strom von Kohlen- 34* 510 Dr. Oscar Brefeld. saure wieder entfernt. Von dieser kleinen Menge freien Sauerstoffes , die also die Flussigkeit enthielt, konnte die Hefe wachsen. Diese Mengen Sauerstoff mogen vielleicht den spurenhaften Verunreinigungen des weissen Candiszuckers entsprechen und den unvermeidlichen Beimengungen der Hefe, welche alle zusammen als Nahrstoffe ein Wachsthum der Hefe, freilich nur ein sehr unbedeutendes, ermoglichen. Die Menge der in der Zucker- losung suspendirten Hefe war so gross, dass bei 300facher Vergrosserung unter Deckglas das Gesichtsfeld mehrere hundert Zellen aufwies. Ver- mochten nun in den frUheren Versuchen wenige, vielleicht der 50ste Theil der Hefezellen den freien Sauerstoff aus dem Tropfchen Nahrlosung und aus der weiten Umgebung von Kohlensaure in der Frist von 12 Stunden vollstandig an sich zu Ziehen, so kann man nach Analogie wohl mit Sicher- heit schliessen , dass hier gleich mit dem Beginn der Gahrung ocler viel- leicht nach einigen Stunden, aber doch sicher nach etwa 12 bis 24 Stunden aller in der Flussigkeit vorhandene freie Sauerstoff verbraucht ist. Wenn nun die nicht wachsende Hefe keine Gahrung zu erregen vermochte, so mUsste doch spatestens nach 24 Stunden in dem Ballon Stillstand einge- treten sein. Dies war aber nicht bios nicht der Fall, sondern die Flussig- keit gohr 14 Tage lang fast ungeschwacht fort, so lange, bis aller Zucker in Kohlensaure, Alkohol, Bernsteinsaure , Glycerin etc. zersetzt war. Die zu verschiedenen Zeiten in Kalilosung aufgefangene Kohlensaure erwies sich als vollstandig rein, sie wurde in Kalilosung vollstandig absorbirt. Es geht aus diesem Versuche wiederum mit Sicherheit hervor, dass die nicht wachsende Hefe Gahrung zu erregen vermag. Die Nebenfrage , ob denn diese Hefezellen noch lebten , liess sich leicht ent- scheiden. Ich hob die klare ausgegohrene Flussigkeit von dem Hefesedi- ment ab, und untersuchte erstens eine Probe mit dem Mikroskop, dann weiter eine zweite im Wege der Cultur in normaler Nahrlosung. Die Beobachtung ergab, dass die Hefe zum grossen Theile noch lebendig war, dass sie sich aber in dem eigenthUmlichen Zustande befand, den ich frUher beschrieben habe, ein Zustand , aus dem sie, mit Wasser benetzt, sehr bald zu normalem Aussehen zurUckging. In den Culturen wuchsen die Hefenzeilen freilich langsamer als sonst, aber doch mit wenigen Ausnahmen nach einigen Stunden aus 1 ). Noch will ich bemerken, dass dieselbe Hefe nachher zwei Mai mit neuer Zuckerlosung versetzt, Gahrung erregte, freilich in jedem spateren Versuche mit verminderter Energie, und der verminder- ten Energie entsprach das vermehrte Absterben der Hefezellen. Es ist also die lebende, nicht wachsende Zelle, welche in diesem 1) Eine zweite Nebenfrage, ob die Gahrung erregende Hefezellc einen SlolT, eine Verbindung erzeuge, welche den Zucker spaltet, blieb nicht unberiicksichti^t. Durch kein Mittel war es moglich , einen solchen Stoff zu gcwinnen und rein dar- zustellen. Untersuchungen liber die Alkoholgahrung. 511 Falle Gahrung zu erregen vermag, die Fahigkeit erlischt mit dem Tode der Hefe. Bei der Kenntniss der hier mitgetheilten Thatsachen miissen wir nothwendig mit einigem Erstaunen fragen, wo her es denn aber kommt, dass in Nahrlbsungen , deren Oberflache der freien Luft ausgesetzt ist, wo hachweislich die Hefe ganz bedeu- tend wachst, die Erscheinung der Gahrung auch eintritt? Wir ha Id en ja gerade constatirt, dass die nicht wachsende Hefe es ist, welche Gahrung in Zuckerlosung h er vorb ringt, und hier ist es ja doch die wachsende Hefe, welche, wenig- stens dem Anscheine nach, die Gahrung erregt. Hiermit sind wir an die dritte Frage gekommen, welche vornehmlich der Aufklarung bedarf. Betrachten wir die sicheren Thatsachen, welche unsere Versuche lehr- ten, wenden wir sie mit ruhiger Ueberlegung auf die Vorgange an, welche jede Beobachtung in der Technik leicht ergiebt, so verschwindet bald der scheinbare Widerspruch und jeder Vorgang lasst sich nicht nur mit Leich- tigkeit durch die bekannten Thatsachen erklaren, liefert vielmehr noch die weiteren sichersten Beweise fur ihre Richtigkeit, wenn sie uberhaupt wei- teren Beweises bediirftig waren. Wir wissen erstens, dass die Hefezellen die Fahigkeit besitzen, sich sehr schnell zu vermehren und, dieser schnellen Vermehrung entsprechend, den freien Sauerstoff zu ihrem Wachsthum aus den Medien, in welchen sie leben, rapide und vollstandig an sich zu Ziehen. Jede gahrungsfahige Mischung, Maische, Wiirze u. s. w. erhait mit der Abkiihlung diejenige Menge Luft, welche ihrer Lbsungskraft fur Stickstoff und Sauerstoff bei dem herrschenden Druck und der Temperatur der Lbsung entspricht. Wird demnach Hefe in eine Flussigkeit gegeben, welche ihr als Nahrlbsung dienen und gleichzeitig vergahren kann, so wird sie bald alien in der Flussigkeit vorhandenen freien Sauerstoff bei ihrem rapiden Wachsthum an sich Ziehen. Wir werden also im Beginne der Operation nur allein starkes Wachsthum der Hefe haben miissen. Jede Untersuchung mit dem Mikro- skope bestatigt diese nach unseren Beobachtungen nothwendige Annahme als vollkommen richtig und zutreffend. Mit fortschreitendem Wachsthum wird der freie Sauerstoff in der Flussigkeit verzehrt werden , und zwar muss diess in verschiedener Frist geschehen, um so schneller, je hbher die Temperatur ist, welche das Wachsthum der Hefe so ausserordentlich be- gunstigt, und je mehr Hefe man zugesetzt hat; um so langsamer hingegen, je weniger Hefe man zusetzt und je weniger die Temperatur ihre Ent- wicklung fbrdert. In den Brennereien, wo bei 18°R. die Hefe zur Maische in grosser Menge zugesetzt wird, ist der freie Sauerstoff in 6 bis 8 Stunden verzehrt und die Gahrung beginnt; bis zu diesem Punkte zeigt das Mikro- skop, dass alle Hefe in lebhaftester Sprossung begriffen ist. In den Brauereien, 512 Dr. Oscar Brefeld. wo man die Gahrung zu begrenzen sucht, die Temperatur durch Abkiihlen auf 8° herabstimmt und weniger Hefe zur Erregung der Gahrung zusetzt, dauert es ein bis zwei Tage bis sie beginnt, bis aller Sauerstoff in der Fliissig- keit verzehrt ist und damit das Wachsthum aufhbrt. Beim Most, welcher keinen Hefenzusatz bekommt, indem man die Hefekeime, welche aussen an der Schale der Trauben haften, als Gahrungserreger verwendet, im Verhaltniss zu den kunstlichen Gahrungen eine sehr geringe Menge, dauert es 4 bis 5 Tage, bis mit dem Stillstande des Wachsthums die Gahrung anhebt. Mikroskopische Beobachtungen bestatigen genau diese Angaben. Ist nun durch lebhaftes Wachsthum im Anfange der freie Sauerstoff in der Gahrflussigkeit von der Hefe verzehrt, so wird neuer Sauerstoff von der Oberflache her aus der Luft in die Fliissigkeit eindringen, diess kann aber nur langsam geschehen und bei weitem nicht mit der Schnelligkeit, als er durch die nun stark vermehrte Hefe verzehrt wird. Es ist ganz unmbglich, dass von aussen der Sauerstoff an alle Stellen der Fliissigkeit vordringt und zvvar in dem Maasse, als er vergriffen wird, er wird vielmehr schon von den Zellen in der obersten Schicht festgehalten werden, und wo diess geschieht, wird Wachsthum der Hefe nach Massgabe der Zufuhr von Sauer- stoff fortdauern. Im Innern der Fliissigkeit hingegen, wo die Luft verzehrt ist, befinden sich die Hefezellen in derselben Lage wie in den Kammern eingeschmolzen und wie in reiner Zuckerlbsung, sie fahren fort den Zucker als Nahrlosung in sich aufzunehmen, aber sie konnen ihn, eben weil der freie Sauerstoff fehlt, nicht zum Wachsen verwenden und scheiden ihn nun in zersetzter Form wieder ab. Wir konnen also sagen, die Gahrung tritt dann in der Fliissigkeit ein, wenn aller Sauerstoff verzehrt ist, und sie dauert fort, solange der Sauerstoff fehlt und iiberall dort, wo er fehlt, und solange als Zucker vorhanden und die Hefe- zellen leben dig bleiben. Anfangs haben wir also nur Wachsthum , mit dem Ausgehen des Sauerstoffs in der Gahrflussigkeit tritt die Gahrung ein , und Wachsthum findet nur mehr an der Oberflache in unbedeutendem Grade stalt, wo eben neuer Sauerstoff hingelangt. Der Process zerfallt in zwei Abschnitte : in einen ersten kurzen des Wachsthums und einen zweiten langen der Gahrung. Beide Processe folgen sich der Zeit nach, der erste hort auf mit dem Consum des freien Sauer- stoffes ; der zweite beginnt erst nach dem Verzehr desselben. Nichts ist leichter zu beobachten , als dass die gahrende Hefe nicht wachst. Hiefur bietet der Most das giinstigste Object. Hier gahrt die Hefe, in heschrankter Menge vorhanden, vollstiindig aus, beim Bier u. s. w. liisst man sie nur bis zum bestimmten Punkte gabren, um sie fiir weitere Vermehrung und Cultur zu verwenden. Bis zum Beginne der Gahrung beim Most sprosst die Hefe in der Fliissigkeit, sie ist schwer, die gesunde, kraftige Hefe und Untersuchungen liber die Alkohotgahrung. 513 sinkt mit der mechanischen Verunreinigung zu Boden. Im dicken Nieder- scblage, der sich zusammenballt, wird bei der Menge der Hefe zuerst der Sauerstoff verzehrt sein, in ihm die Gahrung, die Abscheidung der Kohlen- siiure beginnen. Sie beginnt so stark, dass das ganze Sediment durch die Kohlensaure nach oben mitgerissen wird. Es sinkt allmahlich , die Hefe Wird durch die Bewegung in der Fliissigkeit vertheilt mit sammt dem Niederschlage. Die letzten Reste von Sauerstoff werden verzehrt und die Gahrung beginnt in alien Zellen. Eine Probe zeigt, dass das Wachsthum aufgehort hat. Mit der Gahrung wird die Hefe aufgetrieben, der mechanisch mitgerissene Schmutz senkt sich, und nach einigen Tagen schon ist die Hefe allein in der Schwebe , der Most hat den Zustand, den man Feder- weiss nennt. Die Hefezellen in ihm schwimmen fast alle einzeln , von Sprossung , Wachsthum ist keine Spur zu sehen. Ein kleiner Theil der Hefezellen hat nur geringe Grosse 1 , es sind nicht besondere Hefeformen, vielmehr nicht ganz ausgewachsene Zellen , fur deren vollkommene Ent- wicklung der Sauerstoff zu friih ausgegangen ist 1 ). Alle Zellen, kleine und grosse, befinden sich in dem beschriebenen homogenen lichtbrechenden Zustande, und dieser ist es , welcher dem Moste eine federweisse Farbe giebt. Ich kann nur annehmen, dass sich noch niemals Jemand die Mtihe gegeben hat , die Hefe wahrend der Gahrung , und zwar wahrend ihrer vollkommenen Gahrung, die nur beim Wein in der Technik vorkommt, von Anfang bis zu Ende gradatim anzusehen ; die grosse Verschiedenheit zwischen wachsender und gahrender Hefe kann gar nicht ubersehen werden. Ware es geschehen, so bestiinden in den Hauptfragen langst keine Meinungs- verschiedenheiten mehr, und Theorien wie die PASTEUR'sche waren un- mbglich gewesen. Was ich fruher im Kleinen beobachtet habe, bietet hier das Experiment im Grossen mit alien Einzelheiten in einer Klarheit und Uebereinstimmung, die Nichts zu wunschen ubrig lasst. — Somit stimmen die Yorgange in der Technik ganz genau mit unseren wissenschaftlichen Beobachtungen, hier besteht nicht nur nichts Unnatiirliches, der Erklarung Widersprechendes, man mtisste sich im Gegentheile wundern, wenn es anders ware. Da nun Wachsthum und Gahrung einander ablbsende Vor- gange sind, Vorgange, welche in grossen Mengen von Fliissigkeit an ihren verschiedenen Stellen recht gut neben einander hergehen konnen, so dass an einer Steile der Fliissigkeit schon Gahrung eintritt, wahrend an einer andern das Wachsthum der Hefezelle noch fortdauert, so miissen wir nothvvendig auch noch [die Nebenfrage beriicksichtigen , ob denn etwa auch ein und. dieselbe Zelle zugleich wachsen und Gahrung erregen kann? DieseFrage ist kaum mit Sicherheit direct zu beantworten ; wir wollen ihr nach 1) Freilich lassen sich verschiedene Hefeformen in der Weinhefe unterscheiden, es sind nicht alle kleine Zellen nicht ausgewachsene Junge, ein Theil stellt wohl beson- dere Formen dar; es ist jedoch nicht hier der Ort naher auf diesen Punkt einzugehen. 514 Dr. Oscar Brefeld. Mbglichkeit indirect naher zu treten suchen. Wir wissen, dass die Gahrung ohne Wachsthum entsteht; die 2te Hauptversuchsreihe lasst hierUber keinen Zweifel bestehen. Wir haben auch durch directe Beobachtung sicherge- stellt, dass in einer gahrungsfahigen Fliissigkeit zu Anfang Wachsthum, erst spater die Gahrung sichtbar eintritt ; es ertibrigt aber zunachst noch mit Sicherheit zu constatiren, dass Wachsthum ohne Gahrung eintritt. Wenn wir auch sehen, dass die Hefe anfangs wachst ohne bemerkbare Gahrung, so ist diess noch kein Beweis, dass wirklich keine Gahrung eintritt, sie kann ja sehr gering sein, so gering, dass sie . ausserlich nicht bemerkbar wird. Den Beweis ftir die Gahrung diirfen wir aber nicht in einer sicht- baren Kohlensaureabscheidung suchen, wir mussen vielmehr auf die Bildung von Alkohol das Hauptgewicht legen und auf seine An- und Abwesenheit priifen, wenn wir sicher sein wollen, ob geringe Gahrung eingetreten ist oder nicht. (Man kbnnte mir ja auch gegen meine bisherigen Versuche einwenden, dass die Hefe die Eigenschaft habe , immerfort wahrend ihrer Entwicklung Zucker zu zerzetzen, um daraus Alkohol und Kohlensaure zu bilden, dass aber erst mit fortschreitender Vermehrung mit der Masse der Hefe diese Eigenthtimlichkeit als Gahrung sichtbar werde; darum ist diese Frage sicher zu entscheiden, nicht ohne fundamentale Wichtigkeit.) Ich machte meine Versuche iiber Wachsthum der Hefe ohne Gahrung zunachst in der Art, dass ich ein bestimmtes Quantum Hefe auf ein grosses Filter verbreitete und den Trichter mit dem Filter in eine Nahrlosung tauchte, so dass nur die Spitze des Filters die Nahrlosung aufsaugte. Die Versuche misslangen vollstandig. Jede, auch die reinste Hefe enthalt Keime von Schimmelpilzen beigemengt, und diese Keime gewinnen an der Luft gegen die Hefe sofort die Oberhand, wahrend sie umgekehrt in Fliissigkeit von der Hefe tiberwunden werden, gegen die sie nicht aufkommen konnen. So war es auch hier ; nach 2 Tagen war die Hefe verschimmelt und damit der Versuch illusorisch geworden. Da diese Versuche zugleich lehrten, dass man eine grosse Oberflache der Culturflussigkeit mbglichst vermeiden muss, wenn man die Entwicklung der Schimmelpilzkeime ausschliessen will, durch eine vergrosserte Oberflache aber, durch vergrosserte Beruhrung der Fliissigkeit mit der Luft ihre Erschopfung an Sauerstoff oder was das- selbe ist, der Ausschluss der Gahrung beim Wachsen der Hefe vermieden werden kann, so sann ich darauf, eine Nahrlosung ftir Hefe herzustellen, in welcher der Zucker durch einen anderen Stoff ersetzt ist, welcher Wachsthum der Hefe befordern kann, ohne durch Hefe in Art des Zuckers zu vergahren. Ich probirte Mannit, Dextrin, Milchzucker u. s. w., aber in alien Lbsungen wuchs die Hefe nicht. Schon glaubte ich, dass es iiber- haupt wohl nicht gelingen werde, hier sichere Beweise ftir die kritische Frage beizubringen, als i°h bei ausgiebigeren Kenntnissen in der Gahrung und bei der Einsicht in die Technik der verschiedenen Gahrmethoden so einfach als mbglich zum Ziele gelangte. Ich uberzeugte mich, dass bei der Untersuchungen iiber die Alkoholgahrung. 515 Bereitung des Weines, welcher bekanntlich durch Selbstgahrung d. h. durch die Hefe bereitet wird, welche aussen auf den Schalen der Trauben haftet, das Wachsthum der Hefe 3 — 5 Tage andauert, ehe Gahrung sichtbar wird. Wiewohl sich schon hier mit Leichtigkeit beweisen liess , dass nicht eine Spur von Alkohol gebildet wird, so lange die Hefe wachst bis zu dem Punkte, wo sie in Menge in der Flussigkeit vorhanden ist, so machte ich doch noch zum ganz sicheren Beweise den Versuch in etwas veranderter Art nach. Ich nahm eine grosse Menge frischer, ausgekochler ganz klar filtrirter Wurze, setzte hierzu soviel Hefe, als an einer Nadelspitze hangen blieb, also eine ganz unwagbare Spur. Im warmen Ziminer im ganz geftillten Kolben trat die lebhafteste Sprossung und Vermehrung der Hefe ein. Ich trug am Abende den Kolben in eine Temperatur bis Null, wo die Hefe schnell zu wachsen nachlasst und Gahrung vermieden wird. Am andern Morgen hatte sie sich in einer dunnen Lage am Boden des Kolbens abge- setzt. Ich zog die Wtirze nun auf einen 2ten Kolben ab und brachte die Hefe aufs Filter. Bei Tage stellte ich den Kolben wieder warm und liess ihn wahrend der Nacht abkuhlen. Die Vermehrung der Hefe uberschritt so niemals den Punkt, wo der Sauerstoff in der Flussigkeit ausgeht und Gahrung beginnt, weil eben zu wenig Hefe im Kolben ist. Die frisch ge- wachsene Hefe ist sehr schwer , sie senkt sich beim Abkuhlen leicht zu Boden , und so kann der tagliche Ueberschuss entfernt werden , es bleibt dann in der Flussigkeit zur weiteren Entwicklung noch genug zuriick. In dieser Weise wurde eis mir leicht, eine grosse Menge von Hefe durch Wachsthum zu gewinnen und Gahrung aus- z uschl ie ssen. Die abdestillirte Wiirze ergab nicht eine Spur von Alkohol im Destillat. — So sicher nun also Gahrung ohne Wachsthum der Hefe eintritt, ebenso sicher erfolgt Wachsthum ohne jede Gahrung. — Gehen wir nun zur ersten Frage zurUck, ob auch Wachsthum und Gahrung in einer Zelle zugleich stattfinden kann, so kann man sich vom rein theoretischen Standpunkte aus beide Vorgange in einer Zelle vereinigt recht wohl denken, ob es aber in Wirklichkeit so ist, wie man sich vorstellen kann, ist eine andere Frage, die nicht sicher zu entscheiden ist. Die Hefe braucht Zucker, Nahrsalze und freien Sauerstoff zum normalen Wachsthum. Wenn nun alle drei in dem Verhaltnisse von der Hefezelle aufgenommen werden kbnnen, welches der normalen Ernahrung, dem normalen Wachsthum entspricht, dann tritt keine Gahrung ein, sowie aber mehr Zucker aufgenommen wird, resp. die Nahrlbsung im Augenblick mehr Zucker enthalt als Nahrsalze und Sauer- stoff, also von einem Nahrstoff mehr als der Mitwirkung und der Gegen- wart und Mitwirkung der anderen zur vollkommenen Weiterentwicklung entspricht, so wird dieser in Missverhaltniss aufgenommene und daher zum Wachsen nicht gleich verwendbare Zucker in Alkohol und Kohlensaure u. s. w. zersetzt, abgeschieden. Hat in einer NahrflUssigkeit zugleich 516 Dr. Oscar Brefeld. Vermehrung der Hefe und Gahrung stattgefunden , so ist sicher, dass an- fangs bloss Vermehrung, am Ende nur Gahrung eintrat, ob Dicht aber in einem Punkte, ehe der Sauersto-ff in der Fliissigkeit zur Neige ging, schon neben langsamerem Wachsthum eine gelinde Gahrung eintrat, ob also beide zu Anfang und zu Ende getrennte Vorgange nicht kurze Zeit neben einander bestehen , oder ob sie der Zeit nach vollkommen [getrennt auf einander folgen, kann durch Versuche nicht erwiesen werden. Ich will die Thatsachen der Untersuchung in dieser Mittheilung nicht weiter ausdehnen, sie reichen hin, um uns den Begriff der Gahrung klarer zu machen , als es bisher mbglich war , ihr einen praciseren , das Wesen der Thatsache besser aussprechenden Ausdruck zu geben : Di e Vergah rung des Zuckers durch Hefe ist der Ausdruck einer abnormalen, unvollkommenen Lebenserscheinung und diese Lebenserscheinung tritt dann ein, wenn die zur nor- malen Entwicklung der Hefe nothwendigen Nahrstoffe nicht in zutreffender Weise zusammen wirken. Die Gahrung ist eine pathologische Erscheinung, welche anfangt mit dem Momente, wo die Hefe in nicht erschbpfter Nahrlbsung nicht mehr wachsen kann, die aufhbrt mit dem Tode der Hef ez elle. Bei den Eigenschaften der Hefe, rapide zu wachsen und dem ent- sprechend schnell und energisch den freien Sauerstoff an sich zu ziehen, bei der weiteren Eigenthtimlichkeit in Fliissigkeiten zu leben, die nur ver- haltnissmassig wenig gelbsten Sauerstoff zur Verfugung haben, ist es ganz begreifli. il, dass die einer solchen Pflanze normal entsprechenden Lebens- bedingungen nur fur kurze Zeit obwalten kbnnen, dass sie durch sie selbst bald abnormal werden und nun hierdurch die abnormale Lebenserscheinung, die Gahrung eintritt; beide, die abnormale und normale, kbnnen in ein und derselben Nahrlbsung neben einander, vielleicht sogar in einer Zelle mit einander gehen. Weiter geht unsere Aufklarung vorlaufig nicht und wollen wir die Frage weiter stellen , wie es kommt , dass die Hefe diese eigenthumliche abnormale Lebenserscheinung zeigt, wie es kommt, dass sie sie wochenlang zeigt, so ist die Antwort einfach und kurz — das wissen wir nicht. Es ist eine Lebenserscheinung abnormaler Art, deren Bedingungen und Resultate zunachst der Erklarung bediirfen, deren Ur- grund uns wenigstens vorlaufig verschlossen bleibt. Hier fangt die Hypothese an, welche ich vorlaufig von meiner Fragestellung ausgeschlossen habe. In nachstehenden Satzen will ich die Hauptergebnisse der Unter- suchung kurz zusammenfassen. 1. Die Alkohol-IIefe hat, wie alle Pflanzen , zu ihrer vegelntiven Ent- wicklung und Vermehrung die Mitwirkung des freien SauorstoH's nbthig. - Utitersucbungen liber die Alkoholgahrung. 517 2. Bei Luftabschluss , beim Abschluss von freiem Sauerstoff kann die Hefe in Nahrlbsung nicht wachsen. 3. Es ist unrichtig anzunehmen, dass die Hefe statt freien, gebundenen Sauerstoff fiir ihre Entwicklung und Vermehrung aus sauerstoff- reiehen Verbindungen, wie z. B. Zucker, entnehmen kann. 4. Es ist weiter unrichtig, dass auf dieser der Hefe zuerkannten Eigen- thiimlichkeit von gebundenem Sauerstoff zu vegetiren, zu wachsen, der Process der Gahrung beruht. 5. Die nicht wachsende, vom Zutritt des freien Sauerstoffs abgeschlos- sene lebende Hefezelle erregt in Zuckerlosung alkoholische Gahrung. 6. Die Hefe geht in diesem Falle allmahlich in einen eigenthiirnlichen Zustand liber, in welchem sie sich durch gleichmassigen, kbrnchen- freien Inhalt, Mangel an Vacuolen, starkes Lichtbrechungsvermbgen und dicke Membramen in hbchst charakteristischer Weise von der wachsenden sprossenden Hefe auszeichnet. In Wasser quillt die in diesem Zustande noch lebendige Hefe von Neuem auf und zeigt nun das bekannte Ansehen der theiiweise vergohrenen Zellen, wie sie in den Gahrbottichen nach der Gahrung und auch im Handel vor- kommen. 7. Die Gahrung ist der Ausdruck eines abnormalen unvollkommenen Lebensprocesses , bei welchem die zur Ernahrung der Hefe noth- wendigen Stoffe, Zucker, stickstoffhaltige und mineralische Bestand- theile und freier Sauerstoff, nicht alle gleichzeitig und harmonisch zusammenwirken zum Wachsthum der Hefe. Der hierzu allein oder im Missverhaltnisse zu den iibrigen Nahrsubstanzen aufgenommene Zucker wird von der Hefezelle in Kohlensaure und Alkohol u. s. w. zersetzt wieder ausgeschieden. 8. Die Hefe vermag diesen abnormalen Lebensprocess unter langsamer Abschwachung ihrer Lebenskraft wochenlang fortzusetzen. Allmah- lich gahrt sie sich zu Tode, wenn der Zuckergehalt der Nahrlbsung weiter reicht, als ihre Lebenskraft. Ist diess nicht der Fall, der Zucker der Nahrlbsung vergohren, die Kraft der Hefe nicht erschbpft, so vermag sie wenigstens 9 Monate lang in dem in 6 geschilderten Zustande lebensfahig auszudauern. 9. Die Hefezelle hat in Nahrlbsung eine grosse Anziehung zum freien Sauerstoff, sie vermag so in Kohlensaure zu wachsen , welche we- niger als Y 6000 Volumen freien Sauerstoff enthalt, und den Sauerstoff vollstandig aufzunehmen. Die Hefe ist durch diese Eigenschaft als ein ausserst feines Reagens auf freien Sauerstoff anzusehen. 10. Diese Anziehung zum freien Sauerstoff ist eine besondere Eigen- thtimlichkeit der Hefe , sie kommt den Schimmelpilzen , mit Aus- nahme des Mucor racemosus und seiner nachsten Verwandten, nicht zu. 518 Dr. Oscar Brefeld. Untersuchungen uber die Alkoholgahrung. \ 4 . Durch die starke Anziehung der Hefe zum freien Sauerstoff, ver- bunden mit ihrer Eigenthumlichkeit, in Fliissigkeiten zu leben, sich sehr schnell zu vermehren und zu wachsen , tritt in den fliissigen Medien, worin die Hefe wachst, leicht Mangel an freiem Sauerstoff und damit die Erscheinung der Gahrung ein. wie z. B. in den Brauereien , in der Technik , mit anderen Worten , die Hefe bringt sich selbst in abnormale Lebensverhaltnisse. 4 2. Es lasst sich nachweisen, dass die Hefe unter den geeigneten Um- standen bei normaler Ernahrung wachst ohne Gahrung zu erregen, es lasst sich weiter sicher stellen, dass Gahrung ohne Wachsthum der Hefe eintritt. 43. In Nahrflussigkeiten , welche mit ihrer Oberflache der Luft ausge- setzt sind, erfolgt Wachsthum und Gahrung an verschiedenen Stellen zugleich, die Gahrung dort, wo der freie Sauerstoff verzehrt ist, das Wachsthum dort, wo er noch vorhanden und von Neuem zu- treten kann. 4 4. Da Wachsthum und Gahrung nach der Gegenwart und dem Mangel von Sauerstoff in der Nahrflussigkeit sich ablosende Erscheinungen sind, so ist vom rein theoretischen Standpunkte aus die Mbglichkeit nicht ausgeschlossen , dass Wachsthum und Gahrung eine kurze Zeit in einer Hefezelle zugleich stattfinden kbnnen , dass also die wachsende Hefezelle den im Missverhaltniss zum gebotenen freien Sauerstoff aufgenommenen Zucker vergahrt. XVI. Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. Von Dr. Hugo de Vries. In Anschluss an die von Sachs in der 3. Auflage des Lehrbuchs des Botanik S. 683 — 694. veroffentlichten Untersuchungen iiber die all— gemeinen Eigenschaften wachsender Pflanzentheile, habe ich im botanischen Institut zu Wiirzburg einige Versuche gemacht iiber die Vertheilung der Dehnbarkeit und der mit dieser verwandten mechanischen Eigenschaften der wachsenden Strecke der Stengel , und die Beziehung der Vertheilung dieser Eigenschaften zu der Curve der Partialzuwachse aufgesucht. Der Zweck dieser Arbeit war die Gewinnung von Anhaltspunkten fiir eine Untersuchung derjenigen physikalischen Eigenschaften der wachsenden Zelle, welche bei der Theorie des Wachsthums die bedeutendste Rolle spielen. Ich theile die durch diese vorlaufigen Versuche gewonnenen Resultate hier mit, weil die Untersuchung selbst lange Zeit in Anspruch nehmen dttrfte, und die Kenntniss der gefundenen Thatsachen, wie ich glaube, in manchen Punkten zur Vermeidung von Irrthtimern und zu einer klareren Einsicht in die zu losenden Probleme fiihren kann. Aus dem namlichen Grunde sei es mir erlaubt, einige theoretische Auseinandersetzungen voraus zu schicken, deren Zweck wesentlich nur der ist, eine genaue Fragestellung zu ermbglichen. Ich schliesse mich dabei ganz an die von Sachs 1. c. S. 699. dargelegten Principien an. Nach der von ihm gegebenen Darstellung hat man sich die Vorgange in einer wachsenden Zelle folgendermaassen vorzustellen. Der Inhalt der Zelle zieht aus der Umgebung mit bedeutender Kraft Wasser an sich, und sucht sich dadurch zu vergrbssern. Dieses verursacht einen Druck auf die Zellhaut, welcher diese ausdehnen wird. Giebt. die Zellhaut nach, so nimmt der Inhalt von Neuem Wasser auf und vergrbssert sich. Da aber die 520 Dn. Hugo de Vkies. Zellhaut elastisch ist, d. h. ihren frtlheren Zustand zuriick zu erlangen strebt, setzt sie der Ausdehnung einen Widerstand entgegen , welcher bei stets zunehmender Dehnung endlich der dehnenden Kraft gleich werden kann. Der Inhalt ubt. also einen Druck auf die Haut aus, vermbge seiner Anziehungskraft zum Wasser, die Haut Ubt vermbge ihrer Elasticitat einen, selbstverstandlich im Gleichgewichtszustande jenem gleich grossen Druck auf den Inhalt aus. In diesem Zustand heisst die Zelle turgescent, der Druck des Inhaltes auf die Haut heisst der Turgor. Aus einfachen Versuchen und Beobachtungen lassen sich nun folgende fur die Beurtheilung der Vorgange in einer solchen Zelle, werthvolle That- sachen folgern. 1. Die Turgescenz ist eine Bedingung des Wachsthums. Dieser Satz lasst sich daraus folgern , dass das Wachsthum im welken Zustand aufhbrt oder doch sehr gering wird, dass es aber durch reichliche Wasserzufuhr gesteigert wird. 2. Wachsende Zellhaute sind in hohem Maasse dehnbar. Man kann sich von dieser Thatsache bei jedem nicht sproden Spross mit grosser wachsenden Strecke durch Dehnung mit den Handen leicht iiber- zeugen ; beim langsamen Ziehen beobachtet man vor dem Zerreissen des Sprosses oft eine schon ohne Messung sichtbare Verlangerung. Derselbe rohe Versuch lehrt aber auch , dass zu dieser Dehnung eine ziemlich betrachtliche Kraft erforderlich ist fvergl. auch Sachs, 1. c. S. 689). 3. Wachsende Zellhaute sind sehr elastisch. Fuhrt man in dem letzt- erwahnten Versuch die Dehnung nicht bis zum Zerreissen, so ver- kiirzt sich der Spross sofort nach dem Aufhbren der Dehnung. Die Verkiirzung ist anfangs rasch und bedeutend, wird aber bald sehr langsam ; diese langsame Verkiirzung kann ziemlich lange anhalten, wie man durch Auftragen von Marken auf den Spross vor der Dehnung und durch Messung der Distanzanderungen dieser Marken beobachten kann. Es scheint, dass bei einigermaassen betrachtlicher Dehnung die Sprosse auch durch diese langsame, nachtragliche Zu- sammenziehung nie wieder genau auf ihre friihere Lange zunick- kehren, m. a. W., dass ihre Elasticitat keine vollkommne ist. Es leuchtet ein, dass sowohl die Dehnbarkeit der Sprosse als ihre Elasticitat in erster Linie auf den namlichen Eigenschaften der Zell- haute beruhen. 4. Beim Welken verkiirzen sich wachsende Pflanzentheile sehr be- Iriichtlich. Die einfachste Messung geniigt zur Feststellung dieser Thatsache, aus welcher sich folgern lasst, dass die Zellen im wach- senden Spross durch die Wasseraufnahme des Zellinhaltes sehr stark gedehnt sind. Beim Welken verlicrt der Inhalt einen Theil des Wassers, den er an die verdunstenden Zellhaute abgeben muss; Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 521 dadurch wird das Volumen des Inhalts kleiner und konnen sich die Zellhaute vermoge ihrer Elasticitat zusammenziehen. Nach- tragliche Wasseraufnahme dehnt die Zellen wieder auf die frilhere Lange aus. 5. Spannungen wachsender Pflanzentheile konnen durch das Wachs- thum ausgeglichcn werden. Den besten Beweis dafiir liefert die Thalsache, dass Biegungen, welche wachsenden Stengeltheilen kiinst- lich aufgenothigt werden , fast ganz bleiben , wenn die beugende Ursache weggenommen wird, nachdem die betreffende Strecke aus- gewachsen ist. Die bei der Biegung convexe Seite war kunstlich gedehnt und ist durch das Wachsthum in diesem Zustande wirklich langer geworden, als die ubrigen Seiten. Die nickenden Stiele vieler Bliithenknospen verdanken ihre Kriimmung allein dem Gewicht ihrer Gipfelknospe ; schneidet man die Knospe ab, so beobachtet man, dass wenigstens ein sehr betrachtlicher Theil der Kriimmung bleibt. Hieraus ergiebt sich, dass diese Kriimmung durch das Wachsthum dauernd geworden ist, und erst durch weiteres Wachsthum wieder aufgehoben werden kann. Halt man diese Thatsachen mit der obigen Darstellung des Zustandes einer wachsenden Zelle zusammen , so wird es wenigstens sehr wahr- scheinlich, dass die Dehnung der Zellhaute durch den Turgor auf das Wachsthum dieser Haute fordernd einwirken wird. Die Zellhaut der wachsenden Zelle ist stark gedehnt , das Wachsthum sucht die Dehnung auszugleichen. Sobald dieses auch nur theilweise geschehen ist, ist da- durch die Spannung der Haut geringer geworden. Diese elastische Span- nung hielt aber dem Streben des Inhaltes, Wasser aufzunehmen und sich dadurch zu vergrbssern , das Gleichgewicht. Die Verminderung der ent- gegenwirkenden Spannung der Haut muss also eine neue Wasseraufnahme des Inhaltes veranlassen , wodurch die Haut abermals gespannt wird, bis der hbchste Turgor wieder erreicht ist. Dabei ist nun die Haut langer als kurz vorher, im Zustande hbchster Spannung, da sie ja gewachsen ist. Die neue Dehnung der Haut verursacht auf's Neue eine Ausgleichung durch das Wachsthum, und so geht es weiter. Die Dehnung verursacht das Wachsthum, und das Wachsthum ermbglicht die weitere Dehnung. Aus dieser von Sachs gegebenen Schilderung des Wachsthums einer Zelle sieht man , dass diejenigen Eigenschaften der wachsenden Zellen, deren Kenntniss in erster Linie fur eine Theorie des Wachsthums erforder- lich ist, die Dehnbarkeit und Dehnungselasticitat der Zellhaute, sowie die wasseranziehende Kraft des Zellinhaltes sind. Weiter waren zu erforschen: die Grbsse der im turgescenten Sprosse wirklich vorhandenen Dehnung und der Wassergehalt des Zellinhaltes; dann aber der Einfluss der Dehnung auf das Wachsthum. Bei diesen Untersuchungen kann es selbstverstandlich nicht der Zweck sein, absolute Zahlen fur alle diese Werthe zu erlangen ; 522 Dr. Hugo de Vries. vergleichende Beobachtungen reichen vollkommen hin. Hauptsache ist es aber, die Aenderungen zu erforschen, welche diese Eigenschaften im Laufe der Entwickelung, d. h. mit zunehmendem Alter erfahren. Nur die Kennt- niss des Einflusses des Alters auf die fraglichen Eigenschaften kann zur Erklarung der merkwtirdigcn Thatsacbe fiihren , dass das Wachsthum einer Zelle erst zunimmt, dann ein Maximum erreicht, und spater wieder abnimmt, um endlich ganz aufzuhbren. Neben den obengenannten Eigenschaften, deren Kenntniss man fur die Erklarung der Erscheinungen des normalen Wachsthums braucht, sind dann fur die sehr wichtigen Erscheinungen der durch das Wachsthum entstehenden KrUmmungen und Torsionen Untersuchungen tiber die Bieg- samkeit und Torsionsfahigkeit, und tiber die durch Beugung und Torsion in's Spiel gerufene Elasticitat erwtinscht. Auch bei diesen werden die Beziehungen zum Alter eine Hauptaufgabe sein. Unter alien den hier angeregten Fragen ist die nach der Dehnbarkeit der Zellhaute ohne Zweifel die wichtigste. Es sei daher erlaubt, noch einige theoretische Beobachtungen iiber diese hier einzuschalten. Die Dehnbarkeit kann an verschiedenen Stellen einer Zellhaut eine verschiedene Grbsse besitzen. So lasst sich erwarten, dass in gestreckten oder cylindrischen Zellen in die Lange wachsender Pflanzentheile die Dehn- barkeit der auf der Zellachse senkrechten Theile der Haut eine andere sein wird als die der der Achse parallelen Partieen. Und zwar wird erstere im Allgemeinen eine geringere sein. Vielleicht beruht der bedeutende Unterschied zwischen dem Langenwachsthum und dem Dickenwachsthum sol- cher jungen Pflanzentheile hauptsachlich auf einer derartigen Verschiedenheit. Betrachtet man die Langswande einer in die Lange wachsenden Zelle, so muss der Querschnitt der ganzen Zelle und die Dicke der Zellhaut, oder genauer die gesammte Flachenausdehnung des Querschnittes der Zellhaut einen Einfluss auf die Dehnbarkeit ausiiben. Bei gleicher Beschaffenheit zweier Haute wird dem grbsseren Querschnitt der einen Haut die geringere Dehnbarkeit entsprechen. Im Laufe der Entwickelung einer Zelle von ihrem Entstehen bis zur Erreichung des ausgewachsenen Zustandes andern sich beide genannten Eigenschaften und zwar in der Regel immer in der nam- lichen Richtung. Der Querschnitt der Zelle wird grosser, was bei gleich bleibender Dicke der Zellhaut schon eine Verringerung der Dehnbarkeit der Zelle verursachen wtirde. Dabei nimmt aber auch die Zellhaut an Dicke zu, was gleichfalls die Dehnbarkeit mit zunehmendem Alter ver- ringern muss. Wahrend des Liingen wachsthums erfahrt die Zellhaut auch in ihrer chemischen Zusammensetzung Aenderungen, welche wohl allgemcin zu einer Abnahme des Procentgehaltes an Cellulose, und Zunahme des Gehaltes an verschiedenen andern Kbrpern fuhrt. Im letzten Stadium des Liingcn- wachsthums fuhrt diese chemische Aenderung ohne Zweifel zu einer be- Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 523 deutenclen Verminderung der Dehnbarkeit; es erscheint aber als wahr- scbeinlich', dass ihr Einfluss in dem jiingeren Stadium ein ahnlicher ist. Demnach wiirden aJso die Diekenzunahme der ganzen Zelle, diejenige der Zellhaut, und die chemischen Aenderungen mit zunehmendem Alter eine Abnahme der Dehnbarkeit verursachen. In den wachsenden Zellen ist die Zellhaut durch den Turgor gedehnt. Das Maass dieser Dehnung hangt nicht nur von der Dehnbarkeit der Zell- haut, sondern auch von der dehnenden Kraft, d. h. also der Grbsse der Anziehung des Zellinhaltes zum Wasser ab. Denkt man sich, dass diese Anziehung entweder fortwahrend zunimmt, oder erst zunimmt und spater wieder abnimmt, so kann das Maximum der Dehnung an einer andern Stelle des Sprosses als in der unmittelbaren Nahe des Vegetation spunktes liegen. Ueber die Richtigkeit der einen oder der andern Vorstellung hat der Versuch zu entscheiden. In beiden Fallen aber ist anzunehmen, dass die Dehnung der Zell— haute an verschieden alten Stellen eines wachsenden Sprosses einen ver- schiedenen Werth haben wird. Dehnt man nun einen solchen , in voller Turgescenz befindlichen Spross, und misst man an vorher darauf aufge- tragenen Marken die Verlangerungen der einzelnen kleinen Abtheilungen, so leuchtet ein, dass die beobachteten Ausdehnungen durch zwei Ursachen bestimmt werden. Die erste ist die Dehnbarkeit der Zellhaut, im isolirten Zustand gedacht; die zweite ist die schon vorhandene Dehnung; je grosser die letztere ist, desto geringer wird bei gleicher wirklicher Dehnbarkeit die beobachtete Ausdehnung sein. Diese Betrachtung zeigt, dass Versuche liber die Dehnbarkeit turgescenter Sprosse keineswegs einen directen Schluss tiber die Dehnbarkeit der Zellhaute erlauben. Ware es mbglich, Sprosse in vollig turgorfreiem Zustand zu bekommen, und hatte man dabei die Sicherheit, dass die Haute zugleich faltenlos waren, so wiirden sich solche Gegenstande (z. B. isolirte erschlaffte Markprismen) fur diese Ver- suche besser eignen. Doch ware dabei zu beach ten, dass die Dehnung das Volumen der von den Zellen umschlossenen Raume andert 1 ), und dass dadurch wieder eine Spannung zwischen Inhalt und Haut durch den Ver- such selbst herbeigefuhrt werden kbnnte. Eine directe Lbsung der Frage nach der Dehnbarkeit wird man also nur auf mikroskopischem Wege erwarten diirfen, wo es mbglich sein wird, den Turgor in den Versuchen ganz auszuschliessen. Auch die Dehnungs- elasticitat wird nur durch solche Versuche genau studirt werden kbnnen. Die obigen Auseinandersetzungen mbgen hinreichen um zu zeigen, welche Zwecke sich die Forschung zu stellen hat, um empirische Grund- lagen fur eine mechanische Wachsthumstheorie zu erlangen. Neben den bedeutenden zu uberwindenden Schwerigkeiten mbchte ich noch einen 1) Vergl. Sachs, 1. c. S. 687. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. IV. 35 524 Dr. Hugo de Vries. Umstand zum Schlusse hervorheben. Wie die Dehnbarkeit und Dehnungs- elasticitat nicht eher hinreichend bekannt sein werden , bevor man die einzelnen Zellen und isolirten Zellhaute, oder dock kleinere, vom Turgor befreite Zellhautpartieen der mikroskopischen Forschung unterziehen kann, so wird auch die endgiiltige Entscheidung anderer einschlagigen Fragen nur auf diesem Wege gefunden werden kdnnen. Die Theorie des Wachs- thums der Zelle fordert mikroskopische Untersuchungen an einzelnen Zellen und isolirten Zellentheilen. Bevor man aber zu diesen schreitet, soil man sich makroskopisch iiber die einschlagigen Erscheinungen so genau wie moglich orientiren, um dadurch eine genaue Fragestellung fur die mikro- skopische Forschung zu erhalten. Nur bei einer hinreichenden vorlaufigen Kenntniss derjenigen Erscheinungen, welche dem unbewaffneten Auge sichtbar gemacht werden kdnnen , darf man von der mikroskopischen Forschung wesentliche Resultate erwarten. Um in dieser Richtung wenigstens einen Schritt weiter zu machen, und dadurch eine klarere Einsicht in die zu losenden Fragen zu bekom- men, habe ich vorlaufig versucht, auf experimentellem Weg einige einfache einschlagende Fragen zu beantworten. Sie beziehen sich alle auf die Aen- derungen, welche die Eigenschaften eines wachsenden Sprosses wahrend des Wachsthums erleiden, und zvvar suchte ich speciell die Lage des Maximums dieser Eigenschaften in Beziehung zu der Curve der Partial- zuwachse der Sprosse auf. Die untersuchten Eigenschaften sind die Dehn- barkeit, die Biegsamkeit und die Torsionsfahigkeit; diese wurden deshalb zusammen vorgenommen, weil von ihnen ein ahnliches Verhalten im Voraus zu erwarten war. Dabei wurde zugleich die der Dehnung, der Beugung und der Torsion entgegenwirkende Elasticitat beobachtet. Dann aber wurden Versuche gemacht zur Beantwortung der oben angeregten Frage, an welcher Stelle des Sprosses die Zellhaute durch den Turgor am stark- sten gedehnt sind. Die Beantwortung dieser Frage erschien mir in mehr als einer Hinsicht wiinschenswerth, da sie nicht nur zur Beurtheilung der Resultate der ubrigen nothwendig ist, sondern zumal auch eine wichtige StUtze abgebcn soli fur die oben auseinandergesetzte SACiis'sche Ansicht, dass die Dehnung der Zellhaute eine bedeutende Rolle beim Wachsthum spielt. Die Methode ihrer Losung war die Messung der Partialzusammen- ziehungen wachsender Sprosse wahrend des Welkens. Zusammenziehung beim Welken. Bei Versuchen uber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse ist nach den obigen Knirlerungen in erster Linie die Thatsache zu berucksichtigen, dass die den Versuchen unterworfcnen Sprosse nicht im ungedehnten Zustand zur Ver wen dung kommen, sondern dass ihre Zellhaute durch den Turgor gespannt sind, und dass diese Dehnung wahrscheinlich an verschiedenen Leber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 525 Stellen eine verschieden grosse ist. Die Aufhebung des Turgors durch Wasserverlust wird den elastisch gedehnten Zellhauten die Gelegenheit geben, sich auf diejenige Lange zusammenzuziehen, welehe dem spannungs- losen Zustaod entspricht. Die dabei eintretende Verkurzung kann als Maass der im lurgeseeriten Zustande vorhandenen Dehnung benutzt werden. Eine annahernde Vorstellung von dieser Dehnung kann man dadurch erlangen, dass man den Turgor durch Verdunstung aufhoren lasst und die Zusammenziehung der einzelnen Abtheilungen des Sprosses wahrend der Verdunstung, also beim Welken, beobachtet. Diese Methode liefert zwar, aus unten ausfuhrlich zu besprechenden Griinden, nur annahernde Resul- tate, sie scheint aber die einzige zu sein, welehe auf makroskopischem Wege zum Ziele fuhrt. Es liandelt sieh zuniichst darum, die Vertheilung der Verkiirzung beim Welken in wachsenden Sprossen kennen zu lernen , und sie mit dem Wachsthumszustand des Sprosses zu vergleicfeen. Da aber wahrend des Welkens kein oder nur ein unbedeutendes Wachsthum stattfindet, muss der Wachsthumszustand wiihrend des Welkens aus demjenigen kurze Zeit vor und demjenigen kurze Zeit nach dem Welken abgeleitet werden. So- wohl um diese Zuwachse, als aueh urn die Zusammenziehung in ihrer Vertheilung tlber den Spross kennen zu lernen, Lst es nothwendig, diesen mittelst Marken in einzelne kurze gleiehlange Ablhcilungen einzutheilen und die La'ngenveranderung dieser zu messen. Die nach dieser Methode fur das Wachsthum erhaltenen Zahlen sind die Partialzuwaehse J ), sie werden bekanntlich in Stengeln von mit tie rem Alter von der Gipfelknospe aus erst grosser, erreiehen ein Maximum und nehtnen dann wieder ab. Die nach der namliehen Methode fiir das Welken erhaltenen Zahlen konnte man Partialzusammenziehungen nennen. Nach dieser Auseinandersetzung lasst sich nun die zu beantw ortende Frage specieller in folgender Weise fassen : Fallt das Maximum der Partialzusammenziehung mit dem Maximum der Partialzuwaehse zusammen, oder liegt es in jungeren oder in alteren Thei- len des Sprosses? Unter den Bedingungen, denen die experimentelle Losung dieser Frage zu genugen hat, muss zuerst die Benutzung von Sprossen geeignetem Alter und mit geeignetem Wachsthum hervorgehoben werden. Je langer die wachsende Strecke ist, desto genauer wird die Vergleichung der Lage bei- der Maxima sein kbnnen. Die Lage des Maximums der Partialzuwaehse auf der wachsenden Strecke ist bei verschiedenen Arten eine sehr ver- schiedene. Arten mit einer grbsseren Entfernung dieser Stelle von der Gipfelknospe werden zumal dazu geeignet sein, zu entscheiden, ob das Maximum der Verkurzung beim Welken irgendwo auf der aufsteigenden Seite der Curve der Partialzuwaehse liegt, oder ob es mit dem Maximum I Sachs, Arb. d. Wiirzb. Bot. Inst. Hell HI. p. 419; Flora 1873. p. 323. 35* 526 Dr. Hugo de Vries. dieser zusammenfallt. Bei der Wahl der Arten sind also diese beiden Eigenschaften in Betracht zu ziehen. Auch sind altere Zweige , deren Langenwachsthum nahezu beendet ist, auszuschliessen , da bei ihnen das Maximum der Partialzuwachse zu nahe bei der Gipfelknospe liegt. Soli die Verkiirzung beim Welken in den einzelnen Abschnitten nicht vorherrschend von ausseren, die Geschwindigkeit der Verdunstung beein- flussenden Umstanden bestimmt werden, so ist es nothwendig, dass deren Einwirkung auf die verschiedenen Theile des Sprosses eine mbglichst gleich- massige sei. Die Temperatur und der Feuchtigkeitsgrad der Luft kommen hierbei kaum in Betracht, da sie wohl immer fur sammtliche Querschnitte eines Sprosses dieselben sind. Einen bedeutenden Einfluss dagegen haben die Dicke des Sprosses und die Beschaflenheit der Epidermis. Die meisten Sprosse sind nach ihrem Gipfel zu verjungt, an dem Gipfel ist also die Verdunstungsflache in Beziehung zum Volumen grosser, oft viel grosser als in den aiteren noch wachsenden Theilen. Die Zahl der Stomata auf den Quadratmillimeter berechnet ist selbstverstandlich in der jungen Epidermis grosser als in der ausgewachsenen. Auch ist in den jungeren Theilen die Epidermis weniger vollstandig cuticularisirt und zarter als in aiteren. Diese Ursachen fuhren eine raschere Verdunstung in den jungeren Theilen herbei , welche dort eine starkere Zusammenziehung verursachen kann. Bei sehr stark conischen Sprossen kann sogar der Unterschied in der Ver- dunstung so gross werden, dass die jiingsten dunnsten Theile 'durch den Wasserverlust sterben, ehe die aiteren noch wachsenden das Minimum ihrer Verkiirzung auch nur annahernd erreicht haben. Arten, deren Sprosse diese Unterschiede in der Beschaffenheit der Epidermis und zumal in der Dicke in geringem Maasse besitzen , sind also fUr diese Versuche den ubrigen vorzuziehen. Der Wasserverlust der einzelnen Abschnitte beim Welken wird nicht allein durch die Verdunstung bestimmt, sondern auch durch die Bewegung des Wassers innerhalb des welkenden Pflanzentheils. Erstens werden die am raschsten das Wasser verlierenden Theile aus den benachbarten , we- niger rasch verdunstenden Strecken^das Wasser an sich ziehen. Diese Ursache wird offenbar dahin zielen, den Einfluss der ungleichen Verdunstung der einzelnen Abtheilungen auf die Zusammenziehung zu verringern. Zwei- tens aber findet in wachsenden nicht vollkommen mit Wasser gesattigten Pflanzentheilen immer eine Bewegung des Wassers statt, welche im All— gemeinen das Wasser aus den aiteren Theilen in die jungeren uberfuhrl. Es ist vorlaufig unbekannt, welchen Einfluss diese Ursache auf die Partial- zusammenziehungen haben wird. Jedenfalls aber ist dieser Einfluss so goring, dass er bei den vorliegenden Versuchen nicht in Betracht gezogen zu werden braucht. Ich schliesse dieses daraus, dass das Maximum der Pjirtialzusammenziehungen an der namlichcn Stelle gefunden wird, wenn man die einzelnen Abschnitte vor dem Anfang des Welkens von einandcr Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 527 trennt. als wenn man sie , wie dieses bei meinen Versuchen gewbhnlich der Fall war. mit einander in normaler Verbindung lasst. Ebenso habe ich mich durch directe Versuche uberzeugt, dass das Abschneiden der Gipfelknospe keinen merkbaren Einfluss auf die Curve der Verkiirzung hat. Bei sammtlichen in dieser Arbeit mitgetheilten Versuchen blieb die Gipfel- knospe am Sprosse, um die Wachsthumsfahigkeit des Sprosses nicht zu sehr zu beeintrachtigen. Immerhin empfiehlt es sich , bei den Versuchen die alteren , nicht mehr wachsenden Theile moglichst zu entfernen , weil diese sonst, bei ibrer geringen Transpiration, fortwahrend bedeutende Quantitaten Wasser an die welkenden Theile abgeben konnen. Um bei den Versuchen immer von einem bestimmten und leicht wieder herzustellenden Wassergehalt auszugehen, habe ich die Sprosse vor dem Welken stets in den Zustand des hochst mbglichen Turgors gebracht. Dazu wurden sie nicht nur mit der frischen Schnittflache in Wasser gestellt, sondern ganz untergetaucht, um jedem Wasserverlust durch Verdunstung vorzubeusen. Erst nachdem sie mehrere Stunden in diesem Zustande hingebracht hatten. wurden sie abgetrocknet, und nachdem ihr Wachsthum vor dem Welken gemessen worden war, in der Luft aufgehangt und z wal- nut der Gipfelknospe nach unten. Es erubrigt noch, Einiges uber die Bestimmung des Wachsthumszu- standes mitzutheilen. Bei meinen sammtlichen Versuchen wurden die Sprosse in Abtheilungen von je 2 Cm. Lange getheilt, da man bei den betreffenden Arten dadurch eine hinreichend genaue Kenntniss der Lage des Wachsthumsmaximums erreicht. Sowohl vor als nach dem Versuche wurden die Zuwachse in moglichst kurzer Zeit, meist in 6 — 18 Stunden bestimmt. Als Wachsthum nach dem Welken wurde die Differenz der Lange der Abtheilungen, kurz vor dem Welken, und ihrer Lange betrachtet, nachdem sie nach dem Welken mehrere Stunden in Wasser untergetaucht gewesen waren, wobei selbstverstandlich jedesmal die eingetrocknete Schnitt- flache durch eine neue ersetzt worden war. Die Messung geschah mittelst auf steifes Papier gedruckter Millimeter- theilungen; die Messungsfehler konnen etwa 0,1 Mm. betragen. Wahrend der Versuche wurden die Marken nicht erneuert, w r odurch die Anfangslange der einzelnen Abtheilungen beim Welken und bei der Bestimmung des Wachsthums nach dem Welken nicht genau 2 Cm. betragt. Die Tabellen zeigen , dass man ohne betrachtlichen Fehler die direct gemessenen Zu- wachse oder Verktirzungen als fur gleichlange Abtheilungen geltend , be- trachten darf. Die Dicke wurde mittelst einer Mikrometerschraube in der Mitte der einzelnen Abtheilungen gemessen. Die Sprosse wurden immer vor den Versuchen abgeschnitten , und falls sie Blatter oder Seitenzweige hatten, von diesen befreit; die Gipfelknospe wurde immer gelassen. Da bei vielen Arten die Sprosse nach dem Abschneiden bald zu wachsen auf- hbren, muss man immer vorher untersuchen , ob in diesem Zustande fur 528 Dr. Hugo de Vries. die Messung hinreichende Partialzuwachse erhalten werden ; sonst sind die Arten von den Versuchen auszuschliessen. Aus dernselben Grunde wurde die ganze Dauer des Versuchs, von dem Abschneiden des Sprosses bis zur letzten Messung der Zuwachse fast nie uber mehr als 26 — 27 Stunden ausgedehnt. Es konnte also fiir das Welken selbst nur eine geringe Zahl von Stunden benutzt werden. Urn dennoch eine bedeutende Verkiirzung der einzelnen Abtheilungen zu erhalten , wahite ich ausschliesslich dunne Sprosse aus. Ferner sind lange Bluthenschafte ohne Knoten bei Weitem den aus vielen, zumal den aus scharf abgegrenzten Internodien bestehen- den Sprossen vorzuziehen , doch wurden die letzteren nicht ganz von der Untersuchung ausgeschlossen Die zu den folgenden Versuchen benutzten Sprosse sind sammtlich Stiele von jungen Inflorescenzen und von Bluthenknospen. Die Temperatur betrug 20—23° C. Die Zahlen der Tabellen sind Millimeter. I. Papa ver d ubium. Bluthenstiele, welehe durch das Gewicht der Knospe in einer Ent- fernung von 2 bis 4 Cm. von der Knospe gebogen waren. Fur die Ein- theilung und die ersten Messungen wurden sie gerade gebogen ; beim Welken verschw 7 and die Kriimmung der hangenden Lage zufolge. Ich habe mit dieser Art, welche sich wegen ihrer diinnen , rasch wachsenden und sehr wenig conischen Bluthenstiele sehr zu dieser Unter- suchung eignet, eine ziemlich grosse Reihe von Versuchen gemacht, in denen immer das Maximum der Zusammenziehung beim Welken mit dem Maximum des Wachsthums zusammenfiel. Ich wahle als Beispiel folgenden Versuch aus. No. der 2 Cm. Zuwachse vor nach Verkiirzung beim Welken langen Ab- Dicke. dem Welken. in theilungen. (7 Stund.) (15 Stund.) 1 St. 40 Min. 2 St. 30 Min. I oben 4.6 1.0 1.3 1.7 2.0 II 1.6 2.0 1.2 2.1 2.2 III 1.7 4.5 2.7 3.2 3.8 IV 1.7 2.5 0.0 1.0 1.2 V 1.7 0.3 0.0 0.3 0.3 1) Ueber die Curve der Partialzuwachse der aus scharf getrennten Internodien be- st ehenden Sprosse, vergl. Sachs, Flora. 1873. S. 323. U6ber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 529 II. Thrincia hispida. Nickcnde Bliithenstiele , meist gegen die Inflorescenzknospe ziemlich stark verjiingt , und dort mit anscheinend weniger cuticularisirter Epi- dermis. Diesen Eigenschaften zufolge ist anfangs die Verdunstung in den jiingsten Theilen bedeutend starker als in den alteren. Dieses beeinflusst die Curve der Zusammenziehung beim Welken stark , wie folgende , aus einer grbsseren Reihe ausgewahlte Versuche zeigen. In den beiden letzten Tabellen fehlt zwar die Angabe der Partialzuwachse , doch zeigt die Ver- uleichung dieser Sprosse mit denjenigen, deren Wachsthum gemessen wurde, dass auch in diesen, wiihrend des Yersuchs, das Wachsthumsmaximum die jungste, 2 Cm. lange Abtheilung nicht erreicht hatte. II a. Thrincia hispida. No. der 2 Cm. langen Ab- theilunircn. Dicke. Wachsthum vor nach dem Welken. (5 Stund.; (43 Stund.) Verkurzung beim Welken wahrend 2V-2 St. 41/2 St. 1.0 1.2 1,0 1.4 1.0 1.4 1.0 1.0 0.1 0.3 1 0.4 I oben 1.3 II 1.5 III 1 .7 IV 1.8 V 1.8 VI 1.8 1.0 1.6 1.5 1.7 0.4 0.2 0.1 0.3 0.2 0.0 0.0 0.0 II/?. Thrincia hispida, No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. I oben II III IV V VI Dicke. 1.1 1.1 1.1 1.1 1.2 1.2 Wachsthum wahrend 6 St. nach dem Welken. 0.8 1.7 1.0 0.1 0.0 0.0 Verkurzung beim Welken wahrend 1 St. 1.7 0.7 0.2 0.2 0.2 0.0 3 St. 1.9 1.3 0.9 0.7 0.3 0.1 II y. Thri ncia hispida. No. der 2 Cm. langen Ab- theilunsen. Verkurzung beim Welken wahrend 1 St. 15 Stund. I oben 1.6 II 1.8 III 2.1 IV 2.2 V 2.2 VI 2.3 1.1 0.8 0.2 0.0 0.0 0.0 1.5 1.9 1.6 1.1 0.6 0.3 530 D R - Hugo de Vries. II d. Thrincia hispid a. No. Verkiirzung beim Welken der 2 Cm. Dicke. w a ll rend langen Ab- theilungen. 1 St. 16 St. 1 1.8 0.8 1.0 II 2.1 0.4 0.9 III 2.3 0.3 1.2 IV 2.4 0.7 1.5 V 2.5 0.6 0.6 VI 2.5 0.4 0.8 Construirt man nach diesen Tabellen Curven fttr die Partialzusammen- ziehungen beim Welken, so zeigt sich, dass diese Curven sehr verschiedene Formen besitzen. Erstens eine mit der namlichen Curve bei Papaver ttber- einstimmende Form, welche ein Maximum in einer gewissen Entfernung von der Gipfelknospe zeigt, welches in der Tabelle II a annahernd mit dem Wachsthumsmaximum zusammenfallt. Die zweite Form liefern die in der funften Spalte der 1. Tabelle enthaltenden Zahlen; die Curve ist sehr flach und fallt hinter dem Maximum der Partialzuwachse ziemlich rasch. Die Curven der dritten Form besitzen ihr Maximum in der Nahe der Spitze des Sprosses und zeigen bisweilen (II d Spalte 3) ein secundares Maximum in einiger Entfernung der Endknospe. Ferner zeigen meine Versuche, wie auch in den mitgetheilten Tabellen ersichllich ist, dass die Curven der dritten Form bei langerer Dauer des Versuchs flacher werden (II /?) und noch spater in die der ersten Form ubergefuhrt werden (II y). Wo sie ein secundares Maximum besitzen, liegt dieses in der Regel an der Stelle des Maximums der spater entstehenden Curve der ersten Form. Auch die flachen Curven verandern sich auf die Dauer in die Curven der ersten Form (II a). Es leuchtet ein , dass die anfangs raschere Verdunstung des Wassers in der jungsten Strecke die Ursache davon ist, dass in dieser anfangs die Zusammenziehung rascher vor sich geht als in den alteren Theilen. Da- durch wird aber der Wassergehalt sehr vermindert, und da der Verlust dnrch die Bewegung des Wassers aus den alteren Theilen nicht hinreichend ersetzt wird, so wird diese Ursache allmahlig aufhbren. Diese Betrachtung erklart die von der zuerst genannten Curve abweichenden Formen und wird durch ihren Uebergang in die erste Curvenform bei langerer Versuchs- dauer bewiesen. Eine von diesen Ursachen unabhiingige oder wenigstens fast unab- hangige Curve bekommt man also erst bei hinreichend langer Dauer der Wrsuche. Die mit Riicksicht hierauf erhaltenen Curven zeigen aber ihr Ueber die Dehnbarkeil wachsender Sprosse. 531 Maximum immer in einer gewissen Entfernung von der Endknospe und zwar mit dem Wachsthumsmaximum zusammenfallend. Benutzt man Sprosse, deren Verjiingurig an der Spitze bedeutend starker ist, als in den hier ausgewahlten, so kann der Fall eintreten, dass die diinnsten Theile zu stark austrocknen und sterben, ehe die Verwelkungs- curve die normale Form bekommen hat. Mit solchen Sprossen ist es also nicht moglich auf diese Weise die vorliegende Frage zu entscheiden. Diese Resultate wurden durch die Versuche mit anderen Arten viel- fach bestatigt; fur diese moge es jedoch geniigen, die bei hinreichend langer Dauer des Welkens erhaltenen Zahlen , und zwar nur in je einem Versuche mitzutheilen und am Schluss ein paar Versuche nachzutragen, in denen die erhaltene Curve in auffalliger Weise von der conischen Form des Sprosses beeinflusst worden ist. III. Froelichia floridana. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wachsthum vor dem Welken in 6 Stand. Verkiirzung beim Welken wahrend 4 St. 30Min. I oben II III 1.6 1.6 1.7 0.0 0.2 0.8 1.5 1.3 2.0 IV V VI VII VIII 1.8 2.1 2.2 2.3 2.3 1.0 1.0 0.8 0.3 0.1 22 2.0 1.2 0.9 0.4 IV. Garidella Nigellastrum. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wachsthum vor dem Welken in7i/2Stund. Verkiirzung beim Welken in 2 Stund. I oben II III IV V VI 0.8 0.9 1.2 1.3 1.3 1.3 2.2 2.8 2.0 1.8 0.6 0.0 2.2 3.0 2.5 2.1 0.8 0.0 532 Dr. Hugo de Vries. V. Saponaria officinalis. Hauptstiel einer jungen Inflorescenz ; die vvachsende Strecke besleht aus drei Internodien. Mo. oei a i^m. langen Ab- theilungen. Dicke. Wachsthum vor dem Welken in 7 St. Verkiirzung beim Welken in 4 St. I oben 2.1 0.5 2.5 2.4 1.1 2.3 III 2.4 1.4 3.7 IV 2.7 0.9 3.4 V 2.8 0.4 1.2 VI 2.8 0.1 0.1 VII 2.9 0.0 0.0 Die Messung des Wachsthums nach dem Welken zeigt in diesem und in dem vorigen Versuche , dass alle vor dem Welken in Wachsthum be- griffenen Abtheilungen , mit Ausnahme der altesten , auch nachher noch gewachsen waren. VI. Helenium mexicanum. Bliithenstiel, gegen die Inflorescenz conisch dicker werdend. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wachsthum vor nach dem Welken. (7 Stund.) | (15 Stund.) i Verkiirzung beim Welken in 2 Stund. I oben 1.9 1.5 0.7 1.5 II 1.7 1.7 1.3 2.2 III 1.7 0.8 0.3 0.9 IV 1.6 0.0 0.1 0.0 V 1.6 0.0 0.0 0.0 VII. Allium microcephal urn. Bei sehr conischer Form und grosser Entfernung des Wachsthums- maximums von der Inflorescenzknospe liegt das Maximum der Verkiirzung beim Welken in folgendem Versuche selbst nach l8Stunden noch zwischen beiden genannten Stellen. Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 533 No. aei z LiIij. langen Ab— theilungen. Dicke. AVachsthum vor nach dem Welken. (7 Stand.) | (7 Stand.) Verkiirzung UdLIJ VVCIK.CU wciui cuii A Q Sfnn/1 1 O OlUilU . T U l ooen 1 • o 0.3 0.1 3 TT li A Q 0.8 0.3 TTT ill z . ^ 0.9 0.5 0.0 TV 1 V 2.4 1.0 0.7 0.2 V 2.7 1.1 0.7 0.2 VI 2.9 0.9 0.6 0.1 VII 2.9 1.0 0.3 0.2 VIII 3,0 0.6 0.1 0.2 IX 3.1 0.4 0.1 0.2 X 3.2 0.0 0.1 0.0 VIII. Sanguisorba officinalis. Die bedeutende Yerjungung an der Spitze verursacht in folgendem Versuche dort ein starkes Maximum der Verkiirzung , wahrend das mit dem Wachsthumsmaximum zusammenfallende viel weniger ausgepragt ist. No. Wachsthum Verkiirzung der 2 Cm. Dicke. vor nach beimWelken langen Ab- dem Welken. wahrend theilungen. (7 Stand.) (15 Stand.) 3 Stand. I oben 1.9 0.9 0.3 1.0 II 2.4 1.1 0.8 . 0.9 III 2.5 1.0 1.1 0.1 IV 2.5 1.3 1.5 0.2 V 2.6 1.7 15 0.5 VI 2.8 1.0 0.9 0.1 VII 2.9 0.1 0.6 0.1 VIII 2.9 0.0 0.4 0.1 Die Versuche zeigen ubereinslimmend , dass bei hinreichend langer Versuchsdauer die am raschesten wachsende Stelle auch diejenige ist, welche beim Welken die starkste Zusammenziehung erfahrt. Hieraus folgt, dass die Stelle der grossten durch den Turgor verursachten Dehnung der Zellhaute wenigstens annahernd mit der Stelle des rascbesten Wachsthums zusammenfallt. 534 Dr. Hugo de Vwes. Dehnbarkeit. Um die Verlangerung bei der Dehnung zu bestimmen, wurden die in Abtheilungen von je 2 Cm. mittelst Tuschstriche getheillen Sprosse hori- zontal auf eine Korkplatte gelegt , die Endknospe mit einer kleinen Kork- platte bedeckt, und dann diese letztere mittelst einer Klemmschraube gegen die erstere Platte angedriickt. Die Knospe konnte durch diese Einrichtung so stark festgeklemmt werden , dass sie auch von den grbssten zu be- nutzenden Kraften nicht losgerissen wurde; bei immer starkerem Zug am alteren Ende des Sprosses zerriss eher dieser in seinem diinnsten, der Knospe am nachsten liegenden, aber freien Theil, als dass die Knospe zwischen den Korkplatten verriickt worden ware. Am alteren Ende des Sprosses wurde einfach ein Bindfaden mit einer Schlinge befestigt; dieser wurde angezogen und, sobald die gewiinschte Dehnung erreicht war, mit einer Nadel auf der Korkplatte festgesteckt. Die Messung der Entfernung der Tuschstriche vor und nach der Dehnung geschah durch Anlegen einer auf dickem Papier gedruckten Mm.-Eintheilung. Um mbglichst grosse Verlangerungen zu bekommen, wurden auch hier dunne Sprosse benutzt, und ferner die Dehnung so stark wie mbglich vor- genommen, ohne dass die Sprosse zerrissen. Immer wurde der Spross langsam bis auf die gewiinschte Lange gedehnt, dann aber nur so lange in diesem Zustande gelassen, als grade zur Messung nothwendig war. Diese Vorsicht ist deshalb nbthig, weil durch die Dehnung die Sprosse eine bedeutende Erhbhung ihrer Dehnbarkeit erfahren, und es nicht bekannt ist, ob vielleicht diese Erhbhung in den verschiedenen Abtheilungen in verschiedenem Maasse stattfindet. Nach jeder Dehnung wurde der Spross einige Zeit sich selbst uberlassen und wieder gemessen. Dabei zeigte sich im Allgemeinen. dass er sich verktirzte, aber die urspningliche Lange nicht genau wieder annahm ; es war eine bleibende Verlangerung durch die Dehnung eingetreten. Die ganze Verlangerung bei der Dehnung muss also als aus zwei Theilen bestehend betrachtet werden ; der eine Theil , der sofort nach dem Aufhbren des Zugs ausgeglichen wird, kann mit dem Namen »elastischer Theik angedeutet werden ; der andere ist der bleibende oder permanente Theil. Verglichen mit den iibrigen Messungen giebt also die Messung des nach der Dehnung kurze Zeit sich selbst iiberlassenen Sprosses diese beiden Werthe; sie finden sich in den nachfolgenden Ta- bellen neben der totalen Verlangerung verzeichnet. Ich lege aber diesen Zahlen keinen grossen Werth bei. Eine Reihe von Beobachtungen hat nam! ich dargethan, dass, wie zu erwarten war, die elastische Zusammen- ziehung des Sprosses nach der Dehnung im ersten Augenblick sehr rasch und bedeutend ist, dann zwar rasch abnimmt, aber nicht plbtzlich, sondern sehr allmahlig aufhbrt. Obgleich diese letzle, allmiihlige Verkiirzung in kurzer Zeit fast unmerklich ist, dauert sie doch so lange, dass sie im Ganzen Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 535 nicht vernachlassigt werden darf. Meine Messangen geben nun nur die anfangliche, nicht auch diese nachtragliche Zusammenziehung. Diese zu bestimmen eiiaubte die oben erbrterte Nothwendigkeit einer kurzen Versuchs- dauer nicht. Aus demselben Grunde ist eine Bestimmung der Wachsthumscurve nach der Dehnung nicht mbglich, die beobachlete nachherige Verlangerung ist dem wirklichen Wachsthum, nach Abzug des Werthes dieser nach- traglichen Zusammenziehung gleich. Die in der betreffenden Spalte in den Tabellen angefiihrten Zahlen sollen nur beweisen, dass noch Wachsthum stattfand, d. h. dass die Sprosse wahrend der Dehnung nicht ausgewachsen waren. Eine annahernde Kenntniss der Wachsthumscurve nach der Deh- nung bekommt man durch Vergleichung der Summe des beobachteten Wachsthums und der bleibenden Verlangerung, mit dem beobachteten Wachsthum selbst; es ist aber zu beachten, dass diese Wachsthumscurve hbchst wahrscheinlich von der Dehnung beeinflusst worden ist. Das Resultat von sammtlichen , von mir liber die vorliegende Frage angestellten Versuchen ist, dass die Stelle der grbssten totalen Dehnbarkeit immer in der unmittelbaren Nahe der Gipfelknospe lag, obgleich das Wachs- thumsmaximum immer in einiger Entfernung von dieser beobachtet wurde, und obgleich in den Versuchsobjecten diese Stelle immer nur sehr wenig diinner, in einigen sogar dicker war, als die nachst alteren Theile. Dass dieses Resultat nicht nur fur die einzelnen % Cm. langen Abtheilungen gilt, sondern dass auch innerhalb der jungsten Abtheilung die Dehnbarkeit nach der Gipfelknospe zu stetig zunimmt, da von habe ich mich mittelst innerhalb dieser Abtheilung angebrachter Marken bei mehreren Arten uber- zeugt. Man darf also sagen, dass unabhangig von dem Verlauf der Wachs- thumscurve und unabhangig von der Verlangerung des Sprosses gegen den Gipfel, die Dehnbarkeit von der Gipfelknospe aus nach den alteren Theilen stetig, und zwar anfangs ziemlich rasch, abnimmt. Als Erlauterung zu diesem Satze theile ich hier die beobachteten Zahlen fur einige Arten mit; ich wahle dazu fur jede Art aus mehreren nur einen Versuch aus. Bei diesen Versuchen blieben die Sprosse vor der Dehnung immer langere Zeit in Wasser, um bei ganzlich ausgeschlossener Ver- dunstung den hbchst mbglichen Grad von Turgor zu erreichen. Dieses geschah zumal deshalb, weil durch die Verdunstung die Dehnbarkeit der einzelnen Abtheilungen in sehr verschiedenem Maasse zunimmt. Diese Thatsache wurde durch einige Vorversuche festgestellt ; sie findet ihre ein- fache Erklarung durch den in der ersten Abtheilung bewiesenen Satz, dass die Zellen im turgescenten Sprosse verschieden stark gedehnt sind. Nimmt diese Dehnung der Zellhaute durch den Wasserverlust der Zellen ab, so nimmt selbstverstandlich die Dehnbarkeit der Zellen zu ; die am starksten gedehnten Zellen werden also bei der Verdunstung (unter gewissen ausse- ren Bedingungen) am meisten an Dehnbarkeit gewinnen. Nach den oben 536 Dr. Hugo de Vries. mitgetheilten Versuchen ist es also die Stelle des raschesten Langenwachs- thums, in der der Wasserverlust durch Verdunstung die starkste Aenderung der Dehnbarkeit verursachen wird. Das Wachsthum nach der Dehnung wird durch Subtraction der Lange kurz nach der Dehnung von der nachher in der in den Tabellen ange- gebenen Stundenzahl erreichten Lange berechnet. Die Bedeutung dieser Zahlen wurde oben besprochen. Die benutzten Theile sind Bluthenschafte, die Temperatur war 20 — 23° C. In den ubrigen Hinsichten waren die Versuche und die Messungen ganz ahnlich eingerichtet, wie die uber die Verktirzung beim Welken. I. Plantago lanceolata. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach vor der Dc (24 St.) sthum nach hnung. (24 St.) Totale Dehnung. Bleibende Ver- langerung. Elastische Dehnung. I oben 4.0 4.3 0.7 3.5 0.7 2.8 TT ii A A 4.5 4.9 0.8 0.5 V . O III 4.4 2.2 0.0 0.7 0.5 0.2 IV AA 0.9 0.0 0.5 0.4 0.4 v a 2 0.4 0.0 0.4 0.0 0.4 11. Froelichia f loridana. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach vor der De (6 St.) sthum nach hnung. (4 7 St.) Totale Dehnung. Bleibende Ver- langerung. Elastische Dehnung. 1 oben 4.4 0.4 0.8 3.1 0.8 2.3 II 4.4 0.5 0.0 4.2 0.6 0.6 III 4 .8 0.6 0.4 0.5 0.2 0.3 IV 4.9 4.4 0.9 0.4 0.2 0.2 V 2.0 2.5 4.4 0.4 0.0 0.4 VI 2.2 0.3 0.2 0.6 0.4 0.2 VII 2.2 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 III. Thrincia hispida. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach vor der De (6 St.) sthum nach hnung. (4 7 St.) Totale Dehnung. Bleibende Ver- langerung. Elastische Dehnung. I oben 4.3 0.5 0.7 2.8 4.4 4.7 11 4.4 4 .3 0.8 4.4 0.7 0.7 III 4.5 2.0 4.5 0.4 0.3 0.4 IV 4.6 4.4 0.4 0.4 0.3 0.4 V 4.G 0.7 0.0 0.2 0.0 0.2 VI 4.7 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 537 IV. Allium microeephalum. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. rv 1 Dicke. Wachsthum vor nach der Dehnung. (7 St.) (18 St.) Totale Dehnung. DieiDciicie v ei — JclUUt I Ullg. Elastische Dehnung. I oben 4.6 0.1 0.0 2.9 1.8 1.1 II 1.7 0.7 0.2 1.8 0.9 0.9 III 1.8 0.9 0.4 1.6 1.0 0.6 IV 2.0 0.6 1.7 0.9 0.6 0.3 V 2.3 0.7 1.7 0.6 0.3 0.3 VI 2.5 1.0 2.1 0.3 0.3 0.0 VII 2.6 1.2 1.7 0.6 0.3 0.3 VIII 2.8 1.0 2.0 0.3 0.1 0.2 IX 2.9 0.8 0.8 0.3 0.2 0.1 X 3.0 0,5 0.4 0.2 0.0 0.2 V. Helenium mexicanum. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wachsthum vor nach der Dehnung. (7 St.) | (17 St.) Totale Dehnung. Bleibende Ver- langerung. Elastische Dehnung. I oben 1.8 1 .2 0.7 2.8 1.0 1.8 II 1.6 2.0 1.1 1.8 1.0 0.8 III 1.6 1.0 0.2 1.2 0.7 0.5 IV 1.6 0.1 0.0 0.0 0.0 0.0 V 1.6 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 VI. Valeriana officinalis. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach vor der De (7 St.) sthum nach hnung. (17 St.) Totale Dehnung. Bleibende Ver- langerung. Elastische Dehnung. I oben 1 .7 0.2 0.5 2.6 1.7 0.9 II 2.1 0.9 0.4 0.5 0.3 0.2 III 2.2 1.5 1.0 0.0 0.0 0.0 IV 2.3 1.4 0.0 0.5 0.4 0.1 V 2.4 0.6 0.1 0.8 0.5 0.3 VI 2.4 0.1 0.2 0.0 0.0 0.0 Die Unregelmassigkeit der Curven wurde durch die Knoten verursacht. 538 Dr. Hugo de Vries. VII. AHsma Planta go. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach vor der De (7 St.) sthum nach hnung. (4 8 St.) Totale Dehnung. Bleibende Ver- langerung. Elastische Dehnung. I oben II III IV V 2.3 3.5 3.5 4.9 4.9 1.2 3.0 3.2 1.0 0.0 1.8 2.8 3.1 0.6 0.0 1.8 0.8 0.5 0.3 0.0 1.0 0.7 0.4 0.0 0.0 0.8 0.1 0.1 0.3 0.0 Biegsamkeit. Meine Versuche wurden nach der folgenden Methode gemacht: Auf eine diinne, mit weissem Papier uberzogene Korkplatte wird der gerade Spross auf eine vorher mit Bleistift gezogene grade Linie gelegt. Die Schnittflache wird mit feuchtem Tuch umgeben, damit der Wasserverlust durch Verdunstung wahrend des im Mittel 20 Minuten dauernden Versuches ganz ausser Betracht gelassen werden konne. Der Spross tragt, von der Gipfelknospe aus in Entfernungen von je \ Cm. Tuschstriche. Das Wachs- thum wird nur ftir Abtheilungcn von je 2 Cm. Lange bestimmt; die Bieg- samkeit wird in der Mitte dieser Abtheilungen untersucht. Dazu wird der Spross an den in der Mitte dieser je 2 Cm. langen Abtheilungen gelegenen Marken durch Nadeln an den Kork befestigt, und zwar so, dass eine Nadel auf der einen Seite des Sprosses, die andere auf der andern Seite steht r und beide zusammen den Spross moglichst fest an den Kork andrucken, aber ohne ihn zu verletzen. Indem in der Mitte jeder Abtheilung eine solche Befestigung hergerichtet wird, liegt der ganze Spross hinreichend fest, um auch bei der Biegung des freien Endsttickes seine gerade Lage zu behalten. Jetzt wird die Korkplatte auf einem Halter senkrecht gestellt, und zwar so, dass der Spross dabei horizontal bleibt. Ein feiner Faden wird genau an der Stelle des ersten , der Gipfelknospe am nachsten liegenden Tuschstriches um den Spross geschlagen und mit einem Gewichte beschwert. Hierdurch biegt sich der Spross an der durch die Nadeln befestigten Stelle der zweiten Marke, also in der Mitte der ersten 2 Cm. langen Abtheilung. Die Richtung des herabgebogenen Endes wird mit Bleistift auf das Papier angegeben , das Gewicht entfernt und die durch die bleibende Biegung verursachte Lage ebenso auf das Papier aufgetragen. In der namlichen Weise wird auch fur die Ubrigen Abtheilungen die Biegsamkeit bestimmt. Die Bclastungen und Entlastungen geschehen so langsam wie moglich; jeder Stoss muss vermieden werden. Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 539 Nachdem dieses geschehen und der Spross vom Papier entfernt ist, werden die punktirten Linien ausgezogen und verlangert und die Winkel, welche sie mit der urspriinglichen Lage des Sprosses machen, gemessen. Zum letzteren Zweck eignet sich am besten eine auf eine Glimmerplatte eingerilzte Grad-Eintheilung. Die in den Tabellen verzeichneten Winkel liefern also ein Bild von der Senkung der Sprosstheile bei gleicher Be- lastung und gestatten dadurch ein Urlheil iiber die Biegsamkeit in den einzelnen Abtheilungen. Wahrend des Versuchs wurde die Endknospe nicht abgeschnittcn. Sie verursacht eine desto grbssere Senkung, je langer der Hebelarm ist, an dem sie wirkt, je weiter also die untersuchte Stelle von der Gipfelknospe entfernt ist. Ebenso werden von der Knospe aus bis zu der Stelle des Maximums der Partialzuwachse die Iiebelarme urn ein Geringes langer, da ja die Marken wahrend der Wachsthumsbestimmung vor Anfang des Versuchs auseinandergeriickt sind und sie nicht erneuert wurden. Beide Fehler vergrbssern den beobachteten Winkel in der Nahe des Wachsthums- maximums; da aber das Resultat der Versuche dennoch ein stetiges Ab- nehmen der Biegsamkeit vom Gipfel aus ist, so brauchen sie bei der Schluss- folgerung nicht in Betracht zu kommen Um die Reibung der Endknospe an dem Papier zu beseitigen, empfiehlt es sich, die Korkplatte ein wenig tiber zu neigen , dieses schadet der Ge- nauigkeit nicht, da man ohnehin die Fehler nicht kleiner als 5 Grad machen kann. Fur die Kenntniss der verschiedenen mit dem Wachsthum zusammen- hangenden Biegungen ist es von Werth die Stelle zu kennen, wo ein Spross sich am starksten krummt, wenn er durch eine an der Knospe angreifende Kraft gebogen^wird, wahrend der untere Theil befestigt ist 1 ). Ich habe deshalb bei jedem Versuch sofort nach der Biegung nach obiger Methode auch diese Frage untersucht, und zwar wurde der Spross in der Ebene der beschriebenen Biegungen , einmal in der Richtung dieser und dann in der entgegengesetzten gebogen. In beiden Lagen wurde die Krummung auf das Papier verzeichnet und dann die Lage der am starksten gekrummten Stelle, nebst dem Radius ihrer Krummung bestimmt. Die Biegungen in den beiden entgegengesetzten Richlungen ergaben immer ungefahr dieselbe Entfernung der starkst gekrummten Strecke von der Gipfelknospe. Diese Strecke ist nicht als der Ort der starksten absoluten Biegsamkeit zu be- trachten , was sich u. A. auch daraus ergiebt, dass sie, wie schon von Sachs gcfunden wurde, immer an einer von der Knospe ziemlich weit ent- fernten Stelle liegt, wahrend, wenn man die Knospe festhalt und das altere Ende des abgeschnittenen Sprossgipfels zieht, immer der der Gipfelknospe am nachsten liegende Theil die starkste Krummung zeigt. 1) Vergl. Sachs, Lehrb., 3. Aufl. S. 691. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. IV. 36 540 Dr. Hugo de Vries. Als Resultat aus meinen Versuchen ergab sich , dass , obgleich das Maximum der Partial zuwachse in den Versuchsobjeclcn den Gipfel noch nicht erreicht hatte, und die Dicke entweder nicht oder nur sehr allmahlig von der Spitze aus zunahm , das Maximum der Biegsamkeit stets in der unmiltclbaren Nahe der Spitze liegt. Die Stelle, in der sich die Sprosse beim Ziehen an der Endknospe biegen, lag, wie erwahnt, immer in einer gewissen Entfernung von der Spitze, ohne eine bcslimmte Beziehung zur Lage des Maximums der Partialzuwachse erkennen zu lassen. Ich fUhre jetzt beispielsweise einige, aus einer grosseren Versuchsreihe ausgewahlte Versuchc an; die dazu benutzten Sprosse sind Bluthenschafte ; die Tenlperatur war 18 — 23° G. Im Uebrigen ist fttr die Beschreibung der Messung und der Bedingungen der Versuche auf das in der ersten Abtheilung Mitgetheilte zu verweisen. I. Papaver dubium. Nickender Bluthenstiel ; vor dem Abschneiden von der Pflanze wurde dieser dadurch gerade gemacht, dass die Last der Endknospe wahrend eines halben Tages durch ein kleines, ttber eine Rolle die Knospe hinauf- ziehendes Gewicht aufgehoben wurde. No. Wachsthum der 2 Cm. vor nach Totale . Bleibende Elastische langen Ab- Dicke. der Biegung. Ablenkung. Ablenkung. Ablenkung. theilungen. (6 St.) (16 St.) I oben 1.6 1.6 0.6 350 250 100 II 1.6 2.2 1.6 250 200 50 III 1.6 1.9 0.2 150 100 50 IV 1.6 0.3 0.2 50 00 50 V 1.6 0.0 0.0 oo 00 00 Gewicht am 1 Cm. langen Hebelarm 2 Gramm. Beim Ziehen an der Knospe lag die am starksten sich kriimmende Strecke in einer Entfernung von 4 — 6 Cm. von der Knospe, bei einem KrUmmungsradius von 1.5 Cm. II. Dipsacus fullonum. No. Wachsthum der 2 Cm. Dicke. vor nach Totale Bleibende Elastische langen Ab- der Biegung. Ablenkung. Ablenkung. Ablenkung. theilungen. (26 St.) (8 St.) I oben 4.0 1.8 0.6 30" 1 50 150 II 4.0 2.1 0.6 200 100 100 III 4.2 2.9 0.2 20° loo I 0° IV 4.3 2.3 1.0 200 5° 1 50 V 4.3 1.6 0.2 1 0° 50 50 VI 4.3 0.1 0.0 10" 50 50 VII 4.3 0.2 0.0 5° 00 50 VIII 4.2 0.0 0.0 0° 0° I 0" Ueber die Dehnbarkeit woch sender Sprosse. 541 Gewicht am I Cm. langen Hebelarm 80 Grm. Stiirkste KrUmmung beim Herabziehen der Knospe zwischen 4 und 8 Cm. von der Inflorescenz ent- fernl (KrUmmungsradius 2 [ / 2 Cm.). 111. Froelichia floridana. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach voi- der Bi (7 St.) sthum nach egung. (16 St.) Totale Ablenkung. Bleibende Ablenkung. Elastische Ablenkung. I oben 1.3 0.1 0.3 600 300 300 11 1.4 0.2 0.6 40« 200 200 III 1.5 0.7 1.0 200 100 100 IV 1.9 1.0 0.4 150 100 50 V 2.0 0.7 0.2 I 00 50 50 VI 2.0 0.1 0.0 50 oo 50 VII 2.0 0.0 0.0 00 00 00 Gewicht am I Cm. langen Hebelarm 5 Gramm. Stiirkste KrUmmung beim Ziehen an der Inflorescenz zwischen 3 und 5 Cm. von dieser entfernt (KrUmmungsradius 1.5 Cm.). IV. Allium a cu tang ul urn. No. Wachsthum der 2 Cm. Dicke. vor nach Totale Bleibende Elastische langen Ab- der Biegung. Ablenkung. Ablenkung. Ablenkung. theilungen. (22 St.) (23 St.) I oben 1.3 0.0 0.0 550 200 350 U 1.4 0.0 0.2 4 00 200 200 III 1.6 0.9 0.7 300 200 100 IV 1.6 1.3 J. 9 250 150 I 00 V 1.7 2.4 1.6 200 150 100 VI 1.8 2.0 1.0 150 100 50 VII 4.9 1.6 0.0 100 50 50 Gewicht am I Cm. langen Hebelarm 7 Gramm. Ort der starksten KrUmmung beim Ziehen der Inflorescenzknospe zwischen 2 und 6 Cm. von dieser entfernt (KrUmmungsradius 3 Cm.). 36* 542 Dr. Hugo de Vries. V. Oxalis lasiandra. No. Wachsthum der 2 Cm. Dicke. vor nach To tale Blcibende Elastische langen Ab- der Biegung Ablcnkung. Ablookung. Ablciikunii. theilungen. (6V2 St.) (17 St.) 1 oben 1.8 0.3 1.7 500 200 300 11 2.0 0.7 2.3 200 100 100 III 2.1 0.9 1.7 100 50 50 IV 2.3 0.8 1.6 50 00 50 V 2.3 1.1 0.9 ay 2 o 00 2l/ 2 VI 2.4 0.4 0.4 00 00 00 VII 2.4 0.0 0.0 00 00 00 Gewicht am 1 Cm. langen Ilebelarm 10 Gnu. Starkste Kriimmung beim Ziehen an der jungen Inflorescenz in einer Enlfernung von 5.8 Cm. von dieser (Krummungsradius 2 Cm.). Torsionsfah igkeit. Der zu diesen Versuchen benutzle Apparat war der namliche wie bei der Dehnung. Indem die Endknospe zwischen den beiden Korkplalten i'estgeschraubt ist, kann man leichi den alteren Theil des Sprosses mit der Hand urn seine Achse drehen, wobei die jiingeren Theile cine entsprechende Torsion erfahren. Als fesle Punkte zur Bestimmung der Grosse dieser Torsion in den einzelnen, je 2 Cm. langen Abthellungen des Sprosses, wurden die Mitten der Querstriche benutzt, welche auch zur Messung des Wachsthums auf den Spross gemacht wurden. Es war unter diesen Um- stiinden leicht, bis auf Achtel eines Kreises die Torsion zu messen , und wie die Versuche zeigen, gentigt diese Genauigkeit vollstandig. Wahrend der Beobachtung wurde also die Anzahl der Achtel eines Kreises. welche die Torsion betrug, notirt, und hieraus spater die Torsionswinkel in Graden berechnet. Die Versuche fiihrten zu folgendem Satze : Sowohl bei nach der Spitze verjiingten als bei cyiindrischen oder an der Spitze keulenformig ange- schwollenen Sprossen nimmt die Torsionsfahigkeit vom Gipfel aus nach den alteren Theilen immer ab, auch wenn das Maximum der Partialzuwachse diesen Gipfel noch nicht erreicht hat. Ich Uberzeugte mich bei diesen Versuchen, dass auch inncrhalb der jiingslcn , 2 Cm. langen Slrceke die Torsionsfahigkeit gegen die Spitze zunimmt. Die Einzelheiten der Versuche waren die namlichen wie bei den Ver- suchen iiber die Dehnung. Die benutzten Sprosse sind jungc Stiele von BlUthcn- oder Inllorescenzknospen. Temperatur 20 — 23° C. Von jeder Art ftthre ich auch nur einen Versuch an ; die ilbrigen ergabcn stets das namliche Resultat. Ueber die Dehnbarkeit wachsender Sprosse. 543 I. Plantago lanceolata. No. Wachsthum der 2 Cm. vor nach Totale Bleibende Elasticche langen Ab- Dicke. der Torsion. Torsion. Torsion. Torsion. theilungen. (24 St.) (24 St.) I oben 1.4 1.3 0.2 5400 1350 4050 II 1.4 1.9 2.2 1350 oo 1350 III 1.6 1.8 0.0 900 00 900 IV 1.6 0.9 0.0 00 00 00 V 1.6 0.1 0.0 oo oo oo II. Froelichia floridana. No. Wachsthum der 2 Cm. Dicke. vor nach Totale Bleibende Elastische langen Ab- der Torsion. Torsion. Torsion. Torsion. theilungen. (12 St.) (11 St.) I oben 1.4 0.2 0.4 3600 900 2700 II 1.4 0.4 0.0 1350 250 1100 III 1.6 0.7 1.0 450 00 450 IV 1.8 1.9 2.4 450 00 450 V 2.0 2.2 1.4 250 oo 250 VI 2.2 2.3 0.4 250 00 250 VII 2.2 0.5 0.2 00 oo 00 III. Helenium mexicanum. No. Wachsthum der 2 Cm. langen Ab- Dicke. vor nach der Torsion. Totale Torsion. Bleibende Torsion. Elastische Torsion. theilungen. (8 St.) (18 St.) I oben 1.6 1.1 0.2 2700 900 1800 II 1 . 5 1.6 1.1 2700 900 1800 III 1 . 5 0.9 0.5 1350 900 450 IV 0.0 0.0 450 00 4 50 V 1 . 5 0.0 0.0 00 oo 4 50 544 Dr. Hugo de Vries. IV. Allium microcephalnm. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dick p. Wachsthum vor nach der Torsion. (8 St.) | (18 SI.) Totale Torsion. Bleibende Torsion. Elaslische Torsion. I oben 1.5 0.6 0.6 4500 1350 3150 11 1.6 1.2 0.7 3150 1350 1800 HI 2.0 1.8 4.8 1350 250 1 1 00 IV 2.4 1.3 2.3 900 oo 900 V 2.8 0.9 1.0 250 00 250 VI 2.9 0.9 0.5 250 00 250 VII 3.0 0.2 0.0 00 00 00 VIII 3.1 0.1 0.0 00 oo oo V. Thrincia hispid a. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Wachsthum vor nach Totale Torsion. Bleibende Torsion. Elastische Torsion. Dicke. der Torsion. (12 SI.) (11 St.) I oben 1.6 0.7 0.2 3150 900 2250 II 1.7 2.8 1.0 1350 4 50 900 III 1.9 3.2 0.7 900 4 50 4 50 IV 1.9 2.8 0.5 oo 00 oo V 2.0 0.1 0.0 00 oo oo VI. Sap on aria officinalis. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungen. Dicke. Wach vor der To (8 St.) 3th urn nach rsion. (17 St.) Totale Torsion. Bleiben'de Torsion. Elastische Torsion. I oben II III IV V 2.0 2.3 2.5 2.6 2.7 0.0 0.3 0.7 0.7 0.1 VII. Va 0.2 0.5 0.1 0.0 0.0 I e r i a n a 1350 900 00 00 00 o fficina 1 450 oo 900 900 00 00 00 00 00 oo i s. No. der 2 Cm. langen Ab- theilungcn. Dicke. Wachsthum vor nach der Torsion. (8 St.) | (17 St.) Totale Torsion. Bleibende Torsion. Elastische Torsion. I oben II III IV V 1.8 2.2 2.2 2.4 2.6 0.9 3.9 2.2 0.8 0.1 0.4 0.7 0.2 0.0 0.0 3600 1800 900 oo oo 1350 4 50 00 00 00 2250 1350 900 0O 00 ' Ueber die Debnbarkeit wachsender Sprosse. 545 VIII. Alisma Plantago. No. Wachsthum der 2 Cm. n i n L n voi- nach Totale Blcibende Elastiscbe langen Ab- der Torsion. Torsion. Torsion. Torsion. Iheilungcn. (7 St.) (18 St.) I oben 2.9 0.7 1800 900 900 II 3.9 1.6 1.4 900 250 650 ill 4.2 2.7 2.1 250 00 250 IV 1.4 3.5 2.7 250 00 250 V 4.4 4.5 0.5 250 00 250 VI 4.4 3.0 0.5 00 00 0O VII 4.6 1.0 0.0 00 00 00 Vergleicht man zum Schluss die aus den drei Versuchsreihen gewon- nenen Resultate mit einander, so zeigt sich eine vollstandige Ueberein- Slimmung. Man kann sie also in einem Satze zusammenfassen : In wach- senden, slark turgescirenden Sprossen besitzen die Dehnbarkeit, Biegsamkeit und Torsionsfiihigkeit in der unmillelbaren Nahe der Endknospe ein Maxi- mum und nehinen mit zunelimender Entfernung von dieser stetig ab. Dieser Satz gilt unabhangig von dem Alter des wachsenden Sprosses. Die mitgetheilten Versuche bezogen sich auf den Zustand, wo das Maximum der Partialzuvvachse den Gipfel noch nicht erreicht hatte; dass der Satz auch filr den spiiteren Zustand der Sprosse, wo das Wachsthumsmaximum bereits den Gipfel erreicht hat, seine Giiltigkeit hat, bedarf wohl keines weiteren Beweises ; in manchen Versuchen , wo die Sprosse schon alter waren als sich voraussehen liess, bestiiligte sich iibrigens diese Folgerung. XVII. lliitersucluiiigeii iiber die Regeneration des Vegetationspiinktes an Angiospermeiiwiirzelii *). Von Dr. K. Prantl. Veranlasst (lurch die Beobachtung Ciesielski's 2 ) , dass an Wurzeln, deren Spitzen abgeschnilten waren, nach einigen Tagen eine neue Wurzel- spitze auflrat, unterzog ich die nach dem Abschneiden des Vegetations - punktes stattfindenden Vorgange einer eingehenderen Untersuchung, welche fvir einige Wurzeln der Angiospermen zum Abschlusse gelangt ist. BetrefFs der Methode brauche ich nichts weiter anzufiihren , als dass die Keimpflanzen 3 ) von Zea Mais, Pisum sativum und Vicia Faba in feuchten lockeren Sagespanen cultivirt wurden und zwar in grosser An- zahl, bei jeder Versuchsreihe etwa 150; die Keimlinge waren aus einer noch grbsseren Anzahl von Samen ausgewahlt. Die Wurzeln wurden, wenn sie eine Lange von etwa \ — 2 Gentirn. erreicht haben, in der, je nach den Versuchen , im Folgenden naher anzugebenden Weise verstiim- melt und in senkrecht abwarts gerichteter Slellung weiter cultivirt. Jeden Tag ungefahr zur gleichen Stunde wurde eine Anzahl derselben auf Langs- schnitten , unter Umstanden auch auf Querschnitten unlersucht. Als das geeignetste Anschwellungsrnittel fiir die Schnitte beniitze ich eine ausser- ordentlich verdiinnle Kalilosung, welche dem Priiparat zugesetzt, die Zellen- inhalte vollkommen homogen und durchsichtig macht, woduj^ch die Mem- branen mit ausnehmender Schiirfe hervortreten. \) Dieselben wurden, theilweise in elwas vertinderler Form, im Juli 1873 als Ha- bilitationsschrift veiofTontlicht. 2) Untersucliungen iiber die AbwSirlskriiramnng der Wurzel. Beit rage z. Biol. d. I'll, hersg. v. Cohn. II Holt. Breslau 1872. h) Die gleioben Results te erhielf i < * I » auch an den starken Knotenwurzeln von Maispflanzen, die im Wasser cultivirt warden. Untersuch. lib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. 547 I. Zea Mais. Es diirfte nicht iiberflussig erscheinen, zunachst den Bau der un- verletzten Wurzelspitze genauer zu betrachten, da deren Beschrei- bung bei Reinke l ) den Thatsachen nicht entspricht. Eine vollkommen zu- treffende Abbildung gab bereits viel frtther Sachs 2 ) . Schon auf den ersten Blick macht sich eine sehr scharfe Abgrenzung der Haube vom Wurzel- kbrper geltend. Dieselbe findet darin ihren naheren Ausdruck, dass die radial gestrecklen und sehr niedrigen Epidermiszellen stark verdickte Aussen- wande besitzen, so dass eine continuirliche Verdickungsmasse den Wurzel- kbrper bis ganz nahe an den vertieft liegenden Scheitelpunkt begrenzt. Aber auch am Scheitelpunkt selbst, wo diese Verdickung noch nicht exi- stirt und die jungen Epidermiszellen noch keine so ausgepragte Gestalt be- sitzen, treffen die Langswande der centralen (in Langsreihen geordneten) Zellen der Wurzelhaube fast niemals auf die Langswande der Zellen des Wurzelkbrpers. Es erscheint somit die Annahme einer Spaltung der jun- gen Epidermis in Haubenschichten und Epidermis, welche in einiger Ent- fernung vom Scheitel unmbglich ist, auch am Scheitelpunkt selbst im hbchsten Grade unwahrscheinlich ; ich spreche daher der Wurzelhaube ihr eigenes, vom Wurzelkbrper unabhangiges Meristem, die sog. Saule, zu. Im Wurzelkbrper existiren keine besonderen Initialen der Epidermis; vielmehr nehme ich fast immer am Scheitelpunkte zwei dominirende Zellen wahr, an welche ich seitlich nicht bloss Rindenzellreihen, sondern auch die Epidermis selbst ansetzt. Wo ich solche dominirende Zellen nicht be- merkte, gerade da konnte ich aus anderen Ursachen den Schnitt als einen schiefen oder nicht medianen erkennen; zudem ware es unerklarlich, wie auf schiefen oder neben der Axe vorbeigegangenen Schnitten eine derartige Anordnung sichtbar werden sollte, wenn die REiNKE'sche Annahme beson- derer Epidermisinitialen richtig ware. Die inneren Schichten des Rinden- gewebes, sowie der Fibrovasalkbrper endigen in einem Meristem , in wel- chem es mir nicht gelang, die Langsreihen mit Sicherheit zu verfolgen 3 ). Im Fibrovasalkbrper differenzirt sich schon in kurzer Entfernung vom Scheitel ein von lufthalligen Inlercellularraumen durchsetztes Markgewebe, wo- durch das Procambium die Form eines Hohlcylinders erhalt. Im Procam- bium selbst erkennt man Reihen von sehr breiten Zellen, welche unten ziemlich niedrig , gegen oben hin allmahlich hbher werden und weiterhin <) Untersuchungen uber Wachsthumsgeschichte und Morphologie der Phanero- gamenvvurzel. Botan. Abhandl. hrsg. v Hauslein. I. 3. Bonn 1871. p. 43. 2) Lehrbuch d. Botanik. 1. Aufl. Fig. 111. p. 137. 3) Die bier gegebene Darstellung des Vegetationspunktes der Maiswurzcl scheint, soweit die knrze Notiz scbliessen lasst, durch die Untersuebungen .Tanczewski's voll- kommen bestaligt zu werden, s. Bot. Zeit. 1 874. p. 113. 548 Dr. K. Prantl. den bekannten grossen Gefiissen den Ursprung geben ; ich will diese Zellen der KUrze halber Gefiisszellen nennen. \. Die Vorgange an Wurzeln, deren Spitzen quer abge- schnitten wurden, sind, wie sich leicht voraussehen lasst, verschieden nach der Hbhe , in welcher der Schnitt gefilhrt vvird , und zwar je nach der Lage und soinit dem Alter der blossgelegten Querzone im Allgemeinen von dreierlei Art. Da aber die Eigenschaflen der vom Schnitt betroffenen Zellen sich nur allmahlich mit ihrer Entfernung vom Scheitel andern , so giebt es selbstvcrstandlich Uebergange ; vveitere Gomplicalionen treten ferner auf, wenn der Schnitt nicht genau quer zur Langsaxe, sondern etwas tief gefuhrt wird. a. Eine vollkommene Regeneration der Wurzelspitze mit Be- theiligung aller Gewebesysteme findet dann statt, wenn der Schnitt etwa da gefuhrt wird, wo die bogige Anordnung der Zellreihen in die gerade uber- geht, wobei also ausser dem oben erwahnten Meristem nur sehr wenig entfernt wird. Es wurde diess durch folgendes Verfahren erreicht, und zwar, wie der Erfolg gezeigt hat, mit hinreichender Sicherheit. Von der Spitze der Wurzelhaube anfangend nahm ich nacheinander so lange fort dUnne Querschnitte ab, bis auf der Schnittflache eben die einzelnen Ge- webesysteme in scharfer Begrenzung sichtbar wurden. Wie schon eine ein- fache Ueberlegung zeigt, ausserdem aber auch noch durch die mikrosko- pische Untersuchung sowohl der abgetragenen Querschnitte , als auch des verstiimmelten Wurzelkbrpers an einer Anzahl von Exemplaren constatirt wurde, war hiemit die im Obigen vorgesteckte Absicht erreicht. Wurde hiebei mit der nothigen Sorgfalt und Genauigkeit verfahren, so traten die im Folgenden beschriebenen Erscheinungen nicht etwa bloss als zufallige Vorkommnisse bei der einen oder der anderen Wurzel auf, sondern ausnahmslos an sammtlichen Versuchsob j ecten in gleicher Weise. Auch die individuellen Verschiedenheiten in mehr oder minder raschem Durchlaufen der einzelnen Stadien waren nur minimal. Die in dieser W r eise behandelten Wurzeln wuchsen, wie schon von Sachs 1 ) gezeigt wurde, in vollkommen unveranderter Weise weiter, sowohl was den Gesammtzuwachs, als die Grbsse der Partialzuwachse betrifft. Nutationen linden im Vergleich mit den normalen Wurzeln in kaum wahr- nehmbar vermehrtem Maasse statt; die senkrecht gesteckten behielten diese Richtung bei; wagerecht gelegte kriimmten sich fast immer wie normale ab wSirts. Es kbnnte scheinen, als lage hierin ein Widerspruch mit den Angaben Sachs', welcher von sehr starken Nutationen spricht; allein Sachs hatte bei seinen Versuchen die Zone, in welcher die Spitze hinweggenom- \) Ueber das Wachsthum der llaupl- und Neben wurzeln. Arb. d. hot. Insi. in Wiiiz- burg. :t. Heft p. u c 2. Untersuch. iib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. 549 men wurde, nicht genau fixirt und daher nicht bloss vorliegenden Fall, sondern auch den unter b. zu behandelnden, vielleicht der Mehrzahl nach Zwischenbildungen vor sich. Die analomische Untersuchung nach etwa 24 Stunden 1 ) ergab, dass die der Schnittflache angrenzenden Zellen sammtlicher Gewebe senkrecht zur Schnittflache, also parallel zur Langsachse ausgewachsen waren ; und zwar kommt hiebei bis zu einem gewissen Grade jeder einzelnen Zellreihe Selbststiindigkeit zu. Die Differenzen in den Langen, welche von den ein- zelnen Zellreihen erreicht worden waren, waren bedeutender, als die Grbsse der durch den Schnitt verletzten Zellen betragen konnte , deren Reste Ubrigens , wohl vermittelst des kraftigen Wachsthums im lockeren Boden, fast spurlos verschwunden waren. Die Intensitat des Auswachsens hangt ubrigens im Allgemeinen vor- zugsweise von dem Charakter der betheiligten Zellen ab. Wahrend die Epidermis nur sehr wenig hervorwachst , steigert sich die Intensitat im Rindengewebe nach innen zu stetig und erreicht im Centrum des Fibro- vasalkbrpers ihr Maximum , so dass also die Gestalt der Wundflache aus der ebenen in eine nahezu kugelschalige , flach paraboloidische uber- gegangen war. Die hervorgewachsenen Epidermiszellen sind etwas mehr in die Lange gestreckt als die normalen und durch etwas schiefe (nach vorne conver- girende) Querwiinde begrenzt, im Uebrigen von den dahinter liegenden nicht verschieden. — Die aus dem Rindengewebe hervorgegangenen Zellen unterscheiden sich von den letzteren durch Mangel der lufthaltigen Inter- cellularraume und etwas dichteren Inhalt ; die Querwande stehen etwas schief, nach vorne convergirend ; diese schrage Stellung steigert sich im weitern Verlaufe noch mehr. — Gering ist die Differenz zwischen dem Fibrovasalkbrper und dem aus ihm hervorgewachsenen Gewebe; doch gilt ftir das centrale Mark das gleiche wie fur die Rinde, nur sind die Quer- wande hier stetiger. Bemerkenswerth ist, dass haufig (aber nicht immer) in den Gefasszeilen , soweit sie hervorgewachsen waren , Theilungen nach alien Richtungen eingetreten waren, wodurch ihre hervorragende Eigen- thUmlichkeit in dem neu zugewachsenen Gewebe nahezu verloren ging. Das ganze ubrige Gewebe behielt die Anordnung der Zellen zu Langsreihen mit noch nahezu iiberall horizontalen Querwanden vollstandig bei. Die aussersten Zellen waren uber die ganze Wundflache bin durch einen grbsseren Langsdurchmesser vor den hinler ihnen liegenden ausge- zeichnet. Es hatte sich somit ein Gewebecomplex gebildet, den wir im Vergleiche mit ahnlichen Bildungen an der Wundflache anderer Organe, besonders 1) Bei Sommertemperatur ; bei niedrigerer Temperatur verlauft der ganze Rege- nerationsgang viel langsamer. 550 Dr. K. Prantl. von Stengeln, als Callus bezeichnen. In diesem Callus sind die Eigen- thtimlichkeiten der verschiedenen Systeme, welchen er entstammt, nicht mehr ausgesprochen ; eine ideale Flache , in welcher der Callus an den differenzirten alteren Wurzelkbrper angrenzt, bezeichnen wir, lediglich der Ktirze des Ausdrucks halber, als Callusgrenze ; dieselbe ist aber keines- wegs scharf bestimmt. Ihre Gestalt ist aber im vorliegenden Stadium we- der eben, noch mit der Wundflache parallel, sondern flacher gewblbt, als letztere. Daraus nun, dass das Wachsthum der Wurzel sowohl bisher, als auch spaterhin unverandert seinen Fortgang nimmt, folgt, dass dieses Wachs- thum nicht bloss auf Kosten der nach der Verstilmmelung noch vorhande- nen jtingsten Zellen, durch deren Streckung und Uebergang in Dauer- gewebe , stattgefunden hat , sondern dass unterdessen Neubildung neuer wachsthumsfahiger Zellen stattgefunden haben muss. Der Ort dieser Neu- bildung des Zellennachschubes, wie wir sie kurz nennen wollen , ist in der nachsten Umgebung der Callusgrenze zu suchen. Denn dass der Zellennachschub nicht vom Callus selbst vermittelt wird, das bewei- sen uns vorzugsweise jene unregelmassigen Theilungen in den Gefass- zellen , welche nur bis zur Callusgrenze herauf statthaben und von deren Spuren in den neu heranwachsenden Partieen des Wurzelkbrpers nie etwas angetroffen werden kann. Viel hinter der Callusgrenze kbnnen wir den Zellennachschub auch nicht annehmen , da er, wie spater gezeigt werden wird , unterbleibt , wenn mehr von der Wurzelspitze hinweggenommen wurde. Die Art und Weise des Zellennachschubes kann nur so ange- nommen werden , dass jede Langsreihe mittelst quergestellter Theilungs- wande ftir sich selbst neue wachsthumsfahige Zellen nachschiebt. Dabei muss aber schon jetzt hervorgehoben werden, dass die Callusgrenze keines- wegs eben ist und der ursprunglichen Schnittflache entspricht, unter welche nur der Callus hinausgewachsen ware, sondern dass sie stets nach vorne riickt, sich der vorderen Oberflache immer mehr nahert. Jede der Langs- achse nliher gelegene Zellreihe ist namlich im Verhaltniss viel ausgiebiger thatig im Zellennachschub, als die weiter nach aussen gelegenen , und es wird dadurch differenzirtes normales Wurzelgewebe weit iiber eine Ebene hinausgebildet, die man sich durch das Ende der alten Epidermis gelegt denken kann. Nach weiteren 24 Slunden erreichen die Vorglinge das zweite Sta- dium, welches charakterisirt ist durch die Anlage einer neuen Epi- dermis und Bildung einer proviso rischen Wurzelhaube. Die Epidermis bildet sich von aussen beginncnd in einer Zone des aus Rindengewebe hervorgegangenen Callus (Fig. 1. e) indem in jeder LHngsreihe eine Zelle ihre (etwas schief geslellte) Aussen wand allmahlich in der flir die Epidermiszellen charakterislischen Weise verdickt, einen dich- Untersueh. lib. d. Regeneration d. Yegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. 551 1. leren Inhalt annimmt unci sich fortan nicht mehr durch tangentiale , son- dern durch radiate Wande theilt. Diese Zellen der verschiedenen Langs- reihen liegen alle in einer mit der nun viel steilcr gewolbten Wundflache parallelen Zone ; doch lassen sich wie die Figur zeigt, noch sammtliche Langs- reihen der RindenzeJlen sehr leicht durch dieselbe hindurch verfolgen. — In den centralen Pariteen des Callus herrschen zahlreiche Quertheilungen, welche jedoch noch zu keiner Sonderung verschiedener Ge- webe fiihren. Alles dasjenige Callusgewe- be, welches ausserhalb der neuen Epidermis liegt, wird zur provisorischen Wurzel- haube , die ausseren Zellen, welche keine Theilungen mehr erfahren, werden abgestossen. Das gleiche Schicksal erleiden auch die aussersten Zellen des centralen, aus dem Fibrovasal- korper und dem Mark hervor- gegangenen Callus. Die hier weiter riick warts stattfinden- den zahlreichen Quertheilun- gen erinnern bereits lebhaft an die Vorgange in der Saule der normalen Wurzelhaube und es lasst sich mit ziemlicher Wahr- scheinlichkeit annehmen, dass hier auch nach vorne hin Zellen fiir die provisorische Wurzelhaube gebildet werden, ebenso wie nach riickwarts fiir den Wurzelkbrper. Es besteht noch eine weitere bemerkenswerthe Aehn- lichkeit zwischen diesen aussersten, provisorisch als Wurzelhaube fungi- renden Zellen des Callus und denen einer normalen Wurzelhaube ; sie sind namlich, gleich diesen, mit kleinen Starkekbrnchen angefiillt, deren Abla- gerung schon im vorausgegangenen Stadium begonnen hatte. Langsschnitt einer regenerirenden Maiswurzel mit beginnender Epidermisbildung. A schematisch, etwa 15mal vergrossert. e Epidermis, r Rinde , f Fibro- vasalkorper, m Mark, C Callus. B Daspunktirte Stuck der Fig. A starker vergrossert, genau nach der Na- tur gezeichnet ; £ die alte Epidermis \ — 9 Rinden- zellreihen, in denen sich die neue Epidermis ee bildet, h provisorische Wurzelhaube, H Reste der alten Haube. 552 Dr. K. Prantl Im Zeitraum von ctwa zwei Tagen vollzieht sich nun die vollstandige Ausbildung eines nornialen Vcgetationspunktcs. Die niichste Erscheinung , welche unmiitelbar zur Beobachtung ge- langl, ist die Aufrichtung der neugebildeten Epidermis in eine steilere, sich immer mehr der geraden nahernden Lage , wahrend in der neaen Epider- mis selbst zahlreiche Theilungen quer zum nunmehrigen Langsverlauic stattfinden, welche sich von denjeni- gen einer normalen Epidermis in Nichls unlerscheiden. Die daran- stosaenden Zellen der provisorischen Ilaube werden vollig abgeworfen (Fig. 2 A.) . Diese Aufrichtung wird aber nicht einfach durch das noch immer vorwiegende starkere Langenwachs- thum der inneren Schichten veran- lasst, sondern es werden zugleich durch sehr complicirte Theilungs- vorgange unmittelbar hinter der neuen Epidermis die Rindenzellreihen, welche durch die Epidermisbildung gleich- sam abgestutzt w r orden waren (Fig. \ B endigt z. B. auch die innen ge- legene Reihe 8 an der Epidermis), wieder erganzt. Diese complicirien Theilungsvorgange finden darin ihren Gesammtausdruck , dass die Anord- nung der ursprUnglichen Langsreihen vollstandig verwischt wird und aus den neugebildeten Zellen Fortsetzun- gen der Rindenreihen werden, welche nun verschiedenen der ursprUnglichen Langsreihen entstammen. Langsschnitt einer regenerirenden Spitze Von der grbssten Wichtigkeit sind der Maiswurzel im Beginn der Bogenanord- aber schrage Theilungen in den pe- riling. A i5mal vergrossert seliematisch, ripherischen Theilen des aus dem g Epidermis, r Rinde , f Procambium , m Fibrovasalgewebe hervorgegangenen Mark, ff Wurzelhaube ; B das Stiick -J-J- ^ , , , , ■ • ' " ' , ! xt . Callus, welche schon stellenweise im starker vergrossert nach der Natur. 7 vorigen Stadium sichtbar waren, jetzt aber ihre Bedcutung erkennen lassen. Diese schragen Theilungen (Fig. 2 B.) fuh- ren namlich die bogige Anordnung der Zellreihen im kiinftigen Scheitel hcrbei. Durch sehr zahlreiche rasch aufeinanderfolgonde Theilungen sowohl in dic- scr schragen, als in senkrechter Richtung wird dazu die ursprUngliche Anordnung in Liingsmhen sehr bald verwischt und cs lasst sich nur so- Unlersuch. lib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermen wurzeln. 553 viel mit Sicherheit festslellen , dass aus diesen Vorgangen bogig angeord- nete Rindenzellreihen resultiren, welche sich an die bereits bestehenden Rindenzellreihen anschliessen , wahrend gleichzeitig die Regenerationsvor- gange in dem aus der Rinde hervorgegangenen Callus ihren Abschluss er- reichen. Somit geht aucb die Function des Zellennachschubes flir die Zell- reihen der Rinde an die Rogenreihen iiber. Spaterhin werden die Rogenreihen des Fibrovasalkbrpers selbst in den inneren Partieen angelegt; die Epidermisbildung schreitet fortwahrend nach dem Centrum zu fort, aussert sich aber nur in der Ausbildung einer con- tinuirlichen Schicht, nicht in der Rildung der Verdickungen , entsprechend den Verhaltnissen am normalen Scheitel ; das ausserhalb dieser jungen Epidermisschichte liegende Gewebe, in welchem fortwahrend lebhafte Quer- theilungen stattfinden, bedarf keiner Aenderung mehr, um die vollkommen normale Wurzelhaube darzustellen. Rinnen Kurzem bietet schliesslich der Vegetationspunkt vollstandig das Rild eines normalen dar. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass nach vollendeter Regene- ration die Wurzel in ihrem Rau vollstandig identisch ist mit einer normalen Wurzel, welche unterdessen ungestbrt weiter gewachsen ist; wenn man von den einzelnen schragen Querwanden absieht, die in den ausseren Rindenzellreihen erhalten bleiben, ist es absolut unmbglich, eine. regenerate Wurzel von einer normalen zu unterscheiden. Dass die neu entstandenen Epidermiszellen wie die ubrigen Wurzelhaare erzeugen, braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden. Es ist bekannt, dass die Wurzel wahrend des energischen Langenwachsthums an Dicke abnimmt , dass die spater zuge- wachsenen Partieen einen geringeren Durchmesser haben , als die alteren. Genau dasselbe findet auch an der sich regenerirenden Wurzel statt. Wahrend aber dieser Umstand dem Unterbleiben der Spaltungen in den Reihen nahe dem Scheitel sein Zustandekommen verdankt, muss es hier in unserem Falle wohl dadurch geschehen , dass einzelne Langsreihen ihre nachschiebende Thatigkeit einstellen. Meine Versuche, dieses Ausgehen einzelner Reihen wirklich zu beobachten, scheiterten an der Unsicherheit, mit der man auf Langsschnitten einen etwas unregelmassigen Verlauf der Langsreihen beurtheilen muss. — Ausserdem verlieren die normalen dun- ner werdenden Wurzeln das Mark; auch dieser Umstand tritt an den re- generirenden ein, gerade zu der Zeit, wenn die allerletzte Ausbildung statt- hat. Sie haben dann ungefahr eine Lange und Dunne erreicht, wie sie die normalen beim Verschwinden des Markes besitzen. Das Detail dieses Vorganges entzieht sich in beiden Fallen der Untersuchung ; doch diirfte hierin ein wichtiger Anhaltspunkt liegen, das Mark der Wurzeln nicht als Grundgewebe, sondern vielmehr als erstes Differenzirungsproduct des Fibro- vasalkbrpers zu betrachten. Ein einzelner abnormer Fall bietet besonderes Interesse dar. Es wa- ren namlich an Stelle eines zwei neue Wurzelscheitel aufgetreten und 554 Dr. K. Prantl. zwar erst wahrcnd des allcrlclzten Stadiums der Regeneration. Die Wurzel war fast so lang, wie die ubrigen zu der Zeit, warm eben die letzten An- ordnungen slallfinden, war aber dicker, enthielt noch das Mark und trug am Endc zwei divergirende gleich starke noch kurze Spitzen. Ich mache mir folgende Vorstcllung vom Zustandekommen dieser Abnormitat: die Wurzel war unter Callusbildung (abgesehen von der minder starken Ver- diinnung) ganz gleich den Ubrigen weitergewachscn , indem die Zellen an der Callusgrenze fortwahrcnd den Nachschub besorgten. Nur die Bogen- theilungen ordneten sich (vicllcicht in Folge einer ausseren Verletzung in der Mitle) anstatt um die ursprungliche Langsachse um zwei neue. Dabei setzten sich die neuen Bogenreihen der Rinde beiderseits an das bisherige Mark an. Die Bildung zweier gelrennter Wurzelkorper konnte erst dann stattfinden , wenn die Function des Zellennachschubes an die bogig an- geordneten Zellen ubergegangen war. b. Eine procambiaie Regeneration, ausschliesslich aus dem Fibrovasalkbrper tritt dann ein, wenn die Wurzel etwas weiter hinter dem Scheitel quer abgeschnitten wird, als diess bei der vorigen Versuchsreihe geschah. Die grbsste Schwierigkeit bei der Unter^uchung dieser Verhalt- nisse liegt darin , dass man weder ein Mittel hat, an einer bestimmten Stelle zu schneiden, noch auch nachher einen Anhaltspunkt zur Beurthei- lung der Lage des Schnittes; es lasst sich daher auch nicht genau fest- stellen , in wie weit die auftretenden Verschiedenheiten in dem Verhalten dieser Wurzeln von der Lage des Schnittes bedingt sind. Nur eine, aller- dings ziemlich weite, Grenze fur die Lage des Schnitts konnte bestimmt werden , dass namlich noch ein kleiner Theil des ausserlich gelblich er- scheinenden Gewebes an der Wurzel erhalten blieb. Die so behandelten Wurzeln wachsen viel weniger in die Lange" als die normalen und hbren auch bald zu wachsen auf. Sie zeigen wahrend dieser Zeit auffallend starke Nutationen, so dass auch die senkrecht ge- steckten diese Lage fast nie beibehalten. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass die Zellen des Rinden- gewcbes in den Dauerzustand ubergegangen sind und ebcnso auch, wenig- stens theilweise , die Zellen des Fibrovasalkbrpers bis nahe an die Wund- flache hin; bei letzleren spricht sich der Dauerzustand hauptsachlich in der Bildung von Gefassen und Siebrohren aus. Der Zellennachschub unter- bleibt hicr, somit auch das weitere Langenwachsthum. Ein Auswachsen der Zellen gegen die Wundflache hin , eine Callus- bildung findet wohl statt, allein in anderer Weise, als in dem frUher be- trachtelen Fall. Die Rindenzellrcihen erreichen schon nach wcnigen Thei- lungen ihrcn Dauerzustand und kommen gar nicht zur Bildung eines lortbildungsfahigen Gewebes. Nur aus dem Gewebe des Fibrovasalkbrpers wachst ein fortbildungsfiihigcr Callus; doch kommen hier bcdcutende Ver- schiedenheiten vor. In einigen Fallen wird durch Bogentheilungen in den Untersuch. lib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. 555 hervorgewachsenen Langsreihen eine einheitliche neue Spitze angelegt, welche die ursprungliche Wachsthumsrichtung fortsetzt ; haufig treten meh- rere solcher Centra auf, um die sich die Bogentheilungen gruppiren. Ob diese Verschiedenheit in der Entfernung der Wundflache void Vegetations- punkl, in einem friiheren Erloschen der Bildungsfahigkeit im Mark, oder in anderweitigen Ursachen ihren Grund hat, vermag ich nicht anzugeben. Hingegen lasst sich wohl sicher annehmen, dass die bisweilen erfolgende Betheiligung der innersten Rindenzellschichten an der Neubildung dann erfolgt, wenn die Lage des Schnitls sich der unter a) beschriebenen etwas nahert. Aeusserlich ist diese procambiale Regeneration schon dadurch charak- terisirt, dass das Langenwachsthum der Wurzel sistirt wird und erst nach Constituirung des neuen Vegetalionspunkts von Neuem anhebt. Dabei sieht man leicht, dass die neue Wurzelspitze aus der Wundflache hervor- bricht und von dem Ende des Rindengewebes umgeben wird, in ahnlicher, wenn auch minder ausgiebiger Weise, wie die hervorbrechende Keimwurzel von der Wurzelhaube. Es kann desshalb keinem Zweifel unterliegen, dass XIiEsiELSKi diese Art von Regeneration beobachtete und nicht die oben von mir beschriebene vollkommene. Denn er spricht ausdriicklich vom Hervorbrechen der neuen Wurzelspitze, sowie von der nicht seltenen Bil- dung mehrerer Wurzelspitzen. Auch seine Abbildung (Taf. I. Fig. lie) liisst die ursprungliche Wundstelle [s f) erkennen , ein Umstand, der bei der vollkommenen Regeneration niemals zur Beobachtung gelangen kann. Auch Sachs hatle offenbar, wie bereits erwahnt, unter anderen auch solche Wurzeln vor sich, wenn er von den starken Nutationen spricht, wahr- scheinlich aber auch Uebergangsbildungen, an welchen eine theilweise Be- theiligung des Rindengewebes stattfand, da zugleich ein energisches Wachs- thum constatirt wurde. c. Nimmt man noch mehr von der Wurzelspitze durch einen Quer- schnitt hinweg, so dass also beilaufig von dem ausserlich gelblich erschei- nenden Gewebe nichts mehr an der Wurzel zuriickbleibt, so trilt tiberhaupt keine Regeneration ein. Eine Callusbildung erfolgt nur aus dem Rinden- gewebe und zwar so, dass die aussersten Zellreihen sowie die Epidermis viel starker nach vorne hin auswachsen , als die inneren und sich so die ganze Rinde tiber dem sich nicht mehr nach vorne verlangerruien Fibro- vasalkbrper zusammenlegt. Dieser Rindencallus ist aber keiner Neubildung fahig, sondern geht nach wenigen Quertheilungen in Dauergewebe iiber. Im Fibrovasalkbrper finden fast keine Quertheilungen statt. Selbstverstand- lich nimmt das ganze Gewebe der Wurzel unter verhaltnissmaj siger Slreckung seinen Dauerzustand an. Im Pericambium treten zahlreiche Nebenwurzel- anlagen auf, welche aber, soviel ich beobachten konnte, niemals aus der Wundflache, sondern stels, wie an einer normalen Wurzel ; aus der Langs- oberflache hervorbrechen. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. IV. 37 556 Dr. K. Prantl. d. Es wurde bereits der Complicationen in diesen Vorgangen Erwah- nung gethan, welche durch eine kleine Neigung der Schnittflache zur Langsachse der Wurzel herbeigefuhrt werden. Nachdem wir den Erfols des Querabschneidens in verschiedenen Regionen kennen gelernt haben, durfte es nicht uninteressani sein , wenigstens einige auffallende Beispiele der Art zu betrachten, wenn durch die Neigung der Schnittflache Gewebe- partieen verschiedener Entwicklungsfahigkeit gleichzeitig auf verschiedenen Seiten blossgelegt werden. Bewegte sich der Schnitt noch vollstlindig in der jiingsten Region (wie sie unter a. verstanden wurde), so trat zunachst das Hervorwachsen an beiden Seiten in ungleichem Maasse ein, indem die etwas langer ge- J)liebene Seite viel starker wuchs ; es wurde dadurch die aussere Ober- flache schief paraboloidisch ; ja es kam selbst (wenn auch seiten) der Fall vor, dass an dieser langeren Seite die Rinde ebenso stark wuchs , wie das angrenzende Fibrovasalgewebe. Immer aber wurde die Ebene, welche durch die Enden der Epidermis gelegt w 7 erden kann, viel schrager, als die urspriingliche Wundflache war. Wenn nun das Rindengewebe auf der einen Seite im Verhaltniss zur andern stark im Wachsthum zuruckgeblie- ben war, so erfolgle eine starkere Betheiligung des Fibrovasalgewebes der betreffenden Seite an der Regeneration der Rindenzellen, und es trat diess gewohnlich friiher ein, als auf der anderen Seite die entsprechenden Thei- lungen sichtbar wurden. So bietet der Fall einen Uebergang zur pro- cambialen Regeneration dar; weitere Uebergange liefern dann die Falle, wo das Rindengewebe der einen Seite sich car nicht mehr betheiligt. Schiefe Schnitte, welche w r eiter hinten gefuhrt wurden, bedingen einen ungleichseitigen Verlauf der procambialen Regeneration. Wird auf der kiirzeren Seite eine nicht mehr neubildungsfahige Region des Fibrovasal- kbrpers blossgelegt, so tritt, da die Regeneration nur in der einen Halfte des Fibrovasalkorpers erfolgt, in Folge der durch das ungleichseitige Wachs- thum bewirkten Spannung die neue Wurzel schrag aus der Wundflache hervor. Von der Nebenwurzelbildung ist dieser Fall durch die Betheiligung anderer Zellschichten ausser dem Pericambium, sowie auch ausserlich durch das Hervorbrechen aus der Wundflache verschieden. Zudem tritt diese ein- seitige procambiale Regeneration , wie uberhaupt jede Regeneration zeitlich lange vor (\em Hervorbrechen der benachbarten Nebenwurzeln auf. 2. Die Regeneration an gespaltenen Wurzeln wurde von Sachs beobachtet. Die hier auftretenden Verhaltnisse erscheinen anfang- lich ziemlich complicirt, da Gewebe von sehr ungleichem Alter blossgelciit werden und unterdessen ein nicht unbedeutendes, wenn auch hinter dem normalen zuriickbleibcndes Langenwachslhum stattfmdet. Unter BerUck- sichtiiiung (lessen aber, was wir in Obigem ilber die Entwicklungsgeschiclilc verschiedener alter Querschnitte kennen gelernt haben, ist das Verstaiidniss dei- vorliegenden Thatsachen unschwer zu erreichen. Untersuch. iib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenw urzeln. 557 Ich nahm bei diesen Versuchen die eine Langshalfte nicht vollstandig hinweg . um nicht den Anhaltspunkt fur die Beurtheilung der Lage des Schnitts zu verlieren , sondern fiihrte nur einen moglichst axilen Langs- spalt bis etwa I Centim. von der Spitze ruckwarts. Die vollstandig gleiche Weiterentw icklung beider so erhaltener Langshalften zu je einer neuen vollstandigen Wurzelspitze bot die geniigende Garantie, dass der Schnitt axil verlaufen war; zudem bot diese Methode den Vortheil , die eine der beiden gleichen Halften auf Langsscheiben , die andere auf Querschnitten untersuchen zu konnen. Diejenigen Individuen, an welchen sich eine Langshalfte viel starker entwickelte , als die andere , unterzog ich keiner weiteren Untersuchung, da sie keine neuen Resultate versprachen. Zunachst tritt Callusbildung an der Schnittflache ein und zwar am ausgiebigsten in der Umgebung des Scheitels selbst ; vvie Querschnitte zei- gen, betheiligen sich daran alle Gewebe, Rinde, Epidermis und Fibro- vasalkorper, wahrscheinlich auch die Saule der WurzeJhaube. Da die Richtung des Auswachsens nicht mit dem Verlaufe von Zellreihen zusam- menfallt, wie an quer abgeschnittenen Wurzeln , so bildet der Callus hier ein ziemlich unregelmassiges Gemenge von Zellen, in welchem auf dem Langsschnitte die Abstammung der Zellen voneinander nicht genau verfolgt werden kann. In den Gefasszellen finden sich Theilungen nach alien Richtungen. Die Callusbildung erstreckt sich ziemlich weit nach oben hin, und es kbnnte anfanglich bcfremdend erscheinen, class sie viel weiter hinaufreicht , als die Entvvicklungsfahigkeit entsprechender Querzonen an querabgeschnittenen Wurzeln. Man darf jedoch nicht vergessen , dass ja die Wurzelhalfte wahrend der Callusbildung erheblich in die Lange ge- wachsen ist und der Callus offenbar mitgewachsen ist; so kommt das Ver- haltniss zu Stande, dass der von einer jungeri Partie der Wundflache er- zeugte Callus nach 24 Stunden an ein ziemlich altes Gewebe angrenzt. Weiter oben findet sich eine Region, wo sowohl die Epidermis sammt den iiusseren Rindenschichten , als auch der Fibrovasalkorper w T eiter hervorge- wachsen sind, als die inneren Rindenschichten. Noch weiter oben ist iiberhaupt keine Veranderung an der Schnittflache eingetreten. Im weiteren Verlaufe macht sich in dem untersten Theile des Callus nahe der Spitze eine ziemlich weit aussen gelegene Zone bemerkbar, in welcher vorzugsweise tangentiale Langstheilungen stattfinden. Diese Zone nimmt gegen den Scheitel hin Curvenform an und lasst sich in entschie- denster Weise als correspondirendes Gebilde der alteren Rindenschichte erkennen. Bis zum nachst^n Tage hatte sie auch wirklich den Charakter der Rinde angenommen durch Entstehung lufthaltiger Intercellularraume und Quertheilungen in den Zellen. Ausserhalb dieser Zone hat sich eine Langsreihe von Epidermiszellen constituirt, die anfanglich noch isodiame- trisch sich bald haufiger quertheilen und ihre Aussenwande verdicken. Auch sie verlauft gegen den Scheitel bogig und erfahrt ihre Ausbildung 37* 558 Dr. K. Prantl. von oben herab gegen den Scheitel zu fortschreitend. Alles was ausser- halb dieser Reihe, die sich bald bis an den Scheitel hin verfolgen lasst, liegt, wird nach Art einer Wurzelhaube abgestossen. Der innerhalb jener Rindenzone gelegene Theil des Callus schliesst sich in seiner Ausbildung an das Fibrovasalgewebe an ; doch erfolgen die Zelltheilungen anfanglieh nach den verschiedensten Richtungen und sehr rasch aufeinander ; die voll- standige Erreichting des normalen Charakters nimmt hier langere Zeit in Anspruch. Weiter oben erfolgt keine vollstandige Rindenbildung mehr, sondern der Callus schliesst sich nach aussen nur durch eine Zellschicht ab, welche durch die verdickten Aussenwande einige Aehnlichkeit mit der Epidermis erhalt. — Noch weiter oben endlich, wo keine Callusbildung mehr einge- treten war, wird ein Anschluss des an die Wundflache grenzenden Ge- webes nach aussen lediglich durch starke Verdickung der nach aussen hin vorgewolbten Zellwande erreicht. Bemerkenswerth ist die Thatsache, dass diese Verdickung der freien Zellwande haufig , besonders an den inneren Rindenzellen eine ungleichmassige ist und sich in der Bildung von nach aussen vorspringenden Knotchen ausspricht. Diese Knbtchen bestehen, wie die Reactionen und die Beobachtung im polarisirten Licht zeigen , aus Cellulose. Aehnliche nach aussen vorspringende Verdickungen freier Zell- wande beobachtete ich auch an anderen Wundflachen. Die so aus einer Langshalfte regenerirende Wurzel besitzt nicht den normalen Bau in ihrer ganzen Langsausdehnung , da ein Zwischenstiick den Charakter der Langshalfte vollstandig beibehalten hat. Es schliessen m sich daher auch die einzelnen Gewebe- und Zellformen des unten zuge- wachsenen volistandigen Stiickes in der rinen Halfte nicht direct nach oben hin an ihre homologen Gebilde an ; in welcher Weise aber ein Anschluss z. B. der Gefasse erreicht wird, habe ich nicht weiter untersucht. II. Phsum und Vicia. Im Allgemeinen ahnlich wie bei der eben geschilderten Maiswurzel verlauft die Regeneration bei den genannten Leguminosen. Das Resultat, dass ein den) ursprunglichen vbllig gleichartiger Scheitel gebildet wird, ist fur beide , Mais und Leguminosen , das namliche. Die Verschiedenheiten im normalen Bau zwischen den beiden Classen machen sich in kleinen Abweichungen in den Regej^rationsvorgangen geltend. Der Bau des normalen Vegetationspunktes genannter Leguminosen- wurzeln (auch von Phaseolus) ist wesentlich verschieden von dem der Maiswurzel, sowie auch von Helianthus, welch lelztercr von Reinke als der Typus sammtlicher Angiospcrmenwurzeln betrachlet wird. Den Scheitel der Lcguminosenwurzel nimmt ein sehr ausgedehntes zu Langsreihen an- geordnetes Meristetn ein, in welchem fortwahrend Quertheilungen statt- Untersuch. lib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. 559 finden. Ebenso wie nach unten in den centralen Theil der Wurzelhaube, setzt es sich nach oben in den centralen Theil des Fibrovasalkbrpers un- niittelbar in Langsreihen fort. Die ausseren Schichten des Fibrovasal- korpers, sowie die Rindenzellreihen setzen sich in kurzen Bbgen an das Meristem an. Die peripherischen Theile der Wurzelhaube sind von dem Rindengewebe nicht scharf abgesetzt, sondern bilden sich offenbar durch haufige Spaltungen in der Bertihrungszone beider Gewebe. Eine beson- dere Epidermis existirt am Scheitel demzufolge nicht, sondern erscheint erst weiter riickwarts als die ausserste, sonst jeder Eigenthiimlichkeit entbeh- rende Zellschichte der nicht mehr von der Wurzelhaube uberlagerten Rinde. Wo die peripherischen Theile der Wurzelhaube an die centralen und das Meristem angrenzen, Ziehen sich noch einige Zellen vom Charak- ter der Rindenzellen seitlich am Meristem herab 1 ). Wird der Scheitel moglichst nahe hinter dem Meristem quer abge- schnitten , so erfolgt die Callusbildung wesentlich in der gleichen Weise, wie bei Zea. Eine Differenz tritt dagegen, wie es sich bei der Verschie- denheit des Baues auch nicht anders erwarten lasst, darin hervor, dass hier nicht eine bestimmte Zellenschicht zur Epidermis wird , sondern dass nur eine unbestimmt umgrenzte Zone sich in den verschiedenen Rinden- zellreihen herausdifferenzirt, welche im weiteren Verlaufe sich in derselben Weise spaltet, wie die aussersten Rindenschichten der normalen Wurzel. Die Bogentheilungen im Fibrovasalcallus zum Zweck der Rindenbildung sind zwar sicher vorhanden. treten aber nicht so deutlich hervor, da ja iiberhaupt die Curvenanordnung am Scheitel nur schwach ausgesprochen ist. Allgemeine Resultate. Nachdem nun an zwei sehr verschiedenen Angiospermenwurzeln, der Maiswurzel, bei welcher die Differenzirung der einzelnen Systeme am wei- testen gegen den Scheitel hinreicht, und den Leguminosenwurzeln, deren Ge- webesysteme erst in grbsserer Entfernung vom Scheitel sich unterscheiden lassen , nachdem also in diesen beiden extremen Fallen die Regeneration des normalen Vegetationspunktes nachgewiesen ist, darf man wohl nicht anstehen, diese Fahigkeit alien Wurzelspitzen der Angiospermen zuzu- sprechen. Bei der noch weniger ausgesprochenen Differenzirung der Gymno- spermenwurzel erscheint auch fur diese Regenerationsfahigkeit als wahr- scheinlich. Leider konnte ich aber in Betreff der mit Scheitelzellen aus- gestatteten Wurzeln der Gefasskryptogamen zu keinem Resultate gelarigen, da die von mir untersuchten Wurzeln (von Equisetum, Marsilia und As- plenium) jedesmal, nachdem die Scheitelzelle hinweggenommen war, ab- starben, ohne dass auch nur die bereits angelegten Zellen ihre normale 1) Auch hierin werden meine Beobachtungen von Janzcewski Bot. Zeit. 1874 p. 115 bestatigt. 560 Dr. K. Prantl. Ausbildung erreicht hatten. Gerade aus dem letzieren Grunde aber darf deshalb die Begerationsfahigkeit noch nicht als unmoglich betrachtet werden. Fiir das Verstandniss der Bedeutung des Vegetationspunktes fur das Langenwaehsthum scheint zunachst die Thatsache von Wichtigkeit zu sein, dass das Langenwaehsthum der Wurzel ungestort fortdauert, wenn die bogig angeordneten Zellreihen entfernt sind , wenn nur die noch vorhan- denen Zellen noch jung genug sind. Es kann also der Nachschub in Streckung ubergehender Zellen auch durch einfache Querlheilung der ein- zelnen Langsreihen verwickelt werden ; es brauchen diese Langsreihen, damit die nothige Anzahl von Zellen entslehen kann, also nicht in Bogen- form und zuletzt durch wenige besonders bevorzugte Zellen , die soge- nannten Initialen, abgesehlossen zu sein. Dass aber dennoch im weiteren Verlaufe sich eine derartige Anordnung wiederherstellt, diirfte vielleicht auf eine Abhangigkeit des Scheitels vom Langenwaehsthum , auf einen mechanischen Einfluss der wachsenden Zellen auf die Anordnung am Scheitel hindeuten. Die sich neu bildenden Gewebesysteme entstammen nicht ausschliess- lich den gleichnamigen Systemen des verletzten Stiickes, sondern bilden sich ohne Riicksicht auf die Abstammung der hiezu verwendeten Zellen nur in Beziehung zum Aufbau des Regenerationsproductes. Es wird der Uebergang der Systeme ineinander allerdings durch die Zwischenbildung eines Callus vermittelt, in welchem selbst eine Verschiedenheit der Systeme nicht hervortritt; allein derselbe steht noch, besonders durch die anfang- lich unverwischte Fortsetzung der Langsreihen in so engem Zusammenhang mit den ihn erzeugenden Geweben, dass die Abstammung jeder einzelnen Calluszelle evident ist so lange bis sie einen bestimmten Charakter im Regenerationsproducte annimmt. Bei der vollkommenen Regeneration bildet sich die neue Epidermis aus der fruheren Epidermis, dem Rindengewebe und dem Fibrovasal- kbrper, das Rindengewebe aus dem fruheren Rindengew-ebe und dem Fibrovasalkorper. Nur der Fibrovasalkorper ist seiner cenlralen Lage zu- folge gleichnamigen Ursprungs. Der spalerhin bleibende Theil der Wurzel- haube entstam*nt beim Mais dem Fibrovasalkorper, bei den Leguminosen auch der Rinde entsprechend seinem auch am normalen Scheitel zweifachen Ursprung. Bei der procambialen Regeneration entstehen, wie erwahnt, alle neuen Systeme aus dem Fibrovasalkorper. Es zeigt sich also, dass der Begriff der Gewebesysteme kein so star- rer, absoluler ist, wie man ihn insbesondere in neuerer Zeit in Folge der L'ntersuchungen an Embryonen zu fassen gewohnt war. Mag man Uber die Berecfitigung der Annahme eines besonderen Dcrmatogens , Periblcms und Pleroms am normalen Scheitel denken , was man will, hier, an der regenerirenden Wurzelspitze , giebt es weder Dermatogen, noch Periblem, Untersuch. lib. d. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. 5(31 noch Plerom, unci doch entwickeln sich Epidermis, Rinde, Fibrovasalkbrper und Wurzelhaube. Erst im letzten Momente der Wiederherstellung des nor- malen Scheitels erscheinen wieder jene Theile des Urmeristems , welche sich an die drei Systeme geometrisch anschliessen, ohne jedoch schon de- ren Ausbildung zu besitzen, vorausgesetzt dass das Urmeristem iiberhaupt in solche Theile differenzirt ist und nicht, wie bei den Leguminosen , ho- rn ogen. Sehen wir uns endlich nach analogen Erscheinungen urn, mit welchen wir die hier constatirte Neubildung des Wurzelscheitels vergleichen konn- ten, so denken wir zunachst an die Bildung der Nebenwurzeln im E^ri- cambium. Dort entwickeln sich alle Systeme aus einer einzigen, einem bestimmten Systeme angehbrigen Zellschichte , also auch nicht aus den gleichnamigen Systemen der Mutterwurzel. Allein es bestehen zwischen den beiden Vorgangen wesentliche Verschiedenheiten ; dort handelt es sich um die Bil- dung eines neuen Gliedes , die vollstandige Neuentwicklung der Gewebe- sy steme. Dort ist die Neubildung eine centrifugale ; zuerst bildet sich der neue Scheitel, an welchen sich spaterhin die weiteren Gewebe anschliessen, vielleicht aus ihm hervorgehen. Hier dagegen ist die Bildung centripetal: zuerst entstehen die vom Scheitel entferntesten Gewebe und erst zuletzt wird der Scheitel selbst gleichsam eingesetzt. Gerade wegen dieses letzteren Umstandes bietet die Regeneration mehr Aehnlichkeit mit der ersten Anlage der Wurzel im Embryo. Dort ist es eine mehr oder minder (letzteres namentlich bei den Grasern) regel- massig angeordnete Gewebemasse , in welcher sich durch zweckmassige Theilungen die Gewebe differenziren, in welcher ebenfalls der Scheitel zu- letzt zur Ausbildung gelangt. Eine bedeutungsvolle Analogie bietet die Regeneration mit den Neu- bildungen in Gallusgeweben , unter welchen sie einen speciellen Fall darstellt. Als Callus bezeichnet man iiberhaupt Gewebecomplexe, welche in Folge von Verletzungen durch Hervorwachsen der an die Wundflachen angren- zenden Gewebeschichten entstehen. Der Charakter der betheiligten Gewebe- formen geht im Callus selbst meist verloren. Regelmassig treten im Callus Neubildungen auf; es constituirt sich nahe unter der Oberflache (seltener an der Oberflache) ein Meristem, d. h. ein Gewebe, dessen Zellen sich derart theilen, dass ein Theil der produ- cirten Zellen in Dauergewebe ubergeht , ein anderer im Theilungszustand verbleibt. Der einfachste Fall dieser Art ist die Wundkorkbiidung; es differenzirt sich im Callus eher oder spater ein Phellogen , ein Meristem, welches nach aussen Korkzellen erzeugt. Diejenigen Falle, in welchen die Korkbildung von der Oberflache des Callus entfernt eintritt, lassen sich 5(52 K. Prantl. Ueb. Regeneration d. Vegetationspunktes an Angiospermenwurzeln. mit der Abscheidung der Epidermis im Callus der Wurzel vergleichen. In beiden Fallen wird hiedurch die riickwarts gelegene Partie des Callus ab- geschlossen , die aussere wird entfernt, in unserem Falle als provisorische Wurzelhaube. Der innere abgeschlossene Theil folgt den Gestaltungs- gesetzen, welche den Zellen in Folge ihrer Abstammung innewohnen ; wah- rend es an Wundflachen von Stammen mit Dickenwachsthum zur Entstehung eines Cambiums kommt, welches ahnliche Producte liefert, wie das nor- male, bildet sich hier ein Urmeristem , welches vollstandig die Rolie des normalen ubernimmt. XVIII. Habeii Teniperaturschwaiikiuigeii als solche eiiien uugiiiistigeii Einfluss auf das Wachsthum ? Von Dr. R. Pedersen. Die Frage tiber die Bedeutung der Temperaturschwankungen fiir das Pflanzenwachsthum hat bis jetzt nur eine einzige experimentelle Beant- wortung gefunden, namlich von Koppen *) (1870), welcher der Temperatur- veranderung an und fiir sich einen verzogernden oder einen stark schadi- genden Einfluss auf das Wachsthum zuschreibt (I. c. p. 7 und 20), indem nach ihm »wahrend der Temperaturanderung das Wachsthum langsamer vor sich geht, als bei gleicher constanter Temperatur« (J. c. p. 22). Diese Anschauung scheint im Allgemeinen von den Pflanzenphysiologen adoptirt zu sein; doch hat Sachs 2 ) (1872) gelegentlich Zweifel tiber deren Richtigkeit geaussert. Bei seinen Untersuchungen iiber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichtes auf die sttindlichen und taglichen Aenderungen des Langenwachsthums der Internodien zeigt er, »dass zur Zeit der starkeren Wachsthumsfahigkeit der Pflanzen (in der Mitte der grossen Periode) Tem- peraturschwankungen von einem bis einigen Graden in der Stunde das Wachsthum machtig verandern, und zwar so, dass dem Steigen der Tem- peratur ein Steigen , dem Fallen der Temperatur ein Fallen der Zuwachse entspricht«. Und hieraus folgert er: »Jedenfalls erleidet hierdurch die An- gabe Koppen's, wonach Temperaturschwankungen an sich das Wachsthum verlangsamen , eine Einschranlying ; denn dieser Satz im weiteren Sinne genommen, wtirde verlangen, dass einer Temperatursteigerung ein gleich- 1) Koppen : Warme und Pflanzenwachsthum. Bui. de la soc. imp. des naturalistes de Moscou 1 870. 2) Sacbs: Arbeiten d. bot. Instituts in Wiirzburg. Heft II. 1872. p. 164. 564 Dr. R. Pedersen. zeitiges Fallen der Zuwachscurve entspreche, was nicht der Fall ist.« .Ta, wenn die Angabe Koppen's richtig ware, so ware es ein Wunder, dass ausgiebiges Wachsthum in der Natur tiberhaupt moglich ist , da constante Temperaturen im gewbhnlichen Lauf der Dinge strenggenommen nicht exi- stiren. Bei diesen Zweifeln schien es gerathen, die Frage einer neuen sorgfaltigen Prtifung zu unterwerfen ; nach Aufforderung des Herrn Prof. Schenk hatte ich schon in Leipzig einige darauf bezUgliche Beobachtungen, welche der Annahme Koppen's wenig entsprachen, gemacht; noch entschie- dener zu Ungunsten des Letzteren gestaltete sich eine sehr ausfUhrliche Untersuchungsreihe , welche ich im Wiirzburger Laboratorium ausgefiihrt habe. Koppen hat seine Anschauung theils auf sogennnnte »phaenologische« Data, theils auf Experimente basirt. Was diese phaenologischen Beobach- tungen betrifft, so soil denselben zwar ihr etwaiger Werth in anderer Richtung nicht abgesprochen werden; dass sie jedoch fiir die Beantwortung pflanzenphysiologischer Fragen werthlos sind , ist schon wiederholt ausge- sprochen worden und liegt in der Natur der Sache. Ich lege daher den phanologischen Theil von Koppen's Abhandlung bei Seite und gehe auf den experimentellen Theil derselben ein, der mir jedoch in mehr als einer Richtung zu schweren Bedenken Anlass giebt. I. Koppen hat mit kranken Pflanzen experimentirt. Dass dieses der Fall gewesen , sieht man aus seiner Angobe (I. c. p. 13), dass von den zu jedem Versuche verwendeten Samen nur die Halfte, hbchstens drei Yiertel gekeimt haben , und dass unter den Keimpflanzen sehr haufig mehrere so schlecht entwickelt waren , dass er bei Berechnung der Mittelzahlen keine Rucksicht auf diese »offenbar abnormen Exemplarecc (1. c. p. 41) nehmen zu diirfen glaubte. Mehrere ihm unerklarbare Vor- kommnisse bei seinen Versuchen werden hierdurch leicht verslandlich, z. B. dass er (1. c. p. 10) in einem Versuch bei 28,4° constanter Tem- peratur in 48 Stunden einen Zuwachs von 22,4 mm bei der Lupinenwurzel, und 23 mm bei der Erbsenwurzel findet, wahrend er in gleicher Zeit bei einer ebenso constanten TemperatuV von 28,5° einen Zuwachs von 50,1 mm bei der Lupinenwurzel und einen Zuwachs von 40 mm bei der Erbsen- wurzel findet. Die Ursache der Erkrankung seiner Versuchskeimpflanzen war offen- bar die, dass er einen allzu feuchten, nicht ordentlich durchliifteten, ja bis- weilen einen in Faulniss begriffenen Keimboden , niimlich ein Gemisch von Sand und Siigespanen verwendete. Diese Mischung sattigte er »bei Beginn des Versuchs mit Wasser (1. c. p.* 4). Er selbst sagt: >wohl mog- lich, dass fUr manche Samen ein weniger feuchler Boden zutraglicher ge- wesen wares; er meint aber, dass dieser der einzige Weg sei, auf dem gleichfOrmige Feuchtigkeitsbedingungen sich zu Wege bringen lassen , und ebenso, dass zur Venncidung von Temperaturschwankungen eine spiii-liche Haben Temperaturschwankungen einen ungtinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 565 Durchliiftung des Bodens nothwendig sei. Dass er wirklich bisweilen faule Sagespane verwendete, folgi aus seiner Aeusserung : »dagegen elaube ich jetzt, dass die langsame Faulniss der Sagespane dieselben fur derartige Versuche ganz unpassend macht« (L c. p. 5), und ferner daraus, dass er als Hauptursache der »Widersprtiche zwischen scheinbar unter ganz glei- chen Umstanden angestellten Experimentena — »den Uebelstand des Fau- lens der Sagespane« angiebt (1. c. p. 8). 2 . Roppen hat bei den meisten seiner Versuche Terape- raturen iiber dem Optimum, ja bisweilen iiber dem Maximum verwendet. Da jede Temperatur iiber dem Optimum fiir die Pflanze schadlich ist und desto schadlicher, je naher an dem Maximum und je feuchter der Boden ist, so versleht es sich von selbst, dass seine Versuchspflanzen krank und schlecht wachsende waren , ja bisweilen sind vielleicht die Pflanzen dadurch getbdtet worden. Dieses war wahrscheinlich der Fall in der Versuchsreihe mit Sinapis, Lepidium , Linum und Convolvulus (1. c. p. 23) ; obgleich das Optimum fur diese Pflanzen 27° C. ist, wurde doch zweimal taglich die Temperatur bis 37° erhbht, welche Temperatur das Maximum fur Lepidium und wahrscheinlich auch fur die anderen Pflanzen ist oder demselben doch nahe liegt. Kein Wunder also, dass Pflanzen, welche eine solche Behandlung erfuhren, schwacher wuchsen als andere, welche die ganze Zeit hindurch sich in 23,5° C. befanden , und dass er in zwei anderen parallelen Versuchen, wo die Temperatur nicht uber 25° ging, das ganz entgegengesetzte Resultat erhielt. In seinen Versuchen No. 7, 9 und 15 sind die Pflanzen bei respective 40°, 35° und 36,19° gewachsen , also ebenfalls in Temperaturen, welche bedeutend iiber dem Optimum und in der Nahe des Maximums liegen. Ueberhaupt leuchtet von selbst ein , dass bei Versuchen, welche un- sere Frage beantworten soilen, nur solche Temperaturen verwendet werden diirfen, welche unterhalb des Optimums liegen. Denn da jede oberhalb des Optimums liegende Temperatur um so ungiinstiger wirkt, je hbher sie liegt, so folgt, dass bei derartigen Versuchen das Auftreten von Tempera- turen oberhalb des Optimums den Gang des Wachsthums nothwendig ver- langsamen muss, und dass auf diese Weise gefundene Verminderung der Wachsthumsgeschwindigkeit, nicht einen schadlichen Einfluss der Schwan- kung niitzlicher Temperaturen zugeschrieben werden darf. Unter den KbPPEiv'schen Versuchsreihen (l. c. p. 18) finde ich nur zwei: die bei 14° (No. 1, 2) und die bei 16°— 17° (No. 3—6), welche nicht an diesem Fehler leiden, und nicht alle Versuche in diesen Reihen sprechen fiir seine Theorie ; eigentlich nur zwei Versuche , der eine mit Lupine, der andere mit Erbse bei 1 4° angestellt (No. 12). Aber weder diese zwei Versuche, noch der mit Erbsen in 144 Stunden angestellte Hauptversuch (1. c. p. 18) sprechen mit Noth wendigkeit 566 Dr. R. Pedersen. far seine Theorie, selbst wenn diese Versucbe in alien anderen Beziehun- gen fehlerfrei wiiren. 3. Koppex hat bei der Berechnung der Mitteitemperatu- ren die Dauer der einzelnen Temperaturdaten nicht berttck- sichtigt und in Folge dessen sind die von ihm als Mittel- temperaturen bezeichneten Zahlen nicht die wahren, filr die Versuchspflanzen giiltigen Mitteltemperaturen. Auf die Zeit- dauer, worin die verschiedenen Temperaturen eingewirkt haben , hat er iiberhaupt nicht RUcksicht genommen, vvie aus seinem Schweigen dartiber zu schliessen ist, namentlich fallt auf, dass er bei den Versuchen, welche durch Ueberbringen der Pflanzen in Raume von hbheren constanten Tem- peraturen angestellt vvorden sind, Uber die Dauer der letzteren schweigt. Bei Versuchen mit schwankender Temperatur kommt es gerade auf die Mittel temperatur der Zeitintervalle an und nicht auf die Mitteltemperatur der Zeitpunkte, welche k e i - nen wahren Ausdruck fur die bei dem Versuch einwirkende Wa rme giebt.' Schlechterdings unbegreiflich ist mir, was Koppex mit dem hier folgen- den Satze sagen wollte: »\Varen die mittleren Temperaturen der beiden Versuchstage etwas verschieden, so gab ich bei Berechnung des Mittels der Temperatur des zweiten Tages einen hbheren Werth, als der des ersten, je nach dem Gange der Temperatur im Verhaltniss von 5 zu 3 oder von 2 zu 1.« Da er keine Detailangaben uber den Gang der Temperatur bei seinen Versuchen anfuhrt , ist es leider auch mir unmbglich, die wahren Mittel- temperaturen seiner Versuche zu berechnen. 4. Koppen hat nicht hinlanglich RUcksicht auf die indi- viduellen Verschiedenheiten der Versuchspflanzen genom- men. Bei seiner Methode zu experimentiren, konnte er diese Fehlerquelle nur »durch Anwendung sehr vieler Exemplare« eliminiren ; statt dessen sind seine Versuche an Lupine, Erbse und Mais mit 3, hbchstens 7 Pflan- zen , und an Saubohnen mit 2 , hbchstens 6 Exemplaren thatsachlich an- gestellt, da von der »Normalzahl« der Versuchssamen (5 — 10) nur die Halfte oder clrei Viertel keimten. Da Detailangaben fehlen, kann man nicht sehen, wie viele und welche von seinen Versuchen mit bloss 2 oder 3 Exemplaren angestellt sind, urn so ein Urtneil Uber den relativen Werth der einzelnen Versuche zu gewinnen. Aus diesen Angaben wird der urtheilsfahige Leser hinreichend er- sehen, welcher Werth den KopPEiv'schen Angaben beizumessen ist. Haben Temperatursehwankungen einen ungtinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 567 Eigene Untersuckimgen. Da bei Untersuchungen iiber die Bedeutimg der Temperaturschwan- kungen fur das Wachsthum Keimwurzeln die zweckmassigsten und be- quemsten Yersuchsobjecte sind , so habe ich bei meinen Untersuchungen bloss Keimwurzeln verwendet. Selbstverstandlich, und wie ich in meiner Kritik Koppen's bereits angedeutet habe, kann ein reines Versuchsresultat nur erreicht werden durch Anvvendung von an und fur sich dem Wurzel- wachsthum nutzlichen Temperaturen, also Temperaturen, die nicht iiber der Optimaltemperatur und nicht zu nahe an der Minimaltemperatur des Yersuchs- objectes liegen. Die Frage . welche ich experimentell beantworten will, kann folglich so formulirt werden : 1st der Zuwachs, welchen eine Wurzel in schwanken- den, fiir sie niltzlichen Temperaturen erreicht, ver- schieden von dem Zuwachs, welchen sie in ebenso langer Zeit in der entsprechenden constanten Mittel- temperatur erreichen wiirde? Untersuchungsmethode im Allgemeinen und Fehlerquellen. Alle meine Versuche sind mit Keimpflanzen. von Vicia Faba ausgefiihrt. Urn die individuellen Verschiedenheiten zu verkleinern, wurden bei jedem Versuche gute Samen von derselben Grbsse ausgesucbt. Diese wurden ein- geweicht und in Sagespanen auf die von Sachs [Arbeiten d. bot. Instit. in Wurzb. p. 386) angegebene Weise zum Keimen gebracht. Yon den Keim- pflanzen wurde wieder, um die individuellen Verschiedenheiten noch mehr zu zermindern , eine Auswahl der am besten und gleichmassigsten ent- wickelten getroffen , so dass zu den correspondirenden Versuchen Keim- pflanzen von entsprechendem Entwicklungsgrade und mbglichst gleicher Entwicklungsfahigkeit verwendet worden sind. Da es von Wichtigkeit ist, die Feuchtigkeitsbedingungen constant zu halten, liegt es nahe, Wassercultur zu verwenden. Fast alle meine Versuche sind deshalb durch Wassercultur ausgefiihrt und zwar nach der von Sachs 1. c. p. 387 beschriebenen Melhode. Die Keimpflanzen wer- den auf lange Nadeln gesteckt und an Korkplatten, welche in den Deckeln grosser, theilweise mit Wasser gefullter Cylinderglaser eingelegt sind, so befestigt, dass die Keimblatter iiber dem Wasser in der feuchten Luft sich befinden. Auch habe ich Versuche in Erde nach der von Sachs 1. c. p. 388 angegebenen Methode angestellt. Zu diesen habe ich einen Zinkkasten mit schragen, w asserdicht eingekitteten Wanden von diinnem Glas , hinter 568 Dr. R. Pkdersen. welchem die Wurzeln sich beobachten lassen , und mit nicht durchlocher- ten metallenen Seitenwanden verwendet. Diese beiden Culturmethoden haben die Vortheile, dass die Feuchtig- keitsbedingungen fur alle POanzen dieselben sind, und dass man den Zu- wachs, welchen jede einzelne Wurzel erreicht hat, beslimmen kann. Die Erdcultur hat den Nachtheil, dass sie bei den Versuchen, wo man eine plotzliche, momentane Temperaturanderung haben will, nicht verwendbar ist, dass man nicht gut mit vielen Pflanzen auf ein Mai experimentiren kann und dass eine gleich zu erwahnende Fehlerquelle bei den Messungen sich geltend macht. Urn bei den Messungen einen festen Ausgangspunkt zu haben, wird bei den Wasserculturversuchen eine Tuschmarke 20 Millimeter von der Wurzelspitze beim Anfange des Versuchs angebracht. Die Lange der wachsenden Region der Fabawurzel erreicht niemals 20 mra , so dass der Zuwachs dieses Stiicks der Zuwachs der ganzen Wurzel ist. Die Anbrin- gung der Marke und die Messung geschieht wie 1. c. p. 399 beschrieben. Bei den Erdculturversuchen wurde als Ausgangspunkt der Messsungen auf der Glaswand, der Wurzelspitze gegenuber, beim Anfange des Versuchs eine Marke mit Asphaltlack angebracht. Um die Fehler des Absehens bei der Anbringung der Marke und bei den Messungen zu vermindern, muss man moglichst diinne Glasplalten an dem Erdkasten verwenden. Da ich bei vorlaufigen Versuchen fand, dass die Optimaltemperatur nicht unter 27° C. (21 ,6° R.) liegt, so ist 27° C. die hbchste Temperatur, die ich bei meinen Versuchen verwende. Die niedrigste Temperatur, die ich verwendet habe , ist 12,5 C. (10° R.). Wie ich die Temperatur- schwankungen vornahm, werde ich bei der Beschreibung der Versuche angeben. Bei der Berechnung der Mitteltemperaturen muss, wie ich oben angedeutet habe , Rucksicht auf die Zeitdauer der Einwirkung der verschiedenen Temperaturen genommen werden. Ist die Temperatur a t ° am Anfang und b 1 ° am Ende des ersten Zeitintervalles i\ und a 2 ° am Anfang und b 2 ° am Ende des zweiten Zeitintervalles ? 2 u - s - w - , so i st die Formel , nach welcher die Mitteltemperatur t des ganzen Zeitraumes berechnet werden muss, folgende : Sind die Zcitintervalle gleich gross (/, =/ 2 = /p), das heisst : sind die Tem- peraturbeobachtungen aquidistanle, so nimmt diese Formel die folgende ein- fachere Form an : t ') h+i (^°+^ J^2-i +| (a P °+b p )i p (I) \ + + I («2°H-^°) H i- (ap°+bp°) V Haben Temperatuisclnvankungen einen ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 569 Nach dieser Formel sind die mittleren Temperaturen in meiner ersten Yersuchsreihe berechnet. Sind die Temperaturbeohachtungen aquividistante und die Schluss- temperatur jedes Zeitintervalles gleich der Anfangstemperalur des nach- folgenden Zeitintervalles [b l = a 2: b 2 = a Sl b p =a p+ i), wird die Formel (2) noch einfacher namlich : I = | « + m + 1 ("2° + O + • • • 1 [a P ° + a P+ i) f3] p Nach dieser Formel sind die mittleren Temperaturen in der zweiten Yersuchsreihe berechnet. In Bezug auf die Fehlerquelle, welche daher riihren konnte, dass die Yersuchswurzeln in verschiedenen Phasen der grossen Wachsthums- periode sich befanden , bemerke ich , dass kein Yersuch angefangen wurde , bevor die Wurzeln in dem neuen Wachsthumsmedium (Wasser, Erde in kraftigen und schnellen Wuchs gekommen waren , so dass die Wurzeln nicht im Anfange der grossen Wachsthumscurve , aber noch in deren aufsteigendem Zweig sich befanden. Nun ist aber bei Wurzeln die grosse Wachsthumscurve viel flacher , viel weniger steil als bei Sten- iieln (weitere Untersuchungen behalte ich mir vor), und folglich ist, wenn der Anfang und das Ende der grossen Periode ausgeschlossen werden, die Phasendifferenz der grossen Periode bei Wurzeln unbedeutend. Fin* Yicia Faba gilt dieses ganz besonders , wie aus friiheren Beobachtungen von Sachs hervorgeht. Bei der Berechnung der mittleren Zuwachse miissen nattir- lich a lie die zum Versuche verwendeten gesunden Wurzeln in Betracht gezogen werden ; wie es unerlaubt ist, gewisse Versuchspflanzen (z. B. die kiirzesten oder die langsten oder die mittleren) willkurlich zu be- seitigen , so ist es auch fehlerhaft, Pflanzen mit offenbar abnormem Wachsthum mitaufzunehmen. Es giebt namentlich 4 Falle, in welchen das Wurzelwachsthum nicht normal ist. I) Wenn iiber der Spitze eine Anschwellung sich bildet (Arbeit d. bot. Instit. p. 411), wachst die Wurzel mehrere Tage sehr langsam und sehr haufig gar nicht. Eine solche Wurzel muss ganz beseitigt werden. 2, Wenn die Wurzelhaube verschleimt, wachst die Wurzel abnorm langsam (1. c. p. 386). Eine solche Wurzel darf man bei der Mittelzahlberechnung nicht mitnehmen. Wird jedoch die Spitze abgetrocknet, so wachst die Wurzel normal weiter. 3) Wenn die Wurzelspitze sich stark kriimmt, ist das Wachsthum abnorm, bis die Wurzel gerade gestreckt wird. V) Sachs: Physiol. Untersuch. lib. d. •Abhangigkeit d. Keimung von d. Temperatur. Pringsh. Jahrb. II, p. 34S. 1860. 570 Dr. R. Pedersen. 4) Wenn die Wurzel nichl die verticale Stellung hat, ist das Wachsthum auch verlangsamt. Ueberhaupt darf man bei der Berechnung des mittleren Wachsthums keine Wurzel mit hinzunehmen, bei welcher sich eine von der Temperatur unabhangige das Wachsthum beschleunigende oder verzbgernde Ursache vorfindet. Jede langsam-wachsende Wurzel a Is krank und abnorm zu be- trachten, bloss deswegen weil sie langsam wachst, ware aber nicht erlaubt. Versuche und Resultate. Die Temperaturanderung kann auf zwei verschiedene Weisen ausge- fiihrt werden ; entweder so, dass man die Pflanzen in verschiedenen con- stanten Temperaturen mit plotzlichem W 7 echsel derselben wachsen lasst, oder so, dass die Temperatursehwankung continuirlich ist, die Temperatur in jedem Augenblick eine andere wird. a. Erste Versuch sreihe : Plbtz licher Wechsel zwischen zwei constanten Temperaturen. (Versuch 1 — 7.) Diese Versuchsreihe wurde mit Hilfe von Wassercultur ausgefiihrt, wie oben beschrieben. In einem der Cylinderglaser wurde das Wasser auf 10° Reaumur , in einem anderen auf 15° R. und in einem dritten auf 20° R. constant gehalten. Eine Partie der Pflanzen wuchs die ganze Ver- suchsdauer, 6 Stunden, in dem Wasser von 4 5°R., eine andere Partie aber abwechselnd in dem Wasser von 10° R. und von 20° R. Das Wechseln wurde ausgefiihrt, entweder stiindlich (Versuch 1), oder halbstundlich Vers. 2, 3, 5, 6, 7) oder viertelstiindlich (Vers. 4) durch Vertauschung der Deckel, an welchen die Pflanzen befestigt sind, von einem zu dem an- deren Cylinder. Durch Heizung wurde das Wasser auf die hbheren Tem- peraturen gebracht und durch Umwicklung der Glaser mit Walle und Uebersttilpung eines Pappcylinders wurden die Temperaturen constant ge- halten, indem das Cylinderglas mit dem zehngradigen Wasser in ein kaltes, die zwei anderen Glaser in ein geheiztes Zimmer gestellt wurden. Bei jedem Wechsel wurde die Temperatur an kleinen von den Deckeln ins Wasser herunterhangenden Thermometern beobachtet, so dass man die Anfangs und Schlusstemperatur jedes Zeitintervalles notirte. In keinem Falle hat die Diflerenz zwischem Maximum und Minimum in einem Glas ^° R. iiberschritten. Da bei dem Wechseln die Wurzeln einen Augenblick aus dem Wasser gehoben wurden und sich in der Luft befanden, und man a priori nicht wissen kann, ob dadurch ein Einfluss auf das Wachsthum ausgetlbt wird, so wurden bei jedem Wechsel auch die Wurzeln, welche in dem Wasser von constanler mittlerer Tenaperalur wuchsen," einen Augenblick aus dem Wasser gehoben. Hierdurch erreicht man eucb eine Erneuerung Haben Temperaturschwankungen einen ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 57 j der im Glase eingeschlossenen Luft, die zu einem gesunden Wachsthum beitragt. Bei der Wahl von 6 Stunden als Versuchsdauer ist die Riicksicht gel- tend gewesen, dass, je kiirzer die Zeit, desto leichter die Temperatur con- stant gehalten werden kann , und desto leichter man zufalligen Storungen entgeht ; auf der anderen Seite aber muss die Versuchsdauer auch so lang sein, dass die Zuwachse nicht zu klein im Vergleich mit den eventuellen Messungsfehlern werden. Wenn der Versuch zu Ende ist, werden die Pflanzen alle in Wasser von derselben niedrigen Temperatur gestellt, um das Wachsthum wahrend der Zeit der Messung zu hindern. Ein starkeres Wachsthum in der Zeit, welche zur Messung nbthig ist, wtirde kleine Ungenauigkeiten veran- lassen. Darum mtissen die Messungen auch schnell ausgefiihrt werden, und so, dass abwechselnd eine Wurzel jeder Partie gemessen wird. Um jedoch Schnelligkeit in der Messung zu erreichen, darf man sich nicht da- zu verleiten lassen, alle Pflanzen gleich auf ein Mai aus den Cylindern zu nehmen, denn die durch Austrocknung bewirkte Verkiirzung der Wurzeln wiirde zu namhaften Messungsfehlern (Sachs i. c. p. 395) ftthren. Die Versuche 2, 3 und 4 sind mit denselben Versuchspflanzen aus- gefiihrt, die Pflanzen wurden aber. bei jedem Versuch so umgetauscht, dass die, welche in Versuch 2 in constanter Temperatur wuchsen, in Ver- such 3 in variabler und in Versuch 4 wieder in constanter Temperatur blie- ben. Auf ahnliche Weise sind die Versuche 5, 6 und 7 ausgefiihrt. Durch diese Umtauschung der Versuchspflanzen wird der Einfluss der individuellen Verschiedenheiten controllirt und geschwacht. Das Versuchsresultat ersieht man aus folgender Uebersicht, in welcher V den Zuwachs , welcher in 6 Stunden bei wechselnder Temperatur erreicht worden ist, und A^den in constanter Temperatur erreichten Zuwachs bezeichnet. Die eingeklammerten Zahlen geben die Anzahl der Exemplare an, aus denen die nebenstehenden Zuwachse (in Millimetern) gewonnen sind. Vers. 4. Vers. 2. Vers. 3. Vers. 4. Vers. 5. Vers. 6. F 20 °- 1(rR -= 4,2 (8) 4,0 (7) 2,9 (7) 3,1 (8) 4,6 (40) 4,6 (10) tfvp B. =3,6 (9) 3,1 (7) 2,8 (7) 2,9 (7) 3,6 (10) 4,4 (11) Berechnet man das Mittel von alien Versuchen, so hat man V = 4,0 mm K== 3,4 mm und V—K = 0,6 mm V : K 117,6 100 Vers. 7. 4,5 (9) 3,4 (10) Demnach ist: Der Zuwachs, welchen eine Wurzel bei plbtzlichem Wechsel zwischen verschiedenen niitzlichen, con- Arbeiten a. d. tot. Institut in Wiirzburg. IV. 00 572 Dr. R. Pedersen. stanten Temperaturen erreicht, nicht kleiner, son- de rn grosser als der Zuwachs, welch en sieingleicher Zeit bei der entsprechenden constanten Mitteltempe- ratur erreicht. b. Zweite Versuchsreihe: Versuche mit continuirlichen Temperaturanderungen (Versuch 8 — 15). Bei dieser Versuchsreihe ist die Temperatur immer in Veranderung gewesen. Die Versuche sind theils mit Wassercultur (Vers. 8 — 12), theils mit Erdecultur (Vers. 13 — 15) angestellt und auf verschiedene Weise variirt. 1. (Vers. 8.) Eine Parlie Pflanzen wurde in eine niedere constante Temperatur gestellt; eine andere Partie in Wasser von einer hoheren Tem- peratur gebracht und in ein kaltes Zimmer gestellt. Die Temperatur des Wassers nahm hier continuirlich ab. Bei jeder Thermometerbeobachtung berechnet man, wie gross nun die mittlere Temperatur ist, und der Ver-*. such wird in dem Augenblick abgebrochen, wo die berechnete Mitteltem- peratur gleich ist der constanten Temperatur, in welcher die anderen Pflanzen verweilt haben. (Vers. 8). 2. (Vers. 9.) Die Pflanzen wurden in Wasser von einer Temperatur nahe der Optimaltemperatur gebracht und in ein kaltes Zimmer gestellt. Wenn die continuirliche Abkuhlung des Wassers im Begriff war aufzuhbren, wurden die Pflanzen plotzlich in Wasser von einer hoheren Temperatur gebracht und dann wieder continuirlich abgektihlt. Wenn der Versuch 12 Stunden gedauert, werden die Pflanzen in Wasser von der entsprechen- den mittleren Temperatur gestellt, die Zuwachse gemessen und dieselben Pflanzen in den nachfolgenden 12 Stunden in der constanten Mitteltempe- ratur gehalten. 3. (Vers. 10 — 15.) Die Temperatur des Mediums (Wasser oder Erde), in welchem die Pflanzen sich befanden , wurde abwechselnd in continuir- liches Steigen und Fallen gebracht, dadurch dass das Gefass (Glas oder Zinkkasten), in welchem die Pflanzen wuchsen, abwechselnd in Wasser von hoherer und niederer Temperatur gestellt wurde. Am Ende des Versuches wurden die Messungen vorgenommen und dieselben Pflanzen in die con- stante mittlere Temperatur gebracht. Die Versuche mit Erdecultur werden am besten abgebrochen zu einem Zeitpunkt, wo die Temperatur der Erde nicht sehr verschieden ist von der berechneten Mitteltemperatur. Die Temperaturbeobachtungen sind bei alien diesen Versuchen mit Ausnahme von Vers. 8 viertelstundliche gewesen , auf Coordinatenpapier gleich eingetragen und die Temperaturcurve construirt worden , wodurch der ganze Gang der Temperaturanderung Ubersichtlich wurde. Der Ver- such kann dann "Such leicht so eingerichtet werden, dass einige Regel- massigkeit und Symmetric in die Temperaturcurve kommen und dadurch die berechnete mittlere Temperatur ein besserer Ausdruck fur die den Pflanzen zugefuhrte Warme als sonst wird. Haben Temperaturschwankungen einen ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum ? 573 In alien diesen Yersuchen mit Ausnahme von Vers. 8 ist der bei con- stanter Tetnperatur ausgefiihrte Conlrolversuch mit denselben Pflanzen wie der bei schwankender Temperatur ausgefiihrte Versuch vorgenommen. Nach dem, was ich oben (p. 569) iiber die Phasendifferenz ausgefuhrt habe, ist dieses Yerfahren nicht bloss erlaubt, sondern gerade ein sehr gutes Mittel, um den Einfluss der individuellen Verschiedenheiten zu vermindern. Da der Controlversuch immer spater als der bei schwankender Temperatur ausgefiihrte Yersuch vorgenommen werden musste, so kommt ein eventuell von dem Phasenunterschied herruhrender Yortheil in jedem Falle dem bei constanter Temperatur ausgefiihrten Yersuche zu Gute. Um den Gang der Temperatur, bei welchem die Zuwachse erreicht worden sind, ubersichtlich zu machen, will ich mich-folgender Bezeichnungs- weise bedienen : V°b sei die Bezeichnung fiir den Zuwachs, welcher er- ' c—d reicht ist bei einer mittleren Temperatur von a°, einer mittleren stiind- lichen Temperaturanderung von b° und einer Schwankung zwischen der Maximumstemperatur von c° und der Minimumstemperatur von (/°. Die Zuwachse sind fiir 6 Stunden berechnet. 1. Zuwachse bei raschem continuirlichem Fallen der Tempe- ratur und bei sehr langsam fallender, wo die mittlere stundliche Aenderung 0,03° Celsius nicht uberschreitet, also als constant gelten darf: Vers. 8. Vers. 9. Vers. 12 und 10. T7 19 = 4,2 (8) = M K % ** =4,6 (6) " 24,4—15 ' 1 ; r 24,5—13,1 ' -"-22,17 ' V 1 -3,7 (8) J5T^ 7 =3,6 (12) k2%,= ^ N V: K = 109 : 100. V : K =119 : 100. V : K = 109 : 100. 2. Zuwachse bei abwechselndem starkem Steigen und Fallen der Temperatur und bei sehr langsam fallender, wo die mittlere stiind- liche Aenderung 0,03 °C. nicht uberschreitet, also als constante gelten kann : . Vers. 10. Vers. 13. F 19 ' 9 « 4,5 F 22 ' 5 = 6,75 r 25,7-14 ' , My f 26,5-18,5 ' ... 5i 4 -^19,7 _ V ' --^22,75 „ v ' If 08 = 4,2 7To,03 = 6,3 -■■1.20—195 - ' 23-22,5 V : K = 107 : 100. V : K = 106 : 110. 3. Zuwachse bei abwechselndem starkem Steigen und Fallen der Temperatur und bei sehr langsam fallender Temperatur, wo die mittlere stundliche Aenderung zwischen 0,17° C. und 0,31 ° C. liegt. 38* 574 Dr. R. Pedersen. 19,4 Vers. 11. = 3,9 v r 23,4-15 V : K= 124 : 100 0,27 = 6 A 20-16 (7) Vers. 12. r 28—14,5 _19,5 fi 0,31 22-17 F : AT = === 4,6 = 4,6 100 : 100. Vers. 14. FL l7 , 5 = 6,7 -„22,75 #4 0,17 =6,6 24-21,5 ' F : # = 102 : 100. 4. Zuwachse bei continuirlichem langsamem Fallen der Temperatur und bei continuirlichem langsamem Steigen. Vers. 14 und 15. •22,75 JT 047 =6,6 f6) 24-21,5 ' p. 6,7 (5) 102. Tr 22,75 J5T °' 25 21,5—24 K : K= 100 5. Zuwachse bei abwechselndem starkem Steigen und Fallen der Temperatur und bei einem anderen Steigen und Fallen der Tem- peratur, wo aber die mittlere Temperatur in beiden Fallen dieselbe ist. Vers. 12 und 10. VZu, = M w }7 19 ' 9 = 4,5 (5) W 25,7—14 ' 1 1 V : V= 101 : 100. Vers. 13 und 14. F 22,5 = 6,7 (4, r 26,5—18,5 ' V ) V 22 =6,7 (6) r f 27—17,5 ' 1 ' V : V== 100 : 100. Vergleicht man den Zuwachs, welchen eine und dieselbe Wurzel bei variabler und constanter Temperatur in gleicher Zeit erreicht hat, so geben die Versuche Folgendes : Vers. 9. F> K bei 11 Expl. F< K bei 1 Expl. Vers. 12. V = # bei 2 Expl. F < # bei 3 Expl. Im Ganzen ist also : Vers. 10. V > K bei 5 Expl. Vers. 13. F > K bei 4 Expl. Vers. 11. r> I bei 6 Expl. F < AT bei 3 Expl. Vers. 14. F > K bei 3 Expl. F = AT bei 1 Expl. V <_ K bei 2 Expl. V > # bei 29 Expl. F = AT bei 3 Expl. F < A' bei 7 Expl. (Vers. 12 nichtmitgerechnet. F > K bei 29 Expl. V = K bei 1 Expl. F < K bei 4 Expl. Haben Temperaturschwankungen einen ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 575 Die Anzahl Falle, bei welchen V ^> K war, verhalten sich also zu der Anzahl von Fallen, wo dieses nicht der Fall ist, wie 29 : 40 (cor- rigirt wie 29 : 5) ; und die Anzahl Falle , in welchen V > A", verhalten sich zu der Anzahl Falle , in welchen V < K. wie 29 : 7 (corrigirt wie 29 : 4). Die Anzahl Falle, in welchen der bei variabler Tempe- ratur erreichte Zuwachs derselben Wurzel grosser ist als der in gleicher Zeit bei der entsprechenden mittleren, con- stanten Temperatur erreichte, ist wenigstens 3 mal grosser als die Anzahl Falle, in welchen dieses nicht geschah, und wenigstens 4 mal grosser als die Anzahl Falle, in welchen der bei variabler Temperatur erreichte Zuwachs kleiner ist, als der in gleicher Zeit bei der entsprechenden mittleren, constanten Temperatur erreichte. Das Resultat der ganzen Versuchsreihe lasst sich so ausdrucken : Der Zuwachs, welchen eine Wurzel bei continuir- lichen Schwankungen niitzlicher Temper aturen e r - reicht, ist nicht kleiner, sondern grosser als der Zu- wachs, welchen sie in gleicher Zeit bei der entspre- chenden mittleren constanten Temperatur erreicht. Das Resultat dieser Versuchsreihe stimmt also vollstandig uberein mit dem der ersten. Es lasst sich leicht zeigen : wenn der Zuwachs proportional der Tem- peratur ware oder wenn die Zuwachscurve eine gerade Linie ware, so miisste der Zuwachs bei variabler Temperatur und der bei der constanten Mitteltemperatur gleich sein. Ware ferner die Zuwachscurve eine krumme Linie, welche die concave Seite der Abscissenaxe zukehrt, so lasst sich zeigen, dass der Zuwachs bei variabler Temperatur kleiner sein muss, als der bei der constanten Mitteltemperatur. Meine Beobachtungsresultate widersprechen beiden Annahmen. — Es lasst sich aber ferner zeigen, wenn die Zuwachscurve eine krumme Linie ist, welche die convexe Seite der Abscissenaxe zukehrt, so muss der Zuwachs bei variabler Temperatur grosser sein als der bei der constanten Mitteltemperatur. Mit dieser Annahme stimmen meine Versuchsergebnisse vollstandig uberein, d. h. also sie weisen darauf hin, dass die Zuwachscurve eine krumme Linie ist, welche ihre Convexitat der Abscissenaxe zukehrt. Wenn nun directe Beobachtungen ergeben, dass die Zuwachscurve in der That diese Form besitzt, so ist damit bewiesen , dass die von mir gefundenen Ergebnisse nothwendig richtig sein miissen, und dass die Temperatur- schwankung an sich weder einen gtinstigen noch ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum tlbt (vergl. auch Sachs, Jahrb. filr wiss. Bot. II, p. 338). Dritte Versuchsreihe: Zuwachse, welche die Fabaw^urzel in 6 Stunden bei einer constanten Temperatur von 10° R. 576 Dk. R. Pedersen. (12,5°C.), 45°R. (18,75° C.) und 20°R. (25 ° C.) erreichte. (Vers. 16 — 18). Die 3 hieriiber angestellten Versuche wurden mit Wassercultur (wie oben beschrieben) ausgefiihrt, mit 4 Culturcylindern, in welchen das Wasser constant auf 10°R., 15° R. und 20° R. gehalten wurde ; um die indivi- duellen Verschiedenhe iten zu eliminiren, wurden die Pflanzen bei den Ver- suchen umgetauscht. Rezeichnen wir die 3 Gruppen mit A y B } C, so ist die Umtauschung nach folgendem Schema vorgenommen : 10° R. 15° R. 20° R Versuch 16: A. B. C. Versuch 17: B. C. A. Versuch 18: C. A. B. Indem die in den 6 Stunden bei 10° R., 15° R. und 20°R. erreich- ten Zuwachse mit respective K 10 , K Xb und K 20 bezeichnet werden, ist das Versuch sresultat folgendes: A. B. C. Mittel 1,8 mm 1,8 mm 1,9 mm (17) ID* *- = 3,2 3,6 3,4 3,4 mm (18) 20°R. = 5,9 6,2 5,8 6,0 mm (17) Oder: K 10 : A' 15 : K 20 = 100 : 179 : 3 1 6. Wie man sieht, haben wir hier fiir K lb denselben Werth, wie in der ersten Versuchsreihe gefunden , und haben darin eine Garantie ftir die Richtigkeit auch der anderen gefundenen Zahlen. Wir kennen also nun 3 Punkte in der Zuwachscurve. Fuhren wir die Construction aus, dann sieht man : Die Zuwachscurve, betrachtet als Function der Tem- peratur, ist eine krumrae Linie, deren Steigung mit der Abscisse steigt und deren convexe Seite der Ab- scissenaxe sich zukehrt. Mir ausfiihrlichere Untersuchungen iiber diese Function vorbehaltend, gebe ich hier noch zwei Punkte in der Zuwachscurve an: A -26°C. = 6?6 mm ( 6 ) ? ^27oC. = 8,35 mm (6). Aus dieser Form der Zuwachscurve lasst sich folgern : Der in gleicher Zeit bei variabler Temperatur er- reichte Zuwachs muss grosser sein, als der bei con- stanter Mitteltemperatur erreichte. Das Resullat der ersten und zweiten Versuchsreihe musste folglich so ausfallen, wie es ausgcfallen ist. In Folge der Natur der Abhiingigkeit des Zuwachses von der Temperatur muss der Zuwachs bei variabler Tem- peratur einen Ueberschuss tlber den bei constanter Mitteltemperatur Haben Temperaturschwankungen einen ungiinstigen Einfluss auf das Wachsthum? 577 haben, ohne dass die Temperaturschwankung als solche die geringste Rolle zu spielen braucht. Aber daraus, dass die Temperaturschwankung keinen Einfluss auf das Wachsthum zu haben braucht, folgt noch nicht, dass sie keinen hat; denn es ist ja moglich, dass der bei den Versuchen gefundene Ueberschuss grosser oder kleiner ist, als er nach der Berechnung sein soil, und in diesem Falle konnte die Annahme von einem fordernden oder zbgernden Einfluss der Temperaturschwankungen in Betracht kommen, um die Diffe- renz zu erklaren. Um zu entscheiden, ob diess der Fall ist, miissen einige Berechnungen ausgefiihrt werden. Die zweite Versuchsreihe ist zu einer solchen nicht geeignet, denn erstens sollte man den Zuwachs fiir jede in Betracht kom- mende Temperatur kennen, was nicht der Fall ist, und zweitens sind die bei den Versuchen gefundenen Zahlen nicht sicher genug, um eine Berech- nung zu ertragen. Ich benutze daher die erste Versuchsreihe umsomehr, als ja kein principieller Unterschied zwischen den zwei Versuchsreihen existirt, so dass, was fiir die erste Beihe gilt, auch fiir die zweite gtil- tig ist. In der ersten Versuchsreihe hat die Temperatur so variirt, dass die Pflanzen im Ganzen 3 Stunden in 4 0° R. und 3 Stunden in 20° R. zu- gebracht haben. Der berechnete Ueberschuss, welchen der Zuwachs der in variabler Temperatur wachsenden Wurzeln liber den Zuwachs der in con- stanter Mitteltemperatur wachsenden haben soil, ist: K i0 K 20 \ 9 6 Der bei der Versuchsreihe gefundene Ueberschuss ist: V— K = 0,60 mm . Berechnung und Versuch stimmen also mit einander so iiberein, dass die kleine Differenz noch innerhalb der Grenze der Beobachtungsfehler liegt, der beobachtete Ueberschuss hat die Grbsse des berechneten, und die Tem- peraturschwankung als solche hat keinen Einfluss auf das Wachsthum. Unter der Voraussetzung, dass die Schwankung als solche keinen Ein- fluss hat, kann man den Zuwachs berechnen, welcher erreicht werden soil durch eine solche Temperaturanderung , dass es im Ganzen einen drei- stiindigen Aufenthalt bei \ 0° B. und einen dreistundigen Aufenthalt bei 20° R. giebt. Der berechnete Zuwachs ist: .... — 1 -— = 3,95 mm . 2 2 Der bei den Versuchen gefundene Zuwachs ist: 4,00 ffim . 578 Dr. R. Pedersen. Da der berechnele und der gefundene Zuwachs gleich sind, so ist die Voraussetzung, auf welcher die Berechnung beruht, richtig und also. Die Temperaturschwankung als solche hat fur das Wachsthum weder einen fbrdernden noch einen ver- zogernden, sondern gar keinen Einfluss. Uebersicht der Beobachtungen. A. Erste Versuchsreihe. Versuche mit plbtzlichen Wechslungen zwischen 10° Reaumur und 20° Reaumur. Versuchsdauer 6 Stunden. V ist der Zuwachs bei variabler Temperatur, K der Zuwachs bei 15° R. in Millimeter. Wassercultur. a. Versuch ohne Umtauschung der Versuchspflanzen. Versuch 1. Stundliche Wechslung zwischen 20° R. (Max. 20° — Min. 19,75°) und 10° R. (10,5 — 10°). V= 4,2™ (8 Exemplare) — A' = 3,7 ram (9 Exemplare) 9 * b. Versuch mit Umtauschung der Versuchspflanzen. Versuch 2. Halbstttndliche Wechslung zwischen 20° R. (20° — 19,5°) und 10° R. (10,5° — 10°). ftfc'l r:f=«9: C. Dritte Versuchsreihe. Bestimmung des Zuwachses in 6 Stunden bei einer constanten Temperatur von 40°R., 15°R. und 20° R. Wassercultur. Umtauschung der Versuchspflanzen wie oben p. 576 an- gegeben. Versuch 16. Versuch 17. Versuch 18. = 1,9 mm (5) JST10 = \M (6) A'io = 1,8 (6) A' 1 * =3,6 (6) == 3,4 (6) = 3,2 (6) Af2o = 5 ? 8 (6) A'2o = 5,9 (6) = 6,2 (5) Die Zuwachse bei den einzelnen Versuchen. In den Versuchen 1 — 8 sind V und K von verschiedenen Pflanzen. Vers. 1. Vers. 2. Vers . 3. Vers . 4. Vers. 5. Vers. 6. Vers. 7. Vers. 8. V. A\ v- K. V. K. V. | A*. V. K. V. K. V. K. V. K. 4,5 4,5 3,28 3,5 3 2,25 2,5 3 4,5 5 4 5,25 4 3,5 3 3,25 4,5 3,5 3 3 2,75 3 3 3 5,25 4,25 5 5 3,5 3,5 3,5 3,25 4 3,25 3,25 3 2 2,5 3,75 2,5 5 3,5 3,5 4,5 5,25 4 3,25 3,5 4,5 3,75 3,5 3,5 3 3 3 3,5 5,5 3 4,5 4 3,5 3 3,25 2,25 3,5 3 4 2 3,5 2,5 2,75 3 6 3,25 5 5,25 5,5 2,75 4 3 4 4,5 4,5 4,5 4 3 3 2 5 5 4 5 5 3,75 4,25 2,75 4,5 3,5 4,5 2,5 2,5 3,5 3,5 3,75 5 3,5 5 4 5,5 3,5 3 3,25 4 4 2,5 2,5 2,5 4,5 3 4,5 3,25 3,5 3,5 3 3.75 3,5 5 5 4,5 3,5 3,5 3 5 3,25 3,5 4,75 I mittl. 4,2 3,7 4 3,1 3 2,8 3,1 2,9 4,6 3,6 4,6 4,4 4,5 3,4 3,5 3,1 582 Dr. R. Pedersen. In den Versuchen 9 — 15 sind V und K in jedem Versuch von denselben Pflanzen. N P CO Vers. 9. Vers. 10. Vers .11. Vers. 12. Vers .13. Vers. 14. Vers. 15. d.Pf 12 Stund. 6 Stund. 8 Stund. 8 Stund. 8 Stund. 10 Stund. 10 Stund. 6 V. K. V. K. V. K. V. K. V. K. V. K. V. K. ^ 7 6.5 5,5 5,3 4 4,5 6,5 6,8 13 12,4 16 16 12,5 2 9,75 9 4 3,75 5,75 4,1 5,75 5,7 8 7,1 8,5 9 11 3 10,25 9,75 5,25 5 6 5 5,75 5,8 7,5 7,0 9 8,6 8 4 8,5 8 4,5 4 5 4 6,5 6,7 7,5 7,3 10,5 11 13 5 7,5 7 3,5 3 4,5 4 6 6,7 11,5 10,6 11 6 7,5 6,5 5,5 2,9 4,5 4,5 11,5 11,3 7 10,75 5 5,5 4,8 6,5 8 9 8,75 10 9 6,75 10 8,25 7,25 11 8,25 6,25 12 7,5 6,75 mittl. : 8,7 7,3 4,5 4,2 5,2 4,2 6 6 9 8,4 11,2 10,9 11,1 N c ce o. Versuch 16. Versuch 17. Versuch 18. 6 £20 £10 £15 £20 £10 £15 £20 1 2 4 4,5 1,25 2,75 6,75 2 4,25 2 2 4,25 6 2,5 4 5,25 2 3 6,5 3 1,75 2,75 5,5 2,25 3,75 4,75 2 4 6 4 3,75 6 2,25 3,25 5,75 1,75 3,5 7,25 5 3,75 6,5 1,5 3,5 5,25 1,75 3,5 6 6 2,25 3 6,5 2 3,25 7,75 1,5 4,75 5,5 A. B. C. B. C. A. C. A. B. mittl. : 1,9 3,6 5,8 1,9 3,4 5,9 1,8 3,2 6,2 Haben Temperaturschwankungen einen ungiinstigen Ernfluss auf das Wachsthum? 583 Der Gang der Temperatur bei den Versuchen mit schwankender Temperatur in der 2ten Versuchsreihe. Stunde. Vers. 8. Temp. B. Vers. 9. Temp. C. Vers. 10. Temp. C. Vers. 1 1 Temp. C. Vers. 12. Temp. C. Vers. 13. Temp. C. 10 4oy 4 101/2 103/ 4 11 111/4 11l/ 2 1l3/ 4 12 12i/ 4 p.m. 121/2 123/ 4 1 *v« 11/2 13/, ■ 2 *V« 2V2 23/ 4 3 3V4 3V2 33/ 4 4 4i/ 4 *y 2 43/ 4 5 572 53/ 4 6 6i/ 4 6V2 63/ 4 7 ?V4 ?V2 ^4 8 8V4 8V2 83/ 4 9 9V4 9 3 / 4 19,50 17,5 16,25 14,75 13,25 12,25 12 24,5 23,5 22,6 21,8 21,1 20,4 19,8 19,3 18,8 18,4 17,9 17,5 17,1 16,7 15,2 15 14,8 14,6 14,4 14,2 14,1 14 13,9 13,8 13,7 13,6 13,5 13,4 13,3 13,2 13,1—24 23,5 23 22,6 22,3 22 21,7 21,3 21 20,7 20,4 20,2 20 19,8 15 16 16,5 21,2 25,7 24,2 22 19,5 14 21,7 24,7 25,7 21,5 20,4 18,6 16,3 19,5 20,2 20,5 15 20 22,5 18,5 21,2 18,6 20,4 18,6 19,7 19,5 17,2 22,2 18 2 21,2 18 19,8 18,5 19,5 16,2 22 17,9 20,8 18,4 19,2 18,2 23,4 17,4 20 17,8 20 19,5 19 28 22,6 20,5 19 23,5 22—14,5 15,3 16 16,9 17,6 18,5 19,2 20 17,2 16,2 28 22,4 19,3 23,7 20,6 19,9 19,2 18,5 20,2 17,5 19 19,5 18,9 18,2 19,5 24 22,3 20 19,5 20,3 21,2 22.7 23,7 24,7 26,5 22,5 21,4 20,3 18,5 18,5 19 20,5 21,3 21,8 23,3 24,6 26 23,7 22 21,3 21 22,2 23 XIX. Ucber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. Von J. Sachs. (Fortsetzung. ) 2. Nebenwurzeln der ersten Ordnung. §. 32. Unter Nebenwurzeln der ersten Ordnung verstehe ich solche Wurzeln, welche unmittelbar aus einer Hauptwurzel oder aus einem Stammgebilde z. B. aus aufrechten Stengeln, Rhizomen, Knollen und Zwie- beln entspringen. Die Wachsthumsverhaltnisse derartiger Wurzeln und ihre durch Wachs- thum vermittelten Reactionen gegen aussere Eingriffe sind verschieden, je nach der Natur und Lebensweise der Pflanze und des Organs derselben, aus welchem sie als seitliche Auswiichse entspringen, um dann bestimmten Functionen zu dienen , abwarts wachsend in die Erde einzudringen oder als Luftwurzeln Kletter- und Haftorgane darzustellen. Gegenstand der hier folgenden Mittheilungen sind jedoch ganz vorwiegend nur die aus senkrecht abwarts wachsenden Hauptwurzeln entspringenden Nebenwurzeln und im Zusammenhang mit den im ersten Theil dieses Aufsatzes beschrie- benen Beobachtungen beziehen sich die folgenden Angaben zunachst auf die Nebenwurzeln von Vicia Faba ; doch wurden zum Vergleich auch Pisum sativum, Phaseolus multiflorus , Cucurbita Pepo, Zea Mais herbeigezogen. Diesen iihnlich verhallen sich die aus den Knollentrieben von Solanum tu- berosum und aus den Zwiebeln von Allium Cepa, sowie die aus den Kno- ten abgeschnittener Ilalme von Phragmites arundinacea hervorkommenden Wurzeln, wenn auch immerhin leichtere Verschiedenheiten bei den ge- Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 585 nannten Arlen sich geltend machen. Auffallend unterscheiden sich dagegen von den genannten die Luftwurzeln , welche naher zu beobachten ich GeJegenheit hatte, die verschiedener Aroideen besonders und einer Vitis-Art; die Luftwurzeln der Orchideen werden wahrscheinlich noch auffallendere Unterschiede darbieten f die ich jedoch bisher aus Mangel an Material nur gelegentlich beobachten konnte. Jedenfalls steht soviel fest, dass es vor- eilig ware, die hier von den gewbhnlichen in Erde eindringenden Neben- wurzeln beschriebenen Eigenschaflen ohne Weiteres auf achte Luftwurzeln zu ubertragen; ich werde weiter unten Gelegenheit nehmen, auf die grosse Verschiedenheit in der Lange der wachsenden Region derselben gegeniiber den Erdwurzeln hinzuweisen, da ich gerade in dieser Beziehung Gelegen- heit hatte, einige Beobachtungen im Laufe der letzten Jahre zu machen; was dagegen die sonstigen Besonderheiten der als Kletter- und Haftorgane dienenden Luftwurzeln betrifft , so muss ich die Vervollstandigung meiner Beobachtungen noch weiter hinausschieben. Die Beschrankung auf das oben angedeutete engere Gebiet erschien schon insofern geboten , als auch die Beobachtung der aus Hauptwurzeln entspringenden Nebenwurzeln so gemeiner Pflanzen, die man leicht in Hunderten und Tausenden von Exemplaren cultiviren kann, mit manchen Weitlaufigkeiten und unerwarteten Schwieriskeiten verbunden ist, welche oft die Geduld des Beobachters auf eine harte Probe stellen; es wird no- thig selbst fiir Fragen der einfachsten Art zahlreiche Pflanzen zu cultiviren und immer wiederholt bald diese bald jene Kleinigkeit an den Versuchen zu corrigiren, und hat man zufallig nicht Pflanzen im richtigen Entwicklungs- stadium zur Hand , so vergehen vier bis acht Tage bis das Beobachtungs- material von Neuem beschafft ist. Die hier mitgetheilten Resultate sind aus Beobachtungen gewonnen , welche in den Fruhjahrsmonaten 1872, 4 873 und 1874 angestellt wurden ; ein Theil derselben ist ubrigens schon in der dritten Auflage meines Lehrbuchs und in der vierten (p. 812 und 816) verwerthet worden. §. 33. Betreffs der morphologischen, zumal der Stellungsverhaltnisse der Nebenwurzel an ihrer Hauptwurzel darf ich das hier Nothige als hin- langlich bekannt voraussetzen. Was speciell die Zahl der Nebenwurzel- reihen an einer Hauptwurzel betrifft, so ist dariiber bei Du Clos (Ann. d. sc. nat. 1852 T. 18) und in meiner Abhandlung »Ueber die gesetzmassige Stellung der Nebenwurzeln« (Octoberheft der Sitz.-Ber. der Wiener Akad. 1 857) das Nothige mitgetheilt. Hier will ich nur kurz hervorheben , dass bei Vicia Faba regelmassig 5 Orthostichen von Nebenwurzeln an einer Hauptwurzel vorhanden sind, namlich zwei auf der Ruckenseite, eine vorn und je eine rechts und links unterhalb der Cotyledonen ; bei Pisum sativum sind drei Orthostichen: Eine hinten und je eine rechts und links nach vorn gew 7 endet vorhanden. Bei Phaseolus multiflorus stehen so wie 586 J. Sachs bei Cucurbita Pepo die vorhandenen vier Nebenwurzelreihen rechtwink- lig gekreuzt gegen einander, d. h. je eine vorn und binten und je eine rechts und links unter den Cotyledonen ; undeutlicher und viel zahl- reicher stehen die Nebenwurzelreihen an der Hauptwurzel von Zea Mais. — Die Entstehungsfolge der Nebenwurzeln an einer Hauptwurzel ist be- kanntlich acropetal, von der Wurzelbasis nach der Spitze hin fortschreitend und niemals beobachtet man wahrend der Keimungszeit und wahrend der ersten Vegetationsperiode adventive Wurzeln, welche zwischen den schon vorhandenen in einer Orthostiche oder gar zwischen den Orthostichen ent- stehen ; dagegen ist hier hervorzuheben , dass sehr haufig Nebenw urzeln auch aus dem hypocotylen Stammgliede, besonders bei Phaseolus multi- florus und Cucurbita entspringen, die sich zwar mit den anderen in Reihen stellen, sich aber, wie wir spater sehen werden, beziiglich ihrer Wachs- thumsrichtung von ihnen unterscheiden. — Die Grenze zwischen Wurzel- basis und hypocotylem Glied verlege ich fiir unsern vorliegenden Zweck an diejenige Stelle , wo die Bildung der Wurzelhaare beginnt; w 7 ie ich schon vor vielen Jahren mittheilte , lasst sich diese Grenze auch dadurch sehr leicht auffallend sichtbar machen , dass man die Pflanze in eine sehr verdiinnte Lbsung von ubermangansaurem Kali legt, wo sich alsdann nur die nicht cuticularisirte Wurzeloberflache durch Niederschlag von Braun- stein braunt. Die acropetale Entstehungsfolge der Nebenwurzel an einer Hauptwurzel bringt es mit sich, dass man in einem mittleren Entwicklungszustand der Keimpflanzen Nebemvurzeln der verschiedensten Alterszustande antrilft : wahrend die oberen an der Wurzelbasis schon mehrere Centimeter lang sind, beginnen die untersten eben die Rinde der Hauptwurzel zu durch- brechen. Denkt man sich in diesem Zustand die Spitzen sammtlicher Nebenw urzeln einer Reihe durch Linien , diese aber durch Flachen ver- bunden, so zeigt das ganze Wurzelsystem ungefahr den Umriss einer drei- seitigen, vier- oder mehrseitigen Pyramide, deren Spitze nach unten gekehrt ist. Indessen finden sich innerhalb der Orthostichen gewohnlich einzelne kurzere oder auffallend liingere Nebenwurzeln als ihrer Reihenfolge ent- spricht. Wenn die Hauptwurzel wahrend einiger Tage eine gewisse, wenn auch nicht streng begrenzte aber doch der Species eigenthiimliche Anzahl von Nebenwurzeln erzeugt hat, so pflegt sie dann noch lange weiter fort- zmvachsen, ohne dass sie neue Nebenwurzeln bildet, die Hauptwurzel er- scheint dann unterhalb der mit Nebenwurzeln besetzten Region als ein ein- facher, nicht selten zehn bis zwanzig Centimeter langer Faden. §. 34. Die zu den Culturen benutzten Apparate, Beobachlungs- und Messungsmethoden waren in der Hauptsache die schon im §. 2 — 8 bei den llauptwurzeln beschriebenen , nur dass hier der Natur der Objecte entsprechend manche Abanderuugen getroffen werden mussten. Abgesehen Leber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 587 von inanchen , fast selbstverstandlicben Einzelheiten will ich nur hervor- heben, class in solchen Fallen, wo es darauf ankommt die Nebenwurzeln in umgekehrter oder schiefer Richtung der Einwirkung der Schwere oder der Centrifugalkraft auszusetzen, die Hauptvvurzel vorher soweit entwickelt sein muss, dass derjenige Theil derselben , welcher im Stande ist Neben- wurzeln zu bilden, sein Langenwachsthum beendigt hat und also selbst keine Kriimmung mehr macht. Diess ist nun ohnehin der Fall, wenn man die Pflanze \ or dem Yersuch soweit wachsen lasst, dass die Mehrzahl der Nebenwurzeln bereits ausserlich sichtbar ist, denn die jiingsten untersten Nebenwurzeln sind immer. urn viele Centimeter von der Hauptwurzelspitze entfernt. — Wenn es darauf ankommt, die Nebenwurzeln in Erde wachsend in einem Glaskasten wie Fig. \C hinter einer Glaswand zu beobachten , so kann man die Keimpflanzen, wenn die Hauptwurzeln zunachst senkrecht hinab- wachsen sollen , schon in fruhesler Jugend in die Erde bringen, es ist jedoch zuweilen bequemer, die Keimung in Sagespanen soweit fortschreiten zu lassen ; dass die Hauptwurzel vor dem EinpQanzen in die Erde 6 — 8 Centimeter lang ist. Letzteres ist immer dann nblhig, wenn man wissen will, in welcher Weise die Nebenwurzeln aus der Hauptwurzel austreten, wahrend die letztere horizontal oder schief liegt. Gewbhnlich sieht man aus der in Erde hinter der Glaswand liegenden Hauptwurzel zwei Reihen von Nebenwurzeln nach rechts und links aus- strahlen, welche meist in ihrem ganzen Yerlauf deutlich sichtbar sind; die ubrigen ganz in die Erde eindringenden entziehen sich natiirlich der Beobachlung. Man kann bei der EinpQanzung die Yorsicht brauchen, der Hauptwurzel eine solche Stellung zur Glaswand zu geben, dass die spater hervorbrechenden Nebenwurzeln ohnehin rechts und links vom Beschauer liegen; diese Yorsicht ist indessen kaum noting, da solche Nebenwurzeln, welche bei ihrem Austritt aus der Hauptwurzel auf die Glaswand zu wachsen mit seltenen Ausnahmen , seitlich umbiegen, und an ihr so hin- wachsen, als ob sie gleich anfangs parallel mit der Glaswand hervor- gekommen waren. — ^Yeitere die Behandlung der Pflanzen betreffende Einzelheiten werde ich im Laufe der Darstellung noch hervorheben. Hier will ich vorlaufig noch bemerken , dass bei den Figuren der Deutlichkeit und Einfachheit wegen gewbhnlich nur zwei ^Yurzelreihen oder nur eine derselben gezeichnet worden sind, oder dass iiberhaupt nur einige Neben- w urzeln einer Hauptwurzel abgebildet w urden ; bei den in Erde wachsen- den (hinter einer Glaswand y boten sich die Objecte ohnehin in dieser YYeise der Nachbildung dar, und bei den im Wasser oder in feuchter Luft ge- wachsenen \Yurzelsystemen wiirde die Darstellung solcher Nebenwurzeln, welche dem Beschauer zu- oder abgekehrt sind, perspeclivische Ansicb- ten ergeben haben , welche iiberall da , wo es sich um Richtungsverhalt- nisse handelt, leicht zu Missverstandnissen Anlass geben konnten. Arbeiten a. d. bot. Institut in Wurzburg. IV. 39 ■588 J. Sachs, §. 35. Das Wachsthum der Nebenwurzeln in feuchter Luft, in Wasser und in Erde zeigt ahnliche Verschiedenheiten , wie das der Ilauptwurzeln ; ich habe sie nicht gerade zum Gegenstand ausfiihrlicher messender Beobachtungen gemacht, sondern nur bei meinen zahlreichen Experimenten insoweit beachtet, als davon der Erfolg der Vcrsuche ab- hangt, bei denen je nach Umstanden die Nebenwurzeln bald in feuchter Luft, in Wasser oder in Erde sich entwickeln milssen. Als Hauptsache ist das bereits von den Hauptwurzeln Milgetheilte auch hier hervorzuheben, dass bei langerer Dauer das Langenwachsthum der Nebenwurzeln in feuch- Fig. 21. Vicia Faba; bei w das Wasserniveau im Culturcylinder ; die Nebenwurzeln oberlialb w in feuchter Luft, die unt c rhalb w in Wasser gewachsen. tor Luft langsamer als im Wasser, und in diesem langsamer als in feuchter Erde ist ; dass besonders in feuchter Luft das Langenwachsthum auch vie] Ueber das Wachslhuin der Haupt- und Nebenwurzeln. 589 frilher erlischt. Auch hier kann durch haufige Benetzung der in feuchter Luft befindlichen Nebenwurzeln jedoch die Geschwindigkeit und die Dauer des Wachsthums betrachtlich begiinstigt werden. Einen Vortheil , den die Hciuptwurzel nicht bietet, kann man bei Versuchen insofern gelegentlich benulzen als es mbglich ist, beinahe horizontal ausslrahlende Nebenwurzeln oberlialb einer Wasserflache in feuchter Luft ohne Benetzung lange Zeit fortwachsen zu lassen, weil ihnen die in das Wasser hinabtauchende Haupt- wurzel Wasser zufiihrt; tibrigens zeigt sich dabei , dass die Benetzung doeh in hohem Grade begunstigend auf das Wachsthum der Nebenwurzeln auch dann einwirkt, wenn nicht nur die Hauptwurzel, sondern auch tiefere Nebenwurzeln in das Wasser hinabtauchen ; von diesem Verhalten mag zunachst Fig. 21 ungefahr eine Vorstellung geben , wo w das Wasser- Niveau in einern der Culturcylinder , wie er in Fig. 1 A abgebildet ist, angiebt. Die hier abgebildete Pflanze war in demselben befestigt worden, als die oberen Nebenwurzeln schon 10 — 15 Millim., die jetzt im Wasser vorhandenen noch gar nicht sichtbar waren ; nach sechs Tagen, zu der Zeit, wo das Wurzelsystem abgebildet wurde (Temperatur 18 — 20 °C.), waren die alteren in feuchter Luft entwickelten Wurzeln nur 30 — 50 Millim. lang, wahrend die jtingeren innerhalb des Wassers schon 140 — 1 CO Millim. Lange erreicht hatten. Ganz ahnlich verhalten sich die aus der Hauptwurzel von Zea Mais entspringenden Nebenwurzeln. Befestigt man dagegen eine Keim- pflanze so in einem Culturcylinder, dass die 6 — 10 Centim. lange Haupt- wurzel horizontal etwa 3 — 4 Millim. hoch iiber dem Wasserniveau schwebt, so entwickeln sich die Nebenwurzeln aus der Oberseite aufwarls in die Luft hinein, wahrend die aus der Unterseite entspringenden sehr bald in das Wasser hinabtauchen; in diesem Falle sind die Wurzeln, w 7 elche in Luft, und die, welche in Wasser tauchen , von gleichem Alter; in den ersten Tagen bemerkt man noch keinen sehr betrachtlichen Unterschied; nach 3 — 6 Tagen ist dieser jedoch sehr auffallend : in einem derartigen Fall z. B. waren die in die Luft hinaufgewachsenen Nebenwurzeln nur 25 — 30 Millim., die in das W T asser hinabwachsenden bis 120 Millim. lang. So betrachtlich ist der Unterschied im W T achsthum , in feuchter Luft und Wasser jedoch nur dann, wenn die in Luft befindlichen Wurzeln entweder gar nicht oder nur nach einigen Tagen benetzt werden ; w erden sie tiig- lich 2 — 3 mal oder noch ofter benetzt, oder lasst man sie taglich einmal eine halbe bis eine ganze Stunde in Wasser verweilen , dann wird die Wachsthumsfahigkeit in hohem Grade gesteigert, was zumal fur Beobach- tungen am Botationsapparat sehr vortheilhaft ist, da dort einige der wich- tigsten Fragen zu entscheiden sind, obgleich man genbthigt ist, die Neben- wurzeln in feuchter Luft wachsen zu lassen. 39* 590 J. Sachs. Partialzuwachse und Lange der wachsenden Region. §. 36. Bei den a us Hauptwurzeln entspringenden Nebenwurzeln lassen sich die Partialzuwachse und die Lange der wachsenden Region nur dann beobachten , wenn sie sich in Luft oder Wasser entwickeln, da es kaum thunlich ist, eine mit Theilstrichen markirle Nebenwurzel sainmt ihrer Hauptwurzel so in Erde zu biingen, dass die Markirung hinler der Glas- wand deutlich sichtbar bleibt, ohne die Nebenwurzel selbst bei dieser Manipulation zu beschadigen, was bei der geringen Dicke derselben nur zu leicht statlfindet. Schon die Markirung mit Tuschestrichen ist unbe- quem und muss in kurzer Zeit vollbracht werden , jenes, weil die dicke Hauptwurzel und die Cotyledonen eine zweckmassig© Lage der Pflanze fur die Markirung hindern, Letzteres, weil die Nebenwurzeln soweit abgetrock- net werden miissen, urn die Tuschestriche fest zu halten, wobei jedoch wegen ihrer geringen Dicke leicht ein zu grosser Wasserverlust und deni entsprechende Contraction , wenn nicht gar eine weitergehende Beschadi- gung eintritt. Diese Uebelstande lassen sich nicht wohl beseitigen und fiihren allerdings leicht zu Ungenauigkeiten , die aber , wie die Resultate ergeben, nicht weiter ins Gewicht fallen, insofern namlich die ohnehin auch hier etwas variable Lange der wachsenden Region und die Lage der am starksten wachsenden Querzone deutlich genug hervorlreten, urn einer- seits die Vergleichung mit der Hauptwurzel, andrerseits die Beziehungen dieser Thatsachen zu den geotropischen Krummungen durchfiihren zu kon- nen; wie aus folgenden Beispielen zu ersehen ist. Nebenwurzeln von Vicia Faba in Wasser. Bei zwei Keimpflanzen, deren Hauptwurzeln bis zur Basis in Wasser tauchten, wurden an je einer der obersten Nebenwurzeln 10 Zonen von je 1 Millim. Lange mit chinesischem Tusche markirt, so dass die Zone I an der Spitze auch den vor dem Vegelationspunkt gelegenen Theil der Wurzelhaube mit enthielt. Die Nebenwurzel A war zu dieser Zeit erst 13 r die B 26 Millim. lang. Zuwachse in 23 Stunden bei M° — 20° C. Zone Wurzel A — B. X 0,0 Mill. 0,0 Mill IX 0,0 ? ? 0,0 ', > VIII 9,0 5 ' 0,0 5 1 VII 0,0 ? 1 0,0 > ? VI 0,0 7 J 0,3 J ? V 0,4 5 J 0,5 J 7 IV 1,2 ? J 1,3 4,0 5 J 111 4,5 7 > J 1 II 2,5 ? 7 1,2 5 J Spitze 1 0,4 1 i 0,3 1 » Gesammtzuwachs 9,0 Mill. 7,6 Mill. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 591 Nach den in § 17 dargelegten Gesichtspunkten war die wachsende Region bei A langer als 4 und kiirzer als 5, bei B langer als 5 und kiir- zer als 6 Millim.; das Maximum der Partialzuwachse lag innerhalb der dritten Millimeterzone, oder ungefahr 2,5 Mill, von der Spitze der Wurzel- haube entfernt und wenn man, wie ich aus einigen Messungen schliessen darf, die Lage des Yegetationspunktes ungefahr 0,4 — 0,5 Mill, hinter der Haubenspitze annimmt, so lag das Zuwachsmaximum ungefahr 2 Mill, hin- ter dem Vegetationspunkt ; hatte die Messung jedoch nach kiirzerer Zeit stattgefunden , so ware das Zuwachsmaximum vielleicht um etwas ent- fernter von der Spitze gefunden worden (vergl. §. 19). Nebenwurzeln von Vicia Faba in Luft. An einer Keimpflanze wurden zwei der oberen Nebenwurzeln A von 12, B von 15 Mill. Lange so markirt, dass der erste Strich dem Vegetations- punkt nahezu entsprach; Zonen je 1 Mill. lang. Die Hauptwurzel tauchte so tief in das Wasser, dass die beobachteten Nebenwurzeln nur mehrere Mill, iiber dem Niveau in der feuchten Luft schwebten und durch gele- gentliche Bewegung des Wassers leicht benetzt wurden. Zuwachse in 2 4 S t u n d e n be i 17° C. Zone Wurzel A- -B. • X 0,0 Mill. 0,0 Mill. IX 0,0 5 1 0,0 „ VIII . 0,0 1 J 0,0 ,, VII 0,3 i i 0,0 „ VI 0,3 ?? 0,2 „ V 0,6 ' X ,' V M • ' ' '" 0,3 ,, IV 1,6 1 , ^,0 ,, III 4,0 ', 1 4,5 „ II 2,5 J 1 4,5 „ Spitze I 0,5 ? 1 0,8 „ Gesammtzuwachs 9,8 Mill. 11,3 Mill. Die Lange der wachsenden Region war also bei A grosser als 6 und kleiner als 7 Mill., bei B grosser als 5 und kleiner als 6 Mill. Das Maxi- mum der Partialzuwachse lag bei A ungefahr 2,5 Mill, hinter dem Vege- tationspunkt, bei B erscheint es in Folge des starkeren Wachsthums nach 24 Stunden bereits an die Grenze der zweilen Zone vorgeruckt; hatte man fruher gemessen , so ware voraussichtlich das Maximum auch hier in der dritten Millimeterzone gefunden worden (§. 19). 592 J, Sachs. Phaseolus mulliflorus. Nebenwurzel in Wasser (ursprunglilch 12 Mill. lang). Zuwachs in 15 Stunden bei 24—25° C. Zonen urspr. = 1 Mill. V 1,0 Mill. IV 2,5 „ III 8,0 „ II 4,0 „ Spitze I 0,5 ,, Gesammtzuwachs 16,0 Mill. Die wachsende Region war also jedenfalls langer als 4, wahrscheinlich sogar langer als 5 Mill, und das Maximum der Zuwachse lag ungefahr 2,5 Mill, hinter dem Vegetationspunkt. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den bei der Hauptwurzel von Faba und Phaseolus in § 17 — 19 angegebenen Zahlen, so ist zunachst zu beachten, dass auch bei der Hauptwurzel die Lange der wachsenden Re- gion nicht constant ist, um 2 — 3 Mill, schwanken kann, dass also eine genauere Vergleichung nur dann gemacht werden konnte , wenn man fur die Nebenwurzeln wie fur die Hauptwurzeln Mittelwerthe aus sehr zahl- reichen Reobachtungen besasse. Indessen lasst sich doch soviel sagen, dass bei den Hauptwurzeln der genannten Pflanzen haufig genug noch die 9te und selbst die 10te Millimeterzone im Wachsen begrifFen ist, wahrend ich bei den Nebenwurzeln hochstens noch an der 7ten Millimeterzone einen Zuwachs fand. Dem entsprechend scheint auch die Stelle des starksten Zuwachses der Nebenwurzeln nicht leicht iiber die dritte Zone hinaus zu liegen, wahrend sie bei Hauptwurzeln bis in der 5ten und 6ten Millimeter- zone hinter dem Vegetationspunkt gefunden wird. Hieriiber, wie iiber die Steilheit der Curve der Partialzuwachse werden noch zahlreichere Messun- gen zu entscheiden haben. Ich begniige mich mit dem hier Mitgetheilten r da es zum Verstandniss der weiter unten beschriebenen Erscheinungen hinreicht. Nachtraglich habe ich noch zu erw^ahnen , dass auch bei den Neben- wurzeln , wie ich es fruher bei den Hauptwurzeln beschrieben habe, die ausgewachsenen Querzonen sich nachtraglich nicht unbetrachtlich verkurzen r wenn die Nebenwurzeln in feuchter Luft sich entwickeln. §. 37. Obgleich ich nicht beabsichtige, mich hier mit den Luftwurzeln ausfuhrlicher zu beschaftigon , will ich doch nicht versaumen, einige Messungen mitzulheilen, welche ich an Luftwurzeln von Aroideen und von Vitis velutina zu machcn Gelegenheit hatte; es zeigle sich namlich , class die Lange der wachsenden Kciiion eine uncrwartet grosse ist; sclbsi mehr als zehnmal so gross, als bei den Erdwurzeln: Diese ReobachtungiMi wur- Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurze In. 593 den jedoch nur an frei in die Luft hinauswachsenden oder herabhangenden Wurzeln gemacht; ob sich die Verhaltnisse andern, vvenn sie in die Erde eindringen , oder sich an feste Kbrper anschmiegen und an diesen hin- wachsen, wird sich an besserem und reicherem Material, als mir zur Ver- fiigung stand, entscheiden lassen. Monstera deliciosa. (1872 Septb.) Die beobachteten Luftwurzeln entsprangen unter dem Gipfel des Stammes eines grossen Exemplars, welches damals im Kalthaus stand. Die Wurzeln A — D waren bereits I bis 1,5 Meter lane und hingen herab, die E hatte sich erst bis auf 15 Ctm. verlangert und wuchs unter ungefahr 45° schief ab warts. — Die erste der je 1 Mill, langen Querzonen beginnt mit der Spitze der Wurzelhaube. Zonen a 10 Mill. A 9 Mill. VIII 0,5 „ VII 1,0 „ VI M >> V M „ IV 3,0 „ III 4,0 „ II M „ Spitze I M „ Zuwachse in 24 Stunden. B G 3,5 Mill. 2,8 Mill 0,0 ,, 0,0 0,0 ,, 0,0 0,0 „ 0,0 0,0 ,, 1,0 1,0 „ 3,5 5 J 4,0 ,, 4,5 4,0 „ 4,0 , 1 2,0 „ 4,0 , , — Mitteltemp. 19,4° C. D E 4,0 Mill. 9 Mill. dick. 0,0 „ 0,0 „ 0,0 ,, 0.0 ,, 2,0 „ 0,0 „ 4,0 1,0 „ 3,5 „ 3,0 3,5 „ 2,5 „ 3,0 „ 2,5 „ 3,0 „ 1,0 „ Gesammt- zuvvachs 13,5 Mill. 11,0 Mill. 17,0 Mill. 19,0 Mill. 1 0,0 Mill. Demnach war die Lange der wachsenden Begion bei A ttber 70 Mill. B tiber 30 ,, C ttber 40 ,, D ttber 50 E ttber 40 „ Nehmen wir an, dass die Maxima der Partialzuwachse in der Mitle der ent- sprechenden Zonen liegen, so findet sich die Stelle des raschesten Wachs- thums bei A ungefahr 25 Mill, hinter der Spitze , , ^ > , 25 , , , , , , , , u P , , 45 s * , j , , , i , ,, 35 ,, ,, ,, 594 J. Sachs. Wie die Lange der wachsenden Region ist also auch die Entfernung der Stelle des Maximalzuwachses bei diesen Luftwurzeln ungefahr 10 mal so gross, wie bei den in Erde wachsenden Nebenwurzeln. — Mit der Lange der Strecke , auf welche sich das Wachsthum hier vertheilt, halt jedoch die Ausgiebigkeit desselben nicht gleichen Schritt; die Gesammt- zuwachse sind denen von Erdwurzeln ungefahr gleich , und da sie auf eine ungefahr 10 mal so' lange Slrecke vertheilt sind, so folgt, dass gleich- lange homologe Zonen dieser Luftwurzeln nur ungefahr ein Zehntel des Zu- wacbses der Erdwurzeln zeigen wurden. Diess tritt besonders deutlich hervor, wenn wir die Grbsse des Zuwachses in denjenigen Zonen verglei- ehen, wo die Maximalwerthe liegen ; sie ist bei Faba wie p. 590 und p. 591 zeigen, bei den Erdwurzeln 4,0 bis 4,5 Mill, in 24 Stunden, bei den Luftwurzeln 3 — 4,5 in demselben Zeitraum und bei ahnlicher Tem- peralur; aber dieser Zuwaehs vertheilt sich bei Faba auf eine Zone von ursprunglich 1 Mill.; bei den Luftwurzeln auf eine Zone von ursprunglich 10 Mill. Lange. Wir kbnnen dieses Ergebniss auch so ausdriicken , die Curve der Partialzuwachse der beobachteten Luftwurzeln sei viel flacher als die der Erdwurzeln. — Indessen trifft diese Vergleichung eben nur die unmittelbar vorliegenden Beobachtungen ; eine tiefer eindringende Unter- suchung wurde die Luftwurzeln und die Erdwurzeln in gleich feuchter Luft und bei den respectiven Optimaltemperaturen vergleichen miissen. — Zu ahnlichen Betrachtungen fuhren ubrigens auch die folgenden Messungen. Philodendron Selloum. Ein kraftiges Exemplar dieser Art mit sechs grossen. ungefahr 1 Meter langen Blattern und einem lOCtm. aus der Erde hervorragenden Stamme, aus welchem sieben Luftwurzeln von 7 bis 10 Mill. Dicke entsprangen, wurde in das Zimmer genommen; die langste und dickste Luftwurzel von ungefahr 90 Ctm. Lange wurde von der Spitze aus in Zonen von je 5 Mill. Lange eingetheilt und dann die markirte Endregion in einen Kasten mit Glaswanden, dessen Luft feucht gehalten wurde, eingefuhrt; das Licht blieb von der beobachteten Stelle der Wurzel ausgeschlossen. Zonen a 5 Mill. Zuwachse in 24 St. bei 17,5—20.0° C. X 0,0 Mil IX 0,3 1 1 VIII 0,4 ! J VII 1,0 1 ? VI 1,2 J 5 V 2,0 ? > IV 1,7 HI l,0 1 5 11 1,0 5 5 Spitze 1 0,8 ) J Gesamintzuwachs 9,4 Mill. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 595 Dieselben Zonen zeigten ferner folgende Zuwachse in je 24 Stunden : am 2ten Tag am 3ten Tag bei 19, 1- -20,8°C . bei 20,0- -22 X 0,0 Mill. 0,0 Mill. IX 0,0 ? i 0,0 ? i VIII 0,2 ? ? 0,0 VTT \ 11 ft K > j ft ft VT V 1 ? > 0,5 V 2,0 ? > 2,5 > > IV 2,8 3,5 > ? III 3,0 5,0 > 7 II 2,0 5 5 3,5 J ? 1,2 5 5 2,0 ? J Gesammtzuwachs = 13,0 Mill. 17,0 Mill. Die Wurzel war horizontal schwebend in den feuchten dunklen Raum eingefuhrt worden und hatte sich wahrend der Beobachtungszeit schwach abwarts gekriimmt, namlich so, dass am Ende der ersten 24 Stunden der Krummungsradius der Oberseite 17 Ctm. , am Ende des zweiten Tages 15 Ctm., am Ende des dritten 13 Ctm. betrug; dabei erschien am Ende des ersten Tages das aus den Zonen I bis IV bestehende Stuck fast genau als ein Kreisbogen , am Ende des dritten Tages aber erschien die nun verstarkte Krummung nur noch an den Zonen III bis VI; die verlangerten Zonen I und II bildeten jetzt ein fast grades schief abwarts gerichtetes Stuck i). Die Messungen wurden immer auf der convexen Seite (Oberseite) der Wurzel gemacht. Sie zeigen , dass die Gesammtzuwachse mit der taglich zunehmenden Temperatur merklich steigen , ohne jedoch selbst bei einer Mitteltemperatur von nahezu 21 ° C. (am dritten Tag) mehr als 17 Mill, zu ergeben. Der geringe Gesammtzuwachs von 9,4 Mill, des ersten Tages vertheilt sich aber auf eine wachsende Region von mehr als 40 Mill. Liinge, der Zuwachs von 13 Mill, am zweiten Tag vertheilt sich auf eine wach- sende Lange von mehr als 56 Mill., der Zuwachs 17 Mill, des dritten Tags auf eine solche von mehr als 59 Mill. Lange. — Man sieht aus diesen Angaben zugleich, dass die Lange der wachsenden Region derselben Wurzel nicht constant ist, sondern mit der Grbsse des Gesammtzuwachses zu- nimmt. Das Maximum der Partialzuwachse lag in den ersten 24 Stunden in der fiinften Zone, also urn mehr als 20 Mill, von der Spitze entfernt. Entsprechend dem in §. I 9 Gesagten findet sich aber am Ende des zweiten \) Man vergl. wegen dieser Erscheinungen §. 28 und ferner Flora 1873 No. 21. 596 J. Sachs. unci dritten Tages der grdsste Zuwachs in der dritten Zone ; da sich jedoch die Zonen I, II, III wahrend dieser Zeit um die Summe ihrer Zuwachse verlangert haben , so zeigt sich bei naherer Betrachtung , dass die Stelle des starksten Wachsthums dennoch auch jetzt noch um mehr als 20 Mill, hinter der Spitze liegt, ja es scheint, als ob sie jetzt, entsprechend der grosseren Lange der wachsenden Region sogar etwas weiter als am ersten Tage von der Spitze entfernt ware. Dass bei den Luftwurzeln der Aroideen die wachsende Region aber auch viel kiirzer sein kann, als in den vorigen Fallen, zeigten mir zwei Wurzeln von Phi lode ndron gran di folium , wo ich sie nur 10 — 15 Mill, lang fand, also nicht viel langer als an den Hauptwurzeln von Faba. Ueberraschend war mir dagegen die ausserordentliche Lange der wach- senden Region bei zweien, im Gewachshaus ungefahr ein Meter lang herab- hangenden 1 Mill, dicken Luftwurzeln von Vitis velutina. Zonen anfangs 10 Zuwachse in 42 Stunden bei Mill. lang. 14—15° C. A B X 1,0 Mill. 0,0 Mill. IX 1,0 ) ' 0,6 5 , VIII 1,8 ? ? 1,7 , 5 VII 2,3 ? ? 2,4 1 ? VI 2,3 1 1 3,1 J J V 2,8 ? i 3,5 ? » IV 3,0 5 J 3,7 ? ? III 3,0 5 5 3,3 5 5 II 3,0 1 1 3,0 ; 5 Spitze I 2,8 •) 1 3,0 1 7 Gesammtzuwachs 23,0 Mill. 24,3 Mill. Die Lange der wachsenden Region betrug also bei A mehr als 90, vielleicht selbst mehr als 100 Mill., bei B mehr als 80 Mill. Die Stelle des raschesten Wachsthums ist aus der Tabelle nicht mehr zu erkennen, da in der zu langen Zeit von 42 Stunden die jiingeren Zonen Zeit ge- funden haben, sich betrachtlich zu verlangern, woruber auf §. 19 zu ver- wcisen ist. Geotropismus der Nebenwurzeln erster Ordnung. §. 38. Ei gen Wink el der Nebenwurzeln. Da es sich im Fol- genden darum handelt, den Einfluss zu untersuchen, den die Gravitation und die Centrifugalkraft auf die Wachsthumsrichtung der Nebenwurzeln Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 597 ausiiben, so war vorher zu entscheiden, welche Richtung die Nebenwurzeln bei ihrem Wachsthum dann einschlagen , wenn sie der geotropischen Ein- wirkung, so wie jeder anderen ausseren, riehtenden Ursache (z. B. dem Heliotropismus) entzogen sind, oder mit anderen Worten, es war zu unter- suchen , welche Richtung die Nebenwurzeln bezuglich der Hauptwurzel einschlagen, wenn ausschliesslich die in der Pflanze selbst thatigen Wachs- thumsursachen zur Geltung kommen. Kommt es nun darauf an , die Richtung eines wachsenden Organs vom Heliotropismus unabhangig zu machen, so stehen zwei Wege offen : 1) man kann die ganze Pflanze oder das betreffende Organ wahrend des Wachsens vom Licht ganz abschliessen oder 2) man kann dafiir sorgen, dass das w T achsende Organ von alien Seiten her gleichmassig beleuchtet wird. Diese allseitig gleichmassige Beleuchtung aber kann dadurch erreicht werden, dass man das einseitig einfallende Licht durch Spiegelung richtig vertheilt, oder dadurch, dass man die Pflanze langsam sich so drehen lassi, dass sie nach und nach alle Seiten dem einfallenden Licht zukehrt. Handelt es sich dagegen um Ausschliessung geotropischer Kriimmun- gen , so ist man nicht in der Lage, die Schwerkraft, gleich dem Licht, von der Pflanze abzuschliessen ; es bleibt daher nur der andere Weg iibrig, die Pflanze mit ihren wachsenden Organen so in drehender Bewegung zu erhalten, dass sie nach und nach von alien Seiten her dem Zug der Schwere in gleicher Weise ausgesetzt wircl, so namlich, dass das wachsende Organ niemals Zeit gewinnt, eine geotropische Krummung nach dieser oder jener Richtung hin zu machen. Dass diese langsame Drehung um eine horizon- tale Drehungsaxe stattfinden muss , versteht sich bei der verticalen Rich- tung der Schwere von selbst; dagegen ist es ganz gleichgultig, in welcher Lage die Pflanzen an der Drehungsaxe befestigt sind. Die drehende Be- wegung muss so langsam sein, dass eine Centrifugalwirkung nicht zu Stande kommt; diess ist bei meinem bereits §. 4 beschriebenen Apparat schon dadurch ausgeschlossen, dass die Drehung stossweise, den Schwin- guragen des Pendels am Uhrwerk entsprechend , stattfindet. Unerlasslich ist dagegen zur Erzielung reiner Ergebnisse, dass die Drehungsaxe genau horizontal liegt und dass ihre Belastung allseitig gleich ist, um eine gleich- massige Drehung zu ermbglichen ; lage der Schwerpunkt der zu drehenden Last ausserhalb der Axe, so wurde die Drehung auf der Seite, welche das grossere Drehungsmoment besitzt, bei dem Aufsteigen langsamer als bei dem Absteigen erfolgen ; die sich drehenden Pflanzen wurden also der Erde die eine Seite liinger als die andere zukehren und so nach langerer Zeit geotropische Kriimmungen zeigen. Bei meinen ersten derartigen Versuchen im Fruhjahr 1872 befestigte ich die Keimpflanzen in einem aus Glastafeln zusammengesetzlen Recipienten, der hinlen und vorn mit Koi'kscheiben geschlossen war und durch das Uhrwerk um eine horizontale Axe gedreht wurde. Da die Luft in einem 598 J. Sachs. solchen Recipicnten niemals ganz mit Wasserdampf gesattigt ist , miissen die Pflanzen tiiglich ein - bis zweimal neu benetzt. die Drebung also unterbrochen werden. Spater ersetzte ich diesen Glasrecipienten, der auch noch eine besondere Verdunkelung verlangte, durch eine leiehte cylindrische Trommel von diinnem Zinkbleeh, die hinten und vorn mit Korkscheiben von kleinerem Durchmesser gesehlossen war, durch welehe die Drehungs- axe hindurchging. In dieser Trommel waren die Pflanzen nicht nur gut verfinstert, sondern auch bestiindig in hinreichend feuchter Luft, da sie ein Quantum Wasser enthielt, welches die gleichmassige Drehung nicht hinderte. Zuletzt verwendete ich jedoch eine einfachere Einrichtung, der ich vor den andern den Vorzug gebe : die horizontale Drehungsaxe wurde mit starker Reibung durch eine im Centrum durchbohrte Korkscheibe ge- schoben, die sich nun wie ein Rad in senkrechter Ebene drehte. Am Urn- fang derselben werden mit je zwei Nadeln die keimenden Samen oder die Keimpflanzen in verschiedenen Riehtungen so befestigt, dass die Last an- nahernd gleich vertheilt ist, was bei der Starke des Uhrwerks nicht allzu genau zu sein braucht. Unter dem rotirenden Kork steht ein grosses mit Wasser gefulltes Bassin so, dass die am Kork befestigten Pflanzen bei jeder Umdrehung einen Theil ihres Weges unter Wasser tauchend zurucklegen, dann aber frei in der Luft schweben. Da eine ganze Drehung ungefahr 18 Minuten dauert, und jede Pflanze etwa I — 2 Minuten in Wasser tauchle, so schwebte sie dann 16 — 17 Minuten in der Luft. So wird eine bin- reichende Befeuchtung mit genugendem Luftzutrilt fur die Athmung zweck- miissig verbunden. Der ganze, ziemlich umfangreiche , auf einem tischahnlichen Gestelle befestigte Apparat steht in einem vollig verfinsterten kleinen Zimmer. Da man in den Recipienten 10—12, an den Kork der letzten Ein- richtung 15 — 20 keimende Bohnen der grossten Varietaten befestigen kann, so erhalt man im Laufe von 3 — 5 Tagen nicht nur eine hinreichende Zahl von Beobachtungsobjecten , sondern man hat auch zugleich eine genaue Controlle daruber, ob die Rotation immer gleichmassig gewesen ist, wenn man die Keimpflanzen in den verschiedensten Riehtungen gegen die Drehungs- axe befestigt, so namlich, dass die Wurzelspitzen der einen auswiirts, die anderer einwarts , die noch anderer schief gegen oder parallel mit der Axe gerichtet sind, indem die einen W T urzelspilzen dem vorderen , die anderen dem hinteren Ende derselben zugekehrt sind. Bei dieser Einrichtung wurde eine nicht horizontale Lage der Axe, oder eine nicht gleiehmassiije Rotation nach I— 2 Tagen sich dadurch verrathen, dass alle Hauptwurze!- spitzen geotropische Krummungen in gleichem Sinne zeigten. Bei keinem der von mir gemachten Versuche war diess der Fall; die llauptwurzcln machen zwar gelegentlich Krummungen, die aber von dem Kinfluss der Schwere ganz unabhatlgige Nutationen sind. Komrnt es mm darattf an , wird der aus Messing gearbeitete , einem Speichenrad ahnliche Halter rr mittelst seiner centralen Hiilse aufgesetzt, nachdem auf demsel- ben die kreisrunde Korkscheibe k mittelst der Schrauben ss befestigt Fig. 25. Vicia Faba in dem um senkrechte Axe rasch rotireoden Recipienten gewachsen ; der Versnch begann, als die Nebenwurzeln noch nicht ausgetreten waren. — st Stengel, h Hauptwurzel; beide abgeschnitten. worden ist. Vor Beginn des Versuches muss der Kork mit Wasser durch- trankt sein ; die Keimpflanzen A, B werden mit je zwei Nadeln uber dem Kork schwebend in verschiedenen Stellungen befestigt und nun eine innen mit feuchtem Filtrirpapier ausgeschlagene Glasglocke gg uber das Ganze so gestulpt, dass die Glocke durch die Korkscheibe fest verschlossen wird. Die Grbsse der Fliehkraft , welche in diesem nunmehr um eine verticale Axe rotirenden Recipienten auf eine gegebene Nebenwurzel einwirkt, hangt bekanntlich von der Umdrehungszeit des Recipienten (£) und von dem Ro- tationsradius (B), d. h. von der Entfernung der betreffenden Nebenwurzel von der Rotationsaxe {a x) in der Weise ab, dass die Beschleunigung der Fliehkraft f = ~ t Y~ 1st. In dem durch unsere Figur reprasentirten 608 J. Sachs. Falle betrug der Rotationsradius fiir die Nebenwurzeln von B und fiir die altesten Nebenwurzeln von A ungefahr 40 Mill. , die Beschleunigung der Fiiehkraft f war daher bei filnfmaliger Umdrehung des Recipienten in der Secunde viermal so gross, als die Beschleunigung der Schwere, wenn man den Werth g = 9800 Mill, setzt. Bei der Mehrzahl meiner Versuche ver- wendete ich indessen einen umfangreicheren Recipienten, der nahezu vier Drehungen in der Secunde ausfuhrte und 80 Mill. Radius besass, so dass fur die zu beobachtenden Nebenwurzeln im Maximum ein Rotationsradius von etwa 65 Mill, zu gewinnen war, im Maximum also fur die am giin- stigsten situirten Nebenwurzeln die Beschleunigung der Fiiehkraft ungefahr vier mal so gross wurde, als der Werth g. Damit die Nebenwurzeln hinreichend kraftig wachsen, muss die Luft- temperatur 18 — 25° C. betragen, und miissen die Wurzeln taglich zwei bis drei mal benetzt werden. Letzteres geschieht am besten' in der Weise, dass man den Trager r r von der Rotationsaxe a abnimmt, den Kork sammt den Pflanzen von der Glocke abhebt und ihn auf ein mit Wasser gefulltes Gefass so auflegt, dass die Pflanzen in dieses vollstandig ein- tauchen ; es genugt eine etwa 5 Minuten lange Benetzung in dieser Art, urn nach Ueberstulpung der Glocke die Rotation wieder einlreten zu lassen. Ohne auf die Ergebnisse dieser Versuche hier ausfiihrlich einzugehn, will ich nur hervorheben , dass die Wirkung der Fiiehkraft jederzeit eine durchaus deutliche ist, dass die wachsenden Wurzelspitzen ahnlich wie bei den Hauptwurzeln sich urn so kraftiger nach aussen zu kehren suchen, je grosser ihr Rotationsradius und je rascher die Drehung, d. h. je grosser die Fiiehkraft ist. Die Auswartskrummung der Nebenwurzeln erfolgt in jeder Lage , welche man der Hauptwurzel vor dem Versuch giebt; nur muss selbstverstandlich bei Beurtheilung der Richtung, welche die Neben- wurzeln in dem rasch rolirenden Recipienten einschlagen, der Umstand in Betracht gezogen werden , dass sie zugleich der Schwerkraft mit unter- liegen , ihre Richtung also aus der gleichzeitigen Wirkung der Fiiehkraft und Schwerkraft resultirt; aus diesem Grunde sieht man z. B. dass die abwarts gerichteJen Nebenwurzeln der Pflanze A (Fig. 25) mit der Haupt- wurzel einen grbsseren Winkel bilden, als die auf der Oberseite derselben entspringenden , denn indem die Schwere jene sowohl wie diese abwarts zu richten sucht, werden jene von der Hauptwurzel gewissermaassen hin- w r eggebogen , diese dagegen ihr genahert. — Es leuchtet ein , dass die Fiiehkraft fur jede einzelne Nebenwurzel in Betracht gezogen werden muss, da ihre Entfernungen von der Rotationsaxe je nach der Lage der Keini- pflanze sehr verschieden sein kbnnen; Fig. 25.1 zeigt z. B. ziemlich deut- lich , wie die von der Rotationsaxe x x ferneren Nebenwurzeln starker gekrtimmt sind als die ihr naheren. Eine ausfilhi'liche BetrachluiiLi dieser Ueber das Wachsthum der Haupl- und Nebenwprzeln. 609 Yerhaltnisse liegt hier jedoch ausserhalb meiner Absicht, die nur dahin geht, zu zeigen, dass die Nebenwurzeln erster Ordnung in demselben Sinne geotropisch sind und der Fliehkraft unterliegen , wie die Hauptwurzeln ; auf einige andere Ergebnisse komme ich in einem der folgenden Para- graphen zuriick. Die bisher angefuhrten Thatsachen werden nun gewiss keinen Zweifel dariiber lassen , dass Gravitation und ^Cenirifugalkraft an den wachsenden Nebenwurzeln Krummungen veranlassen und zwar in demselben Sinne, wenn auch nicht in demselben Maasse wie bei den Hauptwurzeln , dass wir also berechtigt sind , diese Nebenwurzeln als posiliv geotropisch zu betrachten. Indem ich auf die Verschiedenheit des geotropiscben Verhal- tens der Nebenwurzeln gegeniiber dem der Hauptwurzeln noch zuruck- komme , will ich bier noch ausdrucklich auf eine Erscheinung hinweisen, die im Vorhergehenden schon gelegentlich beriibrt worden ist, ich meine die aulfallende Unfahigkeit der Nebenwurzeln sich ab warts zu krummen, wenn sie sich in feuchter Luft ohne haufige Benetzung entwickeln ; beson- ders auffallend ist dabei noch die Erscheinung, dass die Nebenwurzeln sehr verschiedener Pflanzen in feuchter Luft die Neigung haben eine zu ihrer Hauptvvurzel nahezu rechtwinklige Stellung und bei langerem Wachsthum eine flaehe, nach dem Stengel hin concave Bogenform anzunehmen ,* bei welcher ihre organische Unterseile convex wild, wie z. B. Fig. 21 und 23 erkennen lasst. Die Erscheinung wird ganz besonders auffallend dann, wenn man bei Fig. 21 die in Wasser und die in Luft entwickelten Neben- wurzeln beziiglich ihrer Richtung vergleicht oder wenn man Fig. 23 A (in Luft gewachsen) mit Fig. 22 und 26 (in Erde gewachsen) vergleicht; ganz ebenso verhalt es sich bei Pisum und bei Zea Mais ; bis zu einem ge- wissen Grade besleht auch sogar bei den in Wasser wachsenden Neben- wurzeln diese Neigung, mit der Hauptwurzel einen grosseren Winkel zu bilden und gegen den Geotropismus mehr oder weniger unempfindlich zu werden. Bei den Nebenwurzeln tritt diess viel auffallender hervor als bei den Hauptwurzeln, fur welche ich ein ahnliches Verhalten bereits §. 26 betrieben habe; besonders auffallend fand ich es bei den Nebenwurzeln von Zea Mais; tauchte die Hauptwurzel so in Wasser, dass der obere 3 — 4 Ctm. lange Theil in feuchter Luft blieb, so wuchsen die aus diesem entspringenden Nebenwurzeln ganz horizontal, die im Wasser entspringen- den bildeten einen Winkel von circa 70 — 80° mit dem unler ihnen lie- genden Theil der Hauptvvurzel, auch wo diese nicht ganz vertical war; die in der Erde hinter Glaswand gewachsenen Nebenwurzeln dagegen machten mit der senkrechten Hauptwurzel einen Winkel von circa 45°. — Ich wage jetzt noch nicht, iiber die Ursache dieses mangelhaften Geotro- pismus in Luft und W 7 asser mich auszusprechen ; hier genugt es, darauf hinzuweisen, dass wenn man den Geotropismus der Nebenwurzeln in seiner normalen Form studiren will , man gerade so w 7 ie bei den Hauptwurzeln GIO J. Sachs. die in feuchter lockerer Erde vvachsenden Nebenwurzeln benutzen muss, wodurch die Beobachtung allerdings sehr erschwert wird. §. 40. Die kriim mungsfah ige Region und Form derKrum- mung. So wie bei der Haupiwurzel ist es auch bei den Nebenwurzeln erster Ordnung die ganze wachsende Region von 5 — 6 Mill. Lange, welche die geotropische Krummung annimmt oder durch die Wirkung der Centri- fugalkraft gekrummt wird. So wie dort ist auch hier die Krummung nur anfangs, wo sie noch sehr schwach ist, eine scheinbar kreisbogeuformige, mit fortschreitender Einwirkung der krtimmenden Kraft zeigt sich aber auch hier, dass die am raschesten wachsenden Querzonen sich auch am starksten krummen, dass also die Krummung von dieser Stelle aus sowohl nach der Spitze hin wie auch nach ruckwarts hin sich continuirlich ab- flacht. Es lasst sich ferner zeigen , dass die bei der Hauptwurzel darge- stellte Bedeutung des Neigungswinkels auch hier ganz in derselben Weise in Betracht kommt und dass man bei Beurtheilung der Lange der gekrummten Region darauf zu achten hat, dass die hinteren Querzonen schon aufhoren konnen zu wachsen , also auch aufhoren krummungsfahig zu sein , bevor eine deutliche KrUmmung an ihnen zu Stande kommt, weshalb man die deutlich gekrummte Piegion gewohnlich etwas kurzer hndet als die wach- sende Region. Sowie bei der Hauptwurzel muss auch hier zur Beurthei- lung der Krummungsform mit in Betracht gezogen werden , dass der Nei- gungswinkel der vorderen Querzonen horizontaler Nebenwurzeln sich ver- mindert dadurch, dass die weiter hinten liegenden sich krummen. Da ich diese Verhaltnisse bei der Krummung der Hauptwurzel §. 28 und die ent- sprechenden Verhaltnisse auch bei den geotropischen Kriimmungen der auf- rechten Stengel in der Flora 1873 No. 21 hervorgehoben habe, so wird es nicht nbthig sein, hier noch einmal darauf ausfuhrlich zuruckzukommen, jedoch ist auch hier wieder auf den spater noch ausfuhrlich zu besprechen- den Punkt hinzuweisen, dass zwischen der Hauptwurzel und ihren Neben- wurzeln insofern ein auffallender Unterschied besteht als die letzteren ihre Krummung nur so lange fortsetzen , bis die Wurzelspitze einen gewissen Winkel mit der Richtung der Schwere oder der Centrifugalkraft bildel r dann hort die weitere Krummung auf und die Wurzel wiichst gerade fort, obgleich sie die Richtung der Schwere oder der Centrifugalkraft noch nicht gewonnen hat. Zur Erlauterung des Gesagten diene zunachst Fig. 26, wo h die Haupt- wurzel und ct das hypocotyle Glied von Phaseolus multiflorus darstellt, a und b zwei Nebenwurzeln bedeuten. Die Pflanze war aufrecht in gewbhn- licher Weise in Erde gewachsen , die Wurzelspitze abwSrts gekehrt, die beiden Nebenwurzeln halten sich bis zu den Punkten a und b schief ;ib- wiirtsgehend entwickelt ; man wurde die wahren Riohtungsverhaltnisse aueb hier dadurofa gewinnen, wenn man das vorliegende Buch so umkehrt, dass Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 611 der in der Figur aufwarts gerichtete Pfeil senkrecht abwarts gerichtet er- scheint. Als die Nebenwurzeln mit ihren Spitzen die Punkte a und b er- reicht hatten, wurde ihre Lage mit je einem Papierindex an der Glaswand Fig. 26. ct Phaseolus multiflorus, zwei Nebenwurzeln einer Hauptwurzel [h) in Erde hinter Glas- wand gewachsen. bezeichnet, der Kasten umgekehrt und der betrefienden Seite desselben die nbthige Ueberneigung gegeben und so die Nebenwurzeln gezwungen, auch fernerhin der Glaswand angeschmiegt, weiter fortzuwachsen ; die Richtung, in welcher nunmehr die Schwerkraft auf die Nebenwurzeln einwirkte, ist durch den in der Figur abwarts gekehrten Pfeil angedeutet. Die Figur zeigt uns , in welcher Richtung die Wurzeln wahrend der nachsten vier Tage bei 15 — 18° C. fortgewachsen sind. Unmittelbar nach der Umkehrung begann die Abwartskrummung, und als die Wurzelspitzen einen gewissen Winkel mit der Verlicalen gewonnen hatten, wuchsen sie annahernd grade- aus, denn die kleinen wellenformigen Schwingungen derselben, welche sie in ihrem Verlauf sowohl vor wie nach der geotropischen Krummung zei- gen, kbnnen wir als durch die Rauhigkeit und den Widerstand der Erde veranlasste Nebenerscheinungen hier unbeachtet lassen. Man bemerkt, dass die beiden Nebenwurzeln sich nach der Umkehrung in verschiedener Weise gekrummt haben; die Wurzel a, welche vor der Umkehrung starker ab- warts gewachsen war, hat sich jetzt auch starker als die andere abwarts gekrummt und bei beiden hat die geotropische Krummung aufgehort, als die fortwachsende Wurzelspitze wiecler denselben Winkel mit der Verticalen eingeschlagen hatte, den sie vor der Umkehrung mit derselben bildete ; die beinahe horizontal gewachsene Wurzel b wurde daher durch den Geo- tropismus zu einer viel flacheren Krummung veranlasst, als die vorher starker geneigte Wurzel a. Ganz ahnlich wie dieses Reispiel es eiiautert, verhalten sich auch die in Erde wachsenden Nebenwurzeln von Faba, Allium Cepa, Solan urn tube- rosum, Cucurbita Pepo, Zea Mais. 612 J. Sachs. Schon bei dieser Beobachtungsmethode erkennt man, wenn man nach der Umkehrung wenigstens stiindlich einmal beobachtet, dass es eine 4 — 6 Mill, lange Region der Wurzelspitze ist, nicht aber bloss eine bestimmte schmale Querzone, in welcher die geotropisehe Krummung auftrilt. Das- selbe zeigt sich, wenn man die Nebenwurzeln mit Querstrichen versieht, urn die Lange der wachsenden und die der krummungsfahigen Region di- rect vergleichen zu konnen. Doch ist es kaum moglich solche mit schwar- zen Farbestrichen versehene Nebenwurzeln, die ja doch mit der ganzen Keimpflanze in Verbindung bleiben mussten , so in feuchte lockere Erde hinter eine Glaswand zu legen, wie ich es bei den Hauptwurzeln beschrie- ben habe ; ich musste njich damit begniigen, die Keimpflanzen, an denen ich einige der oberen Nebenwurzeln in der angegebenen Weise markirt hatte , so in einem Culturcylinder zu befestigen , v dass die betreffenden Nebenwurzeln entweder in Wasser tauchten oder doch haufig von solchem benetzt werden konnten, da ohne Benetzung entweder gar keine oder nur abnorme, kniefbrmige Krummungen eintreten. Es wird nicht iiberfliissig sein, einige Beispiele ausfuhrlicher mitzutheilen. Eine Keimpflanze von Faba war vor dem Austritt der Nebenwurzeln in einem Culturcylinder in umgekehrter Lage so befestigt werden, dass die Hauptwurzel aufwarts gerichtet war; in dieser Lage entwickelten sich nun aus ihr die Nebenwurzeln; als die der Wurzelbasis benachbarten 7 — 8 Mill, lang waren , wurde die Pflanze herausgenommen und drei dieser Nebenwurzeln wie gewohnlich in 1 Mill, lange Zonen (deren erste auch die ganze Wurzelhaube umfasste) eingetheilt; darauf wurde die Pflanze in dem Cylinder so befestigt, dass die Hauptwurzelspitze abwarts gerichtet, also die ganze Pflanze normal gestellt war. Da die Nebenwurzeln in der fruheren umgekehrten Lage der Pflanze sich ein wenig schief abwarts ge- richtet hatten, so waren sie also nach der beschriebenen Umkehrung jetzt etwas aufgerichtet. Bei wiedeiholter Benetzung trat nun binnen sieben Stunden eine deulliche Abwartskrummung ein , die, soweit es sich beur- theilen liess, die ganze wachsende Region umfasste, innerhalb der am stark- sten gewachsenen 2 — 3 Zonen aber den kleinsten Krummungsradius von 3 — 4 Mill, zeigte. Die Zuwachse in diesen 7 Stunden waren bei den Wurzeln A, B, C bei 24 — 26°C. folgende: Zone A B C VI V IV 111 II 0,0 Mill. 0,0 Mill. 0,0 Mill. Spitze I 0,2 0,3 0,6 0,5 0,0 0,0 0,3 0,6 0,4 0,0 0,0 0,2 0,3 0,8 0,0 Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 613 Bei derartigen Versuchen beobachtet man aucb, dass die geotropische Kriiinmung, wenn die Wurzeln langere Zeit in feuchter Luft oder Wasser iortwachsen , ahnlieh wie bei den Hauptwurzeln wieder flacher wird und auch hier leuehtet ein , dass diese Aenderung innerhalb der Erde nicht eintretet kann. Daher findet man bei einem Versueh wie der vorige, wenn man eine langere Zeit zwiscben der Markirung und der Beobachtung ver- streichen lasst, auch einen flacheren Bogen ; so zeigte beispielsweise eine bei 17,7° C. in Lul't 24 Stunden lang gewachsene Nebenwurzel einen klein- sten Krummungsradius von 15 Mill, und die anfangs 1 Mill, langen Quer- zonen ergaben folgende Zuwachse : Zone V 0,2 Mill IV 0,2 „ III *;5 ',, II Spitze I 0,3 „ Auch in diesem Fall umfasste die Kriimmung die ganze wachsende Region. Ganz entsprechend land ich die Verhaltnisse bei der Einwirkung der Centrifugalkraft. Zwei Exemplare von Faba wurden in den grossen Reci- pienten so befestigt, dass die beobachtete Nebenwurzel A der einen einen Rotationsradius von 40 Mill., die Nebenwurzel B einen solchen von 70 Mill, anfangs hatle, wahrend cler Recipient 4 Umdrehungen in der Secunde machte. Temperatur 24 — 25° C. Es ist noch zu bemerken , dass die Wurzel A aus horizontaler radial gelegter Hauptwurzel entspringend sich an der letzteren zuruckkrummen musste ; dass dagegen B aus vertical um- gekehrter Hauptwurzel hervorwachsend sich von rechts nach vorn an der Pflanze seitwarts kriimmen musste. In 7 Stunden erfolgten folgende Zuwachse. an den ursprunglich I Mill, langen Querzonen Zone A B VII 0,0 Mill. 0,2 Mill. VI 0,3 ? 7 0,2 7 7 V 0,4 ; j 0,3 7 7 IV 0,5 5 ) 0,5 7 7 III 1,0 J 7 0,8 11 0,8 7 J 0,7 7 7 Spitze I 0,3 7 7 0,3 7 7 . Die Lange der gekriimmten Region umfasste bei A und B die Zonen I — V; der Krummungsradius von A betrug an der starkst gekriimmten Stelle 3 — 4 Mill, bei B 10 Mill. Die Kriimmung umfasste, soweit ich beurtheilen konnte, nicht mehr die VI. Zone, die offenbar schon vor dem Eintritt der kriimmenden Wirkung zu wachsen aufgehort hatte. 614 J. Sachs. Auch diese durch Centrifugalkraft erzeugten Krummungen flacben sich bei weiterem Wachsthum wieder bis zu einem gewissen Grade ab, ob- gleich die Rotation, also auch die Centrifugalkraft fortdauert. So beobachtete ich z. B., dass Nebenwurzeln bei viermaliger Drehung in 1 Secunde und 35 Mill. Rotationsradius nach vier Stunden KrUmmungen von 5 — 6 Mill. Radius gemacht hatten , 1 4 Stunden spater dagegen war bei weiterem Wachsthum die Krummung soweit abgeflacht, dass der kleinste Radius der- selben bis auf 30 Mill, gestiegen war. Soweit sich beurtheilen liess, war die Krummung von Anfang bis zu Ende auf die ganze wachsende Region vertheilt, deren Partialzuwachse in 18 Stunden bei 24 — 25° C. auf Zonen von ursprtinglich 1 Mill. Lange folgende waren: Auch bei den durch Fliehkraft gekrummten Nebenwurzeln hbrt die weitere Krummung auf 5 bevor die Wurzelspitze sich in die Richtung des Rotationsradius gestellt hat ; bildet sie mit diesem einen gewissen spitzen Winkel , so wachst sie geradeaus fort und zwar ist dieser Winkel um so kleiner, je grosser die Centrifugalkraft ist, worauf ich unten noch zurtick- komme. §. 41. Ueberwindung von Widerstanden bei der geotro- pischen Krummung der Nebenwurzeln. Schon nach der bisher constatirten Aehniichkeit, welche die Nebenwurzeln mit den Hauptvvurzeln beziiglich der in die Lange wachsenden Region und beziiglich der Krtim- mungsform zeigen, darf man mit Zuversicht erwarten, dass die sich krum- mende Region der Nebenwurzeln nach Maassgabe ihrer Dicke und Steifhcit im Stancle sein wird , Widerstande zu uberwinden, welche sich der Ab- wartskrummung entgegenstellen. Zur Entscheidung dieser Frage die in §. 27 auf die Hauptwurzel angewendeten Methoden auch auf die Neben- wurzeln zu iibertragen, ist zwar nicht unmoglich, aber doch sehr unbequem und noch dazu uberflussig, insofern man aus anderen Erscheinungen mit Restimmtheit die Folgerung ableiten kann, dass auch die Abwartskrummung der Nebenwurzeln Widerstande von betrachtlicher Grbsse zu uberwinden vermag. Erstens gcht diess aus dem Verhalten der Nebenwurzeln in .dor Ende hervor: die oben beschriebenen geolropischen Krummungen derselben innerhalb der Erdkasten hinter Glaswand treten an solchen Wurzeln auf, di<> von ;illcn Seiten her von einer Erdschicht von 8 — lOCtm. Dicke um- geben sind , und fc.elb.si dann, wcnn die anfarigs locker eingefttilte Ei^de Zone VI V IV III II 0,4 1,0 3,5 4,6 1,0 Zuwachse 0,3 Mill. Spitze I Ueber das Wacbsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 615 6 — 10 Tage lang Zeit gehabt hat, sich zu setzen, was durch wiederholtes Begiessen noch befordert worden ist; wird der Kasten dann umgekehrt, so krtimmen sich die Wurzeln dennoeh abwarts und da die Kriimmung gleichzeitig an einer 4 — 6 Mill, langen Stelle stattfindet, so ist leicht zu begreifen , dass die convexe Seite sich gegen die Bodentheilchen siemmen und sie theilweise verschieben muss : von einem blossen Hinabsinken der Wurzelspitze in Hohlraume der Erde kann auch hier keine Rede sein, da die unmittelbare Beobachtung das Gegentheil zeigt. Noch schlagender zeigt s»ch die Fahigkeit der Nebenwurzeln bei ihrer Abwartskriimmung Wider- stande zu uberwinden, in solchen Fallen, wo sie tief im inneren des leben- digen Gewebes eines Stammes entspringen. wie diess z. B. bei Angiopteris evecta der Fall ist; in der vierlen Auflage meines Lehrbuchs p. 412 habe ich einen Langsschnitt des Stammes dieser Pflanze abgebildet, der mehrere schief abwarts wachsende Nebenwurzeln zeigt, welche sich durch das slraffe, saflige, sie umgebende Parenchym weder an der Abwartskriimmung noch an dem weiteren Wacbsthum hindern lassen. Ganz dasselbe geschieht ubrigens auch bei den das Rindenparcbym der Hauptwurzeln durchbohren- den Nebenwurzeln von Faba, Phaseolus, Cucurbita u. a. ; ist hier auch die umhullende Parenchymschicht der Mutterwurzel nur 1 — 2 Mill, dick, so ist doch leicht zu sehen, dass die Krummung der Nebenwurzeln schon in friiher Jugend derselben und innerhalb der sie umhullenden Rinde beginnt. So zeigt z. B. Fig. 27^1 den Basaltheil einer Hauptwurzel von Vicia Faba, Fig. 27. Vicia Faba. Junge Nebenwurzeln aus umgekehrter Hauptwurzel hervorbrechend und abwarts gekriimmt. Ac Cotyledonarstiel ; st Stengel; s Hauptwurzel, quer abgeschnit- ten. B r., Rinde der Hauptwurzel, hb Haube der Nebenwurzel. welche vor dem Austritt ihrer Nebenwurzeln in umgekehrter Richtung in feuchter Luft aufgehangt worden war; die Figur zeigt den oberen Theil 616 J. Sachs der Hauptwurzel , nachdem die 'Ts T eben\vurzeln 3 — 5 Mill. Iang geworden waren, im Langsschnitt schwach vergrossert; man bemerkt, wie die Neben- wurzeln ihrer ganzen Lange nach gekriimmt sind ; spater wachsen die Spitzen in der Richtung , die sie jetzt bereits eingeschlagen haben, ohne weitere Kriimmung gerade fort; ein in dieser Weise weiter entwickeltes Wurzelsystem zeigt uns daher gerade Nebenwurzeln, anscheinend urspriing- lich unter spitzen Winkeln aus der Hauptwurzel hervortretend, die Beob- achtung zeigt aber, dass sie diese Richtung einer jahen Krummung ver- danken , welche sie wahrend ihres Auslrittes aus der Mutlerwurzel zum Theil innerhalb des Rindengewebes derselben vollzogen haben. Noch auf- fallender ist diese Krummung junger Nebenwurzeln innerhalb der Rinde der Mutterwurzel , wenn sie in Folge der Centrifugalkraft eintritt, deren Beschleunigung f dem 3 — 4fachen Werthe von g gleichkommt. In diesem Falle beobachtete ich auch bei Phaseolus multiflorus, dass die Rinde der gekriimmten Nebenwurzel auf der concaven Seile betrachtlich dicker war als auf der convexen , ganz ahnlich wie bei scharf gekriimmten Haupt- wurzeln (§. 29). Wird ein Langsschnitt durch die Hauptwurzel so her- geslellt, dass eine 3 — 5 Mill, lange Nebenwurzel ihrer ganzen Lange nach median gespalten erscheint wie in Fig. 27 B, wo rr die Rinde der Haupt- wurzel bezeichnet, und ist diese Nebenwurzel durch Einwirkung der Schwere oder der Fliehkraft wie in der genannten Figur ihrer ganzen Lange nach gekriimmt, so hat man dabei Gelegenheit, noch eine andere beachtens- werthe Beobachtung zu machen; namlich die, dass der Wurzelkorper der Nebenwurzel seine Kriimmung nicht nur innerhalb der Wurzelhaube fort- setzt, sondern dass auch das Gewebe der Wurzelhaube selbst sich an der Krummung gerade so betheiligt, als ob es ein integrirender Theil der Wurzel selbst ware. Dieser innerhalb der Wurzelhaube eingeschlossene und dennoch gekriimmte Theil des Korpers der Nebenwurzel ist bei Faba und Phaseolus 0,9 — 1,5 Mill. Iang. Diese Wahrnehmung ist insofern von Interesse, als sie deutlich zeigt, dass das Gewebe der Wurzelhaube nicht nur kein Hin- derniss fiir die geotropische Krummung der Wurzelspitze ist, sondern dass es selbst an der geotropischen Krummung sich betheiligt. Mit der Consta- tirung dieser Thatsache aber widerlegt sich die von Hofmeister gemachte Annahme (Berichte der k. sachs. Gesellsch. der Wiss. 1860 p. 202 u. bot. Ztg. 1868 p. 280), dass die Wurzelhaube eine starre Hulle darstelle, welche den vorderen Theil der wachsenden Region der Wurzel hindere, geotro- pische Krummungen zu machen ; mit der Widerlegung dieser Annahme fallen natiirlich auch die daraus gezogenen Folgerungen, vor Allem auch die, dass die Nebenwurzeln hohercr Ordnung desshalb keine geotropischen Krummungen zeigen, wcil bei ihnen die krummungsfahige Region von der Wurzelhaube ganz umschlossen sei: wir werden also, wo geotropische Krilmmungen an Wurzeln nicht vorkommen, die Ursache in der Molecular- structur, nicht aber in emem ausseriichen Hinderniss, wie es die Wurzel- Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 617 haube darstellen soil , was sie aber thatsachlich nicht ist , zu suchen ha ben. Verschiedenheit des geotropischen Verhaltens der Nebenwurzeln erster Ordnung von dem der Hauptwurzel. §. 42. Der geotropische Grenzwinkel der Nebenwurzeln. Wiederholt habe ich im Vorausgehenden auf die sonderbare Eigenschaft der Nebenwurzeln erster Ordnung hingewiesen, dass dieselben. obgleich mit positivem Geotropismus begabt, ihre Kriimmung doch niemals soweit fortsetzen , dass dadurch die fortwachsende Spilze senkrecht gestellt oder bei rasch rotirenden Pflanzen in die Richlung des Rotationsradius gebracht wiirde , dass sie vielmehr der einwirkenden Schwere oder Centrifugalkraft anfangs zwar willig folgen , dann aber, wenn die Wurzelspitze einen ge- Fig. 28. Vicia Faba , die Nebenwurzeln haben sich aus einer vor ihrem Austritt umgekehrten Hauptwurzel h in Erde hinter Glaswand entwickelt. wissen spitzen Winkel mit der Richtung der wirkenden Kraft bildet, jede weitere Kriimmung aufgeben und nun geradeaus fortwachsen. Es ist da- bei ganz gleichgultig, welche Richtung die Nebenwurzeln ursprunglich vor dem Eintritt der geotropischen Krummung besassen und ob sie sich aus einer normal gerichteten umgekehrten oder horizontalen Hauptwurzel ent- wickeln, wie Fig. 28, 29 und Fig. 26 zeigt : die geotropische Krummung hort nicht nur auf, sobald dieser schiefe Winkel erreicht ist, sondern sie tritt auch tiberhaupt gar nicht ein, wenn sich die Wurzeln von vorneherein aus anderen Grtinden z. B. in Folge der Epinastie schon so entwickeln, 618 J. Sachs. dass sie mit der Verticalen diesen spitzen Winkel bilden, daher kommt es, dass man bei den in normaler Lage der Keimpflanze entwickelten Neben- wurzeln, wie bei Fig. 22 und 29 diejenigen Richtungen vorfindet, welche bei langsamer Rotation, also bei Ausschluss des Geotropismus durch innere Krafte bewirkt, sich einstellten, und welche, wie oben hervorgehoben wurde, zu der Annahme verleiten konnten, als ob die Nebenwurzeln erster Ordnung iiberhaupt nicht geotropisch wSren ; dass sie es aber sind, wurde hinreichend bewiesen. Die Thatsache, urn die es sich hier bandelt, wild aus der Betrachtung der Fig. 26, 28 und 30 hinlanglich veranschaulicht werden; besonders auffallend tritt sie, wie Figur 30 zeigt , dann hervor, wenn Hauptwurzeln , deren Nebenwurzeln soeben auszutrelen anfangen, horizontal in Erde gelegt werden. Man bemerkt in Fig. 30 A und B. wie die Wurzeln a, c, e, i aus der horizotalen Hauptwurzel h aufwitrts schief emporwachscnd geotropische Kriimmungen machen, dann aber im weiteren Verlauf schief abwarts ziemlich ge- Fig. 29. D radeaus wachsen. Was die Wurzel- gruppen d, g, k betrifft, so lassen diese gar keine geotropische Krtim- mung erkennen, man bemerkt aber, dass sie von vornherein ahnliche Winkel bilden, wie die vorigen nach der geotropischen Krummung. Dass die Wurzeln b und f nach vorn ge- richtet sind, die anderen nach riick- warts, erklart sich zur Genuge aus ihrer Hyponastie, w^ahrend dieRiick- wartsrichtung der anderen auf ihrer Epinastie beruht. Urn die wichtige Thatsache, welche den Gegenstand dieser Belrachtun- gen bildet, kurz zu bezeichnen, will ch denjenigen Winkel, unter wel- chem Nebenwurzeln erster Ordnung gegen die Verticale geneigt sein kbn- nen, ohne eine geotropische Krum- mung zu erfahren oder denjenigen Neigungswinkel, nach dessen Errei- chung die geotropische Krilmmung an der Wurzelspitze aufhort, als den geotropischen Grenzwinkel bezeichnen. Bevor wir aber auf die nahere Betrachtung desselben eingehen, sind noch eiuiee Nebenumstande hervorzuheben. Vor Allem tritt hier der Vicia Vaba in Erde hinter Glaswand cntwickelt. Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 619 Umstand storend hervor, dass die dtinnen Nebenwurzeln innerhalb der Erde vielfach unregelmassigen Hin - und Herbiegungen ausgesetzt sind, durch welche ifir gradliniger Verlauf mehr oder weniger entstellt wird, wie die citirten Figuren hinreichend zeigen ; dass daran jedoch nur die Rauhigkeit des Bodens schuld ist, ersieht man aus dem Umstand, dass bei der Gultur in feuchter Luft und in Wasser die Nebenwurzeln in den hier betrachteten Verhaltnissen solche Verbiegungen nicht zeigen, sondern vbllig geradeaus w r achsen oder auch einen sehr flachen , abwarts concaven. aber glatten Bogen beschreiben; da jedoch die geotropischen Krtimmungen in feuchter, lockerer Erde viel kraftiger und normaler auftreten und da es trotz der zufalligen Verbiegungen doch immer leicht ist, die von der Schwer- kraft unabhangige Hauptrichtung zu erkennen, so halte ich mich an die Beobachtungen von in Erde wachsenden Nebenwurzeln. Fig. 30. Vicia Faba, in Erde hinter Glaswand, die Nebenwurzeln entwickeln sich aus horizon- talen Hauptwurzeln. Eine zweite stbrende Thatsache liegt ferner darin, dass Nebenwurzeln, welche z. B. 3 — 5 Ctm. weit unter einem bestimmten Grenzwinkel gerade- aus fortgewachsen sind, plbtzlich steiler abwarts biegen, urn dann wieder Arbeiten a. d. bot. Institut in Wiirzburg. IV-. 4 \ 620 J. Sachs. geradeaus fortzuwachsen, also unter einem kleineren Grenzwinkel als bis- her; da diess jedoch bei Nebenwurzeln in Wasser nicht vorkommt, und andrerseits auch in lockerer Erde das Gegentheil auftreten kann, so mochte ich diese Vorkommnisse doch auf zufallige Storungen zuruckftihren, welche vielleicht durch ungleichmassige Beschaflenheit der Erde, durch verschie- dene Dichtigkeit derselben an verschiedenen Stellen und besonders auch durch ungleichmassige Verlheilung der Feuchtigkeit hervorgerufen werden. Drittens ist zu beachten, dass die Grosse des Grenzwinkels , also die Steilheit der Abwartsrichtung der Nebenwurzeln ahnlich wie der Eigen- winkel derselben von individuellen Eigenschaften der Keimpflanze bedingt ist; in wie hohem Grade diess der Fall sein kann, zeigt die Vergleichung von Fig. 22 und Fig. 29, wo die Nebenwurzeln des einen Exemplars von Faba unter 70 — 80° gegen die Verticale geneigt sind , bei dem anderen dagegen unter 40 — 50° ab warts wachsen. Diese individuelle Eigenthum- lichkeit tritt auch dann hervor, wenn die verschiedenen Exemplare in dem- selben Erdkasten nebeneinander wachsen und wenn sich die Nebenwurzeln aus einer umgekehrten oder horizontal gelegten Hauptwurzel entwickeln. Neben der fur die ganze Pflanze geltenden individuellen mittleren Grosse des Grenzwinkels hat aber auch jede Neben wurzel einer und der- selben Pflanze noch die Neigung einen mehr oder minder grossen Grenz- winkel zu bilden, je nachdem sie aus dem hypocotylen Glied, aus der Wurzelbasis oder tiefer unten an der Hauptwurzel entspringt ; um nur ein Beispiel in dieser Beziehung zu nennen, fand ich bei den hinter der Glas- wand eines Erdkastens entwickelten Nebenwurzeln von Faba, nachdem dieselben ihre gerade Richtung angenommen hatten, folgende Grenzwinkel, wobei der Buchstabe A die oberste aus der Hauptwurzel selbst entsprin- gende, F eine der untersten Nebenwurzeln bezeichnet, B — E der Reihe nach zwischen beiden entspringen. Dass diese Verschiedenheit irgendwie mit der Epinastie der Neben- wurzeln zusammenhangt, ist sehr wahrscheinlich, besonders auch aus dem Grunde, weil die obersten aus dem hypocotylen Glied entspringenden, von denen wir schon wissen, dass sie hyponastisch sind, doch selbst bei nor- maler Stellung der Keimpflanze in Erde schief auf warts wachsen und so- gar aus der Kidoberiliiche hervortreten , wie Fig. 35 zeigt. In vvelcher Weise sich jedoch die Epinastie oder Hyponastie jeder einzelnen Neben- G ren z wink el. Nebenwurzeln der linken Seite der rechten Seite A 80° B 70° G 60° D 60° E 60° F 65° A' 60° B' 60° C' 50° D' 50° E' 50° F' 40° Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 621 wurzel mit ihrer specifischen geotropiscben Fahigkeit verbindet, um unter gegebenen ausseren Umstanden gerade diesen oder jenen Grenzwinkel herbeizufuhren, ist schwer zu entscheiden. Es Jeuchtet ein, dass alle diese Umstande, weiche die Grbsse des Grenz- winkels beeinflussen und weiche in so hohem Grade variabel sind, einer genaueren auf vergleichende Messung gestiitzten Erforschung der Ursache des Grenzwinkels sich hindernd entgegenstellen. Legen wir uns nun die Frage vor, was wir uns darunter zu denken kaben, dass Wurzeln, obgleich sie geotropisch sind, doch aufhoren sich zu krummen, wenn die fortwachsende Spitze einen Grenzwinkel mit der Rich- tung der Schwere oder mit der Richtung der Centrifugalkraft bildet, so bietet sich zur Reantwortung zunachst die schon bei den Hauptwurzeln §. 28 benutzte Annahme dar, dass die Wirkung der Schwere (resp. der Centrifugalkraft) auf jede kriimmungsfahige Zone der Wurzel einen Maximal- effect ausiiben wird, wenn sie die Wachsthumsaxe derselben unter einem rechten Winkel trifft; je spitzer der Winkel wird, unter welchem die Richtung der Schwerkraft (resp. Centrifugalkraft) die Langsaxe der kriim- mungsfahigen Stelle schneidet, deslo schwiicher wird die krummencle Wir- kung selbst ausfallen. Der Unterschied zwischen Haupt- und Nebenwurzeln liige nun darin , dass die ersteren auch dann noch in merklichem Grade sich krummen, wenn dieser Neigungswinkel ein sehr spitzer geworden ist, so dass die Hauptwurzelspitze schliesslich wirklich die Richtung der Schwere oder der Centrifugalkraft oder der Resultante beider annimmt; wahrend da- gegen bei den Nebenwurzeln die kriimmende Wirkung schon dann auf- hort, oder doch ausserst klein wird, wenn die Langsaxe der krummungs- fahigen Stelle mit der Richtung der Schwere oder Centrifugalkraft einen spitzen Winkel von betrachtlicher Grbsse bildet; dieser Winkel, bei wel- chem die Einwirkung unserer Annahme nach aufhbrt, ware dann eben der genannte Grenzwinkel. Das Vorhandensein dieses Grenzwinkels liesse sich in gewissem Sinne also auch so auffassen , dass bei den Nebenwurzeln mit abnehmendem Neigungswinkel die kriimmende Wirkung rascher ab- nimmt als bei den Hauptwurzeln; diess durch Versuche und Messungen nachzuweisen , wiirde jedoch noch betrachtlich mehr Zeit in Anspruch nehmen , als ich der Sache bisher widmen konnte und so mag es einst- weilen genugen, die Frage , um weiche es sich hier handelt, fiir eine zu- kunftige Reantwortung klar gestellt zu haben, und es ist zu hoffen , dass die wirkliche Kenntniss der Ursache des Grenzwinkels der Nebenwurzeln uns einen tieferen Rlick in das Wesen der geotropischen Wirkung ge- statten wird. Dass die hier versuchte Auffassung der Wahrheit nahe kommt, schliesse ich zunachst daraus, dass mit zunehmender Grosse der einwirkenden Kraft der Grenzwinkel immer kleiner wird; unterwirft man Keimpflanzen einer raschen Rotation um senkrechte Axe so, dass die Reschleunigung der Cen- trifugalkraft f zwei-, drei-, viermal so gross wird als die Reschleunigung 41* 622 J. Sachs. der Schwere g, so sieht man , dass der Grenzwinkel immer kleiner wird, dass mit zunehmender Grbsse von f die Nebenwurzeln immer mehr der Richtung des Rotationsradius sich anna hern. Auf die Redeutung des Grenzwinkels fiir die Natur des Geotropismus wirft die Thatsache einiges Licht, dass eine vorher in irgend einer Rich- tung gewachsene Nebenwurzel, wenn die ganze Pflanze umgekehrt wird, sich so lange krummt, bis der Grenzwinkel nahezu wieder derselbe ist, wie vor der Umkehrung ; hatte eine Nebenwurzel z. R. vor der Umkehrung den Grenzwinkel 70 oder 80°, so krummt sie sich nach der Umkehrung so lange, bis sie dann wieder unter 70 — 80° geradeaus fortwachsen kann; hatte sie dagegen vor der Umkehrung den Grenzwinkel 40 oder 50°, so krUmmt sie sich auch in diesem Falle so lange, bis sie wieder unter 40 oder 50 ° geneigt gerade fortwachsen kann , eine Thatsache, welche durch Fig. 26 hinreichend veranschaulicht wird. Der Grenzwinkel ist also eine, jeder einzelnen Nebenwurzel zukommende Eigenschaft, doch muss ich schon hier darauf hinweisen ; dass, wie ich unten zeigen werde , in der statt- gefundenen Krummung selbst eine Ursache liegt, durch welche der Grenz- winkel eine Vergrosserung erfahrt; die Nebenwurzeln pflegen namlich nach der Umkehrung der Pflanzen nicht genau denselben Grenzwinkel zu er- reichen, sondern einen etwas grbsseren als vorher, was zumal bei wieder- holter Umkehrung deutlich hervortritt. Man kann, urn eine leichtere Ausdrucksweise zu gewinnen, die Grbsse des Grenzwinkels als eine Art Maass fur die Fahigkeit zum Geotropismus der Wurzeln betrachten, d. h. solche Wurzeln, deren Grenzwinkel kleiner ist, kbnnen als in hbherem Grade geotropisch betrachtet werden. Wir kbnnten in diesem Sinne daher auch sagen, die Nebenwurzeln sind im Allgemeinen weniger geotropisch als die Hauptwurzeln und zwar urn so weniger, je grosser ihr specifischer Grenzwinkel ist. Es scheint nun, dass die geotropische Fahigkeit, oder wenn man will, die Empfindlichkeit fur den krummenden Einfluss der Schwere und der Centritugalkraft, insofern sich dieselbe durch den Grenzwinkel messen lasst, durch aussere Eingriffe gesteigert oder geschwacht werden kann. Hierher gehbrt vor Allem die Reobachtung, dass, wenn man eine Hauptwurzel 3 oder 4 Gtm. unterhalb ihrer Rasis quer durchschneidet, die Nebenwurzeln, welche dann nahe an dem Querschnitt hervorbrechen , in viel hbherem Grade die Fahigkeit be- sitzen, sich senkrecht abwarts zu richten, als die von dem Querschnitt entfernteren Nebenwurzeln. Es tritt das ganz besonders auffallend dann hervor, wenn man die Keimpflanze mit abgestutzter Hauptwurzel in um- i^ekehrter Lage sich weiter entwickeln lasst; wiihrend die vom Querschnitt entfernteren Nebenwurzeln Grenzwinkel von 50 — 70° bilden , krummen sich die dicht unter dem Querschnitt austrelenden so stark, dass sie dann bei nahe senkrecht abwarts wachsen oder Grenzwinkel von 10 — 20° bil- den. M;m sieht sofori, dass hier eta ahnliches Verhalten obwaltet, \\'u> bei aufrechten Stengeln mit schiefen Seitensprossen ; wird der Gipfel des Haupt- Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 623 Stengels oberhalb eines Seitensprosses weggeschnitten, so richtet sich dieser starker auf und kann senkrecht fortwachsend den Gipfel des Hauptsprosses gewissermassen ersetzen. Von ausseren Umstanden , welche die Grbsse des Grenzwinkels oder die geotropische Krummungsfahigkeit beeinflussen, ist die Feuchtigkeit der Erde und vielleicht auch die Hbhe der Temperatur zu nennen. Was zu- nachst den Einfluss des Wasserreichthums der Erde betrifft, so gelang es rair allerdings nicht, ganz befriedigende Ergebnisse zu gewinnen. Durch gelegentliche Beobachtung wurde ich darauf aufmerksam , dass wenn die Keimpflanzen von Faba ihr Wurzelsystem in sehr wasserarmer Erde ent- wickelten , die Nebenwurzeln haufig fast horizontal oder doch unter sehr grossen Grenzwinkeln fortwuchsen, wahrend sie in sehr feuchter Erde und in Wasser haufig unter 30 — 40° schief abwarts wachsen. Diese Wahr- nehmung veranlasste mich zu einigen Versuchen, von denen ich nur einen hier beschreiben will. Eine Keimpflanze von Faba , die vorher in Wasser einige Zeit gelegen hatte, um sich recht vollzusaugen, wurde in einen Erd- kasten mit sehr massig feuchter Erde hinter die Glaswand eingesetzt, be- vor die Nebenwurzeln ausgetreten waren. Bei niederer Temperatur (12 bis 15° C.) und in Folge der geringen Erdfeuchtigkeit entwickelten sich die Nebenwurzeln sehr langsam; als sie eine hinreichende Lange erreicht hatten, wurden die Spitzen einiger an der Glaswand mit Papierindices be- zeichnet, dann wurde die Erde mit Wasser gesattigt und nachdem die Wurzeln abermals 3 Tage fortgewachsen waren, die Richtung und Lange der vor und nach dem Begiessen gewachsenen Theile bestimmt. Es fand sich folgendes Resultat: Vor dem Begiessen (in trockener Erde). Wurzel Grenzwinkel 1 ) Lange des geraden Stiiekes obere A 85° 18 Mill. B 60° 33 „ G 60° 22 „ D 50° 12 untere E 50° 10 ,, Niich dem Begiessen erfolgte schon binnen einiger Stunden eine plotz- liche Abwartskriimmung der Nebenwurzeln, worauf sie in den folgenden drei Tagen wieder geradeaus fortwuchsen; die Messung ergab nach dem Begiessen Wurzel Grenzwinkel Langedesgeraden Stiickes A 35° 15 Mill. B 40° 30 ,, C 20° 14 ,, D 20° 14 E 15° 7 „ 1) Diese und ahnliche Winkelmessungen wurden mit Hiilfe eines auf einem diin- nen Glimmerplattchen eingerilzten Transporteurs ausgefiihrt. 624 J. Sachs. Gleiche Ergebnisse erhielt ich von einigen anderen ahnlichen Versuchen, in anderen Fallen jedoch war es nicht mbglich, durch Begiessen eine Ver- minderung des Grenzw inkels zu erzielen ; dadurch wird jedoch das posi- tive Ergebniss urn so weniger entvverthet, als die Nebenwurzeln in ihrem Verhalten gegen aussere EinflUsse der mannigfaltigsten Art bald sehr em- pfindlich, bald sehr unompfindlich sind , so dass das Experimentiren mit ihnen zu den zeitraubcndsten und unerlreuliehsten Beschaftigungen gehbrt. Noch weniger Sicheres weiss ich in Bezug auf die Temperaturwirkung zu sagen ; gelegentliche Wahrnehmungen , die ich erst kunftig experimen- tell prUfen werde , legen mir die Annahme nahe, dass Nebenwurzeln, welche bei einer relativ niedrigen Temperatur unter einem bestimmten Grenzwinkel schief abwarts gewachsen sind, durch erhebliche Steigerung der Temperatur dazu veranlasst werden kbnnten , von Neuem steiler ab- warts zu biegen und dann unter kleinerem Grenzwinkel weiter zu wachsen. Doch ist diess zunachst eine blosse Vermuthung, die ich hier einstweilen angedeulet haben mbchte. §. 13. Verhalten auf- und ab warts gerichteter Neben- wurzeln. Das ini vorigen § iiber den geolropischen Grenzwinkel Gesagte verhilft uns zu einer Erklarung derjenigen Erscbeinungen, welche an auf- und abwarts gerichteten Nebenwurzeln auftreten. Lasst man das Wurzel- system von Faba , Phaseolus , Cucurbita hinter der Glaswand eines Erd- kastens in normaler Richtung sich entwickeln, und dreht man dann den Kasten so urn, dass die vorher senkrechte Hauptwurzel Fig. 31 h h jetzt horizontal liegt, bezeichnet man die Lage der Wurzelspitzen zu die- ser Zeit, wie es bei a — f in Fig. 31 geschehen ist, und lasst man nun das Ganze einige Tage so stehen, so hndet man dann die weiter gewach- senen Nebenwurzeln zum Theil geotropisch gekriimmt, zum Theil nicht; besonders fallt es auf, dass fur gewbhnlich nur die in Folge der Um- drehung aufgerichteten Nebenwurzeln geotropische Kriimmungen zeigen, wahrend die in Folge der Umdrehung abwarts gerichteten gewbhnlich ohne geotropische Krummung in der ihnen gegebenen Richtung fortwachsen (Fig. 31, 32). Um dieses anscheinend sehr auffallende Verhalten erklarlich zu finden, kbnnen wir das bisher iiber den Grenzwinkel Gesagte benutzen, wobei ich den Leser noch einmal daran erinnern muss, wohl zu be- achten , dass wir unter Neigungswinkel einen Winkel verstehen , welchen die Verticale mit dem acroscopen Theil einer Wurzel einschliesst und dass ferner der Grenzwinkel derjenige kleinste Neigungswinkel ist, bei welchem die geotropische Wirkung erlischt. Betrachten wir nun zunachst nur diejenigen Nebenwurzeln, welche aus der Hauptwurzel selbst (nicht aber aus ihrer Basis oder dem hypocotylen Glied) entspringen, so leuchtet ein, dass alio diese Nebenwurzeln, wenn sievor derUmlegung des Kastens unter einem bestimmten Grenzwinkel schief abwarts gewachsen waren, nach der Umlegung schief aufwiirts oder schief Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 625 abwarts gerichtet sein mtissen (vergl. Fig. 31). Betrachten wir nun zu- nachst wieder dieinFolge der Umlegung schief aufgerichteten Nebenwurzeln, so leuchtet ein, dass, wenn sie vorher einen Grenzwinkel klei ner als 90° hatten, sie nun in Folge der Umkehrung einen Neigungswinkel grosser als 90°haben milssen; jedenfalls also ist der ihnen gegebene Neigungswinkel grosser als der ihnen eigenthtimliche Grenz- winkel, es wird demzufolgeeine geotropische Krummung eintre- ten konnen, welche so lange dauert, bis die fortwachsen- den Spitzen wieder eine Nei- gung gewinnen , welche dem Grenzwinkel der betreffenden Wurzel gleich ist; so ge- schieht es in der That, wie Fig. 31 bei a be und Fig. 32 bei b erkennen lasst ; diese Figuren sind wie auch die anderen , wo es auf genaue Wiedergabe der Richtungs- verhaltnisse ankam , dadurch hergestelll worden , dass ich auf die Glaswand des Erd- kastens, hinter welcher die beobachteten Wurzeln sich be- fanden, diinne Glimmerplatlen auflegte ; durchEinritzen wurde ein mbglichst genaues Bild der betreffenden Wurzeln auf der Glimmerplatte gewonncn und von dieser dann auf Papier ubertragen. Um die Grbsse des Grenzwinkels vor und nach der geotropischen KrUmmung besser beurtheilen zu konnen, ist auch in die- sen Figuren die Richtung der Schwerkraft vor und nach der Umlegung des Kastens durch Pfeile angedeutet. Betrachten wir nun ebenso die in Folge der Umdrehung des Kastens schief abwarts gerichteten Nebenwurzeln , welche aus der Hauptwurzel selbst entspringen , wie d, e, f'm Fig. 31 und cd in Fig. 32, so bemerkt man, dass dieselben in Folge der Umkehrung keinerlei geotropische KrUm- mung erfahren haben, sondern in der ihnen gegebenen Richtung geradeaus weiter gewachsen sind. Man bemerkt aber^ dass der Grenzwinkel von Phnseolus multiflorus, hinter Glaswand in Erde; anfangs in normaler Lagc ; nachdem die Neben- wurzeln bis zu den Punkten a . . . f gewachsen waren , wurde der Kasten so gestellt , dass die Hauptwurzel h h horizontal zu liegen kam. 626 J. Sachs. Fig. 32. d e f in Fig. 31 vor der Umkehrung ungefahr 45° betrug, folglich mussle der Neigungswinkel in Folge der Umdrehung wieder = 45°, also gleich dem Grenzwinkel sein ; es war folglich kein Grund zu einer weiteren Krtlmmung vorhanden. Die Wurzeln d d in Fig. 32 dagegen wa- ren vor der Umdrehung des Kaslens unter einem Grenzwinkel von unge- fahr 80° und 90° gewaeh- sen, folglich betrug ihre Neigung nach der Um- drehung etwa 10°, resp. °, der Neigungswinkel war also viel kleiner als der Grenzwinkel und audi hier konnte also eine geo- tropische Kriimmung nicht eintrcten. Ueberhauptwird im Allgemeinen in Folge der Umdrehung bei den hiedurch abwarls gerich- teten Nebenwurzeln keine geotropische Krummung eintreten konnen , wenn der Grenzwinkel derselben zwischen 45 und 90 ° liegt. Kommt dagegen der sel- iene Fall vor, dass der Grenzwinkel vor der Um- drehung kleiner als 45° war, so bekommt die Wurzel in Folge der Um- drehung einen Neigungs- winkel , welcher grosser als 45° und folglich auch Phaseolus multiflorus in Erde hinter Glaswand ; ct die Stiele der Cotyledonen ; das Wurzelsystem anfangs in normaler Lage entwickelt; als die Nebenwurzeln bis zu den Punkten abed gekommen waren, wurde der Kasten umgelegt, dass die Hauptwurzel h borizon- tal lag. Spater wurde der Kasten wieder normal ge- slellt , wie die unteren (hier horizontalen) Pt'eile an- (,eutcn grosser als der der be- treffenden Wurzel eigenihumliche Grenzwinkel ist; in diesem Falle wird sich also die abwarls gerichlete Neben wurzel so lange krilmmen, bis ihre Spiizc wieder den Grenzwinkel erreicht hat. Ich unterlasse es ausftihrliche Nnchwcisungen mil Zahlen fur das Gesagte zu gehen, da es bei den hiiu- ligen Verbiegungen der dttnnen Wurzeln in der Erde sehr schwer ist, ge- naue Winkolmessungen anzustellen ; das hier Mitgetheille sliltzt sich aber Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 627 auf sehr zahlreiche Beobachtungen , die einer anderen Erklarung als der gegebenen gewiss nicht zuganglich sind. Gehen wir nun nochmals auf unsere Figur 32 zuriick, so bemerkt man, dass die aus dem hypocotylen Glied entspringenden Nebenwurzeln (von Phaseolus) vor der Umkehrung zum Theil horizontal gewachsen waren wie a oder schief aufwarls wie c. Nach der Umkehrung waren die ersteren senkrecht aufgerichtet und sie hatten sich eigenllich gar nicht krummen sollen ; dennoch haben sie sich energisch nach der Stengelseite der Keim- pflanze hingewendet. Es ist wahrscheinlich, dass hier die Hyponastie die- ser Wurzeln zunachst eine leichte Kriimmung nach der Stengelseite hin bewirkt hat ; dadurch wurde ein fur den Geotropismus giinstiger Neigungs- winkel erzielt und die geotropische Kriimmung konnte nun weiter fort- schrciten; in diesem Falle also konnten Hyponastie und Geotropismus gleich- sinnig zusammenwirken , wahrend bei den abvvarls gerichteten Wurzeln c beide einander entgegenwirken mussten 1 ). §. 44. Aenderung des Grenzwinkels bei wiederholter Auf- und Abwartskrummung. Wird ein in Erde hinter Glaswand entwickelles Wurzelsystem , nachdem die Nebenwurzeln eine Strecke weit geradeaus gewachsen sind, vollsliindig umgekehrt, so dass die Hauplwurzcl ihre Spitze aufwarls richtet , und wird die Pflanzc in dieser Lage belassen, bis die Nebenwurzeln wieder ihrcn Grenzwinkel erreicht haben , wird sie dann wieder vollsliindig umgekehrt, so dass die Hauptwurzel wieder nach unten gerichtet ist, und lasst man die Nebenwurzeln abermals so lange wachsen, bis sie ihrcn Grenzwinkel erreicht haben und dem entsprechend geradeaus wachsen, wie cs z. B. bei der in Figur 33 dargestellten Pflanze geschehen ist; wo die auf- und abwarts gerichteten Pfeile die Richtung der Schwerkraft in Bezug auf die Wurzeln in auf einander folgenden Zu- standen andeuten, — so bemerkt man, dass die in den drei auf einander folgenden Zustanden erreichten Grenzwinkel fttr jede Wurzel beinahe die- selben sind. Sehr hiiufig tritt jedoch ganz besonders bei Faba und noch auflallender bei denen der Knollentriebe der Kartoflel die Erscheinung auf. dass der Grenzwinkel einer Nebenwurzel nach jeder erfolgten Kriimmung etwas grosser wird als vorher. Wiirde namlich die geotropische Kriimmung nach jeder Umkehrung soweit fortschreiten , bis der Grenzwinkel wieder genau der fruhere ist, dann miisste das nach der zweiten Umkehrung gerade gewachsene Stuck genau parallel sein mit demjenigen Stuck derselben Wurzel, welches vor der erslen Umkehrung gerade gewachsen ist; das ist jedoch sehr haufig nicht der Fall, sondern das nach der zweiten Umkehrung gerade gewachsene Stuck verfolgt eine Richtung, welche , wenn man sie riickwarts verlangert, die Richtung desjenigen Stiickes schneidet , welches vor der I) Viel schlagender, als in den hier abgebildeten Fallen traten die fraglichen Er- scheinungen spater bei Versuchen mit Cucurbita hervor, die zu derartigen Beobachtun- gen sehr geeignet ist. 628 J. Sachs. ersten Umkehrung geradeaus gewachsen ist; mit anderen Worten heisst das, der geotropische Grenzwinkel bei dem drilten Stuck ist grosser als bei Fig. 33. Vicia Faba in Erde hinter Glaswand; aufrecht in normaler , dann in inverser, dann wieder in normaler Stellung, wie die Pfeile angeben. dem ersten. Ist man nun auf diese Thatsache aufmerksam geworden, so findet man dann auch leicht, dass das nach der ersten Umkehrung gerade gewach- sene Stiick schon einen etwas grbsseren Grenzwinkel bildet , als das vorher gerade gewachsene Stiick. Es zeigt sich also, dass nach jeder Umkehrung der Grenzwinkel etwas grosser geworden ist, oder mit anderen Worten, dass nach jeder Umkehrung die geotropische Kriimmung unvollstandiger wird. Sehr deut- lich tritt dieses Verhalten in Figur 34 hervor, welche zwei Nebenwurzeln von Solanum tuberosum darstellt; die Erscheinung ist bei der oberen Wur- zel A dieselbe, wie bei der unteren Wurzel B, nur dass bei A der Grenz- winkel von vornherein etwas grosser ist als bei B und dass dem ent- sprechend bei A auch die nach den Umkehrungen erreichten Grenzwinkel grbssere sind. Die Linien h h reprasentiren die horizontal Richtung, die auf- und abwarts gerichteten Pfeile zeigen, in welcher Richtung die Wurzeln in den verschiedenen Zustanden von der Schwere afficirt wurden ; die grie- chischen Buchstaben 8, e, C, dann a, p, y zeigen die Winkel an, welche die Wurzelstiicke mit der Horizontalen machen ; diese Winkel sind natttr- lich um so kleiner, je grosser die geotropischen Grenzw inkel der betreffen- den Wurzelstiicke sind. Die schwa rz gehaltcnen Theile beider Wurzeln sind nach der ersten Umkehrung gewachsen, die bloss conlourirten Theile vor der ersten und nach der zweiten Umkehrung gebildet. Die Krummun- gcn bei v und X sind nach der ersten Umkehrung, die Krtimmungen [x und p nach der zweiten Umkehrung cntstanden. Man sieht an der Figur sehr deutlich, wie nach jeder Umkehrung die Nebenwurzeln mit der horizon- talen einen kleineren Winkel bilden, wie zumal der Winkel £ viel kleiner als 5, der Winkel y kleiner als a ist und dass dem entsprechend die Grenzwinkel der entsprechenden Wurzelstttcke grosser sind. Ueher die Ueber das Wachsthum der Haupt- und. Nebenwurzeln. 629 Ursache dieser Veranderung des Grenzwinkels bei wiederholter Umkehrung weiss ich gegenwartig keine Auskunft zu geben ; man kann die Erschei- Fig. 34. > \ c Nebenwurzeln aus einem Knollentrieb von Solanum tuberosum. nung vielleicht auch so auffassen, dass durch jede vorausgegangene geotro- pische Kriimmung die Krummungsfahigkeit einer Wurzel vermindert wird. Auch hier wie bei verschiedenen anderen Erscheinungen an Nebenwurzeln kam es mir zunachst mehr darauf an, das thatsachlich Beobachtete im Zu- sammenhang hervorzuheben , um so die Eigenthiimlichkeiten der Neben- wurzeln in einem Gesammtbild hervortreten zu lassen. Es wird Aufgabe noch weiterer und zum Theil sehr zeitraubender Untersuchungen sein, die hier noch unerledigt gelassenen Fragen vollstandig zu beantworten. 3. Nebenwurzeln der zweiten Ordnung. §. 45. Als Nebenwurzeln zweiter Ordnung bezeichne ich alle die- jenigen Wurzeln, welche aus Nebenwurzeln der ersten Ordnung entsprin- gen. Ein genaues Studium ihrer Wachsthumserscheinungen ist mit noch viel grosseren Schwierigkeiten verbunden, als bei den Nebenwurzeln der ersten Ordnung, da die Pflanzen in diesem Fall noch langer cultivirt wer- den miissen und die Nebenwurzeln der zweiten Ordnung sehr dttnn sind, oft kaum 0,1 — 0,2 Mill, Dicke erreichen und dabei gewohnlich ein be- 630 J. Sachs. grenztes Wachsthum zeigen, indem sie meist aufhbren sich zu verlangern, wenn sie eiwa 2 — 3 Ctm. lang geworden sind. Fur eine genauere Beob- achtung der Nebenwurzeln zweiter Ordnung ist ubrigens unsere bisherige Hauptversuehspflanze, die Vicia Faba , hbchst ungeeignet, da sie erst in hoherem Alter, wenn bereits die ersten Bliithen sich offhen, solche Wur- zeln bildet; und zudem sind dieselben sehr wenig zahlreich, nur ab und zu bildet die eine oder andere Nebenwurzel hie und da einige Tochter- wurzeln. Vicl zweckmiissiger ist in dieser Beziehung schon Phaseolus mul- liflorus, welche schon wahrend der Keimungsperiode Nebenwurzeln zweiter Ordnung erzeugt (Fig. 35 nn). Ein gunstiges Beobachtungsmaterial ist auch die Kartofl'el , deren aus Knollentrieben entwickelte Nebenwurzeln erster Ordnung eine sehr grosse Zahl von solchen zweiter Ordnung erzeugen, die noch dazu eine ziemlich betriichtliche Lange erreichen. Die aus den llalmknoten von Phragmites entspringenden Nebenwurzeln erzeugen zwar sehr zahlreiche, aber sehr diinne und ziemlich kurz bleibende Neben- wurzeln der zweiten Ordnung. Unter den von mir beobachteten Pflan- zen ist insofern Cucurbita Pepo die giinstigste, als ihre Nebenwurzeln der zweiten Ordnung nicht nur fruhzeitig schon wahrend der Keimung, wenn die Cotyledonen ungcfahr ihre halbe definitive Lange erreicht haben, zum Vor- schein kommen, sondern auch in sehr grosser Zahl an jeder einzelnen Mutterwurzcl, an welcher sie in vier kreuzweis gestellten Beihen hervortreten. Messungen iiber die Vertheilung des Langenwachsthums und iiber die Curve der Partialzuwachse an diesen diinnen Wurzeln zu machen , habe ich der praktischen Schwierigkeiten wegen und bei den voraussichtlich allzu grossen Irrthtimern, denen man da ausgesetzt ist, nicht vorgenommen. Das Wichtigste, was ich von den Nebenwurzeln zweiter Ordnung der genannten Pflanzen mitzutheilen habe, ist die Thatsache, dass es mir niemals gelungen ist, an denselben irgend eine geotropische Kriimmung wahrzu- nehmen ; sie wachsen aus ihren Mutterwurzeln meist rechtwinklig hervor und verlangern sich geradcaus, sei es senkrecht aufwarts, abwarts, hori- zontal oder in irgend einer schiefen Bichtung gegen die Verticale ; in dieser Beziehung verhalten sie sich in lockerer Erde ganz ebenso, wie wenn das Wurzclsystem von Wasser umgeben ist. Doch verlaufen die Nebenwurzeln der zweiten Ordnung wahrschein- lich in Folge Hirer sehr geringen Dicke und Steifheit in noch hoherem Grade ;ils die der ersten Ordnung in gcschlangelten Linien , wenn sie sich im Boden entwickeln, im Wasser dagegen wachsen sie geradeaus. Auch wenn man den Krdkasten, in welchem die Nebenwurzeln von Cucurbita, Pha- s eoluS, Solanum tuberosum sich entwickeln, urn 90 oder 180° umdreht, toemerkt man keinerlei Veranderung in ihren Bichtungsverhaltnissen , aus welcher man auf eine geotropische Wirkung an ihnen schlicssen konnle. Es scheint daher, dass die Nebenwurzeln der zweiten Ordnung wirklieli nicht oder mir in unmerklichein Grade geotropisch sind; dass darati jedoch nicht die Steifheit ihrer Wurzelhaube und die Kiiize ilirer wachsenden Be- / Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 631 gion schuld ist , wie Hofmeister (Berichte der kgl. sachs. Gesellschaft I860 p. 202) annimmt, wird, wie ich glaube, hinreichend durch das bei Fig. 27 in §. 41 tiber die Nebenwurzeln erster Ordnung Gesagte dargethan. Fig. 35. Phaseolus multiflorus in feuchter Erde hinter Glaswand; h Hauptwurzel, n Neben- wurzeln der ersten, nn solche der zweiten Ordnung. Die rauhe Horizontallinie bedeutet die Erdoberflache. Das Fehlen des Geotropismus dieser Nebenwurzeln zweiter Ordnung hangt wahrscheinlich da von ab, dass der Geotropismus Hirer Mutterwurzeln, niimlich der Nebenwurzeln erster Ordnung, schon schwach ist; diese An- nahme stiitzt sich auf die Beobachtung, dass, wenn die Nebenwurzeln erster Ordnung selbst stark geotropisch sind, ihre Nebenwurzeln zweiter Ordnung noch schwachen Geotropismus zeigen. So fand ich es bei Zea Mais; nimmt man kraftige Pflanzen vor der Bliithe aus der Erde, schneidet sammtliche Wurzeln ab , mit Scbonung der oberen aus den Stammknoten austretenden und setzt diesen Theil in Erde (hinter Glaswand) , so wach- sen die Knotenwurzeln sehr rasch und unter sehr spitzem Grenz- w ink el abwarts; auch die aus ihnen entspringenden Nebenwurzeln zwei- ter Ordnung sind sammtlich schief abwarts gerichtet; kehrt man nun den Kasten um, so bemerkt man an den letzteren sehr deutliche geotropische Kriimmungen, ahnlich wie sonst an Nebenwurzeln erster Ordnung. Beachlet man die merkwurdige Abstufung der geotropischen Fahigkeit bei den Wurzeln verschiedenen Grades eines Wurzelsystems, so bemerkt man leicht, dass hier eine sehr zweckmassige oder dem Pflanzenleben niitz- liche Einrichtung vorliegt: waren die Nebenwurzeln der ersten und zweiten Ordnung mit demselben Geotropismus versehen wie die Hauptwurzel , so wiirden natiirlich sammtliche Wurzeln, die sich aus einer Hauptwurzel oder 632 J. Sachs. aus einer die Hauptwurzel vertretenden Nebenwurzel entwickeln, dicbt nebeneinander wie in ein Biindel zusammengedrangt a b warts wachsen, sich gegenseitig stdren und die Nahrungsstotfe des Bodens, besonders aber die Feuchtigkeit desselben, hbchst unvollkommen ausnutzen. Ganz anders dagegen gesialtet sich das Bild eines Wurzelsystems in Folge der verschiede- nen geotropischen Befahigung der auseinander hervorwachsenden Wurzeln : die Hauptwurzel , mit kraftigem Geotropismus begabt, dringt senkrecht in die Tiefe, die aus ihr hervorkommenden Nebenwurzeln erster Ordnung entspringen in verschiedenen Tiefen des Bodens und konnen schief abwarts- wachsend die verschiedenen iibereinander liegenden Schichten desselben ausnutzen ; durch sie wird zugleich der horizontale Umfang des ganzen Wurzelsystems bestimmt; auch sie dringen zwar vermbge ihres Geotropis- mus und in einer durch den Grenzwinkel bestimmten Richtung nach und nach in die Tiefe des Bodens, aber ihre fortwachsenden Spitzen entfernen sich dabei mehr und mehr von der Hauptwurzel und den Nebenwurzeln der anderen Orthostichen ; auch entfernen sich die fortwachsenden Spitzen der Nebenwurzeln einer Orthostiche urn so mehr von einander, je langer sie werden, weil, wie wir oben gesehen haben, die obersten Nebenwurzeln beinahe oder wirklich horizontal wachsen, wahrend die anderen um so steiler abwarts gerichtet sind, je tiefer unten an der Hauptwurzel sie ent- stehen. Indem so die Nebenwurzeln erster Ordnung von der Hauptwurzel aus in verschiedenen Tiefen den Boden nach drei, vier, fiinf oder mehr Richtungen hin durchstrahlen, bleiben zwischen ihnen noch immer be- trachtliche Raume ubrig, in welchen Wasser und Nahrstoff aufzusammeln ist; diese Raume nun werden von den Nebenwurzeln der zweiten Ord- nung durchwachsen und es ist sehr ntitzlich, dass diese keine Neigung haben abwarts zu wachsen, sondern nach rechts und links, nach oben und unten die Erde durchsetzen , denn auf diese Weise werden die zwi- schen den Nebenwurzeln erster Ordnung liegenden Raume am besten nach alien Richtungen hin von Wurzeln durchzogen. So wird es dem Wurzel- system mbglich, den von ihm occupirten Bodenraum in merkwurdig voll- standiger Weise auszunutzen, was in um so hbherem Grade geschieht, als die Ausnutzung von der Hauptwurzel beginnend nach und nach in centri- fugaler Richtung fortschreitet , und so immer neue und weiter entferntere Bodenraume der Pflanze tributar gemacht werden. §. 46. Hervortreten der Wurzeln iiber die Erdoberflach e. Im zweiten Heft dieser »Arbeiten« p. 221 habe ich auf die Thatsache hin- izcwiesen, dass, wenn man Pflanzen in Blumentbpfen cultivirt, deren Erde bestandig feucht gehalten wird, zumal dann , wenn in geschlossenen Raumen die Knloberlliiche vor dem Austrocknen geschtitzt ist, dass dann zahlreiohe Wurzeln aus der Erdoberflache hervortreten und dabei eigen- bthllmliohe KrUmmungen auf- und abwarts zeigen. Damals musste icli mich geniigen , die Thatsache als solche milzulheilen ; soil ich aber die in der Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. 633 hier vorliegenden Abhandlung beschriebenen Eigenschaften der Neben- wurzeln kennen gelernt habe, ist es moglich, jene Erscheinungen richtig zu deuten. Die iiber die Erdoberflache hervortretenden Wurzeln sind, wie Fig. 35 zeigt, zura Theil Nebenwurzeln erster, meist aber solche zweiter Ordnung. Von den Nebenwurzeln erster Ordnung sind es die oberhalb der Wurzel- basis aus dem hypocotylen Glied entspringenden, welche vermbge ihrer Hyponastie und bei ihrem sehr geringen Geotropismus schief aufwarts wachsen und so endlich unter sehr spitzem Winkel iiber die horizon- tale Erdoberflache hervortreten. Die zahlreichen Nebenwurzeln zwei- ter Ordnung aber, welche auf der Oberseite derartiger Wurzeln, sowie solcher Nebenwurzeln erster Ordnung entspringen, welche horizontal oder fast horizontal wachsen, streben, da sie iiberhaupt nicht geotropisch sind und einfach geradeaus wachsen, aufwarts (senkrecht oder schief) und kommen so endlich aus der Erde heraus an die Luft, wie aus Fig. 35 ebenfalls leicht ersichtlich ist. — Dass diess bei der gewbhnlichen Cultur, wo die Blumentopfe am Fenster eines Zimmers oder im Freien stehen, nicht bemerkt wird , geschieht offenbar aus dem Grunde , weil in diesen Fallen die obere Erdschicht bald nach dem Begiessen stark austrocknet, und weil die iiber der Erdoberflache befindliche Luft zu trocken ist. Bei- des bewirkt. dass die an die Erdoberflache kommenden meist sehr diinnen Wurzelspitzen vertrocknen und nicht weiter wachsen ; ist dagegen die obere Erdschicht bestiindig feucht, und die daruber lagernde Luft nicht allzu trocken, so w 7 achsen die betreffenden Wurzelspitzen nicht nur bis an die Erdoberflache, sondern sie verlangern sich auch noch oberhalb derselben. Dabei verandern sie jedoch bald ihre aufwarts gehende Bichtung ; in Folge des im II. Heft p. 209 ff. beschriebenen Einflusses feuchter Flachen (hier der Erdoberflache) auf in Luft wachsende Wurzeln, krummen sich diese nun schief abwarts, der Erdoberflache zu , bis sie diese beriihren , wobei die fortwachsende Spitze unter meist sehr spitzem Winkel die Erde trifft. In diesem Fall kann nun zweierlei stattfinden : entweder die Wurzel wachst der Erdoberflache angeschmiegt horizontal weiter oder sie erhebt sich wie- der schief aufwarts, um dasselbe Spiel zu wiederholen und aul- und ab- warts geschlangelt iiber die Erde hinzulaufen (Fig. 35). Ersteres mag in Folge des Reizes geschehen, den die Beriihrung eines festen Kdrpers auf die wachsenden Wurzeln iibt, wie ich in §. 23 gezeigt habe; dieser Ur- sache ist es auch zuzuschreiben, wenn derartige aus der Erde herauf- tauchende Wurzeln am Rande des Topfes diesem dicht angeschmiegt empor, dann auf der Aussenseite wieder abwarts wachsen, wie es zumal bei den Aroideen haufig zu sehen ist. Das Auf- und Abschlangeln anderer Wur- zeln auf der Erdoberflache dagegen ist offenbar dieselbe Erscheinung, die ich im §. 'M beschrieben habe: die unter spitzem Winkel auf die Erd- oberflache sich herabneigenden Wurzelspitzen sind in der Luft erschlafft (gewelkt) und indem ihre Unterseite die feuchte Erdoberflache beriihrt, 634 J. Sachs. Ueber das Waohsthum der Haupt- und Xebenwurzeln. turgescirt sie starker, die Spitze krUmmt sich aufwiirts, wie wenn eine erschlaffte Wurzel horizontal auf Wasser gelegt wird ; indem sie nun schief aufwiirts weiter wachst, kriimmt sie sich wieder schief abwiirts, in Folge der Fernewirkung der feuchten Erdoberflache, bis eine neue Beriihrung mit dieser und in Folge dessen eine neue Aufwartskriimmung erfolgt. Welche von diesen , die Richtung der ausgetretenen Wurzeln bestim- menden Ursachen, namlich Beriihrungsreiz fester Kbrper, Fernewirkung feuchter Oberflachen und einseitige starkere Turgescenz bei Beriihrung feuch- ter Oberfliichen in jedem einzelnen Falle den Ausschlag giebt, lasst sich eben nur aus dem Erfolg errathen ; dass aber die genannten Ursachen die Wachsthumsrichtung von Wurzeln bestimmen , glaube ich zur Geniige nachgewiesen zu haben. 1st die Abwartskriimmung der in die Luft hinaufgewachsenen Wurzeln sehr energisch , trefien sie unter einem nahezu rechten oder doch nicht sehr spitzen Winkel auf die Erdoberflache, so dringen sie in diese ein, weil in diesem Falle eine hinreichende Differenz der Befeuchtung von Ober- und Unterseite bei der Beriihrung mit der Erde nicht zu Stande kornmt (vergl. p. 400). Es bedarf schliesslich kaurn der Erwahnung, dass auch Nebenwurzeln dritter und hoherer Ordnung, wo sie sich bilden (z. B. solche dritter Ord- nung bei dem Kiirbis), aus der Erdoberflache auftauchen kbnnen. Wenn endlich in sehr feuchter Luft Wurzeln oberhalb der Erde aus dem Stengel hervorbrechen, wie Duchartre bei Hortensia , Veronica Lind- leyana beobachtete und auch sonst haufig vorkommt, und wenn diese Wur- zeln dann horizontal oder schwach nach unten gewendet in der Luft fort- wachsen, so mag daran zum Theil Mangel an Geotropismus, in manchen Fallen Aufhebung desselben durch Hyponastie schuld sein und auf alle Falle haben wir da als mitwirkenden Factor dieselbe Erscheinung, welche in der vorliegenden Abhandlung mehrfach erwahnt wurde, dass namlich auch geotropische Wurzeln, wenn sie in Luft johne Benetzung) wachsen, ihren Geotropismus theilweise oder ganz verlieren und von dem Mutter- organ geradeaus wachsen. Ich schiiesse diese Mittheilungen mit dem Hinweis , dass ich meine Untersuchungen uber die Wurzeln noch nicht fUr abgeschlossen erachte. WUrzburg, 13. Juli 1874. Druck von Breitkopf und Hitrtel in Leipzig. \