L I E, RAR.Y OF THL UNIVLRSITY OF ILLINOIS q709.437l G881C / I \ DIE KUNST DES MITTELALTERS IN B O H M E N NAGH DEN BESTEHENDEN DENKMALEN GESGHILDERT VON BERNHARD CRUEBER. ERSTER THEIL. DER EOMANISOHE STYL, BEILAUFIG 1070 - 1230. WIEN, 1871. IN COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN. DRUCK DER K. K. HOF- UND STAATSDRDCKEREI. Digitized by tine Internet Arcliive in 2015 littps://arcliive.org/details/l^unstdesnnittelalOOgrue T 0 R W 0 E T. Die Bedeutung der mittelalterlichen Kunstschule Bohmens, vor allem aber die wissenschaft- liche und kiinstlerische Thatigkeit, welche durch Kaiser Karl IV. hervorgerufen von Prag aus sich iiber das Land verbreitete, haben langst die gebiihrende Anerkennung gefunden. SeitFiorillo durch seine Geschichte der zeichnenden Kiinste die allgemeine Aufmerksam- keit wachsrerufen, haben auswarti^e wie einheimische Forscher sich vielfach mit Untersuchungen der bohmischen Kunstdenkmale beschaftigt und den Entwicklungsgang der Kiinste sicherzustellen versucht. Im Ganzen jedoch sind bisher nur einzelne Monumente in eingehender Weise geschildert worden, eine Ubersicht der kiinstlerischen Verhaltnisse, eine vergleichende Priifung der Stylrich- tungen und wechselseitigen Einwirkungen fehlt ganzlich. In riihmender Wiirdigung der von deut- schen wie bohmischen Kunstforschern gelieferten hierher beziiglichen Arbeiten, unter denen die gediegenen Publicationen der k. k. Central- Commission der Baudenkmale besonders hervor- ragen, so wie dem Sammelfleiss, welcher in der Zeitschrift „Pamatky archeologick6" niedergelegt ist, das warmste Lob zollend, glaubt der Verfasser durch folgende Erklarungen den eingehal- tenen Standpunkt bezeichnen zu diirfen. Bei dem Umstande, dass in Bohmen seit altester Zeit slavische und deutsche Elemente sich beriihrten und vermengten, dass die einzelnen Bezirke, wie es bei einem Lande von mehr als 900 Quadratmeilen nicht anders sein konnte, sich unter sehr verschiedenen Bedingungen entwi- ^ckelten und die mannigfaltigsten Einfliisse erkennen lassen, dass endlich in jener Periode, welche zunachst besprochen werden soil, eigentlich nur eine einzige machtige Stadt, namlich Prag, vor- handen war, konnte durch Hervorheben und Illustriren einzelner Kunstwerke unmoglich ein ^ tjp.Verstandniss gewonnen werden. Fand ja doch Lubke bei Herausgabe der westphalischen Denk- -\ male fur nothwendig, die Mehrzahl derselben aufzunehmen und seinem Werke einzuverleiben, jDbgleich das Herzogthum Westphalen nur 55 Quadratmeilen enthalt und eine sehr gleichmassige SKunstentfaltung zeigt. Der Nutzen dieses Verfahrens wurde alsobald anerkannt, Lubke's Uuterneh- ^men fand einstimmigen Beifall und wurde bei mehreren nachfolgenden Werken zu Grunde gelegt. IV Vor etwa zwanzi- Jahren aufgefordert, eine Ubersicht der Denkmale Bohmens zu bearbeiten, erkannte ich alsobaldf dass ein solches Unternehmen auf eine moglichst reicbhaltige Sammlung von Abbilduncen gegriindet sein miisse und nur auf diesem Wege die nothwendige Objectivitat erzielt werden\onne. Ein giltiges Urtheil sollte sicb durch den Augenschein ergeben: von dieser Ansicbt geleitet, machte ich nnch an die Arbeit, ohne dnrch die obwaltenden Schwiengkeiten abgeschreckt zu werden. Mit der Arbeit wuchs die Lust. Ich durchpilgerte Bohmen zu Fusse so zu sagen von Dorf zu Dorf besuchte manches Kunstwerk zehn und zwolfmal, bis ich mich genilgend aufgeklart tuhlte und zog bei diesen Studien alle mir zuganghchen Geschichtsquellen zu Rathe. Die Quellen- werke' an welche ich mich vorzugsweise gehalten, sind die Chroniken des Cosmas und semer Nachfolger die Berichte des Abtes Peter von Konigssaal, der Domherren Franciscus und Benes von Weitmiihle, dann Pelzl's umfassende Biographic des Kaisers Kaisers Karl IV. und die Topo- crraphien von Schaller und Sommer. • Es erlibrict noch die in vorliegendem Unternehmen eingehaltene Anordnung, welche m einigen Punkten^on der in Kunstgeschichten gebrauchlichen abweicht, zu motivn^en. Die Gmnd- la.e des Ganzen wird durch die von mir selbst an Ort und Stelle gemacliten Aufnahmen und die ordichen Schilderungen gebildet, an diese lehnen sich die geschichtlichen Untersuchungen an. Der erste Theil umfasst die Kunst des romanischen Styls, ftihrt die in Gruppen geordneten Werke der Architektur, Bildhauerkunst, Malerei und der sogenannten Kleinkiinste vor und unter- scheidet sich nur von der durch Kugler festgestellten Eintheilungsart durch den Umstand, dass mit dem Jahre 1230 der iibergangs-Styl ohne alle Vorbereitung auftritt und bis 1300 neben der eben so lange beibehaltenen romanischen Bauweise fortbliiht. ^ ,,r^ f Der zweite Theil, den Ubergangs-Styl besprechend, veranschaulicht unter Riickbhcken auf Otakar I (1197-1230) den grossartigen Aufschwung der Baukunst unter den Konigen Wenzel 1. und Otakar IL, dann die Bestrebungen Wenzel II., des letzten der kunstliebenden Fursten aus dem Premysliden-Stamme. Sculptur und Malerei werden in dieser Periode, welche nut dem Jahre 1310 definitiv abschliesst, zienihch unverandert nach hergebrachter romanischer ^V^eise ffeubt Der dritte Theil ist ausschliessHch dem Wirken des Hauses Luxemburg gewidmet, umsi^annt daher, da KBnig Sigismund's unrul.voUe Regierungs.eit nicht in Betracht gezogen werde^n kann den Zeitraum von 1310 bis 1419. Die kunstlerischen Unternehmnngen des Kaisers Karl IV. heten, in den Vordergrnnd; die Erbauung des Prager Domes bildet den Mittelpunkt, welchen s>ch alle ubrigen Werke gruppiren. In alien Gebieten herrscht grosse Thatigkeit; Malere. B.ldhauere. und decorative Kunste werden mit gleieber Vorliebe gepflegt und erreiohen eine b.sher unge- '^""Dttlt'^beil endlich .eigt sicb als b^ltmisebe Sonderbeit. Nacb einer durcb Bn.ger- kriege erfUUten Zwiscbenperiode wurde durch die Bestrebungen der KSnige Georg von Fode- brad und Vladislav 11. urn UBO eine NacbblUthe hervorgerufen , welche b.s etwa U O wahr e und durch die hereinbrechende Reformation unterdruckt wurde. Hiemit hat d.e Kun«t des M.ttel- alters ihr Ende erreicht und wird auch dieses Unternehmen abgescblossen. , . , Baudenkniale, deren Ausiahrung sich durcb verschiedene Perioden hin.ie t, wnrde. m der Kegel dort eingereiht, wohin sie nacb der ursprunglicben Anlage geb»ren; von d.eser Ano.dnung V wurde nur in solchen Fallen abgegangen, wenn bei verschwommener Anlage der grossere und ausgepragtere Theil des Gebaudes einer jiingeren Zeit entstammt. Tbeils urn feste Grenzlinien fiir das obnehin ausgedebnte Werk einzuhalten, tbeils urn die vorgezeicbnete Objectivitat zu wahren und das Gebiet der Vermutbungen moglicbst zu beschranken, wurde festgestellt, dass nur Werke der monumentalen Kunst (namlicb der Arcbitektur und der mit Bauwerken verbun- denen Maler- und Bildhauerkunst, als Wandgemalde, musiviscbe Arbeiten, Statuen und iiberbaupt solche Gebilde, deren einbeimischer Ursprung scbon durch den Bestand dargelegt wird) in den Bereich dieser Untersuchungen einbezogen werden soUen. Ausnabmen werden nur bei solcben Gegenstanden gemacbt werden, welcbe in unmittelbarer Beziebung zu der Landesgescbicbte stehen. Sehr wichtige Bauwerke wurden vollstandig detaillirt, was namentlicb bei der St. Georgs- kircbe und dem Dome in Prag, der Pfarrkirche in Koufim, den kleinen Kircben zu Potvorov und Podvinec notbwendig befunden wurde ; bei den meisten Denkmalen baben wir uns jedocb nur auf eine in grossen Ziigen gegebenen Beschreibung bescbrankt, aber fast nie die Maasse weggelassen. Wir glaubten damit uns begniigen zu konnen, und iiberlassen es weiterer Forschung die einzel- nen Denkmale monograpbiscb zu bearbeiten. Dass bei einem Sammelwerke von vorwaltend cul- turgeschichtlicher Ricbtung einige Wiederbolungen nicbt zu vermeiden waren, dass manchmal unbedeutend scheinende Werke eingeflochten werden mussten, um die Ubersicht des Ganzen zu ermoglicben und verwandte Bildungen nacbzuweisen, wird bei Priifung des Sacbverbaltes wohl gebilligt werden. Hilft ja nicbt selten ein einziges Gesimse oder Ornament die Entstebungszeit eines Denkmals festzustellen; wie es sich oft darum bandelt, ob gewisse cbarakteristiscbe Merk- male in dieser oder jener Gegend vorkommen. Mancbes wird dem aufmerksamen Gescbicht- und Kunstfreund volHg neu erscbeinen; so die Menge kleiner romaniscber Gebaude in der Mitte Bobmens, die einfacb grossartigen und docb wecbselvollen Scbopfungen des Konigs Otakar II., die vielseitige Thatigkeit Kaiser Karl's IV. und die eig-entblimlicben Leistungen der letzten Gotbiker. Rasches Aufbliiben und eben so schnelle Ruckschritte machen sicb wiederbolt bemerkbar: der vielversprechende Aafscbwung unter Konig Vladislav I., die Unruben, welcbe nacb seinem Tode eintraten, ferner der lang- jahrige Kircbenstreit Konig' Otakar's 1. lassen sicb in den Kunstgebilden der romanischen Periode deutlicb nacbweisen. Wir wollen nur aufmerksam machen, dass im I. Bande dieses Werkes einer eingebenden Wiirdigung unterzogen werden: der schwarze Thurm zu Eger, die S. Peter- und Paulskirche auf dem Vysehrad, die St. Georgskircbe zu Prag, die Stiftskircben zu Miiblhausen und Tepl, die Kircben zu Tismic und Prosek, die Strabover Stiftskirche zu Prag, die CoUegiatkircbe zu Altbunzlau, die Decanalkircbe zu Eger, die Stiftskircben zu Ossegg, Kladrau und Sazava, die Decanalkircbe zu Becbyn, die Pfarrkirche zu KondraC, Porie , Hrusic, Jakobsdorf , Jir6an, Planian und Smichov, die Friedliofcapellen zu Altbunzlau, Schlakenwerth und Nudvojovic, die Pfarrkirche zu Key, Potvorov, Rudig, Liebbausen , Mobelnic, die Burgcapelle zu Eger, die Kirche zu Z4bof, Miiblhausen, Holubec, Weiskirchen, Bobnic, Kovary, die vielen Rundcapel- len zu Georgsberg, Prag, Schelkowitz etc., die Capellen zu Podvinec, Liboun, Brevnov, die Burgen zu Eger, Klingenberg, Strakonic etc. ferner die Sculpturen an der St. Georgskircbe in Prag, an der Kirche in Jakobsdorf, Zabor, Hrusic, Podvinec, Mobelnic, Eger, Arnau, Rudig, VI Skalic nnd Kalovic; endlich eine Reihe von Fresken (S. Georgskirche zu Prag, Dominicanerkirche zu Budweis, Decanalkirche zu Selean, Schlosscapelle zu Klingenberg-), von Miniatur-Malereien (Universitats-Bibliothek und Bibliothek und National-Museum, ferner jene des Fursten Lobkovitz zu Prag, Stiftsbibliothek zu Hohenfurtli) und von decorativen Kiinsten (Reliquiare und Antipen- dium in der Jodocskirche zu Eger, Biichereinbande aus der k. k. Bibliothek zu Prag) ete. So iibergeben wir denn dieses Werk der Oifentliclikeit und begleiten es mit dem Wunsclie, dass es unserem Streben, die Entwicklung und Bedeutung der Kunst walirend des Mittelalters in Bohmen in die weitesten Kreise bekannt zu maclien, bestens entsprechen moge. Die allgemeinen Landesverhaltnisse in Bezug auf Guitur- und Kunstgeschichte. Bolimen ist ein abgerundetes wnd nach alien Seiten !)in (lurch Gebirge abgeschlossenes Laud, desseii Gren- /en, well von der Natuv vorge/.eicbnet, seit altester Zeit nur geringe Anderuni^en erfahren haben. Der Siiden imd Westen wird durch den Bohmerwald, die nord- westliche Ecke durch das Fichtelgebirge, der Norden durch das Erz- und Riesengebirge und die Ostseite durch die Auslaufer der Sudeten und den mahrischen Hohenzug eingerahnit. Das zwischenliegende Land, obgleich als Hochplateau bezeichnet, bildet keineEbene, soudern wird von verschiedenen Bergreihen durch- zogen, von denen das im Berlihrungswinkel des Erz- und Lausitzer Gebirges sich erhebende, aus vielen Kuppen bestehende Mittelgebirge das bedeutendste ist. Das ganze Land gehort beinahe ausschliesslich dem vereiuigten Stromgebiete der Moldau und Elbe an; letzterer Fluss entspringt im Rieseugebirge jenseits der novdostlichen Landesgrenze, der andere ini entgegen- gesetzten Siidwesten. Beide Fliisse nebmen iliren Lauf anfanglich in sUdlicher Richtung, bis die Elbe bei Par- dubic, die Moldau bei Hohenfurt gegen Norden umlen- ken und diesen Lauf beibehaltend sich so zienilich in der Mitte des Landes treffen. Die sammtlichen Hauptgebirge bestehen aus Gneiss und Granit, und es nimmt dieses Terrain nahezu die Halfte dergesammten Bodenflache ein, welcherUmstaiid auf die Ausbilduug der architektonischen Formen einen henimenden Einfluss ilbte. Das niiitlere Tafelland gehort zum grossenTheile dei;_Kreide-Formation an, ist iiusserst fruchtbar und besitzt Ubertluss an treffhchen Bau-Mate- rialien. Die iiber die Grenzgebirge fithrenden Passe waren schon im hohen Alterthume bekannt, doch schei- nen diese Gebirge mit ihren undurchdringlichen Wal- dungen nieht alleiu die friihzeitige Wohnbarmachung des Landes verhindert, sondern auch die Fortschritte der Cultur lange aufgehalten zu haben. Die Bojen oder Bojer, welche als die ersten ge- schichtlich nachweisbaren Einwohner Bohmens genanut werden und die dem Lande den Namen verliehen haben, waren ein Zweig jener grossen Volker-Familie, die sich zwischen dem IV. und V. Jahrhundert v. Ch. iiber das siidostliche Deutschland ausgebreitet und auch Bohmen in Besitz genommen hatte. Ob der Mehrheit nach keltischen oder germanischen Ursprunges, mag hier unerortert bleiben; schwerlich waren die Bojer ein einheitliches Volk, sondern bestanden aus verschie- denen Stammen, nacbdem sie vor der Ankuuft in Bohmen schon mehrmals die Wohnsitze gewechselt batten k Die Nachrichten iiber die bojische Niederlassung sind iiusserst diirftig und nebelhaft; das Volk soli eine Stadt „Bubienum oder Bojodunum" gegriindet, Ackerbau ge- trieben und auch die Bearbeitung der Metalle gekannt haben. Ein Denkmul kiinstlerischer Thiitigkeit jedoch, das den Bojern mit Sicherheit zugeschrieben werden konnte, haben sie nicht hintei lasseu. Kurz vor Beginn unserer Zeitrechnung drangen die Markomannen aus den Maingegenden nach Bohmen vor und uOthigten die Bojer zum Abzuge, wobei die Zuriickbleibenden unter den neuen Bewohnern auf- gingen. Diese, die Markomannen oder Markmanner, waren ebenfalls keine eigentliche Nation, sondern eine Verbriiderung mehrerer Volkerschaften, bei welchen die germanischen Sueven das Ubergewicht batten. Ungleich zahlreicher als die Bojer breiteten sich die Markomannen iiber Bohmen und Mtihren aus, und ver- einigteu sich unter ihrem Konige Marbod zu einem achtunggebietenden Reiche , als dessen Hauptstadt Morobudum (Marbodstadt) genannt wird. In ununterbro- cheue Kampfe bald mit den Roniern, bald mit den nach- barlichen Cheruskern verwickelt, konnteu die nur dem Kriege und der Jagd lebenden Markomiinner keinen wesentlich hobern Culturgrad erringen, als schon die Bojer inne batten. Doch sollen sie neben Marobudum noch mehrere Orte angelegt haben, was durch die vielen Reste von Wallburgen, welche sich iiber Bohmen hin- ziehen, bestatigt wird. Nacbdem die Markomannen ihr Gebiet bis iiber die Donau ausgedehnt und wiederholte Einfalle in die romischen Provinzen versucht batten, entstand unter Kaiser Marc Aurel der fiinfzehnjalirige Markomannen-Krieg(166— 180),in Folge dessen sie mit grosster Miihe wieder in ihre alten Grenzen zuriick- gewiesen wurden. Von Aurelian um 270 noch einmal iiesiegt, schlossen sich alle die Volkerschaften, welche man unter dem Namen Markomannen zusammenfasst, freivvillig oder gezwungen dem Zuge Attila's an, und ihr Name verscbwindet aus der Geschichte. Beide Volker, sowohl die Bojer wie die Markmanner batten das grosse Kreide-Terrain, das sich liings der untern 1 Uber die Abstammuiig der Bojer sind unendlich viele Untersuchungen angestellt worden, da nicht allein das Bohmerland sondern auch Bayern, das alte Bojuvarien, von diesem Volke den Namen erhalten , hahen. So weit die Ansichten immer auseinandergehen , hat man allmalig doch zwei Punkte als sichergestellt anerl^annt; namlich einerseits die im V. Jahrh. v. Ch. erfolgte Einwanderung gallischer Stiimme nach dem siidostlichen Deutschland und ander- seits das Vorwalten germanischer Elemente bei dieser Colonisirung, da iiberall. ■wo die alten Bojer sich niedergelassen haben, heute noch der bayerische Dia- lekt gesprochen wird. 1 Elbe und des Egerflusses ausbreitet, als Mittelpunkt ihrer Niederlassungen auserselien; iu der Stadt Saatz wird das alte Bubienum, welches spater in Marobndum uiBgewandelt worden sein soil, vermuthet •, von bier aus evstrecken sich die alten Wallburgen gegen Siiden und Osten in systematiscbem Zusammenhange. Der Norden und Westen Bohmens war fruher bekannt und bewohnt, als die Slidspitze und die ostliche Hiilfte; dieses ergibt sich nicht allein aus dern Um- staude, dass bei weitem die meisten Wallburgen der Westseite angehoren , sondern wird auch dadurch bestatigt, dass die Fllisse Moldau und Elbe nach ihrer Vereinigung den letzteren Namen erhielten, obgleich die Moldau der bedeutendere Strom ist. Es war den Romern, welche dem Flusse den Namen Albis gaben, offenbar der Lauf der Elbe bekannt geworden, wahrend sie von der durch iinstere Walder und Schluchten sich hin- ziehenden Moldau keine Kenntniss batten. Bei regem Verkehr mit den Romern gelangten die Markmanner in Besitz sehr vieler Metallwaffen und Schmucksachen, welche in der Bojer-Periode zu den grossten Seltenheiten gehorten. Funde von Bronze- bbjecten mit romischem Geprage deuten in der Regel, iedoch nicht immer, die Zeit der Markomannen-Herr- schaft an. Dass die Markomannen im Verlaufe der Volker- wanderung sammt und senders das Land verlassen haben, stellt sich bei naherer Untersuchung als unmog- lich dar: doch war Bohmeu auf alle Falle sehr schwach bevolkert, als sich gegen Ende des V. oder zu Anfang des VI. Jahrbunderts slavische Volkerschaften aus Nord- osten her vorschoben und die Reste der zuriickgeblie- benen ^'ermanischen Einwohner aus den Ebenen, wo sie bisher sesshaft geweseu, in die Grenzgebirge hinauf- drangten. Erst durch diese Vorgange erhielten die Gebirgslande eine ausgiebige Bevolkerung und daher kommt es, dass sich die deutsche Sprache ringsum an den Grenzen erhalten hat. Schwerlich durfte es ini Siune der slavischen Einwanderer gelegen habeu, in diesem Lande eine dauernde Ansiedlung zu griinden, vielmehr ist glaublich, dass sie, dem Zuge ihrer Vor- ganger folgend, sich durchgewalzt hiitten und dem Siiden zugestromt sein wiirden, wenu nicht die feste Gestaltuug des Frankeureiches der Volkerbeweguug einen Damm entgegengestellt und die unruhigen Massen allmalig zum Stehen gebracht hatte. Durch dieses Er- eigniss wurden die Elbeslaven in ihrer Bewegung aufgehalten und mussten sich, nachdem sie bereits das^Fichtelgebirge und den Bohmerwald iiberschritten batten, zur bleibenden Niederlassung bequemen. Das spatere Hereinbrechen der Magyareu nach Europa, die im IX. Jahrhundert Uugarn eroberten , trennte die . in Bohmen eingewanderten slavischen Volker^ welche sich nach einem sagenhaften Stammvater Cech die Ceehen nannten, von den nachriickenden verwandten Siidslaven, welche hierauf die Laudstriche zwischen der unteren Donau und dem mittlandischen Merere In Bezug auf Religion und Lebensverhaltnisse scheinen die heidnischen, in Bohmen eingewanderten Slaven mit den ubrigen aus Osten herubergezogenen Volkern auf glcicher Stufe gestanden zu habeu; sie lebtcn anfiiDglich nomadisirend grijsstentheils von Vieh- zucht, ihre Speisen waren einfach und grob zubereitet, und die Waffen bestanden nur aus Wurfspiessen, Bogen und Pfeilen. Der Ackerbau wurde bald nach erfolgter fester Niederlassung getibt, wahrscheinlich nur in be- schrankter Weise, da der regelmassige Betrieb einer bedeutend spateren Periode angehort. Die Wohnungen der alten Slaven werden als schlecht und einzelnste- hend geschildert , auch wiihlten sie abgelegene mit natiirlichen Hindernissen versehene Gegenden zu ihren Niederlassungen. Wie die Germanen erbauten sie keine Tempel, sondern verehrten ihre Gottheiten in Waldern oder auf freiem Felde, auf Bergspitzen und an Quellen. Stadte haben sie nicht angelegt, jedoch werden spater Hochburgen genannt, die als geheiligt galten und wo Volksversammlungen abgehalten wurden. Die Leichen hat man sowohl beerdigt als verbrannt, iiber den Grabern wurden entweder Hllgel aufgeworfen oder Steinkreise errichtet, gerade so wie es bei den Deut- schen und schon bei den Kelten iiblieh gewesen. Wenn Macaulay in der Einleituiig seiner Ge- schichte Englands die sehr zu beherzigenden Worte sagt, dass die geschichtliche Finsterniss erst mit Be- kehrung der Sachsen zum Christenthum sehwinde, dass Hengist und Horsa, Vortegern und Rovenna mythische Personen seien , deren nicht erweisbare Existenz in gleiche Reihe mit jener des Hercules und Romulus gestellt werden miisse' kann man diesen Ausspruch auch auf die vorchristliche Zeit Bohmens anwenden. Die Cultur-Geschichte des Landes beginnt mit Verbrei- tung der christlichen Religion, was vor dieser Zeit liegt, gehort grosstentheils der Sage an. Eine Besprechung der aus der Heidenzeit herriih- renden Denkmale, Graber, Steinringe und Wallburgen liegt ausserhalb der fiirunser kunstgeschichtliches Unter- nehmen gezogenen Grenzen: daher sei nur die Bemer- kung eingeschaltet, dass ahnliche Werke in den meisten Landern nachgewiesen , aber noch keine Kennzeichen entdeckt worden sind, um einen einzelnen Fund diesem oder jenem Volke mit Sicherheit zuzuschreiben. Nament- lich gilt dieses von den in Bohmen befindhchen Wall- anlagen, welche auf unbestimmte Nachrichten bin erst den Avaren, dann den Slaven zugeschrieben wurden, AVfihrend sich immer mehr herausstellt, dass sie einem geschlossenen Befestigungssystem angehorten, welches sich vomElsass durch Mitteldeutschland bis an die pol- nische Grenze hinzog a. Den Mittelpunkt Bohmens bildete schon in sehr friiher Zeit Prag, dessen Aulage mit Recht den Slaven zugeschrieben wird. Die Ansiedlung erfolgte allmahg unter dem Schutze zweier Burgen , des Vysehrad (Hochburg) uud des Hradschin (befestigter Platz), die an den gegenseitigen Ufern des Moldauflusses liegend, diesen und die Gegend weithin beherrschten. Die Lage ist so einladend, dass sie eine grossere Niederlassung hervorrufen musste; es war unausbleiblich, dass die Herrscher bier ihren Wohnsitz aufschlugen. Einer alten Sage nach, welche auch von Cosmas, dem altesten Ge- schichtschreiber Bohmens, mitgetheilt wird, soil Libusa, Tochter des Fursten Krok, urns Jahr 720 die Prager Hochburg gegriindet haben. Zur Stadt jedoch erhob sich Prag erst in viel spaterer Zeit, als die Christianisirung langst voUzogen war. - Als hochst belehrend Uber diesen Gegenstand ist eine kiirzlich erschie- ueno Sctirift: „Die alten Heideiischanzen" von Oskar S c h u s t e r , Dresden 186H , zu enipfehlen , welche mit giosser Sachkundc die in Sachsen zwischen der Saaie und Oder vorhandenen Umwallungen behaudelt. — 3 — Zn den Vortheilen der Lage Prags gehort auch, dass die nachste Umgebung einen unermesslichen Reichthum der besten Bau-Materialien besitzt, namlich sehr bildsamen und leicht zu bearbeitenden Mergelstein, Quadersandstein, Quarzite, Schiefergesteine, Marmor, Kohlensandstein, dabei Thon, Kalk und Sand in Menge. Die Walder reichten noch im zwolften Jahrhundert bis in die unniittelbare Nahe der beiden Burgen, ausserdem bot der Fluss Gelegenheit zur Herbeischaffung des Bau- holzes. Bei solch giinstigen Verhaltnissen konnte nicht fehlen, dass Prag, nachdem man die Knnst des Stein- baues erlernt hatte, sich zuni Mittelpunkt einer bedeu- tenden Bauthatigkeit gestaltete, und hier wie in der nachsten Umgebung bereits steinerne Gebiiude aufge- fiihrt wurden, wilhrend in einiger Entfevnung der Holz- bau vorheri'schend biieb. Desshalb trifft man in der Nahe Prags die meisten romanischen Steinkirchen; je weiter von hier entfernt, um so seltener erscheinen alte steinerne Bauwerke. Nur das Egerthal macht von dieser Eegel eine Ausnahme, indem von der Stadt Eger aus durch den Einfluss der Hohenstaufen-Kaiser die frankische Bauweise sich entlang des Flusses aus- breitete. Altere, nicht wohl chronologisch zu bestimmende Substructionen und Maueneste tritft man zwar an ver- schiedenen Orten, eine planmassig wenn auch roh durch- gefiihrte Anlage lasst sich jedoch erst in der zwisclien 1070 — 1080 von Konig Vratislav erbauten Collegiat- Kirche auf dem Vysehrad erkennen, von welcher die westliche Halfte ziemlich erhalten blieb. Der romanische Styl, wie er im ganzen Abendlande geiibt wurde, gelangte auch in Bohmen zur ausschliesslichen Geltung, wurde jedoch in sehr vereinfachter Weise behandelt und stellenweise bis ins beginuende XIV. Jahrhundert beibehalten. Wahrend der Regierung des Konigs Wenzel des Einaugigen (1230 — 1253) verbreitete sich der soge- nanntetibergangs-Styl in Bohmen und Mahren, ohne dass die romanische Bauart aufgegeben wurde. Wie die romanischen Denkraale zumeist in der Mitte des Landes um die Hauptstadt her gruppirt sind, liegen die Werke der Ubergangs-Periode und altern Gothik grosstentheils im Osten, wo sic langs der schlesisch-mahrischen Grenze in grosser Anzuhl getroffen werden und wo dieser Styl eine holie Bluthe entfaltet hat. Mit Aus- nahme einiger Burgen sind keine aus den friiheren Kunst-Perioden herriihrende Profan-Gebaude bekannt. Die altere Sculptur wird eigentlich nur durch einige an Kirchen angebrachte Relief-Bilder vertreten, wahrend Arbeiten des Erzgusses, der Thonbildnerei und Holz- schnitzerei fehlen. Monumentale Erzeugnisse der Maler- kunst sind ausserst selten und beschranken sich auf Darstellungen priraitivster Art; hohere Entwickhmg zeigen einige Miniatur-Werke , deren Ursprung bisher nur zum Theil ermittelt werden konnte. Mit dem Aussterben des einheimischen Fiirsten- geschlechtes der Pfemysliden und der Thronbesteigung des luxemburgisehen Prinzen Johann beginnt der dritte wichtigste Abschnitt des bohmischen Kunstlebens. Konig Johann, welcher bei Lebzeiten und nach dem Tode so vielfach geschmaht wurde, kann allerdings nicht als Muster eines guten Regenten aufgestellt werden, allein er war geistreich, unternehmend und prachtliebend; er veranstaltete gern Feste und bestrebte sich insbesondere, seiner ^^auptstadt einen moglichst grossen Glanz zu verleihen, Ursachen genug um Kunstler aus alien Gegenden anzulocken und grosse Unternehmungen hervorzurufen. Was Johann von Luxemburg vielleicht absichtslos eingeleitet, fiihrte sein Sohn und Nachfolger, der kunstliebende Kaiser Karl IV. in glorreicher Weise durch; unter seiner lang- jahvigen und segensreichen Regierung glanzte Bohmen als Mittelpunkt wissenschaftlicher Bildung. Von Prag aus erstreckte sich die kaiserliche Kunstthatigkeit nicht allein gleichmassig iiber Bohmen, Mahren und Schlesien, sondern iiber alle angrenzenden Lander; Brandenburg, die Lausitz, Sachsen, die Oberpfalz und Niirnberg haben Denkmale aufzuweisen, welche durch den grossen Kaiser hervorgerufen wurden. In alien Bau- werken dieses Zeitalters spricht sich eine bereits vor- geriickte Gothik aus, und es treten nicht selten die Formen der Spatzeit auf. Malerei und Sculptor nehmen einen ungeahnten Aufschwung, und es wird nameutlich die monumentale Malerei in umfassendster Weise geiibt. Als Bau-Materialien wurden in den altesten Zeiten aussehliesslich Bruchsteine beniitzt, bald in unregel- massiger Form, bald mit dem Hammer rauh zubereitet. Die in Schichten brechenden Planergesteine, an welchen Bohmen Uberfluss hat, bedurften nur geringer Abarbei- tung und wurden ohne Einsetzung behauener Eckver- bande verbraucht; bei unregelmassig briichigen Steinen dagegen wurden die Ecken, wie auch die Thiir- und Fenstergewiinde, immer aus behauenem Quaderwerk hergestellt. Auch die Gewolbe errichtete man aus Bruchsteinen und es wurden zu diesem Zwecke immer besonders leichte Steine mit Sorgfalt ausgewahlt. In den granitischen Gegenden macht die Baukunst auf- fallend langsamere Fortschritte als im Kreide-Terrain ; alle bisher bekannten aus Gneiss und Granit erbauten romanischen Kirchen sind um einige Jahrzehnte jiinger. als die aus Sandsteiu in gleicher Weise bergestellten. Ganz aus Quadern errichtete Gebaude gehorten noch im XIV. Jahrhundert zu den Seltenheiten. Gebrannte Ziegel kommen in Bohmen vevhaltniss- massig sehr spat zur Verwendung; die um 1306 durch die Konigin-Witwe Elisabeth (Wenzel's II. Gemahlin) gegriindete heil. Geist-Kirche in Koniggriitz gilt als altester Ziegelbau, welcher bekannt ist. Nur Scheide- mauern von 1 bis I1/3' Starke wurden ganz aus Ziegeln hergestellt, Hauptmauern aber mit Ziegeln verkleidet und die Zwischenniume mit Gusswerk ausgefiillt. Terracotten und feinere Thonarbeiten aus dem XII. und XIII. Jahrhundert scheinen nicht vorhauden zu sein. Schiefer als Deckungs- Materiale wurde bereits im XIII. Jahrhundert beniitzt; dagegen scheint die Kupfer- deckung und iiberhaupt die bauliche Verwendung der Metalle nur in beschranktester Weise Eingang gefun- den zu haben. Es kommen selbst an den durch Kaiser Karl errichteten Gebiiuden sehr wenige Eisentheile vor, ciie nothwendigen Mauerschliessen und Verankeruugen (welchen iibrigens angstlich ausgewichen wird) beste- hen in der Regel aus Holz. Zink, Gusseisen und Messing waren in der Bau-Technik unbekannt, Blei wurde wie iiberall zum Verkitten der Klammern und Versetzen der kleinen Fensterscheiben, vielleicht auch zum Eindecken gebrochener Dachecken gebraucht. Der Holzbau spielte sowohl in der kirchlichen wie profanen Architektur seit uraltester Zeit, das ganze 1* Mittelalter liindurch, eine Hauptrolle und hat sich in verschiedenen Gegenden, naturlich unter selir verschie- deiien Bedingungen, zu anerkennenswerther Hbhe eiit- wickelt. Obwolil die Auffiihrung holzerner Gebaude seit beinahe eiuem Jahrhundert verboten ist uad unzah- lige Brandunglucke gewuthet haben, besitzt Bohmen heute noch einige kunstreiche Holzkirchen und viele bolzerne Glockenthurme, wie auch ein Gurtel von Holz- bausern das ganze Land umzieht. In dieseu Banwerken baben sogar die nationalen Eigenthiimliebkeiten ihren Ausdruck gefunden. Im nordostlicben Bohmen erblickt man ein slaviscbes Wobnbaus von architektonischer Durcbbildung und seltsam malerischem Geprage. Dieses Hans ist im Blockverbande gefiigt, scbmal und lan-ae- zogen in der Kegel mit der Giebelseite gegen die Strasse gestellt und oft mit einem vorgebauten Lauben- p-ang verseben. Ein oberes Stockwerk ist gewohnlicb vorhanden, welches aus leichterem Geholze emchtet und mit Bohlen verkleidet aufs mannigfaltigste durch Schnitzwerke, Balcone und Freitreppen ausgestattet wurde Die Dacher halten beinahe immer die Neigung von 4*5 Graden ein, sind stets an den Schmalseiten mit kleinen Halbwalmen verseben und bald mit Falz- schindeln l)ald mit Schiefer bedeckt. Die Alpenbauart, das Haus mit flaehem stein- beschwertem Dache, greift in die Slidspitze Bohmens bis in die Gegend von Budweis herein: es entspricht m Form und Eintheilung genau den bekannten Tyroler Wohnhausern, hat eine bedeutende Tiefe und zeichnet sich durch grosse Gemacher aus. Durch den Westen und bin liber das Erz- wie einen Theil des Riesengebirges zieht sich der deutsche Fachwerkbau, der bier eine durchaus selbststilndige und erfreuliche Behandlung erfahren hat. Hohe, oft iu Thurmehen auslaufende Giebel und vorsprmgende Erker unlerscheiden das deutsche Haus schou aus der Ferue vom slavischen, wie auch die innere Eintheilung eine ganz verschiedene ist. Die Dacher der Facliwerk- hauser bleiben nie unter dem Winkel von 60 Graden mid libersteigen diesen haufig; dazu kommen noch e-iebelformige Dachfenster und vorgekragte obere btock- werke In jenen Gegenden, wo die deutscbe und slavi- sche Bevolkerung sich berlihren, hat eine Vermischung der Bauarten stattgefunden, wodurch einige selir gelun- o-ene Gebaude halb stadtischen halb baiierbchen An- sehens hervorgerufen wurden. Bauten, welche dieser Zwischenrichtung angehoren, sieht man m der ^^ahe von Arnau und bei Bohmisch-Leipa. Das bei alien diesen Bauten vorzugsweise benutzte Holz ist das der Fichte ; dieser Baum erfreut sich m Bohmen eiues besondern Gedeihens und wird zu Bau- '/wecken entschieden der eben so haufigen Tanne vorge- zogen Kiefernholz wird meist zu Brettern verschnitten; aus diesem bestehen alle Tbiiren und Fensterrahmen, wie auch die Verkleidungen und kiinstlichen Theile. Eichen- und Ulmenholz sind nur bei den deutschen Fachwerkbauten in griisserem Massstabe angewendet worden, wo man auch Fussboden aus Buchen- und Eschenbrettern trifft; die slavischen Meister gebraueli- len bei ihren Bauten nur ausserst selten Eichenholz, andere Laubholzarten gar iiicht. _ Die dnrch das Haus Luxemburg herbeigeluhrte und bis etwas nach JL400 andauerude Kunstbluthe wurde in beklagenswerthester Weise durch den Aus- bruch der Biirgerkriege gestort oder vielmehr unter- druckt; die Unruhen und Kampfe wahrten mit geringen Unterbrechungen liber' ein halbes Jahrhundert und wurden erst unter Konig Vladislav II. ganzlich beige- legt. Kaum war dauernder Friede hergestellt, gewann das durch Konig Podebrad's Bemuhungen eingeleitete Kunstleben rasch neuen Aufschwung, wozu freilich der Umstand, dass ein grosser Theil der Kirchen und offentHchen Gebaude im Verhaufe der Kriege zerstort worden und Neubauten dringend geboten waren, nicht wenig beitrug. Es traten Meister von ungewohnlicher Begabung aiif, und der Versuch, ein den neuen reli- giosen Anschauungen entsprechendes Kirchengebaude im gothischen Style durchzubilden, wurde mit gluckli- chem Erfolge durchgefiihrt. Diese vierte Periode, welche die Vladisla v'sche genannt wird, schliesst in Bohmen die mittelalterlichen Bestrebungen ab und ent- spricht als gleichzeitig der grossen italienisch-deutschen Kunstbliithe. Benedict von Laun, Konig Vladislav's geistreicher Baumeister, ist Zeitgenosse des Micbel- an^elo, Raphael, Tizian, Durer und Holbein; die Schopfungen dieser Meister sind ihm nicht unbekannt, doch halt er mit Uberzeugung an der Gothik fest und flihrt noch um 1530 in seinem achtzigsten Jahre einige bewundernngswerthe Gebaude auf. In den plastischen Gebilden dieser Zeit spricht sich oft ein entschiedenes Hinneigen zur Antike und insbesoudere zu der Manier des Donatello aus, wogegen die Malereien ein fast alter- thiimlicheres Geprage als zur Zeit Karl IV. einhalten. Die Miniatur-Malerei stebt in hohem Flor, auch Holz- schnitzerei, Thouformerei , Ciselirkuust und andere kunstreiche Gewerbe, namentlich der Zinnguss, werden eifrig betrieben , wie sich aus unzahligen hinterlas- senen Arbeiten entnehmen lasst. Es eriibri^t die wichtigsten Cultur-Punkte und die topographische Vertheilung der Denkmale anzu- deuten. -1---, Bohmen war urspruugiich in zwoll, und seit l^Dl bis zum Jahre 1848 in sechzehu Kreise eingetheilt, neben welcben die Hauptstadt Prag einen besondern politischen Korper bildete. Von den Kreisen galten drei, der Rakonicer, Berauner und Kourimer als innere, welche in neuester Zeit unter dem Namen Prager Kreis zu einem emzigen versehmolzen wurden. Die dreizehn iuissern Kreise sind: 1. der EUbog- ner oder Egerer, 2. Saatzer, 3. Leitmeritzer, 4. Buuz- laaer 5. Bydzover oder Jiciner, 6. Kouiggratzer, 7 Chrudimer, 8. Caslauer, 9. Taborer, 10. Budweiser, 11 Prachiner oder Piseker, 12. Klattauer und 13. Pils- ner Kreis. Mit Ausnahme des Klattauer Kreises, welcher mit dem Pilsner vereiut wurde, haben alle librigen die friiheren Bezeichnungen beibehalten, so dass die gegen- wartige Eintheilung dreizehn Kreise, mit Zuzahlung des Prager Kreises, zeigt. Weil indess die nach der alteren Eintheilung gehaltenen Topographien von Schaller und Sommer sebr verbreitet und in alien Bibhotbeken zu treffen sind, auch ein neues derartiges Werk fiir die iiiichste Zeit nicht erwartet werden darf, war es noth- wendig, sich bei Ortsbeschreibungen an die genann- ten Topographien anzuschliessen. Mit Hilfe obiger Er- klarung wh'd man in Laudkarten und ortUchen Angaben sich leicht zurechthnden. Nach Styl-Verwandtschaft und Ortlichkeit zerfallen die bohmischen Denkmale in sechs Grnppen, namlioh eine nordwestliclie, westliche, siidliche, ostiiche, nord- ostliche imd mittlere ; jede halt einen besonderen District ein und zeigt eigenthiiinliche Bildungsvveisen nnd Einfliisse. Die Mittelgruiipe mit der Hauptstadt Prag erscheint fast ilberreich an Werken aller Perioden; doch ist bier der einf'ache friih-romanische Styl vorzugsweise vertre- ten. Auch besitzt Prag die wichtigsten Monumente aus der Lnxemburg'schen Periode, wogegen Ubergangs-Styl nnd Spjit-Gothik sparlich reprasentirt sind. Die blirger- liche und landliche Architektur in der Umgebung von Prag darf bedeutungslos genannt werden. In und unmit- telbar bei Prag wurden auch die beiden ersten Kloster des Landes gegrtindet : das Nonnenstift St. Georg und das Moncbskloster Bfevnov , von denen das letztere zu einer ausgezeirhneten Cultur-Statte erbliihte. Die Thatigkeit der Benedictinermonche von Bfevnov be- schrankte sich nicht auf die Nahe ihres Klosters und die Mitte des Landes, sie cultivirten sogar die ostlicheu Abhange des Riesengebirges, legten in der rauhesten Gegend die Orte Braunau und Polic an und erbauten liier (in Polic) im XIII. Jahrhuudert eine prachtvolle Propsteikirche. Nachst dem Prager Bezirke zeigt das ostliche Dreieck als zweite Gruppe den grossten Reichthum an Denkmalen. Die Werke der Ubergangs-Periode und Friih-Gothik sind vorherrscbend, obgleich es nicht an romanischen Bauten fehlt. Kuttenberg mit seinen vielen spatgothischen Kirchen und Profaiibauten reprasentirt das Zeitalter des Konigs Vladislav II. in wltrdigster Weise, wahrend nur ein einziges bedeutungsvoUes von Karl IV. gegriindetes Bauwerk in dieser Richtung getroffen wird. Als Culturpunkte ragen hervor die Kloster Sedlec , Sazava und Selau; Sazava glanzte ini XL und XIL Jahrhundert durch seine kunstbegabten Abte Bozetech Silvester und Reginhard, die beiden anderen wirkten in tiefgehender Weise auf allgemeine Cultur- und Kunstgewerbe. Die Siidspitze Bohmens, zura grossten Theile einst Besitzthum der maehtigen Dyjiasten Rosenberg, enthalt kein beraerkenswerthes Gebaude romanischen Styles, aber wichtige Denkmale der Frilh-Gothik und des Uber- gang-Styles, auch Werke aus den zwei folgenden Perio- den. In diesem Bezirke haben sich die grossartigsten Burgen, darunter Krumau, Rosenberg, ¥euhaus, Wit- tingau und andere erhalten. Die Herren von Rosen- berg , welche als unumschrankte Gebieter in diesen Gauen herrschten, auch in Osterreich und Steiermark reich begiitert waren und einen gliinzenden Hof hielten, sind die Schopfer und Forderer eines regen Kunstlebens ; sie hielten eigene Baumeister, Gold- schmiede, Maler und Illuminatoren, griindeten das Cistercienserstift Hohenfurt , das ebenfalls zu einem Culturpunkte ervvuchs, und wetteiferten in ihren Be- strebungen mit den Landesfllrsten , sogar mit Karl IV. Dieses Streben nach Unabhiingigkeit mag Ursache sein, dass die von den Rosenbergern hervorgerufenen Werke eher von den Donaulanden aus als vom innern Bohmen beeinflusst erscheinen. Der angrenzende stidwestliche und westliche District, in welchem sich der Hauptzug des Bohmer- waldes erhebt , hat verhaltnissmassig wenige Monu- mente aufzuweisen, und diese gehoren den verschie- densten Perioden an, ohne dass die eine oder andere vorherrschte. Nepomuk und Strakonie besitzen schone Baureste des romanischen und Ubergangs-Styles, Ri- sen und Klattau gothische Kirchen aus der karolini- schen Zeit; spatgothische Gebaude endlich sieht man in mehreren Orten. Ein wichtiger Culturpunkt von be- merkbarem Einflusse ist in diesen Gegenden nicht vor- handen. Desto reicher zeigt sich das nordwestliche und nordliche Bohmen, wo der romanische Styl sich in gian- zendster Weise entfaltet hat und das Ubergewichr behauptet. Die Werke des Ubergangs-Styles und de- Periode Karls treten hier zuriick, aber die Spat-Goth /c hat Denkmale seltenster Art hinterlassen und dei deutsche Fachwerkbau erlangte kiinstlerische Durchr bildung und grosse Verbreitung. Die Egerlande, da- Erzgebirge und die Gegend von Leitmeritz habes besonders schone, dieser Richtung angehorende Gen baude aufzuweisen. Culturpunkte fur die romanische Periode sind die Stadt Eger, dann die Kloster Kladrau, Plass, Osseg und das unfern der Miindung des Eger- flnsses in die Elbe gelegene Nonnenstift Doxan. Im Anfange des XVI. Jahrh. wird Laun, als Wohnort des Baumeisters Benedict, der Mittelpunkt einer grossen Banthiitigkeit. Die romanischen Bauwerke zeigen durch- nus deutschen Charakter, bald der frankischen, bald sachsisehen Behandlungsweise sich nahernd. Das nordostliche Bcibmen verdient vorzugsweise das Gebiet des slavischen Holzbaues genannt zu werden. An stylmassig durchgebildeten Steinbauten ist das Riesengebirge mit seinen Auslaufern viel iirmer ais der Bohraerwald; doch haben wir zwei hochwichtige Denkmale des Ubergangs-Styles zu verzeichnen,namlich die Reste des Cistercienserklosters Hradist' bei Miin- chengratz und die schon genannte Propsteikirche in Pdlic. Die Stadt Koniggratz ist als Stelle der friihesten Ziegelfabrikation schon genannt worden. Die Kunstentwicklung unter dem Fiirstengeschlechte der Pfemysliden. • In den nordeuropaischen Liindern , wohin die Ronier ihre Cultur nicht verpflanzt batten, beginnt die KunstUbung gleichzeitig mit Einfiihrung des Christen- thumes, wie auch ein sittlich geliiuterteres Volksleben erst durch diese religios staatliche Umwandlung her- vorgerufen wurde. Nicht ohne Grund kniipft sich an alle grossen Glaubenslehrer die Sage, dass sie Kiinstler gewesen seien und Malerei oder Baukunst getrieben haben. Die Apostel der Deutschen, Bonifacius, Kilian, Rupert und Willibald werden sammtlich als kunst- begabte Manner geschildert, wie anderseits den slavi- schen Verbreitei-rrdes Evangeliums Cyrillus und Metho- dius die Einfiihrung der Schrift und Zeichenkunst zuge- schrieben wird. Um die Mitte des IX. Jahrhunderts begann das Christenthum in Bohmen Wurzel zu fassen: im Jahre — 6 — 845 begaben sicb vierzebn vornehme Bohmen (^Lechen) nach Regensburg, am sicb von dem dortigen Biscbof Ercbanfrid taufen zu bissen; etwas spiiter bekannte sich Bofivoj, welcher bald als Herzog von Bobmen, bald nur als Fiirst von Prag bezeicbnet wird, ijfFeutlicb zum Cbristentbimi 3. Bald nacb Bofivoj's Taufe wiirde die erste dem hell. Clemens gewidmete cbristlicbe Kircbe anf der Burg Levy HrMek bei Prag gegriindet und etwas spiiter eine Marienkirche auf dem Hradscbin; ferner sollen in dieser Zeit mehrere Kircben namentlicb auf dem Vysehrad , zu Tetin and Griitz (^Koniggriitz) erbaut worden sein. Obgleich verschiedene Reactiouen im Interesse des Heidentbumes stattfanden, befestigte sich doch der christHcbe Glaube immer mebr, was zunachst der frommen Filrstin Ludmilla , Bofivoj's Gemahlin, zuzaschreibeu ist. Herzog Yratislav I., Bo- fivoj's Sohn und Erbe , griludete auf dem Hradscbin eine grossere, dem heil. Georg geweihte Kircbe, liber deren Bau sicb eine Sage erhalten hat. IS^ach dersel- ben soil ein Baumeister Xamens Miroboj die Kircbe im Jahre 912 begonnen und 913 voUendet haben *. Dieses Gebaude konnte in Anbetracht der kurzen Bau- zeit und der mangelhaften Technik jener Tage nur ein Holzbau gewesen sein, wie es auch ganzlich abge- branut ist. Seitdem die vierzebn Lecben in Regensburg die Taufe erhalten batten, wurde Bobnien zur Regensbur- ger Diocese gerecbnet und blieb mit derselben langere Zeit vereinigt, obgleich bereits Herzog Wenzel (Vra- tislav's erstgeborner Sohn, welcher bald nach seinem Tode der Heilige geuannt wurde) die Errichtung eines selbstiindigen bohmiscben Bistbums anstrebte und zu diesem Zwecke die Ausfiihrung einer neuen Kircbe anordnete. Wenzel erlebte indess weder die Yollendung desBaues noeh die Erbebung Brags zum Bischofssitze; er wurde im Jahre 935 zu Altbunzlau von seinem Bruder Boleslav I. ermordet. Diese Untbat, welche die Aus- rottung des Christenthams bezwecken sollte, fubrte ein entgegengesetztes Resultat , den vollstiindigen Sieg desselben herbei ; der Ermordete wurde vom Volke alsobald als Martyrer und Heiliger verebrt, so dass Boleslav sich bald bewogen fand, die Leicbe von Alt- bunzlau nach Prag ubertragen zu lassen. Obgleich Cosmas andeutet, "dass diese Ubertragung gegen den Willen des Herzogs Boleslav geschehen sei und bei dieser Gelegenheit den Fiirsten als christenfeindlich scbildert, spricht sich doch im ganzen Verlaufe seiner Regierung aus , dass er wabre Reue gefuhlt babe. Boleslav I. liess die von seinem Bruder Wenzel begonnene, dem heil. Veit gewidmete Kircbe vollenden und gab seinen eigenen Kindern eine streng religiose Erziehung. Er benannte einen zur Zeit von Wenzel's Ermordung gebornen Sohn Strachkvas (Schreckens- nial) und gab zu, dass derselbe sich dem Monchsstande widmen durfte, wabrend seine Tochter Milada im Stifte ' Die Angaben iiber die Taufe Bofivoj's lauten verschieden : Cnsmas nennt das Jalir 89i und gibt an, die Taufe sei durch den heil. Methodius vollzogen worrten. S. Script, rerum Bohem. Tom. I. Cosmae Chron. pag. 23 et .35. Da Methodius damals nicht mehr lebte, glaubt man, dass die Taufe bereits um HSO erfolgt sei. 4 Cosmas nennt dieseu Baumeister nicht und Hajelc, welcher den Namen gefunden haben will, gibt die Quelle nicht an, indem er Tom. Ill, pag. 442, ad ann. 91.5 sagt: „hoc anno ad fastigium ducta est moles _ ecclesie divi Georgii. Architectus operis erat Mirobojus, propter peritiam hujus prin- cipi impense earns". Die spateren Schriftsfeller haben ihre hieher beziiglichen Angaben dem Hijek entnommen. Obermiinster zu Regensburg erzogen wurde. Diese grlindete im Jahre 973 bei der St. Georgskirche aul dem Hradscbin ein Nonnenkloster nach der Kegel des heil. Benedict, das erste Kloster, welches in Bohmen erstand 3. Boleslav I. regierte glorreich bis zu seinem 967 erfolgten Tode , worauf sein, gleichnamiger Sohn als Boleslav H. den Tbron bestieg und gleich seinem Vater eine kriiftige Regierung fiibrte. Diesem Fiirsten gelang es, dass Prag zum Bischofssitze erhoben und dem MainzerErzbisthum untergeordnet wurde. ErsterBischof in Bohmen war Diethmar, ein Sachse von vornehmer Geburt (gewablt 973. gestorben 982), welcher viele Kircben einweihte und im Lande umber reiste, die noch vorhaudenen Heiden zu bekebren Diesem Biscbofe folgte der heil. Adalbert (gewablt 983, gestorben 997), welcher mit gluhendem Eifer das Christentbum zu all- seitiger und innerer Aufnabme zu bringen sich zur Aufgabe machte und zur Kraftiguug des Glaubens wie zur Verbesserung der Sitten das Kloster Bfevnov im Vereine mit dem Herzog Boleslav II. im Jahre 993 grlindete und zum grossen Theile dotirte ". Nach einer langeren mit Unruhen erfilllten Pause, wilhrend welcher schwerlich kllnstlerisehe Schopfungen entstanden, bestieg im Jahre 1037 Bfetislav I., der Sohn des Herzogs Ulrich und der schoneu Bozena, den Tbron. Dieser, ein unternebmender und tapferer Fiirst. eroberte Polen im raschen Siegeslauf und fllhrte aus der Hauptstadt Gnesen den Leichnam des heil. Adal- bert mit sich fort nach Prag, wo er denselben in der St. Veitskirche unter grossem Geprange beisetzen liess. Des Kirchenraubes beim Papste angeklagt. wurde der Herzog verurtheilt, ein geistlicbes Stift zu errichten. Bfetislav voUflihrte diese Busse und erbaute das Col- legiat- Stift Altbunzlau an derselben Stelle, wo der heil. Wenzel ermordet worden war. Der St. Veitskirche (seit 973 die Domkirche) verlieb Bfetislav besonderes Ansehen, indem er sie mit einem Tbeil der in Polen geraubten Schatze beschenkte und fiir die Reste des iieil. Adalbert eine pracbtvoUe Capelle erbauen liess. Zugleich vollendete er das von seinem Yater gegrtln- dete slavische Benedictiner-Stift Sazava, erneuerte die Klosterkirche Bfevnov von Grund aus und scheint liberhaupt bei grosser Baulust noch viele Gebaude her- gestellt zu haben. Spitihnev II., Herzog Bfetislav's altester Sohn and Nacbfolger, eriiess sogleicb nach seinem Regierangs- antritt (1055) ein strenges Gesetz, nacb welchem alle Deutschen, sogar des Herzogs eigene Mutter, inner- halb drei Tageu das Land verlassen sollten. Ob dieser Befehl je in weiteren Kreisen als an derHofbaUung zur Durclifiihrung gelangt sei, bleibt zweifelhaft. Spitihnev scheint bald" seinen" Sinn geandert und eingesehen zu haben, dass mit Vertreibung der Deutschen auch die Riickkehr zum Heidentbum ausgesprochen sei; somit mag es bei den in der ersten Hitze begangenen Gewalt- thaten sein Bewenden gehabt haben. Bald nachher 5 Cosmas pag. 47: „et ad ultiraum Dominus Papa siiorum Cardinalium consilio imo volens novae Ecclesiae benigno subvenire sufifragio , consecrat eam Abhatissam mutato nomine, Mariara , dans ei sancti Benedicti regulam et abbatialem virgam". „. ' , . .cj ,-1 Cosmas pag. 51: „Post haec Praesul Dietmarus ecclesias a fidehbus in multis locis ad laudera Dei constructas, consecrat". 'Dobner, Monumcnta historica Boemiae, pag. ?: „Boleslaus Dux Boemiao ex praecepto Joannis Papac XV. fundat et donat cum S. Adalberto liberalissime mouasterium ordinis S. Benedicti Brewnowii m ipsa die dedica- tionis mouasterii de anno 993". stiftete del' Herzog eine Collegiat-Kirche zn Leitmeritz (1057) und beganii den Prager Dom, welcher dnrch den heil. Wenzel in Form eines Rnndbaiies war ange- legt worden, nach einera ganz neuen vergrosserten Plane umbauen zu lassen. Es ist ungewiss, ob dieser Bau, welcher als sehr gerauniig bezeichnet wird, je ganzlich voUendet wurde. Spitihnev starb 106 J inmit- ten dieser Unternehmung und seinBruderVratislavIL, welcher ihm in der Regierung folgte, liess zwar den Bau eifrig fortsetzen und auch einweihen, doch brannte das Gebaude im Jahre 1091 vollstandig ab ». Zuni zweitenmal wieder in Stand gesetzt, wurde der Doni bei einer Belagerung des Hradschin 1142 abermals durch Feuer zerstort, jedoch in der kurzen Frist von etwa anderthalb Jahren wieder aufgebaut. Diese mehr- fachen Brande und schnellen Wiederherstellungen, wie auch mehrere spater zu besprechende Nebenunistande deuten an, dass das alte Donigebaude zwar nicht ganz, aber doch zum grosseren Theile aus Holz bestanden habe. (Wahrscheinlich ein Fachwerkbau, der auf etwas erhohten Grundmauern ruhte.) Hohe ktinstlerische Durchbildung darf kaum angenommen werden, denn die Bauten der folgenden Zeit stehen noch auf tiefer Stufe architektonischer Eutwicklung. Mit Vratislav II., welcher in der Folge die Wiirde eines personlichen Konigs erhielt, beginnt ein hochwichtiger Abschnitt in der Culturgeschichte Bohineus und ergeben sich zugleich teste Anhaltspunkte iiber die damalige Kunstiibung, indem sich ein Theil der von diesem Fiirsten ausgefiihr- ten St. Peter- und Paulskirche auf Vysehrad erhalten hat. Vratislav war in Gesinnungs- und Handlnngs- weise ganz verschieden von seinem Bruder Spitihnev, er nahm die in Prag wohnenden Deutschen kritftig in Schutz, erlaubte ihnen eine eigene Gemeinde zu bilden, nach den hergebrachten deutschen Gesetzen zu leben und ihre Richter selbst zu wahlen. Durch diese Bewil- ligung, welche spaterhin von Herzog Sobeslav II. in einem formlichen Freiheitsbriefe bestatigt und ervveitert worden ist, wurde der Grund zum bohmischen Stadte- wesen gelegt. Die Sljahrige Regierung Vratislav's 1061— 1092, war in jeder Hinsicht eine segenvolle, wenn auch einige vom Adel angezettelte Meutereien und Zwistigkeiten in der Herrscherfamilie nicht fehlten. Es bildete sich um diese Zeit allmalig ein Handwerker- stand, woran es bisher ganzlich geiehlt, dann wurde der Handel durch Errichtung eines Kaufhofes geregelt und die bildenden Klinste begannen zu ervvachen. Zu Konig Vratislav's Zeit stand dem slavischen Kloster Sazava der Abt Bozetech vor, berlihmt als Maler und Bildhauer, und zugleich befreundet mit dem Konige, aber nicht beliebt bei seinem geistlichen Vor- stand, dem Bischof Cosmas. Dieser Abt soli die Kloster- kirche zu Sazava nach eignem Plane erweitert und « Welche Grundform Spitihnev's Dom eingehalten habe, lasst sich aus den auf uns gekomraenen Nachrichten nicht entnehmeu. Ob liinglich-rund ob basilil^aformig mit halbrunden Morgen- uud Al.endchoren bleibt uiieutschie- den. Cosmas berichtet iiber dieseu Bau s. ]35; ^Anno Dmi. MLX. Cum ad iestum S. Wenzeslai Uux Spitignew venisset Pragam, videns ecclesiam S, Viti lion adeo magnam , ncc capessentem populum concuri eiitem ad festiviratera sancfam, quam videlicet saactus Wenzeslaus construxerat ad similitudinem Romanae Ecclesiae rotundam, in qua etiam corpus ejusdem sancti Wenzeslai quiescebat: similiter et aliam Ecclesiolam, quae fuit contigua et quasi in por- tion sita ejusdem Ecclesiae, cujus in medio nimis arto loco erat mausoleum saucti Adalbert!: optimum ratus fore, ut ambas destrueret, et unam utriQsque Patrouis magnam construeret Ecclesiam. Continuo per longum gyrurn designat Ecclesiae locum, jacit fundamenta, fervet opus etc." Demnacb war die vom heil. Wenzel herruhrende Kirche auf alle FSlle rund, der Dom Spitihnev's aber langhch. Bemerkenswerth ist hiebei der Umstand, dass zwei der aliesten Kirchen Bohmens ovale Grundform einha Hen. ausgeschmlickt haben und war nach dem Zeugnisse des Chronisten Cosmas in alien Kiinsten erfahren , indem er nialen, in Holz und Stein arbeiten und vorziiglich drechseln konnte '■>. Sehr gerlihnit wurfle ein lebens- grosses Crucifix, welches Bozetech auf Befehl seines Bischofs anfertigen und auf den Schultern bis in die Peterskirche zu Rom tragen musste , zur Strafe dass er bei einer Feierlichkeit dem Konig Vratislav die Krone aufgesetzt hatte. Naehdeni Bozetech diese Strafe richtig voUzogen und wieder in sein Kloster zurlick- gekehrt war, wurde er zum zweitenmal aus demselben vertrieben, weil Herzog Bfetislav II. den slavischen Ritus nicht liinger duldete und das Stift Sazava den Benedictinern von Bfevnov itbergab. Von den Werken dieses ersten bohmischen Kiinstlers ist keines auf uns gekommen. Nach Vratislav's Tode (1092) entstanden lang- wierige Unruhen, in deren Verlauf die Herzoge Breti- slav II. und Svatopluk raeuchlings ermordet wurden; bis es endlich dem durch die Stande gewahlten und vom Kaiser Heinrich V. bestatigten Vladislav I. gelang, den Thron zu behaupten und einigermassen geordnete Zustande herbeizufiihren. Unter der Regierung dieses Herzogs (1109 — 1125) schrieb Cosmas, Domdechant bei St. Veit, die erste Chronik Bohmens in lateinischer Sprache. Damals wurden die Benedictiner- Kloster Kladrau , Vilemov und andere gegriindet, Kloster- schulen angelegt und manche niltzliche Einrichtungen getroffen; doch hinderten die fortwahrenden Thronstrei- tigkeiten und Adelsrevolten jede gleichmassige Fort- entwicklung der gesellschaftlichen Zustande. So konnte Herzog Sobeslav I. (1125 — 1140), der als Vladi- slav's Bruder nach dem bestehenden Seniorats-Gesetze diesem in der Regierung folgte, sich nur mit eiserner Strenge auf dem Throne erhalten, indem er den Prinzen Bfetislav blenden und mehrere Personen des hochsten Adels hinrichten liess. Noch wahrend der Regierung Vladislav's fan den zwei Ereignisse statt, welche liber die damaligen Bau- verhaltnisse manche Aufklarung geben. Im Jahre 1118 trat ein solches Hochwasser der Moldau ein, dass die be- stehende (holzerne?) Brlicke, welche die beiden Halften Prags verband, vom Strome hinweggerissen wurde, und das Wasser 10 Ellen hoch iiber der Briicke stand. Wann diese erste Brlicke erbaut wurde, gibt Cosmas nicht an, wohl aber beschreibt er die Uberschwemmung als Augenzeuge und glaubt, dass seit der Slindfluth ein solcher Wasserandrang nicht stattgefunden habe. Im folgenden Jahre stiirzte in Folge eines Sturmes der Mitteltheil des herzoglichen Schlosses auf Vysehrad zusammen, jedoch blieben die Seitenflligel erhalten. Cosmas erzahlt auch diesen Unfall ausfiihrlich und fiigt bei, dass die Wiederinstandsetzung des Palastes noch im selben Jahre stattgefunden habe. Aus den Worten des Chronisten geht deutlich hervor, dass die herzog- liche Burg ein Holzbau gewesen sei, wie auch nur bei einem solchen in so kurzer Zeit die Herstellung moglich war 10. Herzog Sobeslav I. befestigte die Prager Burg " Cosmas, pag. 100: „Hic pingere venustissime meminit, fingere vel sculpere ligno lapideque , ac osse toruare peroptime novif. Bischof Cosmas (109] — 1098) und der Chronist Cosmas (j 1125) siud wohl zu unterschei- dende Personen. Cosmas schildert diesen Vorgang pag. 259, mit den XN'orten : „et inde magis est admirandum, ex utraque parte anteriore et posteriore Integra et inconcussa manente , medietas palatii solotenus est eruta. et citius, quam tu festucam frangeres, trabes inferiores et superiores cum ipsa domo impetus venti fregit in frusta et dispersif. - 8 — nach italienischer Weise mit Steiumauern imd erbaute die Bui-o- Aruau ^Hostin Hrad"), wo er audi starb. ^ on diesen imd audern damals angelegten Burgen ist kerne Spur itbrio- ^-eblieben, doch hat sich ein sehr merkwur- dio-es YOU^Sobeslav I. erbautes uud 1126 dnrcli Heiuricb Zdik. Bischof von Olmiiz eingeweihtes Kirch- lein erhalten/naralicb die dem beil. Georg geweilite Kund-Capelle aiif dem Georgsberge bei Raudnic. Nacb Sobeslav's, eines ausgezeicbneten Kegeuten Tode wablten die Stande nicht, wie es beveits aiif einem zu Sadska ab^ehaltenen Landtage bescblossen wovden ^val• dessen^ Sobn Vladislav zum Herzog, sondern lenkten die Wabl auf den Sobn des Herzogs Vla- dislav I., weleher gleichuamig mit seiuem Vater als Vla'dislav II. den Thron bestieg. Nacerad, einer der einflussreicbsten Vladyken, lieb bei dieser Neuwabl den Adelsauscbaiuuiiien den blindigsten Ausdruck mit den Worten : ,,Wiv VoUen keiuen Hevzog der emeu eio-nen Willen bat, sondern einen der tbut was wir haben wollen'/' Indessen batten sich die Herren in der Person o-eirrt denu der Gewahlte wurde einer der thatkraftig- sten Fursten Bohmeus, weleher es vorzog, mit den deutscheii Kaisern in gutem Vernehmen zu steheu, ebe er von seinen Baronen abhangig seiu woUte. Sogleieb nacb seiuer Erbebung entstanden gewaltige Unruhen, die Mebrzahl der Grosseu emporte sich uud ernannte Konrad von Zuaim zum Hevzog; es kam zum Kampte, Vladislav wurde geschlagen und musste nacb Prag tiliehten um die Burg zu retten. Die \ertbeidigung der- selbeu libergab er seinem tapfern Bruder Theobald und eilte sodaun nach Wiirzburg an das Hoflager des mit ihm verschwagerten Kaisers Konrad III., um Hilfe zu suchen. Der Kaiser erfiillte diese Bitte, zog mit emem Heere nach Prag und vertrieb die Aufstilndigen, welche keine Schlacht wagteu. Ebe jedoch dieses geschah, hatte Prag im Jabr 1142 eine streuge Belagerung aus- zustehen, denn Konrad von Zuaim, wohl wissend, dass er nur durch den Besitz des Hradschin sich halten konne, bot alles auf, um uoch vor des Kaisers Zwischen- treten die Burg zu erobern. Der Hradschin wurde mit Brandpfeilen beschossen, wodureb der Dom, das Capi- telbaus und die St. Georgskirche sammt vielen andern Gebauden zerstort wurden. Diese Belagerungund der hiebei vorgefalleuegrosse Brand sind fiir die Kunstgeschichte von grosser Wichtig- keit, iudem hiedurch das Alter der gegenwartig beste- bendenGeorgs-Kirehe genau bestimmt wird. Nach- dem der Aufstaud niedergeworfen und die Herrschaft Vladislav's befestigt war, saumte dieser nicht, die Spu- ren der Verwustungen so schnell als moglich zu besei- tigen. Vor alien Dingen musste der Dom wieder herge- stellt werden, und man betrieb diese Arbeit mit solcheni Eifer, dass die Wiedereinweihung bereits nach etwas mehr als einem Jahre durch die Bischofe vou Bamberg, Olmltz und Prag vollzogen werden konnte. Etwas liinger wahrte es, bis das Georgs-Kloster wieder aufge- baut wurde: die Nonnen mussten liiugere Zeit in eiuem andern Stifts-ebaude wohncn, doch wurde die Kirche als hochverelirtcr Ruheort der beil. Ludmilla sogleich in Angriff genommen und etwa bis 1150 volleudet. Dieser Kirchenbau wurde von Wernherius geleitet, welohen der Fortsetzer des Cosmas einen Steinnietz ricnnt, und dem er grosse Verdienste um die Auftin- dung des Grabmals der beil. Ludmilla zuscbreibt. Aus den vorhandenen Nachrichten ti^ wie aus der Inter- suchung des bestehenden Gebiiudes erhellt, dass die Zerstorung eine vollstiindige geweseu und kein Tbcil der frliheru Kirche beibehalten worden sei. Da Wernher eiu Steinmetz genaunt wird, scheint er ein weltlicher Meister gewesen zu sein. der dem Namen nach der deutscheu Gemeinde angehorte. Vladislav II. war hochbegabt und ertuUt von veii-em Interesse fur alle Fragen, die er als zeitgemitss erkannte. Uuter seiner Regierung, 1 140 — 1173, beganu eine ausserordentliche Bauthatigkeit, so dass man behaupten mochte, der Steinbau sei erst durch diesen Herrseher zur Geltung gebracht worden. Strahov, Doxau. Selau, Leitoniysl, Sedlec, Pomuk, Lounio- wic Plass, Opatovic und audere Kloster wurden tbeiis von Vladislav gegriindet, theils durch ihn dotirt und erneuert. Seine zweite Gemahliu Ju dith stittete das Frauenkloster zu Teplitz und liess in Prag eine steinerne Briicke liber die Moldau erbauen. Madislav uahm am zweiten Kreuzzuge Theil, kehrte aber, nach- dem die Kreuzfahrer in Kleinasien grosses Missgeschick erlitten mit Kaiser Konrad uuverrichteter Dmge zurlick und konnte sich etwa 10 Jahre ungestort seinen civilisatorischen Bestrebungeu hingeben. Mittlerweile hatte Friedrich Barbarossa den deutschen Kaiserthron eino-enommen und nach Beileguug einiger Zwistigkeiten an "Madislav einen treueu Verblindeten gewounen. Dieser wurde im .Jahr 1158 auf dem Reichstage zu Reo ensbur- als Konig von Bohmen anerkannt, erhielt aus den minden des Kaisers den goldenen Reif und l.eo-leitete alsdaun das deutsche Heer mit uugeiahr lU^'oOO wohl ausgeriisteten Kriegern im Zuge gegen das widerspansti^-e Mailand. Reich beschenkt und mit Sieo-esbeute bekden, kehrte Vladislav nach Bohmen und' fiihrte bald darauf einen zu Gunsten des Konigs Stephau IH. von Uno-arn begounenen Kneg zum ebren- voUen Abschlusse. Die letzten Lebensjahre des ruhm- ..■ekronten Koni-s waren keine gliicklicben; das treund- llche Verhaltniss zu seiuem ehemaligen Freunde, dem Kaiser Friedrich I., war gestort und in seiner Familie hraehen solche Misshelligkeiten aus, dass Vladis av des Streites miide der Krone zu Gunsten seines altesten Sohnes Friedrich entsngte, um sich in das Kloster Strahov zuriickzuziehen. Mit diesem Thronwechsel war iedoch weder der Kaiser noch die bohmischen Grossen Sverstanden; der Kaiser erklarte die Wabl Fnednchs als uuoliltig und belehnte den friiher verschmahten Sobesla^ H^. den Sohu Sobeslav's L, mit dem wieder zum Herzogthum herabgeminderten Bohmen. Aus 'Vladislav's Zeit haben sich viele Bauwerke erhalten. Die zwischen 1140 bis 1160 ausgefuhrten zeigen den romanischen Styl in iibergrosser Emtachhei Oder Schwerfalligkeit; spaterhin, nachdem die Bohmen mitltalien und Deutschland in nahere Beruhrung ge- konimen, wird die Formengebung belebter und die Anordnungsweise vielgestaltiger , wesshalb man an Vladislav's Bauunternehmungen grosse Unterschiede o'gwalirt. 1 1 ^ Der Bauten, welche Friedrich Barbarossa noch als Herzo^' von Schwaben urns Jahr 1149 zu Eger hat ^ . -Via qq? pt 33S Hier findet sich ein ausfiihrliclu r — 9 — auffiihren lassen, und des Einflusses, welchen diese prachtvollen Werke auf Westbohmen ubten, ist schon gedaeht worden; bis in die Mitte iind den Siiden des Landes ist dieser Einfluss nicht vorgedrungen. Wie nach dem Tode Sobeslav I. sich der unge- treue Adel von dessen Sohn abgewandt und dem Vla- dislav II. seine Gunst geschenkt hatte, so geschah es nach der Wahl Friedrich's und wiederbolte sich zum andernmal in Rezug auf Sobeslav II. Dieser letztere Herzog regierte nur seclis Jahre und zwar nicht zur Zufriedenheit seiner Baroue, welche ihn spottischer- vpeise den Bauernherzog nannten. Das wiehtigste Ereigniss dieser Zeit, ungleich bedeutungsvoller als die meisten der vorhergegangeneu Stiftungen, ist die Bestatigung und Erweiterung des vom Konig Vrati- slav II. den deutschen Einwohnern verliehenen Frei- heitsbriefes. Dieses schriltlicli ertheilte, noch erhaltene Privilegium hatte zur Folge, dass sich die am soge- nannten Pofic wohnende deiitsche Gemeinde bald iiber die Gegend der jetzigen Altstadt Prag ausbreitete und sodann durch L'mmaueruiig zur Stadt ausbildete. Sobeslav II., obgleich er viele Jahre im Kerker ver- trauert hatte, war im entferntesten nicht so vervvahrlost und geistesarm, als ihn der Adel und die bohniischen Geschichtschreiberdarzustellen sichbeniiihten; er hesass Regententact und erkannte die Bediirihisse seiner Zeit. Zu einem Kriege mit Osterreich gezwungen, ehe seine Macht hinlanglich befestigt war, wurde er vom Papst Alexander III. mit dem Bann belegt, welches Verhiilt- niss der einst verstossene Friedrich beniitzte, den Kaiser fiir sich einzunehmen. Nach vielen Wechsel- tallen und heissen Schlachten musste Sobeslav aus dem Lande fliehen und starb schon im tblgenden Jahre, 1180, in der Fremde. Weder Herzog Friedrich noch seine beiden Nach- folger konnten sich ruhiger Zeiten erfreuen; die Uiiru- hen wahrten fort bis es endlich, iiachdem sich die Throiihewerber Friedrich, Konrad Otto, Wenzel, Hein- rich Bfetislav und Vladislav III. von 1179 bis 1197 herumgestritten , dem staatsklugen Preray.^1 Otakar gelang, die Kione und zugleich die erbliche Kiinigs- witrde zu erringen, in welcher Eigenschaft er auch die papstliche Bestatigung erhielt. Beinahe unbegreiflich erscheint, dass in der Sturm- und Drang-Periode, welche auf Vladislav II. folgte, einige der wichtigsten Stiftungen gemacht wurden und grossartige Bauten durchgeflihrt worden sind: so die Pranionstratenser-Kloster Miihlhausen, 1182 — 84, und Tepl, 1197, das Cistercienser-Stift Osseg, 1199, und die Kirche des heiligen Grabes auf der Anhohe des Zderas bei Prag. Es muss als besoncleres Zeichen der Zeit angesehen vverden, dass alle diese Stiftungen von Adels-Familien ausgingen, wahrend in den vergangeuen Perioden solche Unternehmungen nur durch die Regen- ten und ihre Angehorigen durchgeflihrt wurden. Die damaligenKlinstler waren meistMonche, deren Namen aus klosterlicher Demuth absichtlich verschwie- gen wurden; einen Hofmaler Tomik, welchen der erfin- dungsreiche Chronist Hajek anfilhrt, konnen wir als leeren Namen aus dem Spiele lassen, dagegen verdient der Abt Reginhard Erwahnung, wenn sich auch keine seiner Arbeiteu erhalten hat. Dieser Abt war ein wiir- diger Nachfolger des Bozetech und stand zur Zeit des Konigs Vladislav dem Kloster Sazava vor; er soli, wie dei' Fortsetzer des Cosmas mitthcilt, verstan- den haben, Bildnisse zu malen, zu modelliren, in Holz, Stein und Metall zu arbeiten und Glas zu bereiten <3. Auch diesen kunsterfahrenen Priester verfolgte das Schicksal seines Vorgangers , er wurde aus seinem Kloster vertrieben und musste dasselbe den Pramon- stratensern ubcrlassen. .(Der Grund , wesshalb die Bischofe von Prag den Abten von Sazava entgegen- traten, war nicht personlicher Art, wie einige Geschicht- schreiher anuehmen; es handelte sich um Aufhebung der griechisch-slavischen Litnrgie, welche im Stifte Sazava ihren Mittelpunkt hntte. Bozetech wiirde als eifriger Vorkampfer dieser Liturgie vertrieben, worauf Herzog Bfetislav II. das Kloster den Benedictinern iibergab. Diese scheinen in Glaubenssachen etwas nach- sichtig gewesen zu sein, und so geschah es, dass spa- terhin Pramonstratenser in Sazava eingefuhrt wurden.) DieRegiernng Pf emysl Otakar I. (1198 — 1230) bezeichnet einen nenen Al)schnitt in der Geschichte Boh- mens,indemdiebisherige Verbindung mit dem deutschen Reiche beinahe ganz gelost und zugleich in den Sitteu wie staatlichen Eiurichtungen eine vollstandige Um- wandlung herbeigefiihrt wurde, Wohl hatte Vladi- slav II. bereits viele politische Anderungen angebahnt, allein sie waren in den nach seinem Rlicktritt folgenden Unordnungen wieder verwischt worden. Otakar, wohl bekannt mit den Erblibeln seines Vaterlandes , suchte vor alien Dingen statt des bisher iiblichen Seniorats das Recht der Primogenitur bei der Thronfolge dureh- zusetzen , was ihm auch mit Hilfe des Kaisers Fried- rich II. gelang. Indem durch dieses Gesetz die Macht des Adels gebro<-hen und den bei Jedem Thronwechsel sich ernenernden Wahlkampfen vorgebeugt wurde, ging ein zweites Streben des Konigs dahin, das Stadtewesen zu heben und deutsche Ansiedelungeu zu fordern. Otakar nahm sich in dieser Beziehung die deutschen Kaiser zum Vorbilde; er erklarte Kladrau und Konig- griitz, wahrscheinlich auch Saatz, Leitmeritz und Kom- motau als freie nur dem Konig unterstehende Stadte und verlieh ihnen Privilegien nach Art des Sobeslav- schen Freiheitsbriefes. Auf diese Weise verbreitete sich in Bohmen der Blirgerstand , welcher wie das Stadtewesen dem Slaventhume fremd geblieben war, dentsche Handworker waren ziimeist die Bewohner der Stadte, die regelmassig mit Manern umgeben and oft mit einem koniglichen Schlosse aiisgestattet wurden. Vor alien erbliihte am friihesten die deutsche Gemeinde in Prag, welche auf dem rechten Moldanufer gelegen durch Ummauerung den Namen Prager Stadt (civitas Pragensis) erhielt und sich bald durch Anlage einer Neustadt bei der Kirche des heil. Gallus vergrosserte. So bedeutend indess die Reformen des Konigs Otakar in gesellschaftlicher und poiitischer Beziehung erscheincn, batten sie auf die Kunstubung keinen merk- lichen Einflnss, vielmehr gewahrte man Ruckschritte an den meisten der damals ausgefiihrten Werke; auch konnen grossere Bauwerke aus dieser Zeit nicht nach- Cosmae Cont. pag. 363: „aA humilia etiam quaeque opera nullus eo promptior, nullus agilior, nullus efficacior; fuit in eo perifia pingere vel sculpere quaslibet imagines ligno, vel osse, vel etiam diversi generis metallo, fabnlis quoque non ignarus fuit artis , et omnis, quae ex vitro fieri solet' compositionis". (Vielleicht sind die letzten Worte so zu verstetien, als hale Reginhard die Glasmalerei betrieben.) — 10 — gewiesen werden. Ursaclie dieser befretndenden That- sache war der langjahrige Streit des Bischofs Andreas mit dem Kiinig, in Folge dessen Bohmen niit dem Inter- dict belegt, und gegen Otakar der Bann ausgesproclien wurde. Der romanische Styl, welcher olmehin spilt Eingang gefunden hatte, konnte daher keiue hobere Aus\)ildung- gewinnen und verblieb so ziemlich aiif dem Standpunkte, welchen er zur Zeit des Konigs Vladi- slav II. erreicbt batte. Pfemysl Otakar starb 1230, ibni folgte seiu Sobn Wcnzel, als erblicber K(3nig der Erste dieses Namens. Wenzel I. batte einen seltsamen, balb beschaulicben, balb leidenscbaftlic'ben Cbarakter, dessen Scbildening urn so weniger vorentbalten werden darf, als gerade an seine Eigenthlimliebkeiten ein anffallender Um- sobwuug des Knnstlebens sicb anknltpft. Wenzel scbeint den bekannten Wablsprucb von „Wein, Weib und Gesang-' lange vorber auf seine Fabne gesebrieben zu haben, ebe der grosse Reformator ibn ausgesprocben ; er dicbtete Minuelieder in deutscber Spracbe, liebte Tafelfreuden und sebone Frauen in einer ungewobn- lieben Weise, pflegte mit Lust das edle Waidwevk, war tapfer und bis zur Verscbwendung freigebig. Dabei bielt er si.cb gern an einsamen Orten auf, konnte den Glockenklang nicbt vertragen und neigte sicb oft zur Scbwermutb bin; dennocb fand Wenzel sonderbarer- weise Gefallen an Turniren und Ritterspielen, bielt viel auf sebone Waffen uiid Pferde und forderte biedurcb den inimer mebr iibcrbandnebmenden Luxus. An seinem Hofe waren fabrende Sanger willkommene Giiste; Oger von Friedherg. ein dentscber Ritter, wirkfe als Anord- ner der vom Kiinig veranstalteten Feste und deutscbe Kiinstler, nameiitlieh Bauraeister, wurden in's Land gezogen, weil seit dem Einfall der Tataren (1241, l2-i2) der Burgenbau imnier mebr in Aufnabnie kam. In seiner iiussern Politik , wie in der Landes- verwaltnng befolgte Wenzel I. das von seinem Vater eiugebaltene System; er beglinstigte die Stiidteanlagen und dentscben" Aiisiedlungen, erweiterte die Gerecbt- same der Stiidte darcb wicbtige Zugestandnisse und zog die erwiibnte Neustadt bei St. Galliis in die Um- ratiuerung der Prager Stadt ein. Die Anzabl der Stiidte wurde bedeutend vermebrt und biedurcb erlaugten die weltlicben Pfarrkircben , welcbe man bis dabin nur einsebiffig und klein oder rund aufgefiibrt batte, eine selbsteigene basilika-artige Ausbildung. Die alteste grossere Pfarrkircbe scbeint die deutscbe St. Peters- Tvircbe am Poric gewesen zn sein, deren westlicbe mit zwei scbmaleu Tblirmen ausgestattete Hillfte alle Anzeicben triigt, dass sie bereits unter Otakar I. erbaut worden sei. In Prag entstanden ferner die Kircben von St. Castulus und St. Gallus zwisehen 12:30—1240 als uiiabbiingige Pfarreien ; das mit letzterer verbundene l>:ioster "der Magdalenitinen war eine abgesonderte Stifrung. Von diesen beideii Kircben bat sicb die Anlage im Grundrisse erbalten, beide waren mit zwei Tbiirmen an der Abendseite ausgestattet, dreiscbiffig mit niedri- gern Nebenscbiffen . und je durcb drei quadratiscbe Pfeiler auf jeder Seite eingetbeilt. Die Pfarrkircben der nengegriindeten Stiidte scbreiben sicb meist aus der Zeit Otakar II. Die in's Land gerufenen Kiinstler bracbten neue Ideen mit, welcbe sicb zuerst in den von der Konigin- Witwe Constantia (Otakar's I. Gemablin) und der Prin- zessin Agnes (Konig Wenzel's Scbwester) ausgefiihrten Werken kundgeben. Constantia griindete und erbaute zwiscben 1233 bis 1250 das Cistercienser-Kloster Tis- novic bei Briiun, wiibrend Agnes in derselben Zeit unweit der Peterskircbe auf dem Pofic ein Fran- ciscus-Spital und ein Nonnenkloster der Regel der heil. Clara erricbtete. In beiden Werken tritt uns mit einera Scblage ein Ubergangs-Sty 1 von solcberFeinbeit und Vollendung entgegen, dass man diese Bauten den vor- ztiglicbsten Scbopfungen aller Liinder beizablen darf. Der in diesen Denkmalen ausgesprocbenen Ricbtung scbliessen sicb an die etwas jiingern Pfarrkircben zu Kolin und Kouiim , die in Ruinen liegende Kloster- kircbe Hradist' bei Miincbengriitz und die Propstei- kircbe Polic. Bemerkenswertb ist, dass diese gestei- gerte Kunstricbtung meist auf solcbe Bauwerke be- scbriinkt blieb, welcbe entweder von der Herrscber- Familie oder den freien Stiidten ausgingen; nebenher wurde der romaniscbe Styl in bergebracbter Weise bis anniibernd ] 300 gelibt. Die Kunst des Wolbens ist in den obigen Bauten vollstiindig entwickelt und wird urkundlicb erst i. J. 1234 erwiibnt, als man das Domcapitelbaus in Prag umbaute 's. Wiibrend der Regierung des Konig Wenzel I. (1230 — 1253), gescbaben sebr viele neue Kloster- griindungen, namenllicb der neuern Orden: die Mino- riteu und Dominicaner, Templer, deutscben Ritter, Franciscaner und andere verbreiteten sicb und erbauten Ordensliiiuser, docb baben sicb von alien diesen Anla- gen nur unbedeutende Reste erbalten. Scbon bei Lebzeiten Wenzel's batte sein Sobn Otakar beftige Aufstiinde erregt, welcbe erst naeh langwierigen Kiimpfen durcb friedlicben Vergleicb bei- gelegt wurden; bierauf wandte der 23iiibrige Prinz, nacbdem er sicb mit Margaretba, der Witwe des Hein- ricb VII. einer Babenbergerin vermiiblt batte, seine Eroberungslust den osterreicbiscben Landen zu und erwiikte In kurzer Zeit, dass er als Herzog von Oster- reicb anerkannt wurde. P f e m y s 1 0 1 a k a r II. , genannt der goldene Konig, setzte nacli seiner Tbronbesteigung (1253) das_ von seinen beiden Vorgiingern begonnene Colonisations- system im grossten Maassstabe fort, bewilligte den bestebenden" Stiidten Tbeilnabme an den Landtagen und legte den Grund zu vielen neuen Scblossern Klostern und Stiidten, indem er seine Tbiitigkeit iiber ganz Biibmen, Miibren, Lausitz und Osterreicb ausbrei- tete. Im weitern Verlaufe erwarb er aucb Kiirntben und Steiermark und erricbtete eines der grossten Reicbe seiner Zeit. Es wiirde zu weit fiibren. wenn wir die Anhigen dieses tbatkriiftigsten aller Regenten des Pfenn'sliden-Stammes aucb nur aufziiblen wollten; tief in alle Verbiiltnisse eingreifend verstand Otakar uberall Kunst- und Gewerbefleiss zu heben, neues zu scbaflfen und bestebendes zu verscbonern. Im Uberblick seiner Scbopfungen stebt obenan die Stadt Budweis mit einem scbonen Dominicaner-Kloster und nicbt fern davon das nocb berrlicbere Cistercienser-Stift Goldenkron; nun folgen die Stiidte: Aussig. Briix, Beraun, Caslau, Cbrudim , Hobenmauth , Kaaden , Koufim , Kolin, Melnik, Nimburg, Pilsen, PoHcka und Taus, welche Cosraae Cont. i>ag. 370: „Claiistrum Ecclesiae Pragensis reparaliim est (ie lapidiljus et testudinatum". Es fiillt ,nif, dass der Umbau mit J-temen aubdrucklirh erwiilint xvird ; dcmgemUss diirfte das fruhere Capitelhaus em HolE- Oder Fachwerkbau gewcscn seio. — 11 — alle von Otakar II. in den Stiidterang' erlioben wurden und wo sich beinahe iiberall durch ihn gegrundete Denkmale erhalten haben. Auch seine Grossen verstand der gewaltige Furst anzuregen. Das Haus Eosenberg entfnltete einen kMig- lichen Glanz, Vok I. aus diesem Geschleclite erbaute im J. 1259 das Cistercienser-Kloster Hohenfurt iind ver- schiedene kimstreich ausgestattete Schlosser, durch ihn und seine Naehfolger entstanden die schonen Kii'chen zu Krnmau, Winterberg, Sobeslau, Oberhaid, Priethal, Milcin und Selcan, wahrend die Herren von Stra- konic, genannt die Bavore, das urns Jahr 1245 dnrch sie gegriindete Maltheserordens-Convent bis etwa 1270 in seinen Baulichkeiten vollendeten. Tol)ias von Bene- schau, Domprobst zu Prag, erbaute in Beneschau 1246 — 1257 ein Minoriten-Kloster, dessen Ruinen heute noch die allgemeine Bevpunderung auf sich ziehen. Die Kirchen zu Selau, Frauenthal, Humpolec und viele andere, von unbekaniiten Wohlthatern herriihrend, ent- stamnien dieser Periode; auch die beriihmte alte Syna- goge in Prag, genannt Alt-Neu-Schule, darf nicht ver- gessen werden. Bei so unermesslicher Thatigkeit, die irn Krieg wie Frieden gleich sehr vom (1111 ck begiinstigt war, konnten Reibungen mit den nachbai lichen Fiirsten zuiiachst mit dem Konig Bela von Ungarn nicht ausbleiben. Glan- zende Siege wurden vom goldnen Konig erfochten und er stand auf dem Gipfel des Ruhmes, als Richard von Cornwallis im Jahre 1272 starb und sich fiir Otakar die Aussicht auf den deutschen Kaiserthron oilnete. Der Erzbisehof von Koln kam nach Prag, um sich mit dem Bohmerkonig uber die Wahl zu berathen; dass jedoch demselbeu von den Kurfiirsten die Kaiserkrone ani;e- tragen worden sei, wird durch koine Thatsache bekriif- tigt. Auch mag Otakar die Uberzeiigung gewonneii haben, dass er unter einem Scheinkaiserthum, wie es unter Richard bestaiiden, seine hochfliegenden Plane besser fiirdern konne, als wenn er die wenig beneidens- werthe Stellung, deutseher Kaiser zu sein , iibernahme. Sei dem wie immer, Otakar trat nicht als Bewerber auf, die Kurfiirsten versammelten sich in Frankfurt am Main und wahlten einstimmg den Grafen Rudolf von Habs- burg. Otakar, der wahrscheinlich gehofft hatte, dass wieder ein macht- und willenloser Fiirst an die Spitze des Reichs gestellt werde, protestirte gegen diese Wahl und versagte die Huldigung. Kaiser Rudolf wurde hie- durch gezwungen sein Ansehen zu behaupten, er belegte auf einem zu Augsburg abgehaltenen Reichstag den Konig von Bohmen und den mit ihm verbundenen Herzog Heinrich von Bayern mit der Reichsacht, erklarte Osterreich, Kiirnthen, Krain, Steierraark und das Eger- land als eroffnete Reichslehen und nahm dieselben in Besitz. Herzog Heinrich unterwarf sich nach diesen Vorgangen, Otakar aber versuchte seine Anspriiche mit den Waffen zu behaupten. Der Feldzug gegen Rudolf war unglucklich; Otakar musste auf Osterreich und seineNebenlander verzichten, das eroberteEger heraus- geben und Bohmen aus der Hand des verachteten Habsburgers als Lehen annehmen. Diese Demiithigung krankte den stolzen Konig so sehr, dass er sein Gliick in einem zweiten Kriege versuchte. Alle Anstrengun- gen hatten auch diesesmal keinen gliicklichen Erfolg, Otakar's Heer wurde am 26. August 1278 bei Diirren- krut aufs Haupt geschlagen und der ritterliche Fiirst fa,nd, nachdem er Wunder der Tapferkeit verrichtet, wie die Sage geiit, auf verratherische Weise den Tod i*. Durch diesen Todesfall trat in Bohmen eine jener unheilvollen Perioden ein, deren das Land schon so viele gesehen hatte und noch erfahren sollte. Der Thron- erbe Wenzel, Otakar's Sohn, war erst sieben Jahre alt, wesshalb sich die verschiedensten Parteien um die Vormundschaft oder vielniehr Regierungsgewalt stritten. Otto von Brandenburg, der voml^aiser ernannte Statthalter , hatte einen hartcn Stand , denn der gesammte Adel, die Konigin Witwe Kunigunde und die Masse des Volkes waren ihm feindlich, so dass bald allerorten der Biirgerkrieg entbrannte. Die allge- meine Noth wurde bis zum aussers;ten erlioht durch mehrjahrigen Misswaehs und eine unerhoi-te Theuerung welcher abzuhelfen der Statthalter nicht die Mittel hatte! Auch wird er nicht von Habsucht freigesprochen. Fiinf Jahre dauerten die Drangsale und Markgraf Otto, dessen Vormundschaft zu End e war, musste seinen Miindel gegen das Versprechen von 20.000 Mark Silbers frei gelien. An eine Kunstpflege in dieser Zeit war nicht zu denken; das einzige Denkmal, welches ini Verlauf dieser Vor- mundschaftszeit entstand, ist die Minoriten-Kirche zu Bechin , eine Stiftung der dortigen Biirgerschaft. Obwohl erst zwolf Jahre aft, libernahm W en z el II. unter grenzenlosem Jubel der Bevolkerung sogleich die Regierung, wurde aber anfauglich \ on seiner Mutter und deren zweitem Gemahl, dem Grafen Zavis von Falken- steni aus dem Geschlochte der Rosenberge, in hohem Grade bevormuudet. Dieses Verhiiltniss dauerte sogar nach dem Tode Kimigundens fort, denn der schone und geistreiche Zavis hafte den jugendlichen Regenten ganz an seme Person gefesselt. Jetzt begann Kaiser Rudolf, mit dessen Tochter Jutta Konio' Wenzel zwar seit December 1278 vermahlt war, abei' vvegen grosser Jugend nicht zusammenlebte , in die Verhfiltnisse Bohmens einzugreifen. Dem Rathe seines Schwieger- vaters Gehor gebeiid, erkannte Wenzel das gefahrliche, emeu so iibermachtigen Dynasten wie den Herrn Fa Iken stein an die Spitze des Reichs gestellt zu haben und bestimmte denselbeii sich vom Hofe zu entfernen Hierauf vereinigte sich das durch Zavis absichtlich auscmandergehaltene kiinigliche Ehepaar und Wenzel entfaltete m kurzcr Zeit die ausgezeichnetsten Geistes- gaben. Mit Zavis brach ein langwieriger Kampf aus, welcher Ijald often, bald verdeckt gefiilirt wurde und am 24. August 1290 mit Hinrichluug des bertihmten und gewaltigcn \fagnateu endete. War auch diese Hinrich- tung hinterhstigerweise herbeigefiihrt worden, so kann sie vom politischen Standpunkte als Act der Noth- wendigkeit nur gebilligt werden ; denn der Falken- stemer war sein ganzes Leben hindurch ein Hochver- rather gewesen, welcher often nach der Krone strebte und der alle die Aufstande zwischen 1278 bis 1283 geleitet hatte. In kurzer Zeit wurde nun den faustrechtlichen Zustanden durch den Krinig ein Ende gemacht, die von Otakar IT. eingesetzten Gerichte gelangten wieder zu i;ber den Tod Otakar's aussert sich der Fortsetzer des Cosn.as r, 4'«. • dl^:rsn-e- sln Bertha dureb den Steinmetz Wernberius bis zuin Jalir 1150 vollendet. Da die Kirebe nrspriinglicb keine Tbiirme besfiss, erscbeint die Frist von acht Jabren mebr als binreicbend zur Hersteliung des weder Fig-. 8. hoben noch umfangreichen Gebaudes. Wenn aueh die Kirche oft liberbaut und repa- rirt worden ist, blieb doch die ursprilngliche Anlage in der Hauptsache unverandert und die spatern Zutbaten lassen sicb leicbt erkennen. Beson- ders ist die Cborpartie mit der Haupt- und den beiden Neben- Apsiden von Renovirungen frei geblieben , v^'ie auch eine an der Siidseite angebaute Neben- Capelle, ebenfalls mit balbrun- der Apsis ausgestattet, ibre urspriinglicbe Form bewabrt hat. Eine zweite, siidlich neben dem Presbyterium vorgelegte Capelle mit dreiseitigem Cbor- scbluss, vrelche das Grabmal der heibgen Ludmila entbalt, gebort eben so wenig zur alten Anlage, als die beiden Tbiirme, obwobl diese im allgemeinen romaniseb gebildet sind. Apsi- den , Presbyterium , Capelle und Nebenscbilfe sind mit urspriinglicben Gewolben verseben, das Mittelschilf jedocb batte eine Holzdecke und wurde erst in einer uns nabe liegenden Zeit auf eine dem alten Bau nicbt widerstrebende Weise einge- wolbt (Fig. 8). Es steben sowobl runde Saulen wie viereckige Pfeiler im Scbiffe ; die Anzabl lasst sicb nicbt genau angeben, weil die west- licbe Kirebeiihalfte durcb einen in der Neuzeit eingebauten Nonnencbor total um- gewaiidelt worden ist. Je nacbdem die Kirche mit durchiaufenden Arcaden oder einem Abendchor verseben war, standen einst fUnf oder sieben Pfeiler und Saulen auf jeder Seite; erhalten haben sicb nur je eine Sanle (Fig. 10) und zwei Pfeiler zur Kecbten wie zur Linken. Oberbalb der Seitenscbiffe ziebt sicb ein grosstentbeils erbaltener Laufgang bin, welcher, anfang- licb als Oratorium dienend, mit gekuppelten Fenster- stebungen verseben ist (Fig. II). Das in der Apsis be- findlicbe Gesims ist in Fig. 12 altgebildet. Die Tbiirme sind quadratisch und steigen unverjiingt bis zu den Dacbgesimsen empor, die Helme sind von besonderer Zier- licbkeit , jedoch nicbt alt; sie scbeinen nach mehrmaligen Zersto- rungen jedesmal wieder nacb friiberem Muster restaurirt worden 10. zu sein. Auffallend ist, dass Fig. 11. — 16 — Fig 9. der nordliche, den Kreuzgang tiberspannende Thurm viel kleiner, schmaler und niedriger gelialten wiirde, als der slidliche, welcher sich ilber der schon beschrie- benen Neben-Capelle erbebt (Fig. 13). Unter dem Presbyteriiim und der Banpt-Apside ist eine Kvypta ange- bracht, deren einfache Gratgewolbe dnrch secbs seblanke Saiilen , drei auf jeder Seite , unterstutzt werden (Fig. 14, 15, 16). Die Siiulen der Krypta und des Lanfganges zeigen Witrfel-Capitale vou einfachster Form, die Basen sind mit Edsknollen ver- seben, wabrend die beiden Saulen der Areaden-Stelluug mit Capitiilen von primitivster Arbeit bedeckt sind. Sonst feblt an der St. Georgskircbe jede Ornamentik, selbst der an ronianiscben Bauten beinahe unvermeidlicbe Bogenfries. Dagegen kommen die anflfallendsten Unregehnas- sigkeiten vor. So ist z. B. das sudliche Seitenscbiff 7, Fig. 12. das nordliche 9 Fuss breit, von den alten Fenstern cor- respondirt keines mit dem andern und die Arcaden- Bogen weichen je um 18 bis 24 ZoU an Kobe und Weite von einaiider ab. Die siimmt- lieben Mauern besteben aus Bruchsteinen des Weissenber- ger Mergelgesteines, Opuka genannt; die einzelnen Stucke sind sorgfiiltig mit dem Ham- mer abgearbeitet und sehich- tenformig verbaut. Pfeiler , Saulen unci Kuppelfenster sind aus Saiidsteiuqnadern hergestellt. Die Hauptmaasse verbal- ten sicb : Gesanmitlange iiu Licht 140 Fuss, Lange des Scbilfes 106 „ Liinge des Presbyterinms mit den Apsis 34 „ Gauze Breite ini Licht 44 Breite des MittelsehitFes ...... 22 „ H(3be des Mittelschiffes 44 „ Starke der Pfeiler S'A ,, Man sieht aus diesen Angaben, dass die bei den romanischen Basilikabauten itberall giiltigen, aus der Weite des Mittelschiffes abgeleiteten Vevhaltnisse so ziemlich eingebalten worden sind; die Breiten- und Hohenmaasse sind durehaus ira Einklang. Fig. u. Fig. 15. Die einzelnen Tbeile sehen scbwerfallig und unvollendet aus, weshalb das Innere einen dustern, fast abstossenden p:indruck macht. Man begreift, dass ein reisender Enthusiast (Hirt) seinerzeit verleitet werden konnte, die Bauzeit bis ins zebnte Jahrhundert hinauf zu verlegen und liber die derbe Einfaehheit in Begei- sterung zu gerathen. Kugler hingegen nennt die St. Georgskircbe einen provinciellen Barbarismus, ein etwas barter Ausdruck, auf weichen wir spiiter zurlick- kommen werden is. Im Innern waren Kirche und Ca- pellen mit Wandmalereien verschie- denen Alters ausgestattet, auch sieht man bier einen alten Steinaltar mit Sculpturen aus dem XII. Jahrhundert, welche Kunstwerke an den betreffen- den Stellen erortert werden. Endlicb tindet sich liber das St. Georgs-Stift eine nicht unbetracbtliche Literatur vor ^■>. Fig. 1 6 a. '6 KUKler, Kleine Schriften, II. B. S. 494. 17 Tjbe? das bestehende Gebiiude gebeti indess nur der Fortsetzer des Cosmasund H am m e r s c h m i e d in seiner Geschichte des St. Georgsklosters, welche beide schon angefuhrt worden sind, wichtige Aufschlusse. — 17 — Stiftskirche Mublhausen (Milevsko). In engster Beziehung zii cler St. Georgs- Kirche steht die Pramonstratenser-Kirche Maria-Himmelfahrt zuMiihlhausen bei Tabor (Fig. 17). Dieses Kloster wurde 1184 (nach andern schon 1180) durch Georg Herrn von Mublhausen gestiftet, der Bau aber scbeint Fio- 16 b einige Jahre friiber begonnen worden zu ' sein, da um die angegebene Stiftungszeit die Conventgebaude schon bewohnt waren. Abgesehen von dieser kleinen Zeitdiiferenz, welche sich nur daher schreiben mag, dass die Bestatigung der gemachten Klostergriindung erst einige Jahre spater erfolgte, ist die Bauzeit volikommen sicbergestellt durch eine Nach- richt des ersten Muhlhauser Abtes Gerlach, welcher erzahlt, dass das Kloster 1190 abgebrannt sei '8. Mit dieser Angabe stimmt die Thatsache iiberein, dass man die Spureu jenes Brandes deutlicb wahrnehmen kann, indem der Altarraum ira Ubergangs-Styl erneuert worden ist. Die Detailformen der Muhlhauser Kirche sind geuau dieselben wie in der Kirche St. Georg; doch zeigt die Technik insofern erhebliche Fortschritte, als das Bau- Materiale in Miihlhausen aus harten, schwer zu bear- beitenden Gneiss- undGranitsteinen besteht. DasHaupt- sehiff war mit flacher Holzdecke iiberspannt, die Spuren des Deckengebalkes sind noch oberhalb eines schlecht gefiigten Gewolbes sichtbar; sonst zeigt die Kirche ziemlich jenen Bestand, welchen sie etwa um die Mitte des XIII. Jahrhunderts einhielt is. Im Jahr 1420 am 5. April wurde das Stift durch Zizka erstiirmt und niedergebrannt, wobei jedoch das Kirchengebaude mit Ausnahme des eingeascherten Dach- und Deckenwerkes keinen wesentlichen Schaden litt. Die Gesammtanlage erscheint sehr regelmassig. Durch ein Rechteck von 165 Fuss lichter Lange und 56 Fuss Breite, also ein Verhaltuiss von nahezu drei aneinander gereihten Quadraten, wird der Grundriss des Hauses beschrieben; iiber diese Umfassungslinie springt nur der Altarraum vor, denn zwei angebaute Ca- pellen diirfen nicht zum Kirchenbau gerechnet werden. An der Westseite stehenzwei viereckigeThiirme, welche gegen das Innere auf freien Pfeilern rub en. Das Schiff ist der Lange nach in zwei Abtheilungen gesondert, namlich die westliche Halfte als Laienkirche, welche, abgesehen von den quadratischen Thurmpfeilern, flinf runde Saulen auf jeder Seite enthalt. Die angrenzende ostliche Halfte bildet den Monchschor, jenseits dessel- ben ein Querhaus, das dadurch gewonnen wurde, dass sich die Seitenschiffe bis zur Hohe des Mittelschiffes erheben. Das Querhaus, obwohl in den nrspriinglichen Eintheilungslinien sich bewegend, zeigt gleich dem aus fiinf Seiten des Achteckes gezogenen Altarraum den Ubergangs-Styl, welchen auch eine an der Nordseite der Kirche angefiigte, der heil. Anna gewidmete Ca- pelle einhalt. Diese ist aus der Halfte des Zehneckes geschlossen und gleich dem Querhaus aus sorgfaltig " Att Gerlach, sagt in seiner, Ton Dobner in den Mon. hist. Boem. mitgetlieilten Clironik ad ann. 1190: „hoc anno elaustrum nostrum Mylli. com- bustum est". — Urkunden iiber die Klostergriindung finden sich bei Erben, Eegesta Boh. et Mor. p. ]71, 265, 266. " Dass die Aussenseiten fast aller in der Mitte Bb'hmens liegenden romanischen Bauwerke Terzopft wurden und die Thiirme regelmassig zwiebel- formige Hauben erhielten , muss ein fiir allemal in Erinnerung gebracht werden. Fig. 17. abgearbeiteten Werkstiicken von Granit erbaut, wiih- rend das Kirchenhaus aus Bruchsteinen mit eiugeleg- ten Quadern besteht. An der Siidseite lehnte sich ein Kreuzgang an die Kirche, dort hat sich auch eine an das Querhaus angefiigte, mit halbrunder Apsis ver- sehene Capelle erhalten , welche als Sacristei dient und den Beweis liefert, dass auch das Mittelschiflf rait einem solchen Altarhause geschlossen war. (Fig. 18.) Das Innere gewahrt, obgleich die Saulenstellungen und das Querhaus ein grosseres Linienspiel hervorbrin- gen (Fig. 19), doch einen ahnlichen Eindruck wie die Georgskirche ; auch fehlt hier die Krypta, welche un- streitig vorhanden war, aber nach dem Brande nicht wieder hergestellt worden ist. Der an der Nordseite betindliche Nebeneingang verdient wegen seiner auf- fallenden Einfacbheit um so mehr Beacbtung, als auch an der Georgskirche eine ganz ahnliche (dermal durch einen Vorbau verdeckte) Thure vorkommt. Die Maasse gestalten sich: Lange des Kirchenhauses ohne Altarraum im Lichte 165 Fuss Lange des Altarhauses 23 „ Lange der Laienkirche 95 „ Gesammtweite der Kirche 56 „ 3 — 18 — Fig. 18. Weite desMittelschiffes von einer Saulenachse zur gegenliberstehenden 27|Fuss Starke der Mauern imd Saulen 41 „ EntferniiTig der Saulen in der Langenrichtung von Achse zu Achse . 13 „ Hohe der Saulen 13 „ Hohe der Seitenscliiffe 23 „ Hohe des Mittelschiffes 46 „ Thurmhohe bis zum Dachgesims 136 „ Die Stiftskirche Muhlhausen gehort sammt einem Theile der ehemaligen Klosterguter gegenwartig dem Pramonstratenser-Kloster Strahov in Prag. Wahrend der Hussitenstlirme hatte der umherwohnende Adel sich kurzweg die reichen Besitzungen des Stiftes angeeig- net und als nach Beilegung der Unruhen einige friihere Ordensglieder von ilirem Kloster v^ieder Besitz ergrif- fen, kamen sie in so missliche Umstande, dass die Auf- hebung 1574 herbeigefiihrt wurde. Caspar von Questen- berg als Landespralat von Strahov und Selau erwirkte von Kaiser Ferdinand II., dass die vom koniglichen Fiscus eingezogeue Herrschaft Muhlhausen als geist- liches, dem Pramonstratenser-Orden gehoriges Gut her- ausgegeben wurde, worauf nach langen Verhandlungen im Jahre 1683 ein dem Kloster Strahov unterstehendes Priorat gegriindet wurde. Durch Kaiser Joseph wurde auch dieses aufgehoben, doch verblieb Muhlhausen dem Stiftc Strahov und die Kirche dient gegenwartig als Stadtpfarrkirche. Stiftskirche Tepl. Wie der Bau zu Muhlhausen im Vergleich mit der Georgs-Kirche manche Fortschritte erkennen lasst, findet ein ahnliches Verhaltniss wieder statt zwischen den Kirchen Muhlhausen und Tepl. Wenige Jahre nach Erbauung ersterer Kirche legte Hroznata, der als Verwandter der regierenden Familie bezeichnet wird, auf seinen im nordwestlichen Bohmen betindlichen Gutern ebeufalls ein Pramonstratenser-Ordensstift an, dessen vom Papste Colestin III. ausgestellte Bestati- gungsurkunde vom 7. August 1197 datirt ist. Hroznata, dessen Lebensgeschichte in eigenthiimUches Dunkel gehuUt und mehr durch eine Legende als geschicht- liche Nachrichten bekannt geworden ist, soil den Grund der Kirche 1193 gelegt haben, worauf die Masse des Gebaudes mit Ausnahme der Thurme bis 1197 vollen- det worden ware. Die Thurme wurden erst 1232 auf- gestellt. Der Stifter Hroznata war ein iiberaus frommer, jedoch von Jugend auf kranklicher Mann, welcher sich zu einem Kreuzzug ins heihge Land verlobt und die Pilgerschaft schon begonnen hatte, aber von einer Krankheit betroffen nur bis Rom kam, wo er person- lich beim Papste die Bulle fiir seine Klostergrundung erwirkte. Nachdem dieses geschehen, kehrte der Stifter in seine Heimat zuruck, nahm selbst das Ordenskleid und trat in das durch ihn gegrtindete Kloster ein. Vergleicht man die Anlagen_ zu Muhlhausen und Tepl, so findet man eine solche Ubereinstimmung der- selben, dass man sie unmoglich dem Zufalle beimessen kann. Die Stellung der Thurme ist hier wie dort die- selbe, uberall ist die Lange des Hauses (ohne Altar- raum) gleich der dreimaligen Breite und nahern sich die Detailmaasse bis auf unbedeutende Kleinigkeiten. Auffallender noch tritt die Ahnlichkeit beider Bauwerke in den Westfronten zu Tage (Fig. 20). (In Figur 21 ist das 3. und 4. Stockwerk des Thurmes abgebildet.) Dage- gen ist die Chorpartie in Tepl bei weitem entwickelter, indem die Kreuzform durch ein weit ausgeladenes Quer- schifif ausgesprochen wird. Die Nebenschiffe sind mit besondern Choranlagen nach Art des Mittelschiffes aus- gestattet und mit halbrunden Apsiden geschlossen. Dass die mittlere Apside wahrscheinlich durch einen Brand zerstort und mit einem gothischen Chorschluss (gerade so wie in Miihlhausen) ersetzt worden ist, muss dem Zufall zugeschrieben werden (Fig. 22). Leider hat die Tepler Kirche sehr viele Verunstal- tungen erfahren ; die Hussiten, Mansfeld's Schaaren und die Schweden haben arg gehaust, mehrere Brand- unglucke sind eingetreten und zuletzt brachte die Ver- Fig. 19. — 19 — schonerungswuth des vorigen Jahrhuriderts dem architekto- nischen Bestande grosseren Schaden, als alle feindlichen Heere. Zwischen 1710 und 1724 wurde die Kirche im Ge- schmack der damaligen Zeit so umgemodelt, dass vom Innen- bau nicht viel mehr als die Gesammtanlage erhalten blieb. Um die Kirche ganz licht zu haben und die Fenster zu ver- grossern, wurden die ursprilng- lich niedrigen Seitenschiffe erhoht, und auf diese Weise aus der ebemaligen Basilika eine Hallenkirche gemacht. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die ehemals runden Siiu- len verstarkt und in achteckige Pfeiler umgewandelt Nord- und Siidseite sind durcb die angrenzenden Klostergebaude vollig verdeckt, die Westseite hat ein Portal im verdorbenen Renaissance-Styl erhal- ten, blieb aber sonst von entstellenden Zuthaten frei, wahrend an der Ostseite nur die Apsis links den alten Charakter gewahrt hat. Figur 23 und 24 geben Abbil- dungen von Consolen. Ein machtiger Thurmpfeiler und acht freie Pfeiler auf jeder Seite tragen die gleich hohen Gewolbe, die sich nach einiger Untersuchung als Arbeiten der Bau- meister Ch. Diezenhofer und Braunbock, welche die obgenannte Restauration leiteteu, herausstellen. Ins- besondere waren es die beiden Diezenhofer, welche die verschiedensten Bauformen zu vermengen und mit grosster technischer Virtuositat so aneinander zu reihen verstanden, dass oft der Anschein von Alterthiimlichkeit beibehalten wurde und man die Restaurationen nur schwer von den ursprunglichen Theilen unterscheiden kann. Ob die Tepler Kirche ehemals eine flache Decke im Hauptschiff gehabt babe , oder als durchgehend uberwolbte Basilika mit niedrigen Seitenschiffen ange- legt worden sei, lasst sich nicht feststellen, da alle Mauern erhoht worden sind. Die Maasse sind: Gesammtlange im Licht davon entfalleu auf den Chorschluss . . auf das Querschiff in der Langenrichtung auf das Langhaus Das Querschiff halt in der Breitenrichtung . Weite des Langhauses ......... Weite des Mittelschiffes von Achse zu Achse Entfernung der Pfeilerachsen in der Langen- richtung 14 Lichte Hohe des Mittelschiffes 50 Hohe der Thiirme 126 Ursprungliche Mauerstarke 4 2" Uber den Bau der Stiftskirche Tepl erschienen vor kurzem zwei von dortigen Ordensmitgliedern verfasste , auf Urkunden gegriindete Abhandlan- gen. P. Klimes, Stifts-Bibliothekar, gibt in seiner Schrift: „Das Pramonstra- tenserstift Tepl", sehr eingehende Naclirichten fiber die Klostergebaude und den Kirclienbau, Vaiirend P. Hugo Karlik in der Abhandlung „Die Griindung des Klosters Tepl", mehr die allgemeinen Verhaltnisse mittheilt. Hier wird die Vollendung der Kirche in das Jahr 1196 -verlegt; Klimes nimmt 1197 an. 208 50 25 133 87 52 26 Fuss In neuester Zeit hat man das Innere abermals in einer nicht ganz gelungenen Weise uberarbeitet und namentlich von Vergoldungen einen allzu haufigen Gebrauch gemacht: nichts desto weniger leuchtet die kraftvoUe alte Anlage siegend durch alle Modernisirun- gen und sichert diesem Gebaude den ersten Rang unter den Basiliken Bohmens. Das Baumateriale ist Trachyt von schoner gelb- brauner Farbe, der sich wie feinkorniger Sandstein bearbeiten lasst und in der Nahe von Tepl gebrochen wird. Der ganze Bau besteht aus rein gearbeiteten, ziemlich grossen Werkstiicken. Die Pfarr kirche in Tismic. Ehe wir die grossen Stiftsbauten in ihrem Zusam- menhange weiter verfolgen, sei eine kleine, bestens erhaltene Landkirche geschildert, welche als Saulen- Basilika mit Tepl und Miihlhausen vielfach verwandt ist. Die Maria-Himmelfahrtkirche in Tismic soil schon 905 gestiftet worden sein, welche Jahrzahl auf einer im Jahr 1755 aufgefundenen Gedenktafel eingegraben war. Die Tafel ist nicht mehr vorhanden, eben so wenig andere Urkunden, welche Stiftung oder Bau betreffen. Bei der angenehmen Lage des Ortes und in Anbe- tracht, dass das Dorf Tismic zur Herrschaft Schwarz- Kostelec , einem ebemaligen Krongute, gehorte , er- scheint eine friihe Stiftung wahrscheinlich ; das beste- Fig. 20. 3* — 20 — Fig. 22. heude Gebiiude ist jedoch in keinem Falle vor 1190 ausgefuhrt worden. -, on t? o Ein Rechteck von 52 Fuss Lange und 29 Fuss Breite lichten Maasses wird durch zwei Saulen und zwei Pfeiler, auf jeder Seite, in drei Schiffe zerlegt. Auf den beiden westlichen Pfeilern ruhen, wie in den zwei vor- beschriebenen Kirchen, die Thllrme, welche nicbt uber die allgemeineUmfassungslinie vortreten (Fig. 25 ii. 2b). Sowohl das Hauptschiff wie die Nebenscbiffe werden durch halbrunde Apsiden gesehlossen, wodurch sowohl das Innere wie die ostliche Aussenseite (Fig. 27) em sehr belebtes Ansehen gewinnen. An den niednggehal- tenen Seitenscbiifen und den Apsiden Ziehen sich Rund- bogcnfriese bin (Fig. 28), welche an dem Mittelbaue und den Thiirmen fehlen; der Hauptemgang und die Fenster der Sudseite sind erneuert, auch haben die Th'drme Zwiebelhauben erhalten (Fig. 29). Die Saulen sind 12 Fuss hoch und 2 Fuss stark, ruhen auf schlank geformten Basen mit geschwungenen Eckbliittcrn uud werden _ durch einfache Wiirfel Capitale bedeckt; von den Capitalen ziehen sich an den Wanden des Mittelschiffes Lese- nen hinauf, urspriing- lich bestimmt, die Hauptbalken der Decke aufzunehmen. Gegenwartig bestebt ein Gewolbe im Mittelschiffe, welches jedoch erst 1755 von Holz und Stuckmasse hergestellt worden ist. Fig. 3U zeigt die ProfiUrung, Fig. 31 das Hauptgesims und Fig. 32 eine Console daselbst. m Die raumliclien Verhaltnisse zeigen sich also : Weite des Mittelschiffes von Achse zu Achse 13 Fuss "Weite eines jeden Seiten- schiffes 8 „ Pfeiler und Saulen starke . . 2 „ Entfernung der Siiulenachsen in der Langenrichtung . . 11 „ Hobe des Mittelschiffes . . 30 „ Starke der Umfassungsmauern 3 „ Tiefe der Haupt-Apside . . 5 „ Diese Kirche ist die kleinste aller in Bohraen vorhandenen Basiliken und zugleich (von Eger abgesehen) die einzige , welche ^ eine regelmassige Abwechshmg von Saulen und Pfeilern zeigt. Im sudlichen Thurme fuhrt eine neueingebaute Treppe auf die Empore und in den Dachraum, ehemals wurde der Zugang in diese Theile durch eine an der Aussenseite vorgelegte Holztreppe vermittelt. Der ganze Bau bestebt aus Sandsteinquadern von schoner graugelber Farbe und ge- wahrt von alien Seiten ein malen- sches Bild; im Innern spricht sich ein in Tepl noch nicht bemerkbares Stre- ben nach Zierlichkeit aus. Die Westfronten der Kirchen von Muhlhausen, Tepl und Tismic lassen in ihrer Ubereinstimmung einen und denselben Meister vermuthen , der sich allmalig herangebildet hat. Mehr bemuht, den Innenbau und die Fig. 23. riff. 24. Fiff. 25. — 21 — U Fig. 26. Chorpartie zu heben, hat er die Giebelseite, welche in Deutschland und Italien als die fiir architektonischen Schmuck geeignetste Stelle angesehen wurde , ganz vernachlassigt. Die Pfarrkirche in Prosek. Das Dorf Prosek oder Prosik liegt auf dem lang- gedehnten Hohenzuge, welcher das Thai von Prag an der Nordseite umfangt und gegen den Moldaufluss hin steil abfallt. Auf dem hochsten Punkte dieses durch manches kriegerische Ereigniss beriihmt gewordenen Bergriickens liegt die dem heil. Wenzel gewidmete Kirche, weithin in der Runde sichtbar. Man vermuthet selbst in nachster Nahe kein alterthiimliches Denkmal ; denn der Bau ist mit blendender Kalktiinche Uberzogen, rings von Flickereien umgeben und gleicht einer Dorf- kirche ordinarster Art. Erst beim Eintritt in die Halle iiberzeugt man sich von der Wichtigkeit dieses Gebau- des, wenn auch das Innere von Unbilden nicht frei geblieben ist. Drei runde Saulen auf jeder Seite enthaltend, erscheint das Kirchenhaus im Vergleich mit Tismic sehr geraumig, obgleich nur die Breite etwas grosser angenoramen wurde (Fig. 33 und 34). Die Saulen gleichen denen in der Georgs-Kirche, haben flache, nur aus Platte und Wulsten gebil- dete Capitale und runde Postamente, sind 12 1/2' Fig. 27. hoch und 3' stark. Alle drei Schiffe sind mit halbrunden Apsiden geschlossen, das Hauptschiff aber wird vor dem Abschlusse durch ein 12 Fuss tiefes Presbyterium verlangert. Uber diesem, das mit einem alten Tonnen- gewolbe iiberspannt ist, erhebt sich ein Thurm, eine an romanischen Gebauden seltene Anordnung; die Apsiden sind mit Rundbogenfriesen umzogen und aus Quadern, der iibrige Bau aus gemischtem Mauerwerk aufgefuhrt. Im linken Seitenschilfe bestehtnoch, wie im Presby- terium , das urspriingliche Gevpolbe. Das Mittelschiti und rechte Nebenschiff sind etwa um 1500 in spat- gothischer Weise eingewolbt vporden. Hier in Prosek begegnen wir dem ersten decorirten Portale, welches zwar durch einen Vorbau grosstentheils verdeckt, aber in der Hauptsache unbeschadigt geblieben ist (Fig. 35 und 36). Auch ein schachbrettartig ornamentirtes Pila- ster-Capital hat sich erhalteu (Fig. 37). Die Maasse sind: Lange des Schiffes im Licht 48 Fuss Lange des Presbyteriums 12 „ Tiefe der Haupt-Apside 8 „ Gesammtbreite im Licht 38 „ Weite des Mittelschiffes von Achse zu Achse 19 „ Pfeiler- und Mauerstarke 3 „ Hohe des Mittelschiffes 32 „ Auch der Proseker Kirche wird hohes Alter bei- gelegt, sie soil 970 durch Herzog Boleslav H. gegriin- det (gestiftet) worden sein , doch hat sich iiber die Erbauung selbst keine zuverlassige Nachricht erhal- ten. Urkundlich wird die Kirche zum erstenmal in den Errichtungsbiichern 1375 genannt, damals besass sie einen ausgedehnten Pfarrsprengel und das Dorf Prosik gehorte der Krone, weshalb die Annahme, dass die Stiftung von Herzog Boleslav ausging , alle Wahr- scheinlichkeit fiir sich hat. Auf Grund dieser glaubwur- digen Sage wurde auch im Jahre 1770 das achthundert- jahrige Jubilaum gefeiert, bei welcher Gelegenheit die fromme Kaiserin Maria Theresia ein prachtvolles, mit Fig. 28. — 22 Fig. 31. Fig. 29. ihrem Namenszuge versehenes Messgewand anher schenkte. ■ ^..11,1^ Im Vergleich mit der Georgs-Kirche bemerkt man inProsik grosse Fortschritte, der Quaderbau an den Apsiden, die Thurmstellung und namentlich die Orna- mentirung deuten auf eine spatere Entstehungszeit. Diese wird audi durch die Beschaffenheit des Mate- riales dargethan, denn der Prosikerstein, aus welchem das Gebaude aufgefiihrt ist und der in friiherer Zeit viel gebraucht wurde , gilt allgemein als weich und wenig dauerhaft. Docli mOchte die Kirche urn etwa zwei Jahrzehnte vor Tismic entstanden sein , fiir welche Annahme mehrere stylistische Grunde, besonders erne Vergleichung mit der St. Jakobs-Kirche in Jakobsdorl sprechen, welche letztere urkundlich zwischen 1160— 1170 erbaut worden ist. , , Wenn irgend als lonnend, kann eine zweckmassige Re- stauration dieses Denkmals und die Entfernung der ange- hangten Flickbauten nicht genug empfohlen werden. Die Pramonstratenser Stiftskirche Strahov in Prag. Die bisher geschilderten Basiliken-Bauten bilden eine an die St. Georgs-Kirche sich anlehnende Gruppe, zeigen gleichartige, ganz oder theil- weise durch Saulen einge- theilte Arcaden und scheinen sammtlich im Hauptschiff •flache Decken gehabt zu haben. In den folgenden Bau- werken sind die Arcaden durch viereckige oder kreuz- formige Pfeiler gebildet, wo- bei gewohnlich die urspriing- liche Bedeckung des Mittcl- schiffes (ob Wolbung oder Pi 30 Holzdecke) zweifelhaft bleibt. Von der durch Konig Vladislav um 1140 gegriindeten Marienkirche des beriihmten Pramonstratenser Klosters Strahov hat sich die An- lage nur im Grundriss erhalten und selbst dieser konnte nur mit vieler Muhe sichergestellt werden. Der Bau wurde eifrig gefordert und war jedenfalls bis zum Jahr 1151 weit gediehen, weil damals Gerdrudis, Vladislav's Gemahlin, und Bischof Zdik in der Kirche begraben wur- den. Nachdem auch der konigliche Grunder 1174 hier beigesetzt wor- den soil nach dem Zeugnisse des Chronisten Gerlach die Kirche im Jahre 1182 eine grosse Umanderung erfahren haben, indem der Hochaltar anders gestellt und der Chor erhoht wurden 21. Wahrscheinlich wurde nachtraglich eine Krypta angeordnet, welche jedoch in spaterer Zeit wieder verschwunden ist. Auch der grosse Brand, welcher 1258 das Stift betraf, dlirfte sich bei der Kirche nur auf Dach- werk und Einrichtungsstiicke beschrankt haben, da sich nicht die geringsten aus jener Zeit herruhrenden Einschaltungen erkennen lassen. Abt Johann, welcher damals dem Stifte vor stand, stellte durch fiinfjahrige Bemiihungen sein Kloster schbner her als es fruher gewesen. Hier- auf scheinen sich die Stiftsgebiiude bis zum Ausbruch der hussitischen Unruhen ziemlich uuverandert erhalten zu haben; dann folgten endlose Umbauten und die Kirche wurde der Sitte des vorigen Jahrhunderts gemass in alien Theilen zu emem Renaissance -Bau umgestaltet. Die Grundform konnte indess nicht vertilgt werden und erscheint um so wich- tiger, als durch sie eine zweite Anordnungsweise em- Fig. 32. 1 1 Fig. 33. 2ir.r,hnpr Mon Boem. pag. 97. - Eine eigentliche Anderung der •welcher Gerlach spricht. — 23 — Fig. 34. geleitet wird (Fig. 38). Der Sehiifsraum wird darch zwei Quadrate von 60 Fuss seitlicher Ausdehnung be- schrieben , das Presbyterium ohne Apsis ist wieder 60 Fuss lang und schliesst sich ohne Vermittlung eines Querhauses an das fiir Laien bestimmte Schiff an. Dieses zeigt auf jeder Seite fiinf kreuzformige Pfeiler, deren Grundform unter neuen aus Stucco bestehenden Pilastern nocb vorhanden ist. Ob die Gestalt der Pfeiler urspriinglich ist oder die Kreuzform erst nach dem Brande von 1258 als Verstarkung zur Aufnahme der Gewoibegurten hergestellt wurde, lasst sich nicht mehr sicherstellen. Die grosste Regelmassigkeit spricht sich in alien Theilen aus, wie die nachstehend^ Maasse bestatigen: Ganze Kirchenlange ohne Apsis im Licht . 180 Fuss Tiefe der Apsis 10 „ Gesaramtbreite des Kirchenhauses im Licht 60 „ Weite des Mittelsehiffes von Achse zuAchse 30 „ EntfernungderPfeilerachsen in derLangen- richtung . 20 „ Mauerstarke „ Hohe des Hauptschiffes , . 45 „ Hohe der Seitenschiffe 221/2 „ Fine solche Ubereinstimmung der Maasse wird in Bohmen nicht wieder getroffen, daher glaublich wird, es sei die Hohe des Mittel- sehiffes durch die Restau- rations-Bauten nicht gea^n- dert worden. Von den Sei- tenschiffen lasst sich dieses mit Bestimmtheit sagen, denn in den beiden ostli- chen Abtheilungen beste- hen noch die alten, nur mit Graten versehenen Kreuz- gewolbe. Thiirme scheint diese Kirche nicht gehabt zu haben ; die gegenwarti- gen, weit von den Seitenschiffen abstehenden , sind nicht organisch mit dem Bau verbunden. Fine Thurm- stellung ware nach Beschatfenheit der Hauptmauern nur an der Ostseite neben dem Presbyterium moglich gewesen. Von alten Portalen, Fenstern, Saulen und sonstigen Einzelheiten hat sich nicht die leiseste Spur erhalten. Fig. 35. Die Stiftskirche zu Plass. Nur wenige Jahre nach der Griindung von Strahov wurde eben- falls durch Vladislav das Cister- cienser-Stift Plass (1 146) ins Leben gerufen und durch Monche aus dem Kloster Langheim in Franken be- volkert. Den Grundstein zu der Stiftskirche legte der Fiirst eigen- handig im Jahre 1154, um welche Zeit jedoch der Bau schon ziemlich Fig. 36. vorgeriickt sein mochte. Die Ausfuhrung war eine sehr langsame, denn die Consecration geschah erst 1204 durch den Bischof Robert von Olmiiz, eine ungewohnlich lange Frist, welche sich nur durch die Annahme erklaren lasst, es habe in der Zwischenzeit ein Brandungluck den Bau unter brochen. Sonst gestalteten sich die Verhaltnisse des Klosters so giinstig, dass es Tdchterkloster anlegen konnte, unter denen das Stift Miinchengratz oder Hra- disf fiir die Kunstgeschichte von hochster Bedeutung ist. Von den Sturmen des vierzehnten Jahrhunderts wurde Plass zwar entsetzlich mitgenommen, doch scheint bier wie in Miihlhausen die Stiftskirche mit Nieder- brennen der Dachungen und Holzvrorke durchgekom- men zu sein. Die alten Portale und Fenster sind ver- schwunden und die Westseite ist in plumper Weise verzopft worden ; sonst blieb das Gebaude vom Grund bis zum Dachgesims das urspriingliche, wenn man die kleinen als Sacristeien dienenden Vorbauten neben dem Presbyterium abrechnet. Die Eintheilung ist dem abgewickelten Wiirfel ent- nommen, Presbyterium, Vierung und Kreuzfliigel bilden nahezu gleiche Quadrate und die Kreuzform ist voll- standig entwickelt. Gegeniiber dem fiir eine Stiftskirche nicht geraumigen Presbyterium zeigt sich das Lang- haus (der Schitfraum) einiger- massen gedehnt und mager. Von den 7 Pfeilern , die auf jeder Seite stehen, sind die beiden vordersten , die das Langhaus vom Querschififetren- nen, wie auch die beiden hin- tersten kreuzformig; zwischen diesen betinden sich je fiinf rechteckige glatte Arcaden- Pfeiler, denen jede Gliederung Fig. 37. fehlt. Thiirme waren nicht vorhanden. Die Hauptmaasse sind : Gesammtlange in Licht 190 Fuss davon entfallen auf die Apsis .... 10 „ auf das Presbyterium und Querhaus . . 54 „ auf das Schiff 126 „ Lichte Weite des Kirchenhauses .... 55i/o „ Lichte Weite des Mittelsehiffes 24 ~ „ Weite des Querhauses 80 „ Mauerstarke „ Hohe des Mittelsehiffes 50 I Hohe der Seitenschiffe ISVa „ Das Mittelsehiff ist gegenwartig mit einem ellip- tischen Gewolbe neuerer Form iiberdeckt und diirfte erne Holzdecke gehabt haben: Seitenschiffe, Presby- 1''' — 24 — terium und Hauptapsis besitzen jedenfalls , das Quer- haus vielleicht die ursprUnglichen Wolbungen. Kloster Flass ist bekanntlich aufgehoben, die Stiftsguter ge- horen der furstlichen Familie Metternioh. Collegiat-Kirche zu Alt-Bunzlau. Die von Herzog Bre- tislav I. zur Slihne der in Polen begangenen Frevel gegrundete Collegiatkirche soil der Sage nach an jener Stelle aufgebaut word en sein, wo der heil. Wenzel ermordet wurde und wo bereits eine iiltere Capelle bestanden hatte. Der Neu- bau soil so angeordnet ge- wesen sein, dass die alte den Heiligen Cosmas imd Damian gewidmete Ca- pelle nicht allein in die Stiftskirche einbezogen wurde, sondern tVei inmit- ten derselben stand. Diese Sage gab Anlass , dass man in der bestehenden und woblerhaltenen Krypta jenes beeagte Cosmas- und Damian -Kirchlein erken- nen woUte, darin der Leich- nam des heil. Wenzel vom Jabre 935-939 beigesetzt war, denigemass diesem Denkmal ein ungewohnlich bohes Alter zugeschrieben wurde. So vielfache Nacbrich- aber nach dem letzten Brande nicht wieder aufgerichtet worden ist. Ein regelmassiges Quadrat von 65 Fuss lichter Weite beschreibt den Raum fur die drei Schilte, von denen dasHauptschiff die in Bohmen ungewohnliche Breite von 32 Fuss einhalt. Die linke Seite neben dem Presbyterium, woselbst die Sacristei angebracht ist, besteht aus einem unentwirrbaren Conglomerat ver- schiedener Bautheile, welche in ihrer gegenwartigen Beschaffenheit wenig Interesse bieten , obwobl die Reste einer sehr alten Apsis hervorragen. Es schemt an diesem Orte eine unabhangige Capelle bestanden zu haben. Das Hauptschiff wie das sudliche Seitenschifl werden durch halbrunde Apsiden geschlossen; ersteres istim Rococo-Styl uberwolbt und besass bereits vor dem Brande von 1640 ein Gewolbe, dessen Einsturz aus- drucklieh erwahnt wird. Drei viereckige Pfeiler, welche dermal durch neue im Renaissance-Styl ausgefuhrte Pilaster verstarkt sind, bilden die gegenseitigen Ar- caden, deren Rundbogen sicb noch von der alten Anlage herschreiben ; sonst gehort der Oberbau ver- schiedenen Perioden an. Man sieht fruhgothiscbe und spatgothische Strebepfeiler, Renaissance-Theile aus alien moglichen Zeiten und auch ganz neue Einschaltungen (Fig 40). Die Krypta, bei weitem die wichtigste Partie, besteht aus zwei Abtbeilungen, ist durchans uberwolbt und wohl erbalten. Drei Treppen je von 8 Stufen die eine vom Hauptscbitfe, dieandern von den Nebenschiflen aus fuhren in diesen Raum, welcher mit 32 Saulen und 4 Pfeilern ausgestattet ist (Fig. 41 und 42) Die west- liche Abtheilung, in welche alle Treppen fuhren ist 30 lang und eben so breit, sie wird durch vier Reihen von je vier Saulen in gleiche quadratische Felder zerlegt, Fig-. 38. ten sich uber das hochberuhmte Stift zu Alt-Bunzlau und seine dem heil. Wenzel geweihte Kirche erhalten baben, fehlt docb uber die Bauzeit des voi-!^a°denen Gebaudes jeder Aufschluss, weil die Gesc^icbte des Stiftes eine fortlaufende Reihe von Missgescbicken und Feuersbrunsten aufzahlt , so dass jedes Jahrbundert durch einen Umbau bezeichnet wird. Es kreuzen sich offenbar verschiedene Plane und haben etwa zwoll Baufiihrungen stattgefunden , von denen nicht entschie- den werden kann, welche der Kirche ihre gegenwartige Form verbehen hat. Nichtsdestoweniger erhellt aus den Vermessungen und technischen Untersuchungen, dass dem jetzigen Bestande ein gewisser einheitliGher Plan zu Grunde liegt und sowohl die Oberkirche _ wie die Krypta nach diesem Plan ausgefiihrt worden sind Das westliche Kirchenhaus, jedoch ohne Vorhalle, halt init dem Presbyterium nahezu die gleiche Lange ein; unter dem Presbyterium befindet sich die Krypta welche genau den allgemeinen Dispositionen entspricht und den ganzenRaum sammt der Apsiden-Rundung ein- nimmt. Die an der Westseite befindliche Vorhalle liegt zwischen zwei quadratischen Thurmen, von denen der slidliche gothisirt und spater modernisirt, der nbrdhche Naiiirlich muss Ton Unregelmassigkeitcn , die theiU aus ^Uer Zeit welche nach dem i?ro.ssen Brande den Keetaurationen von 1640 ttttttfanden und eich bis ins abgenetien werden. v achtzehnte Jahrhundert hinzogen, Fig. 39. — 25 — Fig. 40. welche mit einfaehen Gratgewolben Uberspannt sind. Diese aussere Abtheilung wird von der ostlichen innern diirch eine Quermaiier getvennt, in welcher drei Durch- gange angebracht sind. Die Saulen-Achsen setzen sich in der Langenrichtung jenseits der Quermauer fort und bestimmen die Stellung der im innern Raume stehenden Saulen, welche, ebeiifalls 16 an der Zahl, in vier Reihen so geordnet sind, dass die vordersteReihe die Abschluss- Linie der Apsiden-Rundung bildet. Die beideninnevbalb der Rundung stehenden Pfeiler sind viereckig, jedoch die zwei anderen in der Quermauer, welche sich zwi- schen den Durchgangen befinden, kreuzformig. Die innere Abtheilung ist gleich der aussern 30 Fuss breit, aber nur 24 Fuss lang, die Apsis halt 12 Fuss in der Tiefe. Alle 32 Saulen sind gleich hoch und dick undhabenungegliederteWurfel-Capitale ; diese jedoch und die Basen haben keine gleiche Gestaltung und zeigen sich in den beiden Abtheilungen verschieden. In der aussern Abtheilung sind die Capitale durch- gehend mit einem Ringe (Astragal) (Fig. 43) ausge- stattet , in der innern nicht : dagegen sind innen die Saulenfiisse bedeutend hoher und attisch geglie- dert (Fig. 44 und 45), wahrend sie aussen nur aus Blattchen, Wulst und Plinthe bestehen. Einen autfallen- den Unterschied zeigen die innern und aussern Ge- wolbe: die letztern sind nach alt-romanischer Weise rundbogig und an den Durchschneidungen mit einfa- ehen Graten versehen, die innern Gewolbe aber haben birnformig geschweifte Rippen (Fig. 46), entschiedene Zeichen einer spateren Zeit. Bei solchen Vorkommnissen muss sich entweder der Bau sehr lange hingezogen haben, oder es wurde die Krypta um die Mitte des XIII. Jahrhunderts theilweise erneuert. Hiebei soil nicht unerwahnt bleiben , dass im Jahre 1844, als ich die Krypta zum erstenmal besichtigte , mehrere alte Bau- theile, Capitale, Saulenfiisse und Schafte in den Win- keln lagen, ferner dass eine der Saulen ausnahmsweise einen mit Schilf blattern geschmiickten Fuss (Fig. 47) und eine andere ein ornamentirtes Capital (Fig. 48) besitzt. Dem kiinstlerischen Charakter nach seheint der Bau zur Zeit Vladislav's II. ausgefuhrt worden zu sein. Die Hauptmaasse sind: Gesammtlange im Licht 152 Fuss, davon gehoren dem Fresbyterium sammt Apsis 70 „ dem Kirchenhause 65 „ ' der Vorhalle 17 „ Gesammtlange der Krypta ....... 68 „ Gesammtbreite der Kirche ....... 65 „ Mauerstarke der Oberkirche 4 „ Hohe der alten Arcaden-Bogen 18 „ . Hohe der Saulen in der Krypta 7 „ Durchmesser der Saulen 11 Zoll. Schliesslich haben wir die Blicke noch den Uber- resten eines friihern Baues zuzuwenden, die sowohl in den Seitenschiffen rechts und links neben den kleinen in die Krypta fiihrenden Treppen, wie in der Krypta selbst, sichtbar werden. Zuerst fallen zwei halbver- mauerte runde Saulen von 41/2' Starke auf, deren An- ordnung nicht dem allgemeinen Plan angehort, wie auch ihrZweck nicht zu errathenist; dann sehen wir im linken Nebenschiffe. unmittelbar an der kleinen Treppe Wand- verstarkungen, welche offenbar mit den vermauerten Saulen, aber mit keinem Kircbentheile correspondiren; ahnliche Verstarkungen wird man auch in der Krypta gewahr. Sollten diese im mitgetheilten Kirchengrund- riss angedeutetenTheile vom BaueBfetislav'sherriihren, so diirfte derselbe eine runde Form eingehalten haben und ziemlich umfangreich gewesen sein 23. Indess sind diese Partien so rathselhaft und auch so oft iiberklei- stert, dass nur mit Hilfe von einigen Durchbrechungen Aufschliisse gewonnen werden konnten. Das Bau-Material ist ein ziemlich weicher Sand- stein, welchen man ringsum in der Gegend bricht; das Fig. 41. Sollte diese Vermuthung begriindet sein, konnfe das alte Cosnias- und Damian-Capellchen wohl frei in der Mitte gestanden liabfn und es liatte mit der Sage Richtigkeit. 4 — 26 — Fig. 42. laiifende Mauerwerkbestebt aus Bruchsteinen, Pfei- lern Lesenen und kUnstlichen Arbeiten aus Quadern. Die Saulen mit ibren nngegliedcrten Capitalen, denen sogar die Deckplatten fehlen , baben zwar em robes Anseben, docb macbt die Krypta einen unbescbreibhch maleriscben Eindruck und darf unbedingt zn denbedeu- tendsten derartigen Werken gezablt werden. Die Benedictiner Stiftskircbe in Kladrau. Kladrau gebort zu den altesten Klostern Bobmens und wurde bereits durcb die Herzoge Svatopluk und Vladislav I. imJabr 1108 gegrundet und mit embei- miscben MSncben besetzt. Diese entspracben den ge- stellten Anforderungeu so wenig, dass Vladislav nach seinem Regierungsantritt (1109) Ordensmanner aus dem scbwabiscben Stift Zwyfalten berief, urn m das nocb uicbt gesicbevte Unternebnien Ordnung zii bnngen. Der Herzog, der eine Tocbter des Grafen Berg von Scbwaben als Gemablin erkor, batte wiibrend der Hocb- zeitsreise Zwyfalten besucbt und es gefielen ihm die dortigen Einricbtungen so wobl, dass er den Abt Udal- ricb anging, Kladrau mit Monchen seines Klosters zu besetzen. So ebrenvoll dieser Antrag aucb war, batte Udalricb docb viele Bedenken; man fiircbtete die Wild- ■ beit des bobmiscben Landvolkes, mebr nocb die Iremde Spracbe; dazu kam, dass Kladrau bereits von Ordens- leuten aus dortiger Gegend bewobnt war Der Herzog scbeint die obwaltenden Bedenkhcli- keiten erst nacb langerer Zeit beseitigt zu baben, worauf zwolf scbwabische Monche, alle in der Ordenszucbt trefflicb eingeubt, von Zwyfalten nacb Kladrau ber- liberzogen.Nun erst, 1115, gescbah die eigentlicbe Stiftung und Doti- rung: dasKloster wurde mit Gutern reicb bedacbt , aber die von Abt Ulricb vorbergesebenen Ubelstande blieben niebt aus. Bald ergaben sicb zwiscben den deutscben Mon- chen und den bereits vorbandenen Fig. 45. Klosterbewobnern so ernste Zer- _ wurfnisse, dass zwiscben 1117 und 1130 eine dremia- lige Auswanderung und Zuriickberufung der Zwyfaltner Colonie stattfand. • Erst unter Vladislav II. wurde dauernder Friede im Stifte gescbaffen. Dieser Fiirst , ein Sobn Vladi- slav's I., besucbte baufig dieAnlage seines Vaters, ver- mebrte die KlostergUter und sicberte die Ordnung. Damals stand Abt Lambert aus Zwyfalten dem Kloster vor und wabrend seiner langen Regierung, 1140—1186, scbeint die Stiftskircbe zu Ebren Mariens erbaut worden zu sein. Es treffen mebrere Umstande zusammen, welcbe den Abt Lambert als denjenigen bezeicbnen der diesen Bau eingeleitet hat; denn urns Jabr lldO wird das Kloster nocb als armlich aussebend gescbil- dert, wie denn inmitten der obwaltenden Streitigkeiten zwiscben den Moncben nicht ein bochst grossartiger Kirchenbau eingeleitet werden konnte. Dann soll_ die alte Kircbe nicht ganz am Platze der gegenwartigen bestanden baben, sondern etwas weiter sudlicb wo sicb nocb eine Gruft-Capelle des Herzogs Vladislav I befindet. Endlicb erlebte das Stift in seinem fast siebenbundertjabrigen Besteben keine zweite so gun- stige Periode als zwischeu den Re- gierungen der Abte Lambert ^ und Reinerus , nie waren ausgiebigere Mittel vorbanden und herrschte unter den Ordeusleuten so vollstandige Eintracbt. Der Bau mag lang ge- dauert und erst unter Otakar I. Fig. 46. wabrend der Regierung des Reine- rus, 1230-1275, ganzlich zu Stande gebracbt worden scin Nacb allerlei Wecbseliallen und nachdem das Kloster unter Karl IV. gliicklicbe Zeiten erfabren batte, drobtc unter seinem Nacbfolger dem Stifte die Getahr derAufbebung. Kaum war dieses drobende Gewitter abgeleitet, bracben die bussitiscben Unru- ben in bellen Flammen aus; Zizka eroberte am 23. Janner 1421 das Kloster, bei welcbem Ereignisse die Ostseite der Kircbe niedergebrannt wurde. Im weiteren Verlaufe der Blir- gerkriege fanden nochmabge Verwilstungen statt, dann brann- ten 1590 die Stiftsgebaude durcb ein zufallig entstandenes Feuer Fig. 47. Fig. 43. . I" In den Annalen von Zwyfalten heisst es, T. I. pag. 59: „Ea res nostris fldraod.im difficilis est ob gentis iUius ferocitatem et barbarae linguae igno- rantiaai". =i Die Zeitbestimmungen bei so oft umgeanderten Klosterkirchen , wi.^ Kladrau, Strahov und Altbunzlau sind ausserordentlich schwieng; ^veil beinahe jeder Abt grSssere Kestauraticnen, ^-elche von den Z« tgenosee. hochlich bewundert wuiden, hat ausfiihren lassen, andersei^s weil die charak teristischen Morkmale gewobnlich ganz verwischt wurden. — 27 — ganzlich darnieder und 1648 abermals. Als nun das Stift im XVII. Jahrhundert wieder zu einigem Wohl- stande gelangt war, fasste Abt Maurus den Entschluss, die tausendfaltig beschadigte Klosterkirche griindlich zu erneuern. Wir besitzen eine ausfiihrliche Beschrei- bung dieses . Eestaurations-Baues, welchen Maurus (zum Abt erwahlt 1701, f 1729) durciifiihren Hess, so dass man sich das ursprungliche ziemlieh vergegen- wartigen kann. Sowohl der Abt wie seine Baumeister Kilian Dinzenhofer und Santini trugen sich mit dem Gedanken, die Kirche in ihrem alterthunilichen Be- stande wieder herzustellen und die alten Formen bei- zubehalten: dass dieses nicht im Geiste des XII. Jahr- hunderts geschehen, dafiir sind die Unternehmer nicht verantwortlich, denn sie leisteten mehr als man von ihrer Zeit erwarten durfte. Naeh einem 1716 verfassten Berichte iiber den Re- staurations-Bau wurden die Arbeiten an der Westseite begonnen und bewegten sich bis zum Querhaus genau in den urspriinglichen Linien. An der ostlichen Seite des vorspringenden Querhauses , namlich am siidlichen und nordlichen Kreuzflugel, war je ein Thurm angebaut, wie unter andern am Dome zu Speier. Diese beiden Thiirme wurden wegen Bauffilligkeit abgetragen und nicht wieder aufgebaut; als Ersatz dafiir beschloss der Abt eine hohe achteckige Kuppel iiber der Kreuz- vierung aufstellen zu lassen. Weiterhin gegen Osten, wo schon bedeutende friihere Umwandhingen stattge- funden hatten, wurde zwar der Chor in seiner ganzen Lange beibehalten, aber statt des einfachen halbrun- deu Abschlusses durch eine dreifache Conchen-Anlage (eine Nachbildung des Chores von S. Maria auf dem Capitol in Koln) bereiehert. Es zeiigt von besonderem Fig. 48. Fig. 49. Scharfblick der beiden Architekten, dass sie die Schon- lieit einer solchen Anlage erkannten und durchzufiihren suchten, wenn man es auch mit ihren Detailformen nicht genau nehmeu darf (Fig. 49). Von der westlichen Frontmauer bis zu den ver- starkten Pfeilern des Querschiffes stehen sechs qua- dratische Pfeiler auf jeder Seite; diese wie die halb- kreisformigen Arcaden-Bogen sind urspriinglich und nur mit einigen Stuccaturen verbrarat worden; die Pfeiler des Querhauses aber, welehe die Kuppel tragen, wurden bedeutend verstarkt und halten nun 12 Fuss Durch- messer, wahrend sie friiher nur 8 Fuss dick waren. Merkwiirdigerweise sieht man noch unter der Kuppel die Ansatze des alten Kreuzgewolbes, welches einst die Vierung liberspannte. Dieser Umstand, wie die mit starken Rundstaben versehenen Pfeiler machen glaub- lich, dass die ganze Kirche schon in alter Zeit iiber- wolbt gewesen sei. Die Basilika-Form ist auch im Re- staurations-Bau beibehalten worden. 4* — 28 — Das Materiale ist gelbbvaimer Sandstein von sehr angenehmer Farbe, welche nicht wenig zur Hebung des Ganzen beitragt. Durch eine pracht- voUe Lage anf einer steilen Anhohe begUnstigt, ist der Totaleffect so einzig in seiner Art, dass von alien Bauwerken der Monarcliie nur das dnrch Lage und Gruppirung ausgezeichnete Stift Molk den Vergleicb mit Kladrau aushalt. Dabei sieht das Gebaude aus der Ferne ganz alter- thiimlich aus. , ' , Die Maasse sind sehr bedeutend: Gesammtlange im Licht 260 Fuss Lange desKirchenhauses von derWest- fronte bis zum Mittelpunkte der Vie- nmgspfeiler 112 „ Die Vierung misst in der Langenrich- tung von einer Pfeiler-Achse zur andern 30 „ Lange des Chores 70 „ Lange der neuen Conchen-Anlage • • 48 „ Ganze Breite des Querschiffes ... 86 „ Weite des Kirchenschilfes 66 „ Weite des Mittelschiffes von Achse zu Achse 33 „ Weite der Conchen-Anlage 66 „ Entfernung der Pfeiler in der Langen- richtung 16'/a» Mauer- und Pfeilerstiirke 4'/2„ Fig. 50. Fig. 51. Die Decanal-Kirche in Eger. Man ist in Zweifel, ob die dem heil. NicolaiTs gewidmete Hauptpfarrkirche in Eger den romanischen Oder tibergangsbauten beizuzahlen sei; eigentlich der tibergangs-Periodeangehorendistihre Stellungzwischen den bohmischen Denkmalen so eigenthiimlich, dass die Einreihung an dieser Stelle gerechtfertigt sein wird. Nachdem Kaiser Friedrich L die Egerlande durch seine erste Heirath mit Adelheid von Vohburg erworben und sich in Eger eine Residenz erbaut hatte, wollten auch die Sohne und Enkel des grossen Kaisers nicht zurUckbleiben , ihr Familien - Allod zu verschonern. — 29 — Heinrich VI. mid Friedrich II. weilten gern in Eger, von diesen beiden Fiirsten wurde die Stadt mit einer ihrer zunehmenden Bedeutung entsprechenden Kirche beschenkt, deren Bau in den Jahren 1212 bis 1230 durchgefiihrt wurde. Kaiser Friedrich II. hatte im Sinne, mit dieser Kirche ein Collegiat-Stift zu verbinden, was aber nicht zu Stande kam, worauf Konradin von Hohen- staufen das ibm eigenthiimlich zustehende Kirchen- Patronat dem deutschen Orden iiberliess Im Jahre 1270 brannte beinahe die ganie Stadt Eger sammt der Nicolaus - Kirche ab, durch welchen Unfall die Chor- partie vollstandig zerstort wurde , wahrend die beiden Thiirme und die westlichenHauptmauern stehen blicben. Die Chorseite wurde bald nach dem Brande im gothi- schen Style hergestellt, dann versiegten die Mittel, der Schiffraum wurde nothdiirftig mit Holzwerk zusammen- geflickt, bis endlich zwei Jahrhunderte spater ein Erwei- terungsbau eingeleitet wurde, welehem das Kirchen- schiff seine gegenwartige Gestalt verdankt. Demgemass besteht die St. Nicolaus -Kirche aus drei ganz verschie- denen Partien, den spatromanischen Thiirmen mit einem Thelle der westliehen Frontmauer, dem friih-gothischen Chore und dem spiitgothischen Langhause. Bei einer zwischen 1860 bis 1863 vorgenom- menen durchgehenden Reparatur wurde nicht allein die ursprlingliche Grundform vollstandig aufgedeckt, sondern es kamen auch an den Thurmwanden die Hohenverhaltnisse zu Tage und wir sind im Stande, iiber den alten Bau hinreichende Aufschlusse zu geben. Die St. Nicolaus - Kirche (Fig. 50) war dreischiffig mit wechselnder Pfeiler- undSaulenstellung, sie war mit einem Abendchore versehen, hatte aber kein Querschitf und die Kreuzform war nur ausserlich durch die beiden neben dem Presbyterium stehenden Thiirme angedeu- Fig. 52. ■'' Vgl. p. Frind, Kirchengeachiebte von Bohmen. Fig. 53. tet. Auf dem beigefUgten Grundrisse sind die noch bestehenden romanischen Theile schwarz ausgefiillt, die sichergestellten Baulinien mit Schraffiiren und der gegenwartige Umfang mit Punkten bezeichnet. Das zwischen dem Presbyterium und Abendchor liegende Langhaus war durch vier Quadrate gebildet und durch drei gegeniiberstehende quadratische Pfeiler und vier zwisehengestellte Saulen so eingetheilt, dass das Mittelschiff die Hiilfte der Gesammtweite erhielt und der Lange nach vier aneinandergereihte, viereckige Kreuzgewolbe zeigte. Jedes der Seitenschiffe hatte doppelt so viele Gewolbeabtheilungen. Da das nord- liche Seitenschiff nachweisbar durch eine halbrunde Apsis geschlossen war , darf man auch fiir das Haupt- schiff denselben Abschluss voraussetzen ; doch sei bemerkt, dass diese Partie die einzige ist, wo der alte Bestand nicht sichergestellt werden konute. Die erhaltenen altesten Architektur-Theile zeigen eine Vermengung runder und spitzbogiger Forraen, wie man sie am Dome zu Bamberg, der Stiftskirche zu Eberach undanderen BauwerkenFrankens gewahrt. Die entwickelte Ornamentik ist der kaiserlichen Grtinder wiirdig und in Anbetracht , dass alle Arbeiten aus sproden Granitquadern miihevoll gemeisselt werden mussten, liberraschend sorgfaltig. Das zwar kleine, aber in edlen Verhaltnissen durchgebildete Portal an der Westseite (Fig. 51), die Thurmfenster mit ihren zierli- chen Saulen (Fig. 52), die laufenden rundbogigen und spitzbogigen Friese (Fig. 53 u. 54) verdienen Bewun- derung. Die Vergleichung der in Eger betindlichen alten Bauwerke, auf welche wir gelegenheitlich der Doppel- Capelle und des Schlosses zuriickkommen werden, ist im hochsten Grade belehrend; man erkennt die Alters- unterschiede deutlich: Der Saalbau in der Burg als altester Bestand zeigt schlichtere Fonnen als die untere Partie der Doppel- Capelle, deren oberer Aufbau wieder einen gewaltigen Fortschritt beurkundet. Der Ober-Capelle schliesst sich die St. Nicolaus-Kirche an, zeigt aber doch vielerlei neue Bildungsweisen. Nun folgt ein vollkommener Bruch mit — 30 - der alteu Formgebiing ; die Fenster des nacli dem Brande errichteten gotliisclien Chores sind eben so verschieden von den Thurmfenstern wie von den urn 1470 ausgefiihrten Theilen des Langhauses. Die Maasse verhalten sich : Lange des Kirchenhauses zwischen Presby- terium and Abendchor 120 Fuss. Lange des Presbyteriums 45 „ Lange des Abendcliors mit Einschluss der Begrenzungspfeiler . 30 „ Weite des Kirchenhauses 60 „ Weite des Mittelschiffes von Achse zu Achse 30 „ • Weite eines Seitenschiffes 15 » Der Einfluss, welchen die Egerer Bauten auf Bohmen iibten , macht sich zumeist im Norden des Landes geltend: Hauptkennzeichen dieser Richtung sind voile weitausgeladene Gesimse , Lesenenstel- lungen und kraftiges Relief der Ornamente. Der Ban wird liberdies noch dnrch nachstehende Abbildungen erlautert: Fig. 55 bis 59 Capitale und Trager, Fig. 60 a— c gothisches Fenster vom Jahre 1280, Fig. 61 spatgothisches Fenster vom Jahre 1470, ' Fig. 62 und 63 spatgothische Laubwerke. Verschwundene oder theilweise erhaltene Basilikenbauten. Bei den bisher beschriebenen Basiliken ist die alte Grundform ziemlich unverandert geblieben und Wf< Illil Fie.. 5.' ■j:>. , Fig. 56 konnte selbe deutlich nachgev^iesen werden, doch exi- stiren viele Bauten, an denen sich von fruheren nur Bruchstucke erhalten haben ; ganz zerstort wurden wenige. Es ware ein nicht zu entschuldigendes Ver- sehen , vpoUten wir die letztern mit voUigem Still- schweigen ubergehen. DasKloster Bf eviiov, das alteste, 993 gegrlindete Monchsstift, wurde 1420 niedergebrannt; iiber die alte Form der Kirche besitzenwir keinegenauenNachrichten und es hat sich nicht die mindeste Spur von derselben erhalten. Die gegenwartige Stiftskirche wurde von Christoph Dinzenhofer im Anfang des vorigen Jahr- hunderts von Grund aus neu erbaut. Die Stiftskirchen von Opatovic, Ostrov, Chotie- schau, Louniovic, Teplic, Wilemov, Sedlec, Leito- myschl, Postelberg, die Kirchen der Kreuzherren vom Grabe Gottes und die der Johanniter in Prag, smd ent- wedervoUig verschwunden oder ganz umgebaut worden, wobei jedoch zu bemerken ist, dass kaum von der Halfte die Basilikaform vorausgesetzt werden darf. Die sammt- lichen Landstildte waren zur Zeit, als der romanische Styl bliihte, nicht so weit entwickelt, um grossere kirch- liche Gebitude zu errichten. Nur Prag besass drei Pfarr- kirchen, welche hier in Betrachtung kommen, dann haben sich von den Kirchen zu Doxan und Osseg, wenn nicht die Anlagen, doch wichtige Reste erhalten. Die Stiftskirche Doxan. Gertrudis, die Gemahlin Vladislav IL, grundete 1143 das am linken Ufer des Egerflusses unweit seiner Mundung in die Elbe gelegene Pramonstratenser-Non- nenkloster Doxan und berief die ersten Einwohnerinnen aus dem Kloster Dunewald bei Koln. Durch die Hus- siten 1421 zerstort, wurde die Stiftskirche spaterhin in sehr gefalligem Renaissance-Styl wieder aufgebaut, und die ostliche mit einem 125 Fuss weiten Querhause ausgestattete Halfte total erneuert. Es war selbstver- standlich, dass die Stiftskirche Maria Geburt zu Doxan sich an den etwas fruheren Bau des Strahover Klosters anlehnte, denn beide Kloster waren vom selben Herr- scherpaare gegrlindet, gehorten dem gleichen Orden und waren mit rheinischen Ordensleuten bevolkert. Die Maasse der noch bestehenden alten westlichen Halfte der Doxaner Kirche stimmen bis auf kleine Abweiehungen mit den Strahover iiberein ; die ganze Breite betragt 60 Fuss, die Entfernung der Saulenachsen in der Lan- o-enrichtung 19' und die Weite des Mittelschiffes von Achse zu Achse 28'. Wie in den Nonnenklostern iiblich, war ein erhohter Abendchor angebracht, unter diesem eine Gruft oder iihnliche Einrichtung, deren Zweck nicht / genau ermittelt werden kann. Diese Grnft, welche gegen- wiirtig als Kartoffelkeller be- nutzt wird, gehort zu den eigen- thiimlichsten und rathselhafte- sten Bauwerken des Landes. Auf der linken Seite stehen in der Arcadenlinie zwei machtige Bundelpfeiler , in der Langen- richtung 22 Fuss von einander entfernt. Mit dem hintern dieser Pfeiler correspondirt ein ent- gegengesetzter, halbvermauer- ter an der Sudseite, welcher Fig-. 67. — 31 Fiff. 58. Fig. 59. jedoch nie iu seiner ganzen Starke vollendet war. Zwischen diesen Pfeilern unterhalb des Mittelscliiflfes Ziehen sich in der Langenriclitung zwei Reihen vonje vier runden Saulen bin, unter dem nordlichen Seiten- schiffe eine Eeihe ebenfalls von vier Saulen. Dann steht ein gekuppeltes Saulenpaar zwischen den beiden link- seitigen Biindelpfeilern. Der unter dem siidlichen Sei- tenschiffe befindliche Theil der Gruft ist ganz verbaut und entstellt; auch sind die acht unter dem Mittelsehiif betindlichen Saulen mit ordinarem Mauerwerk umbiillt worden , um die berstenden Wolbungen zu stiitzen (Fig. 64 u. 65). Dass die Biindelpfeiler einer andern etwas jiingern Anlage gehoren als die Saulen , ergibt sich unzwei- deutig: die Kirche scheint gleich Strahov anfanglich ohneThlirme gewesen zu sein, in der Folge mag man die Aufstellung von zwei westlichen Thiirmeu beschlossen und die Biindelpfeiler als Stiitzen in den bereits voll- endeten Unterbau eingeschoben haben. Was die Gruft selbst betrifft, diirfte dieselbe vielleicht keinen andern Zweck gehabt haben, als den Nonnenchor zu tragen, und als Aufbewahrungsort der Kirchengerathschaften zu dienen. Die Zeichnung und Ausfiihrung der auf den Saulen uudPilastern vorkommenden Capitale (Fig. 66, 67 u. 68) Fig. 60 :l. erinnert an rheinische Vorbilder, die Steinmetzarbeiteu verdienen das hochste Lob und sind eigentliche Ur- sache, dass dem unregelmassigen aber jedenfalls merk- wiirdigen Bauwerke eine eingehende Beschreibung ge- widraet wurde. Fig. 69 gibt die Abbildung eines Siiu- lenfusses. Stift Osseg. Das Cistercienser-Stift Osseg wurde durch Herrn Slavek von Riesenburg 1198 gegriindet und mit Monchen aus Waldsassen besetzt. Dieselben Monche batten sich bereits im Jabre 1193 zu Mascbau nieder- gelassen, waren aber durch das uniberwohnende wilde und riiuberiscbe Landvolk vertrieben worden, worauf sie den Scbutz des Herrn Slavek anriefen, welcher ihuen die Gegend von Osseg anwies und das Kloster fundirte. Der Kirchenbau zog sicb daber in's XIII. Jahr- hundert hiniiber und kann nicbt wobl vor 1220 vollendet worden sein, da das Gebaude mit dem Kladrauer bei- nabe gleicbe Grosse ein halt. Nacbdem das Stift in den Jabren 1278 , 1421 und 1429 grosse Verwiistungen erlitten und zweimal niedergebrannt worden war, fand wie in Doxan ein Umbau statt, die Kirche wurde im Renaissance-Styl erneuert und die Ostseite umgestaltet. Tbiirme batte die alte Anlage nicbt, aber ein weit vortretendes Querbaus und wabrscheinlicb einen recht- eckigen Cborschluss. Die Arcaden-Stellung des Lang- bauses ist zwar modernisirt und mit Stuccaturen iiber- deckt worden, blieb jedoch bis zur Hobe von etwa 30 Fuss erhalten. Zwischen den Pfeilern des Quer- schiffes und den hintersten, welche eine Empore tragen, stehen auf jeder Seite sechs quadratiscbe Pfeiler, welche nicbt durch halbkreisformige Bogen, sondern durch Segmente verbunden sind. Diese Form ist urspriinglicb und kommt auch an dem, aus der Kirche in den Kreuzgang fiibrenden Portal vor, dem einzi- gen in Kirche und Stiftsgebauden erbaltenen roma- nischen Theile. Das Kircbenbaus ist 64 Fuss breit und von der westlichen Frontmauer bis zur Mittel- linie der Vierungspfeiler 128 Fuss lang. Die ganze licbte Kircbenlilnge betragt, soviel die sebr verbaute Altarpartie eine Vermessung gestattet, 224 Fuss. Die Abbildung eines Details des genannten Sei- tenportals ist Fig. 70 beigescbaltet. Die im gliinzendsten Ubergangstyl ausgefiibrten Stiftsbaulichkeiten, der Capitelsaal mit dem davor- liegenden Kreuzgang und dem beriibmten Osseger Lesepulte werden im folgenden Theil als Uber- gangsbauwerke besprocben. Das Slavenkloster Sazava. Die Sage , dass irgend ein frommer Mann vor- nebmer Herkunft sicb in eine Wildniss zuriickgezo- gen, dort langere Zeit als Einsiedler gelebt, Schiiler um sicb versammelt und im Rufe der Hei- ligkeit ein Kloster gegriindet babe, wie- derbolt sich unter Angabe von allerlei gleichen Nebenumstanden so baufig, dass man einen gemeinsamen Ursprung vor- aussetzen mocbte, wenn auch manche Einzelbeiten sicb iifters zugetragen baben konnen. In Waldsassen, Rinchnach, Met- ten , Nieder-Altaich und anderen Orten begegnen wir derselben Sage, dass der Fig. 6o b. Fig. 60 c. Landesfurst gelegenheit- lich eiuer Jagd und bei Verfolgung eines Hirsches in die Klause eines Ere- niiten gelangtsei, diesen liebgewonnen und niit Giitern so reich bescheukt habe , dass ein Kloster angelegt warden konnte. Zur Zeit des Herzogs Ulrich, 1012—1037 lebten und wiikten in Bohmen zwei bochbegabte glau- benseifrige Benedictinev-Mmiche, Gtinther, ein thiirin- gischer Edelmann, der sich die wildeste Strecke des Bohmerwaldes zur Niederlassung ausgewahlt liatte, und Prokop, ein Bohme, der das damals menscben- leere Thai der Sazava zu cultiviren begann. Beide wurden in der Folge heilig gesprochen und ihr An- flenken lebt in ihren Stiftungen fort. St. Prokop folgte den Lehren des beiligen Cyrill , erbaute sich aut einem im Halbkreis von dem Sazava-Flusse umzogenen Felsen eine Klause (nach Andern soil er eine Hoble im selben Felsen bewohnt haben) und legte daselbst eine kleine Kirche zu Ehren der Himmelskonigiu und des beil Johannes an. Bald sammelten sicli um ihn mehrere Briider, Herzog Ulrich scbenkte um 1035 bedeutende Landereien und Gerechtsame, welche»sein Sohn Herzog Bfetislav I. bestatigte. Schon etwa 20 Jahre nach Grlindung dieses Klosters und kaum vier Jahre nach deni Tode des heil. Prokop (1053) iibergab Herzog S])ytihnev das Stift, wo der slavische Ritus emgeiuhrt war, den Benedictinern von Bfevnov, welcher Befehl jedoch durch seinen Nachfolger Vratislav H. widerrufen wurde. Die mittlerweile schadhaft gewordene Stiits- kirche wurde 1070 und zuni andern- mal 1095 erneuert, das letztemal durch den kunsterfahrenen Abt Bo- zetech, welcher den Plan za deni Neubau angefertigt haben soli. Kaum hatte er jedoch dieses Unter- nehmen zu Stande gebracht , wurde er sammt den slavischen Monchen durch Bfetislav 11. aus Sazava ver- wiesen und das Stift zum zweiten- Fi-. eo c. mal dem Kloster Bfevnov tiberge- ben. Nachdem Abt Diethard die kirchlichen Angele- genheiten geordnet und zugleich die materiellen Ver- haltnisse des wahrscheinlich etwas zuruckgekomme- nen Sazava-Klosters aufgebessert hatte, folgte 1134 der bauthatige Abt Silvester, welcher bis gegen 1160 regierte uud verschiedene Werke sowohl in Sazava wie in der Umgegend ausgefiihrt hat. Er erweiterte die Stiftskirche und liess sie mit Steinplatten auspflastern. Obwohl 1139 zum Bischof von Prag erwahlt, legte er im folgenden Jahre dieses hohe Amt nieder, um seinem Kloster dienen zu konnen. Man wird daher die altesten Theile der Stiftskirche zu Sazava um so eher seiner Thatigkeit zuschreiben durfen, als sie mit der gleich- zeitig ausgefuhrten Strahover - Kirche aufifallend uber- einstimmen. Die Stiftskirche, wie sie sich gegenwartig pra- sentirt, gehort den verschiedensten Zeiten an und liegt zum grossten Theile in Ruinen. Das Presbyterium, die alteste Partie, zeigt romanische Anlage, wurde jedoch bereits in der zweiten Halfte des XIII. Jahrhunderts uberarbeitet, dann von den Hussiten niedergebrannt und um 1650 im Styl damaliger Zeit wiederhergestellt. Es dient gegenwartig als Pfarrkirche, ist dreischiffig mit niedrigen Seitenschiffen , hat kreuzformige Pfeiler und halt eine lichte Lange von 86 Fuss ein, wovon auf die Abside 15 Fuss entfallen. Das Mittelschiff ist 30, iedes der Nebenschiffe 15 Fuss im Lichten weit, die Mauer- und Pfeilerstarke betragt 4 Fuss 3 Zoll. Unter dem Altarraume befindet sich eine einfache von kemer Saule unterstutzte Krypta , in welche eine doppeite Wendeltreppe und eine neuere im Mittelschiff ange- brachte bequeme Stiege hinabfiihren. Hier soil der heil. Prokop gewohnt haben, was jedoch einigermassen m Zweifel gezogen werden darf. Die Krypta ist zwar aus dem Halbkreis geschlossen und halbkreisfbrmig liberwolbt, die darin vorkommenden drei Fensterchen aber sind spitzbogig und in der Art gehalten, welche um 1200 ublich war (Fig. 71 u. 72). An der Aussenseite sind die Umfassungsmauern, der Krypta sowohl, wie des Oberbaues durch spater Fig. 61 Fig. 64. ' ■ angefiigte Strebepfeiler verstarkt worcleu, wodurch ein Chorschluss aus der Halfte des Zehnecks gewonnen wurde, welcher jedoch im Innern nicht ausgesproclien ist. Gleich der Krypta zeigt audi die dariibei- befind- liclie Apsis des Presbyteriiims eine halbrunde Grund- form, wahrend die Seitenschiffe rechteckig geschlossen siiid. Nur das nordliche Seitenseliiff hat seine ursprling- liche Gestalt vollstaiidig behalteii, es ist mit eiiifachen rnndbogigen Gratgewolben ilberspannt, und obne alia Oruamentirung; das Mittelscbiff und das sudlicbeNeben- schiff baben neuere Gewolbe. Welcbe Ausdehnung und Form das Kircbeubaus in seiner ersten Anlage hatte , liisst sicb unmoglich genau bestimmen. Gegenwartig bestebt vom Scbiffe nur die siidliche Umfassungsmauer und die entsprecbende Arcadeu-Stellung mit dem siidlicben wohlerbaltenen Tburme. Diese Theile sind aus rotbbraunen Sandsteiu- quadern in sebr voUendetem gotbiscben Style ausge- fiibrt und ragen nun als pracbtvolle Euiuen in die Luft. Die nordlicbe Kirchenwand mit den dortigen Arcaden und dem sebr bescbadigten Tburme wurdeu erst im Jabre 1840 abgetragen und der Platz geebnet. Uber diesen bedeutungsvollen Ban, welcber sicb eng an den von Meister Matbias zwiscben 1344 und 1352 auf- gefiibrten Tbeil des Prager Domes anscbliesst, feblen beglaubigte Nacbricbten. Die Langen- und Breiten- maasse der urspriinglicben Anlage scbeint man bei dem gotbiscben Neubau beibebalten zu baben, docb gab man dem Scbiffe Hallenform iind eine ganz ver- ihiderte, viel weitere Arcaden-Stelluug, als der alten romaniscben Kircbe eigen gewesen sein konnte. Welcber Anlass diesen Bau hervorgerufen bat, ist unbekannt: die Formengebuug deutet auf die zweite Halfte des XIV. Jabrbuuderts. Im Aufang der Hussiteu- stiirme wurde das Kloster zerstort (Scballer sagt: in einen Steinhaufen verwandelt) ^^ und damals scbeiuen die Gewolbe des Schiffes zusammengestllrzt zu sein, wiibrend das Presbyterium nur unbedeutenden Scbaden gelitten bat. Im Verlaufe der Unruben gingen die Stifts- guter unrecbtmiissiger Weise an adelig^e Familien iiber, und wurden nur zum kleinsten Tbeile im J. 1663 vom Kloster Bfevnov wieder angekauft: es kann daher von einem uuter den Konigen Georg von Podebrad oder Vladislav II. ausgefubrteu Bau keine Rede sein, weil Sazava von 1420 bis 1550 ode gestauden batte. Zwiscben dem Presbyterium nnd dem nocb beste- benden Tburme sind drei reicbgegliederte Pfeiler an- geordnet, welcbe nocb die wohlerbaltenen Bogen tragen : aucb die mit vier Fenstern ausgestattete Slidwand ist bis zum Dacbgesimse in beinabe unbescbadigtem Zu- stande geblieben. AUe Maasswerke der Fenster sind gleich und augenscheinlicb denen an den Chor-Capel- len des Prager Domes nacbgebildet; sie sind nur dureb voile Kreise, Drei- und Vierpjisse gezeichnet, Fiseb- blasen und sonstige spatgotbische Formen, kommen nicbt vor. Der sebr bobe Tburm ist qua- dratisch und dureb weit vorspringende Strebepfeiler verstarkt: zwiscben den inneren Strebepfeilern der Tbiirme vpar ein offener dreitheiliger Portieus ange- bracht, dessen Gestalt deutlicb nacbge- wiesen werden kann. Der Sandstein, aus welcliem diese Ruine bestebt, ist feinkornig nnd von bester Bescbaffenheit, die nocb erbalte- nen nicht gewaltsam zerstorten Theile zeigen eine Scbiirfe, als seien sie gestcrn Fig. 05. -'J. S c li a 11 e r , ziiner Kixis, S. 13S. Topographie von Bohmen, Kaur- aus der Hand des Steinmetzes hervorgegangen. Dev beigegebeue Grundviss des jetzigen Bestandes Fig. 71, der Kiypte Fig. 72, und die von der Nordseite genom- mene Ansiclit Fig. 73 erklaren das im hochsten Grade interessante Denkraal. Die Lfinge des Kirchenschiffes von der Abschluss- wand des ais Pfarrkircbe dienenden alten Presbyte- riums bis an die westliche Tburm- nnd Frontmauer betrfigt obne Zurecbniing des Porticus 114 Fuss, mitbm die licbte Gesammtlange der ebenialigen Stiftskirclie von der Apsidenrundung bis an die Pfeiler der Vorhalle sich auf das bedeutende Maass von 217 Fuss beraus- stellt. Der Kreuzgang ist nocb erbalten, aber ganzlich entstellt: er liegt, was in Bobmen gewobnlich vorkonuiit, sudlicb an der Kircbe und dient, als iiauptsacldicber Beleg, dass die urspriingUcbe Kircbenliinge des ronia- nischen Gebaudes ziemlicb unverandert bei dem gotbi- schen Bau eingebalten worden ist. Die Kircbe besitzt auf dem linken Seitenaltare em angeblicb sebr altes und aucb altertblimlicb aussebendes Bild des beiligen Prokop , welcbes sicb indcss bei naberer Untersucbung als eine im siebzebnteu Jabr- hundert angefertigte Copie eines verloren gegangenen Originals erwies. Ferner werden in einem sargartigen Glaskasten mebrere Rcliquien des beiligen Prokop ver- Fig-. 08. Fig. 00. Fig-. 70. w.'ibrt, darunter aueb ein Kelcb, dessen sich der Heilige bedicnt baben soli. Die Form dieses Kelclies ist ansser- ordentlich modern ; er gleicbt einer sehlanken etrurisohen Vase und bait sammt Deckel und einem darauf betind- licben Kreuzcben die Hobe von 10 ZoU 5 Linien ein. Die Scbale bestebt aus rotbbraunem Acbat, ist 3 ZoU 4 Linien weit, ganz glatt und balbkugelformig; Deckel und Fuss sind aus veigoldetem Silber gearbeitet und erinnern an italieniscbe Arbeiten des XVI. Jabrbunderts, dagegen scbeint das nur 14 Linien hobe silberne Cru- cifix auf dem Deckel ein byzf?ntiniscbes Gebilde zu sein. Aueb kommen am Mundstiicke niellirte Oi namenle frub- romaniscben Geprages vor und lassen vermutben, dass 4er Kelcb aus altern und ncuern Tbeilen zusammen- gesetzt sei. Wandmalereien soUen vor etwa 20 Jabren nnter der Tiincbe aufgedeckt worden sein, docb liess sicb uber dieselben nicbts genaues erfabren. Seiiher sind sie ganz verschwunden. Eben so wenig wollte es bisber gelingen,Malereien oder Sculpturen der Able Bozetech und Re gin bard aufzufinden. Von mebreren Seiten wird versicbert, dass nocb mancberlei alte, wertbvolle Gegenstande im Orte versteckt seien, ob wabr oder nicbt, ist die Frage. Ware es aber wirldicb so, dann ware diess hocWicb zu bedauern, da vielleicbt manche und gerade fiir die bohmiscbe Kunstgescbichte wicbtige Kostbarkeit auf die Weise endlicb docb zu Grande gebt. Es liegen zwar liber den beil. Prokop und sein Kloster vielerlei Nacbricbten vor ^s. Docb gewaliren sie uber die vorbandenen Baulicbkeiten so zu sagen gar keine Aufscblussc, zunaebst aus dem Grunde, well, wie in den meisten Klostern, jeder Abt einige Anderungen an den Stiftsgebauden bat ausfiibren lassen. Dass die ganze Kircbe je nacb einem eiubeitiicben Plane ausge- flibrt gewesen sei, muss bezweifelt werden: das gross- artige Gebaude entstand stiickweise, wie die Ruinen und der mitgetbeilte Bauverlauf erkennen lassen. Leider kann es kaum gebofft werden, dass je mebr der ganze Bau in seiner VoUendung und urspriinglicben Grosse wieder prange und die reizende Gegend durcb seine imposante Lage ziere. M Sazava hat sogar einen bedeutendcii Chronisten aufzuweisen , den Monachus Sazaviensis , welcher die (ieschichio des Cosmas bis zum Jahre U62 fortgesetzt iiat, und der ein Zeitgcnosse des Abtcs Silvester war. Seine hielier beziiglichca Mittheilungen sind oben eingeflochten worden. 35 - — 36 — Fiff. 74. Die Pfarrkirclien St. Peter, St. Gallus and St. Castulus in Prag. Dass die weltliche Pfarr- kirche (als Gebiiude) erst im Verlaufe des XIII. Jahrlum- derts holiere Bedeutuug ge- wann, ist bereits angedeutet worden : die Kleinheit der altern bobmiscben Kircben, welcbe nicbt Stiffen angelior- ten, uberrasclit jeden Frem- den, wozu nocb der Umstand kommt, dass mit Ansnabme von Prag und Eger eigentlicb in keiner Stadt ein roniaui- scbes Bauwerk getroffen wird. Nur in Caslau blieb ein winziges, sammt der balbrun- den Apsis 34 Fuss langes und 14 Fuss breites Kircblein erbalten , welches mit der spiiter erbauten Decanal - Kirche verbunden wurde und jetzt als Sacristei dient. Die S t. P e t e r s k i r c h e auf dem Poric in Prag, die einst der deutschen Gemeinde ange- horte, scheint die erste gewesen zu sein, welcbe etwa um 1200 als Basilica aufgefithrt worden ist. Die An- lage zeigt zwei Thiirme an der Westseite, dazwischen eine Vorhalle. Nur diese Theile und der hinterste Arca- denbogen rlihren vom urspriinglichen Bau her, alles iibrige ist erneuert und bat jetzt ein unscbeinbares, barbarisirt gothisches Geprage. Die Raumlicbkeiten des alten Theiles sind ausserst beschriinkt, die gauze iiussere Kircbenbreite mit Einscbluss der beiden Thurmc betragt nur 44 Fuss, davou halt das Mittelschiff 16 Fuss, jedes der Nebenscbiffe 8 Fuss, die Pfeiler- und Mauerstarke (selbst an den Thurmec) je 3 Fuss. Wie die St. Petersldrche wurde auch die von St. Castulus, welcbe zuerst 1234 genannt wird, zu wie- derboltenmalen umgebaut , gothisirt und modernisirt. Ursprllnglicb mit zwei an der Westseite befindlicben Tbitrmen ausgestattet, wurde aus nicbt bekannten Ursa- cben der nordlicbe Thurm sammt dem dortigen Seiten- schiffe abgetragen, an deren Stelle man im XIV. Jabr- bundert eine zierlicb durchgebildete doppelte Siiulen- halle anlegte. In Folge dieses Umbaues besitzt die Ca- stulus-Kircbe dermal vier Schiffe, aber ni;r einen ein- zigen Thurm. Die Aussenseiten haben ein robes unvoll- endetes Anseben, doch sind die Maasse viel ausgiebiger als an der Peterskircbe. Zwei quadratiscbe und ein Fi"'. 75 ■ . • ■ Fig. 7 6. kreuzfbrmiger Pfeiler stehen auf jeder Seite, das Mittel- schiff ist 25 Fuss im Lichten weit, das slidliche Seiten- schiff 10 Fuss. Die Lange des Schiffes betragt 60 Fuss, des mit dreiseitigem Chorschlusse verseheneu Presby- teriums 42 Fuss. Die statt des uordliehen Seitenscbiffes angebaute Halle ist 25 Fuss weit, halt die Lange des Schiffes ein und wird durch drei runde Saulen in acbt gleiche Gewolbefelder zerlegt. Die Arcaden haben die alte Form gewahrt , auch siebt man unter dem sud- lichen Pultdache einige dem ursprlingliehen Bau ange- borende Uberbleibsel, alles Iibrige schreibt sich aus spaterer Zeit. Die Erbauung der Kirche mag unter Otakar I. eingeleitet und unter Wenzel I. vollfiihrt worden sein. Die St. Gallus kirche wurde ausdriicklich als Pfarrkirche flirdie amNeumarkt wobnendeBurgerschaft erbaut, auf alle Falle gleicbzeitig mit der Anlage des genannten Marktplatzes , einer von Konig Wenzel I. angeordneten Stadterweiterung, welcbe von dem boch- angesehenen deutschen Muuzmeister Eberhard im Ver- eine mit einigen reicheu Biirgern und Handelsleuten durchgeflibrt wurde. Hinsichtlicb der Eintheilung und Maasse stmimt dieser Ban mit der Castulus-Kircbe iiberein, doch ist die Galluskirche nur eiumal und zwar leider im Renais- sancestyl umgebaut worden. An der Ostseite linden sich nocb Spuren der halbrunden Apsis, zwei Thiirme stehen an der Westseite und drei Pfeiler (mit Einscbluss des Thurmpfeilers) auf jcder Seitc des Scbilfes als Gewolbe- trager. Das Mittelschiff ist 26 Fuss, jedes der Seitenscbitfe 12 Fuss weit und die Pfeilerdicke, welcbe offen- bar verstarkt worden ist, betriigt 51/3 Fuss. Die Arcaden-Stellung - ist die ursprixngliche, andere alte Theile haben sich nicbt erbalten. — 37 — Fig. 77. Riickblick auf die Basilicab auten. Die geschilderten Kirchengebaude gehoren bei- nahe sammtlich zu den hervorragendsten und reichsten, welche je in Bohmen erriclitet wurden: die meisten derselben, wie St. Georg, Strahov, Kladrau, Plass, Alt- Bunzlau, Doxan, S. Peter und Paul auf Vysehrad und (angeblich) St. Wenzel in Prosek sind von den Re- genten, die librigen von Personen des hochsten AdeLs angelegt und ausgestattet worden. Es ist daher kein Grund vorhanden, in den verschwundenen oder ganzlicb umgewandelten Bauwerken eine andere hoher gestei- gerte Kunstrichtung anzunehmen. Auch darf nur von zweien der verloren gegangenen friihzeitigen Anlagen mit Siclierlieit vorausgesetzt werden, dass sie Basiliken waren; namlich von den Stiftskirchen Brevnov und Opatovic; bei alien librigen erscheint es zweifelbaft, ob diese Form eingehalten wurde. Die Areaden wurden sowohl durcli Saulen wie rechteckige oder kreuzformige Pfeiler gebildet , eine reiebere Pfeilergliederung war nicht Itblich (die vereinzelten Bliudelpfeiler inderGruft zu Doxan geboren eiuer spateren Zeit an). Die flache Holzdecke blieb fltr grossere Raume wahrend der romanischen Periode die gebriluchliche , man darf wobl sagen die einzig geltende; docb wurden Apsis und Presbyterium regelmassig iiberwolbt. Aus dem Umstande, dass sebr viele Kirchen erneuerte gothi- scbe Chorschliisse statt der Apsiden zeigen, und dass nacbweislieh an grosseren Bauten (wie unter andern in Miihlhausen und Tepl) die gewolbten ostlichen Kirchenpartien bei Branden zusammengestlirzt sind, wahrend die westliclien Hiilften erbalten blieben, lasst sieh folgern, dass der Gewolbebau langsame Fort- schritte machte. In Bezug auf Anordnung ging man vom einfachen Rechteck als Umgranzungslinie des Gebaudes aus, iiber diese Form wurden anfanglich nur die Apsiden vorgelegt, das vollstandig entwickelte Kreuz mit aus- geladenen Armen tritt erst am Schlusse des XII. Jahr- hunderts auf, wird aber dann wie in Plass und Tepl mit Gllick behandelt. Die Detailformen bleiben schlicht, die Saulen der Areaden sind nur mit Wlilsten bekront, die rechtecki- gen Pfeiler zeigen keine Gliederungen, Eiugiinge und Fenster haben meist glatte Gewande. Das Wiirfel- Capital wird allgemein, doch nur in einfachster Weise angewandt, es erscheint bald ohue Deckplatte und Ring als ein gegen unten zu etwas abgerundeter Wiirfel, bald mit Streifen, seltener mit leichlgearfeeiteten Ornamenten ausgestattet. Pflanzen-Ornamente fehlen beinahe ganz, dagegen kommen geometrische Verzierungen, stern- formige, schachbrettartige und ahnliche Gebilde vor. B. Zweischiifige Kirchen. Wenn man auch in alien Gegenden Deutschlands, in Tyrol, an der Donau, am Rhein uud in Westphalen zweischiifige Kirchenhallen findet, gehort diese Anlage in Bohmen doch zu den ausnahrasweisen und scheint nur bei minder umfangreichen Bauwerken gebraucht worden — 38 zu sein. Munchmal sind beide Scbiffe mit besondern Apsiden gescblossen (wie das Martiiiskircbleiu zu Schonna in Tyrol), auch kommt vor, dass sowobl die Ost- wie West- seite Apsiden besitzen (wie die Nicolaus- Capelle in Soest) gewobniicb aber besteht fiir beide Schiffe ein einziger geraeinsamer Altarraum. Nur im siidlicben Bohmen, insbe- sondere auf den Besitzungen der Herren von Rosenberg, ist die zweiscbiffige Anlage zu besonderer Geltung gekommen, so dass scbwerlicb ein zweites Land eine solche Menge derartiger Bauten aufzuweisen bat. Wittingau, Kaplic, Gojau, Vodnian, So- beslau und Blatna besitzen zweiscbiffige Kircben, die Stadt Becbin sogar deren zwei, von denen nur nocb die altere deni beil. Mathias gewidmete Pfarrkirche den romani- scben Styl zeigt. St. Matbiaskircbe in Becbin. In eiuem alle Begrifife ubersteigenden Conglomerate von kleinen Hausern, Gangen und Buden ist diese Kircbe so eingeklemmt, - dass ein Fremder Mlibe hat, den Eingaug zu finden, und iiberbaupt das Gebaude nicht gewahr wird, obgleicb es als Decanal-Kircbe dient. Das Innere jedocb ist zienilicb uuveriindert geblieben und stellt sich als recbteckige , 84 Fuss lange und 42 Fuss breite Halle dar , in deren Mittellinie drei runde Siiulen steben, welcbe den Raum in acbt gleicbe Ge- wolbfelder zerlegen. Die Wolbungen sind rundbogig. einfacbe Kreuzgevpolbe mit Graten und leicht vortre- tenden Gurten, welcbe letztere an den Seitenwanden durcb Pilaster unterstutzt werden. Die Saulen sind 2 Fuss stark, mit eiufacben Deckplatten gekront und sammt denselben 18 Fuss bocb. An der siidlicben Umfassungswand bestehen nocb urspriinglicbe kreis- formige Fenster, geuau von derselben Grosse, wie sie iiii Beitenschiff'e zu Muhlhausen getroffen werden; unter- YVz. 79. Fig-. 80. balb dieser Fenster, welcbe das Haus sparlich beleucb- teten, bat man in spaterer Zeit grossere spitzbogige gotbiscbe Fenster eingebrocben. Das Altarbaus ist nicht mehr das alte, sondern ein viel spaterer gothischer, mit einem Sterngewolbe iiberspannter Ban von 38 Fuss Lange und 27 Fuss Weite, dessen Ausflihrung dem vor- gerlickten XV. Jiibrbundert angehort. ijber das Alter dieser Kircbe besitzen wir die ein- zige Notiz, dass Biscbof Tobias (gewablt 1278) nocb als Dom- lierr das damals schon beste- hende Gebaude mit einerMauer babe urngeben lassen. In den ErrichtungsbUchern kommt sie im Jabre 1384 vor. Beigefiigt ist der Grund- riss Fig. 74, und der Langen- durcbschnitt Fig. 75. . C. Einscliiifige Ksrchen. Einer ungleicb b(3beren Durebbildung als der Basili- kenljau bat sich die einscbif- fige Halle zu erfreuen, welcbe eine Menge von Unterabtbei- lungen zeigt, bald obne, bald mit einem einzigen Thurm, manchmal sogar mit zweiThiir- raen ausgestattet erscbeint, und sowobl aus dem Rechteck wie Halbkreise gescblossen wird. Sei jedocb die aussere Form welcbe immer, die allge- meine Anordnung halt stets die Dreitheilung, Vorhalle, \ / in \ Fijjr 81. — 39 — Schiff, Chor fest; jede dieser Partien ist deiitlich ausge- sproclien. Wo ein einzlger Thurm angebracht ist , hat derselbe immer seinen Platz an del- Abendseite und stebt in der Mitte; der Hauptein- gang fiibrt mancbmal durch den Thurm, oder es befindet sich unter demselben eine Saci'istei. Oberhalb der Vor- halle ist stets eine Enipor- kirche angebracht. Von dop- pelten Thnrrastellungen sind nur wenige Beispielebekannt, darnnter die Pfarrkirehen zu Kondratz und Pofic an der Sazava die bedentendsten. Fig. 82. In stylistischer Hinsicht zcigt sich zvvischen den Bauten des nordlichen und nordwestlichen Bohmens ein auffallender Unterschied mit denen des siidlichen Mittellandes, wesshalb die beiden Gruppen abgeson- dert erklart werden. Siidliciie (Jruppe. Die Pfarrkirche zu Koudrac. Zwei Stunden vom Stadtchen Vlasim entfernt im ehemaligen Koiifimer Kreise, siidostlich von Prag, liegt in zwar abgelegener aber freundliclier Landschaft das Dorf Kondrac mit einer St. Bartholo- maus-Kirche, welche an der Westseite mit zwei stei- nernen runden Thlirmen und einem holzernen Zwi- schenbau ausgestattet, einen iiberraschenden Anblick bietet. Es hat sich nur das Schiff erhalten , die Chor- partie ist in friihgothischer Weise uragestaltet worden, und mag etwa 80 Jahre jlinger sein als der roraani- scheTheil. Das Schiff ist mit Zurechnung der zwischen den Thilrmen liegenden Vor- I halle 38' lang und 23' breit; ^ der nordliche Thurm ruht gegen innen auf einem vier- eckigen Pfeiler, der siidliche, in welchem eine Wendel- treppe sich befindet, auf soli- dem Mauerwerk. Die Vor- halle und die dariiber befind- lichen Emporen sind gewolbt, das Schiff hat eine fliache Decke. Die Thlirme treten erst in der Hohe des Dachgesimses mit ihrer Rundform aus dem recht- eckigen Mauei'korper vor, hal- ten 10' im iiussern Durchmes- ser und zeigen zwei iiberein- ander angebrachte Stellnngen von je 4 gekuppelten Fenstern. Unterhalb der Linie des Dach- gesimses erscheint die West- seite als kahles quadratisches Feld, iihnlich den Fa^aden von Miihlhausen, Tepl und Tismic. Fig-. 8.3. Die an dieser Seite angebrachte Fig. 84. Thiire und aucb das Fenster oberhalb gehoren der Neuzeit an, der siidliche Eingang aber ist urspriinglich, rundbogig und hochst einfach. In der Sacristei steht ein romanisches Taufbecken von Form eines runden Bechers, ohne Fuss und sonstige Decorationen. Die gothischen W(3lbungen des rechteckigen , 27 Fuss langen und 18 Fuss weiten Presbyteriuras , wie auch die Gewolbe der angebauten Sacristei sind mit beson- derer Sorgfalt ausgefiihrt und mit feingeschwungenen Rippen geziert. Wiirfel-Capitale mit aufgesetzten Krag- steinen zieren die kleinen Fenstersauleu, andere merk- wiirdige Theile kommen nicht vor. Von diesen Capita- len nahern sich einige der Kelchform mit Andeutung von Knospen, was auf den Anfang des XIII. Jahrhun- derts hindeutet. Trotz aller Muhe, welche sich verschiedene Ge- schichtsforscher gegeben haben, uber dieses Denkmal — 40 — und noch einige in der Nahe befindliche romamsche Banwerke bestimmte Nacbrichten aufzufinden, sind wir noch vollkommen im Dunkeln. Wahrscheinlich hat das 1149 gegrlindete, nur eine Stnnde von hier entfernte, in den Hussitenstiirmen bis auf den Grand zerstorte Pramonstratenserstift Louniowic Einfluss auf diesen Ban gelibt. _„ . . . lUustrationen : Fig. 76 Grundriss, Fig. 77 Aiifnss, Fig. 78 Qnerschnitt. St., Galln skircbe in Pofic. Das jetzt einsame und idyllisebe Thai der Sazava war im friiben Mittelalter viel belebter und zugleicb Sitz von zwei wicbtigen Culturpunkten, dem slavischen Benedictinerkloster Sazava (gegrtindet 1035) nnd dem Pramonstratenserstifte Selan (urspriinglich emem 1139 geo-rlindeten Benedictinerkloster), welche beide am da?Aufbliiben der Gegend sicb die grossten Verdienste erworben baben. Die Kunsttbatigkeit der Moncbe von Sazava scbeint sicb znnachst iiber das nntere Fbiss- ffebiet erstreckt und Mer verscbiedene Denkmale ber- ?or-erufen zu baben, von denen die Galluskirebe zii Pofic und die Pfarrkircbe in Hrusic ftir uns beson- deren Wertb besitzen. . , , Die St. Galluskirebe ist durcb zwei neben clem Presbyterium stebende Tbiirme und eine Krypte aus- gezeicbnet, zngleich wobl erhalten und sebr malerisch geleo-en Das Aussere ist iiberarbeitet worden, jedoeh nicbt in stbrender Weise ; eintretend in das Hans uber- blickt man eine iiberwolbte, aus drei Abtbeilmigen be- stebende Halle von 39 Fuss Lange und 22 Fuss Breite, an welcbe sicb eine balbrunde Apsis anscbliesst. Die vorderste Abtbeilung bildet das erhobte Presbyterium, unterbalb welcbem die von vier Siiulen unterstutzte Krypta liegt. Uber zwolf Stufen gelangt man vom Mittel des Scbiffes in die Unterkircbe binab, und wird durcb den gebotenen Anbbck aufs bocbste liberrascbt. Der recbteekige Raum der Krypta bait in der Breite 20, m der Lilngenricbtung 15 Fuss, in diesem Raume smd die Saiilen im Quadrat so aufgestellt, dass die beiden vordersten an der Abscblusslinie der Apsis stehen, wobei die Entfernung von einer Saulenacbse zur andern 7Vo Fuss betragt. Die Apsis ist 9'/. Fuss lang und wird durcb drei kleine balbkreisformig llberspannte 1^ enster erleucbtet. Die aus Gra- nit gemeisselten Saulen baben absonderlicbeFor- men und sind es zu- nacbst, welcbe den eigen- tbiimlicben Eindruck be- wirken ; mag man aucb die grossartigeu Krypten zu Speier, Gurk, Bam- berg u. s. w. gesehen baben, wird dennocb das Poficer Kircblein un- vergesslich bleiben. Die Saulen sind acbteckig, sammt Basis und Capital 8 Fuss 3 Zoll hocb (die Basis 15 Zoll, der Scbaft 5 Fuss , das Capital 2 Fuss), halten am untern P;,^ 85 Durcbmesser 15,am obe- . , Fig. 86. ren 12 Zoll, wobei die Seiten der Scbafte leichte Can- neliruugen zeigen. Aus den Capitalen entwickeln sicb Gurten, welcbe an den Wan den tbeils auf Pilastern tbeils auf Knanfen ruhen; die Gewolbekappen zeigen keine Grate, sondern sind als flacbe Kuppeln bebandeU. Wie die in grossem Maassstab gebaltene Detailiirung einer Saule erkennen lasst, spricht sicb in den Formen eine ungeflige Kraft verbunden mit dem Streben nacb reicberer Gliederung aus : der Baumeister wollte die iibergrosse Einfacbheit der Basilikenbauten vermeiden, docb stand seinen Be- miibungen die iibergrosse Hiirte des vorbandenen Mate- riales im Wege. Ob die Wblbungen des Scbiffes ursprunglicb smd, stebt in Frage; die ziemlicb bedeutende Scheitelbbbe von 39 Fuss lasst eine Neuerung vermutben, docb stimmen die rundbogigen Scbilder und die einfacben Kreuzungen mit dem Alter des Gebiiudes iiberein. Die Tbiirme sind viereckig, an den Aussen- seiten nur 11 Fuss breit und ragen mit ihren steinernen Unter- tbeilen nicbt iiber das Dacb- gesimse empor. Die Obertbeile besteben aus Holz. Gescbicbtlicbes findet sicb iiber dieses Gcbaude eben so wcnig, als iiber die meisten in Fig. 87. - 41 - Fig. 88. der Gegend vorkommendeu Denkniale. Der Ort geliorte bis zum Jahre 1848 zu der Herrschaft Konopist, welche im XII. und XIII. Jahrhundert die angesehenen Herrn Bechine inne hatten: diese konnen mithin als Stifter angenommen werden. In den Erriehtungsbiichern wird die Galluskirche erst im Jahre 1384 genarint, weitere Nachrichten fehlen. Beigefiigt sind: Fig. 79 der Grundriss mit Angabe derKrypta, Fig. 80 der Langenschnitt, Fig. 81 eine Saule. Gegenwartig ein massiges Dorf , scheint Pofic in fruherer Zeit grossere Ausdehnung geliabt zu haben, da sich hier noch eine zweite romanische Kirche findet. 8t. Peterskirche in Pofic. Wahrseheinlich als Begrabniss-Capelle an- gelegt , steht dieses Kirchlein isolirtauf dem Hiigel, an welchera die Prag - Linzer Strasse voriiberzieht nnd ist sowohl innen wie aussen unverandert geblieben. DerEingang fiihrtdureh einen viereckigen , an der Westseite befindli- chen Thurm , welcher Fig-. 89. die Vorhalle biidet. Das SchifF halt eine lichte Lange von 281/3 Fuss und eine Breite von 18 Fuss ein, die Apsis springt mit vollem Halbkreise iiber das Haus vor und ist mit Inbegriff der ostlichen Abschlussmauer 11 1/2 Fuss tief. Innerhalb der 9 Fuss im Quadrat messenden Thurrahalle wird durch die 6 Fuss tief in das SchitF herein geriickte Empore noch ein zweiter mit einem Tonnengewolbe liberdeck- ter Vorraum gebiidet, an dessen dem Schiffe zugekehrter Scheidewand ein alterthiimlicher Balken vorragt. Das Fig. 90. Schiff hat eine flache Holzdecke. Der 60 Fuss hohe und an der Aussenseite 16 Fuss breite Thurm enthalt ziemlich nahe am Dache zwei Reihen von gekuppelten Fenstern, die je mit einem Mittelsaulchen versehen das diirftige Aussere etwas beleben. Materiale der laufenden Mauern ist wie bei der Galluskirche granitischer Bruchstein, dieEcken und sonstigen Einzelheiten bestehen aus Granitquadern. Der Grundriss ist Fig. 82, die westliche Ansicht Fig. 83 angefiigt. Die St. Wenzelskirche in Hrusic. Thurmstellung, Schiflf und Apsis entsprechen der beschriebenen Peterskirche , nur ist die Hrusicer Kirche viel geraumiger, indem das Schiff 42 Fuss Lauge und 24 Fuss Breite einhillt. Das Gebaude ist allenthalben uberarbeitet und ware bedeutungslos, wenn nicht ein an der Nordseite befindliches Portal, welches seit vielen Jahren durch einen Vorbau ilberdeckt war und hiedurcb dem Restaurationseifer entzogen wurde, hoheBeachtung verdiente. Dieses Portal wird durch drei an jeder Seite der Leibung eingefiigte Halbsiiulen und eine vortretende achteckige Saule gebildet. Die beiden letztern Saulen zeigen wiirfelartige mit Bandwerk gesebmiickte Capi- tale und Eckblatter an den Fiissen, die Halbsaulen sind nur durch das allgemeine mit Palmblattern verzierte Kampfergesimse uberdeckt. Die durch das Profil der Leibung vorgezeichneten Bogenlinien sind auf das mannigfaltigste mit stern-, facher- und schraubenartigen Ornamenten ausgestattet , die vorderste Halbsaule erscheint sogar im Bogen als Hohlkehle und zeigt eine Reihe von Mausen, welche hintereinauder herkriechen. Das im Thiirsturz befindliche Relief, dessen Beschrei- bung in dem Abschnitte : Sculptur, enthalten ist, wird in ganz besondere Verbindung mit den Monchen von Sazava gebracht und ist unbestritten klosterlichen Ur- sprungs, es zeigt zwei Miinche und zwischen ihnen ein Kreuz. Die Bearbeitung der Einzelheiten der Kirche weist die grosste Verwandtschaft mit den Arbeiten in der St. Galluskirche und es diirfen diese beiden Denk- male um so eher demselben Meister (Steinmetz) zuge- schrieben werden, als Hrusic von Pofic nur eine Wegstunde entfernt ist. Materiale ist ungleichkor- niger Granit , dessen schwierige Bearbeitung die vorkommenden Harten und Unregelmassigkeiten so wie die robe und derbe AusfUhrung zum Theile ent- schuldigt. Die Detaillirung des interessanten Portals ist in Fig. 84 enthalten nnd werden wir spSter noehmals imf dasselbe zu reden kommen. 6 _ 42 — St. Jacob b e i K u t r e ii b e r g. Dieses durch seinen Reichthum auBildhauerwerken hochst interessante Denkmal wird fiir uns um so wich- tiger als seine Entstehungszeit documentirt ist. Die Anordmiiig ist die normalmassige mit einem westlichen Thiirm (durch welcheii jedoch nieht der Eingaug flibrt), einer in das Scbitf vorgelegten Empor- kirche und balbnuider Apsis (Fig. 85). Das Scbitf ist 27i/, Fuss lang und 18 1/3 Fuss bveit; der Eingang liegt an der Sltdseite und unter dera Thurme befindet sich ebenerdig ein kleines urspriinglicli als Sacristei die- ueudes Gemacb. Der Aufgang in die Emporkirche und den Thurm war friiherbin durcb eine an der Aussenseite angebracbteHolztreppe vermittelt, eine Anordnung, die in Bobmen oft vorkommt. Das jetzt iiberwolbte Scbiff war einst fiacb iiberdeckt, dieBalkenLagen sind oberbalb der Wolbung nocb wabrzunebmen. Mit Ausnabme dieser Anderiing und des auf dem Thurme errichteten Zwiebel- dacbes bat sich der alte Bestand, wenn aueb verwittert und hautig ruinos, vollstandig erhalten. Das Innere erscheint zwar scblicht, jedoch wird die Emporkirche durch zwei runde Saulen getragen, welche mit Wllrfel-Capilalen und verziertenFiissen ver- sehen sind. Der linksseitige Saulenscbaft ist" mit ver- schlungenen Bandern reicb decorirt (Fig. 86 u. 87), am rechtsseitigen ist dieser Schmuck unterblieben. Die Empore ist gewolbt, von bier aus flibrt eine schmale in die jMauerdicke eingefiigte Treppe in ein etwas boher gelegenes, im Thurme augebracbtes Oratorium und weiter zum Glockenbause hinan. Im Gegensatz zu dem Innern entfaltet die Aussen- seite einen ungewohnlichen Schmuck, wenn man auf die bisher bescbrieberien Bauwerke zuriickblickt. Das ganze ist von "einem kraftigen Soekelgesimse umzogeii, aus welcbem sich eine Lisenen- und Bogenstellung eutwickelt. Diese umgibt die Apsis mit einer einfacben Bogenreibe und setzt sich an der Siidseite des Schitfes in doppelt iibereinander stehenden Reihen fort. Die oberenBogenfelder sind mitfreistehenden lebensgrossen Fig. 92. Statuengeschmiicktund esist imMittelfelde dieKirchen- stiftung nach Art eines Votivbildes dargestellt: in der Mitte Christus, welcbem zwei Manner in ritterlicher Tracht zu Fiissen knien. Das nebenstehende leere Feld entbielt eine Madonna mit dem Kinde; diese Statue ist vor langerer Zeit herabgefallen und nicht wieder auf- gestellt worden, aber nocb vorhauden. Weiterhin gegen Osten siebt man den beil. Wcnzel mit Schwert und Scbild, im vordersten Felde aber ist der Kirchenpatron St. Jacobus Major angebracht. Links vom Votivbilde endlich hat der in dieser Gegend bocbverehrte St. Pro- cop einen Platz gefunden. Im Sturzfelde oberbalb des Einganges ist eine Reliefdarstellung eingefligt : Christus als Welterloser zvvischen Engeln auf Wolken schwebend (Fig. 88). Der Thurm ist auf alien Seiten mit gekuppelten Feustern umgeben und mit Lisenen geschmiickt, doch so stark verwittert, dass mebrere Fenster zugemauert werden mussten. Baumateriale ist etwas weicber Sandstein, welcher durebaus in Quaderform verbraucht wnrde. Das Dorf St. Jacob oder Swaty Jakub liegt auf einer zwischen den Stadten Kuttenberg und Caslau sich hin- ziebenden Anbobe und gehorte ehemals zu den Besit- zungen des Klosters Sedlec, von dessen Monchen der Ort gegriindet und die Kirche erbaut worden sein soil. Die Erbauungszeit wird durch eine im Jabre 1846, gelegenbeitlich einer Reparatur aufgefundene Urkunde genau bezeichnetas. Diese Urkunde stellt sicher, dass der Bau 1160 und 1170 stattgefunden babe, da die Con- secration des Altars immer sogleich nach Vollendung des Altarhauses erfolgte. Die auf dem Votivbilde dar- gestellten zwei Ritter sind die Sobne der Stifterin Maria , vielleicht der Witwe jenes Herrn Miroslav, welcher 1142 das Kloster Sedlec grlindete und als Verwandter Vladislav's genannt wird. Banmeister war -9 Der fiir die bohmische Kunstgeschichte und fiir AJtersbestimmuiig der Baudenltmale hochwichtigo I cxt ist abgedruckt im Casnp. Ceslc. Mus. 1847, und in den Mittli. d. k. k. Cent. Comm. Jalirg. 1857, S. lo7. — Der liielier beziig- liche Theil lautet: „Anno dominice incarnationis millesimo centesimo sexagesimo quinto, indictione decima tcrcia, epacta dei ima septima, concurrente quarta, ego Da- niel, licet indignus, Dei tamen gratia Pragensium Episcopus decimus tertius, anno ordinationis mee decimo quinto, mense undecimo, die mensis decinio nono , regnante Frederico gloriosissimo et serenissimo Roman'orum Impe- ratore et semper augusto, temporibus quoque Wladizlai gloriosissimi Boe- morum regis, has re'iqnias liorum sanctorum in lioc altari decima tertia calendarum Decembris propria manu recondidi." Es folgt nun die Aufziililung der einzelnen Keliquien , dann fahrt die Urlii: Fia-. 96. . . ■ " Fig. 98. Im Vergleich mit den thurmbegabten Bauten erscbeinen die tburmlosen von untergeordneter Be- deutung und mogen urspriinglich nur als Friedhof- Capellen gedient haben. Die zwei Wegstunden ostlicb von Prag gelegene Kircbe in Ho stivaf ist formlos und ganz erneuert: das ScbifF bait 36 Fuss in der Lange und 18 Fuss in der Breite, die Apsis ist 7 Fuss tief. Alle Einzelheiten sind untergegangen. Bemerkenswertber erscbeint die in der jetzigen Prager Vorstadt Smicbov gelegene, den Aposteln Pbilipp und Jacob gewidmete Kircbe, deren 25 Fuss langes und 20 Fuss weites Scbiif mit fiinf Gewolbeab- tbeilungen iiberspannt ist. Die Apsis ist aus dem voUen Halbkreis gezogen und mit einem Bogenkreis umgeben; an den Langseiten wird die Kreuzform durcb kleine Anbauten (vielleicbt Uberreste von Thiirmen) ange- deutet. Ein neben die Siidseite bingelehnter Glocken- 45 Fig. 100. tlmrm gehort dem Schlusse des vorigen Jahrhunderts an, um welche Zeit (1765) nach langer Unterbrechuiig die Kirche wieder mit einera Pfarrer besetzt wurde. Der Grundnss und die Chor-Ansicht der Smichover Pfarrkirche, welche bereits 1333 genannt wird, sind Fig. 98 und 99 beigefugt. Einen freundlichen Eindruck gewahrt das Capell- cben in Alt-Bunzlau, dessen quadratisches Schiff 23' weit ist und aus welchem die Apsis, jedoch nicht mit dem ganzen Halbkreis in einer Tiefe von 8'/,' vorspringt. Hier ist es die westliche Front-Ansicht, welche uns anspricht: der einfache, mit Rundbogen iiberspannte Eingang und das dariiberstehende spitz- bogige Fenster. Auch das den Giebel umziehende Ge- simse verdient erwahnt zu werden, da an iilteren romauischen Bauten diese Ausstattung nicht vorkommt. Das Innere wurde erst vor wenigen Jahren erneuert. Grundriss und Westseite sind Fig. 100 und 101 beigefugt. Pfarrkirche in Kej (Keege). Der rechteckige Chorschluss war vielleicht eben so verbreitet als der runde; well jedoch die erstere Form minder charakteristisch und bei Reparaturen leicht zu verwischen ist, wird sie nur erkannt, wenn sich bemerkenswerthe Architektur-Theile erhalten haben. So trifft man unter andern in der Umgebung des Klosters Selau mehrere auf solche Weise ausgestattete Kirchen, deren hohes Alter durch kein ausseres Merkmal aus- gesprochen wird , die daher leicht den Blickcn des Forschers sich entziehen. Selbst wenn, wie in Tetin, _ sich einige Rundfenster oder sonstige unbestritten roma- ^^^^^^ nische Einzelheiten erhalten W haben, wird die Beurtheilung R:::::::::.:::.".::::::^^B doch grossern Schwierigkeiten H unterliegen , weil im Gegen- H satze zum geraden Abschlusse ^ die runde Apsis an und fiir sich schon eine genau abge- \ ]mi grenzte Zeit ausspricht. Daher / haben wir nur wenige Bauten ■■j^^^^Hl^l mit rechteckigen Choren zu verzeichnen, welche allgemei- Fig. 101. nes Interesse bieten. Fig. 102. Obenan steht die Bartholomiius-Kirche in Kej oder Kyje, einem in der Nahe von Prag gelegenen, zu der ehemaligen Herrschaft Aufinoves gehorigen Pfarr- dorfe, an dessen Entstehung sich allerlei Sagen kniipfen. Die Dreitheilung: Vorhalle, Schiff und Clior, ist scharf ausgepragt und alle Theile sind mit rundbogigen Grat- gewolben versehen. Die Vorhalle ist 14 Fuss, das Sehiti' 26 Fuss lang; die gleichmassig durchlaufende Breite betragt 21 1/3 Zoll. Die Vorlialle wird durch einen auf Vorspriingen ruhenden Scheidebogen vom Schiffe ge- trennt, eben so wie zwischen Schilf und Chor die Tren- nung durch den protilirten Triumphbogen bewerkstel- ligt wird. Der Chor wird durch ein regulares, 16 Fuss weites Quadrat gebildet und zeigt an der Aussenseite eine durch Kleeblattbogen verbundene Lesenenstellung. Oberhalb der Vorhalle besteht eine iiberwolbte Empor- Fig 103. y — 46 — Fier. 104. Kirche , wohin eine in den Kbrpev der sudlichen Mauer eingefiigte Treppe fiilirt. In weiterer Verfol- gung dieses Treppchens gelangt man in den Obertlieil des Thurmes, welcher die ganze Breite der Kirche und zugleich den Ranm der Vorlialle einnimmt uod gewisser- massen das Hauptge- baude bildet, an welclies sicb Schiif imd Chor in untergeordneter Weise anreilieii. Der Tliurm ist an der Aussenseite 33' breit, 23' tief, 72' hoch und in der Hiihe von 50' mit gelcnppelten , lilee- blattformig liberdeekten Fensteru geschniliclst. Das An- sehen ist Iremdartig und entspricbt eher dem Burgeii- als Kirehenbau; die vor einigen Jahren erneuerte oberste Tburmpartie ist nach der urspruuglichen Form wieder hergestellt worden. Eheraals bestand ein einziges Portal an dei- Nord- seite, welches zwar noch erhalten ist, aber jetzt m eine neue Sacristei fiihrt, wahrend durch den Thnrm ein zweiter Eingang flir die Kirchenbesncher emgefugt wurde. Bei einer zwischen 18G2- 1865 vorgenommenen Reparatur zeigten sich unter der Kalktiinche Reste alter Wandmalerei, worunter ■ -eine Darstellnng des jlingsten Gerichtes, mit schwarzer Farbe vorge- zeichnet und uur hie und da mit kraftigen Stri- chen ausschattirt. Wie gewobnlich verblassten diese Reste alsobald an der Lul't. Die Techuik deutete das XIII. Jahrhundert an; in der Mitte sah man Christus als Weltrichter, zur Rechteii luid Lmken Apostel und unterhalb die aus den Grabern sich auf- richtenden Leichen. Das Alter dieser Kirche wird durch eine im Jahre 1781 aufgefundene Inschrift ziemlich genau festgestellt; die Worte lautcn : + FVNDATOK -i- HVIVS -h Q.GLQ. lOh^lS + PRAGSSI -h ffPVS. ( Stifter dieser Kirche ist Johann Bischof von Prag.) Von den vier Bischofen PragS; welche den Namen Johann fiihrten, konnen hier nur zwei in Betracht ge- zogen werden, nemlich Johann II., gewahlt 1226, und Johann III, ge- wahlt 1258. Beide entstammten dem Geschlechte von Drazic, welchem auch Johann IV., der kunstthatige Vorganger des ersten Erzbischofs Arnest angehorte. Die spat-romani- Fig. 106. schen Form en und gothischen Ein- Fig. 105. mengungen, als Kleeblatt- bogen, Abfagungen der Ecken und stark uberhohte Gewolbe , sprechen fiir Jo- hann III., einen baulustigen Herrn, welcher unter andern den Prager Dom (den ehe- maligen) mit Glasfenstern hat ausstatten und den einge- stiirzten Glockenthurm des- selben neu aufbauen lassen. (Johann I. regierte nur kurze Zeit, 1134—1139, als die ronianischen Formen noch wenig entwickelt waren nnd Fig. 107. Johann IV. f 1343, lebte im Zeitalter der voUstandig ausgesprochenen Gothik.) Auf alle Falle entstammt mithin das Gebaude der Mitte des XIII. Jahrhunderts. Ilhistrationen: Fig. 102 und 103 Grundriss und westliche Ansicht, Fig. 104 Detaillirungen des Portals, Fig. 105 Protil der Lesenen am Chor. DieCapellenzuTetinundNudvojovic. Die St. Katharinen-Capelle zu Tetin wird von der Sage als jenes uralte Kirchlein bezeichnet, welches schon unter Bofivoj entstanden und worin der Leich- nam der heik Ludmilla beigesetzt gewesen sein soil. Das hochst einfache Gebaude besteht aus zwei Qua- draten, von denen das westliche und grossere ^den . flacheingedeckteu Scbiffraum, das ostliche den Chor bilden. Das Schiff ist 21 , der Chor 14 Fuss weit, beide Raume verjungen sich etwas gegen Osten zii , so dass der Grundriss das Ansehen einer abge.^tuften Pyramide hat. Thurmanlage fehlt. Klinstlerische Anhaltspunkte fur die Altersbestimmung sind nicht vorhanden, auch fehlen alle beglaubigten Nachrichten liber den Kirehenbau, welcher zwar ein hohes Alter erkennen liisst, aber schwerlich weiter als bis in die Zeit Vladislav's I. zuriickdatirt werden kann (Fig. 106). Obwohl im nordliidien Bohmen gelegen, lasst sich die sehr einfache, dem bail. Johann dem Tauter ge- weihte Capelle in Nudvojovic am fiiglichsten hier anreihen. Sie wird im Jahre 1384, als mit einem eigenen Seelsorger versehen, genanut, scheint jedoch uie etwas anderes als eine Begriibniss-Capelle gewesen zu sein. Das Schiff ist quadratisch, 19 Fuss weit und mit einer bemalten Holzdecke uberlegt , der rechteckige Chor 14 Fuss breit und 10 Fuss tief. Zwei Eingange, an der Nord- und Westseite, fiihren in das Schiif, beide sind rundbogig; die Fenster aber zeigen Spitzbogen und das Hauptfenster liber dem Altar friih-gotbisches Maasswerk. An dem ausserst schadhaften Getafel der Holzdecke konnte man trotz vieler Ubertiinchungen im Jahr 1853 noch Uberbleibsel der ur- s prun gliche n D ec or at i on s m al er ei erkennen. Statt eines gemauerten Thurmes besteht auf der Mitte des Dachfirstes ein holzerner Dachreiter. Das Materiale ist Bruchstein des umgebenden i*>^ — 47 — Sandsteingebirges ; Ein- gange, FensterundEck- verbiinde sind aus Qua- dern hergestellt. Gelegen an einem der schonsten Punkte des Iserthales und liberschattet von ural- ten Linden, macht das kleine, aber in harmo- nischen Linien sich haltende Kirchlein einen unvergesslicben Eindruck. Nudvovic oder Nudvojovic, der- mal ein Meierhof, ist eine halbe Stunde von der Stadt Turnau ent- Fig'- fernt und gebort ziim Dominium Gross-Skal. Grundriss, stidlicbe, ostliche und vpestliche Ansicht sind in Fig. 107, 108, 109, 110 beigefiigt. Fig. Ill und 112 erklart das ostliche Fenster und seine Profili- rung. Fig. 113 und 114 das Thiirgewande. Nordliclie Glruppe. Die roraaniscben Bauvverke Nord-Bobmens sind durcbscbnittlich urn einigc Jabre jiinger als die dem Sliden und der Mitte des Landes angeborenden. In Bezug auf Gesammtanordnung gelten bier wie doi t die gleicben Regelii, die Formendurchbildung jedocb hat im Norden unter dem Einflusse der frankiscb-sachsi- schen Scbule eine ungleicb hobere Vollendung erreicht. Vor allem sind es die Gesimse, die voller und gesat- tigter, auch mit reicherer Gliederung gezeicbnet werden, die Lisenen-Stellungen (im Siiden nur ausnabmsweise auftretend und willkiirlich angewandt) entsprechen an den nordlieben Bauten der inneren Arcbitektonik, die Ornaniente endlicb sind freier und kraftiger ausgearbei- tet. Es fallt auf, dass die Wuth des Ubertiinchens, welcbe die meisten siidlicben Denkmale entstellt und die dem Forscber aus- serst hinderlich ist, im Nordwesteu nicht Platz gegriffen bat. Die Pfarrkircbe in Potvorov. Agnes, die Wittwe des Ritters Kuno von Potvorov, griindete im Jahre 1241 in Gemein- schaft mit ihrer Tochter auf ihrer Besitzung Po- tvorov eine dem h. Ni- colaus geweibte Kirebe, nachdem sie bereits einige Giiter testamen- tariscb dem Kloster Fig. no. Plass ziigesicbertbatte3«. Die Uikunde in der Bibliothek zu Plass. Memorabilierbucli in Po- tvorov: „Ecclesia Parochiae PotAvorowensis sub patrocinio S. Nicolai Episcopi M. in districtu Kakoniensi , Diocesis Pragensis , aedificata est anno Dm. 1241, proat coUigitur ex manuscriptis Monasterii Plassensis ordinis Cisterciensis, ed, quidem ei libro, qui intitulatus Tilia Plassensis, fol. seu pag. 562 etc." Fig. 111. Die Stifterin hatte die Absicht, nach den Re- geln des Cistercienser- ordens zuleben, desbalb wurde die Kirebe neben der klosterlicb einge- ricbteten Burg aufge- ftibrt und mit dieser durch einen bedeckten Gang verbunden. Dem Wunscbe der frommen Wittwe gemass , erhielt das Kircbenbaus eine so ergiebige Grosse, dass statt der Ublichen Emporkirche ein geraumiger Nonnenchor in das Schiff hereingelegt werden konnte, ohne dass das- selbe beengt wurde (Fig. 115). Die ganze Kirebe ist bis auf die eingestlirzten Wiilbungen des Nonnenchors vollstandig erhalten und von alien Unbilden frei geblieben. Das an der Siidseite betindlicbe Portal fiihrt in das Scbitf, dieses ist beinahe quadratisch , 30 Fuss lang, 28i/o Fuss breit und mit fiacber Decke versehen ; an der Westseite lehnt sich die 18 Fuss tiefe, durch einen Mittelpfeiler und zwei Pilaster vom Schiff getrennte Vorhalle an. Diese besteht aus zwei Gewolbeabtbeilungen, wird durch zwei kleine Rundfenster erleuchtet und hatte einen beson- dern, nur 2'/., Fuss weiten Eingang, der wohl aussebliesslich fiir die Schlossbewohner bestimmt war. Die Apsis tritt mit vollem Halbkreise vor bei einer Tiefe von lOyo Fuss, ein fiir eine Landkirche ungewobnlicb grosses Verhaltniss , und entbalt drei reichgegliederte Fenster. Ober- halb der Vorhalle breitete sich der erwahnte Nonnenchor als vergros- serte Emporkirche aus ; er bestand gleich der ontern Partie aus zwei ^y^yy^j^u^^, gegen das Schiff bin auf durcbbrocbenen Mauern ruhten. Genau dieselbe Anordnung werden wir in Podvinec Gewolben, welche wieder linden, wo sie sich vollstandig erhalten hat. Indessen lasst sich, wie der Durchschnitt (Fig. 116) darthut, auch in Potvorov die urspriinglicbe Form des Nonneuchores oder der Oberkirche genau erkennen. Aus dieser Oberkirche gelangte man durch ein im Mittel der Abscblussmauer angebrachtes Portal auf einen offe- nen, ins Schiff vorspringenden Balken, welcber gestat- tete, dass bei feierlicben Gelegenheiten , Processionen u. dgl. die oben versammelten Personen unmittelbar theilnebmen und sich der Gemeinde zeigen konnten. Wie durch ein Wunder bat sich dieser Balken grossten- Fig. 113. Fig. lU. — 48 - 10 0 10 10 30 10 liMilliili \ 1 \ ^^ACt Fi- 115. theils erhalten. Mit der Burg war das Nonnenchor durcli den erwahnten Bogengang- verbundeii , die ruudbogige TMr, welche dahin fiihrte, ist noch vorhanden; ebeu so eine in die Mauerdicke eingefiigte Treppe , welche in den Dachraum flibrt. Einen Thurm besass die Kircbe nicht. Das Aiissere iiberrascht durcb eben so sorgfaltige Formengebung und eine in alien Linien sich ausspre- chende Harraonie. D:is mit wenigen gut angeordneten Gliedein construirte Portal, die mit Kehlen und Rund- staben eingefassten Fenster, im Verein mit sebr schonen Gesimsen, sicbern der Potvorover Kircbe einen bohen Rang unter den romanischen Denkmalen des gesammten Kaiserstaates. Als Sonderbarkeit baben wir anzufiihren, dass zwar ganz gotbische Einzelbeiten vorkommen, wie z. B. das im ostlicben Giebel betindlicbe mit einem Vier- pass __ausgestattete Rundfenster, aber kein Anklang an den Ubergangs-Styl; eine Erscbeinung, die bereits an den Kircben zu Nudvojovic und Jircan getrotfen wird. Bau-Materiale ist vorzuglicher Sandstein vonbraun- lich grauer Farbe, welcher durcbaus in Quaderform angewandt wurde. Potvorov liegt drei Wegstunden nordlich von Plass, in massiger Entfernung von der Saatz - Pilsner Hauptstrasse. Fig. I I G. Fig-. 117. Beigefiigt sind: Fig. 117 siidliehe Ansicht, Fig. 118 Chor-Ansicbt, Fig. 119 Mittelpfeiler, Fig. 120 Portal. Fig. 121 Fenster, Fig. 122 der Balcon amjNonnen-Cbor. St. Jacobs-Kirche in Rudig. Das Stadtchen Rudig, im XIII. Jahrbuiidert nocb ein Dorf, w^ird zuerst 1227 gelegenheitlich eirier Scbenkung genannt, welche Kojata von Briix, Herr auf Scbwabenitz und Riesenbiirg, an das Kloster Zderaz in Prag machte si. Eine Kircbe scheint damals in Rudig, welches mit den Namen Vroutek bezeichnet wird, noch nicht vorhanden gewesen zu sein, da in der Urkunde einer solchen nicht gedacht wird. In der Folge gelangte der Ort an das Benedictinerkloster Postelberg, porta Apostolorum, bei Saatz, und verblieb bei diesem Stifte bis zum Ausbrucb der Hussitenstiirme , in deren Verlauf Postelberg griindlich zerstort und Rudig ein- geaschert wurde. Die Jacobs-Kirche stand in Verbiudung mit -#^Sk einer westwarts gelege- /MitAipx nen Burg (gerade wie ^g^^^| \ dies in Potvorov der Fall /'^'f^^ ^ ^^ fflT^ war) und wurde w^egen mF'^ -'^ "^^'^^^l' \ Banfalligkeit gegen ri^^^ _ . A Ende des vorigen Jahr- ^ /g ^ . _^ -'^ ' jm'^ \ bunderts gesperrt. Fast ji ^ — .,'^ 7 um die Halfte kleiner Sp",'*.«. -r^^^^^^l^' als die Potvorover rfe ^^^S^^^^^Sft Kircbe erblicken wir ip'^rr^TlsSt^^^^^^^'T bier wie dort genau die f'"^'"''^'^'^^^^^ gleicben Formen und _p| r frj filiC ^Sllll die gleicbfleissige Ar- ' Nf i|S^F|i']"i^ belt. Der Baumeister ~ i'.)l4fcJ pt^H|| | jener Kircbe bat auch F \ '^^^IH diese vielleicht zur ~[ i , i|^ ^VMm selben Zeit oder unmit- . telbar hinterher autge- fiihrt , wie aus den Fig-. ii8. Die L'rkuiidf lindet skh bei Erben, llegesia ad ann. 1227. Fernere Aufschliisse iiber Kudig gewahreii ; P. Frind, Kircliengeschiclite von Bohnieii. und Dr. E. Fodiscli, Handsciiriftliche Kaclirichten iiber Rudig und die Jakobs-Kirche. , — 49 — Fig-. 119. angeftigten Zeichnungen Fig. 123 und Fig. 124, her- vorgelit. Das Schiff ist 27 Fuss lang, 18 Fuss breit, liatte einst flaclie Decke und ist 1714 iiberwolbt worden. Die Apsis halt 7 Fuss in der Tiefe, die Vor- halle aber wird nur mehr durch zvvei gegeniiberste- hende Pilaster angedeutet; Mittelpfeiler und Gewolbe sind verschwunden. Der nur am Obertheil bescba- digte Thurm war nicht im urspriinglichen Plane vorbe- dacht, wurde jedoch wabrend des Baues angefugt und ist vom gleichen Sockelgesims umzogen, auch mit der gleichen Lisenendarstellung verziert. Es fiihrte kein Eingang durch den nicht quadratischen, sondern recht- eckigen Thurm, welcher ebenerdig eine 8 Fuss breite und 18 Fuss lange uberwolbte Halle bildet , ober- halb welcher ein Oratorium angebracht ist. Dieses hing mit dem obern Stockwerke des Schlosses durch einen Gang zusammen, jetzt aber nachdem das Schloss verschwunden, kann man nur niittelst einer Leiter zu der schmalen, 14 Fuss iiber demErdboden angebrachten Thurmthiir hinanklimmen. Eintretend in den oberen Theil des Thurmes gelangt man erst in ein kleines Vorgemach, dannin das erwahnte Oratorium, inwelchem 121. rig. 1 2(1. sich ein kleiner Kamin befand, dessen wohlerhal- tener Schornsteiu in der Mauerdicke sich bis in den Dachraum hinaufzieht. Aus diesera Oratorium, welches nach dem angebrachten Kamin als Beichtraum ge- dient zu haben scheint, trat man endlich in die otfene Emporkirche hinaus. Die Eintheilung ist wieder eine klosterliche, im ver- kleiuerten Maassstabe an Potvorov erinuernd. Das Innere zeigt sich, da es bald als Laza- reth oder Magazin , bald als Kartoffelkeller dienen musste, in hohem Grade ruinos, doch gewahrt man noch an der Nordwand Spuren alter Wandmale- reien. Das bis auf den Untertheil zerstorte Portal liisst besondere ZierHchkeit erkennen, war mit einem Giebel bekront und trat mit ausgelegter Leibung iiber die Wandflache vor. Uber der Apsis hat sich die m-spriingliche, aus grossen Sandsteinquadern gefiigte Bedeckung erhalten, welche die durch das Nischeugewolbe vorgezeichnete Linie an der Aussenseite beibehalt, als Halbkuppel an den ostlichen Giebel anschliesst. Diese Dachform, bei der durch grosse Quadern zugleich das Gewolbe wie dasDach gebildet wird, trifft man auch an einigen Kund- Capellen Bohmens , z. B. in Schelkowitz und auf dem Georgsberge bei Raudnic. Bemerkenswerth erscheint das Traufgesims der Apsiden-Dachung, das dem dori- schen Kranze nachgebildet, in Fig. 125 mitgetheilt wird. Beigefiigte weitere Illustrationen : Fig. 126 Haupt- gesims, Fig. 127 Detaillirung des Portals. CapelleinPodvi- nec. Neben dem St. Wal- drichskirchlein zu Mur- hart in Wiirteniberg hat Deutschland kein ca- pellenartiges Denkmal anfzuweisen , welches in Bezug auf malerische Anordnung und Orna- mentenreichthum der St. Nicolaus-Capelle in Podvinec bei Dobrovic imBunzlauerKreise zur Seite gestellt werden konnte. Durch einen aus fiinf Seiten des Achtecks gezogenen Chor, ein weitausgeladenes Por- tal und eine wunder- wiirdige Emporkirche ausgezeichnet, wird es beinahe unbegreiflich, — 50 — Fig. 123. class sich liber diesen Ban niclit die mindeste Naeliriclit erhalteii liat. Das Scliiff besteht aus eiiiem beinabe vegeluiassi- gen Viereck von 19 '/a Fuss Lange und 18 Fuss Weite, in diesem Raume steht ein verhaltnissmassig ungebeu- rer Pfeiler von 41/3 Fuss Dieke, welcber die Empore tragt und die Vorballe bestimmt. Die Vorballe , bei weiteni die grossere Halfte, bat mit Einrecbuung des Pfeilers eine Lange von 13 Fuss und ist mit Gratgewol- ben uberdeckt; das eigeutlicbe Scbiff zeigt trotz seiner bescbrankten Raumlicbkeit von 61/2 Fuss Lange cine Holzdeeke. Der Cbor ist wabrsebeinlicb im Innern dureb Feuer zerstort und seines Scbmuckes beraubt worden ; die dortigen Gewolbe sind neu und formlos, haben aucb keine Verbiiidung mit den noch bestebenden alten , in den Ecken stebenden Wandsaulen. Der Eindruck des Aussern ist nicht aliein bocbst iiberrascbend, sondern aucb barmoniscb, wie die Abbil- duug (Fig. 128) erkennen lasst, wenn es aucb an ein- 9 Fig. 1-25. Fig. 126. zebien Barbarismen und Sonderbarkeiten nicbt fehlt. Zunacbst siud es die Verhaltnisse des Cbores, die den gunstigen Effect hervorrufen, dann ein kraftig warmer Farbenton, den das Ganze umzieht. Das Portal stebt an der Nordseite des Scbiffes, seine Leibung wird dureb zwei frei vortretende gegeniiberstebende Saulcben und « vier angeblendete Halbsaulen (zwei auf jeder Seite) bescbrieben. Ln Bogen vereinigen sicb die freien Saulen zu einem Ruudstab, wie aucb die Wandsaulen und zwiscben befindlicben Keblen sicb im Bogen fortsetzen. Das Sturzfeld liber dem Eingang ist mit Bogen-Orna- menten umzogen, in der Mitte erblickt man ein Relief, ■ Christus am Kreuz zwiscben Engeln. Oberhalb des Tblirbogens ziebt sicb ein Kronungsgesims von sebr schwerfalligen Keilscbnitten und Bogen bin. Das Portal ist bei weitem die scbwacbste Partie des Gebaudes und entbalt einige so auffallende Missverbaltnisse, dass sie in den Massangaben libertrieben klingen. So rubt auf den gegenliberstebenden 5 Zoll starken und obendrein gewundenen freien Saulen ein massiger Wulst von 16 Zoll Durcbmesser, welcber als Fortsetzung der Saulen den Tbiirbogen umspannt. Am Kampfergesims verdoppelt der durcblaufende Rundstab plotzlicb seine Starke, obne dass dieser Ubergang irgend motivirt Fig. 127. 51 — ware; der Rundbogeiifries ist ferner so nachlassig eiu- getheilt, dass jeder kleine Bogen vom nebenstehenden urn mehrere Zolle abweicht. Filr diese und andere Fehler entschadigt der Cliorbaii, dessen reiches mit Palmetten, Keilschnitten und Rundbogen ausgestattetes Gesims imd schongeschwungener Sockel das feinste Ebeumass einhalten. Vielleiclit gehort der Chor eiuem aiidern Meister an? — Aus dem Sehiffe fithrt eine in die Siidwand einge- lassene Treppe in die Oberkirelie, deren schon bei Po- tvorov gedacht worden ist. Sie misst 12 Fuss in der Liingenrichtung und halt mit der Vorhalle gleiche Breite ein. Gegen das Schiff bin wird die Empore durch eine Querwand abgesclilossen, in deren Mitte ein reicb- geschmiicktes Portal auf einen in das Schiff vortreten- den Balcon flihrt. Neben diesem Portale sind rechts und links gekuppelte Fenster, zum Hinabsehen auf den Altar, angebracht. Das gegenwartig hier befindliche Gewolbe ist nicht mehr das urspriingliche , wenn es auch die rundbogige Form einhalt. Das ehemalige Gewolbe scheint Rippen gehabt zu haben , die nach den beiden jetzt leer stehenden Consolen oberhalb des Portales hingeleitet waren, um die Last zu vertheilen (Fig. 129). Auch in diesem kleinen Raume gewahrt man ver- schiedene Abnormitaten. So nimmt der westliche Wand- pfeiler eine Breite von 7 Fuss ein und greift 3 Fuss in die Halle vor, nimmt also beinahe die Hiilfte der Ge- sammtbreite ein. Abenteuerlich, aber nichts weniger als schon miissen einige Capitale und Saulenflisse bezeichnet werden , welche nach Art eines Lelinstuhles geformt, nur an einer Seite die architektonische Gliede- rung der Saule offen lassen. Der Gedauke, welcher mir vor 20 Jahren beim ersten Anblick des Gebaudes auf- gestiegen, es sei in den nahen Steinbriichen ein gros- serer Bau vorbereitet worden und man babe die vor- gerichteten Werkstiicke, als derfragliche Bau unterblieb, zur Auftuhrung dieser Capelle verwendet, ist mir bei jeder spatern Besichtigung wieder lebendig geworden, obgleich ich mich lilngst iiberzeugt babe, dass dieses nicht der Fall sein konnte. Bei ganzlichem Mangel an geschichtliehen Uber- lieferungen (nicht einmal der fleissigste und gliicklichste aller Localforscher Ferd. Mikovec hat einen Anhalts- punkt tinden konnen) bleibt nur iibrig, sich an Lage, Styl und aussere Merkmale zu halten. Auf einem hohen und steilen Vorsprunge des den Iserfluss begleitendeii Hohenzuges gelegen, von wo aus man das Thai auf- und abwarts beherrseht, ist die Annahme, dass zu Pod- vinec eine Burg bestanden babe und das Kirchlein eine Schloss-Capelle sei, durchans gerechtfertigt. Unter Karl IV. wurden viele Burgen als Raubnester zerstort. — 52 — Fit 129. deren Namen uiid Lage verscbollen sind; dieses Loos durfte auch die Podvinecer gehabt haben, indem bei der Zei-storung die Capelle verscbout blieb. In der That finden sicb an der Slid- und Westseite Spiiren von Anbauten und scheint bier wie in Potvorov und Rndig die Oberkircbe durcb einen Gang mit einem andern Gebiiude verbunden gewesen zu sein. Gotbiscbe Einscbaltuugen komraen offers, nament- licb an den Fenstern vor, aber keine Ubergangsformen; auch zeigen sicb hie und da Spitren von Bemalungen. Seit Mitte des XV. Jabrbunderts gebijrte Podvinec zur Herrscbaft Dobravic, vor den Blirgerkriegen dlirfte die Gegend dem milcbtigen Geschlecbt der "Wartenberg eigen nnd mit Mlincbengratz verbunden gewesen sein. Die Kirche wird durcb folgende libistrationen er- laiitert: Fig. 130 unterer Grundriss,Fig. 131 Grund- riss der Oberkircbe, Fig. 132 Hauptgesims am Cbor, Fig. 133 Fenster daselbst, Fig. 134 Sockelgesims , Fig. 13.') Capital am Aussern des Chores, Fig. 136 lelmstublarti- ges Capital in der Ober- kircbe. Wie aus den Ab- bildungen , zunachst dem Querscbnitt und dem obern Grundriss bervorgebt , ist das Kirchlein zu Podvinec eigentlicb eine Doppel- Capelle , welche aber nnt einem einzigen, fur den obern wie untern Raum gemeinscbaftli- cben Chor ausgestattet wurde. Fig. 131. Die Capelle in Selau und die Pfarrkircbe in Liebsbausen. Derselben Richtung wie die Kirche zu Rudig gehi3rt die in Selau bei Kaaden befindliche St. Lau- rentius- Capelle an, von welcber uur die Apsis und Reste eines Portals erbalten blieben. Das mit Keil- scbnitten und Rundbogen ausgestattete Gesims ent- spricbt dem zu Rudig, wabrend die iibrigen Tbeile des Gebaudes aus verscbiedenen Zeiten berrubren. Im Gegensatze zu diesem nur durcb die Apsis bernerkenswer- tben Denkmal seben wir in Liebsbausen unweit Bilin ein wobl- erhaltenes mit altem Thurme ausgestattetes Scbiff und einen in spat-gothischer Weise erneuerten Chor. Der an der Siidseite befind- liche Eingang zeigt in seiner Leibung je eine Halbsaule und einen Pilaster, welche sicb in etwas reicberer Gliederung im Bogen fortsetzen. Das Tympa- non wird in seiner Ruudung durcb eine Reihe kleiner Bogenverzierungeu eingefasst. Sonst herrscht im Scbiffe die grosste Einfachheit; dieser Raum ist 25 Fuss lang, 22 Fuss breit, mit flacher Decke verseben und mit dem gothischen Cbor in so enge Verbindung gebracht , dass Fi- i;!S. Fi"-. 134. — 53 — riff. 135. Fisr. 136. bei fast gleicher Breite das ganze Haus als eine fort- laufende Halle erscheint. Die Chor-Partie ist laiiger als das Schiff, ein Beweis, dass sie als Nothwendigkeitsbau angefiigt wnrde. Besondere Aufraerksamkeit verdienen die Fenster des romanischen Tlieiles, das obere gekup- pelte Thnrmfenster und die beiden sudliclien Fenster des Scbiffes. Die letztern sind ahnlich wie in Potvorov, aber noch feiner gegliedert, wahrend das Thurmfenster durch eine gewundene, aus vier Staben gebildete Saule aus- gezeichnet wird. Vom Dacligesimse haben sich nur an der Nordseite einige Reste erhalten, rein gezeichnete, etwas verlangerte Bogen-Ornamente, dariiber eine Keil- schnittlinie mit einfachem Sims. Der machtige Thurm ist dem Schiffe vorgebaut, enthalt zwei Stockwerke, diirfte aber im Mauerwerk bedentend lioher geAvesen sein. Als Bauzeit des romanischen Tbeiles darf die zweite Halfte des XIII. Jahrliimderts angenommen werden ; nach den Errichtungsblichern war die Kircbe Fig. 138. Fig. 13< im Jalire 1 384 mit einem eigenen Pfarrer verse- hen und besass reiehe Eiukiinfte. Bau-Mate- riale ist, und zwar so- wohl an den alten Par- tien wie am gothischen Presbyterium, ein ganz eigenthiimliches Planer- gestein , welches in der Nahe bricht und in grossen regelmassigen Quadern verbaut wurde . Dieser Stein ist sehr hart und feiukornig , splittert aber ausseror- dentlich , weshalb die Gesimse und sonstigen Ornamentirungen sich grosstentheils verloren haben. Die Farbe ist reinstes hellgelb , das alien Unbilden der Witterung trotzt: das Gebaude sieht aus, als sei es gestern mit dem schonsten lichten Ocker angestrichen worden. Beigaben: Fig.137 siidliche aiif einerschie- fen Ebene gelegenen Ansicht der Kirche, Fig. 138 und 139 Detailliruug des Portals, Fig. 140 Thurmfenster, Fig. 141 Fenster im Schiffe, Fig. 142 Gesims und die Pveste des Rundbogen- frieses. St. JacobinSchlackenwerth. Die abgelegene und als Fried- hofscapelle dienende St. Jacobs- Kirche in Schlackenwerth wurde allem Anscheine nach um das Jahr 1207 gleichzeitig mit der Stadt und der St. Michael-Pfarrkirche von dem Grtinder der Stadt Herrn Slawek, Castellan von Bilin, erbaut, vou welchem Erbauer der Ort den Namen Slawkowerde , bohmisch Ostrov (d. i. Insel) erhielt ss. Nach einer von P. W. Sommer mitge- theilten Nachricht soli sie im Jahre 1226 eingeweiht worden sein ss. Der Glaubwiirdigkeit dieser Notiz stehtnicht alleinkeinBedenken ent- gegen, sondern sie wird bekriiftigt durch den Charakter des Gebiiudes, welches in seinen iiltesten Theilen s= J. E rb e n Eegesta Bohemiae I, 229. Dieser Castellan Slawek -war ein Sohn des Herrn Bores und Vater des Herrn Bohuslav, der im Jahre 1207 dem Osseker Cistertienserkloster das Pfarr- patronat in Slaiverwerde und das neu angelegte Dorf Pafergrune (Pfaffergriin) schenkte. Nach 124J nahm diese Familie das Pradicat von Eiesen . burg an. 33 P. W. Sommer, Stadtpfarrer. Kurze Ge- schichte der Stadt Schlackenwerth, 186G. S. 5 u. 11. — 54 Fig. 139. sich euge au die schon besprochene Egerer Nicolaus-Kirche an- schliesst. In der St. Ja- cobskirche liegt zugleich einBeispielvor, dassder rechteckige Chorscbluss aucb in Nordbohmen ublicb war. Die Maasse sind sehr bedeutend: die licbte Lange des Schiifes betragt 56, die Breite 28 Fuss , der Cbor halt 17 Fuss im Quadrat und ist mit einem Kreuzgewolbe, das Scliiff mit einer Holzdecke verseben. Vorballe und Emporkirche sind in nicht zu bestimmender Zeit abbanden gekommen. Bei weitem als wich- tigster Theil muss das an der Nordseite befindliche Portal bcrvorgehoben wer- den, welcbes vollstandig und baarscharf erbalten, durcb ein Profil von Hobl- kehlen undRundstabenbe- scbrieben wird. Die an den Ecken des Schiffes sowohl wie des Chores angesetz- ten Strebepfeiler geho- ren einer spatern Zeit an, als namlicb die Kirche wegen Baufiilligkeit repa- rirt werden musste. Mate- riale ist Granit, welcher an den gegliederten Theilen Fi2-. 142. 1 Fig. 140. und Eckverbanden in Quaderform vervvendet wurde; das laufende Mauervverk besteht aus Bruchsteinen. Illustrationen: Fig. 143 Grundriss , Fig. 144 Aufriss des Portals, Fig. 145 u. 146 Details desselben. Die Marienkirohe in Mohelnic. Dieselbe Formen- bildung, welche durch den Nordwesten Boh- mens binzieht, setzt sich jenseits der Elbe beinahe in gerader westostlicher Linie bis an die Iser fort und hat in der Gegend von . Miinchengratz zwei ^' der intercssantesten ^ Denkmale erstehen lassen. Das Cister- cienserstift Hradist, ein Tochterkloster von Plass, scheint diese kiinstlerische Richtung von Westen her- uberverpflanzt zu haben. Das Dorf Mohel- nic liegt am rechten Ufer der Iser, eine Stunde nordlich von Hradist, welches von den Umwohnern kurz- Aveg Klaster genannt wird , entfernt und diirfte zu den Gii- tern dieses ehemali- gen Klosters gehort haben, fiel aber nach der im Jahre 1420 erfolgten Zerstorung wieder an die Herrschaft Miinchengratz (das Besitzthum der Herrn von Wartenberg, der Stifter von Hradist") zuriick und verblieb in diesem Verbande bis zum Jahr 1848. Die Maria Himmelfahrts-Kirche scheint das kleinste aller in Bijhmen vorhandenen romanischen Bauwerke zu sein, die Litnge des Schiifes mit Einschluss der Vorhalle halt Fig. 143. Fig. 141. Fig. 144. — 55 — 29 Fuss , die Breite 13 Fuss und die Apsis ist GFusstief (Fig.147). Der quadratische Thurm ist an der Aussenseite 13 Fuss breit und ent- halt ebenerdig ein klei- nes erkerartiges Ge- niach von d'/g Fuss im Gevierte, welches nur von der Voilialle aus durch cine 2 Fuss weite Thiire zoganglich ist. Die 5 Fuss tiefe Vorballe, wov- iiber eine Empore eingebaut ist, wird durch zwei, auf einer 18 ZoU starken Mittelsaule ruhende Rundbogen gebildet (Fig. 148 der Grundriss und 149 das Capital dieser Saule). In dem Nischengewolbe der Apsis befin- det sich eine lebensgrosse in Stein gehauene Marien- statue, welche auf dem Kampfergesims ruht und in das Mauerv^erk eingelassen ist. Das Nahere iiber diese Figur ist im fol- genden Abschnitt iiber Sculptur enthalten. Die siidliche An- sicht halt eine ange- nehme Wohlgemessen- heit ein, auch sind die Ornamente und sonsti- gen Steinmetzarbeiten mit grosster Genauig- keit ausgefiihrt. Die oberste Partie des Thur- mes ist zerstort und nothdiirftig wieder auf- gestellt worden, wobei das Hauptgesims zu Grunde ging. Der Thurm hat drei Geschosse, die jedoch nach aussen nicht uutertheilt sind , das erste ist mit einem Rund- fenster, das zweite mit einem Rundbogenfen- ster und das dritte mit einem grossen gekup- pelten Fenster versehen, das mit einem hiibschen Mit- telsaulchen geschmiickt ist. Auch an der Nordseite zeigen sich Zerstorungen, vielleicht durch die dortigen Flickbauten veranlasst, sonst ist die Kirche insbeson- dere an der Siidseite ganz unversehrt. Eigenthiimlich ist die Dachconstruction, indem die Bedachung des Sohiffes riiekwarts weit iiber das Gebaude hinausragt iljj t Fig. 146. ■ - ■ ■ Fig-. 147. •" ' und dadurch einen Theil der Apsis frei iiberragt. Ein kleiner iiber Eck gestellter viereckiger Dachreiter ziert diese Seite des Gebaudes. Der ganze Bau ist aus grossen Sandsteinquadern errichtet, die Ausfiibrung diirfte um 1200 geschehen sein. In Fig. 150 ist die Abbildung eines Kragsteines mit antikisirendem Orna- ment gegeben. Wir schliessen hiemit die Reihe der einsehiffigen ronianischen Kirchen. Es ist nicht zu verkennen, dass an diesen Bauten, obschon sie in der Mehrzahl ganz einfache Schopfungen sind, eine gewisse Eleganz zur Schau tritt, die diesenBauwerken eine ganz eigenthiim- lichen, besondereu Character verleiht. D. Doppelcapellen und ungewohnliche Formeii. Bei den Kirchen von Potvorov, Rudig und Pod- vinec scheint es zweifelhaft, ob man sie nicht eher den Schloss-Capellen beizurechnen habe, nur die ein- gehaltene Dreitheilung und die Grossenverhaltnisse wirkten dahin bestimmend, sie den einschiffigen Bauten Fig. 149. Fii loO. Fi"-. 148. — 56 — Fig. 151. anzureiheu. Da iibrigens der eigentliche Burgenbau erst gegen Ende der romanischen Periode Eingang fand, gehoren die meisten Schloss-Capellen, deren sich eine nicht uiibedeuteude Anzahl erhalten hat, dem gothi- schen oder Ubergangs-Styl an. Leider ist es geradezu hochst schwierig liber diesen Theil der kircblichen Architektur, der mitunter sebr Interessantes und Besou- deres enthalten mag, eine libersichtlicbe Zusammen- stellung zu machen ,• denn die alten Bnrgen gingen in ibrer grossten Zahl bereits zu Grunde; gewaltsame Zerstcirung, der Verfall eines nicht mehr benotbigten Gebiiudes und die Sucht nach Umbauten, waren hiefiir Ursacben genug. Es bleibt demnach ein einziges, aber desto be- deutungsvolleres Denkmal, welches unbestritten als Burg- und Doppel - Capelle angelegt worden ist, die weltberilbmte Capelle auf der Burg zu Eger. Burg- Cape lie zu Eger (s. die beigegebene Tafel). Deutsche und englische Kunstforscher, darunter von Quast, Kugler, Liibke, Puttrich, Edmund Sharp e und andere habeu sich eingehend mit diesem Denkmale beschaftigt und einstimmig den hoben Werth anerkannt; auch sind bereits mehrere Abbildungen und Beschreibungen desselben veroifentlicht worden. Das Gebaude ist rechtwinklig, an der Aussenseite 51 Fuss lang, 34 Fuss breit und erhebt sich in einer Hohe von 37 Fuss liber das gegenwartige Niveau des Schlosshofes, wobei die Unter-Capelle noch mit einer Tiefe von 6 Fuss imter den Erdboden greift. Wenn auch ein Werk des gewaltigen Kaisers Friedrich I., erscheint das Aussere schlicht und wird nur durch Li- senen in rechteckige Felder eingetheilt; der Eingang - lillllll ".IIIK X - w Fig. 152. Fig-. 153. in die Unterkirche ist mit einem einzigen Rundstabe geschmiickt und nur das vom Saale aus in die obere Abtheilung fuhrende Portal zeigt etwas reichere Glie- derung. Die Ursache dieser im Verhaltniss zum Innern fast libertriebenen Einfachheit schreibt sich zum Theile daher, dass die Capelle rings mit Gangen und sonstigen Baulichkeiten umgeben war (Fig. 151). Die Anordnung des Grundrisses bewegt sich in wenigen Linien; das Haus wird durch eine Querwand so eingetheilt, dass der westliche fiir das Schiff bestimmte Raum ein regulares Quadrat von 26 Fuss Weite bildet. Die ()stliche kleinere Abtheilung des Raumes ist so gehalten , dass in der Mitte ein quadrati- scher Chor und neben demselben rechts und links je ein kleines Gemach angebracht sind. Dieselbe Anord- nung liegt sowohl der obern wie untern Capelle zu Grunde : unterhalb sind die Umfassungsmauern 4 Fuss dick (Fig. 152), in der Ober-Capelle 3 Fuss (Fig. 153 und 154). Durch vier im Schiffe aufgestellte Siiulen werden sowohl oben wie unten die Gewolbe eingetheilt; die Unter-Capelle ist massenhaft gehalten (wie die beige- fiigten Zeichnungen erkennen lassen), die etwas ver- jlingten Baulen halten bei 9^/^ Fuss Hohe 2 Fuss im untern Durchmesser und haben ein schwerfalliges Anse- hen, das nur durch schon geschwungene Basen etwas gemildert wird. Jedes der vier Capitale zeigt andere Gestalt, doch liegt alien die Wlirfelform zu Grunde. Die Wolbungen sind rundbogig, gegen den Scheitel etwas uberhoht und mit einfachen Graten versehen: das Ge- wolbe des mittleren Feldes ist durchbrochen, so dass man in die obere Capelle hinaufsehen und an jeinem dort statttindenden Gottesdienst theilnehmen kann. Fig. 15-1. — 57 (Fig-. 155 bis 158). Mittelst einer 2 Fuss breiteii, in das Schitf eingebauten Tre])pe gelaiigt man in die Oberkirche, deren Eiinnilielikeit wegen der Maiierverjinigung- und vollcii Belenclitiing ini Gegensatz vaw iintern Capelle ansserordent- lich gross erseheint. Man wird beira Eintritt fiirmlicb in eine andere Welt versetzt, denn die dureligehende Zierlichkeit der Formen, verbnn- den mit sorgfaltigster Ausfiihi'img nnd Weclisel der Bau-jMaterialien lassen .sicli niclit ini entfern- testen am Anssern und im Unterbau ahnen. Es ist daher begreiflieh, weun man der Oberkirche ein vie) jiiiigeres Alter zuznschreiben pflegt nnd dass selbst bewiilirte Keuner an dieser Ansiclit festhalten. Priift man aber die Construction des Ganzen, die einlieitliclien Aasscnseiten mit ilircn bis zum Dach liinanfzielienden, dort wiederkeh- renden Lisenen, ferner die innige Verbiudnng des Triiimplibogens mit dem Mittelgewcilbe, dann ergibt sieli anfs nnzweifelhafteste, dass Ober- nnd Unterbau iiacli eincm einbeitlichen Plane durchgefiihrt worden sind nnd zwisclien beidcn Abtlieilungcn kein grosserer Zeitunterschied liegt, als der, welchen eine langsame Bauftih- rung beansprncht. In der obern Capelle sind idle Gew(3lbe spitzbogig und mit reicli profilirlen Rippen versehen (Fig. 159). Diese Form darf nicht befremden, denn sie kommt auch ander- wiirts, namentlich in Fi'ankreicli nnd England am Schlusse des XII. Jahrliunderis vor und konnte als neu bei cinem Kaiserbau gewalilt worden sein. Die ungewohnlich sclilanken Siiulen, deren Scliafte bei einer Hcihe von Kt Fuss 8 Zoll nur liy, Zoll Diirchmesser lialten , bestelien a as weissem, fein polirtem Marmor, ans welcbem Materiale auch mehrere Fenstergewande und das an der Westscite befindliche , nach dem Saal fiihrende Portal gefertigt sind. Mit Einschluss von Capital nnd Basis sind die Saulen ]5'/o Fuss hoch, die Capitiile liaben eine Gesammtholie von 28 Zollen , welcher Holie die Ausladung des Abacus entsprielit. Zwei von den Siiiilen sind achteckig, zwei rund gehalten; die je gleichen stehen sieh in der Diagonale gegeniiber, welcher Anordnung auch die Ornanicnte "der Capi ind-em diejenigen die andern aber der aohtcckigeii mit Laubwerken tfile nachkommen Saulen mit Figure geschmlickt sind. Diese letztern gehoren zu den graziiisei- ten Bil- dimgen, welclie die romanische Kiinst hervorgerufen liat (Fig. 160). Weniger gelungen zeigen sich die beiden tigiirlichen Darstellungen , deren gegenseitige Bezie- liung nicht zu verkennen ist. Das zuniichst dem Chore aufgestellte linkseitige Capital cntliiilt Brustbilder von Engeln, welche Gebetbiicher, Kreuze und dergleichen tragen und dem Altare zugekehrt sind, als wollten sie die lieilige Messe horen. Diesen gegeniiber slelit gegeii die'siidwestliche Ecke hin, also in der vom Altar abge- wandten Kiclitung, ein Capital mit griiuliclier Teufcls- larve, aus deren Eachen sclilangenai-tige Arabesken liervorspinnen , welche an den Olu'en zwcier Figui'cn (Mann und AYeib) auslaufen. Beidc sind naekt" und kauern in unziiclitigen Stellungen zwischen den Ara- besken (Fig. ]6] nnd 1(32), Fig. 155. In friiherer Zeit wollte man in diesen Darstelluni^cn G(3tzenbilder ei-kennen, dann verniuthetc anf die erstc Fran des Kaisers es mit der elieliclien Trcue nicht lungen welche man Anspie- I'riodrich I., allzn strenc Fi--. loG. 58 — FiL^ 159. ime j^etvieben iind Silber gemaclit liaben soil. Waiir- s^'lieinlich ein Beichtraum, hat dieses kleiiie Gemacli fiir uns insofern besondere Wichtigkeit, als in Rndig, wie sclion erwiUint, dieselbe Auordniuig getroifen und hiedurcli das Ineinaiulcrgreifen der nordwestiichen Baii- griippe audi in Hinsicht auf nebensachliclie Einrichtwii- gen bestiitigt wird. tibcr den Zweck der Doppel-Capellen ist viel gesclirieben und gestritten worden und die Ansichten i-'lg. 157. - gelialten linben soli, bis sieh ziiletzt die meiner Meinung nach richtige Ansicht geltend maclite, dass durcli diese Sculptiu-en Tngend und Laster in grobsiimlich mittel- alterlicbei- Weise ausgedriickt sein sollen. Die Wandsiinlen mit ihren Capititlen bestebcn aus feinkornigem Granit und siiid theils mit Ptianzeii-Orna- menten , theils mit Ungeheuern oder Manner- und Frauenkiipfen, deren Haare in Arabcsken auslaufen, gesehmtickt (Fig. 163 und 164). Vier Stufen fiihren axis dem Schift'e in den Chor hiiian, welcher ebenfalls mit cinem Spit/.bogengewolbe bedeckt, zur Linken ein Onitorium, zur Rcchten eine kleine Sacristei als Nebenriiume besitzt. Die Wand zwischen Chor und Oratorium ist durchbrochen, die Oflfnung wird dureh eine in der Mitte aufgestellte Saule in zwei Bogenfelder zerlegt. Diese aus weissem Manner ge- fertigte Saule mit eineni im Zickzack geriefien Sehaft und meisterhaft gefonnten Capital iiber- tritTt noch die im Schitte vorhandenen Bautheile (Fig. 165). Ein nach attisoher Weise geglie- dertcs Sockel- Cesinis umzieht sowohl Schift' als Chor und Orato- rium. In der Sacristei befindet sich eine Wen- deltreppe, iiber welche man in ein kleines Ge- mach gelangt, wo der Sage nach der reiche Biirger Wohn, welcher die St. Nicolaus-Kirche hatte auf eigene Kosten , .-,ci. ervvcitern lassen, Alchy- liber derlei seltene aber merkwUrdigeBauten haben sicb nocb nioht geeint. Wahrscbeinlicb war der Zweek ein verschiedener, je nachdem Mangel an Raum oder beson- dere Vorschriften von Seite der Bauherrn massgebend wirkten. Da in Eger die Ober-Capelle mit den Kaiser- gemachern unmittelbar verbnnden war, wahrend man in den Unterbau vom Burgbofe aus gelaugte , sebeint filr den gegebenen Fall die schon im vorigen Jahrhundert von P. Grassold ausgesprochene Meinung, dass die obere Partie fur den Hofstaat, die untere fiir das Ge- sinde bestimmt gewesen sei, der Wahrheit am nachsten zu kommen Die Banzeit wird durch eine Urkunde des Kaisers Friedrich II. bis auf wenige Jabre festgestellt ; denn diese Urkunde ist in der Capelle selbst gefertigt worden, wie der Scbluss bestatigt: „actum in capella in castro Egrae anno Domini 1213, IV idus Julii". Mithin war das Gebaude , an welchem scbon unter Friedricb Barbarossa ein Scbloss-Caplan wirkte , im Jabr 1213 in alien Theilen fertig und eingeweiht, denn es kommen in der Urkunde die Worte vor „hier als an einem gebeiligten Orte". Die Capelle war dem hei- ligen Ebrbard gewidmet, aucb bestanden darin nocb mehrere Altare, welcbe aber mit der iibrigen Kirchen- einrichtung und einem nicht unbedeutenden Yermogen langst verscbwunden sind 35. Seit 1540 wurde bier kein Gottesdienst mebr gebalteu, das Gebaude stand 56 Jabre hindurch obne Dach jeder Witterung aus- gesetzt: dennocb haben die Wolbungen ausgehalten und das Ganze zeigt heute nocb den besten baulichen Zustand ss. 3* Beschreibung der alten Burg zu Eger. Ein Nachlass des P. Anton Grassold. Eger 1831. S. 32. '5 Die Urkunde bei B z 0 viu s , annal eccl. ad ann. 1212 ff. Eger erfreut sich einer reichern Literatur , als irgend eine Stadt Bohmens. Eine ansehnliche Eeilie Yon Chroniken liefeit den Bewci?, dass die Geschiciitsforschuiig hier seit alter Zeit heimisch gewesen ist. Von neuern Werken seien nurgenannt: Eger und das Egerland von Prockl, welches zu vielen spateren Untersuchungcn Anlass gegoben hat. Egers Baudenkmale hat der Verfasfier in dem vom deutschen Geschi'chtsvereine fiir Bb'hmen' iieraus- gegebenen Prachtwerk unter dem Titel : „Dio Kaiserburg zu Eger" ausfiihrlich gesehildert und durch zahlreiche Abbildungen illustrirt. _Auf dieses Werk ver- M-eisend, wurden hier nur die zum Verstiindnisse unumganglich nothwendigen Zeichuungen beigegehen. Weitere Abbildungen sind in Fig. 166, 167, 168 Protile des SockelgesimseS; der Lesenen und der oberu Fenster, Fig. 169 und 170 Detaillirung des Triumpb- l)0gens in der Oberkircbe, namlicb vordere Ansiolit und Grundriss der Leibung beigegeben. Die K i r c b e n St. A g i d i u s und S t. B a r t b o 1 o m a u s zu Mil bib an sen. Wenige Schritte von der frliher beschriebenen Stiftskirche zu Mliblhausen, nordwarts entferut, stelit eine ziemlicb grosse , dem heil. Agidius geweibtc Kirche, deren Bestimmung nicbt voUstandig ermittelt ist. Sie wird bald als Pfarre, bald als Begrabnisskircbe bezeichnet, dock lassen sich gegen beide Ansicbten gegrlindete Zweifel erbeben, da einerseits die Stadt Miiblbausen eine uralte, auf dem Marktplatz gelegeue Pfarrkircbe besass unci anderseits die Agidi- Kirche fiir ein Cometerium viel zu gross erscheint. Die Kirche ist goibiscb, viel edler durcbgebildet, als man auf dem Lande zu sehen gewohnt ist, und im Licbten 125 Fuss lang, wovon auf das Presbyterium 51, auf das Scbitt' 74 Fuss entfallen. Die Schiffweite betragt 37 Fuss, die Breite des aus fiinf Seiten des Achtecks geschlossenen Chores 24 Fuss; letzteres ist mit einem zierlicben, aber spatgotbiscben Gewolbe verseben. Das Langhaus bat Fig. 163. Fig. IC-t. 60 — Fig. 165. dermal eiue flache Decke, war jedoeh nispriinglich in drei Scliiffe getheilt nnd liberwolbt. Nebeu dem Pres- bj^erium ist eine scbone spat-gothische Sacristei aiige- baut, deren Wolbnngen, da sie seit Jabren ohne Dach bestebt, den Eiustnrz droben. Uberbaupt zeigt sicb das Gebaude hi alien Tbeilen bocbst baufallig, da es gleicb der Stiftsldrcbe 1420 durch die Hussiten zerstort uud spaterbin nur notbdlirftig wieder zusammeugebaut wurde. Die Fenster eutbalteu einfaebe, rein gezogene IMnsswerke, die Strebepfeiler treten mit 6 Fuss ans der Wandflacbe vor nnd das Presbyterinm ist ini In- nern mit "Wandsaulen, von den en die Gewolberippen anslanfen, verseben : alles Zeicben jener Gotbik, die uuter Konig Jobann nnd im Anfang der Regie- rung Karl IV. (1310 - 108. 1340') geiibt wnrde. In diese Kircbe sind die tiberreste eines ronianiscben Ge- bfiudes einbezogen und zu einem Glockentburme umgewandelt wor- den, welcber nun in befrenidlicber Weise aus der Westfronte beraus- ragt. Diese Partie ist es , welcbe besondere Aufraerksamkeit ver- dient nnd zunachst bescbrieben werden soli. Yon dem alten Ban besteben nur drei Seiten: die Slid- seite welcbe mit 10 Fuss Lange aus der Kircbe vortritt, die am Unterbau 30 Fuss breite Westseite, und die ncirdlicbe Mauer, deren iiussere Lange nicbt genau bestimmt werden kann, welcbe aber im Innern 65 Fuss eingebalten bat. Auf einem niassiven Unterbau von 24 Fuss Hobe, welcber aus kleinen Brucbsteinen von Granit geftlgt ist , rubt das 48 Fuss bobe, mit gekuppelten Feustern ver- sebene tburmartige Bauwerk , welcbes oberbalb nocb mit einem bolzernen Aufsatz bekriint wird. Hier fallt sogleich auf, dass der Oberbau um I1/3 Fuss iiber das untere lilauerwerk zuruckweicbt, eine Anordnung, welcbe keiuen Kircbenbau andeutet; ferner dass die untere oder Sockel-Partie aus kleinen unregelmassigen Steinen , die mittlere aus grossern, ziemlicb sauber bearbeiteten Werkstiicken und die oberste aus regel- massigen grossen Quadern bestebt. In der Hobe von 48 Fuss uber dem Erdboden oder 24 Fuss liber dem Grundbau sind an der Westseite drei , je mit einer Mittelsaule ausgestattete Fenster angebraebt , welcbe Stellung ^icb i"u weiterer Hobe von 12 Fuss wieder- bolt. An der Siidseite setzt sicb diese Anordnung fort, docb stebt bier nur je ein einziges Fenster in einem Stockwerk. Die Nordwand ist kabl, man siebt dort nur Spuren eines vermauerten Fensterchens, welcbes die in diese Wand eingefiigte Treppe erleucbtete. Die tbeils acbteckigen tbeils runden Fenstersaulen sind mit verzierten Wbrfel-Capitalen verseben, deren Ausstattung im Zusammenbalte mit der acbteckigen Saulenform verriitb , dass dieses Gebaude erst einige Zeit nacb Erbauung' der Stiftskircbe bergestellt wurde. Ob als Begrabniss-Capelle, wie Dr. Woe el vermutbet, oder als eine vora Herrn von Milevsko, dem Stifter des Klosters zum Scbutze seiner Anlage erbaute Burg, wie eine Sage nieldet , wird kaum mit Sicberbeit ent- scbiedeu" werden konnen sv. Fiir eine Burganlage spre- cben nicbt alleiu die Sockelmauern mit ibren Vor- sprlingen op.....-,^.^ , sondern aucb die in bedeutender Hobe angebracbten Fenster und die Structur des Mauer- werks. Aucb zeigt sicb die licbte Lange von 65 Fuss im Yerbiiltniss zu einer Breite von 21 Fuss fiir eine Kircbe, ■^^/mmy/M////M////Z einscbiftige die angenommen werden miisste, ganz abnorni. Den Ab- scbluss gegen das Kircbenscbiff bilden Fii 107. V"! Mitlheilungen der k. k. Central-Commission. Jahrg. 1S63, _U0, ff Beschreibung tier Agidienkirche, in einer ausfiihrlichen Abhandlung uber die in Muhlliausen befindliclien Baudenkmale. Die dort angefuhrte, um llbo entweder schon vorhandene Oder zu erbauende Agidienkirche konnte immer- hin ncben einer Burg auf dem grossen Kaume der gegenwartigen Kirclie bestanden liaben. — 61 — zwei formlose Pfeiler, die unten quadratisch , oberhalb rund mit Bogen verbunden sind, zwar alter- thumliches Ansehen haben, aber auch einem Restaurations-Bau ange- horen konnen. Nach dem Zeugnisse des Abtes Gerlacb hat Juro Dapifer, Truchsess des Herrn von Milevsko, sein ganzes Vermogen im Jahre 1185 der Agidi-Kirche vermacht, auch soil deren Altar 1201 einge- weiht worden sein. Fraglich bleibt immer, ob die in Rede stehenden Reste von dieser Kirche herriihren, ob denn bei Umbauten regelmassig die Altarstelle festgehalten und ob uicht die Vergrosserungen in ent- gegengesetzter Richtung angeord- net wurden. ■ Beigeschaltet sind: Fig. 171 Grundriss (die romanischen Partien sind mit schwarzer Farbe ausgefiillt, die gothische Anlage ist durch Schraf- firungen bezeichnet), Fig. 172 westliche Ansicht des Gebaudes, Fig. 173 und 174 Saule und Capital aus den Thurmfenstern, Fig. 175 die Arcatur am Abschluss gegen das Schiif. Die Bartholomaus-Kirche auf dem Marktplatze in der Stadt Miihlhausen, die vom Kloster eine Vier- telstunde entfernt ist, musste vor einigen Jahren wegen Baufalligkeit abgetragen werden. Diese Kirche bestand schon vor Griindung des Klosters, war ein einschiffiges Bauwerk von ansehnlichen Dimensionen, 50 Fuss lang und 28 Fuss breit ohne Thurm, hatte einen dreiseitigen Chorschluss , welcher jedoch wiederholte Umbauten erkennen liess, und rundbogige Fenster. Die Anlage war unverkennbar romanisch, doch hatten sich keinerlei Merk- male zur Bestimraung des Alters erhalten. Die Eigenthiim- lichkeit dieses rob gefugten Gebaudes bestand darin, dass oberhalb der flachen Holzdecke sowohl desSchiffes wie Chores eine durchgehende, 7 Fuss hohe Halle ange- ordnet war, die riugsum mit Schiessscharten versehen, das Haus zu einer sogenannten Verthei- digungskirche machte. Sie war das ein- zige vollstandig erhaltene Beispiel einer solchen Einrichtung, weshalb man das Verscbwinden bedauern muss ; allein der bauliche Zustand war so gefahr- drohend, dass an eine Instandsetzung nicht gedacht werden konnte. Die Pfarre, ohne Zweifel zuerst bier als in der Stadt- kirche befindlich, wurde spaterhin in die iigidi- Kirche iibertragen und im Jahre 1683 wieder in die Bartholomaus-Kirche zuriickverlegt. St. Prokops- Kirche in Zabof. Nicht in der Formengebung, sondern in Bezug auf innere Eintheilung erinnert die Pfarrkirche in Zabof vielfach an die Egerer Capelle, zunachst durch quadra- tische Grundform, gleiche Grossenver- haltnisse und dieselbe Saulenstellung im Hauptraum. Die urspriingliche Anlage lasst sich bei Betrachtung des Grund- Fig 169. , . ; risses Fig 176, leicht erkennen; das mit vier Saulen ausgestattete Quadrat, welches weder Vorhalle noch Chorschluss besitzt, war die ganze Kirche. Sicherlich hat man an keine Pfarre gedacht, als der Bau begonnen wurde, doch das Bediirfniss einer Vergrosserung machte sich, wohl in Folge der veranderten Bestimmung, friih- zeitig geltend, und es wurde gegen Westen zu ein Querhaus als Schiff angebaut. Dieses Querhaus wurde durch zwei , in den verlangerten Achsen-Linien des Hauptraumes aufgestellte Saulen unterstutzt; die Po- stamente sind noch unter dem etwas erhohten Pflaster erhalten , wie auch die correspondirenden Pilaster und Gewolbeansatze genau die Stellung der Saulen bezeichnen. Der Hauptraum, durch die Anfiiguug des Quer- hauses gewissermassen zum Presbyterium gestempelt, misst im Lichten auf jeder Seite 271/3 Fuss, die vier Saulen stehen genau im Quadrat, so dass der Mittelraum von einer Saulenachse zur andern 13 '/g Fuss, jedes Seitenschiff' von der Achse bis an die Wand 7 Fuss einhalten. Fig. 170. — G2 — ^' I" U Fig. 171. Die Siiulen haben eine Starke von je 22 ZoU, sind mit Einschluss der Postamente und Capitale 13 Fuss hoeb imd tragen nicht allein die Last der G-ewolbe, sonderu auch einen Tburm , welcher vom Kircben- pflaster bis an das Dachgesims eine Hohe von 54 Fuss besitzt. Gurtbogen waren bei einer solchen Auordnung unerlasslich, auch zieben sicb von den Seitenmauern zur Ableitung des Druckes Strebebogen an die Ecken des Tburmes , der schon einmal von oben berab aus- gebrannt ist, ohne dass unbegreiflicberweise das Mit- telgevpolbe Schaden gelitten hat. Die Gurten sind durch Halbkreise gebildet, die Gewolbekappen aber bedeu- tend nach parabolischen Linien iiberhoht. Die Knppel des Mitteh'aumes ist 24 Fuss vom Pfiaster der Kirche bis in den Scheitel hoch, die Wolbungen der Nebenseiten sind um 3 Fuss niedriger. Die Capitale haben Wiirfelform , sind mehr breit als hoch und nicht gleich gestaltet und wei- chen untereinander an Hohe und Breite je um 4 bis 6 Zoll ab : die Saulen- fiisse gleichen umgesturz- ten Wiirfel-Capitalen. Auf den Pilastern sieht man Halb-Figuren undBestien, welche die Rippen unter- stutzen; sie entsprechen den Capitalen der in der nahen St. Jacobs-Kirche vorkommenden Steinmetz- und Bildhauerarbeiten. Das Querhaus oder gegenwartige Schiif ist 36 Fuss breit und in der Langenrichtung des Kir- chenhauses 24 Fuss tief. Die Spuren des in unbe- kannterZeit eingestiirzten Gewolbes sind ringsuni sichtbar; jetzt ist diese Partie mit einer Holz- decke iiberlegt. Der Ein- gang in diese Halle be- steht nur noch zum Theile, gehort aber in seinem ver- Fi«-. 172. stiimmelten und vielfach Fig. 17.3. ruinosen Bestaude zu den selten- sten Werken decorativer Kunst. Urspi-iinglich standen auf jeder Seite der Leibung drei freie Sau- len, von denen jedoch nur noch die Halfte, namlich zwei links und eine rechts erhalten blieben. Die beiden vordersten, iiber die Mauer- flucht vortretenden Saulen sind durch angeklebte Verstarkungs- pfeiler iiberdeckt worden und diirften noch unter dieser Flick- arbeit vorhanden sein. Hierdureh gingen auch die Kampfergesimse mit den angrenzeu- den Theilen der Archivolte verloren und wurden die in den Kehlen angebrachten Sculpturen arg bescha- digt. Wenn nichtsdestovpeniger der Aufriss dieses Portals durch elegante Form und Reichthum impo- nirt, kann man nur wlinschen, dass die allenthalben an den Aussenseiten angebrachten Klecksereien cntfci nt und die Untersuchung einge- leitet werde, ob die verschwun- denen Saulen sicb vorfinden. Die drei noch atifrecht stehen- den Schafte sind verziert, die beiden innern mit Schrauben- windungen und Blatterwerk, der eiuzige aussere mit Blat- tern und Bandversehlingungen. Das Capital dieser letzteren Saule zeigt etvvas korinthisi- rende Form; die beiden andern sind durch ineinandergesteckte Blatter deeorirt. Auffallt, dass die glatten Gliederwerke, z. B. die Blattchen am Abacus, das Astragal, wie auch die in der Archivolte hinziehendeu Um- saumungen ausserordentlich schmal gehalten sind , auch hie und da ganz fehlen. Ferner erscheinen einige Laubwerke ganz alterthumlich , wahrend andere den Ubergangs - Styl aussprechen. Es sind daher genaue, im grossen Masse aufgetragene Detaillirungen beigefiigt worden. Bemerkenswevth sind zwei mit Sculpturen ausge- flihlte Kehlen im Thurbogen, die eine stellt eine Jagd. die andere das Austreiben einerHerde dar, beide werden an betreffeuder Stelle erklart. Die allgemeine Dispo- sition betreflfend, haben wir schliesslich noch zu erwahnen, dass an der Ostwand hinter dem Hochaltar sicb eine in die Mauer eingelassene Treppe unter das Dach und in den Thurm hin- aufwindet , ferner dass siidlich neben dem alten Ban sicb einige Mauer- reste finden, welche den Bestand einer Apsis au- deuten. Fig. 175. Fig. 174. — 64 — — 65 — Zabof g-ehorte zu den Besitzungen des Cistercic-n- ser-Klosters Sedlec, liegt nahe am Dorfe St. Jacob in einem Walde unmittelbar an der Prag- Wiener Eisen- bahn und ist von Redlec ly^ Stunden entfernt. Dass die Prokops-Kirche von den Cistereiensern gleichzeitig mit der Jacobs -Kirche ausgefuhrt wurde, darf bei der vorwaltenden Formenverwandtschaft kaum angezweifelt werden und somit wlirde die mittlere Bauzeit zwischen 1160 bis 1170 anzusetzen sein. Schwerer halt es, die Ursache der gevpablten Grundform zu erforschen. Das wahrscheinlichste ist, dass das Kloster Sedlec im Be- sitze wichtiger Reliquien des heil. Prokop war und fiir dieselben an einem stillen Orte eine besondere Kircbe nach Art der Grabcapellen errichten woUte. Beigaben: Fig. 176 Grundriss , Fig. 177 Quer- schnitt, Fig. 185 Portal, Fig. 187 Thurgewande mit Angabe der vermauerten Saulen , Fig. 186 Bogen- leibung, Fig. 184 Stellung der linkseitigen Capitale am Portal mit den Ornamenten der Saulenschafte, Fig. 182 und 183 Bogenverzierungeu, Fig. 178, 179, 180, 181 Capitale im Innern und am Thurm. E. Rundbauten und kreuzformige Kirchen. Seitdem sich die Kunstforschung eingehend mit den zwar in alien Landern, doch in der osterreichischen Monarchie und gerade in den deutschen Provinzen des Reiches, wie Nieder- und Ober-Osterreich, Steiermark, Karnlen und in den an die ersteren grenzenden Theilen IJngarns haufiger als irgend wo anders vorfindlichen Centralbauten besch'aftigt hat, sind viele Vermuthun- gen nnd Sagen verschwnnden , welche man einst an diese Denkmale gekniipft hat. Man hatte jene Bauwerke im Volksmunde oft als Heidenthiirme oder rbmiscbe Tempel, auch als Monumente der Templer bezeichnet, bald sollten sie slavischen , bald byzantinischen Ursprungs sein. Auch hat sich ihre ausschliessliche und besondere Bestimmung (z. B. als Taufhaus, Cd- meterium , Pfarrkirche fiir kleine Gemeinden u. s. w.), was vielfach behauptet wurde, im Verlaufe der Unter- suchungen nicht begrilnden lassen. Sie waren namlich entweder Pfarrkircben, oder hingestellt neben Holz- kirchen zur Sicherung von Werthgegenstanden ; oft auch Sehlosscapellen, wo sie dann mit den fortificato- rischen Werken des Schlosses in unmittelbarer Ver- bindung standen. Seltener dienten sie als Taufcapellen, am haufigsten aber als kirchliche Gebaude fiir den Todtengottesdienst. Demnach trifft man sie oft auf Friedhofen, wo sie gleich den Lichtsaulen etc. als inte- grirende Theile zum Complex der kirchlichen Baulich- keitin gehcircn. Das Hauptkriterium fiir die Bestimmung der nieistenRundcapellen zu Grabcapellenbesteht indem steten Vorkommen des Gruftraumes unter der Capelle: ad mortuorum ossa reponenda. In diesem Falle hatte dann der obere Raum die unzweifelhafte Bestimmung ad officia pro defunctis. Auch die in friiheren Zeiten ubliche Benennung von derlei Capellen als Earner hat sich hie und da im Volksmunde erhalten iird gibt Zeugniss fiir deren urspriingliehe Bestimmung. Es ist nicht zu libersehen, dass zunaehst nur von jener Art Rundkirchen die Rede ist, welche durch eine Kreislinie, seltener durch ein Polygon beschrieben sind, welche Form das Schiff bildet und woran ein kleiner Halbkreis als Chor (Apsis) angefiigt wird. In Bohnien waren die meisten dieser Gebaude Friedhofs-Capellen (Earner, 30 « Fig. 186. ■ Cometerien, Beinhauser, Familiengriifte), doch kommt es nicht selten vor, dass sie auch als Pfarrkircben gegriindet worden sind. Hingegen konnte die vorwal- tende Bestimmung zu einem Taufhause bisher nicht nachgewiesen werden. Will man hinsichtlich der runden Form dieser Friedhofcapellen das Bestehen irgend eines Vorbildes voraussetzen, so ist dasselbe wohl nur unter den romi- schen Grabdenkmalen zu suchen. Eben wie wir im Mittelalter iiberhaupt fast alle mit dem Grab- und Reli- quiencultus zusammenhangenden Bildungen aus den romischen Sitten hergeleitet findcn, ebenso wurde auch die runde Form fiir derlei Bauten typisch. Auch die von Eaiser Constantin erbaute heilige Grabcapelle zu Jerusalem diirfte eine runde Form gehabt haben, wie wir aus jenem aus dem V. oder VI. Jahrhundert stammenden Elfenbeinschnitzbilde erseben konnen, das sich im National-Maseum zu Miinchen befindet. Durch die Ereuzziige diirfte sich diese Form auch nach Europa verpflanzt haben. Denn als die Ritter und Eircheuflirsten aus dem gelobten Lande heimkehrten, haben sie bei der damaligen Begeisterung fiir die Grabstatte Christi und dem d;iraus entstandenen Bestreben den Gottes- dienst fiir die Verstorbenen in Capellen zu feiern, die durch ihre Gestalt an das heil. Grab erinnern, wahr- scheinlich sogleich viele derartige Capellen erbaut. Die bohmischen Rundbauten sind in der Neuzeit vor alien andern zuerst aufgefallen, weil die Stadt Prag deren drei , und zwar an den frequentesten Stellen besitzt, die iibrigen liegen zerstreut und wurden erst nach und nach bemerkt. Ein sehr hohes Alter kommt nur wenigen zu: die Mehrzahl entstaramt dem XIII. Jahr- hundert und es blieb diese Bauform noch im XIV. gebrauchlich. Bemerkenswerth erscheint die an diesen Bau- werken eingehaltene Technik : alle sind aus mittel- grossen Bruchsteinen errichtet und Quaderarbeit kommt nur ausnahmsweise vor. Die Steine sind ziemlich sauber mit dem Hammer bearbeitet und in regelmassigeu Schichten anfgetragen , so dass jede Schichte den ganzen Bau umzieht. Gesimse fehlen an den iiltern Gebituden entweder giinzlich oder es ist statt des Hauptgesimses nur eine rechteckige Platte vorge- schoben ; eben so zeigen die Eingange nur rechteckige Eanten. 9 Fig. isr Uber dem Kiippelg'ewolbe ist uiaiichmal eiiie mit Doppelfeusteru gesclimlickte Laterne aufgestellt. dereii Construction eine uicbt imbedeutende Meistersehaft verraili. weun ancli ni'di hie und da liolzerne Verband- stiicke gebrauclit wurdeu. ludessen gelioreu diese Laternen bereits der vorgeriiekten romanischen Periode an, ebeu so die Rundbogenfriese. welcbe die Absiden iimziehen. Die Xeigungen der Dacher iblgen der innern Knppelform, wobei die das Dach bildendeu steinernen Deekplatten numittelbar ant den Vrolbuugeu anfliegen. Als Besonderheit der iiltesten Kundcapellen ist noch anzutiibren . dass die Grnndrisse einiger dieser Ca- pellen nicht zirkelrund sondern oval gehalten sind. St. Peter- und Pauls-Kirehe zu K ovary. Der Sage nacb von Spitihnev I. und seinem Bruder Vratislav urns Jabr 905 erbaut, ditrfte diese auch von J. Seballer erzahlte und liber dem Triumph- bogen von einem Patrioten des vorigen Jahrhunderts bingeschriebene Annahme auf eiuer Verwecbslung des ersten und zweiten Herzogspaares dieses Xamens beruben. Das Grundgemauer verrath iibrigens hobes Alter und konnte aus der Zeit Vratislav's II. ber- l iihren. Urspriiuglicli bestand nur die Rundtbrm, etwas spiiter wurde an der Xordseite ein Thurm zugebaut und znletzt das C'bor, welches nebst dem spitzen lau- zettartigen Triumphbogeu der Friih-Gothik angehurt. Die Rundung des Hauptraumes ist nicht durch den Kreis beschrieben , sondern bildet eine Ellipse, deren grossere Achse von Slid nach Nord gezogen ist. In dieser Richtung betragt der Durchmesser 27 '/o Fuss, in westostlicher Liuie nur 23 Fuss. Chor und Thurni sind quadratiseh. ersterer halt 15, der Thurm 9 Fuss im lichten Durchmesser. !Nur bis in dielluhevon et\va6Fuss ist das Mauerwerk urspriinglich, weiter aufwarts zeigen sich Keuerungen aus den verschiedensten Zeiten. Das Kuppelgewolbe ist bedcutend nach eiuer Eilinie liber- Loht und SI) aus den Fugen gewiclicu . dass cs, \ oll von Buckeln und Rissen. nur an einigen Stelien die alte Form errathen lasst. Die Fenster im Thurme und Rundbau sind romanisch gehalten , die des Chores dagegen in neuerer Zeit erweitert wordeu. Die Mauern sind, wie die beigefligte perspectivische Ansicht erkennen lasst, bedeutend geboscht ; sonstige alte Bautheile vrerden nicht getroffen, mit Ausuahme eines aus Blattchen , Kehle und Rundstab bestehenden Gesimsstlickes , welches neben der Thlire. die vom Thurm in das Schiff flihrt , eingemauert ist. Die St. Peter- und Pauls-Kirehe war friiher eine Pfarre und liegt vom Dorfe abgelegen auf einem Berge, wo schon im IX. Jalirhundert'eine Stadt bestanden haben soli. Illustrationen: Fig. 186 Grundriss, Fig. 187 per- spectivische Ansicht. Die St. G e orgs -Cap ell e auf dem Rip. Xach Cosmas soUen die Slaven , welche mit ihrem Anfuhrer Cech bis ins Elbethal vorgedrungen waren, in der Ebene zwischen dem Berge Rip und der Elbe die erste Niederlassung gegrllndet haben. Ob zur Bestiitigung dieser Sage oder aus welchem Grunde immer liess Herzog Sobeslav I. auf dem Gipfel des weitbin die Lande beherrscheuden Bcs-ges Fi- ISS. — 67 - Fig. 189. eine St. Georgs-Capelle erbauen und im Jahre 1126 durch den Bischof Heinrich Zdik von Olmiiz ein- weihen. Diese Capelle besteht noch, von alien vor- handenen die einzige , dereii Baiizeit genau docu- mentirt ist. Kleine Anderungen und Reparaturen abgerechnet, erscheint die Capelle einheitlich und vvohl erhalten, aueh wurde sie vor einigen Jahren in zweckmassiger Weise ausgebessert. Der Grundriss wird durch drei Kreislinien beschrieben und ist genau von West nach Ost orientirt: der mittlere grossere Kreis bildet das SchilF, welches jedoch durch das Eingreifen der Apsis einerseits nnd der Thurmmauer anderseits zu einer Elipse linage wan delt wird. Die Gesamnatlange im Licht betragt 43 Fuss, die Weite des Thurmes 9, und die des Schiffes 21 Fuss; die Apsis ist 7 Fuss tief. Die Hohe des Schiffes oder Mittelraumes bis in den Gewolbscheitel misst 32 Fuss, des Thurmes bis an das Dachgesims 45 Fuss. Alle drei Fig. 190. rartien, Ihurm, bchiti und Apsis, sind mit grossen abgerundeten Quaderstiicken eingedeckt. Im In- nern der Apsis habeu sich zwei Stiicke von Gesimsen erhalten, ferner ein Kragstein an einem Thurmfenster ; der in den Thurm fiihrende Eingang ist nicht mehr der alte , sondern eine Gothik I'^'g- i9i- neuesten Datums. Das Kirchlein macht dnrch seine derbe gedrun- gene Einfachheit, seine im Gegensatz zu der schwarz- lichen Basaltkuppe des Berges sehr lichte Farbe (es besteht aus Planergestein) und die flachbogige Form derDilcher eineu eigenthiimlich orientalisehenEindruck. Grundriss Fig. 188, Langenschnitt Fig. 189, nord- liche Ansicht Fig. 190, Capital einer Fenstersaule Fig. 191, und Kampfergesimse in der Apsis Fig. 192, sind bier beigegeben. R u n d c a p e II e n in P r a g. Abgesehen von den grossern oder geringern Mass- verhaltnissen gleichen sich die drei in Prag vorhan- denen Rundbauten vollstandig: sie bestehen je aus Schiff und Apsis, haben keine Thiirme, aber aiifgesetzte Laternen liber den Kuppeln. Alle drei waren von Fried- hofen umgeben und lagen zur Zeit ihrer Erbauung aus- serhalb der Stadt. Die Heilig-Kreuz- Capelle in der Postgasse wird 1379 zum erstenmal urkundlich erwahnt ; sie diirfte um die Mitte des XIII. Jahrhunderts entstan- den sein und enthalt mehrere gothische Einzelhei- ten, wie einen mit Giebelblunien geschmlickten Sacra- mentschrein und ein spitzbogiges Fenster , welche Theile gemass der Steinfiigung schon wfihreud des Baues eingefiigt worden sind. Der aussere Raum halt einen lichten Durchmesser von 24 Fuss, die Apsis von 12 Fuss: die Hohe bis in den Seheitel der Kuppel betragt 36 Fuss, dariiber sich die Laterue noch mit 15 Fuss erhebt. Die Mauern bestehen aus Prager Mergelsteinen, welche mit dem Hammer zugerichtet in ziemlich regelmiissigen Schichten gefiigt sind. Die Laterne ist im Lichten 7 Fuss weit und mit vier gekup- pelten Fenstern versehen, ihre Wolbung entspricht der grossen aus dem Halbkreis gezogenen Kuppel. Der Eingang steht nicht dem Altar gegeniiber, sondern befilndet sich in schrager Richtung an der nordwest- liehen Seite , eine Anordnung, welche wir schon in Kovary kennen gelernt haben' und wahrseheinlich eine Verminderung des Luftzuges bezwecken sollte. Der Punkt, aus welcheni die Apsis gezogen ist, liegt in der Mitte der Mauerdicke, der Anschluss des kleinen Kreis es an den grijssern wird durch gebrochene Eoken ver- | , , mittelt, so dass die .Apsis im j i j j Innern genau einen Halbkreis i ] | — — ; in der Grnndlinie einhalt. An ' l der Aussenseite zeigt das j _ j \ | Schiff keine andere Gliede- C ' \ 1;:^ rung als drei Fenster ge- ' ' : mischten Charakters und den ' ' ; Eingang , dessen ehemals . I " rundbogige Form zur Zeit, als die in Fig 1 93 beigefiigte Fig. 19-2. ' , ' 9* — 68 — Fie:. 194. Fig. 193. Ausicht aufgenommen wurde. nnr diirch einige Mauer- risse zu erkennen war. Die Dachgesimse besteheu aus vorseschobeaen recbteckigen Flatten nud sind gleich deni iibri^en Gemauer obne Hilfe des Meissels mit dem Hammer "bergestellt. Eeicbere Ausstattung zeigt die Apsis: sie ist mit dem Rundbogentries tind einer Lise- nenstelluna- umgeben . ancb sorgfaltiger ansgetubrt als das Schiff/und enthalt Fenstercben die mit Halbkreisen seschlossen sind. Das lunere der Kreuz-Capelle war mit TTandge- malden. grosstentbeils einzelnen Heiligentiguren obne gegenseitige Beziebuug ausgestattet . welebe Bilder durcb die'jlingst ToUfiibrte Restanration nacb Besei- tigung der Kalkttincbe zu Tage kamen. Durcb diese verstSndig geleitete Wiederinstaudsetzung erbielt aucb das Portar seine ursprliugliebe Gestalt und wurde zugleicb sicbergestellt . dass das Gebilude vorziigs- weise zu einer Begrabniss-Capelle bestimmt war. Man fand bei Aufbebuug des alten Pflasters zwar nicht die vermutbete Gntft, aber ein grosses gemauertes Grab, dann mebrere Siirge und Gegenstande. welebe den Verstorbenen mitgegeben werden. Leider waren die Griiber scbon durcbgewtiblt worden und diesem Um- stande diirfte znzuscbreiben sein. dass kein die Bauzeit bestimmendes Merkmal entdeckt wurde. Xach lang- iabriger Sperrung . 1784:— ISGS'i wurde die Capelle \vieder auf s nene eingeweibt und es lindet daselbst an s:ewissen Festtagen offentlicber Gottesdienst statt. Da durcb die Kreuz-Capelle aucb diebeiden andern (als Verkleinerungem erklart werden, ist uur diese illustrirt worden. Fig. 194 Grandriss, Fig. 195 Langen- durchscbnitt. Das zweitgrosste dieser Denkmale befindet sicb aufVysebrad, es ist das dem b e il. Martin gewid- raete Kircblein, das der grossen Zerstorung von 1420 entgan?en, in der Folge erst verzopft und dann im Jabre 1784 gesperrt wurde. Das Scbitl' bat einen licbten Durcbmesser von 17 Fuss und biilt bis in den Gewolbesebeitel cine Hobe von beiliiufig 22 Fuss ein, wobei bemerkt werden muss, dass das Niveau des i'flasters bedeutend veriindert und das Innern verstellt worden ist. Die mit vier gekuppelten Feiisteru ver- sebene Laterue ist der einzige Theil, welcher die alten Formen ge- wabrt bat ; Tbiire, Fen- ster und Gesimse sind erneuert. Dagegeu blieb das ueben der Stephans- kircbe in der obern Nenstadt vorhandene Capellcben sowobl im Innern wie Aussern an- bescbiidigt. Es ist dem . b. Longlnus gewidmet und geborte einst dem Dorfe Evbnik'oder Rybnicek an, welcbes bereits in der Stiftungsurknude von Bfevnov genannt wird. Hier wurde wabrend der grossen Seucbe, welebe 1280 und 1281 in Prag wiitbete, ein neuer Friedbof angelegt und aus dieser Zeit mocbte sieh wobl die Capelle scbreiben, um gleicb den Pestsilulen die Erinnerung an die Ab- cresc-biedenen zu wabren. Von alien bisber bekannten Rundbauten ist diese diekleinste, das Sebiff bat nur eiuen licbten Durcb- messer von 13 Fuss, die Apsis von 6 Fuss; die Hobe wurde durcb Tieferlegung der vorbeiziehenden Strasse um beinabe 5 Fuss vermebrt, wodurcb das Aussere ein tburmartiges Ansebeu gewonnen bat. Die sebr scblanke Laterne fst acbteckig und deutet wie die gesammte, biicbst sorirfaltige Ausfiibrung das vorgerlickte XHI. Jabr- liuudert an. Eingang und Fenster sind rundbogig, die Gesimse bestebe^'n aus einfacben Flatten. Bogenfricse Oder sonstige Decorationen feblen und die Tbiire stebt dem Altarraum gerade gegeniiber. Sowobl an der Aussenseite wie im Innern babeu sicb Spuren alter Wandgemalde erbalten. Maria-Yerkundigungs-Kirebe in Holubic. Das Dorf Holubic liegt fiinf Stunden von Prag in nordwestlicber Ricbtung und wurde 1200 durcb Ota- kar I der Domkirche St. Veit gescbenkt. Die dortige Kircbe unter dem Titel Maria Geburt wird 1384 als Pfarrkircbe in den Erricbtungsbiicbern aitfgezablt und ^cbeint aucb in dieser Eigenscbaft erricbtet worden zu sein. Der Giundriss erscbeint etwas complicirt. Fi-. 19; Fig. 196.' besteht aiis drei gerundeten Raurneii, daiiu einem an der Wcstseite angebauten viereckigen Thurm und einer nordlich vorgelegten Sacristei (Fig. 196). Obwohl die beiden letztern Theile viele Neuerungen entbalten, deuten doch die Verbindungsglieder, Thiirgewande uud Wolbungen an, dass die Masse des Gebiiudes in nicht allzu verschiedener Zeit entstanden sei. Durch den eine geraumige Vorhalle bildenden Thurm gelangt man in das 20 Fuss weite, zirkelrunde Hauptschiff, an welches gegen Osten die weitausge- ladene Apsis anlehnt : ein zweiter apsidenartiger Raum, zwei Dritttheile des Kreises einhaltend, springt an der Slidseite vor. Das Schiff ist mit halbkreisfor- miger Kuppel, die Apsis mit einem eben so gestalteten Nischengewolbe und der sudliche Nebenraum mit einer (Ireiseitigen, nach Art der Kreuzgewolbe construirten Wolbung uberspannt. Die iiber dem Schiffe angebrachte Laterne ist im Innern nicht mehr sichtbar, indem die Otfnung in neuerer Zeit vermauert wurde (Fig. 197). Die romanischen Formen walten zwar vor, doch treten iiberall gothische Theile auf; so an der Apsis, welche drei spitzbogige, mit Masswerkeii versehene Fenster enthalt und mit einer Bogenstellung umgeben ist , deren abgefasste Pilaster mit ihren Basen (in Fig. 198 mitgetheilt) ganz entschieden der Gothik angehoren. Dieselbe Bildungsweise zeigt der Eingang, .^^^5^^^^*:^-^-^ . Fi-. 191 welcher vom Thurme in den Hauptraum fuhrt, dann die Sacristei-Thiire und am autfal- iendsten der achtseitige Helm auf der ruuden Laterne, wo das Gesimse den Ubergang aus der Rundung ins Achteck bewerkstelligt. Bei so zahl- reichen Vorkommnissen darf auch die gothische Thurm- halle als ein mit dem Ganzen gleichzeitig errichteter Theil angesehen werden; die obere Partie des Thurmes aber ge- hort einem schlecht durch- Fig. i98. gefUhrten Restaurations-Bau an. iiber dem Hanpteingang, an dem Schlusssteine der Vorhalle und noch an mehreren Orten sind die Buch- staben M. N. in Majuskelschrift angebracht (wahr- scheinlich Mariae Nativitas bedeutend), sonst ist das Innere einfach und ohne kiinstlerisch ausgearbeitete Einzelheiten. Das Alter der Kirche wird durch diese Be- schreibung und die angefiigten Zeichnnngen von selbst festgestellt: dieses Bauwerk ist erst gegen den Schluss des XIII. Jahrhunderts errichtet worden. An einem steilen A bhang gelegen und sehr malerisch gruppirt, gewahrt das Kirchlein von alien Seiten ein ungemein belebtes Bild, weshalb eine per- spectivische Abbildung nicht fehlen durfte (Fig. 199). Capcllc in Sclielkowitz (Zelkovice). > In geringer Entfernung von dem schon erwahnten Liebshausen , liegt das Dorf Schelkowitz mit einer runden St. Peter- und Pauls-Capelle, deren Detailformen genauest denen der Liebshauser Kirche entsprechen. Die Capelle ist auch dahin eingepfarrt und erscheint als der wichtigste Rundbau , welcher in Deutsch- bijhmen vorkommt. Der lichte Durchmesser des Schiffes betragt 18 Fuss, der Apsis 9 Fuss, und der Eingang findet sich an der Siidseite. Die rundbogigen Fenster sind mit Staben und Keblen wie in Liebshausen geglie- dert, das kleine Portal von besonders zierlicher Arbeit ist mit fortlaufendenBogen-Ornamenten umgeben, mehr gothisch als romanisch geforrat und vorziiglieh gut erhalten. Auch die Apsis zeigt den Rundbogenfries unter dem Gesimse. Die Laterne ist niedrig und mit vier Kuppelfenstern versehen, deren Saulchen deutlich dem beschriebenen Liebshauser Fenster nachgebildet sind. Der ganze Bau besteht aus grossen Sandstein- quadern, aus Quaderwerk sind auch die Dachungeu gefiigt, deren gerundete Aussenlinien dem KuppeL gewolbe folgen. Grundriss , Aufriss und Portal sind erklart in Fig. 200, Fig. 201 und Fig. 202. Auch diese Capellc wird im Jahr 1384 als Pfarr- kirche angefiihrt , n)ochte aber nur iiiterimistisch als solche gedient baben. Der bauliche Zustand ist befrie- digend und es wird der sonntagliche Gottesdienst hier noch abgehalten. ' Diese Capcille -wurde in allerneuester Zeit mit eiuem Langhause ver~ sehen und soaijerbar ausgestaMet. Fig. 199. St. Wenzelskirche in Liboun. Das znr Herrscbaft Vlasim gehorige Dorf Liboun enthalt eine zwar ruinCse aber noch im Gebrauch befindlicbe Rundkirche , welcbe ebenfalls als Pfavre genannt wird, nnd jetzt als Filiale nach Louniovic gehort. Der Plan ist einheitlicb ; an der Westseite ein quadratischer Thnnn, welchem die Apsis gegeniiberliegt. Der Mittelraiun liiilt 21 Fnss im lichten Durchmesser, die weitausgeladene Apsis 11 Fuss und der Thurm 8 Fuss im Gevierten. Ob eine Laterne vor- handen war, scheint zweifelhaft, da der Aussenbau nicht die mindeste Decoration, nicht einnial ein Dach- gesims zeigt. Das Innere ist durcbaus verzopft und entstellt. Die durcbgebcnde Einfaebbeit und geringe Hijbe, dann eine mebr als binreicbende Mauerstiirke lassen vermutben , dass dieser Bau frliber als die Prager Capellen angelegt worden sei und aus der Mitte des XII. Jahrh. stammen mocbte. Urkunden und charakteristiscbe Bautheile fehlen: die schlicbten rundbogigen Fenster geben keinen Aufscbluss ; sie wurden vom XI. bis zu Ende des XIII. Jahrb. unver- andert beibehalten. Der Grundriss, Fig. 203, ist angefiigt. Capellen zu Kopanina und Plsenec. Wie an Kovary, so knlipfen sieb an Kopanina allerlei Sagen von der beil. Ludmilla und ihrem Enkel St. Wenzel. Der angeblich von Borivoj gegrundete Rundbau lag scbon vor dreissig Jahren in Ruinen und scbeint, nacb erhaltenen maleriscben Zeichnungen zu urtbeilen , verscbiedenen Zeiten angehort zu haben. Das Scbiff war ein aus grossen Quadern gefiigter niedriger Bau , welcber im Innern mit Lisenen — 71 — verziert, mit eiuem Tliunn von Brnchsteiiimauern in Verbindung- stand uiid aus- serdem noch einige An- bauten hatte. Die Formen- g-ebung war roh , wobei freilich nicht mehr entschie- den werdeu kann, was auf Recbnung des Zeiehners zu setzen ist, weil die Ruinen Fig-. 200. langst abgebrocheu worden sind. Etwas besser steht es um die Friedhofs-Capelle in Alt-Pilsen oder Pilsenec, einem drei Stunden siid- westlich von Pilsen gelegenen Flecken, gegenwartig einer Station der Budweis -Pilsner Eisenbahn. Hoch liber dem Orte, auf einem konischen Hugel, ragen die Uber- reste des runden Schiffes noch empor und bind mit einem durchlocherten Schindeldaeh bedeekt, die Apsis jedoch ist zerstort. Die Ranmlichkeit stimnit mit der Schelkowitzer Capelle iiberein, der Eingang befindet sich an der Nordseite und das Schiff zeigt ausuahms- weise zwei zirkelrunde Fenster. Materiale ist rothlicher Sandstein , das Ganze bedeutungslos , weshalb das Alter nicht genau bestimmt werden kann. Eine anliche Capelle wie in Pilsenec hat sich auch ziiLewin zwisehen Leitmeritz und Bohmisch-Leipa erhalten. C 0 m e t e r i u m in B f e v n o v. Unabhangig von der geschilderten Gruppe und in architektonischer Hiusieht eine hohere Bildungsstufe aussprechend , erscheint ein von keinem Chronisten erwillmtes und von den Alterthumsforscher bisher wenig beachtetes Capellchen, welches in derNahe desKlosters Bfevnov in einem Privatgarten liegt. Bedeekt von einem vermoderten Schindeldaeh und iiberwuchert vonStrauch- werk dient es zur Aufbewahrung von Garten-Requisiten imd wird deshalb von den Voiiibergehenden als eiues von jenen Gartenhauschen angesehen, welche mitfrohem Muthe hergestellt und dann fiir alle Zeiten vernach- lassigt werden. In diesem Glauben wird man bestarkt bei der Annaherung, indera eiii friiherer Gartenbesitzer vor einigen Jalirzehnten ein Portal von sonderbarster Gothik hat eiiisetzen lassen. Beim Eintritt in .dasselbe werdeu wir durch eine Construc- tion seltenster Art iiberrascht. In der 6' starken Umfassungs- mauer sind 8 halb- kreisformige Nischen in regelmassiger Stel- liuig angeordnet, ober- lialb geht der Raum in das Achteck iiber und wird mit achtsei- tigem Kuppelgewolbe iiberdeekt. Eine der Nischen bildet den Eingang, schrag ge- geniiber betindet sich ein alter Steinaltar, '■^'is- ^oi- dessen Deckplatte Fig. 202. vorne zwei viereckige Saulen tragen , wahrend die Riickseite in die Nische eingelassen ist. Unterhalb dieser Halle betindet sich eine zweite, welche von der entgegengesetzten (Ostseite) her den Eingang hat und als Beiuhaus diente. Auch hier sind acht Nischen in der Runde angeordnet, deren Wolbungen muldenartig in der Mitte zusammeulaufen. Die Technik ist sehr solid, wie schon aus dem Umstande erhellt, dass das seit vielleicht 150 Jahren vernachlassigte und entweder gar nicht oder nur noth- diirftig bedeckte Kuppelgewolbe sich tretlich erhalten hat. Die Ausdehnungen sind massig : der genide Durchmesser des Achtecks betragt 18 Fuss iniLichten, der Durchmesser durch die Nischen 27 y.. Fuss' welches Mass auch der unterirdische Raum einhalt! Die Hohe der untern Abtheilung vom gegenwartigen Ptlaster bis in den Gewolbescheitel ist 14 Fuss, die Hohe der oberen Halle bis in den Scheitel der Kuppel 33 Fuss. Gegliederte Simswerke und Ornamente kommen in dem Gebfiude nicht vor und waren auch nie vorhanden. Das Grundstiick , woranf dieses Ca- pellchen steht, gehorte einst dem etwa 300 Schritte von hier entfernten Kloster Bfevnov und scheint ein Friedhof gewesen zu sein. Wann dieser eingei^angen und auf welche Weise Grund und Capelle in Privatbesitz gekom- nien, ist unbekannt. Wahrend der Tiirken- kriege soli die damals schon verodete Capelle den Kriegsgefangenen zum Gottesdienst ein- geraumt worden sein, woher sieh die Meinung schreibt, die Tixrken seien die Erbauer g-e- wesen. Dies wenige ist alles, was ermit'eit werden koniite. j. j — 72 Fiff. 20-1. Dass wireine jener selte- nen Niselienbauten , wie die Marien - Capelle auf dem Schlosse zu Wilrzburg oder St. Michel d'Entraigues ia Frankreich vor uns haben, ist oewiss : mit St. Michel (erbaut um 1180) stimmt auch das Mul- nengewolbe des Unterbaues bis auf die geringste Kleinig- keit uberein, weshalb man wohl fur beide Denkmale das o-leiche Alter annehmen darf. Beigegeben.sind: Fig. 204 Sowohl das Mutterkloster Waldsassen wie Sedlec sind total umgebaut worden , daher zur Bestimmung der in Z.-ibof und St. Jakob ausgesprochenen Richtung alle Anhaltsptiiikte fehlen. . 10* — 76 — Fig. 217. , . -. dieser Thiime gesehen iind imtersucht, hat man alle g-esehen; eine Wohe von 70 bis 80 Fuss bei einem aussern Durchmesser vou 24 bis 30 Fuss, oben iro eilnstigsten Falle ein Mauerkranz mit Zinnen and unterbalb desselben ein vorgekvagter Bogenfries, sind die einzigen Auszeichnungen, welche getroffeu werden. Auf diese Weise ausgestattet, zeigen sich die Haupt- tliiirme vnn Kokofin, Haseuburg, Rosenberg u. _s. w. Andere sind ohne alle Gliederung belassen, wie zu Biirglitz und Schellenberg. "Abweichend vom deutscben undaucb franzosischen Burgenbau, diente in Bohnien der Hauptthurm nicht imraer als Citadelle und letzter Zafluchtsort, sondern mancbmal als Vertbeidigungswerk, stand nicbt immev am hochsten Punkte, sondern aucb in der Niibe des Thores. In der Riesenburg z. B. befindet sieb der Hauptthurm vor dem Herrenbause, um dem eingedrun- genen Feinde den Zugang zu diesem zu verwehren ; abnlicb war aucb die Burg Graupen ein- gerichtet. Dann waren die bohmi- scben Burgen selten einheitlieb, sondern bestanden aus vielen mancbmal weit von einander ge- trennten Bauten, deren urspriing- liche Bestimmung scbwerlich zu er- mitteln ist. In Engelbaus, BiirgUtz, Hasenburg , Gross-Skal , welche alle auf ausgedebnten Plateaus lagen, bestanden selbst dieinnern Burggebaude (Herrenhauser) aus vier bis fiinf bcinabe gleich gros- scn unabhangigen Gcbauden. Die Vorburgen waren ungebeuer weit- Uiufig und umfassten mancbmal mit ihren RingmauernganzeMeier- hbfe, wie in Pottenstein. Die in kiinstleriscber Hinsicht wichtig- sten Burgen, Klingenberg, Pisek, Neubaus und Rosenberg, sind Fi"-. 218. frUh-gothichs: dem romanischen Styl gehort nur die Kai- serburg zu Eger und ein Theil der Burg Stra- konic an. Die Kaiserburg in Eger. Der Saalbau in der schon oft angefiihrten Egerer Burg, nach dem schwarzen Tburme das alteste der dortigen Denkmale, wurde von Kaiser Friedrich dem Rothbart, damals noch Herzog Friedrich III. von Schwaben , wahr- scheinlich im Jabre 1149 begonnen und wie es scheint, rasch vollen- det. Das Gebaude liegt auf einer vom Eger- flusse im Bogen um- schlossenen Felsenkuppe, an deren steil nordlichen gegen den Fluss abfallenden Rande; es besteht aus einem grossen Saale, an welchen mehrere Gemacber anstossen. Sudlich vom Saalbau betindet sich die ge- schilderte Doppel-Capelle, dieser scbrag gegeniiber der schwarze Thurra: den westlichen Raum erfiillteu aller- lei Nebengebaude, welche langst verchwunden sind. Vom Saalbau, der eigentlichen Residenz, stehen nur die nordlichen und sudUchen Umfassungsmauern, und diese nur in Bruchstlicken, aufrecht, docb lassen sich an den Ansatzen der Scheidemauern die ursprung- lichen Eintbeilungslinien erkenneu. Bei Aveitem die grossere Halfte des Gebaudes nabm der Saal selbst ein und bildete ein 81 Fuss langes 33 Fuss breites Recbteck; an dieses reihten sich zwei Stuben und ein Vorhaus an, ferner eine Kiiche und weiterhin gegen Westen ein nicht mehr vorhandener Flugel. Der Fuss- Fig. 219. Fig. 1220. — 77 — boden des Saales lag etvva 4 Fuss ilber dem gegen- wartigen Niveau des Schlosshofes, unterhalb befonden sich, in den Boden vertieft, aber von der Nordseite her genilgend erleuchtet, die Dienerschaftsraume und Vor- rathskammern. Ein oberhalb des Saales sich erhe- bendes Stockwerk war aus Fachwerken gefiigt , ist aber langst verschwunden. Der vorziiglichste Schmuck des in Ruinen lie- genden Schlosses besteht in drei, je 17 Fuss breiten gekuppelten Fenstern , von denen jedes durch vier Saulen eingetheilt wird. Diese Fenster haben sich in der Hauptsache erhalten, hochst merkwiirdige Zeichen der alten Herrlichkeit. Die Leibungen sind in die Wand vertieft und bilden Nischen, in welchen man sitzen, die Gegend betrachten oder auch ungestort plaudern konnte. Das Materiale der Saulen Capitale und Aus- kragungen ist weisser Marmor, die Gewande bestehen aus feinkornigem Granit und die Mauern aus unregel- massigen Stlicken dee am Schlossberge sich brechenden Schiefergesteins. Ira Innern waren die Mauern sorg- faltig verputzt und mit Wandmalereien geschmiiekt, von denen einige Spuren noch zu entdecken sind. Die Stuben zeigen sich zwar nicht so reich ornamentirt wie der Saal, doch ist die Ausstattung eine ahnliche und es offeubart sich in alien Theilen geliiuterter Fornien- sinn, wenn auch die Einzelheiten nicht jene feine Modellirung besitzen, welche man in dem nur einige Jahre spater vom selben Kaiser erbauten Schlosse zu Gelnhausen bewundert. Der Styl, in welchem das Saalgebaude ausgeflihrt ist, zeigt keinerlei Ankliinge an die Gothik, wie man in der Doppel-Capelle haufig sieht; es ist die streng romanische Bauweise aus der Mitte des XII. Jahrhun- derts und zwar nahern sich die Formen niehr der slid- deutschen als rheinischen Schule. Die Mauerstiirke in der Hohe des Saales betragt 5 Fuss, in den untern Rauraen 7 bis 8 Fuss; die Nordwand bildete zugleich die Umfassungslinie oder Wallmauer der Burg, Vor- werke waren zur Zeit der Anlage nicht vorhanden, wie denn der kaiserliche Griinder keine Veste, sondern eine wohnliche Residenz errichten wollte. Directe Nachrichten liber die Baufiihrung fehlen, doch sprechen alle Umstande dafiir, dass Friedrich derRothbart, welcher sich im Jahre 1149 rait Adel- heid von Vohburg , einer Tochter des Markgrafen Diepold III. von Vohburg und Erbin der Egerlande, vermahlte, den Bau bereits ira selben Jahre einge- leitet habe. Herzog Friedrich war sich danials wohl bewusst, dass ganz Deutschland auf ihn als den kiinf- tigen Kaiser blicke, daher die Anlage eines so grossen Saales , wie er in keiner deutschen Burg damaliger Zeit vorkomrat. Der eigenthche Baumeister war ohne Zweifel Friedrich selbst, denn der Palast zu Gelnhau- sen stimmt in seinen Diniensionen und Eintheilungen so auffaliend mit der Egerer Burg iiberein, dass der Grundgedanke nur von ,,einer und derselben Person ausgehen konnte. Eger war ein Lieblingsaufenthalt aller Hohen- staufen. Kaiser Friedrich I. wohnte hier langere Zeit im Jahre 1179, als das Kloster Waldsassen nachtraglich eingeweiht wurde, dann 1183 und 1188, als er in der Burg das Weihnachtsfest feierte. Heinrich VI., Philipp und Friedrich II. , wie auch des letzten ungetreuer Sohn Heinrich bewohnten alle zu wiederholtenmalen die Burg , welche von den Chronisten als „castrum Iraperatoris" (Kaiserburg) genannt wird, und es war bereits 1183 Konrad, nachmaliger Bischof zu Liibeck, vom Kaiser eingesetzter Schlosscaplan. Um diese Zeit war mithin das Schloss bewohnt und die Capelle wenigstens so weit ausgefiihrt, dass Gottesdienst abge- halten werden konnte '-. Beilagen sind : Fig. 212 Langendurchsehnitt , Fig. 213 Grundriss des Saalgebaudes, Fig. 214 — 219 Detailirungen der Saalfenster, Fig. 220 Mittelpfeiler in dem Fenster eines anderen Locales. (S. auch die Tafel von Eger.) Der Berg fried in Strakonic. Die Herrn von Strakonic gehorten dem vor- nehrasten Adel des Landes an und waren im Slidwesten reich begiitert. Sie nannten sich alle Bavarus (in gewohnlicher Aussprache Bavor), fiihrten den Land- grafentitel und einen Pfeil ira Wappen. Neben Stra- konic besassen sie die Herrschaften Horazdiovic, Barau, Blatna und viele einzelne Giiter, wohnten aber gewohnlich in Strakonic, wo Bavarus I. ira Jahre 1243 ein kleines Convent des Johanniter- oder Maltheser- ordens anlegte. Dass die Burg um diese Zeit vorhanden war, zeigt der bauliche Charakter des Thurmes und vieler theils an der Siidseite theils im Schlosshofe vortindlicher Einzelheiten, neben denen auch ganze im Ubergangs- Styl durchgefuhrte Partien, spat-gothische und Renais- sance-Bauten auftreten. Die Griindung diirfte um den Schl uss des XII. Jahrhunderts stattgefunden haben; von diesem Zeitpunkt an hat das sehr weitlaufige Schloss Reprasentanten aller Stylrichtungen und Uber- gange aufzuwcisen. Strakonic liegt in der Ebene am Votavallusse und war einst durch tiefe Wassergraben, besonders hohe Mauern und mehrere Thiirrae geschiitzt , von denen der Hauptthurm sich erhalten hat. Dieser stand an der Westseite und war seltsamerweise an seiner dem Schlosshofe zugekehrten Seite rund , an der Aussenseite aber stumpfwinklig abgeschlosseu. Neben diesem sehr ruinosen Thurme stehen die Reste des alten Saalgebaudes , welches durch einen schmalen Mauergang mit jenera in Verbindung gesetzt war. Der Eingang in den Thurm ist in der Hohe von 32 Fuss angebracht, ein daneben befindiiches Fenster diente dazu, die von. der Mauer heriiberfiihrende Fallbrlicke zu vertheidigen. In weiterer Hohe von 30 Fuss (62 Fuss iiber dem Erdboden) gelangt man auf einen vorgelegten auf Tragsteinen und kleiiien Bogen nihenden Umgang, der mit Pechnasen und Zinnen urageben den Arrabrust- schutzen eine gesicherte Stellung gewiihrte. Der Umgang ist zwar grosstentheils herabgestiirzt , doch lasst sich die ganze Anordnung, auch die Gestalt der Zi nnen und Pechnasen erkennen. Oberhalb dieses Ganges treten die Mauern zuriick und bilden einen IS Fuss hohen Aufsatz , der mit einem achtseitigen gemauerten,jedoch grosstentheils herabgefallenen Dache iiberdeckt ist. ' Ausfiihrliches uber den Buigbau zu Eger findet sich in der 1804 vom deutschen Geschiohtverein fur Bohmen hernusiiegebenen Monographie: Die Kaiserburg zu Eger, von Bernhard Grueber. Uber den Palast zu Gelnhausen liegt eine umfassende Literatur vor; die alteste Hcsclireibung hat Jlundes- hagen im Jahre 1819 Teroffentlicht. 11 — 7« — Yia;. 221 Etwas spatem Ursprung lasst dev sudwestlicbe Sclilossfliigel erkeamen , welcher noeb bewohnt wird und gegenwartig als Amtsgebaude dient. Iin Innem verbaut^ zeigen die Aiissenseiten spat-romamscbe Fonnen, Rundbogenfriese, Yorgelegte Erker und emige halbrunde Fenster. Die Gesimse sind aus zwei Runc - staben mit dazvviscben angebrachteu Hoblkeblen gebi - det Eckverbande und sonstige ausgezeicbnete Iheile besteben aus Granit-Quadern, und alles deutet an dass die Burff scbon vor definitiyer Griindung des Joban- niterstiftes prachtvoll ausgestattet ^Yar. Der wo d- erbaltene Kreuzgang bingegen scbreibt sicb aus der Zeit als das Schloss scbon ganz oder doch zum grossten Tbeile an den .Orden uberge^angen war; dieser ist im eigentlicben Ubevgangs-Styl durcbgelubrt und findet im zweiten Abschnitt seine Bespreebung. Dieser Kreuzgang ist mit der ebcmaligen Convent- ietzt Deebanteikircbe zu einem organiscben Gauzen verbunden, indem er vor der westlicben Kirchenfronte liegt und nun ein Alrium bildet (das einzige Beispiel im Lande). Kirobe und Kreuzgang steben aut einer scbmalcn langgezogenen Felsenklippe, welcke aus der Ebene emporragt und wabrscbeinlicb zur Erbauung der Bur- Anlass gegcbcn bat. Die Kirobe zeigt absonder- licbe Construction, der f'hor ist aus deni gleicbseitigen Dreieck ^eseblossen und liber dem Presbyterami erbebt sich ein "gewaltiger Thurm. Obgleicb Gbor nnd Scbitt vielfacb itberbaut'und unigeandert worden sind, bait der Grundriss noch die ursprlinglicben Linien em und der Kirchthurm bat die Ubergangsformen Tollstandig bei- bebalten. Der gescbilderte, liochst merkwiirdige HaupttMirm wird durcb die vom romantiscbeuScblosshofeausgenom- niene Ansicbt Fig. 221 erklart. Sculptiir. Die Werke derBildbauer- undMalerkunst gewahren keine so scharf ausgepragten Grenzlinien, wie sie im Reicbe der Arcbitektur vorhanden sind, wo ganz ent- scbiedene Merkmale, z. B. Rundbogen, Wiirfel-Capitale und nocii vielerlei sowobl constructive als ornameii- tistiscbe Einzelnbeiten die Alters- und Styl-Unterscbiede aulfallig kennzeicbnen. Doch bietet die Sculptur ver- moge ihres korperbaften Materiales ungleicb zu^•er- lii^sio-ere Anbaltspunkte als die Malerei, die zunacbst iiur imcb Styl-Vcrwandtschaften beurtbeilt werden kann. Ein wesentlicber Bcitrag zur Altersbestimmung der Bild- hauerarbeiten wircl diirch den Umstand geboten, dass viele derselbeii mit Gebauden organisch verbunden sind, also nothwendigerweise gleichzeitig mit denselben ent- standen sein miissen. Verhaltnissmassigliabensich inBohmen sehrwenige Bildwerke moiiumentaler Art erhalten, von welchen die Mehvzabl iudenBogenfeldern derKirchen-Portale getrof- fen wird: niude Arbeitensind ausserstselten, manbatsich gewobnlich mitEelief-Arbeiten begniigt. Wenn dieseEnt- wickliuig mit der althellenischen und auch mit der deutscb - mittelalterlicben Kunstperiode Ubereinstimmt, so findet doch in Beziig auf Materiale und Bebandlungs- weise kein gleicbartiger Verlauf statt. In der antilcen Welt wie im irlihen Mittelalter gingen Tbonbildnerei und Holzscbnitzerei dem Erzgusse voran, auf welchen erst die .Steinarbeit folgte: in Bohmen griff man sogleich zur letztern, iiberging Erzguss und Tbonarbeit und hat als- dann die Toreutik cultivirt, Avie aus der Geschiclite des Abtes Bozeteeh und seines Nachfolgers Reginhard zu ersehen ist. Werke des Erzgusses, wie die Domtlmren zu Augs- burg und Hildesheim, Grabplatten, Taufbecken und runde Arbeiten, wie man sie in iMagdeburg, Goslar, Liittich, Koln und andern deutschen Stadten antrifft, wird man in Bohmen vergebens suchen. Dieser Mangel erscheint um so auffallender, als der Glockenguss frlih- zeitig geiibt wurde, und sich viele alte Glocken erhalten haben. Auch von Werkeu der Holzscbnitzerei, die nach unzweifelhaften Ueberlieferungen bereits im XI. Jahr- huudert bliihte, findet sich kein einziges Gebilde, desseu Anfertigung mit voller Sicherheit in das XIII. Jahrliun- dert verlegt werden kcinnte. Wie jede Cultur, giug auch die Kunst in Stein zu arbeiten von den Klostern aus, die bedeutendsten der auf uns gekommenen Sculpturen sind klosterliche Erzeug- nisse. Von diesen sind besonders hervorzuheben die -Sculpturen in Zabof und 8t. Jakob bei 8edlec, dann ein Steinaltar in der Klostcrkirche St. Georg zu Prag. Steinaltar in der St. Georgskirche. (Fig. 222.) Das fiir die Landes- und Kunstgeschiclite hoch- wichtige Stiff St. Georg in Prag besltzt eiuen Steinaltar, der sowohl hinsichtlich der Form und Ausfulirung, wie auch des Umstandes wegen, dass die Zeit der Herstel- lung bekannt ist, besonderes Interesse verdient. Nach Art der Triptychen geformt, besteht das Werk aus drei in Sandstein ausgearbeiteten Tafeln, aus dem rechteckigen Mittelbilde und zwei sich anlehnenden Fliigeln und entspricht in seiner Anordnung den Votiv- bildern. Im Mittelfelde erblickt man die Himmelskonigin mit dem Kinde, in den Feldern zur Eechten und Linken die Donatoren, als welche Herzog Vladislav II. und Ab- tissin Bertha, durch welche die Kirche nach dem Brande von 114i>ganz neu aufgebaut wurde, anzusehen sind. Am Rande des Steines sind in gerundeter Majuskel- schrift die Worte eingegraben: — 80 — ■h MARIA . PRIMA . ABbA AVE . MARIA GRAaiA PLSNA . DNS . Tff . CVM -1- BSRH TA . ABBA . SC .... F ... . (Maria prima abbatissa. Ave Maria gratui plena, Dommiis tecum. Bertha abbatissa sculpturam tecit .'') Aus dieser Inschrift geht hervor, dass dieAbtissm Bertha entweder eigenhandig das Werk gefertigt habe, Oder dass es auf ihre Veranlassiing hergestellt worden sei Diese Abtissin wird in zwei Urkimden des Papstes Engen Ilf. genannt, 1145 und 1151, imd wegen dires Eitirs mn den Kirchenban belobt K Sie schemt dem Kegentenhanse angeliort zu haben, denn das Stilt war ein adeliges und es wurden immer Damen aus den hoch- eestelltestenFamilien zu Abtissinen gewahlt. Die ioclit^r des Herzogs Boleslav I., Milada oder Maria, aul welche in der Inschrift hiugewiesen Avird, war erste Abtissm, unter derenRegierung der fruhere 1142 zerstorteKlost^er- bau aufgefilhrt wurde, daher sich Bertha neb en ihr als zweite Griinderin nennt. Das Relief ist aus Prager Mergelstein hergestellt, ziemlich erhaben, die Behandlung angst- lich und hart, doch zeigt die Anordnung des Ganzen ein ent- wickeltesLiniengeliihl und 8inn fiir Gruppirung. Die heil. Jung- frau sitzt auf eineni niit Wlir- fel-Capitalen und andern roma- nischen Ornamenten ausgestat- teten Tlironsessel und umfangt das Kind mit beiden Handen, wahrend zwei in der Lult schwebende Engel ihr die Krone aufsetzen. An den Stufen des Thrones knien zAvei Benedicti- ner-Nonnen in Ordenstracht. Wie in alten Bildwerken, be- sonders an Malereien herkomm- lich, ist die Figur Mariens, namentlich Gesicht und Hals ungleich besser gezeiehnet und edler durchgebildet , als die ubrigenTheile, unter denen das puppenartige Kind und die cckigen Engel bei weitem als die schwachstenLeistungen be- zcichnet werden diirfcn. Im Faltenwurf, welcher zwar nach Fig-. '224. (Ziibof.; Art dcs XII. Jahrhunderts hie I Erben, Rcgesta, ad ann. 1115— 1151- und da gradlinig und ackerfur- che nahnlich gehaltenist, spricht sich bei alledem ein gewisses Naturstudium aus; ^so sind die Arme und Knie der Himmels- konigin unter den Gewandern trefflich angegeben, der Mantel legt sich in wohlverstandener Schmiegung liber die Sessel- lehne und die Fiisse kommen an richtiger Stelle zum Vor- schein. Die in den Nebenfeldern angeordneten Figuren, beide in betender Stellung und 8pruch- bander haltend, lassen das Stre- ben nach Naturwahrheit noch deutlicher erkennen: die mann- liche Figur, durch die Krone auf dem Haupte und das nebenste- hende Wort RftX als Vladis- lav bezeichnet, fiillt den be- schrankten Raum in wohlgemes- senen Linien aus. Die gegeniiber knieende Gestalt der Abtissin zeigt nicht allein feine Bewe- gung, sondern auch eine lieb- liche und zugleicli ausgepragte Gesichtsbildung. Vergleicht man dieses Re- lief mit gleichzeitigen Sculp- turwerken zu Regensburg und Bamberg, wird man dem bespro- Fig. 225. (Zabof. chenen Steinaltar eine ungleich hohere Durchbildung zuerken- _ neu, aber auch bedauern , dass er isolirt steht und keinen Einfluss auf die andervveitigen Arbeiten geiib hat. Man mochte glauben, der Kiinstler (vielleicht die Kiinstlerin) habe sich bezuglich der allgememen Anordnung an byzantinische Elfenbemschnitzereien gehalten, welche in jener Zeit als Diptychen, Triptychen und Biichereinbande sehr verbreitet waren. Die Aus- fiihrung aber ist selbstandig und erinnert eher an sacli- sische Vorbilder a. Sculpturen in Zabor. Die hier vorfindlichen Bildhauereien gehoren zwei verschiedenen Perioden an, einer friihern mit der Aus- fiihrung der Jacobs-Kirche gleichzeitigen und einer bedeutend spateren, wie gele.-njieitlich de. ^^^^^^^ Portal-Baues angegeben wurde. Im alten Theile der Zabof er Kirche haben sich einige mit Menschen- und Fig-. 226. (Zabof.) Der beigegebenen Abbilduug Uegt eine rhotogr.aphie zu Grunde. — 81 Thiergestalten verzierte Gurttrager erhal- ten , deren Ausfiihrung dieselbe Hand erkennen lasst, welehe in St. Jacob thatig war. Hier wie do^rt gleiche runde, nicht iiberlange Hande iind dieselbe Behand- lung der Haare; Kennzeicben geniig um eine Verwandtscbaft fcstziistellen, wenn aucb die alteren Arbeiten in Zabof nur geriugfiigig sind. Man vviirde diese Knaufe villeicbt iibersehen, in keinem Falle bervorheben, wenn nicbt das Portal eine Eeibe von biklneriscbcn Werken ent- hielte , die zn Vergleicbnngen heraus- fordert. In zwei Kebleu , welcbe das Bogen- fekl nnizieben, siebt man Scenen aiis dem Jagd- nnd Landleben, zwar kiimmerbcli gezeicbnet aber lebensvoU mid in Anbe- tracbt des bescbrankten Raumes von bedeiitender Wirkung. In der anssern Keble , die jedocb kanm zum dritten Tbeile erhalten blieb , siebt man eine Lowenjagd; auf der einen Seite kamplt ein Ritter mit einem Lowen, auf der andern hetzt ein Mann die Hunde, dazwischen Spuren eines nicbt mehr kennbaren Thieres. Die innere Keble bat weniger gelit- ten, wenn es aucb an Bescbadigungen nicbt feblt. Hier istda.s ViehaustreibenamMorgendargestellt; eineHeerde, bestebend aus Kliben, Scbafen und Scbweinen, wird auf die Weide getrieben, liinterber der Hirt, welcber einen Wolf abwehrt. Da die Kehlen nur 9 ZoU breit sind, halten Menschen und Tbiere gleicbe Grosse ein und sind die Beine gewobnbch verkitrzt, doch sind die Tbiere ricbtig cbarakterisiii und man unterscbeidet leicbt den gravitatiscben Stier von der vorangehenden Kub. Besonders gelungen ist der Wolf, welcber sicb am Priigel des Hirten verbeisst, und ein oben in der Mitte wandelnder Widder. Dergleicben Darstellungeu aus dem taglicben Leben und der Tbierwelt waren im Mittelalter sehr beliebt und kommen an Kirchen nicht selten vor, wie unter andern eine Hirschjagd zu Scbwabiscb-Hall, laufende Hasen auf dem Firste zu St. Micbael an der Donau, eine Froschversammlung an einem Seiten-Altar der 1 830 abgetragenen Augustiner-Kirche zu Eegensburg. Finer abnlichen Anordnung werden wir aucb in Hrusic begegnen. Es war nicht allein der mittelalterliche Humor und die Vorliebe fiir abenteuerliche Bestienverschlingun- gen, die sich in diesen Gebilden aussprach, sondern es waren alle Lebensverricbtungen mit der Rebgion in engste Beziehung gebracht und so scbien es gauz ange- messen, ein Jagdbild am Kircben-Portal anzubringen. Dabei wurden aucb Erinnerungen an besondere Ereig- nisse eingeschaltet, wie die Pestsaulen erkennen lassen : ein solches Ereigniss diirfte vielleicht der Mausezug in Hrusic andeuten. Fig. 223, Gurttrager im altern Tbeile der Kirche, Fig. 224, Partie der aussern Portal-Keble, Fig. 22.0 und 226, Partien der inneren Keble. Relief in Hrusic. Da sowobl an den altern wie jiingern Sculpturen in Zabof imd Umgegend eine gewisse conventionelle Behandlungsweise bemerkbar wird, sollte man glauben, dass sicb in der Gegend eine Bildbauerschide entwickelt und fortgewirkt babe. Dass dem nicbt so sei, gewalireu Fig. 227. (Hrusic.) wir bei Betracbtung des Portalbildes in Hrusic, wo aucb keine Spur einer Schule zu treffen ist, wie wir sie bei St. Jacob kennen lernen werden. Vielleicht das Erst- lingswerk eines mehr mit gutem Willen als Kenntnissen begabten Arbeiters (desselben, der das Portal gefiigt hat), zeicbnet sich die Davstellung zunacbst durch den luhalt aus, die Durcbflihrung erscheint ungewohnlich schwacb. Zwei Mannergestalten, von denen die eine Wander- stab und Evangelienbucb, die andere ein Kreuz und eine Lilie tragt, stehen in gerader Front-Ansicht, als batten sie sich die Stelle zu einer Niederlassung auserseben. Es sind die nacb Bohmen einwandernden Benedictiner (nacli anderer Meinung Cyrillus und Methodius), welcbe das Kreuz liber einem Gotzenaltar aufpflanzen. Das Gotzenbild ist dargestellt als zweikoptiger Drache, der sich unter dem Kreuze zusammenkrilmmt. Die Figuren, Kniebilder inLebensgrosse, sindsehrflach ausgearbeitet, eher geschabt als gemeisselt; denn das Relief betragt an den tiefsten Stellen nur 1 Zoll und die Gewander sind mit blossen Linien angedeutet. Der Kreuztrager ist durch Kapuze und Giirtel als Monch bezeichnet, welchen Stand aucb die Lilie in seiner linken Hand ausdrlickt ; sein Gefabrte scheint mit einem Rochet bekleidet zu sein. Das liber dem Portal angebrachte durch ein Kreuz in vier Felder getheilte Wappenschild, worin wieder Kreuz und Lilien sichtbar werden, ist ein allgemeines Klosterwappen und kann als Bekraftigung der Sage, welcbe den Kircbenbau zu Hru- sic den Monchen von Sazava zuschreibt, hingenommen werden. Sollte Abt Reginhard, der um 1160 bliihte, Verfertiger dieses Bildwer- kes sein , dann hatte der altc Chronist, dessen wir gelegentlich des Klostcrs Sazava erwahnten, dessen kiinstlerische Begabung weit iiberschatzt. Indess darf nicht iibersehen werden, dass der un- gleicbe iiberaus harte Granit, aus Fig. 228. (Hrusic.) — 82 Fig. 220. (Podvinec.) welchem das Werk verfertigt ist, den Bildner einiger- massen entsclinldigt. Fig. 227 das Relief im Thilrsturz, Fig. 228 Wappen liber dem Portal. Portal-Bild nnd sculptirtes Capital in Podvinec. Beinalie nocli armlieher iind kunstloser zeigen sicli die Sciilptiiren in Podvinec, obgleicli liier der trefflichste Randstein die Arbeit erleiclitert liiitte. Wie an den Capitiilen zu Eger, blieb die Bildhauerkimst welt hmter der Architektur zurlick. Die beiden aiif den freien Sanlen des Porticus befindlichen Capitale sind mit Vogeln sonderbarsten Ansehens ausgestattet, welclie vielleicbt Adler vorstellen sollen, aber zu Eulen geworden .sind. Auch das im Tliilrsturze angebraclite Relief, ein Crucifix zwischen Engeln, befremdet sowolil wegen seiner Harte und schulerbaften Ausfiihrung, als der ungewohnliclien Darstellungsweise. Cliristus, mit den Hauden auf das Kreuz genagelt, stelit mit den Ftissen trei auf dem Boden, als woUe er vorwarts scbreiten: daneben liegen zwei Figuren (Engel) mit Heiligenscheinen ant derErde und unterstutzen die Fiisse des Gekreuzigten. Die Zeichnung der nackten Korpertbeile verrath bei aller Diirftigkeit, dass der Bildhauer die Natur zu Ratbe gezogen babe : Rippen und Musculatur der Arme sind angegeben, dabei erinnert der ge- scliwungene Leib an die gothiscbe Auffas- sung. Diese Scbwin- jung der Figuren, welche im XIV. Jahr- Imndert aufs bocbste jesteigert wurde , ist aucb an den liegendeu Engeln wabrzunebmen, welche etwas ricbtiger als das Christusbild gezeiclmet sind. Das Relief ist mittelerhaben und war einst bemalt, iSpuren von Farben zeigen sicb an alien Tbeilen des Portals. ,rig. 230. fPodvincc.) Fig. 229 die mittelst iiiiitiiiii'i'imi.MiijiiliM:!^^^^ Photograpbie hergestellte Zeichnung des Portal-Bildes, Fig 230 sculptirtes Capital. Marienstatue in Mohelnic. Die im Glewolbe der Apside zu Mohelnic angebracbte lebensgrosse Marienfigur scheint das Bruchstiick einer grosseren Zusammenstellung zu sein, Avelche das ganze Gewolb iiberdeckte und dieKronung der Him- melskijnigin darstellte. Das hundert- facli ubertiincbte Gebilde zeigt in scincm gegenwartigen Bestande eine auffallende Weichheit der Formen, die um so mehr mit der mangelhaf- ten Zeichnung , contrastirt , als die geradlinigen Gewander und die kurze derbe Gestalt geringe Ubung offenbarcn. Wenn _,auch diese Weichheit zum Theile durch wiederholtes Uber- weissen bewirkt worden ist, lasst sich docli nicht verken- nen, dass die obere Halfte der Marienstatue wie auch das Kind mit Vorliebe \mc\ nicht ohne Geschick bebandelt worden sind, dass namentlich das Jesukind eine fur jene Zeit ungewohnlich gefallige Bildung besitzt. Die Figur stebt auf dem Kiimpfergesims , welches die Apsis umzieht, ist in das Gewolbe selbst eingelassen, folgt also der Rundung desselben, ein die Schwierigkeiten der Ausarbeitung bedeutend steigernder Umstand. Das Relief ist hocherhaben, der Aufstellungsort liber dem Hochaltar fllr Untersuchungen so unglinstig, dass ohne Aufstellimg eines Gerllstes die Frage, ob die Figur aus Stucco Oder Stein bestehe, nicht mit voller Sicherheit geliist werden kann. Da sowobl der Kirchendiener wie ein bei Reparaturen beschaftigter Maurer aufs bestimm- teste versicherten, dass das Werk aus Stein bestebe, und beide den entblossten Stein gesehen haben wollten, lasst sich diese Angabe um so weniger bezweifeln, als romanische Stuccatiiren bisher im Lande nicht entdeckt worden sind. Fig. 231 Marienstatue zu Mohelnic mit Angabe des Kampfergesimses. Sculptirte Capitale und Maskenbilder in E g e r. Die schon erwahnten, dem oberen Geschosse der Doppel-Capelle angehorenden Capitale sind mit den betreffenden Bautheilen so eng verbunden , dass deren Abbildungen in dem vorhergehenden Abschnitte bereits gegeben werden mussten; es bleibt daher fur bier uur librig, die Bebandlungsweise und kllnst- lerische Durchbildung der figlirli- chenDarstellungen zu erklaren. AYie bereits angedeutet , stehen diese weit hinter den Pflanzen-Ornamenten zurlick; die Figuren gleichen in der That Gotzenbildern, wofllr sie immer gehalten worden sind, und vom Volke noch immer gehalten werden. Von alien sind die beiden im Architektur-Abschnitte abgebil- deten nackten Gestalten nicht allein des obsconcn Inhalts, sondern auch der vcruugllickten Zeichnung wegen Fig. 231. (Mochelnic. — 83 — abstossend: wie diess das Relief, frosehartige Bewegun- gen und Korper von kaum zwei Kopflangen bestatigen, dass der Verfertiger die Figuren nur als Nebensaclie angeselien und die Ausfiibrung ganz der vorgezeichneten arehitektonischen Form untergeordnet hat. Etwas gelun- gener erscheinen das zweite Capital mit den Engel- fignreu, welcbe als bekleidete Brustbilder mindere Kenntniss des menscblichen Korpers erforderten. Die an einigen Wandsiiulen befindlichen Bestiarien zeigen in Eger eine gUickliehere Formengebung als die menscb- lichen Gestalten ; Krokodile, Schlangen iind willkurlich zusammengestellteThiergebilde verrathen mitunter sorg- faltige Studien der Thierwelt. An den meisten alten Bauwerken trifft man einzelne, mebr oder minder portrait-artige, in Stein ansgehauene Kopfe, welcbe an beliebigen Stellen eingesetzt, gewolm- licb als Bildnisse der Werkmeister, Bauberrn oder regie- renden Flirsten bezeichnet werden. Das Anbringen solcher Kopfe oder Masken war liber ganz Europa ver- breitet iind es wird nur wenig romanische Bauten geben, an welchen nicht wenigstens ein derartiger Kopf zu erblicken ware. In weitesten Kreisen bekannt sind die Bildnisse der Baumeister an der Regensburger Briicke, der sogenannte Bradac-Kopf am Landpfeiler der ehe- maligen von der Konigin Judith urns Jahr 1165 erbauten Prager Briicke , der Barbarossa - Kopf in Gelnhausen, welche sammtlich als Wahrzeichen gelten. Da keine bessere Erklarung dieser Maskenbilder gefunden wird, ist die Annahme , dass sich die Steinmetze auf solche Weise verewigen wollten, die wahrscheinlichste;weslialb man solchen Gebilden keine besondere Wichtigkeit bei- zulegen pfleg-t. In Eger wurde das Anbringen von derlei Masken in so umfassender Weise geiibt, dass sie z. B. an der Nikolai-Kirehe zu Dutzenden nebeneinander stehen, an vielen Privathausern vorkommen und auch in der Doppel- Capelle eine RoUe spielen. An letzterem Orte jedoch treten sie immer in Verbindung mit Bautheilen auf, wie das Kampfergesims des Triumphbogens darthut; an der Kirche jedoch, wo man einige 80 solcher Bilder sieht, springen sie ohne Angabe von Halsen oder Dra- perien aus den glatten Quadern vor und wechseln in Dimensionen von Faustgrosse bis zu kolossalen Verhalt- nissen. Dass bei so haufigem Vorkommen eine geschicht- liche Bedeutung nicht uuterlegt werden konne, ist augen- scheinlich: es scheint ein lustiger Geselle walirend seiner Arbeit versucht zu haben, die Voriibergehenden zum Zeitvertreib abzuconterfeien. Blisten inArnau undRudig. In Anbetracht der obigen Thatsacheu wurden von den vielen da und dort vorkommenden Maskenbildern nur drei ausgehoben, welche entweder durch ihre Aus- flihrung oder muthmassliche Bedeutung besondere s In- teresse einflossen. Am Chor der alten, aber oft umge- bauten Pfarrkirche zu Arnau sind zwei Kcipfe, offeubar Bildnisse, eingemauert, von denen der eine mit dem Herzogshut als Sobeslav I., welcher in Arnau starb, be- zeichnet wird. Das breite, mit vollem Backenbart um- zogene Gesicht, dessen stumpfe Nase und etwas her- vortretende Augen Portrait- AhnHchkeit aussprechen, ver- leiht dieser Sage (oder Vermuthung) grosse Walirschein- lichkeit. Der zweite Kopf soil Sobeslaw's Sohn Wladislaw darstellen, doch ist hier trotz individueller Auspragung der Ztige jede Schluss- folgerung gewagt, da die Biiste vermtige des darii- ber angebrachten Simses als Tragstein diente. Die Bilder sind kolossal, 18" ZoU hoch und fast eben so breit. Frappanter noch erscheint ein am Ge- wande der Thurmthiire in Rudig angebrachter, sorgfaltig ausgefiihrter Kopf mit langem Bart und gescheiteltem Haar, dessen Bedeutung zwar vergessen worden ist, der aber jedenfalls histo- rische Wichtigkeit besitzt. Die Hohe betragt 20, die Breite lOZoll, die Ausfiib- rung ist sehr scharf und eigenthiimbch. Fig. 232 Kopf in Rudig, Fig. 233 augebliches Bild des Her- zogs Sobeslav I. in Arnau, Fig. 234 zweite Biiste daselbst. Fig. 2o2. (Eudig.; Thiergestalten in Skalic. Derjetzt unbedeutende, zwischen Schwarz-Koste- ' lec und dem Kloster Sazava liegende Flecken Skalic war einst grosser und wichtiger: es bestand hier bis zum Jahr 1400 eine Burg, deren letzte Reste zum Auf- bau der umherstehenden Hauser dienen mussten. Neben der durchaus erneuerten Pfarrkirche besitzt der Ort eine etwa dreilmndert Schritte entlegene romanische Fried- hofs kirche von normalmassiger Form, an deren Nord- seite vier Reliefbilder jener Art eingemauert sind, denen symbolische Bedeutung beigelegt wird. In andern Lan- dern werden dergleichen Bildungen haufig, in Bohmen jedoch nur an diesem Kirchlein getroffen, weshalb sie besondere Wiirdigung verdienen. Da aber die Bilder aus ihrem einstigen Zusammenhang gerissen sind, lasst sich mit Ausnahme eines Lowen, welcher ein Buch in den Klauen lialt (eines der am hautigsten vorkommen- den christHchen Symbole) , nicht wohl eine sichere Deutung geben. Zwei der Gestalten haben Menschen- kopfe und Thierleiber, sie sind mit leichteni Schwung und sicherer Hand gezeichnet, was noch mehr von der dritten Bestie, einer Wciltin gilt. Das Relief ist hoch erhaben, der Lowe scheint sogar eine freisteheude Fig. 233, (Arnau. — 84 — Fig. -230 . (Skalic.) Figar gewesen zu seiii, die an jetziger Stelle in die IMauer liineinge- sclioben wurde. Diese Figuren ver- zierten einst das Portal, welches bei Anlage eines neneu Stiegenliauses vor etwa 100 Jaliren zerstort wurde, jenedagegen blie- ben glticklicherweise er- halten. Fig. 235 bis 238 geben davon genaue Ab- bildungen. Statuen am Kirclithurm in Katovie. Ob diese rolieu und abenteuerlicli ausselienden Bildwerke in der That hohes Alter besitzen oder etwa der Mitte des XV. Jahrhunderts angehoren, wird schwerlich mit Sicherheit entschieden werden kounen. Thurm und Ivirehe sind nieht organisch miteinander ver- bnnden, die iinregelmassige Kirehc ist in ihren altesten Theilen friih-gothisch , der an der Nordseite angefiigte Thnrm scheint zwar in seinem quadratischen Unter- theile alterthiimliche Formen einzuhalten, wurde aber bedeutend tiberandcrt und mit schweren, toseanisch sein soUenden Gesimsen umzogen. Die aussere Breite dieses Thurmes betragt 22 Fuss; er ist wegen Schad- haltigkeit an den Ecken mit klafterdicken Strebe- pfeilern unterstiitzt worden, war urspritnglieh glatt bis zur Hohe von 32 Fuss, wo drei Reihen von Nischen das Bauwerk auf alien Seiten umgeben. Je tunf Nischen, jede 3 Fuss breit, 6 Fuss hoch imd oben halbkreisformig gesehlossen, stehen in einer Reihe, so dass an jeder Thurmseite 15 Nischen angebracht sind: die mittelste Nische ist immer durclibrochen und bildet ein Fenster; die nebenstehenden sind 10 Zoll tief ein- geblendet und manchmal, jedoch nicht immer, durch zwischengestellte Saulen zu Bogenstellungen nach Art der gekuppelten Fenster verbunden. Von diesenNischen- reihen sind die obere und untere glatt belassen, in der niittlern (der Hohe nach) erblickt man Staudbilder von verschiedenen Personen des alten Testaments , welche Spruchbander tragen und durch Kronen oder sonstige Zugaben als Konige und Propheten bezeichnet sind. Die Arbeit scheint uns nach sorgfaltiger Priifung mehr roh als alt, dieselbe Bemerkung, welche Itber den Thurm schon angedeutet worden ist. Die seltsamen Miltzen, die Art des Faltenwurfes und die mitunter oftmals umgebogenen Spruchbander deuten an, dass die Statuen, welche mit alten Spielkartenbildevn viele Ahnlichkeit haben , in keinem Falle vor dem Schlusse des XIII. J ah r h un de r t s v e r f e r t i gt worden sind. luBohmen kommt ein auf diese Weise gestalteter Thurm nicht zum zweitenmal vor, im nahen Bayerii waren solche Nischen - stellungen um 1(300 an Kirclienthurmen sehr Fi-. '236. fSkalic.) bcliebt. Fig-. 237. fSkalic.) Ubrigens ist Kato- vie ein uralter Ort, welcher am Fusse eines gegen die Votava ko- nisch abfallendenBerges gelegen, den Pass von Kuschwarta (Barenloch) deckt. Auf der Spitze dieses Berges (Knezi- hora genannt) liegt eine der ausgedelmtesteu und zugleich besterhaltenen Wallburgen , welche aus Gneis- steinen errichtet in mehreren eiformigen Bogenlinien den Gipfel umzieht. Fig. 239, eine der Bogenstellungen mit zwei Statuen , deren Deutung uns jedoch nicht moglich wurde. Relief von St. Lazarus in Prag. Vor dem ehemaligen St. Martins-Thore der Prager Altstadt lag am Ende der heutigen Brentengasse ein Siechenhaus, domus leprosorum, mit einem St. Lazarus- Kirchlein, Avelches vor wenigen Jahren noch wohl- erhalten war, dann umgebaut wurde und jetzt als Schmiedewerkstatte client. Das Gebitude wurde unter Otakar 11. um 1270 errichtet, war ausserst einfach und nur das spitzbogige Portal zeigte Ubergangsformen mit umlaufendem Bogen-Ornament, wie u. a. der Eingang in die Schelkowitzer-Capelle enthiilt. Das Relief im Sturzfelde , das gegenwiirtig im bohmischeu Museum aufljewahrt wird, erscheint noch sehr alterthiimlich und halt an der romanischen Behandlungsweise fest. Dem Namen des Kirchleins entsprechend, ist die Erweckung des Lazarus dargestellt: Ghristus tritt an den Sarg heran und spricht das Erstehungswort, Avahrend der Verstorbene sich erhebt und die Hande zum Gebete faltet. Maria im Hintergruude gibt Freude und Er- staunen in ausdrucksvoUer Bewegung zu erkennen. Im Vergleich mit den bisher geschiiderten Sculpturen beurkundet diese Darstellung bedeutende Fortschritte, indem der Kunstler aus der byzantinisch beschaulichen Balm heraustritt und uns mitten in eine Handlung versetzt. Die Ausflihrung selbst, Zeichuung wie Model- lirung, erreichen kaum den von iibtissin Bertha etwa 130 Jahre friiher vollendeten Steinaltar, wenn auch einzelne Theile des Reliefs, z. B. die Hande, mit Geschick behandelt sind. Unterhalb des Lazarus-Bddes wird der Stein von einer schon gezeichneten roma- nischen Arabeske eingesaumt, allerlei Thiere, welche zwischen Laubwerken spielen. Der Obertheil der Platte ist beim Herausbreehen abgeschlagen worden, doch blieben die Figuren in der Hauptsache uubeschadigt. wie die beigeschaltete Abbildung Fig. 240 erkennen iasst. Fig. 238. (Skalic.) — 85 — Das Relief bestelit aus Mergelstein und war im unverstiimmelten Zustande 41/3' hoch, 41/2' breit, wobei die Figuren eine Hohe von 2 Fuss einhielten. Die Bilderwerke zu St. Jakob. Die an der St. Jakobs-Kirche bei Sedlec ange- bracliten Seulpturen zeigen ungleich geringeres Kmistgefubl, aber grossere Schidmassigkeit, als die obigen Steiubilder. Alle die sclion friiher anfge- zalilten plastischen Arbeiten sind an der Siidseite der Kirclie eingefugt und es scbeint niclit , dass auch die andern Seiten alsogesclimiickt waren. Die rnnden Figuren sind gliicklicher behandelt als das Relief im Thiirsturz , welches zuerst betrachtet sein soli. Cbristus als Verklinder des Evangeliiims ist als Brustbild, auf Wolken ruhend dargestellt. Das Gesicht ist bartlos, den einstvergoldete Nimbus in der Steinarbeit schwacb angedeutet , die Figuren aber sebr weit (haut-relief) vortretend. Die linke Hand ruht auf dem Evangelienbuche, der reclite Arm ist, wie zur Bekraftigung des Wortes ausgestreckt. Zur Reehten und Linken Engel mit Palmzweigen und Rauchfassern. Bei aller technisehen Unbeholfenheit erscheint das Christusbild in wiirdevoller Stellung und dem Engel rcchts ist einige Anmuth nicht abzusprechen, wogegen der andere plump in der Ecke kauert. (Fig. 241.) Oberhalb des Einganges ist die Votiv-Gruppe in einem Bogenfelde angebracht als Mittelpunkt der ganzen Anordnung. Man sieht bier den Erloser als ganze lebens- grosse Statue auf einerErboliungstehend, nebenan knieen zwei Jlinglinge in ritterlicher Tracht, die Sohne der ge- naunten Kirchenstifterin Maria. (Es woUe hier wie bei den mit Mauerwerken verbundencn Seulpturen der be- treffende Arehitectur-Abschnitt uachgesehen werden.) In diesem Bilde erscheint Christus mit vollem Barte, eben- falls das Evangelium haltend, aber weniger belebt als im Relief. Die Figur ist steif, die Falten geradlinig ohne Andeutung des Korperbaues, doch sind Zeichnung und Ausfiihrung im Vergleiche mit jenem viel gediegener. Die Gestalten der Jlinglinge haben, well sie in kleinerem Massstabe durchgeflihrt sind und ganz frei vortreten, mehr als die grosse Statue von der Witterung gelitten : dessen ungeachtet bemerkt man , dass sie der Natur nachgebildet sind, dass der Verfertiger bereits vieles ausgefiihrt haben mag und sich eine ziemliche Sicherheit angeeignet hatte. (Fig. 242.) Rechts von dieser Gruppe war in dem gegenwartig leeren Felde em Madonnen - Bild aufgestellt, das in nicht bekannter Zeit herabgestiirzt ist und jetzt mit ab- g^eschlagenem Kopf in einer Ecke lehnt. Auch von dem Kinde haben sich nur wenige Spuren erhalten, die untere Halfte der Figur zeigt in Gewandung und Andeutung der Korperverhaltnisse eine fiir das XII. Jahrhundert seltene Weichheit und Durchbildung. Diesem leider sehr verstiimmelten Bildwerke reiht sich zunachst die Statue des heil. Jakob an, deren Armbewegung und Faltenwurf manches anerkennenswerthe besitzen. Dieselbe so wie die Figuren der beiden Landespatrone St. Wenzel und Prokop, die vielleicht, ja ohne Zweifel von anderer Hand gefertigt sind, stehen den geschilderten in jeder Hinsicht weit nach. Sie sind derb gezeichnet und hochst rob ausgefiihrt. Fig-. 289. (Katowic.) Die bildnerische Thatigkeit im allgemeinen. Treu deui in der Einleitung ausgesprochenen Vor- haben, in diesem Werke nur Denkmale monumentaler Art, deren Herstellung in Bohmen vollkomnien sicher- gestellt ist , aufzunehmen , wurde diese Rundschau mit Beschreibung der St. Jakober - Statuen abgeschlossen. Andere wicbtige , hieher zu rechnende plastische Arbeiten diirften nur wenige aufgefunden werden. Dass mit Zerstprung beinahe aller Kloster unendlich vie! Schones und auch wertbvoUe Bildhauerwerke verloren gegangen sind , steht iiber allem Zweifel ; denn die kunstgeiibten Cistercienser von Plass und Sedlec haben , da sie entfernte Kirchen mit ihreu Gebilden ausstatteteu , gcAviss in den eigenen Klostern vieles geschatfen, was nicht auf uns gekommeu ist. Dass aber die Sculptur im Verhaltniss zu dem grossen und reichen Lande in alter Zeit nur spiirlich geiibt wurde, ergibt sich aus dem ganzen Sachverhalte. So haben sich zahlreiche romanisclie Kirchen in alien ihren Theilen erhalten , ohne auch nur die leiseste Andeutung eines plastischen Versuches zu besitzen. Auch der Umstand, dass die alteste Sculptur, der Steinaltar in der Georgs-Kirche , iiberwiegend das vollendetste Gebilde ist, dass schon die etwas jiingeren Werke zu St. Jakob einige Riickschritte erkennen lassen, deutet eine beschritnkte V erbreitung dieses Faches an. Manehmal zeigt sich, Avie im Relief von St. Lazarus, ein schoner Anlauf, der jedoch vereinzelt bleil)t. Die beiden Bildhauernamen, welche die Geschichte iiberliefert hat, sind Bozetech und Re gin hard, Abte zu Sazava. Wenn auch Reginhard in jener Zeit wirkte, als die Kirchen der nachbarlichen Orte Skalic und Hrusic aufgefiihrt wurden , lasst sich sein Name schwer mit den dortigen Seulpturen in Verbindung bringen, obgleieh sein Einfluss nicht bezweifelt werden kann. Von der Abtissin Bertha hingegen ist mit vieler Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie selbst Ver- Fig. 240. (Prag.) fertigerin des gescliilderten Steiu-Altares Avar. Der sorg- same Fleiss, welcher sicli in alien Tlieilen ausspriclit, eine gewisse durcliziehende Angstliclikeit und vor alien Dingen die ausserordeutlicbe Genanigkeit der Nonnen- kleidnngen verratlien eine weibliclie Hand. Weder der erfindungsreiche Hajek noch irgend ein Chrouist nennt anderweitige Bildhauer. M a 1 e r e i. Die Wandmalerei, als wiclitigste Gattung der zeieli- nenden Kiinste, wurde urkundlich in einigeu deutschen Stiften iind Klostern , wie Bamberg, Benedictbeuren, Emmeran, Fnlda, Hildesbeim, Tegernsee n. a., schon im XI. Jahrbiindert mit Eifer betrieben und liatte sich im Verlanfe des folgenden Jabrbunderts liber ganz Deutseb- land ausgebreitet. Werke ans der ersteu Periode seliei- nen nicht auf uns gekommen zn sein; dagegen baben sicb aus der zweiten viele Gemalde, wenn aucb in sehr verblasstem nnd bescbadigtem Zustaude erbalten. Die .St. Patroklus-Kircbe in Soest, die Pfarrkirebe zu Mede- bacb, St. Gereonin Koln, die Doppel-Capellein Scbwarz- Rbeindorf bei Bonn, waren in alien Eamnen der Innen- seiten mit Schildereien ausgestattet ; selbst kleineren Landkircben, wie der zum Stifte Mescbede geborenden Pfarre Hellefeld, erbaut bald nacb 1100, mangelte niclit der farbige Scbmiick. Zablreicb^e>;n diesen Gebiiuden vorkommende, mehr oder minder conservirteEeste lassen sowobl liber dieTecbnik jener Zcit, wie ilber 8tylricbtung und Anordniiiig ein sicbercs Urtbeil begriinden. Die Bcbandlung lebnt sicb, nacbdem einige aus der antiken Kunst beriibergeleitete robe Nacbklange abge- streift sind, zuerst an byzantiniscbe Vorbilder an : allein dieser Weg wird scbon friibzeitig verlassen, indem eine lebensYollere, oft Uberascbend gliicklicbe Eichtung ange- babnt wird. Die Wandmalereien im Nonnbergstiite zu Salzburg einerseits und die in Schwarz-Ebeindorf zum Vorscbein gekommenen Bilder anderseits gewabren be- sonders wichtige Aufschliisse liber die Kunstentwicklung und Foi-tscbritte des XII. Jabrbunderts. Die Bewegung derFiguren, anfanglieb befangen und steif, wird all- malig freier, die Detailform ricbtiger und anmutbvoller. Die Bilder wurden mit schwarzen, nacb Bedarf 1 bis 3 Linien breiten Stricben vorgezeichnet und dann einfacb mit Farbentinten ausgeflillt : eine Grundirung der Malflache fand zwar gewobnlicb , jedocb nicht immer statt und es kommt vor, dass bei grossen Stein- stucken die Farben unmittelbar auf die Steine gesetzt wurden. Eine systematiscb durcbgefilbrte Anordnung mit fortlaufend gescbicbtlicber Eeibenfolge war unbekannt, die Bildwerke grosserer Kircben steben obne gegensei- tige Beziebung nebeneinander und nur yi den Apsiden- Eundungen zeigen sicb einbeitlicbe Darstellungen. Das bald von der Mandorla umscblossene, bald freistebende Cbristusbild , unterbalb die zwolf in gerader Fronte gezeicbneten Apostel, erscbeint als die bautigste aller Apsiden-Ausstattungen. Ein zweiter von Kiinstlern gern bebandelter Stoft' ist die Kronung Maria. In dieser letztern Darstellung spricht sicb vor allem andern zuerst eine Handlung aus, wiibrend im allgemeinen die ver- scliiedenstcn Heiligcn als einzelne Figuren in den sicb ergebenden Arcbitekturfeldern eingepasst sind. Von die- ser Eegel macben nur die Schildereien zu_ Schwarz- Eheindorf eine riibmliehe Ausnabme: sie zeigen einen gescblossenen Bilderkreis , der sicb zwischen der Ver- klarung und Kreuzigung Christi bewegt. Den meisten Wandmalereien des XII. Jalirhnnderts ist eine gewisse Weichlieit eigen, welche urn so beach- tenswerther ersolieiiit, als die mit schwarzen Contouren vorgezeichneten und leicht colorirten Bilder zu scharfen Faltenbrechungen und sonstigen Harten mehr als hin- reichenden Anlass boten. Einen ahnlichen Bildungsgang hielt die monumen- tale Malerei auch in Bohmen ein, obgleich die Ent- wicklung in etwas spaterer Zeit stattfand. Dem XII. Jahr- hundert lassen sich nur wenige in der Sanct Georgs- Kirche befindliche Eeste zuselireiben , grossere Vevbrei- tung nnd Dnrchbildung erfolgte erst unter der Regie- rung Otakar II., durch enge Anlelmung an deutsche Cultur. Die meisten bisher bekannt gewordenen Ge- malde wurden bei Gelegenheit von Restaiirirungen durch Eutferuung der Kalktiinche zufallig entdeckt; es ist daher Hoffnung vorhandeu, dass noch mehrere zu Tage gefordert werden. Was uber Wahl der Stoffe, Zeichnung und Ausfiiliruug oben gesagt wurde , gilt auch in Bezug auf Bohmen; hier treten jedoch in Folge der spatern Entwickluug zu gleicher Zeit mehrere sehr beliebte Darstellnngeu zu den aufgezahUen. 80 findet sich die Darstellung des Fegefeuers und Weh- gerichtes mehrmals ; St. Christoph in moglichst riesiger Grosse fehlt nicht, und vor alien neu-testamentarischen Stoffen werden die heiligen drei Kouige mit Vorliebe behandelt. Eine allgemeine Verbreituug der Wandmalerei fand erst durch die von Kaiser Karl IV. ins Leben gerufene Kunstschule in der zweiten Halfte des XI\'. Jahrhunderts statt, urn welche Zeit beinahe alle, sowohl die bestehen- den alteren wie die neu erbauten Kirchen , und auch mehrere Schlosser ausgeschmuckt wurden. Da in vielen Fallen die in einzelnen Gebauden vorkommenden Male- reien verschiedenen Epochen angehoren, scheint es noth- Avendig, wenn wir dabei auch etwas vorgreifen miissen, eine kurze Ubersicht jener Baudenkmale vorauszusen- den, welche Wandgemalde besitzen. Aufzahluug der mit Wandgemalden verse- henen Bauwerke: 1. Schloss Blatna mit quadratischer Thurm-Ca- pelle, welche in alien Theilen, an Gewolben, flachen Wanden und Fensternischen mit Bildern ausgestattet ist. Das Ganze bestens erhalten, die Gemalde aus dem XV. Jahrhundert. 2. Budweis, Dominicaner-Kirche. Einzelne sehr beschadigte Bilder an den Wanden und Pfeilern wurden bei einer jilngsten Restauration aufgedeckt, verblassten an der Luft ganzhch und wurden dann iibertlincht ; die Malereien romanisch, aus dem Schlusse des XIII. Jahr- hunderts. 3. C h r u d i m. In der Decanal - Kirche wurden Spuren von GemMlden aus dem XV. Jahrhundert auf- gedeckt und wieder itbertiincht. 4. Eger. In der St. Nicolaus-Kirche kam wahrend der 1862—1864 durchgefiihrten Renovirung ein Cyclus von Wandgemalden aus dem XV. Jahrhundert zum Vor- schein. Mussten wegen Schadhaftigkeit ubertiincht werden. 5. Hohenfurt. Chor ehemals ganz ausgemalt. An der Stelle der beiden alteu Hauptbilder zwei neue, 6. Karlstein. Marienkirche voUkommen ausge- malt, davon einiges erhalten. Katharinen^ Capelle zum Theile ausgemalt und gut erhalten. Kreuz-Capelle in den- Fensternischen Wandbilder, davon einige in leidlichem Zustand. AUes aus der 3Iitte des XTV. Jahrhunderts. 7. Kej. In der Pfarrkirche ein mit schwarzen Umrissen gezeichnetes Weltgericht. Ende des XIII. Jahr- hunderts. Wieder libertUncht, ~ — 88 — Fig. 242. 8. Klin geiib erg-. Seliloss-Ruiiie mit Capelle und Bogengaiigen. Viele Malereien aus clem XIII. — XIV. mid XV. Jalivlmndert. Manclies wohlerlialteu. 9. K 0 1 i 11. 8puren eiiizelner Bilder aus dem Scliliisse des XIV. Jalirliiuiderts , wieder ubertlinclit. 10. Libis. Gauz ansgenialte Kirche aus dem Schlusse des XIV. Jahrluiuderts und wold erhalteii. 11. Neuliaus. Im Sclilosse grosser Cyclns von Gemaldeu aus der St. Wenzels-Legende, zwar vielfacli beschadigt, doch in der Hanptsaclie erhalten. Aiis der ersten Halfte des XIV. Jahrliunderts. 12. Nimburg. In der Decanal - Kirche viele ein- zehie Bilder, selir bescliiidigt und verblasst. Mussten ubertiincht werden. Ans dem XIV. Jahrhimdert. 13. Pisek in der Burg. Grosser Rittersaal, Male- reien aus dem XIV. und XV. Jahrhundert, einigermassen erhalten. Zwei Gemacher mit herrlichen Malereien aus dem XIV. Jahrhundert, seit 1860 abgebrochen. Schloss- Capelle mit Figuren aus dem XIII. Jahrhundert, in einen Stall umgewandelt. 14. Prachatic. An der Aussenseite der Decanal- Kirche zwei Wandbilder aus dem XV. Jahrhundert. Grosstentheils erhalten. 15 — 21. Prag. In der St. Georgs-Kirche Bilder aus dem XIII. und XIV. Jahrhundert einigermassen erhalten. Die Kreuz- Capelle, Rundbau , ganz ausgemalt, jetzt nur noch cin einziges Bild aus dem XIV. Jahrhundert vorhanden. Longinus- Capelle (Rundbau) Spuren alter Bilder. St. Agnes-Kloster ganz ausgemalt, aber gross- tentheils zcrstort. Kloster Emaus, grossartige Reihen- folge von Darstellungen aus dem alten und ueuen Testament, gemalt zwischen 1348 bis 1360. Die St. Wenzels-Capelle im Dome ganz aus- gemalt, die Bilder spaterhin liber- pinselt, theilweise jedoch verschont und ziemlich erhalten. Gemalt zwischen 1356 bis 1370. Karls- hofer-Kirche , Spuren alter Deco- rations-Malereien aus dem XIV. Jahrhundert. 22. Riesenburg. Schloss- ruine, Spuren von Wandgemalden im Saalbau , aus dem XV. Jahr- hundert. 23. Rothschloss oder Kra- kovec , Burgruine mit Capelle- Cyclus von Bildern aus dem neuen Testament, aus dem XV. Jahrhun- dert. Nur in einzelnen Fragmenten vorhanden. 24. R u d i g. In der St. Jakobs- Kirche Reste eines Gemaldes, das Fegfeuer vorstellend. Kaum kennt- lich. Aus dem XIII. Jahrhundert. - 25. S el can. In der Deca- nal-Kirche mehrere Figuren aus dem letzten Viertel des XIII. Jahrhunderts. Mussten iibertlluelit werden. 26. Strakonic. Ganz ausge^ malter Kreuzgang mit Bildern aus dem ueuen Testament. Arbeiten aus dem XIV. Jahrhundert. Nur einige der in Eger befindlichen Bilder sind unmittelbar auf den Stein (Granit) gemalt, bei alien andern ist eine weisse, sorgfaltig iiberschliffene Grun- dirung vorhanden, welche mit dem Farbeuauftrag sich innig verbunden hat. Die Mittel, welche den Farben grosserer Haltbarkeit und Fliissigkeit wegen beige- setzt wurden, zeigen sich sehr verschieden, wie schon aus dem Umstand hervorgeht, dass die in Budweis und Nimburg nach Beseitigung derKalktunche zum Vorschein gekommenen Bilder, welche anfanglich wohl erhalten schienen, nach etwa zwei Tagen bis auf einige Flecken verblassten, wahrend andere nach erfolgter Blosslegung an Deutlichkeit gewannen. Von Farben kommen wenige vor und diese werden meist ungebrochen verwendet : heller und dunkler Oker, Eisenroth,einduuklesBraun,derkolnischenErdeahnlich, Veroneser-Griin und Schwarz. Zu diesen tritt fruhzeitig ein belles mineralisches Grun, dessen Bereitungsart unbekannt ist. Blau kommt von alien Farben am sel- tensten und spiitcsten vor. Die Wandbilder der St. Georgs-Kirche. Nicht allein das Kirchenhaus, sondern anch die angebauten Capellen waren im Innern ganz mit liisto- rischen Sohildereien iiberdeckt; von diesen Gemalden wurden viele bei cinem im Jahre 1620 in die Westseite des Schiffes eingehauten Nuniien-Chor zerstort, worauf die Kirche wiederholt ausgeweisst wurde und die Malereien in Vergessenheit geriethen. Das Kloster — 89 — wurde aufgehoben, die Kirche gesperrt, vernachlassigt und ist nur wah- rend einiger Festtage jahrlich geoif- net, weil zu dem darin befindlichen Grabmal der heil. Ludmilla viele An- dachtige wallfabren. Dieses Grabmal befindet sicb in der erwahnten, neben dem Presbyterium angebauten Lud- milla-Capelle , welcbe der haufigen Besuche wegen in gutem baulicben Zustand erhalten wurde. Hier gescbah es in neuerer Zeit, dass sich StUcke von der Tiincbe ablQsten und ver- blasste Bilder zum Vorschein kamen; worauf die Tiincbe entfernt und die Gemalde mit Olfarben restaurirt wurden K Im weitern Verlaufe wurden auch im Presbyterium und der Haupt-Apside, zuletzt in der siidlichen Tliurm-Capelle Malereien entdeckt,von denen die an letzterm Orte befindlicben am besten erbalten sind imd zuerst betrachtet werden soUen. Es ziebt sich kein einbeitlicher Gedanke durch die Anordnung, auch sind diese der Thurm-Capelle angeho- renden Bilder weder gleichzeitig noch halten sie eine bestimmte Manier ein. Man sieht sogar dieselben Figu- ren in ofteren Wiederholungen, hie und da sind mehrere Gemalde ubereinandergemalt oder es greifen die Um- risse eines neueren Bildes in das altere hiniiber. Die altesten Gebilde finden sich in der Apside und der siidlichen Wand, etwas jlinger und bedeutend besser gezeichnet scheinen die an der West- und Nordwand angebrachten Schildereien ; die in den Gewolben befind- lichen entstammen dem Zeitalter Karls IV. In der Apside erblickt man oberhalb, etwas in die Rundung der Nische hereingeriickt, das sehr bescha- digte Salvator-Bild auf dem Regenbogen thronend, unter- halb die Apostel , denen die Namen beigeschrieben sind. Genau dieselben Apostel-Bilder gewahrt man an der Slidwand zum zweitenmal. Diese Figuren sind als Kniestiicke gehalten, alle stehen in gerader Froute mit starken aber unsichern schwarzen Linien gezeichnet. Die Formengebung ist byzantinisch , die Einzelheiten aber sehr roh, denn es sind z. B. die Augen nur als schwarze Kreise mit einem Punkt in der Mitte ange- geben, die mit iibermassig langen Fingern versehenen Hande zeigen weder Bewegung noch Gliederung, und die Falten der Gewander werden durch senkrechte Striche angedeutet. Dass dieselben Figuren zweimal vorkommen, darf nicht befremden, der Maler konnte nicht liber viele StotFe verfiigen und war zunachst bemiiht, alle Flachen zu iiberdecken. Die Entstehung dieser Bilder darf in den Anfang des XIII. Jahrhunderts verlegt werden: ein hoheres Alter anzunehmen, ist wegen des baulichen Zustandes nicht wohl thunlich, da die Capelle um 1200 einige Anderungen erhtten hat. Etwas jlinger und zugleich belebter erscheinen die Gemalde der Westwand, wo neben allerlei bunt durch- ' In Bezug auf derartige Restaurationen wird die Bemerkung nicht iiber- flUssig sein, dass Olfarbe sich am wenigsten fiir solche Zweske eignet. Die dichte harzige Kniste, welche das trockneude 01 bildet, hindert die noth- wendige Ausdiinstung der JIauern und schliesst die Feuchtigkeit ein : bei schnellen Temperaturwechseln entstehen dann Risse, die neue Farbe schalt sich ab und reisst auch die altera Theile mit sich fort. Nur 'SVasserfarbe, mit einem Tegetabilischen Bindemittel angemacht , ist in solchen Fallen zu empfehlen. Fig. 243. (Prag.) . . . " einander gewiirfelten Gegenstanden auch ein geschicht- licher Vorgang, „die Einfiihrung des Christenthums in Bohmen", dargestellt ist. Dieses Bild ist mit dem schon besprochenen Relief zu Hrusic verwandt, nur reicher ausgestattet. Wandernde Monche , Kreuz und Evan- gelium tragend, nahen sich einem Fiirsten, welcher die Krone auf dem Haupt auf dem Throne sitzt und die Au- kcimmlinge durch Handwinken freundlich zu empfangen scheint. Daneben wird allerlei Volk sichtbar; Krieger, Frauen und Arbeitsleute , zwischen diesen ein etwas grosserer S. Sebastian und ein sehr grosser Christo- phorus. Die geschichtliche Darstellung zieht sich in einem horizontalen Streifen hin, die dort angebrachten Figuren sind 15 bis 20 Zoll hoch, einzelne Heilige aber halten 4'/, bis 7 Fuss Hohe ein. Die sammtlichen Gemalde stehen auf dunkel- braunem Grunde ; weisse Streifen, auf welchen die Namen der Heiligen mit Majuskeln angeschrieben sind, trennen hie und da die Bilder, ohne jedoch eine regel- massige Feldereintheilung zu beabsichtigen. Ausstat- tungen mit Gold und eingeflochtenen Ornamenten kommen nicht vor. Das Gewolbe der Capelle, ein Kreuzgewcilb mit einfachen Graten, zcigt eine facherartige Zusammen- stellung von Heiligen-Figuren, deren Kopfe gegen den Mittelpunkt der Wolbung gerichtet sind und wobei auf die Grate keine Riicksicht genommen wurde, als ware das Bild auf eine glatte Kuppel gemalt. Hier ist die Technik sehr entwickelt, auch machen sich italienische Einwirkungen geltend , ganz in der Art wie in den Gemalden des Emauser-Kreuzganges, welche Karl IV. im Jahre 1348 hat herstellen lassen. Das Kuppelbild schreibt sich demnach aus der Mitte des XIV. Jahr- hunderts. Dieselbe Altersverschiedenheit triflft man wieder in den Bildern des Presbyteriums, wo in der Altar- nische oberhalb des Kampfergesimses der thronende Christus zwischen Maria und Johannes angebracht ist. Die untere Partie des Bildes ist durch Vergi-osserung der Fenster zerstcirt worden, wahrscheinlich befand sich in der Apsiden-Rundung eine Darstellung des Welt- gerichtes, von welchem nur unbedeutende Reste erhal- ten blieben. Im quadratischen Presbjierium gewahrt man ein architektonisches gemaltes Geriiste, in welches die Bilder eingerahmt waren, doch hat diese Partie grosse Beschadigungen erlitten und sind nur Spureu von 13 eiuzelueu Fiyureu uml Uecorations-Tlieilen zu selien. Die Altersbestimmung der in diesen Eilumeu befiud- liclien Malerwerke ^^-ird durch die Baugescliiclite sehv erleichtert : die Bilder im Altarraiuue gelioren dem Be- ffinue, die im Presb}i:erium dem Schlusse des XIII. Jalir- lumderts an. Anlfallend verscliieden von diesen Gebilden zeigen sicli die inderLudmilla-C'apelle vorlcommendenGemalde, einzelne lebensgrosse Fignreu mit Spruclibilndern aus- o-estattet. Obwohl, wie sclion erzalilt, diese Bilder in neuester Zeit libermalt worden sind, sclieint der Maler docli die alten Contouven eingehalten zu liaben, nacli welclien zu urtlieileu diese Werke erst in der zweiten Halfte des XV. Jahrhnnderts ausgefuhrt wurden. Fig. 243Apostelgestalten(altesterPeriode),Fig. 244 aus dem Bilde, vorstellend die Eiufiiln-nng des Cliristen- tlninis in Bohmen (z^veiter Periode). Wandbilder in der Dominicaner- Kirclie zu Budweis. Die von Otakar II. im Jalire 1265 gegriindete und raseli erbaute Maria -Geburt- Kirclie zu Budweis war mit einzelnen, unregelmassig da und dort angebrachten Gemaldeu ausgesclimuckt , welche nacli vieljiihriger Verborgenlieit im Jabre 1864 wiibreud eines Restaura- Tionsbaues aufgedeckt wurden. Ein giinstiges Gescliick wollte , dass der Verfasser gerade zu jener Zeit sicb in Budweis aufhielt und Durchzeiclmungcn veranstal- ten kounte. Die Bilder beweg-ten sich in streng ruma- nischen Formen, die Kircbe abcr ist in einfach edler Friih-Gothik gehalten. Kaum aufgedeckt, verblassten die anianglifli iil)crrascbend deutlichen Malereien in kurzer Zeit Ins auf einige Flecken, welche wieder iibertiincht werden mussten. Das bestcrhaltene der Bilder, Christus der dem ungliiubigen Thomas die Wundenmale zeigt, befindet sicli noch an der siidlichenKircheumauer in derHohe von 6 Fuss liber dem Boden. Die Figuren halten Lebens- grosse ein, Kniestiicke, Christus in der Mitte, rechts Petrus und links Thomas. Das Gauze war mit einem 7 ZoU breiten gemalten Rahmen von griiner Farbe umzogen , auf welchem schon gezeichnete Laub-Orna- mente angebracht waren. Auf diesem Bilde (in Fig. 245, wiedergegeben) erscheint Christus bartlos als schniach- tiger, etwa sechzehnjahriger Jiingling ; die Bewegung, niit welcher er die Hand des zagenden Apostels nach der Brustwunde leitet, ist nicht ohne Geflihl wie auch die Stelluug des Thomas gut charakterisirt erscheint. Petrus, durch Buck und Schllissel kenntlich gemacht, steht als ruhiger Zuschauer nebenan. Die Contouren sind mit breiten schwarzen Linien vorgezeichnet, bei vor- waltender Unsicherheit der Teehnik schimmert doch einige Schulmassigkeit hindurch und macht glaublich, dass hier ein ]iIiniatur-:Maler thiitig war. Das Bild sammt Rahmen war 5 Fuss hoch und 6f/o Fuss breit. Das schone Pflanzen-Ornament des Rahmens , grlin in griin gemalt, dient als Beleg, dass die Malereien bald nacli Erbauung der Kirche ausgetiihrt wurden. Der Hinter- ii'rund, auf welchem die Figuren sich befanden, war rothliches Braun von warmer Farbe , Christus hatte lichtgelbe Haare und ein weisses Kleid, Thomas einen griinen, Petrus einen graueu , roth ausgeschlagenen Mantel. Die iibrigen aufgefundenen Darstellungen, als mehrere Madonnen-Bilder , die Kreuzigung und Maria Verkiindigung, waren so beschadigt, dass weder Durch- zeichnuugaMi 'noch Photographieu geuommen werden konnten. Malereien in Selcan. Gleichzeitig mit den Renoviruugen in Budweis wurde an der Pfarrkirche in Selcan ein Erwei- terungsbau vorgeuommen, in dessen Verlaufe ebeufalls — 91 — Fig. 245. (Budweis.j Wandgemalde nacli Beseitiguug der alten Kalktiniche entdeckt wurden. Nur ein eiiiziges Bild an der Nord- waiid, den heiligeu Michael darstellend, war leidlich erhalten und konnte aufgenommen werden. Die Fignren waren ohne Einralinumg oder architektonisclie Begran- zung anf den Mauergrund gemalt und zeigten manche Ahnliclikeit mit den Budweiser Gebilden, wie denn aiieli die Kirchengebfiude selbst der gleiclien Zeit angehoren. Die etwas liber 7 Fuss liolie Gestalt des Erzengels bot einen naiv grossartigen Anblick, indem die Bewe- gungslosigkeit der Figur mit dem kriiltig geschwun- genen Drachen seltsam contrastirte. Bemerkenswertli erscbien, dass das gelbe Oberkleid mit schonem Blau ausgeschlagen war. Die Abbildung, Fig. 246, ist beigeschaltet. Bilder in Klingenberg und Rudig. Einen weitern Beleg, dass die romanische Behand- lungsweise in der Malerei viel langer fortlebte als in der Baukunst, bieten die Gemalde in Klingenberg. Das in Ruinen liegende Sehloss Klingenberg (Zvikov) gehorte zu den scbonsten Landesburgen und enthalt nock immer herrliche architektonische Uberreste friih- gothischen Styles. Der Schlossbof ist in seinen zwei Gescbossen mit offenen Gangen umzogen, der quadra- tische Haupttburm steht in unmittelbarer Verbindung mit dem Burggebaude und eine geraumige Capelle lehnt sich an den Tliurm an. Sowohl die Gange wie die Ca- pelle enthalten Scliildereien , die aber den verschie- densten Zeiten angehijren und von denen bier nur die altesten in der Capelle befindlicben in Betracht gezogen werden. Neben einzelnen, im Chorschlusse angebrachten Heiligen-Figuren ist es vor alien eine Darstellung des Fegefeuers, welcbe den Blick fesselt. Das uber 10 Fuss hohe und 7 Fuss breite Bild gleicht einem abgebrannten Jungwalde, dessen Stamme und Aste aufs mannigfaltigste verbogen und verflochten sind. Auf solcbe Weise ist die ganze Bildflache mit gelben Streifen durchzogen, welche sich von dem untersten Ende bis zum ober- sten in wellenformigen Linien er- strecken, manchmal durchschneiden und mit schwarzen Linien eingefasst sind. Diese Streifen stellen Flammen dar , zwischen denselben werden bei nalierer Betrachtung menschliche Gestalten entdeckt, welche auf den Flammen sitzen oder klettern, wie Kinder auf einem Obstbaume. Die Figur en haben blassrothlichen An- stricli und stehen auf dem weiss belassenen Mauerputz , ohne dass der Hintergrund mit Farbe ausge- flillt ware : obwohl die gegen 4 Fuss hohen Gestalten nackt sind, linden sich weder die Geschlechter noch ana- tomische Verhaltnisse angedeutet. Genau in derselben Weise ist das viel kleinere Bild in der sehon beschriebenen romanischen St. Ja- kobs-Kirche in Rudig behandelt; ebenfalls eine Darstellung des Fege- feuers, von welchem jedoch nur Frag- mente ubrig geblieben sind. Das Weltgericht in Keege (Kej). Dieses Gebilde weiclit insofern von den bisher beschriebenen ab, als es nur mit schwarzen, ziemlich Fig. 246. (Selcan.) 13* — 92 — festen Umrissen auf die Wand gezeiclinet war. Es waltet aueh niclit der Anschein ob, als hatte das Werk colorirt werden sollen, demi einzelne Theile der Gewan- der zeigteii sicli formlich abseliattirt , was bei keinem aiidern Gemiilde zu selien ist. (Dieses Bildwerk ist bakl nach der Auftinduug leider wicder iibertiincht worden.) Die Anordnniig entsprach iiiclit ganz der libliclien und bestand aus zwei Reihen iibereinander aiigcbracliter Fignrcii : oberbalb in der Mitte Christns als Wcltrichter auf dem Regenbogen sitzend, nebeu ihm zur Rechten nnd Linken die Apostel mit ihren Attributen, unterhalb die Anferstehenden. Der gewohnlicli vorkommende Engel, welclier die Gerecbten von den Verdammten scbeidet, wie auch der Teufelsrachen oder eine ahnliche Bezeich- nung der HOlle feblten. Die obern Fignren liielten etwa halbe Lebensgrijsse ein , die nntern waren viel kleiner. Dass das Biklwerk luimittelbar nacli Erbanung der Kircke (nm 1260) gefertigt wurde, ergab sich aus dem Umstande, dass die Farbe in den ursprunglichcn Mauer- putz sich Mueingesaugt hatte. In spiiterer Zeit ist die Kirche nie wieder iiberputzt, sondern uur ausgeweisst worden , was bei der jiingsten Restauration deutlich nachgewiesen worden ist >. Miiiiatiir-Malerei. Die cultnrgeschielitliche Bedeutung der Miniatur- Malerei und deren tiefen wie naehhaltigen Einfluss auf die mittekilterliche Kunstentwicklung eingehend zu besprechen, liegt ausserhalb der gezogenen Grenzen. Die tibung dieses Faches reicht bis in die erste Zeit des Christenthums hinauf, von alien diesseits der Alpen vorbandenen Kuustwerken kommt den Miniaturen das hochste Alter zu. Uber religiose Anschauung, gesammtes Volksleben, Trachtenkuude u. s. w. gewahren die ver- scbiedenen mit Miniatur-Bildern versehenen Handschrif- ten die umfassendsten Aufschliisse , wie sich auch der des Mittelalters hier am treuesten spiegelt. In rein kiinstleriseher Hinsicht erscheint die Minia- tur-Malerei, ehemals Illuminir-Kunst genannt , oft als Vorlauferin des aufbliihenden Kunstlebens und gewinnt hohe Vollendung; hie und da bleibt sie auch auf der ersten Stufe stehen. Ein gewisser Dilettantismus, der mit dem Fache aufs engste verwachsen ist, erlaubte der individuellen Anschauung den freiesten 8pielraum ; daher gutes und schlechtes, die feinste Erapfindung und Mangel an alter Durchbildung hautig unmittelbar nebeneinander. Diesem Umstande ist es auch zuzu- schreiben, dass die Illuminir-Kunst in manchen Landern rait dem spatern Kunstverlauf in keinen Einklang gebracht werden kann. In Frankreich z. B., wo das Fach schon vor dem Jahre 1000 blUhte, trat in der Folge kein namhafter Kiinstler auf, wahrend die jiingere burgundische und niederdeutsche Miniatur-Malerei nicht allein die franz(3sische tiberfiiigelte, sondern den Grund zu einer hochst bedeutenden Kunstschulc legte. Ahn- liche Verhaltnisse gewahrt man in England und besonders in Irland , wahrend in Italien (wo freilich antike Traditionen fortlebten und viele aus der Heidenzeit herrtihrende Bildwerke vorhanden waren) die Illuminir-Kunst erst in einer ziemlich spaten Zeit hohere Ausbildung erreichte. ' Die Malereien in der runden K rcuz-Capelle zu Prag, welchc vielfach als romanisrhe Arbeiten genanni werden, haben zwai' alterthiimliches Ge- priige, sind jedoch uiigleich feiner durchgebildet als die vorbeschriebenen und gehb'ren unzweideutig dem Zeitalter Karls IV. an. Die Ursaclie dieser Erscheinungen ist unschwer zu findeu und liegt in der Stellung des Faches selbst: das Illuminiren war ein Thed der Schreibkunst und wurde anfanglich nur in Klostern betrieben. Ohne bildliche Erlauterungen Avar kein Evangelien- oder Messbuch denkbar ; BUcher waren Gegenstande von hochstem Werth und sehr gesuchte Handels-Artikel, daher fabrik- massiger Betrieb nicht ausbleiben kounte. Nachdem die Kloster Jahrhunderte hindurch im ausschliesslichen Besitz der Blicher-Fabrication gewesen und mittlerweile die Wissenschaften grossere Verbreitung gewonnen batten, wurde der Gewinn des Biichermachens von Laien taemerkt, welche nicht saumten sich auf dieses Fach zu verlegen. Auf diese Weise bildete sich in Con- currenz mit den Klijstern ein weltlicher Klinstlerstand, welcher naturgemass seine Wirksamkeit in die reichen Handelsstadte ubertrug. Beglinstigt durch den Reich- thum und die freien Institutionen der flandrischen Stadte, gehoben durch die Prachtliebe des burgundischen Hofes, entwickelte sich in den deutschen Niederlan- den ein grossartiger Aufschmmg der Miniatur-Malerei, welcher sich bald in die Rheinstadte und weiterhin gegen Osten verbreitete. Die Art , wie in den Illuminir-Werkstatten die Arbeiten ausgefilhrt wurden , kann man in manchem halbvollendeten Codex erkennen. Maler und Schreiber arbeiteten mit Schablonen und almlichen Hilfsmitteln ; die Blatter gingen von Hand zu Hand, wobei jeder Gehilfe ein besonderes Geschaft vollfiihrte. Nachdem der Meister die Umrisse vorgezeichnet, besorgte der erste von den Gehilfen die Vergoldungen, ein zweiter arbeitete nur mit blauer, ein drifter nur mit rother Farbe, bis das Blatt endlich wieder an den Meister gelangte, welcher die Gesichter beifligte und allenfall- sige Correcturen vornahm. Bohmische Miniaturen. Der Reichthum an Werken der Illuminir-Kunst in Bohmen granzt ans unglaubliche ; beinahe alle .Stadte und Bibliotheken, die Kloster und viele Kirchen besitzen Bilderhandschriften von hohem Werthe. Arbeiten aus den friihern Jahrhunderten sind im Ganzen selten ; das glanzende Zeitalter der bohmischen Miniatur-Malerei beginntmit dem XIV. Jahrhundert , dock wurden noch bis herein in die Reformations-Zeit viele treffliche Werke ausgefilhrt. Kein anderer Kunstzweig ist im Lande mit solcher Vorliebe cultivirt worden als das Illuminiren. Die St. Wenzels-Legende von Gumbold. Wann und auf welche Weise diese Lebens- beschreibung des bed. Wenzel ausserhalb des Landes an die Wolfenblittler Bibliothek gelangte, ist unbekannt; das auf Pergament geschriebene Werk fiihrt die Uber- schrift: „Hunc libellum Hemma venerabilis principissa pro reniedio anime sue in honorem beati Venzeslauvi martiris fieri jussit." Bischof Gumbold von Mantua hat die Legende auf Befehl einer Fiirstin Hemma (beider Andenken hat sich nur durch diese Uberschrift erhalten) verfasst ; die Schrift ist sehr deutlich und in kalligra- phischer Hinsicht ein wahres Meisterstiick. Die zahlreich eingeschalteten Miniatur-Bilder stehen auf Goldgrund und stellen es ausser alien Zweifel, dass der Illuminator mit den Sitten und Gebriiuchen Bohmens voUig vertraut war. — 93 — Fig. 247. Das Titelblatt, 6 Zoll hoch mid 5 Zoll breit, stellt den heiligen Wenzel dar; er halt die Siegesfahne in der Hand, daruber selnvebt Christns, weleber dem Martyrer eine glockenformige Krone aufsetzt. Zu den Fiissen des Heilig-en liegt die Urheberin des Buches, Prinzessin Hennna. Auf dem zwanzigsten Blatte der Handschrift 1)efindet sicli ein in zwei Felder abgetheiltes , hin- sichtHch der Charaktersehilderung merkwlirdiges Bild von 4% Zoll Breite und 3 Zoll Holie. Im ersten Felde sielit man den Heiligen, wie er im Begriffe stebt, seinen Briider Boleslav iind die mit ihm gekommenen Gaste zu bedienen. Wenzel tragt eine Scbiissel auf der Hand, ein Engel warnt ihn vor seinem Bruder. Das zweite Feld stellt einen decorirten Saal vor, wo Boleslav mit vier Kumpanen tafelt und den Brudermord verabredet. Die Versclnvornen geben sich unter dem Tisch die Hande, wahrend der berantretende Wenzel mit freund- licbem Grusse empfangen wird. Bei aller Sebwacbe der Zeicbnung sind die Geberden leicbt verstandlich und dabei die Physiognomien ecbt bolimiseb. Anch die Trachten zeigen nationales Geprage : Wenzel triigt einen kurzen Pelzrock, kreuzweis iiberbimdene Beinkleider, Sandalen, und ist voUbartig dargestellt, Boleslav und seine Genossen tragen spitze Scbnauzbarte und haben Mantel iiber die Pelzrocke geworfen. (Fig. 247.) Das folgende Blatt zeigt in einem Doppelbilde die Ermordung Wenzel's: recbts siebt man, wie Boleslav beim ersten Angritf von seinem Bruder niedergeworfen wird, links will Wenzel in die geoffnete Kirche ein- treten und wird von binten ber niedergestocben. Die fritbere Ansicbt, dieses Manuscript sei bereits urn 1006 gefertig-t worden, wird von Pertz, weleber in seinem Urkundenwerke einen vollstandigen Abdruck des Textes mittbeilt , griindlicb widerlegt. Dieser grosse Kenner hielt das vorhandene Bucb fur eine spatere Abscbrift des wabrscbeinlicb verloren gegangenen Ori- ginals. In den Miniatiiren zeigt sicb offenbar das Bemii- hen, die byzantinische Form abzustreifen und eine rea- listische Ricbtung anzubab- nen, Ursacben , welche den Kunstforscber bestimmen, der von Pertz ausgesproehenen Meinung beizutreten. Die Bilder sind mit Deckfarben gemalt , die Vergoldungen stark aufgetragen und die Bucbstaben mit eigentbiim- licbem Scbwung in Gold- scbrift gesebrieben. Vysebrader Codex. Dieses Bucb bestebt aus 108 Pergament - Blattern in Gross-Quart, ist durcbaus mit Capital-Bucbstaben gesebrie- ben und mit vielen Bildern gescbmiickt. Die Gemiilde sowobl wie die reicbverzier- ten Initialen tragen ein mebr altertlmmliches Geprage, als man in der St. Wenzelsle- gende gewabrt, aucb tritt das nordiscbe Element mit seinen pbantastiscben Bildungen auffallender bervor. Die Bilder sind grosstentbeils dem neuen Testament entnommen, als Yerkiindigung, Geburt Cbristi, Anbe- tung der Konige u. s. w. ; dann wird das Leiden Cbristi in mebreren Blattern erklart, denen Kreuzigung, Grab- legung, Auferstelmng, Himmelfabrt imd Ausgiessung des Geistes folgen. Das 68. Blatt, stellt in reicber Arabeske den beil. Wenzel als Landes-Patron dar , den Herzogsbut auf dem Haupt, eine Fabne in der linken Hand (Fig. 248) u Die sammtlicben Miniaturen, besonders die Initia- len und obiges Wenzelsbild, stimmen auffallend mit einem Zwiefalter Passionale in der Bibliothek zu Stuttgart, einem Denkmal aus der ersten Halfte des XII. Jabrbunderts, tiberein, und lassen dieselbe Ent- stebungszeit voraussetzen. Die Zeicbnung der Figuren ist im bocbsten Grade unbebolfen und mit scliwarzen Stricken unsicber vorgezogen, das Gold auf Mennig- oder Bolus-Grimd aufgetragen, und die Farben erscbei- nen bei vorwaltendem Licbtblaugrau durcbaus matt. Scbattirungen sind nur hie und da ange geben, daflir wurden weissbcbe Licbter mit strablenformigen Linien aufgesetzt. Als Sonderbeit ist anzufiibren, dass bei den zablreicben Vergoldungen und der mitunter vorkom- menden Goldscbrift kein ecbtes Gold, sondern bronze- artiges Metall (vielleicbt aucb stark mit Silber ver- setztes Gold) gebraucbt wurde , welcbes tiefscbwarz geworden ist. Die ersten Blatter , die Evangelisten und den Stammbaum Cbristi entbaltend, zeigen sebr altertblim- licbes Geprage und geboren wabrscbeinlicb einer andern Hand an, als die in den nacbfolgenden Blattern baufig angebracbten Initialen. Die Vermutbung, dass Herzog Sobeslav I. dieses Bucb dem Vysebrader Capitel mit vielen andern Ge- scbeuken im Jabre 1130 libergeben babe, scbeint sebr begriindet: wabrscbeinlicb wurde das Werk auf seinen » S. auch Mittheilungen der k. k. Cent. Comm. Jahrgang V. Der Vyse- brader Codex \on J. E. Wo eel, S. 10—21. — 94 — — 95 — Fig-. 249. Fig. 250. Fig. 251. Befehl im Interesse dieser Sclienkung gefertigt. Die Aiisfuhning geschali auf alle Fiille in Biihmen , wie sclion das erwalmte Bild des heil. Wenzel , dessen Aiiffassuiig genaiiest mit den alt-bohmisehen Miinzen und Stempeln iibereinstimmt, erkennen lasst. Wir haben liier verschiedene in den Eandleisten vorkommende Ornamente beigefligt, welche sammtlicb mehr dem XTI. als XI. Jahrliiindert eutsprechen und in eiuem der eingeflochtenen Bilder die Namen des Schreibers (Vacerad) imd des Illuminators (Miroslav), wie auch die beigefiigte Jabrzald der VoUendung erhalten. Das Buch ist in textlicher Hinsicbt kein Original, sondern eine Absehrift des auf Veranlassung Salomon's, Biscbofes von St. Gallon, zusammengestellteu Dictio- nariums, welches im X. Jabrhundert verfasst wurde und Fig. 252. , . jedenfalls die Zeitbestimmung dieses hoebinteressanteu Werkes, das sicb in der Prager Universitats-Bibliotbek betindet, erleiclitern. Fig. 249 — 255. Das Gl ossarium Mater Verborum i. Dieses Glossarium oder Dictionarium universale ist nicht allein bedeutend jiinger, als die vorbeschrie- benen Werke, sondern entlialt schon allerlei gotbische Ankliinge, zeigt aber dabei eine sehr vervollkommnete Teclinik. Das Buch wurde im Jahre 1819 von Joseph Fig. 253. ■ • - eine alphabetisch geordnete Erklarung lateinisclier, griechisclier und hebraischer Worter enthitlt. Das Unter- nehmen scheint gleicli anfangs grossen Beifall gefunden zu haben, es wurden viele Abschriften geniacht, deutsche Glossen beigefligt, bis endlich das Verlangen, dieses niitzliche Buch auch in Bohmen bekannt zu machen, zwei Monclie veraulasste , eine Absehrift zu nehmen und mit bolimischen Glossen auszustatten. Die einge- schalteten Miniatur-Bilder dienen als Decorationen der verschiedenen Buchstaben, welche je die alphabetischen Fig. 254. Graf Kolovrat-Krakovsky dem bohmischen Museum geschcnkt und soil aus einem aufgehobenen Kloster (unbekannt welchem) herrlihren : es enthalt 242 Perga- ment-Blatter von beinahe 19 Zoll Hfihe und 13 Zoll Breite. Nachrichten oder nur einigermassen glaubwiir- dige Vermuthungen , wo das Work gefertigt und aufbe- wahrt wordeu , sind nicht gegeben ; dagegen haben sicli ' Fig. 255. . , - Abschnitte einleiten. So nimmt der Buchstabe A in reicher Arabeske eine ganze Blattseite ein, indem am untern Rande nur die ferneren drei Buchstaben BBA beigefligt sind, lun das erste Wort im Alphabet Abba (pater , Vater) erscheinen zu lassen. Eine Erklarung dieser prachtvollen, auf Goldgruud gemalteu und mit vielen Figuren ausgestatteten Arabeske , in welcher Fig. 259. man den Sieg des Christentlnmis liber das Heidentlmm erkennen will, wUrde von luiserm Zweck abfitliren: audi besitzen andere Bilder einen grossern Knnstwevtli. so z. B. der Buchstabe P, in dessen Euudmig em lieb- liclies Madonna-Bild eingetragen ist. Unterlialb der >[a- donua knien anf dem Goldrande zwei Monche mitSprucli- bandern. Auf dem Spruehbande des in der Ecke knie- Fig. 262. Fig. 261. Fig. 260. ~ 97 Fig. 263. (Hohenfiirt.) enden kleinern Monches liest man : Ora . P : SCR6C . VACgDo . (ora pro scriptore Vacerado), wenn anders der Name richtig erganzt werden kann. Das Spruchband des grossern Monches lautet : ORA . P . ILLReC MIROS- LAO . A. MCCII. (oraproilluminatoreMiroslao. an. 1202, wenn nicht das letzte Zeichen der Jahrzahl ein L bedeu- ten soil, wonacli 1249 zu verstehen ware) (Fig. 259). Eine sehr zierliche Zeichnung zeigt der Buchstabe H, zugleich das erste bedeutendere Miniaturbild ; erbesteht aus zwei senkrechten mit Arabesken gezierten Balken, welche der Quer nach durch einen griinfarbigen Fisch verbunden werden. Der Rachen des Fisches ist geoffnet und lasst in demselben ein rothes Buch sehen. In dem Korper des Buchstaben I ist die Figur eines Bischofs ge- zeicLnet. In wie fern MalerundSchreiber sicli unterstutz- ten, ob noch andere Personen mitgearbeitet haben, wird nirgends angedeutet : unterscheiden lassen sich in den Miniatiir-Bildern deutlieh zwei Manieren, eine byzanti- nische und eine freiere realistische. In der ersteren ist das Titelblatt mit dem Buchstaben A, ferner die Buch- staben H, I, P, Q, R und andere gehalten: hier sind die Conturen scharf mit schwarzer Farbe ausgedrlickt, dabei aber die Linien fliessend und abgerundet, fast wie in den altesten Glasgemalden. Der Buchstabe P, auf welehemSchreiber und Illuminator dargestellt sind, zeigt die byzantinische Manier in feinster Durchbildung. Der zweiten freieren Richtung gehoren die Buch- staben M, N, T und das vorziiglich gelungene Y«>an: es herrscht in diesen Gebilden grossere Lebendigkeit; doch ist die Zeichnung unsicherer und eckiger als in den vorigen Bildern. In der Hohlung des N ist die Heim- suchung angebracht (Fig. 260), ein Bild voll Innigkeit, Maria und Elisabeth in Umarmung, der Buchstabe T wurde als Kreuz beniitzt, um die Kreuzigung Christi dar- zustellen (Fig. 261), neben demKreuze der Krieger mit der Lanze und ein Mann , der Christum den Schwamm reicht, endlich ist in dem Buchstaben Y ein Bild der Weinlese eingewebt (Fig. 262). Ein leicht geschixrztes Madchen auf Rankenwindungen steliend, bricht mit der rechten Hand eine hoch oben hangende Traube und blickt zu gleicher Zeit nach einem riickwiirts kauernden Atfen, der sich das Maul vollstopft. Die Beweguug des grosstentheils entblossten Korpers ist schwungvoU und nicht ohne Grazie, doch die Musculatur 4er Arme und Beine etwas zu stark ausgedrlickt. Der Farbenauftrag ist durchgehends weich und fiir das Auge wohlthuend, die Farben sind meist gebrochen und es herrschen Mitteltone vor; dabei ist der Auftrag nicht so massig und pastos, wie in den Bildern des Vysehrader Codex und in den meisten altern Miniaturen, sondern leicht und oft fein verschmolzen. Audi der Faltenwurf iiberrascht manchmal, wie an der Schiirze des Madchens, durch naturgemasse Anordnung. Missale in Hohenfurt. Das oft genannte, 1259 durch Vok von Rosen- berg gegriindete Cistercienser- Stift Hohenfurt besitzt neben vielen wichtigen Kunstwerken auch eine reiche Sammlung von Pergament-Schriften , von denen die Mehrzahl der Regierungszeit Karl IV. und seines Nach- folgers Wenzel IV. angehort. Ein Plenarium zeigt hohe- res Alter und gehdrt bereits seit der Griindungszeit dem Kloster an. Muthmasslich war das Buch jenen Geschen- ken beigefiigt, welche Vok und seine Gemahlin Hedwig Gratin von Hchauenburg am Griindungstage (10. Juni) dem Stifte gewidmet haben und es scheint auch zu diesem Zwecke eigens gefertigt worden zu sein. Es enthalt keine figiirlichen Darstellungen , sondern nur Randverzierungen , welche von den Anfangsbuchstaben (Initialen) auslaufen, bald der Breite, bald der Lange nach die Blatter durchziehen und mit schwarzen festen Linien ohne Anwendung von Farbe gezeichnet sind. Die Ornamente haben weder antike noch gothische Beimengungen und bewegen sich genau innerhalb jener Architektonik, welche den Charakter des romanischen Styles bildet. Dasselbe Rankenwerk, welches die im Vy§ehrader Codex enthaltene 8t. Wenzelsfigur umzieht, sehen wir hier in weiterer Fortbildung. Die Schrift- fiihrung sowohl wie die Zierlichkeit der Verschlingun- gen lassen in Ubereinstimmung mit den geschichtlichen Nachrichten die Mitte des XIII. Jahrhunderts als Ent- stehungszeit annehmen. Da die Herren von Rosenberg an ihrem glanzenden Hofe viele KUnstler unterhielten und mehrere der Hohenfurter Pergament-Schriften urkundlich als Ge- schenke dieser Dynasten bezeichnet sind, darf das besprochene Werk mit allem Rechte als Leistung eines Rosenberg' sehen Illuminators und als Landes-Product angesehen werden. Die Arabeske des Buchstaben P, in Fig, 263. 14 — 98 — =J1 5^ Kelbeii diesem Missale findet sicli in der Stifts-Bibliotliek noch ein zwei- tes Bilderwerk mit illuminirten An- fangsbnclistaben, eine Lebensbesclirei- bung des heil. Bernhard, von Herrn Heinrich Rosenberg im Jalire 1411 dem Stifte gewidmet. Die Initialen erscheinen zwar romaniscb und alter- tliiimlich , die Scbriftfiihrung dagegen verratli das beginnende XIV. Jalir- hundert. Die Jaromefer Bibel iin bolimi- scben Museum inPrag. Unendlich holier als obigcs, kaum zur Halfte betrachtenswerthes Bilder- // Ml werk steht die sogenannte Jarome- i-er - Bibel, ein Pracht-Codex in Folio von 490 Blattern. Das Werk enthalt keine selbstandigen Bilder, aber sehr viele Initialen, welche mit sorgfaltig ausgeflihrten farbigen Darstellungen versehen sind. Die Mehrzalil dieser Bildehen steht auf quadratischem Gold- grund von etwa 2 Zoll Breite und Hohe : manchmal, wie im ersten Blatte, finden sich vier bis ftinf solcher kleinen Bilder untereinander. Alle Conturen sind mit schwarzer Tusehe vorgezeich- net und mit tiefen, diinn aufgetrage- nen Farben ausgefullt. Von Vergoldun- gen ist massiger Gebrauch gemacht, daflir herrscht dunkles Blau, Ultra- marin, vor. Der in Buchstaben und Ornamenten eingehaltene Charakter ist noch vollstandig der romanische, doeh sieht man allerlei rein gothische Einzelheiten , Baldachine , Fialen u. dgl. zwischen gemengt, gerade so,- wie gelegenheitlich der spat-romanisehen Bauten, namentlich der Kirche zu Potvorov , dargelegt worden ist. Die li/s bis 2 Zoll hohen Figiir- chen zeigen sich fein und in riehtigen Fig. 264. (Prag.) Verhaltnissen gezeichnet , die Falten gut gelegt und sorgialtig mit schwar- zer Tusche abschattirt, indem die Felder mit dunkel- rothen oder dunkelblauen Tinten ausgefullt smd. Aut dem Blatte Nr. 340 hat sich der Maler abgebildet, eine lange mit einem Mantel bekleidete Gestalt, welche auf dem bartigen Haupte eine Pelzmlitze und m der Hand ein Spruchband tragt, worauf die Worte: Bohuss Lvtomcz pinxi. Am Postament steht: anno MCCLVIIIL Der Maler, Nanicns Bohus oder Bohuslav, ent- stammte also der 8tadt Leitmeritz, einem schon damals sehr bedeutenden Orte. Dieser Bohus schemt em lustiger Kauz gewesen zu sein, der seme besondere Freude an Caricaturen und humoristischen Darstel- lungen hatte. Diese sind es, welche dem Buche unge- wohnliches Intercsse verleihen. Die ganze Thierwelt, Vierfussler, Vogel, Fische, Schlangen, Krokodde, selbst- erfundcne Bestiarien , Centauren , Teufelslarven und anderes tolle Zeug sind zu Hunderten emgeflochten und mit den gewohnlichen Anfangsbuchstaben verbun- den. Die Initiale I, welche das Bild des Malers ent- halt, und ein gew<3hnlicher Anfangsbuchstabe C , auf dessen Randverzierung der bose Rupreclit, der Kinder- fresser, angebracht ist, fin- den sich in Fig. 264 und Fig. 265 beigefilgt. Das ganze Werk ist trefflich erhalten: an meh- reren Blattern ist mit etwas spaterer Handschrift ange- merkt : iste liber monasterii jerimr. (Dieses Buch gehort dem Kloster Jaromgf .) Bilder-Bibel in der fiirstlich Lob- kowic'schen Biblio- thek in Prag. • Ein eigentliches Bil- derwerk ohne Text, beste- hend aus 187 Quartblattern, welche gewohnlich durch Linien in zwei Felder abge- theilt werden und leichte Federzeichnungen enthal- ten. Die Illustrationen um- fassen das alte und neue ^.^^.^ Testament, die Apostelge- schichte und die Offenba- rung Johannis : am Schlusse ist noch eine bildliche Er- lauterung der St. Wenzels- Legende beigefiigt. Der Kunstwerth dieser Zeichnungen ist sehr ver- schieden , wie sie auch ver- schiedenen Zeiten angeho- ren. Einige Blatter entstam- Fig. 2G5. (Prag.) men noch dem XIIT. Jala- . hundert und zeigen romanische Decorationen, welche m- dessenauch copirt sein mogen: der bei weitem grosste Theil des Werkes lasst das vorgeriickte XIV. Jahrhun- dert erkennen. Jede Zeichnung wird durch erne am Rande angebrachte lateinische luschrift erklart, hie und da sindSpruchbander mitBibelstellen und einzelne erkla- rende Worte zwischen den Figuren eingeschaltet, auch wurden von einer spatern Hand deutsche Noten hmzu- gefugt Die ersten Blatter, die Schopfmigsgeschichte umfassend, sind die gelungensten, aber auch schad- haftesten: das vom Hause aus schwache Pergameiit ist stark abgenutzt, obendrein ist das Buch m die Hande eines Puritaners gekommen, welcher in ilbertriebenem Schicklichkeitsgefiihl alle entblossten Fieischpartien ausradirte. . i mi -i •+ Nur in einzeluen Zeichnungen smd Theile mit Lasur-Farben ausgefullt, z. B. die Heiligenscheme, Kronen und Embleme gelb, die Rllstungen hchtblau, die Kleider hervorragender Personen roth, grim oder violctt Die meisten Blatter des neuen Testaments und — 99 — Fisr. 266. der Apokalypse sind mit ausserster NacMassigkeit, ja Roliheit behandelt und ermilden zug-leich wegen end- loser Wiederliolungen : eiiiige Zeichnungen dagegen uberraschen durch sinnreiche Anffassung und zartes Liniengefuhl. Sogleich das erste Bild des ganzen Werkes (Seite 1), die Finsterniss darstellend, zeigt eine Anordnung, dass man, abgesehen von den sehr ver- zeichneten Handen und Beinen, eine tlichtige Schule vor- aussetzen muss. Nicht mindere Anerkennung verdient die Gestalt der zwisclien ihren Mordern zusammen- sinkenden heiligen Ludmilla. Auf dem letzten Blatte hat der Maler sein eigenes Bildniss in kniender Stellung angebracht, diesem gegen- iiber steht auf einem kleinen Postamente die Figur der heiligen Katharina. Auf einem Spruchbande liest man die Worte : 8ca. Katerina exaud famulu tu vellizlau. Der Illuminator war also ein Bohme Namens Ve- lislav, ob Monch oder Laie, lasst die Tracht nicht genau erkennen ; doch sprechen die grosse Bibelkunde und der Umstand, dass der Maler einem Heiligenbilde gegeniiber kniet, eher fiir den geistlichen als weltlichen Stand. Die Schrift ist jene scharfe Fraetur-Minuskel , mit welcher die meisten Urkunden des Kaisers Karl IV. geschrieben sind , und die von circa 1290 bis 1400 iiblich war. Diese Bilderbibel, welche im Ganzen dem vorgeriickten gothischen Style angehort, wurde hier nur aus dem Grunde eingereiht, weil alle Geschichtforscher sie den fruheren Kunstwerken Bohmens beizahlen, obwohl sie nur einzelne romanischc Bilder enthalt. Die auf dem ersten Blatte des Buches erscheinende Darstel- lung der Finsterniss ; zwei Kinder welche aneinander lehnend ins Dunkle hinausgreifen, ist in Fig. 266 wiedergegeben. Miniaturen des PragerDom- schatzes. Kaiser Karl IV. war nicht allein der grosste Forderer ein- heimischer Kunst, sondem auch ein unermiideter Sammler, dessen Bestrebungen fortwahrend auf Ver- herrlichung des, durch ihn erbau- ten Domes gerichtet waren. Bei seinen vielen Keisen und diploma- tischen Verbindungen hat er man- cherlei ausserst seltene Kostbar- keiten erworben, deren Ursprung nicht mehr ermittelt werden kann, was namentlich von den meisten Pergament-Schriften desDomschat- zes gilt. Da diese Werke ohne Zweifel grossen Einfluss auf die •-.Xn^ bohmische Kunstentwicklung geiibt haben, diirfen die hervorragenden nicht ubergangen werden, als: 1. Ein Evangeliar in Quartfor- mat, 119 Blatter stark, ganz mit Goldbuchstaben geschrieben und mit neun Miniatur-Bildern ausge- stattet. Die Bilder stehen auf Gold- grund, sind mit starken schwarzen Conturen vorgezeichnet, mit Deck- farben illuminirt und die Lichter weiss erhoht. Jede Darstellung ist auf einem besondern Blatte befindlich, alle gehoren dem neuen Testament an, als Geburt Christi, Einzug in Jerusalem, die Frauen am Grabe, Himmelfahrt Christi und Pfingstfest; dann die Bilder der vier Evangelisten. Die Behandhmg ist hart, roh byzantinisch, die Vergoldungen aber glanzend. Vom ehemals kostbaren, aus Metalldeckeln bestehenden Einband hat sich nur die etwas defecte Vorderseite erhalten. Die Arbeit scheint italienischen Ursprungs und dem XI. Jahrhundert angehcirend. 2. Ein zweites Evangelien-Buch mit 241 Pergament- blattern und einem in Elfenbein geschnitzten Deckel von spat-romischer Arbeit, ebenfalls mit Goldbuchstaben Vergleich mit dem vorbeschriebenen. J und Decorationen viel geschmack- und prachtvoUer, auch mannigfaltiger , die Figuren aber bedeutend roher, fast ohne alle Formgebung. In den Ornamenten ist der romanische Styl noch nicht vollstan- dig ausgesprochen, wie es in den alt-italienischen Minia- turen vorzukommen pflegt. Die Ausfiihrung zeigt das beginnende XII. Jahrhundert an. 3. Ein drittes., dem vorigen in Bezug auf Anord- nung sehr ahnliches Evangeliar in Folio , in welchem die Pracht der Vergoldungen und ornamentistischen Aus- stattung aufs hochste gesteigert ist. Auch sind die lang gezogenen Figuren bedeutend besser gezeichnet, hie und da verrath sich offenbares Streben nach Bewegung und Ausdruck. Jedem Evangelium ist eine Darstellung des Evangelisten beigefiigt, dann folgen geschichtliche Bilder, den betretfenden Text erklarend. geschrieben. Im sind Ausstattun 14' — 100 — So enthalt das Evangelium des lieil. Matthaus die Stammtafel Christi, ferner Geburt, Anbetimg, Taufe, Versuclmng, Verklarimg nnd Einzug in Jerusalem, in hergebrachter Eeihenfolge. Die Einleitung gesclneht durch die Worte: „Initium Sancti Evangelii secundum Matthaeum", welche in grossen Goldbuchstaben das Bild des Evangelisten umgeben. Uberall sind Medad- lons niit Figuren , Spruchbilnder , Rankenwerke und Bestiarien zwiseliengemengt. Im Evangelium des bed. Marcus sielit man den Tanz der Herodias und Johannis Enthaiiptung , den Fisclizug, die Frauen am Grabe, Auferstebung und Him- mellabrt. Wie dem lied. Mattbaus ein Engel das Bucb bait , verricbtet bier ein aufgericbteter Lowe dieses Gescbaft. Das Evangelium des beil. Lucas entbalt: Verkiin- digung, Heimsucbung, Darbringung, Pfingstfest n. s. w., ferner das Bild des Evangelisten in abnlicber Anord- nung. Dem Evangelium 8. Joliannis slnd neben den erkla- renden bibliscben Bildern zwei grosse gescbicbtliche Darstellungen beigescbaltet : das eine entbalt die Scho- ])fungsgescbicbte, das andere eine allegoriscbe Kaiser- kronung Herzogs Heinricb des Lowen. Dieses letztere Bild bangt mit einem fernern, das Bucb einleitenden Widmungsblatte zusammen , auf welcbem die Bddnisse Heinricb' s und seiner Gemabn Matbilde als Donatoren angebracbt sind. Bei weitem als vk^icbtigste aller Dar- stellungen erscbeint das Kronungsbild, welcbes in aus- gesprocbener Hoflfnung, es werde der bildbch angedeu- tete Vorgang demnacbst Tbatsacbe werden, angei'ertigt wurde. Neben Herzog Heinricb steben seine Eltern und Grosseltern, Kaiser Lot-bar und Ricbenza, Heinricb der 8tolze und Gertrudis, neben der Herzogin Matbilde ihr Vater Heinricb H. von England und ibre Mutter, eben- t'alls Matbilde gebeissen. Allen Personen sind die Namen beigefUgt und in der Vorrede werden niclit allein die Stifter, sondern aucb der Schreiber mit folgenden Reimen angefubrt: ^ ^ Aurea testatur haec si pagella legatur Christo devotus Henricus dux quia totus ■ ■• ' Cum consorte thori nil praetulit ejus amori. . • Hanc stirps regalis, hunc edidit imperialis Ipse nepos Karoli credidit cui Anglia soli Mittere Matliildam sobolem quae gigneret illam Per quam pax Christi patriaeque salus datur isti. Hoc opus auctoris par nobile junxit anioris Nam vixere boni virtutes ad omnia proni Larga manus quorum superans benefacta priorum Extulit hanc urbem, loquitur quod fama per orbem Sacris sanctorum, cum religione bonorum Templis ornavit ac nniris amplificavit, Inter quae, Christe, fulgens auro liber iste Offertur rite spe perpetuae Vitae Inter istorum consortia pars sit eorum Dicite nunc noti, narrantes posteritati En, Helvardense Corrado II patre jubente . Devota mente ducis imperium pagente Petre tui monachi liber hie est labor Herimanni. Man siebt, diese Vorrede sowobl wie aucb das ausliibrlicb gescbilderte Gemalde Huldigungen entbal- ten , welcbe dem macbtigeu Hause der Welfen darge- bracbt werden, und zwar in einer Zeit, als Friedricb Barbarossa die Niederlage bei Mailand erlitten batte. Damals erbob die Welfen-Partei stolz das Haupt, man glaubte mit Sicberbeit, es werde dem Herzog Heinricb die deutscbe Kaiscrkrone zu Tbeil und in dieser Voraus- setzung wurde das Kronungsbdd gemalt. Hiedurcb wird die Entstebungszeit dieses fur die mittelalterlicbe Kunst- gescbichte ausserst wicbtigen Miniatur-Werkes bis auf einige Jabre sicbergestellt ; das fraglicbe Hauptbild wurde gemalt nacb der Scblacbt von Legnano (1176) und vor Acbtung des Herzogs (1180), die Ausfiibrung des Ganzen bat iibrigens mebrere Jabre in Ansprucb genommen. Das Kloster Helwarden, welcbes in der Vorrede als Ort der Ausfiibrung genannt wird, ist zwar nicbt genau ermittelt, durfte indess trotz mancber dagegen erbobener Zweifel docb Hilwartesbausen an der Weser im Braunscbweigischen sein. Obgleicb ein Nonnenstift, konnten immerbin Abte Vorsteher gewesen sein, wie dieses unter andern in den Pramonstratenser Nonnen- klostern Doxan und Louniowic der Fall war. Unter alien deutscben Miniatur-Werken des XII. Jabrbunderts wird scbwerlicb eines an Farbenpracbt und Reicbtbuni iiber diesen Codex gestellt werden konnen, welcber aucb in gescbicbtlicher Hinsicht als bochst bedeutungsvolles Denkmal anzuerkennen ist. Uber den Illuminator Heri- mann ist keine weitere Nacbricbt zu finden, aucb kein anderweitiges Werk, welcbes ibm zugescbrieben werden konnte. Toreutik und Kleinkimste. Von den verscbiedenen Zweigen der Kleinkiinste miissen wir zuerst der vornebmsten, namlicb der Gold- scbmiedekunst als eines von weltlicbenMeisternbetriebe- nen Geschaftes erwabnen, leider baben sich nur wenige Denkmale davon erbalten. Miinzpragung und Stempel- scbneiden wurden ebenfalls von den Goldscbmieden geiibt und gelangten schon im XI. Jabrhundert zu aner- kennenswertber Bliithe. In spaterer Zeit, unter Konig Wenzel II., wurden um 1300 zur Durcbfiibrung eines geregelten Miinzwesens und gleicbmassiger Pragung drei Munzmeister aus Florenz verscbrieben und in Kutten- berg die Hauptmiinzstatte eingericbtet , nacbdem sie bisber in Prag gewesen. Im Jabre 1207 wird Driloth (dredoth) als Miinzmeister genannt, auf welcben Eberlin Oder Eberbard , welcber sicb um die Griindung der neben der St. Gallus-Kirche angelegten Prager Neustadt grosse Verdienste erworben batte , als koniglicher Vor- steber des Mtinzamtes folgte. Die alten Siegel nabern sicb den Munzen, sind aber derber gebalten. Das friibeste Prager Stadtsiegel mit der Inscbrift : Sigillum civium Pragensium de nova civitate, riibrt aus der Zeit des Konigs Otakar II. ber, darauf ist der beil. Wenzel mit Scbwert und Scbild dar- gestellt. Kiinstlicbe Gewerbe, wie Drecbslerei, Scblosserei, Herstellung feiner Watfen und Musik-Instrumente, Gia- serei undabnlicbeGescbafte scbeinen neben denKlostern nur in Prag gebliibt zu baben: von bier aus wurde das ganze Land mit den betreflfenden Erzeuguissen ver- seben. Aucb der Handel war in Prag concentrirt und befand sicb grosstentbeils in Handen deutscber Unter- nebmer und der Juden, welcbe letztere seit nicbt zu bestimmender Zeit in Bobmen Avobnten. Die fremden, zuniU'bst deutscben Kaufleute wobnten und batten ibre Niederlagen im Kaufbofe, welcber sicb bei der gegen- wiirtigcn Teinkircbe ausbreitete. Dass bier aucb gewisse Artikel, nacb welcben lebbafte Nacbfrage stattfand, durcb eingewanderte Handwerker gefertigt wurden und — 101 — Uberhaupt grosser Reichthum in Prag zusammenstromte, giebt Cosmas sehr bestimmt an >. Glockenguss wnrde in der zweiten Halfte des XIII. Jalirliimderts in Prag betrieben , wahrscheinlich auch der Zinn- und Bleiguss, wie wir nacli der ausser- ordentliclieu Verbreitung, welche dieses Gewerbe in spaterer Zcit gewann, mit Recht voraussetzen diirfen. Wirhaben zwei alterthtimlicheMadonna-Statuetten anzu- flihren, welche an den Kirchen 8t. Maria zu Alt-Bunzlau und St. Jakob in Jiric bei Seelau getrofFen werden: letzteres Bild besteht aus Blei und zeigt bei schwaclier Zeichnung riohtige Verlialtnisse, das andere aber aus ge- mischtem Metal] (wahrscheinlich Zinn mit sehr geringem Kupferzusatz) ist scharf ausgepragt, in den Falten gerad- linig und von edler Gesichtsbildung. Thonbildnereien und Terracotten alterer Art sind bisher nicht entdeckt worden: die Fussbodenplatten in Klingenberg und einige in Burgruinen aufgefundene Ofenkacheln gehoren bereits der vorgeriickten Gothik an und lassen nur der Vennuthung Raum, dass dergleichen Arbeiten friihzeitig im Lande gefertigt worden seien. Kunstreiche Thongefasse, welche schon im hohen Alter- thum s^ls Handels-Artikel durch die Welt gingen, lassen, wenn nicht die Beschatfenheit der Erdart Aufschluss gibt (wie bei den aus samischer Erde geforniten Vasen), nicht leicht erkennen, wo sie angefertigt wurden. Die meisten der in Bohmen aufgefundenen mittelalterlichen Gefasse sind Kriige; sie entstammen zum grossten Theil dem XVI. und XVII. Jahrhundert, sind aber Nachahmiungen alter Vorbilder, wie denn die Gestalt der noch im Anfang des vorigen Jahrhunderts iiblichen Apostel-Kriige otfenbar romanischenUrsprunges ist. Glacirte und unglacirte Hen- kelkruge und Flaschen , verschiedenartig ausgebauchte Wasserbehalter und Schiisseln von Steingut oder feiner Thonerde werden, jedoch nur ausserst selten, auf dem Lande angetroffen : sie unterscheiden sich in Form und Ausfiihrung nicht von den in Deutschland haufig vorkom- menden demselben Zweck gewidmeten Geschirren 2. Wie mit der Thonbildnerei verhalt es sich mit der Holzschueidekunst : einige Grucifixe von mittelmassiger Ausfiihrung abgerechnet, werden sich schwerlich bedeu- tende Holzarbeiten aus dem XII. oder der ersten Halfte des XIII. Jahrhunderts auffinden lassen. Eine lebens- grosse Marien-Statue in der Pfarrkirche zu Graupen und die Reste eines Altaraufsatzes in der Heil. Geist-Kirche daselbst, welche als hochalterthiimlich gelten, sind so stark reparirt und iibergoldet, dass kein genaues Urtheil moglich ist. Letzteres Gebilde scheint alter, ist auch feiner durchgebildet und diirfte dem Schlusse des XIII. Jalir- hunderts angehoren. Die Madonna tragt die neu aufge- malte Inschrift 1345, hat etwas derbe Formen aber richtige Verhaltnisse. Aus dieser Zeit' findet sich ciniges in der Stiftskirche zu Raudnic. Fast unbegreiflich erscheint, dass von den vielen Altaren des friihern Prager Domes , deren man nicht weniger als 47 zahlte und von denen doch eine grosse Anzahl aus Holz aufgebaut war, nicht die mindesten Reste gerettet worden sind, wahrend in den oftmals abge- ' So lasst Cosmas, pag. 185, die riirstiu Hildpurg, Gemahlin des Konrad von Briinn, iiber Prag urns Jahr 3090 sprechen, indem sie iiiren Gemahl zum Feldzuge auffordert: „ibi Judai auro et argento plenissimi , ibi ex omni gente negotiatores ditissimi, ibi monetarii opulentissimi, ibi forum, in quo praeda habundans superhabundat tuis militibus." Man sieht, diese Dame litt nicht an Empfindelei. 2 Eine eingehende AViirdigung der mittelalterlichen Thongefasse, welche in der neuangelegten von Lanna'schen Sammlung durch die praohtvollsten Exemplare vertreten sind, liegt aasserhalb der hier vorgezeichneten Griinzen. brannten Stadten: Eger (hier eine vorzliglich schSne, von K u gl e r schon inseinen kleinen Schriften hervorgehobene Madonna), Graupen und Raudnic mehrere Werke alien Stiirmen eutgangen sind. Eingelegte Gerathschaften, deren Grand aus dunkeln Holzern besteht und die mit Elfenbein, Perlmutter, Gold- und Silberfaden nach Art der Emails ausgestattet sind, werden zwar in alien Sammlungen getroflfen, doch mogen kaum einige wenige Stiicke bis in das Zeitalter Karl IV. hinaufreichen. Es gilt hier , was von den Gefiissen gesagtwurde: die alten Formen erlitten mehrere Jahr- hunderte hindurch keine, oder nur unmerklichc Anderun- gen, weshalb manches Gebilde ein hochalterthiimliches Ansehen hat und doch einer verhaltnissmassig spaten Zeit entstammt. Einheimische emaillirte runde Arbeiten werden weder von Schriftstellern angefiihrt, noch sind dergleichen be- kannt. Byzantinische, koluische und spater franzosische Emailwerke gelangten mehrfach nach Bohmen, zumeist in den Prager Domschatz. Wegen des grossen und nach- haltigen Einfiiusses , welchen die Kunstwerke und Kost- barkeiten dieses durch Karl IV. gegriiudeten Schatzes auf das ganze Land iibten, darf die Ervvahnung einiger besonders wichtiger Gegenstande hier nicht unterbleiben, obgleich deren ausliindischer Ursprung erwiesen ist a. Der Salomon'sche Leuchter. Nicht in der Schatzkammer, soudern in einer Seiten- Capelle des Domes befindet sich ein aus Erz gegossener Untersatz eines Candelabers, welcher aus der mailan- dischen Siegesbeute herriihren und von den bohmischen Baronen, die mit Konig Vladislav sich 1158 am Feld- zuge gegen die italienischen Stiidte betheiligt batten, dem Dome verehrt worden sein soil. Andern Nachrichten zufolge batten die Mailander den fraglichen Leuchter dem Bischof Daniel von Prag, Kaiser Friedrich I. gewandtem Diplomaten, Avegeu Vermittlung des Friedens. zum Geschenke gemacht. Konig Wenzel IV. liess den Candelaber im Jahre 1395 auf eine Platte von weissem Marmor stellen und am Rande folgende Inschrift anbringen : „Istud est can- dalabrum de templo Salomonis in jherusalem vi annata receptum in Mediolano per ducem et Barones Boemie. A. D. MCCCXCV. hie locatum". Die Bezeicliuung „Salomon'scher Leuchter" scheint demnach schon aus einer Zeit zu stammen, als die Reliquie noch in Mailand betindlich war: dass ihr eii. hoher Werth schon damals beigelegt wurde, erhellt aus den Umstanden, wie sie an den Dom gelangte, mag nun die eine oder andere Nachricht die wahre sein. Die Grundform ist dreieckig und es stellt sich das Ganze als vielverschlungenes Geflechte von Menschen- und Thiergestalten dar, welches von drei krokodilartigen Bestien getragen wird. Die Leiber dieser Thiere laufen in Arabesken aus und halten zusammen den Schaft des abhanden gekommenen Obertheils. Auf jeder Seite in der Mitte thront eine menschliche, romisch costiimirte Figur auf den Arabesken und halt sie fest, andere Figuren reiten auf den Krokodilen und spielen mit Lciwen, welche aus dem Schafte hervorbrechen. Auf den ersten Anblick glaubt man ein spat-romisches Bildwerk vor sich zu haben. ' Den Domscliatz in Prag hat der hochverdiente Archiiologe Dr. F. Bock in den Publicationen der k. k. Central-Commission ausfuhrlich beschrieben Beinahe Jcder Jahrgang seit 1857 enthalt einige diesen Schatz betreffcnde Artikel. — 102 — Traclit, Aiiordming und Tecbnik untevstlitzen diese An- siclit ;bei iiiiherem Eingelien jedoch gewahrt man allerlei mittelalterliche Ankliinge, welclie an die aus der Ka- roling-er Zeit stanimenden Geratlie, z. B. den Tassilo- Kelch und die Leuchter in Kremsmllnster, erinnern. 80 ist die Behandlung der langgezogenen Acanthus-Blat- ter, die am Schaft hinaufziehen , nielit melir romiscli; die' Bestien-Mahncn laufen in eine Art Eck-Bossen aus, und die Unrulie des Ganzen, verbunden mit den aben- teuerliehen Versehlingungen, widerstreben der selbst im Verfalle nocli gemessenen antiken Kunsttibung. Hin- weisend auf die Analogien , welche uamentlicli die ebenfalls von drei Bestien getragenen Tassilo-Leuch- ter bieten, diirfen wir in dem Salamon'schen Cande- laber ein Kunstwerk des VII. oder VIII. Jalirliunderts, walirscheinlich byzantinisclieu Ursprungs, erkennen. Da das Werk bereits 1162 als uralte Reliquie bezeiclmet wurde, scheint Kugler's Annalime, dass sicli die Ent- steliung aus dem Anfange des XI. Jahrliunderts schreibe, kaum lialtbar. ^ , ^ . Pulkawa, welcher urn 1370 auf Befehl des Kaisers Karl IV. eine Clironik schrieb, und der urn emige Jahre altere Dalimil, der Verfasser einer bidimischen, Iruhzeitig ins Deutsclie iibersetzten Eeimclironik, erwahnen diesen Leuchter; der erstere mit den Worten : Dy beinin worm di erstin in der stot, . "■ si nomeii do di bestin cleinot, ■ . ■ noch stet ein fuz obir prage zee sent vcit den man ein cherzab geit. man gloiibt daz er von [Salomons tempel komen den da dy meilanir nomen. etc. Nach den Untersuchungen des Bildhauers Zieb- land, welcher im Jahre 1851 den Leuchter fUr den Komg Friedrich Wilhelm IV. von Preussen abformte , besteht die Metallmischung aus flinf Theilen Kupfer und einem TheilZinn, ohue andereBeigabe; einVerhaltniss, welches dem heutigen Kanoneumetall ziemlich entspricht. Die Rolandshorner und einige Kunstwerke des Domschatzes. Im Domschatze werden zwei jener seltenen Elfen- beinhorner verwahrt, welche man jetzt Oliphante oder Rolandshorner zu benennen ptiegt und die schon zuvielen gelehrten Discussionen Anlass gaben. Die diirch den Ele- fantenzahn vorgezeichnete Form wurde beibehalten und durch Ornamenten-Streifen, audi figiirliche Darstellungen verziert, wobei gewohnlich Anspielungen auf die Jagd eingeflochten sind, welche den ursprunglichen Zweck errathen lassen. Aachen, Upsala und Angers smd im Besitz vorzliglich schoner Oliphante, minder bedeutende, zum Theil auch aus Bliffelhorn geferligte trifft man an verschiedenen Orten. Wo Kaiser Karl IV. die beiden Horner erworben habe, wird nicht erwahnt, wahrscheinlich geschah dieses wahrend des erstenRomerzuges. Dasgrossereimd reicher verzierte Horn ist in vier, den Korper quer umziehende Streifen abgetheilt; oben zuniichst am ablianden gekoin- menen Mundstiick sieht man Medallions mit Thierkampten, in der zweitenReilioeinViergespann, dannHunde, welche Hasen und Rehe verfolgen, in der untersten Reihe Medall- ions mit Centauren und derlei Gestalten. Jeder 8treiten ist eingefasst durch Rundstabchen und fortlaufendeOrna- mente von Petorsilicnblattern, Schlangeneiern oder ahn- lichen Bildungen. Das zweite Horn ist einfacher und vorwaltend mit Bandverschlingungen decorirt, in deren Mitte ein land- schaftliches , mit Reitern ausgestattetes Relief sichtbar wird. n . 1 • Die Ausflihrung beider Horner gleicht sich, sie ent- stammen einer und derselben Zeit. Das Relief betragt an den tiefsten Stellen nicht mehr als 1 '/a Linien, die Zeich- nung ist roh antikisirend, die Modellirung leicht, so dass das Ganze mehr einer gepressten als geschnitzten Arbeit ahnlich sieht. Die Anordnung der fetreifen und die Ab- wechslung der Medallions mit durchlaufenden Bildern verrath grosses Geschick, auch ist die naturliche Form des Zahnes verstandig beniitzt. Am unterenRande des grossern Homes gewahrt man ein hautig angewandtes, der byzantinisch-romanischen Kunst eigenthiimlichesPflanzen-Ornament, bestehend aus einem gewundenen fortlaufenden Stempel mit zuruck- gebogenen dreitheiligenBlattern; eine Decoration, welche in Miniaturen bereits im X., an Bauwerken mit dem Anfang des XI. Jahrhunderts (in der Krypte der Schloss- kirche zu Quedlinburg) auftritt und bis zum Schlusse der romanischcn Periode beibehalten wird. Dieses Ornament und auch die Bandverzierungen geben einige Anhalts- punkte fiir die Zeitbestimmung, auch ein artischocken- artigerBaum auf dem kleinernHorne darf nicht iibersehen werden. n .• , Sind diese Horner in Frankreich oderltaliengetertigt worden, wie mehrfaltig behauptet wird, so erklartsich die vorwaltend antikisirende Zeichnung von selbst, denn m diesen Liindern lebten die antiken Traditionen lang fort und wurden nicht einmal durch die Gothik ganz ver- driingt. Demnach ware man berechtigt, die Arbeiten dem XI Jahrhundert zuzuschreiben, womit jedoch nicht die gleichzeitige Entstehung der Oliphanten ausgesprochen ^^"^ Das Horn zu Aachen, vor alien durch Einfachheit ausgezeichnet, soil Karl der Grosse gefiihrt haben; es scheint das alteste zu sein. Durch sorgfaltige Arbeit zeichnet sich das im Museum zu Augers betindhche Horn aus dessen Relief auf 2^/, Linien uber dem Grund ange- geben wird K Die angebrachte Darstellung 1st ebenfalls eine Jagd-Scene und zwar eine Lowenjagd. Merkwlirdig ist dass hier ein scharf charakterisirter Neger und auch ein Kameel (wohl Erinnerungen aus den Kreuzziigeu) vorkommen. Auf welche Weise das Kunstwerk aus der Kathedrale, wo es in friiherer Zeit aufbewahrt gewesen, an das Museum gelangte, weiss P. Corbie t nicht anzu- geben; wahrscheinlich fand die Uebertragung wahrend der Revolutions-Zeit statt. — _ Nachst diesen Gegenstanden verdicnen em emaillirtes Reliquiar und das Schwert des heil. Stephan I. von Ungarn als wichtige romanische Kunst-Producte hervor- gehoben zu werden. Das Reliquien-Kastchen (kiilnische Arbeit) hat die Form einer Tumba und zeigt auf blauem Grunde leiclitesRankenwerk, an den SeitenMetall-Figur- chen, die Apostel in strong typisclier Weise darstellend. Wichtiger erscheint das Schwert, welches m einem alten Inventar mit den Worten angeftihrt wird : „item gladius sancti Stephani, regis Hungariae cum manubrio ebureo^'_. Der noch wohlerhaltene elfenbeinerne Handgriff 1st mit . AbbeCortlet und G. Faultrier theilen in der Revue de I'art Chre- tien 1S58, I, 2e, eine Abbildung und Beschreibung des Homes von Angers mit. P Corb et erklart nach eingehenden Untersuchungen den dort.gen Oliphant unbedingt als Jagdhorn und scheint seine Ansicht aufalle ■'"^^fehnenzu o len In He"ug auf die in Prag belindlichen wird sich gcgen diese Behauptung schwerlich ein begriindeter Einwand erhcben lassen. — 103 — Bandverschliiiguiigeu und Tbiergestalten geziert, welclie im Vergleicli mit den Oriiameiiten der Rolandshorner eine etwas juiigere Zeit beurkunden. Unter den verschiedenen Crucifixen, welche bei G-elegenheit einer zn Prag abgehaltenen arcbaologiscben Ausstelhuig bekannt wurden, zeicbnete sicb ein im Pri- vatbesitz befindliches, etwa 10 ZoU bobes Bildwerk ans, welcbes von Bronze gegossen , mit dem Relief von St. Lazarus, in seinen Formen libereinstimmte. Das Goldkreuz zu Hohenfurt. Das Cistercienserstift Hobenfuvt darf sich riibmen, eine der scbonsten Leistungen zu besitzen , welcbe die Goldscbmiedekunst je bervorgebracbt bat; namlicb ein scbweres, tbeils aus vergoldeten 8ilberpLatten, tbeils aus reinem Golde gefertigtes Reliquienkreuz , welcbes Herr Zavis von Falkenstein aus dem Gescbleebte der Rosenberger dem Kloster verebrt baben soli. Nacb einer zweiten Nacbricbt ware Heinricb von Rosenberg der Geber gewesen, welcbe Nacbricbt von dem gelebrten Stiftsbibliotbekar P. Rudolf A. Rang dabin berichtigt wurde, dass Heinricb von Rosenberg das bereits im Stifte vorbanden gewesene Kreuz ums Jahr 1410 babe umarbeiten und zu einem Vortragkreuz einricbten lassen. In der Tbat zeigt das beinabe drei Fuss hobe, zum Auf- scbrauben auf einen Stab eingericbtete Kreuz mebrere griindliche Uberanderungen und ist in den Hauptbestand- tbeilen viel alter als die auf Heinricb beziiglicben Daten. Es bestebt aus doppelt iibereinander gefiigten Flatten, zwiscben denen Kapseln mit Reliquien aufbewabrt sind : dabei ist das Ganze reicb mit Perlen , Edelsteinen und Email-Bildern (emaux cloisonnes) verziert und an der Vorderseite mit einer bewunderungswlirdigen Arabeske iiberdeckt. Diese im bltibendsten romaniscben Styl gezeicbnete Arabeske gebort der ersten Halfte des XHI. Jabrbunderts an und scbeint italieniscbe Arbeit zu sein; die Emails undReliquien-Capseln trageil griecbiscbe Inscbriften und sind byzantiniscben Ursprungs; dann erkennt man nocb zwei Restaurationen, eine spat-gotbi- scbe, durcb welcbe die Flatten ibi-e gegenwartige aussere Form erbielten, und eine im Renaissance-Styl gebaltene, welche letztere glticklicherweise aufNeben- sachen beschrankt blieb. Ob Zavis , der in alien Landern Verbindungen unterbielt, das Ganze in seiner ursprlinglicben Bescbaffenheit in Venedig oder Con- stantinopel angekauft bat, oder ob die Einzelnbeiten im Handelswege nacb Bobmen kamen und von einbeimi- scben Goldscbmieden zusammengefiigt Avurden, lasst sich unmoglich bestimmen. Die spatern Umarbeitungen geschahen ohne Zweifel in Bobmen. Anderweitige Go Id arb eiten. Hier sind einige Reliquiare in Tafelform und Buchereinbande zu verzeicbnen, getriebene Arbeiten von vorwaltend linearer Decoration. Von zwei grossen Reli- quientafeln im Stifte Strabov ist die eine mit gotbiscben Masswerken verziert und gebort olfenbar dem XIV. Jabr- hundert an, die andere enthalt ein zwiscben »Streifen ein- geflochtenes Blattwerk, scbeint bedeutend alter und ist ganz mit der Punze in ziemlicb unbeholfener Weise getrieben. Die Biicberdeckel sind meist durcb Edelstein- und Perlen-Einlagen geschmiickt; wobei die einzelnen Juwelenmit rosettenartigen Einfassungen zwiscben ein- fachen Linien eiugepasst wurden. Abnliche Bebandlung zeigt aucb eine sebr grosse Reliqitientafel auf einem Seitsn- Altar des Prager Domes. Hochst bemerkenswertb erscbeint ein in derKircbe zu Libnii befindlicber silberner und vergoldeter Messkelcb, nicbt allein wegen seiner altertbiimlieben Form, sondern aucb wegen des isolirten Vorkommens in einem abgelegenen Pfarrdorfe. Die Cuppe ist weit gebauclit und ziemlicb bocb, daber eber einem Mess- als Speisekelcb angeborig, der Fuss secbsseitig, eben so der den Scliaft abtlieilende Knauf, und die ganze Form bei Mangel jeder Decoration sebr bavmoniscb und fein gezeicbnet. Libuii, zu der Herrscbaft Gross-Skal geborig, ist eines der altesten Dorfer im nordostlicben Bobmen und liegt zwiscben Turnau und Jicin. Die sammtlicben bier aufgezalilten Arbeiten diirfen als einbeimische bezeicbnet werden. Hingegen lasst sicb liber verscbiedene in den Stiften Tepl, Osseg, Sazava, Seelau, und namentlicb iiber die in Sammlungen befind- licben Goldarbeiten und toreutiscben Werke kein sicberes Urtbeil bezuglicb der Entstebungsorte fallen. Decorative Kiiiiste. Der Emaillir-Kunst, insofern sie in Verbindung mit Gefassen oder runden Gebilden auftritt, ist bereits gedacht worden: es scbeint nicbt, dass sie im Lande geilbt wurde. Einige Stellen der alten Cbronisten lassen sicb zwar auslegen, als sei die Glasmalerei sebr frilh . betrieben worden, docb fehlt es an naberer Begriindung und vor allem an erbaltenen Beispielen. Die von dem Fortsetzer des Cosmas erwabnten gemalten Dom- fenster, welcbe Bischof Jobann III. bat fertigen und 1276 aufstellen lassen, gingen in unbekannter Zeit zu Grunde. Sie soUen Darstellungen aus dem alten und neuen Testamente entbalten baben. Wo diese Malereien ausgefiibrt wurden, ist nicbt angegeben. Musiviscbe Arbeiten monumentaler Art sind bisber nicbt aufgefunden worden , selbst das Vorhandensein von Fliessenbelegen muss nacb dem Stande, vielmehr Mangel, der Ziegelfabrikation bezweifelt werden. Der eingelegten Geratbscbaften wurde im Abscbnitt To- reutik gedacbt. Dagegen war die Kunst des Niellirens sebr ver- breitet , bUeb jedocb meist auf das Ornamenten-Facb bescbrankt: einige figlirlicbe Darstellungen, welche an Reliquiaren und Gefassen vorkommen, erreichen nicbt die Hohe der gleicbzeitigen Miniaturen. Arbeiten textiler Art kommen nicbt selten vor, so im Prager Domscbatze, in mebreren Stiftskirchen, aucb in Pfarreien und Sammlungen. Casulen , Dalmatiken, Mitren und andere priesterlicheBekleidungsstticke, meist mit Seide gestickt und aufs mannigfaltigste mit Gold, Juwelen und aufgenabten Decorationen verseben, tinden sicb am baufigsten : aucb siebt man Altardecken, Anti- pendien und aludicbe Gegenstande, die allerdings von ebemaliger Farbenpracbt und schoner Anordnung zeugen, nber im besten Falle sebr verblasst sind. Das grossartigste Werk dieser Art besitzt die St, Jodocus-Kircbe bei Eger, namlicb ein mit Perleji gesticktes Antipendium von 7 Fuss Breite und 3 Fuss 1 Zoll H(5be. Der Grund ist Seidenzeug, ein starker Tatfet, desseu urspriingliche Farbe nicbt mebr zu erkennen ist. Die Conturen sind mit kleinen schwarzen Glasperlen vorgestickt, auf welcbe Weise sowohl das architektonisclie Gerippe wie die einzelnen Figuren gezeicbnet werden. In zwei iibereinander hinziehenden - 104 — Eiindbogenstellungen , von deuen jede zebu Felder entbalt, sind eben so viele Heiligengestalten ange- bracht, imd zwar in der obeni Eeibe Frauen. in der iintern Manner mu\ Frauen. Oberbalb steben folgende Figuren: 1. Engel Ga- briel 2. Maria, 3. Agatba, 4. Maria, 5. Clara, 6. Maria, 7. Katbarina, 8. Lucia, 9. Barbara, 10. Bibiaua. 1 xrnd 2. Der Engel Gabriel und Maria stellen die Yerklindigung dar: Gabriel bat die Hand erboben und wendet slob zu Maria, welcbe das Haupt senkt: liber ilir scbwebt der beilige Geist in Gestalt einer Taube. Die Gestalt und Bewegung der beiligen Jungfrau ist fein und mit ricbtigem Yerstanduiss gezeicbnet. Im Bilde Xr. 4 fiibrt Maria das beranwacbsende Jesukind an der Hand, und in Nr. 6 ist die tbronende Maria mit der Krone auf dem Haupte und dem Kind auf dem Sebosse dargestellt. In der untern Reibe sind angeordnet: 1. Johannes der EvangeUst, 2. Jacobus Major, 3. Jacobus Minor, 4. Margaretb, 5. Maria, 6. Jesus, 7. Agnetis, 8. Caecilia. 9. Kunigundis, 10. Ursula. Cbristus und Maria steben sicb in der Mitte gegen- iiber, er als Weltricbter und sic als Fiirbitterin: Jo- hannes und die beiden Jacob sind in Monchstracht mit Tonsur und Kapuze dargestellt. St. Margaretb stosst dem zu ihren Fussen sicb windenden Lindwurm den Speer in den Rachen , die iibrigen Figuren werden durcb Embleme kenntlich gemacht, ausserdem sind die Xamen in den Bogenstellungen eingescbrieben. Die Figuren-Hohe betragt 93 ^ Zoll. jede Bogenstellung ist 14 Zoll hoch. Die Haare aller Personen sind schwarz, nur Maria und Katbarina haben blonde Flechten. Die Gesicbter der Frauen zeigen in Anbetracbt des unge- fiigen Materials (die Perlen sind gross und eckig) meist lieblicbe Formen und sogar eine gewisse Feinbeit der Zeichnung, welcbe den meisten romanischen Gemalden fehlt. Die Perlen sind venetianische Glasperlen von ungleicber Grosse, auch kommen hie und da, z, B. in den Heibgenscheinen von Cbristus und Maria ecbte Perienvor; die rotben Perlen besteben aus Korallen, ausserdem siebt man hell- und dunkelblaue, hell- und dunkelgriine, milcbweisse, strobgelbe und vergoldete Perlen. Der romanische Styl ist sowobl in der arehitek- tonischen Gliederung wie in der tiguriichen Anordnung eingehalten : die Capitale haben Wiirfelform, die Siiulen- fiisse, Buchstaben, Kronen, u. s. w. sind durchaus alter- thiimlich gebildet. Oberbalb der Bogenstellungen zieht sicb em 6 Zoll hoher Streifen durcb die ganze Breite des Bildwerkes, welcher 14 auf Pergament gemaUe Kopfe entbalt. In der Mitte Cbristus und Maria, daneben auf jeder Seite sechs Apostel: Johannes befindet sich dem Heiland zunacbst, imd ist bartlos in der bekannten Weise geneigt, die iibrigen Apostel haben lange Barte und sehen sich wie Brlider ahnlich. Diese Kopfe sind nicht ursprlinglich, sondem wurden erst in spaterer Zeit statt der abhanden gekommenen gestickten Originale ein- gepasBt. Dieses Antipendium gelangte erst im XVH. Jahr- hundert durcb eine Frau von Ottengriin an die St. Jo- docus^Kirchc, und diirfte, da cs mit ttirstlicbem Aufwand angefertigt worden ist , wahrscheinlich der Egerer Schloss-Capelle angehort haben. T q G 0 (i) e ,p, .g) o> Q \@ 0 0 ^^.-'W Fig. 267. Die Stickerei verrath eine Frauenhand , welche sich auch in der Wahl der Personen und in der Auf- fassung beurkundet. Wabrscheinbch sind die Claris- sinnen, welche seit 1268 in Eger ein Kloster besassen, Urheberinnen des Werkes: die Darstelhmg der Apostel in Monchstracht, das Anbringen so vieler Frauen, besonders der beiligen Clara und Bibiana machen diese Yermuthung beinahe zur Gewissheit. Bei den vielen Briinden, welche die Burg zu Eger betroffen haben, konnte es leicbt gescbehen , dass das Bildwerk an irgend einen gesicherten Ort gebracht wurde und in Vergessenheit gerieth , bis es von Frau Ottengriin erworben und der Jodocus-Kirche verehrt wurde. Eine Partie des Bildes Fig. 267, ein Capital Fig. 268, Kopf der beiligen Katbarina Fig. 269. Fragmente einer sehr schonen Stickerei , em Rankenwerk mit hochaufgenahten Blumen enthaltend, werden in der Decanal-Kirche zu Nimburg verwahrt: sie gehoren ebenfalls eineni Antipendium an, welches seit undenklicher Zeit nicht mehr gebraucht wird. — 105 — Fig. 269. Eine andere feine Seidenstickerei hat sich, jedoch ill selir defectem Zustande, am riickwar- tigen Einbanddeckel des Vyselirader Codex er- halten. Man erkennt den in der Mandorla thro- nenden Heiland, rings von einerWeinblatt-Ara- beske iimgeben. Diese Stickerei ist bedeutend jtinger als die im Bu- clie enthaltenen Minia- turen, und geliort, wie die Arabeske erkenneu lasst, unbestritten dem XIII. Jalirhiuidert an. In Fig. 270 ist eine Partie dieser Arabeske wieder- gegeben. Viel seltener als Stickereien kommen klinstliclie Gewebe, Seidenstoffe und Brocate vor, welobe meist auslandisches Geprage zeigen. Dass die Teppicli- weberei in Bolimen niclit einheimisch war, ergibt sich aus der Lebensgescbiclite Kaiser Karl IV., welcher urn 1360 persische Teppichweber nach Prag berief, damit diese Kunst eingefiihrt werde. Es wird selir ausflihrlicli erzahlt, dass den morgenlandisclien Webern eine beson- dere Stelle auf dem Lorenzberge angewiesen wurde, woselbst sie ungestort arbeiten imd ihren Gottesdienst abhalten konnten. Welche Resultate damals erzielt wiirden, lasst sich nicht ermitteln: einige Teppiclireste, die gelegenheitlich der archaologischen Ausstellnngen zu sehen waren, zeigten nicht im entferntesten einen orientalischen Charakter und liessen sich eher als bra- banter Arbeiten erkennen. In Bezng auf Weberei im allgemeinen durfen die Einwanderungen niederdeutscher Tuchmaeher und Leinenweber, die urkundlich schon unter Otakar I. stattfanden, nicht unerwahnt bleiben: wahrscheinlich, dass sich unter den vielen heriiberge- zogenen Handwerken auch einige von kiinstlerischer Bildung befanden. Fig. 270. Wechselwirkungen zwischeii Bohnien und den Nachbarlan- dern. Gestiitzt auf die beigefugten zahlreichen Abbildungen, durch welche die Werke romanischen Styles erlautert werden, sind wir nunmehr in den Stand gesetzt, Entwicklung und Ausbildung der romanischen Kunst in Bohmen ziemlioh vollstandig zu iiber- schauen und auch die wechsel- seitigen Einwirkungen der Nach- barlander festzustellen. Directe vonByzanz ausgehende Eintlusse, wie sie in Venedig, Dalmatien und ilberhaupt den Kixstenlan- dern des Mittelmeeres wahrge- nonimen werden, scheinen liier nie vorhanden gewesen Oder bald verlassen worden zu sein. Die griechisch- slavische Liturgie, welche durch die Biiider Cyrillus und Methodius nach Mahren verpfianzt worden war und die auch in Bohmen sich verbreitet hatte, wurde urn jene Zeit definitiv aufgegeben, als die alteste noch bestehende Kirche in Prag erbaut wurde. Die 8t. Peter- und Pauls-Kirche auf Vysehrad wurde zwischen 1070 —1090 erbaut, das Slavenkloster Sazava, der Hauptsitz des griechisch-slavischen Ritus, wurde 1096 geschlos- sen und 1097 den Benedictinern von Bfevnov einge- riiumt : unter solchen Umstanden konnen die uumittel- baren byzantinischen Einwirkungen weder bedeutend noch nachhaltig gewesen sein. Die grosse Cultur-Str(3mung zog sich als Begleiterin der katholischen Lehre von West nach Ost; diesem naturgemassen Verlauf konnte sich Bohmen um go weniger entziehen, als es nicht allein durch kirchliche, sondern auch durch polltische Bande mit Deutschland zusammenhing. Das Heriibergreifen der suddeutschen, fraiikischen und sachsischen Architektur nach dem Westen und der Mitte Bohmens ist bereits in dem Abschnitte „Vergleichende Ubersicht der romanischen Bauwerke" nachgewiesen worden ; es eriibrigt daher nur, die Wechselbeziehungen zwischen Bohmen einerseits, Mahren, Schlesien und der Lausitz anderseits zu bezeichnen. Diese seit altester Zeit mit Bohmen bald eng verbundenen, bald mehr oder minder selbstandigen Lander sind durch ausgedehnte Gebirge von diesem geschieden und gehoren andern Flussgebie- ten an. Mahren., ein gegen Silden hin offenes und mit Unter - Osterreich geographisch zusammcn- hangendes Land, hat sich in seinen baulichen Bestrebungen ganz diesem angeschlossen und trotz des politischen Verbandes mit Bohmen eine von diesem auffallend gesonderte Kunstrichtung eingehalten. Nur in der Periode zwischen 1230 imd 1280, unter den Regierungen der Konige Wenzel I. und Otakar II. werden uns an einigen in Mahren und Bohmen ausgefiihrten Bauten, namentlich an der Stiftskirche Tisnovie und dem St. Agneskloster in Prag, ganz die gleichen Formen eiitgegentreten und lassen vermuthen,, 15 — 106 — class dieselben Meister hier und dort thatig waren. Mit diesen Denkmalen wird jedoch in Bohmen und Mahren dcr Ubergaugs-.Styl eingeleitet, die romanischen Baiiten Mahrens aber zeigen nur eine Verwandtschaft mit den bohmischen. Neben den ans dem Donauthale herliberdringenden Einwirkungen , welclie nicht allein in der Benedictiner Stiftskirebe Trebic, sondern iiberbaupt an den Denk- malen der westlichen Halfte Malirens hervortreten, lixsst sich eine zweite Richtnng niebt iiberseben, welcbe durcb den Norden nnd Osten des Landes binzielit. Mahren eorrespondirte in altester Zeit vielfach mit Sclilesien und es sprechen namentlich die im Domkreuzgange zu Olmutz erbaltenen romanischen Reste eine grosse Ver- wandtschaft mit den gleicliartigen Theilen der St. Vin- cenz-Kirche und des Domes zu Breslau aus. Der Styl entwickelte sich sowohl in Mahren wie in Schlesien ziemlich spat, doch gelangte hier die Ornamentik zu reicherer Blllthe als in Bohmen. Und noch einen Zweig des Baufaches haben wir zu erwahnen, welcher in den Ostmarken, vor alien aber in Schlesien fruhzeitig klxnstlerische Durchbildung erlangte, namlich den Holzbau. Haben sich auch keine hochalter- thumliche Denkmale erhalten (wie dieses schon die Be- schafifenheit des Materieles mit sich bringt), so beurkun- den doch die zahlreichen noch bestehenden Kirchen, Ca- pellen nnd Privat-Bauten, dass eine mehrhundertjahrige ' libung vorhergehen musste, ehe die Holz-Architektur aut eine solche Stufe gehoben werden und so grosse Ver- breitung gewinnen konnte. Sclilesien scheint der Mit- telpunkt gewesen zu sein, von wo aus ein gegliedeter Holzbau sich nach Mahren und Bohmen verpflanzte. Es ist selbstverstandlich; dass die kiinstlerischen Wechselwirkungen in verschiedenen Zeiten auch ganz verschiedene waren, je nachdem die Bauthiitigkeit in diesem oder jenem Lande grosser oder geringer war. So finden wir, dass der bohmische Eintluss im Anfang des XH. Jahrhunderts sich liber einen Theil des heuti- gen Sachsen erstreckte, wohin er durch den Grafen . Wiprecht von Groitsch, den Schwiegersohn des Konigs Vratislav H. ubertragen worden war. Die von Wiprecht und seiner Gemalin Jutta in dem Schlosse zu Groitsch unweit Leipzig erbaute und noch erhaltene Rund-Capelle entspricht genau den in Bohmen betindlichen Rundbau- ten; eine zweite derartige Capelle liess Bertha, Wip- recht's Tochter, im Verein mit ihrer Mutter auf dem Petersberg bei Halle errichten. Diesen entgegen ubte Magdeburg im Laufe des XII. und XIII. Jahrhunderts sowohl auf das offentliche Leben wie auf die Kunst- entfaltung Bohmens einen nachhaltigen Eintluss. Ganz anders gestaltete sich das Verhaltniss unter den Otakaren, zunachst unter Otakar 11., welcher als Stadtegrunder eine unermessliclie Kunstthatigkeit lier- vorrief, so dass sich eine sehr beachtenswerthc Schule bildete, welche sich iiber das osthche Bohmen, einen grossen Theil von Mahren und noch welter gegen Siiden bin ausbreitete. Im weitern Verlaufe werden wir erken- nen, dass die Wechselbeziehungen sich je von 50 zu 50 Jahren grlindlich anderten, dass aber im Ganzen Bohmen mehr von auswarts her beeintlusst worden sei, als verkehrten Falles nach aussen hin gewirkt liabe. In hohem Grade auffallend erscheint das Zuriick- bleiben der Malerei und Biklhauerkunst gegeniiber der ungeheuren Baulust, welche durch die Otakare ange- regt worden war. Nachdem durch mehrere Kloster und die kunsterfahrnen Able Bozetech, Syh^ester und Regin- ward, dann durch den Bischof Heinrich Zdik vielver- sprechende Einleitungen zur Begrlindung eines einhei- mischen Kixnstlebens getroffen worden waren , verlieren sich diese Anfaiige beinahe spurlos und es zeigen sich in den ersten Decennien des XIII. Jahrhunderts eher Riick- als Fortsebritte in Bezug auf Bildhauerei, walirend die monumentale Malerei nur sehr allmalig Geltung erlangt. Bis annahernd 1230 wurden die romanischen Bau- formen ziemlich unverandert beibe_halten, dann brach sich ohne alle Vermittlung eine Art Ubergangs-Styl oder vielmehr eine eigenthlimliche Friih-Gothik Bahn, neben welcher Richtung jedoch die romanische Bauweise fort- wahrend geltbt wurde, bis sowohl die Ubergangsformen wie die romanischen Elemente durch die Gothik ver- drangt wurden I N H A L T DES ERSTEK T H E I L E S. V 0 r w o r t Allgemeiiie liandesrerhaltnissc. Seitc I Bojer, Markomannen, Slaveii. Kimstthatigkeit in vorchrist- licher Zeit. Prag als Mittelpunkt des Landes. Heiden- schanzen. Baumaterialien. Stein- und Holzbau. Ent- wicklung und Fortbildimg- der mittelalterlichen Kunst. Culturpunkte. Landeseintheilnng. Von Aussen kom- mende Einwirkimgen Die KunstentwickSung nnter dera Fiirstengeschlcchte der PremysHdeii. Anfange des Christenthums , Bofiwoj xind die ersten Kirchen, St. Ludmilla, Herzog Vratislaw I., Bohmcn wird zur Regensbnrger Diocese gerechnet, der heil. Wenzel und die Griindung der St. Veitskirche in Prag. Die Boleslave; Stiftung der ersten Kloster, Prag ein Bischofssitz, die Bischofe Diethmar und St. Adalbert. Bfetislav griindet das Stift Altbunzlau. Spitihnev's Dombau. Herzog Wratislav II., der spatere Konig, griindet die St. Peter- und Paulskirche auf Vysehrad, und begiinstigt die deutsche Gcmeinde in Prag. Abt Bozetgch der erste Kiinstler. Die Bauten des Herzogs Sobieslav I., die St. Georgs-Capelle auf dem Berge Rzip. Grosser Brand im Jahre 1142, die St. Georgs- Kirche und der Dom in Prag werden neu aufgebaut. Baumeister Wernherius. Konig Vladislav's grosse Kimstthatigkeit. Griindung der Kloster Strahov, Doxan, Plass, Selau, Leitomysl, Pomuk, Sedlee, Louniowitz und Opatowic. Erste Steinbriicke in Prag. Einfluss der zu Eger von Friedrich Barbarossa ausgefiihrten Bauten auf West- und Nordbohmen. Erweiterung und Bestatigung der deutsclien Gemeinde durch Herzog Sobieslav II., Griindung der Kloster Miihlhausen, Tepl und Ossegg. Die kunstreichen Abte Silvester und Re- ginhard. Konig Otakar I. Stadtegrlindungen. Ummaue- rung von Prag. Otakar's Kirchenstreit. Konig Wenzel I. und sein glanzender Hof. Neustadt bei St. Gallus, vveltliche Pfarrkirche. Kcinigin Constantia und Prin- zessin Agnes gruuden Kloster zu Tisnowitz und Prag, veranderter Baustyl. Otakar II. und seine Anlagen. Stiftung der Kloster Goldenkron und Holienfurt. Griin- Seitc dung vonBudweis undErhebuug vieler Orte zu Stadte. Otakar's Kunstliebe und scin Tod. Dnordnungen nach Otakar's Tode. Konig Wenzel II. Kaiser Rudolf von Habsburg, Graf Zavis Falkenstein und das Hans Ro- " ■ senberg. Aufbliiben von Kuttenberg, die neue Stifts- Idrche in Sedlec und Konig Wenzels sonstige Bauten. Aussterben des Pfemyslidenstammes 5 Die bestehcnden Denkinule romanischen Styles. Unbestimmbare Bauwerke 13 Der schwarze Thunn in Eger 13 Formen des rom anise hen Kirchenbaues. a. Basiliken mit Unterabtheilungen 14 h. Zweischiffige Kirchen 14 c. Einschififige Kirchen, hier vielerlei Unterabtheilungen ... 14 d. Doppeleapellen und ungewohnliche Formen 14 e. Rundbauten und kreuzformige Kirchen 14 A. Basilikabiiiiten. St. Peter- und Paulskirche auf Vysehrad 14' St. Georgskirche in Prag 15 Stiftskirche Miihlhausen 17 Stiftskirche Tepl 18 Pfarrkirche in Tismic 19" Pfarrkirche in Prosek 2I Stiftskirche Strahov in Prag 22 Stiftskirche Plass 23 Collegiatkirche Alt-Bunzlau / 24 Stiftskirche Kladrau 26 Decanalkirche in Eger 28 Theilweise erhaltene Basiliken. Stiftskirche und Krypta in Doxan 30 Stiftskirche Ossegg , 31 Slavenkloster Sazava . 31 Pfarrkirchen St. Peter, St. Gallus und St. Castulus in Prag . 36 RiickblickaufdieBasilikabauten 37 B. Zweischiffig'e Kirchen 37 St. Mathiaskirche in Bechin 38 * C. Einschiffige Kirchen. Sudliche Gvuppe. Pfarrkirche in Kondrac St. Galluskirche in Pofic St. Peterskirche daselbst St. Wenzelskirche in Hrusic St. Jakob bei Kuttenberg ■ Kirchen zu Sobfesin, Michovic, Psar, Chot6san, Skabc und Jiizan Decanalkirche in Planian ^ ■ • Kirchen in Hostivaf, Smichov , Friedhofs- Capelle in Alt- Bunzlau Pfarrkirche in Keege (Kej) Capellen zu Tetin und Nudvojovic Nordliche Gruppe. 39 40 41 42 42 43 43 44 45 46 Pfarrkirche in Potvorov St. Jakobskirche in Rudig 49 Capelle in Podwinec Capelle in Selau und Pfarrkirche in Liebshausen &^ St. Jakobscapelle in Schlackenwerth 5^ Marienkirche in Mohelnic D. Doppelcapellen und ungewoUnliclie Formen. Burgcapelle in Eger ■ - • Die Kirchen St. Agidius und St. Bartholomaus in Muhl- hausen St. Prokopskirche in Zabof 56 59 61 65 E. Centralbauten und kreuzformige Kirchen. St. Peter- und Paulscapelle in Kovary ^6 St. Georgscapelle auf dem Rip Die Rundcapellen Heiligen-Kreuz, St. Martin und St. Lon ginus in Prag Pfarrkkche in Holubic Capelle in Schelkowitz St. Wenzelskirche in Liboun Capellen zu Plsenec und Kopanina Conieterium bei Bfevnov Nachtragliches iiber die Rundbauten St. Johanu B. in Weisskirchen '^^ St. Peter- und Paulskirche in Bohiiic ^3 Vergleichende Ubersicht der romanischen Kir chenbauten BOhmens Der Profanbau. 73 Burgenbau Die Kaiserburg zu Eger Bergfried in Strakonitz . 75 76 77 82 83 84 85 83 84 II. SUulptur. Ubersicht '^^ Steinaltar in der St. Georgskirche ^9 Bildwerke zu St. Jakob Skulpturen in Zabof Relief in Hrusic ^ Portalbild und Capitale in Podvinec »^ Marienstatue in Mohelnic Skulptirte Capitale und Maskenbilder in Eger Blisten in Arnau und Rudig Relief von St. Lazarus in Prag Thiergestalten in Skalic Statuen in Katowic Die bildnerische Thatigkeit im AUgemeinen. . »b III. Mialerei. Vorbemerkungen. Aufzahlung der vorhandenen Wandmalereien Die Wandbilder der St. Georgskirche Wandbilder in Budweis Malereien in Selcan Bilder in Klingenberg und Rudig - • ■ Das Weltgericht in Keege (Kej) Miniaturmalerei. 92 Bohmische Miniaturen St. Wenzeslegende in Wolfenbiittel Vysehrader Codex in der k. k. Bibliothek zu Prag 93 Das Dictionarium universale im bohmischen Museum in Prag 95 Missale in Hohenfurt Bilderbibel in der Lobkowitz'schen Bibliothek zu Prag . . 98 Jaromeferbibel im Museum zu Prag Miniaturen des Domschatzes Toreutik und Kleinkiinste. Die Kunstgewerbe Der Salomon'sche Leuchter im Prager Dom I'Ji Die Rolandshorner und einige Kunstwerke des Prager Domschatzes Das Goldkreuz in Hohenfurt Anderweitige Goldsclimiedarbeiten - , Decorative Kiinste. Emaillirkunst, Glasmalerei, Musivische Arbeiten, Nielliren. . 103 Arbeiten textiler Art 104 Antipendium in Eger ; Stickerei in Nimburg Stickerei in der k. k. Bibliothek in Prag Seiden- und Teppichweberei Wechselwirkungen zwischen Bohmen und den Nachl)arlandern 89 90 90 91 92 98 99 102 103 DIE KUNST DES MITTELALTERS IN BOHMEN NACH DEN BESTEHENDEN DENKMALEN GESCHILDERT VON . . ■ • ' BERNHARD CRUEBER. HERAUSGEGEBEN MIT UNTERSTDTZUNG DES K. K. MINISTERIUMS FUR CULTUS UND UNTERRICHT VON PER ^ *■ K. K. CENTRAL -COMMISSION FUR ERHALTUNG DER KUNST- UND HISTORISCHEN DENKMALE. ZWEITER THEIL DIE ZEIT DES UBERGANGSSTYLES UND DER FRUHGOTHIK. fl2J0 — IJIO.J WIEN, 1874. IN COMMISSION BE I KARL GEROLD'S SOHN. DRUCrC DER K. K. HOF- UND STA ATSDRUCKEKEI. E i n 1 e i t u n g. ^\eun ein Reisender nacli sorgfaltiger Betracbtung- (ler Basiliken zu Rom luid Ravenna sicb rasch den Por- tal-Bautendes Strassburger lUiinsters oderKohier Domes gegenliberstente, wiirde er scbwerlich begreifeu konnen, dass diesen binnnelweit verschiedenen Gebilden ein imd dasselbe System zu Cxmnde liege , dass der Ubergang von der evsten Form in die zweite in unmerkbcber Weise durcb eine znsammenbangende Reibe von Zwi- wcbengliedern vermittelt werde. Inwiefern die antike Basilika dem cbristlichen Kircbenbaue zmii Vorbilde diente, konnte trotz der ein- gehendsten Untersucbungen bisber niebt genau sicber- gestellt werden: gewiss ist mir, dass mebrscbiffige, durcb Saulen eingetbeilte Anlagen, selbst solcbe mit erb<3btenMitteb-aumen, scbon im altenRom iiblicb waren, abgeseben von den Hallenbauten der Egypter und Griecben. In alien diesen Anordnuugen waltete das an- tik-horizontale Element vor und selbst das Gewolbe, dessen sicb die Romer mit eutscbiedenem Gliick bedien- ten, musste sicb den Vorscbriften der Horizontalitat fugen und wurde im Widersprucb mit seiner aufstre- benden Construction in wagrechte Gebalke eingespannt. In den ersten Jabrbunderten des Cliristenthums beniitzte man die mannigfaltigsten Gebaude zu religiosen Versammlungen und dacbte nicht im entferntesten daran, fiir den neuen Cultus eine neue klinstleriscbe Ausdrucks- weise zu scbaflfen. Die Baumeister jener Zeit bielten so- gar an den ilberkommenen Regeln mit Zabigkeit fest, vicbteten beidniscbe Tempcl mit geringen Abanderungen fiir den cbristbcben Gottesdienst ein und tiickten aus antiken Brucbstilcken neue Bauwerke zusammen, indem sie jede autfallende Bildungsweise, namentlicb indivi- duelle Kundgebungen zu vermeiden tracbteten. Nicbts- destoweniger war ein neuer Geist eingezogeu, welcber sicb zwar langsam, aber mit desto unwidersteblicberer Gewalt Babn brach und der aueb im Kunstleben den vollgitltigsten Ausdruck finden sollte. Durcb ein selt- sames und gewiss bedentungsvolles Zusammenwirken verscbiedener Umstande gescbab es, dass gerade zur Zeit der grausamsten durcb Kaiser Diocletian verbang- ten Cbristenverfolgungen die neue Ricbtung mit Ent- scbiedenbeit bervortrat, und zwar an dem Palastbau, welcben eben dieser Kaiser in Salona, dem heutigen Spalato, batte ausfiibren lassen. Sollte aucb der Versucb, die Saulenstellungen anstatt der borizontalen Architrave durcb Bogen zu verbinden, scbon frtiber gemacbt wor- den sein^ so stebt doch beinabe unzweifelbaft fest, dass dieseConstructionsweise bier zum erstenmal im Grossen durchgefiibrt wurde. Hierdurcb war eine dem Geiste der bclleniscb-romiscben Arcbitektur fremde , ja diametrale Formengebung eingeleitet worden: es entstand die freie Arcaden-Stellung, die dem Horizontal-Bau angeboreude Saule erbielt eine veranderte Bestimnuuig, indem sie sicli oberbalb des Capitals in aufstrebender Ricbtung forts etzte. Dieses aufstrebende , dem Verticabsuius sicb nii- bernde Element wurde bei Erricbtung der alt-cbristliclKu Kircbengebaude immer mebr ausgebildet ; an die Stelle der antiken Siiule trat allmablig der dem Gewolb-SysteiiL sicb leicbter auscbmiegende Pfeiler, oder es wurdcn, wie in der Kircbe S. Prassede zu Rom, in der Langenricb- tung zwiscben die Saule verstarkte Pfeiler eingescbaltet. Nacbdem das Kircbenbaus oder Scliiff (der fiir die Glau- bigen bestimmte Raum) durcli Aufstellung von zwei oder mehreren Saulenreiben und Aulage eines iiberboliteu Mittelraumes eine bestimmte Form gewonnen batte, wurden an die entgegengesetzten Scbmalseiten bier die Vorballe, dort die balbrunde Exedra (Tribune, Altar- baus), beide dem antiken Bau entnommen, angefiigt. Zwisclien dem Schifte und dem Altarbause wurde oft, aber nicbt immer, ein Querscbiff angebracbt, wie u. a. in der Basilika St. Paul von Rom; wo dieses felilte, wurde ein Tbeil des an die Tribune augranzenden Lang- bauses durcb Seitenwande abgesondert und unter dem Namen Cbor, Presbyterium, fiir die Geistlicbkeit einge- ricbtet. Es waren begreiflicberweise mebrere Jabrbunderte nothwcndig, bis die neuen Ideen in der Korperwelt den ricbtigen Ausdruck fanden, bis die oft unklaren Bestre- bungen , welcbe an den meisten Basiliken bervortreten, sicb zu einem consequenten System abrundet batten. An der dreiscliiffigen Kircbe S. ApoUinare in Classe zu Ra- venna, erbaut zu Anfang des secbsten Jabrbunderts, ist die Durcbbildung der Formen bereits so weit gedie- hen, dass das AiflTere mit dem Innern in Einklang gebracht erscbeint und die innern Saulen-Arcaden an den Aussenseiten durcb Lisenen und Blendbogen ange- deutet sind. Aucb ist bier scbon ein Tburm, jedocb obne alle organiscbe Verbindung mit dem Ganzen, an d^chlacbt, an welcher gegen 250.000 Streiter theilgenommen haben mogen, machte Otakar das Ge- liibde, ein Cistercienser-Klostcr zu griinden, worauf er sogleicb nach geschlossenem Frieden das Kloster Gol- deukron unweit Budweis erricbtete. Wegen der Be- setzuug des erzbiscbotliehen Stuhles von Salzburg hatte sich zwischen Bobmen und Bayern ein Zwist entspon- nen, der endlich zum Waffengange fiihren musste. Obwohl Otakar anfiinglicb mebrere Vortheile erfocbt, gestaltete sich doch im Ganzen der Feldzug nicht gliick- lich ; es wurden die Granzlander verwiistet, ohne dass ein Resuhat erzielt worden ware. Das bedeutendste Ereigniss dieses Feldzuges war, dass Eger fiir einige Zeit mit Bobmen verbunden wurde. Schon im zweiten Jabre seiner Regierung (l2o4) hatte Otakar auf den Wunsch des Papstes eiuen Kreuz- zug nach dem beidnischen Borussenlande unternommen, um dem deutschen Ritterorden bei der Christianisirung dieses Landes beizustehen. Die Erfolge scheinen mcbt bedeutend gewesen zu sein, denn der Konig fand sicb scbon nach drei Monaten bewogen , den Riickzug anzu- treten. Nicht besser ging es bei einem zweiten, eben- falls durcJi den Papst veranlassten Heereszuge gegen die beidnischen Litbauer; nacbdem das bohmische Heer die Weicbsel iiberschritten und Otakar eine Febde zwischen dem deutschen Orden und dem Herzog von Pommern beigelegt hatte, musste er wegen eingetretener — 7 — regnerischer Witterimg schleunig nach Bohmen zurlick. Aller Walirsclieinlichkeit nacli wollte der Bohmenkonig durch diese Kreiizziige die Aiifmerksamkeit der eifer- suchtigeii Fiirsten iiiir von seinen eigentliclien Planen ablenken luid zugleich demWilleii des Papstes nachkom- men; ein wirklicher Ernst, das Cliristentlmm im Sam- lande zu verbreiten, diirfte dem Pfemysliden niclit innegewolmt haben. Indess vermehrten diese, stets an der 8pitze von 50.000 bis 60.000 Mann unternommenen ZUge den Kriegsruhm des Konigs ausserordentlicli ; es verbreitete sich der Glaube an seine unwiderstehliclie Macht bis in den Orient, so dass der Tataren-Clian eine besondere Gesandtscliaft nacli Prag scliickte und um die Freiindschaft Otakar's bitten liess. In den Jahren 1271 imd 1273 kani es zu aber- maligen Kriegen zwischen Bohmen und Ungarn , in welehen sicli zwar der Sieg nicht auf die Seite des gol- denen Konigs neigte, die aber docli das Resultat herbei- fiilirten, dass Otakar von Konig Stefan V. urkundlich als Herr von Steiermark , Karnten und Krain , auf welche Lander Ungarn Anspriiche maclite , anerliannt wurde. Otakar's klihnerPlan, einen ost-europaischen Gross- staat aufzubauen, war durch Kriege, Erbschaften, Ver- handlungen und Heiraten der Verwirkli cluing sehr nalie gerlickt, als Richard Cornwallis 1272 starb und eine neue Kaiserwahl in Aussicht stand. Ob damals die deutsche Kaiserkrone Otakarn durch den Erzbischof Engelbert von Koln angetragen worden sei , seheint zweifelhaft; die Pveise des Erzbischofs nach Prag soli keinen andern Zweck gehabt liaben , als sich der Mit- wirkung des Konigs von Bohmen bei dem Wahlacte zu versichern und dessen Ansichten einzuholen. Dass Ota- kar sich mit Hoifnungen getragen, den Kaiserthron zu gewinnen , ist wahrscheinlich , doch liegen in seiner damaligen Handlungsweise unerklarbare Widerspriiche. Am 29. September 1273 wurde Graf Rudolf von Habsburg, der sich durch Tapferkeit, Gerechtigkeit und staatsmannische Einsicht einen geachteten Namen erworben hatte, mit Einhelligkeit zum deutschen Konig erwahlt und am 28. October in Aachen gekront. Gegen diese Wahl hatte Otakar sogleich protestirt, wie er es verschmahte, auf den angesetzten Reichstagen zu erscheinen und seine Lehen vom deutschen Konige bestatigen zu lassen. Nach mehreren vergeblichen Vor- ladungen und Verhandlungen musste das Schwert ent- scheiden. Durch schnelle Marsche und gluckliche Ope- rationen hatte Rudolf in kurzer Zeit die osterreichischen Laude besetzt und den zu spat vordringenden Otakar, ohne einen Hauptschlag zu flihren, von alien Seiten umringt. Der. Konig von Bohmen musste um Frieden bitten, auf Osterreich, Steiermark, Karnten, Krain, Pordenone und Eger verzichten, um Bohmen undMahren als Reichslehen vom verachteten Gegner in Empfang zu nehmen. Diese Demiithigung war zu gross, als dass der gewaltige, vom Gliick verwohnte Fiirst sie ruhig hatte ertragen kdnnen. Otakar beniitzte den Frieden nur, um Bundesgenossen zu erwerben und ein grosses Heer anzusammeln ; als er des Sieges sicher zu sein glaubte, riickte er mit seiner Kriegsmaeht iiber Briinn bis in die Nahe von Wien dem heranziehenden Rudolf entgegen und lagerte sich in der grossen Ebene zwischen Diirn- krut und Jedenspeugen. Hier wurde am 26. August 1278 die Entseheidungsschlacht geschlagen, in welcher das bohmische Heer vernichtet wurde und Otakar, nachdem er Wunder der Tapferkeit vollbracht, das Leben verlor. Rudolf von Habsburg liess den Leichnam des Hel- den einbalsamiren und langere Zeit in Wien unter Bezeugung koniglicher Ehren offentlich ausstellen, dann nach Znaim iiberfiihren, wo er bei den Minoriten beige- setzt und spater nach Prag iiberliihrt wurde. Dem etwa 80 Jahre nach Otakar's Tode durch Kaiser Karl IV. aufgestellten Denkmal, auf welchem der goldene Konig in ganzer Figur abgebildet ist, seheint eine nach der Leiche gefertigte Zeichnuug zu Grunde gelegt worden zu sein , da das todesmuthige und zornige Antlitz des Fiirsten im Gegensatz zu anderweitigen Grabsteinfigu- ren ungewohnlicli individualisirte Zlige erkennen lasst. Trotz seiner kriegerischen Thatigkeit war Otakar ein fiir seine Zeit sehr feingebildeter, praclit- und kunst- liebender Fiirst, dessen ausserordentliche Begabung von Feind und Freund eben so sehr gepriesen wurde, wie seine Menschfreundliehkeit, sein Edelmuth und Gerech- tigkeitssinn. Aufgewachsen am glanzenden Hofe seines Vaters hatte er von seiner Mutter Kunigunde von Hohen- staufen die hohe Geistesrichtung des staufischen Hauses geerbt. Die von ihm gefiihrten Kriege erscheinen, wenn man seine Gesammtthatigkeit tiberblickt , als unbedeu- tende Nebensache, und es wird geradezu unbegreiflicii, wie er neben seinen unermesslichen civilisatorischen Unternehmungen noch Kriege flihren konnte. Gleich den grossen sachsischen Kaisern Heinrich und Otto, verdient aueh Otakar den Ehrennamen „der Stadtegriinder". In Bohmen wurden durch diesen Regenten ange- legt Oder durch Freiheitsbriefe bestatigt, folgende Stadte : Aussig, Beraun, Budweis, Caslau, Chrudim, Hohen- mauth, Hirschberg, Kaaden, Kolin, Kuttenberg, Lands- kron, Leitomischl, Melnik, Mies, Pilsen, Policka, Tauss und andere. Auch in seinen ausser-bohmischen Landen forderte er Stildtewesen, Gewerbe und Kiinste, sorgte fiir das Aufbliihen des Bergbaues, stiftete Spitaler und ahnliche Anstalten und bewahrte sich in jeder Hinsicht als einsichtsvoller , thatkraftiger und wohlwollender Regent. Moglich, dass manchem verratherischen Adeligen der Tod dieses Fiirsten erwiinsclit war. Doch gab die Klage anderer Edlen um so riihrender und lauter dem Verluste Worte, wie es in einem Jener Tagen entstan- denen Liede heisst : Welie, Welie ! Ehre und Milde weinen um den Tod des Konig's vom Bohmerland, Fluch iiber den Tod ! muss man niclit suchen den Konig und seine Spenderiiand? Erliebt die Klage iiber Konig Ottokar , raein Herrgott ja er ist ersclilagen, Der herrliche Konig ist todt, nie sah man den Edelsten zagen etc. etc. Unter den Regenten aus dem Hause der Pfemys- liden, und man darf wohl sagen, unter alien Fiirsten, welche je die bohmische Krone trugen, gebiihrt unstrei- tig Otakarn die hervorragende Stelle ; auch enthalt die oft ausgesproche Behauptung, dass nur wenige der mit- telalterlichen Fiirsten neben ihn gestellt werden diirfen, im entferntesten keine Ubertreibung. Otakar war „jeder Zoll ein Kijnig". Sein Wesen, seine ganze Eigenthiimlichkeit ist auf die durch ihn hervorgerufenen Denkmale iibergegangen ; — 8 — es liegt em manulicber Stolz, dabei em seltsam abge- ^chlossenes Geprase in seinen Schopfimgen. man mochte glauben er selbst sei der ausluhrende Klinstler gewesen. ^,[ix dem Tode Otakar's brach eiue imbeschreib- liclie'Venvimmg liber Bobmeu herein, welehe von den Mao-naten mo^lichst vermelirt und ausgebeutet >ym-de. Der Tbronfolger Weuzel , Otakar's nnd der Kimisunde Sobn, ziiblte erst siebeu Jabre, wesbalb tnr die Daner der Minderjabrigkeit eine Eegentscbaft gebil- det werden mnsste. Um diese zu erlangen, strirten sieh die verscbiedensten Parteien, obenan die leiebttertige Konigin-Witwe mit ibrem Liebbaber , dem Herren von ZaviiFalkenstein, danu Herzog Heinricb von Breslau und 0 1 1 0 d e r L a n g e V o n B r a n d e nb u r g. auls het- tigste bernm. Kaiser Eudolf entscbied den Streit, ludem ei dem MarkaTafen Otto die Vormundscbaft und Eegie- ruuff fur die nacbsten fUnf Jabre libertrug und zugleicb den'jungen Ivonig Wenzel 11. mit seiner eigenen Tocbter Jutta verlobte. Der neue Reicbsverweser Markgrat Otto war. obo-leicb es ibm an Energie und gutem Allien mcbt o'ebracb ansser Stande, die Orduung berzustellen. Die Kouio-in Kunis-unde , welobe durcb ibre Lebensweise offentlicbes A^o-emiss gab itnd sicb bald naebber mit Zavis vermablte. daun eiu grosser Tbeil des Adels, namentlicb die miichtigen Eosenberge, deren Famihe Zavis ana'eborte , und die zaMreicbe Partei der stets Unzufried^enen emporte sicb gegen die Eegierung Otto s ; das Yolk war erbittert und es entstand der furcbtbarste Biiro-erkrieg. Die Sclireeken desselben wurden ver- melu-t durcli Him-ersnotb und Seucben, wie bisher nocb niemals waren ei-bort worden. Diesen Sebreckensjabren, 1981—1-^82, entstammt aller Wabrscbemliebkeit nach die scbon erwabnte Eund-Capellebei der Stepbans-Kircbe in der oberenNeustadt Prags, anwelcbemdamals ausser- balb der Stadt lie^i'enden Orte ein Friedbot erricntet worden war. Markgrai Otto, besorgt um die personlicbe Sicberbeit seines Miindels . des jimgen Kouigs. batte denselben ausserbalb Laudes bringen lassen . und fiir dessen Erziebimg gesorgt, da aus dem m erster Jugend vernacblassigten Prinzen ein vortrefflicber Konig erwucbs. Kaum 12 Jabre alt ilbernalim enzel ii. am •»4 Mai l-^83 selbstandig die Eegierung, wurde aber m der ersten Zeit durcb seine Mutter Kunigunde und ibren Gemabl Zavis ar- bevormunaet. Diesem vielseitig begabten und scblauen Maune gelang es m kurzer Zeit, sicb der Eegierungsgewalt zu bemacbtigen , indem er den jungeu Konis" ganz an seine Person fesselte unci mit Spielereien bescbaftigte. Erst nacb dem Tode Kum- o-undens gelanole der Ki3nig zu einiger Lnabbangigkeit, entwickelte aber daun seine trefflicben Geistesgaben liberrascbend scbnell. Zugleicb land er an semem ■scbwiegervater, dem Kaiser Eudolf, eineu erlabrenen Rathgeber, welcber dabin wkte, dass der ubermaelitige Zavis vom Hofe entfernt wurde. Dieser stand nicht allein an der Spitze einer grossen Adelspartei, _ soudern liatte sicb auch nacb dem Tode der Konigm Kuni- gunde mit einer ungariscbcn Prinzessm vermablt uiul mit dem Herzog Heinricb von Breslau Verbindungen angeknltpft, so dass er auf auswartige Hilte pocbte imd ohne Scbeu seine veratberisclien Plane betneb. Wieder drobte ein Aufrubr auszubrecben; denn der Anhang des Falkenstein war weit iiber Bohmen, Mahren und Ungaru verbreitet und man barrte nur des Zeicheiis, um die Faline des Aufrubrs zu scbwingen. In dieser verhang- nissvollen Stunde wxude dem Zavis eiu Sobn von seiner zweiten Gemablin Judith von Ungarn geboren, und der Yater begab sicb an den Hof nacb Prag, um den Konig zur Kindstaufe eiuzuladen. Konig ^Yenzel. welcber in dieser Einladun- eine Schbnge erkannte. liess den Falkenstein verbaften und forderte von ihm die Heraus- o-abe der entrissenen Krongilter. Als Zavis sich dessen tveio-erte, wurde er angesicbts seiner eigenen Burg Fratienberg enthauptet, durcb welcben Yorgang der Aufstand bald sein Ende erreiclite. Zwar scbwacblicli von Korper, theilte \\ enzel li. docb zum grossen Tbeile die Anscbauungen seines Yaters; er bieb danzenden Hof, war leutsehg und trei- o'ebio- dabei zu g^eboriger Zeit fest in seinen Entscbliissen und %-ie das Beispiel des Zavis zeigt) streng in der Durcbfiibrung. Er scbeute, wenu es gab, vor kemem Kries-e zurllck, wusste die aussern Yerwicklungen nut kluxer Politik zu beniltzen, bracbte Scblesien mit Krakau an Bobmeu und wurde sogar im Jabre 1300 zum Komg von Polen durcb den Erzbiscbof von Gnesen gekrbnt. ^ Bobmen erfreute sicb , nacbdem der durcb Zayis und ^eiue Anbau^-er bervorgerufene Aufstand bewaltigt worden war, eines uuunterbrocbenen Friedens und eines Wolilstandes, wie er nocb nie dagewesen. Xeue Madte wurden ana'elegt und zablreicbe Bauwerke, namentlicb ^tadtiscbe Pfarrkircben erboben sicb. Insbesondere war e^ die Stadt Kuttenberg, welcbe rascb emporbllibte und wo der Konig ein Scbloss nnd eine Mlinzstatte, den soo-enannten welscben Hof, anlegen liess. Die Liebhngs- schopfung Wenzel's aber war das Cistercienser-Kloster Konio-saal mit seiner als Weltwunder geprieseueii Kircbe Leider wurde diese Kircbe bis m den Grund zer^tort so dass nicht ein Stein auf dem andern gebhe- ben ist.'Xach den auf uns gekommenen Scbilderungeu war dieser Ban ein Meisterwerk ersten Eanges, und zwar im vollendetsten gotbiscben Style gehalten. Nicht viel besser erging es der Stiltskirche zu Sedlec welcbe Koni- Wenzel von Grund aus ueu aut- fubren liess und bei welcber das Kathedral- System mit Chor-Uma-aug und Capellen - Kranz in Bobmen zum ei^tenmarAnwendung land. Diese Kircbe wurde von den Taboriten niedergebrannt und im XMil. Jabrliun- dert in einer abenteuerlich-barocken Gothik wieder aul- gebaut. , II,- " Weuzel II. starb im nocb nicht zuruckgelegten 34 Jabre am 21 Juni 1305; ibm folgte sein emziger Sobn Weuzel EL, welcber erst 17 Jabre alt am 4 Au-ust 130G zu Olmiiz ermordet wurde. Obwohl dieser >urst bereits seit einem Jabre mit der schouen Prinzessin Yiola vou Tescben vermablt war, hmterliess er keinen Erbeu und es starb mit ibm der letzte maun- licbe Sprosse des urahen Hauses der Premysliden, welches aus der Heideuzeit herliberstammend . deu boh- mischen Throu seit mehr als 500 Jabren mnegehabt bitte Mit dem Aussterben dieses beriihniten Geschlechtes tindet' auch die friib-mittelalterlicbe Kunstgeschichte Bohmens ibren Abschluss , indem erst uui loOO die letzten Ankliiuge an den Eomanisnius und I bergangs- Stvl vollstandig verschwinden. — 9 Die alteren Niederlassungen. ■ D e r B u r g- e n b a u. Bevor wir zur Betrachtmig der einzelnen Baudenk- male iibergeben, scbeint es nothwendig, der alteren Niederlassungen, ihrer Arten, Anlagen, Formen und Vertbeitignng zu gedenken. Von den alteren Einwob- nern Bobmens baben sicb zablreiobe befestigte Platze als die Vorbilder des Burgenbaues erbalten, deren Grundform bei Erricbtiing der spatern Hochburgen bei- bebalten witrde. Durcb das ganze Land, besonders abcr die westlicbe Halfte, zieben sich weitlanfige Erd- und Steinwalle bin, welebe offenbar ein zusammenbangcn- des Befestigungs-System bildeten und von eineni kriegs- kundigen Volke ausgefiihrt wurden. Die Zeit, in welcber diese Werke, die man gegenwartig als Heidensclianzen oder Wallburgen zu bezeicbnen pflegi, entstanden, lasst sich eben so wenig mit Sicherbeit angeben, als irgend einem Stanuue die Urbeberscbalt in unbedingter Weise zugescbrieben werden kann. Es ist iiber diese Denkmale , deren in Bolimen nahezu flinfzig bekannt sind, unendlieb viel gefabelt worden, obne dass kaum einer von den Berichterstattern griindHcbe Untersuchungen an Ort und Stelle vorgenom- men biitte. Erzablungen von Jiigern und Landleuten, im besten Falle die Angaben eines naciibarlicben Plarrers, wurden auf guten Glauben hingenommen und gingen obne kritische Sicbtung in Topograpbien und Gescbichts- werke iiber. Bald sollten unbekannte Urvolker, bald die Kelten und Bojen, dann die Markomannen, Avaren oder Slaven diese Werke aufgefiibrt baben; die einen erblick- ten kyklopische Mauern, andere hussitiscbe Verscban- zungen und die dritten durcb Feuer zusammengeschmol- zene Steinmassen. Griindlicbe facbmannische Untersudhungen feblten ganzlich, in Ermanglung derselben wurde die Frage auf das nationale Gebiet verpfianzt und diese oder jeue Ansicbt mit Leidenscbaftlichkeit verfocliten. So stand die Angelegenbeit , als ein sacbsischer Militiir, Herr Oskar Schuster, ein Werk iiber die zwischen der Saale und Oder hinziehenden alten Befestigungeu ver- offentlichte. In klarer und vorurtheilsfreier Weise wurden hier zum erstenmal diese Denkmale in ihrem Zusam- nienhange besprochen und dargethan, dass sie einem einheitlichen Festungssystem ang-ehoren, bestimmt, die uralte, aus Germanien nach dem fernen Osten laufende Handelsstrasse zu decken und zug-leich die Griinzen zu waliren. Der Verfasser zeigt, dass den sammtlichen Wallburgen ein und derselbe Plan zu Grunde liege, miDgen sie nun aus Steinen , Erde oder gemiscbten Materialien errichtet sein, dass endlich die Durchfiih- rung eines so ausgedehnten und doch ineinandergrei- fenden Systems grosse Kriegserfahrung und materielle Hilfsmittel voraussetze. Nacbdem icb viele von den bohmischen Wallbur- gen eingesehen und aufgenommen hatte, besucbte ich gelegenheitlich einer Rheinreise mebrere von den im Tannus und in Westpbalen befindlichen Heidenschanzen, unter andern, die auf dem Altkonig nordlich von Frank- furt und bei Meschede an der oberen Ruhr; auch hier fand ich denselben Grundplan befolgt und die Unter- suchungen Schuster's bestatigt. ir. Es seien einige der bedeutungsvollsten bohmischen Umwallungen, welche sicbtlich auf den spatern Burgen- bau Einfluss iibten, ausgewjiblt und niiher beschrieben. Zunacbst verdienen als besonders wohlerhalten die Steinwalle auf dem Berge Tfenischin und die von Ple- sivec, beide im Brdywaldgebirge liegend, angefiihrt zu werden, dann der sogenannte Radlstein zwischen Bilin und Teplitz, der sagenreiche Berg Blanik mit seinen Ruinen und vor alien andern die Feste von Katovic am Flusse Votava. Die sebr interessanten Werke auf dein Berge Vladar unweit Luditz, ferner Hradek bei Cernosck , die ricsenh'aften Walle bei Kopidlno und Neupaka miissen wir iibergeheu, da die Grundrisse sich nieht vollstandig erhalten haben. Alle diese Verschanzungen sind doppelte und liegen auf Bergkuppen; sie bestehen je aus wciten in der Ab- dachung des Berges errichteten Umwallungen und kleinen, innerhalb derselben auf den hochsten Pimkten angebracbten Festen, den Hochburgen. Die Hochburg licgt nie in der Mitte der stets langlichen Umwallung, sondern an einem Ende derselben, wo der Berg wenig- stens nach einer Seite bin steil abfallt. Durcb diese An- ordnung wurde ein grosser freier Platz innerhalb des Walles erzielt, welcber zu Waffeniibungen und im Noth- falle zur Unterbringung der Herden diente. In diesem Platze findet man innen eine, manchmal mebrere tiefe Gruben, Cistern en, auch ist der vom untercn Thore zur Hochburg fiihrende Weg ofters mit besondern kleinen Schanzen eingefasst und zeigt labyrinthartige Verschlin- gungen. Alle Walle, die innern wie die aussern umzo- gen Griiben, die Berglehnen sind oft kiinstlich abge- schroft't und die Plateau's geebnet. Als Materiale diente stets das vorgehende Gestein, Grauwacke, Gneiss, Granit, Basalt oder Sandstein, die etwa i/a bis l^j Kubikluss haltenden Stiicke sind obne alle Bearbeitung, oft auch obne jedes Bindemittel so aufeinander gelegt, dass die Wallseiten im Winkel von 45 Grad geboscht und oben mit einer etwa 6 Fuss breiten Kronung versehen waren. So sind die Walle auf dem 2200 hohen, kiinstlich abgeplatteten Radlstein zwischen Teplitz und Bilin beschaffen, weniger durcb ihre Structur und Anordnuug, als wegen der hohen Lage und guten Couservirung bemerkenswerth. Die Radlsteiner Feste ist ziemlicb kreisformig und scbeint zunacbst Cult-Stiitte gewesen zu sein. Die Wallhohe betragt gegenwartig nur etwa 5 Fuss, die Basis 24 Fuss ; der iiussere Wall ist viel niedriger und vielfach zerstcirt, auch sind mebrere Cisternen vor- banden. Der Radlstein ist ein konischer Basaltberg, die Rundform der Walle ist durcb die Natur vorgeschrieben. Ungleich wichtiger und umfangreicber sind die Befestigungeu auf den Bergen P 1 e s i v c c und Blanik. In beiden folgen die aussern Unnvallungen den durch die Gebirge bedingten Linien, die Hochburgen steben an steilen Felsrandern, wo die aussern und inneru Walle in einen einzigen zusammenlaufen. Auf dem Plegivec betragt der Umfang des inneren Walles etwas iiber 3600, des ausseren gegen 12.000 Fuss, wo- bei benierkt wird, dass diese wie die nachstfolgenden Massangaben nur als beilautige hinzunehmen sind, weil die ruinose Beschatfenheit der Objecte, Gestriippe, Fels- triinuner und Abgriinde genauere Vermessungen unmog- 2 — 10 — lich inaclieu. Die Hochbnrg delint sicli von Nord gegen Slid aus, ist abgestumpft rechteckig, gegen 1200 Fuss Ian"' nnd 800 Fuss breit ; eben so weit ist audi der zwisclien den iunern und itussern Schanzen liegende, starli gegen Siiden hin abhUngige Platz , dessen grosste Langeuaiisdebuung gegen 4000 Fuss betragt. Hier ist ausnahmsweise der fiussere Wall holier als der innere, er bait an der Basis durchselmittlich 36 Fuss Breite bei einer Hohe von 8 bis 10 Fuss ein. Die Walle von Plesivec sind die grossten der bisher in B(3bmeu bekann- ten und an Flacbeninhalt denen am Altkonig fast gleicb. Die Feste auf deni Blanik bei Jung-Vozic ist viel kleiner als obige, aber in dersclben Weise angelegt. Die eiformig bescliriebene Hocliburg enthalt einen licli- ten Kauni von nur etwas liber 200 Fuss Lilnge und ini grossten Durcbinesser 150 Fuss Breite; dieser Rauni ist planirt und der Quere uach von einem kleinen, vielleicbt spatern Walle in zwei Abtheilungen zerlegt, von denen die dem Eingang zugekebrte bei weiteni die grossere ist. Sowohl der innere wie iiussere Wall sind mit Graben umzogen und der Weg durch den aussern Platz ist mit einer besonderen Schanze eingesaumt. Beide Walle, der aussere wie innere, laufen an dem steilen Abbange, an welcben die Hocliburg sich anlebnt, in einen einzigen zusanimen. Bau-Materiale ist Tbonscbiefer. Wenn jeder Kriegsniann und Tecbniker aus diesen Besclireibungen erkannt bat, dass die Befestigungswerke von Plesivec und Blanik nicbts anderes als verscbanzte Lager warcn, wird diese Einriclitung bei den folgenden Festen noch deutlicher hervortreten. Der Berg Tre ins chin ini Brdywalde ist ein lang- gezogener sebmaler und felsiger Rilcken, der sich in Gestalt einer Mondsichel von Ost nach Nordwest liin- zieht. Die Hocliburg liegt auf dem bochsten nordwest- licben Piinkte, ist dureb einen tiefeu Graben , liber den eine Brltcke flibrte , von der aussern Umwallung abge- scblossen und zeigt regelmassig elliptiscbe Grundform, bei einer Lilnge von 180 und einer Breite von GO Fuss. Hier, aber nur an der Hocbburg, maclit sich bereits etwas sorgfaltigere Arbeit bemerkbar, die Steine sind einigerniassen zugericlitet und, wie es scbeint, auf Lelim versetzt worden. Der aussere, mit einem niederen Stein- wall umschlossene Eaum wird durch einen Querdamm in zwei Hiilften zerlegt, die an die Hocbburg angrenzende ostliche Partie ist 360 Fuss lang und in der niittleren Beugung gegen 200 Fuss breit; der westlich vom Quer- damm liegende Platz ist 240 Fuss lang. An diesen Fig'. 1. (1"fom«cliin.) Rauni stosst gegen Osten noch ein hufeisenformiges, niedriger liegendes Vorwerk von 160 Fuss Ltinge an, ringsum fallt der Berg steil gegen das Thai ab. Die ganze Burgstelle ist diclit mit Gestriipp iiberwachsen, das Gestein sproder zerkllifteter Granit. Fig. 1 gibt den Grundriss der Umwallung Tfemschin. Noch melir Aufschliisse gewahren die Werke bei dem Stadtclien Katovic, auf der sogenannten Fursten- hohe oder Knezihora, einem kegelformigen, vom Votava- flusse an der Slidseite umzogenen Berge. Katovic ist gegenwartig ein Stationsplatz der von Pilsen nach Bud- weis fuhrenden Eisenbahn , und der kahle, sorgfaltig nach der Linie abgearbeitete Berg mit seinen regel- miissigen Abtreppungen und der bewaldeten Krone erweckt scbon aus weiter Feme die Aufmerksamkeit der Reisenden. Gegen Osten hin dacht sich die gegen 450 Fuss liber den Spiegel des Flusses ansteigende Hohe sanft ab, von hier aus zog sich der Weg zur Burg hinan und die Kirche von Katovic stebt bereits auf dem Fusse des Berges. In einer Viertelstunde erreicht man vom Stiidtchen auf dem gleichmassig ansteigenden Pfade die untere Umwallung, welche in einem weiten Bogen den ganzen Berg an der Ost-, Nord- und Westseite unigibt. An der Slidseite lauft nur eine einzige Schanze (der Hauptwall) hin, welch em sich der untere Wall an den entgegengesetzten ostlichen und westlichen Enden anschliesst. Der umfangene Rauni ist annahernd ellip- tisch, nahezu 1200 Fuss lang und 580 bis 600 Fuss breit. Dabei ist der aussere Wall sowohl an der Aussen- wie Innenseite von kleinen Graben eingefasst, welche ursprllnglich 10 Fuss breit und 5 Fuss tief sein mochten und wahrscheinlich nur angelegt wurden, um Materiale zu gewinnen. Innerhalb des uiiteren Walles zog sich ein zweiter halbmoudformiger so durch die ganze Lange hin , dass er mit den ostlichen und westlichen Enden an den Haupt- wall zugleich mit der aussern Schanze anschloss und mit dieser gleiche Gestah einliielt. Diese beideu Walle haben je an der Basis eine Breite von 20 bis 25 Fuss, sind ohne die Grabentiefe 5 Fuss hoch und am Kamnie 5 Fuss breit, wobei zu bemerken, dass die ursprllng- liche Hohe in keineni Falle niehr als 7 Fuss betragen haben kann. Der freie Platz zwischen den beidenWallen betragt im Mittel des Bogens 400 Fuss. Zwischen der innern Schanze und dem vom Hauptwall umzogeiien Raum liegt wieder ein freier, in der Mitte 70 Fuss breiter Platz, durch welchen ein von kleinen Aufwlirfen eingesaumter Weg zur eigentlichen Burgstelle filhrt. Diese ist in zwei Partien abgesondert; auf der ostlichen und bochsten Spitze liegt die Hocliburg (das Castell), die im Lichten 120 Fuss lang und 90 Fuss breit, mit doppelten Wallen unigeben ist; westlich von derscl- ben befindet sich die um etwa 30 Fuss niedriger liegende, einfach uniwallte Burgstelle von 800 Fuss Lilnge und 120 Fuss Breite. Der grosse Wall, der sowohl Hocli- burg wie die Burgstelle unifilngt, ist heute noch an vielen Stellcn 18 bis 20 Fuss hoch, an der Basis 36 Fuss und am Kamme 8 bis 10 Fuss breit. Die Laugenrichtung der Burg erstrefkt sich von Ost nach West, an den beiden Enden waren ausserhalb der Schanzen noch besondere Vorwerke angelegt, beide halb-eirund, gegen 200 Fuss breit und 250 Fuss lang. An der Slidseite des mit besonderer Accuratesse abgearbciteten Berges wurdc in geringer Hohe liber dem — 11 — Flusse vor einigen Jahren ein unterirdischer, in dem Felsen ausg-ehaiieiier Gang- entdeckt, welclier bei einer Hobe von 51/3 und einer mittleren Weite von Fuss sich vom Castell zur Votava hingezogen zu haben scheint, also ein Wasserweg war. Da sich von der Decide viele Stucke losgelost haben und noeh imiuer welche herabstiirzen , ist eine Uutersuchiing des Ganges nicht moglioh; Hirtenknaben, welche bis zu einer Tiefe von etwa 8 Klaftern hineingekrochen sind, versichern, dass der Weg steil aufwarts steige. Priifen wir nun die beiliegenden Grand- und Profil- risse dieser Anlage, erkennen wir einen wohldurchdach- ten Plan , dessen hohe Zweckniassigkeit klar wird, sobald wir uns die socialen Zustande jener Zeit ver- gegenwartigen. Der grosse untere, von der allgemeinen Umwallung eingeschlossene, gegen 400.000 Quadrat- luss enthaltende Eaum diente zur Unterbringung der Herden und war gross genug, urn einige tausend Stiick Kinder anfzunehmen ; der nachstinnere halbmondforniige Platz dlirfte fiir die waffenfahigen Scharen eingerichtet gewesen sein, denen von hier aus auch die Vorwerke zuganglich waren. Oben in der grossern Abtheilung der Burgstelle fanden Weiber und Kinder Unterkuuft und die Hochburg diente als Wohnung der Anflihrer und letzter Zufluchtsort, Es eriibrigt noch, die Structur der Steiuwiille von Katovic zu besprechen. Sie sollen nach Behauptuug einigerAlterthumsfreunde verschlackt, njinilich dieSteine durch absichtliche Feuereinwirkung zu einer compacten Masse zusammengeschmolzen worden sein, und es wurde von den Enthusiasten eine forndiche Methode ausge- dacht, wie die Verschlackung bewerkstelligt worden sei. Die Steine sollen Schiclite fur Schichte durch darliber angemachte Feuer in Fluss gebracht und so aufeinander gebacken worden sein. Dass bei dieser etwas abenteuer- lichen Erklarung die chemische Reschaffenheit der Ge- steine unberiieksichtigt blieb , dass diese Fabel von einem Buche in das andere iiberging, ist eben so unbe- greiflich als wahr. Da insbesonders von den vier Wallburgen: Vla- dar, Plesivec, Hradist' bei Strakonic und Hora bei Katovic die Verschlackung behauptet wurde, die erste aus Basalt, die zweite aus Wacke, die dritte aus Granit und die vierte aus Gneiss bestehen, beschloss ich eine griindliche Untersuchung anzustellen und wahlte, da sich in den drei erstgenannten Orten nur massige Spuren von (vielleiclit zufalligen) Bninden zeigten, die Euine von Katovic , die angeblich bedeutendsten Schlackenwalle. Die an den aussern 8chanzen ange- stellten Nachgrabungen fiihrten zu keinem Eesultate; es fanden sich allerdings Kohlen und verbrannte Steine, jedoch nicht in fortlaufenden Linien, sondern zerstreut, so dass auch die im Laufe von circa 2000 Jahren ange- niachten Hirtenfeuer ahnliche Erscheinungen bewei-k- stelligt haben konuten. Anders zeigten sich die Walle der eigentliclien Burg. Diese sind nicht sowohl Walle als Mauern zu nennen , bestehen aus mittel- grossen Gneissstiicken und sind jetzt noch sehr stpil, mitunter gegen 60 Klafter geboscht.' Ein ^ frisch aufgedeckter Querschnitt stellte sicher, ^^"^77^ dass die urspriingliche Boschiing noch steiler war und gegen 70 Klafter betragen mochte, dass ferner die Steine schichtenweise aufein- ander gelegt und meist verbrannt waren, dass Fig. 2. (Kiitovic. aber an den Steinen nicht die mindeste Spur von Verschlackung wahrgenommcn werden konnte. Ferner zeigte sich bei der Durchbrechung, dass die Mauern mit Lehmmortel, welchem grober Quarzsand beige- mengt wurde , versetzt worden sind. Sei es nun , urn eine schnellere Austrocknung herbeizufiihren, oder eine festere Bindung zu erzielen, wurde iiber jeder Schichte von etwa ly. Fuss Hohe Feuer angemacht, wodurch der Letten, wie man beim Ziegelbrennen in den Feldofen tagtaglich sehen kann, liilufig verschlackte und sich oft fest an die Steine ansetzte. Die Steine selbst sind durch dieses Verfahren so miirbe geworden, dass man viele mit der Hand zerreiben kann, wiihrend dasBindemittel barter als der Stein wurde. Auf diese Weise erkliirt sich die Sage ganz natiirlich und die Enthusiasten haben niitibren Behauptungen wenigstens nicht ganz Unrecht. Dass, nebenbei gesagt, die gesammten Wiilder der alten Her- cynia nicht ausgereicht liiitten, urn bei ofifenem Feuer die Granite von Hradisf und die quarzreichen Gneisse von Katovic zu schmelzen , wird jeder Hiittenmann bestatigen. Ob in England, wo man zuerst derartige Walle, vitrified forts, beobachtet hat, so schmelzbare Gesteine vorhanden sind, um in der angedeuteten Weise fliissiggemacht werden zu kounen, istmir nicht bekannt; bis die Sache durch chemische Versuche sichergestellt ist, werden einige Zweifel erlaubt sein. Eine Verscldackung in dem Sinne, wie sie von den Altertlmmlern behauptet wurde , ist weder von den Erbauern der Walle angestrebt worden, noch hat eine solche je stattgefunden. Fig. 2 , Grundplan der Katovicer Burg : a ) die Hochburg, h) die obere Burgstelle, c) Zwischenraum Fig-. 3. iKatovic.) 2* 12 — liir die waffeiifaliig'e Mannscliaft , dj iiusserer Vorplatz fiir Herdeu, e) Vorwerke, fj Eingang imd Weg zuv Hochbnrg , gj uiiterirdischer Gang. Fig. 3 Profil der Hoclibiirg von Ost nacli West. tiber die Entwickhing des alt-slavischen Burgen- baues habeia sieh keinerlei beglaubigte Nachricliten erhalten , wenn wir aueh in den Chrouiken die Burg Hrad un'd cfie Hocbbuvg Vysehrad oft als bestehend erwahnt finden. Dass das herzoglicbe Saalgebande auf dem Prager Vysehrad im XII. Jahrhundert nock ans Holz bestand, haben wir bereits erwahnt; ferner wissen wir, dass Herzog Sobeslav I. mehrere Bnrgen hat nen auft'ilhren und den Hradschin zu Brag urns Jahr 1135 nach italienischer Art (mit Steinmaucrn) befestigen lassen. Welche Gestalt jedoch diese Burgen eingehalten haben, wird nirgend gesagt. Gerade einhmidert Jahre nach Sobeslav s lode Avnrde der deutsche Bnrgeubau in Bohmen durch KiJnig Wenzel I. eingefilhrt, aus welcher Zeit sieh einige An- lagen erhalten haben. In diesen zeigt sieh das deutsche Bail- System in so eigentlmmlich moditicirter, dem uralten Wallbiirgenbau sieh annahernder Weise, dass man die friihern slavischen Befestigungen als Zwischengliede- rungen anzimehmen berechtigt ist. Wahrend die dei;t- schen Schlosser und Bin-gen regelmassig urn emeu Hot gelao'ert sind und ein zusauimenhaugeudes Gebaude ausmacheu, bestelit die bohmische Burg aus mehi;eren o-etrennten Bauwerken, welche in einem gememschalt- lichen Hole ' lie gen. Bei der deutschen Burg bildet die Umfassungsmauer des Saalgebaudes gewohnlich auch die Wallmaner und steht der Hauptthurm auf dem lioch- sten unzugauglichsten Orte; in Bohmen umzieht die Walhaaauer einen viel grossern Eaum und die mnerhalb desselben betindlichen Bauwerke berlihren nur aus- nahmsweise die Umwallung. Dann halt der Hauptthurm hier eine andere Stellnng ein und steht oft neben dem Eingange. Alle diese Einrichtungen, besonders die lang- gezogeuen Grundformen der bohmischen Burgen, erin- nern auffallend an die Heidenschanzen , bei welchen wir auch die Zerlegung in zwei oder mehrere Abthei- lungen kennen gelernt haben. Compactc, ganz nach deutscher Art errichtete Schlossgebiiude trifft man wenige; die Erbauung derselben wird moist, wie m lOingenberg, Pisek, Strakouic, den ritteiiichen Orden zugeschrieben. Bei weitem die meisten Burgen, sowohl der hlot- und Landesburgen, hrady, wie der Rittersitze, tvrze, wurden auf Bergen erbaut ; man wahlte theils treihe- yende Anhohen, ofter noch absehlissige , aus Gebirgen und Hochebenen vorspringende Bergzungen. Nach dem langgezogenen mehrtheiligen System wurden im XIU. Jahrhundert die grossenSciilosser derlierren von Rosen- berg im Siiden und die meisten der im IMittelgebirge Bohmens betindlichen Bnrgen, von denen nur Wittingau, Krumau, Rosenberg, dann Engelhaus, Hasenburg, Biiix, Graupen, Riesenburg, Gross-Skal, Trosky genannt sem sollcn, ausgefiihrt; in Mahren sehen wir dasselbe System befolg^ zu Pernstein, Buchlau, Maleiiovic u. a. In der Ebene gelegene, durch Teiche oder Wasser- griiben geschiitzte Burgen kommen nur einige vor; die l)cdoutendstcn sind das sehon beschriebene Schloss in Strakouic, Roth-Lhota im Taborer Kreise und Blatna, welches aber seine ursprliiiglichc Gestalt grosstentheils vcrlori'u liat. Die Yorburgcngehoren ohne Ausnahme der neuern Zeit, dem XV. oder XVI. Jahrhundert an , liegen daher ausserhalb der gegenwartigen Betrachtung, wie auch die im Laufe des XIV. Jalirhunderts angelegten Schlosser hier nicht einbegriffen sind. Wo es anders die Situation erlaubte, hatte die Burg zwei Eingange: das stets wohlbefestigte Haupt- thor, zu welchem ein Fahrweg in Windungen liber den Bergriicken hinanzog, und eine kleine Pforte fur den gewohnlichen Hausbedarf. Die letztere war verstcckt und nur itber eine steile Treppe zuganglich, sie stellte die Verbindung zwischen der Hochburg und dem unter- hnlb liegenden Vororte, suburbium, her und bedurfte ke.ner besonderen Vertheidigungsmittel, da nur ein- zelne Personen die Treppe passiren • konnten. Hatte man das Hauptthor zuriickgelegt, zog sieh der Weg noch etwa 100 Schritte zwischen der Wallmauer und einer innern Eingmauer um verschiedene Thiirme und Vertheidigungswerke herum, bis man durch ein eiufaches Thor in den Burghof eintrat. Hier lagen die o-ewohnlichen Wohiigebaude des Besitzers sowohl wie der zurFamilic gehorenden Dienstboten; die Stallmigen aber und Raumlichkeiten fiir Kriegsmannschaften oder Reisige waren theils in der Vorburg, theils neben dem o-rossen There angeordnet. Mit den Wohngebauden war gewohnlich die Schloss-Capelle in Verbindung gebracht, wenn sie nicht isolirt in der Vorburg stand. Den Hof iiberschreitend gelangte man zum hochsten Punkte der Burgstelle, avo der Saalbau dieselbe Stelluug innehatte, die in Deutsch^and dem Bergfried zugewiesen wurde. Der Saalbau, auch Palas, Pfalz, genannt, scheint nur bei besonderen Anlitssen beniitzt worden zu sem und vair von der Wohnburg durch einen Graben getrennt. Die Raumlichkeiten dieser Gebaude waren so ausser- ordentlich beschrankt, dass z. B. in den bedeutenden Granzfesten Riesenburg und Graupen, dann m dem landesfiirstlichen Schlosse bei Briix der ganze Palas kaum eine Range von 24 und eine Breite von 18 Fuss lichten Masses "einhielt, Dimcnsionen, die wir heute fiir ein gjwohnliches Wohnzimmer beanspruchen. Die Treppen waren von Holz und zogen an der Aussenseite des thurmartigen Baues zu den oberen Geschossen hinan. Dieses bescheidene Hans diente als Absteige- quartier des Landesfiirsten , wenn er des Waidwerks pflegte oder Gerichtstage abhiclt. Die Absonderung der Baulichkeiten, die Anordnung, dass Wohnhaus und Palas an den entgegengesetzteu Enden der Burgstelle liegen, tinden wir sogar m sehr kleinen Festen beibehalten ; so in Hammerstein unweit Reichenberg, wo innerhalb einer ovalen Ruigmauer etwa 150 Schritte von einander entfernt zwei quadra- tische Hauser (Thiirme) liegen , von denen jedes nur einen lichten Raum von 18 Fuss im Gevierte misst. Der Hauptthurm, Bergfried, war gewohnlich rund, hielt mit Inbegriff der Mauern einen Durchmesser von anniihernd 24 Fuss ein und war selten iiber bO bis 70 Fuss hoch. Der stets in der Hohe von etwa 30 Fuss^ botindliche Eingang war manchmal durch erne Fall- l)riUke mit einem Schlosstliigel verbunden. manchmal nur auf Leitern zu erreichen. Verliesse finden sich hie und da in den Thiirmen, jedoch selten; bekannt ist das Verliess im Daliborka-Thurm auf dem Prager Hrad- schin Ahnlichc Einrichtungen finden sich in Neuhaiis und Rosenberg. Sonst zeigcn sich diese Thiirme, die — la- in Deutscliland oft sehr reicli mit Zinnen, Evkern unci Bekroniingen ausgestattet sind, aiisserst einfacli, lioch- stens dass sie oben mit einem Gesimse und Rundbogen- friese nmgeben sind. Im ganzen haben die bohmischen Bnrgen des XIII. Jalirliunderts ein rauhes trotziges Anselien, die meisten sind Notliwendigkeitsbanten, ohne dass auf die Bequeniliclikeit nnd arcbitektonische Gliedening Riick- sicht genommen ware. Bei nngeheurer Eanmversciiwen- dung in den Hofen und Zwischenj^latzen, bei gewaltigen Mauerstarken findet man nnv kleine Gemacher von etwa vier Quadratklaftei- Flacbcninhalt, dabei tinster und in so geringer Anzahl, dass ganz unbegreifiieb ist, wie eine adelige Familie sammt Dienerscbaft in solchen Win- kelwerken untergebracbt werden konnte. Die Stiegen waren gewobnlicli von Holz und lagen in den H(3fen, Wendeltreppen im Innern der Gebaude kommen in dieserPeriode niclit vor. Selbst die im XIV. Jalirliundert unter Karl IV. angelegten Burgen zeigen nocb dieselbe Unbewobnlicbkeit ; erst in der zweiten Halfte des fol- genden Jabrbunderts, zur Zeit des Konigs Georg von Podebrad, begann man die Wobnungen bequenier anzu- ordnen und die Stockwerke in gleiche Hoben zu legen. Dass die nocb bewobnten Burgen mehrfacb umgebaut worden sind und sicb liier im besten Falle nur die Haupttliiirme unverandert erbalten baben, ist selbstver- stiindlicb ; namentlicb wurde die innere Eintbeilung immer umgestaltet, selbst dort, wo die Umfassungs- mauern zum Theil die urspriingbchen geblieben sind. An tiicbtigen Baubandwerkern war im Laufe dieser Periode um so empfindlicherer Mangel, als die gleich- zeitigen Stadteanlagen und Kircbenbauten die besten Arl)eitskrafte in Ansprucb nabmen. Die klinstlerisebe Durcbbildung mebrerer, durcb geistlicbe Orden ange- legter Scblosser beweist, dass die Geistliebkeit nocb immer ibre eigenen Bauleute mit ins Land bracbte. Stadtiscbe Wolingebaude, welcbe dem Ubergangs- Styl Oder der Friib-Gotliik angeboren , baben sicb in Bobmen und Mabren nicbt erbalten. Die Stadteanlagen. Durcb Herzog Vratislav II. batten die in dem Suburbium Prag wobnenden Deutscben einen Freibvief erbalten, nacb ibren eigenen Gesetzen unter selbstge- wablten Ricbtern zu leben und sicb zu einer Gemeinde zu vereinigen. .Sobeslav II. bestatigte und erweiterte zwiscben 1173 — 1178 den Vratislav'scben Freibrief durcb ein besonderes scbriftliclies Privilegium , laut dessen die deutscbe Gemeinde sicb unbebindert in Prag am Pofic ausbreiten, in der dortigen Kircbe St. Peter ibren eigenen Pfarrer wablen und in voUer Autonomic nacb ibren bergebracbten Satzungcn sicb einricbten durfte. Die bedeutenden Vortbeile, welcbe sowobl den Regenten wie den Mitgliedern der neuen Gemeinde erwucbsen, bewirkten ein rascbes Anwacbsen der PoH- cer Ansiedlung, die sicb bald liber die Gegend der beutigen Altstadt Prag ausgebreitet batte, so dass ein grosser Tbeil des auf dem recbten Moldauufer liegenden Burgfleckens mit dem uralten Kaufhofe am Teyn durcb Kauf, Tausch oder sonstige Vertrage an die Colonic iibergegangen war. Welcbe Gestalt und Ausdebnung die ebemabgen Prager Burgflecken (Suburbien) einbielten, lasst sicb nicbt mebr genau bestimmen; wabrscbeinlicb zogen sicb die Hauser in mebreren Gassen nacb Art der Fiscber- dorfer entlang den beiden Flussufern bin, recbts unter dem Scliutze der Burg Vysebrad, links unterbalb des Scblosses Hradschin. Die beiden Flecken batten je ibre eigene Verwaltung, waren Sitze besonderer Zupen- amter und batten scbon in friibester Zeit Marktberecbti- gung und MarktpUitze. Das Scliloss Hradscbin gait von je als die wicbtigere Feste, es wurde die Prager Burg (brad Prazsky) genannt und soil der Sage nacb friiber als Vysebrad gegrlindet worden sein. Weil aber die Berge an der Westseite sebr nabe an den Fluss beran- treten und der Raum bier sehr beengt ist, konnte sicb das unter dem Hradscbin liegende Suburbium (die jetzige Kleiuseite) nicbt in der Art ausdebnen, wie der ostlicbe Flecken, welcbem nicbt allein eine sebr grosse Ebene, sondern aucb eine viel gilnstigere Lage zu Gebote stand. Aus der kleinen Gemeinde am Pofic, welcbe urns Jahr 1080 nocb die deutscbe Gasse (vicus Teutonicorum) genannt wurde, war bis zum Scblusse der Regierung Otakar I. beinabe eine Stadt beran- geblUbt. Die Ummauerung der Stadt Prag scbeint bereits unter Otakar eingeleitet und durcb seinen Sobn Konig Wenzel I. zwiscben 1230 bis 1240 zu Stande gebracbt worden zu sein. Um diese Zeit wurde aucb ein grosger, nocb ausserbalb des Suburbiums gele- gener District unter dem Titel: Neustadt bei St. Gallus (nova civitas circa sanctum Galium) in die Altstadt einbezogen und mit der allgemeinen Stadtniauer um- fangen i. Nacb ibrer stiickweisen Entstebungsart konnte ein fester Plan bei dieser Stadtanlage nicbt wobl eingebal- ten werden, docb seben wir scbon einige von jenen Regeln befolgt, welcbe bei den spatern Stadtegriindun- gen eingebalten wurden. Als wicbtigster Punkt einer Stadtanlage wurde jederzeit der Marktplatz augeseben, um diesen ber gruppirten sicb die Gebaude, Strassen und Nebengassen , obne dass die Vortbeile , welcbe Fliisse und grossere Communications-Linien bieten, viel beacbtet worden waren. Wenu es die Ortbcbkeit erlaubte, wurde der Haupt- platz nacb den Weltgegenden orientirt und recbteckig, wo moglicb quadratiscb angelegt. Die Strassen durften aus fortiticatoriscben Griinden nicbt in geraden Linien gegen die Mitte des Platzes filhren, sondern mussten an den Ecken einmiinden, so dass die den Platz umgeben- den Hauserreihen ununterbrocben fortliefen. In den moisten Fallen durcbscbnitt nur eine einzige Haiipt- strasse die Stadt. Diese Strasse batte zwar entlang den Hausern, also an der Seite des Platzes binzuzieben, aber an den in der Diagonale sicb gegeniiberliegeuden Ecken ein- und auszumlinden; trat z. B. die Strasse an der nordwestlicben P]cke in den Platz ein, mlindete sie an der slidostlicben aus. Bei quadratiscben Plittzen wurde angestrebt, dass das Mass je einer Seite zwiscben 400 bis 500 Fuss einbielt ; recbteckige Platze erbielten in der Lfinge um so viel mebr zugelegt , als die Breite geringer Avar. ' Vher die Vnimauerung von Piag berichtet der Fortsetzcr des Cosnias p. 37"2 , wosellist die Regierungszcit des Konigs Wenzel I. gescliildert -nird: ,.procedente autem tempore, patre sue jam viam universi earnis ingresso^ ciTi- tatem Pragensem fecit murari." — Diesen AVorten zufolge wurden die Stadt- niauern bald nach dem Tode Ottokar I. (1230), -wahrsclieinlicli wegen des zu befiirchteiiden Einfalles der Mongolen so schnell als moglicli ausgefiilirt. Zuro Jahre 1245 wird Ton der Ummauerung als einer bereits vollendeten Thatsaclie gesprochen. — 14 — Del- zweite Punkt betraf die Stelhiiig tier Kirche znm IMarktplatze. So sehr die Anordnnng der Kirche in der Mitte des Platzes als kiinstleriscli vollendetste sich empfalil, konute sie aus praktiscbeu Griinden nur in den seltensten Fallen eingelialten werden. Mit Vorliebe wurde die stadtisclie Pfarrkirche an der Ostseite des Platzes angebracht , welche Kegel wir u. a. in Budweis, Koufim, Leitmeritz , Nimbiirg , Rakonic , 8clilan und vielen anderen Stiidten befolgt sehen. Auch in Prag steht die Hauptkirche der Altstadt, St. Maria vor dem Teyne, an der Ostseite des grossen Platzes , welcher zwar niclit ganz regelmassig, aber dock ziemlich orien- tirt erscheint und bei circa 350 Fuss westostlicher Aus- delmung gegen 420 Fuss von Nord nach Slid einhalt. Da aber an die Westfroute der Teyukircbe eine nicht hingehorende Hauserreihe liingebaut ist, war der Platz offcnbar quadratiseli projectirt , konnte aber wegen ortlicber Hiudernisse nicht planmassig durchgefiihrt werden. In der Stadt Pilsen liegt die Kirche so ziemlich in der Mitte des Platzes, welche Anordnung zwar mancli- mal, jedoch sonst nur in kleinern Landstadten, wie Hum- polec, Patzau, Miihlhausen bei Tabor, getroifen wird. Die Hauptursache, dass diese Situation weniger beliebt war, lag in der Schwierigkeit, den Friedhof neben der Kirche anzubringen. Bei weitem die Mehrzahl der Stadtpliitze , oder wie sie in Bohmen geuannt werden, Einge, war mit offenen Hall en (Laubengangen) umzogen, welche an die Front- seiten der Hiiuser so angebaut wurden, dass die Raume oberhalb der Lauben zu Wohnuugen beniitzt werden konnten. Da iiber die Anlagen der Stiidte, liber Strassen- zlige, Platze, Hohe und Starke der Stadtmaueru, Tiefe imd Breite der Graben sehr genaue Vorschriften gege- ben waren, ist wahrscheinlich, dass auch die Lauben- gange als gemeinnlitzige Anstalten verordnungsmassig durchgefiihrt werden mussten. In den grosseren Stadten halten diese Gange durchschnittlich eine lichte Weite von 12 bis 15 Fuss ein, sie sind ilberwolbt und ruhen gegen den Platz hin auf rechteckigen, meist gebosclitenPfeilern. Die Hauser selbst sind mit der schmalen Seite nach a O I'i^-. 4. (l]t',d\veis.j gothischer Weise gegen den Platz gestellt, gewolmlich zwei Bogenoffnungen weit und genau so eingerichtet, wie in den alteren Stadten des mittleren Deutsch- land. Den sehonsten aller Marktplatze Bolimens besitzt Budweis. Der Platz ist genau orientirt und (von einer unbedeutenden Abweichung abgesehen) regelmassig quadratisch , indem jede Seite nahezu 408 Wiener Fuss m'sst. Die Hauptstrasse, von Prag nach Linz sich bewe- gend, tritt an der nordwestlichen Ecke in den Platz ein und an der slidostlichen aus. Auch diese Strasse, niim- lich die nordliche vom Prager Thor zum Platze her- ziehende, wie die zweite, von dort zum Linzer Thor Ibrtlaufende Linie, war in ihrer ganzen Lange mit Laubengangen eingefasst, von welchen nur einige kleine Partien erst in neuester Zeit verbaut worden sind. In der entsprechenden Entfernung von etwas iiber 300 Fuss umziehen vier Nebengassen als regelmassige Paral- lelen den Hauptplatz an seinen vier Seiten, eine An- ordnung, welche in alien grijsseren Stadten wieder- gefunden wird. Hierdurch ergeben sich vier den Platz umsaumende Hausergruppen und vier Eck-Quadrate, ebenfalls mit Hausern angefiiUt. In Budweis wird das nordostliche Eck-Quadrat ganzlich von der ehemaligen Dechantei-, jetzt Dom-Kirche, und dem sie umgebenden Friedhofe eingenommen, das entgegengesetzte slidwest- liche Quadrat enthalt den Bischofshof. Die Anlage der Stadt Budweis riihrt von Otakar II. her und ist um so bemerkenswerther , als sie sich in ihren Hauptliuien unverandert bis zur Gegenwart erhahen hat. Jede Strasse, jede Seite des Eingplatzes hat wenigstens noch ein Baudenkmal aufzuweisen, welches die Urspriing- bchkeit der betreffenden Linie bestiitigt. So unbestimmt die Nachrichten iiber die Griindung dieser Stadt lauten, steht doch sicher, dass sie grosstentheils zwischen 1260 bis 1275 aufgebaut worden ist. Der in Fig. 4 beige- fiigte Grundriss des Binges zeigt die besprochenen Ein- miindungen der Strassen, die Stellung des Rathhauses, der Decanal-Kirche und des mit der Stadtgriindung in engster Beziehung stehenden Dominicaner- Klosters, daun die den Platz umziehenden Nebenstra^sen : a) Hauptbrunnen in der Mitte des Ringes, h) Ein- miindung der Prager Strasse, cj Austritt der Strasse nach Linz, dj das Rathhaus, ej die Decanal-Kirche, fj den Bischofshof. Die ausserhalb der Parallelgassen liegenden Ort- lichkeiten wurden in jeder Stadt nach Massgabe der Situation angeordnet, zeigen daher keine bestimmte Regelmassigkeit. In diesen abgelegenen Orten wohnten theils Tagl5hner, theils jene storenden oder larmen- den, belastigeuden Gewerbe, Binder, Kessel- und Nagelschmiede, Gerber, Seifensieder u. dgl. , welche am Platze und in den Hauptstrassen nicht wohnen durften. Grosser und beinahe ebeu so regelmassig wie in Budweis ist der Stadtplatz in dem gleichzeitig mit dieser Stadt gegriindeteriH 0 h e n m a u t h (zwischen 1 260—64). Derselbe hat an der Siidseite eine Liinge von 492, an der Nordseite von 46G , an der Westseite von 424 und an der Ostseite von 402 Fuss imd ist somit nach dem Pilsner und Caslauer der grtisste Marktplatz in Bohmen. Er untcrscheidet sich vom Budweiser Platze insbeson- dere dadureh, dass auf jeder Seite in der Mitte Quer- gassen auslaufen , er demnacli von aclit mit Hausern und Garten angefiillten Eck-Quadraten eingesclilossen wird. Dabei bietet er mit seincn ziim Theile nocli mit Giebeln verseheiien Hausern (oliiie Laiiben), dem i\m das Jahr 1424 erbauten Gericlitshause (ehemaligen Eathhause), dem Gemeindeliause aus dem Jalire 153G xind der Aussielit auf die golhisclic Deeanal-Kirclie mit iliren drei Tlutrmen, so wie auf die Thiirme ob den drei Otakar'schen Stadttlioren eiuen recht anzieliendeii Anblick. In jederHinsicbt denvoUendetstenGegensatz zuden erwahnten PUitzen bildet der Ring in Pilsen, welcher in Form eines nicht ganz genaii orientirten Rechteckes angelegt ist. Die Langenausdehnung zieht zich von Slid naehNord bin und betriigt GOOFuss, dieBreite 430 Fuss. Zu Pilsen stelit die Kircbe frei in der Mitte des Platzes, doch ist die Anordnung so, dass slidlicb vor der Kirche ein bedeutend grosserer Raum liegt. Wie in Budweis miinden aucb bier die Strassen an den Ecken des Platzes ein, und zwar bewegte sicb die alte Hauptstrasse von Ost (Prag) nacb West (Bayern), trat an der nordiistlicben Ecke ein und an der sudwestlichen aus. Laubengiinge sind in Pilsen nicht vorbanden, sebeinen aucb nie vor- banden gewcsen zu sein, da einige von den Gebauden in ibren Untertbeilen bis ins XV. Jabrbundert binauf- reicben , aber keine Spnren von ballenartigen Anlagen erkennen lassen. Genau im Mittelpunkte jeder Langseite tritt eine Nebenstrasse in den Platz ein, welcber, wie in Budweis mit Parallelgassen und recbteekigen Hiiuser- gruppen umgeben ist. Pilsen wurde ziemlich gleicbzeitig mit Budweis angelegt, die Dechantei-Kircbe eutstanmit dem letzten Viertel des XIII. Jabrbundert s, das an der ostsiidlicben Ecke liogcnde Franciscaner- oder Minoriten - Kloster wurde schon friiber gegriindet. Der Situationsplan , Fig. 5, erklart diese Anlage, welcbe in ibrer Gesannntbeit ein viel regelmassigeres Bild (wabrscbeinlicb in Folge sptiterer Correcturen) darbietet, als wir in Budweis geselien baben. Dabei darf nicbt unerwabnt bleiben, dass der Pilsner Ring mit pracbtvollen Renaissance -Bauten aus dem XVI. und XVII. Jabrbundert ausgestattet ist. Wir seben auf dem Plane: aj die Erzdechantei - Kirche, hj das Rathhaus, c) die Decbantei, dj die urspriinglicbe Einmiindung der Prager Strasse in die Stadt, ej Austritt der alten Eeicbs- strasse, fj das Franciscaner-Kloster. Diese drei gescbilderten Platze verdienen als Reprasentanten der zweierlei Anlagen aufgestellt zu werden-,- im allgemeinen jedoch ist die Anordnung der Hallengange die beliebtere und, wie es scheint, die nor- malmassige. Selbst untergeordnete Landstadte , z. B. Ximburg, Arnau, Turnau besitzen geraumige und orien- tirte, mit Hallen umzogene Marktplatze. Entlang der bohmisch-schlesischen Grenze sind die Lauben haufig aus Holz erricbtet, so in Hohenelbe, Nacbod, Reicbenau, Solnic und Wildenschwert. Wenn aucb diese Holzbauten kein sehr hohes Alter ansprecben und die altesten hoch- stens bis etwa 1500 hinaufreiclien, berubt doch dieBau- weise auf uralten Traditionen und stebt mit der Stadte- grllndung in unmittelbarem Zusammenbange. Der Gebrauch, die Hauptstrassen und Platze der Stadte mit oflfenen Hallen einzusaumen, scbreibt sicb ohne Zweifel aus Italien und scheint entlang der Alpen- fliisse durch Bayern und Oberosterreich nach Bohmen beriiber verpflanzt worden zu sein. In den Stadten Tyrols, in Salzburg, Otting, Wasserburg, Passau, dann in Miinchen und Linz als aussersten Punkten baben sicb derartige Laubengange theils vollstandig erhalten, theils lassen sicb Rests derselben nacbweisen. Natlir- licb ist bei diesen Anlagen, welcbe alle oft iiberandert worden sind , die frilbere oder spiitere Entstehung scbwer zu bestimmen, doch zeigt z. B. Budweis heute noch mit den am Inn liegenden Stadten, namentlich mit Passau, eine auiftillende Abnlicbkeit in Bezug auf Gestaltung und innere Eintheilung der Hauser. Die holzcrnen Laubengange baben mehr imNorden Eingang gefunden, doch ist bier ein Zusammenbang schwieriger nacbzuweisen , als bei Steinbauten. Im Spessart iind Rhongebirge, in Aura, Hammelburg und der Salinenstadt Orb sab man noch vor wenigen Jabren die Platze nnd Strassen mit kunstreichen Holzlauben eingesaumt , doch sind die meisten dieser Construc- tionen beinabe gleicbzeitig durch Feuersbrlinste zerstilrt worden. Einzelne woblerhaltene Partien trifft man im Gebiete von Fulda, dann ergeben sicb nach alien Seiten bin weite Liicken, bis wir in den Harzgegenden, zu Wernigerode und Halberstadt, die Holzbauten wieder- finden, welcbe anch hie und da in Tbiiringen vorkom- men. Ob zwischen diesen und den sclilesisch -bobmi- scben Holzbauten Mittelglieder vorbanden waren, ist bisher nicbt aufgeklart worden, wahrscbeinlieh baben die letzteren eine ganz unabbangige Entwicklung ge- nommen. Zur Vermeidung von Missverstiindnissen sei be- merkt, dass hier nicbt vom eigentlichen Holzbau und seiner stylistiscben Durchbildung, sonderu ganz aus- scbliesslich von Ausstattung der Ringpliitze mit Lauben- giingen gesprocben worden ist. Der Holzbau wird in dem Abschnitte „llber Wohnbauser" ausfilbrlich behan- delt werden. Stadtiscbe Befestigungswerke aus der Griindungs- zeit, njimljch dem XIII. Jabrbundert, baben sicb nur in diirftigen Uberbleibseln erhalten, woran zum Tbeil die Hussiten-Stiirme , zum Tbeil die Modernisirungen der Neuzeit Ursache sind. Die meisten der noch vorhandenen Stadttbore , Thiirme , Mauern und Graben gehoren dem XV. Jabrbundert an und verratlien, dass man bereits mit den Geschiitzen und ihren Wirkungen bekannt war. N Fig. 5. (Pilsen.) — 16 — Bedeutende imd nnzweifelliaft nrsprUiigliche Reste voiiManern, Grabeu undThiirmen haben sich in Kouf im erhalten, welche Stadt weder durch die Hiissiten noch dni-cli Neuenmgen wesentlich gelittcu hat. Der an der Westseite erhaltene Stadtgraben ist nach alter Vorschnlt '-0 Ellen (die bolimisclie EUe = 22 Wiener Zoll) Oder 37^3 Fuss breit, 18 bis 24 Fuss tief mid beider- seits mit geboscliten Mauern verseben. Die iiinere oder Wallniauer ist 6 bis 7 Fuss dick, oben mit Zinnen ver- sehen und erhob sich je nach den Auforderungen der Ortlicldieit '"4 bis 36 Fuss liber die Sohle des Grabens. Die Zinnen sind in der Kegel 3 Fuss breit, 41/2 Fuss hoch und gegen 2 Fuss stark, so dass sich neben ihnen an der innern Mauerseite ein schnialer Gang liir die Vertheidiger hinzog. Die Llicken zwischen den Zinnen halten eine Weite von etwa einer Elle em und smd deutlichfiir Arnibrustschtitzen, Lanzenwerfer und Sclileu- derer eingericlitet. Thiirme stehen nur an den Ecken, wo die Mauer in eine andere Richtung umsetzt; sie sind viereckig, o'egen 20 Fuss breit und ragen iiber den Korper der Stadtmauer mit der Halite ihres Durchmessers vor. Sie scheinen nicht viel holier als die Mauern und mit Platt- formen eingedeekt geAvesen zu sein, doch lasst sich m dieser Beziehung kein sicheres Urtheil fallen, da die Thiirme in Adel hoherem Grade als das laufendeMauer- werk ruiuirt worden sind. Reste eines befestigten Stadt- thores sind nicht mehr vorhanden. Vorschriftgemass soUte jedes Thor aus einem grossen MitteUhurnie, durch welchen die Thorciffnung fiihrte, und zwei ilankirten Nebenthiirmchen bestehen, doch scheint man bald den Miltelthurmfortgelassen und statt desselben eine erhohte Doppelniauer mit dariiber angebrachtem Vertheidigungs- gange eingefiihrt zu haben. Die beiden Flankenthiinne ^-doch wurden beibehalten und bildeten mit dem da- "zwiochen liegenden Thorbogen ein symetrisches Ganzes. Auf diese Weise sind die noch bestehenden Stadtthore von Hohenmauth angeordnet, die iiltesten, welche Bohmen besitzt.. Sie tragen gleieh der dortigen Deca- nal-Kirche den Charakter der unter Otakar II. ausge- fiihrten Bauwerke. \ Zu den wesentlichen Bedingungen einer freien, das ist dem Konige unmittelbar unterstehenden Stadt gehorte noch eine konigliche Burg, die zugleich als Ci- tadelle wie auch als Sitz des Pflegamtes diente. In dieser (loppelten Eigenschaft musste das Schloss viele Raum- lichkeiten enthalten, weil Mannschaften beherbergt und die in natura gelieferten Zehente untergebracht werden mussten. Die Burg lag stets auf dem hiichsten Punkte einer Stadt, nach drei Seiten frei und befestigt, entlang der vierten aber nur durch eine leichte Mauer, oder einen kleinen Graben von der Stadt getrennt. Eme voU- standig erhaltene Stadlburg ist nicht bekannt, doch haben sich im Sclilosse zu Koliu so viele zerstreute Reste erhalten, dass eine Restauration versucht werden kann. Dieses Schloss liegt an dein Rande einer Hochebene, welche steil gegen den Elbefluss abfallt: es enthielt zwei von Gebauden unischlossene Hofe, in dem vordern lagen die Amtsraumlichkeiten und Wohngelasse des Pflegers, im zweiten eine Meierei und- Dienstniannenriiume. Em grosser Thurm, Bergfried, war nicht vorhanden, wohl aber ein Thorthurm , durch welchen der Hauptemgang von der Stadtseite her fiihrte. Von der Meierei aus scheint eine Nebenpforte zum Flusse und in die Vor- stadt gefiihrt zu haben. Gcnau dieselbe Eintheilung zeigt auch die alte Burg in Pisek, doch lasst sich hier nicht ermitteln, ob die Burg als eine konigliche erbaut worden ist. Man schreibt die Griindung bald den Teniplern, bald den Herren von Rosenberg zu, doch gehorte Pisek seit altester Zeit zu den bohmischen Krongiitern. Das Stadtwappen indess , die ungewohnlich grosse prach- tige Schloss-Capelle und der Umstand, dass der erste mit einer Art Kreuzgang umzogen war, / \ 1 die Griindung durch einen geistlichen I-- -r-i" -t Fi{r. 6 (Zclenec.) Burgliof sprechen fiir Orden. i 1, • Das vollstandig erhaltene Schloss zu Pardubic, welches durch tiefe Graben und starke Befestigungs- werke von der Stadt abgesondert ist, auch emen hohen Thurm besitzt, darf in keinem Falle zu den Stadtburgen c^eziihlt werden: es wurde durch die Herrn Smil von Pardubic im XIV. Jahrhundert angelegt und in seiner gegenwartigen Form durch die Pernsteine um 1500 ein- gericlitet. r, 1 1.. 1 Kuttenberg, das zwei konigliche Schlosser, den sogenannten walschen Hof und die alte Burg (jet^t Schulgebaude), beide in leidlich erhaltenem Zustande besitzt, ist dennoch ohne eigentliche Stadtfeste geblie- ben. Der walsehe Hof wurde von Wenzel II. zu einer Miinzstatte und einer Art Borse eingerichtet ; die alte Burg aber scheint nur als Absteig-Quartier des pracht- liebenden Konigs Vladislav des Jagellonen gedient zu haben, wurde von diesem gegen 1480 erbaut und gehbrt folglich zu den spat-gothischen Denkmalen. Ander- weitige bemerkenswerthe Reste stadtischer, dem XIU. Jahrhuudert entstammender Burgenbauten scheinen nicht mehr vorhanden zu sein. Deutsche und slavische Dorfer. Die alt-slavischen Dorfer, d e d i n y, liegen versteckt in den kleinen Einschnitten der Flussthaler oder den durch Biiche ausgewaschenen Thalmulden , sie haben ie nur einen einzigen Zugang und sind nicht eher wahr- zunehmen als bis man an sie herangetreten 1st. Die Hiiuser oder Hofreithen sind um einen kreisfbrniigen m — 17 — Platz so angeordnet, dass sie diesem gewohnlich mit der Langseite zugekehrt sind ; mit der Giebelseite reihen sie sich aneinander. Der Hofraiim liegt hinter dem Wohngebaude , an welches die Stallungen angebaut sind ; die Scheuer steht isolirt, hinter derselben ein Garten, dann Felder und in der Verlangerung ein Weideplatz, Die strahlen- oder facherartige Anordnung, welche oben geschildert worden ist, blieb die Grundlage der slavi- schen Dorfer alterer Art. In der Mitte des Dorfplatzes, welcher nach seiner kreisformigen Gestalt Ring benannt wnrde, eine Bezeichnung, welche auf die spateren stadtischen Marktplatze tibertragen worden ist, lag und liegt heute noch ein kleiner Teich; die Kirche aber erhielt ihre Stellung bald am Eingange des Dorfes, bald auf einem besonderen, zwischen den Hausern ange- ordneten freien Platze. Um die Kirche her, die wo moglich auf einer erhohten Stelle angebracht wurde, breitete sich der stets mit einer Mauer umgebene Fried- hof aus. Einen wiclitigen Beleg flir das hohe Alter der Pamd- lingdorfer erblicken wir in dem Umstande, dass sie in Alt-Baiern wieder getroifen werden. Auf der ausgedehn- ten, meist bewaldeten Hochebene, die sich ostlich von Miinchen zwischen Isar und Inn ausbreitet, erscheint die Rundform nicht selten; die Dorfer Hofolding, Brunn- thal, Lanzenhar, Feistenhar, Keferlohe u. a. sind nach diesem System angelegt und beurkunden schon durch ihre Namen (har, lohe), dass sie einer sehr friihen Zeit angehoren. Im westlichen und nordlichen Deutschland sind Rundlinge bisher fast nicht nachgewiesen worden, dort herrscht die zeilenartige Dorfanlage vor, oder es sind die Orte durchkreuzende Gassen nach Massgabe des Terrains eingetheilt. Dorfer dieser Art haben sich auch erhalten in wenigen Exempla- ren in Pommern und Mecklenburg, haufig in der Lausitz, der Mark Bran- denburg, in Schlesien, Bohmen und Mahren ; sogar in der Nahe von Bam- berg im Baunachthale, werden einige derartige Anlagen getroffen. Sie sind heute allerdings, selbst in Bohmen, selten geworden ; Brande, neue Stras- senziige und namentlich der veran- derte landwirthschaftliche Betrieb haben verursacht, dass man sich in die abgelegensten Gegenden verfii- gen muss, wenn man ein leidlich er- haltenes alterthilmUches Dorf tinden will. Die Rundlingsform haben nur wenige Orte selbst noch deutlich in der baulichen Anlage beibehalten, dafiir aber mehr in der Flurmarkung. Unter diesen meist in der Mitte des Landes betindliehen Dorfern wurde Zelenec unweit Nehvizd im ehe- maligen Kouf imer Kreise ausgewahlt, welches um einen kleinen Teich ge- lagert, die urspriingliche Markung beinahe voUstandig gewahrt hat. Mit Ausnahme einiger bedeutungsloser Flickbauten, welche offenbar neue- stens Ursprungs sind und als storend aus der beigeschalteten Illustration, II. Fig. 6, fort gelassen wurden, scheinen die sammtlichen Gebaude trotz unzahliger Umanderungen noch immer die alten Stellungen einzuhalten und es entspricht diese Anlage genau den wendischen Dorfern in der Lausitz und im Kreise Wittenberg. Ahnliche Ortschaften linden sich ostlich von Prag noch hie und da, z. B. Mstetic, Vysefovic, Jircan, Kunic, doch sind alle etwas von den Einwirkungen der Zeit beriihrt worden. In Mahren, namentlich im Olmittzer Kreise, kommen die Rundlinge ofters vor, z. B. Lobodic, Nemcic, Uhficic; seltener sind sie im Westen des Landes. Das Dorf Zelenec hat einen einzigen Eingang, welcher siidlich von der alten Prag- Koniggriizer Hauptstrasse herfuhrt. Am Eingange liegt eine kleine Bet-Capelle; eine Kirche besitzt das Dorf nicht. Unbestritten jiinger als die dediny, deren Anlage liber das X. Jahrhundert hinaufreicht, sind die Lhoty oder emphyteutischen Dorfer , die theils dem XII., der Mehrzahl nach dem XIII. Jahrhundert angehoren. Diese Orte wurden in derselben Weise , wie die Stadte von grossen Grundherren , zumeist von den Landesfiirsten und Klostern angelegt. Sie zeigen eine viel zweckmiis- sigere Durchbildung, sind um einen reehteckigen Platz von etwa zwei Theilen Breite zu fiinf Theilen Laiige angeordnet, wobei an den Ecken Wege auf die Felder fiihren. Die Gebaude sind meist mit den Giebelseiten dem Platze zugekehrt und es ist mit den Wohngelas- sen gewohnlich nur der Stall flir die Zugthiere ver- bunden, wiihrend die anderweitigen Stallungen gegen- iiber liegen. Jedes Gehofte ist flir sich abgeschlossen und es gruppiren sich dessen einzelne Baulichkeiten um den Hof, der an den Platz granzt. Zwischen je zwei Gehoften fiihrt ein schmaler, nur den beiderseitigen Fig-. 7. (Jific. — 18 — Besitzeru zugeborender Weg auf die Wiesen und Acker. Die Kirclie stelit manehmal in der Mitte des Platzes, haufiger jedocli an der Ostseite desselben und ist stets luit dem Friedliofe nmzogen. Der kleine Teieh am Ein- gaug des Flatzes fehlt eben so wenig liier als in der vor- beschriebenen Anlage. Die Feldervertheiluug ist zwar nach demselben Princip, welches wir bei den alt-slavischen Ortscliaften kennen gelernt haben, gehalten, doch gibt sicli bei den empbyteutisclien Dtirferu insofern ein grosser Fort- scbritt kimd, als erstere lediglicli auf Handarbeit , Bo- ' denbearbeitung mitHacke und Schaufel eingerichtet sind (wobei Vielifutter, Feldfnichte n. s. w. durch Menscben oder Tliiere als Lasten lieimgetragen werden mussten), wahrend bei diesen Pflugavbeit und Fuhrwerke bestim- mend auf die Anlage eiugewirkt haben. Dadurch, dass der Gestalt des Dorfes keine Curvenlinie, sondern ein Rechteck zu Grunde liegt, haben auch die Felder gerad- linige Begrenzungen erbalten, sind also viel leichter zu bebauen. Seiche contractliche Ansiedluugen mijgen in friihe- ren Zeiten nicht wenige bestanden haben. Das Kloster Selau erwarb um die Mitte des XIII. Jahrhunderts weit- ausgedehiite Waldungen und flihrte in dieselben Coloni- sten ein, durch welche die Dorfcr Jif ie, Jnng-Bnst', Lhotic und viele andere angelegt wurden. Unter diesen zeichuet sich Jific durch besondere Regelmassigkeit aus und verdient als Musteranlage hervorgehoben zu werden. Das Dorf ist inn einen rechteckigen Platz von 1100 Fuss Lange und 230 Fuss durchschnittlicher Breite so ange- ordnet, dass die von einem Friedbof umgebene Kirche in der Mitte des Platzes liegt. Hinter der Kirche, in der ostlichen Hiilfte des Platzes beiindet sich der nie fehlende Teicli. Der Platz selbst ist genau nach den Himmelsgegenden orientirt und es erstreckt sich die Ziir Charakteristik und geographischen Da man den Verlauf des romanischen Styles in Bohmen nur als eine Vorbereitungsstufe, eine Periode des Werdens, bezeichnen kann, wird diesem gegentiber der energische Aufscliwung, welchen die Architektur des XIII. Jahrliunderts einhielt , die vollste Anerkennung verdicnen. Die kilnstlerische Thatigkeit bewegt sich fast ausschliesslich auf dem architektonischen Gebiete und es bleibt die Bildhauerei verhiiltnissmassig weit zuriick. Ob Reste von monumentaler ]\Ialerei aus dieser Zeit vorhanden sind, ist noch nicht sichergestellt; jene Wand- bilder, welchen man ein so hohes Alter zuerkennen woUte , haben sich als Werke der Luxemburg' schen Periode erwiesen. Es treten mithin Sculptur und Malerei in den Hintergrund , um der Baukunst die unbestrittene Herrschaft zu tiberlassen. Dafiir sehen wir diese mit ganz neuen Elementen bereichert. Auch ist die Architektur nicht mehr eine ausschliesslich kircliliche; es kommen die stadtischen Anlagen, das stadtisehe und das Uindliche Wolmhaus hinzu, die Grundform cincr Ansiedlung wird nach klinst- lerischen Regeln festgestellt und der Burgenbau ausge- bildet. Auch auf dem kirchlichen Gebiete machen sich allcrlei neue Erscheinungen gcltend ; so der Kreuzgang, die Ilallen-Kirchc und der Chor-Umgang mit demCapel- Icnkranz. Langenrichtung von West nach Ost, wobei die Hauser mit ihren Giebelseiten dem Platze zugekehrt sind. Bei- nahe vor alien Hausern liegt ein Blumengartchen, wodurch der Ort (Pfarrdorf) ein ungemein freundliches Ansehen gewinnt. Hinter den Hofreithen und Baum- garten breiten sich die Wiesen aus, zwischen welchen und den Ackergriinden sich ein Fahrweg um das Dorf herumzieht. Die sich ergebenden Ecken enthalten Weiden und Gemeindegrilnde. Zwischen je zwei Hofen flihrt ein Fahrweg auf die zu denselben gehorenden Felder, so dass der eine Nachbar sein Eigenthum zur Rechten, der andere zur Linken vor sich hat und in keiner Weise behindert ist. Die Kirche entstammt der Grlindungszeit und gehort der zweiten Halfte des XIII. Jahrhunderts an. (Fig. 7.) Ahnlich zeigt sich die Anlage von Jung-Bfist', doch steht hier die Kirche seitwarts neben dem Platze und ist rings mit Wassergraben umgeben. Einen vorzug- lich schonen rechteckigen Platz mit einer genau in dessen Mitte aufgestellten romanischen Kirche besitzt das Pfarrdorf Kondrac, ohne Zweifel eine der altesten der- artigen Anlagen. Die Markung jedoch ist nicht mehr die ursprlingliche , da Kondrac an verschiedene Besitzer iibergegangen ist und die Grunde vielfach zersplittert worden sind. Auch durch die Kloster Hohenfurt und Goldenkron wurden zahlreiche emphyteutische Dorfer gegriindet, doch konnte in dieser gebirgigen Lage sel- ten eine strenge Regelmassigkeit durchgefuhrt werden. Einen orientirten und beinahe quadratischen Platz besitzt Gillowitz, auch zeigen die Dorfer Heuraffel, Malsching, Kapellen, dann die Flecken Horitz und Gojau planmassig geordnete Anlagen. Dass librigens auch von den emphyteutischen Orten verhaltnissmassig sehr wenige intact geblieben sind, bedarf kaum der Erinnerung. Vertiieiluiig der kirchlichen Denkmale. Bohmen und Mahren bilden in dieser Periode ein zusammenliangendes Gebiet, in welchem eine ziemlich ubereinstimmende Eutwicklung stattfindet. Im Gegen- satze zu der gelcgenheitlich des Limburger Domes dar- gelegten Formen-Bildnng , bei welcher der romanische Grundriss beibehalten und die Detaillirung neu gestaltet wurde , erblicken wir in den bohmisch-mithrischen Bauten dieser Periode eine veranderte, nach gotliischen Regeln angeordnete Grundform, wahrend die einzelnen Theile mehr oder minder den Charakter des romani- sclien Styls einhalten. Der Gewolbebau wird mit Consequenz in alien Raumen durchgefuhrt, die flache Holzdecke in den Kirchenschiffen verschwindet und mit ihr die Lisenen- Decorationen der Aussenseiten, um durch Strebepfeiler ersetzt zu werden. Anstatt der halbkreisformigen Apsis erscheint der polygonale Chor-Schluss, welcher erst aus dem Achteck, dann aus fiinf Seiten des Zehnecks gezo- gcn wird. Die mittlere Kirchenweite steigt von 24 Fuss auf 32 bis 36 Fuss an, auch die Nebenschiife werden gcraumiger, und sowohl Hohe wie Gesammtlange des Kirchenhauses bedeutend ergiebiger. Das basilikale System herrscht bei Anordnung der Stifts- und Pfarr- kirchen vor. Die innern Pfeiler sind quadratisch und mit kraftigen Vorsprungen , sogenannten Diensten in « Form von Dreiviertelsanlen versehen, sie stehen dnrch- gehends parallel mit den Aclisen-Linien (also nicht in diagonaler Anfstellnng) und gehen meist ohne Vermitt- lung von Gesimsen in die Arcaden-Bogen itber. Die Dienste nebst den correspondirenden Wandsaiilen hin- gegen sind immer mit kelchformigen oft reich ornamen- tirten Capitalen versehen , aus denen die vielkantig profilirten Rippen und Garten entspringen. An den weit ausgeladenen , nach attischer Weise geformten Saulenfiissen felilen die bekannten Eckbosseu nie, die Schafte der Saulen und Halbsaulen sind regelmassig in der Mitte ihrer Hohe mit Eingen umzogen, manchmal gewunden oder mit Pflanzen-Ornamenten geschmiickt. Den grossten Reiehthum aber zeigen die Haupt-Portale. Diese sind nach streng romanischer Weise mit recht- eckigen Rlickspriingen und eingeblendeten Saulen con- struirt und unterseheiden sicb von den alteren Bildun- gen nur dadurcb, dass sie spitzbogig iibei wcilbt sind. Eine etwas starkere Saule tritt bei den Portal-Bildungen gewobnlicli zur Eeoliten und Linken iiber die Mauer- fluebt vor , die iibrigen Saulen stehen innerhalb der Mauerschragung in den Ecken eingeblendet. Es wurde deshalb die Portal-Wand, selbst wenn sie gar nichts zu tragen hatte, bios aus dem Grunde um ein reiches Gewiiude zu entwickeln, manchmal auf 6 bis 8 Fuss verstarkt. Die Fenster sind im Gegensatze zu den Por- talen ausserst dlirftig gehalten, schmal und langgezogen, ohne alle Gliederung und mit Spitzbogen iiberwolbt. Erst gegen den Schluss des Jahrhunderts kommen hie und da einfache Stabwerke vor. In dieser_ Beziehung unterseheiden sich die bohmisch-mahrischen Ubergangs- bauten autfallend von den deutschen, an welchen die Fenster meist rundbogig uud reich gegliedert sind. Im hochsten Grade eigenthiimlich erscheint das Yerhaltniss, wie die romanische Bauweise neben dem tibergangs-Styl sich wahrend des ganzen Jahrhunderts unvermischt hinzieht. So sind z. B. die romanischen Kirchen zu Potvorov und Rudig zwischen 124U — 1250, die Kirche zu Jircan und Choteschau nicht vor 1260, und die beiden Rund-Capellen St. Longinus in Prag und St. Peter und Paul in Schelkowitz, ferner die Pfarr- kirche in Liebshausen, nebst, verschieden en im Norden und Osten des Landes betindlichen Bauwerken wahr- scheinlich erst um's Jahr 1300 voUendet worden. Dagegen wurden die nach entschieden gothischen Grundplanen errichteten wichtigsten Ubergaiigswerke, als : die beiden Klosterkirchen und die Stadtkirche zu Iglau, die Stiftskirchen St. Franciscus in Prag und Porta Coeli in Tischnowitz in ihren Hauptpartien schon vor 1250 vollendet; diescn folgten kaum 10 Jahre spater die nur in der Detaillirung noch romanisirenden, sonst aber durchaus gothisclien Pfarrkirchen zu Koliu, Koufim und Humpolec, dann die Stiftskirche Hohenfurt. In der 12G3 von Otakar If. gegriindeten Stiftskirche Goldenkron, dem zwei Jahre spater erbauten Cistercien- ser-Nonnenkloster Frauentlial bei Deutschbrod, wie in alien zur Zeit des Konigs Wenzel II. (1278 1305) erbauten stadtischen Pfarr- oder Klosterkirchen endlich, kommen sehr wenige alterthiimliche Reminiscenzen mehr vor, diese Werke sind durchaus friih-gothisch. Die geographische Vertheilung der Ubergangs- werke erscheint um so beachteiiswertl;er , als hiedurch die damaligen Gultur-Zustilnde uud die civilisatorischen Bestrebungen der Pfemysliden vielfach erklart werden. Vor allem waren es die reichen Ebenen des cist- lichen Btihmens, denen der grosse Otakar seine Auf- merksamkeit widmete, wo er neue Stadte griindete, oder altere bestehende Ortschaften mit stadtischen Privilegien aus-stattete. Hier fiillt uns zuerst eine zusammenhan- gende Gruppe von Denkmalern auf, welche zwischen Prag und Treble in Mahren als den entgegengesetzten Endpunkten ausgebreitet ist. Die wichtigsten der in dieser Richtung liegenden Bauwerke sind die Pfarrkir- chen zu Bohmisch-Brod, Kolin, Caslau, Koufim, Hohen- mauth, Humpolec, dann die Stiftskirchen in Sedlee, Frauenthal, Selau, Iglau, Tischnowitz und Treble. Es unterliegt keinem Zweifel, dass sich in dieser Gegend eine sehr thatige Schule gebildet und, nach den Fort- schritten zu schliessen, langere Zeit fortgewirkt babe. Ob der Meister, welcher die Schule gegriindet und die Styl-Richtung hieher verpflanzt hat, aus Biihmen oder Mahren stamme, ob er aus einem andern Lande berufen worden sei, ist unbekannt; wie denn liber die Kitnstler dieser Periode sich keine Nachrichten erhalten haben. Mahren besitzt jedenfalls die bedeutungsvolleren und durchgebildeteren Werke dieser Art, was jedoch Sache der zufiiUigen Conservirung sein mag. Die Orna- mentik wie die sonstigen Gliederungen der Bauten in Tischnowitz, Treble und Iglau lassen ilberdiess einen nicht unbedeutenden, aus Unter-Osterreich heriiberwir- kenden Einfluss erkennen, neben welchem jedoch An- kliluge an die sachsischen Denkinale des XIII. Jahr- hunderts hervortreten, namentHch scheinen die Dome von Magdeburg und Naumburg massgebend gewirkt zu haben. Sowohl nordlich wie sildlich von der beschrie- benen Baugruppe ziehen sich weite Landstriche bin, welche auch nicht ein einziges hieher zu zahlendes Ge- baude enthalteu. Dann bemerken wir eine zweite , ziemlich unab- hangige Gruppe , welche der Siidspitze Bohmens ange- hort. Obenan steht Hohenfurt, ein Tochterkloster des Cistercienser-Stiftes Williering bei Linz und von den dortigen Ordensmannern um die Mitte des XIII. Jahrhun- derts erbaut. Von der mit eigenthiimlicher Chor-Anlage ausgestattenen Hohenfurter Stiftskirche sticht seltsam ab die demselbeu Orden angehorende Kirche zu Gol- denkron, eine der schonsten kreuzformigen Bildungen, welche Bohmen besitzt. Derselben Zeit gehoren an : die Dominicaner-Kirche in Budweis, die alteren Partien der Kirchen zu Winterberg und Pisek, dann als nordlichster Auslauferdie Ruinen des 1 153 gegriindeten, spater umge- bauten Cistercienser-Klosters Poinuk. Die iibrigen Werke der Ubergangs-Periode und Frilh-Gothik liegen in alien Richtungen zerstreut und zeigen die verschiedensten Einfliisse. Das an der sach- sischen Granze liegende und auch in Sachsen beguterte Kloster Osseg halt in seinem Kreuzgang und wunder- schonen Gapitel-Saale ganz die in Sachsen und Thiirin- gen entwickelte Formengebung ein, wahrend in den altenTbeilen der Pfarrkirchen zu Saatz, Aussig, Rakonic und noch einiger Stadte eine strenge Gothik sich geltend macht. Als vorzliglichstes Beispiel dieser streng-gothi- schen Bauweise haben wir die Ruinen des unter Konig Wenzel II. um 1280 gegriindeten Clarissen-Klosters Jungfranen-Teinitz unwcit Schlan zu nennen, wo sich ein reichgegliederter, aus dem halben Zehneck construir- ter Chor-Bau und ein uberaus prachtiges Haupt-Portal erhalten haben. 3i — 20 — Im nordostlichen Bohmen dagegen treffen wir wieder den alterthumlichen Ubergangs-Styl in den Rui- neu des Klosters Hradisf bei Miincliengratz und in der Probsteikirclie Folic , beide Banwerke dnrcli reiche romanisirende Portale ausgezeichnet. Zwischen den stadtischen und klosterlichen Kirchen- anlageu nimmt die Maltlieser-Ordenskirche in Strakonic cine ganz unabluingige Stellung ein, sowohl in Bezug auf Auordnixng wie Durchbildung. Obschon der Chor im XV. Jabrliundert iiberbant wurde , blieb docli die Gesammt-Anlage von Neuerungen ziemlicli unberiihrt, wie denn der auf einer scbmalen Felsenklippe liegenden Ivirche keine veriinderte Grundform gegeben werden konnte. Ein zwar kleiner, aber woblerhaltener und in ele- gantem Ubergangs- Styl durcbgefiibrter Kreuzgang liegt nacb Art eines Atriums vor der Westseite des Scbiffes, so dass die lichte Weite des einscbilJigen Kircbenhauses dem offenen Hofe des Kreuzganges entspricbt. Zwiscben Scbiff undCbor, an der Stelle desTriumpb-Bogens, erbebt sicb cin macbtiger, an den Aussenseiten nocb romani- scber Tburm mit einer 22 Fuss weiten Halle, an welcbe sicb der aus dem gleichseitigen Dreieck gezogene Cbor anscbliesst. Die ganze Auordnung ist im bocbsten Grade originell, als Bauzeit des Kreuzgangs dltrfte das letztc Viertel des XIII. Jabrbunderts anzunebmen sein. Wie aus diesen Scbilderungen bervorgebt, tragen nur die ustlicb von Prag befindlicben, der Haupt-Gruppe angeborendeu Denkmale ein einbeitliebes Geprage und lassen einen scbulmassigen Zusammenbang erkennen, wabrend sicb in den zerstreut liegenden Werken alle moglicben Piicbtungen und zwar gieicbzeitig kundgeben. Als Ursacbe dieser Erscbeinung muss zunacbst die ver- sckiedenartige Bevolkeruug der Stadte angeseben werden. Die Stadte wurden bekanntermassen zu verscbiedenen Gelegenbeiten gegriindet und mit Colonisten , die aus den verschiedenstcn Gauen eingewandert waren, bevol- kert. Im Osten und Norden baben sicb meist Nieder- deutscbeundSacbsen,imNordwestenTlmringer, im west- licben Dreieck Franken und Oberpfalzer angesiedelt, wabrend der bayeriscb - osterreicbiscbe Stamm an den siidlicben Granzen herlibergriff. Alle diese Ansiedler bracbten aus den beimatlicben Bezirken je ibre Arbeits- ■ leute und das dort liblicbe kunst-tecbuiscbe Verfabren mit, daber der Mangel an einbeitlicben Bestrebungen. Gerade so verbielt es sicb mit den Klosterbauten. Es ist z. B. unmoglicb, verscbiedenartigere Durcbbildun- gen des gotbiscben Styls zu erblicken, als die beiden Stiftskircben Goldenkron und Hobenfurt einbalten. Beide geboren dem Cistercienser-Orden an, wurden zu gleicber Zeit erbaut und liegen in unmittelbarster Nabe, in gera- der Linie kaum fiuif Stunden von einander eiitfernt. Ho- benfurt aber wurde von Williering in Ober-Osterreicb, Goldenkron von Heiligenkreuz bei Wien bevolkert ; bier eine einfaclie basilikale Anlage mit weitausgeladenen Kreuzarmen und rein-gotbiscber Formengebung , dort eine Hallenkirobe mit eomplicirtem fiinftbeiligem Cbor- bau und altertliumlicber Detaillirung. Da die Ubergangs-Formen, wie scbon crwabut, nur bei grossern Bauwerken zur Anwendung gelangten, wabrend die Landkireben und Capellen nacb romani- scber Weise angeordnet wurden, bilden die dreiscliifti- gen Kircbenbaiiscr, Basiliken und Halleiibauten ent- scbieden die Mebrzabl der dieser Periode angeborenden Denkmale. Erst um den Scbluss des XIII. Jabrbunderts wurde die erste fiinfscbiffige Kircbe in Bobmen (zu Sedlec) erricbtet, aus welcber Zeit aucb einige zwei-. scbiffige Hallen berzuriibren scheinen, namentlich Sobe- slau und Wodnian. Das interessanteste aller zweischiffi- gen Denkmale bleibt obne Zweifel die alte Synagoge in Prag, ein an den Aussenseiten verbautes, im Innern voll- stiindig erbaltenes Gebaude aus der zweiten Halfte des Jabrbunderts. Einscbiffige Kircben sind verbaltnissmas- sig selten; die bedeuteudste zu Frauentbal bei Deutsch- brod , einem Cistercienser-Nonnenstifte angeborend. Der aus fiinf Seiten des Acbtecks gezogene Cbor- Scbluss blieb von circa 1230 bis 1250 vorberrscbend ; nacb dieser Zeit wurde der Cbor baufig aus dem balben Zebneckconstruirt, an derMinoriten-Kircbe zuBenescbau sogar aus fiinf Seiten des Neunecks. Gerade, oder ein- facbrecbteckige Cbor-Scbliisse zeigen nur die Ruinen des Klosters Hradisf bei Miinchengratz und die Pfarrkir- cben zu Selcan und Sobeslau. Kuppeltbiirme iiber der Vierung scbeinen bie und da ausgefiibrt worden zu sein, docb bat sicb kein einziger erbalten. Spuren eines ebemaligenKuppeltburmeskonnen nacbgewiesen werden in der Pfarrkircbe za Humpolec; aucb in Goldenkron und Sedlec sprecben viele Umstilnde dafiir, dass derlei Kuppeln vorbanden wareu. Nacb einer alien, freilicb nicbt zuverlassigen Abbildung der beil. Grabkircbe in Zderas zu Prag will es scbeinen, als ware dieses Gebaude aucb mit einer Kuppel ausgestattet gewesen. In Bezug auf die Stellung der Kirchtbiirme wird in dieser Periode keine bestimmte Regel eingebal- ten. Die Priimonstratenser, welcbe die doppelte Tburm- stellung an der Abendseite vorzugsweise liebten, baben nacb 1200 in Bobmen keine Ordensbauser mebr gegriin- det, und die von den Benedictinern nacb dieser Zeit aus- gefiibrten Bauwerke sind grosstentbeils zerstort worden. Die Cistercienser aber, welcbe im XIII. Jabrbundert die grosste Tbiltigkeit entwickelten, vermieden die Erbauung grosserer Tbiirme gemass ibrer klosterlicben Satzungen. Da aucb die Bettelorden sicb mit Ideiuen Glockentbiirm- cbeu und sogenannten Dacbreitern begniigten, waren es grosstentbeils die stadtiscben Pfarrkircben , an w^elcben der Tburmbau cultivirt wurde. Die Doppelstellung an der Abendseite wurde in der Rcgel festgebalten, wie bei den Hauptkircben zuKolin, Hobenmautb und Pisek ; docbsiebt man aucb hie und da zwei neben dem Presbyterium an- geordnete Tbiirme, z. B. in Kourim, Prietbal und Nacbod. Ausserst seiten tritt in dieser Periode der einzige aus der Abendseite vorspringende Tburm auf, welcbe Stellung wir bei den romaniscben Bauwerken als die biiutigst vorkommende getroffen baben. Gliinzend durch- geliibrte Beispiele dieser Art bieten nur die Kircben in Aussig und Humpolec. Aucb die Anordnung eines ein- zigen Tburmes zur Seite des Kircbenbauses , welcbe in ganz Siiddeutscbland besonders entlang der Alpen auftritt, bat in Bobmen nicbt Eingang gefunden ; wo der- gleicben Stellungen vorkommen , sind sie nicbt plan- gemass, sondern riibren von spateren Umanderungen ber. Dagegen war der frei steliende Glockentburm nicbt allein auf dem Lande , sondern aucb in den mittelgrossen Stiidten sebr beliebt; docb sind keine Beispiele auf uns gekommen, weil diese Tbiirme meist aus Holz erricbtet wurden. Ganz neu und eigentbiimlicb erscheint die Anord- nung besonderer, aus regelmiissigen Polygonen construir- ter Sacristei-Capellen, welcbe bei einigen Kircben in den — 21 — verlangerten Achsenlinien an die Chor-Polygone ange- fiigt sind. Solche Capellen finden sich in Hnmpolec und Frauenthal ; die letztere ist achteckig, fuhrt die Bezeich- nung „alte Pfarre" und sclieint als Taufhaus errichtet worden zii sein. Das im Verlaufe dieser Periode allgemein iibliche Baiimateriale ist Bruchstein, und zwar in unregelmassi- ger Form, nur wahrend des Versetzens etwas mit dem Hammer zugerichtet. Die sicli ergebendenLiicken wurden sorgfaltig mit kleinen Steinbrocken ausgefiillt und das Mauerwerk Lage um Lage festgestampft. Alle Eckver- bilnde, Gesimse, Strebepfeiler, Thiireu, Fenster und sonstige ausgepragte Theile sind aus rein bearbeiteten Quadern hergestellt worden. Bauwerke ganz aus Quadern errichtet, sind selten, die Ausfiihrung aber mit recht- winklig bossirten, schiclitenmassig gelegten Bruclisteinen ist im XIII. Jahrhundert aufgegeben worden. Der Ziegel- bau hat noch nicht Eingang gefunden und es bestehen sogar die Gewolbe noch immer aus Bruchsteinen ; doch wurde das Ziegelstreichen, wie wir aus Arbeiterverzeich- nissen entnehmen konnen, bereits geiibt. Wahrscheinlich gebrauchte man nur ungebrannte Ziegel, welche man heute noch auf dem Lande sehr haufig anwendet. Ge- brannte Ziegel mogen anfilnglich nur bei hauslichen Ein- richtungen, z. B. Backofen und Feuerungen, angewendet worden sein. SUesse und Terracotten kommen selt- samerweise frliher vor als einfache Ziegel; so triift man in den Ruinen von Hradist' bei Miinchengratz Bruch- stiicke einer farbigenFliessen-Pflasterung, inKlingenberg wohlerhaltene, mit Inschriften und reliefirten Bildwerken versehene Terracotten, die allem Anscheine nach um den Scbluss des Jahrhuuderts gefertigt wurden. Die Fabri- Die Denkmale der JL. K i r c h e n b a u t e n. Es wurde in der Einleitung bereits hervorgehoben, dass die dieser Periode angehorenden kirchlichen Bau- werke gruppenweise einen gleichartigen Charakter ein- lialten und jede Gruppe einen gewissen schulmassigen Verlauf erkennen Ifisst. Die Bliithezeit des Styles ist kurz und umfasst etwa fiinfzig Jahre (1230 — 1280). Vor dieser Zeit lassen nur einzelne unzusammenhangende Versuche die sich vollziehende Umwandlung erkennen, spaterhin verschwinden die stylistischen Eigenthiimlich- keiten in der uberhandnehmenden Gothik. Allen Werken, welche hier eingereiht werden kon- nen, liegt die gothische Constructions-Weise zu Grunde ; polygonaler Chor-Schluss und Strebepfeiler bestimmen das Geprage des Aussern , gegliederte Pfeiler und spitzbogige Wolbungen mit stark vortretenden Gurten zeichnen den Innenbau aus. Die flache Decke ist aus dem Kirchenbau vollstaudig verbannt, wird aber bei Profan-Bauten, Burgen , Residenzen u. dgl. beibehalten. In der W()lbungskunst werden sehr bemerkenswerthe Fortschritte gemacht und es gibt sich nicht selten das Bestreben kund, statt der einfachen Kreuzgewolbe unge- wohnliche klinstlichere Formen einzufiihren. Die in Deutschland und Frankreich wahrend der Ubergangs- Periode allgemein liblichen Biindelpfeiler haben in Bohmen und Mahren nicht Eingang gefunden, in der Kegel kommen Pfeilerbildungen vor, deren Grundform cations-Orte jedoch sind unbekannt. Irgend bemerkens- werthe monumentale Eeste aus dem Gebiete der Holz- und Metall-Teclmik scheinen nicht vorhanden zu sein; auch sind aus den Fachern der Kleinkiinste keine Er- zeugnisse auf uns gekommen , deren bohmischer Ur- sprung mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Woher sich die Sage schreibt, dassKonigWenzellL selbst Malerei betrieben und das in Konigsaal noch immer vorhandene Marienbild gemalt habe, ist unbe- kannt. Auf diesem Bilde soli folgende Inschrift ange- bracht gewesen sein: Diim Wenzeslaus regalem conderet aulam banc posuit divae Virginis effigiem. Diese Inschrift steht aber nicht auf dem Bilde, scheint auch niemals dort gestanden zu haben ; das fragliche Madonna-Bild verrath italienischen Ursprung und diirfte von einem jener Kilnstler herriihren, Avelche Karl IV. um die Mitte des XIV. Jahrhunderts aus Italien nach Bohmen berufen hat. tiber die Kilnstler, welche unter den Otakaren gewirkt, die sich an den Stadtegriindungen betheiligt und die zahlreichen Prachtbauten ausgefiihrt haben, fehlt jede Kunde, es ist kein einziger Name auf uns gekom- men. Nur die Illuministen Bohus und Velislav, von denen ersterer die Jaromefer Bibel, der andere eine grosse Bilderhandschrift gefertigt haben, unterzeichne- ten sich in ihren Werken und liaben so ihre Namen der Zukunft aufbewahrt. Diese bciden Kilnstler und ihre dem romanischen Styl sich anschliessenden Arbeiten sind bereits im ersten Theile besprochen Avorden. tibergangsperiode. aus dem Achteck abgeleitet und mit allerlei Vorspriln- gen bereichert worden ist. Als fernere Eigenthilmlichkeit der zu besprechen- den Bauwerke erscheint, dass keines derselben in alien Theilen gleichmiissig durchgebildet ist; bald wurde ausschliesslich der Innenbau, bald das Aussere reich ausgestattet ; auch kommt vor, dass nur ein einzelnes Portal oder sonst eine Partie hervorgehoben, allesilbrige als nebensachlich behandelt wurde. Dass in jenen Ge- genden, wo nur Granit als Bau-Material benlltzt Averden konnte, die Technik etAvas zurilckgeblieben ist und namentlich die Steiumetz-Arbeiten Aveder die Feinheit noch Mannigfaltigkeit einhalten, welche in sandsteiu- reichen Bezirken getroffen Avird, darf als selbstverstand- lich vorausgesetzt werden. Ostliche Gruppe. Die Stiftskirchen Treble und TischnoAvitz in Mahren bilden die slldlichen und ostlichen, das Agnes-Kloster in Prag und die Ruinen von Hradist' bei Miinchengratz die Avestlichen und nordlichen Granzpunkte dieser Gruppe: alle innerhalb dieser Griinzen liegenden, um die Mitte des XIII. Jahrhunderts erbauten Werke zeigen ver- wandten Charakter. Die B e n e d i c t i n e r S t i f t s k i r c h e Treble. Im Avestlichen Mahren, ziemlich in der Mitte zwi- schen Iglau und Znaim, liegen an den Ufern des Iglava- Fig. 8. (^Trebic.) fliisses Stadt imd Kloster Trebic, durcli Alter und ge- schiclitliclie Erinuerungen ausgezeichnet. Die Stifts- kirche, welclie unter den Baudenkmalen Osterreichs eine hervorragende Stelle einnimmt, wurde bereits in dem von Dr. Gustav Heider und Prof. R. v. Eitel- berger zwischen 1858 bis 1860 beraiisgegebenen Werke „Mittelalterliche Kunstdenkmale des osterrei- chisebeu Kaiserstaates" in eben so innsichtiger als geistreicber Weise besprocben und durcb sorgfaltigst gezeicbnete Beihigen illustrirt. Indem bier zunacbst aiif dieses trefflicbe Werk bingewiesen wird , baben wir beizufilgen, dass in neuester Zeit mebrere Restanra- tionen ausgefiibrt und viele entstellende Anbauten beseitigt worden sind , so dass eine kurze Bescbreibuug des jetzigen Baubestandes angezeigt erscbeint. Die Stiftskirebe ist dreiscbiffig imd bait basilicale Form ein, wobei die Seitenscbilfe im YerbaKniss zum Hauptscbiff uugewobnlicb niedrig gebalten sind. Eine Kreuzvorhige oder eine Art von Querscliiff ist nicbt vor- banden und der Grundriss gleicbt voUstandig den alte- reu romaniscben Bildungen, welcbe wir in Strabov, Alt-Bunzbau und Miiblbausen kennen gelernt baben. Namentlich ist es die letztgenaunte Kirche, an welcbe wir in Trebic erinnert werden. Hier wie dort wird der licbte Kircbenraum durcb drei aneinander gereibte Quadrate in der Art besclirieben, dass von der west- licben Frontmauer bis an die Linie, welcbe das Altar- baus abscbliesst, sicb dreimal die licbte Kircbenbreite wiederbolt. (Fig. 8 Gnxndriss.) In Trebic sind die Masse ergiebiger und gestaben sicb wie folgt: Lange des recbteckigen iunern Kireben- , , bauses von der Westfronte bis an die Chor- 189 Fuss 63 r Liinge einer Travee von Acbse zu Acbse 15 V Hobe des Mittelscbiffes vom Kircbenpflaster 63 n H(')lic der Seitenscbiffe . . . ......... .. ..; . 22 :i 29 Tl Licbte Weite eines Nebenscbiffes 13 n 4 Dicsc Massverhiiltnisse und der Umstand , dass das niirdliche Seitenscbiflf mit einer altcrtbiimliclien halbkreisformigeu Apsis gescblossen ist, macbeu es wabrscbeinlicb , dass der gegenwartige, ungleicb mebr dem gotbiscben als romaniscben Styl sicb nilberude Kircbenbau zum grossten Tbeile die Umfassangslinien einer altern, strong romaniscben Aulag« einbalte. Abge- seben jedocb von den aus der allgemeinen Disposition bervorgebenden romaniscben AnkUingen und der erwabn- ten Seiten-Apside, erscbeint das ganze Gebiiude, wenn aucb nicbt als einbeitbcbes, docb als ziemlicb gleieh- zeitiges, dem XIII. Jabrbundert angeborendes Werk, dessen sammtbcbe Tbeile von der Krypta bis zu der Vorballe nabezu den gleicben Cbarakter einbalten. In ibrer Durclifiibrung zeigt diese Kircbe so ausser- ordentlicbe Eigentlilimlicbkeiten, dass es notbwendig ist, erst die einzelnen Tbeile durcbzugeben, ehe wir liber das Ganze ein Urtbeil fallen wollen. Die Anord- nung ist die aller alten Stiftskircben : Altarbaus, Pres- byte'rium und Scbiff bilden je fiir sicb scbarf begrenzte Raume, an der Abendseite reiben sicb zwei quadra- tiscbe Tbiirme an, zwiscben denen eine Vorballe mit dariiber betindlicbem Oratorium liegt. Das Haupt-Portal (der Eingang fiir die Gemeinde) ist an der Nordseite angebraebt, vor diesem breitet sicb eine geraumige offene Halle, das Paradies aus, das mit den Neben- scbitfen gleicbe Hijbe einbalt. Unter dem Presbyterium und Altarbause betindet sicb eine von Siiuleu und Pfeilern unterstUtzte Krypta, Avelcbe aucb in die Neben- scbiffe iibergreift und einst fiir sicb eine selbstiindige Kircbe bildete. Von der angezeigten Gesammtlange ent- fallen zwei Dritttbeile auf das Kircbenscbitf , ein Drittel auf das Presbyterium. Der bobe Cbor (das Abarhaus), welcber iiber die Gesammtlange von 189 Fuss nocb mit 23 Fuss licbten Masses vorspringt, zeigt am Aussern den normalmits- sigen Scbluss aus fiinf Seiten des Acbtecks ; das Innere ist mit einer eigentbiimlicben, aus dem voUen Acbteck construirten Kuppel iiberspannt, deren an das Pres- byterium anscbliessende Pendcntifs sonderbare Formen einbalten. Dieselbe, unten naber bescbriebene Wolbungs- art tretfen wir aucb im Presbyterium und zwiscben den Tbtirmen wieder ; sie sebeiut in Mabren sebr beliebt geworden zu sein, da man aucb in Znaim und Iglau iihnlicbe Kuppeln siebt. Das Altarbaus ist bei weitem — 23 — Fig. 9. (Treble.) die am reicbsten decorirte Partie ; es wird rings von einer 7 Fuss hohen spitzbogigen Arcaden-Reihe, die in die Wand eingelassen ist, umzogen und durch Roset- ten-Fenster erleuchtet. Da die Mittelpunkte dieser Fen- sfer nur 12 Fuss liber dem Kirchenpfiaster liegen, brin- gen sie einen mehr seltsamen als angenehmen Eindruck hervor, der um so euipfiudliclier wirkt, als die Rundun- gen an den Unter- und Nebenseiten durcli gerade Linien eingefasst werdeu, wahreud oberlialb ein iibermassig holier leerer Raum belassen ist. Diese befremdliche An- ordnung wurde deslialb getrolfen, um einem schmalen, den Cliorscliluss umziehenden Laufgang einzuschalten. Hierdurcli wird der holie Chor deutlich in durcli Hori- zontal-Gesimse ausgesproehene Stockwerke zerlegt, walirend das Presbyterium vom Boden bis zum Gewolbe als ununterbrochene Flache ansteigt. Obgleicli der Lauf- gang an der Aussenseite mit einem aus Halbkreisen gebildeten Friese ausgestattet ist, scheint die Anlage docli uicht ursprlinglich zu sein; der Raum fur den Gang musste dadurch gewonnen werden, dass man die 6 Fuss weit vorspringenden Strebepfeiler oberlialb der Roset- ten-Fenster durcli Bogen verband. Wie im Innern, leidet aucli am Aussern die Eiulieitliehkeit durch diese Anord- nung selir, denn es laufen vier liorizontale Gesimse in der geringen Hohe von 27 Fuss iibereinander bin. (Fig. 9.) Das Presbyterium wird sowohl vom Altarhause, wie von den Schiffen durch Scheidebogen getrennt, deren Scheitelhohe genau die Halfte der Gewolbhdhe im Mittelschiffe einhalten. In der Langenrichtung ist das Presbyterium von den Nebenschiffen durch voile Mauern abgeschlossen und es fillirt auf jeder 8eite nur ein kleines aber zierlich mit Saulen und sonstigen Orna- menteu versehenes Portal in den betreftenden Neben- raum. Sonst zeigt das Presbyterium die grcisste Ein- fachheit, und aller Scbmuck besteht in den achteckigen Kuppelgevvolben , deren in diesem Raume zwei neben einander angeordnet sind. Die Eigenthiimlichkeit dieser Kuppeln besteht darin, dass der Ubergang aus dem Quadrat in die Achteckform nicht durch vorgetragene Pendentifs, sondern durch ein Zusammenwirken meh- rerer Gurten bewerkstelligt wird, namlieh eine Quer- gurte, die durch eine aus der Ecke des Quadrats ent- springende Stlitzgurte verstarkt wird. Fig. 10. Fig. 11. — 24 — Fie-. 12. Hechs freistehencle Pfeiler (anf jeder Seitc) zer- legeu cks Hauptschiff in clrei Quadrate , so wie nach Art dcr romanischen Eintlieilmigsweise Zwischenstelhin- gen angebracht sind. Indem die sammtliehen Kappen der Seitenschifife mit einfachen Kreiizgewolben iiber- declct sind , gewahren wir im Mittelschiffe eine Art von Netzgewolben, welche sonst \\\\\ in der Spat-Gothik getroffen werden nnd die man aufanglich als Neuerung ansehen mochte. Dadnrch, dass die aus einem Pfeiler entspringenden Diagonal-Gurten je den naclisten Pfeiler iiberspringen und im gegenuberstehenden dritten miin- den, wurde eine zwar einfache, aber in der Friih-Gothik unge- wolmliche , vielleicht iiicht zum zweitenmal vorkommende Form geschaffen, die jedoch wegen der libermassig starken Quergurten keine gunstige Wirkung iibt. Die Bogen der Arcaden-Stellung sind aus dem gleichseitigen Dreieck beschrieben, sonst kommen so- wolil stumpfe wie lanzettformige Bogen vor. Fig. 14. Fiff. 13. Die Vorhalle wurde, im Ein- klang mit der Ostseite, durch eine achteckige Kuppel iiberdeckt; sie ist nur 21 Fuss hoch und von schweren Verhaltnissen. Die nebenstehenden Thiirme gehoren einem im Jalire 1756 ausgefiihrten zopfigen Neubau an und halten nur im Grundrisse annaliernd die ursprling- lichen Linien ein. Gelegenheitlieh dieses Thurmbaues wurde die ganze Westseite der Kircbe im Geschmack des Jahrlumderts umgewandelt , so dass auch keine Spur des alten Bestandes verblieb. Desto unversehrter blieb das Paradies sammt dem unter demselben auge- brachten Haupt- Portal, welche Theile erst in neuester Zeit von umliullenden Flickbauten befreit und sichtbar gemacht worden sind. Das reiche, nach romanischer Weise gegliederte Portal ist mit dem Halbkreise iiber- spannt; in der Leibung stehen zwischen sieben recht- eckigen Vorspriingen eben so viele angeblendete Saulen, ausserdem sind noch zu beiden Seiten je drei freie Sau- len aufgestellt, die sich jedoch nicht im Leibungsbogen fortsetzen. Alle Flachen, sowohlin der senkrechten Lei- bung wie im Bogen sind aufs reichste ornamentirt, theils mit Zickzacken, theils Laubwerken, zwischen denen auch Thier- und Menschengestalten eingeflochten sind. Trotz dieser vielen Saulen und Decorationen steht dieses Portal in seiner Gesamratform den erwahnten zwei klei- nen Portalen im Presbyterium bei weitem nach. Bei 2iya Fuss Breite halt es nur 19 Fuss in derHohe, ein ungiin- stiges Verhaltniss, welches di:rch die reiche Ornamen- tirung nicht gehoben wird. Auch die Anordnung, dass die Sockel- und Kampfer-Gesimse durch ununterbrochene Linien beschrieben werden und weder die Saulenfilsse noch Capitale gehorig entwickelt sind, wirkt nicht ange- nehm und vermehrt das schwerfallige Ansehen. Im Ein- zelnen betrachtet, sind viele Ornamente sehr schon durchgebildet , weshalb eine Partie von der Bogen- leibung beigeschaltet wurde. Die Halle, die sich liber dem Portal erhebt (das Paradies), gehort zu den gliicklichst angeordneten Par- tien. Die Grundform ist quadratisch und zeigt an jeder der drei freien Seiten zwei mit Halbkreisen bedeckte Eingange, deren schlanke Verhaltnisse durch angeblen- dete Saulchen gehoben werden. Oberhalb eines jeden Einganges ist noch ein romanisches, durch eine kleine Mittelsaule getheiltesDoppelfenster angebracht, wodurcb der Raum sowohl im lunern, wie an der Aussenseite freundlich belebt wird. Die Krypta liegt mit alien ihren Bestandtheilen unter dem Niveau des Kirchenpfiasters und es wurde der Fussboden im Presbyterium nicht erhoht, wie bei derartigcn Anlagen regelmassig vorkommt. Sie nimmt im Mittelschiffe den ganzen Raum unter dem hohen Chore und Presbyterium ein und wird hier durch zwei — 25 — Saulenreihen in drei Schiffe zerlegt. Unter dem hohen Chore stehen je zwei, unter dem Presbyterium je fiinf Saulen auf einer Seite, so dass die ga,nze Anzahl sich auf zehn belauft, wozu noch zwei langliche Pfeiler kommen, die unterhalb des Chor-Scheidebogens ange- bracht sind. Die Siiulen sind alle gleich , achteckig, sammt Basis und Capital 6 Fuss hoch und 11 Zoll stark. Die kraftigen Rippen und Gurten sind durch ein- fache Absehragungen gezeichnet, dieWolbungen, Kreuz- gewolbe ohne Schlussstein. In den beiden nachst dem Altarhause gelegenen Traveen griff die Krypta unter die Nebenschiffe heriiber, doch hat sich diese Partie nur an der Nordseite erhalten, wahrend der siidliche Theil des Nebensehiffes bis in den Grund abgetragen wurde. Die regelmassige Gestalt der Anlage ist heute uoch ersichtlich, doch diirften bei einer bevorstehenden Regulirmig des angranzenden Gartens bald die letzten iSpuren verwischt sein. (Fig. 10.) Im Vergleich mit den ubrigen Bautheilen, erscheint die Krypta sonderbarerweise der jungsten Bau-Periode anzugehoren, sie ist rein gothisch und es kommen Ge- wolbe, wie man sie hier sieht, noch im XV. Jahrhundert vor. Auch scheint die Raumlich- keit nie benutzt und mit einem Altare ausgestattet worden zu sein, wahrscheinlich weil im Ver- laufe der Bauzeit die Krypten ausser Gebrauch kamen. Diese Vermuthung wird durch einen auffallenden Umstand beinahe zur Gewissheit; es sind namlich die Verschalungen der Gewolbefla- chen nicht einmal herausgenom- men worden, die Selialbrettchen haften noch hie und da am Mortel und das Gewolbe ist nie verputzt gewegen. Uberblicken wir das gauze Gebaude mit priifendem Auge, drangt sich die Uberzeugung auf, dass hier verschiedene Meister, und wie es scheint otters gleich- zeitig eingewirkt haben. Altar- haus und Presbyterium verrathen einen einheitlichen Plan , das 8chiff jedoch gehort einer anderen Hand an. Bei dem Bau des Paradieses scheint man altere Theile mit Gliick beniltzt zu haben und die Krypta ist offenbar das Werk eines dritten oder vierten Kiinstlers. Jammer- schade dass weder die Thiirme mit der Westfronte, noch der Kreuzgang erhalten sind, diese Theile wUrden ohne Zweifel wichtige Aufschlusse gewahren. Es ist beinahe unglaublich, dass die Nachrichten iiber dieses Stift ausserst mangelhaft sind und die Bau- geschichte trotz der eifrigsten Forschungen ganz im Dunklen liegt. Das Kloster Trebic wird in glaubwiirdigen Urkun- den zuerst im Jahre 1169 genannt, wo demselben der Abt Nadej vorstand. Was von der Griindung des Stiftes im Jahre 1109 erzahlt wird, beruht auf blossen Sagen und die Nachrichten von dessen Besitzungen im Jahre 1197 auf einer falschen Urkunde. Im Jahre 1201 erscheint der zweite Abt Tiburtius , auf welchen die Abte Martin (1210), Lukas (1225), Zvest (1226) und Arnold (1228— 1240) in kurzen Zwischenraumen folgten. II. Fig. 15. (Trebic.) Fig. IG. (Trebic.) Aus Vergleichungen mit den Kirchen zu Tiscli- novitz, Iglau, Kolin, St. Franeiscus in Prag ergibt sich, dass der Stiftskirchenbau in Trebic in keinem Falle vor dem Jahre 1225 begonnen und das Werk schwerlich vor 1280 vollendet worden ist. Der Bau riickte mit mas- siger Besclilemiigung von Osten gegen Westen vor, und zwar mit Beniitzung der Umfassungsmauern eines alte- ren, im XII. Jahrhundert errichteten Kirchenhauses. Bau-Materiale ist sproder Granit, nur ausnahmsweise, z. B. am Haupt-Portal, kam Sandstein zur Verwendung. Beigeschaltet sind noch folgende Illustrationen : Fig. 11 Querdurchsclmitt durch das Presbyterium, Fig. 12 Joch im Schiff, Fig. 13 Neben-Portal, Fig. 14 und 15 Capitale, Fig. 16 Pfeiler-Profile, Fig. 17 Haupt-Portal. Nach mancherlei misslichen Schicksalen und Un- glucksfallen, welche das Kloster Trebic betroffen batten, wurde der Schauplatz der hussitischen Kampfe im Jahre 1423 — 1424 nach Mahren verlegt; das Kloster wurde von den Taboriten besetzt und langere Zeit festgehalten, wodurch sowohl die Stiftsguter wie die Klostergeist- lichkeit grossen Schaden erlitten. Von diesem Schlage konnte sich das Stift nicht wieder erholen: es siechte dahin bis seine Auflosung durch den zwischen den Konigen Georg von Podebrad und Mathias von Ungarn entbrannten Krieg um 1470 herbeigefuhrt wurde. Konig Mathias iiberliess die Stiftsgttter an Zdenek von Sternberg pfandweise mit dem Beding, dass die Einlosung von Seiten derKlostergemeinde bewirkt werden kOnne, wozu sich jedoch keine Gelegenheit fand. Spaterhin gelangte dieses Besitzthum an die machtige Familie Pernstein Fig. 17. (Trebic.) — 26 — Fig. IK. (Prag.) und zuletzt an den Oberstburggrafen Adam Graf von Waldstein, dessen Nachkommen sich gegenwartig im Besitze der ehemaligen Klosterlierrschaft befinden. Dieser Familie hat man die Erhaltiing und in neuester Zeit die sehr zweckmassig durchgefiihrte Restauration der Kirclie zu verdauken K Das Agneskloster in Prag. Die Kirche dieses Klosters, so wie jene des Stiftes zu Tisclinowitz , entsprechen in ihrer kiinstlerischen Durchbildung und Charakteristik aufs genaueste der Trebicer Kirche, so dass ein gewisser Zusammenhang nicht ubersehen werden kann. Die Bauzeit beider Werke ist durch zahlreiche Urkunden sichergestellt, wie sich aueh Uber deren Vollendung glaubwiirdige Nachrichten erhalten haben. Nach dem Tode des Konigs Otakar I. von Bohnien (1230) beschlossen sowohl die Konigin-Witwe Constan- tia, wie ihre Tochter die fromme Prinzessin Agnes, jede ein besonderes Kloster zu grunden. Constantia beab- sichtigte die Errichtung eines Cistercienser-Nonnen- stiftes und kanfte deshalb eine grosse in Prag am Ufer der Moldau gelegene Baustelie. Bald aber wollte dieser Platz derKcinigin zu gerauschvoll erscheinen, sie anderte ihren Entschluss , iiberliess die angekauften Griinde ihrer Tochter und wahlte in einem stillen Thale Mahrens den Ort aus, urn ihr Stift anzulegen. Prinzes- sin Agnes, welche schon in zarter Jugend den Entschluss gefasst hatte, ein Nonnenstift nach den Regeln der heil. Clara, verbunden luit einem Armen- und Kranken- Spital zu grunden, fand die von ihrer Mutter erworbe- uen Grundstlicke fur ihre Zwecke ganz tauglich und liess bereits 1233 den Bau der zu ihrem Kloster gehori- gen, dem heil. Franciscus gewidmeten Kirche begin- nen. Das neue Stift (allgemein Agneskloster genannt) erhielt schon 1234 die Exemtion von der bischoflichen Gewalt und erfreute sich des besonderen papstlichen Schutzes; auch wurde die Stiftung von Konig Wenzel I., dem Brnder der Prinzessin Agnes machtig gefordert. Sechszehn Jahre nach geschehener Griindung, im Jahre 'Literatur: Neben dem sclioii envahiiteii "SVerke .,Miltelalterliche DenSrnalu des osterreichisclien Kaiserstauies" von Dr. G. H eider und V. Eitelherger, wurden beniitzt : Dr. B. Dudik ^Geschichte von Maliren" ; S c h w 0 y „'l'opograplue von Jlahren"; Erben ^Iteaei-ta Jinhrmiae et Mora- viae"; „Mittheilniigen der k. k. C'ejitr. Comm. fiir "Baiidenkmale" Jahrg. 18oS, mit einer Alihantllimg von Wocel S. iU; D i n z e ii h o f e r ^Genealogisclie T.-ibr llcn der bohmischen Fiirtten"; \V o 1 n y nMaiircn" und eigene Vnter- mtliungen an Ort und Stelle. 1249, als der Konig nach Nie- derwerfung eines langwierigen Aufstandes in Prag feierlichen Einzug hielt, stieg er bei seiner Schwester, welche erste Abtis- sin des von ihr gegriindeten Klosterg geworden war, ab und wohnte in dem grosstentheils voUendeten Stiftsgebaude. Trotz dieser schnellen Aus- fUhrungszeit ergibt sich aus der Untersuchung des gegen- wartigen Bestandes, dass schon in den ersten Baujahren grosse Abweichungen von dem ur- spriinglichen Plane stattgefun- den haben, wenn liberhaupt eine regelmassige Anlage her- gestellt werden soUte , deren Grundform jedoch nicht mehr genau zu ermitteln ist. Das Stift war namlich ein Doppelkloster , in wel- chem seiner Besimmung nach Clarisser-Nonnen und Monche vom Orden des heil. Franciscus, dann mann- liche und weibliche Kranke und Arme wohnten. Bei dieser Einrichtung war vorgeschrieben, dass das Begeg- nen der Manner und Frauen durch die Bauanlage unmoglich gemacht werde, die Kirche aber fiir beide Geschlechter zuganglich sei. Es wurden daher (wie dies auch im Clarakloster zu Eger und im Brigitten- kloster Gnadenberg der Fall war) die beiderseitigen Convent- Gebaude an den entgegengesetzten Seiten der Kirche in der Art situirt, dass die Frauen von ihren Wohnungenaus auf einen erhohtenNonnen-Chor gelang- ten, von wo aus nur die Aussicht auf den Hochaltar nioglich war. Den Mannern war die Unterkirche ange- wiesen. Da das Agneskloster eines der ersten war, welche auf diese Weise eingerichtet wurden, scheint man mit dem Plane anfanglich nicht ins klare gekom- men zu sein, woher sich manche der vorfindlichen Unregelmassigkeiten sehreiben diirften. Ausserdem waren in dem Stifte verschiedene abgesonderte Ca- pellen fiir die miinnlichen und weiblichen Armen und zwei Kreuzgange aiigeordnet. Gegenwartig bestehen von dem einst weltberiihm- ten und prachtig ausgestatteten Kloster nur einige Ruinen, wekhe einen unbeschreiblich traurigen Anbliok bieten. Im Jahre 1420 von den Hussiten eingeaschert und spaterliin nothdiirftig zusammengebaut, wurde das verlassene Kloster den Dominicanern libergeben, erfuhr 1611 eine zweite noeh furchtbarere Zerstorung gele- gcntlich des Einfalles passauiscber Kriegsvolker und wurde schliesslich durch jene Bande franzosischer Mordbrenner, welche Konig Ludwig XIV. nach Deutsch- land beordert hatte, um in den grossen Stadten Feuere- briinste anzulegen , zum drittenmal niedergebrannt. Kiimmerlich zusammengeflickt und seiner urspriing- lichen Bestimmung zuinickgegeben, wurde das Stift 1782 durch eine kaiserliche Verfugung aufgehoben, die Baulichkeiten wurden an die Meistbietenden veraussert, in viele Theile zersplittert, worauf das altehrwurdige konigliche Institut, welches zum Wohle der Leidenden errichtet worden war, zu einem Schlupfwinkel herab- sank, wo Gemeiiiheit und Schmutz ihren Sitz aufge- schlagen haben. Ferdinand Mikovec, einer umBohmens Fig. Denkmale sehr verdienstlicher Forscher, welcher in seinen Denkwiirdigkeiten Biihrnens das Agneskloster schildert, bezeichnet den gegenwartigen Zustand mit folgenden Worten : Wohin das Auge blicken mag, uberall Schmutz und Unrath, ein trostloseres Bild als die Ruinen dieses Klosters zeigen, wird schwerlich zu treffen sein. Es halt ungemein schwer, sich einigermassen in den Localitaten zu orientiren ; nicht allein dass schon der urspriingliche Plan wesentliche Abanderungen erlitt und drei Zerstorungen durch Brande stattgefunden haben, wurde der vom Kloster eingenommene Raum durch neue Strassenzuge in mehrere Partien zerlegt und die Kirche selbst durch unzahlige, verschiedenen Besit- zern zugehorende Flickbauten entstellt. Heute bestehen noch in sehr ruinenhaftem Zustande : 1. der Haupt-Chor, 2. ein Theil des Seitenschilfes niit einem besondern Chorschluss, 3. eine Partie von der Langvvand des Kirchenschiflfes, 4. ein Theil des sudlichen Kreuzganges, und 5. mehrere untergeordnete Baulichkeiten. Der Chor, ein schwer zuganglicher und von alien Seiten verbauter Raum, dient heute als Tischlerwerk- statte; er ist durch verschiedene Wande undBretterboden in mehrere Gelasse und Stockwerke abgetheilt, so dass weder im Innern noch ausserhalb eine Ubersicht moglich ist. Der Chorschluss ist aus fiinf Seiten des Achtecks gezogen und mithohen spitzbogigen Fenstern versehen; eine strenge Scheidung zwischen Altarhaus und Presby- terium findet hier nicht statt. Der ganze Raum halt eine lichte Lange von 86 Fuss, eine Breite von 30 Fuss und eine wegen veranderten Niveau's nur annahernd zu 42 Fuss bestimmbare H(5he ein und ist an der Westseite, an jenerStelle wo derTriumphbogen bestand, durch eine neue Quermauer von den angranzenden Baulichkeiten als besonderes fiir sich bestehendes Haus abgeschlossen. Der mit Wandsaulen und Knospen-Capitalen verzierte Triumphbogen ist zum Theile noch sichtbar und aus dem gleichseitigen Dreieck gezogen; die Hohe desselben betragt 22 Fuss, beilaufig die Halfte der Chor-Hohe. Die Fenster waren je durch einen Mittelstab in zwei Felder zerlegt, die dariiber befindlichen Bogenfelder zeigen Masswerke der einfachsten Art, bestehend aus Kreisen, welche durch zwei kleine Bogen unterstutzt werden. Es komraen nur einfache Kreuzgewolbe vor, deren reich profilirte Rippen sich in prachtvoUen Schlussstei- nen, Meisterstiicken der Steinmetzkunst, vereinigen ; von diesen abgesehen, besteht der hauptsachlichste Schmuck 19. (Prag.) des Innern aus den Capitalen der Wandsaulen, welche in der Starke von 9 bis 12 ZoUen mit nahezu voUen Kreisen aus der Flache vortreten. Diese Bautheile sind eben so geistreich entworfen als elegant ausgefiihrt : sie zeigen in mannigfaltigen Verschlingungen Wein-, Epheu- und Kleeblatter, dazwischen allerlei Blumen und Friichte. Die Schafte der Wandsaulen sind regelmassig durch die im Ubergangs-Styl ublichen Ringe in der Mitte zwischen Capital und Basis abgetheilt, hie und da sind auch statt der Ringe kleine Knospen-Capitale eingefligt. Auch die fiinf Fenster des Chor-Schlusses sind mit Rund- ^ 2S ~ Fis. 21. (Prag.) staben umzogeii, an welchen sogar noch Wiirfel-Capitale, die einzigen streng romaiiischen Bildungen, vorkommen. Siidwarts von dem beschriebenen Chore liegt ein Theil des Nebenschiffes , ebenfalls nur die Chorpartie dessdlben, welche wie der Haupt-Chor aus dem Achteck constrnirt ist, 23 Fnss in der Breite und 63 Fuss in der Lange misst. Zu einer Woll- und Pferdehaarkrempelei eingerichtet und in Stockwerke zerlegt, entlialt dieser Eaum wo mSglich noch zierlicher ausgearbeitete Details, als wir im Haupt-Chor kennen gelernt haben. DiesePartie hat in spaterer Zeit noch als selbstandige Kirche gedient, als das Mittelschiff mit seinem Chore bereits dem Verfalle preisgegeben war. Zwischen dem slidlichen NebenschitFe und dem Mittelraum, welcbe beide zerstort sind, zog sich statt der Arcaden eine voile Mauer bin, welche heute liber allerlei kleine Anbauten emporragt und an der vier Wandsaulen mit Capitalen und Gewolbniederlagen ange- bracht sind. Diese Wandsaulen stehen 17i/aFuss von ein- ander entfernt und bezeichnen die Joche des abhanden gekommenen Langhauses. Weiter gegen Westen bin zei- gen sich die Uberbleibsel eines kleinen Glockenthurmes und einer Vorlialle, wodureh sich die lichte Gesammt- lange des ehemaligen Hauptschiffes auf 215 Fuss bezif- fern wiirde. Vom nordlichen .Seitensehiffe hat sich keine Spur erhalten und es erseheint zweifelhaft, ob ein solches vorhanden war oder doch vollstandig ausgebaut worden ist. Jetzt befindet sich an jener Stelle der Nordseite, wo gewohnlich das Querhaus vorzutreten pflegt, eine qua- dratische, ehemals der heiligen Magdalena gewidmete Capelle. deren Decorationen zwar mit dem Presbyterium Fig. 23. (Prag. ) Fig. 22. (Prag.; libereinstimmen und alterthlimlich er- scheinen, wenn nicht die ganze Capelle nach 1420 aus Bruchstticken deszerstor- ten Nebenschitfes errichtet worden ist. In dem offenen Hofe, durch welchen die Scheidemauer zwischen Haupt- und Nebenschiifhinzieht, haben sich ineinem Holzschuppen Reste eines Kreuzganges erhalten, wo man Capitale mit Sculptu- ren und wunderschone Ornamente sieht. Vor wenigen Jahren lagen noch allerlei Uberbleibsel der alten Herrlichkeit um- her, welche in neuester Zeit als Bau- oder Pflastersteine verwendet worden sind. In einem um 1611 gefertigten Holz- schnitte ist die damalige Zerstorung des Klosters ver- ewigt worden. Die Uber dem Triumphbogen sich erhe- bende Giebelmauer starrt hoch in die Luft, das Presby- terium und die beschriebene Partie des Seitenschiffes sind in der heute noch bestehenden Weise gezeiehnet, das Langhaus liegt in Ruinen , der Kreuzgang aber bat schon damals nicht mehr bestanden. Alle noch vorhandenen , zur Kirche gehorenden Raumlichkeiten enthalten Reste von Wandmalereien, die dem XIII. Jahrhundert entstammen diirften. Es waren einzelne Figuren in tibereinander hinziehenden Streifen dargestellt ; Apostel und Martyrer, deren Haup- ter mit gelben und griinen Heiligenscheinen umgeben sind. Der Grund ist sorgfaltig geglattet, weisser Kreide- grund, die Umrisse sind wie bei den Malereien in der Georgskirche mit schwarzen Linien vorgezogen und leicht mit Farbe ausgefUUt. Eine ganze Figur hat sich nicht erhalten; bald sieht man einen einzelnen Kopf, bald ein Gewandstiick, mehr ist nicht herauszubringen. Es ist sehr zu bedauern, dass diese Gemalde verloren gegangen sind, sie batten gewiss viele& zur Belehrung uber die damalige Malerweise geliefert. Die beigeschalteten lUustrationen, Capitale, Sau- lenfiisse , Schlusssteine und sonstige Decorationen lassen den grossen Verlust errathen , welchen das Land durch die Zerstorung dieses Denkmals erlitten hat. Da genaue Aufnahmen bisher nicht bewerkstelligt worden sind, haben wir so viele Abbildungen beigefugt, als zum Verstandniss nothwendig schien. Fig. 18 Situationsplan des gegenwartigen Bestan- des, a ursprunglicher Haupt-Chor, dann fiir die Frauen eingerichtet; b rechtsseitiger Neben-Chor, spater zur Mannerkirche umgewandelt ; c Magdalenen - Capelle ; d spatere Einschaltungen ; e Glockenthurm ; / Reste vom Kreuzgang; g Reste vom Schiffe der alten Man- nerkirche ; Fig. 19 Langenschnitt in der Richtung A — B; Fig. 20 Fen- ster im Haupt - Chor ; Fig. 21 Gurt im Neben- Chor; Fig 22 Gnrttra- ger an der Schitfwand C; Fig. 23 Dachgesims; Fig 24 Rippenprofil ; Fig. 25, 26, Capitale und Knaufe im Haupt- Chor , 27 bis 31 aus dem Kreuzgange; Fig'. 32 Schlussstein. Fig. 24. (Prag.) Fig. 28. (Prag.j Fig. 29. (Prag.j 30 Fig. 31. (Prag.) Fig. 30. (Frag.)' Kloster Tischnowitz in Mahren. Die geschichtlichen Verhaltnisse des Stiftes Tisch- nowitz (Tisiiov) sind bei Besprecliung des Agnesklosters angedeutet worden. Nachdem die Konigin Constantia von ihrem friihern Vorhaben , das von ihr beabsichtigte Fig. 33. Fig. 32. (Prag.) Kloster in Prag zu erbauen, abgegangen war und die bereits dort erworbenen Grundstucke iiirer Tochter iiberlassen liatte, erkaufte sie das unweit Brunn am Flusse Schwarzawa gelegene Besitzthum Tisnow nebst Bfezina und liess unverzuglich den Bau beginnen. Dem Wunsche der Stifterin zufolge erhielt das von ihr errichtete und reich dotirte Cistercienser-Nonnen- kloster den Namen Porta Coeli, Himmelspforte , und es wurde der Bau so rasch gefordert, dass die Einweihung der Kirche bereits im Jahre 1239 erfolgen konnte. Man darf jedoch nicht glauben, dass damals die Stiftsgebaude sammt Kirche ganzlich voUendet gewesen seien. Ein Blick auf die mit konig- lieher Praoht durchgefiihrten, noch in ziemlich gutem Bauzuztande befindlichen drei Partien : Kirche, Kreuzgang und Capitel-Saal, ge- niigt, um darzuthun, dass bei Auf- gebot aller Krafte diese grossarti- gen und iiberreich ornamentirten Werke nicht in dem Zeitraume von sechs Jahren (1233 — 1239) vom Grunde aus neu hergestellt werden konnten. Die Tischnowitzer Klosterkir- che zeigt sich als die regelmas- sigste und consequentest durch- gebildete aller Kirchenanlagen, welche die vereinigten Lander Bohmen und Mahren aufzuweisen haben. Kirche, Kreuzgang und Capitel-Saal sind ai^ einem Gusse und riihren von cinem einzigen Meister her, der von der Griindung an bis zur Vollendung dem Werke vorstand. Der Name des Meisters ist nicht bekannt , es wird indess kaum gewagt sein , wenn man sowohl diese Bauten wie die Aus- fiihrung des Agnesklosters einem Cistercienser - Ordensbruder zu- schreibt. Bei Besprechung des Stiftes Hradisf wird diese Ver- muthung naher begriindet wer- den. Auch das innige Verhaltniss, — 32 — Fig. 38. (Tischnovitz.) welches zwischen der Konigin Constantia und der Prin- zessin Agnes bestand, spricht dafiir, dass diese beiden Damen bei ihren langst vorbereiteten Unternehmmigen denselben Kiinstler zu Rathe zogen und ihni die Leitung anvertrauten. Daher die aufFallende Ubereinstimmung der beiden in Rede stehenden Denkmale. Die Kirehe Porta Coeli zeigt sich dreischiffig, mit ToUstandig entwickelter Kreuzform, aber ohne Thurmanlage. Der Chor ist auf fUnf Seiten des Achtecks geschlossen, welehen Abschluss aiich die beiden Seiten- schitfe einhalten. Zehn Pfeiler, fiinf aiif jeder Seite, theilen das Langhaiis ein ; die beiden vordersten, an der Vierung stehenden Pfeiler sind verstarkt, alle aber gleichmassig mit Rundstaben imd gebroehenen Ecken profilirt. Alle Kirchenraume, wie auch Kreuzgang und Capitelsaal, sind mit Kreuzgewolben liberdeckt, und die eiuzelnen Joche an den Aussenseiten durch stark vortre- tende Strebepfeiler bezeichnet. Die Masse gestalten sich: Gesammtlange der Kirche im Lichten . . . 204 Fuss, Lange des Hauptschitfes von der westlichen Frontmauer bis zur Achse der Vierungs- pfeiler 120 Gesammtweite des Kirchenhauses .... 72 „ Lange des Querschiffes 93 „ Breite des Mittel- wie des Querschiffes von Achse zu Achse 36 Entfernung von Achse zu Achse in der Lan- genrichtung 24 Fuss Hohe des Hauptschiffes bis in den Gewolb- scheitel 54 ,. Hohe der Nebenschiffe 27 Mauer Starke ^^/zr ' Ausladung der Strebepfeiler 6 ,. Der Kreuzgang halt die Lange des Schiffes mit 120 Fuss ein, wird durch ein regiilares Quadrat be- schrieben und liegt an der Nordseite des Kirchenhau- ses; aus der Mitte des ostlichen Flugels tritt man in den von zwei achteckigen Saulen in sechs Gewolbfelder zerlegten Capitel-Saal, welcher 30 Fuss tief und 36 Fuss lang ist. Diese Massangaben bestatigen ohne weitere Erkla- rung die in alien Theilen durchgefiilirte Regelmassig- , keit, wobei zu bemerken ist, dass kleine Abweichungen, wie sie in den meisten mittelalterliclien Bauwerken getrofFen werden, hier beinahe ganzlich fehlen. Die vielleicht allzustreng gehandliabte Regelrichtigkeit ver- leiht dem architektonischen Aufbau der Kirche, sowohl aussen wie innen , ein aufFallend niichternes Geprage, welches durch den Umstand gesteigert wird, dass Hauptschiff und Querhaus viel zu niedrig gehalten sind. Denselben Fehler haben wir bereits in der St. Agneskir- che bemerkt und dlirfen dieses zweimalige Vorkommen um so eher dem Architekten zur Last legen , als bereits in den gut angeordneten romanischen Kirchen die Regel beobachtet wurde, dem Hauptschiffe mindestens die Ge- sammtbreite des Langhauses zur Hohe W^Mff^ zu geben. H-v^^^j^v^^"" Seltsam contrastirt mit der allzu L >->■ — — p schlichten Behandlung des Massenbaues die hochst phantasiereiche und mit be- wunderungswUrdigem Fleisse durchge- — 33 — — 34 — Tig. 45 uml 46. (Hradist.) — 35 — Fig. 47. (Hi-adist'.j Dildete Ornamentik, welche an dem an der Westseite aiigebrachten Haupt-Portal bis zur hochsten Pracht ge- steigert wird, die nur erreiclit werden kann. AUeTheile, die Leisten, Kehlen, Rnndstabe, Scliafte und Bogen- gliederungen sind gleiclimassig mit Verzierungen iiber- deckt, deren Eleganz und Originalitat jede Bewnnderung verdienen. Der Eeichtlium des Portals ist durcli plasti- schen Schmuck erholit worden , sowolil das Tympanum wie die Gewande sind mit Figuren ausgestattet. In der 9 Fuss starken, gegen einwarts abgeschriig- ten Mauer sind beiderseits je fiinf Saulen eingeblendet, zwischen denen eben so viele ornamentirte Felder liegen. Aus diesen Zwisclienfeldern springen in lialber Hohe Consolen hervor, welche die Standbilder der Apostel tragen. Um die Zwolfzahl voU zu machen, wurde in herkommlicher Weise reclits und links neben demPortale noch je eine unablifingige Sauie angeordnet, als Piede- stale fiir die Figuren 8t. Petrus und Paulus. Eine nithere illustrirte Erklarung der Bildwerke folgt ini Abscbuitte fSculptur. Die Thuroffnung ist 7, das ganze Portal mit Ein- sclduss der beiden Vordersau- len 24 Fuss breit und 221/2 Fuss hoch, also dasselbe Ver- lialtniss der Breite zur Hohe, welches das Haupt-Portal zu Trebic einhalt. Die Portal- Uberwolbung in Tischnowitz ist zwar spitzbogig, aber so stumpf, dass sie sich nur um einigeZoUe liber denHalbkreis erhebt; eine jedenfalls unange- nehme Form, welche sich von der zu geringen Hijhe des Mit- telschifltes herschrcibt. Aach vor diesem Portale ris-. 48. (Il.adist.) sollte eine Vorhalle angebracht werden , welche jedoch dem Anscheine nach nicht voUendet worden ist. Der gedriickte, im hochsten Grade unschone Bogen , welcher das Portal umzieht , und dessen Kampferlinie nur fUnf Fuss uber dem Erdboden liegt, lassen das Abhandensein dieser Halle nicht be- dauern. Das Uber dem Portal befindliche, 17 1/2 Fuss im Durchmesser haltende Radfenster , dessen Masswerk durch acht um einen Mittelkreis angeordnete kleinere Kreislinien beschrieben wird, zeigt im Gegensatz zu jenem die einfachsten Formen. Wenn bei aller Anerkennung der Gesammtanlage und der glanzenden Detail-Bildung die obwaltenden Mangel der Aufrisse nicht ubersehen werden konnen, wird man durch die Verhaltnisse des Kreuzgangs und Capitel-Saales um somehr befriedigt werden. Uberall die liochste Wohlgemessenheit und Harmonic, dabei ist das Ganze trefflich erhalten. Zwei und dreissig Gewolbe- felder (sieben auf jeder Seite, dazu die vier Eckfelder) umziehen den viereckigen Hof, in dessen Mitte wahr- scheinlicli eine Brunnen-Capelle bestand. Zwischen ein- fachen Strebepfeilern sind je gekuppelte dreitheilige Fenster angeordnet, welche immer von einem gemein- schaftlichen Spitzbogen umfasst werden. Die sich erge- benden ziemlich grossen Bogenfelder werden durch Rosettenfenster belcbt. Das Dachgesimse besteht aus Kehle mit Zahnschnitten, unter welchen der aus Halb-- kreisen gebildete Fries hinzieht. Im Innern werden die sich eutwickelnden Gurten je durch drei den Stre- bepfeilern gegeniibergestellte Saulciien getragen, deren Capitale ebenso sorgfaltig durchgebildet sind, als die Einzelbeiten des Portals. Der Kreuzgang in Tischnowitz gehort zu den edel- sten Schopfnngen, welche das Mittelalter hervorgebracht hat ; in Bezug auf Regelmassigkeit steht er unitber- troffen , Ausfilhrung und Formendurehbildung werdoi nur selten in so gediegener Weise vorkommen. Concur- reuteu tiudet er nur in Nieder- Osterreich zu Zwettel, Heiligenkreuz, Lilienfeld und Klosterneuburg 1. Erklarung der beigegebenen Abbildungen : Fig. 33 Grundriss der Kirche und des Kreuzganges ; Fig. 34 und 35 Aufrisse der West- und Ostseiten ; Fig. 36 Quer- schnitt des Kirchenhauses; Fig. 37 Schnitt durch das Querschiff; Fig. 38 und 39 Detaillirungen der Portal- und Bogengewande; Fig. 40 Partie des Kreuzganges; Fig. 41 bis 44 Capital- und Soekelbildungen. Das C i s t e r c i e n s e r - S t i f t H r a d i s f . Noch ein viertes Denkmal, das zugleich den nord- ostlichen Granzpunkt der in Rede stehenden Gruppe einnimmt , habeu wir zu verzeichnen , ehe die Zwi- schenglieder des schulmitssigen Zusammenhanges dar- gelegt werden konnen. Das Cistercienserkloster Hradisf bei Miinchengratz, in der Gegend nur Kloster, Klasterec, genannt , wurde durch Herrn von Ralsko, den Almherrn der Herren von Waldstein- Wartenberg unis Jahr 1177 gegriindet. Als erster Abt von Hradisf wird Tlieodorich oder Thidricus genannt, Avelcher 1184 regirte, von dessen Thatigkeit I Literatur. Jahrliuch der k. k. Ct'ntral-Coniniission , III. Bd. Jalir- gang IS.t!). Die Kirche des ehenialigen Cistercieuser-Nonueiiklosters Porta C'^eli zu TisDowic, von J. K, Woe el, eine ausfiilirlictie licarheitung mit tiiclitigen Zeiciinungen von Kirscliner, auf die wir uiis liier bezielien. Ferner .\ ufsclilii>se iiber Ti^chmowitz und das Agiiesklos er entlialien : E r b e n, Uegesta; J. Schialler, Topograpliie von Prag; T o ni e k , Geschiiclite der Stadt Prig; Wolny, kirehliclie 'I'opographie von Malirin; uud die in der lieseiireibuhg von Trebic augefnlirten Werke. — 3G — Hg. 49. Fig- 50. Fig. 51. (Hradist.) in Bezug auf den Kirchenbau jedocli eben so wenig Nachrichten auf uns gekonimen siiid, als von irgend einem seiner Naclifolger. Hradisf gelangte zu holier 151 lithe nnd grossem Reichtlmm, wnrde aber 1420 von den Hnssiten zerstort und nicht wieder in Stand gesetzt, weil die Stiftsgiiter von der Krone mit Beschlag belegt, dann verpfiindct, getheilt und veraussert wurden, bis sie nach melmnaligem Besitzweclisel wieder an die Fa- milie der Klostergrtinder zuriickgelangten. Da die Auf- hebmig des Klosters auf gewalttliiitige und ungerechte Weise bewirkt worden war, und es bei der darauf fol- genden Aneignung der Gliter nicht ganz correct zuge- gangen seinmochte, fanden die Besitzergreifer keinen Anlass, die noch vorhandencn Urkunden aufzubewali- ren. Wie in Trebic, liegt audi hier die Baugescliichte vollkonimen ini Dunkehi, und wir sind ausschliesslicb auf die arcliiiologische Untersuchung angewiesen. Von deni Kloster haben sich nur einige rohe Sub- structionen erlialten , dann ein Bruclistlick der n(>rd- licben Kirchenmauer sammt deni daran befindlichen Haupt-Portal der Stiftskirche. Der Kirchenraum selbst wurde in cinen Garten unigewandelt, in die ehemaligen foiivent-Ocbaude wurde ein Brauhaus hineingebaut, in dessen Hole iiocli nllerlei Bruchstiicke der Kirehe, Sehlusssteine, Gcwolbrippen, Consolen u. s. w. lienini liegen, mitu liter audi an den dortigen Bauten einge- inauert sind. lui Garten kann man mit geringer Miilie noch die Grundmauern des Chores und der einzehien Pfeiler auffinden, aus welehen Tlieilen sich crgibt, dass die Stiftsldrche einen rechteckigen Chor-Hchluss und ein durch zwei Pfeilerrdhen eingethdltes Langhaus besass. Die Cliorpartie war l)eilar.tig 90 Fuss, das SchiiT 06 Fuss Ijreit, die Gcsammtlangc mochte gegen 200 Fuss betra- gen haben. Alle noch erhahenen Einzelheiten tragen das- selbe fiiib-gothische Gcprage, welches die vorbesdirie- bencn Kirchen oinhalten ; sogar die Substructionen zci- gen keine von einem illtern l>au herriihrenden Theile. Das Portal, diescr einzige wohlerhaltene Rest des ganzen Klosters, ist ein Kleinod seltenster Art. An Keichthum wetteifert es mit dem Tischnowitzer Portal, iibertrifft es aber bei weitem in Bezug auf architek- tonischen Aufbau und sdiiine schlanke Verhaltnisse. Sechs angcblendete Siiulen von 7 Zoll Starke stelicn auf jcder Seite der Leibung, welclie durch drei rcclit- Fig. bS. eckige Vorsprlinge profilirt ist. Die Saiilenschafte sind zwar abhanden gekomnien, doch die Capitiile uno Basen haben sich erhalten, auch die inmitten der Saulenhohe angebrachten Ringe, welche zur Befesti- gung der Schafie dienen soUten. Ini Vergleich mit den Portalen von Trebic und Tischnowitz fallt sogleich auf, dass hier die Hohe eine niigleich bedeutendere ist. Der innerste Bogen steigt im Winkel von GO Graden an, die Gesammthohe des Portals betriigt Fuss, die Gesammtbreite 17'/., Fuss, wodurcli bei aiinlicher Formgebung der Ausdruck ein vollkonunen verschiedener Avird. Ob das Tynipanon mit figiirlichem Schmuck aus- gestattet war, Hisst sich nicht erkennen, das Portal dient gegenwiirtig als Einfalirt des herrscliaftlichen Brau- hauses, weshalb das Bogeiifeld grosstentheils heraus- gebrodien worden ist. Ein schlankes Sockelgesims, aus welchem sich die decorirten Saulenfiisse mit besonderer Eleganz ent- wickeln, umzichtdas in alien seinenThcilen aufsreichste ornamentirte Ganze. Viele von den Verzierungen halten genau dieselben Formen ein, wie die in Tischnowitz und im Agneskloster vorkonimenden, hie und da maclien sich ganz neue Motive gehend, auch ist die Tedinik frcier, vorgeschrittener. Dabei sind durch eingefiigte glatte Zwischenstreifen dem Auge solche Ruhepunktc gewahrt, dass der decorative Reichthum nicht wie in Tischnowitz storend wirkt. Neben den band- und ran- kcnartigen Verschlingungen konimen Akanthus-, Weiii-, Epheu- und Feigenblatter , mit Trauben und andereu Friicliten gemengt, am liaufigsten vor, aiisserdem fanden sich auch pliantastisehe TliiergestaUen ; alle diese Motive sind mit plastisch antikisirendem Sinue durcli- gel)ildct und frei von jenem stacheligen Charakter, der den gothischen Laubwerken eigen ist. HradiSt' war ein Tochterstilt von Plass, dessen kunstbegabte jVIonche, dem in der Cultur- und Kunst- m'sdiichte einen so hervorragenden Platz einnehnienden Cistercicnscrordcn angehorend, die sclioue romanisch. — 37 Kirche in Potvorov zwischen 1220 — 1240 ansgeflihrt habeii; wie im ersten Tlieile erwahntwurde K Die sammt- lichen Abte von Hradisf , welclie in Urkunden vorkom- men, entstammen dem Plasser-Stifte, welches auch auf die anderweitig-en Kloster des Cistercienserordens den gvossten Einfluss libte. In Anbetraclit dieses Umstandes wurde die Vermnthuug ausgesprochen, dass die Koni- gin Constant! a einem Ordensmanne aiis Plass den Bau des Tischnowitzer Klosters anvertrant babe, vielleicht dem Erbauev der Stiltskirche zii Hradisf. Mancberlei in Hradist' vorkonimende EigentliUniHcbkeiten , so das Ein- rahmen der Ornamente, das biiufige Aiibringen von Akantbnsblattern imd die antikisirende Durebbildnng der Lanbwerke lassen vennutben , dass der Banmeister Italien gesehen babe. Das Scbiff der bescbriebenen Kirche hatte eine Pfiasteriing von buntfarbigen Fliesen, eine in Bobmeu, wo der Ziegelbaii erst im XIV. Jabrhundert Eingang fand, isolirt dastehende Erscbeinung. Bei den ausge- breiteten Verbindungen, welche die Cistereienser unter- hielten, lasst sich nicbt einmal eine Vermuthung auf- stellen, wober diese in Slid-Deutscblaud seltene Pfia- sterung bezogen worden ist 2. Illustrationen Fig. 45 nnd 46 Grundriss und Aiif- riss des Portals, 47 — 54 Detail desselben. D i e k 1 e i n e r e n D e n k m a 1 e d e r 0 s 1 1 i c h e n G r u p p e. Wir haben bereits frliher erwiibnt, dass die kircb- licben Bauwerke des westlicben Theiles von Mahren bei Betrachtung der Denkmale Bobmens nicbt unbeachtet bleiben kiinnen ; deninach miissen wir, bevor wir an die Bauten Bobmens gehen, nnsere Leser mit den in diese Baiigriippe geliorigen kirchlichenGebituden Iglau's bekannt macben. Die iibrigen , der ostlichen Gruppe angehtirenden Denkmale werdcn sodann in jeuer Ord- nung angefiibrt, welche das bohere oder geringere Alter vorzeicbnet. Alle zeigen sich einigermassen beeinflusst von den bescbriebenen vier hervorragenden Bauwerken. Die Denkmale vonlglau. Die Stadt Iglan nimmt neben Briinn und Olmtitz unter den Stiidten Mahrens einen der ersten Platze - ein. 8ie verdankt ibre Entstehnng oder Ausbreitung, ihr Ansehen nnd ibren Eeicbtluim dem ergiebigen Bergbau, weleber im zweiten Viertel des XIII. Jabr- hundert grossen Anfschwung nahm und viele An- siedler herbeizog. Im Jahre ]227 besass Iglau einen eigenen Bergmeister und ein Berggericht, von dessen Satzungen man annimmt, dass sie unter Konig Pfe- mysl Otakar zusammengestellt wurden. Graf Caspar Sternberg, der tieissige Geschicbtschreiber des boh- mischen Bergbaues, und E. Eossler in seinen Reohts- donkmalqrn sprecben sich einstimmig dabin aus, dass man in Osterreich und Deutscbland keine alteren Berggesetze findet als die Iglauer. ' Wir lierichtigen hier einfn im I. Tli. S. 47 , cingescliliclienpn Fehler: sratt 1241 soil es hpifseii 1221. - T, it era t nr. Nohst den Wrrkcn , welche bfi Bpschreibuntc rli's Ai^riPsVlosters zu Prag angofrihirt wnrden sind , finden ?icli Naclirichtmi libcr Hradis: im Archive zu Plass, in den Errichtunirsbiichern des Prn;cr Doni-Capitels , in S c h a 1 1 e r's und o m m e r's 'IV.pn;;rap!iii n. Eine aus- fiilirliciip , mit historisciien ErlriuTerungen reicli auseestattefe Besprecliung dpr L'berreste enthalten die Mirtiicilungen der k. k. Central - Cnrnmissinn IX. Jalirganllkommel'l 11 nd wcrden Kirclie solclie Bescliadigimgen erlitt, dass der Clior abgetragen werden miisste. Der Kaiser als Scliirmherr rSumte deslialb im Jalir 1351 der Stadt verschiedene Ecelite ein und liess einige Jahre spater den Clior airs seinen Mitteln autlDanen, wor- iiber zahlreiclie Urkmiden vorliegen. Es ist daher mxr das Kirchenschiff mit deni Thiirmbau, welche den alten Bestand zeigt und hier gesehildert werden soli. Welche Ausdeliuung iind Form der iirspriingliche Chorbau eingehalten babe, ist ebenso unbekanut, als alle Vermuthnn- gen gewagt erscbeinen. Scbiff und Cher bilden gegenwartig zwei von einander unabbangige, ganz verschiedene Gebiiiide in der Wirklichkeit durch einen breiten leeren "Wandstreifen geschieden, welehen der Baumei- ster des Chores absichtlicb hat stehen lassen. Das im besten Bauziistand befindliche Seliiif zeigt Hallenform, drei gleich hohe Schilfe, an welche gegen Osten cine Art Qiierhaus (jedoch obne Ausladung von Kreuzarmeii) anscbliesst , wahrend die Westseite (lurch zwei kraftige viereckige Thiirme begrenzt wird. Zwischcn den Thiirmen befindet sich das Haupt-Portal, (lurch welches man in cine Yorhalle mit dariiber angebrachter Emporkirche gelangt. Die Thiirme ruben gegen inuen auf zwei massigen Pfeilern, an welche sich auf beiden Seiten noch fernere drei Pfeiler bis zur Vierung anreihen. Jenseits derselben steht auf ieder Kirchenseite noch ein Pfeiler, womit der alte Bau seinen Abschluss erreieht hat. Die Pfeiler haben ((uadratische Grundform, sind 5v2 Fuss stark, an den Ecken mit Eundstaben eingefasst und in ihrer IMitte an alien Seiten durch mit beinahe im vollem Kreise vortre- tende Wandsaiilen (Dienste) verstarkt. Die Kundstabe und Dienste entwickeln sich aus mehrfach gegliederten Postamen- ten und sind mit besondern Capi- liilen versehen , oberhalb dersel- ben ein gemeinscliaftlicher Sims jeden Pfeiler umzieht. Alle Wol- bimgen sind mit Spitzbogen be- schrieben, die Gurte der Vierung aber mit Halbkreisen , so dass an dieser Stelle eine etwas erhohte Kuppel besteht. Die Hohenmasse erscbeinen in Anbetracht der iiberkriiftigen Pfeiler und geringen Schiffweiten gedriickt und bleiben selbst hinter denen der Iglauer Pfarrkirche zurik'k. Die Scheitelbohe der Ge- wolbe betnigt o9 Fuss und nur die Kuppel liber der Vierung steigt bis auf 42 Fuss an. Eintretend in das Innere wird der Besncher durch die sehr schweren, altertliiimlichen Ver- hjiltnisse liberrascht, welche sich Fig. 80. versetzt und erst eine eingehende Betrachtung der Orna- Mieutik wird ihn dahin bringen, hier einen Ubergangs- bau zu erkennen. Diese Ornamentik ist auch der bewun- derungswiirdigste Theil des Gebiiudes und ein sehr charakteristisches Zwischenglicd im Keiche der friih gothischen Decorationskunst. Die Motive sind der Pflan- zen- und Thierwelt entnommen und ziemlich dieselbeii, welche wir in Hradist" , St. Agnes in Prag und in Tiscli- nowitz kennen gelernt haben; die Behandlung aber ist eine ganz andere, indem die plastische Abrundung zuriicktritt und eine mehr naturcopirende Kichtung platzgreift. Dabei ist die Ausfiihrung hochst vollendet und wird in der folgenden Periode niclit wieder zu soldier Gediegenheit gefuhrt. Auch die Sculptur, in Bohmen, vonje etwas vernachlassigt, nimmt einen er- freulicben Anlauf und spricht sich in Reliefs und rundeii Statuen aus. Die Kirche halt folgende Hauptmasse ein: Lange des alten Theiles von der Thurmwand bis zum Beginn des Neubaues jenseits der Vierung, im Licht 105 Fuss Lange eines Joches von Achse zu Achse . . iGy, ,, Weite des Hauses r Weite des Mittelschiffes zwischen den Ffei- lern Sly,,, VW'ite je eines Seitenschiffes 13V4„ Starke der quadratischen Pfeiler 5andes durch glcichmiissige Detailbildung aus; das Innere ist beinabe vollstandig erbalten und lasst erkennen, dass das Ganze oline Unterbrccbung in kurzer Zeit ausgefubrt worden ist. Das Kircbenbaus ist drei- scbift'ig und halt die Basilicaform ein ; zu l)eiden Seiten stelicn drci quadratiscbe mit rundcn Mitteldicnsten vcrsehene Pfeiler von abnlicber jedoch viel schlankerer Gestalt, als wir sie in Kolin kennen gclernt baben. Sowobl der bohe Chor wie die Abscbliisse der Seiten- scbiffe sind auf die iibliche Weise aus dem Acliteck gezogen, ein Querbaus ist nicht vorbanden, doch wird Fig. i)L. iKiiliii. die Kreuzform durcb zwei neben das Presby- terium gestellte , liber den >Seitenscbifli"en sieb erbebende Tblirme aus- gedriickt. Dasfiireine stadti- sche Pfarrkirche unge- wohnlichlange, um acht Stufen erhobtePresbyte- rium gibt Kunde, welch' liobenRang dieKouf imer Kircbeeingebalten babe. An beiden Heiten sind in die Wand je neun Ni- sclien eingelassen, wel- che austatt der Chor- stiihle filr die sicb bier versammelnden kircbli- cheWiirdentrager dien- ten. Unter dem boben Cbor befindet sicb eine acbteckigC; von einer Mittel-Sfiule unterstutz- te und der beil. Katlja- rina gewidmete Kryp- ta, in welche man auf scbmalen in der Mauer- dicke angelegten Trep- pen binabsteigt. Die Hauptmasse zeigen sicb wie folgt: Licbte Lange des Haupt- schiffes von der West- wand bis an den Tri- umphbogen 66 Fuss licbte Lange des Presby- teriums und ('liorscblns- ses zusammen 55 Weite des Langbauses 56 „ Weite des Mittelscbiifes zwiscben den Pfeilern 23 1/,,, Pfeilerstarke 4i „„ Hobe des Mittelscbiifes 45 „ Hobe der Reitenschifie 24 „ Der Fussboden der Krypta liegt 15 Fuss unter dem Pilaster des Presbyteriums ; die Krypta bait im geraden Durcbmesser 22 Fuss und ist bis in den Gewolbescbeitel I2V3 Fuss bocb. Unterbalb derselben liegt nocb eine altere nicht mebr zuganglicheBegrabniss- eapelle. Kirche und Krypta sind einiieitlich und es zeigt sicb in der Bebandlungsweise der bier und dort vorkommenden Decorationen , Rippen und Gewolbe- bildungen nicht der leiseste Unterscbied. Die Laub- werke, Blumen und Bandverzieruugen sind genau in derselben Weise entworfen imd ausgefiihrt, wie die m Kolin, auch stellt sicb mittelst techniscber Untersu- chungen zur Evidenz beraus, dass diese beiden Kircben von eiueiu und denisclben Meister geleitet worden sind. Etwas fliichtiger sind die Arbeitcn in Koufim aus- gefiihrt, auch feblen bier die Bestiarien, Larven und figiirlichen Darstellungen, deren in Kolin viele Fig. 91 bis getroifen wertlen. Es fehlte an Arbeitskraften , beson- ders an Bildhauern , die wenigen verfiigbaren Arbeiter waren durch den Koliner Bau in Anspruch genommen nnd niehr nicht aufzutreiben. Dieser Umstand spricht iWr die etwas friihere Anlage von Kolin. Der Spitzbogen herrscht in beiden Denkmalen vor, doch sieht man wie in Kolin aiich in Koufim einzelne aus dem Halbkreise errichtete Constriictionen, 95. (Kolin.) so den Triumphbogen , den vordersten Arcadeubogen links imd die Hauptguvte im Presbyterinm. Aiich die Fensterchen an den Thiirmen und in der Krypte sind nach romanischer Weise gebildet, die Eiisgange aber gothisch.DasHaupt-Portalbefindet sichan der Nordseite nnter einer weit vorgetragenen Portike ; die Leibnng wird beiderseits dnrcb drei angeblendete Saiilen und eben so viele recliteckige Vorspriinge gebildet nnd mit i Fig. 9G. (Koufim.) einem aus dem gleichseitigen Dreieck gezogenen Spitz- bogen liberwolbt; die ThiirotFnung aber ist mit einem aus Halbkreisen gezeichneten Kleeblattbogen bedeckt. Ein ahnlicbes, jedoch verbaiites Portal hat sich an der arg verzopften Westfa^ade erhalten. Da dieses wohlerhaltene und schone , durch For- menreiehthum ausgezeichnete Denkmal noch ganzlich unbekannt ist, wurde zweckdienlich befunden, dasselbe so genau zu illustriren, als die vorgezogenen Granzen erlauben; daher sind beigefiigt: Fig. 96 Grundriss des Kirchenhauses , Fig. 97 Grundriss der Krypta, Fig. 98 Langenschnitt der Kirche und Krypta, Fig. 99 Haupt-Portal , nebst Grundriss, Fig. 100 Fer.ster mitMasswerk am Seiten-Chor, Fig. 101 Fenster im Lichtgaden, Fig. 102 Bogenstellung im Chor, ^Koufim.) T)j"e Ijiterafar iilier die Kirchen von Caslau, Kolin und K oufiin istbelir diirftig, die Erriclitungsblicher des Pi ager Domcapitels reichen -nicht in dio Griindungs- zeil dieser Ivirchon hinauf, s^enaue l:esciireibunii;en "werdeii hier znm erstenmal geboten. Fig. 98. Fig. 103 Gewolberippen im Chor, Fig. 104 Pfeiler in der Krypta nebst Grundriss, Fig. 105 bis 109 Capitale. Die Pr opsteikirche in P olitz (Polic). In geographischer Hinsicht liegt das etwa drei Stunden gegen Siiden vom Benedictinerstifte Braunau entferiite Politz , zwar * etvvas abgelegen von der gescliilderten Gruppe, kann aber fiiglicli als nord- liclister Auslaufer angesehen werden und schliesst sicli enge an die Kirclien zu Kolin und Koufim an. Politz ist eine Colonie des Benedictiuer- Klosters Bfe- vnov bei Prag , wurde 1213 gegriiudet und von Pfemysl Otakar I. bestatiget. Uber den Kirchen- bau sind keine zuverlassigen Nachrichten vorhan- den, wenn aucli in den Kloster-Annalen von Braunau (cbcnfalls eincr Brevnover Colonie) vorkomnit, dass der Abt Paul Bavor im Jalir 1304 die sannntliclien 8tiftsgebaude in Politz habe neu auffiihren lassen. Dergleichen Angaben kommen in klosterlichen Berichten niclit selten vor, ohne dass densclben besonderes Gewiclit beizulegcn ware; in der Kegel pflegtc ein Abt nacli dem andern einige Bauliclikeiten auf seinen »Stifts- ' S. Mitth. d. Cen. Com, XV. H.. p. XV. (Koufim.) . - • giltern ausfixbven zu lassen und so geschab es oft , dass ein eifriger Klosterbruder den Theil fiir das Ganze nahm und eine Reparatur als neue Anlage verzeichnete. Wall rs ell einlieb ist, dass durch den genannteu Abt Paul Bavor die Kircbe voUendet nnd so diesem thatigen Manne das ganze Verdienst zugeschrieben wurde. Die Anlage gehcirt unbedingt der Mitte des XIII. Jahrhunderts an, hat aber viele Anderungen erfahren. Im Jahre 1421 durcli die Hussiten zerstort, urn 1715 durch Dinzenhofer erneuert, wurde das Gebiiude vor einigen Jahren in nicht unpassender Weise restaurirt, so dass der gegenwartige Zustand befriedigend genannt werden kann. Die Kirche unter dem Namen Maria Geburt ist eine Basilica, ohne Thurm, mit langera Presbyterium, neben welchem sich die Seitenschiffe nicht fortsetzen. Die Wolbungcn des MittelschitFes sind in Folge des Brandes von 1421 zusammengestlirzt und durch moderne ersetzt worden , im Presbyterium aber und den Neben- schiffen haben sich die alten Kreuzgew(3lbe erhalten. Das dreischiflPige Langliaus hat flinf quadratische Pfeiler auf jeder Seite und erscheint bei ungewolmlicher Schmalheit des Mittelschilfes fast iiberlang, denn bei einer lichten Breite von 21 Fuss halt der Mittelgang Fig. 99. (Koufim.) eine Lange von IOO1/2 Fnss eiii imd ist gegenwartig, obwohl das neue C4ewolbe etwas tiefer , herabgesetzt wurcle, noch 50 Fuss hoch. Die Seitenschiffe sind je 16 Fuss weit bei einer Hohe von 26 Fuss. Das Presby- terium besteht aus zw^ei Gewolbejochen und dem aus fiinf Seiten des Achtecks gebildeten Chorsclilusse mit einer Gesammllange von 60 Fuss. Die Westfronte der Propsteikirche zeichnet sich durcli einen vorzliglich schonen Portalbau aus, welcber, zwiseben den Portalen von Hradis und Koufim die Mitte einhaltend, mit einer besondern Mauerver- starkung aus der Wandflache vortritt. Die Leibung wird durch eine iiber die Wand vorspringende freie, und drei in der Scbragung eingeblendete Saulen gebildet, das Ganzeist reicb mitPflanzen-Ornamentenausgestattet, wobei namentlich das Weinlaub mit bewunderungs wiirdiger Geschicklichkeit und in den verscbiedensten Umstellungen angevpandt wurde. Auchdaslnnere zeigt ahnliche Decorationen ; die Gurttrager, Pfeiler und die Wandsaulen im Cbor sind mit abwechsehiden Laubwerken und linearen Bildungen gescbmiickt und die Gewolberippen besonders zierlich profilirt. Beigeschaltet sind:. Fig. 110 Grundriss der Prop- steikirche, Fig. Ill Partie des Mittelschiffes im Aufriss, Fig. 100. (Koufim.) Fig. 112 Aufriss des Portales, Fig. 113 Grundriss desselben, Fig. 114 bis 116 Detailirungen. Die Landliircben. Es ist vviederholt angefiibrt worden, dass der romanische 8tyl auf dem Lande nocb lang in Ubung verblieb, nachdem die Ubergangsformen bei grossern Baufuhrungen den Vorzug erlangt batten. Indess war unausbleiblich , dass die Neuerungen hie nnd da Ein- gang fanden, besonders in jenen Gegenden, welche im Laufe des XIII. Jahrhundert durch herbeigerufene deutsche Colonisten urbar gemacht wurden. 80 treflfen wir auf den weitlaufigen Besitzungen des Klosters 8elau und iiberhaupt in den ostlichen Bezirken viele Kirclien, welche sich von den romanischen Bildungen auffallend untersclieiden, obschon sie einschiffig ge- halten sind und wie jene aus Vorhalle, Langhaus und Chor bestehen. Das Langhaus ist nach alter Weise noch mit flacher Holzdecke liberspannt, aber im Vergleieh mit der romanischen Anlage viel raumlicher, indem die Lange bis auf 60 , die Breite auf 33 Fuss ausge- dehnt wird. Vorhalle und Empovkirche, welche letztere in der bohmischen Landkirche nie fehlt, behalten so 7.* — 52 - Fig. 1(11. (Kuufiiu.) ziemlicli die friibere Aiiordiimig; dagegen nehmen Tliurm nnd Chorbau ganz audere Gestalt an. Der Thurm findet seine Stellnng gewijlmlich neben dem Chore , so dass die Tburmhalle als Sacristei dieut. Der Chorscbluss ist regelmassig aus dem Achteck construirt, mit Strebepfeilern ausgestattet imd immer mit einem schonen, oft sogar prachtig ausgefiibrten Gewolbe versebeii. lu den Kireben von Jiric (Jirscbitz) nnd Jiing-Bfist (Mlade Bfiste) siebt man Knaiife, Scblusssteine, Gurten imd andere Bautbeile von sorg- faltigster Steinmetzarbeit und ganz eigenartiger Form- gebung. Beide um 1270 vollendete Kireben waren auch mit starken Mauern mid Graben umzogen, also Festungskircben. In der Pfarrkircbe S. Jakob zn Jiric (welcbes Dorf wegen seiner plangemassen Eintbeilung bereits erklart wurde) siebt man sogar figlirlicben Scbmiick an den Gurttragern des Cborsclilusses. Zwar kleiner aber durcbgebildcter zeigt sicb die St. Jobann Baptist-Kirclie in Jung-Bfist, von welcber eine Bescbreibmig gegeben werden soli. Diircb das an der Westseitebefindlicbe frlib-gotbiscbe Portal tritt man in die von zwei Pfeilern iinterstiltzte, 10 Fuss tiefe Vorballe, dariiber die iiblicbe Empore. Das Scbiff ist mit fiacber Holzdecke belegt, 30 Fuss lang, 25 Fuss brcit und ebenso hoch. An das Scbiif lebnt sicb eine Art von Qucrhaus, welcbes dadurcb gebildet wird, dass neben dem quadratiscben Mittelraum zur linken der Tburm, zur recliten eine diesem entsprecbende (Japelle vorgelegt ist. Diese Partien , wie auch der um 20 Fuss vortretende dreiseitige Cliorscliluss sind liber- wiilbt, die Vierung ist vom Laiigbaus durcb einen Fig. 102. (Koiifiui.) Triumpbbogen abgeschlossen. Die Mauerdicke betragt 4 Fuss. Der angefiigte Grundriss, Fig. 117, verdeutlicht dieses interessante Bauwerk. Ein zweites Gebiiude dieser Art ist die Pfarrkircbe in Nacbod am polniscben Steig, eine kreuzformige, in alien Theilen iiberwolbte Anlage. Das 60 Fuss lange und 34 Fuss breite Scbitf bestebt aus vier gleichen Gew olbeabtheilungen und wird durcb einen um 5 Fuss vortretenden Triumpbbogen vom Presbyterium getrennt. Neben dem bedeutend scbmalcrn Presbyterium sind zwei Thlirme angeordnet , von viereckiger scbwerer Grundform, durcb welche die Kreuzform ausgesprochen wird. Presbyterium und Chorscbluss geboren der tibergangszeit an und sind mit scbonen Wolbungen in der Art wie Bfist ausgestattet, das Scbiff aber besitzt keine urspriinglicben Gewolbe und scheint ehemals flacb eingedeckt gewesen zu sein. Im Chor dieser Kirche bat sicb ein vorziiglich scbones Sacramentsbauscben von Tafelform erbalten, — 53 — Fig-. 104. (Koiifim.) Fig, 107. Fig. lOS. Fig. 109. — 54 7 Fuss hoch und 21/3 Fuss breit , in dessen von einem geschweiften Bogen umschriebenem Mittelfeld ein gut augeorduetes Veronicabild eingepasst ist. Die beigetugteu Illustrationen siud : Fig. 118 Gruudriss, Fig. 119 ostliche Ausiclit der Kirclie. Dieser Eichtung gehoren an: die Kirche zu Unter- Oujezd bei Leitomiscbl , welche an der Nordseite mit einem rundbogigen aber im zierliclisten Ubergaugs-Styl gehalteuen Portal geschmiickt ist, die Pfarrkirchen zu Masim Domasin, Lbotice bei Selau, and noch einige in emphyteutisclien Dorfern befindliche Bauwerke. Rlickschau auf die ostliche Gruppe. So gleicliartig die stylistisclie Entwicklung der aufgezablten Werke ersclieiut, so eng begranzt der Zeitraum ihrer Erbaiumg ist, maeben sicb doeb allerlei Schattirungeu bemerkbar, welche zum Theile als uatur- gemasse Fortschritte aufzufasseu sind, theils durch Aeusserlichkeiten, Bau-Materialien, vorhandeue Mittel u. dgl. hervorgerufen wurden. So stimmen Trebitsch, St. Agnes , Tischnowitz und Hradist' vollkommen iiberein und sind unbedenklich in die gleiche Zeit n 230—1245) zu versetzen, wenn auch liber Hradist' und Trebitsch keine urkimdlichen Belege beigebracht werden konnen. Etwas jlinger scheinen die Iglauer Denkmale nebst den Kirchen Selau und Humpolec zu seiu, als deren mittlere Bauzeit 1250 angenommen werden darf. Die fast zu Aveit gesteigerte Einfachheit dieser Werke wird zum TheU durch das unbildsame Material und Mangel an Arbeitskiaften erkliirt, mag aber auch etwas auf personlichen Anschauungen des regierenden Selauer Abtes beruheu. Abermals urn etwa 10" Jahre jlinger zeigen sich die Prachtbauten Politz, Kourim und Kolin , von deneu die letztere wahr- scheinlich am friihesten angefangen und am spatesten vollendet wurde. Da die Koliner Kirche un dritten Theile noch einmal besprochen werden muss, be- gnligte man sich hier, deren Baugeschichte nur in all- sremeinen Linien anzudeuten. Die zwischen 1260 bis 1300 angelegteu grossern Bauwerke, z. B. die Kirchen in Sedlec , Beneschau, Bohmisch-Brod, Pilgram, Leitomiscbl, tragen zwar. alterthilmliches, aber vollstiindig gothisches Geprage \md sind deshalb einer besondern Gruppe eiuverleibt worden. S ii d 1 i c h e G r u p p e. Der Siiden Bohmens , dessen Armuth an Bauten romanischen Styles dargethau wurde, besitzt gleichsam als Entschadigimgzahlreiche, geschichtlich wie klinstlerisch hochwichtige Denkmale der Ubergangszeit , deren Ent- stehung meist genau documentirt ist. Gleich dem Kordosten wo sich eutlang des Riesen- gcbirges undurchdringliehe Wiilder einer gleichmassigen Verbreitung der Cultur ent- gegenstellten, erhiclt auch der Siidwesten und SiUlcn des Landes erst im Laufe des XIII. Jahrliunderts eine dichtcre Bevolkerung. Hier wie dort waren die Kliister am thiitigsteu, Wildnisso in fruchtbare Felder zu verwan- — 55 — Fig. 113. (Politz.) Fig. U-i. (Politz.) Fig. 116. (Politz.) Fig. 117. (Bfist.) . i i " Fig. 119. (Nachod.) — 56 — deln, Walduiigen auszuroden imd durch geregelte Strassen oder Sanmpfade den Verkehr zu beleben. Aucli im Bolimerwalde und seinen Auslaufern fand das emphyteutisclie System Eingaiig und bewahrte sicli als nutzbringend. In ibrem Charakter schliesseu sicb die in der Siidspitze befindlicben Bauwerke weniger an die im Innern des Landes vorherrsehende Richtung, als viel- mebr an die im Donautbale vorfindlicben Bildungen an, welches Verbaltnisszunacbst den Herren von Rosenberg zuzuschreiben ist, die in diesen Gauen fast mit konig- licher Macbt geboten und auch an der Donau wie in Steiermark reieb begiitert waren. Stift Goldenkron. Wenn gleicb Hoheufurt, die Stiftung der Herren von Rosenberg, heute nocb in uuunterbrochener Herrlicbkeit fortblliht, erlag das koniglicbe Goldenkron den 8chick- salsschlagen , von denen es seit dem Beginne des XV. Jabrhuuderts in lauger Reibe heimgesucbt wurde. Konig Otakar II. grlindete in Folge eines Ge- liibdes, welcbes er wabreud der Scblacbt bei Kroissen- brunn getban, das Cistercienserstift „ Corona aiuea" und dotirte es mit den Giitern Boletic und Gojan, welcbe Besitzungen die Herren von Klingenberg, Bavor von Strakonie und Vok vunRosenbergmitvielenLiegen- sebaften vermelirten. Scbon in den Kriegen zwiscben Konig Otakar und Kaiser Rudolf von Habsburg bra- cben scbwere Tage liber das Kloster herein, docb erholte es sicb im Laufe des XIV. Jabrbunderts und befand sicb in sebr glinstiger Lage, als die Hussiten- stiirme losbracben , wo es zerstort wurde. Obwobl K(3nig Vladislav II. sicb Miibe gab, das Stift wieder emporzubringen, konnte es nicbt erstarken ; denn viele Klostergliter hatte sicb der umliegende Adel angeeignet und die iibriggebliebenen waren gerade die wertblosesten. Unter fortwabrend misslicben Ver- baltnissen fristete sicb das Stift daliin bis zum Jabre 1758, als es durch einen Hofbefehl aufgeboben wurde. Goldenkron ist eine Colonic des Klosters Heiligcn- kreuz bei Wien, doch stcben die bier und dort einge- haltenen Styl-Richtungen in keinem unmittelbaren Zu- sammenbange , wie denn Goldenkron in seiner Bauweise den iiblichen Cistercienser-Anlagennur zum Theil ent- spricht. Die Kirche ist kreuzformig, eine Basilica mit hochaufstrebendem Mittelschiff und einem aus der Halfte des Zebnecks construirten Cborschlusse. Ein Thurm fehlte , auch war keine Emporkirche vorhanden, dagegen ein offener an der Westseite vorgelegter Por- ticus, welcher jedoch bei demBrandevon 1420 zerstort und nicbt wieder aufgebaut wurde. Mit Zuzablung der beiden verstarkten Pfeiler an der Vierung stehen 16 Pfeiler, 8 auf jeder Seite, im Schiffe, welches von der Vierung bis zur westlichen Frontmauer 138 Fuss lang ist, wabrend die Gesammt- breite 56 Fuss betragt. Das Querscbiff besteht aus drei gleicben Quadraten, misst 84 Fuss in der Breiten- richtung und 28 Fuss in der Tiefe'; jenseits Vierung setzt sicb der Chor in der Lange von 56 Fuss fort, wo- durch sicb eine licbte Gesammtlange von 224 Fuss ergibt. Die Hobe des Mittelschififes lasst sicb nur an- nabernd bestimmen und diirfte gegeu 80 (vielleiebt 84) Fuss betragen baben; alle urspriinglicben Gewiilbe sind zerstort und der Fussboden im Innern bedeutend erboht worden. Der ganze Raum ist mit formlosen Stukkaturen iiberkleckst und l)esonders der Chor-Schluss arg durch Brande und misslungene Restaurationen entstellt, wes- halb man sicb iiber den ungeheiiren Eindruck, welchen dieses Gebaude erweckt, nicbt genug verwundern kann. Alle Mangel und Scbaden, alles bunte Flitterwerk ver- schwinden bei dem Uberblick des Ganzen; eine so ein- fache Grossartigkeit, man darf wobl sagen Majestat, ist selten erreicbt worden. Da bier fast alle Einzelheiten verdorben worden sind, liegt das Wirksarae ausschliess- lich in der gliicklicben Massenbehandlung und in den zu Grund ge'.egten Verhaltnissen. Die Zahl 14 scheint bier wie in Hohenfurt als Grundzabl gegolten zu baben, welcbe in alien Langen-, Breiten- und Hohenverhaltnissen wiederkehrt. In Gol- denkron sind die Seitenscbifife je 14, das Hauptscliiff und Qnerhaus 28 Fuss Aveit; die Weite des Langscbiifes betragt 56, dessen Lange 84 und die Gesammtlange U U U [j U LJ Fig. 120. (Goldenkron.; — 57 ~- III 1 \ i i Fig. 121. (Goldenkron.) der ganzen Kirche im Liclit 224 Fuss, Masse, in deneii die Grundzalil 2-, 4-, 6- und 16mal enthalten ist. Die Pfeiler sind aus der Krenzforni abgeleitet und in der- selben Weise wie in Trebitsch profilirt ; sie gehen eben- falls ohue Vermittkmg eines Kam})ferg'esimses in die Arcaden-Bogen iiber, wahrend ein mittlerer Pilaster als Dienst aufsteigt , urn die Rippen des Hauptscbiffes zu unterstiitzen. Mit Ausnahme eines grossen vierfeldrigen, an der Abendseite befindlichen Fensters , dessen Masswerk einer spatern Restauration anzugebciren selieint, und einer schonen Rosette im siidlichen Kreuzarme sind allc alten Fenster abbanden geliommen, eben so die Strebe- pfeiler langs der Nordseite , welche man kiirzlicb abge- tragen hat. Von dem ebnials prachtvollen Kreuzgang, dem Capitel-Saal und nocb einer Capelle baben sicb ansehnlicbe Reste erbalten, diirften aber bald ver- schwunden sein , da sie als Werkstatten einer Eisen- giesserei und Mascbinenfabrik beniltzt werden. Es ist sehr zu bedauern , dass das Scbicksal diesem herr- licben Gebaude keine andere Bestimmung vorbebalten hat. Die Stiftskircbe Maria Himmeltahrt dient gegen- wartig als Pfarrkircbe des Dorfes Goldenkron und betindet sieh in leidlichem Bauzustande. Wie es gekommen, dass bei den ganzlich ver- schiedenen Anlagen der Kirchen Hohenfurt und Golden- II. kron die Einzelniasse so vieiiach i\Dereinstimmen und sich auf „7" reduciren lassen, iiiochte seinen Grand theils in koniglicben Vorscbriften , tbeils in dem Um- stande haben , dass die Baumeister dieser beiden Cister- cienser-Kircben, welche nur 6 Stundenvon einanderent- fernt sind, oft mit einander conferirten. Die Kirche zu Goldenkron ist nicht allein viel langer und regelmas- siger, sondern sie ist in einer viel weiter fortgeschrit- tenen Gothik ausgcfUhrt, wiihrend der Grundriss mehr ;in romanische Anordnnngen crinnert. II lust rat ion en: Fig. 120 Grundriss, Fig. 121 Aufriss der Westseite, Fig. 122 Rundfenster im Quer- schiff, Fig. 123 Pfeilerprofile, Fig. 124, 125 Strebe- pfeiler mit Detail , Fig. 126 Kronung des Treppen- thiirmchens. Fig. 127, 128 Capitiile aus dem Kreuz- gang. - . Das Dominicanerstift zu Budweis. Wir haben bereits iiber das Entstehen dieser freund- lichen StadtMittheilung gemacht und beschranken uns bier darauf, zu bemerken, dass diese Stadt als Lieblings- schopfung des GoldenenKonigs anzusehen ist, und von ihm immer mit Vorliebe und Auszeielmung bedacht wurde. An der 8telle des heutigen Klosters soli Otakar 11. die Nachricht erhalten haben , dass ihm ein Kind (das erste) geboren worden sei, weshalb er bier diese fromme Stiftung zu machen beschloss, die sich bis zum heutigen Tage erhalten hat. Einer durch eine Iiisehrift verewigten Sage nach soil das Dominicanerstift 30 Jahre frliher als die Stadt augelegt worden sein; diese Schrift betindet sich ober- halb der Klosterpforte und lautct: Triginta ac uno locus hie prior urbe stat anno. Da jedoch die Stadt urkundlich bereits 1265 als solche getiannt wird, und die Domini- caner-Kirche nach untriigliehen Anzeichen gleichzeitig mit dem Kloster Goldenkron, vielleicht durch denselben Werkmeister, erbaut wurde, darf die Richtigkeit der , Fiy. 122. (Goldenkron., 8 — 58 — Fig. 124. (Goldenkron.) Insclirift bezweifelt werden, insoferu sie sich nicht auf ein be.sonderes dermal imbekauutes Ereigniss (z. B. VoUendung- der koniglichen Burg oder der Stadtpfarr- kirche) beziebt. Die Klosterkirche Maria Geburt ist eine Basilica obne Thurin und obiie Querscbitf , doch mit Andeutung der Kreuzfonii, iiidem vor dem Presbyterium eine Vie- rung liegt, neben welcber die Seitenschiffe sich zur Hohe des Hauptschififes erheben. Das Langhaus ist durch ein Rechteok umschrieben und durch sechs Pfeiler (auf jeder Seite) eingetheilt. Die beiden an der Vierung stehenden Pfeiler sind verstarkt und aus der Kreuzform abgeleitet, die iibrigen haben quadratische Grundform mit vorgelegten Diensten. Von der Vierung an bis zum Abschlusse des aus dem Achteck gezogenen Chores hat sich die urspriing- liche Anlage ganz unverandert erhalten, das Haus westlich von der Vierung wurde modernisirt, mit korin- thischen Pilastern, Capitalen und Gebalken iiberzogen, wobei sonderbarer Weise die alten Gewolbe intact gebliebeii sind. Das Geprage des Ganzen wie aller einzelnen Theile ist genau dasselbe, welches wir in Goldenkron kennen gelernt haben : dieselbe Einfacliheit und Gross- artigkeit der Massen, die gleich sorgfaltige Behandlung der Details. Die Ornamentik namentlich deutet aufeinen und denselben Meister hin, sie ist gothisch ohne irgend einen Anklang an die friihere Periode , und verdient in Anbetracht des Materiales, eines sehr harten Granits, besonderes Lob. Die beiden Nebenschiffe haben sich in alien Theilen unversehrt erhalten und zeigen an den Gurttragern und Schlusssteinen vorziigliche Steinmetz- arbeiten, deren auch das Presbyterium viele besitzt. Nebst den gewohnlichen Laubgebilden kommt das Eichenblatt hier ofters vor ; an einem im Chorschlusse befindlichen Capitale sieht man sogar eine humori- stische Darstellung, welche in Bohmen zu den grossten Seltenheiten gehoren. Unterhalb eines Bundels von Eichenblattern steht ein Schwein , welches eine Eichel verspeist. Die Maria-Geburt-Kirche wurde am Feste Trinitatis des Jahres 1274 feierlich eingeweiht und soil damals vollendet gewesen sein , mit welcher Nachricht der alte Bestand vollkommen libereinstimmt. Siidlich von der Kirche breitet sich der wohlerhal- tene Kreuzgang aus, wo originelle Masswerke und Or- namente vorkommen. Der Gang bildet ein Rechteck von 140 Fuss Lange und 120 Fuss Breite und ist mit einer zierlichen im sudlichen Fliigel befindlichen Capelle aus- gestattet. Die Kirche halt folgende Maasse ein: Lange des rechteckigen Kirchenhauses von der Westwand bis zum Anfang des Pres- byteriums 120 Fuss - 59 — Fis- 127. (Goldenki-on.) Fig. 128. (Goldenkron.) l ig. 126. (Gold, iikroii.) Laiige des Presbyteriums sammt Chor-Schluss 60 Fuss Lichte Weite des ganzen Hauses S^^* " Weite des Mittelschiffes 25 „ Weite je eines Seitenschiffes r Pfeiler- und Mauerstarke 4 „ Hohe des Mittelscliiffes S " Hohe eines Seitenschiffes 25 „ Die Seitenscliiffe scheinen sich urspriinglicli bis an den Chov-Schlnss bin fortgesetzt zu haben, doch m etwas niedrigerer Form , wie sich aus verschiedenen an den Aussenseiten erhaltenen Gewolbespuren ent- nehmen lasst. Beigefiigte Ilhistrationen : Fig. 129 Grundriss der Stiftskirche, Fig. 130 Pfeiler-Protil , Fig. 131 und 132 spatgothische Masswerke aus deni Kreuzgang, Fig. 133 und 134 Ornamente aus derKirche, Fig. 135 bis 138 Ornamente aus dem Kreuzgang. Die Domin'cfiner-Kirehe zu Budweis war mit sehr alterthiimlichen Wandgemalden aus dem Schlusse des XIII. Jahrhunderts ausgestattet, von welchen im ersten Theile bereits eine Probe mitgetheilt worden ist. Die meisten dieser 1864 aufgedeckten Malereion sind voU- standig verblasst, was um so niehr zu bedauern, da sicli aus dieser Zeit nur ausserst diirftige Reste von Wand- bildern erhalten haben. Kloster Hohenfurt. , Im Jalire 1859 feierte das Cistercienser-Stift Ho- henfurt zum sechstenmal das Jubeljahr seines Bestandes, nachdem am 1. Juni 1259 der Grundstein zu der Stifts- kirche war gelegt worden. Vok , Herr von Rosenberg, aus dem Geschlechte der Vitkovice , und seine Gemahlin Hedwig Griitin von Schauenburg hatten gemeinschaftlich den Ent- schluss gefasst, in einer mit dichten Waldern be- deckten, von der Moldau durchrauschten Gegend em Cistercienser-Kloster zu griinden und zu diesem Behufe die bischofliche Einwilligung wie den landesflirstlichen Consens erwirkt. Bischof Johann III. vollzog personlich und mit grosser Feierlichkeit den Act der Grundstein- legung, welchem viele Personen aus den edelsten Geschlechtern beiwohnten. Wie bei den meisten Kir- chenbauteu iiblich, scheint auch liier das Altarhaus (der hohe Chor) mit den angriinzenden Capellen bereits aus dem Grunde aufgemauert gcwesen zu sein , als die Einweihung geschah. Mit dieser Vermuthung stimmt das Geprage der ganzen Chorpartie sammt dem Capi- tel-Saale und der zwischenliegenden Sacristei-Capelle uberein. Einige der hier bestehenden Bautheile deuten sogar ein etwas hoheres Alter an und konnen in der That frliher angelegt worden sein, weil s'ch Herr Vok bereits lang vor der Griindung mit dem Abte des Klosters Wilhering bei Linz ins Einvernelimen gesetzt hatte, auf dass die von ihm beabsiclitigte Stiftung mit Conventualen aus Wilhering besetzt werde. 1 Literatur im Verhaltniss zu einer so alton uud volkreichen Stadt ver- haltnbsmassig unbedeutend. Neben den bekannten Geschiclitsy erken ""(1 T'-P''- ^raT)hien enthalten die verscliiedcnen Abhanrtliiniien der bohmisohen Gesell- rchaft Lr Wi ' ensch die Mittheilangen der k. k Central - Commi.»,o„ d P und des deutscbeu Geschicl>tsvereines f. I!., dann die ,.I'amatky archeo- cicko" "in sehr sehatzensNverthes aber zerstreutes Mater.ale. Als zwar nieht Imfanereiche ai.er selbststandige Bearbeitungen sind anzufuhren Kurzgefasste Gesclifchte d..r Berg- und Kreisstadt Budweis von E. V. R i c h t o r, Budwejs 18W, Werner: Die Erbauung der Berg- und Ivreisstadt Budwei- vou Dr.. P MU- iauer Brag 1817. Eine umfassende Gesohiohte di.-ser Stadt ist durch d, ,, deutscl'cn Gescliichtsverein in Ausbicht ge«teHt 8 * Fig. 129. (Budweis.) Das neue Kloster erbielt den Namen Hohenfurt (Altovacliim, __Vysebrod), entweder vou der daselbst befindlicheu Uberfuhr liber den Moldauflnss, oder wie Andere glanben, von dem damals schon bestehenden g'leichnamigen Orte. Die Stiftung war mit Zustimmung aller Glieder der damals in raehrere Linien g-etheilten Familie der Witig'ouen, wie sie sicli selbst nannten, gesehelieu iiiid alle wetteiferten, das Kloster moglichst reicli mit liegenden Griinden und Gerecbtsamen anszu- statten. Dessemmgeachtet machten die Banlichkeiten langsame Fortsehrilte , weshalb Heinrich von Rosen- berg, 8ohn des Vok, dem Stifte laut Urkunde vom Jahr 1281 melirere Zinsungen llberliess, aiif dass der Kirehenbau schlenniger betrieben werde. Gegen den Sehluss des Jahrhunderts , als die Kirche bereits voU- endet war, scheint sie dnrch einen Brand seliwer be- schadigt worden zu sein, denn es wnrden bald nachlier mehrere Indulg-enzen zu Giinsten des Gebaudes erlas- sen. Sp^^ren einer imi diese Zeit vorgefallenen tlieil- Fig. 131. (Budweis.) weisen Beschadigung lassen sich sowohl im siidlichen Kreuzarme wie im anstossendenKreuzgang nachweisen; damals diirfte auch geschehen sein , dass die urspriing- licli basilicale Anlage in eine Hallenkirche umgewan- delt wurde. Auch im Verlaufe des XIV. Jahrhunderts blieben Unfalle nicht aus , wie aus einer Schenkung zu entnehmen ist, welche die Herren Johann und Peter II. von Rosenberg' dem Stifte machten, indem sie 1385 den Ort Techoraz nebst verschiedenen Geld- und Na- tnralgaben widmeten, zu dem ausschliesslichen Zwecke, dass das Kirchendach wieder aufgestellt werde. Von den Hussitenstiirmen blieb Hohenfurt ver- schont , das einzige Kloster in Bohmen, welches diese Verwiistungs-Periode ohne Schaden iiberstanden hat. Doch war das Kirchensehiff , dessen Structur vielleicht von Anfang an mangelhaft gewesen, wieder baufallig geworden, weshalb Abt Thomas II. um 1470 — 1480 die schadhaften Fenster im Langhause und andere Fig. 132. (Budweis. ) — 61 — Fig. 137. (Budweis.) uiang-elhafte Theile nen herstellen liess. Diirch dieseii Abt scheint auch der westliche Tract des Krenzgangs nacli irgeiid einem Unfall neu, aber nicht glUcklicli, wieder aufgebaiit worden zu sein. Im vorigen Jahr- hundert erhielt die Kirche neiie Altare uiid wurde an der Westseite durch eine grosse Orgel-Empore, wenn nicht venmstaltet, docli in keinem Falle geziert. Auch allerlei Anbauten und entstellende Zuthaten wnrden in iener geschmacklosen Zeit an die Kirche gefligt, jedoch bei einer 1858 — 1859 gliicklich diirehgefiihrten Restau- ration wieder beseitigt. Leider konnte das vom Kreuz- gang nmschlossene, auf alten G-rundmanern ruhende Briinnenhaus nicht in den Bereich der damaligen Re- •stanrationen einbezogen werden. Diese aus deni Sechs- eck construirte, urn 1730 total iiberanderte Brnnnen- Capelle war ohne Zweifel eine besondere Zierde der klosterliclien Anlage und reihte sich wiirdig den in Zwettl , Klosterneuburg und andern Orten befindlichen Kreuzgang-Capellen an. Kloster Hohenfurt besitzt eine Lage, die unm(3g- lich schoner erdacht werden kann. Auf einem steil gegen die Mohlau abfallenden Hugel, an der Westseite duvcli hohe Berge und schone Waldungen geschiitzt, wird es im Bogen von dem schon ansehnlichen, iiber Granitblocke dahinrauschenden Flusse umfangen,.. wah- rend im Thale das saftigste Wiesengriin mit Ahren- feldern abwechselt. Ein Kranz von bllihenden Garten umzieht die Stiftsgebaude auf alien Seiten und verdeckt zur Hiilfte die noch bestehenden Befestigungen, welche eir.st den Hussiten Trotz boten. Heme erseheinen diese Festungswerke eher als Bild des Friedens, und der gewaltige Thorthurm, durch welchen man in den Klo- Fia-. 139. vHohenfiirr. sterliof eir.tritt. erscliliesst eiu tVeundliches Asyl. wo Ga^tfreundschalT und Humanitiitiliren J^itz anfg-esclila- g-eu habeii. Das Kirelienhaiis isT dreiscliiftig mit weitausge- ladeiien Kreiuaniien imd sehr eiitwickelter Chorpartie. Ein eigentlicher . orgauisch mit dem Ganzen verbun- dener Tburin bestand uicht. dafur liatte man ilber der Sacristei-Caiielle einen iiicht anbedeutenden Cxlooken- thnrm erricliTet. eiu Ban, welcher deu vom Abte Tliomas durcbgefiUirten Xeuermigen anzugehoreu scheiut. Die- ser Thunn wurde spiiter verzopft und erhielt erst 1860 eiue dem allg-emeiuen Cliarakter eutspreehende Gestalt. Siidlidi uelien dem Lnnghause breitet sicli der viereckige Kreuzgang aus , an dessen ostliclicu Fliigel Sacristei und Capitel-8aal augranzen. welche beiden Gelasse noeli einige romauisclie Details besitzen. Der Capitelsaal wird (lurch ein eigenthiimliclies ^fuldenge- wiilbe bedeckt , dessen Rippen in einem durch acht J^aulen gebildeten Mittelpfeiler zusamraenlaufen; das Gemacli ist beleuclitet durch ein gothisches Radfenster {Fig. 159). ncben welcliem zur Rechteu und Linken noch kleine S^pitzbogenfenster aiigeordnet sind. Von derS^acri- stci fiihrt ein Pracht - Portal mit relielirtem Tliiirstnrz. welches in dem Abschnitte liber Bihllianerei besprochen wird, in das Querhaus. dessen Weite nu't der des ^rittel- schilTes gleieh ist und welches den Ordensregeln ge- miiss als Priester-Chor dient. Die Gestaltung des Chor-Baues lasst schon aus weiter Feme eine Cistercienser-Aulage erkennen, viel- leicht die originellste , welche irgend getrolieu wird. Zur P.'chTen und Linken des aus dem Achteck geschlos- Tig. 140. (Holieiifurt. — 63 — Fig. 144 Fig. 141. Fig. 142 h.) Fig. 143 b.) sich ein ungemein belebtes und efFectvol- les Bild, dessen Reichtlium dnrch die Land- schaft bedeutend gehoben wird. Alle Einzelheiten des Chores zeich- nen sich durch hohe schlanke Verhalt- nisse aus; die Hiihe der Strebepfeiler be- tragt 7(3 Fuss, die zweifeklrigen Fenster sind im Lichten 44 Fuss lioch und 4ande sf li rs ten r i vali sir t e. Unter den Adelsfamilien Bohmens zeichneten sich (lie Rosen berge vom ersten Auftreten an bis zu ihrem Erloschen durch Kunstliebe aus , sie verdunkelten durch ihren Glanz nicht selten die Regenten und verstanden es in hohem Grade , von ihren Reichthumern wurde- vollen Gebrauch zu machen. An ihrem glanzenden Hole waren Maler, Illuminatoren, Bildhauer und Baumeister beschaftigt, liierwurde die edle Gesangeskunst gepflegt und fand iiberhaupt ein fur jene Zeit geistig angeregtes Leben statt. Der Anlage desschon geschiklerten Klosters Hohenfurt folgte eineungemesseneBauthatigkeit, welche sich beinahe iiber den ganzen Siiden Bohmens erstreckte. Es entstanden die Kirchen zu Krumau, Markt-Hohenfurt, Ober-Haid, Wittingau, Horitz, Vesely, Sobieslau und viele andere, dann die prachtvollsten Schlosser, vpelche Bohmen besitzt und die in den betreffenden Abschnitten ausfiihrlich eriirtert werden. Die Pfarrkirche S. Laurentius in Priethal (Pfi- doli)geh(3rt zu jenen seltenen Landkirchen, die mit zwei Thiirmen neben demPresbyterium ausgestattetsind, wovon Nachod ein Beispiel aufzuweisen hat. Der aus dem Achteck gezogene Chor-Schluss tritt frei iiber die Thiirme vor und ist gleich dem Presbyterium mit schonen Kreuzgew()lben versehen, das SchifF aber wird von einer Holzdecke iiberspannt. Die beiden Thurmhallen dienen als Sacristeien,einekleine vor dem nordlichen Eingange liegeude Vorhalle mit Sterngewolbe aber gehort einem spat-gothisehen Zubau an. Die Masse sind beschrankt, das Schiff ist 40 Fuss lang und 30 Fuss breit, das Pres- byterium sammt Chor-Schluss halt bei einer Gesammt- lange von 35 Fuss eine Weite von 20 Fuss ein , alle Fig. 173 (Selcan.) Mitsse im Licli': genomnieu. Den hanpt.saeliliclisteii Sclimuck des Innern bilden die Wandsanlen und Gewolb- rippen,welche in der Art geformt sind, wie wir sie in Selau und Humpolec kennen gelernt liaben. Von der Chor-Seite her gesehen macht das Aussere niitden zwei massigen spitzbedeckten Thlirmeneinenim- posanten Eindruck; dazu istdie Kirche selir hochundfrei gelegen, so dass sie auch weithin in der Runde gesehen wird. Priethal gehorte zu den Stiftsgiitern des Klosters Hohenfurt, unter dessenPatronats-Recht die Kirche lieute noch steht. Die beiden Pfarrkirchen zu Selcan und Milici'n tragen durehaus gleichen Charakter, halten beinahe gleiche Grossen ein und sind offenbar von einem und demselben Baumeister ausgeflihrt worden. Abgesehen von einigen dem Ubergangs-Styl aiige]iorendenKnospeu- Capitalen , welehe sich in den untern Partien der Selt- caner Kirche vorfinden, zeigen die einzelnen Theile, namentlich die Masswerke der Fenster eine vollstandig entwickelte Gothik vonjener einfach kalten Bildungs- sweise, wie sie ini Donanthale iiblich war. Die dem hei- ligen Martin geweihte Stadtkirche in Selcan hat einen eigenthiimlich eingewolbten Chor niit rechteckigem Ab- schluss von 33 Fuss Lange und 22 Fuss Weite im Licht, links von demselben liegt eine zierliche Sacristei-Cap- pelle, oberhalb deren ein Oratorium besteht. Das 45 Fuss lange und 27 Fuss breite Schiff hat eine tiaclie Felderdecke, doch ist die auf Steinpfeilern ruhende Ein- gangshalle mit Kreuzgewolben versehen. Der einzige Thurm steht an der nordwestlichen Ecke und zeigt, ob- wohl mit dem Gebaude gleichzeitig errichtet, keine or- ganische Verbindung mit demselben. Er steigt senkrecht bis zur Hohe von 82 Fuss auf, ist mit einem Kranz von Zinnen umgeben und mit einem bis zur Spitze gemauer- ten Helm bedeckt. Auch in Milicin steht der Tluirm zur 8eite, ist ebenfalls crenelirt und mit gemauertem Helm ausge- stattet. Die Pfarrkirche Maria-Gebiirt in Milicin ist nach einem Brande um 1750 im Geschmack damaliger Zeit arg m'ssliandelt worden, docli sind Tliurm und Fig-. 175. (8flc:»ii.i II. 1—^— ^ : Fig. 174. (Selcan.) Aussenseite ziemlich verscliont geblieben. Mit Ausiiahme eines dreiseitigen Chor-Schlusses gilt hier, was von der Selcaner Kirche gesagt wurde. Die beiden Landstadt- chen .Selcan und Milicin gehorten schon im Xlll. Jahrhundert den Herren von Rosenberg und scheinen je fiir sich eigene Herrschaften gebildet zu haben. Mili- cin liegt 9 Meiien von Prag an der Hauptstrasse nacli Linz im Taborer-Kreise, SelCan etwas mehr west- lich im ehemaligen Berauner Kreis. Crenelirte, bis zur Spitze gemauerte Kirchthiirme, welche im nordlichen Bohmen zu den grtissten Selten- heiten gehoren, werden in Siiden haiifig getroffen: man sieht dergleichen an den Kirchen zu Prachatic, Barau, Petrovic und anderer im Bohmerwalde liegenden Ort- schaften. Die Marktkirclie zu H o li e n f u rt zeichnet sich durcli ergiebige Raumliclikeit und besonders durch einen sclionen mit vier Giebeln bekronten Glockenthurm aus, welcher auf dem Gcwolbe des Presbyteriums ruht uud durch seine Grundpfeiler den Triumphbogen bildet Das 30 Fuss lange und 18 Fuss breite Chor ist recht- eckig abgeschlossen, das Schiff halt bei einer lichteii Weite von 32 Fuss 80 Fuss in der Lange , ist flach be- deckt, und wird durch rundbogige Fenster erleuchtet. Die Marktkirche soli schon bestanden haben, als die Stiftskirche Hohenfurt gegriindet wurde; der Thurm jedoch und einige andere Merkmale sprechen dafiir, 10 — 74 — Fig. 176. (Selciin.) class die beiden Kirchen der gleichen Zeit aiigehoren, namlich der zweiten Halfte des XIII. Jahrhunderts. Sowohl das Aiissere wie Innere der Marktkirche ist arg verzopft worden. Fig. 172 Grundriss der Kirche zu Prietlial, Fig. 173 Grundriss, Fig. 174 Chor-Arsicht der Kirche in Selcan, Fig. 175 Fenster, Fig. 176 Capital von Selcan. 5Va Fuss tief unter dem allgemeinen Niveau liegt, und sehr solid gebaut ist ; diese vertiefte Lage bewirkte, dass der Saal von den zusammenstUrzenden Truniraern iiberdeckt und auf solche Weise geschUtzt wurde. Es ist auch nicht die geringste Kleinigkeit , nicht einmal das in der Mitte stehende kunstreich ausgearbeitete Lesepult beschadigt worden. Fig. 178. (Osseg.) Wie die Kaiserburg zu Eger mit ihrer Doppel- capelle als einziges in Bohmen befindliches Denkmal der frankisch-rheinischen Bauweise besteht, so repra- sentirt der Capitel-Saal zu Osseg die sachsisclie Rich- Nordliche und westliche Grnppe. Fine schulmassige Behandlungsweiseodergewisse Ubereinstinimung der Denkmale, wie wir sie in Mahren und Ost-Bohnien kennen gelernt haben, lasst sich im Norden nicht nachweisen; theils weil im Laufe der Hussitensturnie, die meist von Deutschen bewohnten Gegenden mit besonderer Wuth verheert wurden, theils weil der dortige Volksstamm kein einheitlicher ist und sich hier die verschiedensten aussernEinfliisse, nament- lich sachsische, friinkische und oberptalzische von je kreuzten. Selbst die Baudenkmale von Leitmeritz , dar- unter die 1057 durch Herzog Spitihnev gegriindete Collegiat- und spatere Domkirche, wie die grosse 1235 erbaute Stadtkirche, sind entweder umgebaut, oderihres urspriinglichenCharaktersvollstandigentkleidet worden. Unter solchen Umstanden wird man aufs ange- nehmste uberrascht, einem wohlcrhaltenen Bauwerke ersten Ranges zu begegnen : dem lierrlichen Capitel- Saal im Cistercienserkloster Osseg. KlosterOsseg. Von der Griindung des Klosters Osseg (Osek) u. dem dortigen Kirchenbau ist bereits im I. Theil, Seite 3], gesprochen worden , wo auch der Unfalle gedacht wurde, welche dieses Stift schon in altester Zeit be- troffen haben. Die furchtbarste, heute noch an man- chen Stellen nachweisbare Zcrstorung fand ohne Zwei- fel im Juli 1420 durch die Hussiten statt, als die Klo- steigebaude und die Kirche ausgepllindert und dann nicht allein in Brand gesteckt, sondern gewaltsam zer- stcirt wurden. Wie solchen wiederholten Verwiistungen ein um- fassendes Kunstwerk wie der Capitelsaal entgehen konnte, lasst sich nur dadurch erklaren, dass derselbe Fig. 177. (Osseg.) tuiig, wie sie sich in Magdeburg, Naiimburg, Erfurt (im Domkreuzgang) und Pforta ausspriclit. Da Osseg ein Tochterstift des 1128 gegrlindeten Klosters Waldsassen ist, muss sehr bedauert werden, dass die Stiftskirche Waldsassen ganz im Jesuitenstyl umgebaut wurde und sich dort auch nicht diemindesten alterthiimlichenReste erhalten haben. Bei der grossen Einwirkung , welche — 75 — dieses Stift auf Bohmen ubte , wiirden erlialtene Bau- theile vielfache Aufschlusse iiber die diesseitigenCister- cienserbauten gewahren. Osseg war iibrigens, wie aus einer im Stifts-Archiv befiiidlicben Urkunde vom 18. October 1300 erhellt, in Sachsen reich begiitert, und iibte unter anderm das Pa- tronalsrecbt in Haida, stand also in fortwahrendem Ver- kebr mit dem Erzstifte Magdeburg und den Bischofen von Meissen, wodurch die Anklange an sachsiscbe Kunst erkliirt werden. Der Capitel-Saal bildet im Grundrisse ein Rechteck von 48 Fuss Lange und 32 Fuss Breite, welcher Raum durcb zwei Saulen in sechs gleiche quadratische Ge- wolbefelder eingetheilt wird. An der Ostseite springt eine aus dem Achteck gezogene Capelle vor, vi^estwarts stosst der Kreuzgang an, von welchem aus ein reich geschmiickter Emgang in den Saal fiihrt. Zur rechten und linken des Einganges betinden sich je ein dreifeldriges mit gekuppelten Saulenstellungen versehenes Fenster, welche gemeinschaftlich mit zwei anderen , an der gegeniiberstebenden Wand angebrachten Bogenfenstern den etwas dunkeln Saal erleuchten. Die Hohe bis in den Gewolbescheitel betragt 18 Fuss, die Saulen sammt Capital und Basis sind 8 Fuss hoch, dabei kraftig und doch elegant gezeichnet. Die beiden Capitale, das eine mit verschlungenen Ranken, das andere mit Weinlaub geschmiiekt, gehoren zu den scbonsteu Erzeugnissen deutscher Steinmetzkunst. Nicht minder bemerkens- werth sind die aus den Wandcn vortretenden Gurt- trager mit ihren Knospen-Capitalen und Laubwerken. Die etwas schwer protilirten Rippen entwickeln sich aus schildartigen, auf die Capitale gestellten Knaufen und contrastiren einigermassen mit den zarten und allzuschwach gehaltenen Saulenfiissen. Auch an aben- teuerlichen Formen , denen man bei Betrachtung der sachsischen Bauwerke nicht selten begegnet, fehlt es nicht; so erblickt man unter anderen Capitale ohne Deckplatte, Masswerke ohne ineinandergreifende Glie- der und dergleichen, wie die beigeschalteten lUustra- tionen zeigen. Das aus dem Saale vorgebaute Capellchen gehort in seiner gegenwartigen Gestalt eher dem flinfzehnten als vierzehnten Jahrhundert, mithin einer Neuerung an, wenn auch die Anlage gleichzeitig mit dem Capitel-Saal geschah. Die Bauzeit dieses Saales lasst sich , da von den erhaltenen Urkunden sich keine auf die Baufiihrung bezieht, nur annahernd bestimmen, darf aber nicht wohl iiber 1230 hinauf, noch weniger iiber 1245 herabge- riickt werden. Wenn man durch das von der Stifts- kirche in den Kreuzgang ftihrende romanische Portal, welches im I. Theil besprochen wurde, tritt, gewahrt man alle Schattirungen der Ubergangs-Periode und Gothik vom Anfange des dreizehnten Jahrhunderts bis zum Schlusse des fiinfzehnten. Der Fliigel entlang des Saales ist der alteste und zeigt vorwiegend Uber- 76 — Fig-. 180. (Osseg.) k'li;. 181. (Ossog-.) gangsformen, der uordliclie cntlang- der Kirche hin- ziehende Fliigel gehort der Gothik des XIV. Jahrhun- derts an, an der West- und Siidseite siud die Formen bunt aneinander gereilit, wie es zufallige Reparaturen bedingten. Indeni wir ziir Eiklarung der Illustrationen Uber- gelien, sei vor allem ein Versehen gut geraaeht. welches sich in den ersten Tlieil eingeschliclien hat. Es ist nam- lich Seite 31 das oben erwahnte romanische Portal zwar besprochen, jedoch die Beiftigung der Illustration vergessen wordeu, welche hier als zum ersten Theile gehorig beigeschaltet wird. Fig. 177 Grundriss des Capitel-Saales, Fig. 178 Aufriss desselben, Fig. 179 die anstossende Partie des Kreuzganges niit dem Eingang in den Saal, Fig. 180 Saulen-Capital im Saale, Fig. 181 Gurttrilger da- selbst, Fig. 182 Kreuzgangportal , Fig. 183 Capitale und Sauleiitrliger an der Thiire, Das in der Mitte des Saales stehende steinerne Lesepult wird in der Abhandlung iiber Sculptur be- schrieben und illustrirt. Literatur: Archiv des Klosters Osseg. — Schein- pflug: Die Urkuiulen des Klosters Osseg, besprochen in den Mittheilungen des Vereines fur Geschichte der Deutschen in Bolimen, VII. Jahrgang, 1869. — Erben: Regesten. — Frind, Kircheugeschichte Bohmens. — Dobner, Annalen, VI. Band. Die F r a n c i s c a n e r - K i r c h e in E g e r. Im Jahre 1260 entschlossen sich zwei im Egerland begiiterte Herren, Honigar von Seeberg und Hecht auf Pograth, ein Minoritenkloster zu griinden und begannen sogleich mit Erbauung der Kirche. Dieses Gebaude Fig-. 183 a). (Osseg.) Fig. is;i if. Fig. 185. (Egcr.) wurde zehn Jahre spater durch eineu iingeheuren Brand, welcher die ganze Stadt in Asclie legte, zerst(3rt, aber von denselben Mannern aufs neue hergestellt, woraiif die Kirche am 26. Janner 1285 durch den Bischof Heinrich vonRegensbnrg inBeisein des Kaisers Rudolf I. von Habsburg, seines Schwiegcrsohiies des Konigs Wenzel II. von Bohmen , dessen Gemahliu Jutta und vieler Fursten und Herren feierlich eingeweiht wiirde. Eine urkundliehe Beschreibung dieserFeierlichkeitwird heute noch in der Kirche aufbewahrt, wie auch der da- mals von Kaiser Rudolf bewilligte Jahrmarkt noch immer abgehalten wird. Wie im Agneskloster zu Prag wurde auch hier ein Frauenstift nach dem Orden der heiligen Clara in der Art mit dem Minoritenkloster verbunden , dass fur die Nonnen ein besonderes Gebaude errichtet wurde, die- selben aber von einem vergitterten Oratorium aus an dem in der Klosterkirche abgehaltenen Gottesdienste theilnehmen konnten. Diese Anordnung wollte sich nicht bewahren, beide Kloster wurden spaterhin refor- mirt, die Nonnen erhielten eine besondere Kirche und anstatt der frliheren Minoriten wurden Franciscaner von der strengen Observanz eingefuhrt. Bei diesen kirchliehen Anderungen erfuhr auch die Stiftskirche allerlei Umgestaltungen : das schone an der Westseite gelegene Haupt-Portal wurde vermauert , die westliche Fig. 186. (Eger.) und audi die nordlicbe Partie erneuert und der Eingang an die f^iidseite vcrlcgt. Im Innern bl.eb die Klosterkirche Maria-Verkiin- digung, von einigen Flickbauereien abgeselien, ziemlicli unberiihrt und zeigt eine Hallenanlage von zwar ein- facher aber sehr harmonischer Durchbildung. Die Gesammtlange im Licht betriigt 150 Fuss, vvobei Schiff' und Presbyteriuni gleiche Lanne (75') einhalteu, wenn die Triumphbogenmauer dem 8chiffe beigerechnet wird. Zwei Reihen von je drei schlanken kreuzliirraigen Pfei- lern theilen das Langhaus ein , dessen Gcsammtweite 05 Fuss einhalt. Diese Weite vertheilt sich so, dass nut das Mittelschiff 26, auf jeden Pfeiler 4 , auf d;is nord- liche Seitenschiif 14, und auf das slidliche 17 Fuss ent- fallen. Die bedeutende Ungleichheit der Schiffe diirfte wohl durch den Brand von 1270 veranlasst worden sein, indem man auf der einen Seite noch das alte Grmul- gemauer beibehielt, auf der andern aber eine Erwei- terung anstrebte. Die Pfeiler sind gegenwartig mit ein- iachen Gesiinsen bekront, welche zwai' nicht urspritng- lich sclieinen , aber mit den aus der Umfassungs- wand vortretenden Gurttriigern correpsondiren. Diese Trilger zeigen noch die im XIII. Jahrhuudert beliebten Knospen-Ornamente, wahrend die Capitale der Wand- saulen des Presbyteriums mit Laubwerken decorirt sind. Fig. 184. (Eger.) — 78 — Fig. 187. (Eger.) All die Siidseite des Presbyteriums lehiit sich ein quadratischer bis zur Spitze gemaiierter Thnrm an, wel- clier in der Hobe des Hauptgesimses in das Achteck umsetzt imd jene scblichte Gliederung einbalt, welcbe alle Tbiirmbauten dieses Ordens charakterisirt. Neben deni Thurrae breitet sich entlang des rechtsseitigen Ne- benschiffes ein kleiner mit den zierlichsten Masswerken geschmiickter Kreuzgang aus, von bier fiihrt gegenwartig der einzige Eingang in die Kirche. Der Kreuzgang ge- hort einer etwas spatern Bauzeit an und verratb den Beginn der Lnxenburg'schen Periode, wie die angefug- ten zwei Fensterbildungen bestatigen. Die Stiftskirche besitzt neben mehreren im Ge- seliniacke Maratti's ausgefUhrten Altarbildern ein italie- nisches Sculpturwerk, welches im Jahre 1381 hieher geschenkt worden sein soli. Es ist ein vier Fuss hohes, bemaltes und vergoldetes Madonnabild von etwas der- ben Formen , welches jetzt in der Sacristei aufbewahrt wird und jedenfalls bedeutende Modernisirungen erfah- ren hat, wenn die Altersangabe begriindet sein sollte. Literatur sehr umfassend. Reichhaltiges Stifts-Ar- chiv. — Chronik des Egerer Franciscaner-Moncbs Fried - rich Sergius. — Chroniken von Schlecht. — Salomon Gruber und Karl Huss. — Raths-Archiv der Stadt Eger, Bruschii chronologia Monasteriorum Germaniae. — V. Prockl, Eger und Egerland. Abbildungen: Fig. 184 Grundriss der Stifts- kirche, Fig. 185 Gurttrager im Schiffe , Fig. 186 Capital im Presbyterium, Fig. 187 —188 Masswerke aus dem Kreuzgang. Die D e c a n a t - K i r c h e in S a a z. Obgleich Saaz (Saatz, Zatec, Zatecium) zu den altesten Stadten Bohmens zahlt und schon im eilften Oder Anfang des zwolften Jahrhunderts der Sitz eines Erz-Diaconates war, sind doch die Berichte iiber den Ursprung der Stadt ungemein diirftig, und es fehlt insbesondere an Nachweisen iiber den Bau und die hautigen Umgestaltungen der Dechanteikirche. Saaz spielt in der Sagenwelt Bohmens nicht allein eine her- vorragende, sondern neben Prag die HauptroUe. Auf dem steilen Bergriicken, welcher die gegenwartige Stadt tragt, soil schon in der Urzeit ein Ort gestanden haben. Auch die ersten Ansiedelungen der Slaven werden in diese gesegneten Fluren verlegt, welche in der Folge durch ihren Hopfenbau welthistorische Bedeutung ge- wonnen haben. Saaz war zugleich eines von den Theil- furstenthiimern. NachtibereinstimmendenBerichtenvon Dobner, Bal- bin, Hanimerschmied und Schaller wurde die Dechantei- kirche unter dem Titel Maria-Himmelfahrt am 21. August 1206 gegriindet, um welche Zeit wahrscheinlich Ota- kar I. die stadtischen Gerechtsaine dem alten Burg- flecken verliehen hat. Dass Saaz in jener Zeit schon ein bedeutender Ort war, erhellt aus demUmstande, dass Vladislav II. den Saazern im Jahre 1159 ein Wappen verliehen hat. Uber die Dechanteikirche finden wir keine fernereNachricht, als dass sie 1271 unter die Verwaltung des Pramonstratenserklosters Strahov in Prag gestellt wurde. Bei Betrachtung des bestehenden Kirchengebaudes stellt sich zur Evidenz heraus, dass von dem 1206 an- gelegten Bau auch nicht die mindeste Spur vorhanden sei, sondern dass die altesten Partien, Presbyterium und Chor-Schluss, gegen Ende des XIII. Jahrhunderts hergestellt wurden. Die Erbauung darf mithin den Pra- Fig. 188. (E^cr.) Fig. 181). (Siiaz.; — 79 — iQonstratensern zugeschrieben werden und fallt in eine Periode, als Saaz langst zur Stadt erhoben war. * Fur diese Annahme spricht auch das Presbyterium, dessen ausgiebige Raumlichkeit klOsterlichen Einfluss verrath, ferner die fur eine Stadtkirche seltene Anord- nung, dass kein Thurm vorhanden war. Die Maria-Himmelfahrt-Kirche ist ein dreischiffiger Hallenbau, dessen Langhaus nahezuquadratische Grund- form zeigt und durch drei runde Saulen auf jeder Seite eingetheilt wird. Es ist unendlich viel in und an diese Kirche hingeflickt worden, man sieht gothische Einschal- tungen aus dem XIV., XV. und XVI. Jahrhundert, zopfige Anbauten ira denkbar schlechtesten Geschmack, dariiber bin breitet sich eine neue gothisch sein sollende Restau- ration aus und das Ganze ist iibertiincht mit eineni streifenweise aschgrau-pomeranzenfarbigen Anstrich von unnennbarer Wirkung. Ob die Saulen des Schitfes urspriinglich rund waren, darf bezweifelt werden, sie sind wiederholt iiberarbeitet und erst in neuerer Zeit oben mit einem Ring urazogen worden, aus welchem die Rippen in ganz unconstructiver Weise hervortreten. Wahrscheinlich bestanden Biindelpfeiler, welcbe gelegenheitlich einer Reparatur in Saulen umgewandelt wurden. Das Langbaus halt 66 Fuss in der Lange und 62 Fuss in der Breite , wobei Hauptschiff und Presbyterium im lichten Masse 28 Fuss weit sind. Die Dicke der Saulen betragt 41/2 Fuss, die Hohe 32 Fuss, und das Presby- terium mit Inbegriff des aus dem Achteek gezeichneten Chor-Schlusses zeigt eine der Schiifweite ziemlich ent- sprechende Lange von 60 Fuss. Im _ Zusammenhalte dieser Masse lasst sich eine grosse Ubereinstimmung nicht verkennen und es liegt zu Tage, dass die kleinen Abweichungen, deren nicht wenige vorkommen, nur den Reparaturen zuzuschreiben sind, dass aber ein re gel- massigerPlan zuGrunde gelegen habe.Nordwarts neben dem Presbyterium lelmt sich eine zierliche Sacristei, ' liber den Zeitpunkl, als Saaz sich zur Stadt entwickelte, sind die Ansicliten getheilt. Wahrscheinlich ging die Tniwandlung nach und naoh vor sich, wie die- ses auch in Prag der Fall war. Unter Wenzel I. (1230—1253) wird Soaz als Stadt aufgezShlt. Das Urkundenbuch yon Snaz gibt hieriiber keinen Aufschluss. Fig. 191. (Saaz.) ein Werk des XIV. Jahrhunderts an, von alien Zubauten die einzige bemerkenswerthe. Zwei an der Westseite angefugte Thiirme, eineungleichseitigachteckige Johann- Nepomuk-Capelle an der Sudseite und ein zweiter nebenstehender Anbau verdecken den alterthiimlichen Kern von drei Seiten, und nur von Osten her bietet sich eine freie Ubersicht des Chores. Der Chor ist sowohl im Innern wie Aussern sehr glucklich durchgebildet und zeigt in den Masswerken eine zwar vollstandig entwickelte, aber von Ubertrei- bungen freie Gothik, wahrend die Ornamente der Knaufe und Gurttrager noch einige Reminiscenzen der Ubergangs- Periode an sich tragen. So entspringen die Gewolbe- rippen noch aus vorgestellten Schilden, die Untertheile der Knaufe treten in Form von Hornern aus der Wand vor und die Rippen sind einfach kraftig profilirt. Die Ausfuhrung sowohl der im Schiffe wie im Presbyterium vorkommenden Bauwerke ist eben so gediegen als ge- schmackvoll, dagegen verrathen die am Aussern vortind- lichen Giebelblumen eine viel spatere Zeit und ditrften der nach-hussitischen Periode angehoren. Das Innere macht trotz der vielen Reparaturen und der neuerdings glanzend iiberlackirten Saulen einen wilrdevollen und sogar grossartigen Eindruck, was zu- nachst den Verhaltnissen des Chores zu danken ist. Unter den im Norden Bohmens bestehenden, dem XIII. Jahrhundert entstammenden Stadtkirchen gehort die Fig. 190. (Saaz.) Fig. 192. (6aaz. — 80 — beschriebeue zu den besterbalteneii, weshalb sie etwas aiisfiilirlich besprocben wurde. Illiistratioiien: Fig-. 189 Grnndriss der Decanal- Kirclie, Fig-. 190 Chorfeiister , Fig. 191 Wandpfeiler- Capital im Clior, Fig. 192 Gurttrager ira Scbiff. Literatur. Urkundenbucb der Stadt Saaz. Bescbrei- bung desselben you Dr. Schlesinger, 1872, Mittheilungen des dentscben Gescliiebtvereins , XI. Jabrgang. — Darin eine Urkunde von Otakar, ddato 30. December 1266, worin Saaz die civitas Zacensis genannt wird — fernere Ui'kunde vom Strabover Abt, ddato: 27. Marz 1272 liber Zinsungen — nnd Bestatigung des Otakar'scben Privilegs dureb Konig Jobann voni 24. November 1317. — ilber die Griindung und alteste Zeit von Saaz spricbt sebr ansfiibrlicb Hajek vou Libocan in seiner Cbronik, worin es bekanntlich an Fabeln und Erfindnngen niclit feblt. Vieles die Decanal-Kircbe Betreffende findet sieb im Arcbiv des Klosters Strabov in Prag. Abt Gottfried von Strabov erwarb 1271 durcb Unterstiitzung des Konigs Otakar 11. die Administration der Seelsorge in Saaz. Uuter diesem Abte und seinem Nacbfolger Budis (t 1297), weleher selbst Kiinstler war und grosse Thatigkeit eutwickelte , wurde allci- Wabrscbeinlicbkeit nacb dieSaazer Kircbe erbaut. (Frind, Kircbengescbiclite Bolimens, II. Tbeil, Seite 194.) Stadtpfarrkircben zu Bilin , Briix , Laun, Leitmeritz, Melnik, Rakonic und Scblan. Diese Kircben baben deutlicbe Kennzeicben aufzu- weisen, dass sie unfer den Pfemysliden erbaut wurden, docb sind sie obne Au>^nalime wiederbolt dureb Feuer zerstort und so vielfach umgeanderr vvorden, dass nur einzelne Reste der urspriinglicben Anlagen iibrig o.e- blieben sind. In Melnik besteben nocb Tbeile des^hen Schitfes, in Briix und Laun je die urspriinglicben Thiirme, in Rakonic und Scblan die Unterbauteu der Tbiirme mit den angriinzenden Partien. Im Ganzen betrachtet gehoren jedoch diese Bauwerke dem spat-gothiscben Style an, wessbalb sie aucb dort eingereibt und im vierten Tbeile bebandelt werdeu. Uberwiegend das hocbste Alter unter den obigen Kircben spricbt die St. Peter- und Paul-Kircbe inBilin an, welcbe im Jabre 1061 durcb den Bischof Severus von Prag (zweifelsohne als langst verschwundener Holzbau) eingeweiht wurde. Das jetzt besteliende Ge- bfiude bewegt sicb auf einem dem XIII. Jabrbundert entstanimenden Grundgemauer, wurde aber nach der durcb Zizka in Jabre 1421 bewirkten Zerstorung gegen den Scbluss des Jabrhunderts in sebr fiauer Gotbik neu aufgebaut. Scblimmer erging es der 1235 angelegten Stadtkircbe Aller-Heiligen in Leitmeritz, welcbe zwar die allgeineinen Grundformen gewabrt bat, aber so ab- geschabt und uberklekst worden ist, dass man unmoe- licb ein trostloseres Bild erblicken kann. Diese Kircbe besitzt das sclionste zinnerne Taufbecken, welches Bobmen aufzuweisen hat. Leider wurde dieses Meister stuck des Zinngusses \ or zwei Jabren mit dicker gelb- brauner Olfarbe iiberschmiert und bis zur Unformlichkeit entstellt. Von den stadtisclien Pfarrkirclieii imnord-ostbcben Bobmen zeigt keine altertbiimlicbes Geprage; die Hei- lig-Geistkircbe in Kouiggriitz, sicberlicli eine der alte- sten Stiftungen im ganzen Lande, wurde iuihrergegen- wartigen Gestalt von Elisabeth , der Witwe des Konigs Wenzel II., im Jabre 1302 gegriindet und unter Johann von Luxemburg vollendet. In Jung-Bunzlau, Jaromei^ und Arnau scheinen abe Substructionen vorbanden zu sein ; von den iibrigen Stadtkirchen durfte nur die schon besprocbene Kirche zu Nachod in das XIII, Jabrhundert hinaufreiehen. Die D e chant eikirchen zu Hobenmautb und A u s s i g. Wenn bei den oben aufgezahlten Bauwerken der urspriingliche Charakter grosstentheils vernichtet worden ist, baben zwei an den entgegengesetzten Landesgran- zen liegende Stadtkirchen trotz vielerlei Missgescbicken ibre alte Form so ziemlicb gewabrt: namltcb die zu Aussig und zu Hobenmautb (Vysoke Myto). Diese beiden Denkmale konnen neben der Saazer- Kirche — 81 — als eigentliche Vorbilder und Reprasentanten des stadtischen Kirchenbaues aufgestellt werden, wie sich derselbe in der 2. Halfte des XIII. Jahrhuuderts aus- bildete. Hohenmauth imd Aiissig sind gleichzeitig durch den grossen Otakar in die Reihe der Stadte versetzt worden, die Kirchen dieser beiden Stadte warden viel- leicht von demselben Baumeister angelegt, da sie neben beinahe gleichen Grossenverhaltnisseuauch einegleiche Formengebung einhalten nnd sich nur dadurch unter- scheiden, dass bei der Aussiger-Kircbe ein einziger Thurm in der Mitte der Westfronte steht , wahrend in Hohenmauth dieselbe Seite durch zwei Thlirme flankirt wird. Seltsamerweise stimmen diese beiden Denkmale auch darin ilberein, dass hier wie dort das Langhaus im Laufe des XV. Jahrhuuderts durch Feuer zerstort worden ist, wahrend die Thlirme und Chorpartien unversehrt geblieben sind. Beide Kirchenschiffe warden schliesslich im gleichen Geschmacke zwischen 1480 und 1520 durch Meister Benes von Laun wieder in Stand gesetzt. Die dem heiligen Laurenzius gewidmete Decanal- Kirche in Hohenmauth ist ohne Zweifel um 1260 gleichzeitig mit der Stadt gegrlindet worden, welche An- gabe durch den bestehenden alien Theil gerechtfertigt wird. Das Langhaus wird durch ein gleichseitiges Viereck besclirieben, erne Anordnung, die wir schon in Eger und Saaz getroffen haben, die auch in Aussig wieder- kehrt und iiberhaupt bei Stadtkirchen mit Vorliebe ein- gehalten wurde. Die beiden an der Westseite sich anreihenden Thlirme sind zwar ursprlinglich , haben aber im Laufe der Zeiten so sehr gelitten, dass sie mit Stiitzmauern umgeben werden mussten. Das Langhaus halt trotz vollstandiger Erneuerung die alten Umfassungs-Linien ein, misst in der Langen- richtung 71 und in der Breite 72 Fuss (eine zufallige Abweichung) und wird durch vier Pfeiler , zwei auf jeder Seite, in drei Schitfe zerlegt. Das Presbyterium springt mit drei Gewolbsabtheilungen und einem aus dem Achteck eonstruirten Chor-Schlussein gleicher Lange mit dem Schifi'e vor und wird an der Sildseite durch eine schmale Sacristei-Capelle eingesaumt, ein malerischer Anbau, welcher schon vor dem grossen Braude von 1461 an die Kirche geftigt wurde. Das Feuer entstand zu- fallig und scheint die Kirchenschiffe so voUstiindig zer- stort zu haben, dass die Reste grosstentheils abgetragen werden mussten, wahrend der Chor im Innern wie an der Aussenseite unversehrt blieb. Der Baumeister, welcher die Wiederinstandsetzung leitete, hielt sich nur in Bezug auf allgemeine Dimensionen an die urspriing- liche Eintheilung und die durch den Chor vorgezeichne- ten Hithenmasse, befolgte aber sonst die decorative Formgebung der spat-gothischen Periode. Von der Ostseite her gesehen, priisentirt sich die Chorpartie als einheitlicher, in alien Theilen liberein- stimmender Bau von schlichten edlen Formen und vor- waltend ernstem Ausdruck. Die verschiedenen Neue- ruugeu sind beinahe ganz verdeckt und der mit schlan- ken Fenstern ausgestattete , von den qnadratisehen Tliiirmen liberragte Ban macht den Eindruck einer romanischen Beuedictiner-Kirche. Sehr bemerkenswerth ist der Umstand, dass an der Siidseite von den Strebe- pfeilern aus Stiitzbogen liber das Dach des Seiten- schiffes zur Wand des Mittelschiffes hiniibergesprengt sind, eine an bohmischen Pfarrkirchen nicht gebrauchliche Fig. 194. (Hohenmauth.) 11 — 82 — Anordmuig. An der Nordseite sind diese Strebebogen abhanden gekommen. Dieselbe Einfachheit , welche den Aussenl)au eha- rakterisirt, umlangt nns anch ini Innern des Chores, nnr sind hier die Wandpfeiler mit Figurenbleuden, Bal- dacliinen und Untersatzen versehen. Die Figuren, welehe den Hauptschmuck bilden sollten, feblen und es ist die Frage, ob sie je anfgestellt wnrden. Die Nebeusehiffe sind niedriger als dasHauptscbiff und unter sich sowobl in Bezug auf Hohe wie Aus- stattung versebieden. Das sudliche Nebenscbiif zeigt eiufache Kreuzgewolbe und ist von Neuerungen ziem- lich verschont gebliebeu; das nordlicbe bingegen wurde bei der Restauration bedeutend iiberhobt, mit neuen Netzgewolben und Fenstern versehen und mit einer zierlicheu Vorhalle in Verbindung gebracht. Meister Benes hat auch an den Pfeilern des Hauptschiffes Figurenbleuden angebracht, die Pfeiler jedoch in einer ganz neuarigen Weise durchgebildet, so dass zwischen dem Mittelscliitf und Chor, wie der Langendurcbschnitt zeigt, keine Harnionie besteht.Wenn auch die Arcaden- Stellung sehr schijn genannt werden darf, hat doch Benes seinem Werke ausserordentlich geschadet, dass er den Lichtgaden nicht im selben Masse erhohte, wie er es mit der untern Partie gethan. Hiedurch wurden die obern Fenster in storender Weise gedriickf und das Gesims unterbalb derselben steht ganz und gar an un- rechter Stelle. Da die Lebensgeschichte und die Werke des Benes von Laun im vierten Bande eingehend erortert werden, haben wir an dieser Stelle nurbeizufilgen, dass der Meister dieselbe Pfeilerstellung auch in der Marien- kirche zu Kuttenberg angeordnet hat. Illustrationen : Fig. 193, Grundriss der Deehantei- kirche Hohenmauth, Fig. 194, Querdurehschnitt, Fig. 195, Choransicht. Fig. 1!)5. fHohe.iiiiKiuth.) — 83 Aussig-, Austia, tlstinadLabem, ein sehr alter Ort, evhielt durch Otakar II. stadtische Privilegien und scheint, begUnstigt durch die herrlichste Lage an der Elbe, in kurzer Zeit eine holie Bliithe erreiclit zu haben. Nach der Schlacht bei Aussig (16. Jiinil426) wnrdedie Stadt von den Hussiten niedergebrannt und soli drei Jahre hindurch wlist gestanden haben. Wie in Hohen- mauth widerstanden das Presbyterium einerseits und der grosse westliehe Thurin anderseits der Gewalt des Feuers, das Langhaus aber wurde hier bis in den Grund zerstort, so dass unbestimmt bleibt, ob sich die gegen- wartigen Umfassungswande in den ehemaligen Linien bewegen. In bau-technischer Hinsicht fallt als sehr beach- tenswerth auf, dass an den Denkmalen romanischen Styles meistens die Chorpartie erneuert wurde und das Schiff den alten Bestand gewahrt hat, wahrend bei gothischen Kirchen , falls Ungliieksfalle vor- kamen, der Chor unverletzt blieb und das Schiff zu Grunde ging. Die Ursache dieses Vorkommnisses ist leicht zu erkennen. Die Absiden und Presbyterien wur- den nach dem Beispiel altchristlicher Kirchen sehon in Mhester Zeit mit Gewolben bedeckt, als man mit der Technik desWolbens noch nicht genligendvertrautwar : daher der Einsturz so vieler romanischer Chorpartien. In der gothischen Periode, als man gelernt hatte, den Seitenschub der Wolbungen auf Strebepfeiler zu uber- fiihren, erhielt der Chorschluss im Vergleieh zu den Schiffen grdssere Festigkeit, hat daher ein allenfalisiges Ungliick besser iiberdauert. Die Maria-Himmelfahrt-Kirche zu Aussig ist ein Hallenbau mit drei gleieh hohen und gleich weiten Schif- fen, dessen Langhaus durch ein gleichseitiges Quadrat von 66 Fuss Durchmesser gebildet wird. Weder die Ein- theilung des Schiffes, noch die Umt'assungsmauern und Strebepfeiler gehoren dem urspriinglichen Bau an , doch ist wahrscheinlich, dass die quadratische Grundfoi m alt und bei dem Wiederaufbau eingehalten worden sei. Das ganze Langhaus von den Strebepfeilern und Saulen bis zu den kunstreichen Wolbungen ist documentirt als Work des Benes von Laun, welcher diesen Bau ziemlich gleichzeitig mit der Launer Kirche ausgefiihrtzu haben scheint. Zwei Reihen von je drei Saulen zerlegen das Schiff in neun gleiche sternformige Gewcilbehauben, deren Eippen sich kreuzen und abgekappt sind. Die Saulen steigen zu einer Hohe von 44 Fuss bei einem Durch- Fig. 197. (Aussig.) messer von 2 Fuss 11 Zoll an, sind achteckig und cane- lirt. Mehrere Inschriften und auch em rtickwarts im Schifte angebrachtes Brustbild des Konigs Wladislaus des Jagellonen mit dem Spruchband: „te deimi lauda- mus" bestatigen, dass der Bau erst nach 1500 vollendet wurde. Auch der alte Thurm wurde damals iiberarbeitet, der Chor aber blieb uuberiihrt. Dieser fiillt schon beim Eintritt in die Kirche durch seine vie! grossere Raumlichkeitauf. Wahrend dieSchiffe von Achse zu Achse der Saulen nur 22 Fuss einhalten, zeigt das Presbyterium die liehte Breite von 30 Fuss und hielt sammt dem aiis fiinf Seiten des Achteckes be- schriebenen Chor-Schluss eine Liinge von 66 Fuss ein. Es ist also hier derselbe Plan befolgt worden, welchen wir in Saaz und Hohenmauth kennen gelernt haben. In den Ecken des Chor-Schlusses und zwischen den drei- feldrigen Wanden ziehen 10 Zoll starke Rundstiibe rait einfachen Kelch-Capitaleu zum Gewolb hinauf und ent- wickeln kraftige mit tiefen Hohlkehlen profilirte Rippen, Fig. 196. (Aussig.) 11 * — 84 — die drei Diittleren Seiten des Chor-Polygons sind mit Fiillungeu umzogen, die einst zu Sitzen fur die Geist- liclikeit gedient liaben mcigen. Die Declianteikircbe zu Aussigwurde vonOtakar 11. in nicht genau zu bestimmender Zeit dem deiitschen Ritterorden eiugeraumt, durch welchen aucb der Bau bergestellt oder Avenigstens geleitet worden ist. Der Orden batte die Stadtpfarrei Anssig bis zu der Zersto- rung vom Juni 1426 inne, S])aterliin ging das Patronat an den Magistrat uber. Die Kircbe wurde in der Folge noch von mehreren Ungllicksfallen (uuter andern durch einen Dachbrand i. J. 1871) betroffen und bat in neue- ster Zeit allerlei unpassende Restaurationen erfahren. Illustrationen : Fig. 19G Grundriss der Kircbe ; Fig. 197 Querdurchschnitt des Scbiifes. Einzelne Kirchenbauten , ohnc scliul- massigen Giiarakter. Die bisher gescbilderten Baugruppen lassen je fiir sich eine gewisse stjlistiscbe Zusammeugehorigkeit er- kennen, und es ist niclit schwer, innerhalb einer jeden Gruppe die allmaligen Umwandhmgen zu verfolgen. Neb en und zwischen diesen Gruppen machen sich ein- zelne Denkmale von durchaus unabhangiger Stellung bemerkbar, welcbe, meist dem Zeitalter des Konigs Wenzel II. (1278 — 1305) angehorend, eine abgeson- derte Besprechung erfordern. Die beiden Kirchen in Beneschau. Beneschau (Benesov) bei Konopist scheint durch die Herren von Bechyne angelegt und mit stadtischen Rechten begabt worden zu sein. Die Pfarrkirche unter dem Titel des heiligen Nicolaus ist ein sehr interres- santes Gebaude, wenn auch kein Theil desselben iiber die Mitte des XIII. Jabrhunderts hinaufreicht. In den Erriehtungsbuchern des Prager Domstiftes kommt die Kirche ira Jahre 1384 bereits als Dechantei-Kirche vor. Das Langhaus ist dreiscliiffig, 50 Fuss lang, eben so breit und wird auf beiden Seiten durch je zwei recht- eckige, oft iiberkleckste Pfeiler unterstutzt. Mittelscliiff und Chor halten eine liclite Weite von 25 Fuss ein, wo- bei das Presbyterium sammt dem aus fiinf Seiten des Zehnecks construirten Abschlusse und mit Inbegriff der 4 Fuss starken Triumphbogenmauern 40 Fuss tief ist. Der Chor tragt durchaus den Charakter der Ubergangs- Gothik, an den Knaufen der Wandpfeiler sieht man Thierverschlingungen und korinthisirende Ornameute, an den angeblendeten Siiuien eines kleinen Portals kommen Knospen-Capitale und mit Eckblattern ausge- stattete Saulentiisse vor.DieseKirche ist auch merkwiirdig, well sie das schcinste aus der Zeit des Kaisers Karl IV. stammende Altarblatt und eine der altesten Glocken Bohmens besitzt. Diese beiden Kunstwerke sollen der vom Prager Domprobste Tobias von Beneschau gegriin- deten Minoriten-Kirche angehort haben und bei dem grossen durch die Taboriten 1420 veranlassten Brande auf unbekannte Weise gerettet worden sein. Gegen- wartig bietet das ziemlich abgelegene und verwahrloste Kircheuhaus keinen erfreulichen Anblick ; es ist durch Flickereien und Ubertiinchungen nach und uach so ent- stellt worden, dass selbst der fleissige P. Vlasak, wel- cher in der Zeitschrift Pamatky archeologicke a mlsto- pisne, 11., Seite 289, die Stadt Beneschau mit ihren Kirchen ausfiihrlich bespricht, die herrliche, im Presby- terium angebrachte Ornamentik iibersehen hat. tiber das Alter der vom Domprobst Tobias von Beneschau gestifteten Minoriten-Kirche, deren Ruinen etwa zweihundert Schritte von der Pfarrkirche entfernt liegen, machen sich zweiverschiedene Ansichtengeltend, welche auf dem zufalligen Umstande beruhen, dass zwei Domberren dieses Namens aus Beneschau hervor- gegangen sind und sich um das Kloster verdient ge- macht haben. Tobias I. wirkte als Domherr , Dechant und Propst von 1233 — 1260, Tobias II., Domherr, von 1320 — 1317. Dieser letztere, dem Stamme der Be- chyne angehorend, ■ trat seine Giiter Beneschau und Konopist an die Herren von Sternberg ab, und widmete zugieich einen grossen Theil seines Vermogens dem jungen Minoriten-Kloster , so dass er als dessen zweiter Stifter anzusehen ist. Aus diesem Grunde versetzen F r i n d und S c h 1 e s i n g e r die Anlage der Klosterkirche in das vierzehnte Jahrhundert , wahrend D o b n e r. Hammer schmied , Berghauer, Schaller und Fig. 198. (Beneschau.) — 85 — Vlasak das Jahr 1246 als Griindungszeit anfiiliren und die Einweihung durch den Bischof Nicolaus von Prag im Jalire 1257 vollziehen lassen. Bei solchen Widerspriichen, indem man sich beiderseits aufUrkunden beruft, bleibt nur die archao- logische Untersuchiing itbrig und diese liisst die spar- liclieoKuinen als ein Bauwerk erkennen, welches jeden- falls nach 1280, aber audi vor 1310 angelegt worden ist. Dessen unbeschadet kaun die Nachriclit von be- sagter Einweihung rielitig sein, da haufig einzelne Altare oder Capelleu mit grossen Feierliclikeiten consecrirt wurden, ehe der Kirchenbau voUendet war. Drei Fensterpfeiler, dem Chor-Schlusse der Kirclie angehorend, sind die einzigen Eeste des beriihmten Stiftes und geben Kumle, dass der edle Stifter AUes aufgeboten bat, um seinem Werke die bocbste Voll- enduiig zu verleiben. Ausden Vermessungen ergibt sich, dass der Clior einen fiinfseitigen Schluss batte, aber niebt wie die nabe Pfarrkircbe aus dem Zehneck, sonderu aus dem Neuneck construirt war. Die lichte Weite des Chores und Hauptschiffes dlirfte 27 bis 28 Fuss betragen haben, und zwar von den gegeniiber- stehenden Vorsprlingen der Wandpfeiler an gemessen. Der bier entwickelte gothische Styl ist glanzend und dabei streng kirchlich, die Rundstabe in den Fenster- leibungen sind nach alter Weise unterbalb der Bogen mit Capitalen verseheu und die Profilirungen aus grob- kornigem Granit mit bewunderungswiirdiger Sorgfalt ausgefiibrt. Die Pfeiler ragen heute noch iiber 80 Fuss in die Luft und sind durch zwei Lanzetbogen verbunden. Die in diesen Bogen noch vorhandenen Masswerke sind aus Sandsteiu gemeisselt und zeigen keine Spuren des grossen Brandos, welche sowohl an den aufrechtstehen- den Pfeilern wie den umherliegenden Bruchstiicken sichtbar werden. Es scheiut, als ob nach dem Brando eine Eestauration eingeleitet worden sei, welche aber aus Mangel an Fonds nicht durchgeflihrt werden konnte, wes§halb nach Reparatiir einiger Fenster das Unternehmen aufgegeben wurde. Seit etwa 1600 wurden die Ruinen als Steinbruch beniitzt und man erblickt an den in der Nahe betind- lichen Hausern unzablige Bruchstucke von Pfeilern, Gesimsen, Gewolberippen und andern Steinarbeiten, welche der Minoriten-Kirche entnommen sind; hie und da begegnet das Auge auch einem eingemauerten Sculpturwerke, dessen Ursprung nicht zweifclhaft ist. Grosse Beachtung verdient ein aus Sandstein ausge- flihrtes, dem Schlusse des XIII. Jabrhundert ange- 199. (Beneschau.) - 86 — liorendes Marienbild von 3 Fuss Holie, dermal in einer Nische am Stadthaus aufgestellt. Die sclion erwahnte etwa 25 Zentner schwere Glocke wurde im Jahre 1799 bei Abniiunnng des Schuttes aufgefunden, sie tragt eine InSi'hrift, lantend, dass derGuss 1322 dnrchMeister Riidger bewerkstelligt worden sei. Diese Glocke geli(3rt zu den altesten , welehe Bohmen anfzuweisen liat und zeiehnet sich durcli Wohlklang wie durch zierliclie Form nus. Wie sie bis auf die Gegenwart sich erhalten bat, bleibt rathselhaft. Aiich die Rettung des schonen, Sy, Fuss hohen nnd 3 Fnss 9 Zoll breiten Altarbildes erscheint nnbe- greiflicb ; doch konnte eine gegen 80 Pfiind schwere Holztafel leichter in Sicherheit gebracht werden, als die schwere Glocke. Die Beschreibirng dieses Bildes, eines der hervorragendsten Meisterwerke der durch Carl IV. gegriindeten Knnstschule, findet sich im III. Theile. In Bezug auf malerische Wirkung stehen die Ruiiien des Minoritenklosters nnerreicht, sie bieten eiu nnvergessliches Bild und iiberragen weithin die von schoner Uingebung eingerahmte Stadt. Jetzt, da Beue- schau eine Eisenbahnstation geworden, darf die Be- sichtignng sowohl der Ruine wie der Pfarrkirche jedem Reiseudeu als sehr lohnend empfohleu werden. Illustrationen: Fig. 198 Grundriss der noch bestehenden beiden Chorpfeiler mit Angabe der Ein- theilung, Fig. 199 Gruudriss und Aiifriss des Wand- pfeilers, Fig. 200 Feustermasswerk, Fig. 201 — 202, Capitale der Rundstabe, die Ansiclit der Ruine gibt die beifolgende Tafel. D i e R u i n e n von J u n g f r a u e n - T e i n i t z. Mit (leni Minoritenstifte Beneschau theilte gleiches Los das Klarissenkloster Jungfrauen-Teinitz (Tynec pa- nensky) durch Plichta von 2erotin gegriindet, und diu'ch seine Eukel Johann und Habard im Jahre 1321 voUen- det wurde. Die Stiftungszeit ist niclit geuau bekannt, Fig-. 200. (Beneschau.) doch besitzen wir in der Lebensgeschichte der seli- genPrinzessin Agnes, der Griinderin und ersten Abtissin des Franciscaner- und Clarissen-Klosters in Prag eine urkundliche Nachricht, dass Jimgfern-Teynitz als Tochterstift des Prager Agnes-Klosters noch bei Leb- zeiten ins Leben gerufen worden sei. (Prinzessin Agnes, die Schwester des Konigs Wenzel I., starb am 6. Marz 1282, mithin dlirfte die Griindung gegen 1280 stattgefunden haben.) DasKloster wurde durch die Hussiten zerstort und es wiederholte sich hier dasselbe Schauspiel, welches wir bei Besprechung der Stifte Treble, Pomuk und Beneschau kennen gelernt haben: die reichen Stifts- gitter gelangtcn an unrechtmassige Besitzer und diese trachteten vor alien dahin, jede Urkunde zu vernichten. Die noch bestehenden sehr grossartigen Ruinen lassen den alten Bestand mit ziemlicher Sicherheit fest- stellen: erhalten liaben sich namlich das Presbyterium bis zur Hohe des Dachgesimses, dann die sudliche Um- fassungsmauer des Schiifes ganz, die nordliche theil- Fig-. 201. (Beneschau.) Fig. 202. weise und ein Stuck von der an die Vorhalle angran- zenden Westwand. Von der Vorhalle jedoch sind nur uubedeutende Spuren aufzufinden. Der im Lichten 30 Fuss weite und 72 Fuss lange Chor zeigt einen funfseitigen aus demZehneck gewonnenen Abschluss, doch sind hier an die geraden Umfassungswande noch kleine Verlangerungsstiicke angesetzt und so ein etwas willktirlich construirter siebenseitiger Abschluss herausgebraclit worden, welcher im Vergleich mit dem Zehneck ein ungleich harmonievolleres Polygon-Gewolbe gewinnen liess. Das Langhaus war dreischiffig mit niedrigen Nebenschitlten," zwischen der Vorhalle und dem Presbyterium standen zwei reichgegliederte Biindel- pfeiler auf ieder Seite: die Form derselben kann aus den Resten eines correspondirenden Wandpfeilers ent- nommen werden. Die Lange des Schiffes ohne Vorhalle betragt 54 Fuss, dlirfte abcr mit Inbegriff derselben 72 Fuss gemessen haben, wahrend die Gesammtbreite 66 Fuss einhalt. Obwohl die Umfassungsmauern des Presbyteriums zur beiuahe voUen Hohe aufrecht stehen, hat sich doch kein einziger Fensterbogen und kem Masswerk erhalten: dagegen finden sich an der Sud- wand des Schiffes die Reste eines eigenthilmlichen Portal-Baues, von welchem sehr zu bedaucrn ist, dass eine Restauration zu den Unmiiglichkeiten gehort. Dieses Portal tritt mit zwei kraftigen Pfeilern 6 Fuss aus der Wandflache vor und liiilt cine Gesammt- breite von 25 Fuss ein. Die schriig zur Thiiruftnung zu- rlicktretenden Pfeiler sind je an den Vorderseiten mit Beneschau. Mitth iL.k.k.Centr Com 1872 — 88 — Die Stiftskirehe Maria-Himmelfalivt zu 8edlec. Ein HeiT Miroslav griindete unter dem Herzoge Vladislav II. im Jalire 1142 oder 1143 das Kloster Sedlec uiul berief dahiu Ordeiisglieder aus dem bay- rischen Cistercienser-Stifte Waldsassen bei Eger. Die damals errichteten Klostergebande sammt der Kirclie scheiueii gegen Ende des XIII. Jahrlumderts so bau- fallig gewesen zn sein, dass Konig Wenzel II. diircli den Abt Heidenreich einen uenenKircheubau aufflihren liess, welcher zwisclien 1290 bis 1304 in der Hanptsache vollendet wurde. Dieses Gotteshaus war das grijsste, welches man in Eohmen bisher gesehen hatte und zugleich das erste, welches nach dem mittlerweile in Frnnkreich und den Eheinlanden entwickelten Kathedral-System ange- ordnet wurde. Von den Hussiten gepliindert und niedergebrannt, standen die Kirchenruinen iiber zweihundert Jahre lang unbedeckt. bis sich dasStift nach derSchlacht am weissen Berge wieder etwas erholte, worauf Abt Heinrich Snopek im Jahre 1693 die Wiederherstellung sich auge- legen sein und ein neues Dach aufstelleu liess. Dann wurde die ganze Kirche mit solch' klosterlicher Emsig- keit wieder erbaut, dass die urspriinglichen Formen verschwanden und eine neue hochst abeuteuerliche Mischung von Gothik und Eoccoco an die .Stelle des Alten trat. Diese Eestauration wurde von dem Bau- meister Ignaz Bayer aus Prag geleitet und in der Haupt- sache bis zum Jahre 1707 vollendet. An dem zwar be- deutend iiberarbeiteten Ausseubau wurde im allge- meinen eine gewisse Einfachheit festgehalten, welche dem Charakter des Ganzen entspricht : im Innern je- doch tritt uns eine Bizarrerie der Formen entgegen, wie sie kaum an den spat-gothischen Bauwerken Spaniens gesehen werden kann. Erst wenn das Auge sich etwas an die seltsamen Verschlingungen der Gewolbe, die toscanischen mit gotliischen Rippen durchwachsenen Capitale und andere Wundeilichkeiten gewohnt hat ist man im Stande, die wirkliche Grossartigkeit dieser An- lage herauszutinden und zu wurdigen. In Bezug auf Raumlichkeit sehliesst sich die 8ed- lecer Kirche den bcdeutendsten Bauwerken an: die aussere Gesammtlange betragt mit Zurechnung der Vorhalle 305 Fuss, die Lange des Innern 270°Fuss und die lichte Weite des Schiffes 91 Fuss. Das Kirchenhaus ist fiinfschiffig, mitChor-Umgang, Capellen-Kranz und Kreuzflligeln versehen: liber der X'ierung erhob sich ein machtiger Kuppelthurm. 8ieben Capellen und zwei Halb-Capellen umziehqn den Chor- sehluss, welcher aus drei Seiten des Achtecks gezogen ist und im Umgang durch Verdopplung in siebeu Seiten umsetzt. Die Pfeiler des Hauptschiftes sind noch die alten, jedoch iiber und iiber mit Stuccaturen bedeckt, die Nebenschitf'e hingegen werden durch neue Eiindsaulen eingetheilt. Mit Zuzahlung der sehr starken Vierungs- pfeiler stehen auf jeder 8eite des Hauptschiffes fiinf- zehn Pfeiler, namlich neun im Langhause, zwei an der Vierung und vier im Chore: im Herumfiihren der8eiten- schiffe um den Chor wird die Anzahl der dort befind- lichen 8aulen auf jeder Seite um zwei erhoht, so dass siebzehn Siiulen der Nebenschiffe den fiinfzehn Haupt- pfeilern ent sprechen . Die Kreuzarme treten um die Breite eines Nebeu- schififes aus der allgemeineu Umfassungslinie vor, sind aber durch die Eestauration zu Capellen und Oratorien umgewandelt worden. Unterhalb derPultdacher, Avelche Fig. 204 (Jungter-Teinitz.) die Seitenschiffe iiberdeckeii, ebeii so im Dachraume des Hauptschiifes haben sich iioch viele Reste von Fenstermasswerken , Gesimseu nnd sonstigen Deco- rationen in gutem Znstand erhalteii, deren Behand- lungsweise genau den in Holienmauth und Saaz vor- kommenden alteren Detaillirungen entspricht. Trotz aller Entstellungen durch Stiiccatureu, Ein- baiiten und grelle Tuiiclie niacht das 100 Fnss hohe, nur 25 Fuss im Licht weite Mittelsehiff einen iiber- waltigenden Eindruck ; man fiililt in dieser Halle so recht, mit welclier Gewalt grosse Massen selbst dann auf uns einwirken, wenn die ktinstlerische Behaudlung dem Auge nicht ganz zusagt. (Fig 225.) Nacb der Aufhebuug des Sedlecer Klosters im Jabre 1783 wurde die Maria-Himmelfahrts-Kircbe ge- sperrt, und die Altare mit alien Kunstwerken licitando verkauft, -svobei der Hocbaltar mit dem Meisterbilde (Maria Himmelfabrt) von Peter Brandl (1728) und mit wcbonen Sculpturen kauflicb an die Hohenmautber Kircbe iiberging, deren Zierde derselbe gegenwartig bildet. Die Friedhof-Capelle in Sedlee. Wenige Schritte von der Stiftskircbe entfernt liegt zwiscben uralten Linden die Begrabniss-Capelle des Klosters, welcbe scbon 1318 genannt wird und alle Anzeicben tragt, dass sie gleichzeitig mit der Haupt- kirche entstanden ist. Auf einem quadratiscben Unter- bau, welcber das iiblicbe Beinbaus entbillt und mit einer Plattform bedeckt ist, erbebt sicb ein zierlicbes, an der Westseite mit zwei secbseckigen Tbiirmen flankirtes Kircblein, einst ein berttbmter Wallfabrtsort. Die Tbiirme sind an den Ecken nacb alter Weise mit Rundstaben eingefasst und deuten wie die sonstigen Gesimse, Gurten und Einzelbeiten den Scbluss des XIII. Jabrbunderts an. Das Scbiff ist 23 Fuss lang und eben so breit, es wird in drei Gewolbekappen zerlegt, von denen die mittlere 9 Fuss in der Langenricbtung misst. An der Ostseite springt ein aus zwei Gewolbe- abtbeilungen bestebender, 9i/._, Fuss weiter und 19 Fuss tiefer Chorbau vor / in welcbem sicb ein alter steinerner Altartiscb betindet. Mit Ausnabme der zwiebelformigen Hau- ben, mit denen die Tbiirme eingedeckt sind, bat das Kircblein seine urspriinglicbe Gestalt beibebalten, freilicb ein scbwacber Ersatz fur die ruinirte Stiftskircbe. Illustration: Fig. 226 Seitenansicbt der Friedbof-Capelle. Fig. 227, 228 Grundriss der Capelle im Erdgescbosse und Oberstocke. Die Erzdeebantei-Kircbe in Pilsen. Obwobl diese prachtige, dem beiligenBar- tbolomaus gewidmeteKirebe zum grossten Tbeile in der folgenden Luxemburg'scbenPeriode aus- gefiihrt wurde unddessbalb dem dritten Tbeile einverleibt werden musste, baben wir dersel- ben docb bier mit einigen Worten zugedenken. Der Bau wurde im Jabre 1292 durcb den deutscben Ritterorden unter Mitwirkung der Biirgerscbaft und namentlicb einer Frau Anna v. Preborov begonnen, scbeint aber lang- sam vorwarts geriickt zn sein. Der ersten Fig. 225. (Sedlec.) Bau-Periode entstammt nur das Presbyterium mit dem aus fiinf Seiten des Zebnecks construirten Chor- Schlusse. Diese Partie ist einbeitlicb, mit einfacben KreuzgcAvolben iiberspannt und gewiibrt durcb seine ergiebige Weite von 32 Fuss einen eben so wobltbuen- den als kircblicben Anblick. Das 125 Fuss lange imd 80 Fuss breite Langbaus scbeint zwar in seinen allge- Fig. 226. (Sedlec.) 12 — 90 — raeinen Gnmdlinien nem ursprung-lichen Plane anzuge- boren, ist aber wiilireud der Regierung Karl IV. zu Stande gebraebt wordeii. Die runden Siiulen des Mittel- scbilfes, die Pammtlicben Wdlbungen des Langhauses, die Neben-Capellen mid Yorballeu geboren dem fiiuf- zebnten, theilweise sogar dem Begiune des seeb/ehnlen Jabrlnuulerts an. An dieser Stelle sollte zunachst bervorgeboben werden, wie im letzten Vievtel des XIII. Jabrbundert der einfacbe Cbor-Sclduss ans dem Acljteck niebr und mebr zurlicktritt, wiibrend flinf- nnd siebenseitige Formen beliebt werden. Alle librigen diese Kircbe be- trefFenden Verhaltnisse siud im dritten Theile erortert. Zweischiffige Kirchenbauten. Es ist angefiibrt worden, dass das zweiscbiflPige Kircbenhaus im sudlicbcii Bohmen iingewobnlicben An- klang gefunden hat uiid dass sogar Hau])tkircben auf solcbe Weise angeordnet wurden. Anfanglich trat diese Form nur vereinzelt auf, im Verlauf der gothiscben Periode mebren sieb die Beispiele, so dass wir einige bocbst iuteressante Denkmale, dnriuiter aucli eiue Stiftskircbe zu verzeiebnen baben. Die Anregung scheint sich aus dem Donautbale zu scbreiben, wo wir in Passau undEnns scbon sebr friihe derlei zweiscbiffige Bauwerlvc tretfen. i tttt J Z 3 U 5 : I I I I )WM. Fig. 227. (Sedlec; Die Minori ten- Kircbe in Becbyn. Das alte Becbyn (Becbyne) war scbon in friibester Zeit eines von den dreizehn Erzdiaconaten, in welcbe die Prager Diozcse eingctbeilt war. Die dortige roma- niscbe Decbantei-Kirclie wurde bereits im I. Tbeile bcsprocben, wo ancb des Prager Biscbofs Tobias von P>ecbyne gedacbt worden ist , der diese zu seiner Zeit scbon bestehende Kircbe mit Graben und Mauern bat uragcben lasseii. Wiibrend der Kegierung dieses Kircbenfiirstcn (1278 — 129(j)stifteten mebrere reicbe Becliyner Btirger im Jahre 1281 ein Minoriten-Kloster mit einer Maria- Ifimmclfalirts-Kircbc in ibrcr Stadt. Da die 8tiftung so Fig. 22b. (Sedlec.) cigentlich aus der Biirgerscbaft bervorging, ist es be- greiflich, dass die Form der Decanal-Kirche als muster- giltig angeseben und dem Neubau zu Grund gelegt wurde. Das Kloster wurde 1428 von den Taboriten in Brand gesteckt, docb scbeinen damals mit dem Dach- stulil nur die Wolbungen eingestiirzt zu sein, wabrend die Masse des Gebaudes geringen Scbaden gelitten bat. Zdislav von Sternberg stellte 1490 — 1492 Kircbe und Klostergebaude wieder her und gab den Bauten die Gestalt, welcbe wir lieute nocb erblicken. Das Langbaus ist 84 Fuss lang und 48 Fuss im Licbt weit, es w;rd durcb drei runde in der Mitte stebende Sauleii in acbt Gewolbfelder zerlegt. Das 48 Puss tiefe und 24 Fuss weite Presbyterium tritt nicbt aus dem Mittel des Hauses vor, sondern reiht sicb dem linken Scbiffe als dessen Fortsetzung an, so dass die Vermutbung nabe liegt, es sei jedes Scbitf mit einem eigenen Presbyterium verseben gewesen. Reicbe Netzgewolbe iiberspannen die aus dem Achteck ge- scblossene Chorpartie, die Scbiffe aber sind mit eigen- tlitimlicben, aus vielen kleinen Kappen bestebenden Wolbungen iiberdeckt. An die Nordseite der Kircbe stosst ein nocb theilweise erbalteuer Kreuzgang mit einer spat-gotbischen Capelle an, welcbe jetzt dem heil. Karl Borromeus geweiht ist. Die Dec anal -Kircbe St. Peter Sobieslau. u n d Paul in eigeuthiunlicbe Gebiinde Dieses sebr scbone und kommt urkundlicb erst im Aufange des XIV. Jahrbun- derts vor, docb ergibt sich aus deai ganzen Bestande, dass die Anlage einer etwas friiberen Zeit entstammt und die Griindung mit 1280 angenommen werden darf. Sobieslau gebijrte scbon im XIII. Jahrliundert den Her- ren von Ro s en b erg, welcbe den Ort befestigten, ein Scbloss und wahrscbeinlich auch die Kircbe erbauten. Im Verlaufe der Hussitenstlirme zweimal, namentlich wabrend der letzten taboritiscben Scbilderhebung von 1435 arg verwiistet, wurde die Kircbe 1490 durcb die Herren von Rosenberg als Patrone wieder in Stand gesetzt und unter Beibebaltung des alten Mauerwerks mit neuen Gewolben, das Scbitt' nucb mit neuen Portalen und Fenstern verseben. Diesei- Restauratious-ljau wurde mit wahrhaft fiirstlichcr Pracht durcb£;efiibrt. — 91 - Das 64 Fuss laiige und 44 Fuss weite Schilf wird durch zwei achteckige, noch von dem alten Bau her- riihreiide Pfeiler in sechs gleiche Felder zerlegt und ist in derselben Weise eingewolbt, wie gelegentlich der BecliynerMinoriten-Kirehe evwiilmt wurde. Diese imsud- liclien Bohmen vorzugsweise beliebten Gewolbe sind i-ippenlos und aus vielen kleinen vertieften Kappen zu- sammengesetzt, welche die verschiedenartigsten geome- trischen Musterbilder zeigen. Die Form erinnert an die mauriscben Stalaktiten-Gewolbe, ist aber nicht aus- schliesslich auf Bohmen beschrankt, sondern es werden solche Gewolbe auch anderwarts, z. B. im Schlosse zu Meissen und dem Jagdscblosse Griiuau, erbaut 1555 duTch Herzog und Pfalzgraf Otto Heinricb von Bayeni, angetroffen. \/AJ'^•^/..■■^•>'}•^/Xr7■ [ "r \ "r" } '■■■/[ \\ Vx A KV X Ax 7y- ^Li.--'-..i>- 1/ XyX,.---'--.. \Y--' ,>--. \ ^tTT"^ I.M. 1 fa ^ ! 1 100 III) Fig. 229. (Sobieslau.) Der Chor zeigt rechteckigeu Abscbluss und gerippte Wolbuugen, ist mit Einschluss der Triunipbbogen-Mauer 48 Fuss tief und 22 Fuss weit. Dieser Theil blieb von dem Brande und auch von Neuerungen beinahe ganz verschont, und zeichnet sich durch eine glanzende Orna- mentik aus. Neben den bekannten schon 1230 vorkommenden Knospen-Capita- len tritft man an den Wandsaulen und Gurttragern des Chores allerlei ^len- schen- und Thiergestalten, auch Laub- werke, wie sie an den Bauten Ota- kar's II. zu sehen sind. Im ungleich mehr erneuerten Schiffe dagegen kom- men keine Ornaniente vor. An den beiden in der Mitte des Schilfes sich gegeniiberstehenden Por- talen erblickt man zu wiederholten Malen das Rosenberg'sche Wappen, die einfache fiinfblatterige Rose, jeues stolze Banner, welches einst in Biihmens Geschichte eine so grosse Rolle gespielt hat. Der nordw^irts an das Schift an- gefiigte Thurm wurde von der Sobies- lauer Biirgerschaft um 1480 erricbtet und zeichnet sich nur durch bedeu- tende Hohe aus, steht aber in Bezug auf Formgebung den Bauten der R o- senberge weitnach. Eine nebeuste- hende Capelle, jetzt als Sacristei die- nend, scheinteinemalteren Kirclienbau anzugehoren und enthalt noch einzelne romanisirende Reste. — Illustrationen: Fig. 229 Grundriss der Deca- nal-Kirehe, Fig. 230 Chor-Ansicht derselben, Fig. 231 234 Capitale und Gurttrager im Chor; Fig. 235, Rosenberg'sches AVappen am Nord-Portal. (L i t e r at u r : Archive zu Wittingau und Hohenfurt. Hieher Bezligliches lindet sich zuuilchst in den Abhaud- lungen des P. Max Millauer, theils im Wiener Archiv, theils in den Heften des bohmischen Museums veroffeut- licht. Fernere Aufklarungen bieten zwei Abhandlungen von A. Range rl liber Vok Rosenberg und Zavis Falkenstein, in den Mittheilungen des deutschen Ge- schichts-Vereins flir Bobmen, 1870 und 1872. Ferner: die Herren von Rosenberg als Forderer der Kiinste, von B. Grueber, ebenfalls in den Mitthei- lungen des deutschen Gesehichts-Vereins, 1866. Frind Kirchengeschichte Biilimens. In den Errichtungsblichern des Prager Domcapitels kommt die St. Peter- nnd Pauls- kirche zuerst 1367 vor.) Die Decaual-Kirche Maria Himmelfalirt in Deutschbrod. Die Stadt Deutschbrod, Teutobroda, Nemecky Brod, verdankt ihre Entstehung und Gerechtsame den machtigen Herren von Li ch ten burg, welche im An- fange des XIII. Jahrhun- dertshier ergiebigen Berg- bau auf Silber betrieben. Im Jahre 1278 erhielt Deutsch- brod Stadtrechte und eine Bergordnung, welche dem von Konig Wenzel I. der Stadt Iglau ertlieilten Pri- vilegium nachgebildet wa- ren. Um diese Zeit wurde auch der Kirchenbau be- Fig. 230. (Sobieslau.) gonneu, Uber desseu Fortschritte wir keine Nacbrich- Teu besitzen. Die beinahe ausschliesslicb von deutscheu Berg- leuteu be^Yohnte Stadt wurde im Jalire 3422 iiach der iu der Kiihe vorgefalleuen Schlaeht von Zizka in eiueu Ascheuhaiifen verwaudelt imd soli, wenn auders die von Dobner T. 4 mitgetheilteu Berichte keine Ubertrei- bungen enthalten, bis zuai Jahve 1436 leer gestandeu seiu. Dass die Kirclie nicbt verschont blieb, ist selbst- verstandlich: in der Folge wurde das urspriinglich ein- facbe Haus im lunern so oft tiberandert uud verzopl't, dass man beim Eintritt eine wabre Miisterkarte von verdorbenen Stylprobeu (darunter sogar eine iiber dem Hocb-Altare erriebteteD i n z e n b o f e r'scbe KuppeD iiber- bliclct. Niir ein einziger uuter der Orgel-Empore steben- der acbteckiger Pfeiler dentet nocb die urspriinglicbe Eintbeihmg an. An den Aiissenseiten bingegen besteben nocb alle Strebepfeiler und viele Einzelbeiten, welebe die zwei- scbiffige Anlage in umviderleglicber Weise documen- tiren. Der Grundriss wird dnreb ein Recbteck A"on au- nabernd 50 Fuss licbter Weite und llOLauge bescbrie- ben, ein besouderer Chor war nicbt vorgebai:t. Die Lauge war durcb drei acbteckige, in der Mitte stebende Pfeiler und eine Triumpbbogen-Mauer in fiinf gleicbe Abtbeilungen von je 22 Fuss (in der Langenricbtung) so eiugetbeilt, dass die ostlicbe innerbalb des Triumnb- bogens liegende Abtbeilung als Cbor diente. Das siid- licbe Scbiff war etwas sebmaler als das nordliebe, die- ses bielt 28, jenes 22 Fuss in der Weite. vou der Pfeiler- acbse bis an die Wand gemesseu. Ubrigeus ist die ganze Kordwand erneuert wordeu und scbeinen, die Scbiife urspriinglicb gieicb, namlicb 22 Fuss weit ge- wesen zu sein. Ein qnadratiscber Tbuim, der sicb an der West- seite innerbalb der allgemeinen Umfassungslinie erbebt nnd das erste siidwestlicbe Gewolbefeld einuimmt, er- weist sicb als spaterer Einbau und diirfte dem Zeitalter des Konigs Georg von Pode brad angeboreu. Die Kircbe besitzt eine scbone spat-gotbiscb auf- gebaute Orgel, auf welcber eine altere tretflicb gear- beitete Marienstatue stebt. Diese in Holz gesebnitzte Figur wie auch ein woblerbaltenes, auf Holz gemaltes Madonna-Bild am linken Seiten-Altare lassen sicb als Ar- beiteu der uuter Karl IV. bliibenden Kunstscbule er- keunen, Der pracbtvolle Miniaturcodex. welcber iu der Kircbe aufbewabrt wird , fiudet im vierten Bande. Abtbeilung Malerei, ausflihrlicbe Bescbreibung. End- licb besitzt die Kircbe einen vorziiglicb scbOnen im Renaissance-Stj'l gearbeiteten Hocb-Altar. Ausserdem liaben sicb in Deutscbbrod mebrere Tbilrme und Eeste der alien Stadtmauern erbalten, welcbe Beacbtuug verdienen; in den Strasseu siebt man viele zierlicbe Wobnbauser aus dem XV. uud Anfang des XVI. Jabrbunderts. (Literatur: Zuuiicbst die Gescbichte der bob- miscbeu Bergwerke , von Graf Caspar von Stern- berg; daun allejeue Werke , welcbe beziiglicb der Stadt Iglau uud des Klosters Selau genauut" warden. Die Verbaltnisse von Deutscbbrod werden aucb aus- ftibrlicb besprocben von Dr. Scblesins'er iu seiner Gescb. S. 174 ft;) Die a 1 1 e S y n a g o g e i u P r a g. Kaum iiber ein zweites Deukmal in Bobmen ist so viel gescbrieben und gefabelt worden, als iiber diese Synagoge, genaunt ..Alt-Xeu-Scbul-', in der Judeustadt zuPrag. Wir iibergeben die unzabligen Miircben, welcbe in Form von Novellen, Romanzen und angeblicb ge- scbicbtlicben Uberlieferungen seit etwa ehiem Jabr- bundert verbreitet worden sind und wenden uns in Ermangluug positiver Xacbricbten den Beurtbeilungeu zu, welcbe Hirt, Kugler, Quast, Scbnaase, Miko- vec, Mertens ausgesprocben baben. Wabrend der Erstgenannte bis ins XII. Jabrbundert znriickgreift, Mertens die erste, und der scbarfblickende Kugler die zweite Halfte des XIII. Jabrbunderts als Bauzeit an- nebmeu, riicken Quast uud Scbnaase dieselbe urn ein voiles Jabrbundert berab, weil im April 1316 die Juden- — 93 — stadt sammt der Synagoge niederbraunte. Mikovec, der das Gebaude in seinem Werke „ Alterthiimer und Denk- wlirdigkeiten Bohmens" ansflUivlicli beschreibt, scliliesst t^ich in Anbetraclit des erwabnteu Brandes der von Sclmaase ausgesprochenen Meiniing an. Scbnaase erkennt zwar den altertbtimlicben Charak- ter des Ini^ern an, legt aber auf die Nachricht von dem Brande und einige an den Anssenseiten vorkommende, dem XIV. Jabrbundert angehorende Einzelbeiten zu grosses Gewicbt nnd glaubt, dass die jlldiscben Kirchen- vorsteber den Baumeister beeinflusst batten, solcbe altertblimlicbe, danials nicbt niebr iiblicbe Formen einzu- balten. Diese Ansicbt widerstrebt ganz nnd gar dem Geiste des Mittelalters. Das Herumtasten in verscbie- denen Bau-Stylen, dem die Klinstler der Neuzeit so sebr biddigen, war Gott sei Dank in fritberer Zeit unbekannt: die ebrsamen Werkmeister folgten der allgemeinen Stro- mung je nacb Begabung nnd individueller Anscbauungs- weise, wobei allerdings vovkam, dass der eineoder andere sicb scbneller mit den neuen Ideen vertraut machte, wahrend einzelue ziiber am Hergebracbten festbielten. So konnte allerdings vorkommen, dass der eine Bau- meister romaniscbe Formen anwandte, wabrend ein gleicbzeitigerGenosse nebenan zum Ubergangs-Stjl vor- gescbritten war. Dass aber -serkebrten Falles ein Kiinstler jener Zeit Ifingst aufgegebene Formen wieder bervorgesuebt und in Anwendung gebraebt babe, ist geradezu unerbort und lasst sicb dureb kein einziges Beispiel erweisen. Ein Eecbteck von 27 Fuss Breite und 45 Fuss Lange (3 : 5) licbten Masses bildet den Griindriss , welcber diircb zwei acbteckige Mittelsiiulen in sechs gleicbe Felder zerlegt wird. Die A}/^ Fuss dicken Umfassuugs- wande erscbeinen allerdings iiberstark in Anbetracbt des bescbrankten Raiimes, aber sie baben ein scliweres aus Bausteinen construirtes Gewolbe zu tragen und diirften aucb auf Vertbeidigung eingericbtet gewesen sein. Der Altarscbrein, in welcbem die Tbora aufbewabrt wird, ist an der Ostseite angebracbt und um vier Stufen erboht, der Eingang betindet sicb an der Slidseite. Die Hobe des Innern vom Fussboden bis in den Gewolbe- scbeitel betragt 30 Fuss, die Siiulen selbst baben einen Fig. 235. (Sobieslau.) Durcbmesser von 3 Fuss, sind 20 Fuss liocb und je mit acbt aus dem Scbafte vortretendeu Knaufen oder Gurt- trjigern bekront. Fig. 234. (Sobieslau.) Scbmale romaniscb gebildete, aber mit Spitzbogen uberdeckte Fenster von 7 Fuss licbter Hobe und 10 Zoll Weite beleben kiimmerlicb die beiden Langseiten und die Westfronte, die ostlicbe 8tirnseite aber wird durcb zwei winzige Rosetten-Fenster decorirt; diese Fenster gewabren so scbwacbe Beleiicbtung, dass der von Alter und Raucb gescbwarzte innere Raum selbst um Mittags- zeit in Dunkel gebiillt ist. Die Decke wird durcb ein- facbe Kreuzgewolbe, welcbe gegen die Fenster bin mit besonderen Rippen balbirt sind, gebildet, und es ent- wickelt sicb die Gliederung der Rippen aus scbildartigen Untersatzen, wie wir sie an alien Bauten von 1230 bis 1270, namentlicb inOsseg kennen gelernt baben. Wand- siiulen von 10 Zoll Durcbmesser ruben auf kleinen mit Laubwerken verzierten Consolen und tragen Capitate, die mit den Knaufen der Mittelsaule correspondiren. Hiermit baben wir die arcbitektoniscbe Eintbeilung des Gebaudes gcscbildert und es bleibt nur beizufiigen, dass dasselbe ringsum mit einem in der Neuzeit ange- bauten Gauge umzogen ist, wie die beigefligte Ansicbt der Ostseite zeigt. Aus dieser Abbildung lasst sicb zu- gleicb entnebmen, dass die aufgesetzten Giebebnauern einer viel spateren Bauzeit angeboren, als der massige aus Brucbsteinen aufgcfitbrte Untertbeil. Die Giebel besteben aiis Ziegeln, und es sind bei den Fiillungen und den an der Westseite angebracbten Zinnen sogar Form- ziegel angewandt worden. Der grosse Brand von 1316 bat deutbcbe Spuren an den Anssenseiten des Unter- baues binterlassen, besonders ist die Nordseite stark ausgebrannt und zerkliiftet, aucb baben die dortigen Fenster gelitten. Wenn einerseits die Brandsi>uren als Ikweis eines • boberen Alters dieuen, wird anderseits die Bauzeit durcb das ornamentistisclie Gepriige bis auf wenige Jabre festgestellt. Scbon beim Eintritt klindigt sicb das im Tbiirsturz befiiKllicbe Relief, der symboliscbe Wein- stock, das Zeicben Israels, als Werk des XIII. Jabr- bunderts an; die scbon gearbeiteten Blatter sind in der toW.K Fig. 236. (Prag.j Mitte vertieft unci frei von jenen Ansclnvelhms-en unci Knoten, ohne welche nacb 1300 kein Laubwerk claro-e- stellt werclen kann. Vergleichen ^^ir niit clieser Sciilptur das am Saeristei-Portal zu Hohenfurt befincllicbe er- am wiesenermassen iim 1260 ausgefiihrte Relief, so eiken- Fig. 240. (Pra nen wir clieselbe Behancllungsweise unci sogar denselben LniwuvL Auffallender noch gibt sicb das Zeitalter Otakar II. kund, in den aus der Mauerilache vorsprin- genden Wandsaulen mit ihren Untersatzen und Capita- len, dann in der Ornamentik der Mittelsjinlen. Man wird vergeblich die sammtlichen deutschen Bauwerke des XIV. Jahrbunderts durchsucben, urn Gliederungen und Laubwerke zu finden, wie sie in Fig. 135— 13s mitge- tbeilt werden; diese Formen geboren unbestritten der begmuenden zweiten Halite des dreizebnten Jahrbun- derts an. Fig. 239. (Prag.) Ausserlich unscbeinbar und verkiiuimert, inwendig reicb decorirt, fiihrt uns diese Synagoge als einziger Tenipel einer iiberaus zahlreicben Gemeinde die mittel- alterlieben Zustiinde des Judentbumes recbt deutlicb vor die Augen. Wabreud auf je eintausend Cbristen Alls der k.k.lof-u.Stotsaructerei m Wien nov zu Tabor. A71S nVr Uop zi C'iaalsdv.ichvei -h: '!7hfn — 95 — eine grosse Kircbe gezahlt werdeu konute, mnssteii sicli gegen dvcitausend Juden mit einem engen Hiius- lein begniigen imd liier Gott daiiken, wenn sie vor I'eindlichen Angriffen sicher wareii. Von alien Forselieni, welcbe sicb mit dieseniDenk- mal bescbaftigten, bat Kugler die Entstcbungszeit am ricbtigsten bezeicbnet; wir konnen seineu oben ange- ftibrten Aussprncb dabin pracisiren, dass die Alt-Neu- scbule zwiscben 1260 und 1:^70 ausgefiibrt worden sei. Das Befrenidlicbe, welebes jeden Besucber dieses Tern- pels umlangt, das selbst einen Scbnaase und Quast irrefiibrte, liegt niclit in der baulicben Anlage, sondern in der seltsanien Ausstattung. Alte Fabnen, Gitterwerke, Lampen, Pultc und andere Kcquisiten steben in sonder- barer Oi'dnung auf der erbobten Bima, dem Lectorium, umber und zeicbncn sicb grell auf den tielgescbwarzten Wanden, durcb Streiflicbter der scbinalen und verdii- sterten Fenster bestricben. Das Gebaude selbst bat grosse Abnlicbkeit mit einem der Capitel-Sale, wie sie sicb in Goldenkrou , Hobenfurt und Pilsen vollstandig erbalten baben, nur ist die Synagoge viel bober. lUustrationen: Fig. 236 Grundriss der Alt- und Neu-Scbule, Fig. 237 Querdurcbscbnitt, Fig. 238-240 Detaillirungen des Portals, Fig. 241 Relief im Tblirsturz, Fig. 242 Saulenbekronung , Fig. 243 Gewolbrippe, Fig. 244—245 Knaufe im Innern, die beigegebene Tafel zeigt die ostlicbe Ansicbt der Synagoge. Die alte Synagoge in Eger. licben Gottesbause verwandelt wurde. Die Erbauung fiillt in jene Periode, als Otakar II. die Stadt inne batte n266— 1275). Damals waren die Juden in Eger so zablreicb, dass sie den vierten Tbeil der Ikvolkerung ausmacbten , im Besitze grosser Reicbtblimer waren, folglicb auch die Ausgaben fiir einen Monumentalbau Das Alt-Neu-Scbulgebaude in Prag stand nicbt isolirt, B(5bmen besass nocb vor kurzer Zeit die Eeste eines zweiten abnlicben Gebaudes in der Maria Heim- sucbuugskircbe za Eger, urspriinglicb einer Synagoge, welcbe 1430 durcb einen Gewaltstreicb zu einem cbrist- Fig. 241. (Prag.) bestreiten konnten. Yon 1802—1810 diente dieses Ge- biiude als protestantiscbe Militar-Kircbe, wurde spater we"-en Baufiilligkeit gesperrt und vernacblassigt, bis 1839 das Gewolbe einstilrzte. Die Ruinen wurden erst 1856 abgetragen, um einem WobnbausePlatz zu macben. Icb babe im Jabrel833 dasDenkmal nocb in leidlicbem Zustande geseben und 1846 die Ruinen vermessen. Von einigen in spiiterer Zeit binzugcfiigten ErAvei- terungen abgeseben, bestand diese Synagoge aus einem 45 Fuss langen und 22 Fuss breiten Saale, dessen sternformiges Gewolbe durcb eine einzige in der Mitte stebende Saule unterstiitzt wurde. DieRippen entwickel- ten sicb aus Consolen, genau in derselben Weise wie m der Alt-Neu-Scbule zu Prag, die Wandsaulen mit ibrem Fig. 242. (Prag.) — 96 - Ornamenten-Schmuck, die Fenster unci Gesimse waren Lier unci dort die g-leichen. Otakar II. stiftete dainals aueli cine Kreuzherni-Commende mit einer Heilig-Geist- Capelle (spaterhin S. Bartholomaus-Capelle) in Eger, deren Gewolbe ebenfalls auf einer Mittelsaule nditeii. Da jedoch diese Capelle im Jahre 1414 griindlich er- neuert worden ist, haben wir die Beschreibung dersel- ben dem vierten Theile einverleibt, wo die Form des Sterngewolbes angegebeii wird. Fig. 243. (Prag.) Die 8. Barbara-Capelle bei den Francis- caneru in Pilsen. Neben den genannten Egerer Bauten finden sich noeh zwei merkwiirdige, dem Schlusse des XIII. Jalir- hunderts angeliorende Capellen mit je einer Mittelsaide iind Sterngewolbe versehen. Die 8. Wenzels-Capeile im walsehenHofe znKnttenberg and die S. Barbara-Capelle im Kreuzgangdes Minoriten-, jetztFranciscaner Klosters in Pilsen. Uber die Grlindnng dieses Klosters lauten die Angaben verscliieden und schwanken zwisclien 1246 bis 1263. Die Klosterkirelie Maria-Himraelfahrt ist wie- derliolt abgebrannt und selieint nicht in die Griindnngs- zeit liinaufzureichen ; es sprechen vielmehr allerlei Um- stande daflir, dass wir in der Avohlerhaltencn Barbara- Capelle die alte Stiftskirche vor uns haben. Kommt es dock ill den Franeiscaner-Stiften ofters vor, dass fiirden anfanglichen Bedarf eine kleine Capelle schon vorGriin- dung der Haiiptkirehc angelegt wurde ; wie initer an- dern die 1232 von Wenzel I. nach Prag berufene erste Colonie sogleich eine S. Barbara-Capelle anlegte nnd den Fig. '241. (Prng.j beabsichtigten Klosterbau erst in etwas spaterer Zeit durchfiihrte. In der Folge wm-de die in Rede stehende Pil sner Capelle als Capitel-Saal beniitzt, doch verrath der Ban solehe Selbstandigkeit, dass an einer untergeord- neten Bestimmung gezweifelt werden darf. Die Barbara-Capelle ist quadratisch mit einem Durch- messer von 30 Fuss, die Mittelsaule wird durch ein Achteck gebildet; von hier entwickein sich die Rippen zu einem regelmassigen achteckigen Stern, dessen Spitzen auf Consolen aufruhen. Das Geprage des Ganzen ist alterthiimlich und scheint mit Ausnahme einiger Reparaturen der Stiftiingszeit anzugehoren. Die Capelle dient gegenwiirtig noch dem allgemeinen Gottesdienste. Illustrirt durch Fig. 246, Grundriss. S. W e n z e 1 s - C a p e 1 1 e in K u 1 1 e n b e rg. Die interessanteste und jiingste der einsauligen Capellen, welche unter den zweischififigen Kirchen- gebauden eine eigene Stellung einnehmen, ist die von Konig Wenzel II. urn 1290 angelegte Schloss-Capelle zu Kuttenberg. Danials ergaben die dortigen Silberwerke unermessliche Ausbeute und der hieriiber erfreute Konig, welchem aueh die Lage der rasch aufbluhenden 8tadt getiel, liess sich daselbst eine Burg als 8ommer- aufenthalt erbauen. Nach einiger Zeit, als eine Mlinz- Reform dringend nothwendig geworden war, raumte Wenzel einen Theil seines Schlosses zu einer konig- lichen Mlinzstatte ein, berief aus Florenz Munzmeister und liess hier die beriihmten bohmischen Groschen pritgen, deren 60 Stiick auf die Prager Mark giengen. Weil die italienischen Miinzer im Schlosse wohnten, er- hielt dasselbe bald den Namen „der walsche Hof-', eine Bezeichnung, welche noch heute iiblich ist. Beinahe alle spatern Regenten Bohmens haben sich Ifingere oder kiirzere Zeit im walschen Hof aufge- halten and es fanden in demselben vieleLandtage statt, wesshalb die Baulichkeiten hautig umgeandert wurden. Grosse Partien der einst mit koniglicher Pracht ausge- statteten Burg sind durch Feuersbriinste zerstort und abgetragen worden, anderc liegen in Ruinen und nur ein kleiner Theil steht noch aufrecht. Hier betindet sich im erstenStockwerke das dem heiligen Wenzel geweihte Schloss-Capellchen im westlichen Flilgel des Gebaudes. Der Unstern, welcher liber alien von Wenzel II. gegriindeten Bauten waltete, hat auch diese Capelle nicht verschont. Die Riickseite des Schiffes ist zerstort und durch einen unpassenden Einbau entstellt worden, auCh sieht man verschiedene spatgothische Umarbei- tungen; der Hauptbestand indess hat sich in solcher Vollstandigkeit erhalten, dass wir uns voni Ganzen einen vollstandigeu Begriff machen konncn. Die Grundform des Schiffes war rechteckig, 22 Fuss lang und lOy. Fuss weit; dnrch den riick- Aviirtigen Einbau eines Oratoriums wurde die Lange um 6 Fuss verklirzt, wobei jedoch dns vordcre Gewolbe keincn Schaden gelitten hat. Die in der Mitte des Schiffes stehende Saule ist rund, von hier aus spiunt sich ein reiches und eigenthiiniliches Sterngewolbe iiber den kleinen Raum hin und fin einem in der Mitte zwischen ibnen ebemals befindlichen, aber abbanden gekomnieuen Crucifix knien. Bei diesenwie bei den Koliner Bildwerken ilberbanpt ist jede Erinnerung an den Byzantinismus ver- schwunden , aber nocb keine //iiWV^i ijij;, Hinneigung zu den scbarfen gotbiscben Fonnen aiisgespro- cben. Ini Gegentbeile macbt sicb eine gewisse Verblasen- beit geltend, wie sie erst in den letzten Gebiklen der Re- naissance bervortritt. Wenn liljl ' sicb nicbt ans der Steinftlgung imd sonstiger Tecbnik die voile Gewissbeit ergeben wiirde, dass bier eia Werk des XIII. Jabrbunderts vor- liege, ware man versucbt die Anfertigung in die Barokzeit zu versetzen. ^. Die sanimtlicben Bild- M: banerarbeiten zu Koliu sind aus Mergelsandstein berge- stellt. Fig. 297 und 298 Statuen am Haupt-Portal, Fig. 299 gibt dasBild eines Capitals, das sicb in der Orgelempore zwiscben den beiden Tbiirnien findet, Fig. 300 Relief am Seiten- ' ^ ^ Portal. ■ Fig. 297. rKolin.) Knaufe in der Miuoriten - Kircbe zu Pilsen. Im wobl erbaltenen, aber durcb oftmaliges Ubertliu- cbeu bis zur Unkenntlicbkeit entstellten Cbore der alten Minoriten-, jetzt Franciscaner-Kircbe in Pilsen fiudet sicb eine Reibe sculptirter Knaufe und Gurttrager, welcbe sowobl Avegen ibrer Form wie wegen der daran ange- bracbten Darstellungen bescbrieben zu werden ver- dienen. Man erblickt unter anderm an einem der Knaufe fressende Thiere, an dem andern die Manner mit der Riesentraube, wie sie aus Kanaan zuriickkebren, dann Genien mit Arabesken u. s. w. Das decorative Element berrscbt vor, die Figuren sind mit Gescbick in die arcbitektoniscben Linieneingepasst und mitanmutbender Naivetat bebandelt. Die meisten dieser Knaufe sind mit dicker Kalkimiste iiberdeckt und desshalb unscbeinbar ; erst nacb mehrmaligem Besucbe gelang es dem Ver- fasser, wjibrend einer im Zuge befindlicben Reparatur einige Tbeile abzukratzen und die kiinstleriscbe Be- scbaffenbeit festzustellen. Die Ausfulirung darf zwiscben 1270 bis 1280 angenomraen werden. Fig. 301 arabeskenbaltender Genius, Fig. 302 die Manner nut der Riesentraube. Ansgeflihrt sind diese Bildbauereien auf mittel- feinem Sandstein, weleber in der Nabe von Pilsen ge- brocben wird. Jabrbunderts sind Anderweitige Reste von Sculp turen. Grossere und insbesonders zusammeubangende Bildbauerwerke des dreizebnten ausser den aufgezalilten nicbt bekannt, wobei allerdings auf- fallt, dass das von alien Regen- ten so sebr bevorzugte Prag kein einziges monumentales Gebilde von kunstleriscber Bedeutung aufzuweisen bat. . Sculptirte Arcbitekturtbeile kommen in vielen Orten vor, so in Nimburg eine scboue an einem Privatbause einge- mauerte Biiste , in Graupen bei Teplitz das Bilduiss eines Biscbofs , welcbes aus dem 1426 zerstorten Minoriten-Klo- ster stammen soli und nacb Abtragung der Ruinen an einem in der Nabe befind- licben Hause eingefitgtwurde. Beacbtenswertber er- scbeint ein Tragstein mit dem Bildnisse Otakar's , an einem zur ebemaligen Pralatur gebo- rigen Gebaude in Goldenkron befindlicb. Der grosse Konig bitlt den Scepter in der Hand, ist aber ungekront. (Die Krone bestand vielleiebt aus Metall.) Das Gesiclit ist bebartet und die Pbysiognomie stimmt trotz der roben Ausflibrung mit dem auf der Grabsteinplatte zu Prag angebracbten Bild- nisse ziemlicb iiberein. Ein zweites nicbt unin- teressantes Gebilde kommt in den Ruinen von Jnngfernteinitz vor, ein bekrouter jugendlicber Mannerkopf, weleber zur linken Seite des Cbores aus der Wand vortritt und den Wandpfeiler tragt. Das feine etwas scbwammige Gcsicbt, und die gerundeten Formen unterstiitzen die Vermutbung, dass bier KiJuig Weuzel II. dargestellt sei. Andere meist sebr robe Brucbstiicke von Bildwer- ken fin den sicb in vielen alten Kircben, so in Scblan, Rakonic, Altbunzlau, Nimburg und Budweis; sie ge- wahren liber die kiinstleriscbe Entwicklung des Jabr- bunderts keine Aufscbliisse, wessbalb Abbildungen sicb als unwesentlicb darstellen. Fig. 298. (Koliu.) — 128 — Besoiicleres Interesse verdienen einige Terra- cotten , die im Siiden des Laiules vorkommen iind von denen die in der Capelle zu Kliiigenberg befind- lichen Fliesen sich dnreh kiiiistlerisclie Beavbeitung Fig. 299. (Kolin.) und sinnreiclie Spriiche anszeiclmen. Es kommen im Ganzen sieben oder aeht verschiedene Muster vor , darunter die Laudeswappen, Adler und Lowe, ferner Drachenbilder, Friichte und Arabesken. Die Abdriicke sind an den wenig betretenen Stellen nocla Fig. 300. (Kolin.) gut erhalten , zeigen scharfes Relief und leichtge- schwungene Zeiclinung in den Thiergestalten. Die Ziegel sind viereckig, und mit Streifen umgebcn, auf welchen Spriicliworter, anch Beziebungcn auf den Konig Otakar II. mit crhabenen Bnclistaben in deutscher tSprache angebracht sind. Unter andern licst man: TVGEND WOL . DER . CVNENC . 1ST . — DAS . SAGENT . DEV . WORT . CVNENCH . DV . PIST . DER . PRIDES . HORT . LEB . PIN . ICH . KENANT. MICH . TREIT . DER . CVNENC . VAN . PEHMLANT. In dem nahe bei Klingenberg gelegenen Scblosse Vorlik, auch in Strakonic wurden vor einigen Jahren verscbiedene Terracotten , von mitunter vorzuglicher Arbeit, gefunden. Der Fabricationsort dieser Thon- waarea ist niclit bekannt, diirfte aber in der Niihe zu sucben sein, da in der Gegend von Budiweis vorzug- licher Thon gestocheu wird. Fig. 301. (Kolin.) Der Ziegelbau selbst entwickelte sich erst wahrend der Regierungszeit des Kaisers Karl IV. zu allgemeiner Bedeutung, doch werden in dieser Periode keine vor- ziiglichen Terracotten geformt.Es scheint, dass man die Thonbildnerei vernachlassigte, als die Bildhauerkunst ihrer Bliithe zugefiihrt wurde. Fig. 302. (Kolin.) — 129 — Malerei. Die Malerkunst des XIII. Jahrhunderts halt rait besonderer Zahigkeit an den aus alterer Zeit itber- iieferten byzantinisch romanischen Elementen fest und bewegt sich sowohl in Bezug auf Technilt wie stoifliclie Auswahl in dem hergebvachten engen Kreise, ohne auf- fallende Fortschritte zu machen. Die vorhandenen Miniatiirwerke , grosstentheils Guache-Malereien, lassen sich von den aus dem XII. Jahvlumdert herrUhrenden Arbeiten nicht wohl trennen und sind desshalb im ersten Theile besprochen worden. Tafelmalereien fehlen und Wandmalereien, welche mit Sicherheit in das XIII. Jahrhundert verlegt werden dlirfen , sind ausserordentlich selten. Aus diesem Grunde wurden auch jene Wandgemalde, welche ganz und gar im romanischen Styl gehalten sind, dem ersten Theile beigeschaltet und es kommen hier nur solche Werke zurBesprechung, in denen eine etwas veranderte Richtung zu Tage tritt. Als umfassende Wandmalereien dieser Periode sind anzufiihren : Die Ausstattung der Haupt-Tribune in der St. Georgskirche zu Prag, dann die Bilder in den Schloss-Capellen zu Klingenberg und Znaira. St. Georgskirche. Die St. Georgskirche mit ihren zahlreichen Kunst- schatzen wurde schon zu wiederholtenmalen im I. Theil genannt, aber nur die in der siidlichen Nebeu-Capelle befindhchen Malereien, otfenbar die altesten in Bohmen, sind beschrieben worden. Jiingereu Ursprung zeigen die fast ganzerloschenenGemalde in der Haupt-Tribune und im Presbyterium, welche zweifelsohne eineu zu- sammenhangenden Cyklus bildeten. Obwohl man allent- halben in diesen Raumen farbige Spuren trifft , und stellenweise ein Bild errathen kann,hat doch keine ein- zige Figur, ja nicht einmal ein Kopf oder Gewandtheil solche Deutlichkeit bewahrt, dass eine Copiegenommen werden konnte. Fig 303. (Prag.) Fig. 304. Im Nischengewolbe der Tribune erblickt man ein auf dem Regenbogen sitzendes Christusbild zwischen Maria und Johannes, welches insofern von der her- gebrachten typischen Auffassung abweicht , als die Figur des Heilandes sich stark zur Seite neigt und die Beine wie zum Schreiten anzieht. Das einst unterhalb befindliche Bild (ob jiingstes Gericht oder Apostelver- sainmlung bleibt fraglich) ist total zerstort. Das Presby- terium war durch viele in einen gemalten architektoni- schen Rahmen eingepasste Bilder ausgestattet , doch sind auch diese beinahe ganz verblasst. Spuren eines die Verkiindigung darstellenden Bildes sind wahrzu- II. nehmen , woraus der Schluss gezogen werden darf, dass der allbekannte Cyklus: Verkiindigung, Geburt, Anbetung u. s. w. auch hier angebracht worden sei. Ungleich besser als den figiirlichen Darstellungen er- ging es dem gemalten Rahmenwerke , von welchera einige Bruchstiicke in leidlichem Zustand verblieben sind. Diese Reste stimmen so autfallend mit den in Tischnowitz, Hradist und Kolin befindlichen Stein- metzarbeiten iiberein, dass zwei Proben den Illustra- tionen beigegeben werden. Fig. 303 — 304 gemalte Ornamente in der Georgs- kirche. Schildereien zu Klingenberg und Znaini. / Bei dem ersten Uberblick erscheinen die in der Capelle zu Klingenberg angebrachten Wandbilder roher, aber auch jiinger zu sein, als die noch zu besprechenden inZnaim; erst bei naheremEingehen stellt sich dieGleich- zeitigkeit heraus. Ein durchziehender Gedanke ist nicht ausgedriickt, die Bilder steheu einzelu jedes fiir sich, sind stark beschadigt und ofters iibermalt worden und ermangeln eines farbigen Hintergrundes. Mehrere in den Nischen hinter dem Altare angebrachte lebensgrosse Figuren vonHeiligen, darunter St. Wenceslaus, sind vor nicht langer Zeit von irgend einem Dorfkiinstler griind- lich iiberarbeitet worden, so dass vom ursprliuglichen Bestand wenig oder gar nichts iibergeblieben ist. Dem trostlosen Schicksal, restaurirt zu werden, ist ein einziges grosseres Gemalde entgangen, gliicklicherweise aber das wiclitigste von alien. Dieses Bild (Fig. 305) befindet sich dem ]Mittel- fenster gegeniiber und fiillt in zwei libereinander stehen- den Abtheilungen das ganze Bogenfeld aus; unterhalb erblickt man eine Art Votivbild, die Himmelskonigin als Beschiitzerin aller Stande zwischen St. Jacob und Dorothea, darilber das Fegefeuer, wie Christus die Pforten der Unterwelt sprengt. Beide Gemalde stehen auf weissem Grunde und sind mit solcher Naivetat vor- getragen, dass wenige Betrachter sich des Lachelns enthalten kbunen. Ganz besonders gilt dieses von der Darstellung des Fegefeuers , vor welcher ein Unein- geweihter jahrelang stehen kann , ohne den Sinn zu errathen. In der Mitte des Bildes befindet sich der Erloser, aaf Flammen sitzend, die Auferstehungsfahne in der Hand. Vom Boden aus zieheu sich Flammen, welche wie Schilfrohre oder Palmzweige gestaltet sind, bis in die Spitzedes Bildes hinauf und zwischen diesen Feuer- ilammen tlattern, klettern und fallen kopfiiber und kopf- unter allerlei nackte Gestalten umher, die Erzvater dar- stellend. Die beiden dem Erloser nachsten Figuren scheinen Adam und Eva zu sein, sie sind wie im Fluge aufgefasst und kommen mit ausgebreiteten Arraen aus den Liiften herbei, Anzeichen grosser Freude aussernd. Christus tragt auf dem Haupte eine _seltsam zuge- spitzte viereckige Miitze (vielleicht Uberrest eines kreuzformigen Nimbus) , er ist bartlos und hat ein mad- chenhaftes Ansehen , indem er das Haupt etwas zur Rechten neigt. Diese sammtlichen oberhalb Adam und Eva angebrachten Figuren sind mit Heiligenscheinen ausgestattet; eine derselben tragt eine Krone (wahr- scheinlich David), die iibrigen sind ohne alle Auszeich- nung. Die Stellungen zeigen sich mitunter so gewagt, dass man trotz der im hochsten Grade unbeholfenen fehler- 17 — 130 — hafteu Zeicbnuiig an das jiingste Gericht von Michel- Augelo erinnert wird. Die im imtern Bilde in der Mitte stebende Marien- figur breitet ibren Mantel rait beiden Hiinden aus, daninter befindet sich auf der einen Seite der Priester- stand: Papst, Cardinal, Biscbof und Mtincbe verscbie- dener Orden. Unter dem andern Arme erblickt man Kaiser, Kijnig, Ritter , Krieger und Landleute, alle Fersonen dentlieb cbarakterisirt. Die ziir Recbten der Himmelskonigin berantretende beilige Dorotbea bait ein Bliunenkurbcben in der Hand , der gegeniiberste- bende Apostel Jacobus ist durcb Pilgerbut , Stab und Palmzweig bezeiebnet. Er legt die Recbte auf das Haupt einer zu seinen Fiissen knienden Figur, welcbe betend der Gottesmutter zngewendet ist. Die Namen: St. apostolus jakobus, "saucta Maria, sancta Dorotbea sind mit Minuskeln auf dem beide Bilder tren- nenden Streifen und tbeilweise zu FUssen der Figur bingescbrieben. Die "ira Arcbitekturtbeile bescbriebene Scbloss-Capelle in Znaim, deren Ansicbt in Fig. 306 beigescblossen wird,ist im Innernganz ausgemalt und ziebeii sicb die Bilder in drei Keiben libereinander bin. > Da die Capelle seit vie- len Jabren entweibt ist und gegeuNvartig als Auf- bewabrungsort fllr allerlei Wirtbshaus-Requisi- ten dient, sind die Gemalde sebr besebadigt und viele Partien zerstort; docb lasst sicb bier viel leicbter, als in der Georgskircbe eineUber- sicbt gewinnen und ein Urtbeil fallen. Alle Bilder sind gleicbzeitig angefertigt worden und es kommen keine freradartigeuEin- scbiebsel, aucb keine Restaurationen vor. Am moisten besebadigt ist die Absis, wo der Verputz stellenweise abgescblagen wurde. Wie in alien ausgemalten Absiden war aucb bier der Welterloser dargestellt, aber nicbt in der ovalen Mandorla, sonderu in einem breiten von rotber Farbe gezogenen Kreise rubend. Unterbalb standen die Apostel. Das obere Bild ist grosstentbeils ausgeloscbt, von den untern Figuren besteben noch einige Reste. Diesen entgegen bat sicb eine in der Leibung des Triumpbbogens angebraclite Reibe von Engeln auftallend gut erbalten. (Fig. 307.) Neben dem Triumpbbogen innerbalb des Scbiflf'es zeigen sich in Gegenliberstellung die Figuren der bobmiscben Landes-Patrone Wen- zel und Ludmila; ersterer tragt eine Kircbe auf der Hand, die zweite eine Opferbiicbse oder ein beiliges Gefass. Die Namen sind beigefiigt. Da die einst vorbandene Laterne berabgestlirzt ist und die Uftnuug vermauert wurde, ging die oberste an die Laterne angranzendeBilderreibe bis auf wenige Reste zu Grunde. Die mittlere Bilderreihe, welcbe sicb in derHobe von 18 Fuss liber den gegenwartigen Fussboden befindet, ist die besterbaltene. Hier sind durcbgebend einzelne lebens- grosse Figuren angeordnet; sie steben je in ' Ei ist gcgriindete Hoffiiung vorliandcn , class in iiachster Zolt dieses Gebaudo einer griindlichen und zweckmassigon Restau- ration unterzogen wird. besonderen Niscben auf durcbziebendem dunkelblauen Grunde und beben sicb, da alle lichte Gewiinder tragen, kraftig bervor. Welcbe beilige oder allegoriscbe Personen dargestellt sein sollen, lasst sicb, da Namen und Attri- bute feblen, nicbt erratben. Die untere Reibe wllrde bobes Interesse bieten, ware sie nicbt sebr besebadigt und mitunter berabge- stossen. Es ist bier die Einfiibrung des Christentbiims dargestellt, und zwar ganz in derselben Weise , wie in der sudlicben Capelle der Georgskircbe zu Prag. Eine Procession von Benedictinermoncben ziebt einber mit Kreuz und Fabne, einer stebt auf erbohtem Platze und scbeint zu predigen , umber Volk aus alien Standen, Bauern, Krieger und Fiirsten. Weiterbin siebt man einen bespannten Wagen , der wie es scbeint, von Musi- kanten bewillkommet wird. Der gm\ze Zusammenbang Fig. 305. (Klingenberg.) — 131 — lassfc sich der vielen Liicken wegeu nicht mehr ganz g-euau zusammenstellen. III "^TlF Die sammtlicbeu Figureii sincl schlank uud laug- gestreckt, docli besitzen die Fraiieu, was sonst an alten Biklern uichtvorzukommenpflegt, ungemein voile Buseu, eiu Zeieheu, dass der Maler seine Ideale in Mahren ge- fiindeu hat. Lichte Farben kerrschen vor , besonders spielt der belle Ocker eine grosse Rolle. Versckiedene eiseurotke nnd braune Tinten , grline Erde, einc zinn- oberartige Farbe, dann Weiss nnd Sckwarz bilden den gesammten Reicktkura der Pallete ; das Blau, mit welchem die Hintergriinde ausgefullt sind, ist dunkel und unklar, es scheint Sckmalte zu sein. Die Malweise ist beinake unverandert dieselbe, wie sie im vorigen Jakrkundert geiibt wurde. Die Umrisse sind xnit sckwarzer Tuscke vorgezogen und die einzelnen Partien mit ungebro- ckenen Farben ausgefullt, wobei der Fleisckton ein flir allemal aus einer gleickmassigen Misekung von Weiss und Eotk bestekt. Dock zeigen sick insofern einige Fortsckritte gegenliber der friikeren Periode , als die Umrisse nickt mekr mit karten tiefsckwarzen Linien, sonderu mit breitem Pinsel gezeicknet werden und kie und da einige Abrundung durcb Sckraffuren bewirkt ist. Aucb sind die ausseren Conturen jederzeit breiter und kraftiger ausgedriickt als die Zwisckeugliederungen. Mit Ausnakme der oft iibermassig langen Hande und Fiisse zeigen sick die Kijrperverkaltnisse im allge- meinen ziemlick ricktig, dock fehlt jede Modelliruug. Die Gewander fliessen in geraden Linien kernieder und biegen sick, wo es notkwendig ist, nur leickt um; von jenen geknitterten papierartigen Falten, welcke bereits im XIV. Jakrkundert auftreten, zeigt sich nock keine Andeutung. Eben so findet sick von perspectivi- scker Anordnung noch keine Spur. Dass die Malereien in Klingenberg und Znaim bei mancken ausserkcken Versckiedenkeiten derselben Zeit und zwar der Mitte des XIII. Jahrhunderts angehoren, lasst sich zwar durch keine Urkunde nachweisen, wird aber durch zahlreiche archaologische Anhaltspunkte bis zur Evidenz bestatigt. Da Klingenberg zwiscken 1240 — 1250 erbaut und volleudet wurde, ist eiu kokeres Alter der Bilder nickt moglick, dass sie aber im Laufe der Bauzeit gefertigt wurden, dafur sprecken vollgiiltige teckniscke Grlinde, denn es sind kie und da die Bogen- stlicke der kleinen Niscken erst nach VoUendung der Gemalde eingefUgt worden, well die Farben hinter den Quaderu durchgezogen sind. Dann kommeu in Klingen- berg wie in Znaim an den Attributen, Kronen, Gefiissen, Kleiderstoffenviele Einzelukeiten vor, welcke als untrlig- licke Zeicken des Jakrkunderts gelteu. Da siekt man Drei- und Vierpiisse, Wein- und Epkeublatter, franzo- siscke Lilien, und dergleicken Decorationen in einer Bildungsweise und Zusammenstellung, wie sie weder in frilkerer nock spaterer Zeit getrotfen werden. Bei Betracktung der Sculpturen und Malereiwerke fallt auf, dass zwiscken den beiden nake verwaudten Fackern keinerlei Zusammenkang bestekt und jede dieser Klinste ihreu eigenen Bildungsgang in unab- hangiger Weise durchmacbt. So zeigen sich in den plastischen Werken meist gedruugene Korperverhalt- - nisse, breite K(5pfe, und kurze Beine, wiihreud in den ■ Malereien schmacbtige uberlange Gestalten mit besonders ' verlangerten Halsen und Fingern auftreten. Die Bild- bauerei war noch ganz in den Handen der Steinmetzeu, welche figiirliche Darstellungeu als arcbitektoniscke Tkeile nack Art der soustigen Ornaniente bekandelten. Die Waudmalerei ging von der lUuminirkunst aus, wo sick die Arabeske und mit dieser das Strecken uud Sckwingen der Linien sckon in friikester Zeit eiuge- bilrgert katte. Fig. 307. (ZDaim.) Die kiinstleriscke Tkatigkeit des Jakrkunderts ist vorzugsweise, man fiiklt sick versuckt zu sagen „aus- sckliesslick", eine arckitektoniscke, neben welcker die ubrigen Kiinste eine untergeordnete Stelle spielen. Dass wakrend der Regierung von vier aufeinander- folgenden Regenten von so ausgezeickneten Herrscker- gaben, als die Pfemysliden von Pfemysl Otakar I. bis Wenzel II. waren, an den teclmiscken Gewerben und Kleinkunsteu vielfacke Fortsckritte gemackt wurden, ist urkundlick sickergestellt ; auf uns sind jedock so wenige dieser Periode angekorende Erzeugnisse gekom- men, dass sick ein iibersicktlickes Bild der damaligen Kunstiibung nickt gewinnen lasst. Erst in der folgenden Periode, deren Bliitke mit 1340 eintritt, findet ein allgemeiner Fortsckritt, ein Zusammenwirken der Kiinste statt und es entwickelt sick ein alle Zweige der Technik umfassender Wetteifer. DIE KUNST DES MITTELALTERS IN BOHMEN NACH DEN BESTEHENDEN DENKMALEN GESCHILDERT BERNHARD CRUEBER. HERAUSGEQEBEN AUF KOSTEN DES K. K. 1IINISTERIU3IS FUB, CULTUS UND UNTERRICHT DURCH DIE ■ - K. K. CENTRAL-COMMISSION FUR ERFORSCHUNG UND ERHALTUNG DER KUNST- UND HISTORISCHEN DENKMALE. DRITTER THEIL. DIE PERIODE DES LUXEMBURGISCHEI HAUSES 1310-1437. WIEN, 1877. IN COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN. DEUCK DER K. K. HOF- UND STAATSDKUCKEREI. Vorwort zum dritten Bande. Die Thatsache, class in der Herausgabe dieses kiinstgeschichtliclien Werkes eine Veranderung stattgefuiiden hat, mag einige einleitende Worte reclitfertigen. Bisher sind zwei Tlieile, die Kimst des r o man i sell en imd des sogenannten Ueber- gang-Styles besprechend, gleiclizeitig in den ,,Mittlieilnngen der k. k. Central- Commission fur Knnst nnd historische Denkmale" nnd als Separat-Abdrlicke erschienen, mit welcker Art der Veroffentliclning mancherlei Nachtheile, insbesonders Verzogerungen unvermeidlicli verknlipft waren. In Wiirdigung dieser Umstiinde gestattete das liolie k. k. Ministerinm ftir Cnltns und Unterricht, dass die beiden folgenden Bande in unabliangiger Form erscheinen diirfen und gerulite zugleicli in hochlierziger Liberalitat die niclit unbetraclitlichen Mittel ftir die fernere . Heransgabe anzuweisen. In Folge dieser Verfiigungen nnd der thatkraftigen Forderung, welclie die k. k. Central- Commission meinem Unternehmen zu Tlieil werden liess, erscheint nnnmehr der dritte Band, welcher diekiinstlerisclien Bestrebnngen des Hauses Luxemburg und namentlich die Tliatigkeit des Kaisers Karl IV. erortert. Diese Partie dlirfte flir die allgemeine Kunstgeschichte niclit minderes Interesse bieten als fiir die speciell bolimische; war ja Prag als danialige Eesidenz des deutsclien Kaisers durcli die iui Jahre 1348 bewerkstelligteii Griindungen der Universitiit und der Kuiistlergenossenscliaft zum Mittelpunkte des geistigen Lebens erlioben worden. Der vierte Band, welclier an Vielseitigkeit deni dritten niclit iiaclistelit, beliaiidelt die eigei> thiimlicli natioiiale Kmistblutlie, welclie, durcli die Konige Podiebrad und Vladislav II, hervor- gerufen, dem grossartigen Aiifschwunge der dentschen Spat-Gotliik eiitspriclit. Dieser den Abschlus bildende Tlieil liegt in Text und Illustrationen fertig und zur Drucklegung bereit vor, so dass bimien wenigen Moiiaten das ganze Werk der Oeffentliclikeit iibergeben werden dlirfte: die Arbeit eines Menschenalters, welclie icli als Hanptaufgabe meines Lebens betrachtet und der zu Liebe icli melirere liundert Reisen unternonimeii liabe. In Hinblick auf diese erfreuliclie Thatsaclie fiilile icli micli gedrungeii, den beiden Beliorden, welclie mein Unternehmen so ausgiebig gefordert, dem lioheii k. k. Ministerinm ftir Cnltns und Uiirerricht und der k. k. Central-Commission, meiiieii tief empfuiidenen Dank auszusprechen und zugleicli die Verdienste der Redaction, welclie mit grosser Umsicht die schwierige Druck- legung besorgte, ruliiiiend aiizuerkennen. Miinchen im November 1876. Bernhard Grueber. Geschiclitliclie Eiiileitung. Durch die am 27. November des Jahres 1308 er- folgte Walil des Grafen Heinrieh von Luxemburg znm deutschen Kaiser war eiu Mann an die Spitze des Kei- ches gestellt worden, wie ihn das durch zalillose Feli- den zerrlittete und voraParteihader anfgeregte deutsche Land driugend bednrfte. Heinrieh, als Kaiser der Sie- bente des Namens, zeichnete sich durch grosse person- liche Eigenschaften aus: er hatte den Ruhm eines voll- endeten Anfiihrers und Kriegers erworben, libte strenge Gerechtigkeit und wusste rait dem nothwendigen Ernste Milde und Leutseligkeit zu paaren. Bald naehher, als er die Regierung der Grafschaft Luxemburg libernommen hatte, herrschte in seiuen Landen seiche Sicherheit, dass die Kaufleute mit ihren Waaren ungefahrdet die abgelegensten Bezirke durchreisen kounten , ohne irgend ein Geleite zu bediirfen. Nicht minder als seine Tapferkeit und Gerechtigkeitsliebe wurden seine haus- lichen Tugendeu und die fiir damalige Zeit ungewohn- liche Bildung anerkannt: Heinrieh hatte sich feine ge- fallige Manieren augeeiguet, war gottesflirchtig und freigebig und lebte mit seiner Gemalin der schtinen Margaretha von Brabant in mustevhafter Ehe. Wenn in Anbetracht dieser Thatsachen die Wahl des Grafen Heinrieh von alien Freunden der Ordnung rait Jubel begrilsst wurde und Deutsche wie Italiener daran die weitgehendsten Hotfnungen kniipften, suchte auch der neue Kaiser das ihra gewordene Vertrauen in den Reichstagen zu Speier und Frankfurt (1309 und 1310) moglichst zu rechtfertigen. Er verzichtete sogleich, lira sich ganz den Reichsgeschaften hingeben zu konnen, zu Giinsten seines Sohnes Johann auf die Regierung der Grafschaft Luxemburg, hielt sodann die offentlichen seit langerer Zeit unterbrochenen Gerichtstage wieder ab und steuerte nach alien Seiten hin den eingerissenen Missbrauchen, ehe er den damals unvermeidlichen fiir ihn selbst so verhitngnissvollen Roraerzug antrat. Dajedoch das Hervortreten des Luxemburg'schen Hauses einen hoclist bedeutungsvoUen Abschnitt der Geschichte Deutschlands einleitet, erscheint es noth- Avendig, die Verhaltnisse dieses Hauses und seine eigen- thiimliche Stellung zwischen Deutschland und Frank- reich libersicbtlich darzustellen. Die Grafen von Luxemburg (richtiger LUtzelburg) hatten an der Mosel und Maas eine ganz ahnliche Stel- lung inne, wie sie die Grafen von Habsburg an der Aar und im Elsass behaupteten. Die Grafschaft Limburg- Luxemburg war im zehnteu Jahrhundert gegriindet wor- den und gehorte seit diesem Zeitpunkte dem deutschen Reiche an, war jedoch stets mehr von Frankreich als von Deutschland aus beeinfiusst, auch behauptete hier, wie es noch heute der Fall ist, die franzosische Sprache von jeher ein gewisses Ubergewicht. Heinrieh VH. hatte, wie die meisten seiner Vor- fahren, seine Bildung am frauzcisischen Hole zn Paris erhalten; hier ertheilte ihra Kouig Philipp der Schone den Ritterschlag und nahm ihn unter seine Vasallen auf. In dem darauf ausbrechenden franzosich - englischen Kriege voii 1295 kampfte Heinrieh mit seineu Luxem- burgern tapfer auf Seite der Franzosen, obgleich der deutsche Konig Adolf von Nassau ein Schutz- undTrutz- biindniss mit den Englandern geschlossen hatte. Diese Vorliebe fiir Frankreich und franzosische Gesittung bildet einen charakteristischen Zug aller spa- teren Flirsten des Luxemburg'schen Geschlechtes und darf nicht ausser Auge gelassen werdeu, wenn man die Folgezeit richtig benrtheilen will. Als zweite Eigenheit dieser Familie ist eine roniantische, bis zu abenteuer- lichen Kundgebungen sich steigernde personliche Tapfer- keit zu bezeichnen: Heinrichs Vater and mit ihm seine drei Briider waren in der Schlacht bei Woriugen 1288 gefallen, nachdem sie gleich horaerischen Helden ge- focbten und eine unerhorte Todesverachtung bewiesen hatten. Unter ahnlichen Urastanden suchte und fand spaterhin Konig Johann den Heldentod bei Crecy. Zwei Jahre vorher, ehe Heinrieh von Luxemburg- den deutschen Kaisertbron bestieg, war Konig Wenzel HL von Bohmen durch die Hand eines Meucheliuorders gefallen. Mit diesem Fiirsteu war der letzte mannliche Sprosse des iiralten aus der Heidenzeit herilberstara- menden Pfemysliden - Hauses ins Grab gesunken, worauf die Stande des Landes ihr AVahlrecht gelteud machten. Es wurde der Beschluss gefasst , dass der ktiuftige Regent sich mit einer der vorhandenen konig- lichen Prinzessinen zu vermahlen habe, um wenigstens in weiblicher Linie das alte Fiirstenhaus fortzuerhalten. Die meisten Stimraen Helen auf Rudolf von Osterreich, den Sohn des deutschen Kaisers Albrecht, welcher sich mit Elisabeth, der Witwe des Konigs Wenzel H. ver- raahlte und alsobald die Regierung iibernahm. Leider starb dieser hoffnungsvolle Regent sehon nach wenigen Monaten wjihrend eines Feldzugs, welchen er gegen einige widerspanstige Barone unteruehmen rausste. Die hierauf statttindende Wahlversammlung war ausserst stiirmisch und blutig, bis nach vielen Graueln Herzog Heinrieh von Karnten, welcher die iilteste Tochter des Konigs Wenzel XL zur Geraahlin hatte, auf den bohrai- schen Thron erhoben wurde. Diese Wahl bewahrte sich als keine gliickliche, denn Heinrieh war ein trager und unentschlossener, den Urastanden im entferntesten nicht gewachsener Mann. Indem er karnthische und meiss- 1 nische Hilfstnippeu ius Laud rief . hente mit clieser, morgeu mit jeuer Paitei Blindnisse einging- und am Ende nacli alien Seiten hiu wortbriichig wurde, maclite er sicli in kurzer Zeit allgemeiu verachtlicli. Es ent- brannte der fiirchterlicliste Blirgevkrieg: Verwirrung, Draugsale und Verbrechen uahmen so iiberhaud , dass die edelsten Manner des Landes sicli dahin vereinigten, eine Deputation an den Kaiser Heinrich abzuordnen, iim von ilim Hilfe zii erbitten. Die aus Mitgliederu des Adels , der Geistlicbkeit und des Biirgerstandes beste- hende Gesandtschaft erhielt denbesonderen Auttrag, dem jugendlichen Grafen Joliann von Luxemburg , des Kai- sers einzigem Soliue. die Hand der Prinzessin Elisabeth (der zweitaltesten Tochter des Kouigs Wenzel K.) und mit der Hand die Krone von Bohmen anzubieten. Der Abt Conrad von Konigssaal fuhrte diese Gesandt- schaft, welche beim Kaiser zwar freundliehe Aufnahme fand, jedoeh vorerst an ein zu berufendes Reichsgerioht verwiesen wurde, auf dass die bolnnische Angelegen- heit nach Form Rechtens ausgetragen werde. Von diesem Geriehte wurde erkannt , dass Herzog Heinrich von Karnthen eines Jeden Rechtes auf die Krone Btih- niens verlustig sei, weil Bohmen ein Reichslehen bilde und Heinrich die Investitur in der gesetzlichen Frist nicht naehgesucht habe. In Folge dieses Reehtspruches belehnte der Kaiser seinen Sohn Johann am 31. August 1310 in feierlicher Weise mit dem Konigreiche Bohmen, worauf am nach- sten Tage die Trauting des jungeu Konigs rait der inzwiscben herbeigeholten Prinzessin Elisabeth in der Kathedrale zu Speier vollzogen wurde. Den Freuden der Hochzeit folgteu bange Tage , denn Heinrich von Karnthen hatte sich mittlerweile verstarkt und Bohmen musste formlich von dem neuernannten Ktinig erobert werden. Endlich nach mehrereu Unfallen und Nieder- lageu gelang es dem Heere der Luxemburger, am 3. December 1310 die Altstadt Prag zu erobern." Herzog Heinrich verzweifelte nun an seiner Sache und entfloh aus Bohmen, wahrend der siegreiche Joliauu zum Weih- nachtsfeste einen Landtag einberief und die zweckmas- sigsten Anstalten traf , das Laud zu beruhigen und den fiir alle Theile gleich wllnscheuswerthen Frieden zu befestigen. Am 7. Februar 1311 wurden Johann und Elisabeth durch den Erzbischof von I\Iainz im Prager Dome feierlich gekront, worauf der iibliche Umzug des Herrscherpaares durch die Strassen Prags stattfand. Auf solche Weise wurde in Bohmen ein neues Herr- scherhaus gegriindet , welches, an alte Traditionen anschliessend und auf volksthilmlichen Elemeuteu ruhend, eine gllickliche Zukunft zu verheissen schien. Der junge Kfinig erregte in alien Kreisen eine unl)e- schreibliche Begeisteruug: er war von ausgezeiclmet schfiner Gestalt und prangte in jugendliclier Kraft , so da.ss die Leute vor Rilhruug weinteu, als er den Umzug hielt und die alteu Privilegien des Volkes bestatigte. Die ersten Regierungsjahre Johanns eutsprachen auch den freudigen Hoftuungen, mit dencn sein Auftreteu begriisst worden war: der Erzbischof Peter von Mainz, welcher als vieljahriger Probst von Vysehrad mit den Landesverhaltnissen griindlich vertraut war, leitete als oberster Kanzler und kaiserlicher Rathgeber die Ge- schafte mit sicherer Hand , neben ihm wirkten Graf Bertliold Ilenneberg und Dicthrich von Kastell, ersterer in Biihriien, der andere in Mahren als Statthalter. Ehe wir jedoch den geschichtlichen Verlauf welter yerfolgeu. um die kiinstlerische Entwicklung darzulegeu, ist es nothwendig, die grossen Verauderungen anzu- deuten, welche das XIV. Jahrhundert von den vorange- gangenen unterscheiden. Jeuer schwarmerisch religiose Sinn, welcher das Zeitalter der Hohenstaufeu kenn- zeichnete, der die Kreuzziige hervorgerufen und sich in den erhabensten Dichtungen und Baudenkmalen ausge- sprochen hatte, war entschwundeu ; das Blirgerthum hatte eine hervorrageude Stelkmg gewonnen, wiihreud der Feudal-Adel mehr und niehr an seinem Ansehen verier. Auch die noch immer beliebten Klosterstiftungen nahmen eine andere Richtuug: die alten Benedictiner-, Pramonstratenser- und Cistersienserkloster befanden sich meist im Besitze liberreicher Einkiinfte und trach- teten nicht mehr dahin, neue Colonien zu grlinden. Dagegen gewannen die Bettelordeu , die Douiinicaner und vor alien die Franciscaner immer grossere Verbrei- tung, nebst denen auch Carineliten. Karthauser, Serviten und andere kleine Orden sich Eiugang zu verschaflfen wussten. Endlich trug die Verlegnng des piipstlichen Sitzes von Rom nach Avignon nicht wenig bei , veral- tete Anschauungen aufzuheben und neuen Ideen Ein- gang zu verschaffen. Dabei machte sich in alien Gebieten eine mehr dem praktischen Leben zugewandte Tendenz geltend, welche sogar in religiosen Fragen ihren Ausdruck fand, wie unter auderen bei Errichtung neuer Bisthiimer und sogar des Erzbisthums Prag zuuachst der politische Vortheil entscheidend wirkte. In dem Masse, als die Stiidte erstarkten , fasste auch die Weltgeistlichkeit festeren Boden, es wurden freie, von den Kltisteru unab- hiingige Pfarreien gegriindet, wodurch ein Gegensatz zwischeu Ordens- und Pfarrgeistliehkeit hervorgerufen wurde, der manchmal in bittere Kampfe ausartete. Nicht minder bemerkungswerth und folgeureich ist der Aufschwung, welchen Handel und Gewerbe im XIV. Jahrhundert nahmen. Schon zu Beginn des Jahrhundertes zeigen die verschiedenen Zolltarife eine nahezu verzwanzigfachte Menge von Handelsartikeln im Vergleiche mit den friiheren Perioden: es kommeu z. B. feine tlandrische Tiicher , rheinische , bohmische, sachsische, daun Land- und Bauerntiicher, die verschie- densteu Arten von Leinwand- und Seidengeweben, Spitzen, Brokate, Pelzwerk, Leder und Lederwaaren, Seife und Riiucherwerk vor. Von Xahrungsmitteln werden genannt: Kornerfriichte und Siimereien, Melil, Griitze , Graupen , RUben , Butter , Kase , frisches und trockenes Obst, frauziisischer, rheiniseher, italienischer, ungarischer , osterreichischer und Muskateller- Weiu, Branntwein, Klaret, Bier und Most. Endlich sind Houig, "Wachs, 01, Salz, Schwefel, Eisen und Eisenarbeiten, Stahl, Kupfer und andere Metalle, Farbeu, Hanf, Flachs nebst eiuer Uuzahl von Fabrikaten, unter denen Papier und Pergament hervorragen, sehr gesuchte Gegenstiinde des allgemeinen Verkehres. Das Zunftwesen, aus friihe- rer Zeit heriiberstammend, erfuhr eine grlindliche Um- gestaltung: es bildeten sich Genosseuschaften mehrerer Gewerbe, welche ihre Satzungen von den Landesfiirsten bestatigeu liesseu. In erster Reihe standen die Tuch- macher, welche mit den Fiirbern und Tiichhiindlern (Gewandschneidern ) eine Zunft bildeten. Diesen folg- ten die Watfensehmiede , Haruiscbmacher und Schil- derer , denen sich die Goldarbeiter , Goldschliiger, Glaser unci Metallgiesser (Gelb-, Roth- und Zinngiesser) anschlosseii. Kunstfertige Handarbeiter wurden aus fernen Laiiden hevbeigeholt, Glaser aus Venedig, Papier- macher \mA Fiirber aus Florenz, Teppicbweber sogar aus Persien. Die um die Mitte des Jahrhunderts in Prag gegriindete L u c a s - B r u d e r s c h aft, an welcher sich gegeu zwanzig verschiedene Gewerbc betheilig'en, darf als eine eigentliclicKunstschule bezeichnet werden, da dev statutenmtissig ausgesprocliene erste Zweck dabin lautete, dass einc bohere kiinstlevische Ausbildung augestrebt werden spile. Die grossten Inderungeii wurden obne Zweifel durcb die Gviindung der deutschen Universitaten hervor- gerufen, als deren erste die von Kaiser Karl IV. im Jahre 1348 errichtete Hochscbule in Prag zu nennen ist. An die Griindung der Universitaten reihten sich durcb - greifende Verbesserungen des gesanimten Schulwesens an; es entstanden neben den altherkommlichen, nur den boheren Stiinden zuganglichen Klosterschulen in alien Stadten Gemeindeschulen , denen auf deni Lande bald einzelne Pfarrschulen folgten. Als ein sehr wichtiger Fortsehritt im Gebiete der Literatur ist die Einfiihrung der Landessprachen zu be- zeichnen: das friiherhin in Urkunden, Geschichtsblichern und gelehrten Werken allgemein libliche Latein tritt im Laufe des XIV. Jahrhundertes niehr und inehr in den Hintergrund, um der deutschen iind spaterliin aucb der bohmischen Sprache Platz zu niacbeu. Die Dicht- kunst selbst jedoch zeigt im Vergleich mit dem vorber- gegangenen Zeitalter einen traurigen Verfall : das alte Volks-Epos, der zarte Minnegesang geriethen inVerges- senheit und an ihre Stelle trat die scliulmassig erlernte, schulmassig geiibte Meistersangerei, deren handwerk- licbe siissliche Producte sich meist in ebenso grosser Weitschweifigkeit wie Leerheit erginger. Es ist bezeicb- nend, dass am Hofe des Kaisers Karl IV. kein einiger Sanger von Bedeutnng auftrat, wahrend zahlreiche Chroniken, geograpbische, politische und sogar natur- wissenschaftliche Scbriften verfasst wurden. Auch die gothische Architektur batte bereits ihren Hohenpunkt iiberschritten, obgleich in Bezug auf Detail- bildung , Ornamentik und Construction noch immer bemerkungswerthe Fortschritte gemacht wurden. Der keusche Ernst jedoch, die streng geometrische Methode welche in ihrer inneren Nothwendigkeit so vielfach an Krystallisationsformen erinnerte, waren entschwunden : das Streben des Jahrhunderts war mehr der Zierlich- keit undVerfeinerung als der Formenreinheit zugewandt, wesshalb zum Schlusse eine gewisse Kilnstelei nicht ausbleiben konnte. Der stylistische Unterschied zwi- schen den in der ersten und in der zweiten Halfte des XIV. Jahrhundertes ausgefiihrten Bauwerken ist sehr auffallend, wobei natilrlich in Betracht gezogen werden muss, dass je nach Ortlichkeit und individuellen Einwir- kungen die iiberklinstelte Richtung bier frliher, dort spater Eingang land. Von hochsterBedeutung flir die kiinstlerischen Ver- haltnisse Bohmens waren die politischen Anderungen, welche das Land im Laufe des XIV. Jahrhundertes er- fuhr. Nachdem bereits die Konige Otakar und Wen- zel II. die Granzen Bohmens mehrfach erweitert batten, obne jedoch einen dauernden Einfluss auf die eroberten Bezirke ausiiben zu konnen, gelang dem zum deutschen Kaiser erwahlteu Karl IV. sein Stammland nicht allein zum Mittelpunkte des romischen Reiches und Prag zu dessen Hauptstadt zu erheben , sondern auch viele an- granzende Landstriche , namentlicb mehrere Theile der bayerischen Oberpfalz,der Lausitz und Schlesiens formlich mit Bohmen zu verschmelzen. Wahrend in der roma- nischen und in der Ubergangs-Periode die bolimische Kunstubung vielfach von aussen her, theils von Franken und Sachsen, theils von Bayern beeinflusst worden war, and Mahren trotz seiner politischen Verbindung mit Bohmen sich an die osterreichische Kunstrichtung ange- schlossen hatte, wurde die von Karl IV. in Prag gegriin- dete Kunstschule bald in Deutschland die vorherr- schende. Bohmen, Mahren und Schlesien zeigen wah- rend der Luxemburg'schen Periode den gleichen Kunst- charakter. Den geschichtlichen Faden wieder aufnehmend, batten Konig Johann und seine Rathe wahrend des ersten Regierungsjahres (1311) ausschliesslich damit zu thun, das Land zu beruhigen und die gelockerte Ordnung wieder herzustellen. In der langen Zwischen- periode, welche zwischen dem Tode des Konigs WenzellL und dem Regierungsantritte Jolianns verflossen war, scheint in Bohmen ein einziges bemerkenswerthes Bau- denkmal in Angriif genommen worden zu sein, nanilich die Kirche zum Heiligen Geist in Koni ggratz , welche Elisabeth, die Witwe der Konige Wenzel II. und Rudolf I. auffiibren liess. Dieser schlichte Bau verdient als die erste grossere Ziegel-Construction des Landes voile Beachtung, wenn auch das Innere zwischen 1470 und 1480 grlindlich umgeaudert v/orden ist. Die Ausfiih- rung zog sich sehr in die Lange, denn um 1320 scheint das Gebaude in seiner ersten Form noch nicht voUendet gewesen zu sein. Der Name des Konigs Johann wird zum erstenmal bei Gelegenheit einer in Kolin 1313 geschehenen Kircheneinweihung mit einem Kunslwerke in Verbindung gebracht: ob jedoch der Konig diesen Bau , welcher bei einem 1335 aosgebrochenen Brande zerstort wurde, irgend gefordert babe, ist nicht bekannt. Grosseren Antheil hat der Konig auf alle Falle an der Erbauung der Pfarrrkirche St. Jakob in Kuttenberg genommen, welche der reiche Gewerke Johann Ruthart im Jahre 1316 grlindete. Hier an diesem Bau machen sich zum erstenmal jene verflachten, der liberkiinstelten Gothik angehcirenden Formen bemerkbar , welche in der Folge an alien von den Luxemburger Fiirsten gefor- derten Baudenkmalen wiederkehren. Wir nennen vor allem die breiten, birnformig geschweiften Pfeilerdienste, die geringe Entwicklung der Postamente und die mit all- zuvielen und allzukleinen Ziergliedern versehenen Wan- dungen der Portale als Zeichen des hereinbrechenden Architekturverfalles. Dabei ist die Behandlung der Massen mit Geschick bewerkstelligt und die Disposition des Ganzen immer grossartig, wogegenPflauzen-Orna- mente und sogar die in der Gothik fast unvermeidlichen Kreuzblumen grosstentheils fehlen. Andere unter Konig Johanns Regierung entstandene Kirchen und Stiftungen sind: die Maria-Geburt-Kirche in Kuttenberg, das Karthauser-Kloster bei Prag und ein durcb den Stadt- richter Bero zu Laun gestiftetes Kloster der Magda- lenitinen. Die spatere Regierung Johanns gehorte nicht zu den gliicklichen, wenn sie auch keineswegs so ver- dienstlos war, wie manche Schiftsteller sie schildern. Es fehlte dem Konige weder an gutem Willen noch an 1* 4 — Eegententact, wie er durch seiue meisterliaften diplo- matischen Verliandlungen zur Geniige bewiesen hat. Wenn Konig- Johaiius Gelderpressimgeu, seine Ver- schwenduiigssucht iiiid rastlose Laudfahrerei, verbunden iiiit einem imcrhorten Draiige nach Abenteueni einer- seits iiicht in Schutz genommen werden sollen , muss doch andererseits geltend gemaclit werden, dass ev viele vortreffliche Einviclitnngen ins Leben gerufen hat. Dieser Filrst war es, welcher das erste Baiigesetz in Deutschland, danu verschiedene sehr wichtige sanitare Verordnungen erlassen luul sich uni die Verschonerung seiner Hauptstadt Prag imvergaugliche Verdienste -erworben hat. Auch bewirkte die Prachtliebe des Kiinigs, dass aus Luxemburg und den Rheinlanden viele geschiclvte Arbeiter, besonders die sogenannten Sehilderer, nach Bohmen iibersiedelten und dieGewerbe zu h(3herer Bliithe brachten. Durchgreitender noeh als der Konig selbst wirkte von 1301 bis 1343 Johann IV. von Drazic, Bischof von Prag, ein Mann von Geist und Her/., welcher mit viel- seitiger Bildung eine grosse Thatkraft und Kunstliebe verband. Er hatte wegen eines Processes mehrere Jahre am papstlichen Hofe zu Avignon zubringen mlissen und, wie es seheint, nn den dortigen Baufiihrungen Ge- schmack gefunden. Nach Prag zurlickgekehrt, beriefer den Baumeister Wilhelm von Avignon zu sich und lie ss von demselben die bischofliche Residenz in Prag erneuern, dann in der Stadt Raudnitz an der Elbe ein Augustinerkloster mit prachtvoller Kirehe nen autbauen. Diese Kirehe sammt dem anstossenden Kreiizgange ist von den Unbilden der Zeit zwar nicht verschout geblie- ben, gewahrt aber doch liber die damalige Bauthatig- keit grlindliche Aufschliisse. Auch hier bemerkt man die tlachgegliederten birnformigen Dieoste an den Pfei- lern, die angstliche Profilirung der Gewaude und 8ims- werke nebeu grossartiger Massenbehandlung, die wir als stylitische Merkmale der St. Jakobskirche zu Kut- tenberg bezeichnet haben. Essind fremdartige Einfliisse, welche frliher unbekannt , erst im Verlaufe der luxem- burgischen Regierung nach Bohmen heriibergeleitet wurden. Durch franzosische Werkleute und den obge- ntmnten Meister liess Bischof Johaim auch eine stei- nerne Briicke Uber die Elbe bei Raudnitz und vielleiclit die Stiftskirclie St. Agid in Prag neu erbauen. Vom Jahre 1316 an bis 1330 hatte Konig Johann fast ununterbrochen mit Emporungen zu kampfen, weun auch Kaiser Ludwig der Bayer am Landtage zu Taus 1318, eineii Vergleich zwischen Konig und Adel zu Stand brachte. Den Konig duldete es selten mehr lan- gere Zeit in Bohmen; er wohnte am liebsten zu Lusem- bui-g, nahm al)er grossen Antheil an den Kiiinpfen der Gegenkaiser Ludwig IV. und Friedricli von Osterreich, indem er sich auf die Seite des Erstern stellte und in der Entscheidungsschlacht bei Miihldorf wesentlich zum Siege beitrng. In seinen auswartigen Unternehmungen moist gliicklich, ervvarb Johann im Jahre 1319 einen Thcil der Lausitz und einverleibte 1327 -1320 Schlesien niit der Krone von Bohmen. Innucrwahrend auf Reisen, bald hier bald dort an Kampfen und diplomatischen Verhandlungen theilneh- mend , gefiel es im Jahre 1330 dem thatendurstigen Kiiiiigc, sich zum Vernuttlcr zwischen den italienischen Stadten und ihren Gewalthabeni aufzuwerfcn. Nach dem er im rasclien Siegeslauf einen grossen Theil der Lom- bardei unterworfen hatte mid selbst der machtige Azzo Visconti von Mailand ihm huldigte, trat ein eben so schneller Riickschlag ein: er musste im Jahre 1333 auf alle gemachten Eroberungen verzichten and sich aus Italienzuriickziehen. An den italienischen Kampfen hatte auch der PrinzKarl, Johanns erstgeborener Sohn und spaterer deutscher Kaiser, theilgenonimen und sogar in einer heissen Schlacht bei San Felice (25. Nov. 1332) den Sieg errungen. Bei dieser Gelegenheit wurde der jugendliche, noch nicht siebzehn Jahre alte Prinz, dem wir nunmehr unsere Aufmerksamkeifzuzuwenden haben, zum ersteumal mit Auszeichnung genannt. Karl IV. wurde am 14. Mai 131G in Prag geboren und verlebte seine erste Jugendzeit meist im Schlosse Biirglitz, bis ihn sein Vater 1323 nach Paris fiihrte, damit er dort in den Wissenschaften unterrichtet werde. Wenn auch die Sage geht, Konig Johann habe den Prinzen wegen Eifersuchtelei aus dem Lande gebracht, flirchtend, derselbe mochte plotzlich auf den Thron erhoben werden, glauben wir doch dem Konig edlere Beweggrlinde unterlegen zu dlirfen. In der That kann sich Bohmen nur Gluck wiinschen, dass Johann diese Verfiigung traf, denn der Prinz eignete sich unter Lei- tung der treffiichsten Lehrer und im liebevollen Uni- gaug mit dem verwandten koniglichen Hause (die Koni- gin Maria von Frankreich war eine Tante Karls) solche Kenntnisse an, dass er spitterhin als ausgezeichnetster Regent seiner Zeit gait. Den Studien an der Hochschule zu Paris obliegend, verweilte Karl in dieser Stadt bis 1331, als er von seinem Vater berufen wurde an dem italienischen Feldzuge theilzunehmen. Aus Italien zuriickgekehrt begab sich der Konig nach Luxemburg, ernannte aber vorher seinen Sohn Karl zum Markgrafen von Mahren und Statthalter in Bohmen. Als solcher kehrte der Prinz in sein Heimatland und fand hier mehr als hinliingliche Gelegenheit, seiue bisher erworbenen Kenntnisse zu verwcrthen. Das Land war verwildert, das konigliche Ansehen untergraben und die Gesetze ohne Geltung. Da das konigliche Schloss auf dem Hradschin in der Zwischenzeit abgebrannt war, fand PrinzKarl nicht eiumal eine passende Wohnung in Prag : er musste anfanglich in einem Biirgerhause Unterkuuft uehmen und vor alien Dingen bedacht sein, einen stan- desmiissigen Palast zu erbauen, denn es gait zugleich, das konigliche Ansehen durch ein grossartiges Unter- nehmen wieder zu heben. Die u e u e Residenz wurde nach dem Muster des koniglichen Schlosses in Paris unter personlicher Oberleitung des Prinzen wahrschein- lich durch franzosische Baumeister ausgefiihrt und von den Zeitgenossen als unerhortes Wunderwek gepriesen. Von diesem Ban ist jedoch nicht der geringste Rest auf uns gekommen. Kaum hatte Karl einige Ordnung in die bohmischen Angelegenheiten gebracht, als sich die alte Eifersucht seines Vaters wieder regte. Konig Johann entzog seinem Sohne nach einiger Zeit das Statthalteramt und ting an, nach alter Weise zu wirthschaften, herumzureisen, zu bankettiren und sich in alle nuiglichen Handel zu misehen. Nurmit grosser Miihe konnten dieangesehensten Manner es dahin l)ringen, dass der Konig sich mit dem Prinzen aussohnte und demselben aufs neue die Statthalterschaft iibertriig. Nach allerlei Kampfen in Karnthen und Tyrol und einem ungliicklichen Winterfeldzuge gegen die Preussen erblindete Johann giinzlich, ohne dass jedoch 5 — seine Unnihe irgend nacbgelassen hatte. Docli fasste er in der ersten Zeit nacli seiner Erblindung den Entschliiss, an Stelle des alten baufallig-en Prager Domes eine ganz neue wilrdevoUe Kathedrale zn erbauen, wohl zur Slihne fiir nianchen veriibten Frevel. Dieser Ban, zu welchem Konig Jobann sicb ini Jahre 1341 entscbloss nnd zu dessen Fordermig er den Zebentvon alien in Bobmen befindlicben Silbergewerken anssetzte, bildet den Mittelpunkt, uni welcben sieli die ganze kiinstlericbe Tbatigkeit der Luxeniburg'scben Periode drebt. Der Grrundstein zu dem Werke wurde am yi. November 1344 gelegt und zugleicb am selbenTage dieErbebung des Prager Bistlmms zu einem Erzbistbum verklindet. Es war aucb im Friililing dieses Jabres zu Avignon zwiscben dera Papst Clemens VI. und den beiden Luxemburgern, Konig Jobann und Markgraf Karl, be- scblossen worden, den Kaiser Ludwig den Bayer abzu- setzen und Karln die Kaiserwiirde zu verscbaifen. Um diesen Bescbluss durcbzufilbren, mussten sicb der Konig Jobann und sein Sobn zu einem gewaltigen Kampfe riisten: der rastlose blinde Konig fubr in den Landen umber, scbloss Bundnisse, warb Hilfstruppen und bestaad nebenbei mit dem Konig Kasimir von Polen und dem Herzog Bolko von Scbweidnitz siegreicbe Kampfe. Im Friibling 1346 reisten die beiden Bobmen- flirsten nochmals nacb Avignon, beriethen sicb mit dem Papste und macbten demselben die weitgebendsten Concessionen. Dafiir wurde die Wabl des Markgrafen Karl eifrigst betriebeu, am 11. Juli scbon traten melirere Kurflirsten, Konig Jobann unter ihnen, in Reuse zusanimen, und wiiblten Karl, den Eukel Heinricb VII. zum romiscben Konige. Weil aber Kaiser Ludwig mit grosser Heeresraacbt anrllckte, fanden es die Luxem- burger Fiirsten geratben, nacb Frankreicb iiberzutreteu, liier war eben der Krieg zwiscben Frankreicb und Eng- land aufs heftigste entbranntundnabm einen fur ersteres Land ungunstigen Verlauf. Konig Jobann, welcber da'rauf gerecbnet batte, in Frankreicb Uuterstiltzung zu finden, scbloss sicb ohne Bedenken mit seiner aus funf- hundert Bittern und vielen Lanzkuecbten bestebendeu Scliaar dem franzosiscben Heere an und errang. bei Grandvilliers und Pont-Remy entscbeidende Vortbeile liber die Englander. Konig Eduard von England be- fand sicb so in der Enge, dass er glaubte verloren zu sein: indess gelang ibm eine Furtb der Somme ausfindig zu macben und sicb jenseits bei dem Stadtchen Crecy vortbeilbaft aufzustellen. Hier wurde das verbaltniss- niiissig kleine, von dem Scbwarzen Prinzen trefflicb befehligte Heer der Englander von den niebr als drei- fach ilberlegnen Franzosen und Luxemburgern ange- griffen. Gleich beim Beginn der Scblacbt erlitt das franzosicbe Heer empfindUcbe Verluste, welcbe bald in eine voUige Niederlage ausarteten. Kaum erfuhr Konig Jobann den missliscben Stand der Dinge, als er sicb an den Ritter Moncb von Basel wandte mit dem Auftrage, ibn binzufiibren ins dicbteste Gewubl, auf dass er einen guten Scbwertscblag thun konne. Wie sebr die den Konig umgebenden Edlen baten, sicb so otfenbarer Todesgefabr nicbt auszusetzen, bestand Jobann doch auf seinem Willen: „Das wird, wills Gott, nicbt gescbeben, dass Bobmens Konig aus dieser Scblacbt entfliebt." Hierauf verbanden die beiden Ritter, Heinricb von Klingenberg und Moncb von Basel ibre Rosse durcb Ketten mit dem des Konigs, und so gings vorwarts bis der blinde Held und alle seine Begleiter auf dem Scblacbt- felde verbluteten. , Wie ergelebt, so starb der ausserordentlicbe Maun, welcber bisber weder voii bobmiscben noeb deutscben Gescbicbtscbreibern ricbtig beurtbeilt worden ist, dessen mitunter seltsames Gebaren sicb einer normalmassigen Beurtbeilung entzielit. Eine unparteiiscbe Biograpbie ist erst abzuwarten, der Tag von Crecy aber wird selbst die erbittertsten Gegner mit dem Helden versobuen. Markgraf Karl batte seit der 7,u Reuse abgebaltenen Wabl den Titel eines romiscben Konigs augenommen, durcb seines Vaters Tod war ibm aucb die bobmiscbe Krone zugefallen, und er war somit einer der macbtig- sten Regenten seiner Zeit. Ob er bei Crecy mitgekiimpft und sogar, wie von einigen Cbronisten bebauptet wird, auf dem Scblacbtfelde verwuudet worden sei, diirfte sicb scliwerlicb sicberstellen lasseu. Karl liess den Leicb- nam seines Vaters, welcben Konig Eduard mit alien dem bohen Range des Verblicbenen zukommenden Ebren batte ausliefern lassen, in der Benedictinerabtei zu Luxemburg beisetzen und erricbtete daselbst ein auf Stufen stebendes grossartiges Grabraal, um welcbes herum die Statuen der fiinfzig mit dem Konige bei Crecy gefallenen bobmiscben und luxemburg'scben Ritter auf- gestellt waren. Dieses Denkmal, obne Zweifel einWerk franzosiscber Kiinstler, wurde 1543 giinzlicb zerstort, obne dass ein Bracbstiick oder aucb nur eine Abbildung auf uns gekonimen ware. Der Bescbreibung nacb batte dieses Denkmal Abnlicbkeit mit den von Lysippos ge- fertigten Statuengruppen der Alexanderscblaclit am Granicus und der nacb Delpbi gewidmeten Lbwenjagd. Konig Karl macbte darauf mebrere Versucbe, die deutscben Fiirsten zu gewinnen, jedocb vergeblicb : uberall zurllckgewiesen, kebrte er entmutbigt nacb Bob - men zurllck und begann bier, wabreud ringsum Krieg und Verbeerung wiitbeten, eine civilisatoriscbe Tliatig- keit zu entwickelu, wie sie das Mittelalter nocb nicbt geseben. Es ist unzweifelbaft, dass Karl aucb nacb dem plotzlicben Tode des Kaisers Ludwig (11. October 1347) nicbt in den rubigen Besitz der Kaiserwiirde gelangt ware, batten nicbt seine in Bobmen ausgeflibrten Kunst- schiipfungen so macbtig flir ibn gesprocben. Neben dem Prager Dombau, als dessen macbtigster Forderer und Mitbegriinder Karl auzuseben ist, war es die Anlage der Neustadt Prag, welcbe ibm unsterblicben Rubm bracbte und die Herzen der Deutscben gewann. Am S. Marz 1348 verklindeten koniglicbe Herolde auf alien Pliltzen und Strassen Prags die Stiftungsurkunde der Neuen Stadt Prag und erklarten die Vortbeile, welcbe mit der Niederlassung in dem dazu ausersebenen Bezirke verbunden seien. Der um diese Zeit allgemein anerkannte Deutscbe Kaiser Karl legte eigenbandig den Grundstein zu der ungebeuren, den ganzen Raum zwiscben dem Dorfe Pofic und der Feste Vysehrad umschliessenden Stadtmauer, bestimmte sodann die Breite der Stras- sen, dieGrosse der offentlicbenPlatze, die Stellungen der neuen Ku'cben, Tbore, Brunuen und sonstigen Einricb- tungen, und sorgte dafiir, dass seine Anordnungen genau vollzogen wurden. Die mit der Erbauung eines Hauses verbundene zwolfjabrigeSteuerfreibeit verursacbte, dass die Neustadt unbegreiflicb rascb emporbliilite und in Bezug auf Pracbt und Volkszabl bald mit den Stadten — 6 — Rom, Paris und Venedig wetteiferte. Uni aber das Gedeihen der Colonic ftir alle Zukunft zu sicheni, wnrde dasneueUniversitfitsgebande an die Gninzliniezwischen der Alt- und Neustadt geriickt. Die allgemeine Dis- position der Neustadt Prag hat sich bis zur Gegenwart erhalten: das herrliche Relief der Stadt, Avelcbes noch imnier das Auge eines jeden Reisenden entzuckt, ist zu- naclist dureh die kunstverstandigen Plane Karls hervor- gerufen wordea. Vom Jalire 134G, als deni Regierungsantritte bis 1378, dem Todesjalire des Kaisers, wird jedes Jahr dureh einige Schopfungen ersten Ranges bezeicbnet, so dass oft gar nicht zu begreifen ist, woher der dureh Regierungsgeschafte so vielfach in Anspruehgenomniene Ftlrst die Zeit nalirn, alle diese Werke auszudenken und zu iiberwachen. Dabei dehnte er niit grosser Um- sicht seine Thatigkeit alhnalig in inimer weitere Kreise aus,beschrankte anfanglich seineKrafte auf Prag,dann auf sein engeres Vaterland Bohmen, bis er zuletzt das ganze deutsche Reich mit gleicher Sorgfalt bedaehte. Hervorragende, dureh Ka'ser Karl geforderte kirch- liche Bauwerke sind: das 81avenkloster und das Karmeliterkloster in der Neustadt, beide mit herrlichen Kirchen versehen, ferner die Stiftc St. Apol- linare, Katharina, Maria Verkiindigung und Karlshof, die Pfarrkirehen St. Adalbert, Hein- rieh und Stephan, alle in Prag. An diese schlies- sen sich an zunachst die auf kaiserliehe Kosten er- baute S. Bartholonianskirche in Kolin, ferner die Pfarr- kirehen zu Prachatitz, Winter berg, Klattau, •Pilsen, Rakonitz, Nimburg, Gitscbin, Chru- dim, Koniginhof, danu das Karmeliterkloster zu Tachau, das Probsteigebaude und die Stadtkirche zu Leitmeritz, das Augustinerstift zu Sadska und audere in den verschiedeusteu Gegenden Eohmens lie- gende Werke. Fiir die Sicherheit des Landes sorgte der Kaiser dureh Anlage von regeln)assigen Strassen, entlang deu- selben Wartthi.trme und Castelle zum Schntze der Rei- senden angelegt wurden. So wurde der uralte Golden e Steig, welcher dureh den BohmerAvald nach Passau fiihrt, in seiner ganzen Lange erweitert und niit so vielen Wartthiirmen versehen, dass rauberische tiber- falle in dieser Gegend nicht mehr stalttinden konnten. In jihnlicher Weise wurde die von Prag liber Eger nach Ntirnberg filhrende Hauptstrasse geregelt und gesichert. Ausserlialb Bohmens sind verschiedene Schldsser und Kirchen namentlich in Breslau, Glatz und Gorlitz, Zeugen der unermlideten Tbjitigkeit Karls: die 1359 abgebrannte Stadt Zittau hat der Kaiser niit Rath und That so unterstlitzt, dass sie bald schoner als je vorher aus der Asche auferstand. Kaiserliehe Schlosser warden erbaut zu Fiirstenberg und Tangermlin d e, vor alien aber glanzte das Schloss Karl stein nachst Prng dureh grossartige Anlage und kunstreiche Ausstattung. Die Stadt Nil rnb erg verdankt demKaiser eines ihrer erhabensten Baudenkmale, die Avnnderwiirdige Marienkirche auf dem Markte, auch Kaiser-Capelle genannt, welche der edle Fiirst ganz auf seine Kosten hat errichten lassen. Auch der Erh.iltung altehrwlir- diger Monumentc widmete er seine Sorgfalt; das zer- storte Grabiiial des Sachsenherzogs Wittekind zu En gem wurde dureh ilin ncn aufgebaut, der Palast des Kaisers Karl des Grossen zu Ingelheim wieJer in Stand gesetzt und die alte Burg in Ntirnberg neu eingerichtet. Grosse steinerne Briicken entstanden dureh kaiser- liehe Fiirsorge und Munificenz in Prag und Fiirsten- berg, kleinere an alien Landstrassen. Der hochst gross- artige Entscliluss, die Moldau mit der Donau dureh einen Schifffahrts-Canal zu verbinden, und auf diese Weise einen Wasserweg zwiscben der Nordseeund dem Schwarzeii Meere herzustellen , scheiterte an der Miss- gunst einiger Landherren, welche in Verkennung der eigenen Vortheile sich zu den nothigen Abtretungen der Grundstiicke nicht verstehen wollten. Nicht minder bewunderungswiirdig sind die Lei- stungen auf den Gebieten der Malerei und Bildhauer- kunst, welche dnrch den Kaiser hervorgerufen wurden. Wenn gleieh bisher in mehreren Reichsstadten und Bischofssitzen, z. B. in Strassburg, Koln, Lilbeck, Niirnberg, Bamberg, ttichtige Werke gefordert worden waren, standen doch die Meister vereinzelt nnd batten keine Kenntniss von dem, was auserhalb ihres engen Wirkungskreises hervorgebracht wurde. Eine Schule, ein Mittel, sich geistig auszubilden und errungene For- schritte zu verallgemeineren nnd auf Andere iiberzutra- gen, gab es nicht: das Verdienst, die erste Kunst- schule in Deutschland gegrlindet und die wirkenden Kiinstler in eben so anregender wie ehrenhafter Weise belohnt zu haben, geliort ganz ausschliesslich dem Kaiser Karl lA'. an. Er war es, welcher den Malern W u r m s e r und T h e o d o rich Ehrendiplome und Land- giiter schenkte, damit sie, wie der hohe Geber sich wcirtlich ausdriickte, sorgenfrei und mit erhohtem Eifer ihrer Kunst leben konnten. Der Eintluss der bohmischen Maler- und Bild- hauerschule erstreckte sich zunacht liber Schlesien und Brandenburg, griff im Westen l)is an den Neckar vor, umfasste die bayerische Oberpfalz und gritf auch in das Donauthal hinliber. Neben den zahlreichen Wgnd- und Tafelbildern im Prager Dome und in der Biirg Karlstein findea sich bedeutsame Malerw^erke aus dieser Periode zu Breslau, in der Klosterruine Oybin bei Zittau, zu Windberg in Bayern und zu Mlihlhausen unweit Stutfgart. Ausgezeichnete Sculpturen dieser Periode sieht man in fast alien Kirchen zu Prag, dann besitzen die Stadte Pilsen, Eger, Saaz, Beneschau, Budweis, Leitmeritz, Graupen und Raudnitz anerken- nensw^erthe Werke. Ein sehr schones inlTolz geschnitztes Madonnabild in der Pfarrkirche zu Reichenau soil vom Erzbischof Arnest von Pardubitz gefertigt worden sein. Erzguss und Mosaikarbeit erreichten eine hohe Bllithe, wurden aber nnr von Meistern geiibt, welche aus der Feme ins Land gerufen worden waren : dage- gen biirgerten sich Zinnguss, Gypsfornierei, Stucca- turarbeit, Kunststickerei und Edelsteinschleiferei in weiten Kreisen ein; auch hat die Glasmalerei eine anerkennenswerthe Pflege gefunden. Den ihm eigenen ausserordentlichen Scharfblick, in alien nur denkbaren Fragen sogleich das Richtige zu erkennen und praktisch zu verwerthen, beurkundete der Kaiser ganz besonders dureh die Wiirdigung der K arl s b ad er H eilqueli en . Kaum hatte er gelegen- heitlich eines Besuehes in demKloster Tepl diese Quellen dureh Augenschein kennen gelernt, als er schon einen Baumeister berief, um ein Badehaus, eine Kirche und — 7 — ein konigliclies Schloss errichten zu lassen. Das vor dem Jahre 1340 nnansehenliclie Doiflein Wary oder Warm wurde durch allerlei Privilegium begiinstigt imd 1364 zur Stadt erhoben, welche anfanglicli den Namen Karls- haus fulirte, aber bald nacblier Karlsbad genannt wurde. Bis in seine letzten Tage unermiidet thatig erlag Karl IV., am 29. November 1378 in seinem 63. Jahre einem Fieber, welches er sich durch eine in strengster Jalireszeit gemachte Reise zugezogen hatte. Sein Tod war in diesem Momente ein um so grosseres Ungllick, als der alteste seiner Sohne, der Erbe der deutschen und der bohmischen Krone, erst im achzehnten Jahre stand und nicht die nothige Erfahrung besass, um den ausserst verwickelten Auforderungen seiner doppelten Stellung gerecht zu werden. Wie aus dieser fliichtigen Schilderung erhelleii wird, trug die Kunstliebe des erhabenen Regenten im entferntesten nicht den Charakter des Dilettan- tismus und der Einseitigkeit : der Kaiser erkannte wie Wenige den veredelnden Beruf der Kiinste und die Berechtigung des idealen Strebens, wobei er jedoch die volkssvirthschaftliche Bedeutung nicht libersah. Er belebte den Gewerbfleiss durch Eroffnung neuer Absatz- wege, beglinstigte das Vereinswesen und suchte das Handwerk durch Zufilhrung kiinstleiiseher Elemente zu heben. Die Klinstler unterstiitzte er durch grosse ineinandergreifende Auftrage und belohnte die aus- gezeichnetsten durch Ehrenstellen und zeitliche Giiter. In diesen Beziehungen steht Karl IV. unlibertroffen : kein zweiter Fiirst des Mittelalters (nicht einnial der Mediceer Lorenzo der Praclitigej hat gleich ihm den zwiefachen Wirkungskreis der Kiinste erfasst und ins Leben eingefiihrt. Karls Ungliick war, dass er mit seinen mcnschenfreundlichen Bestrebnngeu der Zeit voraneilte, daher oft nicht verstanden wurde. Wer von dem Wirken, der nachhaltigen beinahe abgottischen Verehrung des Konigs K a r e 1 sich einen richtigen Begriff verschatfen will,kann dieses nur inBohmen thun. Hoch oben in den letzten Hiitten des Riesengebirges und des Bohmerwaldes, vom Fichtelgebirge bis zu den Karpaten, lebt das Andenken an den Vater Karl, wie Kindermarchen aus goldener Zeit, in alien Herzen fort, sein Bild befindet sich in jeder Bauernstube und tausend Gebete steigen fiir ihn noch taglieh znm Hochsten empor. Moge seine Lebensgeschichte bald von eiaem sach- kundigen, aber nicht trocken beschreibenden, soudern kiinstlerisch gestaltenden Schriftsteller als Volksbach bearbeitet werden ! Konig Weuzel IV.^ der Haupterbe des Kaisers, hatte eine treffliche Erziehung genossen : er war frlih- zeitig zu Regirungsgeschaften herbeigezogen worden, besass natiirlicheu Verstand, Gerechtigkeits- und Wahr- heitsliebe. Dabei war er haushalterisch, ohne jedoch einer libertriebenen Sparsamkeit zu huldigen; auch standen ihm geschickte, durch seinen Vater eingeschulte Rathe zur Seite und die Leitung des Staates war den bestenHanden anvertraut, namlich denen des vielerprob- ten Erzbischofs und Cardinals Johanns Ocko von Vlasim. Als aber dieser ausgezeichnete Staatsmann 1380 verstarb, stand Konig Wenzl rathlos vor zwei Fragen der schwierigsten Art : dem papstlichen Schisma einerseits und dem Kampfe des Feudal-Adels mit den freien Stadten in Deutschland andererseits. Hatten Wenzels Gaben in gewohnlichen Zeiten ausgereicht, um eine glUckliche Regierung durchflihren zu konnen, waren sie der gegeben Sachlage otFenbar nicht ge- wachsen. Der Ki3nig suchte nach der einen wie anderen Seite hin zu vermitteln, doch wurden seine gutgemeinten Rathschlage weder hier noch dort beachtet. Da ein Vermittler in politischen Angelegenheiten nur dann durchzudringen im Stande ist, wenn ihm entweder ausserordentliche Geistesgaben oder eine uberlegene Streitmacht zu Gebote stehen, Wenzel IV. jedoch weder das nothige Talent besass, noch sich zum Aufgebote einer grossen Machtentfaltung entschliessen konnte, verfiel er in rathloses Hin- und Herschwanken und verlor in kurzer Zeit das Zulrauen aller Parteien. Das Ungliick woUte, dass nach dem Tode des Erzbischofs Ocko dessen Neffe Johann von Jenstein zur erzbischuf- lichen Wiirde gelangte. Jenstein war ein leidenschaft- licher , heftiger Mann, der in friiherer Zeit den Tafel- freuden am koniglichen Hofe nicht abgeneigt war, spaterhin aber ein ascetisches Leben fiihrte und ofters dem Konig mit Ermahnungen lastig fiel. Es war unaus- bleiblich, dass sich z wise hen dem Kirchenfiirsten und dem Konige, welch' letzterer dem hoheren Clerus nie gewogeu war, in Balde arger Ha der ergeben musste. Der Anlass zum Streite wurde durch untergeordnete Beamte herbeigefiihrt ganz in derselbeu Weise, wie die Bedienten der Hauser Montague und Capulet die ver- hangnissvoUe Katastrophe einleiteten. An eine Aus- S(3hnuug zwischen den beiden hohen Herren war bei ihren leidenschaftlichen Charakteren nicht zu denkeu: der Erzbischof begab sich nach Rom, um dort seine Klagen anzubringen, wurde aber von dem eigenen Capitel im Stiche gelassen und legte hierauf seine Wiirde nieder. Darait war jedoch der kirchliche Streit nicht bei- gelegt. Schon Kaiser Karl war in den letzten Jahren zur Einsicht gelangt, dass er in seiner Jugendzeit dem papstlichen Hofe gegeniiber allzu nachgiebig gewesen sei und er kiinftighin, um sein kaiserliches Ansehen zu wahren, etwas fester auftreten miisse. Zu diesem Ende hatte er auch einige freisinnige Sittenprediger, den Conrad Waldhauser aus Osterreich und den Johann Milic von Kremsier in Schutz genommen , well sie in ihren Predigten und ciffentlichen Reden die Aus- artung des Clerus riigten und eine Reform des Kircheu- wesens austrebten. Das vom Vater gegebene Beispiel woUte Wenzel IV. naehahmen ; ihm fehlte jedoch der politische Tact, und als die Lehren des englischen Reformators Wiklef in Bohmen Eingang fanden, liess sich der Konig mitten in den Strudel der religiosen Streitigkeiten hineinziehen. Wie so haufig waren die kirchlichen Fragen von den Parteien nur vorgeschoben, um eigenniitzige, meist niedrige Zwecke verfolgen zu konnen. Die Luxemburg'sche Familie war seit dem Tode des Kaisers Karl in fiinf Linien getheilt und lebte in grosster Uneinigkeit. Der Kaiser hatte seine mit unend- lichen Miihen zusammengebrachte grosse Hausmacht durch sein Testament in solcher Weise getheilt, dass die Erben nothwendigerweise in Streit gerathen muss- ten. In dem einen Punkte stimmten jedoch alle Fami- lienglieder iiberein, wenn es gait, die Macht des Konigs Wenzel IV. moglichst zu schmalern: namentlich war es — 8 — Sigtnnnd, des Kaisers zweifgeborener Sohn, wek'her nach der deutschen Krone trachtete, Um die LTbel- stande voll zu machen, war Konig Wenzel so unvor- sichtig' gewesen, sieh auch mit dem hohen Adel zu iiber- werfen, indem er die Aniter theils mit Maniiern aus dem uiederen Adel, theils init Biirgern besetzte, Der Meriiber aufs hochste erbitterte Herrenstaiid schloss ein Sclmtz- nnd Tnitzbiindniss, welebem die beiden Lnxembiirger Sigmund imd Jodok niclit fremd waren, worauf am 8. Mai 1394 Konig Wenzel gefangen ge- noniraen unci auf eine Burg des flerrn von Stahren- berg nach Osterreich gebraeht wnrde. Wenn es auch dem Herzog Johann von Gorlitz gelang, den Konig zu befreien, war dessen Ansehen in Deutschland so gesunken, dass er im August 1400 als „unnutzer, versaumter, unachtbarer und unwiirdiger Handhaber des heiligen Eeiches" abgesetzt und Ruprecht ge- nannt Klemm, von der Pfnlz auf den Konigstnhl erhoben wurde. Dureh diese Wahl hiirte Bohmen auf, der Mittel- punkt des deutschen Reiches zu sein und es nahmen zugleich die inneren Zwistigkeiten immer grossartigere Diniensionen an. Wohl raffte sich Wenzel IV. manch- mal zu augenblicklicher Energie auf,. wie nach seiner zweiten unniittelbar durch Sigmund bewirkten Gefangen- nahme ; allein es Avar zu spiit, als ihm die Augen auf- gingen. Das Haus Luxemburg neigte siehtlich dem Untergange zu und es half wenig, dass uach dem Tode des Gegenkcinigs Ruprecht von Pfalz die ganze Familie sich vereinigte und die Wahl Signmnds zum romischen Konig im Jahre 1411 durchsetzte. Die kirch- lichen Wirren batten eine solche Ausdehnung erreicht, dass eine oftene Revolution ausbrechen musste: die Lehren Wiklef's wurden iiffentlich von Piiestern und Laien gepredigt , die Magister Johann Hus und Hieronymus von Prag, beide gleich geistreiche und hochbegabte Manner, vertheidigten, als diese Lehrsatze gebannt und die Wiklef'schen Schrilten dem Feuei- uber- liefert wurden, dieselben mit der exaltirtesten Bered- samkeit, indem sie zugleich die Leidenschaften der unteren Classen entflammten. Weil die deutschen Universitiitsprofessoren Wiklef's Lehren als kelzeriseh erklarten und den strong katho- lischen Charakter der Hochschule festhielten, suchten die Fanatiker vor alleni die Deutschen imschadlich zu machen. Konig Wenzel selbst bot die Hand zur Zer- t)iimmerung der Prager Universitat, indem er durch ein Decret verordnete, dass der bilhinischen Nation im Rathe drei .Stimmen, den anderen drei Nationen zusam- nien aber nur eine einzige Stinime eingeraumt werdeu solle. Hierauf verliessen die sammtlichen deutschen Uni- versitatsangehijrigen, Lehrer und Schiiler, Prag und begaben sich nieist nach Leipzig, welches in kurzer Zeit zu hoher Bliithe gelangte. Die Anzahl der damals aus Prag abgezogenen Deutschen wird abweiehend von 6000 bis 20.000 Personen angegeben, wobei selbst- verstandlich auch viele Nichtstudirende cinbegriffen sein mogen. Hus, aus Prag endlich vcrwiesen, begann nun auf dem Landc zu predigen und eine umfassendcTliatigkeit zu entwickehi, bis er vor das in Konstanz versamnielte Cfincilium berufen und von diesem zum Feuertode verurthcilt wurde, welches Urtheil auch am C^. Juli 141.5 zur Voilziehung gelangte. .Sobald diese Kunde in Prag eintraf, loderte die Revolution in hellen Flammen auf, Strassentumulte nahmen iiberhand, Volksversammlungen wurden abgehalten und die Bevolkerung theilte sich in eine katholische und eine utraquistische, letztere so genannt, weil die Anhanger des Huss das Abendraal in beiderlei Gestalten empfingen. Nunmehr bedurfte es nur eines zufalligen Anlas- ses, um die letzten Schranken der Ordnung niederzu- reissen. Den Parteifiihrern war der streng katholische Magistral der Neustadt langst ein Dorn im Auge und gegen diesen sollte nun eine Demonstration ausgefiihrt werden: am 30. Juli 1410 wurde das Neustadter-Rath- haus von einem zurRaserei aufgehetztenHaufenerstiirmt und die Rathsherren sammt dem Biirgermeister und den Gerichtsdienern durch die Fenster auf die Strasse ge- worfen, wo sie mit Spiessen aufgefangen wurden. Als Konig Wenzel, der si( h eben in Kundratitz unweit Prag befand, dieseVorfalle horte, wurde er von einem Schlag- anfalle betrofifen, welchem er am 19. August erlag. Der sittliclie Verfall Wenzels ist zum grosseren Theile den gestortcn Familienverhaltnissen zuzuschrei- ben, in denen die Luxemburger lebten; der KiJnig war viel zu sorglos und zu gutmiithig, um seinen niichsten Verwandten Ubles zuzutrauen. Als er nach seiner ersten Gefangeniiahme sich von der Falschheit seines Brudcrs Sigmund tiberzeugte, verier er das Zutrauen in alle Menschen und gab sich, da er dem Weine von je zuge- Ihan war, nunmehr der ziigellosesten Trunksucht bin, welcher begreiflicher Weise Ausschweifungen aller Art folgten. Voin Adel und Clerus bis auf den Tod gehasst, hat sich Konig Wenzel die Liebe der unteren Volks- schicliten in so hohen Grade erworben, dass er von die- sen heute noch den besten Regenten beigezablt wird. In Anbetracht der gescliilderten Verhaltnisse er- scheint es heinahe unbegreiflich, dass die kiinstlerisehe Thatig'keit wahrend der Regierung Wenzels IV. keine voUstiindige Unterbrecliung erlitten hat. Es wurden nicht allein die von Kaiser Karl eingeleiteten grossen Bauunternehmungen, obenan der Dom und die Moldau- briicke, durch den Konig eifriger gcfordert als selbst in friiherer Zeit, sondern es fanden in einigen Fachern z. B. der Bildliauerei und Miniaturmalerei entschiedene Fortschritte statt. Insbesondere muss die kindliche Pietat hervorgehoben werden, mit welcher Wenzel alle Anordnungen seines Vaters befolgte und dessen Anden- ken hochhielt. Der Chorbau des Do m e s wurde 1385 vollendet, das Schiff in seinem ganzen Umfange 1392 angelegt und um dieselbe Zeit die Prager Briicke als fertig dem Verkehr iibergeben. Die beiden Briicken- thiirme, deren Entwurf und Durchbildnng gleich bewunderungswlirdig- erseheint, diirfen in der Haupt- saehe als Schopfungen Wenzels angesehcn werden. Eine neue nach den erhaltenen Resten im elegan- testen gothischen Styl durchgefiihrte Aniage war die S. Wenzels- Kir che mit einer nebenan gelegenen Badeanslalt in Prag, heute noch „Wenzelsbad" genannt. Die alte Residenz Vysehrad wurde durch ihn wieder aufgebaut ; kunstreicher jedoch war das nach des Kijnigs Plan ganz neu hergestellte Schloss Bett- lern bei Beraun, dessen Ruinen heute noch grosse Pracht verrathen. Als ein in seiner Art vielleicht einziges Werk ver- dient der Rathhaussaal in der Altstadt Prag ange- fiihrt zu werden, welcher aufs reichste ausgetafelt und - 9 — rait Schnitzereieii , Wappen und getriebenen Eisen- arbeiten aiisgestattet ist. Waiidmalereien aus Wenzels Zeit kommen nicht selten vor und zwar meist in Schlossern, so in K 1 i n g e n- berg, Blatna nnd in einigen Theilen von Karl stein. Vorziiglich erhalten ist die in alien Theilen ausgemalte Kirche zu Libisch bei Melnik, wo unter andern der Konig und seine zweite Gemahlin Sophia von Bayern in lebensgrossen Portraitfiguren aiif einem Votivbilde davgestellt sind. Tafelraalereien aus dieser Zeit besitzt die Teinkirche in Prag, einiges sieht man auch in Deutschbrod, Iglau,Wildensch\vert. Unter den Sculptuvwerken zeichnen sich vor alien die an deni Altstadter-Briickenthurm angebrachten Statuen und Reliefs aus, dann be?itzt die Teinkirche eine grosse Anzahl bemerkensw^erthcr Bildhauerarbeiten, unter denen sich auch verschiedene der Letztzeit des XlV.Jahrhundevts angehorende Holzschnitzereien befin- den. Peter vonGmiind, der unermiidliche Dombaumeister, wirkte auch unter Konig Wenzel als Bildhauer fort ; ihm und seiner Schule mogen die meisten der noch vorhan- denen Werke angehoren. Mit dem Tode des K6nigs Wenzel schliesst die Luxeniburg'sche Kunstperiode ab, da die unruhvolle und in Wahrheit nur kurze Regierung des Konigs Signiund in kunstgeschichtlicher Hinsicht kaum in Betracht ge- zogen werden kann. Mit Sigmund starb am 9. Decem- ber 1437 die Luxeniburg'sche Familie im Mannsstamme aus, nachdem sie dem deutschen Reiche drei Kaiser und dem Bohnierlande vier Konige gegeben hatte. Erster AbschiiitL Die Regierungszeit des Konigs Joiiann von Luxemburg. Die ilberaus grosse Anzahl der verschiedenartigsten Kunstdenkmale, welche im Laufe des vierzehnten Jahr- hunderts hervorgerufen wurden, die rasche Verbreitung der durch Kaiser Karl IV. ins Leben gerufenen Kunst- schule und namentlich die auffallenden Anderungen, welche der gotliische Styl innerbalb einer Frist von etwa 60 Jahren erfuhr, machen es wiinscheuswerth, dass die Regierungsperioden der drei aufeinander folgfenden Herrscher Bohmens: des Konigs Johann, des Kaisers Karl und des Konigs Wenzel IV. je als beson- dere Abschnitte behandelt werden. Schon in den ersten Bauwerken, welche nach dem Regierungsantritt des Konigs Johann ausgefiihrt wurden, gibt sich ein durchaus veriindertes Streben kund; die sogenannte Friih-Gothik, welche bis zum Tode des Konigs Wenzel II. in Ubung verblieben war, wird plotz- lich aufgegeben und eben so plotzlich tauchen spat- gothische Formen, z. B. Fischblasen-Ornamente, abge- kappte Gewolberippen , breitgeschweifte birnlormige Pfeilerdienste und anliche Detailbildungen auf. Da diese Formen erst gegcn Ende des Jahrhunderts im iibrigen Deutschland Eingang fanden, will es scheinen, dass personlicher Geschmack irgend einer Hauptperson massgebend gewesen sei und dass ein im koniglichen Gefolge betindlicher in Italien oder Frankreich gebil- deter Klinstler diese Neuerungen nach Bohmen ver- pflanzt habe. Auch auf dem Gebiete der Malerei macht sich um diese Zeit eine veranderte Richtung bemerkbar, welche der architektonischen entsprechend zunachst in den Miniaturen ihren Ausdruck fiindet. Dass die Sculptur von der neuen Stromung berllhrt wurde, liisst sich nicht bezweifeln, wenn auch, da beglaubigte Werke beinahe giinzlich fehlen, die charakteristisehen Merkmale nicht mit solcher Sicherheit angegeben werden konnen , als bei den Gebilden der Malerei und Baukunst. Architektur. Die Heilig-Geistkiiche in Koiiiggratz. Fines der bedeutungsvoUsten Bauwerke, welches angeblich schon 1302 gegrlindet, aber in seinen Haupt- bestandtheilen zwischen 1316 -1330 ausgefiihrt wurde, ist die Pfarrkirche zum Heiligen-Geist in Koniggratz nunmehr Kathedrale der Koniggratzer Uiocese. Die Stelle, auf welcher sich die heutige Stadt Kiiniggratz erhebt, war schon in vorhistorischer Zeit bewohnt, wie durch Aufdeckung eines ausgedehnten Begrabnissfeldes sichergestellt worden ist. Der fleissige und durch seine Alterthumsforschungen riihmlichst bekaunte Ritter Bie- nenberg, der eine Geschichte dieser Stadt ver- fasst hat, untersuchte das Graberfeld und sammelte mehrere Hunderte von Urnen und anderen Gefiissen, welche in zwei Schichten libereinander aufgelagert waren. Dabei kamder hochst bemerkenswertheUmstand vor, dass die Gefasse und sonstigen Artefacte der unteren Schichte kunstreiche Durchbildung zeigten, wahrend die in der oberen Schichte aufgefundenen Gegenstande ein durchaus rohes und unformliches Ansehen batten. Es haben raithin in der Urzeit zwei verschiedene Volksstamme hier gewohnt, von denen 2 — 10 — dasfriiher ansassige sich zu holiererCultur aufgesclivvuu- gen hatte als das spatere. Auch in neuerer Zeit sind in der Umgegend wiehtige iind werthvolle Alterthiimer aufgefnnden worden. Der Zeitpiinkt, wann Koniggratz zur Stadt erhoben wurde, ist niclit genau bekannt: in einev Urkuude des Konigs Otakar I. vom Jahre 1225 wird Gradec, oder Grec (der urspriingliclie Name) bereits als Stadt ange- fiihrt. Konig Wenzel IT. setzte seiner zweiten Gemah- lin Elisabetli die Stadt Gratz an der Elbe als Leibge- diiige oder Witwen-Apanage aus, welches Leibgedinge dieser Dame von Konig Rndolf, niit welchem sie sich nach Wenzels Tod vermjililt hatte , bestatigt wurde. Bis zu der Zeit als diese Koniginwitwe bier ihren 8itz anfschlng, scheint eine cigentliche Pfarrkirche nicht bestanden zu haben, wohl aber mehrereKlosterkirchen, von denen die der Minoriten und der Dominicaner die bedeutendsten waren. Die Ehre, der Stadt eine Pfarr- kirche geschenkt zu liaben, gebiihrt nach iibereinstim- menden Urkunden der erwahnten Konigin Elisabeth, welche fiir Koniggratz sehr eingenonunen war und schon vor ihrer Vermahlung mit Wenzel IT. einige Zeit hier'gelebit hatte. Fig. ]. (Koniggriitz.) Die Heilig-Geistkirche Fig. 1 zeigt noch kUistcrliche Anlage, indem ein 80 Fuss langes aus ftinf Gewolbe- abthcihmgcn bcstcliendes Presbyterium an ein ebenso langes Kirchenhaus angefiigt ist. Das Haus ist drei- scbiffig und mit niedrigen Nebenschiffen versehen, das Presbyterium aber cinschiffig und aus funf Seiten des Achtecks gcschlossen. Zwei rechteckigc Thiirme steheu symmetrisch an der Abschlusslinic zwischen Schiff und Presbyterium und erheben sich senkrecht bis zur Hohe von 140 Fuss, wo ehemals eine Gallcrie mit Eck- tliiiniiclien angebracht war. Das Kirchenhaus ist im Lichten 64 Fuss weit, wovon auf das Mittelschiff von Pfeilerachse zu Pi'eilerachse 32 Fuss entfallen. Die Pfeiler sind achteckig bei einem Durchmesser von SVa Fuss und es stehcn deren nur drei auf jeder Seite des Schiffes. Die Hohe des MittelschifFes scheint ursprling- lich gleich der Gesammtweite 64 Fuss eingehalten zu haben, mithin war der Bau, so weit derselbe bisher geschildert worden ist, ganz nach Art der altern Kirchen angeordnet. Als beachtenswerthe Neuerung fallt zuerst das Bau- materiale auf. Die Heilig-Geistkirche ist aus Ziegeln errichtet, der erste nachweisbare grossere Ziegelbau im Lande. Dass die Ziegelconstruction in Bohmen erst im vierzelinten Jahrhundert Eingang oder wenigstens allge- meinere Anwendung gefunden, darf nicht __Wunder nehmen, da das Land in alien Bezirken einen Uberfiuss an treffliclien Natursteinen besitzt, deren Gewinnung nicht die geringste Miihe verursacht. Die am Bau der Fig. 2. (Kuniggratz.) Heilig-Geistkirche vorkommenden Ziegcl sind nicht von gleicber Grosse aber von sehr guter Beschafienheit : die Lange wechselt zwischen 13 bis 16 W. Zoll (35—42 Centm.), die Dicke betragt durchschnittUch 4 bis 4^^ ZoUe. Beweisen schon diese iibergrossen und ungleichen Dimensionen der Ziegel eine gewisse Mangelhaftigkeit der Fabrikation, gibt uns auch die Baugeschichte den Beleg, dass auch die Technik noch keine sichere war. Abge- sehen von der langen Bauzeit, welche sich bei massigen Dimensionen liber 20 Jahre lang hinzog, waren bereits wenige Jahre spiiter bedeutende Rcparaturen nothwen- — 11 — dig, worauf bis zum Schlusse des Jahrhunderts an der Kirclie gearbeitet wurde. Ein durchgreifender, von Mathias Raysek geleiteter Umbau fand zwischen 1480 bis 1490 statt, bei welcher Gelegenheit alle Gewolbe evneuert werden mussten. An die Kirche sind eine Merige von Capellen und Vorhallen angefiigt , welche die Aussenseiten zur Rechten und zur Linken ganz verdecken, so das nur der Chor und die Westfronte (Fig. 2) ubersehen werden konnen. Mit Ausnahme von zwei an den Strebepfeilern des Chorschlusses eingemauerten Knaufen, welche an Uber- gangsformenerinnern,kommen in den altenPartien keine anderen Decorationen als Stab- und Masswerke vor. Diese sind sammtlich einfachster Art, doch sind Fisch- blasen bereits eingeflochten. . Fig. 4. (Koniggratz.) Fig. 5. Fig. 3 zeigt eine Masswerk - Construction aus c. 1315, Fig. 4 eine Console aus der ersten Bauzeit (c. 1305) und Fig. 5 eine solche aus der letzten Bauzeit fc. 1490). Ein altes tafelformiges Sanctuarium befmdet sich im Chore an der linken Seite ; ferner besitzt die Kirche ein von Raysek gefertigtes mit seinem Namen versehe- nes Sacramentshauschen von sorgfaltigster Arbeit, und ein schones zinnernes Taufbecken. Nebst der Heilig-Geistkirche liess die Konigin Elisabeth zu Koniggriitz auch ein Scliloss auffUhren, welches sic bewohnte, das aber seit Jahrhunderten ver- schwunden ist. Konig Johann umgab die Stadt mit Mauern und Thiirmen, indem er die wichtige Lage des Ortes mit kriegskundigern Blicke erkannte. Auch diese Befestigungswerke wie das Schloss der Konigin waren aus Ziegeln aufgefiihrt, wodurch die Stadt von alien Seiten her ein rothes Ansehen erhielt und desshalb auch Cerweny Hradec (Rothschloss) genannt wurde. Von den alten Befestigungen sind noch einige Reste vorhanden. Die St. Jacobs-Kirche in Kiitteuberg. Die Stadt Kuttenberg verdankt ihr Entstehen den ausgedehntenSilberbergwerken, welche urn die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts entdeckt wurden. Der grosse Reichthum edler Metalle , welchen die Gruben lieferten, veranlasste den Konig Wenzel II. hier eine Burg zu er- bauen und eine Miinzstatte anzulegen, wie im zweiten Theile dieses Werkes S. 96 berichtet worden ist. Ob- wohl der aufbliihende Ort bereits stadtische Rechte be- sass, stiess die Erbauung einer eigenen Pfarrkirche doch auf Schwierigkeiteu, well das nur eine Viertelstunde weit entlegene Kloster Sedlec das Patronat liber den Bezirk iibte und sich durch Errichtung einer unabhitngigen Pfarrei beeintrachtigt fand. Die dariiber entstandenen Fig. 6. (Kuttenlierg.) Streitigkeiten dauerten bis 1310, als der reiehe Gewerke Johann Ruthard in seinem Testamente ein grosses Capital fiir den Kirchenbau aussetzte, worauf die Aus- fiilirung nicht mehr verhindert werden konnte. Der Bau wurde schon im Anfange von bedeutenden Storungen betroften und musste fiir einige Zeit einge- stellt werden, wie die gepfiogenen technischen Unter- 2 * — 12 — suchungeu dargethaii liaben. Die Kirclie ist namlich an einem Bergabbang hiugeriickt wordeu unci der Grand scheint naehgegeben zu haben, wodurch eine merklicbe Senkuug des Gemauers an der Westseite bewirkt wurde. Der scbiefe linksseitige Tburm und das aus der Mitte geriickte Portal geben deutliche Kunde von den Un- fallen, welche danials den Ban betrafen. Es ist jedocli wabrscbeinlicb, dass am Cbore ununterbrocbeu fort- gebaut wurde, da sicb an diesem Tbeile und aucb am Scbiffe keine wesentliebe Abweicbung ei'kennen lasst. Fig. 7. (Kuttenberg.) Sonst ist, wenn man von den Unregehnassigkeiten der Westfronte und der dortigen zwei Tbiirnie absiebt, die Anbige der S. Jakobskirclie eine sebr regelniassige und edle. Der Grundriss dcs Schiffes (Fig. G) wird durcb ein Kechteck von 117 Fuss Liinge und 78 Fuss Breite, mit- bin durcb ein Verliiiltniss wie 2 zu 3 gebiklet, wobei die Masse im Licbten des Hauses genommen sind. Zvs^ei quadratiscbe Tbiirme, im Innern durcb besondereTburm- pfeller unterstiitzt, flankiren die Facade (Fig. 1), welcbe in Folge der gescbilderten Senkungen ein unregelmas- siges und etwas kables Anseben bat. Das Scbiff zeigt die Hallenform und zwar sind sowobl der Mittelgang wie die beiden Nebenscbitfe von ganz gleicber Hobe. Vier freie Pfeiler auf jeder Seite (die Tburmpfeiler nicbt einge- zablt) tbeilen die Halle ein und tragen die Gewolbe, deren scbongescbwungene Rippen den scblicbten kreuzformi- gen Wolbnngen eine angenebme Belebtbeit verleiben. Der aus fiinf Seiten des Acbteckes gezogene Cbor ist 50 Fuss im Licbten lang und setzt sicb in gleicber Breite niit deni Mittelgange (33 Fuss) fort, welcbe Weite in Anbetracbt der Zeit als eine ungewobnlicbe betracbtet werden darf. Der Eindruck, welchen die Halle bervor- ruft, ist ein bochst grossartiger und wird seiten von riiunilicb viel grosseren Kircbenbauten erreicbt, wobei bemerkt werden muss, dass diese Wirkung bauptsaclilich durcb das glUcklicbe Verbaltniss zwiscben dem Haupt- scbiff und den SeitenscbitTen erreicbt wird. Im Vergleicb mit den wenigen in friiberer Zeit aus- gefiibrten Hallenkircbenlasst die S. Jakobs-Kircbe grosse constructive Fortscbritte erkennen, aucb treten bier die neuen Elemente mit Entscbiedenbeit zu Tage. Zuerst fallt die Pfeilerbildung auf, welcbe aus dem regularen, auf die Spitze gestellten Quadrat gezogen und durcb die beigesebalteten Detailirungen erklart ist. Das Profil der Pfeiler ist durcb eine ziemlicb willkiirlicbe Aneinander- reibung kleinev eckiger Glieder und Keblleisten gezeicb- uet, gegen welcbe die an den Ecken angebracbten krafti- gen Eundstabe seltsam abstecben. Abnlicbe Protilirung zeigt das Haupt-Portal, man gewabrt eine Menge ilber- zarter Glieder bei scbweren Verbiiltnissen des Ganzen. So bewunderuugswiirdig die Anordnung des Innern genanut zu werden verdient, eben so wenig wird man sicb mit der Westfronte befreunden konnen. Alle Fenster balteu gleicbe Masswerke ein, das System des Wecbsels ist nocb nicbt zur Anwendung, gebracbt; docb sind die Leibungen der Cborfenster reicber gestaltet, als die des Langbauses. Die Tbiirme bestanden urspriiuglicb obne Strebepfeiler, diese wurden erst nacb der eingetretenen Senkung angefiigt, welcbem Umstande es zuzuscbreiben ist, dass der nordwestiiche Strebepfeiler wegenPlatzmangels eine sonderbar scbiefe Stellung erbalten bat, welcbe der beigegebene Grund- riss andeutet. Obwobl in dieser Kircbe sicb mancbe Griluelscene abspielte und der Dacbstubl mebrmals abbrannte, bat der Ban, Dank seiner soliden Construction, die alte Form ziemlicb unverandert gewabrt und ist mit Aus- nabme der Westseite aucb von entstellenden Zutbaten grosstentbeils verscbont geblieben. Zwei im Anfang des fiinfzebnten Jabrbimderts eingebaute Oratorien, welcbe sicb im recbten wie im linken SeitensebiflPe symmetriscb iiber den Nebenaltitren erbeben (Fig. 8), entsprecben, dem Styl der Kircbe und tragen ebev zur Belebung des Raumes bei, als dass sie storen. An den Oratorien sind dieWappen der beriibmtenGewerken und Patricier Rutbard und Rosic angebraclit, welcbe als Griinder der Kirclie an dieser Stelle ibre Familienbegrilbnisse gewiiblt baben. Die mittlere Bauzeit fiillt in die Jalire 1320 bis 1330, also ganz in die Regierungsperiode des Konigs Jobann, von welcbem jedocb nicbt bekannt ist, ob er 10 o — selbst thatkraftig sicli an der Ausfuliniug betheiligt liabe. Die ganzliche Vollendung erfolgte 1358, was sich wohl anf die Tliiirme bezielien dlirfte, da die Kirclie schon etwa 25 Jalire fiilber dem Gottesdieuste iibergeben war. Ob der siidlicbe Thurm je ganz au.sgebaut war oder wahi-eud der Biirgerkriege zerstort wordeii ist und urn welche Zeit eiii iiberaus roher Anfsatz, welchen der angefugte Aufriss zeigt, erricbtet wurde, ist nichr Fig. 8. (Kiittenberg.) bekanut; in einer Aiisicbt der Stadt Kiittenberg vom Jabre 1675, welcbe Kofinek seiner Gescbicbte dieser Stadt beigeschaltet bat, erscbeint die S. Jakobs-Kirebe bereits in ibrer gegenwartigen Gestalt. Die Neigung des ausgebauten nordlieben Thurmes ziebt sicb gegen die Nordwestseite bin nud betragt 2 Fuss 7 Zoll Wiener Masses, erscbeint jedoch viel bedeu- tender, well der angebaute Scbiefe Strebepfeiler eine - optiscbe Tauscbung bewirkt und die Neigung scbein- bar vergrossert. Es erstreckt sich ubrigens die Abwei- cbung von der senkrecbten Linie nicbt bis an das Dacb- gesims des Tiiurmes, sondern nur bis zu einer Hobe von 150 Fuss; das oberste 45 Fuss hobe Stockwerk wurde in vollkommen senla-echter Stellung aufgebaut, als man sicb nacb Ablauf einiger Jabre iiberzeugt batte, dass fernere Senkungeu nicbt mebr zu befiircbten seien. Cbor und Scbiff sind nacb althergebracbter Weise aus Bruchsteinen mit eingelegten Qiiadern erricbtet, die ganze westlicbe Facade aber aus trefflicb bearbeiteten WerkstUcken von Sandstein, welcbe in den Sedlecer Brucben gewonnen wurden. Das scbcine Materiale und die sorgfaltige Bearbeitung steben in autfallendem Widerspruch mit der arnilichen und roben Anordnung der Facade, welcbe in ihren Obertbeilen allerlei nicbts weniger als gilnstige Umgestaltungen erfabren bat. Namentlicb ist das Mittelfenster oberbalb des Haupt- portals als ein Gebilde spatester Gotbik zu bezeichnen. Die S. Jakobs-Kirche wurde schon zur Zeit des Kaisers Karl zur Erzdechants-Kircbe erboben und stebt gegenwartig unter dera Patronate des Kuttenberger Magistrates, an welchen die Kircbe ini Jabre 1420 Fig. 9. fKuttenberg ) — 14 — iibevging, nachdem sie vor clieser Zeit clem Stifte Sedlec beigeordiiet war. Von besonderen Kimstwerken, welclie die Kirche besitzt, sind vor alien zwei Reihen pracht- voller Cliorstiihle anziifiihren, wahrscheinlich Schnitz- Averke des alteren Meister Jacobus von Kuttenberg, der nm 1400 geblUlit hat. Diese aus Lindenliolz mit seltener Meisterschaft ausgearbeiteten Cliorstiihle haben grosse Ahiilichkeit mit zwei anderen in der S. Barbara-Kirche derselben Stadt betindlichen und sollen ziisammen der Sedleeer Stiftskirche entnommen worden sein, was jedoch nicht erwiesen ist. Wir werden bei Besprechung der S. Barbara-Kirche anf diese Gestiihle zuriickkoramen. Fiff. 11. r Fig. 12. rig. 13. (Kuttenberg.) AVir fiigen noch folgende Illustrationen bei: Fig. 9 Pfeilerbildung im Grund- und Aufrisse, Fig. 10 Haupt- portal sammt Protil, Fig. 11 Leibung der Chorfenster, Fig. 12 der Langhausfenster, Fig. 13 der Gewolbe- rippen. Die Stiftskirche und der Kreuzgaug zu Raudnitz. Im Jahre 1332 stiftete der Bischof Johaun IV. von Drazic ein Kloster des Augustinerordeus nebst einem Armenspital zu Raudnitz und erbaute zu gleicher Zeit daselbst eine steinerne Briicke iiber die Elbe. Zur Aus- fiihrung dieserWerke hatte erWerkleute aus Avignon verschrieben, wo sich der Bischof eilf Jahre lang auf- gehalten und ohne Zweifel mit dortigen Kunstverstan- digen in Beriihrung gekomnien war. Ein Baumeister Naniens Wilhelm (Guilhelmus) aus Avignon wird von deni Chronisten Franciscus ausdriicklich als Erbauer der Briicke bezeichnet mit den Worten: „et quia episco- pus magistros ad tale opus peritos in regno Boemie, nec in vicinis provinciis potuit requirere, unde misit ad curiam Ronianam pro magistro Guilhelmo, optime in liuiusmodi arte perito, etc." — Dass dieser Meister Wilhelm auch den Ban der Stiftskirche geleitet habe, bezeugte eine alte in einen Qnader des rechten Seiten- schiffes eingemeisselte Inschrift, lautend: Opus. mag. Guilielmi. Diese Inschrift war nach iibereinstimmenden Berichten mehrerer glaubwiirdiger Personen noch ums Jahre 1830 vorhanden , ist aber seitdem verschwunden und wahrscheinlich bei einer Reparatur iibertiincht worden. Die Anlage der Kirche ist basilikaformig, streng klcisterlich und iibereinstimmend mit der Koniggratzer Geistkirche, doch sind die Raumlichkeiten in Raudnitz ergiebiger und dieDetailformen mehr entwickelt. Fig. 14. Nachstehende Masse zeigen den Unterschied beider Denkmale: die Stiftskirche zu Raudnitz hat eine lichte Gesammtlange von 177 Fuss, von deneu 78 auf den Chor und 99 auf das Scliiff entfallen. Die Gesammt- breite des dreischiffigen Kirclienhauses betragt 66 Fuss, indem der Mittelga ug 33, jedes Nebenschiff 16 Va Fuss weit ist. Zwei an der Westseite angebraclite Thlime gehoren nicht dera urspiiingliclien Ban an, sondern Fig-. 14. (Raiidnitz.) wui-den erst nacli den Hussitenstiirmeu in das hinterste Gewolbejoch eingefiigt, ohne dass die Kirche verlangert worden ware. Kloster und Kirche wurden 1425 in Brand gesteekt, wodurdi die sammtlichen Wolbungen des Chores und Mittelschiffes zerstort wurden, so dass die Hohe nicht melir genau angegeben werden kann : sie diirfte zwischen 66 bis 72 Fuss betragen haben. Die Seitenschiffe sind noch vollstandig erhalten und 27 Fuss vom gegenwartigen Kirchenpflaster bis in den Gewolbe- scheitel hoch. Die Pfeiler, deren mit Inbegriff der spitterhin verstarkten Thurmpfeiler flinf auf jeder Seite stehen, sind zwar nach dem auf die Spitze gestellten Achteck entworfen, scheinen jedoch beinahe rand zu sein, da die angebrachten birnformigen Dienste nur etwa 3 Zoll aus dem Kern vortreten. Im vorigen Jahr- hundert wurde das Innere und vor allem das Mittel- schiff im Geschniack der damaligen Zeit iiberarbeitet, so dass keines von den Fenstern oder Portalen die alte Form bewahrt hat; daflir entschadigt eine sehr schone und wohlerhaltene, an die Stidseite des Chores angebaute Sacristeicapelle und ein zwar kleiner, aber mit bewunderungswurdiger Zierlichkeit durchgefiihrter Kreuzgang, der an das sildliche Nebenschiff gefiigt ist. Fig. 15 gibt die Abbildung eines Fensters daraus. Der hohe Clior zeigt einen aus flinf Seiten des Zehneeks construirten Schluss, die Sacristeicapelle aber ist aus dem Achteck geschlossen, besteht aus drei Gewolbeabtheilungen und enthalt wahre Meisterstucke der Steinmetzkuust. Auch ein Theil des Refectoriums hat sich, wenn auch in ruinosem Zustande erhalten, man sieht hier sculptirte Kniiufe und Gewolbeschluss- Fig. 15. (Raudnitz.) steine, auch komrat das Wappen der Drazic, drei aus einer Wurzel entspringende Weinblatter, hitutig vor; (Fig. 16, ein damit verzierter Schlussstein) ein Zeichen, dass der ganze l^an gleichzeitig von Bischof Johaiin IV. ansgefuhrt wnrde. AUe diese Werke sind aus feinkorni- gem Sandstein liergestellt, welcher in unmittelbarev Nalie briclit und gegenwartig unter dem Namen Kaud- nitzer Stein zu Bildliauerarbeiten weit und breit ver- frachtet wird. Die Stiftskirche besitzt eine gvosse Anzahl von Tafelmalcreien, welclie tbeils dem Zeitalter des Kaisers Karl angehoreu, tbeils spatern Urspninges sind. Unter den ersteren zeicbnen sich eine Darstellimg der ster- benden Maria dureb Gedankentiefe und feineEnipfindnng aus, obgleicb dieTecbnik nocb sebr unbebolfen erscbeint. Viel bober stebt ein von Erzbiscbof Jobanu von Vlasim der Kircbe gewidmetes Votivbild , in der Weise des Theodoricb bebandelt, welcbes dernialen in der Galerie der Gesellscbaft patriotiscber Kunstfreunde zu Prag aufbewabrt wird, aber wieder an die Kircbe zuriickgegeben werden muss. Dann sind zwei Fliigel- bilder vorbanden, Maria mit dem Kinde und ein Ecce Homo, welcbe Beaebtung verdienen, endlich eine Keibe von Passionsbildern aus dem Ende des XV. .Jabrbun- derts. Eine Holzscbnitzerei mit 3 Fuss boben Figuren, die beiligeu drei Konige darstellend, wurde vor einigen Jabren in einem Privatbause entdeckt und als eliemaliges Eigentbum der Kircbe Avieder dabin zurlick- gebracbt. Fig. 18. (Raudnitz.) Fig. 19. Wir fiigen nocb bei in Fig. 17 Abbildung eines Scblusssteines mit der Monddarstellung, Fig. 18 Capital aus der Sacristeicapelle, Fig. 19 aus dem Kreuzgange. Die Domiiiicanei'-Kirclie in Prag. Die meisten der durcb Biscbof Jobann IV. unter- nommenen Bauten gehijrten der Stadt Prag an, sind aber tbeils durcb Feuersbriinste , tbeils durcb Neuerun- gen und veriindcrtc Strassenzlige untergegangen. Von der biscbotlicben Eesidenz auf der Kleinseite, welcbe Jobann IV. rait grossem Aufwande erbauen liess und welcbe der Domberr Franciscus mit begeisterten Worten scbildert, baben sicb im Hofe eines Privatbauses (zu den drei Glocken genannt) einige Reste erbalten, die einen ungewobniicb tiefen Stand der damaligen Profan- arcbiteklur verratben. Den allzu bescheidenenWobngelassen desBiscbofs gegenliber zeigt die Dominicaner- oder Aegydi-Kircbe anerkennenswertbe techniscbe P^rtschritte, wenn auch dieses Denkmal nie ganz volleudet und obendrein arg verzopft worden ist. Das Gebaude ist eine recbteckige Hallenkircbe und bestebt eigentlich nur aus dem drei- theiligen Scbiffe, dessen Westfronte mit zwei gegen innen auf gewaltigen Pfeilern rubenden Tbiirmen aus- gestattet ist. Abgesehen von den Tburmpfeilern wird das Hans durcb secbs Pfeiler, drei auf jeder Seite, ein- getbeilt und bait folgende Masse ein : Gesammtlange im Licbt 140 Fuss, Gesammtweite SO ., Weite des Mittelscbitfes 40 „ Weite eines jeden Nebenscbiflfes . 20 „ Die Hobe steigt bis gegen 100 Fuss an. Da das Innere liber und liber mit Stuccaturen bedeckt und die Ge- wolbe imGeschmacke des Jesuiten Andrea Pozzo erneuert sind, konnen die Masse nur aunabernd bestimmt werden, docb gebt hervor, dass alle friiberbin in Bobmenaus- gefiibrten Gewolbespannungen durcb diesen Bau weit libertroifen worden. Ein liberwolbtes Mittclscbiff von 40 Fuss Weite war bisber nocb nicbt versucbt worden und triit uns als neue Erscbeinung entgegen. An das Mittelscbiff scbliesst sicb ostwarts eine balb- ruude von der alten Aegydi-Kircbe berriibrende Abside au und liisst erkennen, dass der Bau nicbt in der pro- jectirten Ausdebnung durcbgeflibrt und der Platz fiir den boben Cbor wegen eingetretener Hindernisse nicbt erworben werden konnte. Die Kircbe uebst den Tbiirmen ist aus dembekanntenPragerMergelstein erbaut; Pfeiler und Gesimse besteben aus Quaderwerk; alle Tbiireu und Fenster aber sind bei der Moderuisirung beraus- gebrocben und durcb barocke Arbeiteu ersetzt worden. Brucbstiicke der alten Eingiinge von bijcbst voUendeter Arbeit sind an verscbiedenen Stellen eingemauert, ein pracbtvolles, dem Haupt-Portal entuommenes Sockel- stlick, an welcbem das Auslaufen der Stabe entwickelt ist, dient sogar als Eadabweiser an einer Kircbeuecke. Das Wappen der Drazic ist in derVorballe angebracbt, diesem gegeniiber das TS'appen des Domcapitels. Mit Ausnabme eines besonders scbonen zinnernen Taufbeckens aus dem flinfzebnteu Jabrbundert besitzt die Kircbe keine altertbiimlichen Einricbtungsstiicke mebr. Die Erzileoliautei-Kirclie in Pilsen. Ueber das Alter dieser, dem beiligen Bartbolomilus gewidmeteu Kircbe waren die Ansicbten von je getbeilt. well man sicb zuuacbst an die vorbandeneu Urkunden bielt und den tecbniscben Untersucbungen zu geringe Aufmerksamkeit widmete. Pilsen wurde um 1270 durcb Otakar II. zur Stadt erboben, nacbdem der Deutscbe Putterorden bier bereits eine Commende erricbtet batte. Von diesem Orden wurde die Kircbe im Jabre 1292 — 17 — gegrunde., ii,aem d.e Pilsnev Bm-ger and namen.lieh eine vorko.me. gehoren zu den allerjUngsten Sch8pfunge„ hL A,,,,; Pfeborow die Au.fnhrang d„nd, re.che Be,- des go h.scl en & 7 '^-^^^^,^^^^^, ., . , ^ ,1,, trage nnterstlitztcii. Nach Art jener Zeit maclite der Ban Die Lage der Erzdechanteikirche inmitten des ebenso malerischen als regelmassigen Rmgplatzes ist bereits im II.Theile, S. 15 besprochen worden, und es bleibt nur beiziifiigen , dass das vollkommen Irei- stehende, ganz ans Qiiadern erbaute Denkmal nach alien Seiten bin ein so scbones Bild gewahrt, wie es vielleiclit keine zweite Mittelstadt aufzuweisen bat. In Bezug ant Grosse und Anordnung zeigt die Pilsner Kircbe mit den vorbeschriebenen Werken manebe Vevwandtscbaft : Das Scbiff (Fig. 20) ist dreitbeilig und wird durch em Recbt- eck von 140 Fuss lichter Lange und 75 Fuss Breite o-ebildet Auf jeder Seite stcben drei Pfeiler und em ver- starkter kreuzformiger Thurmpleiler , an der Westseite erbeben sich zwei sciaankeTbiii me, welehe gegen mnen auf den erwahnten Tburmpfeilern ruben. Das Mittelscbift ist von Acbse zu Acbse der Pfeiler 31 Fuss, jedes der Xebenscbiffe 22 Fuss weit, derChor biilt mit dem Haupt- scbiffe gleicbe Weite ein, bestebt aus drei Gewijlbe- abtbeilungen und ist aus dem Zehueck gescblossen. Die netzformigen Wolbungen des Scbiffes sind nacb ver- scbiedenen Mnstern gestaltet, der Chor aber und die Emporballe zwisclien den Tblirmen mit einfaeben Kreuz- gewolben verseben. Die runden Pfeiler im Scbiffe steigen aus acbteckigen Sockelu ungegliedert bis zur Kobe von 50 Fuss auf, wo die Gewolberippen obne die geriugste Vermiltlung aus der Flacbe des Scbaftes bervoispringen. In der zwischen den Tblirmen eingefiigten Orgel- empore baben sicb bemerkenswertbe Pveste der ursprilng- licben polycbromen Ausstattung erbalten, mit welcber einst das Innere liberzogen war : die tiefblauf n GeAvolbe Fig-. 20. (Pilsen.) langsame Fortscbritte und erfubr scbon im Anfange allerlei deutlich wabrnembare Abanderungen, so dass sebwerlich ein Tbeil des beutigen Bestandes in das dreizehnte Jabrbundert hinaufreicben dlirfte. Ob das Gebaude in der nacb dem Tode Wenzels II._ folgenden unrubigen Zeit wesentlicb gefordert wurde, ist zweifel- haft: somit sprecben viele gescbicbtlicbe Griinde dafiir, dass die mittlere Bauzeit in die Regierungsperiode des Konigs Jobann fallt. Dieser war nicbt allein der Stadt Pilsen sebr zugetban und bat dieselbe mit Mauern um- geben lassen, sondern zeicbnete sie durch Verleihung von verschiedenen Vorrecbten und eines neuen Wap- pens aus. Die beiden altesten Partien des Gebaudes, der Chor und die mit zwei Tblirmen gezierte Westseite, sprecben nach wiederbolter und eingehender Unter- sucbung kein hoberes Alter an als 1320—1330; docb wurde selbst an diesen Theilen der obere Aufbau erst (inter der Regierung Karls IV. zu Stande ge- bracht. Das Schiff hat im XV. Jahrhundert einen durcb- greifenden Umbau erfabren, in dessen Verlaufe die urspriinglich basilikaformige Anlage in eine Halle mit beinahe gleich boben Schiffen umgewandelt wurde. Die rechts und links an dem Chor angehangten Capellen, in denen herabbangendeKnaufe und audere Klinsteleien Fig. 21. (Pilsen. — 18 — felder siud mit reicbeu. auf liclitereui Gruiide gemalteu Arabeskeu imiralimt. Gewolberippen und Scbliissteiiie vergoldet. Einige unter dicker Kalktuucbe zum Vor- sebein gekommeiie alte Waudgeinalde wurden von deu Arbeiteru rascb iibertiincbt, ebe Abbildimgeu genommen werdeu konnteu. Au den Masswerken der Fenster lassen sich die Foitschritte des Baues nud die verscbiedenen Perioden sebr deutlicb erkenuen. Die scbmalen boben Cborfeuster entbalten Masswerke einfaebsterArt aus Drei- und Vievpitssen gebildet ; in deuen des Sebiffes berrscbt der flaniboyeute Styl vor, und an der slidlicb au das Presb yterium augelebnten Sternberg'soben Capelle ist der vollsteReicbtbum derSpitt-Gotbik entfaltet. Fig. 23. (Sazava.) Da aucb eine liber deni siidlicbcn Eingang sicb erbe- bende Vovballe einen abnlicben Cbnrakter tragt, stellt sicb der Rau in seiner Gesaiinutbeit, besonders von der Siidostseite ber, als eiu iiberaus reicb decorirter dar. Die Tbiirnie sind mebrmals abgeljrannt und der slidlicbe uicbt wieder aufgel^aut worden; der nordlicbe aber, dessen Dacbuug erst 1835 durcb einen Blitzstrabl zer- stdrt wurde, ist gllicklicb wieder in deu friiberen Stand mit BIO Fuss Hbbe gesetzt worden. lu Beziebung auf iiltere Kunstwerke erscbeint die Erzdeebauteikirebe gliicklicber als die meisten Laud- kircben Bolimens. Vor alien siud zu uenneu. eine 5 Fuss bobe Statue der Madonna mit dem Kiude aus dem XIY. Jabrbundert, ein aus feiuera ^^lergelstein iiusserst zart und geistreicb ausgefiibrtes Bildwerk : ferner einige dermal au denPfeileni angebracbte, aus Holz gescbnitzte Heiligenbguren. Danu siebt man raebrere Reste von Glasnialereien in den Cborfenstern und eine steinerne Kanzel aus derSpiitzeit. als das Scbiff umgebaut wurde. ' Fig. 21 Mittelfenster des Scbifles. Fig. 22 Cbor- feuster. Das Slaveukloster Sazava. Das Presbyterium der ebemaligen Stiftskircbe Sazava, gewobnlicb St. Prokopskircbe genannt. wurde bereits im I. Tbeile S. ol als romaniscber Ban be- sprocben, an welcber Stelle aucb die maleriseben Ruiuen des Sebiffes, als den verscliiedeusten Zeiten augeborend, erwabnt und illustrirt worden siud. Von diesem Scbifte l)esteben uocb die siidlieben Umfassuugsmauern nebst dem Tburnie und die dazwiscbeu bin laufendeu Ar- kaden bis zur Hobe des Dacbgesimses, jedocb obue Gewolbe. so dass der ebemalige Bestand urn so leicb- ter nacbgewieseu werdeu kaun, als der Tburm sicb vollstiiiidig erbalten bat. Das Scbiff war eine dreitbei- lige Halle mit gleieb boben Gitugeu, von denen der Mittelgang von Pfeiieracbse zu Acbse eine Weite von 35 Fuss einbielt, jeder der Kebengange 17' ^ F^i?*- Auf jeder Seite standen drei freie Pfeiler und eiu Tburm- pfeiler. Das Haus war im Licbt 114 Fuss lang und 65 Fuss bocb, alle Gewolbe batten einfacbe Kreuzfonu, wie man an deu woblerbalteneu Widerlagskniiufen erkennt. Neuere Untersucbuugen baben dargetban, dass das Scbiff' zwiscben 1320 — 1330, der Tburm aber um 1350 aufgeflibrt wurde, wodurcb die, I. 33, ausgespro- cbene Vermutbung, dass ein frauzosiscber Baumeister auf diesen Bau eiugewirkt babe, mebrfacbe Bestatigung erbalt. Einige am Tburme augebracbte Pyramiden (Fialen) siud ganz in der "Weise des Meisters 3Iatbias von Arras gezeicbnet, wabrend die Profilirungeu der Pfeiler und Feustergewande sicb mcbr deuen der St. Jacobs- kircbe zu Kuttenberg uiiberu. Die an der siidlieben Hauptmaiier uocb bestebenden F^enster sind dreifeldig und zeigeu reicbe, aber nur durcb einfacbe Kreisver- setzuugen gebildete Masswerke; geschwungene Linieu kommeu bier nicbt vor. Der scblanke slidlicbe Tburm dient gegeuwartig uocb als Glockentburm und wivd durcb macbtige Strebe- pfeiler uuterstlitzt ; der nordliclie Tburm war in Folge des Brandes von 1420 tbeilweise bescbadigt, wurde aber nebst den angrenzenden Mauern und Arkaden des dor- tigen Sebiffes erst im Jabre J840 ganz bis auf den Grund abgetragen , iudem die Landleute der Gegend die Kircbenruine als Steiubrucb ausbeuteten. Reste eines sebr scbonen offeneu Porticus, der zwiscben deu beideu Tbiirmeu eingcfligt war, lassen die ebemalige Gestalt desselben vollstandig erkenuen und verdicnen sowobl ' Die Kirche ijt vor kurzer Zcit in nicht selir gelim jeiier Weise restaurirt "orden, lici welclier Gelegcnheit die fcliuiie Mjirtonnaftatae iieu iiberlakirt und lii~ zur U'lkeii'i'Iit'ikeif entslellt wurde. — 19 — Avegen der eigenthiimlichen Formgebung wie ungemein saubern Steinmetzarbeit die vollste Beachtung. Das Materiale, aus welchem SchifF undThnrm erbaut sind, ist rothlichgrauer Sandstein von trefflichster Be- schaffenheit , eben so dauerhaft als bildsam und zu Knnstarbeiten geeignet. Fig. 24. (Sazava.) Fig. 23 Grimd- und Aufriss eines Pfeilers. Fig. 24 Masswerk eines Fensters. Kleinere Kirchenbaiiten und Kreuzgange. Von der grossen Stiftung des Konigs Johann, dem im Juli 1341 gegriindeten Karthaiiserkloster, welches in der niichsten Umgebiing Prags bei der Onjezder Vorstadt erbaut und gliinzend ausgestattet wurde, hat sich nicht die geringste Spur erhalten, so dass nicht einmal die Stelle, wo das Kloster stand, genau ermittelt werden kann. Ahnlich verhalt es sich mit beinahe alien damals in Prag ausgeflihrten kirchlichen Bauteu und es lassen sich nur einige Reste von Kreuzgangen als Werke dieser Periode bezeichnen. Obenan steht der Kreuzgang des Minoritenklosters St. Jakob in der Prager Alts t ad t, wo sich einige Pilaster mit schon gemeisselten Laubwerken, ahnlich denen des Raudnitzer Klosters, erhalten haben. Konig Johann war diesem Kloster besonders gewogen und pflegte in demselben oft feierliche Handkingen vorzunehmeu oder Festivitaten zu veranstalten. Mit obigen Uberbleibseln stimmen einige gegenwartig durch Neubauten verdeckte Reste des Kreuzganges vom Zderaser Kloster iiberein, eines Baues, dessen bereits im II. Th. S. 68 gedacht worden ist. Es wurden iiberhaupt die meisten Kreuzgange der durch Otakar 11. und Wenzel II. gegriindeten Kloster erst zwischen 1310—1340 ausgebaut, so im Dominica- nerkloster zu Budweis die siidliche Halfte, in den Klostern Goldenkron nnd Osseg die ostlichen und west- lichen Fliigel nebst den dort betindlichen kleinen Capellen. Derselben Zeit gehoren zwei beinahe gleich grosse und gleich angeordnete Kirchen an: die Dechanteikirche zu By d z 0 V (N e u-B i d s c h o w)und die Maria-Himmelfahrts- kirche zu Kutten b erg, beide griindlich umgebaut, so dass an dieser Stelle nur von der ursprlinglichen Anlage gesprochen werden kann. Hier wie dort besteht der Chor aus drei Gewolbeabtheilungen und ist aus dem Achteck geschlossen: drei freie Pfeiler auf jeder Seite theilen die SchilFe ein, indem die Mittelgange bis auf eine geringe Abweichung gleiche Dimensionen einhalten. Doch scheint die Bydzover Kirche auf zwei an der Westseite aufzustellende Thiirme berechnet gewesen zu sein, wahrend die Maria-Himmelfahrtskirche mit einem einzigen im Mittel der Westfront befindlichen Thnrme ausgestattet ist. Diese letztere Kirche wurde von Benes von Laun 1500 in glanzendster Weise restaurirt und wird im IV. Bande ausfiihrlich beschrie- ben werden; die Dekanalkirche in Bydzov aber ist so sehr entstellt und herabgekommen, dass nur ein Sach- verstandiger bei naherer Untersuchung die schone und harmonievolle Disposition zu erkennen im Stande ist. Die Maria-Himmelfahrtskirche zu Kuttenberg be- sitzt ein durchaus eigenthiimliches, in seiner Art viel- leicht einziges Gebilde in der Wolbung des Chorschlus- ses : der Schlussstein namlich enthalt ein Madonnabild mit dem Kinde, wahrend die dort zusammenlaufeuden Gewolberippen zu schlanken Engelfiguren umgewan- delt worden sind. Wir haben eine Beschreibnng dieses Werkes dem der Sculptur gewidmetenAbschnitte beige- schaltet. Die derselben Zeit entstammende , grosstentheils in Ruiuen liegende Maria-Geburtkirche des Dominica- nerklosters zu Nimburg war nach Art gewohnlicher Klosterkirchen mit langem Chor und dreischiflfigem Kirchenhause angeordnet und verdient als umfassender zweitaltester Ziegelbau erwahnt zu werden. Die Ziegel sind hier nur als Verkleidungsmateriale angewandt worden, die Zwischenraume wurden mit Ziegelbrocken und kleinen Bruchsteinen ausgefiillt. Die Fabrication und Anwendung der Ziegel scheint sich demnach von Koniggratz aus entlang der Elbe fortgepflanzt zu haben, da auch die Stadtniauern zu Nimburg und mehrere alte Kirchen dieser Gegend aus Ziegeln errichtet worden sind, wahrend in Prag selbst der Gebrauch vor 1350 nicht nachwiesen werden kann. Profanbauten, Burgeii uuil Befestigimgen. Da Konig Johann nicht gern und nie lang in Bohmen wohnte, scheint er sich auch keinen eigentlichen Liebliugssitz eingerichtet zu haben ; ja, als die alte konigliche Residenz auf dem Hradschin durch ein zufalliges Brandungllick zerstort wurde, vernachlassigte der Konig den Wiederaufbau, so dass der im J. 1333 nach Prag zuriickkehrende Prinz Karl , damals Mark- graf von Mahren, nicht einmal eine standesmassige Wohnung vorfand und in dem Hause eines reiehen Burgers Unterkunft suchen musste. Unter solchen Umstanden kann von einem kiinstierisch ausgestatteten koniglichen Schlosse nicht die Rede sein, obwohl durch die Prachtliebe und auch durch die kriegerischen Verhaltnisse der Zeit viele Burgenbauten und Festungs- anlagen hervorgerufen wurden, auch die Grossen des Landes ungemeinen Luxus entfalteten Die Btirgen Elbogenund Biir glitz, wo sich die konigliche Familie ofters aufzuhalten pflegte, wurden in der Folge total umgebaut, und von den iibrigen meist zerstorten Schlossern besitzen nur weuige solcheMerkmale, welche 3* — 20 — iiiit Entschiedenheit das Zeitalter des Konigs Johann verrathen. Neuliiius uiul Blatua. EinPortal im Sehlosse N e u h a u s, daiin ein BrUcken- tliuvm niit einer aiigranzenden Erkercapelle des Sclilos- ses Blatna diirfen als Werke dieser Periode bezeichnet Fig. 25. (Blatna.) werden. Diese beiden iiocli bewolmten Schlosser sind gleicli vielen anderen Conglomerate der verscliiedeu- artigsteu, tlieils mittelalterlielieii, theils modenieii Bau- ten, welclie alle hundertfacb ubertUncbt und adaptirt wordeu sind. Neubaus ist Stammsitz der Herreu von Velbartic und Neubaus , ehier Nebenliuie des macbti- gen Dynastengescblecbtes Vitkov-Rosenberg, welcbes bereits um die Mitte des XIII. Jabrbunderts ein fast kouiglicbes Anselien im Siiden Bobmens bebauptete. Die Grlindung der weitlautigen Burg Neubaus diirfte der- selben Zeit angeboren, docb baben sicb mit geringen Ausnabmen keine bemerkenswertbeu Reste aus dieser Periode erbalten. Die altesten Tbeile, die Scbloss- capelle, ein an dieselbe anstossendes Vorgemacb und einige in der Nabe angebracbte Steinmetzarbeiten ge- boren, wie dureb Baustyl und Inscbriften dargetban wird, dem ersten Vierteldes XIV. Jabrbundertesan. Man erblickt jene eigentbiiralicb flacbe, durcb Aneinander- reibung vieler Linien bervorgebracbte Grliederung, welcbe wir an dem Haupt-Portal der St. Jacobs-Kircbe zu Kuttenberg keunen gelernt baben. Sonst zeigen diese altereu Partien keine liervorragende arcbitekto- nisebe Ausstattung und das Interesse weudet sicb zunacbst den Wandgemalden zu, welcbe in dem Vor- gemacbe der Capelle angebracbt sind und die im fol- genden Absebnitte illustrirt werden. DasScbloss Blatna(Fig. 25) im PisekerKreise soli von den Tempelberren gegriindet worden sein, welcben aucb die Anlage von Klingenberg und Pisek zugescbrie- ben wird. In wie fern diese Sage begrundet ist, mag dabiugestellt sein, indess baben sicb in Blatna mebrere Anzeicben erbalten, welcbe an das Wirken des Templei'- ordens erinnern. Im XIII. Jabrbunderte gelangte Blatna in den Besitz der Herrn von Strakonic, welcbes Ge- scblecbtmit Wilbelm Landgrafen von Strakonic und Blatna im Jabve 1336 ausstarb, worauf Scbloss und Herrscbaft wabrscbeinlicb durcb Verscbwagerung an die Herren Rozmital oder Rosentbal ilbergingcn. Aus diesem Zeit- punkte scbeinen die altesten Tbeile der Burg, eiil Brilckentburm und eine Erkercapelle berzuriibren, indem bier das Wappen der Strakonic sowobl einzeln stebend wie in Verbiudung mit dem Rozmitaler Wappen vor- kommt. Die Structur des Briickentburmes, in dessen oberem Gescbosse ein capellenartiges mit Wandmale- reieu verziertes Gemacb eingebaut ist, vernitb das Zeit- alter des Konigs Jobaun in unverkennbarer Weise. Blatna gebort zu den sogenannten Wasserburgen, und liegt inmitten eines grossen Teicbes auf einer Insel, Fig. 26. (Blatna.) BLATNA. — 21 — zu welclier eine steinenie, dein Ansclieine nach imXVIII. Jahrhunderte erbaute Briickc fiihrt. Der einzige Eingaiig flihrte eliemals (lurch den Bruckeiitlmrra , an welchen sicli zur Liuken die Capelle anlelint (s. die beigege- bene Tafel). Oberhalb des alterthumliclienThores prangt ein sorgfaltig ausgefiihrtes Doppelvvappen, rechts der bohmisclie Adler, links der weisse Pfeil (das Abzeiclien der Strakonic) zwisclien zwei Eberkopten und einem Lowen , dem Wappen der Rozmital. (Fig. 2G.) Die Capelle bestelit aiis einera zierlicheu Cliorerker imd einem rechteckigen Scliiffe, in welchem aucli die iibliche Emporkirclie nicht fehlt; beide Abtheilungen wie audi das Tliurmgemach (Fig. 27) sind mit Kreuz- gewolben iiberdeckt. Der Ubrige Tlieil des Sclilosses, die Wohn- und Wirthschaftsraume entbaltend, ist in einer genialen Mischung von Gotliik iind Renaissance urn 1600 aufgefiihrt vyorden. Die Wandgemalde in dem Thurmgemache sollen zwisclien 1480 und 1500 auf Vcranlassung des gelehrten Oberstburggrafen Zdenko Low von Rozmital gefertigt worden zu sein und sprecheu in keinem Falle hoheres Alter an. Fig. 27. (Blatna.) Das Schloss imd die Stadtmauern zu Nimburg. Die Stadte Koniggratz und Nimburg sind bereits als diejenigen Orte genannt worden, in denen der Zie- gelbau zuerst im Grossen geiibt wurde; die erstere Stadt hatte sogar wegen ihres befremdlich rotlien Ause- liens die Bezeicbnung „Rothe Stadt" erlialten. Konig Johann hat, w^ie schon erwahnt wurde, die dortigeu Befestigungeu herstellen lassen. Erhalten haben sich iiur wenige Reste dieser Bauten, weil die Stadt zur Zeit dev Kaiserin Maria Theresia nach dem neuen System befestigt wurde, bei welcher Gelegenheit die alten Mauern gr()sstentheils verschwanden. Ein gothisches Thor und nicht ferne davon der Unterbau eines quadra- tischen Thurmes, verbunden mit einer 5 Fuss dicken Ziegelmauer, starren zwischen neuen Wallen als Zeugen alter Zeit empor. Ungleich grossartiger sind die Befestigungswerke zu Nimburg, welche gleichzeitig mit denen in Konig- gratz ausgefiihrt wurden und die heute noch die Nord- seite der Stadt im Halbkreise umziehen, wenn auch die industrielle Neuzeit manche Llicke hindurchgebrochen hat. Auch diese Bauten bestehen meist ausZiegeln und nur hie und da sind Werkstiicke eingelegt. An der Ost- seite der Stadt, welche der herabstromenden Elbe zuge- kehrt ist, erhebt sich auf einem kleinen Hiigel die Deca- nal-Kirche und daneben das landesfiirstliche Schloss, in welchem Konig Joliann und seine Gemahlin Elisabeth otters weilten und das nun als Kaserne dient. Begreif- licherweise oft umgebaut enthalt dieses Gebaude noch immer verschiedene Gewolbe, Thiiren und Fenster, , welche dem beginuenden XIV. Jahrhunderte entstanimen und das ursprungliche Geprilge bewahrt haben. Beson- ders hat der ostliche Schlossfliigel mit einer dazu gehorigen Wasserpforte ein malerisches Anseheu und - zeigt einige fein in Sandstein ausgearbeitete Bautheile. Das Schloss war um einen verschoben viereckigen Hof gelagert , die Hauptfront der Elbe zugekehrt, und wie es scheint, ohne Wartthurm, da ein solcher wegen der die weite Ebene und der denFluss beherrschenden Lage als iibertlussig erachtet wurde. Sammtliche Stadtmauer- thiivme, deren noch einige zwanzig bestehen, haben gleiche quadratische Anordnung nnd stehen je nach den Anforderungen der Ortlichkeit 40 bis 60 Schritte weit auseinander, so dass die Zwischenraume von den Tluirmen aus vollstandig mit Pfeilen und Wurfgeschos- sen bestrichen werden konnten. Die Hohe dieser Thurme betriigt 36, die Seitenausdehnung 18 Fuss, sie treten liber die Stadtmauerflucht je um 8 bis 10 Fuss • vor und es sind die noch erhaltenen jetzt mit Walm- dachern bedeckt, mogen aber ehemals mit Zinnen bekront gewesen sein. Ferner bestehen in Nimburg noch zwei alte Thor- tliiirme, aber nur im Erdgeschosse. Diese interessanten iiberreste haben rechteckige Grundform bei einer Breite von 30, nnd einer Tiefe von 18 Fuss, indem die Thor- offnung eine Weite von 13 Fuss einhalt. Oberhalb der kritftig profilirten Thorbogen waren an den Aussenseiteii sogenannte Pechnasen angebracht, daneben schmale LiTgfeiister; innerhalb sieht man die Vorkehrungen, durch welche iiberaus machtige Fallgitter in Bewegung gesetzt werden konnten. Wenn auch keine directen Nachrichten vorliegen, dass die Nimburger Befestigungeu unter Kcinig Johann ausgefiihrt wurden, sprechen doch so gewichtige Grlinde flir diese Thatsache, dass sie nicht wohl in Zweifel gezogen werden kann. Es stimmen diese Bauten niclit nur mit denen zu Koniggratz Uberein und sind aus Ziegelnvon derselben Form und Beschafifenheit erriehtet, soudern sie l)ehaupten zwischen den alteren, meist mit Rundthiirnien versehenen Stadtmauern und den spiiteren unter Kaiser Karl erricliteten mehr malerischen Anlageu eine unabhiingige Zwischenstellung. In Nimburg und Koniggratz fehlen jene decorativen Ausstattungen, Erkerfenster, Giebelaufsatze, Verkragungen u. dgl., welche spaterhin reichlich gebraucht werden, noch ganzlich, wiihrend die derfriiherenPeriode angehorenden Mauergange und Halbthiirnie aufgegeben sind. Andev- weitige, diesem Zeitalter entstammende Profanbauten konnen nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, wenn auch hie und da, namentlich in den Stadtburgen, — 22 — manche beachtenswerthe Reste sich erhalten haben mogen. Nimburg selbst hat innerhalb der jiingstver- flossenen zwei Decennien vieles von seinem alterthiim- lichen Charakter verloren, und es diirften in Folge des ziinehmenden Eiseubahnverkehrsaucli die besprochenen Stadtmauern bald ganz verschwunden sein. Die Briicke zu Raudnitz. Noch vor wenigen Jahren ragten am linken Elbe- ufer bei Raudnitz machtige Triimmer von Gussraauern aus dem Strome empor, die Uberreste jener Briicke, welche Bischof Johann IV. durch den aus Avignon berufenen Meister Wilhelm hatte erbauen lassen. Diese Briicke wurde im Verlaufe des dreissigjahrigen Kvieges durch den schwedischen General Banner zerstort und wegen Mangels an Mitteln nicht wieder aufgebaut. Als ich im Jahre 1845 die Stadt Raudnitz fiir langere Zeit besuchte, waren der linke Landpfeiler und der nachst- gelegene Strompfeiler noch in solchen Zustande, dass sich die Gestalt und Construction der Briicke ohne Miihe nachweisen liess und nur beziiglich der Gesammt- lange sich einige ' Zweifel ergaben, weil das tiefgele- gene rechte Ufer mehrfache iinderungen erlitten hatte. Seitdem sind die erwahnten Reste in Folge einer an dieser Stelle vorgenommenenBahnhofserweiterung abge- tragen worden, und es lassen sich nur bei niedrigem Wasserstande die Spuren einiger Mittelpfeiler er- kennen. Den 1845 vorgenommenen Untersuchungen zufolge diirfte die Gesammtlange der Briicke gegen 550 Fuss betragen haben , indem sieben freie Pfeiler bestimmt werden konnten. Die Anzahl der Bogeuofifniiugen betriig mithin acht, wobei jedoch unentschieden ist, ob auf dem rechten Ufer einige Landdurchlasse bestanden. Die Bogen waren halbkreisformig bei einer Spanuweite von 48 bis 50 Fuss , die Pfeiler batten eine Breite von circa 20 Fuss. Das am Landpfeiler anstehende Bruehstiick der Wolbung zeigte, dass die Bogen aus keilforniigen, nach der Schablone behauenen Sandsteinquadern ge- fiigt waren und dass alle Bogensteine die gleiche Hohe von 2 Fuss einhielten. Aus den Pfeileru traten drei- eckige Vorhiiupter (.Schutzpfeiler) vor, ganz aus Qiia- dern construirt; die Pfeiler aber waren nur mit grossen Werkstiicken verkleidet und der Kern mit Guss- niauerwerk nach romischer Weise ausgefiillt. Dieser Mauerguss hat sich fester als das Quadervverk bewahrt und bestatigt , dass die altromische Bautechnik im siidlichen Frankreich bis tief herein in das Mittelalter beibehalten worden war. Die Breite der Briickenbahn mochte zwischen 12 bis 15 Fuss betragen haben, welche Breite fiir__ die obwaltenden Verhaltnisse vollkommen ausreichte. Uber die sonstigen Ausstattungen besitzen wir keine Kunde. Der Domherr und Chronikenschreiber Franciscus erzahlt, dass der Bisohof nach Ablauf eines Jahres den Meister Wilhelm und die Werkleute, welche er mitge- bracht, reichlich beschenkt in ihre Heiraat zuriickge- schickt liabe, nachdem sie ein einziges Joch der Briicke vollendet hatten. Er sagt ferner, die beigegebenen bohmischen Arbeiter hatten wahrend dieser Zeit die Kunst des Briickenbaues den Franzosen abgesehen und sodann das Werk der Vollendung zugefiihrt. Diese Beliauptung beruht auf einemlrrthume, deren in den Auf- zeichnungen des Franciscus gar manche vorkommen. Um einen Landpfeiler, einen freien Pfeiler und die dazwischen betindliche Wolbung herzustellen , bedurfte man damals wenigstens fiinf Jahre , denn es mussten erst die Steine gebrochen und vorgerichtet, dann ein zum Wasserbau tauglicher Kalk aufgefunden werden, zii welchen Vorarbeiten der Zeitraum von einem Jahre nicht ausreichte. Auch ist selbst in unsern Tagen trotz der unermesslichen Fortschritte, welche die Technik gemacht hat, kein Meister der Welt im Stande, inner- halb Jahresfrist unkundige Arbeitsleute so abzurichten, dass sie ohne ternere Anleitung einen sehr schwierigen Briickenbau ausfiihren konnten. Ferner ist zu bemer- ken, dass die Elbe an dieser Stelle bereits einen mach- tigen Strom bildet, der dreiStunden oberhalb dieMoldau aufgenommen hat und dass das Flussbett zusammen- gedrangt, folglich der Strom tief und reissend ist. Briicke zu Pisek. Uber das Alter dieser wohlerhaltenenen Briicke besitzen wir keine andere Nachricht, als dass sie in einem urns Jahr 1480 gefertigten Wandgemalde, welches sich im Rittersaale der Piseker alten Burg befin- det, bereits abgebildet ist. Der ganze Bau ist aus miissig grossen Granitquadern aufgefiihrt und halt ohne Zuzahlung der Landpfeiler eine Lange von 280 Fuss bei sieben Bogenciffnungen ein. Die Bogen sind halb- kreisformig, ihre Spannvveite wechselt zwischen 22 bis 2GFiiss, eben so wechselt auch die Pfeilerbreite von 12 bis 16 Fuss. Nur der erste nachst der Stadt gele- gene segmentartige Bogen hat eine Weite von 50 Fuss und scheint in spaterer Zeit eiugefiigt worden zu sein, vielleicht, indem man zwei Joche in ein einziges umwan- delte. Die Gewolbesteine sind nicht sorgfaltig bearbei- tet und haben nur eine Hijhe von 15 bis 18 Zoll; die aus dem Dreieck gezogenen Vorhiiupter steigen bis zur Hohe der Briickenbahn auf, wie dieses die Wotawa, ein Avilder Gebirgsfluss, bedingte. Uberhaupt zeigt der Bau eine sehr massige Anlage, indem die Pfeilerdicke mehr als die Halfte der Bogenoffnung betragt, ja sogar zur Rechten und Linken des Mitteljoches sich wie 2 : 3 verhalt. Der Sage nach soil diese Briicke im Jahre 1300 erbaut worden sein, und es wurden einige an einem Geliindersteine angebrachte Buchstaben also ausgelegt. Sichergestellt ist nur die vorhussitische Bauzeit; ob jedoch die Ausfiihrung friiher oder spater bewerkstelligt worden sei, bleibt fraglich. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde dieser Bau durch Bischof Johann IV. angeregt, aber erst wahrend derRegierung des Kaisers Karl begon- nen, als der Briickenbau zu Prag einige Fortschritte gemacht hatte. — 23 — Sculptur. Wir haben aus deu vorbergeheuden beideu Tbeileu erseben, dass Werke der Bildhauerei im Vergleicb mit deaen der Arcbitektur zu den Seltenbeiteu geboren und diese Kunst uur in einigen KlSstern geiibt worden zu sein scheint. Die auf uns gekommenen Sculptiiren, so\yobl des romaniscben wie Ubergangs-Styles, zeigen eiu ziemlicb derbes Gepriige, wenn audi an den meisten ein gewisser Scbwung und einiges Naturstudinm benierkt werden kann. Im Anfange des XIV. Jabrbun- derts gibt sicb zwar uocb keine erbobte Tbiitigkeit kund, dock sprecben die wenigen auf uns gelvoninienen Bildwerke nicbt allein tecbniscbe Fortscbritte und eine ungleicb feinere Durcbbildung^ sondern vor allem eine bober gesteigerte geistige Richtung aus. Es war eben ein anderer Geist eingezogen mit der neuen Dynastie. Sculptirter Sehliisstein in der Maria-Himmel- falirtskirche zu Kutteiiberg. Dieses bocbst originelle, vielleicbt einzige Gebilde befindet sicb im Cborscblusse gerade oberbalb des Hauptaltars.Der Scblussstein, auf welcbem dietbronende Himmelsl<.onigin in bocberbabener Arbeit angebracbt ist, bat ovale Form und springt mit 18 Zoll iiber die Gewolbflacbe vor. Drei Ideine freigearbeitete Engels- kopfe seben liber den Rand des Scblusssteiues beriiber, wiibrend die fiinf bier sicb vereinenden Gewolberippen zu Engelsgestalteu umgebildet sind, von denen zwei Weibraucbfasser, die ubrigen Sprucbbander balten. Die Darstellung siebt altertbumlicb aus and erinnert einigermassen an die karyatidenartigen Figuren des beruhmten Scbotten-Portals zu Regensburg; die Zeiob- nuug der Figuren und insbesoudere der Gewiinder verratb das beginnendc XIV. Jabrbundert. Der Cbor dieser Kircbe wurde nacbweisbar um 1320 vollendet und bat keine Besebadigung im Laufe der Zeit erlitten. St. Aegydius, Relief in Nimburg. Die walirscbeinlicb zur ZeitOtakars II. gegrundete, aber mehrmals abgebranute Pfarrldrcbedesbeil. Agydius iuNimburg besitzt ein beinabe in Lebeusgrosse gebaltenes Hautrelief, den Titelbeiligen darstellend, welcbes offen- bar im Bogenfelde eines Portales seine Stelbuig batte. Kacb einem Brande, welcben das Bildwerk zwar iiber- dauert bat, dessen Spuren aber deutlicb zu erkenneu sind, wurde es an einem Strebepfeiler eingemauert und in neuerer Zeit uocb einmal umgesetzt. Der Heilige ist abgebildet, wie er den Segen ertbeilt; neben ilim kniet zur Linken eine nur etwa den dritten Theil so bobe Figur in betender Stellung, der Donator; die gegen- iiberstebende Figur reclits scheint darch den Brand zerstort worden zu sein. Die Haltung des Heiligen ist edel, der Kopf ricbtig gezeicbnet und scbon modellirt; dabei sind die Ge wander mit Umsiclit gelegt und natur- gemass bebandelt, nur die kurzen Beine und iiber- massig grossen Hande (ein cbarakteristiscbes Zeicben dieser Periode) lassen erkennen, dass die Kunstfertig- keit des Meisters mit seinem WoUen nicbt immer glei- cben Scbritt bielt. Das Relief ist aus feinkornigem Sandstein gemeisselt, die Biscbofsmiitze und andere vortretende Tbeile sind durch den Kirchenbrand abge- sprengt worden, (Fig. 28.) Fig. 28. (Nimbui'g.) Sclmitzwerlve in der Teinkirclie zu Prag. Unter den Sculpturen, deren die mit Kunstwerken reicb ausgestattete Teinkircbe zu Prag mebrere entbalt, maclit sicb zuerst eine in Holz gescbnitzte Tafel von 26 Zoll Hobe und 20 Zoll Breite bemerkbav , welcbe scbon beim ersten Anblick als das Bruchstiick eines grossereuFliigel- Altars erkannt wird. In derRegierungs- zeit des Konigs Jobann wurden mebrere Altare in diese Kircbe gestiftet, namentlicb ein Frobnleicbnamsaltar, — 24 — dem das zu besprechende Werk eiitnommen sein diirfte. Diese bemerkenswerthe Schnitzerei wird von Mikovec Fig. 29. (Prag.) in dem ofters angefiihrten Sammelvverke „Altertliumer iind Denkwiirdigkeiteu Bohmens" unter dem Titel „Pieta" beschrieben, wiewohl eigentlich die Grab- legimg Christi davgestellt ist. Die Aiiordnung der aus acht Figuren bestehenden Gruppe ist symmetriscli und zugleich lebensvoU; zur Linken niht Maria, die Mutter Cliristi, das Haupt des Sohnes mit den Knieen unter- stiitzend; reclits zu den Fiissen der Leiclinams knict Maria Magdalena mit dem Salbengefasse in der Hand. Hinter diesen den ganzen Vordergrund einnebmenden drei Gestalten stelit Joseph von Arimathea in der Mitte, auf der einen Seite zwei klagende Frauen, auf der anderen zwei Jiinger. Die gleichen Vorziige und Mangel, welche wir an der Darstellung des eben geschilderten heiligen Agydius kennen gelernt haben, treten auch an diesem Gebilde hervor: neben sehr gelungener Anordnung und meisterliaft gezeichneten Kcipfen bemerken wir die geriigten plumpen Hiinde und Fiisse, dann die verkiirzten Untertheile der Figuren wieder. Diese Fehler erscheinen um so bemerkens- werther, als sie wesentlich zur Zeitbestimmung beitra- gen, iudem in der zweiten Hiilfte des Jahrhunderts iibertrieben schlankc Gestalten in die Sculptur einge- luhrt werden. Ein fernerer Beleg, dass sowohl das Relief zu Isimburg, wie das eben bescliriebene, der Zeit des Kiinigs Joliann entstammen, ergibt sich aus den vor- kommenden Tracliten, besonders den laugen lierab- haugenden Sclmabelschuhen, welche um 1310 in Boh- nien Eingang gefunden haben. In der Composition lasst sich eine gewisse Annahe- rung an die altere Niirnberger Schule nicht verkennen, weiin auch hier jener geistreiche Linienfluss fehlt, welcher die Werke eines Schonhofer auszeichnet. Derselben Zeit und Richtung gehort die lebens- grosse, in einem Thronsessel sitzende Madonnastatue (Fig. 29) an, welche von Kugler in seinen kleineren Schriften rithmend hervorgehoben Avird und die gegen- wartig auf einem Seiten-Altar der Teinkirche ihren Platz cefunden hat. In dieser Schnitzarbeit siud die Harten, an denen die vorbeschriebenen Gebilde leiden, gros- stentheilsabgelegt, ohne dass jedoch die Eigenthlimlich- keiten der Periode verwischt worden waren. In Bezug auf die Marientigur kann man nur Kuglers Worte, durch welche diese Sculptur den edelsten Erzeugnissen mit- telalterlicher Kunst beigezahlt wird, unterschreibeu: an dem Kinde gewahrt man noch eckige Bewegungen und verzeichnete Hande. Zahlreiche alterthlimliche Marien- bilder, welche in den Landkirchen getroffen werden und von denen unentschieden bleibt, welcher Zeit sie angehoren, konnen hier fiighch ubergangen w erden um zur Betrachtung der Malerwerke liberzugehen. — 25 — Malerei. tiber Verbreitung und Fortschritte der Malerei be- sitzen -wir ungleich zuverlassigere Nachrichten, als uns in Bezug auf Sculptur zu Gebote stehen ; audi haben sich in diesem Bereiche umfassendere und bedeutungs- vollere Denkmale erhalten. Dem Alter nach gebubrt den Miniaturwerken der Vorrang, in denen sich der Geist des Jahrhunderts mit besonderer Scharfe spiegelt. Das Passionale der Prinzessin Kunigimde. • Dieser beriihrnte Codex besteht aus 36 in massigem Quartformat gehaltenen Blattern und ist der Aebtissin des St. Georgsklosters Kunigunde, einer Tochter des Konigs Otakar II., gewidmet. Das Buch ist auf feines Pergament mit schwarzer sehr lesbarer Minuskelschrift, die Titel abermit Mennigfarbe geschrieben, die einge- ilochtenen Bilder sind mit Aquarellfarben diinn getuscht, die Conturen mit einer nicht verfliessenden Tinte vor- gezogen und die Schatten leicht mit dem Piusel angedeutet. Vergoldungen , mit denen die alteren Miniaturen sehr reichlich ausgestattet sind, fehlen hier beinahe ganz, und von dem glanzenden Farbenauftrage sowohl der friiheren wie spateren Werke lindet sich keine Spur. Fiir diese in damaliger Zeit auffallenden Mangel suchten die beiden Verfasser, der Dichter wie der Schreiber, durch gewahlte Zeichnung und feine Charakterschilderung zu entschadigen ; sie scheinen auch sicher gewesen zu sein, dass ihre Arbeit bei der hohen Dame gunstige Aufnahme tinden werde. Auf dem ersten Blatte sehen wir die Prinzessin Aebtissin, eine schlanke Gestalt mit angenehmen, noch jugendlichen Gesichtszugen in einem Thronsessel sitzend. (Der Maler diirfte wohl ein bischen idealisirt haben, da Kunigunde damals siebenunddreissig Jahre zahlte, wahrendsie imBilde als zwanzigjahrig erscheint.) Vor der Aebtissin knieen links der Verfasser FraterColda, derihr sein Buch iibergibt, hinter ihm der Schreiber Cano- nicus Benes, beide in sehr verkleinertem Massstabe gezeichnet. Zur Rechten erscheint die Priorin mit dem Convente, achtFrauengestalten, alle gleich der Aebtissin in die Tracht der Benedictiner-Nonuen gekleidet. Oberhalb der Zeichnung stehen die Worte: ,,Chuni- gundis abbatisa monasterii Sancti Georgii in castro pra- gensi serenissimi boemie regis diTii. Ottakari secundi filia. " Rechts bei der Frauengruppe liest man: „priorissa cum conventu." Zur Linken neben dem Verfasser Colda steht: „Frater Colda lector de sancto Clemente ordinis fratrum predicator. egreg. dictator hujus libri." Eine neben Benes augebrachte Schrift lantet: „Benessius canonicus Set. Georgii scriptor ejusdem libri.'' Nun folgt die Zeitangabe : ndaf^prage anno domini millesimo trecentesimo duodecimo (131'i) sexto ante calendT' septenibris.'' 1 S. auch Joh. Erasmus Wo eel Miniaturen aus Bohmen. Mit. d. C. C. f. Baudenkmale V. (1860) S. 75—84. Wir haben also in diesem Passionale ein vollkom- men beglaubigtes, dem Jahre 1312 entstammendes Werk vor uns , welches mehr als irgend ein zweites geeignet ist, Anhaltspunkte fiir die Zeitbestimmung Fig, 30. (Prag.) anderweitiger Malereien und Sculpturen zu gewahren und die hereinbrechende neue Kunstrichtung erkennen zu lassen. Mit Ausnahme von zwei vielleicht aus einem anderen Codex herriihrenden und hier eingefiigten Blattern erweist sich das Bucb in alien Tlieileu nnd es sind uur einige wenige Stellen von Hand liberarbeitet worden. welehe Umanderung leioliT von dem alten Bestande untersohieden konnen. als edit spiiterer en aber werden Fig 31. Prag., Eine ferncre Eigenthiimlichkeit, durcb welcbe sicli die im Passionale entbaltenen Miniarnren von alien friiheren unterscbeiden. bestebt darin. dass die ber- komnilicben. naeb romaniscber oder altitalieuisoher Weise gebildeteu Initialen mit ibreu Blatterversoblingun- gen vermieden sind nnd die vorkommeuden Eandverzie- rungeu aus strenggotbisobeu Masswerken besteheu. Gleicb den lUustrationen zeichnet sicb auch der Text dnrob nenartige Form aus. wie scbou das Titelblatt. auf welcbem die Leidenswerkzeuge abgebildet sind. audeu- tet nnd das mit den "Worten beginnt: „Hie est clipeus. arma et insignia invictissimi militis qui coguominatus est victor cum quinque vulneribus-. Dieser Uberscbrift entsprecbend folgt die Leidens- gescbiobte Cbristi in Form einer Parabel. wie ein edler kouiglicber Bitter, der sicb mit einer scbonen. von einem Eiiuber entiilbrten Juugfrau verlobt batte. ansziebt. urn dieselbe zu befreien. Xacb vieleu Kiimpfen geliugt es dem Bitter, seine Brant aufzufinden. ibre Fesseln zu losen nnd sie an seineni Eeicbe tbeilnebmen zu lassen. In einer Reibe von seeks Bildern wird diese Parabel illustrirt: man erbliekt zuerst die Verlobung. indem der Briiutigam seiner Brant den Eing an den Fin- ger steckt. woraufim zweiten Bilde der Eauber erscbeint. welcber in knieuder Stellung der gekronten Jungfrau einen Apfel uberreiebt. Im dritten Bilde stosst der Eauber die Braut in einen Feuerofen. wabreud ihr die Krone vom Haupte fallt. Das vierte Bild zeigt den Bitter im vollen Wali'euscbmncke zu Pierde, er gegen den Eauber anspreugt nnd denselben mit der Lanze durcbbobrt. luderfolgendenlllnstratioufnbrt er die erloste Braut an der Hand aus dem Feuerofen berans. Das seebste Bild endlieb stellt die Wiederbekronung der Braut dar : sie sitzt mit gefalteten Hituden demutbs- voU auf dem Tbrone. wabrend der Briiutigam ibr die Krone aufsetzt. Am untern Eande des Blattes steben die "Worte: explicit parabola, sequitnr exposicio. Der Aufang der nun folgenden Erlitnterung lautet: ..Homo iste nobilis est Dei et bominum mediator, bomo Cbristus Jesus, libus Dei beneJicti. ■■ Daraitf werden Scbiopfnngsgescbicbte. Slindenfall nnd Vertreibnng aus dem Paradiese in berkommlicber Weise gescbildert nnd durcb Eandzeicbnnngen verdeutlicbt, daun wird erziiblt, welcbe Anstalten der Herr getroffen babe , um die gefalleue Mensebenseele von denBauden des Satans zu erlosen. Xtmmebr gebt das Bucb znr Erklarung der Leidensgescbicbte liber, indem Verkiindigung nnd G-e- burt Cbristi voraugesetzt werden. Olberg. Gefangen- nebmung. Doruenki-onung. Geisselung. Kreuztragnng, Kreuziguug. Kreuzabnabme. Grableguug nnd Auferste- buug werden in iiblicber Reibenfolge durcb kleine scbarfgezeicbnete Bilder vorgetiibrt. worauf verscbie- dene zum Tbeil unverstandlicbe Anspielungen einge- tlocbten sind uud der Text wieder zur Parabel zuriick- kebrt. In dieser zweiten Abtbeilnng. die einer etwas spiitern Zeit angebort. tlnden sicb die scbiinsten Bilder. nnter deneu die trauernde Maria nnd die Erscbeinung Cbristi. dann ein mit besonderem Fleisse ausgefubrtes Antlitz des Heihinds mit der Uberscbrift: ..veronica- - bervorragen. Der bobe Wertb dieses Passionale liegt ausscbUess- licb in den entbaltenen Malereien. welcbe nacb demAns- >prucbe Scbnaase's zwar in Beziebung auf Zeicbnung nnd gefiillige Haltung nicbt mit gleicbzeitigen franzosi- scbeu uud aueb nicbt mit deutscbeu Arbeiten wetteifern, aber ..eine Grossartigkeit der Auffassnng, eine Feinbeit des Sinnes und namentlicli — 27 — eine Schonheit tier Linien" beurkimden, wie sie kein anderes gleichzeitiges Werk in diesem Masse bietet. Die-Dicbtung selbst erscbeint im Vergleich mit den Miniatnren von untergeordneter Bedeiitung, die Vortragsweise der Parabel oft schleppend und allzu haufige Wiederbolnngen enthiiltend. Dabei aber spricht Frater Colda in einem Epiloge mit sichtlichem Wohl- gefalleu von seiner Dichtung, deren erste Abtheilung er in drei Tagen abgefasst baben will, die zweite Ab- theilung babe er binnen zv^^ei Tagen zusammengestellt. Scbliesslicb ist noch zu erwahnen, dass die in grosserem Masstabe ausgeflihrten Zeichnungen des Canonicus Benessius, insbesondere die Abbildung der im Thronsessel _sitzenden Prinzessin Kunigiinde, eine so auffallende Ubereinstimraimg mit der besprochenen thronenden Maria in der Teinkirche aussprechen, dass ein iinmittelbarer Zusammenhang und eine Gleicbzeitig- keit dieser Werke angenommen werden dart. Die beigegebenen Abbildungen sind in der Grosse derOriginale gehalten und erklitren sowohl die Behand- lung der Figuren wie derRandzeichnungen. Fig. 30 stellt die trauernde Maria, Fig. 31 die Kronung der Him- melskonigin dar. Die mit der Lobkovic'schen Bilderbibel zusam- meiigebimdene Weiizelslegeiide. Von diesem schon im ersten Theile S. 98 — 99 beschriebenen Codex gehoren nur wenige Blatter der alteren Periode an, die Mehrzabl schreibt sicb aus dem XIV. Jabrbundert und stimmt bezilglich der Tracbten genau mit der Scbilderung iiberein , welche Peter von Zittau, Abt zu Konigsaal, dessen bis zum Jabre 1338 reichende Cbronik fiir die Gescbicbte desKonigs Johann von unschatzbaremWerthe ist,uber die Veranderung der Sitten und Gebraucbe wahrend der Regierung dieses Konigs gibt. Nacbdem der geistreiche Chronist sieh iiber die einreissende Leicbtfertigkeit beklagt, erzablt er, dass die Manner ganz die mannlicbe Wiirde verlaugueten und sicb die Haare zurecbt legten wie die Franen, dass einige sicb die Haare rollten gleich einem Wollspinner, andere es mit dem Brenneisen bearbeiteten, damit es sicb krausle und zierlich iiber die Schultern berabwalle. Die alte Form der Miitzen sei ganz ausser Gebrauch gekommen, und in den Kleidern berrsche solche Ver- scbiedenbeit,wie sie nur eine ziellosePbantasieerdenken konne. Man erblicke enge kurze Gewander mit einem am Elbogen berabhangenden Scbwanzchen, das wie ein Eselsobr herumbaumle. Lange, oben zugespitzte Hute von verschiedenen Farben werden in den Stadten getragen, wahrend der Landmann mit langer und weiter Kapuze einbergehe. Stiefel und Hosen driicken Fiisse unci Schenkel aufs Unbequemste, so dass die alteren und weiseren Manner dariiber nur lachen miissten. Diesem Berichte fligt der Domherr Weitmiihl um 1350 bei: „Gegenwartig eignen sicb die Bohmen nach Art der Affen alle tadelnswerthen 8itten an, die sie in andern Landern bemerken. Was die Kleidung anbelangt, halten sie sicb nicbt mehr an den Gebrauch der Voraltern, sondern tragen sogar schandliche Gewander, die unsitt- lich erscbeinen und so eng sind, dass man darin kaum athmen kann. Die Manner tragen um die Brust grosse seidene Wiilste, als ob sie Weiberbriiste batten, und schniiren den Leib zusammen, dass sie Windbunden gleichen. Auch die Miitzen tragi man ganz klein, so dass vier aus einer Elle geschnitten werden ktinnen, dabei ist eine Art Verbriimung angebracht, welche um den Hals geschlungen wird und den Halsbandern der Bauernhunde gleicbt, mit welchen diese gegen den Biss der Wolfe gesichert werden. Die Schuhe sind mit ungeheuer langen Schnabeln oder Nasen verseben, die abwiirts hangen, so dass man nur unsicher auftreten kann." — Die .Schnabelschuhe namentlich sind den beiden Cbronisten gleich sehr verhasst,und sie bezeicb- nen dieselben ausdriicklich als Neuerungen, welche erst unter Konig Johann eingefiihrt worden seien. Alle von den beiden Cbronisten geriigten Aus- schreitungen der Tracbten sind in der Lobkovic'schen Bibel zu erblicken, so zwar, dass man das Uberhand- nehmen der neuen Moden Schritt fiir Schritt verfolgen kann, etwa wie man heutzutage die Verbreitung der Crinolinen und Chignons aus den Modejournalen ersieht. In dieser sorgfaltigen, mebrere Jahrzehnte fortgesetzten Aufzeicbnung der Tracbten beruht der eigentliche Werth der sogenannfen Bilderbibel, welche in kiinstlerischer Beziehung tief unter dem Passionale steht, auch keinen inneren Zusammenhang besitzt und von verschiedenen Zeichnern, zum Theil von Schiilern angefertigt worden ist. Etwa die ersten zehn Blatter, Illustrationen des alien Testamentes enthaltend, gehoren dem Schlusse des XIII. Jahrlmndertes an und zeigen alterthiimliches Ge- prage. Eine diesen ersten Blattern entnommene Dar- stellung der Finsterniss wurde I. 99 wiedergegeben. Nun folgen einige fiinfzig Blatter, welche offenbar von einer etwas spateren Hand gezeiehnet worden sind und die mit minutiosester Treue die wahrend Konig Jobanns Regierung iiblichen Tracbten schildern. An diese Zeich- nungen schliesst sicb ein Fascikel von Wiederbolnngen und Versuchen an, vielleicht willkiirliche Einschal- tungen des Buchbinders. Den Schluss bildet eine Illustration der Wenzels-Legende, eine mit dem Vorher- gehenden gar nicbt in Verbindung stehende Zugabe welche gegen die Mitte des XIV. Jahrhunderts entstan- den sein mag und hohen Werth besitzt. Auf dem letzten Blatte dieser Legende hat der Maler sein eigenes Bild- niss mit der Inschrift „Velizlaus" angebracht, woraus jedoch nicbt gefolgert werden darf, dass dieser Maler den ganzen Codex gefertigt babe; die Inschrift scheint sicb vielmehr ausscbliesslich auf die Legende zu bezie- hen. Ein Domherr Velislav wird von 1341— 1344 als koniglicher Schreiber angefiihrt, und dieser scheint, da die Schreiber gewohnlich Illuminatoren waren, der Urheber gewesen zu sein. Ich kenne diese Bilderbibel seit vielen Jahren und babe sie erst vor kurzer Zeit aufs neue untersucht, kann aber mit Professor Dr. Wo eel nicht iibereinstimmen, welcber darin ein einheitliches Werk erblickt und das Ganze dem Velislav zuschreibt. Der eben benannte klirzlich verstorbene riihmlich bekannte Archaologe hat der besprochenen Bilder- bibel eine ausfiihrliche, mit vielen Abbildungen ver- sehene Abhandlung gewidmet, welche 1871 im Ver- lage der k. bohm. Gesellschaft der Wissenschaften erschienen ist. Der kiinstlerische Werth des Bilder- werkes wird in Wocel's Schrift iiberschatzt, wenn auch zugegeben wird, dass Anfang und Ende sorgfaltiger durchgefiibrt seien, als die mittlere Partie. Die in 4* — 28 — Wocel's Schrift beigesclialteten Abbildungen der Trach- ten verdienen alles Lob iind bestatigeii zugleich unser oben ausgesprochenes Urtheil iiber diesen Codex. Seriptum super apocalypsira. Wir erwabnen diesen, der au kostbaren Werken iiberaus reicheii Bibliotbek des Prager Doracapitels angehorenden Codex bauptsachlich aus dem Grunde, weil zwischen demselben imd den Passionale der Kuni- gunde cine grosse geistige Verwandtscbaft bestebt. Die vorliegende Erklarimg der Apokalypse ist aber nicht in Bobmen, sondern wie aus zaWreicben Argu- menten erbellt, im siidlichen Frankreicb; wabrscbein- licb in Avignon, entstanden und durfte schon zur Zeit des Konigs Jobann nach Bobmen gebraclit worden sein. Das Bucb war urn's Jabr 1460 im Besitze des Prager Domdecbauts Doctor Wenzel aus Krumau und ging von diesem an die Dombibliotbek liber. Das Werk ist in Quartformat gebalten, in doppel- ten Spalten auf Papier gescbrieben und rait 85 Feder- zeicbnungen ausgestattet, welcbe meist in 7 bis 8 Cm. boben Querstreifen die Blatter durehziehen, mancbmal aucb eine gauze Seite ausfiillen. Die Zeicbnungen sind mit scbwarzer Tusebe von sicbererHand gezogen, olme Angabe von Scbattirungen, nur bat der Zeiebner fiir gut befunden, bie und da mit starkeren Stricbeu nacbzu- belfen, um die Figuren mehr abzurunden. Jener gefal- lige, etwas romanisireude Vortrag, welcber die franzosi- seben Miniaturen kennzeicbnet, macbt sicb scbon bei fluelitigcm Uberblick benierkbar, dabei offenbart sicb ein so durcbgebiideter Scbonbeitssinn, dass man diese Illustrationen den vorzliglicbsten Leistungen gotbiscben Styles beizableu darf. Wie im Passionale konnnen bier weder verzierte Initialien nocb arabeskenartige Raud- zeicbnungen vor : die Darstellungen sind entweder durcb einfaebe Linien oder durcb gothiscbe Masswerke umzo- gen, bie und da werden aucb zwei aneindergereihte Bilder durcb einen zwiscbengestelltenTburm oderBaum getrennt. Die Laubkronen der Biiume sebeu immer aus wie Artiscbockeu oder Tannenzapfen, und nur ein vor- kommender Weinstock ist deutlicb cbarakterisirt. Merk- wiirdigerweise sind die Umrabmungen der Bilder in alterthiimlicb stronger Gotbik gebalten, die zablreicben in den Darstellungen augebracbten Gebaude und Ge- ratbscbafteu aber zeigen eber eine Hinneigung zum romaniseben Style. Alle arcbitektoniscben Linien sind aus freier Hand gezogen und nur an den Einfassungen ist der Gebraucli desLineals zu bemerken. i Dieselben Eigentbiimlicbkeiten zeiclmen aucb die im Passionale entbaltenen Miniaturen aus, wie aucb Benes- siiis mit dem unbekannten franzosischen Meister bezug- licb der Anordnungsweise iibereinstimmt. Zeigt der Franzose unifassendere Kunstkenotnisse, sind dem bob- miscben Kiinstler eine ungleicb grossere Gefiiblstiefe und naturgemassere Anscbauung eigen. Wandgenialde in Neuliaus. In dem als Baudenkmal scbon erwiilinten Scblosse Neubaus wurden bereits im Jabre 1838 Spurcu alter Wandgemalde entdeckt, welcbe in unbekannter Zeit ilbertilncbt worden waren. Nacbdem der Bcsitzer des Scblosscs Graf Eugcn Oernin die llberzeugung ' Zum ncunliuiidcT(jHhri|,'cn JubiUium die Piagcr Tiisthums hat das Dora- Capitel auf iihototyiJi'K-liemWcgc cine Facsimilirung des „scriiitum" veranstaltet. gewonnen batte, dass diese Malereien kunstgescbicht- lichen Wertb besitzen und eineu zusaramenbangenden Cyklus bilden,liess er dieKalktUnche vorsichtigablosen worauf zwei llbereinander binziehende Reiben von Bil- dern zum Vorschein kamen, welcbe bald als eine Illustration der St. Georgs-Legende erkannt wurden. Das Gemach, worin diese Malereien aufgefunden wurden, granzt an die alte Seblosscapelle an, ist 21 Fuss lang, 18 Fuss breit und von einem einzigen Fenster erleuch- tet. Die Decke ist nicbt mebr die urspriinglicbe, indem gegenwartig ein flacbes modernes Gewolbe bestebt, wabrend die Construction des Gemaches eine getafelte Holzdecke andeutet. DieBilderstreifen sind 3 Fuss bocb und je oberbalb mit einem 6 ZoU breiten Saum eingefasst, _auf welcbem die einzelnen Darstellungen durcb kurze Uberscbrifteii erklart werden. Der Gemalde-Cyklus beginnt an der Nordwand mit dem oberen Bilderstreifen, umziebt das Gemacb in regelmassiger Reibenfolge, sinkt dann in den untern Streifen berab, um sicb wieder an der niird- licben Wand fortzusetzen und an der Westwand seinen Abscbluss zu tinden. Die einzelnen Bilder werden bald durcb zwiscbengestellteTbiirme, bald durcb Baume von einander getrennt, die Baume zeigen die bekannte Artiscbockenform, die Thlirme sind sebr unformlicb aber etwas nacb romaniscberBauweise gestaltet. Hinter- griinde sind nicbt angegeben, die Figuren wurden, wie es in den frliberen Perioden Ublicb war, mit scbwarzen Umrissen auf die grundirte Wand vorgezeicbnet, dann die einzelnen Tbeile, Kopfe, Gewander, Waffen u. s. w. mit Farbe olme Angabe von Scbatten ausgeflillt, die Wande aber obne Anstricb belassen. Das erste Bild stellt den Konig Dacian (Diocletian) dar, wie er einem Boten den brieflicben Auftrag ertbeilt, dassSt. Georg den Dracben erlegen soUe; im zweiten Bilde siebt man den HeiUgeu, wie er den Brief erbiilt ; im dritten Bilde riistet er sicb zum Kampf mit dem Dracben; dann erscbeint der Held zu Pferde in yoller Riistung und spricbt mit derKouigstocbter Aja. Hierauf folgen dieErlegung des Dracben, die Gefangennebmuug und die vielen Martern, welcbe der cbristlicbe Streiter erdulden musste, endlicb sein Tod durcb Henkersband, welcbem Konig Dacian mit Woblgefallen zusiebt. Die iiberscbriften sind in deutscber Spracbe ver- fasst und mit leicbt leserlicbenMinuskeln deutscber Pra- gung gescbrieben, man liest: cv (fpricljt) ittiiet ?c juitiinrrtir — auf ^ll nmvbm fjic rent, ect. Eine feruere, etwas defecle Inscbrift lautet : &iej 5CmdI • • • vir von ncicit r^rttiiTc mci) criftu0 Qcbint tvcinchn (1 f ert jar im cicljt mt> J)nMfi$ftc jar = (Diese Gemalde liess Ulricb von Neubaus anfertigen nacbCbristiGeburt im 1338ten Jabre). Wie begreiflicli baben die Bilder trotz aller bei Ablosung der Kalktiincbe angewandten Vorsicbt viele Bescbadigungen crlitten,aucb waren mancbe scbon zer- stort, ebe sie'ilberweisst worden sind, wessbalb mebrere Stellen nur ausFarbenflecken besteben und keinUrtbeil zulassen. Als eine der besterbaltenen Darstellungen und viellcicbt von Anfang an die gelungenste des gauze n Cyklus ist die Besprecbung des Ritters mit der Kouigs- tocbter anzuseben. Er sitzt in voller Riistung, jedocli obne Helm zu Pferde und ermabnt die Jungfrau mit erbobencr recbter Hand zum mutbigen Ausliarren. Aja ist in einen weiten Mantel cingebiillt, tragt die Konigs- — 29 — wie Pferd sind immer turniermassig- ausgeriistet iind mit vielenKreuzesscliildenvcrsehen, er tragt eiuPanzer- hemd und lange lierabhangende Schnabelsclmbe, das< Pferd ist mit einer Turnierdecke und einem sogenann- ten Rosskopfe ausgestattet. Diese ritterliche turniemassige Haltung der Neu- haiiser Bilder ist es zunachst, welche an das Passionale Fig. 32. krone auf dem Haupte und neigt sicli von dem Felsen, auf welchemsievondemDraclien ausgesetztwurde, sanft hernieder mit der auf einem Sprnchbande angebrachten Antwort : id) ait ^ot. Diese Figur offenbart trotz sehr mangelhafter Zeichnnng ecbt kiinstlerischen Geist und zarte Empfindung, wahrend dieGestalt desHeib'gen noch in der steifen alteren Manier gehalten ist. Eeiter des Benessius evinnert, danu bieten auch die Iiiscbriften, obwohl hierLatein, dovt Deutscb, mancbe Analogien dar. lu Bezug auf Charakteristik und kunstlerische Durchbiklung konnen sich die Waudgemakle im entferu- testen niebt mit den gleichzeitigen Miniaturen messen, ein Beweis, um wie viel scbwerer die Darstellung grosser Biklwerke im Vergleicb mit den stets etwas dilettar.tenhaften Miniaturgebiklen ist. Uber den Maler liess sicli bisher keine Notiz ausfindig macben, obwohl wahrscbeinlich erschien, dass aucb er seiuenNamen den zabh-eicheu Inscbriften und Sprnchbandern beigefiigt babe. Da die Familien Rosenberg und Neubaus aucb im Donautbale reicbe Gliter innebatten, ware moglicb, dass der Maler einem der osterreichischen Kloster, in denen die Wandmalerei mit Vorliebe gepflegt wurde, entstammte. Tafelbilder. Im Jabre 1348 wurde in Prag die erste deutsclie Malerbruderschaft gegriindet, deren bis zum lieutigen Tage erhaltene Statuten im Archiv der Prager Kunst- freundegesellschaft aufbewalirt werden. Als Vorstand, — 30 — primus magister, dieser freiweltlichen Bruderscliaft ist Theodoricus verzeichnet, derselbe Meister, welcher die Konigscapelle zu Karlstein mit Werken seiner Hand ausstattete und vorzugsweise, wenn nicht ausschliess- lich, Tafelraaler war. Da der Meister Hunderte von auf Holz gemalten Bildern gefertigt hat, welche eine aner- kennenswerthe Technik voraussetzen, muss angenom- men werden, dass die Tafelmalerei bereits einige Zeit vor 1348 in Bohmen eingefiihrt worden sei. Diese Ver- muthuug wird durch melirere Gemalde unterstiitzt, welehe einen viel alterthiimlicheren Charakter als die des Theodorich aussprechen und uuverkennbar italieni- schenUrsprunges sind. Wir nennen vor alien ein in der Kirche zu Konigsaal betindliches Madoniiabild, dann ein zweites etwas kleineres in der St. Peter und Pauls- kirche auf dem Vysehrad und ein aliniiches in der Gallerie zu Hohenfurth. Diese Bilder legen es nahe, dass Karl IV. als er im Jahre 1331 von seinem Vater w-egen der lombardiselieu Angelegenheiten nach Italieu berufen worden war, dort mit einigen Kiinstlernbekannt geworden sei und diese bei seiner Riickker nacli Bohmen mitgebracht habe. Demnaeh dtirfte die Tafelmalerei um 1333 imLande Eingang gefunden haben. Den dnmals aiis Italien heriibergezogenen Klinst- lern ist auch Toniaso da Mutina beizuzahlen, dessen Aufenthalt und AVirksamkeit in Bohmen nicht bezwei- felt werden kann, da Bilder von ihm in Prag, Karlstein, Pisek, Hohenfurt, Wien und anderen Orten getroffen werden , mithin die Einfiihrung so vieler Werke aus einem fremden Lande nicht wohl angenommen werden kann. Da Mutina urknndlieh uni J 350 den Capitelsaal des Dominieanerklosters in Treviso ausmalte und in dieser Stadt verstarb, da ferner seiu Name in dem Malerverzeichnisse von 1348 nicht vorkommt, lasst sich seine bohmiscbe Thatigkeit annaliernd in die Jahre 1333 — 1345 verlegen. Dieser Zeit scheint ein Kreuzigungsbild zu ent- stammen , welches im Kloster Emaus zu Prag aufbe- wahrt wird. Es ist auf eine mit doppelter Leinwand iiberzogene Tafel von Eichenh(dz gemalt, und zwar von einem einheimischeu Kiinstler, der sich unter Leitung eines Italieners herangebildet hatte. Die Frauengruppe unter dem Kreuze zeigt deutliche Anklange an die alte sienesische Schule, wahrend man an der Figur des Hei- landes jene iibergrossen Hande und Fiisse wahrnimmt, welche als charakteristische Zeichen der Periode des Kijnigs Johann angeftihrt worden sind. Italienischen Einfluss verrathen anch mehrere zusammengehorende Tafeln in der Hohenfurter Gallerie, die aber etwas jiin- geren Ursprunges sind. Da iibrigens die Tafelmalerei ganz eigentlich durch Karl IV. gefordert wurdc, und ein vor 1345 gefertigtes Tafelbild nicht nachgewiesen wer- den kann, haben wir die Bespreclmng dieser Bilder dem folgenden Abschnitte vorbehalten. Die Oilde der Schilderer. Der abenteuer- und turnierlustige Konig Johann rief eine halbmilitarisch, halb biirgerlich organisirte Cor- poration ins Leben und stattete sie mit so vielen eigen- thlimlichen Vorrechten aus, dass man in der Geschichte des Mittelalters vergebens nach einer ahnlichen Einrich- tung suchen wird. Es war die Genossenschaft der Schil- derer. Die Schilderer waren eigentlich Decorationsmaler, welche gleich unseren heutigen Lackirern und Anstrei- chern die Gerathschaften, Waffen, wie auch die Stuben und Aussenseiten der Gebiiude zu bemalen pflegten. Weil danials nur die Adels- und Patricier-Geschlechter Eigennamen fiihrten, war es iiblich, jedesHaus mit einem gewissen Abzeichen, Schilde, zu versehen, wie heute noch in den Badeorten die Hauser nicht nach Nummern oder den Namen der Eigenthiimer, sondern nach Devi- sen bezeichnet werden, z. B. zum grlinen Fuchs, zur Himmelsleiter, zur goldenen Rose, u. s. w. Ob man nun die Benennung Schilderer von dem Hans- oder Waffenschildern ableiten will, erscheint gleichgiltig: sie nannten sich Clypeatoren und fiihrten nicht allein alle Arten von Decorationsmalereien und Anstrichen aus, sondern fertigten auch Turnierwaffen , Pferdebehange und ahnliche Gegenstande. Wenn dergleiclien Hand- werker sich gewiss schon zur Zeit Otakars II. in Boh- men herangebildet hatten, geuugten sie doch den Be- diirfnisseu des Luxemburg'schen Hofes und dem gestei- gerten Luxus der Zeit nicht mehr, wesshalb Konig Johann aus verschiedenen Gegenden, grosstentheils wohl aus seiner Heimat , Schildmaler, Blechschlager und andere in solchen Geschaften bewanderte Arbeiter nach Prag kommen liess. Der Konig verfolgte hiebei einen besondern Zweck, indem er dafiir sorg-te, dass meist kraftige junge Man- ner in die Glide aufgenommen wurden, bildete er eine Art Stadtmiliz, der die Bewachung der There undThlir- me oblag und die ganz von seinem Willen abhing. Es wurden den zahlreich sich einstellenden Schilderern die Stadtmauerthiirme zur Wohnung ubergeben ; in densel- ben durften sie ihr Gewerbe betreiben und ihre gefer- tigten Wnaren verkaufen. Weil sie die Stadtthiirme bewachen undnothigenfalls vertheidigen mussten, wurde ihnen gestattet, Schwert, Harnisch und Dolchmesser zu tragen, w'as alien ilbrigen Einwohnern bei schwe- rer Strafe verboten war; ferner erhielten die Schilderer voile Befreiung von alien Abgaben und ein ausschliess liches Privileg, dass nur sie zur Anfertigung von ,, S c h i 1 d- werken" berechtigt seien. Dieses Privileg wurde von Karl IV. und spater von Wenzel IV. bestiitigt und iibte in der Folge auf die Kunstilbung einen sehr nachtheili- gen Einfluss, well hiedurch die eigentlichen Maler (da- mals geistliche Maler genannt) von derHerstellung orua- mentistischer Arbeiten ausgeschlossen , folglich dem intelligenterenTheile derKiinstlerschaft wesentlicheEin- schrankungen auferlegt wurden. Diese zu Gunsten der Schilderer erlassenen Privilegien haben otfenbar beige- tragen, dass die Decorationsmalerei damals nicht die mindesten Fortschritte iriachte. Die verschiedenen auf uns gekommenen bemalten Waffenstilcke zeigen einen sehr geringen Grad hand- werklicher Vorkenntnisse. — 31 — Riickschau. Von den Historikern der Neuzeit werden Regie- rung und Privatleben des Konigs Johann gleicli sehr getadelt, und es liberbieten sich die deutsclien und bohmischen Schriftsteller formlich, Anklagen gegen den tapfern, allerdings nicht inimer ganz correct lebenden Fiirsten aufzuhaufen. Bei diesem Verfahren werden die grossen Eigenschaften des Geschmahten selten unpar- teiisch gewurdigt und die vielen von ihm lierriihrenden meist vortrefflichen Einrichtungen tbeils ignorirt, theils Andereu zugescbrieben. Es kann hier, wo es sich um kiinstleriscbe Verhaltnisse handelt, ebenso wenig der Platz sein, Johanns seltsames Treiben und seine Eegierungsweise zu vertheidigen, ais in den Chor der Tadler einzustimnien; so verdienstlos aber, a!s viel- fach behauptet wird, ist die Verwaltung wahrbaftig nicht gewesen. Dem Konige fehlte weder guter Wille noch Regententact, und wenn er das Land durchSteuern schwer bedriickte, so hat er es vor ausserenFeinden so kraftig beschlitzt, dass wahrend seiner Regierung keine feindHche Armee Bolnnen betreten hat. Diese Thatsaclie, meint der 1690 verstorbene Historiograph Thomas Pes- sina, sei unendlich mehr worth gewesen, als alle auf- erlegtenSteuernbetragen haben niochten. Es scheint um so mehr billig, dass das Urtheil des Zeitgenossen Weit- miih], welches Pelzel in seiner Geschichte des Kaisers Karl IV. wiedergibt, an dieserStelle beigebracht werde, als dieses Urtheil sich ausschliesslich auf Verbesserun- gen bezieht, welche durch Johann eingefiihrt wurdeu. Pelzel sagt wortlich: (I, 162 ft\) „Dass Konig Johann das Konigreich Bohmen nicht nur in bessere Ordnuug gebracht, sondern auch dessen Granzen erweitert bar, bezeuget die Geschichte. DasEgerischeGebiet, ein guter Theil von derLausitz und das meisteSchlesien gelangte unter seiner Regierung an Bohmen. Ihm haben wir die vortreffliche Einrichtung der Landtafel zu verdanken. Unter ihm wurdePrag, so ausHausern vonHolz bestand, rait steinernen Gebiiuden ausgezieret. Er liess ziierst die Stadt mit Steinen auspflastern". Diesem haben wir nach anderweitigen Quellen beizufitgen, dass Johann es war, welcher im Mittelalter das erste Baugesetz erlassen hat, dass er, um die Ver- schonerung Prags durchzufiihren, konigliche Einkiinfte, z. B. das Weinumgeld der Stadt abtrat, dass er die sanimt- lichen in der Nahe von Prag liegenden Steinbriiche unentgeltlich an die Stadt libergehen liess, auf dass die Burger wohlfeil und feuersicher ihre Hauser her- stellen konnten. Ohne diese und andere von den wohl- thatigsten Folgen begleitete Verordnungen ware es seinem Nachfolger Karl nicht moglich geworden, eine so ausserordentliche Kunstthiitigkeit zu entwickeln. Literatur. Die verschiedenen Werke liber dieLuxemburg'sche Periode, namentlich die zahlreichen Localschriften, welche in diesem Theile benlitzt wurden, sind am Sclilusse angegeben. Hier soUen nur die wichtigsten Quellenwerke, welche sich vorzugweiseaufdieGeschiclite des Konigs Johann beziehen, in Kllrze besprochen werden. Bei weitem das wichtigste und zuverlassigste dieser Werke ist das vom Able Peter von Zittau ver- fasste „Chronicon aulae regiae", gewohnlich dieKouig- saalerChronikgenannt, welche von 1294 bis 1338 reicht und von Dobuer in den Mon. hist. Bcemise herausgege- ben wurde. Abt Peter hat selbst eine hervorragende politische RoUe gespielt, war thatig bei Erwahlung Johanus zum Konige von Bohmen, und es sind ihm aus- gebreitete Kenntnisse, geschichtlicher Tact und eine tiefe Einsicht in die Zeitverhaltnisse eigen. Obwohl er auf derLuxemburg'schen Seite steht, werden doch die Schwachen Johanns von ihm nicht geschont und nie verfallt er in jene Schonrednerei, welcher seine Nach- folger, die ChronistenFranciscus, Weitmllhl, Marignola, Neplach und Pulkava, sich nur allzugern hingaben. Der Domherr Franciscus, welcher eine allgemeine, bis 1353 fortlaufende Chronik schrieb, hatte die allent- halben hervortreteude Absicht, seinem Vorgesetzten, dem Bischofe Johann IV. zu schmeieheln, und sich zugleich bei Hofe angenehm zu machen. Dabei besitzt er geringeLocalkenntnisse und driickt sich in seineu Beschreibungen unklar aus, wie wir schon bei Bespre- chung der Raudnitzer Briicke angedeutet haben. Flir die Kunstgeschichte haben die Aufzeichnuugen des Doraherrn Weitmllhl hohen Worth , doch ist es mehr die Periode des Kaisers Karl, welche er mit Vor- liebe behandelt. Die llbrigen Historiker, welche liber Aufforderung Karls bohmische Geschichts-Annalen ver- fassten, konnen hier fliglich libergangen werden. In neuester Zeit hat Dr. Johann Schotter, ein Luxemburger, unter dem Titel: „ Johann Graf von Luxemburg und Konig von Bohmen" eine Biographie in zwei Banden veroffentlicht, in welcher die kriegerische unddiplomatische Thatigkeit Johanns ausfUhrlich bespro- chen und sehr viele Regesten beigebracht werden. Der Verfasser scheint jedoch nie in Bohmen gewesen zu sein, Ortskenntnisse fehlen ihm giinzlich, und bei allem Sammeltleisse hat er vergessen, den hochst eigen- thllnilichen Charakter seines Helden zu scliildern. — 32 — Zweiler Abschnitt. Kaiser Karl IV. und seine Zeit. Die. Regierungs-Periode des Konigs Johann kann fiiglich als eine Ubergangsstufe aiigesehen werden, in welcher die verschiedenavtigsten neiien Elemente aiif- tauchten, und Geltung zu gewinnen suchten, ohne sich jedoch zu festen Formen gestalten zu konnen. Das romantische Mittelalter mit seiner Opferwilligkeit und tiefsinnig religiosen Schwarmerei tiat meLr und melir in den Hintergrund, praktische der Realitat zugewandte Tendenzen griffenPlatz und dieBestrebungen der italie- nischen Hunianisten, vor alien desPetrarca, fanden auch diesseits der Alpen Anklang. Hiezu kameii die ganz franzosische Erziehung, welche der bohmische Thron- erbe Karl am Hofe zu Paris erbalten hatte, dann sem langerer Aufentlialt in Italien und die hier eingeleiteten Bekanutscliaften mit italieniscben Kiinstlern, wodurch sein flir alles Schone empfanglicher Sinn angeeilert, und die unter Konig Johann angebalinten Neuerungen einem klaren selbstbewussen Ziele entgegengefUbrt wurden. Obwobl Karl bereits seit October 1333 als Statt- halter einige Zeit in Bolmien gewirkt und sich einen Palast in Prag erbaut hatte, kam es doch wegen der Eifersuchtelei seines Vaters bald wieder zu Zerwurfnis- sen in der Familie ; Kavl wurde des Statthalteramtes enthoben, und gelangte erst nach des Konigs Erblin- dung (1340) wieder zu selbstandiger Thatigkeit. 1st die Griindung des Prager Domes als letzte und zugleich wichtigste kiinstlerisehe Unternelimuug des Konigs Johann anzusehen, bildet sie zugleich den Begmn des Karoliuischen Zeitalters, da Johann obgleich er bis zura Jahre 1346 regierte, sich fernerhin schwerlich mit Kunst befasst haben niochte und konnte. Es ist fur die deutsche wie franzosische Kunstge- schichte ein nicht genug zu beklagender Verlust^ dass die beiden Erstlingswerke Karls: nemlich der Palast, welchen er zwischen 1 333 - 1340 in Prag erbauen liess, und das Denkmal, welches er 1346 seinem bei Crecy gefallenen Vater in der Mlinsterkirche zu Luxemburg setzte grlindlich zerstort worden sind, so dass auch nicht die leiseste Spur von einem dieser Denkmale auf uns gekommen ist. Uber denPalastbau findet sich keme andere Nachricht, als dass er nach dem Muster der konigliehen Residenz in Paris angelegt war, und nach den Worten des Chronisten Franciscus me so Schones in Bijhmen gesehen worden sei. Das in der Miinster- kirche errichtete Denkmal war jedenfalls ein gross- artiges und eigenthumliches Kunstwerk, welches nach den tjberlieferungen zu schliessen, aus einer mit der lebensgrossen Figur des Konigs ausgestatteten Tumba bestand, um welche herum die Bildnisse der mit dem Konig bei Crecy gefallenen fiinfzig Bitter angeordnet waren. ■ Die Anordnung dieses Grabmals war aut alle alle eine so nngcwohnliche, dass sie eine nahere Erorterung verdient; man wird bei den Beschreibungen an den ersten Entwurf, welchen Michel Angelo fur das Monu- ment Julius des Zweiten ausarbeitete, erinnert. Schotter, der in seiner Geschichte des Konigs Johann das Denkmal bespricht, nimmt an, dass funfzig einzelne Standbilder rings um die Tumba gestanden haben. Ein solcher Wald von Figuren erscheintundenkbar im Chor einer gothischen Kirche. Jacob Meyer berichtet in seinen um 1530 ver- fassten Luxemburger Annalen als Augenzeuge: Corpus loannis Luceburgensis regis Boemiae Luceburgum dela- tum ac magnifice sepultum: ubi et facies quinquagenta nobilum, qui cum eo occubuerunt, celatae in marmore visuntur. Diese Stelle lasst sich dahin deuten, dass die Bildnisse in erhabener Arbeit, jedoch nicht auffallend vielleicht in Medaillonform am Fusse des Denkmals angebracht waren. Der dem XVI. Jahrhunderte ange- horende bohmische Historiker Lupacius gibt an, dass das fragliche Monument mit den Bildnissen undSchilden der an Johanns Seite gefallenen bohmisclien Heldeu verziert gewesen sei; nach welchen Angaben sich das ganze als ein Trophaenbau darstellen wiirde. Hiebei ist zu beriicksichtigen, dass die Bildnisse aus Marmor aus- gefuhrt waren. Da die Grafen Luxemburg in der Miin- sterabteikirche eine besondereFamiliengruft und Capelle besassen, diirfte die Ansicht, dass Johanns Grab inmit- ten der Capelle stand, die Bildnisse und Wappenschilde aber ringsum an den Wanden eingefiigt waren, die grosste Wahrseheinlichkeit flir sich haben. Im Janner 1347 kehrte Karl, nachdem seit dem Tode seines Vaters fiinf Monate verflossen waren, als gekronter romischer Konig nach Prag zuriick, und liess sich hier am 2. September desselben Jahres auch zum Kiinig von Bohmen kronen. Kaum in Bolmien angelangt, begann Karl eine so vielseitige Kunstthat'gkeit zu ent- wickeln, wie sie das Mittelalter noch nicht gesehen. Die wahrend seiner Abwesenheit lassig betriebenen Domarbeiten wurden mit erhohtem Eifer aufgenommen, und bildeten fortan den Mittelpunkt aller kiinstlerischen Bestrebungen. Zahlreiche unternehmende Handwerker der verschiedensten Faeher stromten nach Prag, um hier einen angemessenen Wirkungskreis zu finden : es stell- teu sich Glaser, Holzschnitzer, Drechsler, Goldsclilager, Illuminatoren, Pergamentmacher, Steinmetze, Ciseleure und andere Arbeiter ein, die alle reichlichen Verdienst fanden. In den sammtlichen Gebieten der Kunst und Technik herrschte reges Leben. Wahrend am Dome die kunstreichen Werkstiicke vorgerichtet wurden, und ein Pfeiler um den andern in die Hcihe stieg, waren die Maler sclion thatig mit Entwiirfen zu Wandmalereien, welche im Kreuzgange des Slavenklosters ausgefiihrt werden soUten. Hier sah man Pflasterer, dort Anstrei- clier Oder Stukkatiirarbeiter beschaftigt, die Strassen und Hauser zu verschoneni; wahrend die konigliche — 33 — Residenz neu eing-erichtet vvurde. Bald naclilier erreichte die Thatigkeit durch Grundung der Prager - Neustadt iliren Hohe])iuikt : es bildete sich die Lukasbruderschaft, Der Dom Baubesclireibuiig. Der Besclduss, in Prag eiue neue Domkirche zii erbaueii, wurde von Kouig Joliann gefasst, und es war am 23. October des Jahres 1341, als er zu dem Zwecke des Dombaues den Zehent der Silberbergwerke zu Knttenberg und aller iibrigen schon vorliandenen oder kihiftigbin zu entdeekenden Silberbergwerke widmete. Die Urkunde dieser grossartigen Sclienknng wurde in einer im Refeetorium des Prager Domcapitels abgebaltenen Versammlung, welcher die koniglicben Prinzen und viele hochaugeseliene Personen beiwonnten, abgefasst, nachdem vorlier die Art nnd Weise festgestellt worden war, wie die Graber der Heiligen Wenzel nnd Adalbert umgelegt und ausgestattet werden sollten. Es vergingen jedoch drei Jalire, ebe Hand ans Werk gelegt werden konnte, tlieils weil man erst die gemachte Stiftung zu einem grossern Fond anwachsen lassen wollte, tbeils weil Konig Jobann und Markgraf Karl, der nacbmalige deutsche Kaiser, die Absicht begten, Bobmen von der Gericbtsbarkeit des Erzbisebofs von Mainz, unter wel- cber das Land bisber gestanden, zu befreieu, und in Prag einen erzbischoflieben Sitz zu erricbten. Bei der ausserordentlielien diplomntiscben Gewandt- beit, welcbe den beiden Bolimenfiirsten (Karl war bereits Mitregent) eigen war, lasst sich auch annehmen, dass sie auf eine gunstige Gelegenbeit warteten, urn die zwiscben dem Kaiser Ludwig dem Bayer und dem Papste Clemens VI. oliwaltenden ZerwUrfnisse zu ihrem Yortbeil zu beniitzeu und dass aus diesem Grunde die Bauangelegenbeit binausgescboben wurde. Im Friibling 1 344 fanden litngere pers'onliche Unterbandlungen zwi- scben dem Papste und den beiden Herrscbern Bobmens zu Avignon statt, in deren Folge die Prager Kircbe zur Metropolitankircbe erboben wurde, worauf am 21. November desselben Jabres die feierlicbe Grundstein- legung des neuen Domgebaudes unter den ublichen Cereuionien stattfand. Am selben Tage erfolgte auch die Investitur des Erzbisebofs, als welcher der friibere Donidechant Arnest von Pardubic erwahlt worden war. Meister Matliias. Der Arcbitekt, welcher die Entwiirfe fiir das Dom- gebitude fertigte und die Arbeiten in den ersten Jabreu leitete, war in Avignon von dem Markgrafen Karl auf- genonimen worden, und zwar wie die obwaltenden Ver- lialtnisse darthun, auf Empfehlung des Papstes, welcher um diese Zeit seinen Palast zu Avignon hatte vergrds- sern lassen. Eine im Triforium des Domes angebrachte Inschrift, welche nebst andern Urkunden bei Erorterung der Domgalerie dem ganzen Wortlaute nach angefiihrt und mit derselben eine Kunstschule, welche im Laufe von fiinfzehn Jahren so erstarkte, dass sie nach alien Seiten bin Colonien aussenden konnte. in Prag. wird, beurkundet, dass Meister Mathias, gebiirtig aus Arras in Francien, von Karl IV. aus Avignon nach Prag geholt worden sei , damit er den Dombau leite. Ferner gebt aus dieser um 138U verfassten Inschrift hervor, dass Mathias den Ban im Jabre 1344 vom Grunde aus begonnen, und bis 1352 geleitet babe, in welchem Jabre er verstorbeu sei. Dieses Document lasst an Deutlichkeit nichts zu wiinschen iibrig und enthalt nahezu alles, was liber das Leben desMeisters bekannt ist. Wir erblicken in Mathias den zweiten aus Avignon nach Bohmen heriibergezo- geuen Architekten, dessen Werke mit deneu seines Vor- gitngers Wilhelm manche Ubereinstimraung oifenbaren. Fig. 33. (Prag, Restaiiration des urspriinglichen Domplanes). Das Project des Meisters Mathias zeichnete sich, soweit die von ihm ausgefiihrten Baupartien ein Urtheil begrlinden lassen, durch die denkbarste Einfachlieit und Regelraassigkeit aus, so dass das Gebaude, ware es ganz nach dem urspriinglichen Plane durchgefiihrt 5 worden, ein et\vas monotones Anselien eilialten liittte, wenu audi die Grossenverhaltnisse als sehr imponii end bezeichnet werden diirfen. Die Anlage ist eine funfscliif- tige nnd der ans fiiof ISeiten geschlossene Clior mit eiiiem Kranze von flinf Capellen nmzogen. Ein Qiier- liaus in gleiciier Breite niit dem flaiiptschilit'e soUte an jeder Seite mit 20 Fuss iiber die Langiiiauern des Han- ses vortreten: doch wurde nur der siidliclie Flilgel des Querhauses so angelegt, der nijrdliche aber ans unbe- kannten Griinden eingezogen (s. Fig. 33). Sei es, dass einige der an die Nordseite des "Domes angriiuzenden Grnndstiicke nicbt erworben werdew konnten, oder was imraer, der Dom erfuhr schon in den ersten Baujabren eine Verunstaltung, welche nicbt wieder gutgemacbt werden sollte. Uber die projectirte Liinge des Schitfes oder Langbauses Lassen sicb nur Vermutbungcn anstel- leu, da weder alte Plane nocb Bescbreibungen er- balten blieben. Wahrscbeinlicb sollten zwischen dem Qnerbause und den beiden an der Westfronte aufzustel- leuden Tbiii me secbs Gewelbjoebe (Traveen) angeordnet und die Tbiirme durcb jMittelpl'eiler unterstiitzt werden, wie es im Kolner Dome angetragen worden war. Naeb den eingebaltenen Massen zu scbliessen, war es die Absicbt der beiden bohen Bauberren, ein Denk- mal aufzustellen , welcbes in Bezug auf Gr(3sse und stolze Formgebung von keiner andern Katbedrale iibertrotfen werden Sollte. Der bestebeude Gbor, eigent- licb der einzige ganz vollendete Tbeil des Gebau- des, halt von der mittleren Capellenmauer an bis zum Beginne des Querbauses eine licbte Liinge von 175 Fuss ein, die Weite des Mittelscbiil'es betriigt 45 Fuss, die Weite der innern Nebenscbiffe je 22 '/./Fuss, ebenso gross ist auch die Entfernung von einer Pfeiler- achse zur andern in der Langenricbtung der Kircbe. Die itusseren Nebenscbiffe sind nicbt als oftene Hallen, sondern nacb stidfranzcisischer Weise als Capellen aus- gefiibrt worden; nur an einer einzigeu Stelle, niimlicb in den beiden hintersten Traveen links Avnrden die flinf Scbiffe vollstilndig entwickelt, welche Partie aber nicbt niebr der Baufiibrung des Matbias angcbort. Meister Matliias leitete den Bau acbt Jalire, von 1344 bis 1352, und legte den Capellenkranz nebst dem Chor-Polygon an; ganz vollendet bat er jedocb nur eine einzige der Capellen, namlicb die erste links neben der mittleren, welche der Erzbischof Arnest auf seine Kosten erbauen liess. Fer-ner wurde von deniselben Meister das grosse slidliche, in das Querhaus flihrende Portal in Angriff genommen, eigentlich eine dreitbeilige Portike, oberhalb deren spaterbin das beruhmte Mosaikbild, eine Darstellung des jiingsten Gericbtes, Platz tinden sollte. Die Detailformen des Matbias entsprecben aufs genaueste der im Grossen festgehaltenen Einfacbbeit: der aus Arras stammende Meister scbeint sicli von Jugend auf in den Backsteinbau eingelebt zu baben, er zeicbnet angstliob, vermeidet kraftige Ausladungen und profilirt die Gesimse mit kleinen scbarfkantigen Gliedern , wie sie den Ziegelconstriictionen eigen sind. Mit Ornamen- ten gebt der Meister ausserordentlicb sparsam um, es komraen in seinem Bau keine Vorkragungen vor; den Ziergieheln und Fialen fehlen die Eckblumcn , ebenso ieblen die Fiillungen, lialdachinc, Consolen, Larven und pliantastiscben Gebildc, mit denen andere Dome so iiberreicb ausgestattet sind. Aiif Anbringung aueb nur einer einzigen Statue ist im ganzen Bau des Matbias nicbt angetragen, ein Bevveis, dass er weder Bildhauer war noch Sinn fiir Plastik liatte. Da aber figiirlicher Scbmuck an einem grossen Portale unerlasslieb scbien, ordnete er an der Fronte des siidlicben Kreuzflligels anstatt des Portales eine Portike an, welche mit ihren schmalen drei Bogen trotz des darliber befindlichen Mosaikbildes diirftig genug aussieht. Fiir diesen Mangel an Phantasie entschadigte Matbias durch die sorgfal- tigste Ausfiibrung und ein sehr feines Liniengefiibl, welches sein talentvollerer Nachfolger nicbt immer ein- zuhalten verstand. Fig. 34. (Prag, Fenster mis dem Bane des Meisters Matliias.) Alle Capellenfenster zeigen die gleichen Mass- werke, das System der Abwechslung war dem Mathias unbekannt oder nicbt gelautig, auch sind die Schluss- steine der Gewiilbe und die Capitiile der Pfeilerdienste — 35 — ganz glatt gelialten (s. Fig. 34). Lassen sieh diese Bil- duugsvveisen als'Auklange an den Ziegelbau bezeichnen, macht slcli in den Werken des Meisters noch ein zweites sudliclies Element bemerkbar, welches namentlieh an dem von ihm begonnenen Sclilosse Karlsteiu niit Ent- scliiedenbeit hervortritt. Der Kiinstler hat einen Theil des papstliclien Palastes in Avignon ausgefiihrt, dafiir spricht nicht allein sein Aufenthalt in diesev Stadt und die EmpfehUing des Papstes, sondern niehr noch die Ver- wandtschaft der Schliisser Karlsteiu nnd Avignon; wie schon der Archaologe F. Bock davgethan hnt. An den Bauten zu Avignon aber herrscht der italienische Ein- fluss vor nnd jene Vorliebe flir Massenhaftigkeit nnd ruhige Flachen, welelie wir an den Chorcapellen des Prager Domes erblicken und die diesen Ban gleich sehr von den dentscheu wie nordfranzosischen Kathe dralen uuterscheiden. Das reichlicheLob, welches Fiorillo undQuatremere de Quincy (bekanntlich keine Frennde der gothischen Kunst) dem Prager Dome spenden, bezieht sich vorzugs- weise auf die einfache und fast antikisireude Form- gebung des Meisters Mathias. Fig. 35. (Prag, unterer Grandriss des Domes.) Der Capellenkranz und Umgang ,bis zur Hohe der unteren Galerie wurden ganz nach dem ursprlinglichen Plane voUendet, der Porticus aber nur bis zur Hohe von etwa 20 Fuss. In Bezug auf den aus fiinf Seiten des Zehnecks gewahlten Chorschluss lasst sich nicht verkennen, dass ein solcher Abschluss nur bei mittelgrossen Kircheu mit Vortheil anzuwenden ist, bei funfschiffigen Constructio- nen aber und solchen Domen, die mit Capellen umzo- gen sind, mancherlei Ubelstande herbeiflihrt. Erstens werden die Kranzcapellen bei gleicher Erweiterung der Radieu im Verhaltni.ss zu den innern Nebeuschiffen und dem hohen Chore iibermassig vergrossert, wodurch die Schiffe selbst im Innern gedrlickt erscheinen, wahrend der Chor (unbestritten der Haupttheil jeder Kirche) sich gegen aussen hin nicht mit geniigender Unabhitngig- keit iiber die Capelleu erliebt. Diese Ubelstilnde wurden sclion in selir friilierZeit erkanut und siud in denKatbe- dralen zn Amiens und nocb gliicklicher zu Koln durcb die An^Yendung• des siebentheiligenChorschlusscs besei- tigt word en. In dem beigefiigten Gmndrisse des Erdgescbosses Fig. So sind die vom Meister Matbias ausgcfiibrten Partien mit scbwarzer Fnrbe eingetragen, die spiitern Bauten aber diirch Schraflirungen angedeutet : wir erse- hen aiis diesem Plane, dass neben den Capellen und dem Porticus auch die frcien Pfeiler des boben Cbores, Fig. 36. (Pi'ag.) Fig. 3<. (Pnig. Don), Pfeilersystem des Meister Mathias.) welcbe diesen vom Umgaiig trennen, von Matbias ber- i-iibrcn. Dicse Pfeiler, dereu Gliederung Kugler in seinem ..llandbucb der Kunstgescbielite" und aucli in den „Klei- nerenScbriften- als ..flacb und kraftlos*- bezeicbnet, sind eszuinicbst, welcbe den .-tylistiscbenZusammenbang der Kldsterkircben zuEandnitz und Sazava, dann der St. .Jacoljskirclie in Kuttenberg mit dem Prager Dome vcr- ratben. Fig. 30 bis 39. Arcaden- und Wandpfcilcr ans dem Ban des Matliias, Capiliile und Gurten (^Fig. 40 und 41) aus dem .*-'eitonscbit^'e von demselben. Die St. Weiizelseapelle, wclclic seltsam geniig in den rcclitoii Krouzanii liiiieingcscl;(d)en uiid dr.rch welcbe die planmassige Vollendung des angefangenen Porti- cus geradezu unmoglicli gemacbt wurde, gehort uicbt mebr den Baufiibrungen des franzosiscbeu Meisters an: diese Anlage mag wobl in der Zwiscbenperiode, welche nacli dem Tode des Matbias einlrat und von 1352 bis 1356 wabrte, vorgenomnien worden sein. Ausgel'lilirt wurde die Wenzelscapelle durcb .Aleister Peter von Gmiind, wie durcb Urkunden sicbergestellt ist. Ander- weitige Nacbricbten iiber die Fortschritte des Dombaues zwiscben 1344 — 1356 besitzen wir nicht, denn Altar- stiftungen, deren einige in dieser Friibzeit erwalir.t Fig. 39. (Prag, wie Fig. 37.) werden, fauden liautig schon gleicbzeitig mit den Kircbengriindungen statt, geben daber iiber die Bauzeit der einzelnen Tbeile selteu Aufscbluss. Peter von Giniiiid. Der zweite Dombaumeister und Nacbfolger des Matbias war der oben erwiibnte Peter von Scbwiibiscb- Gmiind, welcber dem Ban von 1356 bis gegen 1400 vor- stand und dem man die gegeuwartige Gestalt zum grossten Tbeile zu verdauken bat. Meister Peter, wel- cber aucb ..Arler — Parler — Pavlerius und bobmisirt: Parlerz^' in Urkunden genannt wird, war ein Mann von seltenster Begabung und Vielseitigkeit, ganz gescbaf- fen, um den Wiinsclien eines rastlos vorwitrts streben- den und driingcnden Kegenten, als welcben Kaiser Karl — 37 - sich stets bewahrte, zu entsprechen. Der Kaisev hatte ii'elegenheitlich einer Rundreise durch Schwaben im Jahi-e 1356 die Steinmetze Heinrich und Peter kennen gelerat, welche mit Ausfubruiig der Heilig-Kreuzkirche Fig. 40. (Frag, wie Fig. 37.) ZU Gmiind beschaftigt wareii. Diese Kirche gefiel dem kunstsinnigeu Herrscher so wobl, dass er den jiingern der Baiifiihrer iiach Prag berief und ihn, obwobl er erst dreiundzwanzig Jahre zablte, als Dombaumeister ein- setzte. Peter trat unverziiglieh sein Amt an, er vollen- dete den Chorbau bis zum Jahre 1385 und legte sodann die Kirchenschiffe in ihrem ganzeu Umfange an (Fig. 42, Seitenansicht). Fig. 41. (Prag. Dom, Profil des Wandpfeilers in Fig. 40.) Die Wahl des jugendlichen Baumeisters^war eine in jeder Hinsicht gluckliche und bezeugt den ungewohn- liciien Scharfblick, mit welchem der Kaiser die richtigen ~i — 1- Fig. 42. (Prag, Siidseite des Domes.) Leute fiir seine Geschafte auszuwiihlen verstand. Meister ein Mann, weiclier ahnlicb dem Michel Angelo sich in Peter ^var Baunieister und Ingenieur , Bildhauer in alien Fitchern versuchte und tiberall Ausgezeichnetes Stein und Holz, Goldarbeiter, Ciseleur und Maler, also leistete. Seine Thiitigkeit wird durch eine ebenfalls im Triforium an ge bra elite Insclirift in Kiirze g-escbildert, iu welclier er als Dombaumeister, als Erbaner tier Moldau- brlieke und der Allerheiligen-Kirche zu Prag, des Chores Fig. 43. (Prag, Fenster im Lichtgaden von Meister Peter.; zu Kolin und als Verfertiger der Chorstiible im Prager Dome bezeichnet wird. Uber die Lebensverbaltnisse des Arler, nnter welcbem Namen der Mcister am haufigsten in der Kuustge.schiclite vorkommt, sind wir ungleioh besser iinterrichtet, als iiber die seines Vorgangers, ja vielleicbt besser als iiber die biirgerliche Existenz irgend eines der mittelalterliclien Kiinstler von ganz Deutschland. Seine Biographie nebst alien dahin beziig- lichen Urkunden und seinem Bildnisse findet s'cli theils in der Beschreibung der Portraitgalerie, theils in einem besondern Abschnitte, in welcheni die einzelnen Schijpfungeu des Meisters der chronologisclien Reihen- folge nach gescliildert werden. Neben den Baumeistern waren geistlicbe Direc- toren, Domberren, niit dem Bau beschaftigt; diese fiihr- ten das Reehniingswesen und unter ihnen stand der Fig. 44. a. b. (Pfeilersj-stem des Meister Peter.) Bauscbreiber, welcher von Wocbe zu Woche die siimmt- licben Ausgaben verzeicbnete und in sorgfaltig geord- neteu Biiehern zusammenstellte. Zwei dieser auf Papier gescliriebenen Recbnungsbiicher sind vor kurzer Zeit durcb die Bemiibungen des dermaligen HerrnDom-Seni- ors Anton Frind aufgefunden und der Bibliotbek des Prager Donistiftes cinverleibt worden; sie tragen den Titel: „Solntio bebdomadaria pro structura Templi Pra- gensis" und sind in Schweinslcder gebunden. Das erste Buch 41Ctm. boch und 15 Ctm. breit, enthalt die Rech- nungen von 1372 bis 1374, das zweite etwas hohere aber gleicb breite Buch setzt in derselben Weise das — 39 — Verzeichniss vou 1374 bis 1378 fort. Jedc Woche ist besonders abg-eschlosseii, dabei siiid alle Werkleute mit Namen angeflihrt \md ihre Leistungen geiian bezeichnet. Die Arbeiter sclieinen wahreud der Woche eiii Kerb- liolz Oder einen abnlichen Beleg ihrer tag-lichen Beschiif- tigiuig erhalten zu haben ; iibrigens waren verhaltniss- niassig wenige Leiite am Bau beschiiftigt, ihre Anzahl betragt dnrchschiiittlich etwa zwanzig, sirilit manchmal bis auf die Halfte herab iind steigt nur aiisnahmsweise Uber dreissig an. Als geistlicher Vorsleher des Banes (director fabri- cae) erscheinl in diesen Buchern zuerst Benes von Waitmlil, neben ihm wirkt als Notar Andreas Kotlik, welcher letzterewahrscheinlich diePKechnungengeschrie- ben hat. Bauleiter ist Magister Parlerins, nnter welchem der Gustos hnttae, der Aufseher ilber die Steinmetze nnd tibernehmer der Arbeiten steht. Sowohl fUr den Bauleiter wie fltr den Director und seinen Notar sind Gehalte angesetzt. Bis Dominica 17, anno 1375 (Ende April) fnngirt Waitmlil als Director, dann konimt sein ■ i - m Fig. 45. (Pi-ag, Ostseite des Domes.) Name nicht mehr vor, sondei-n versieht Andreas Kotlik, der bekannte vierte Dombaudirector, allein die Ge- schafte des Directors und Notars bis zum Schlusse des Buches. Sehr interessant ist die anno 1378 Dominica ultima angefiigte Notiz: totalis distributio hujus libri 3353 sexggz ]5j^ p. (33o3V4 Prager Schock Groschen), was nach heutiger Wahrung etwa 10630 Gulden im Con- ventionsfu.sse betragen wiirde, das damalige alte Schock zu 3 fl. 10 kr. berechnet. Die Manier des Meister Peter ist von der seines Vorgangers griindlich verschieden, man darf wohl sagen dnrchaus entgegengesetzt: wahrend Mathias grosse Massen anlegt, wenige Decorationen gebraucht und die Gliederwerke zart ausflihrt, liebt der schwabische Bau- kiiiistler die reichste Ornamentirung an Masswerken und Laubgebilden, er protilirt kraftig, ohne die Einzel- heiten einer angstlichen Sorgfalt zu unterziehen, und wendet gem figiirlichen Schmuck an. Die angefiigten Fensterbildungen , Fig. 36, eines Capellenfensters von Mathias und Fig. 43, eines obern Chorfensters von Peter, lassen die beiderseitigen Manieren so deutlicli erkennen, dass man iiber keinen Theil des Gebaudes in Zweifel bleiben kann, welcher von beidenMeistern denselben hergeslellt habe. In den Pfei- lerbildungen 'halt der Gmundner Meistei' an dem in Deutschland tlblichen System fest, welches im Kolner Dome mit besonderem Gliick behandelt worden ist; anch in den Strebebogeu nahert er sich den kolnischen For- men, ohne jedoch seine Eigenthiimlichkeiten aufzu- geben. Fig. 44 a. b. zeigt das Pfeilersystem des Meister Peter von Gmtlnd. In der Chor-Ansicht, Fig. 45, werden durch die zwischen dem untern und obern Geschosse hinziehende — 40 — Galerie die Arbeiten der beiden Meister liaarscbarf getreunt: die iintere Partie gehort dein Mathias von Arras, die obere dem Peter von Gmiind an. Der gegenwartig- isolirt slehende Tlmrm wurde erst nacli 1400 von einem Scliiiler Peters ausgefiihrt, ist aber in Folge des grossen Brandes von 1541 arg beschadigt mid bei der Wiederinstaudsetzung verunstaltet worden. Diesem Tliurme stand eiu ahnlicher, aber nur zur Halfte ausgebanter gegeniiber, welclier bei dem Brande ein- stiirzte und dann abgetragen wurde. Die Anordnung von Thiirmen an dieser Stelle lag ganz gewiss nicht im nr- spriinglichen Plane des Matbias ; wobl aber ware moglich, dass bereits Meister Peter dieses Project aufgenommen hatte, nm diednreli Einsclialtnngder Wcnzels-Capelle ent- standenen Unregelmassigkeiten zu masldren. Miiglicb, dass Kfinig WenzellV. durcli einen Maclitsprucli dieStel- hmg der Thiirme anordnete, urn den Ivostspieligen Ban j- Fig-. 4G. (Prag, Chorquerschnitt des Domes.) rascher dem Knde zuzufiiliren. Die iintere Partie des bcstelienden Tburmes scliliesst sicb noch einigermassen der Formgebung des Gmiindner Meisters an, oberbalb der Galerie aber kommen Willkiirlicbkeiten vor , die der ausgeartetsten Gotbik angehiiren. Der Thnrm wurde namlieb auf Befebl des Kaisers Ferdinand I. durcb den Hof-Architekten lionifaz Wolilgemuethnach dem erwabn- ten Brande griindlieh iiberarbeitet, abgektirzt und dann mit einer zwicbelfijrmigen Haube cingedeckt. Aus den Scbilderungen dieses Brandes, welche llajek von Libo- can als Augcnzcuge und spiiterhin Beekowsky nach actenmiissigen Qiiellen verijffentliclite, ergibt sicb, dass der n(3rdliclic Tbnrm bis znr TTobe der Galerie auf- getiibrt, aber nie vollendet gewesen sei, der sudliche aber eine viel bedeutenderc Hobe als gegenwartig eiu- gebalten babe. Auf ausdriickliclien Befebl des Kaisers Ferdinand wurden 1.561 aucb die noch bestehenden Pfeiler und Mauerreste des Langbauses, welches urkundlich durcb Peter von Gmiind angelegt worden war, abgetragen und der Platz abgeebnet. Hierauf wurde der an der West- seite ganz offene Chor mit einer Notlimauer abgescblos- sen, wodurch das Gebaude die Gestalt erbielt, welche wir beute erblicken. Fig. 47. (Prag, Ban Meisters Peter.) Von Meister Peter riihreu folgende Partien nach- weisbar her und sind in deu beigegebenen Planen kennt- lich gemacht: (i) die drei freien zur Rechten und Linken in gerader Linie stebenden Pfeiler des Mittelschiffes , dann die beiden in die Nothmauer einbezogenen Haupi- pfeiler der Kreuzzierung (s. Querschnitt Fig. 4(3), h) die an der Nordseite in zwei Gewolbjoche einge- fiigte Sacristei mit ibrem schonen Sterngewolbe, c) die an die Sacristei anstosscnde Sigismund-Capelle, ebenfalls zwei GewiUbjoche umfassend, in wel- cber die aussern Nebenschifife frei entwickelt sind, — 41 — (I) die an der SUdseite befiudliche, in das Querhaus eingeschobene S. Wenzels-Capelle mit der gegen Osten anstossenden sogenannten Martinic - Capelle. Alle dieseBautheile gehoren demunteren Gescliosse an, und sind grosstentheils bis zuni Jahre 1366 toII- endet worden. Das ganze obere Geschoss mit Ausnahme des Thnrnies und der baroken Decorationen an dem grosseu oberhalb des Porticus sich erliebenden Fensterbogen ist Peters SchOpfung, welclie nur durch die Restauration des Wohlgemuth einige unschwer zu erkennende Um- iinderungen erlitten hat. So erscheint das dermal im Mittelschiffe und Chorpolygon bestehende Gewolbe als eine Neuerung des Wohlgemuth, obgleich wir iiber den ganzenRestaurationsban keine zuverlassigen Nach- richten besitzen. Von Meister Peter riihrt das netzartige Gewolbe des Mittelschiffes in keinem Falle her: erst ens hat er diese Form nie angewandt, zweitens lassen die Widerlager deutlich erkennen, dass ehemals eine an- dere und hohere Wolbung bestanden habe. (Fig. 47 Strebebogen, System des Meisters Peter.) Zur Charakteristik der Arler'schen Bauweise iiber- gehend, fallt zuerst die ungeheure Kuhnheit auf, mit welcher derOberbau durchgefiihrt ist. In dem angefiigten Fig-. 48. (Pragei- Dom, Gnindriss iu der Hohe des Triforiums.) der unteren Galerie zur oberen fiihrt und im Aufrisse der Siidseite (s. Fig. 42) eine hervorragende Stellung ein- uimmt. In Arler's Ban zeigt jedes Fenster ein auderes Masswerk, und es pflegte der Meister starkere und schwachereFensterstabe abwechselnd anzuordnen ; auch sind die Strebepfeiler mit ihren Bogen nach dem System der Abwechslung gehalten und jeder anders decorirt. oberen Grundrisse Fig. 48, welcher in der Hohe des Tri- foriums aufgenommen ist, ruht der ganze obere Aufbau auf dlinnen Saulen, Staben, durchbrochenen Pfeilern und den Strebebogen, welehe sich iiber die Seitenschiffe heriiberspannen.. Als Meisterstiick luftiger Construction ist das durchbrochene Treppenthiirmchen anzufiihren, welches an der Abschlusslinie des Presbyteriums von 6 — 42 — Als Peter die Baiitiilinuig des Domes libernahm, waren jene stOreiiden Abweiclmngen vom urspriing- licheii Plane, uanilich die Einscbaltung der Wenzels- Capelle in deii sildliclieii Kveuzfliigel ^ luid dieUmwand- liing zweier nordlieher Traveeu zu einer Sacristei bereits eingeleitet, und nnserem Meister fiel die Aufgabe zu, diese mit der Gesaiiimtanlage im grelisten Widerspr uclie stebenden Partieu Iviinstlerisch durcbznbilden. Fig. 49. (Prag. Dom, Portal zurWenzels-Capelle.) Gerade in diesen beiden misslicbeii Einscbaltungen bewahrte sich des Kiiiistlers Talent aufs glfinzendste, und es ist namentlicb in der Wenzelscapelle eine so gelauterte Forniendurclibildnng entwickelt, wie sie der Meister weder an den iibrigen Doniarbeiten nocb am Chor zu Kolin wieder erreiebt hat. Diese Capelle wird im Grundrisse durcb ein regelmassiges Quadrat von SSy^ Fuss seitlicher Ausdehnung bescbrieben und von ' Der kiirzlich verstorbeiie Domljaumeister K r a n n c r sprach die Vcr- muthung aus, class die Wenzels-Capelle zuiiaehst aus dem Grunde so uberzwerch in den Kreuzarm hinoingeschoben wurde, weil sich an dieser Stello das Grab- mal des h. Wenzel befiinden liabe and dieses aus Piet'rit nicht verlcgt werden wollte, Diese Vcrmuthung wird jedocli weder durrh die gepflngenen ortlichen Uiitersuchiingen, noth durcb die Gcschiclite bestafigt. Das Grab des h. Wenzel stand recljts neben dem Hochaltare im alten von Spytihnev erbauten Dome, welches Gebaude westlich vom neueii Dombau lag. Da im Jahre 1373 nachWait- miil's unzweifelhaftem Berichto die alte Kathedrale noch erhalten war und Waif- rniil selbst die Ubertragung der fiirstlichen Leicliname aus dieser alten Kirche in den Chor des neuen Domes besorgte, konnte das ehemalige Wenzolsgrab unmog- licb an gegenwiirtiger Stelle gewesen sein. Audi bestand das urspriingliche Grabmal 8. AVcnzel's gar nicht in I*rag, sondorn in Alfbunzlaii, war also scbon einmal versetzt worden . eineni zwar eiiifachen , aber niclitsdestoweniger bochst originellen Sterngewolbe uberdeckt. Acbt reich protilirte Wandpfeiler, ant' jeder Seite zwei, steigen bis zur Hohe von 27 Fuss an, wo sie obne Vermittlung von Capitiilen in Gewolberippen iibergeben. Da seltsamerweise in den Ecken keine Wandpfeiler angebracbt sind, also von bier aus keine Kippen cntspringen, bildet das Gewolbe in den vier Eckeu vertiette Kappen, welclie scbon beira Eintritt itberrascben und zugieieh die gebeimnissvolle Wiirde des Innern maebtig fordern. Bei nalierer Unter- sucliung findet mnn, dass die iiberaus reicb scbeinende Deckenwolbung nicbts anderes als ein an den Ecken ausgewecliseltes Kreuzgewolbe sei, welches sich im Dui'chsclinitt nur wenig iiber den Halbkreis erhebt. Dem- selben Gewolbe in noch reicherer Durchbildung w^erden wir in der Karlshofer Kirche wieder begegnen. Der Capellenraum wird durcb ein kriiftiges mit Zierbogen eingesaumtes Gesims der Hohe nach in zwei Stockwerke abgetheilt und ist sowohl ober- wie unter- halb aufs reichste mit Vergoldungen, Wandmalereien und Edelstein-Mosaikcn decorirt. Die bedeutende Aus- ladung des Zwischengcsimses (iiber zwei Fuss) und seine horizontale Oberflacbe lassen einen besondern Zweck erkennen: Es sollten auf demselben die Weih- gescbenke aufgestellt werden, welcbe frommeWallfabrer am Grabe des liochgefeierten Heiligen undLandespatrons niederlegten. Diesem Gesimse bat man es zu verdanken, dass die untere Bilderreihe mit ihren vergoldeten Uni- rahmungen von dem Kircbenbrande des Jahres 1541 verschont blieb und, von Uberiiinselungen abgesehen, in leidlichem Zustande auf uns gekommen ist, wahrend die oberen Genuilde zerstort und um 1600 durcb uene ersetzt worden sind. Fines der unteren Wandgemalde besitzt fiir die Zeitbestimmung des Capellenbaues beson- dere Wichtigkeit: Es ist Cbristus am Kreuze zwischen Maria und Johannes dargestellt; zur Recbten und Linken neben den Heiligenfiguren knieen Kaiser Karl und seine dritte Geraahlin Anna von Schweidnitz in betender Stellung. Dass die hier abgebildeteKaiserin keine andere als die Genaunte im Jahre 1353 mit dem Kaiser ver- miihlte und scbon 1362 verstorbene schlesische Prin- zessin Anna sei, bat der Maler in unzweideutigster Weise dadurcb ausgedriickt, dass er die beiden friiheren Gemahlinnen Karls als Verstorbene in dem Bible an- brachte. Es Avurde also dieses Gemalde oder der Ent- wurf dazn um obige Zeit gefertigt und diirfte die Capelle damals in der Hauptsacbe vollendet gewesen sein. Zwei schmale, mit steilen Spitzbogen liberwolbte Fenster erhellen nur sparlich das Innere, dessen ausser- ordentliche, mitunter etAvas barbarisirende Pracbt in unwiderstehlicher Weise zur Andacht stimmt. Die Bilder und sonstigen Ausstattungen finden in den folgenden Abschnitten ihre Besprecbung. Eingeweiht w^urde die Wenzels-Capelle sammt dem darin betindlicben Altare am 30. November des Jahres 1367. (Fig. 49 Eingang in die Wenzels-Capelle.) Bis zu diesem Zeitpunkte wurde in den unteren Raumen gearbeitet, wie durcb verschiedene Urkuuden und besonders die Dombauiechnungen bestiitigt wird. DaMathias von Arras nur eine cinzige Cborcapelle fertig gebraclit hatte, oblag es seinem Nachfolger, die Arcaden zu schliessen, die iibrigen Capcllen nebst den Seiten- schiffen einzuwolben und auch das Querhaus bis zur Galleriehohe aufzubauen. Alle diese Arbeiten musste — 43 — der Gmtindner Meister vollenden, ehe an die Erliolning des Mittelscliiffes zu denken war. Dabei fehlte es oft an den ucithigen Baumaterialien , weil die gleiclizeitig in Angriff genomraene Moldaubriicke nnendliclie Massen von Steinen erforderte und aiissevdem in der Bauhiitte (lintta) allerlei kiinstreiche Arbeiten liir anderweitige kaiserliche Bauten, namentlich fiir das Schloss Karlstein angefertigt werden mnssten. Erst um 1370 wurde das Triforinni aiifgestellt: von nun an lasst sicli aus den Rechnnngen nnd den darin vorkommenden Notizen Schritt flir Sehritt der fernere Verlauf der Bauarbeiten nachweisen. Kaiser Karl erlebte die Vollendung des Chores nicht mehr, er starb 1378 am 29. November, das Cbor- gewiilbe aber wnrde erst sieben Jahre spater, am 12. Jnli 1385 wahrend eines feierlichen Gottesdienstes (infra missarnm solemnia) gescblossen, worauf am 1. October desselben Jahres die Einweihnng des Chores stattfand. Fortgebant wnrde indess am Dome nnunter- bi ochen (da die Gallerien, Treppenthlirme nnd sonstigen Ausstattnngen noch fehlten) bis zum Jahre 1392, als die Grundsteinlegimg zii dem Langhaase in besonders feier- licher Weise dnrch Kouig Wenzel IV. voUzogen wnrde. Bei dieserFeierliehkeit, welcher derKonigansserordent- liclies Ansehen zn verleihen suchte, wohnten neben der koniglichen Familie, dem Herzog Johann von Gorlitz, dem gesammten Hofstaate, dem Erzbischof Johann von Jenstein nnd vielen weltlichen und geistUchen Wlirden- tritgern auch besondere Vertreter der abwesenden Fami- lienglieder, namentlich desSigmund, Konigs von Ongarn, bei. Peter von Gmiind wird ausdriicklich in einer zum Andenken an diese Feier gesetzten marmornen Inschrift als nocli wirkender Baumeister angel librt. Anstatt des vieljahrigen i. J. 1380 verstorbenen Directors Kotlik aber erscheint Wenzel Eadecz, der schon bei der Chorein- weihimg thatig war. In derselben Inschrift wird ferner die Uhertragung der Gebeine des heiligen Adalbert in den neuen Dom erzahlt, welche im ersten Jahre der Regiernng des Erzbischofs Wolfram von Skvorec (1396 bis 1402) erfolgte. Diese Tafel, welche 1396 aufgestellt wurde, lasst nicht zweifeln, dass Eadecz und Meister Peter noch in Wirksamkeit standen. Dass die sammtlichen Mauern und Pfeiler des von Konig Wenzel 1392 gegrlindeten Langhanses dnrch den Brand von 1.541 schwer beschadigt und dann auf Befehl des Kaisers Ferdinand I. abgetragen wurden, haben wir bereits mitgetheilt. Die Grundmauern dieser Bautheile wurden im Laufe der gegenwartig im Zuge befiudlichen Dom-Restauration wieder ans Licht gefordert und zum Theil benutzt. Wahrend der hussitischen Unruhen war der Ban eingestellt; doch scheint das Gebaude selbst damals, abgesehen von einigen Pliinderungen und Bilderstiirme- reien, keine wesentlichen Besehadigungen erlitten zu haben. Nach wiederliergestellter Ordnung waren die Konige Podiebrad und Wladislaw II. wiederholt bemliht, den unterbrochenenDombau neuerdings in Gang zu brin- gen; jedocb versiegten bald die Mittel, es fehlte der opferfreudige Sinn und auch derMuth, um Arbeiten von so kolossaler Ausdehnung einem guten Ende zuzufiihren. Wladislaw liess allerdings an den Thiirmen durcli seinen Baumeister Benedict von Laun fortbauen und ein konigliches Oratorium in einer der slidlichen Capellen einricliten, allein nach dem Tode dieses Regenten traten wieder mehrjahrige Unruhen ein, bis es nach schweren Kampfen dem Kaiser Ferdinand I. gelang, einen dauern- den Frieden zu begriinden. Unter der Regiernng dieses Fiirsten ereignete sich das mehrmals erwahnte Brand- ungliick, durch welches die Kleinseite, die Residenz und der Dom auf dem Hradschin nebst vielen anderen Bau- denkraalen zerstort wurden. Obwohl der Kaiser und der von ihm beauftragte Architekt Wohlgemuth Alles auf- boten, das Denkmal wieder in den urspriinglichen Stand zu versetzen, und man sich sogar einige Zeit hindurch mit der Hoffnung trug, das Werk in seiner ganzen Aus- dehnung zu voUenden, musste man sich doch zuletzt auf die allernothwendigsten Reparaturen beschranken. Bei Betrachtung der Wohlgemuth'schen Reparaturen fiihlt man sich beinahe versucht, Gott zu danken, dass er seine Thatigkeit nicht welter ausgedehnt habe, da das Ver- standniss, welches er seiner Aufgabe entgegenbracbte, ein iiusserst geringes war, wenn ibm auch eine iiber- lieferte Formenkenntniss nicht fehlte. Wurden durch diesen Brand die mcisten Altare und die denkwtirdigen von Arler geschnitzten Chor- stiihle vernichtet, batten sich doch in den Capellen noch zahlreiche aus alter Zeit herrlihrende Sculpturen und Malereien erhalten, so dass mit Hilfe neuer Stiftungen die Kircheneinrichtung in kurzer Zeit wieder vervoll- standigt war. Der meist in Prag residirende kunstlie- bende Kaiser Rudolph II. bereicherte die Domkirche rait einem prachtvollen Mausoleum, welches sich itber der von ihm neu errichteten kaiserliehen Gruft erbebt, und das von Alexander Colin im Jahre 1589 ausgefithrt wurde. Kaum war dieses Denkmal vollendet, als neues Uiigliick iiber den Dom hereinbracb. Im Jahre 1619 wiiblten die damals iiberwiegendprotcstantischen Stitnde Bohmens den Kurfursten Friedricli von der Pfalz zum Konige. Dieser, der sogenanute „ Winter konig", war von seiner Umgebung abhangig und erlaubte seinem fanatischen Hofprediger Skultetus eine Bilderstlirmerei, wie sie iirger niemals in Scene gesetzt worden war. Der Cistercienser Kapihorsky erzahlt von den damaligen Vorgangen als Augeuzeuge: „Alle Altare, Crucitixe und Bilder wurden abgebrochen, es wurde mit Axt und Hacke drein geschlagen und die steinernen Altartische bis auf denGrund niedergebrochen und hinausgeriiumt;" u. s. w. Durch diese zwischen 21. — 28. December 1619 veriibten Vandalismen wurden beinahe alle Kunst- werke zerstort, welche der grosse Brand verschont hatte ; was sich jetzt von alten Bildwerken vortindet, mag damals getlilchtet und spilterhin wieder zurlickgestell't worden sein. Endbch erlitt der Dom wahrend des siebenjahrigen Krieges noch einmal schwere Besehadigungen, als Fried- rich II. Prag belagerte. Nicht weniger als 20.000 Schiisse trafen die Domkirche, deren Nordseite noch vor kurzer Zeit die Spuren dieser Kanonade zeigte. Die sammtlichen Fenster, Strebebogen und Gelander wur- den arg mitgenommen und theilweise zerstort, dock bat die Construction keinen Schaden gelitten. Diese auf- fallenden Besehadigungen waren es zunilcbst, welche den Gedanken an eine durchgreifende Restauration ber- vorgerufen haben. An dem im Jahre 1860 begonnenen Resfaurationsbau wird gegenwartig noch gearbeitet, und dlirfte sich derselbe im glinstigsten Falle bis zum Scblusse des Jaln-hunderts binziehen. 6 * — 44 — In gedrangter Ubersicht zeigt sich der Verlauf des Baues, wie folgt : 1341. Konig' Johann besehliesst den Ban eines neiien Domes in Prag und bestimnit zu diesem Zwecke den Zehent allcr vorliandenen oder kunftigliin noch aufzufindenden Silberbergwerke Bi)hmens fur die Ausfiihrung des Domgebaudes , kraft einer Urkunde vom 23. October. 1344. Griuidsteinlegung des Domes am 21. November nnd gleichzeitige Erhebiuig der Prager Kirclie zu einem Erzbisthum. Der vom Markgrafen Karl zu Avignon aufgenommene Dombaumeister Matliias entwirft die Plane, und legt die Chorcapellen an. 1346. Konig Jobann nnd Markgraf Karl reisen nach Avignon und von da nach Rliense, wo Karl zum romiscben Konig erwitblt wird. Kcinig Johann ' ■ fallt am 26. Augnst in der Scblacht bei Crecy, Karl wird durch die dentschen Angelegenheiten bis zum nachsten Jalire am Rheine festgehalten. Die lange Abwesenheit derRegenten wirkt nacb- theilig auf den Dombau ein: es finden Abwei- cbnngen vom ursprlinglichen Plane statt, und der nordliche Kreuzfliigel wird eingezogen. 1348. Kaiser Karl lasst durch Meister Mathias eine konigliche Familiengruft im Chore des Prager Domes erbauen und darin die Leichen seiner ersten Gemahlin Margaretha Blanca von Valois und deren S<3hnfhens beisetzen. Die Baustelle des Domes wird mit einem Nothdach iiberdeckt, Griindung der Neustadt Prag und der Burg Karlstein. 1352. Die S. Antoninseapelle, nauilich die erste in der , Chorrundung links neben der Mitte, wird dui'ch ■ den Erzbischof Ernest eingeweiht. In dieseui Jahre stirbt der Dombaumeister Mathias. 1353. Anna von der Pfalz. zweite Gemahlin des Kai- sers Karl stirbt am 2. Februar und wird in der koniglichen Gruft begraben. Drei Altiire werden neben der Griift gestiftet. 1356. Der Steinmetz Peter von Schwabisch-Gmiind wird zum Dombaumeister ernannt. Er vollendet die Chorcapellen in den niichstfolgenden Jahren und fiihrt ein veriindertcs Pfeilersystem ein. 1358. Grlindnng der Moldaubriicke zu Prag. 1366. Die Wolbungen der Seitenschilfe werden geschlos- sen und die S. Wenzels-Capelle vollendet. In einem daselbst an der Ostwand angebra(diten * Votivbilde ist die 1362 ^erstorbene Kaiserin Anna von Schweidnitz als noch lebend darge- stellt. 1370 — 1371. Ganzliche VoUendung der untern Kirchen- raume luid Erbauung der Fiirstcngriifte in den Chorcapellen. DasMosaikbild oberhalb desPorti- cus wird von einem unbekannten wahrscheinlich venetianischen Kiinstler ausgefiihrt. Beginu der Arbeiten in der Hijhe des Triforiiims. 1373—1374. Die Leich'name der althiilnnischcn Fiirsten werden aus dem alten in den neuen Dom durch den Dondierrn Waitmlil iibertragen. Anlage der Fenster im Liehtgaden des Domes. 1378. Kaiser Karl IV. stirbt und wird im ])onie in seiner (4nift bcigesetzt. Die Anfstellung der Ijiisten im Tritorimn niiniiit iliren Anl'ang. 1379—1385. Vollendung des Mittelscliiffes. Bei lang- samer Baufiihrung wird das Gewolbe des Poly- gons oberhalb des Hochaltares am 12 Juni 1385 geschlossen und der Chor am 1. October dessel- ben Jahres eingeweiht. 1392. Grnndsteinlegung der Domschiffe am 2. Juni. Die Pfeiler und Umfassungsmauern des Lang- hauses werden in ihrem ganzen Umfange ange- 1396. Ubertragung des Leichnams des heiligen Adal- bert aus dem alten Dom in den neuen. Anbrin- gung einer hiei auf beziiglichen Gedachtnisstafel an der Siidseite des Domes, in welcher zugleich die wichtigsten Abschnitte der Baugeschichte mitgetheilt werden. Diese merkwlirdige Gedachtnisstafel besteht aus einer Platte von weissem Marmor, ist d'^/^ Fuss breit, 4 Fnss 9 ZdU hocb, und enthiilt 30 Zeilen, welehe in gothischer Fracturschrift eingegraben sind. Die Ent- zifferung ist nur auf einem Gertiste raoglich, da sich der obere Rand der Tafel gegen 15 Fuss iiber dem Erdbo- den befindet und die vielen Abbreviatiiren wie auch Verwitterungen das Lesen sehr erschweren. Dem hier mitgetheilten Text liegt ein im Jahre 1870 gefertigter Klatschabdrnck zu Grnnde. Die lateinisch verfasste Schrift lautet vollinhaltlich: t Anno Domini M.CCC.XLIIII. die tercia mensis marcij sublimata est sancta pragensis Eeclesia in metro politanam per Dominuni Clementem papam. Eciam eodem anno et die positus est primus la pis fundamenti novi Chori Pragensis per serenissimum principem dominura lohannem regem Boemie comitem luczeburgensem ac serenissimos principes donii- nos Karoluni tunc marchiouem Moravie post in Imperatorem promotuui, loannem ducem Karinthie, Tiro- lis etc. natos domiui Regis predicti, et multis nobilibus Baronibus Regni prefati presentibus ac Reveren- dissimo patre domino Arnesto primo Archiepiscopo pragensi cum eisdem principibus primum lapidem impo- nente. Item anno Domini MCCCLXV reverendns pater dominus Johannes secundus Archiepiscopus Pragensis quondam Olomucensis Episcopus factus et creatus est primus lega- tus natus apostolice sedis in tota sua provincia, nec non in Baben- bergensi Ratisbonensi Misnensi dioecesibus et civi tatibus cum suis successoribus universis per Dominum ^'rbanum pai)nm V. Qui post fuit factus sancte Romane Ecclesie circa XII apostolurum presbyter Cardinalis ])er domi- num Vrbanum paitam VI. feliciter promotus . Item anno Domini MCCCLXXXV in vigilia sancte Margarethe XII bora (irlogij completa est testudo Chori pra gensis infra missarum solenipnia, Item anno Domini MCCCLXXXV in festo saneti Remigii con secratus est Chorus pragensis in honore beate Marie et Sancti Vifi per Reverendum patrem dominum lo hannem Archiepiscopum pragenseui tercium apostolice sedis legatum secundum olim Misnenseni Episcopum Item anno Domini MCCCLXXXXII in festo penthecostes bora vesperorum positus est primus lapis fundamenti sancte pragensis ecclesie per serenis- simos principes dominum Wenceslaum pri — 45 — mum Eomanorum Regem et Boemie Regem et clomiiium lohannem Gorlicensem ducem Marcliio nem Brandenburgensem natos serenissimi principis doiuini Karoli Eomanorum Imperatoris benefactoris precipui Ecclesie pvagensis ac reverendissi- mum patrem domiuum Joliannem Avcliiepi scopum pragensem tevcium cum nonnuUis aliis patribns dominis Episcopis et prelatis . Ac vice et nomine serenissimi principis Domini Sigismuiidi liunga- rie et dalmacie regis etc. nati Domini Imperatoris prefati nec non vice et nomine Rerenissima- rum principissarum et dominarum Elisabeth Ro manorum Imperatricis Anne Regine Aiiglie Margarethe Consortis domini Purgravii Norinbergensis tiliarum domini Imperatoris prefati. In honore visitationis sancte Marie et sanctorum Wenceslai Viti Adalberti Sigismundi et aliorum Boemie patronorum. suD directo re fabrice pragensis Wenzeslao de Radecz Canonico pragensi et petro de Gemund ma gistro fabrice prefate.Item a. D. MCCCLXXXXVI in festo sancti Adalberti translatum est corpus sancti Adalberti ejusdem i^atroni Boemie cum reliquiis sanctorum quinque fratrnm de antiqua ecclesia in medi urn nove pragensis Ecclesie presidente Reverendo patre domino Wolframo electo Arcliiepiscopo pragensi etc. f Da diese Tafel wahrend der Amtirung des Dom- baudirectors Radecz aufgestellt wurde, liat die von den Scliriftstellern Legis-Glilckselig und A. Ambros ausge- sprochene Vermuthung, dass Radecz der Verfasser sei, grosse Wahrscheinlic])keit fiir sicli. Ob jedoch die im I'riforium neben den doitigen Biisten angebrachten In- schriften ebenfalls von Radecz herriihreii, darf bezwei- felt werdeu ; es liegen viebnehr allerlei Anzeicben vor, dass diese "Uberschriften verscbiedenen Zeiten angeho- ren und mehrere Verfasser biebei tbatig waren. DasTriforium mit seiner Portraitgalerie und seineir gescbicbtlicben Beziebungen ist librigens so eng mit der Baugeschicbte des Domes verwebt, dass die Bespre- chung unmoglicb von der vorhergebenden Scbilderung getrennt, sondern nur an dieserStelle eingereiht werdeu kann. Die Portraitgalerie im Triforium. Die Bezeicbnung Triforium wurde von einigen engliscben Arcbaologen in die Kuustsprache eingefubrt, indem sie mit diesem Worte den Laufgang bezeichneten, welcher in den basilikaformigen Domen oberhalb der Arcaden das Innere umziebt und sowol zur Belebuug der Flache und Entlastung des Mauerwerkes dient, wie aucb einen bequemen Zugang in die tiber den Neben- scbiffen befindlicbeu Dacbrilume gewaln-en soli. Die Yeranlassung zu dieser Einrichtung gaben die in den Stiftskircben" biiufig angebrachten Oratorien, denen wir schon in einigen altchristlichen Deukmalen , z. B. S. Vitale in Ravenna und S. Sophia in Constanlinopel, dann in hoherer Durchbildung in den Domen zu Pisa und Lucca begegnen. Im Laufe des XII. Jahrhunderts erlangte das Triforium solche Bedeutung, dass es als unentbehrlicher Bautheil einer Kathedrale angesehen wurde. Von nun an wetteiferten deutsche, franzosische und englische Klinstler, dieses Zwischengeschoss mit moglichster Eleganz durchzubilden. Vorzuglich schone Triforien sieht man in den Hauptkirchen zu Ely, Peter- borough , Ypern, dann in Notre Dame zu Noyon und in S. Denis bei Paris, ferner im Dome zu Limburg an der Lahn und in hochster VoUendung im Mlinster zu K(3ln. Fig. 51. Das Triforium des Prager Domes zeigt noch alter- thiimliche Formen, welche Meister Peter wohl aus dem Gruude gewiihlt haben mag, um eiue Vermittlung zwischen der einfachen Arcadeustellung seines \'or- giingers Mathias und der eignen uberreichen Formen- gebung, mit welcher er die Fenster des Liclitgadens aus- zustatten gedachte, anzubahnen. Der im Durchschnitte (Fig. 46) ersichtliche und durch melirere Details (Fig. 50 Ijis 56) illustrirte Laufgang wird durcli Rundsaulen von 11 V2 Fuss Hohe und 9 Zoll Durchmesser unterstiitzt und mit einem 3 1/3 Fuss hohen Briistungsgelander um- zogen. Die Siiulen sind durch Kleeblattbogen verbunden, die Saulen-Capitale und Postamente zeicbnen sich durch eine an Rohheit streifende Einfachheit aus, wahrend das Gelander neben der geglattetsten Arbeit jene Vorliebe zu stylistischen Ausschreitungen kundgibt, in denen sich Arler so gerne bewegt. Erlauterungen hiefiir sind: — 46 — Fig. 50, Zierbogeu im Triforinni, Fig. 51, Masswerk des Gelauders allda. Fig. 52, Kroniing (Wimberge) eines Strebepfeilers, danii die Details Fig. 53 bis 56. Ill architektoiiiscber Hiiisiclit nicbt von hervor- ragender Bedeutung, birgt das Triforinni einen so selteiien Scliatz an gesehiehtlich merkwiirdigen Scnlp- tiiren, wie deren kein zweites niittelalterliebes Deukiual aufzuweisen liat. In einer Eeibe von 21 Portraitbiisten werden die samnitlicben nni den Donibau verdienten Personen ziir AnschauuDg gebracht; wir erblicken, wie zii eineni Faiiiilienfeste versamnielt, die Mitglieder des Herrscberhauses, in der Mitte den Kaiser Karl nebst Gemahlin, umgeben von Vater, Mutter, CTesebwistern und Kindern. Uni diese ber gnippiren sicb zn beiden Seiten Fig. 53. die Korypbaen der Wissensehaft und Kiinst voni vor- nebiustcn Pralaten herab bis znni scblioliten Steinmetz- meister. Der Laiifgang ist naeli iibliclier AVeise in die Mauerdicke verlegt, v.obei, uni die llmuU niacben zu konncn, die emporstrcbenden Pfeiler diirebbrocben werden nuissten. Obcrbalb dieser Diirchbrechnngen oder Thiiren treten die Biisfen, jede einzeln stebend, so aiis den Waiidflaoben liervor, als ol) die dari^estellten Personen sifb a lis eiiieni gciifl'ncten Fensler licransbciigten. Die Bnistbilder sind etwas iiber Lebensgrosse gebalten, mit Einscbluss der Scbultern und der Brustpartie 54 Centni. hocb und 45 bis 50 Centm. breit. Neben jeder Bliste sind erklarende Inscbriften und bei den Standespersonen ibre Wappen angebraeht; die Inscbriften f^ind nicbt in den Stein eingenieisselt, son- dern nur mit Harz- oder Wacbsfarbe hingesebrieben und scbeinen urspriinglieh vergoldet gewesen zu sein. Die Anordnung ist so, dass die Bildnisse des Kaisers und seiner vierten Gemahlin Elisabeih das Mittelfeld des Cborschlusses einnehnien, denen sicb an der recbten oder Epistelseite (und zwar jedesnial zwei Bilder in einer Gewijlbenbtbcilniii: ) anreihen : Jobann von Luxeni- Fig. 56. burg und seine Gemahlin Elisabeth von Bohnien — Konig Wenzel IV. und seine erste Gemahlin Johanna von Bayern — die Erzbischofe Arnest von Pardubitz und Jobann Ocko von Vlasim — der Erzbischof Joliann von Jenstein und der zweite Baudirector Ilolubec — der erste Baudirector Busko, welchem gegeniibei' Hund und Katzc angebraeht sind, die sicb raufen. An der Evangelieu-, linken, Seite sind ange- braclit im ersten Felde : Anna von Schweidnitz und 47 — Anna von der Pfalz, Erstere die dritte, die Andere die zweite Gemalilin des Kaisers — Margaretha Blanca von Valois, dessen erste Gemalilin undJohann vonKarnthen- Tyrol, des Kaisers alterer Bruder — Wenzel Herzog von Luxemburg, dessen Stiefbruder nnd gegeniiber Benedict von Waitmiil, dritter Dombaudirector, der bekaunte Historiograph — Andreas Kotlik, vierter Dombaudirector nnd Peter von Gniiind, zweiter Dom- baumeister — endlich Matliias von Arras, erster Dom- baumeister und Wenzel von Eadecz, der filnfte Dombau- director. Obwolil fitr den Zweck dieses kunstgeschichtlichen Werkes die Beigabe von einer oder zwei Abbildungen geniigt haben wiirde, uni Ausfiihrung und Kunstvverth der besprochenen Sculpturen zu erkliiren, liaben sich dock so viele und gewiclitige Stimmen fur die Ein- verleibung mehrerer Bildnisse und einer erschopfendcn Beschreibungerlioben, dass derVerfasser sich umsomehr veranlasst sieht, diesem Wunscbe nachzukommen, als das Triforium in Folge einer angeblich eingetretenen Senkung des Oberbanes vermauert nnd unziiganglich gemacbt worden ist. I. Wir beginnen die Reihenfolge rait dem Biklnisse des Kaisers. Er ist dargestellt ira Alter von 58 bis 60 Jabren, die Haare sind diinn geworden uud hangen schlicht herab, die Wangen sind voU und glatt rasirt, Kinn und Oberlippe mit einem sorgfaltig geordneten schwarzen Barte umgeben, wahrend die Haare bereits ins Graue spielen. Das Gesicht bat einen tVeundlich lachelnden Ausdruck und stimmt aufs genaueste mit den verschiedenen Portraits iiberein , welche sich in Karlstein und audern Orten vortinden. Die Modellirung zeigt, dass der Bildhauer nach der Natur gearbeitet babe. Man erkennt die Familien-Abnlichkeit mit Vater und Mutter, deren Ziige in Karl verschmolzen sind. Dass dem lachelnden Gesichte auch der Ernst nicht fremd sei und binter der rundgewolbten Stirn mancher- lei tiefe Gedanken lagem, ist vortretflich ausgedriickt. Auf dem Haupte tragt Karl die deu sche Kaiserkrone, welche jedoch zerstort und nur durch die herabfal- lendcn Infuln sichergestellt ist; von deu Schultei'u fallt der Reichs-Ornat hernieder, iiber der Brnst durch eine grosse Agraffe zusammengehalten Die rechts und links neben der Biiste angebrachten Wappen sind der schwarze einfache Reichsadler im goldnen Felde und der bohniische doppeltgeschwauzte Lowe (s. Tafel I). Die Inschrift lautet: Karolus HH. Imperator romanorum et boemie rex.b .fundavit novam pragen. ecclesiam de sumptuoso ope.ut aparet.ac sumptibns propriis laboravit.b.et impetravit a sede apostolica ecclesiam pragensem erigi in metropoli- tanam per Clementem papam VL et archiepiscopum lega- tum apostolice sedis fieri paravit.per domin. Vrbanura V*""' colle- gium omnium sanctorum in castro et mansionariorum in curia pragensi instituit et dotavit studium pragense instituit pontem novum p multaviam laborari precepit amator cultus divini et cleri . prageus. morit .prage . A . d . MCCCLXXVHI . die penultima novembris etatis sue anno LXIHI. (Karl der Vierte, Rtimischer Kaiser und Konig von Bohmen, griindete gnadigst (benignissime) und dotirte aus eigenen Mitteln den neuen Prager Dom, ein Werk von kostbarer Arbeit, wie es sich darstellt. Er erlangte auch vom apostolischen Stuhle, dass die Prager Kirche durch Papst Clemens VL zu einem Erzbisthum und Sitz des apostolischen Legaten erhoben wurde. Er griindete ferner unter Papst Urban V. das Collegium AUerheiligen und das Stift der Mansionare in der Hofburg zu Prag, errichtete und dotirte die Prager Universitat, liess die neue Briicke iiber die Moldau erbaueu und war ein Forderer der Religion und des Priesterstandes. Er starb zu Prag am vorletzten November 1378 im 64. Jahre seines Alters.) Diese Schrift ist die umfangreichste von alien uud noch immer leserlieh; auch haben sich keine Ent- stellungen eingeschlichen, welche bei den meisten der iibrigen Inschriften angetroffen werdeu. II. An der Riickseite desselben Pfeilers, jenseits des Durchganges, blickt die Biiste des Konigs Johann hernieder; seine Ziige erscheiiien hart und wie von schwerem Kummer gedriickt, dock erkennt man, dass der Mann einst schon war. Der ungewohulich kleine und hagere Kopf verriith eine schlanke, etwas iiber mittelgrosse Statur und zahe ausdauernde Kraft ; die Blindheit ist mebr durch die vorwilrts gebeugte Haltuug ausgedriickt, als dass sie sich an den Augeu erkennen lasst An den vielseitig gewiegten Diplomaten, den uniibertrefflich galanten Ritter, als welcher Konig Johann gefeiert wurde, wird man durch dieses Portrait kaum erinnert, woran wohl die Blindheit scbuld sein mag, da sich der Konig in seinen Zustand gar nicht tinden woUte. Neben dem Bilde sind die Wappen von Luxemburg und Bohmen angebracht^s. Tafel II). Die Inschrift lautet : Johannes fill. henrici imperator. . _ comes lutzemburgeu. rex boemie ' • VIIL'" duxit elizabet tiliam regis Wenceflai. hie moritur in bello in francia per regem anglie . A. d.MCCCXLVI.die ruffi.hic . . fundavit monasterium carthusiense prope pragam. (Johann, Sohn des Kaisers Heinrich, Graf von Luxem- burg und Achter Konig von Bohmen, vermahlte sich mit Elisabeth, der Tochter des Konigs Wenzel. Er tiel in Frankreich im Kriege gegen den Konig von England im Jahre 1346 am S. Ruffustag. Er griindete das Kart- bauserkloster bei Prag.) III. In derselben Gewolbeabtheilung, dem Por- trait Johann's gegeniiber, ist die Biiste seiner Gemahlin Elisabeth, der letzten Pfemyslidin, aufgestellt, welche 1310 in Speyer vermahlt wurde und 1330 starb. Sie hat eine ziemlicb dunkle Gesichtsfarbe, schwarze Augen und solche Haare, starke Backenknochen und im Verhaltniss zu ihrem Gemahl einen grossen Kopf. Der AusdruLdv des Gesichtes ist ernst, etwas besorgt; die Ziige sind nicht unangenehm, es spricht sich in denselben eine gewisse Hausmiitterlichkeit aus. Unter der Krone tragt sie eine gefaltelte Haube und einen Scbleier, der auf die Schultern herniederfailt; der Hals ist bis unter das Kinn nach Sitte alterer Zeit verhiillt. — 48 — Die Wappen sind diesclben wie bei Kiinig Johann, dariiber die Insclirift: Elizabetli regina boemie. mater illnstrissimi piincipis dmi Karoli » romanoriini et boeuiie regis. obiit ill die sanctonini cosme et daiuiani martiruiii ..... Uas Todesjahr anzugebeu, ist entweder vergesseu wni den oder es wiirde die uutere Zeile ausgelosclit. Da der Bildbauev (Meister Peter) die Konigin Elisabeth bestimmt gar nicbt, ihren f4emahl schwerlich gesehen bat, kann er diese beiden Biisten, welcbe sebr leiu iiidividualisirt sind, nur nach vorhandeneii Zeich- mmgeii, Miinzen mid ahnlicben Hilfsmittebi gefertigt babeii, wobei auffallend erscheint, dass beide Personen je ill dem hocbsten Alter dargestellt sind, welches sic erreicbt haben. Die Konigin als Fran von etwa sechs- unddreissig, der Konig von nahezu flinfzig Jahren. Treten wir in die niicbste Gewitlbeabtheilung ein, stellt sich Wenzel IV. und seine Geniahlin Johanna von Bayern-Holland dar. IV. Konig Wenzel IV., von welcliem sich Portraits ans seinen verschiedenen Altersstulen erhalten haben, ist hier abgebildet als junger Mann von fiinfzehn bis sechzehn Jahren. Ein schwammiges Gesielit, welches nuentschieden lasst, ob's ein Knabe oder Mitdchen werden soli. Die Haare sind ini Nacken kurz abge- schnitten, die Lippen gerundet und etwas anfgeworfen, die Angen gross und sanft, dabei der Ausdruck so madchenhaft, dass man sich nicht iiber den Schriftsteller Schottky und seinen Mitarbeiter den Akademiedirector Bergler verwundern darf, Avcnn sie in dieser Biiste die Konigin Johanna vernmtlieten und eine Abbildung mit der Unterschrift „ Johanna, Gemahlin Wenzels IV." in dem Werke ,,Die Karolinische Zeit" veroftentlichten. Von der Luxemburg' sch en Fainilienahnliehkeit ist in diesem Gesichte nicht niehr viel zu erkennen, doch erinnern Mund und Kinn etwas an die Grossmutter Elisabeth von Bohmen. Bei Betrachtung der sinnlicbeii Formen begreift man, dass der Trilger in spatern Tagen ansarten konnte. Filr die Zeitbestimniung der Portrait- gallerie gibt diese Biiste zuverlassige Anhaltspunkte. Da Wenzel 1361 geboren wurde und hier im Alter von kaum sechzehn Jahren abgebildet ist, kann das Bild nur zwischen 1376 — 1377 gefertigt worden sein. Auch die Inschrift lasst zwischen den Zeilen hindurch lesen, dass sie noch bei Lebzeiten des Kaisers Karl geschrieben wurde. Sie ist autfallend kurz : Wenzeslaus primus romanorum et boemie rex. comes lutzenburgen. natus serenissimi principis.dnii Karnli IIII. romanorum Imperatoris. Die Wappen sind der Pvcichsadler und dor boh- inische Liiwe. V. Gegeniiber blickt mit frohlichem Gesichte in die Welt hinein die Konigin Johanna, einc sclione Idonde Frau mit angenehmen lebenslustigen Ziigen. Die Dame erfrcut sicli einer bcdeutenden Fiille und ilir Kicid droht zn zerspringcn. Nach Sitte ibrer Zeit triigt sie aufgeliiste, in reicben Wellcn lierabfliessende Haare, welche durch ein cng anschliessendes Haubchen zusaniniengehalten werden. Diesem freundlichen Ge- sichte gegeniiber fiihlen wir uns von tiefster Wehmuth ergrifiten bei dem Gedanken, dass die jugendliche Frau von den Hunden ihres Gemahls erwiirgt worden sein sol]. Wappen sind die bayrischen weissblauen Rauten und der bohmische Lowe. Die Inschrift lautet : Johanna romanornm et boemie regina illustrissinii domini albti ( Alberti) ducis holandric tilia.uxor dmi . Wen . (Wenzeslai) roinanor.et boemie regis. obiit A. d. MCCCLXXXVI. in vigilia circumcisionis dm. Ubertretend in die nachste Gewolbeahtheilung be- gegnen wir den beiden Erzbiscliofen und Ministern Karl's, Arnest von Pardubitz niid Johann von Vlasini, Miinr.ei n, deren wissenschaftliche und staatsmannische Bedeutung in ganz Europa anerkannt war. VI. Arnest oder Ernst von Malovec und Pardubitz, erster Erzbiscliof von Prag, war der treueste Eathgeber und Freund des Kaisers Karl, der das meiste beige- tragen, dass die Prager Univeisitat gegriindet wurde. Er war Dichter, Maler und Bildhauer, ein Mann von grosser Gelehrsamkeit und tadelloseni Lebenswandel. Arnest verfasste ein Lobgedicht auf die Himmelskcinigin Maria und soli mehrere Madonna-Statuen gefertigt haben, von denen die auf dem Hauptaltar der Pfarrkirche in Reichenau betindliche uugemein zart durcligebildet ist und mit grosser Wahrscheinlicbkeit ibm zugeschrieben wird. Durch die Grilnduiig zweier, hochst wichtiger Institute machte er sich gleich sebr um die bohmische Kirche, wie die Gescbiclite seines Landes- verdient, namlich durch Grimduiig der Errichtungsbllcher und der Bestatigungsblicher. Die Errichtungs- biicher (libri erectionuni) wnrden 1358 als geistlicbe Landtafel eingefiihrt, und es wurden in denselben alle Errichtungen von Pfarrkircheu, alle an Kirchen, Kloster und Captdlen gemachten Schenkungeu und Stiftungeu verzeichnet. Die Bestatigungsblicher (bbri confirma- tionum) batten den Zweck, die obigen Biicher zu er- giinzen und die genauen Verzeichnisse der spatern Zu- und Abgange fortzufiihren. Dem Aberglauben, wie dein einreissenden Flagellantenwesen trat Arnest mit Ent- schiedenheit entgegen. Seinen rastlosen Bemiihungen gelang es, dass die Gottesgerichte, die Feuer- und Wasserproben und derlei Proceduren abgeschafft wurden. Nach alien Seiten bin unermiidlich thatig, forderte dieser Erzbiscliof auch den Doinbau durch bedeutende Schenkungen und Erbauung einer besonderu Chor- capelle; dann griindete er viele Hospitaler, Kloster und Schulen, stiftete an der Universitat Freiplatze fiir anne Clerikcr und verwaltete die Kirchengiiter aui's l'e«te. . Das Bildnifs zeigt uns einen schonen Mann zwischen fiinfzig und sechzig Jahren, edel, fest und mensclienircundkch, in welchem man den klaren Denker, wie den tliatkraftigen Kirchenfilrsten erkennt. Die Haare sind ergraut und von den Schlafen zuriickgetreten, die Gesichtsbildung oval und regelmassig. Auf dem Haupte tragt er das ul)liclie Hauskiippchen (nicht eine zerbrochcne Bischofsmiltze wie Ambros glaubt) und uni seine Scliultcrn cinen eiig anscblicssenden Mantel. Die — 49 — Wappen sind zur Rechten ein Aveisses Pferd im rothen Felde, links das Domcapitelwappen, ein goldener Quer- balken im schwarzen Felde. Die Insclirift : Arnestus primus archiep . pragen . fundavit et dotavit ac perfecit ad plenum monasterium ste. marie canonicorum regularium in glacz.item mo- nasteria ejusdem ordinis zatzka et in rokiczano ac hospitale in broda boemi cali fundavit perfecit et dotavit b.morit. in rudnitz. a.D. MCCCLXIIII.die ultima mensis iunii . sepultus in glacz. primus officiumcorrectoris ad reprimendam insolentiam clericorum instituit. (Arnest, erster Erzbischof zu Prag, griindete, dotirte und vollendete ganzlicli das Kloster S. Maria der regu- lirten Chorherren in Glatz. Er griindete, dotirte und vollendete auch wohlwollend die demselben Orden an- geli(3renden Kliister in Sad ska und Rokitzan, wie auch das Spital in Bubmiscb-Brod. Er starb zu Raudnitz im Jahre 1364 am letzten Juni und wurde in Glatz be- graben. Auch hat er zuerst das Amt der Correctoren eingesetzt, um die Ausartung der Priester zu unter- drlicken.) i VII. Johann von Vlasim, mit dem Beinamen Ocko (Ocellns), der zweite Erzbischof, bewahrte sich als wlirdiger Nachfolger Arnest's. — Obwohl vorziigs- weise Staatsmann, war er doch ein eifriger Forderer der Klinste, welchem man namentlich die Entstehung mehrerer ausgezeichneter Miniaturwerke zu verdanken hat. Ocko, frliher Bischof zu Olmiiz, gehorte zu den Jugendgefahrten des Kaisers Karl und zeichnete sich durch solche Feiuheit des Benehmms aus, dass Petrarca liber ihn schrieb: „Man glaubt, er (der Erzbischof) sei zu Athen geboren und erzogen." Schon im Aufange seiner Regierung erlaugte Ocko fiir sich und seine Nachfolger auf dem erzbischoflichen Sitze die Wilrde eines apostolisclien Legaten, sowohl fiir die Prager Metropole wie fiir die nachbarlichen Diocesen Bamberg, Meissen und Regensburg. In den Jahren 1368 — 1370, wahrend des zweiten Romerzuges, wirkte er als Reichs- verweser in Deutschland, wurde spater zum Cardinal ernannt und flihrte nach dem Tode Karl's die Regierung in so ausgezeichneter Weise fort, dass durch ihn wesentliche Verbesserungeu eingefiihrt wurden. Gleich seinem Vorgiinger erbaute auch Ocko eine der Dom- Capellen, die S. Erhard- und Otilien-Capelle, auf seine Kosten. In dieser Capelle liegt er begraben, wo ihm ein prachtvolles CTrabmal errichtet wurde, eine Tumba mit seinem obenauf liegenden Standbilde. Der Kopf dieser Figur und die Biiste im Triforium sind augeuscheinlich zu gleicher Zeit und nach dem Leben ausgefiihrt worden ; die beiden Bildnisse gleichen sich so vollstandig, dass die gegenseitigen Umrisse sich decken. Die Gesichtsziige sind angenehm, die Miene lasst den vornehmen Pralaten uicht verkenuen. Er tragt eine mit Edelsteinen verzierte Mitra und einen ebenfalls auf ahnliche Weise ausgestatteten ManteL Die Wappen sind rechts zwei Geierkopfe im goldenen Felde, links das Dom-Capitelwappen. Inschrift: Utersetzungen -werden nur solchen Inschriften teigegeben, welche schwer verstandliche Atkiirzungen oder Ortsnamen enthalten. Johannes, scds . archiep . prgen . primus legat . dotavit altaria. sta. marie in capella omnium sanctorum. sanctorum erhardi et otilie in ecclesia pragen. item construxit dota vit hospitale scte marie sub wissegrado .item hospitale sti Anthonii et ste Elizabeth in hradczano pro clericis pauperibus in funus hie moritur. Anno dm.MCCCLXXX. die XII. men sis lanuarii. orate pro . . . . Die Schlussworte „anima ejus" fehlen. Das gegen Westen angranzende Gewolbefeld ent- halt die Biisten des Erzbischofs Johann von Jenstein und des Domherrn und zweiten Baudirectors Holubec. VIII. Johann von Jenstein, der dritte Erzbischof von Prag, hat in demStreite mit dem Konige Wenzel IV. eine so hervorragende Rolle gespielt, dass sein Ver- fahren nach iibereinstimmenden Berichten der meisten Geschichtschreiber als die nachste Veranlassung zum Ausbruche der hussitischen Bewegung dargestellt wird. Der Erzbischof, ein naher Verwandter seines Vor- gangers Ocko und derselben Familie entstammend, war mit Kouig Wenzel aufgewachsen und hatte in friiherer Zeit an Jagden, Turnieren und sons^tigen Ver- gniigungen des Hofes theilgenommeu. Zur erzbischof- lichen Wiirde gelangt, begann er ein asketisches Leben zu fiihren, hielt dem Konige wegen seiner Ausschwei- fungen oft Btrafpredigten und iiberwavf sich zuletzt in seinem religiijsen Eifer ganz mit ihm. Ernst ere Confiicte konnten nicht ausbleiben; es kam zu blutigen Kiimpfen zwischen den koniglichen Beamten und den bischoflichen Dienern, in Folge der- selben Jenstein die erzbischotliche Wiirde niederlegte, nachdem er in Rom die gehoffte Unterstiitzung nicht gefunden hatte. Wahrend der Regierung dieses Erz- bischofs und im Verlaufe der Streitigkeiten mit dem Konige Wenzel war es geschehen, . dass der Domherr Johann Pomuk auf koniglichen Befehl zur Nachtzeit in die Moldau geworfen und ertrankt wurde, welche That das Land in die hochste Aofregung versetzte. Die Biiste lasst den strengen Eiferer im entfern- testen nicht erkeunen. Wir sehen ein wohlgenahrtes freundliches Gesicht, welches unbedeutend erscheinen wiirde, wenn nicht die stark geschwungenen Augen- brauen einen bedeiitenden Grad von Leidenschaftlichkeit verriethen. Die Wappen sind dieselben wie bei Ocko. Inschrift: . Johannes tertius archiep. prgens.apostolice sedis legatus scds , olim episc. misnens. (von Meissen) hie re diticavit castrum Keisberg. (^Geiersberg) cum magnis magnis muris et turr.forti fundavit. Aus dieser sehr defecten Inschrift ergibt sich, dass der Erzbischof das Schloss Geiersberg bei Teplitz habe befestigen und noch andere Bauten ausflihreu lassen. Der Schluss fehlt. IX. Dem Bilde des Erzbischofs Jenstein gegeniiber blickt ein fettes Gesicht mit dfen Zeichen tiefer Sorgen aus einer Kapuze heraus. Wir sehen den Domherrn — 50 — Holubec, zweiten Dombaudirector, von dessen Leben imd Wirksamkeit wenig- bekaunt ist. Da wahrend der Gescliaftsleituiig dieses Baudirectors (1350 — 1355) die Einzieliung des nordlichen Kreuzfliigels und die sonstig-en regelwidrigeii Abweiehnngen yoni Plane statt- gefiniden baben solleu, sieht es fast aus, als habe der Bildliauer eineSatyre beabsichtigf, indem er diese trost- lose Pliysiognomie darstellte, welche sich aus Scham mit der Kapuze zu verhiillen suelit. Wappen sind keine augebracht. Die Insclirift lautet : Nicolaiis dictus Holubecz canonicus pragen . secundus . " . director fabrice pragen . hie obiit.anno d. MCCCLV. X. Am selben Pfeiler in der jenseitigen Gewolbe- abttieiluiig erbliekt man ein krankliches und verdriess- liches Gesicht; es geliort dem ersten Dombaudireetor Busko an, von welchem sonst niclits bekannt ist, als dass er die Wiirde eines Archidiacon in Konfim inne batte. Wie die beigefiigten Wappen, ein Adler und ein Weberschifflein , dartbun, war Busko von Adel. Die Halsmuskeln sind an dieser Biiste besonders stark ausgedriiokt. Insclirift : Buseo leonardi .archidiacon curimensis. canonicus pragen. primus fabrice directoi". ' obiit anno . dnii . MCCCL. Mit Busko schliesst die Bilderreilie der rechten oder Epistelseite ab. Der Evangelienseite des Triforiums uns zuwendend, begegnen wir zuerst den vier Gemahlinen des|Kaisers Karl, und zwar im Mittelfelde des Chor- schlusses, dem Kaiserbilde gegeniiber, dem Bildnisse der Elisabeth von Pommern, der letzten von den kaiser- lichen Frauen. Im nachsten Gewolbefelde sind Anna von Schweidnitz und Anna von der Pfalz angebracht, im dritten Margaietha Blanca von Valois, welchem Bilde das des Herzogs Johann von Tyrol gegeniibersteht. Unter Einhaltung der chrouologischen Ordnung gebiihrt der letztgenannten Dame der Vortritt. XI. Margaretha la Blanche de Valois, die Tocbter des Grafen Karl von Valois, wurde 1324 als siebenjah- riges Madchen dem acht^jahrigen Prinzen Karl ange- traut, folgte ihrem Gemahl zehn Jahre spater nach Prag, wo sie 1347 feierlich als Konigin von Bohmen gekront wurde, aber sclion im nachstfolgenden Jahre verstarb. Sogleich nach ihrer Ankunft in Bohmen erlernte sie die deutsche Sprache, weil sich der Hot', die Stadte und alle angesehenen Personen nur dieser Sprache bedien- ten, wie Peter von Zittau bezeugt. Blanca wird als eine im hochsten Grade liebensvviirdige, wohlthatige und fronniie Dame geschildert, welche unter Anderm im neuen Dome einen Altar zu Ehren des heiligen Ludwig stiftete und viele kostbare Messgewandcr fiir diese Kirche mit eigener Hand anfertigte. Die Biiste lasst die franzosischc Abkunft nicht ver- kennen, wie auch Klcidung und Ilaltung echt franzosi- schen (liescbmack beurkunden; wir sehen ein brunettes feines Gesicht vom schonsten Oval, unirahmt von zier- lich geflochtenen dunkeln Zopfen. Von der Krone liiingt ein leiehter Schleicr liernieder, der sich in wohlgeord- neten Falten auf die Schultern legt. Die Wappen sind der bohmische Lowe und die weissen Lilien auf blauem Grunde, das konigliche Wappen der Valois. Insclirift : Margareta dicta blanczie .romanorum et boemie regina illustrissima q.construxit et dotavit altare s.lodovici regis francie in choro novo s.m. (sanctae Mariae) in ecclesia prgen . que etiam donavit dicte ecclesie cortinas nobilissimas de axemito rubeo et albo cum armis diversis auro sutis et alins strifeas sericeas preciosas ^ cum casula bona. obiit in die s. petr. ad vincla. (1. August 1348.) XII. Anna von der Pfalz, die zweite Gemahlin Karls, vermahlt 1349, gestorben 1353, erscheint im Bilde als eine sehr hiibsche jugendliche Blondine, rait blauen Augen und einem allerliebsten fttumpfnaschen. Ihre schonen Haare wallen aufgelost auf den vollen Busen hernieder, die Gesichtsziige verkiindigen einen gut- miithigen und heitern Sinn. Neben den bayrischen weissblauen Rauten ist das bohmische Wappen ange- bracht. Die Biiste ist iibersclirieben : Anna romanor.et boemie regina que construxit et dotavit altare s . nicolai in medio chori s.m. in ecclesia pragensi que etiam donavit ecclesie predicte duas casulas cum perils solempnissimis coronani que suam pro decore sepulchri taeatissimi Wen. (Wenceslai) martiris pie donavit cum cortinis cam . . . sue . obiit in puriticacione scte .marie . (2. Februar 1353.) ^ XIII. Anna von Schweidnitz und Jauer, die dritte kaiserliche Gemahlin, wurde schon im dritten Monate nach dem Tode ihrer Vorgangerin rait Karl vermahlt und noch im selben Jahre in Prag wie Aachen gekront. Bei Betrachtung ihrer Biiste muss man zugestehen, dass der Kaiser bei seinen Wahlen einen guten Geschmack an den Tag legte. Anna von Schweidnitz gait nicht allein als die schonste, sondern auch als die geistreichste Fran ihrer Zeit, welches Urtheil durcb die von ihr ver- fassten Briefe und mehrere erhaltene Bildnisse bestatigt wird. Sie correspondirte rait Petrarca und theilte dera Papste eigenhiindig die Geburt ihres Sohnes mit folgen- den, ebenso bescheidenen als schonen Worteu mit: „Heiliger Vater, Ehrwiirdigster Herr! Wir haben n)it Hilfe des Allerhocbsten, welcher iiber die Reiche herr- schet und den Konigen Segen ertheilt, am Freitag vor dem Sonntag Oculi um die dritte Stunde einen wohl- gestalteten Sobn zur Welt gebracht. Wir befinden uns sammt dem Kinde nach der Geburt gesund. Weil uns bekannt ist, dass Euer Heiligkeit von unserer Person gern etwas hilren und sich iiber unsere Gliickseligkeit freuen, so haben wir Euer Heiligkeit auch hiervon die Nachricht durch unsern Caplan, den Uberbringer dieses Briefes, mittheilen woUen." ' Die Kaisei'iri Blanca vermachte naniUch dem Dome ihre kostbarei] samm- tenen goldgesticliten Voihange und seideneii Kinriclituiigfstiicke. ' Anna von der Pfalz schenkte dor Wenzols- C'apelle des Domes ihre Krone und tlie Vorhangc ihres Gemaches. — 51 — Es haben sioh von dieser Kaiserin zwei gemalte Portraits, eines in Karlstein, das andere in der Wenzels- capelle des Domes, erhalten, welche beide mit der Biiste libereinstimraen. Sic batte ein schmales feines Gesicht mit langlicber Nase, kleinem Mund iind klare schon- gescbnittene Augen. Die Haltung ist vornehm, ohne je- doch eine Spur von Hoebmutb zu besitzen. Die Wappen sind der Reichsadler und der getheilte schlesische Adler, rechts scbwavz im goldenen, links roth im schwarzen Felde. Die Inschrift lautet kurz: Anna de bolna.de regno , . . . cie . mater domini Wenczeslai . regis romanorum ■ • et boemie, Diese Schrift ist entweder von einem ganz unkuu- digen Schreiber abgefasst und hingeschrieben worden, oder sie wurde spaterhin entstellt. Niebt allein, dass das Todesjahr gar nicht und die Abstamniung falscli angegeben sind, werden aucb ihr Wirken und ibre Ver- dienste um den Dom gar nicht erwahnt. Das Wort bolna darf als eine Abbreviatur von Po- lonia angesehen werden, da Scbiesien im Laufe des XIV. Jahrhunderts nicht selten unter diesem Namen an- geflihrt wird. Was es mit den Worten „de regno. . . . cie^' fiir eine Bewandtsame habe, lasst sich nicht ermit- teln , die Lesart dahnacie, an welcher Bock und Ambros festhalten, beruht auf einem otfenbaren Irrtbum. Anna war die Toehter des Herzogs Heinrich von Schweidnitz, wurde 1339 geboren, 11 Jahre alt mit dem Prinzen Wenzel, des Kaisers erstgebornem, aber frith verstor- benem Sohne verlobt und hierauf 1353 mit dem Vater ihres zugedachten Brautigams vermahlt. Sie starb 23 Jahre alt im Wochenbette sammt ihrem Kinde und wurde in der kaiserlichen Familiengruft im Dome bei- gesetzt anno 1362. XIV. Elisabeth von Pommern- Stettin wurde dem Kaiser im Jahre 1363 angetraut und war Toehter des Herzogs Boleslav von Stettin. Elisabeth liberlebte ihren Gatten, dem sie eine treue und sorgsame Pflegerin wurde, um 15 Jahre, indem sie erst 1393 verschied. Gleich den zwei vorgenannten Kaiseriimen tragi auch sie die Haare aufgelost, das Gesicht Elisabeth's aber ist nicht mehr jugendlich, auch erhalt es durcb das allzu stark vortretende Kinn einen harten Ausdruck. Der Blick jedoch ist angenehm und aus den Augen leuchten Intelligenz und Wohlwollen. Flir die Ahnlichkeit spricht das lebensgrosse, in ganzer Figur dargestellte Portrait derselben Kaiserin, welches in dem grossen Mosaikbilde uber dem Stidportal angebracht ist; auch erfreut sich die Dame hier ^\ie dort der gleichen Korperfiille. Sie war beriihrntwegen ungewohnlicherMuskelkraft, welche auch in der Biiste ausdriickt ist; es war ihr ein Leichtes, Hufeisen zu zerbrechen und Silberstiicke krumm zu biegen. Die Wappen sind der Reichsadler und der rothe preussische Greif. Inschrift: Elizabet de Stetina filia ducis bohuslai. mater sigismundi regis ungarie et raarchionis brandeburgesi. Johannis ducis Gorlicens. et anne regine anglie. XV. Johann Heinrich, Herzog von Karnthen Tyrol^ Markgraf von Mahren, Gemahl der wegen ihrer Hass- lichkeit beriihmten Grafin Margaretha, zubenannt .,M a u 1- tasche", der jiingere Bruder des Kaisers Karl, folgt nunmehr. Die Familienahnlichkeit der beiden Briider ist aufifallend, man konnte sie verwechseln, doch spre- chen die Ziige Karl's ungleich mehr Scharfsinn und auch Schlauheit aus. Herzog Johann stiftete im Dome einen Altar und betheiligte sich am Bau durch grosse Geld- beitrage. Er triigt einen Herzogshut, gerade herab- fallende dunkle Haare und einen voUen Bart. Wappen sind der Reichsadler und der bohmische Lowe. In- schrift : Johannes . fr . Karoli . marchio moravie. morit. A. d. MCCC LXXV. die XII mensis novembr. hie construxit nionasterium fratrum hermitarum in brunna ibidem sepult. ite .monasterium Cartusien prope brunna. (Die Biiste des Herzogs Johann Heinrich steht der Kaiserin Blanca gegeniiber.) XVI. An der Riickseite desselben Pfeilers, aber in der nachsten Gewcilbeabtheilaug befindet sich das Bild- niss des Grafen Wenzel, ersten Herzogs von Luxemburg, des Stiefbruders Karl's IV. — Herzog Wenzel entstaramt der zweiten Ehe des Konigs Johann mit Beatrix, einer Toehter des Herzogs Ludwig von Bourbon. Wenzel ist entschieden der schonste unter den Mannern des Luxemburg'sehen Geschlechtes, er zeigt noch die alien gemeinsame f)reite Stirneu-, Augen- und Mundbildung, doch sind den Ziigen deutliche Merkmale seiner fran- zosischen Abkunft beigemengt. Seine dunkelblonden Haare und sein voller Bart sind mit grosster Sorgfalt gepfiegt und der Herzogshut ist mit einer gewissen Koketterie gegen riickwarts geschoben. Wappen sind das bohmische und das Luxemburg'sche. Inschrift: Dns. Wenceslaus dux Luczemburgensis et brabancie frater Karoli. et johannis marchionis moravie. hie morit. anno dni MCCCLXXX. sepultus Der Schluss fehlt. Es ist iiberhaupt diese Inschrift ebenso unvollstandig, als die der Anna von Schweid- nitz, so dass es scheint, als haben dem Schreiber iiber diese beiden Personen keine richtigen Daten zu Gebote gestanden. Herzog Wenzel starb nicht 1380, sondern 1383 und wurde in Luxemburg beigesetzt. XVII. Dem Herzog gegeniiber hat der vielbekannte Historiograph Benes Krabicze von Waitmiil (auch Weitmiihl), Domherr und dritter Dombaudirector, Platz gefunden. Waitmiil war in seiner Jugend dem Prinzen Karl als Page beigegeben worden und zog mit demsel- ben nach Paris, wo er die Universitat besuchte. Spater- hin begleitete er seinen kaiserlichen Herrn und Jugend- gefalirten auf beinahe alien Reisen, hielt ein Tagebuch und schrieb eine Geschichte Karl's IV. Die Biiste zeigt eine slavische Physiognomic, stumpfe Nase und starke Backenknochen ; Augen und Stirne verrathen scharfen Verstand und Beobacbtungsgabe. Auf dem Kopfe tragt 7 * — 52 — er eine aiisgescliweifte Miitze, vermuthlieh damaliges Doniliernibarett^ seine Haare sind vol! und gelockt, dev Hals gauz frei. Als Schriftsteller hat er sich um die Dombaugescbiehte besonders verdient gemacht. Wait- mlil entstammte eiuem alteii Adelsgeschlechte ; die neben ihm aiigebrachten Wappen sind ein Mlihlsteiu tind eine Biicbse (Krabice). Inscbrift: Benessius dictns crabiczie • ' canonicus pragen. studiosus director fabrice tercius obiit anno dm. MCCCLXXV. die XXVII mensis luiii. " XVIII Andreas Kotlik, der vierte Donibaudirector und Meister Peter von Gniiind, der zweite Donibau- meister, sind in der niiebsten, Matbias von Arras, der erste Dombaunieister und Wenzel Kadeez, der flinfte Director, in der hintersten__Gewolbeabtbeilung unter- gebracbt. Der bequemern Ubersicht wegen sollen die Directoren aneinandergereiht werden. Kotlik, dessen scbon bei Gelegenheit der Dombaurecbnungen gedacbt wurde, wai' seit 1355 bis zu seinem Tode (1380), also voile 25 Jabre als Recbnungsfiihrer, Notar und Director mit deni Dombaue beschaftigt, und scbeint ein sebr ord- uungsliebender praktiseher Gescliaftsmann gewesen zu sein. Als ein solcber tritt er uns auch im Bilde entgegen. Schlicht in der aussern Erscheinung, nacbdenkend und entscblossen war der Mann, welcbem diese Ziige ange- borten ; auch scbeint er von der Pike auf gedient und mit Anstrengung seine Wiirde erworben zu baben. Die Haare sind noch voll, aber grau, die Stirne durcbfurcbt und der Blick ernst. Er hat nur ein leichtes Gewand umgeworfen, welches den Hals frei lasst. Wappen sind nicht vorhanderi. Die Inscbrift lautet : Andreas. dictiis Kotlik canonicus et altarista sancti dionisi in ecclesia pragen. director fabrice IIII. obiit Anno. dm. MCCCLXXX. XIX. Wenzel von Radecz, der flinfte Baudirector, gehort derselben altadeligen Faniilie an, welcher in unsern Tagen der beriibmte Feldmarschall Radecky entsprossen ist. Wir erblicken ein scharfgeschnittenes intelligentes und mageres Gesicht, das viel von einem Scbulmanne an sich bat. Im Vergleicb mit den durch- aus behahigen Pliysiognomien der iibrigen Geistlichen bildet das Portrait des Radecz den voUendetsten Con- trast, obgleicb Gesichter dieser Art im Priesterstande nicht selten getroffen werden. So geistreich die Mehr- zahl der Blisten aufgefasst und sorgfaltig durcbgebildet ist, mocbten wir doch dieser Biiste vor alien den Vor- zug geben, wie iiberbaupt in Bezielmng auf feine Charakterzeichnung schwerlich ein zweites friibnnttel- alterlicbes Bildnerwerk diesem zur 8eite gestellt werden kann. Der Bildbauer lebte ganz gewiss mit Radecz in intimer Frcundscbaft, sonst biitte er dem Bilde nicht die ausserordcntlicbe Sorgfalt gewidniet. Der Kopf ist bcinabe ganz von Haaren cntblosst, nur an den Schlafen krauseln noch einige graue diinne Locken; tiefiiegende Aiigen, schmale fcstgeschlossene Lippen und eine breit- gewolbte Stirn klindigen den Denker an, wahrend die ganze llaltung und die kliisterlich geordnete Kleidung den eifrigen Seelsorger erkennea lassen. Unter der Direction dieses Domherrn, welcher von 1380 bis in den Anfang des XV. Jahrhunderts wirkte, wurde das Pres- byterium vollendet und das Langhaus angelegt. Wappen sind nicht beigefiigt, obwohl der adelige Stand in der Inscbrift ausgesprochen wird; diese lautet: Wenczeslaus de radecz Canonicus pragensis et decanus ecclesie scti. appolin • pragensis director fabrice quintus qui totum chorum pragen. testudinari procuravit de pecuniis fabrice. XX. Matbias von Arras (oder Artreclit, wie damals die altburgiindiscbe Stadt gewohnlich genannt wurde), der erste Dombaumeister, erscheint ini Bilde als kraf- tiger breitschultriger Mann von acbtundvierzig bis fiinf- zig Jabren, dessen Ausseben ein iangeres Lehen ver- muthen lassen sollte, als ihm zutbeil geworden. Auch der Ausdruck zeigt keine Spur von Krankliehkeit, Haare und Bart sind diinkel, die gan/>e Erscheinung spricbt Gesundheit und Thatkraft aus. Er tragt einen faltigen Uberwurf, welcber auch als Kapuze iiber den Kopt ge- zogen werden konnte, am Saume des Kleides ist ein kleines Wappenschild mit dem Zeichen des Meisters, einem durch ein W^inkelmass gesteckten Zir- kel, angebracht. Die der Biiste beigefiigte Inscbrift enthaU beinahe alle urkundlicben Daten, welcbe iiber das Leben des Meisters Matbias aufgefunden werden konnten. Matbias natus de arras civitate francie primus magister bujus ecclesie quem Karo lus IV. pro tunc marchio moravie cum electus fuerat in regem romauorum in avenione abinde adduxit ad fabricandam ecclesiam istani quam a lundo incepit. anno d. M CCCXLII. . et rexit usque ad annum LII in quo obiit. Dass in dieser Scbrift das Jahr 1342 als Griindungs- jahr angegeben wird, scbeint von einem zufalligen Schreibfehler berzuriihreu; in der grossen Inscbrift ist die Jahrzabl 1344 richtig eingetragen. Anderweitige urkundlicbe Nachricbten iiber die Thatigkeit des Meisters Matbias fehlen, doch ergibt sich aus der ganzen Sachlage, dass er nicht allein den Dom- bau bis zu seinem Tode zur voUen Zufriedenlieit des Kaisers leitete, sondern auch bei Anlage der Prager Neustadt in erster Linie betbeiligt war, und dass ihm die Entwiirfe und Grundbauten des Schlosses Karlstein zu- zuscbreiben sind. Ferner baben wir zwei Kirchenbauten anzufiibren, welcbe voUkommen der von Matbias einge- fiihrten Formgebung entsprechen, niimlich die. Pfarr- kirchen S. Stephan in der Neustadt Prag und S. Agidius zu Nimburg, welcbe Denkmale in der Folge niiber be- sprochen werden. XXI. Peter, der zweite Dombaumeister, wurde laut mehrerer iibereinstimmender Documente im Jabre 1333 in der Reichsstadt Schwabiscb-Gmiind geboren, wo sein Vater Heinricb sicli kiirz vorber als Steinmetzmeister lianslich niedergelassen batte. Einer, jedoch nicbt ver- biirgten, Nachricbt zufolge soli Meister Heinricb vom < Radecz war Decan des S. AppoUiiariusstiftes in Prag und zugleicli Dom- herr, zwei Wiirden, welche daiiials nicht selten einer Person yerliehen wurden. Stockinqfer &. Wmter Wien Busteii iTii 'IViroinmi de.s DdiuPs Johann von Luxemburg Mathias von Arras. Anna von Schweidnitz . — 53 Senate der Stadt aus Boulogne nach Gmlind berufen worden sein, urn daselbst verscliiedene Werke, _ unter andern ancli die Kreuzkirclie auszAifubren. Da jedoch diese Kivcbe urkundlich erst im Jahre 1351 gegriindet wurde, steben der unbedingten Glanbwiirdigkeit obiger Nacbvicbt mancbe Zweifel entgegen: nnisomebr, als auch die Stadt Bologna in Italien als die Heimat des Meisters Heinricb angeseben werden kann, denn_ das m Urkunden vorkommende Wort Polonia oderBoloniaknnn sowohl die eine wie die andere Stadt bezeicbnen. Ziemhcb sicberist,dass das Land Polen bier nichtzu versteben set, da die scbwabiscben Eeicbsstadte wobl mit Italien und Frankreicb, aber nicbt mit Polen in Verkehr standen. Heinricb fiibrte bereits den Beinamen Arler oder Parler, begann im Jabre 1351 den Ban der erwabnten Heilig- Kreuzkircbe und sebeint das Gebaude aucb glUcklicb vollendet zu baben. Unter der Leitung seines Vaters Heinricb begann Peter seine Kunsttbatigkeit, worauf er den Satzungen gemass zwei Jahre an einer Hauptbutte (wahrscbeinlicb der Strassburger) arbeiten musste, um Fig. 57. (Schriftprobe seinen Freibrief zu erlangen. Im Jabre 1356 selien wir den jungen Peter als Gesellen an der Seite seines Vaters wieder in Gmlind beim Bau der Kreuzkircbe bescbaftigt ; bier lernte ihn Kaiser Karl kennen uad berief ibn nach Prag. Bei dem miermesslicben Einflusse, welcben dieser Meister fortan auf das gesammte Kunstlebeu Bobmens und der Nacbbarliinder vibte, erscbeint es notbwendig, dass wir seiuem Bildungsgange und seiner spatern Tba- tigkeit einen besoudern Abschnitt widmen und in der Bescbreibung der Portraitgallerie fortfabreu. Die Biiste zeigt den Meister als einen ungewobnlicb scbonen Mann von etwa secbzig Jahren, mit pracbtvoll gewolbter Stirne und feingescbnittenern Profil. Haare und Bart sind ergraut und dlinn, dabei sorgfaltig geordnet; der Blick verriith einen iutelligenten Welt- mann, der sieb in alien Kreisen mit Leicbtigkeit bewegt und sicb im kaiserlicben Prunksaal ebenso scbnell zurecbtfindet, als in der staubigen Baublitte. Der fast unmerklicb zuriickgebogene Kopf und die sauber ge- legten Falten des Gewandes verleiben dem Bilde ein vornebmes, nabezu aristokratiscbes Anseben, wabrend das am Saume des Kleides angebracbte Handzeicben an den blirgerlicben Steinmetzmeister erinnert. Das Zeicben bestebt aus einem doppelt gebrocbanen Winkel- backen wie ibn die Tiscbler beutenocb beim Zeicbnen von aus dem Tiiforium.) parallelen Linien gebrauchen. Dieses am Dome sowobl, wie an einzelnen Sculpturen mehrmals vorkommende Handzeicben gab den ersten Anlass zur Bestimmung der von Meister Peter berriibrenden Arbeiten. Dass der Meister bier sein eigenes Bildniss an- gefertigt babe, sprecben die sorgsam nacbgefiiblten Linien und eine gewisse Befangenbeit, welcbe Eigen- tblimlicbkeiten an alien Selbstportraits wabrgenommen werden, in unverkennbarster Weise aus. Neben der Biiste des Radecz erscbeiut diese als die am fleissigsten durcbgefUbrte. Die Inscbrift ist im Vergleicb mit den iibrigen sehr reicbbaltig und lasst vermutben, dass Peter selbst der Verfasser war. Der Wortlaut ist : Petrus.benrici arleri.de poloniamagistri.de gem unden in suevia secundus magister bujus fabrice quem irapera tor Karolus IV adduxit de dicta civitate.et fecit eum ma gistrum bujus ecclessie.et tunc fuerat annorum XXm.et incepit reo-e anno dmi.MCCCLVI. et perfecit cborum istum anno dmi.MCCCLCXXXVI.quo anno incepit sedilia cbori illius.et infra tempus prescriptum etiam incepit — 54 — et perfecit choriim omnium sanctorum . et rexit pontem multavie.et incepit a fundo ehorum in colonja circa albeam. In moglichst sinntreuer Ubersetzung lautet diese Inschrift : Peter, Sohn des Heinrich Arler aus Polonia, dermal Meisters zu Gmiind in Schwaben, zweiter Bau- meister dieser Kirclie (des Prager Domes), wurde vom Kaiser Karl IV. aus besagter Stadt heriibergeliolt und zuni Dombaumeister eingesetzt. Er war damals 23 Jabre alt und ling an den Dombau zu leiten im Jabre 1356. Er vollendete den Chor im Jahre 138(3 und begann in demselben Jahre die Ausfiibrung der Cborstiible fiir den Prager Dom. Auch begann und vollendete er urn dieselbe Zeit den Chor der AUerbeiligenkirche. Er leitete den Bau der Moldaubrlicke und eribaute aus dem Grunde den Chor der Kirche zu Koln an der Elbe (dem heutigen Kolin). iTber diese Inschrift baben wir zu bemerken, dass der Name „ Arler" sehr deutlich geschrieben ist, dass dieser Name aber sonst niemals in Urkunden vvieder- kehrt, wogegen die Benennung P a r 1 e r oder P a r 1 e r i u s, auch „dictus p arler" baufig, jedocb nur in Eceli- nungen und dergleichen Belegen, erscheint. Dass sowohl Arler wie Parler nur Hlittennamen, sogenannte Spitznamen seien, ist offenbar und wird durch das beigesetzte „dictus" bestatigt; in den wich- tigen Documenten und der grossen Gedachtnisstafe], wie in einer zu Kolin befindlieben Inschrift kommt weder die eine noch die andere Bezeiclmnng vor, sondern es wird der Meister einfach als „Petrus de Geniundia lapicidarius", oder „magister fabrice" an- gefilhrt. Im tiberblicke der geschilderten Portraitgallerie drangen sich von selbst folgende drei Fragen auf : 1. Auf Wesson Geheiss witrde das Ganze ange- ordnet und Wer bestimmte die in die Sammlung aufzu- nehmenden Personlichkeiten ? 2. Wer hat die Biisten gefertigt und ist die Aus- fiibrung einem einzigen oder mehreren Kiinstlern zuzuschreiben? 3. Wann geschab die Aul'stellnng und von Wem wurden die Inschriften verfassf? Die erste Frage lasst sich in unbedingtester Weise dahin beantworten, dass die Anordnung nur vom Kaiser Karl selbst ausgegangen sei, dass ausser ihm niemand berecbtigt war oder es gewagt hatte, die bezeichneten Personen aneinander zu reihen. Die Platze fiir die Angehorigen des Hei-scherhauses bat ohne Zweifel der Kaiser selbst bestimmt, auch scheinen noch bei seiuen Lebzeiten die eilfBildnisse derLuxemburg'scbenFamilie aufgestellt worden zu sein. Diese Vermutbung wird besonders unterstiitzt durch das Portrait des Kdiiigs Wenzel IV., welches alle Anzeichen tragi, dass es nach der Natur modellirt wurde und zwar dem Alter nach zwischen 1376 bis 1377, in keinem Falle spater. Die Anfertigung und Aufstelhmg der Biisten erfolgte all- rnahlig nat li Massgabc des der Vollendung entgegen- gehenden Baues. Nach dem Tode des Kaisers scheinen einige Irrungen sich eingeschlichen zu baben; es uuter- Idieb die Aufstelhmg von drei der kaiserlichen Familie angehijrenden Bildnissen, welche sowohl in den In- schriften genannt word en, als auch um den Dombau sich Verdienste erworben haben. Zuerst vermissen wir die Biiste der Beatrix von Bourbon, zweiter Gemahlin des Konigs Johann, welcher umsomehr eine Stelle in der Galerie gebtihrte, als sie im Jahre 1351 die Griindungsurkunde unterzeichnete und grosse Schen- kungen beifiigte. Dann fehlt Sigismund, der nachmalige deutsche Kaiser und Sophia von Bayern, die zweite Gemahlin des Konigs Wenzel. Herzog Johann von Gorlitz, der jiingste Sohn des Kaisers und der Elisabeth von Stettin, welcher zwar in der grossen Inschrift genannt wird, aber so weit bekannt, keine Stiftung zu dem Dombau gemacht hat, konnte allenfalls iiber- gangen werden, da es sich hier nur um jene Personen handelte, welche zu dem Domgebaude in naherer Beziehung standen. Dass die obgenannten drei Biisten angefertigt worden seien, ist mehr als wahrsclieinlich, wie auch, dass die Aufstellnng nur durch einen ungiinstigen Zufall verhindert wurde. Durch deren Einreihung ware die Anzabl der Portraits auf vienmdzwanzig gebraebt und jeder der zwolf Pfeiler rnit 2 Bildnissen ausgestattet worden, wahrend wir gegenwartig an den hintersten Pfeilern drei Tliiei gestalten als Liickenbiisser erblicken, die nicht hieher gelioren. Die Frage iibcr die Frheberschaft der Biisten und sonstigen im Dome vorkommenden Sculpturen ist durch die Auftindung und Wiirdigung des mehrmals angebi aehten doppelten Winkelhackens als voUkommen gelost anzusehen: Meister Peter fiihrte dieses Hand- zeiehen, er darf mit Eecbt als Begriinder der ersten Bildhauerschule, welche Bohmen je besass, angesehen werden. Da jedocb mebrere der dargestellten Personen bereits verstorben waren, ehe derKiinstler im Jahre 1356 nach Prag berufen wurde, musste ihm ein Maler zur Seite gestanden haben, der schon seit langerer Zeit am Hofe gelebt hatte. Das Portraitiren wurde damals ausserst sel- ten geiibt und wenn unserem Bildhauer in Bezug auf die Konigin Elisabeth, den Konig Johann und die Kaiserinnen Blanca und Anna von der Pfalz Mlinzen und vielleicht Abbildungen zu Gebote standen, war dieses schwerlich der Fall in Bezug auf die Baudirectoren Busko, Holubec und den Baumeister Mathias. Die der Friihzeit des Dom- baues angehorenden Biisten zeigen daher nicht jene Naturwabrheit und feine Modellirung, welche wir an den spatern wahrnebmen. Netaen den schon als sehrgelungen bezeichneten Biisten des Radecz und des Meisters Peter sind hervorzuheben die Bildnisse des Kaisers Karl, seiner beiden Gemablinen Blanca und Anna von Schweid- nitz, dann des Herzogs Wenzel von Luxemburg und insbesondere des Erzbiscbofs Arnest. Ausgefiibrt sind die Bildwerke aus jenem fein- kornigen Mergelsandstein, der nacbst Prag gebrochen und Opuka genannt wird. Die Bemalung geschab mit einer eigenthiindich zubereiteten Farbe, deren Binde- mittel zuniichst aus Wachs bestand. Vor dem Auftrag der Farbe scheint man die Biisten mit aufgelostem Wachs getriinkt zu haben, auf welchen Grund die Farben diinn- fliissig aufgesetzt und sehr glatt vertrieben wurden. Dieser Anstricli ist durchaus verschieden von der gleich- zeitigen Behandlung der Wandgemalde, auch haben sich die Wachsfarben iiberall, wo sie nicht mit Gewalt zerstort wurden, in voUer Frische erhalten. Man sieht hie und da die feinsten Niiancirungen der Tone, z. B. an der Biiste des Radecz die blaulichen Adern an den Schlafen oder am Kaiserbilde die halb grauen halb — 55 — dunkeln Haare. Einigermassen storeiid wirken die gemalten Augapfel, welcbe den Bildern eiu starres und g-leichmassiges Anselien geben, was bei der BemaUuig lebensgTOSser Blisteu iiicht vermiedeii werden kann. Dagegen ist die Bebandliing der Haare meisterhaft, in einigen Franenbildnissen geradezu uniibertrefflich. Hchliesslich baben wir nocb zu erwabnen, dass unser Meister im Gegensatze zu den niittelalterlicben Bild- baueni es liebte, den Frauengestalten Fiille zu geben und sie niit voUen Busen auszustatten. Das er bei Portraiten die Natur im Auge bebielt, erkennt man an den schmacbtig gebaltenen Bildern der Konigin Elisabeth mid der Kaiserin Blanea; im Allgemeinen aber zeicbnen sich sogar seine weibliclien Heiligenfiguren durcb bedeutende Rundung aus. Am scbwierigsten gestaltet sich die LCsung der dritten Frage, beziigbch des Verfassers der Inschriften und der AufstelUingszeit. Dass die Aufstelhuig der Btisten alhnahlig geschehen sei und die Reihenfolge nach (lera Tode des Kaisers einige Storungen erlitten babe, ist schon angedeutetvvorden. Auf der rechten Seite ■wiiren Beatrix von Bourbon und Sophia von Bayern, auf der linl^en Konig Sigismund einzuscbalten gewesen, denen sich erst die Erzbischofe dann die librigen Personen in chronologischer Ordnung batten anschliessen sollen. Die nebensteheude Tabelle verdeutlicht die gegenwiirtige Reihenfolge und liisst erkennen, dass die am Abschlusse der Galerle angebrachteu Tbier- und Fratzenbilder willkiirlicbe spatere Llickenbiisser seien, eingescboben um die fehlenden drei Portraits inte- rimistiscb zu ersetzen, Wahrscheinlich hatte der Kaiser die Absiclit, niit dieser Gallerie eiu fortlaufendes Familiendenkmal zu griinden, und es soUte die Bilder- reihe rings um den ganzen Dom dui chgefiibrt werden. Die im Chorpolygon betindlichen Biisten des Kaisers, seiner Gemabliuen und Briider, dann des Konigs Johann und seiner Gemablin siud, wie durch technisclie Unter- suchungen dargethan wurde, frliher aufgestellt worden als die iibrigen. Die Bemalung dieser ersteu Bilder ist scbwacher und weniger sicher, dann stehen sie auf der ebenen Wandtlache, wahrend die folgenden in kleine Niscben eingeriickt sind. Man wird keinen Irrtbum begeheu, die Aufstellung der obigen Bilder um 1375 anzunehmen. Fiir die Zeitbestimmung der iibrigen Bild- nisse sind zunaclist die der beiden jiingsten Personlicb- keiten, des Erzbiscbofs Jenstein und des Doraherrn Radecz in Betracht zu ziehen. Die frohliche Miene des Erzbiscbofs, der Umstand, dass die ihn betreffende Inscbrift nur die kurze Notiz von der Erbauung des Schlosses Geiersberg enthalt, welches Schloss um 1384 errichtet wurde, legen es nahe, dass das Bild vor den Zervviirfnissen mit dem Konig Wenzel gefertigt und auf- gestellt worden sei. Radecz trat sein Amt als Director im Jabre 1380 an und es wurde unter seiner Leitung der Chor im Jabre 1385 eingeweiht. Selbstverstandlich woUte man bis zu dem Feste der Einweihung das Inuere gaiiz vollendet sehen und da gab es den allerlei Missgritfe und Ubereilungen, welche am auffallendsten in den Inschriften hervortreten. Die Inschriften riihren nicht, wie mehrfach behauptet wird, von einem gemeinsamen Verfasser her: einige enthalten geschichtliche__Irrthiimer oder falsche Naniensangaben, wie z. B. die Uberscbriften der Anna von Schweidnitz, des Wenzel von Luxemburg und des Mathias von Arras. Trefflich abgefasst ist die Inscbrift am Kaiserbilde, nach welcher die des Meisters Peter in Bezng auf Aus- fiihrlichkeit den ersteu Rang einnimmt. Dann sind die Concepte bei den zwei Elisabethen, bei Blanca, Anna von der Pfaiz, Arnest und Ocko richtig und bezeichnend, wahrend die Mehrzabl theils ailzu kurz, theils unver- standlich erscheint. ^ Waren Kotlik und Radecz die Verfasser, diirften sie nicht im Stande gewesen sein den Schreiber zubeaufsichten; dieses wird um so wahrschein- licher, als die beiden alten Herren schwerlicb auf den Geriisten herumzuklettern Lust und Muth batten. Der Schreiber war vermuthlieh ein gewohnlicher Scbil- derer, dieser verschuldete die Fehler und Entstellungen, welche uns heute so vieles Kopfbrechen verursachen. Sciilptureii. So viele Unbilden der Dom erfahren hat, birgt er docb nocb immer eine grosse Anzahl kiinstlerisch und geschichtlich merkwiirdiger Denkmale aus den Gebieten der Bildhauerei und Malerei, und zwar Werke monu- mentaler Art, welche mit dem Bau in Verbindung stehen. ... Johana v. Tyrol. Johanna v. Bayern. Wenzel v. Luxemb. Anordnung Erzbischof Arnest. Waitmiil, III. Dir. der Biisten im Erzbischof Ocko. Kotlik, lY. Dir. Triforium Erzbiscb. Jenstein. Peter, Magister II. Holubec. II. Dir. Mathias, Magister I. des Prager Domes. Busko, I. Dir. Radecz, V. Dir. Thiergestalten. Fratzenbild . Thiergestalten. Zuerst haben Avir die im Triforium augebracbten Bestiarien zu erwahnen, von denen die Darstellung eines mit einer Katze raufenden Hundes hocbst ergotz- lich anzusehen ist. Der Hund hat die Katze nieder- geworfen, doch diese bearbeitet ihn von unten herauf dermassen mit ihren Krallen, dass ihm jamnierlicb zu Muthe wird. Das lebendig ausgefuhrte Relief zeigt, dass der Bildhauer vielseitige Studien gemacht hat. 1 Die bei der Biiste des Konigs Johann angebrachte Inscbrift enthalt nicht einmai die an dieser Stelle unumganglich nothwendige N.ichrich t, dass dieser Fiirst der eigentliche Domgriinder sei. — 56 — Dami befinden sich in derselben Hohe aber an der Aiissenseite des Cliorschlusses zelm Brustbildev von Heiligen als Gesirastriiger (Kragsteine), namlicli an jedem der fiinf Polygonfenster zwei Bildcr, die Landes- Patrone darstellend. Neben dem Mittelfenster, an jcner Stelle wo ini Innern die Portraits des Kaisers and der Kaiserin Elisabeth steben, sind aiifserhalb Cliristus und Maria zu erblicl^en, die Kopfe iiberlebensgross, umgeben von vergoldeten Helligenscheinen. Beide Brustbilder sind etwas scbablonenmassig bearbeitet, Cbristiis hat die bekannte typische Gesicbtsbildung, Maria zeigt eine Korperfiille, als ware sie eiuer Anime aus dem Pilsener Lande nachgeformt. An letzterem Bilde ist der doppelte Wiukel das Zeichen des Parler angcbracht. Tiefer empfnnden nnd auch sorgfaltiger ansgearbeitet sind die Bilder der Landes-Patrone : zur Piechten erst 8t. Cyrill imd Methud, beide als Bisoliiife dargestellt, dann St. Sigismund und Veit, beide sebr charakteristisch auf- gefasst. Zur Linken sieht man den heiligen Wenzel und gegenitber St. Ludmilla, vornehme und edle Physio- gnomien; dann St. Prokop nnd Adalbert. Einige an den Strebepfeilern der Sildseite aufgestellte Statuen tragen das normalmassige Gepriige, welches den gothischen Bild- werken eigen ist, und diirften von Gehilfen angefertigt worden sein; anders verhalt es sich mit eineni lebens- grossen Standbilde des heiligen Wenzel, welches flir dessen Capelle bestimmt und eheraals daselbst aufge- stellt, gegenwjirtig ini linken Seitenscbitfe aut'bewahrt wird. Zvvar ist auch dieser Statue jene iibertriebene Geschwungenheit eigen, welche die mittelalterlicben Figuren charakterisirt, aber das Werk ist niit solcher Liebe und Zartheit durcbgefitbrt, dass es in seiner Art als uuiibertreftlich bezeichnet werden darf. Der Heilige ist mit einemknapp anliegenden Waftenrocke bekleidet, unter welchem er ein Panzerliemd tragt. Ein breiter reich verzierter Giirtel, an welchem der Dolch hangt, umzieht die Lenden, er tragt Streitstiefel und von der Schulter fallt ein Purpurmantel bis auf den Boden her- nieder. In der rechten Hand scheint er die iibliche Kreuzesfalme gehalten zu haben, die linke ruht auf einem schmalen und langen Schilde. Das langliche Gesicht ist von leicht gesehwungenen Haaren umwallt und zeigt jenen saniten adeligen Ausdruck, welcher das oben erwahnte Brustbild auszeiclinet, in noch hoherem Grade. Die Statue ist aus Mei'gelstein ausgefiihrt und war bemalt; am Postamente befindet sich wieder das Monogramm Peters. Eingetreten in die Halle des Domes fesseln die Grabmiiler der altbohniiseben Fiirsten, welche in den Chorcapellen aufgestellt sind, zuerst unsere Aufnierk- sarakeit. Alle diese Denkmale liaben die gleiche Form: auf einer rechteckigeu drei Fuss hohen Tumba rubt jedes- mal die ganze Figur des Eutschlafenen auf der Deck- platte ausgestreckt. Die Gestalten sind iiber lebensgross, gegen sieben Fuss lang und tragen Spuren friiherer Bemalung. Unter den Hiiuptern sind entweder Bolster oder Waffenstiicke angebracht, zu den Fiissen kauert stets ein Hund oder ein Lowe. Alle Figuren sind mehr oder minder beschadigt, namentlich die Nasen, Arme und Kronen mit Gewalt abgeschlagen. Dass diese Beschadiguiigen nur aus Muthwillen und Zerstorungs- lust bewirkt warden, ergibt sich aus dem Umstandc, dass die Tliicrgestalten zu den Fiissen der Statuen meisst unversehrt geblieben sind, obwohl gerade an denselben viele hervorragende Tlieile getroffen werden. Die Errichtung dieser Grabdenkmale ist urkundlich zwischen 1370 bis 1373 aufBefebl des Kaisers gescliehen; der Domherr und Baudirector Benes von Waitmtil beschreibt ausfuhrlich die unter seiner Leitung bewerk- stelligte Uebertragung der Fiirstenleichen aus der alien Domkirche in die bereits vorgerichteten Griifte der neuen Domcapellen. In der mittleren Capelle hinter dem Hocbaltare, ehemals die Kaiser-Capelle genannt, wurden rechts die Gebeine des ritterlichen Helden Bfetislav T. und seiner Gemahlin Juditba beigesetzt, links die seines Sohnes Spytihnev II., des zweiten Begriinders der Veits- kirche. Die beigefiigten Inscbriften wurden von Waitmiil verfasst, waren urspriinglich mit vergoldeten Buch- staben (wie die Schriften im Triforium) auf die Capellen- wande hingesclirieben, und sind in neuester Zeit in genanen Abschriften auf Steintafeln iibertragen worden. Man liest oberhalb der Tumba des Bfetislav: Anno Dni. MliVIIII idus ianuar. obiit invictissimus princaps Brecislaus primus, filius Odelrici. dux Boemie, qui corpora SS.'"™" Adalberti, V. fratrum et Gaudencii transtulit de Polonia. Bei Spytihnev: Anno Dni. MLXI Kal. Februarij obiit gloriosus prineeps Spitignens primogenitus Brecislai prinii. dux Boemie, dilatator ecelesie pragensis. In der linken Capelle daneben, der Capelia Arnesti, haben Bfetislav II. und Bofivoj II. Platz gefunden, ihre Inscbriften lauten: Anno Dei MC. in vigilia sti Thome apli (apostoli) obiit illustris prineeps Brecislaus secundns. tilius Vratis- lai, primi regis Boemie. occisus prope villam Stbeezno. Anno Dei MCXXIIII pridie idus mareii obiit clemen- tissimus prineeps Boriuoi secundus dux Boemie. qui donavit ecelesie letam curiam in civitate pragensi. In der Capelle rechts neben der Mitte, der Capelia duels Saxonici, ruhen zur rechten Hand Pfemysl Otakar I., zur Linken Otakar IL der Goldue Konig. Die Inscbriften sind : Anno Dei MCCXXX. XVIIT. Kal. lannary obiit clarissimus prineeps Premysl qui et Ottocarus dictus, rex Boemie tercius hie sepultus. Anno Dni MCCLXXVIII in die beat! Ruffi obiit in bello sereuissimns prineeps Premysl qui et Ottocarus, rex Boemie. Marchio Moravie. Austrie. Cariuthie et Styrie dux, Carniole, portus Naonis et Egre dnus. Die nachstO; westwarts angranzende Capelle, Erbard- und Ottilien- Capelle gennant, hat Erzbischof Ocko von Vlasim auf seine Kosten erbauen lassen und zu seiner Begrabnissstatte erwiihlt. Sein bier befind- Hclies Grabmal ist gerade so wie die beschriebenen Fiirstengraber gestaltet, doch besteht die Deckplatte — 57 — sammt der Statue des Erzbiscliofs aus weissem Mariuor, bei den librigeu Deiikmalern aber aus Sandsteiii ; auch ist die Figur sorgfaltiger und portratavtiger durchgebildet. Die geuaiieUebereiustlmmung dieserFigur undderBliste im Triforium wurde bereits angefuhrt, wesslialb iiur beizufligen ist, dass die Statue ausnahmsweise iiicht bemalt war. Trotz der gediegenen Ausfiilirung des letztgenann- teii Denkmales spriclit doch das Heldengrab Otal^ars II. in viel hoherem Grade an, aucb scheint der Kiinstler diesem seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu baben. Mikovec sagt fiber dieses Denknial in seineni Werke „Alterthiimer und Denkwii rdigkeiten Boh m ens" sebr treffend : ,,Die Sonne des 26. August 1278 beschien denLeich- nam des goldenen Konigs von Bobmen. Pfemysl Otakar lag seines koniglicben und ritterlichen Schniuckes beraubt, zerrissen von Wunden, welcbe die treulosen Barone dem Sterbenden gestocben, von Blut und Staub befleckt auf dem Marchfekle, nachdem er, wie selbst sein siegreicher Gegner Rudolf von Habsburg bezeugte, nicht weicben gewollt, sondern nach der Art und mit dem Muthe eines Eiesen und mit wunderbarer Tapferkeit sich gewehrt batte'-. Dieser Moment mag wobl dem Meister Peter vor- gescbwebt haben; als er das todesmutbige CTesicht, die drobenden Augen und zusammengepressteu Lippen des Konigs meisselte. Leider ist aucb diese Statue verstitm- melt worden, Nase und Hande sind abgescldagen und man erkennt dentlicb, dass der Vandale bei seinem Zerst(5rungSAverke mit einer Hacke aus Leibeskriiften losscblug. Das Haupt ruht auf einem Turnirhelm und ist mit einer Krone geschmlickt, der Korper mit eiuem stark ausgebauchten Harnisoh und Beinscbienen ange- tban und abwiirts balb mit einem Mantel umbullt. An der Tiimba sind drei Wappen, der bohmisclie Liiwe, der Adler und der osterreicbisebe Querbalken angebraclit. Eine Abbildung dieses Denkmales als des bedeu- tungsvollsten wurde in Fig. 58 beigefligt. Zwei sculptirteKnaufe aniEingange in die Wenzels- capelle, Anspielungen auf die Versucbung Cbristi ent- baltend, sebeinen niichst der Wenzelsstatue die ersten Bildhauerarbeiten gewesen zu sein, welcbe Peter in Prag fertigte. Die beinabe rund gelialtenen45 Cm. lioben Figuren sind liberaus fleissig durcbgefiibrt, man sielit zur Liuken den Heiland in warnender Stellung, binter ibui eine Teufelslarve ; zur Pvccbten einen Jiiugling der vom Satan erfasst wird. Fig. 58. (Prag Zwei aus rotbem Marmor gefertigte mit Reliefs versehene Altartische bingegen diirften von Gebilfen bearbeitet worden sein und der Spatzeit des Jahrbun- derts angeboren. Der eine dieser Altare geborte der sacbsiscben Capelle an, wurde von Herzog Rudolf dem Alteren von Sacbsen gestiftet und zeigt an der Front- seite als Votivbild den Herzog, welcber vor dem beiligen Adalbert kniet, nebenan sind das sacbsiscbe Wappen und Embleme angebracbt. Der zweite Altar entbiilt ebenfalls ein Votivbild; im Mittelfelde die beilige Katbarina, zur Recbten und Linken unbekannte Dona- toren. Waudgemalde in Dome. Lassen die angefilbrten Sculpturwerke den grossen Scbatz abnen, mit welcbem einst der Doni ausgestattet war, diirfte dieAnzabl der darin betindlicbenWand- und Tafelgemalde noch grosser gewesen sein ; doch scbeint ein zusammenbangender Cyclus von Wandgemalden nur in der Wenzels-Capelle bestanden zu baben. Reste von Wandgemalden warden beinnbe in alien Cbor-Capellen aufgedeckt; sie waren obne Zugrundelage eines leiten- den Gedankens und aucb obne Einbaltung eines 8 — 58 — architektouischen Ralimeus in beliebigen Formaten als einzelne Stiftnngeu gefertig't worden, so dass eiiie und dieselbeDarstellung mehnuals nebeneinander hingesetzt wnrde. Anders verbalt es sieb mit der Wenzels-Capelle, deren Aiisstattnng vom Kaiser selbst besorgt und iiber- wacbt wnrde. Diese Capelle ist in alien Tbeilen aus- g'enialt iind es sind die Gemalde nicbt allein znsamnien- h::ngend, sondern mit weiser Beniitznng des Raumes in die arcbitektoniscbe Gliedernng eingepasst. Da der Eaum der Hobe nacb durcb ein Cordongesims in zwei Stocli^Yerke abgetbeilt ist , wurde diese Anordnung A^om Maler in der Ai-t beniitzt, dass er in der oberen Abtbeilnng die Lebensgescbicbte des beiligen Wenzel, in der unteren das Leiden Cbristi darstellte. Die obere Bilderreibe bat dnrcb den grossen Brand so sebr gebtten, dass sie um 1580 grosstentlieils im Styl der deutscben Renaissance erneuert wuide. Aueb diese erneuerten Bilder sind wieder verblasst iind lassen nur bie mid da erkennen, dass bei ihrer Anlage die alten Conturen beniitzt worden sind. Die nntere Bilderi'eibe wnrde zwar aueb uberiiialt oder vielraelir liberschmiert, und zwar imt dicker Olfarbe im Jabre 1614, docb bat sicb diese Uberoialnug an vielen Stellen von selbst abgelost nnd man erblickt mancbe Fignren ganz frei von alien Unbilden fast im selben Zustande, wie sie ans der Hand des Kiinstlers bervorgegangen sind. Fig. 59. (Prag.) Die Pnssionsgescbicnte _ist in eilf Bildern vor- getragen, beginnt mit dem Olberge und scbliesst mit Ausgiessung des Geistes. Die einzelnen Bilder sind folgende : 1 . C !i r i s t u s a in U 1 b e r g, vor dem trostenden Engel kniend, danebcn die scblafenden Jiinger. Dieses Bild ist am grubsten dnrcb die Lberpinselung entstellt worden ; nur in der Figur des Heilands scbimmern noeb die nrspriinglicben Formen bindnrcb, alles iibrige geLort der Nenerung an. 2. Gefangenn ebniung Cbristi. Judas verratb seinen Meister und Petrus ziebt das S'chwert gegen die herandrangenden Scbergen. Hier sind dietjbermalungen weniger auffalleiid und das Bild bat in seiner Gcsammt- beit niclit gelitten. 3. Cbristus vor Pilatus. 4. Cbristus an die Siiule gebiinden. 5. Die D 0 r 1 1 c 11 k r o n u n g. Diese drei Darstcllnngcn der Figur Cbristi sind von eiitstellcndcn Zutliatcn lieinabe ganz frei geblieben. Die Zeichnung ist in grossen Linien gezogen und die Farbe, wo sie nicbt zerstort wurde, von bewunderuiigs- wiirdiger Klarbeit; dabei zeigt die Auffassung boben Adel und einen S'clionbeitssinn, wie man ihn erst in den Werken des Giovanni Bellini wiederfindet. In alien diesen Darstellungen tragt Jesus einen lichten violettgrauen Rock, der in der Mitte leicbt geglirtet ist, die Haare sind braun mit einzelnen aufgesetzten Licbteru. Fig. GO. (Pi-;i;;.) 6. Cbristus am Kreuz als Votivbild. Ein fiir die Baugescbicbte ebenso aufscblnssgebendes wie durcb die Composition anziehendes Gemalde, welcbes seit mebr als einem Jahrbundert durcb einen zoptigen Altar verdeckt er>t kiir/licb wieder zum Vorscbeiu gekommcn ist; es nimnit die Mitte der Ostwand ein und war offenbar berecbnet, dass ein einfacber Altartiscli vorangestellt werden sollte. Neben dem Gekreuzigten steben Maria und Johannes in beteiider Stellung, liinter diesen typiscb angeordnelen Gestalten knien zur Linken der Kaiser, zur Recbten die Kaiserin Anna von Scbweid- nitz, welcbe der Maler dadurch kenntiicli inacbte, dass er die beiden frliber verstorbenen Gemablinen Karls gleicbsam als Verkliivte in den Kabnien einflocbt. Da — 59 — Anna von Schweidnitz am 11. Juli 1362 verscliieden ist unddieWenzels-CapellemitvielenStiftungenbedachtliat, lasst sich annehmeu, dass dieses Bild bereits vor ihrem Tode entvvorfen und bald nachlier ansgefuhrt worden sei. Zwar stellenweise iibermalt, siud docli die Figuren des Kaisers und seiner Gemahlin ziemlich verschont gebliebeu. Die Ubereinstimraung der auf diesem Bilde dargestellten Kaiserin Anna mit der betreffenden Bliste im Triforium und einem in Karlstein befindlichen Portrait derselben Dame ist auffallend. 7. Ein einzelnes Crucifix zwischen zwei leer gebliebenen Inschrifttafeln. Wahrscheinlich sollte eine kurzget'asste Angabe der Capellenstiftuiig in den Tafeln verzeichnet werden, die jedoch unterblieb, oder ausgeldsclit wurde. Es dlirfte die Kreuzabnahme fur dieses Feld projectirt gewesen sein, da eine Ursaebe derWiederbolung fast des gleichen Bildes niclit vorliegt. Seltsamer VVeise sind im ersteu Cruxiflx dieFlisse des Heilandes mit ein em, im anderen mit zwei Nageln an das Kreuz befestigt. 8onst zeigt sich dieses Bild als eines der besterhaltenen. 8. Christus im Grabe. Um ihn die drei heiligeu Frauen mit SalbeubiichsL'n, ein in herkominliclier Weise aufgefasstes sehr stark beschadigtes Bild. 9. Die Aufersteliung. Christus, entsteigt uach altertbiimliclier Anordnungsvveise einem Steinsarge, die Kreuzesfaline in der Hand. 10. Die Himraelfahrt. Von Christus der bereits als liber der Erde schwebend gedaclit ist, sind nur uoch die Flisse zn sehen, unten die Junger. Diese haufig in Miniaturen vorkommende Auffassung wirkt im Grossen niclit giinstig, aucli ist das Bild sehr beschadigt. 11. Die Ausgiessung des heiligen Geistes. Reiche mit vielen kleinen Figuren ausgestattete Compo- sition, welche von den anderen einfach gehaltenen Dar- stellungen seltsam absticht, well ein ganz anderer Mass- stab eingehalten ist. Von den letztgenannten Bildern ist die Auferste- hung am besten erhalten, die iibrigen sind durch Uber- Fig. 61. (Prag). malungen und Feuehtigkeit beinahe zur Unkenntlich- keit verblasst, dlirften auch von Anbeginn an zu den schwachern gehort haben. Oberbalb dieser Bilder ziebt am Cordougesims eine Reihe von Kleeblattbogen als erhaben gearbeitete architektouische Verzierung hin, wobei in jeden Bogen ein kleines etvva neuu ZoU hohes Eugelsfiglirchen hineingemalt ist. Die^e Figuren tragen Fig. 62 und 63. (Prag). theils Spruchbander, theils verschiedene Attribute, sind wohlerhalten und vorzuglich schon augeordnet. An der Westwand, dem ehemaligen Altare gegenliber, befindet sich eine nun verniauerte Thiire, neben welcher die Gestalten der Apostel Petins und Paulus augebracht sind. An dieser Wand hat der Restaurateur seiner Malwuth so sehr freien Lauf gelassen, dass von den urspriinglichen Malereien kaum etwas verschont geblie- ben sein mag. Diese Gemalde warden mit eigenthiimlich zuberei- teten Farben (vielleicht mit solcheu Wachsfarben wie sie an den Portratbiisten vorkommen) auf den sehr glatt geschlififenen Kreidegrund aufgetragen und dann mit eiuem Firniss Uberzogen, welchem Umstande es zuzu- schreiben ist, dass die Ubermalungen sich zum grossen Theile abgeblattert haben. Wir werden den Meister, welcher diese Gemalde fertigte, in Karlstein naher kennen lernen und dort die 8* — 60 — IJberzeugimg erhalten, class iinr Nicolaus Wunuser aiis Strassbiirg der Urheber sein kann. Aber nieht alleiii die aufgezahlten Bilder sind es, welche wir zu bewiindern habeii, der Grand selbst iind die Umrahmungen verdienen nicht mindere Aufmerk- samkeit. Die Waiidflachen, welclie niclit bemalt worden sind, wnrden naiiilicli niit Edelsteinen verkleidet: mit Achaten, Chrysopraseii, Ametliysten, Carneolen und ahulichen Gesteinen, darunter Exeiiiplare von seltener Sclioiiheit und Grcisse vorkommeu. Man sieht Flatten von 8 bis 9 Zoll Hohe und 4 bis 6 ZoU Breite; die Steine sind nur an ihren Vorderseiten geschliffen, wabrend die Eander ihre von der Natnr gegebene Form beibehalten haben. Die Zwischenfugen sind ver- goldet und die Pracbt der Vergoldung dureb zierlicbe Dessins von gepresster Arbeit erbobt. Denkt man sich eine aus Bruchsteinen ausgefiibrte AVand, welcbe anstatt der ordiuiiren Stein- und Mortelfligung aus Gemmen und Gold bestebt, so bat man ein deutlicbes Bild dieser Wandverkleidung, welcbe sicb zwar etwas barbarisirt ausninimt,. aber an dieser Stelle wesentlicb beitragt, den P^indriick des Gaiizen zu evboben. Kaiser Karl scbeint fiir diese Ausstattungsweise besondere Vorliebe gebabt zu baben : die Kreuzkirebe und die Katbarina- Capelle in Karlstein, dann die von ilim erbaute Scbloss- Capelle in Tangermiinde bat er ebenfalls mit solcben Edelsteinveikleidungen ausscbmiicken lasgcn. In der Wenzels-Capelle sind die Edelsteinbelege sogar mit den Gemalden in unraittelbare Verbindung gebraebt, so bait der aufersteliende Heiland eine Fabne, welclie aus einem berrlicben Stiick Chrysopras bestebt. Fig. 64. (Prag.) Die Besprecbung der Tafelgeiualde einem spateren Abscbnitte vorbebaltend, baben wir uns einem Kunst- werke zuzuwenden, welcbes das rastlose Bestreben des Kaisers, alle Kuiistzweige in seinen Landen ein- zufiibren, im scbonsten Licbte ze'gt. Es ist das Mosaik- bild, das die siidlicbe Wand des Querbauses oberbalb der Portike einnimmt und mit Eiiiscbluss der Rand- verzierungen und Zwickel eine HiJhe von 25 Fuss und eine Breite von 34 Fuss einbalt. Die ganze mit Glas- stiften iiberdeckte Bildflacbe betragt 760 Quadratiuss. Der Verfertiger ist nicbt bekannt, wabrsclicinlieb bat Karl IV. wabrend seiner im Jabre 1369 vollfiibrten Romcrlabrt ciiien venetianiscben Mosaikmalcr kennen gelernt und iiacli Prag berufen. Dieser Kiinstlcr begann das Werk im Jabre 1370 und vollendete es in der unbegreiflicb kurzen Frist von zwei Sommern (da im Winter nicbt gearbeitet werdea konnte). Waitmiibl er- zahlt ausfiibrlicb, class das Bild im Jabre 1371 voll- endet worden sei, indem er den Farbenglanz und die Pracbt des Ganzen mit den warmsten Ausdriicken sebildert, obne jedoch Namen und Heiniat des Meisters zu nennen. i Da in gauz Deulscbland neben dem Prager Bilde nur nocb zwei grossere musiviscbe Arbeiten aus dem XIV. Jabrbnnderte bekannt sind, niimrdi das 25 Fuss bobe Relielbilcl der Himmelskonigin am Cbor der Liebfrauenkircbe zu Alarienburg und eine Marter des Evangelisten Jobannes am Dome zu Marienwerder, er- scbeint die Vermiitbung, dass aucb diese Werke von dem durch Karl nacli Prag berufenen Mosaikmeister bergestellt wurden, um so begriindeter, als sie fast derselben Zeit augeboreu. Nacb der durdi den Porticus vorgezeicbneten Eintlieilung wird die Bildflacbe in drei Felder zerlegt, wobei jedocb wie bei den dui cb Fensterstabe getbeilten Glasgeinalden die e'nbeitlicbe Composition keine Unter- brecbnng erleidet. Dargestellt ist das Jiingste Gevicbt in jener streng byzanliniscben Auff'assnng, welclie in Miniaturen und Elfcnbeinscbnitzereien sclion ums Jabr 1000 getroffen Avird. Im Mittelfelde thront Cbristus als Weltenricbter in der Mandoria, umgeben von einer reicben Engelglorie. Unterbalb dieser Gruppe kuien die secbs Landes-PatroneBobmens iind sind durcb einen scbmalen Inscliriftstreifen namentlicb bezeiclinet als: S$. Profc= pi;uc^ . S5 . ftiVemuiiOii^ . S$ . Pitu^ . fe . IVom^lum . Sti^ . *^otom\Uii . fi' ■ i^^il^bcl'U^el]enfen>ter voii ^leister Mathias. Fi^'. 24. ilm Texte S. 34. > Uuterer Gruudriss niit Aiigabe der vou Matliias ausgel'lihrteu Parti eii. Fig. 35. i Im Texte s. 35. Pi'eilersvstem de-3Iatliias. Hi:'. 3(3 imd 37. Jni Texte S. 36.^ "\'\'andpfeiler der Clioreaiielle vou ]\ratliias. Fig. 3-^ uud 39. ijiu Texte S. 3il^ Capitiile uud Bogeuprotil ^-ou deuiselben. Fig. 40 uud 41. Jul Tex'e s. .' i 37. Seitenausiclit des Pomes. Fig. 4i\ i^Ini Texte s. 37;i Cliorfeuster des Meisters Peter. Fia-. 43. ( Im Texte S. 3S.^ Pfeilersystem d s Meisters Peter. Fig 44 a. I,. , Im Texte S. oS/i Cliorausielit. Fig. 45. Tin Texte S. 39."^ Querseliuitt. Fig. 4i3. Jm Texte s. 40.^ Strebebogen . Pau de* Meisters Peters. Fig. 47. \\m Texte S. 40.^ Oberer Gruudriss mit Auga'ie der vera Meister Peter ansgefiihrten Partien. Fig. 48. Jm Texte s. 4i.') Portal an der Weuzelscapelle . vou demselben. Fig. 49. Im Texte S. 42.^ 3Iassn'erke im TrilVirium. von denisernen. Fig. 50. \ lm Texte v"-^. 45.^ Zierbogen im TrilV'rium. vou demselben. Fii-. 51. Jul Texte s. 45. "i Giebelblumeu au den Strebebogen. vou demselben. Fig. b2. ^^Im Texte S. 46.") Cousolen. vou demselbeu. Fig. 5.'i — 56. Jm Texte S. 46. ^ Stdiriltprobe aus deu Triioriuui. Fi-. 57. Jm Texte S. 53.) Gralunal des Kouigs Ortoear IL Fig. 5S. Jm Texte S. 57. Waudpfeilerprotil iu der Wenzelseapelle. Fia-. 59. \ Im Texte S. 55.3 Eiugaug ill die Sakristei. \-iai demselbeu. Fig. 6t,). ^^Im Texte S. 5S.3 Pfeiler iu ilcr Sacristei. Fig. 61. Jm Texte S. 59.3 .■^e n l|itu reu. Pilste lies Kouigs Johauu. Taf. II. Biiste des Kaisers Karl IV. Tat. I. Biiste der Kaiserin Anna \-ou Sehweidnitz. tk-r drit- ti^i Geniabliii Karls. i)eriibmt als geistruiJie nnd sJir scliiMie Dame. Taf. 11. Biiste des ersteii Dcimbanmeisters ]\Iatljia>. Tat. II. IUi>te des zweiten Dombaumeisters Peter. Taf. II. Scul])iirte Kiiiiufe. Fig. 62 — 63. (Im Texte S. 51'. 3 Huiiionstisfhes Gebilde.Fig. 64. (Im Texte 60.) a n il g e m a 1 d e. "N'otiN bibl. Kaiser Karl uml Kaiseriu Anna vuu Sehweidnitz kuieu nebeu eiuem Krnzitix. uuteidialb sind die beideu verstorbeneu Kaiseriueu Blauca vou Valois uud Anna vou der Pfalz als Abgeschiedene iu kleiuem Massstabe augebraclit. Durch diese Illustration werdeii zugleicbdieEdelsteinbelege uudsoustigen Ausstattuugeu in der AVenzelscapelle erk'iirt. Fig. 65^ ^^Im Texte S. 6L) Das Scliloss Karlsteiii. Um N"on den lieideu Hau[itwerkeu des Kaisers uud iiberbaupt der L'.ixeuiburg'sehen Periode eineu klaren leiebtfassliebeu Ueberblick zu geben. ist es notbweudig, die bisber befolgte Anorduung zu verlassen und an dieser Stelle die Besclireibnug des Scblosses Karlsteiu eiuzusebalteu. Es steheu der Prager Dom uud Karl- steiu in so ini.igev Verbiuduug. dass das eine Deukma! uiebt oliue das andere gedaclit werden kauu. Hier wie durt wareu die gleicheu Meister uml zwar je gleieh- zeitig beseliiiftigf. beide B;mten warden vou 3Iathias begounen uud von Peter fortgesetzt. aucb konnen weder au dem einem nocli auderem Orte die bildneriscben Ausstattuugeu von der Arcbitektur getreuut werdeu, obue das allgemeiue Verstiindniss zu storeu. Siidwestlicb vou der Hauptstadt Prag in der Eui- teruuug von drei Meileu erbebt sicb am Ufer des Berauutlusses auf eiuem uach drei Seiteu steil abfalleu- deu Kalkfelseu das Schloss Karlstein. zu welcbeui Kaiser Karl lY. a;u 10. Juni 1348 den Grundstein durcb den Erzbiscdiof Aruest legen liess. Das Schloss liegt uiebt uumittelbar am Flusse. sondern ist in eine enge, vou eiuem Waldbache ausgewaschene Sehlucht e u- geritekt. wird aber vom Berauuthale aus iiberselien. Riugsum breitet sieb die lieblichste Waldeinsauikeit aus. die Felsen ragen stelleuwe'se senkreebt aus dem Flusse empor. frisehe Quellen rieseln liindurcb uud duukle Taunen miseben sieb iu das froblirlie Griiu der BuJieu. Birken und Eicben. Ueber die Grtlndung des Scblosses. seiuen Zweek und seine Einricbtuug. sowie iiber die Stiftung eines daselbst zu erricbtendeu geistlichen Capitels bat der Kaiser am 27. 3Iarz 1357. als am Tage der Einweihuug eine umfassende Urkunde ausgestellt. in welcber ver- orduet wird. dass : 11) die Burg dazu bestiuimt sei. das Audeukeu seines Xamens zu vcrewigeu: ..In castro nostro Carlsteiu quod funditus de novo coustruxinius . et uostr. proprii nomiuis adjectione, pro nostra niaiori memoria. duximus appellandum. r,t videlicet Oarl- steiu a Carole nomiuetur- ; h) dass das Sehloss iu Xothtiiik-n eine Zutiuchtstatte fiir die Rei Ji>kleiuodieu uud wiclitigsten Frkundeu gewalireii, uml c) zuub-'icli eiue giUtgeweilite .^telle >o u >olle. wo er >ellist in Zuruckge/.ogeidieit uml fern vom "\\\ huetiimmel siJi seineu religibsen lieiraclituugen biugebeu kbnue. l);e Burg selbst, we'clie jet/.t zuni Theil in Kniuen liegt. bes!aud urspriinglicli au> \ieri'artien uainludi. Fig. 66. (Karlstein.) dem Vorhofe uiul Zwiiiger, wo die Beamtenwohiuu'igen, Wirtbschaftsvanine mid der Brauiienthurm iintergebracht waren, dann zweitens aus der eigeiitlicheu Biirg und Kaiserwohiiuug-, welclie mit dem dritten Couipartement, der Collegiatkirche jMariaHiinnielfahrt dnrch eine Briieke in Verbindimg stand, und endlieh aus dem grossen Thurme mit der Kaiser- oder Kreuz-Capelle. Die Vorburg liegt bedeutend niedriger als die Bnrg und enthalt mit Ansnabme der Grnndmauern keine aus dem XIV. Jabrbiiodert berriihrenden Partieu mebr. Diese Abtbeilung war ununterbrocben bewohnt und wurde von Kaiser Eudo'pb IT. umgebaut und iieu ein- geri' htet; die Grundform ist dem sohmalen Felsengrate angepasst, daber ganz unregelmassig, am westlicben Absatze des Felsens stebt der altertbilmlicbe Brunnen- tburm mit dem 240 Fuss tiefen Bruunen. Dfiss dem Kaiser bei der Anlage der Karlsteiner Bauten die Erinnerung an die im Titurel gescbilderte wunderbare Burg Montsalvage vorgesebwebt, ist mebr als wabrscheinlicd) und ergibt sicb sowobl aus der kiinstleriscbeu Ausstattung der inueru Rilume, wie aus den Vorsebiiften, welcbe die Scblosswacbter erbalteu batten. Dass Karl dieGral-Sage kanute, darf bei seinem ausgebreiteten Wissen nicbt bezweifelt werden, aucb will es sebeineu, dass er seinen grossen Rivalen und Gegenkaiser, den zwar nicbt vom Glitcke begiiustigten aber rubmgekronten Ludwig den Bayer, sicb bei der Stiftung von Karlstein zum Muster geuommen babe. Kaiser Ludwig, zubenanut der Vierte, war niimlicb von Jugend auf mit den Dicbtungeu Wolframs von Escben- bach vertraut, denn Albrecbt von Scbarfenberg, der Fort- setzer des Titurel, batte am Hofe seines Vaters Herzog Ludwig des Strengen gelebt und vielleicbt in dessen Auftrage das unter dem Nameu des j ii n g e r u Titurel bekannte Gedicbt ausgearbeitet. Auf solcbe Weise an- geregt und seinen religiosen Eingebungen folgend, stiftete Kaiser Ludwig im Jabre 1330 das Kloster Etal auf dem Steige zwiscben Partenkircben und Ammergau — 64 — iu finer \Yilden Gegeiul. ilariniien iiur Eauber unci "Wolfe hausteu. wie die Sage berielitet. Die KlosLorkirche zu Etal hatte eine den Sebilderuugeu des Graltenipels entsprecbende Form: sie war eine weite Eotunde. dereu sterntorniiges Gewolbe von 12 Pfeileru unterstiitzt wurde. Eiu Umgang vou Capellcn unigab diesen Ruud- ban. an dessen Ostseite ein reicb gegliederter Cbor vor- trat. Wenn diese arcbitektouische Anordnims: unver- Fio-. GT. (Karlstein.) kennbar iiiit der Grablicbtung nl)ereinstinunt, offenbart die \on Kaiser Ludwig anfgestellte Ordensregel fiir die Insasscn des Klosters Etal nicbt minder allerlei roman- tiscli ritterliolie, dem Titurel entnommene Ziige. Es soil niimliob die Einwobnersebaft des Klosters ans sieben- undzwanzig Ordensmitgliedern, vierzebn Benedictiuer- Priestern iind dreizebn weltlicben verbeirateten Ritteru liesteben ; die iMoncbe sollen ibrem Orden gemass lebeu. die Bitter nnd ibre Frauen die Ebe treu und redlicb balten und keinerlei Streitigkeiten aufkommen lassen. — 65 — Jcder Ritter und seine Frau soUen einen Kneclit, eine Dime und eiiienHeizer liaben. Wenn ein Hitter stirbt und seine Frau nielit den Satzungen gemass gelebt hat oder leben will, ist man dieser niehts schuldig als ibre Pfrllnde von Kiicbe imd Keller; bat aber die Frau Geborsam getlian, so darf sie im Kloster bleiben, bis an ihren Tod. Dieser in jeder Beziebung ausserst wicbtige Stiftungsbrief zeigt die ganzlicb verscbiedene Geistes- und Gefiiblsricbtung der Kaiser Ludwig und Karl in solcber Scbarfe, dass unmoglieb grellere Gegensittze gedacbt werden konnen. Beide Regenten halten deu- selben Grundgedanken fest, jeder fiibrt ibu nach seiner Weise aus. Karl duldet, urn sicb ungest()rt seinen Andacbts- und Bussiibungen bingeben zu konnen, weder Tanze nocb Spiele in seinem Montsalvage und stellt als Grundbedingung auf, dass in dem gebeiligten Raume der Burg keine Frau, nicbt einnial seine eigene Gemablin iibernacbten diirfe, wie die Urkunde besagt: „ne in turri Carlsteinensi , in quo capella dominicae passionis, cum aliqua muliere, etiam uxore legitima dormire sen jacere liceat". Kaiser Ludwig dagegen, indem er dieselbe Idee zu verkorpern suebt, versammelt in den zu diesem Zwecke erbauten Raumeu eine Tafelrunde von ebren- festen Rittern und Frauen, unterstellt die Manner einem Meister, die Frauen einer Meisterin, verbindet alle durcb eine klosterlicbe Regel und tragt ibnen auf, in getreuer eblicber Liebe ibren Verpflicbtungen nacbzukommen._ Die arcbitektonisebe Disposition von Karlstein zeigt jcdocb keine Erinnerungen an die Burg Montsalvage und ibren Grals Tempel, vielmelir batten sicb der Kaiser Karl imd sein Baumeister die papstlicbe Residenz zu Avignon als Vorbild aufgestellt, und dieses durcbzu- fiibren gesucbt, soweit es das unregelmassige Terrain erlaubte. Mit dem ScblosseMarienburg hat Karlstein nicbt die entfernteste Ahnliebkeit, obwohl diese beiden Deuk- male baufig verglicben werden. Die Ricbtung des Burgfelsens erstreckt sicb von Kordost gegen Siidwest und wendet bier mit einer scharfen Ecke gegen Westen. Auf diesem siidwestlicben Vorsprung liegt die Vorburg, zu deren Thore ein in den Felsen gebauener durcb Vorwerke gescbiitzter Weg fiibrt. Der beigefligte Situationsplan Fig. 67. zeigt die Anlage der Burg samnit den einzelnen Gebauden. A. B C. Unteres Thor mit den Vorwerken und dem Wachthurm, dermal in Ruinen liegend. Die Auffahrt zur Vorburg, urspriinglich nur fiir Reiter und Saumthiere eingerichtet und erst 1597 erweitert. E. F. Das Thor der Vorburg mit der Thorwartwob- nung (total erneuert). G. Der erste Vorhof oder Zwinger. ^. Wohngelasse des Burggrafen und der Ritter; unter Kaiser Rudolph II. umgebaut. T. Darunter die Dienerschaftswobnung, Arbeits- raume. (Wiederbolt veriindert.) F. Wirthscliaftsbofe und Raume. W. Der Brunnentburm. J. Thorweg zur Kaiserburg, in Ruinen. K. K. Die kaiserlicbeWobnung, zumTbeile in Ruinen liegend. L. Wohnhaus der Capitularen, Ruine. M. Collegiatkirehe S. Maria. 0. Der Hauptthurm mit der Kreuz- oder Kaiser- Capelle. D. Sclilossgarten. Die Vorburg und insbesondere der Brunnentburm, welcbe Partien vom Berauntliale aus und der daselbst liinziebenden Eisenbabn vollstiindig uberseben werden, zeigen eine bocbst malerische Gestaltung, welcbe durcb den seltsam zerkliifteten Felsen nocb bedeutend geho- ben wird. Wir konnen jedocb diesen Tbeil als eine totale Neuerung iibergeben und wenden unsere Aufmerk- keit sogleicb der kaiserlichen Wobnung oder dem eigentlicheu Residenzbau zu. Dieser bat recbteckige Grundform und erstreckt sicb bei einer Lange von 170 Fuss in westostlicber Ricbtung auf dem ziemlicb ebenen Plateau bin, so dass die Hauptfenster der 8ild- seite und dem Flusse zugekehrt sind. An der Ostseite wird das Gebaude mit einem balbrunden Thurme abge- scblossen und von einem scbmalen Sclilossgarten umzo- gen. Mit lubegrifif des Kellergescbosses erbebt sicb das der.ual unscheiubare Bauwerk in fiinf Gescbossen, die alle mit flachen Holzdecken verseben sind. Miitels eines vorgebauten viereckigen Stiegenhauses gelangt man in die verscbiedeuen Gelasse: zuerst in die das Erdge- schoss einnebmenden Vorrathskammern und Bedienten- stuben, oberbalb derselben sicb im dritten Stocke die S. Nikolaus- oderRitter-Capelle betindet. Diese Capelle ist erst im Jabre 1837 in gescbmacklosester Weise erneuert worden, und bietet nicbt das mindeste Inter- esse, ebenso die iibrigen in derselben Hobe liegenden Gemacher. Im vierten Stockwerke liegen die kaiser- lichen Wobngeraacber, von denen das grossere wabr- scheinlicb den Empfangsaal bildete. Dieser Saal ist 57 Fuss lang, und sowohl an der Decke wie an den Wanden mit viereckigen Cassetirungen von Eichenholz ausgestattet : der Fussboden zeigt Reste eines bunten Estrichbeleges und vor dem Mittelfenster war ein Erker Oder offener Balcon angebracht. Erker, von welchey jedocb nur die Kragsteine iibrig geblieben sind, scbei- nen an mebreren Stellen vorbanden gewesen zu sein, aucb sieht man die Uberreste eines Kamins, dessen Raucbmantel von einfacbenTrilgern ausSandstein unter- stiitzt wurde. Der ostwarts an den Saal angranzende halbrunde Thurm enthielt ein Haus-Oratorium, in welcbem der Kaiser seine Morgen- und Abendandachten verrichtet baben mag und das zu diesem Zwecke mit Wandgemiil- den ausgestattet war. Diese Gemiilde sind gleicb denen in der Ritterscapelle bei der damaligen Restauration zu Grunde gegangen. Gegen Westen reihen sicb an den Saal ein leidlich erhaltenes Vorzimmer und nocb einige Gemadier an : das Vorzimmer ist zwar ausgetiifelt, aber in jenem Rennaissancestyle, der um die Mitte des XVI. Jahrbun- derts iiblicb war. Oberbalb dieser Kaisergemacher, im ftinften Stockweike, betinden sicb in abnlicber Eintbei- lung wieder ein grosser Saal, wabrscbeinlicb der Speise- saal, und drei Nebenzimmer, denen jede Art von Deco- ration fehlt. Von den Kaiserzimmern aus konnte man durcb eine enge (wahrscheinlicb verdeckte) Tblire in den Wohnfiiigel der Domherrn gelangen, deren anfang- lich sicb vier in Karlstein befanden. In der ganzen Residenz herrschtc im Gegensatze zu den kirchlichen Gebauden die moglicliste Einfacb- — 66 — lieit vor, welche, wenn man von den schlicliten Kaiser- zinimern absieht, mit vollem Eeclite als Diirftigkeit bezeiclmet werden darf. Es zeigen allerdings andere iiui diese Zeit erbante Fiirstenschlosser, z. B. der Alte Hof in Mlincheu, Burg Trausnitz bei Landshut, keine reicliere Ausstattung: allein gegeuUbev der fabelliaf'ten, in den Kirchen entvvickelten Pracht wird man doch besondere Grlinde annehmen diirfen, wesshalb der Kai- ser bei den fur seine Person bestinnnten Localitaten einer so iibertriebeuen Sparsamkeit liuldigte. Naeh der Absicbt des hohen Bauherrn soUte Karlstein ein zur Ehre Gottes erriehtetes Denkmal, fiir ihn selbst aber ein Ort der Beschaulichkeit und Entsaguug sein. Fig. 70. (Karlstein.) Von demselben Treppenhause ans, welcbes zu den Kaisergemaehern fiihrt, gelangt man uber eine Bogcn- briioke in ein sonst freistehendes rceliteckiges Gebaude, das auf einem hobern Absatze des Felsens gelegen, die Collegiatkirche 8. Maria enthillt. Das Aussere dieses 72 Fuss langen und 54 Fuss breiten Bauwerkes ist im hijcbsten Grade unscheinbar, es wurde zu wiederholten Malen, zuletzt im Anfange unsers Jaln-buuderts reno- virt und gleiclit mit seinem sehwerfalligen Walmdache und einem darauf sitzenden zopfigen Glockenthiirmchen einem jener bindlicben Amtsbauser, welche man in Diirfern und kleinen Stadten zu treffen pflegt. Der Bau erhebt sicli in drei 8tock\verken : das untere enthalt Verliese, das mittlere die Wohnung des Dechanten, und das oberste die Kirohe. Die Kerker sind tiberwolbt, sonst aber ganz einfach gehalten und mogen urspriing- lich zu Vorrathskammern eingerichtet gewesen sein. Unter Kijnig Wenzel IV. wurden in diesen Rauraen viele Hinrichtungen vollzogen, wessbalb die Benennung „Cer- venka, Rotbkelchen" (rothe Kehle) in Aufnalime kam. Die Dechanteiwohnung ist ganz verwahrlost, mit fiacher Decke versehen und enthalt nicht das mindeste Uber- bleibsel von Bedeutung. Auch die Marienkircbe, zu welclier eine schniale in die Umfassungsmauer einge- fiigte Treppe binantubrt, zeigt keine architektonisch bemerkenswerthe Anordnung, sie besteht aus einem scbmucklosen durch einen Mittelpfeiler unterstutzten rechteckigen Ranme von 54 Fuss Lange, 36 Fuss Breite und 18 Fuss Hohc, welcher mit einer neuen getafelten Holzdecke Uberspannt ist (Fig. 68, 69, 70). So bedeutungslos die Arcliitektur, ebenso hoch- wicbtig fiir die Kunstgeschiebte, und zwar niebt allein Bdhniens sondern ganz Deutschlands, sind die in diesem Raume entlialtenen Wandgemalde, von denen leider nur wenige Reste in kenntlichem Zustande auf uns gekonimen sind. Es war in diesen Bildern die Marien- legende mit der Apokalypse in eigenthiimliche Verbin- dnng gebracbr, vielleicbt nacb Angabe des Erzbiscbofs Arnest, welcher ein grosses Mariengedicht nacb Art des HeinrichFrauenlob verfasst hat. Da der Altar von seiner urspriinglichen Stelle geritckt, und die Kirche in neue- rer Zeit anders eingetheilt worden ist, lasst sich heute der Zusammenhang des Bildercyklus um so weniger feststellen, als mehrere Gemillde ganzlich zerstort und die erhaltenen sehr schadhaft geworden sind. Der das Ganze durchziehende Gedanke scheint folgender gewesen zu sein. An der siidlicben Wand, wo einst aus dem Schlafzimmer des Kaisers eine Briicke heriiber- fiihrte, war die Widmung des Schlosses Karlstein und der Marienkircbe abgebildet : es haben sich bier, rechts neben dem gegenwartigen Altare, die fast lebensgrossen Portraitfiguren des Kaisers Karl und seiner ersten Gemablin Blanca erhalten, zwar sehr beschadigt und durch tibermalungen entstellt, aber immerhin noch deutlich zu erkennen. Diese Figureu sind durch die beigefligten Namen, Imperator Karolus und Blanca bezeichnet: sie stehen vor einem Altartische, beschaftigt verschiedene Reliquien und kostbare Gefasse aufzustel- len. Bei dieser Arbeit werden sie durch einen jugend- lichen Mann unterstlitzt, aus welcher die Sage den Prin- zen und naobmaligen Kcinig Wenzel IV. gemacht hat. Da das Bild sich ofifenbar auf einen gescbichtlichen Vor- gang bezieht, die Kaiserin Blanca bereits am 1. August 1348 bald nach der Griindung von Karlstein verschied, Wenzel IV, aber erst 1361 geboren wurde, scheint eine NamcnsverAvechslung vorgefallen zu sein, indem hier Herzog Wenzel von Luxemburg, des Kaisers Stiefbruder dargestellt sein mochte. An der westlichen Langwand war eine iiberaus reiche Composition angebracht, als deren Mittelpunkt das Bild der U n b e f 1 e c k t e n E m p f a n g n i s s auf Wol- ken thronte. Ringsum sind alle Schrecken losgelassen: der siebenkopfige Drache erhebt sich aus dem branden- den Meere um die fliehende Unschuld zu verschlingen, welche in Gestalt einer wunderschonen Jungfrau den Schutz der Himmelskonigin anruft. Von der andern Seite her drangen verschiedene miinnliche und weib- liche Gesfalten lierbei, um desselben Schutzes theilhaf- tig zu werden. Wir nehmen keinen Anstand, diese - 67 - Griippe als das edelste Malerwerk zn erklaren, welches das XIV. Jabrhimdert diesseits wie jenseits der Alpen hervorgebracht hat. Es athmet hier ein Raphaerscher Geist, wenn auch Techiiik iind Coloiit mehr an die altera veuetiauische Schnle, insbesondere den Giovanni Bellini erinnern, und zwar in viel hoherem Grade als die Geraalde in der Wenzels-Capelle. Die geg-eniiber- stehende westliche Wand enthillt ausschliesslicliDarstel- lungen aus der Apokalypse: wir sehen die Engel rait den Posaunen, die brennende Erde mit den dahinster- bendenMenschen und die Kampfe desErzengels Michael mit dem Drachen. In Bezug auf Anordnung nnterscheiden sich die an dieser Seite betindlichen Malereien wesentlich von den jenseitigen: wahrend dort die ganze Wandflilche von einer einzigen Composition mit lebensgrossen Fignren ausgefiillt ist, ziehen bier zwei Reiben von kleinern Bildern iibereinander bin, welche durch Inschriftstreifen getrennt werden. Die urspriinglichen Gemalde der West- wand sind am Schkisse desXVI. Jahrhunderts so griind- lich mitgewohnlichenLeimfarben iibermalt worden, dass niclit einraaldie Inschriftstreifen beibehalten wnrden. An einigen Stellen sind zwar die Ubermahuigen (ordinare Theaterdecorations-Arbeiten) abgefallen, aber es ist bis- her noch nicht gelungen den inneren Zusammenhang des Bildercykliis vollstandig zu entziffern. In den Fensterni- schen warenkleinei'eDarstellungen aus derMarianischen Legeude, die heilige Anna, Verkiindigung, Maria und Elisabeth und die Geburt Christi angebracht, ein Zei- chen, dass der ganzen Anordnung ein wohldurchdachter Plan zu Grunde lag. Ein gemalter sechs Fuss hoher Sockel, welcher unter- halb der Bilder den ganzen Kirchenraum umzog, und von dem sich viele Bruchstitcke erhalten haben, verdient um so grossere Beachtang, als hier ganz dieselbe italie- nisch - gothische Manier eingehalten ist , welche in den Werken des Giotto und Andrea Orcagna getroffen wird. Von sonstigen der Bauzeit angehorenden Kunst- werken besitzt die Marienkirche nur noch ein tafelformi- ges 8acramentshausehen von einfachster Form, dann eine 2 Fuss hohe aus weissem Carrara-Marmor ausge- fiihrte Statue der beiligen Jungfrau, demAnschein nacb italienische Arbeit. Diese grazios gezeicbnete und mit grosster Sorgfalt durchgebildete Figur, welche mit dem beriibmten aus Italien stammendeu Wallfahrtsbilde zu Ettal grosse Ahnlichkeit hat, diirfte von Kaiser Karl bei einem seiner Romerziige erworben worden sein. Mit der Marienkirche unmittelbar verbunden ist eine kleine der beiligen Katharina gewidmete Capelle, welche eigentlich nur in die Dicke der siidlichenKirchen- wand eingefiigt wurde. Diese Capelle besteht a-us zwei Gewolbe-Abtheilungen , hat eine Gesammtlange von 141/0 Fuss, eine__Breite von 8 Fuss, und zeigt mit Aus- nahme einiger Ubermaluugen noch ganz den urspriing- lichen Bestand. Wie in der Wenzels-Capelle des Domes sind hier alle Wande mit Edelsteinbelegen versehen, und die Zwischenraume vergoldet. Zwei schniale Spitz- bogenfenster, in welchen sich noch einige Reste alter Glas- malereien befinden, erhellen den mit erdenklichster Pracht ausgestatteten Rauni, welcher fiiglich mit einem Juwelenkiistchen verglichen werden kanu. Amethyste, Carneole, Achate und ahnliche Gesteine werden hier in Fig. 71. (Karlstein.) Exemplaren von so ausgezeichneter Schonheit und Grosse getroffen, wie man sie scliwerlicli an einem an- dern Orte erblicken diirfte. Selbst die Schlusssteine der Gewolbe sind mit Edelsteinen, Topasen Chalcedonen und Granaten belegt, welche hier zu sechsblattrigen Rosen zusammengefiigt sind. Wandmalereien besitzt die Capelle noch zwei voll- standig erhaltene, sowohl in geschichtlicher wie klinst- lerischer Hinsicht sehr merkwiirdige. Oberhalb des Eiu- ganges im Bogenfelde sind die Brustbilder des Kaisers und seiner dritten Gemahlin Anna von Schweidnitz angebracht: beide halten gemeinschaftlich einen Kreuz- partikel in den Handen, als Weihegeschenk fiir die Capelle. Karl triigt die deutsche Reicbskrone und den mit AdlerngeschmiicktenReichs-Ornat : Anna eine mitWein- 9* — 68 — blatteru verzierte Krone unter welcher ihre schonen kastanienbraunen Haare aiifgelost liber Schultern und Rlicken hinabwalleii. Dieses Bild der Kaiserin stimmt sowohl mit der Buste im Triforinm wie mit dem Portrait in der Wenzels-Capelle zu Prag iiberein, und bestatigt, dass die Dame sebr scbon gewesen sei. (Fig. 71.) Dem Eingange gegenliber befindet sicb in einer 2 Fuss tiefen Altarnische ein Madonnabild, welches jeder Kunstverstiindige beim ersten Anblick als italieni- sclie Arbeit erklaren wird, bis er bei niiberer Betrachtimg sich iiberzeugt, dass italieniscbe und deutscbe Elemente bier innig verfiochten seien, die Auffassung aber nur eineni deutschen Kiinstler angehoren konne. Der in Karlstein vorherrschenden Richtung gemiiss ist auch bier ein Votivbild dargestellt: Maria halt den Jesukna- ben mit anmuthiger Bewegung auf dem Schoose und reicht die linke Hand der neben ihr knieenden Kaiserin dar, wahrend das Kind sein Handcben dem auf der rechten Seite knieenden Kaiser bietet. Die Ausfiihrung ist iiberaus zart, und der Linienfluss so gewahlt, dass schon Kugler 1844 im II. Band seiner „kleinen Schrifteu" darliber sagte, man erkenne sienischen Eintluss. Dieses Altargemalde ist wie das vorbeschrie- bene Portraitbild auf gepressten Goldgrund gemalt, und von alien im ganzen "Schlosse befindlichen das einzige, eine Eeihe von Zierbogen hin , wie wir sie in der Wenzels-Capelle kennengelernthaben. Dieser von Sand- stein ausgcflibrte Bogenfries wurde mit Gemalden deeo- rirt und zwar sind hier die Bildnisse der Landespatrone angebracbt. Dass alle die aufgezablten in der Marienkirche und Katharina-Capelle befindlichen Bilder (mit Ausnahme der Neuerungen) von demselben Meister der die Wen- ze's-Capelle ausgemalt hat, gefertigt worden seien, lehrt schon ein fliichtiger tlberbliek; dass dieser Meister nur Nikolaus Wurniser aus Strassburg sein konne, wird durcli zwei kaiserliche Gnadenbriefe bis zur Evidenz bestatigt, wenn auch in denselben eine bestinimte Arbeit nicht genannt wird. Auch der nur drei Fuss breite in die Mauer einge- fiigte Gang, welcher zur Katharina-Capelle fiihrt, war mit Gemalden, wahrscheinlich Fcenen aus dem Leben der heiligen Katharina ausgestattet. Diese Bilder wur- den gelegenheitlieh der urns Jahr 1595 vorgenommenen Restauration mit dicker Mortelkruste liberzogen, welche stellenweise ahgcfallen ist, so dass der ursprlingliche Bestand an den Tag kam. Als ein sebr bemerkens- wertlies MeisterstUck der Schmiedekunst darf die zur Capelle flihrende eiserneThiire nicht iibersehen werden, welche durch zwei ZoU breite Bander in rautenformige Felder eingetheilt, im reichsten Schmucke von Farben und Vergoidungen prangt. In den Fcldern erblickt man die Wappenzcichen, den einfachen scliwarzen Adler auf Fig'. 72. (Karlstein.) welches der Restaurationswuth und Uberpinselung vol- lig entgangen ist. Wahrscheinlich verdankt man dieses dem Umstande, dass ein gescbnitzter Altarschrein vor dem Bilde aufgestcUt war, und dieses den Augen der Neuerungssiichtigen verdeckte. Desto schlimmer erging es einem an der Vorderseite des steinernen Altartisches angebrachten Kreuzigungsbilde, welches iiber und iiber mit dicker Olfarbe ini echtesten Dorfrnalergeschniack niisshandelt wurde. Zum Gliick ist auch hier die Schmie- rcrei stellenweise abgefallcn und das alte Bild zum Vor- scbein gekommen, dessen treffliclie Anordnung erken- ncn lasst, dass es derselben Hand wie die iibvigen Ge- nialde der Marienkirche seine Entsteliung vcrdanke. An der den Fenstern gegeuiiberstehenden niird- liclicn Wand zieht unterlialb der Gew'ilbewiderlagci (Kailsleiii.) goldeneni, und den bohmischeu weissen Lowen aut rothem Grunde, schachbrettartig abwechselnd in getrie- bener Arbeit. Die Schrauben, durch welche die Bander an die Thiire befestigt sind, und die dazwischen auf- gesetzteu Ornamente zeigen die sorgfaltigste Bearbei- tung und sind ebenfalls durch Gold und farbige Aus- s tattung 1 1 er vorgehob en . In dieser Capelle pflegte der Kaiser manchmal, besonders in der Charwoche, einige Tage von der Welt abgeschlossen zuzubringen , indem er sich die ncithig- sten Bediirfnisse durch eine in der Wand angebrachte Offnung reichen liess. Wir gelangen nunmehr zu dem vierten Hanpttheile des Schlosses, dem grossen Thurme, welcher abgeson- dert von den librigen Gebiluden auf der hochsten Kuppe des Felsens liegt. Der Thurm hat gleich der Marien- kirche eine rechtcckige Grundl'orm von 84 Fuss Lange and GO Fuss Breite, das Mauerwerk erhebt sich senk- — 69 — recht in fttnf Stockwerken zu einer Hcihe von 120 Fuss und durfte ursprlinglich noch bedeutend hoher gewesen sein. An der Siidseite ist ein viereckiges Treppenhans vorgebaixt, welches bis zu der im dritten Stockwerke befindlichen Kreuz- oder Konigs-Capelle ansteigt. Von bier aus wird der Zugang in die beiden obern Stock- werke durch eine in den Mauerkorper eingelassene Treppe vermittelt (Fig. 72, 73, 74). Das mit schweren Kreuzgewolben liberspannte Lrd- geschoss enthalt zwei Gemacber, welcbe zu Staatsge- fangnissen gedient haben sollen. Da sicb jedoch bier die^tiberreste eines von scboner Steinmetzarbeit ber- gestellten Kamines vorfinden, durfte der urspriingliche Zweck eher ein wobnlicber gewesen sein, was auch von den nachstobern Gemacbern gilt, welcbe heute als Beratbungssale bezeichnet werden. Diese Sale sind ebenfalls mit Kreuzgewolben ver- sehen, aber sonst ode und ohne kiinstlerische Ausstat- tung;'docb erkennt man, dass bier gewaltsame Zersto- rungen stattgefunden baben. Fig. 75. (Karlstein.) Wenn unsere Erwartungen beim Anblick dieser kahlen Riiume bedeutend herabgestimmt werden, fiiblen wir uns desto angenebmer durch den Eintritt in das dritte Stockwerk iiberrascbt, welches die Heibg-Kreuz- oder Konigs-Capelle enthalt, in Urkunden „sacellum sanctae Crucis" genannt. Vom Stiegenhause ein- tretend betinden wir uns in einem 60 Fuss langen, und 40 Fuss breiten recbteckigen Saale, welcher durch zwei Kreuzgewolbe in ebenso viele gleich grosse Abtheilun- gen zerlegt wird. Unter dem Mittelgurt durchschneidet ein reich verziertes Eisengitter den einheitlichen und gleichmassig decorirten Saal, wodurch die Bestimmung des inneren Raumes zum Chor ausgesprochen wird, wahrend der aussere das Schiff bildet. Bei der ersten Umschau wird das Auge geblendet von der bier ausgebreiteten Pracbt; man wird hier so- gleicb an den wundervollenGrals-Tempel und dieWorte des Dicbters erinnert : „Von Krystallen und Sapbiren funkeln, leuchten die Gemacber und hiernieder von den Wanden schauen bimmliscbe Gestalten, die umstrahlt vom Sternenglanze leisen Gruss dem Wandrer bieten." Nachdem die Uberrascbung des Augenblicks sich gelegt, werden wir gewahr, dass in dieser Capelle die- selbe Anordnung im Grossen wiederbolt ist, welcbe wir in der Kathaiina-Capelle kennen gelernt haben. Ein 6 Fuss hoher mit Ametbysten, Achaten und Carniolen besetzter Sockel umziebt den ganzen Saal und auch dip Fensternischen , wobei wieder die Zwiscbenriiume mit vergoldeten Ornamenten bedeckt sind. Oberhalb des Sockels ist ein bolzerner reich decorirter Streifen ange- bracht, zur Unterstlitzung von Tafelbildern dienend, die in mehreren Reihen libereinander aufgestellt sind. Damit auch die 8 Fuss breiten und ebenso tiefen Fen- Fig. 7G. (Karlstein.) sternischen eines durcbgehenden Bilderschmuckes nicht entbebren, sind in den Bogenfeldern Wandmalereien angeordnet, Scenen aus dem neuen Testamente und aus der Offenbaruug Johannis darstellend. EigenthUm- lich, aber den Edelsteinbelegen des Sockels entspre- chend, zeigt sicb die Ausstattung des Gewolbes, wo auf blauem Grunde Tausende von giasernen an der Innenseite versilberten oder vergoldeten Sternen, in den beiden dem Altare zugekebrten Gewolbefeldern aber Sonne und Mond (ehemals aus Scbeiben von reinem Gold und Silber bestebend) angebracht sind. Weiin ancli dieKatliarinacapelleviel bessererhalten ist, als die ebeu beschriebene Kreuzcapelle, maclit doch diese in iingleicli boherem Crrade deiiEindruck einer aus- serordentlicheu imd fremdartigen Pracht, welche insbe- sondere darch die fast zahlloseii, gleiclimassig vertbeilteu Tafelbilder verstarkt wird. Es ist in diesen Bildern keiu i'ig. 77. (Kai'lstein.) fortlaufender Cyklns oder leitendev Gedanke zu erken- nen: sie stehen unabliangig nebeneiuander nicht uuabn- lich einer Portvaitsammliing, wie man in alten Schltis- sern mancbmal antrifft. Dargestellt sind die mannigfal- tigsten Kaiser, Fursten, Kirchenlebrer, Papste, Biscbofe, Evangelisten , Apostel n. s. w., zwiseben denen auch einige Frauen bindnrcbblicken ; alle als gleichgrosse Brustbikler von etwa 21/2 Fuss Breite, nnd 3 Fuss Hobe, welcbe sowobl in senkrechter wie borizontaler Ricbtung zeilenartige Anordnung einlialten. Die Hintergriinde und aucb dieRabnien derBilder sindmit gepressten8tuck-0r- namenten belcgt, waren urspriinglich vergoldet, wur- den aber bei einer neuerlicben Pv-estauration mit braun- licher Farbe liberzogen. Vicle von den Gestalten tragen in den Handcn aufgesetzte Gegenstiinde von Blecb oder Holz z. B. Scbible, Krcuze, Scliwerter und Reicbsajif'el, Ausstattungen, welcbe in altcrern lonibardischeu Bildern rnanf'limal gesehen werdcn. Malweise und Auffassung dieser Bilder, als deren Urbeber der Meister Theodoricb documentirt ist, neb- men eine durcbaus eigentbitmlicbe Stellung in der mit- telalterlichen Kunstgescbiclite ein, indem weder eine Annixberung an die italienischen, noeb an die damals blubenden deutsclieu Scbulen wabrgenommen werden kann. Die Kopfe erscbeinen im Verbiiltniss zu den Korperformen iibergross, die Gesichter aufgedunsen und mit grossen, dabei verscbobenen Nasen ausgestattet. Die- Farbe der Fleiscbtlieile bat einen seltsam weiss- grauen Scbinimer, so dass die mit starren Augen aus den Rabmen blickenden Gestalten ein gespensterbaftes An- seben besitzeu. Dabei sehen die Gewander aus wie aus Leder gefertigt, die Farben sind der lichten Seite zuge- kehrt und diinnfliissig auf'getragen, die Scbatten uur leicbt mit verblasenen scbwarzen Tonen angedeutet. Am meisten fallt die Bebandlung der Haare auf, welcbe Tbeodoricb, abweicbend vom Gebrancbe seiner Zeit, nicbt mit einzelnen feiiigezogenen Linien abscliattirt, sondern als woUige glattvertriebene Massen darstellt. Im Vergleicb mit der geistreicben Conception und der fortgescbrittenen Tecbnik, welche sich in den Gemal- den der Marienkircbe kundgeben, nehmen die Bilder Fig-. 78. (Karlstein.) Tbeodorich's einen untergeordneten Rang ein; nicbt destoweniger liisst sicb begreifen, dass sie seiner Zeit deni Kaiser Karl sebr und wabrscbeinlicb besser gefie- len als jene: wie er denn aucb in einem an Meister — 71 — Theodoricli erlassenen Gnadenbriefe die in dev Kreiiz- Capelle ausgefuhrten Arbeiten als „pictura solemnis,, bezeichnet. Icli selbst, der ich oft tagelang allein in der Kreuz-Capelle weilte und an den Aufenthalt in Bilder- gallerien von Jugend auf gewohnt bin, muss gestehen, dass Theodorichs Bilder oft einen iibervvaltigenden fast bezaubernden Eindruck auf mich iibten. Die Wandmalereien in den Fensternischen sind grosstentheils verbliclien, gehoren aber ohne Zweifel dei'selben Hand an, vvelche die Tafeln malte : ebenso das grosse Chrucifixbild, welches in die kaiserliche Bilder- gaUerie nach Wien gekommen und dort ohne irgend eine Begriindungunter dem Titel ,,Wurmser" der altdeut- schen Sammlung einverleibt wordeu ist. Mit diesem Ge- nialde, welclies urspriinglich die Altarnische der Kreuz- Capelle bedeckte, sind aueh zweiBildnisse vonKirchen- lehrern, angeblich St. Ambrosius und Augustinus, in (iieselbe Gallerie iibertragen worden, welche Bilder zu den besten Arbeiten Theodorichs zahlen, aber gegen- wartig zwischen den scharfgezeichneten Werken der Kolner- und Niirnberger Schulen fast den Eindruck von Copien hervorbringen. Schliesslich haben wir noch die Wandgemalde zu erwiihnen, mit denen das Treppenhaus, welches zur Kreuz-Capelle fiihrt, ausgestattetist. Diese Bilder riihren weder von Theodorich noch von einem der altern zur Zeit Kails IV. beschiiftigt gewesenen Kiinstler her, sondern scheinen etwas neueren Ursprunges zu sein, obwohl sie mehr als alle iibrigen verblasst sind. Es wird in fortlaufeiulen Bildern die Legende der heiligen Lud- mila und ihres Enkels des heiligen Wenzel illustrirt, welche Gemalde, weil die Mauern des Treppenthurmes sehr schadhaft geworden sind, innerhalb der jiiugst- verflossenen dreissig Jahre beinahe ganz zu Grunde gingen. Urn 1844 — 45 vvaren die Maler Kandler und Lhota noch im Stande, vollstilndige Copien anfertigen zu konnen ; auch ich habe damals die Bilder in so gutem Zu stande befunden, dass eine rasche Zerstorung nicht denkbar schien. Die hier eingehaltene Malweise nahert sich der frankischen, man sieht geknitterte Falten, eckige Conturen und besonders eine viel tiefere Farben- stimmung, als in den iibrigen Karlsteiner Bildern. Einige Engelgruppen am Deckengewolbe haben sich am besten erhalten, leichte graziose Figiirchen, welche der Letzt- zeit des XV. Jahrhunderts erkennen lassen. In der Kreuz-Capelle werden auch die Reste eines merkwiirdigen Aharschreines mit Gemiilden von Tomaso di Mutina aufbewahrt, welcher Altar jedoch urspriing- lich nicht fur Karlstein bestimmt gewesen ist, sondern erst in spaterer Zeit liier seinen Platz gefunden hat. Dass der hochbegabte Mutina langere Zeit in Bohmen gewirkt und grossen Einfluss auf die sich entwickelnde Malerschule ausgelibt habe, ergibt sich aus zahlrei- chen von ihm herriihrenden Bildern, welche in alien Theilen des Landes zum Vorscliein gekommen sind. Eine eingehende Besprechung dieses Kiinstlers ist dem Abschnitte uber Malerei beigefligt, wo auch die Ver- zweigungen der bohmischen Schule und die Verhalt- nisse der im Jahre 1348 gegrlindeten Lucasbruderschaft ihre Erklarung tinden. Hiemit haben wir die kiinstlerische und decorative Ausstattung der Burg Karlstein in so fern geschildert, als diese Ausstattungen unmittelbar mit dem Bauwerke verbunden sind und mit diesem ein Gauzes bilden. Auf plastischen Schmuck war hier ebenso wenig, als in den von Meister Mathias ausgeflihrten Theilen des Prager Domes angetragen. Die bereits ausgesprochene Ver- muthung, es habe diesem Kiinstler der ncithige Sinn fiir Plastik gemangelt, erhalt in Karlstein voile Be- statignng. Da Mathias die Burg griindete und den Bau von 1348 bis 1352 leitete, scheint er den Rohbau in der Hauptsache vollendet zu haben, so dass sein Nachfolger im Amte, der Meister Peter, wenig Gelegenheit fand, sculptirte Decorationen anzubringen. Mit Ausnahme von vier sehr schon gearbeiteten, mit Laubwerken und Thiergestalten verzierten Consolen, die in den Ecken Fig-. 79. (Karlstein.) der Kreuz-Capelle angebracht und in derWeise Peters aus- gefuhrtsind(Fig.76),danndesbeschriebenenSaeraments- hauschens inderMarienkirche(Fig. 75), kommen kiinstle- rischdurchgebildete Steinmetzarbeiteu in Karlstein nicht vor. AuchMasswerke fehlen beinahe ganzlich, woran frei- lich dieRestaurationen zum grosstenTheile Schuld sind. Die drei Fenster der Kreuz-Capelle enthalten je einen — 72 — einzigeu Stab mit eiufaclier Rosette im Bogenfelde, die kleinen Fenster devKatharineu-Capelle siud leer imd in der Marienkirclie wie in den Kaisergemaehern wurden durch die seit dreiliuudert Jahren ausgeflihrten Repara- turen und Keubauten alle alterthnniliclien Steiuarbeiten gTiiudlielist vertilgt. Ubrigens glaiiben wir, dass am Aussern der Karl- steiner Gebaude uiemals ein arcliitektoniseher Reich- thnm entwickelt war, und es sind schon die Grund- verhaltnisse so gestaltet, dass eine Belebung der Massen durcli architektonische Gliederungen kaum ermoglicht werden konnte. Betracliten wir die Grnndrisse des Thurmes nnd der Marienkirclie, drangt sieli sogleich die Frage auf: wie Avaren die Daclier dieser ungewohnlicli breiten Bauwerke beschaffen? — Ein steiles gotbisches Dacb konnte z. B. auf der Marienkircbe nie bestanden haben, denn ein solebes hatte gegen 54 Fuss lioch werden mlissen, eine in Anbetracht des ziemlich uiedri- gen Gebaudes so uuformliche Masse, dass man schon vor dem Gedauken erschiickt. Die grosseren Bauwerke der Burg war en ganz ge- wiss mit flacben gegen einwarts geneigteu Dacliern verseben, welcbem Umstande die friibzeitige Scbad- haftigkeit der Hauptmauern zuzuscbreiben ist, da solcheConstructionen fiir unser Clima nicbt passen. Wie bei der allgemeinen Disposition das papstlicbeResidenz- scbloss in Avignon zum Muster genommen worden war, so wurden aucb die Detailformen nach derselben Weise angeordnet. Der italienische Burgenstyl, welcher in Avignon vorwaltet, Avurde aucb den Karlsteiner Bauten zu Grunde gelegt: alle Mauern waren mit Zinnen ge- krrjnt (crenelirt), kleinere Detaillirungen Avurden mog- licbst vermieden, damit der durcb cli„' Massenbattigk<'it des Ganzen bervorgernfene Eindruck ungeschmalert verbleibe. DieBurgwurde durehMeister Peter von Schwabisch- Gmund vollendet, Avelcher alle Decorationsarbeiten und Avabrscbeinlicb aucb einen Theil des Robbaues an- geordnet bat.aber bierbestandig vomKaiser iiberwacbt, seine eigene "Weise nicbt nach Herzenslust aussprecheu konnte, Avie er es unter andern am Cbor zuKolin getban. Illustration en. Situationsplan der Burg Karlstein. Fis. 67. (Im Texte S. 64.) Grundrisse und Quergcbuitt der Yicarswohuuug und der Marienkircbe sammt Katbarinen-Capelle. Fig.68 — 70. (Im Texte 8. 66.) Wandgcmalde, Kaiser Karl und Anna von SchAveid- nitz eine ReHquie baltend. Fig. 71. ( Im Texte S. 67.) Grundriss des DcmjonsmitderKreuzcapelle.Fig. 72, 73, 74. (Im Texte S. 68. ) Sacramentsbauscben in der Marienkircbe. Fig. 75. (Im Texte S. 69.) Console in der Kreuzcapelle. Fig. 76. (Im Texte 8. 69.j Marienstatuette in der Marienkircbe. Fig. 77. (Im Texte S. 70.) Wandgemalde daselbst, Portrat eines Fursten. Fig. 78. (lin Texte 8. 70.) Wandgemalde ebeudaselbst die unbefleckte Em- pfangniss darstellend. Fig. 79. (Im Texte 8. 71.) Thiir zur Katbarinen-Capelle. Fig-. 80. (Im Texte 8. 73.) Innere Ansicbt der Kreuzcapelle. Tafel I. Innere Ansicbt der Katbarinen-Capelle. Tafel II. Arcliitektur. Das Slaveukloster in Prag. Indem Avir die in den friiherenTbeilen eingehaltene Ordnung wieder aufnebmen und die kircblicben Bau- werke in cbronologiscber Reibenfolge scbilderu, sind es vor allem das slaAascbe Benedictinerstift, genannt E m a u s und das Carnielitenkloster , beide in der Keustadt Prag, denen Avir unsere Aufmerksamkeit zuzuAvenden baben. Die Erlaubniss, ein Benedictinerkloster zu er- ricbten, in Avelchem der Gottesdienst in slaA-ischer Spracbe abgebalteu Averde, batte Karl IV. bereits wabrend seines Aufentbaltes in Avignon am 9. Marz 1346 vom Papste Clemens VI. erwirkt, in der Absicbt, die scbismatiscben Slaven der nacbbavlicben Lander f'lir die romiscbe Kircbe zu gcAvinnen. Die Kloster- baiilicbkeiten scbeinen bereits etwas friiber, avoIiI gleicb- zeitig mit dem Prager Dome gegriindet Avorden zu sein, da der Kreuzgang nacb einer erhaltenen Inscbrift schon im Jabre 1348 ausgenialt Avurde. Als Baustelle fiir dieses der Jungfrau Maria und dem lieiligen Hiero- nymus gewidmete Stift Avar der langgedebnte Hiigel auserseben worden, welcher sicb unterbalb des Schlosses Vyscbrad am rccbten Moldauufer binzielit , auf dessen nordlicbcm Al)liange das schon crwiilmte von den -Herrn von Riesenburg gestiftete Kloster derKreuzherrn vom Grabe Gottes Platz gefunden hatte. Die Kloster- kircbe Avurde ausnahmsweise etwas spater als der Kreuzgang erbaut und 1372 am Ostermontage einge- Aveiht, Avoher der Name „Emausklo ster- und die 8itte riibrt, dass bis zum heutigen Tage im Klosterhofe und der Umgebung am Ostermontage ein Emausfest gefeiert Avird. Der Emauser Kreuzgang bildete ursprlinglich ein regelmassiges von 24 GeAvolbefeldern umzogenes Quadrat und ist besonders merkAviirdig wegen der daselbst be- findlicben Wandgemalde : die architektonische Ausstat- tung wurde durch Modernisirung derTbiiren und Fenster grosstentheils zerstort und nur die KreuzgCAvolbe mit ihren Rippen, Sclilusssteinen und Consolen haben sicb erhalten. Diese Tbeile zeigen jeue einfache Formgebmig und fleissige Durcbbildung, welche an den vom Dom- baumeister Mathias ausgeflihrten Werken vorwaltet, in so unverkennbarer Weise, dass kaum ein Zweifel be- stebt, dieserMeister Jiabeauch denKreuzgang angelegt. Es ist sogar wahrscbeinlich, dass aucb dieKlosterkircbc nach einem Plane des Mathias angeordnet Avurde, Avenn aucb die gan/.licbe Vollendung erst ZAvanzig Jabre nacb scinem Tode stattfand. Karlstein. — 73 — Durch ein Rechteck von 76 Fuss Breite \md 152 Fuss (also doppelter) Lange wircl der Grundriss des Kirchenliauses im Lichten beschrieben, iibev welclie Gmndform nur die Clior-Abschliissc sowolil des Haupt- scliiffes wie der beiden Nebenscliiffe vortreten. Einen Thurm besass die Kivche nrspriinglich nicht, zwei der- mal an der Westfronte bestehende Thiirme wurden erst wahrend der Regierung des Konigs Wenzel IV. ohne besondereFundamentinnig in das liintersteGewolbejoch Fig. 80. (Karlsteiii.) eiugebaut. Wie der angefiigte Grnndplan erkennen lasst, wurde das Haus durch zwolf acliteckige Pfeiler, sechs auf jeder Seite, eingetheilt, docb sind die beiden westlichen Pfeiler der Tliurmbauten wegen unterfangen worden. Das Mittelsebiff bait von einer Pfeileracbse zur andern eine Weite vou 38 Fuss ein und ist aus flinf Seiten des Achtecks geschlossen ; denselben Abschluss zeigen auch die Nebenscbiffe, welcbe nur um drei Fuss niedriger sind, als das 60 Fuss bolie Hauptscbiff". In Anbetracbt der bervorragenden Bedeutung einer Stifts- kirche fallt der Umstand auf, dass der Cborraum un- gewohnlicb bescbrlinkt ist und der liblicbeMonchs- oder Priester-Cbor ganz feblt. Mit Ausnabme der nur uni einige Jabrzebnte spater eingebautenTbiirme, welcbe in derNeuzeit mit baroken Zwiebeldacbern versehen wurden, hat die Kirche keine wesentlichenUmanderungen erlitten und betindet sich im besten baulicben Zustande. Die Gliederungen der Thiiren und Fenster sind vortrefflich erbalten und die Masswerke frei von alien flamboyanten Kiinsteleien ; man siebt nur einfacbe Kreisbildungen, Drei- und Vier- piisse in den zwei- oder dreifeldrigen Fenstern. Neben den zwar vieliach iibermalten und be- schadigten aber nocb immer bochwichtigen Wand- genuilden in dem Kreuzgange besitzt das seiner alten Bestimmung Avieder zuriickgegebeneKloster einseh(3nes auf eine Holztafel genialtes Bild, die KreuzigungCliristi darstellend, welches dermal in der Pralatiir aufbewabrt wird und der Stiftungszcit entstammt. Illustration. Grundriss der Kirche und des Kreuzganges, mit Angabe der Ordnung, welcbe die Wandgemalde ein- balten. Fig. 81. (Im texte S. 74.) Die Kanneliterkircheu zu Prag und Tacliau. Im Jahre 1347 berief Kaiser Karl, welcher jedeu beriihmten religiosen Orden nach Bohmen verpflanzen und sein Land zum Mittelpunkt der cbristlicheu Welt machen wollte, die Karmelitermonche nach Prag und fiihrte sie in die zu ihrer Aufnahme bestimmten provi- sorischen Klostergebaude vor dem Galliistbore ein. Als Baumeister der Kirche wird ein Karmelitermiincb Namens Herrmann genannt, welcher dem Stifte als Prior vorstaud und der auch das Karmeliterkloster inTachau erbaut baben soil. Ob Herrmann wirklich aus Tachau stammte, wie Dlabac in seinem Kiinstlerlexikon, S.615, bebauptet, erscbeint in bobem Grade zweifelhaft, da der Kaiser die ersten Monche von auswarts her, wabr- scheinlicb aus Italien, berufen batte. Die Karmeliter- jetzt Franciscanerkirche (Maria- Schnee-Kirche) wurde 1421 von den Hiissiten zerstort und lag in Ruinen, bis Kaiser Rudolf II. den Chor im Jahre 1603 wieder einigermassen in Stand setzeu Hess und das Kloster den Franziscanern einraumte, welcbe es nocb innehaben. Das Schiff aber wurde nicht wieder aufgebaut, sondern ganz abgetragen und zu einem freien Platze abgeebnet, welcher nun den NamenMaria- Schnee-Platz fubrt. Vor ihrer Zerstorung war die Karmeliterkirche nicht alleiu die zweitgrosste Kirche im Lande nach dem Dome, sondern sie iibertraf selbst diesen in Bezug auf Hobe, iudem die urspriingliche licble Hobe des Prager Domes circa 115Fuss, die derKarmeliterkirche 130 Fuss betragen baben dlirfte. • Zuverliissige Beschreibungen des alten Bestandes sind nicht vorbandeu und die giinzlicb veranderte Ort- lichkeit gewabrt sozusageu gar keine Aufschllisse, wesshalb Ausdehnung und sonstige Verbaltnisse der ebemaligeu Kirche nur annahernd aus den Dimensionen des sebr verstlimmelteu Chores errathen werden konnen. DieserCbor ist aus derHalfte desZehnecks geschlossen, 40 Fuss breit und beilautig 112 Fuss lang; er trat ein- schiffig und ohne Nebencapellen aus dem ebemals drei- schiffigen Kircbenhanse vor, so dass die lichte Gesammt- 1 Dass die Gewojbe im Jlittelsohiffe ties Prager Domes nac-li deraBrande von 1541 erneuert und niedriger gemacht wurden, ist bereits mitgetlieilt worden. Der Chor derKarmeliterkirclie wurde 1603 mit einem halbkreisfurmigem Tonnen- gewolbe iiberspannt und ist gegenwartig noch 110 Fuss hoch. 10 — 74 — lange mindest mit 260, die Weite der drei SchifFe mit 120 Fuss augenommen warden durfeu. Die iiberaus sehlanken Feiister siud urn etwa 12 Fuss niedrigev ge- macht uud mit abseheulieheu gotliiscb seiu solleuden BogeDstiickeii iiberdeckt wordeu ; die alten im edelsten Style gehalteneu Bogen siud noch immer zu erkeuueu. Ein Thurm scheiut nicbt vorbauden geweseu zu seiu. Das Haupt-Portal war gegen Westeu gekebrt, die Klostergebaude lagen sudlicb vou der Kircbe, wo beute noch in einem Garten Reste des alten Kreuzganges ge- trotfen werden. 1, gauz, wie die Uberreste eiues trefiflich ausgefubrteu Reliefs erkennen lassen, welches gegenwartig ritck- warts der Kircbe an einer Hofinauer eiugefiigt ist uud einst das Bogenfeld des Haupt-Portals gescbmilckt haben mag. Minder umfangreich aber ahnlicb in Anlage uud Durcbbilduug war die Karmeliteukirche in Taehau, vou welcher im Jahre 1846 noch verschiedeue Reste be- standen. Dass der Dombaumeister Mathias auf die Bau- fiibruugeu des Karmelitermouehes Herrmann mass- gebend eingewirkt habe, ist bei der grossen Einfachbeit uud Ubereinstimmuug derbeiderseitigen Bauteu uicbtuu- wabrscbeinlich. Herrmann jedoch scheiut Kenutuisse des Bildhaueifaches innegehabt zu haben, die jeneui fehlten. Die 8t. Weiizelskirche in der Neustadt Prag. Sogleicli bei Griinduug der Neustadt (1348) be- stimmtc Kaiser Carl selbst die Grijsse der ofFeutlicben Pliitze, die Breite der .Strasseu uud stellte die Orte fest, Die Maria-Schnee-Kirche besitzt den schousten im Renaissancestyl des XVII. Jahrhuuderts durcbgefiihrten Hochaltar, dessen sieh Bobmen zu riihmen bat ein Meisterwerk der Holzschuitzerei, welchem kaum ein zweites zur Seite gestellt werden kanu. Diese diirftigeu Nacliricbteu entbalten alles, was sicb iiber die Form des einst so geprieseuen Deukmales uiit Sicherbeit auffiudeu liess. Dass trotz der bedeuteu- deu Ausdehnung des Gebaudes die grcisste Eiufacbbeit vorwaltete, ergibt sich aus den unversehrt gebliebeueu Strebepfeileru. docb fehlte plastischer Schmuck nicbt au welchen Kircbeu erbaut werden soUten. Da ueben den Pfarrkircbeu St. Adalbert, St. Heiurich uud St. Stepbau uocb verscbiedene Kloster uud Spitaler gleicb- zeitig angelegt wurdeu, ist selbstverstaudlich, dass die kunstleriscbe Durcbbilduug manchmal etwas zuriick- gesetzt werden musste. So batten die Pfarrkircbeu von St. Adalbert uud St. Heiurich, danu die Stiftskircbe St. Katbariua, die Spitalkirche St. Bartbolomaus uud uoch einige der in der oberen Neustadt damals ausgefiibrteu kirchlichen Bau- werke gauz gewiss uiemals kiinstleriscbe Bedeutung uud bliebeu auf die Verbaltuisse von Nothwendigkeits- bauten bescbraukt, wiihreud das Wenzelstift (in welchem sich gegenwartig das Strafarbeitshaus befiudet) sich eiues reicheu Foudes erfreute uud eine zwar uicht ])racbtige aber sebr sorgfaltig durcbgefiibrte Kircbe er- bielt. Von diesem Gebaude haben sich die Umfassuugs- maueru des Scbiffes uud Cliores beiuahe vollstaudig er- balteu, das luuere aber ist kabl ausgeraumt uud die Fig. 81. (Pra-.j — 75 — einst dreischiflfige Halle in einen nuchteren Betsaal mit flacher Holzdecke umgewandelt worden. Geblieben sind nur die zierliclien Masswerke und Gesimse der zwei- feldrigen Fenster, in derselben Weise gelialten, wie die Steinmetzarbeiten an der Emauser Kirche. Der Chor ist scbmal, nur 24 Fnss breit, im Schiffe bestanden zwei Pfeiler aiif jeder Seite. Die Pfarrkirche St. Stephan in Prag. Anf demselben hiigeligen Terrain, welches sich ost- und siidwarts der Altstadt Prag zwischen der Vor- stadt Pofic und dem Vysehrad ausbreitete, bestanden von Alters her einige Ortschaften, welehe bei Grlindung der Neiistadt in den stadtischen Kayon einbezogen wurden. Eines dieser Dcirfer Rybnik oder Rybnicek genannt, wird schon ira Stiftungsbriefe des Klosters Bfevnov als im Jahre 993 bestehend angefiihrt, doch seheint noch keine Kirche daselbst vorhanden ge- wesen zu sein. Eine Rundcapelle, wohl das kleinste Baudenkmal dieser Art, welehe neben der gegenwartigen Pfarrkirche in einem Privatgarten steht, wurde wahr- scheinlich zum Andenken an die im Jahre 1282 herrschende Pest erbaut, als man in dieser Gegend einen grossen Friedhof anlegte. Die mittlere Bauzeit der St. Stephanskirche fallt in die Jahre 1351 bis 1360, da Erzbischof Arnest durch ein Decret vom 16. Marz des ersteren Jahres die An- Fig. 82. (Prag.) gelegenheiten der Neustadter Pfarreieu feststellte, worauf die Bauten sogleich in Angritf genommen wurden. Die Vollendung soil nach Balbin im Jahre 1367 erfolgt sein, was genau mit den archaologischen Unter- suchungen iibereinstimmt. DasHaus ist dreischitfig, wie die meisten Pfarrkirchen dieser Periode ; an der West- seite tritt ein quadratischer Mittelthurm vor, durch welchen der Haupteingang fiihrt, die Nebenschiffe sind nur zur Halfte so hoch, als das Ilauptschiff und werden durch drei Pfeiler auf jeder Seite eingetheilt. Der aus zwei Gewolbejochen und einem aus fiinf Seiten des Achtecks construirten Schlussgewolbe be- 10* < — 76 — stelieude Clior war urspriinglich olnie Nebengebaude, eine Sacristei und eiii Treppenbaiis warden erst ini XVII. Jahrhunderte aiig-efligt. Die Gesanimtlaiige des Kirclienhauses mitlnbegrifP des Thnrmes betragt im licbten Masse 147 Fuss, von denen anf den Cbor 55, auf das Schiff 75, und aiif den Thunn 17 Fuss entfallen. Die Breite des Mittelscbiffs kann bier wegen der eigentbiinilicben Pfeilerform nur im Licbten angenomnien vverden und halt 25 Fuss ein, die Hobe des Mitlelscliifites betragt 54, die der Neben- scbiflfe 27 Fuss. Obwobl die Kircbe dureb baroke Zu- thaten zum Abschrecken iiberkden und entstellt worden ist, fallen dennocli die barmonisclien Verbaltnisse des Innern sclion beim Eintritt indieAugen; die Aussen- seiten aber sind, namentlicb von der Cborseite ber, bei- nalie unversebrt geblieben. Neben dem Eingange durcb den Tburm fiUiren nocb zwei synietriscb sich gegeniiber stebende Portale in das Scbiff, dessen Pfeiler lun so niebr nabernErklarung bediirfen, als wir derselben Anordnung auch in der Kircbe zii Nimburg begegnen. Die Pfeiler sind naralicb nacb alterer, nocb romaniscber Weise so construirt,. dass sie fiir die sich entwickelnden Gurten der Seitengewolbe besondere Vorspriinge besitzen, auf welcben auch besondere nur fiir die Wolbungen be- stimmte Hauptgurtbogeii liinzieben. Fig. 83. (Kimbiirg.) Mit geringcn IMitteln liesse sich dieses in der Hauptsache wohlerhiilt( ne Kirchengebaude in voller lieinheit wieder berstellen, wobei aber vor alien Dingen eine in neuester Zeit uber dem nordlichen Seitenportal erriclitetc, boclist sinn- und gesebmacklose gothisirende Portike abgetragen wevden miisste. Die beigegebenen Illustrationen des Grundrisses und der Seitenansicbt geben von dicsem zwar nicht grossen aber gewiss iutercssanten Dcnkmal einen deutlicben I)egriff". Die Stephanskirclic besitzt ein ausserordentlicb zart durcbgciiilirtcs Mfidonunbild aus der Mitte des XIV. Jfilirliuiiderfs, liber welches in dem A))scbnitte „Malerei" das Nahere beigebracht wird, dann eine steinerne spatgothische Kanzel und ein zinnernes Tauf- becken mit dor Jahreszabl 14C2, von einem Meister Peter gegossen. Ill n stra I ion. Grundriss. Fig. 82. (Im Texte S. 75.) Nordliche Seitenansicbt, mit Hinweglassiing der verzopften Fenster des Lichtgadens. Fig. 82. (Im Texte S. 75.) Die Pfai rkirclie in Nimburg. Kaiser Karl war ein besorgter Hausbalter, welcher die besten Arbeitskrafte im Anfaiige seiner Pegierung in der Hau])tstadt concentrirte, wolil wissend, dass sich in kurzer Zeit ein ergiebiger Nachwachs beranbilden werde urn die entfernteren Districte cultiviren zu konnen. In dringenden Fallen jedoch ging er von der augenommenen Kegel ab und scheute wederMuhe nocb Opfer um eine gestellte Aufgabe dem guten Ende zu- zufuhren. Gegen Ende des Octobers 1343 war dieStadt Nim- burg sammt der alten Agydienkirche ganz abgebrannt und wandte sich in ibi-er traurigen Lage an Karl, damals nocb ]\Iarkgraf von Miihren, um Hilfe. Der edle Fiirst sehenkte derStadt laut einer am 2. November desselben Jabres zu Prag ausgestellten Urkunde einen grossen am Bache Konopie liegenden Wald zum freien nacb eigenem Gutachten derGemeinde zu beniitzendenEigen- thnm, auf dass die Hiiuser und insbesondere die Kircbe wieder aufgebant werden konnten. Der Kirchenbau wurde von Grund aus neu begonnen, in keinem Falle vor Anbrucb des Friihiings 1345, und diirfte etwa gleichzeitig mit der vorbescbriebenen Stepbanskirche zu Stande gebracht worden sein. Die Disposition ist beinalie dieselbe, wie die der Stepbanskirche und nur dadurch unterschieden, das in Nimburg zwei Thlirme an der Westseite aufgestellt sind. Abgesehen von den beiden miichtigen Thurm- pfeilern bestehen bier ebenfalls drei Pfeiler auf jeder Seite des Kirchenbauses, welches eine Gesammtlange von 134 und eine Breite von 60 Fuss licbten Masses einhalt. Das Haupt-Portal befindet sich an der West- fronte zwiseben den Thiirmeu und fiihrt in eine niedrige Vorhalle, oberhalb welcher die iibliehe Orgel-Empore angebracht ist. Zwei sich gegenitberstehende , mit Portiken versehene Seiten-Portale fiiliren in das Scbiff and neben dem aus zwei Gewolbeabtheilungen und dem polygonalen Abschlusse bestehen den Chore sind auf jeder Seite zwei Raume angebaut, zu Saeristeien und Repositorieu dienend. Das im Licbten 24 Fuss weite Mittelschiff steigt zur Hobe von 50 Fuss an, wabrend die Seiteuschiffe nur 19 Fuss boch sind. Die Kircbe wurde in der Folge noch zweimal durcli Briinde arg beschiidigt; das erste- mal im Laufe des XV. Jahrhunderts, in Folge dessen der sitdliehe Tburm eiaistiirzte und ganz neu aufgebaut werden musste, wiihrend der nordliche bis zur Hobe des Mittelschifies abbrannte und, mit einem Nothdache versehen, unausgebaut verblicb. Von einem Blitzstrahle getroifen, brannte iin vorigen Jahrhunderte der Dach- stubl ab und stiirzte das Chorgewolbe ein, welches — 77 — letztere erst vor zwlilf Jalireu wieder im leidliclien Stand versetzt wnrde. Trotz dieser grossen Unfalle blieb dennocli das ursprimgliclie Geprage erlialteii; die Nimburger Kirelie geliort zu den cdelsten gothischen Bauwerken des Landes nnd davf neben der geschilderten Stepbans- kirche als das Musterbild einer mittelgrosseu Pfarr- kirche aufgestellt warden. Der ganze Ban bestelit aus Ziegeln, nur die Portale und Fenster aus Quadern von Sandstein, der jenseits der Elbe beiKolin gebrocben wurde. Dass der Plan von demselben Meister herriihrt, der die Stephanskirche angeordnct liat, darf als gewiss Fig. 84. (Nimbiu-f angenommen werdeu; aucli ist es hochst wahrscbeiulich, dass der Dombanmeister Mathias von Arras diese beiden Baiiten entworfen liabe. Nehen verscliiedenen altertliunilieben Wappen siebt man am siidlicben Thurme eiu dem zwolften Jahrbunderte entstammendes, roll gearbeitetes Relief, den beiligen Agydius darstellend ; eine zweite Darstellung desselben Heiligeu scliuiiickte einst das Tympanum eines Portals und wurde spitterbin an einem Strebepfeiler eingefiigt. Wir balien diese Sculptur, welche mit den unter Kcinig Jobaim ausge- fUbrteu Werken vielfach libereinstimmt, bereits Fig. 28 besprocben. — 78 — Im Bogeufelde einer kleinen Thiire, welclie aus dem Thurme in die Orgel-Empore flihrt, hat sich ein bewunderungswiirdiges, aus feinkornigem Sandstein ansgearbeitetes Veronicabild erhalten und im Chore ein sculptirter Knauf, Werke, wie sie in Landkirehen selten wieder getroffen werden. Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass die ganze Kirche niit Wandgemalden aiis dem XIV. Jahrhnnderte ausgestattet war, dass jedoch diese gelegenheitlich einer Restauration zum Vorschein gekomnienen Bilder nicht den mindesten Kunstwerth besassen. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Grundriss der Nimburger Kirche. Fig. 83. (Im Teste S. 76.) Restaurirter Aufriss der Westfronte. Fig. 84. (Im Texte S. 77.) Die hier beschriebenen Denkmale gehoren sammt- licb den ersten Regieruugsjahren des Kaisers Karl an, sind auch alle unmiltelbar durch ihn gefordert wordcn und zeigen solche Formenverwandtschaft , dass ein gemeinschaftlicher Urheber vorausgesetzt werden darf. Da der Kaiser bekanntlich jene Werke, bei deren Herstellung er sieh betheiligte, durch die von ihm nuf- gestellten Werkmeister ausfiihren liess, kann nur Mathias von Arras als der leitendc Architekt ange- nonimen werden, dessen am Dombau ausgesprochene Art und Weise in den obigen Kirchenbauten nicht zu verkennen ist. Da Meister Mathias nnr acht Jahre lang in Bohnien wirkte und wahrend dieser verhaltniss- massig kuizen Frist der Dom, die Neustadt, Schkjss Karlstein und verschiedene Kirchen durch ihn angelegt wurden, muss seine Thatigkeit eine ganz ausserordent- liche gewesen sein ; es scheint, dass er durch die vielen Arbeiten friihzeitig aufgerieben wurde. Die St. Jakobskirche in Prachatitz. In mancher Hinsicht mit den obigen Bauwerken verwandt, aber schon einigermassen von der im Donau- thale vorherrschenden Richtung beeinflusst, zeigen sich die dem XIV. Jahrhnnderte angehorenden Kirchen im siidlichen Bohmen, obenan die Pfarr- und Dechantei- kirche St. Jakob zu Prachatitz, welche eine reiche und traurige Geschiclite hinter sich hat, die hier nicht ganz umgangeii werden kann. Die Stadt Prachatitz am Golduen Steig ist uralt, wahrscheinlieh vor Einwanderung der Marko- mannen in Bohmen angek'gt und des Salzhandels wegen schon im X. Jahrhnnderte sehr bltihend. Eine auf dem Kirchhofe der Stadt betindliche romanische Kirche von nicht unbetrachtlicher Ausdehnung bestiitigt die tViihzeitige Wichtigkeit und den Reichthum dieses Ortes. Von dem Hiigel, auf welchem diese alte, von der Sage dem heiligen Adalbert zugeschriebene Kirche und das Dfirflein Alt-Prachatitz liegt, scheint die Stadt im An- fange des XIV. Jahrhunderts tiefer in das Thai an die gegenwtlrtige Stelle verlegt wordcn zu sein, worauf urn 13.50 mit dem Ban der Jakobskirche begonnen wurde. Diese Kirche ist gleich der zu Nirnburg mit zwei ThiiriDcn an der Westseite versehen, zwischen welchen noch eine bcsondere Eingangshalle vorgebaut ist. Mit Inbegriflf der Thurmstellung und des Chores betragt die Gesammtlange (ohne Eingangshalle) im lichten Masse 114 Fuss, von denen 48 dem Chore und 66 dem Schitfe zugetheilt sind. Die Gesammtbreite halt 60 Fuss ein, der Clior ist 30 Fuss weit und bedeutend niedriger als das Schiff, dessen ursprungliche Hohe nicht niehr genau bestimmt werden kann, weil es durchaus um- gebaut worden ist. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die ehemals niedrigen Seitenschiffe erhciht und das Haus in eine gleich hohe Flalle umgewandelt, wie aus den noch an mehrcren Stellen hervorragenden Wider- lagern der alten Gurten zu entnehmen ist. Wie die meisten Kirchen des siidlichen Bohmens aus Granit erbaut, iehlcn hier Masswerke und reiche Gliederungen, docli zeigt die Ausfiihrung von grosser Sorgfalt, und das noch erhaltene westliche Haupt-Portal ist schon profilirt. Einen eigenthilmlichen Eindruck macht das iiberaus reiche, von vier achteckigen Pfeilern (zwei auf jeder Seite) getragene Netzgewolbe des SchifFes, welches seltsam von den alten einfachen Fig. 85. (Prachatitz.) Fig. 86. (Knimau). Kreuzgewolben des Chores und der Thurmhalle ab- sticht. Dieses Gewolbe sammt den Pfeilern wurde erst gegen Ende des XV. oder im Anfange des XVI. Jahrhunderts ausgefiihrt, wahrscheinlieh auf Veran- lassung der Herren von Rosenberg, welche damals die Stadt innehatten und die auch in der Kirche zn Sobieslau eine ahnliche Wolbung batten herstellen lassen, wie im 11. Bande S. 9J gezeigt wurde. Das Gewolbe zu Prachatitz ist das reichste dieser Art, welches in Bohmen vorkonnnt, und diirfte schwerlich je iibertroffen worden sein. Die Ursache der griindlichen Umiinderung des Schiffes war die durch die Hussiten im Jahre 1420 bewirkte Zerstorung der Stadt und der danialige Kirchenbrand. Kaum hatte 2iizka den Vyse- hrad zerstort, als er mit seinen Schaaren in das siid- liche Bohmen aufbrach, urn die Biirger von Prachatitz zu bestrafen, weil sie den Kaiser Signmnd mit Proviant versorgt batten. Als der furchtbare Feldherr vor der Stadt eiscbien und die Biirger der Autforderung^ sich zu ergeben, nicht iiaclikommen wollten, schwor Zizka, Prachatitz. i t I I r ! — 79 — d.iss er Niemanden am Leben lassen, sondern AUe hinmorden werde. Als nach Eroberung der Stadt nud Ermorduiig aller auf den Wallen nnd in den Gassen befindliclien Manner sich viele in die Kirche fliichteten und sich dort vertheidigten, durclibrachen die Taboriten das Gewolbe, warfen brennendes Stroh und Pech auf die Ungliioiilichen und vertilgten alle niit Feuer und den herabstlirzenden Steinen. Heute noch werden in der Sacristei die machtigen Fenstergitter gezeigt, welcbe die Verbrennenden im Todeskampfe krumm- bogen aber nicht zu brechen vermochten. Am Aeusseru des Chores sind einige der Utra- quistenzeit aiigehorende, im reformatorischen Geiste gedachte Wandgemalde angebracht; auch besitzt die Kirche ein merkwiirdiges, nach einer angebrachten Jahrzahl 1508 gefertigtes Sacramentshauschen aus Sandstein, an dessen Fussgestelle drei Scenen aus dem neuen Testamente augebraclit sind. Zeichnung und Anordnung dieser Darstellungen setzen italienischen Einflnss voraus, wenn nicht das Ganze von einem Italiener ausgefiihrt wurde. Die angebrachte fiinf- bliittrige Rose deiitetan, dass die Herren von Rosenberg dieses Werk gewidmet haben. 1 1 1 n s t r a t i 0 n e n : Grundriss. Fig. 85. (Im Texte S. 78.) Ansicht der Kirche und des Literatenhauses. (S. die beigegebene Tafel) Die Decauats- Kirche zu Kriimau. Es ist in den friiheren Banden wiederholt an- gedeutet wordeu, dass sich im siidlichen Bohmen cine von der Hauptstadt ziemlich unabhaugige KunstbliUhe entwickelte und dass die Herrn von Rosenberg es waren, welche bier als Forderer der Kiinste wirkten ur.d sogar mit dem ruhrareichen Kaiser Karl zu wett- eifern versuchten. Von Prag aus nur einige Meilen dem Laufe der Moldau entgegenwandernd, gewahrt man bald Kirchen mit creuelirten Thiirmen und ge- mauerten Thurmhelmen, vvie man sie im innern und nordlichen Bohmen vergebens suchen wird. Weiter fortscbreitend gegen den Bohmerwald oder Neuhaus bin werden wir inne, dass in diesen Gegenden eine selbststandige Bauschule thatig war, welche nur durch ein machtiges Fiirstenhaus gehalten werden konnte. Es war aber nicht allein die Architektur, welche durch die Rosenberger Herren mit Vorliebe gepflegt wurde, sondern sie liielten an ihrem gliinzenden Hofe stets mehrere Illuminatoren, kirchliche Maler, Bildhauer, Musiker und Sanger. Die durch ihre entschiedene Pragung aaffallenden Kirchen von Seltschan (Selcan) Sobieslau und Milcin, ferner das herrliche Cister- zienser-Stift Holienfurt sind bereits als Roseuberg'sche Schiipfungen der friiheren Periode beschrieben Avorden; im XIV. Jahrhundertes liessen sie neben mehrerea Schlossern die schonen Kirchen zu Wittingau und Krumau erbauen. Die Erzdechanteikirche St. Veit zu Krumau wurde durch Peter I. von Rosenberg um 1340 gegrlindet und wird bereits im Jalire 1370 als Stadtpfarrkirche ur- kundlich genannt. Der Ban jedoch machte langsame Fortschritte und war am Schlusse des Jalirhunderts noch nicht vollendet, auch nicht eingedeckt; es fehlten namentlich die Gewolbe, wegen deren Ausfiihrung der Pfarrer zu Krumau mit dem Steinmetzmeister Johann, einem Sobne des dortigen bekannten Meisters Sranek einen Vertrag ^abschloss, in Folge dessen der Chor nach Art der St. Agydienkirche in Milhlhausen (Milevsk), die im I. Band S. 59 beschrieben wurde, eingewolbt werden soUte. Beigefiigt ist ausdrilcklich die Clausel, dass die Gewolbe des Mittelschiffes aus gehauenen Steinen, die der Nebenschiffe aber aus Ziegeln errichtet und die Arbeiten innerhalb einer Frist von drei Jahren vollendet sein mlissen. Im Todesfalle des Meisters Johann babe dessen jitngerer Bruder Krziz (Kfiz) den Ban zu vollenden. Ftir die sammtlichen Arbeiten seien dem Meister 310 Schock Groschen auszubezahlen, auch erhalte er 3 Schock als Daraugeld. Aus diesem Vertrage erhellt, dass in Krumau eine Baumeisterfamilie bllihte, die bereits um 1360 thatig war und in Ansehen stand, da man dem Sohue eine Arbeit von solcher Wichtigkeit iibertrug. Fig-. 87. (Sobieslau.) Die Veitskirche ist eine dreischiffige, mit Netz- gewolben liberdeckte Hallenkirche von 130 Fuss Gesammtlauge und 56 Fuss Breite im Lichten, wobei der Chor eine Lange von 50 Fuss einhalt und aus dem Achteck geschlossen ist! Das Kircheuhaus wird durch acht Pfeiler, vier auf jeder Seite, eiiigetheilt; Mittelschiff und Chor zeigen die gleiclie Weite von 28, und eine Hohe von 50 Fuss. Von den Pfeilern sind vier aus dem Achteck, die anderen vier nach alterer Weise aus vier Halbkreisen beschrieben ; sie steigen aber nicht in senkrechten Linien bis zu den Gewolben auf, sondern verengen sich in der Hohe von 30 Fuss etwa um den — 80 — vierten Tlieil ihres Durchmessers, eine Eigentluinilieh- keit welche audi im Schiffe der Hoheufiirther Stifts- kirclie gctroffen wird. Die aus Granit trefflich gemeisselteu Masswerke der Fenster enthalten einfacbe Drei-, Vier- nnd Fiuifpasse, nocli vollendeter siiul die am Haiipt- eingang aiigebracliten Fialen,Ba]dacliine iind Lauborna- niente, alle aiis hartem Granit bestebend. Der Tburm zeigt in seinen Untertbeilen nocb romanisirende Einzel- beiten nnd scheint von einem alteren Ban berzuriihren. (Fig. 86.) , ^ Ein zierliebes, neben dera Hocbaltare stehendes Sacramentsbanschen entstammt der zvveiten Halfte des XV. Jabrbnnderts nnd wird am betreffenden Orte illustriitwevden. Dass die besprocbenen, derFamilie des Stanek angebcirenden Krumauer Meister eine ans- gebreitete Tbatigkeit entfalteten und sowobl bei dem Bane desScldosses Rosenberg, als bei der Wiederinstand- setznng des abgebranntenKk)sters Hobenfnrt bescbaftigt waren, unterliegt keinem Zweifel, aucb diirfte die jetzt abscbenlicb entstellte Minoritenkirche in Krumau und die Plarrkirebe zu Wittingan von diesen Meistern aus- cefiibrt Avorden sein. Die Decanats-Kirclie zu Wittingau. Der zablreicben, im slidlicben Bohmen nnd beson- ders anf den ebemaligeu Besitzungen der Herren von Rosenberg vorkonimenden zweiscbii'figen Kircben baben wir scbon gedacbt nnd die Ursacbe dieser Ersebei- niingen tbeils personlicbem Gescbmacke tbeils dem Bestreben zugescbrieben, dass die stolzen Dynasten in jeder Beziebnng ibren eigengn ^\ eg geben und vom "koniglicben Hofe in Prag unabbiingig erscbeinen wollten. Wobl das bedeutendste und grosste Denkmal dieser Art ist die St. Aegydienkirebe zu Wittingau, deren Scbiff durcli vier in die Mittellinie gestellte Saulen in zwei gleicbe Halften getbeilt wird, wabrend der 50 Fuss Fig. 88. (Patzan.) lauge Cbor fiir l)cide Seiten gemeinscliaftlicb gilt. Das Scliitf lialt eine Lange von 80 und Breite von 55 Fuss ein ; die Sanlen sind (abnlicb wie in der aUen Synagoge zu Prag, II. Tb., 04) mit polygonen Declqjlatten verseben, auf denen die Gewiilberippen rnben. An diese Kircbu scbliesst ein vorziiglicb sclioner Kreuzgang an, web-lier jedoob uispriinglicli nicbt der Deeanats-Kircbe, sondern einem von den Briidern Jodok, Uh-ieli und Jobann von Rosenberg im Jabre 1367 gestifteten Augiistiner- kloster angeborte. Da dieselbe Anordnung des Kreuz- ganges auob in Hobenfnrt getroffen wird und dieser Bau bcreits, II. 04, erkliirt worden ist, diirfen wir, am Wiederliolungen zu vermeiden, auf die dort befindlicben 1 11 u s t r ati 0 n e n V e r w ei s e n . — 81 — Die Spitalkircheu zu Neuhaus unil Soboslau. Zweischiffige Kirelien warden mit Vorliebe ange- ordnet bei Spitalern, Armen- uiid Bruderscliaftshausern, welclie im Siiden keinem grosseren Orte feblen. Bemerkenswerthe derartige Bauteii sind die St. Johanii B.- Kirche in Neuhaus und die eliemalige St. Veitskirclie in Sobeslau, vou denen ungewiss ist, welche Bestiin mung sie ursprlhiglich batten. Die St. Johanneskircbe stellt sich als kein einheitliches Gebaude, sonderu als eiu Complex verscbiedenev Eaumlicbkeiteu dar, welche zu dem ehemaligen Minoritenkloster gehorten und nach und nach vereinigt wurden. Die fiir eiue Spitalkivche ungewohnliclie Lange fallt schon beim ersten Anblicke auf, dazu kommt die verschiedene Breite der zwei Schiffe, indem das rechtseitige als Hnuptschiff 25, das linke als Nebensebitif nur 14 Fuss weit ist. Die Schitfe , werden durch fiinf Pfeiler, eigentlicb drei Pfeiler und zwei Saulen von sebr verschiedenerGestalt von einander getrennt, auch kommen verschiedene Gewolbebildungen vor. Der Chor scbliesst sich an das Hauptscbitl' an und ist 65 Fuss lang, die Gesammtlange von Schiff und Chor betragt 141 Fuss, ein Mass, welches fiir die grosste Pfarrkirche einer Landstadt ausreicheu wiirde. Die Fenster des Schififes sind durch schones Mass- werk ausgezeichnet, welches wohl von den Meistern Stanek und Johanu gefertigt sein mag; dann besitzt die Johanneskircbe einen schlanken achteckigen Tliurm, der bis zur Spitze aus Stein mit grosser Genauigkeit aasgefiihrt ist und gliickliche Verhaltnisse zeigt. Ein ahnlicher, nur etwas kleinerer Tburm erhebt sich auch iiber dem St. Veitskirchlein zu Sobeslau. Diese letztere liingst aufgehobene und in Frivatbesitz ubergegangene Kirche scheint einer Bruderschaft ange- hort zu haben, da sich Urkunden und beglaubigte Nach- richten iiber das Gebaude nicht vorfinden und selbst der fleissige Jar. Schaller dasselbe in seiner Topographie iibergeht. Es ist zu Wohnungen eingerichtet worden, welche nach Art der Schwalbennester in den Kirchen- bau hineingeklebt wurden, ohne dass der alterthiimliche Bestand wesentlicheu Schaden gelitten hatte. Das Schiff wurde durch zwei achteckige Mittelpfeiler der Lange nach in zwei gleiche Halften zerlegt, war 36 Fuss lang und 30 Fuss breit, mit einem an der Nordseite angebraehten Eingange. Der 18 Fuss breite Chor war aus dem Achteck geschlossen und hatte eine Tiefe von 27 Fuss. Alle Gewolbe waren einfache Kreuzkappen und mit reich gegliederten Gurten ausgestattet. Die Tragsteine, auf welchen die Gurten ruhten, sind grosstentheils noch vorhanden und mit Masken oder Laub-Ornamenten decorirt. Uber die in Sobeslau vor- kommenden Steinmetzarbeiten und Verzierungen ist zu bemerken, dass sie sich den vorziiglichsten Leistuugen anreihen, welche aus Granit hergestellt wurden. Der Tburm erhebt sich iiber dem Triumphbogen, ist achteckig, mit einem Krauze von acht Giebeln verseheu und iiberaus schlank. Eine Abbildung der Chorseite ist unter Figur 87 (Seite 79) beigefiigt. Die Pfarrkirciie iu Patzau. Indem wir noch die Beschreibuug der Pfarrkirche zu Patzau beifiigen, diirfte der Charakter jenerDenkmale des siidlichen Bohmens zur Geniige erklart sein, welche in der ersten Halfte der Regierung Karls IV. entstanden und nicht von Prag aus beeinflusst worden sind. Patzau ist eine kleine, ostwarts vou Tabor gelegene Stadt und gehorte im XIV. Jahrhundert den Herren von Malovec, welche urn 1350 die dem Erzengel Michael gevvidmete Pfarrkirche gegriindet haben. Stadt und Kirche sind mehr- mals abgebrannt, wesshalb nicht mehr ermittelt werden kann, obdie jetzt zweischiffige Kirche von je eine solche Anlage hatte. Das Schiff (s. Fig. 88 Grundriss) zeigt Spuren gewaltsamerBeschadiguugeu, und es will schei- nen, als ob einst zweiTliiirme in derWestseite bestanden batten ; doch war die Grundgestalt auf alle Falle keine gauzregelmassige. Durch das an dervSlidseite betindliche Portal eintretend, gelangt man in das 13 Fuss breite Nebenschifif, welches mit dem Hauptschifife gleiche Hohe einhalt und wie dieses mit einfachen Sterngewofteu Fig. 89. (Patzau.) bedeckt ist. Ein einziger achteckiger schlanker Pfeiler trennt die beiden Schiffe, welche eigentlicb nur aus zwei Jochen bestehen, well das hinterste dritte Joch durch eiue Thurmhalle und dariiber befindliche Orgel-Empore abgeschlossen wird und sich dem Uberblick entzieht. Der aus dem Achteck construirte Chor hat seine alte Form bewahrt, ist mit Kreuzgewolben verseheu und bedeutend niedriger als das Hauptschiff, mit welchem er keine gemeinschaftliche Mittellinie eiuhalt. Die Lange des Chores betragt 50, die Breite 26 Fuss; das Schiff ist ohne Zurechnung der Thurmhalle 40 Fuss lang, 32 Fuss breit und bis in den Gewolbescheitel 54 Fuss hoch — einso eigenthiiniliches Verhaltniss, dass man bei Betrachtung im hochsten Grade iiberrascht undformlich geblendet wird. Obwohl ich gerade eine grosse Reise durch Veuetien und die Lombardei zuriickgelegt und im raschen Verkehre fast unzithlige Denkmale eingese'hen hatte als ich Patzau besuchte, machte doch das Innere dieser kleiuen Kirche einen ausserordentlicheuEindruck auf mich, welcher nur den ungew^Qhnlichen Verhalt- nissen zwischen Hohe und Grundflache zugeschrieben werden kann. An deu Aussenseiten, besonders an den Strebepfei- leru des Chores siudviele rob gemeisselte Relief- Arbeiten aus Sandstcin eingefiigt, (s. Fig. 87 Aussenseite) Apostel und andere Heilige darstellend, auch sieht man das Wappen der Malovec mehrmals und die Jahrzahlen 1350, 1355 und 1366. Der Tburm hat eine rechteckige Grund- form und ist mit einem pyramidalen Dache bedeckt. II In St rat ion en. Grundriss, Langseite und Details. Fig. 88. (Im Texte S. 80.) In Fig. 89 geben wir einige Details der Ornamente (Consolen und Knorren). Die St. Bartliolomauskirclie iu Koliu. (Der Chorbau.) Ira II. Theil, Seile 45 bis 48, wurde das Schiff der St. Bartholomauskirche als hocliwichtiger, dem Uber- gangs-Styl angehorender Ban austuhrlich besprochen und beigefilgt, dass der urspriinglidie Chor durch einen Brand zerstort und auf Anordnung des Kaisers Karl von Grand aus neu aufgefulirt worden sei. Da Kolin seit altester Zeit zu den Krongiitern gehorte, bestritt Karl die Kosten des Banes aus seiner Privatcasse und iibertrug dem Dombaumeister Peter als kaiserlichen Architekten die AusfUbrnng. Es tinden sicb liber diesen Fig. 90. (Kolin.) Cborbau und tiber die Bartholomauskircbe verscbiedene Notizen und Inschriften vor, die zum Tbeil auf Miss- verstandnissen beruhen, wie unter andern die von J. Schaller gemachte auf einer Inschrift beruhende Angabe, dass Konig Johann im Jabre 1313 den Grund- stein zu dem Scbiffe gelegt babe. Die fragliche, nocli vor kurzer Zeit in der Kircbe vorbandene, mit Farbe an die Wand genialte luscbiift lautete: „Haec quidem a rege Joanc 1313 usque ad presbyteriuni editicata, sed a Bomanonim imperatore Carolo IV. et rege Boemie piesbyterium sen chorus in totiim edificatns est." Das Irrtliuniliche der Bebauptung, Konig Joliaun babe das Schiff' erbaut, wird schon durch die Thatsache wider- Icgt, dass jedcr niittelalterliche Kirchenbau mit Anlage des Chores und Altarraiimes begonnen wurde und nicht ein einziges Beispiel bekannt ist, dass man an dem entgegengesetzten Ende angefangen liabe. Wahrschein- lich wurde 1313 der Grundstein zu irgend einer Neben- capelle gelegt und zu dieser Feierlichkeit der jugend- liche Konig Johann eingeladen, woher der vielverbreitete Irrthum stammt. Peter von Gmiind begann den Chorbau im Jahre 1360 und voUendete deiiselben 1378, wie er selbst in einer neben der Sacristeithiire betindlicben, ohneZvveifel von ihm eoncipirten oder beeinflussten Inschrift der Nachwelt kundgegeben hat. Diese in einen Quader ein- gegrabene Schrift war Jahrhunderte hiudurch mit einer dicken Kalkkruste itberdeckt and kam bei Gelegenheit einer Eeparatur i. J. 1845 zum Vorschein, worauf sie in Beisein des Stadtpfarrers von einigen Kunstfreunden blossgelegt wnrde. Die Inschrift stimmt genauest rait den von Weitmlthl und Pelzel verfassten Biographien des Kaisers Karl IV. llberein und dient zugleich als Ei- gilnzung der im Triforium des Prager Doraes ange- brachten Gedachtnisstafel ; sie ist mit vielen, jedoch leicbt entzifferbaren Abbreviaturen versehen und lautet: ,,Incepta est haec structura chori snblimis anno domini MCCCLX.XIII Calendas februarii tem- per ib us serenissimi prineipis domini Karoli Dei gratia - / Fig. n. (Kolin.) imperatoris Romanorum et regis Bohemiae per magistrum Petrum de Gemundia, lapicidam." Der Chor hat sicb, die selbstverstandlichen durch Witterungen berbeigefiihrten Beschadigungen abge- rechuet, unverandert erhalten und ist mit einemUmgang und Capellenkrnnze umgeben. Die allgemeinen V^er- haltnisse der Kircbe, insofern sie ein Ganzes bildet, wie dieAneinanderreihung des etwa einhundert Jahre alteren Schiftes an den von Meister Peter erbauten Chor sind im II. Theile ausfiihrlich crkliirt worden, wesshalb wir uns bier nur mit Ictzterem zu beschaftigen haben. Die Construction dieses Cliores ist eine durchaus neuartige, indemdas der innernPfeilerstellungzuGrunde gelegte Siebeneck im Capellenkranze in das Zehneck — 83 — umsetzt. Es ist namlich die Pfeilerstellung des hohen Cbores nach vier Seiten des Siebeiiecks so angeordnet, dass einPfeiler iu die Mittellinie liinter den Hochaltar zu stehen kommt, wahrend die aiissere Umfassungsliuie einen in fiinf Tlieile zerlegten Halbiu-eis zeigt, so dass fiinf Capellen Platz gefunden babeii, folglicb hier ein Fenster in die ]\Iittellinie fallt. Meister Peter liebte dergleicben complicirte An- ordnungen, namentlich die Stelhuig eines Pfeilers iu die Mittellinie, und pflegte diese iiberall anzubringeu, wo es die Raumliehkeit zuliess und er freie Hand batte. Dass der Meister die Absicht batte, das alte Scbiff ganz abzutragen und nach seinen Planen aufzubauen, ergiebt sich aus dem Umstande, dass an dem ersten demScbiffe zugekehrten Pfeiler bereits die Wiederlager fiir die Fig. 92. (Kolin.) Fig. 93. (Kolin.) Arcadenbogen der Nebenscbiffe vorgelegt sind. Wir haben es daber nur dem friibzeitigen Tode des Kaisers und dem hierdurch wahrscheinlicb entstandenen Mangel an Baufond zu dauken, dass das in kunstgescbichtlicher Hinsicbt so merkwlirdige Langhaus erbalten blieb. Der Ubergang aus dem dreiscbitfigeu Langhause in den mit Zurechnung der Capellen fimfscbilfigen Chor ist links durcb eine vorgebaute Sacristei, recbts durcb einen Treppentburm vermittelt, oberbalb der Sacristei befindet sich eine dermal leere Scbatzkammer. Die Maasse des Chorbaues verhalten sich: Gesammtlange des Chores mit Inbegriff des Umgan- ges und der Mittelcapelle im Licht ... 88 Fuss Lange vom Mittelpfeiler bis an die Triumph- bogenlinie 60 „ Breite des Mittelschififes von Pfeilerachse zu Achse 28 Fuss Lichte Gesammtweite durcb die Sacristei und die gegeniiberliegende Capelle 84 „ Hohe des Mittelschitfes vom Pilaster desSchilfes bis in den Gewolbescheitel 80 „ Hohe des Umganges und der Capellen ... 40 „ Aus dem beigefligten Durchschnitte (Fig. 88, Th.Il) lasst sich die ganzliche Verschiedenheit des Chores und Fig. 94. (Kolin.) Schiffes und der Mangel jeder Ubereinstimmung am deutlichsten entnehmen ; wir sehen zwei mechanisch an einauder gefiigte Kunstwerke. die nicht zu einander passen und sich gegenseitig abstossen. Der luftig freie Lichtgaden mit seinen 32 Fuss hohen und 13 Fuss 11* — 84 — breiten seclisfeldrigen Fenstern eontrastirt so sehr gegen den diisteru Eanm des Kirchenhaiises^ dass der Be- schauer schwindlig' wird mid den Atliem an sich halt. Die sorgtaltig- ansgearbeiteten Fenster zeigen edle Ver- baltnisse aber schon allerlei dem Flammenstyl sich nahernde Detailbildungen, wie denu Peter von Gmiind einer der ersten deiitschen Kiinstler war, vvelcher dieser Richtung huldigte und zu ihrer Verbreitung beitrug. Aneh die Pfeiler sind etwas willkiirlicli gestaltet, was allerdings durch den Umstand entsohuhligt wird, dass sie den Ubergang aiis dem Siebeneclc in das Zehneck zu bewerkstelligen haben. Fig. 95. (Kolin.) Das am Langhause angewandte Banniateriale ist sohiefriger Briiehstein mit eingelegten 8andsteinquadern die aus den Briichen des Klosters Sedletz entnommen .sind, die Oruamente aber bestehen ans vorziiglich fein- kornigem Kohlensandstein, welcher aus der Eutfernung von sieben bis acht Stunden herbeigeschaift werden mussic. Der Chorbau bestelit in alien seinen Theilen aus Quadcrwcrk. Auf der linkseitigen Brllstungsmauer, welche den ho- hen(innern)Chor von demUmgange scheidet, ist voretwa vierzig Jahren ein achteckiges gothisches Thiirmchen, angeblich als Sacramentshanschen aufgestellt worden. Wo dieses zierliche und trefflich gearbeitete Thiirmchen, welehem der Untertheil fehlt, friiher gestanden habe, ist unbekannt; es dlirfte nach unserer Meinung eherden Zweck einer Todtenleuchte als eines Sanctuariums ge- habt und einer Friedhofs-Capelle angehort haben. Nebst einem alten zinnernenTaufbecken befinden sich in dieser Kirche noch melu-ere Uberreste von Glasmalereien aus dem XIV. Jahrhundert, . die gediegensten Leistungen auf diesem Gebiete, welche bisher in Bohmen aufge- funden wurden. Die St. Bartbolomaiiskirclie ist von vielen Un- gllicksfallen betrofTcn worden, die beiden Thiirme der Westfronte sind im Lauf'e des gegenwartigen Jahr- hunderts scbon zweimal abgebrannt, wobei das herr- liche an dieser SeitebefindlicheHaupt-Portal sammt dem dariiber angebraclitenEundfenster und vielen Sculpturen grosstentheils zuGrunde gingen. Eines von den schonen Fenstern des Lichtgadens wurde durch einen furcht- baren Sturm zertriimmert und ist nicht wieder in Stand gesetzt worden, auch hat eine libel geleiteteRestauration sehr viel beigetragen, die Chorgewolbe zu schiidigen. Wenn auch durch keine grossartigen Dimensionen ausgezeichnet, gehort die Koliner Kirche doch zu den bemerkenswerthesten Baudenkmalen des osterreichi- schenKaiserstaates und wird sowohl der klinstlerischen Gegensiitze wie der reichen Geschichte wegeu jedem Kunstfrennde das hochste Interesse einflossen. Dieser Bau ist auch der erste, mit welehem der Dombaumeister Peter seine Thatigkeit ausserhalb der Hauptstadt er- otfnete. Unter Bezugnahme auf die im zweiten Theile, S. 47—48, enthaltenen Illustrationen, des Grundrisses (Fig. 95 ) den wir des leichteren Verstandnisses wegen hier wiederholen, Langendurchschnittes und der Thurm- facade Averden hier als Erlauterungen des Chorbaues angefiigt : Illustrationen. Kronung eines Strebepfeilers am Chor, Fig. 90. (Im Texte S. 82.) Masswerk eines Capellenfensters. Fig. 91. (Im Texte S. 82.) Grundriss eines Chorpfeilers. Fig. 92. (Im Texte S. 83.) Grundriss eines Wandpfeilers. Fig. 93. (Im Texte S. 83.) Aufriss des angeblichen Sanctuariums (der Todten- leuchte). Fig. 94. (Im Texte S. H3.) Die Marieiikirehe A or dem Teyn in Prag. Der Teyn oder Kaufhof in Prag „ curia hospitum mercatorum quae vulgariter Thyn dicitur" war eine der altesten Einrichtungen des alten Prager Burgfleckens, dessen Anlage bis in das X. Jahrhundert zuriickverlegt werden darf. Mit dem Kaufliofe stand von je ein Spital mit einem Kirchlein in Verbindnng, iiber deren Gr()sse und Form keine Kunde auf uns gelangt ist. Die erste Kirche mag wohl aus Holz bestanden haben, sie gehorte dem Vysehrader Capitel, welches wahrend des XIII. Jahrhunderts das Patronat iiber Spital und Kirche aus- — 85 — iibte. Dass eiiie kleine CapfeUe, welclie an tier Siidseite der Sacristei vortritt und die im Ubergangs- Style ge- halten ist, ein Bruchstuck des alten Spitalkirclileins sei, ist nicht wahrsclieinlich ; aucli kann nicht ermittelt warden, ob dieses Bauwerk frliherhin mit der Marien- kirche in Verbindnng gestanden habe. Es ist nahezu unbegreitlich, dass die Baugeschichte der Haiiptpfarrkirche Prags im Dimkeln liegt, obgleich der grosste Tlieil des bestehenden Gebaudes derGlanz- periode des bolimischen Kunstlebens, der Regiernngs- zeit Karl's, entstammt. Bei nalierer Betrachtung der Ver- haltnisse erhalt diese anffalleud scheinende Thatsacbe dadnrch ibre Erklarung, dass die Kircbe Eigentbum der fremden Kanfleute war und der Ban ansscbliesslicb von diesen bestritteu wurde, folglicb Baufiibrnng und Recb- nungsablage der Offentlicbkeit entzogen waren. Wir be- sitzen indess verscbiedene raittelbare Nacbrichten, dass die Kircbe bereits im XIII. Jabrbnnderte ziemlicb beden- tend gewesen sei, aber allmablig der anwacbsenden Mensobenmenge nicbt mebr geniigt babe. In denJabren 1361 bis 1363 fanden kurz bintereinander so zablreicbe Altarstiftimgen statt, dass notbwendiger Weise anf einen grossen Erweiterungsban gescblossen werden muss; dann wirkte in derselben Zeit der beriibmte Glaubenseiferer Conrad Waldhanser als Prediger an der Teynkircbe, welcber nnter unermesslicbem Zulaufe iiber Sittenreinbeit und wabresCbristentbum imreforma- toriscben Sinne spracb und das Moncbswesen wie die Ausscbreitungen der boberen Geistlicbkeit mit scbarfen Worten geisselte. Trotz aller Anfeindungen wurde Waldbauser vom Kaiser tbatkraftig inScbutz genonimen und setzte bis zu seinem 1369 erfolgten Tode seine Predigten mit wunderbarem Erfolge fort. Durcb die PredigtenWaldbauser's gewann die Kircbe der heiligen Jungfrau Maria vor demTeyn eine bisber nicbt gekannte Bedeotiing, und wurde selbstandige Pfarrkircbe, nacb- dem sie bis zum Jabre 1325 dem Vysebrader Capitel unterstanden batte. Zur Zeit Waldbauser's mocbte von der Kaufmannscbaft der Bescbluss gefasst worden sein, die alte und vielleicbt baufallige Kircbe umzu- bauen oder vielmebr eine ganz neue und grossere an deren Stelle zu errichten. Die Entwlirfe zu diesem Neubau konnten nur von dem Dombaumeister ausgehen, der sicb bereits durcb sein gedeiblicbes Wirken am Dome und der Koliner Kircbe , wie insbesondere durcb den gllicklicb fort- scbreitenden Briickenbau das grosste Ansebeu erworben batte. Aucb verratli die gauze Anlage sowobl im Grossen wie in den Einzelbeiten die Manier dieses Kilnstlers; man braucbt nur einen Blick auf die Masswerke oder den Cborscbluss zu werfen, um jeden Zweifel liber die Urbeberscbaft zu verlieren. Der Plan Fig. 96 (Grundriss) zeigt sicb durcbaus einbeitlicb und wenn der Bau aucb nacb Massgabe der Mittel langsame Fortscbritte macbte, so kommen docb keine auffallenden Abweicbungen vor. Aucb bat die Kircbe keine eigentlicben Verunstaltiingen erfabren, denn das in Folge eines Brandes kitmmerlicb aufgestellte Tonnengewolbe des Mittelscbiffes stort eigent- licb wenig, da es sogleicb als provisoriscber Notbbebelf erkannt wird. Die Aussenseiten sind zwar durcb ange- fiigte Hauser verdeckt worden, sonst aber wobl erbalten. Vier freie reichgegliederte Pfeiler und ein ver- starkter Tburmpfeiler auf jeder Seite tbeilen das drei- schiffige Haus ein, dessen Gesammtlange 172, die Gesammtbreite 86Fuss betriigt. Das bis in denGewolbe- scbeitel 98 Fuss bobe Mittelscbiff bait von Pfeileracbse zu Acbse eine Breite von 38 Fuss ein und wird im Cbore durcb vier Seiten eines auf die Spitze gestellten Acbteckes gescblossen, so dass ein Strebepfeiler in die Mittellinie der Kircbe zu steben kommt. Die 24 Fuss weiten und 49 Fuss boben Nebenscbiffe sind nacb liblicber Weise aus dem Acbteck gescblossen. Ein scbmuckloses Portal, zu welcbem man nur durcb den Hof eines vorgebautenHauses gelangen kann, deutet an, dass die Kircbe von jeber an der Westseite durcb Hauser verdeckt war, wessbalb das eigenttlicbe Haupt- Portal in eine enge an der Nordseite des Gebaudes binzie- bende Gasse verlegt werden miisste. Sonst besitzt die Kir- cbe nur nocb einen kleinen an der Siidseite angebracbten Fig. 96. (Teyn.) Nebeneingang, welcber ebenfalls nur von dem Hofe ernes Hauses (des Pfarrbofes) her zuganglicb ist. Diesen ungeniigenden und flir den Fremden kaum auf- findbaven Eingilngen gegenliber zeigt das Innere bei vorwaltender Einfacbbeit eine llberrascbend grossartige Halle, welcbe nur eine etwas ergiebigere Lange des Cbores wlinscben lasst. Aucb eine Kreuzvorlage wird sehr vermisst, wie denn llberbaupt die Anordnung sicb nocli in altertbilmlicben Normen bewegt und vermutblicb alte Fundamente beniitzt werden mussten. Die Bildung der Pfeiler und Wandpfeiler nahert sicb einerseits denen desPrager Domes, anderseits den zuKolinangeordneten Constructioneu und steht sozusagen zwiscben beiden in der Mitte. Aus einem der Wandstarke entsprecbenden recbteckigenPfeilerkorper treten gegen das Hauptschiff bin kraftige aus Rundstaben gebildete Dienste vor, denen an der Riickseite, d. i. den Nebenscbitfen zuge- — 86 — kehrt, ahnlich gestaltete, aber schwachere Gliederwerke gegeiuiberstehen. In derLangenachse derKirche jedocli vermitteln birnfdrmig geschweifte Stabe den Ubergang in die Arcadenbogen. ^1 Die am reichsten ausgestattete und sogar iiberreich angeordnete Partie des ganzen Baues ist das nordliche Portal, Fig, 97 von welehem sehv zu bedauern ist, dass es nuv von dem Fenster eines Naclibarhauses aus richtig tiberselien werden kann. Das Motiv dieses mit einer rundbogigen Vorlialle liberdecktenlPortales haben wir bereits im Dome kennen gelernt, wo der Eingang in die Wenzels-Capelle anf almliclie Weise decorirtist. Am ill>iili«flliiilTI ,frniliHiiiiij|[ M^ Fig. 97. (Teyn.) Portal der Teynkirche treten noch plastisclier Schmuck und eineFiille von Gliederimgen, Knaufen, Baldachinen und Laubwerken binzu, um das ganze zu einem Unicum zu gestalten. Wie die beigefiigte perspectivischc Ansicht zeigt, ist der Eingang (die eigentlicheKirchenthiire) spitzbogig iiberdeckt, oberhalb dieser 1 6 Fuss hohen Thiiroffnung betindet sicli ein 9 Fuss liohes mit einem Halbkreise umzogenes Relief bild im Tympanum, welches wieder mit Laubgewinden und einer zweifachen Reihe von Hohlkehlen eingefasst ist. In diesen Hohlkehlen haben sich hbchst elegant ausgearbeitete Fussgestelle und — 87 — Baldachine in bestein Zustande eihalten, die dazu gehorigen Figuren jedocli fehlen mid es ist fraglich, ob sie je aufgestellt worden sind. Um eine Voiiialle von genugender Tiefe zu ge- winnen, wurden die beiden neben dem Portale ange- brachten Strebepfeiler um voile 0 Fuss liber die Um- fassungsmauer vorgelegt und niit einem halbkreisfor- migen Kronungsbogen uberspaunt. Diese beiden Strebe- pfeiler wie der sie verbindende Bogen sind nicbt rninder reich als der Eingang ornamentirt; docb fehlen auch hier die angetragenen Statuen, obgleicli die Postamente noch bestehen. Fiir dieverloren gegangenen Statuen bieten zwei sculptirte Knaufe, welehe in der Hohe von 10 Fuss liber dem Erdboden aus den Strebe- pfeilern vortreten, einigen Ersatz. Die an den Knaufen angebracliten Bildwerke stehen in engster Beziehung zu dem grossen Belief im Bogenfelde und lassen er- kennen, dass eln einheitlicher typologischer Cyklus von Bildern das Portal umgeben hat. An dem Knaufe zur Reehten erblickt man das Opfer Abrahams, zur Linken die Verklindigung der Gesetze durch Moses, nebenan sind die Evangelistenzeichen und andere Em- bleme beigefligt. Das grosse Relief im Tympanum ent- halt eine vollstandige Passiousgeschichte nach iilterer Autfassung. Das nahere liber diese Bildhauerarbeiten wie liber die zahlreichen in der Teynkirche befindlichen Kunstwerke ist in den Abschnitten liber Sculptur und Malerei beigebracht. Fig. 98. (Teyn.j In wie fern sich Meister Peter an der Ausfiihrung des Gebaudes betheiligt habe, ist nicht bekannt, wahr- scheinlich hat er die Aufsicht einem seiner Schiller liber- tragen, deren mehrere genannt werden. Ums Jahr 1400, also zur selben Zeit als Peter verstarb, wirkte als magister fabrioae ecclesiae b. Mariae Virg. ante laetam curiam i ein Werkmeister Peter Schmelzer, vielleicht der- selbe, welcher etwas spater den Dombau leitete. Auf diesen Schmelzer folgte schon 1404 ein gewisser Schautier, von welchem wir nicht mehr als den Namen und den Umstand wissen, dass er mit diesem Kirchen- bau beschaftigt war. Als zuverlassig stellt sich heraus, dass die Teynkirche bereits in alien Theilen, mit Aus- nahme der Thurmspitzen, vollendet dastand, als die Hussitenstllrme ausbrachen. Die durch einige Schriftsteller verbreitete Nach- richt, dass die Kirche erst 1407 von den deutschen Kautleuten, deren gegen zwolfhundert im Teynhof ihre Mederlagen hatten, gegriindet worden sei, beruht auf einem Irrthume: in jenem Jahre tiossen aber so reichliche jMittel zusammen, dass der Bau rascher als bisher fortgeflihrt werdeu konnte. Unter Konig Podiebrad wurden die Kronungen der Thlirme und die Thm-mhelme aufgestellt, auch scheint der dazwischen befindliche Giebel dieser Zeit (1458— 147u) zu ent- ' Der Teynhof -wurde auch „1 a t a curia, der frb'hliche Hof ■', genannt. stammen. Das gegenwartig im Mittelschiffe befindliche zopfige Tonnengewolbe scbreibt sich aus der Letztzeit des XVII. Jahrhunderts und wurde errichtet nach einem am 10. Juni 1679 ausgebrochenen Brande, welcher den Dachstuhl und auch das alte Gewolbe zerstort hatte. Die neue "NVolbung ist um etwa 10 Fuss tiefer herab- gerlickt worden als die fruhere, durch welche Anordnung die noch wohlerhaltenen Masswerke der Fenster im Innern verdeckt wurden. Als Baumateriale diente der bekannte Prager Mergelstein, aus welchem alle Mauern hergestellt wurden. Gesimse, Fensterleibungen, Masswerke und sonstige rein bearbeitete Theile bestehen aus Sandsteinquadern und die Sculpturen aus einem eigenthllmlichen Planer- gebilde von marmorartigen und zugleich wetterbestan- - digen Gefllge, welches die zarteste Ausfiihrung zulasst. 9 Fig. 99. rreyn.) Illustrationcn. Grundriss der Teynkirche. Fig. 96. (ImTexte S. 85.) Ansicht des Portales. Fig. 97. (Im Texte S. 86.) Laubornameute. Fig. 98. (Im Texte S. 87. Ansicht einerThurmspitze. Fig. 99. (ImTexte S. 87.) Die St. Barbarakirclie zu Kiitteuberg. Um die zu Grund gelegte chronologisehe Ordnung moglichst einzuhalten, habeu wir die Besprechung der Teynkirche vorhergehen lassen, obwohl die St. Barbara- kirche sich in Bezug auf Anordnung und Schicksale — 88 — ziinaebst an die Koliner Kirche anreiht. Wie diese, bestelit auch die Barbarakirclie ans mehreren voUstandig verschiedeneii rartien, welelie von verscliiedenen Meisfeni eiitworfeii und ausg'eftihrt wnrden; so zwar, dass zwischen den fviiher und spater voUendeten Theilen eine Unterbre cluing der Bauthatigkeit von etwa 70 Jahren besteht. Das CTriindungsjahr der Barbarakircbe lasst sich nicht genau angel)en. Im Jahre 1378 wurde der Chor- bau zu Kolin vollendet und eingeweibt und damals 8cheint der Senat von Kuttenberg den Entschluss gefasst zu bal)en, zuEhren der beiligen Barbara als Bescbutzerin der Bergwerke ein neues, der reichen Silberbergstadt wurdiges Gottesbaus zu erbnuen. Meister Peter, oder Fig-. 100. (Kuttenberg wie er allgemein genannt wurde, „Parler" stand damals im Gipfelpunkte seines Eubmes, dessen Lob alia Zungen verkiindeten, welcher allein bei der Wahl eines Baumeisters berlicksichtigt werden konnte. Dazu kamen aber nocb personliche Grlinde, vvelcbe in einer vou Patriciern geleiteten Stadt jederzeit scliwer ins Gewiclit fallen und den Ausschlag zu geben pflegen. Peters Sohn Jobann, gleicb seinem Vater Baunieister, ver- beiratete sicb bald nacb 1380 mit der Witwe eines sebr reicben und angesebenen Kuttenberger Gewerken, Nanicns Helene Jessek, und gelangte durcb diese Ver- bindung in die intimsten Beziehungen zu den ersten Fainilien der Stadt. Unter so giinstigen Verhaltnissen ^vurden die Plane zu der Barbarakirclie entwovfen und das Bestreben dcs Kiinstlers, ein mogliclist grossartigcs Denkraal auszufiiliren, konnte nur den Wunscben der bocbraogenden Ratbsberrn und ScbotTen der Stadt begegnen, da man in Knttcuberg auf alle Weise dabiu tracbtete, die Hauptstadt Prag zu iiberbieten. Peter batte sicb mit dem Projeete dieser Kirche offenbar schon lange getragen und es in Kolin durcbzu- bilden gesncht; dort standen indess seinen Planen eine zu bescbriinkte Ortlicbkeit und wabrscheinlich auch zu geringe Mittel entgegen ; somit bot sicb ihm Kuttenberg als die geeignetste Stelle, wo er hotfen durfte, seine Ideale zu verkorpern. Die von seinem Vater Heinrich in Gmiind erbaute Kreuzkirche war es, welcbe wie ein Jugendtraum die ganze kiinstlerische Thatigkeit unsers Meisters durcb- zog. Dieses Gebaude in veredelter Gestalt aufzustellen, batte er zum Tlieile schon an den obern Partieu des Prager Domes und nocb auffallender am Chore zu Kolin versucht; denselbcn Versuch wollte er nun zum drittenmale wagen. Um aber jeden Zweifel an obiger Behauptung zu widerlegen und den vollgliltigcn Beweis zu liefern, dass Meister Peter die Originalplane fiir die St. Barbarakirche ausarbeitete, haben wir dieser Abliandluugeinen Grundriss und eine kurze Beschreibung der Kreuzkirche zn Gmiind (als Anmerkung) beigefiigt, woraus entnommen werden kann, wie der Kiinstler das Moti v festgehalten und Schritt fiir Schritt welter entwickelt bat. Dabei kommen so viele eigenthiimlicbe Zlige vor, dass der Gedanke, es babe eine Nachabmung statt- gefunden, von vorn herein ausgeschlossen ist. Die altesten Urkundeu iiber die Barbarakirche stammen aus den Jahren 1382 bis 1388; sie betreflfeu Altarstiftungen, welcbe fiir diese Kirche gemacht wurden; auch erhellt aus diesen Documenten, dass damals einzelne Capellen des Chorumganges beveits vollendet waren. Als Hauptforderer des Baues erscbeint der reiche Gewerke Peter von Pisek, welcher auf seine Kosteu eine der Chorcapellen erbaute, namlich die binterste an der Sudseite, die gegeniiber der Sacristei liegt und den Abschluss zwischen Chor und Schiif bildet. Vou 1388 an bis 1412 besitzen wir eine fortlaufende Reihe von Nacbricliten ; in letzterem Jahre war der Capellenkrauz vollendet und das nocb offene Mittelschiff mit eiuem holzernen Nothdacbe verseben worden; auch waren die Capellen, oder weuigstens einige derselben, bereits eingeweibt und dem offeutlichen Gottesdienste iibergeben. Die Mittel fiir den Kirchenbau flossen damals so reichlicb, dass die stolzen Kuttenberger es verschmahten, von auswarts her irgend eine Beisteuer anzunelimen, soudern das Werk ganz mit eigeneu Kraften zu Stande bringen wollten. Die Augelegcnheiten der Stadt waren bis zum Jahre 1419, dem Todesjahre des Konigs Wenzel IV., so glanzend beschatfen, dass der Eath das urspriinglich nur auf drei Schiffe angetragene Langhaus der Kirche durch Hinzufiigung zweier ausseren Hallen in ein fiinfschiffiges xmigestalten liess und nocb andere reiche Ausstattungen einleitete, als der Ausbrucb des Biirgerkrieges den Ban fiir lange Jahre uutcrbraeh. In Folge zweimaliger Zerstorung und nacb Abzug der reichsten Einwohner war der Woblstand Kutten- bergs so sehr gesunken, dass erst ums Jabr 1483 eine Fortsetzung des Baues eingeleitet werden konnte. Am 22. August dieses Jabres wurde der Grundstein zur Vollendang des Chores feicrlich gelegt, und zwar nacb Koi-inek's Berichte am Mittelpfciler des Chorschlusses. ' ' Start Pameti Kutno-IIorsko. Pracy Janiia Koi'inka. V Prazc, 1C75. — 89 — Mittlerweile war ein anderer Geist eingezogen. Die ehemals streng katholische Stadt liatte sich zum Utra- quismus bekennen miissen, nnd reformatorisclie Ten- denzen suchten audi auf den Gebieten der Kunst Geltimg zu erlangen. Als Baumeister an der Kirche wird nunmehr ein Jan Oder Hanus genannt, welcher ein sehr geschiekter Steinmetz gewesen sein soil uud sicli jedenfalls schon dadurcli grosse Verdienste erwarb, dass er den Ban wieder iiu Gang brachte. Er diirtte wohl noch der von Parler gegriindeten Schule angebort haben, da seine Arbeiten, soweit sie sich erkennen lassen, mit der altenFormgebung ubereinstinunen. DieserMeisterHaniis scheint um 1488 rait Tod abgegangen zu sein, da bald nachher Unterhandlungen mit der Prager .Steinmetzzunft wegen Ubernahme der Bauleitung gepflogen wurden, ebe man sich zur Wabl eines Bauleiters entschloss. Endlich nach Inngen Berathscblagnngen und Streitig- keiten wurde der von Prag empfoblene Mathias Raysek als Werkflihrer aufgenommen, naehdem er vorher den bestehenden Satziingen entsprocheu nnd den Meister- brief erlangt hatte. Raysek war namlicli kein gelernter Steinmetz, sondern Dilettant, welcher als Lehrer an der Teynschule sich mit Zeiclmen und Modelliren be- Fig. 101. (Kuttenberg. schaftigt und dann die obere Partie des Thorthnrmes neben der alten Residenz (den gegenwartigen Pulver- thurm) ausgefiihrt hatte. Uber die zwisohen dera Magistrate von Kuttenberg und der Prager Steinmetz- zunft gepflogenen Verhaudlungen theilt die Zeitschrift des bohmischen Museums einen interessanten, vom Historiographen Palacky aufgefundenen Brief aus dem Jahre 1489 mit, welcher erkennen lasst, dass zwischeu der Altstadter Steinmetzzunft in Prag und dem Meister der Dombauhlitte, dem beriihmteu Benedict vonLaun, grosse Spannung bestand und dass die Altstadter Zunft sich berechtigt glaubte, die Ordnung des Handwerkes in ganz Bohmen handhaben zu diirfen. i Die Thatigkeit des Meisters Raysek nnd des auf ihn folgendeu Benedict von Laun gehort der Periode des Konigs Vladislav 11. und dem folgenden vierten Theile an, wesshalb wir uns der Beschreibnng des von Peter geleiteten Banes zuzuwenden haben. 1 P.imatky aichaeologicke etc. ISCO, pag. 187 12 — 90 - Die 8t. Barbarakirche liegt ausserhalb der eigent- lichen Stadt auf einer freien Auhtihe, welcbe an der Ostseite steil gegen den Kuttenberger Bacb abfallt; sie theilt mit dem Prager Dome das gleicbe Scbiek- sal, unvolleiidet und ein Chorbau geblieben zu sein. Nach dem ersten Projecte Parlers waren drei Scbiffe, niit Chorumgang und Capellenkranz angetragen, docb erfolgte die Umwandhuig des Kirolienbauses in ein flinfscbitfiges sebon in den erslen Baujabren. Die Spuren dieser Umanderung lassen sicb nocb deutlicb erkenuen an den gegeniiberstebenden aussern Arcadenpfeilern, welcbe ebemals die Umfassungsmauer bildeten und einfacb durcb Herausbrecben der untern Wandpartien zu Pfeilern gestaltet wurden. Daher riibrt es, dass die aussern Nebenscbitfe bedeutend breiter sind als die inneren, ein Verbaltniss, vvelcbes ankeiner regebnassigen Anlage getroffen wird. In der scbon erwahnten Kutten- berger Cbronik des Kofinek wird ein zwar nicht genauer al)er unzweit'elhaft einem wirklicbeu Bauplane ent- nommener Grundriss der Kirche mitgetbeilt, nacb welcbem die bcbte Gesammtlange mit Inbegriff der Cbor-Capellen 306 Wiener Fuss betragen baben solle, eine Angabe, welcbe mit dem Platze und einigen da- selbst aufgedeckten Pfeilerfundamenten so ziemlicb Fig. 102. (Kuttenberg.) iibereinstiniint. Diesem Grundrisse zufolge waren im Scbiffe (abgeseben von den Pfeilern der Cborrundung) vierzehn Pfeiler je in gerader Linie gestanden; aus- gefiihrt wurde aber die Kircbe nur bis zum acbten Pfeiler tind dort rait einer Notbmauer abgesclilossen. Der innere oder bobe Cbor ist aus fiinf Seiten des Neuneckes beschrieben und es ist dabei eine ahnlicbe Verlangerung der aussern Polygonseiten angewandt worden, wie sie der Meister des Kiilner Domes ein- gcfiibrt bat. Dieser Chorscbluss setzt im Capellen- kranze durcb eine selfsame Construction in acbt Seiten des Sechzehneckes um, so dass mit Zurecbnung der Ver- langerungen, acbt Capellen den Cbor umgeben. Durcb diese Anordnung fallt im Capellenkranze ein Pfeiler, im boben Cbore aber eine Bogenofifnung in die Mittel- linie der Kircbe, und wir erblicken bier nicbts Auderes als eine Umstelluug und reicbere Ausstattung des in Kolin gebraucbten Motivs. Wabrend in Kolin das Siebeneck auf die Spitze gestellt ist, so dass ein Pfeiler in das Mittel des boben Cbores fallt, seben wir in Kuttenberg das Neuneck mit der flacben Seite gegen oben gekebrt und einen Bogcn in der Mitte. Durcb den Umgang wird bier wie dort f'iir die Capellenstellung ein reicheres Polygon und durcb dieses eine Umkehrung — 91 — des inneren Systems eingeleitet; in Kolin triift auf den inneren Pfeiler gegen aussen ein Capellenfenster , in Knttenberg auf die innere Bogenoffnung ein ausserer Capellenpfeiler. Die eingehaltenen Masse sind einer Kathedrale, welche hier angestrebt wurde, in jeder Beziehung entsprechend iind verleihen der St. Barbara- kirche eine Stelhing unter den Denkmalen ersten Ranges. Das im Lichten 122 Fuss weite funfschiffige Lang- haus ist ohne Querschitf und ohne eigentliche Kreiiz- vorlage; letztere war jedoch nrsprlinglich angetragen, wie durch den Sacristeibau und durch die daselbst angebrachten schragen Strebepfeiler dargethan wird. Die Weite des Mittelschiftes betragt 33 Fuss, die der innern Seitenschiffe 20 und der aussern Seitenschiffe 241/2 Fuss, die Masse von Pfeilerachse zu Achse ge- rech'net. Pfeiler und Wandpfeiler nahern sich dera in derTeynkirche eingehaltenen System; die oberenWand- tlachen sind in der Grundform der Pfeiler deutlich ausgesprochen, und es treten kraftige Dienste zur Auf- nahme der Gewolberippen aus den Flachen yoy. Sonst durchzielit die sammtlichen der ersten Bauzeit ange- horenden Partien die grosste Einfachheit ; alle Fenster sowohl der Capellen wie Nebenschiffe sind vierfeldig und mit regelmassigen Drei-, Vier- und Flinfpass-Orna- menten ausgestattet, audi kommen einzelne Fischblasen vor. Die Capellen mit ihren Altaren waren vollendet und eingeweiht, ehe die Hussitenstlirme ausbrachen, Fig. 10::'. fKuttenberg.) I ii)Kt. sie sind nocli mit Kreuzgewolbeu verseben, wabrend die Wolbungen der Seitenschiffe erst nach 1480 auf- gestellt wurden und Netzform einhalten. Die halbkreisformige Aussenseite des Capellen- kranzes ist wie in Kolin durch Pilaster in gleiche Felder zerlegt und zwar so, dass je nach einem Fensterfelde ein ebenso breites Bliudfeld folgt. In Kutteuberg zahlt man acht Fenster- und sieben Blindfelder, in Kolin flinf Fenster- und vier Blindfelder, deren Detailmasse hier und dprt nahezu die gleichen sind. Ob die herrlichen aus Lindenholz geschnitzten Chorstlihle, welche in der Barbarakirche aufbewahrt werden, der Zeit des Kouigs Wenzel IV. oder des Konigs Vladislav II. eutstammen, lasst sich nicht mit Sicherheit bestimmen, da dergleichen Arbeiten nicht selten ein en von der Massenarchitektur sebr verschie- denen Charakter einhalten. Diese eben _so reich als geschmackvoU entworfenen und von alien ITberladungen freien Stiihle haben nicht ihresgleichen im Lande und deuten eher eine friihere als spiltereEntstehungszeit an. 12* - 92 - Die iibrig-e plastische imtl malerisclie Aiisstattung kann erst im vierten Bande besproclien werdeu. i 1 1 1 u s t r a t i 0 11 e u . Der ill Kofineks Cliroiiik eiitlialteiie Gnuidriss, Fig. 100. (Tm Texte S. 88.) Griiiidriss des Erdgeschosses. Fig. 101. (Iiii Texte S. 89.) Grrundriss in derHolieder iintereuGalerie. Fig. 102. S. 90.) Aiisiclit der Siidseite. Fig. 103. (Im Texte S. 91.) Protilrisse eiiies Haupt- und eiiies Nebeiipfeilers, dann eiues Waiidpfeilers niit Feiisterpartie. — Aufrisse obiger Pfeiler. — Profil und Aufriss eines Wandjifeilers an den Capellen. Fig. 104. (Im Texte S. 92.) Capelleiifenster. Fig. 105. (Im Texte S. 94.) Fenster im Nebenschitf. Fig. 106. (Im Texte S. 94.) Querdurcliscliiiitt des Chores. Fig, 107. (Im Texte S. 9b.) Joch im Chore. Fig. 108. (Im Texte S. 96.) Gewolberippe ini Capelleiikranze. Fig. 109. (Lu Texte S. 96.) Fenster- und Sockelgesiins am Chorschluss. Fig. 110. (Im Texte S. 97.) Fig. 10 i. (Kuttenberg.) ' Um die kiinstlerischc Richtung des Gmiiadner Meisters und den Zusam- men hang der unter Kaiser Karl ausgefiihrten Werke vollkornmen zu verstehen, ist nothwendig, an dieser Stelle oin Denkmal zn besprechen, welches zwar nicht dem Laiide Bohmen augehort, das aber auf den Bildungsgang des heranwachsen- den Kiinstlers solchen Einfluss ubte,dass dieser die liier empfungenen Eindriicke fiir immer festhielt und in seinem spateren ausgedehnten Wirkungskreise wiederliolt geltend zu machen versuchte. Es ist die sohon erwahnte von Hein- rich Arler erbaute Heilig-Kreuzkirche in G m ii n d , an welcher Peter sich unter Ijeituiig seines Vaters zum Steinmetz ausbildete. Am IG. August 1851 feierte die Pfarrkirche zum lieiligen Kreuze in Gmiind das fiinfhundertfahrige Jubiliium der Grundsteinlegung. Am siidlichen Seiten-Portale verkiindet eine in Stein eingegrabene Inschrift den Griindungs- tag mit folgenden Worten: Anno dmi . IVICCLI. ponebatur . primus . lapis .pro. fandamento . hujus . chori.XVI. Cal . augusti . Ijiese Kirche, nacli dem Miinster zu XJlin da.s zweitgrosste und in Bezug .^uf IJurchbildung eines der erhabcnsten Denkmale AViirtombergs , erlitt im Laufe .seines Bestandes manchen Unfall; nicht allein dass der Dachstuhl mehr- mals abbrannte und die Kirclie arg durch Flickbauten vorunstaltet wurde, stiirz- ten in der Nacht des 22. Miirz 14'J7 die beiden am Aiifango des Cliores stehen- den Thiirme gleichzcitig ein und zerstorten sowohl die Gewolbe des Haupt- schiffes, wie auch die moisten Pfeiler, worauf das Innere grosstentheils ernenert werden musste. liei diesem Neubaue wurde auch der beriihmte Mat- thiius Boblinger zu Katlie gezogen, das neue Gewolbe aber erst 1521 volleudet. Der Einsturz der beiden Thiirme ist am Triumphbogen verzeichnet: t Anno dni . 1497 . am . Ivarfreitag . zu . nacht . send . zwen . thurn . an. disem . Gotzliaus . gefallen.f Die Ursache des plotzlichen Einsturzes zweier seit etwa 130 Jahrcn bestehender Thiirme ist unbekannt, weil bei einem spateren Stadtbrande alle Arcliive zerstort wurden. Wahi'scheinlicli hat in jener Nacht eine Erderschiitte- rung stattgefanden, wenn nicht das Ereigniss durch einen Brand oder eine Durch- brechung der Fundamentmauern herbeigefiihrt worden sein sollte. Fiir unsere Forschungen ist das Vorhandensein und die Stellung der Thiirme insofern von Wichtigkeit, als hierdurch Aufschliisse iiber die Kirchen von Kolin und Kutten- berg, .ja sogar iiber den Prager Dom gewonnen werden. Das Kirchenhaus (Fig. a) ist dreischiffig , die Nebenschiffe umziehen als Umgang den hohen Chor, und ein Kranz von Capellen schliesst sich ringsum an. so weit der Chor reicht. Am Abschlusse des Chores wurden die Capellen auf jeder Soite durch einen Thurm llankii-t und hierdurch dor Ubergang mit dem dreischiffigen I.angliause vermittolt. Die lichte Gesammtl'iinge der Kreuzkirche betriigt 240 Wiener Fuss , von denen 138 auf das Schiff und 102 Fuss auf den Chor entfallen ; von der Gesaramtweito des Laiighauses mit 68 Fuss sind dem Mittelschiffe von Pfeilerachse zu Achse 34 Fuss zugetheilt, wahreiid die Hohe des Mittelschiffes bis auf einen unbedeutenden Bruchtheil der Gesammtweite glcichkommt. Der innere hohe Chor ist aus drci Seiten des Sechsecks gezogen, der C'apellenkranz aber durch eine ahnlicho Verdoppelung des Polygons, wie wir sie in Kolin und Kuttenberg kennen gelernt haben, in sieben Seiten des Zwolfecks umgesetzt worden. Die Aussenseiten haben, von kleinen Keparaturen abgesehen, keine Vcriinderungen erfalircn ; ebenso sind die Capellen mit ihren schlichten _ 93 — Die Apollmariuskircheii zu Prag iind Sadzka. Urns Jahr 1370 liess Kaiser Karl auf cler Anhohe, welelie gewijhnlicli Windberg genannt wird, in der Neustadt Prag eine Kirclie zu Eliren des Heiligen ApoUinarius erbaiieu und fiihrte in dieselbe Cliorherren ein, welcbe seit 1362 in dem Stifte Sadzka sicb ange- siedelt batten. Scbmal und gestreckt wie der Hiigel, auf welcbem sie stebt, ist auch diese Kircbe, ein ein- scbififiges, in alien Tbeilen besterlialtenes Gebaude, .(lessen licbte Gesammtlange 122 Fuss betragt. Das ScbitF bestelit aus fiinf Gewolbeabtbeilungen, von denen die binterste zu einer Emporkircbe eingeriebtet ist; es bait eine Liinge von 78 und eine Breite von 30 Fuss ein, wiihrend der aiis dem Aebteck geseblossene Cbor drei Gevvolbe umfasst, 42 Fuss lang und 22 Fuss breit ist. An der siidwestlicben Ecke wurde ini Anfange des Kreuzgewolben im urspiiuglicheii Zustaade verblieben. Die sammtliclien Pfeiler jedoch haben zwar ihre alten Stelluiigen beibehalten, sind aber um den Beginn dii's XVI. Jahrliunderts erneuert und in Kundsaulen umgewandelt worden. Die dermal bestehenden Geivolbe zeigeu iiberreiche Netzwerlce im Style der letzteii Gotbiker und contrastiren unangenelim mit den Formen des alten Baues. Die Gewolbe iverden durcli zweinndzwanzig Saulen , eilf auf jeder Seite, unter- stiitzt, und zwar gehoren d.-m liolien Chore mit Inbegriff der Polygonstellung acht Saulen an. Zwischen dem Chore und dem Laigliause stelien sich zwei Doppelsaulen von Grundform eines arabischen co gegeiiiiber, welcbe den scbon erwahnten Triumphbogen tragen. Dieser musste hier angeordnet werden, well die AVoIbungen der Seitenscliiffe ini Langliaus tiefer herabgeriickt bind als die im Chor. An dieser Linie sfanden die eingestiirzten Tliiirme, deren Fundamente ira Laufe der gegenwartigen Restaur.itinn aufgedockt wurden. Ausserbalb der Doppelsaulen steben im Kircheuscbitfe noch sechs liundsaulon auf jeder Seite, welcbe mit denen im Cliore gleicbe F^orm einhalten und ebensowenig als diese dem urspriingliclieii Ban angeboren. Dagegen ist die westlicbe Ansicbt als Haupt- fronte obne alle spatere Zutbat verblieben, ein Musterbild einheiilicber Ausstat- tung, wie aus dem XIV. Jabrhundert nur weniges auf uns gekonimen ist. "Wir ersehen an dieser Fai;ade, dass die Kircbe als Hallenbau mit nahezu gleicb hohen .Schiffen angelegt wurde, und dass hier weder Thiirme noch Pult- dacher bestanden, sondern ein aus dem gleichschenkligen Dreieck gezogener Giebel die ganze Fronte iiberspannte. In der Hijhe des Dacligesimses durcb- zieht eine zierlicli ausgearbeitete Gallerie die senkreclit aufsteigende Mauer- flucht, liber welcbe nur die mit praclitigen Pyramiden ausgestatteten Stre'jepfei- ler Torragen. Sonst besteht der gesammte Schmuck dieser Seite aus dem in das Mittelscbiff fiibrenden Haupt-Portal, w elches sich mit seiner aus Masswerken bestehenden Kriinuiig zu einer Hobe von 51 Fuss erbebt. Oberbalb der Kronung sind noch drei Kosettenfenster angebracht, das eine im IMittelfelde iiber der Giebelblume des Portals, die beiden andern symmetriscb in den Nebenfeldern, durch deren Erwahnung die gesammte Decoration der Facade augedeutet ist. AVenn einerseits die Kreuzkirche sich unter den Baudenkmalen Scliwa- bens durch einen besonderen Cbarakter auszeichnet, welcher ausschliesslich der urspriinglichen Anlage, nichtden sjjiiteren Einschaltungen eigen ist, so gewahren wir anderseits viele Elemente, welcbe nur hier und an den Ton Meister Peter in Bohmen ausgefiibrten Werken vorkommen. Baumeister der Kreuzkirche war Heinrich , der Vater des beriilirnten Peter, der bereits denBeinamen A rl e r oderParler fiihrte und ums Jahr 1330 in Gmijnd sich niedergelassen haben soil. Uber den Ort, aus welcbem Weister Heinrich stammen soli, wurde unendlicb viel gestritten, ebenso iiber den Namen Arler, welcher offenbar nur ein Bauliiitten- oder sogenannter Spitzname ist. Die Bezeiclinung Arler kommt nur ein einziges Mai urkundlich in der mitge- tlieilten Inscbrift im Prager Dome vor, lautend: „henrici.arleri.de.polonia . ma- gistri . de . gemunden . in . suevia.'- Bei der fiusserst mangelhaften und willliiir- lichen Ortbographie jener Zeit ist es sebr moglich, dass sowohl der Name Arler wie audi derNauie Polonia falsch geschrieben sein konnen, ohne dass es moglich isf, den Fehler nachzuweisen. Gerade die Ortsnamen werden in alten Inschriften nicht selten so behandelt, dass man jedes almlich lautende Wort unterstellen kann. Ob nun der Name .-^rler irgend eine Begi-iindung babe und Meister Hein- rich aus dem Arelat stamme, wie vielfach angenommen wird ; ob das LandPolen, die Stiidtc Bolog;ia oder Boulogne, oder irgend ein minder bedcutender Ort, wie z. B. Bollingen bei Constaiiz oder Polling in Oberbayern, als die Heimxtstatte des Heinrich anzuerkennen sei, muss dabingestellt bleiben, bis zuverlassige Nacliricliten beigebracht werden. Die wenigsten Wahrscheinli<;hkeitsgriinde sprechen fiir Polen. Bei der bekannten Vorliebe des Kaisers Karl fiir alles Fran- zdsische ist es nicht unwahrscheinlich, dass Heinrich ein Franzose war ; in Bezug auf Ortlichkeii jedoch mochte man um so eber an eine Abstammung aus Bollin- gen glauben, als dieses Sth'dtcben zwischen Consfanz und Strassburg, also in der Nabe von zwei Stadten liegt, in welchen damals die grosste Bauthiitigkeit herrschfe. Die Ansiclit, dass Enrico d e G e m u d i a und Meister H e i n r i c li von Cimvind identisch seicu, wurde von Christ. L. Stieglitz zuerst ausgesprochen und von deutschen wie ifalienischen Forscbern getheilt: sie findet sich u. a. in den Handbiichein von Kugler, Lubke, wie ira allgemeinen Kiinstlerlexikon von Fr. Miillcr. Da aber dieser Enrico erst um 1390 auftritt, kann er unmog lich Vater des Peter sein, welcher letztere i. J. 1333 geboren wurde. Palacky und Stalin vermutheii in A nbetrac lit dieser Verhaltnisse, dass Enrico ein Sohn des Peter, folglich ein Enkel des alten Meisters Heinrich sei. AUein da Peter's Sobne im Hradschiner Stadtbuch mit Namen aiigefiihrt werden und sich daruiiter kein Heinrich findet, bleibt es zweifelbaft, ob der riithselhafte Meister des Mailan- der Domes der besprochenen Steinmetzfamilie angcliort liabe. Auch die von Stalin in seiner Geschichte von Wiirtemberg, III. Bd., S. 751 ausgesprochene Vermulhung, Meister Heinrich der Altera sei um 1330 aus Boulogne nach Cmiind berufen worden, entbehrt einer naheren Begriindung, weil die Kreuz- kirche erst 1351 begonnen wurde, also eine Ursache zu einer Berufung damals nicht vorlag. XV. Jabrbunderts ein Tburm von etwas derber G-estalt angebaut ; sonst blieb das Gebaude von alien Anbauten und Umgestaltungen verscbont. Das einzige Portal be- findet sicb an der Nordseite; es ist zwar einfacb aber ungewilbnlicb sorgfaltig gegliedert, Avas aucb von den Fenstern und von der durcb einen Mittelpfeiler unter- stiitzten Empore gilt. Als besondere Merkwlirdigkeit verdient der auf der Kircbe bestebende Dacbstubl Erwabnung, welcber nocb immer der urspriinglicbe verblieben ist. Einen ganz andern Entwurf zeigt die ApoUinaris- kircbe zu Sadzka, welcbe freilicb raancberlei Auderungen erfabren bat. Diese Kircbe wurde 1362 durcb den Erz- bischof x\rnest eingeweibt und den Augustiuer Cbor- berren iibergeben, welcbe aber der Kaiser bald naebber in das von ibm auf dem Windberge erbaute Stiff berief. Hierauf scbeint die etwas vom Orte Sadzka entfernt auf einem Hiigel liegende Kircbe einige Zeit bindurcli Vergleicht man die Grundrisse der Kreuzjcirche zu Gmiind und der Bar- barakirche zu Kuttenberg, wird selbst das ungeiibteste Auge die grosse Aehnlich- keit dieser Denkmale bemerken; die Aehnliclikeit wird aber beinahe zur Gleichheit, sobald man di'! iiusseren Nebeiischiffe der letzteren Kircbe hinweg- denkt. Eine nicht minder auEfallende Verwandtschaft zeigen die Detailformen, welche an den von der Familie Arler (Parler) In Gmiind und in Bohmen errich- tetenBauwerken getroffen werden. So entwick>-ln sich z. B. am Prager Dome wie J 110 F Fig-, a. (Gmiind.) an der Kreuzkirche aus den Strebepfeileru durchbrochene dreiseitige Spitzpyra- miden, in deren Mitte je eine Statue angebracht ist, welche natiirlich von keinem .standpunkte aus gesehen werden kann. Dieselbe Feldereintheilung der Fenster durch stiirkere und schwachere Stabe, ebenso dieselbe Vorliebe fiir flamboyente Masswerke, welche wir als Eigenheit der oberen Dompartie zu Prag bezeichnet haben, kommen schon in Gmiind vor. Peter Arler hat sich von Jugend auf in diese Formgebung eingelebt und sie spaterhin nach Bohmen verpflanzt. — 94 — leer gestanden zu liaben, bis sie zur Pfarrkirche erhoben wurde. Die Kirclie diirfte die Form eines lateiiiischen Kreuzes gebabt haben, docb feblt der Stamm des Kveuzes, das Laiighaus, welebes in unbekannter Zeit zerstort wurde. Gegenwartig bestebt das Gebaude aus dem Chore und den zur Rechten und Linken aus der Kreuzvierung vortretenden Arnien, welche gleicb dem Chore durch t'tinf Seiten des Achtecks construirt sind. In der Richtung des Langhauses wird das zwar ver- stiimmelte, aber gewiss interessante Bauwerk durch Fig-. IUj. (Kuttenberg-.) einen schwerfalligeu Thurm abgescblossen, welcher nicht zur alten Anlage gehort, was auch aus dem bei- gefiigten Grundrisse entnommen werden kann. Dass das Querhaus breiter ist als der hobe Cbor, mag auf einer ortliclien Ursache beruhen. Illustration e n. Grundriss von St. ApoUinar in Ping. Fig. 111. (Ini Texte S. 98.) Grundriss der Kirche in Sadzka. Fig. 112. (Im Texte S. 98.) Querschnitt der letzteru Kirche. Fig. 112. (Im Texte S. 98.) Die Maria-Verlifmdiguiigskirche in Prag. Unterlialb der Veste Vysebrad zwiscben weit- lautigen Garten und Fcldern liegt das ehemalige Servitenkloster, genannt: im Ship, mit einer Maria- Hinmielfabrts-Kirche, welche die Anzahl der selteneu, mit einer einzigen Mittelsaule ausgestattenen Hallen um ein bemerkenswerthes Beispiel vermehrt. Mit dem angranzenden Karlshof die siidlichste Spitze der Neu- stadt Prag bildend, ist auch dieses Kloster eine Stiftung Karl des Vierten, welcher auf den Rath des Erzbiscbofs Arnest im Jahre 1359 einige Religiosen vom Orden der Diener Sanctae Mariae aus Italicn berief, nm ein Con- vent zu errichten. Uber die GriindungdcsKlosters erzahlt Balbin in seiner Biographie des Erzbiscliofs Arnest: i „advocantur protinus sex divinae matris servuli, quibus Imperator in honorera Incarnati Filii Dei, sou annun- ciationis bcatissimac Virginis (ita enim in Uteris vocat) 24 martii pridie annunciationis 15. Mariae templum et ' y^T'i- Halbinus. Vita vcneratilis Arnesti, cfc. libi II. pag. 218. domum, angustam illam quidem, sed elegantem, jactis cum Arnesto fundamentis, sub arce Wissehradensi excitavit." Was der gelehite Historiograph Balbinus vom engen und eleganten Klosterhause berichtet, ist buch- stablich wahr; man kann unmoglieh eine Kirche von kleinen Diraensionen erblicken, welche gefalligere Ver- haltnisse zeigte und mit grosserem Fleisse in alien Theilen durchgebildet ware. Das Schifi" wird durch ein regulares Quadrat von 30 Fuss Durchmesser beschrieben Fig. 10(3. (Kuttenberg.) und durch ein Gewolbe iibcrspannt, welches auf einer in der Mitte aufgestellten Sanle ruht. An der Westseite tritt ein zierlicbes, nur 12 Fuss ira Gevierte haltendes Glockentbiirmcben vor, wahrend der 17 Fuss breite und 28 Fuss tiefe Cbor aus zwei Gewolbeabtheiluugen besteht und in der bekanntcn Weise aus dem Achteck beschrieben wird. Zwei kleiue zierliche Portale, welche sich an derNord- und Siidseite gegenliberstehen, fiihren in das Inuere, welches trotz des beschriinkten Raumes durch eine fast unbegreifliche Ausstattung liberrascht. Das bis in den Scheitel 38 Fuss hobe Gewolbe ist mit kriiftigen Rippen und Schlusssteinen ausgestattet; als Widerlager der Rippen und Gurten dienen Capitale von unlibertrefflicher Durchbildnng, welche auf Waudsjiulen ruhen und aus Prager Mergelstein gefertigt sind. Der an den Laubwerken dieser Capitale dargelegte Fleiss ist so ausserordentlich, dass selbst die bei der Kirchen- restauration bescbaftigten Steinmetze glaubten, die Ornamente seien aus Erz ciselirt. Die sehr ruiuose und zum Theil eingestiirzte Kirche wurde, nachdem sie fast 80 Jahre lang als Magazin beniitzt worden war, zwischen 1858 bis 1863 in gelungener Weise restaurirt und als Irrenbauskirche eingeweiht. Ill u strationen. Grundriss der Maria- Verkiindigungskirche. Fig. 113. (Ira Texte S. 98.) Hauptfagade. Fig. 114. (Im Texte S. 99.) Detaillirungen. Fig. 115. (Im Texte S. 100.) Auswartige Kirclieiibaiiten ties Kaisers Karl. Es wiirde von dem gestellten Zwecke, eine Kunst- geschichte Bobmens zu verfassen, abfilhren, woUten wir alle von Kaiser Karl IV. in den vcrschiedenen deutschen — 95 — Laiidern g-egrundeten uad durcli ihn geforderten Bau- werke beschreibeii ; da viele von diesen Bauten in keinem Zusammenliange mit der bohmischen Kunst- scbule stehen, sondeni von Meistern bergestellt wurden, wie sie der Kaiser da und dovt vorfand. So liess er in Niirnberg durch die dortigen Meister Georg und Fritz Rupprecbt die eben so scbone als originelle Frauen- kirche erbauen, beschaftigte dann bei den vielen zu Brandenburg, Fiirstenberg und Tangermiinde ausge- fiihrten Werken den Meister Heinricb aus Stettin, genannt Brannsberg und verfuhr wahrscheinlicli nicht anders als er zu Ingelheim einen Palast und zu Engern Fig. 107. (Kuttenberg.) ein Denkmal fur den Sacbsen-Herzog Witekind anord- nete. In jenen Bezirken aber, welcbe damals eutweder mit Bobmen verbunden waren oder die der Kaiser ganz mit Bobmen zu verscbmelzen trachtete, ubertrug er die Arbeiten oder wenigstens die Oberaufsiebt den an seinem Hofe bescbaftigten Kiinstlern. So erkennt man an der Dorotbeen- oder Minoritenkircbe zu Breslau, an den alten Tbeilen der Stadtkircbe von Zittau und in den Ruinen des Klosters Ojbin die Einwirkung des Dombaumeisters Peter. AufTallender nocb tritt der bob- raisebe Einfluss in den Bauwerken derOberpfalz bervor. Dnrcb die Erwerbung der Stadt Eger war aucb ein Tbeil des alten Egergaues mit Waldsassen, dem Ascber- Gebiete, Tirscbenreut und anderen Ortschaften an Bob- men gekomnien. Karl IV., stets bestrebt sein geliebtes Stammland zu vergrossern, wusste durcb Kaufe und Vertrage die Granzen Bobmens fast bis an die There von Niirnberg und Amberg vorzuriicken und suchte als echter Politiker sicb dieEinwobner der neu erworbenen Landstricbe durcb Ausfiihrung grosser Bauunterneb- miingen geneigt zu machen. Daher kommt es, dass man entlang der Hauptstrasse, welcbe von Prag liber Tachau oacb Niirnberg flibrt, in den Bezirken Park- stein, Floss, Wei den, Vilseck und Hersbruck ausser- ordentlicb viele dem XIV. Jabrbundert entstammende Kircben trifft. Selbst die beriihmte Kirche zu Nabburg lasst einigermassen den bohmiscben Einfluss erkennen. Die Karlsliofer Kirche in Prag. Eine Bescbreibung der Karlsliofer Kirche und ihres herrlicben Kuppelbaues mag die Ubersicbt der Kircbenbauten abscbliessen. Der Kaiser, fortwahrend bestrebt seine Hauptstadt zu verscboneru und mit alien Arten von Prachtgebaudeu zu versehen, woUte aucb eine grossere Kuppel nicht vermissen und ersah sich, um diesen Gedanken zu vervvirklichen, jene Anhohe aus, auf welcber bereits die Kircben St. ApoUinaris und von dieser riickwarts St. Stephan Platz gefunden batten. An der erwithnten Stelle war im Jahre 1351 ein Stift fiir Cborherrn des hell. Augustin angelegt worden, welchem aber noch die Kirche fehlte : diese scheint nicht vor 1360 begonneu worden zu sein und wurde erst im Mai 1377 eingeweiht. Uber eine Anecdote, welcbe sicb bei dem Einweihungsfeste zugetragen, dass nemlich der anwesende Kaiser einer verbliimten Bettelei des Abtes Gebor gegeben und das aus der Residenz heriibergeholte silberne Tafelgescbirr dem Stifte geschenkt babe, berichten die Chronisten sebr ausfiibrlich, wahrend iiber die Kirche selbst das tiefste Scbweigen beobacbtet wird. Es ist wahrscheinlich, dass die Kuppel damals nocb nicht voUendet war, sondern nur der Chor mit dem Haupt-Altar eingeweiht wurde, worauf sicb der Ban noch bis gegen 1400 bin- — 96 — gezogen haben mag. Die sanimtliclien Stiftsgebande hatte del- Kaiser aus eigenen Mitteln evrichteii lassen, wesslialb die Kirclie zu Ehven des lieil. Karl geweiht und dem Htifte der Name Karlshof beigelegt wurde. Die Vermiithiuig, dass die Kiippel erst geraume Zeit nach des Kaisers Tode zu Stand gebracht worden sei, wird diirch verscliiedene tecbiiiscbe und arehaologiscbe Griinde unterstutzt. Fi.i,'-. lUb. (Kiittonberg.) Das Kircbenbans bat die C4nindform eiiies nacb den Weltgegcnden orientirten Aobtecl^s , an dessen gegen Osten gericbteter 8eite cin ans zwei Gewolb- abtbeilnngen bestcliender Clior vorspringt. Dem Cbove gegenliber war eine Vorlialle angebracbt, welcbe aber spaterbin in die bundertfaltig iimgeanderten .Stiftsgeban- de einbezogen wurde. Der gerade Durcbmesser der acliteckigen Ilalle brtifigt ''2 Wr. Fuss, oder 22-75 M., web-bcr Kaum dureli ein etwas ubcrliiilitcs Halbkiigel gewolbe iiberspannt wird. Die Wiilbung entwickelt sicli in der Hiilie von ]M Fuss liber dem Fussboden der Kirclie, wo die i;i])pcn aus den Capitiileu der Wand- saiilen hervortreten und aufwarts strebend sicb zu einem pracbtvollen Stern verbinden. Die licbte Hiihe der Halle bis in den Scbeitel des Gewolbes betriigt 57 Fuss, die Erhobung der Bogenlinie iiber den Halb- kreis 3 Fuss; dabei halt das Gewolbe eine Starke von 0-27 M. ein, doch sind die Hauptrippen an der Aussen- seite derKuppel urn 0-40 M. verstarkt. Die Umfassungs- wande des Polygons sind nur 3 Fuss 2 Zoll, also genau 1 M. stark, werden aber an den Ecken durch Strebepfeiler von 1 M. Breite und 2 M. Vorsprung unterstutzt. Obwobl das Dacbwerk iiber der Kircbe zweinial abbrannte und liiedurcb die alten Feuster mit iliren Masswerken, wie aucb die das Dacb uniziebende Gallerie zerstdrt wurden, bat dennocb die trefflich construirte Wolbung keinen Scbaden gelitten und befindet sicb in so guteni baulicben Zustande, dass sie nocli Jabrbunderte bindurcb ansdauern kann. Anfang- licb scbeint die Kircbe frei gestanden zu baben und nur an der Westseite durch die Vovballe mit den Stiftsgebauden veibunden gewesen zu sein, gegenwar- tig ist die SiUlseite verbant und nur noch die Nordseite frei, in dereuMitte dasLaien-Portal angebracbt ist. Die dermal bestebenden dreifeldrigen Fensfer^ sind nicbt mehr die urspriinglichen, sondern gebijren einer spatern Restauraliou an und zeigen jene scbwerfallige Gothik, Fig. 10^». (Knttenbevg.) die urn den Beginn des XYI. Jabrhunderts iiblich war. Die Giebelkrilnung nebst den Galerien, welcbe ebemals das Dacb umzog'en, sind durch die Brande zerstort worden, die gegenwartige Dacbung bait die durch die Kuppel vorgezogene Linie ein und ist mit einem zwiebelformigen Glockentbiirmchen bekront. Der Cbor ist 28 Fuss breit und 40 Fuss tief, mit Kreuzgewolben uberdeckt und aus sieben Seiten des Zwolfecks geseblossen. Wir erblicken bier aberu;als eine der von Meister Peter so gern angewandten Constructionen,dass das Polygon auf die Spitze gestellt ist und ein Pfeiler in die Mittellinie der Kircbe fallt. Die Eippen der Gewolbe mit den an den Wilndeu hinaufziehenden Diensteu, die Scblusssteine und die Profilirung des Triumpbbogens sind genau so gebiblet, wie die in der Kreuz-Capelle zu Karlstein vorkommen- den Theile. Aucb ergibt sicb aus der Bearbeitung der Steine und dem Verbande , dass der Cbor etwas alter sei als die Halle, aber nicbt melir als beilauiig tunfzebn Jabre. Das Innere wurde um 1720 von Kilian Dinzen- bofer restaurirt, mit einer beiligen Stiege ausgestattet und dann ini Style der Lorettokircbe ausgemalt-. Dinzenbofer, einer der bedeutendsten Architekten seiner Zeit, versuchte sicb mancbmal im gothiscben Style, welchen er in derselben Weise bebandelte oder missb'andebe, wie der damals in Sedlec beschaftigtc Jgnatz Baver, und der Italiener Giovanni Santini, der die Klosterkircban Selau und Kladrau wieder in Stand sctzte. Das Sterngewolbe, so reicb es war, seniis-te dem decorationslustigen Dinzenbofer niclit: er fasste die Rippen mit kleinen Zierbogen aus Stukko ein und verkleisterte die Gewolbeflachen mit allevlei Rahmenwerken, welche wie es der damalige Gesclmiack evforderte, aufs reiclistevergoldet warden. Durchgefuhrt wurden diesc Ausstattungen mit so voUendeterHarmome, dass selbst Keuiier sich tauschen liessen nnd das Gewolbe als eine Arbeit Dinzenbofer's ansaben. Seme Maiestat der Konig Friedricb Wilbelm IV von Preussen fand sicb von den Decorationen der Kavlslioter Kivche so angesprocben, dass er dem Verfasser im Jabr Iboo den Auftrag ertbeilen liess, eine in moghcbst grossem Massstabe gehaltene Farbenzeicbnnng des lunern auszuarbeiten. In Folge dieses Auftrages veranlasst, genaue Untersncbungen liber die fragbchen Decora- tionsmalereien anzustellen, fand icb, dass imter der gegenwartigen Tlincbe eme dem XIV. Jabrbnnderte angeborende Be- pC; niahmg sicb stellenweise erbalten j/^'- babe, welcbe arabeskenartig ans- geflibrt war. Wenu del- Karlsboferbaii in Bezug ant materielle Grosse nicbt ' mit dem Meisterwerke Brmielle- schi's, der stolzen Kiippel von Santa I Maria del Fiore zu Florenz ver- \ glicben werden kann, verdient docb I das Work nnseres Arler nicbt min- \ dere Bewunderong, als der bedeu- tendste gotbiscbe Kuppelban, wel- cber bekannt ist. Die Leicbtigkeit I nnd Soliditat der Construction, die \ Eleganz der Einzelbeiten nnd der \ trotz mancber Verzopfungen nocb immer majestatiscbe Eindrnck des Innern sind uniibertrefflicb. Das Aeussereist bis zm-Unscbeinbarkeit entstellt. Der beigegebene Grundriss zeigt das Sterngewolbe, wie es sicb anf einer Flacbe prasentirt, wenn man die Kreazungspmikte der Rip- pen mit Bleilotbeu bestimmt. Ein von mir 1856 veroffentlicbter, anch in ■ Kugler's Haudbucb Ubergegangener Grundriss der Kuppel wurde durcb denXylograpben in moglicbst miss- Fig. 110. (Kuttenberg.) verstandener Weise wiedergege- ben, was biemit bericbtigt sein soil. lUustrationen. Grundriss der Karlshofer Kircbe. Fig. 116. (Im Texte S. 101.) Durcbscbnitt derselben. Fig. 117. (Im Texte S. 101.) Portal. Fig. 118. (Im Texte S. 102.) Profaubauten. Nacbdem wir das Scliloss Karlstein als das wicb- tigste Profangebaude Bohmens bereits in Verbindung rait dem Dome gebracbt und besprocben baben, bleibt nur zu erwabnen, dass die sammtlicben von Kaiser Karl angelegten Paliiste, Burgen und Amtbauser entweder ganz verscbwunden sind oder in Ruinen liegen. Der koniglicbe Palast in Prag, von Karl 1333 bis 1340 erbaut, wirrde durcb den Neubau des Kouigs Vladislav II. bis auf die letzte Spur vertilgt, von den Scblossern Karlik an der Beraun und Karlsbaus zu Karlsbad finden sicb nur nocb einige Fundamentc vor, wabrend die im Bobmerwalde liegende Gran/ieste Karlsberg als macbtige Ruine die Gegend von Berg- reicbenstein beherrscht. Der Kaiser liess diese Burg zur Deckung der Granze gegen Bayern anlegen, wess- balb koine ubertriebene kiinstleriscbe Ausstattung hier vermuthet werden darf : docb verdient die Anlage der Burg selbst einige Worte. Karlsberg. Nabe bei Bergreicbenstein, wo ebemals ergiebige Goklbergwerke bestanden, erbebt sicb auf einem Aus- laufer des 3300 Fuss boben Zosumberges die Scbloss- ruine Karlsberg, zu welcber ein steiler, durcb dreiTbore und Vorwerke gescblltzter Weg binanfiibrt. Nacbdem man einen kleinen Vorbof durcbscbritten, gelangt man in den eigentlicben Burgbof, welcber durcb eiuen tiefen Graben und ein nocbmaligesTbor von derVorburg getrennt ist. Hier stebt auf der 450 Fuss langen und durcbschnittlieb etwa 60 Fuss breiten durcb erne bobe Mauer umscblosseneu Burgstelle ein scbmales 150 Fuss lan£;es recliteckiges Gebaude, welcbes an beiden Enden duixb je einen boben viereckigen Tlmrm flankirt wird. Um zu diesem Gebaude, dessen Mauern 8 Fuss dick sind, zu gelaugeu, musste man nocb einmal emen Graben und eine Zugbriicke passiren. Das mittlere Gescboss des gegen 50 Fuss boben Gebaudes _zeigt nocb einige von jenen tiefen mit gemauerten Sitzen ausgestatteteuFensterleibungen, welcbe fur sicb kleme Gemacber bilden, wie bei Bescbreibung der Burgen Fig. 111. (Prag.) Klingenberg und Pisek (II, 106 — 107) erklart wurde. In diesen Fensterniscben sind nocb Reste alter Wand- genialde zu erkennen, deren aucb der ostlicbe Tburm einige entbalt. Dieser Tburm diente als Bergfried, aucb scbeint bier die Capelle bestanden zu baben, da die im obern Stockwerke angebracbten Malereien nur Heilige darstellen. Die Tbiirme waren creneHrt und oben mit vorgetragenen Umgangen verseben, von den ebemals gemauerten Dacheru baben sicb nur die Ansatze erbalten. Von den Tbiirmen aus, soweit sie zugfingbcb sind, bat man eine wundervolle Aussicbt iiber das Bobmerwaldgebirge und den am Scblosse vorbei nacb Bayern binziebenden goldenen Steig. Die bescbriebene Burg soil im Jabre 1356 durcb einen aus Reicbenstein oder der Gegend stammenden Baumeister Namens Veit Hedvabny erricbtet worden 13 — os- sein: ihrc Form liefert den biindigstenBeweis, dass die uralt lierkonimliclie langgestveckte Burgenanlage audi im XIV. Jalirhundert beibehalten wiirde. Scliloss Rosenberg. Von den zalilreichen Schlossem der Herreii voii Rosenberg ist diese Burg-, welche iliren Namen fiihrt, die einzige, iiber deren Bauzeit wir nahere Kunde besjtzen. Im Jahre 1357 legten die Briider Peter uiid Ulricli von Rosenl)erg die Versicberung ab, dass sie Fig. 112. (Sadzkii.) sicb kunf'tighin als getreue Untertbanen des Kaisers Karl Ijenebmcn werden und baten, dass ihrneu erbautes Schbjss Rosenberg ihnen und ihren Nacbkomnien als Reichslebcn iibcrtrageu werde. Nacb einer anderen niit oltigcr iibercinstimnieiidcn Nacbriclit wiirde derScbloss- bau 1350 begoiincn, iiacbdem sicb die uiacbligen Dy- nasten mebrmals empiirt batten. Aucb diese Burg zeigt die bckannte scbniale und gestrcckte Anlage, soweit sicb die alte Form ermitteln lasst. Die Moldau windet sicb an dieser Stelle mit einer beinabe in sicb selbst zuriickkebrenden Scblangenlinie um den steilen Burg- felsen, aufdessen Plateau sicb das mit zahlreicben Erkern versebene bocbst maleriscb situirte Scbloss ausbreitet. Gegenwartig Eigentbum der Grafen von Buquoi und ununterbrocben bewohnt, ist die Burg selbstverstand- licb so baufig iiberandert, modeniisirt and wieder gotbi- sirt vi^orden, dass mit Ausnabme der allgemeiuen Disposition nur nocb ein der herabstromenden Moldau zugekehrter Warttburm und die siidlicben Umfassungs- mauern der Griindungszeit angeboren. Der langlicbe Burgbof ist ganz mit Baulicbkeiten umscblossen, die samratlicbeu Gemacher sind aufs eleganteste ausge- stattet und mit Waffen, Gemiilden und Altertbiimern aller Art geschmiickt. Isolirt von den Scblossgebanden stebt der alte runde Bergfried, dessen Mauern 12 Fuss dick sind, der senkrecbt zurHohe von 90 Fuss aufsteigt und welcber der Sage nacb ein eben so tiefes Verliess baben soil. Der gemauerte Helm dieses Tburmes wie die angebracbte Luge sind grosstentbeils eingestiirzt. Fig. 113. (Prag.) Die grossern Landes- und Herrenburgen geboren nieist der friiberen Periode an und sind im zweiten Bande gescbildert worden; dieBurgen der Ritter jedocb, welcbe im XIV. Jabrbundert erbaut wurden, tragen selten kiinstlerisches Geprage und gewiibren trotz des gewobnlicb maleriscben Ansebens fiir den Forscber geriuges Interesse. Einzelne Reste von Tboren, Trep- penbausern und Erkern werden bie und da getrolfen, obne dass man Aufsebluss iiber die Anlage erbielte ; nennenswerth sind eine Partie im Hofe des Scblosses Pardubitz mit einer Vortre]ipe, eiu Tbor in derweitlau- figen und imposantenBurg Kuneti-c (Kuneticka flora), welcbe jedocb in ilu'en Hauptbcstandtbeileu diircb die Herrn von Pernstein um 1500 griindlicb erneuert worden ist, ferner die Warttbiirme der Burgen Ko st undRaby, crstere im BunzlanerKreise, die andere im Bobmerwalde — 99 — gelegen. Bei clem StiuUchen Lauf unweit Nuniberg besteht ein von Kaisev Karl IV. angelegtes, freilich oft umgeandertes Sehloss mit altem Treppenhaus mid Eiiigang, iieben welehem cine woblerhalteues Stand- bild des beiligen Wenzel angebracbt. ist, welcbes spaterhin geschildert werdeii soli. Meist sind es nur die Burg-Capelleii, welcbe ihre urspruiiglicbe Form gewahrt baben : diese stehen manchmal isolirt wie in Kunetic oder sind als Erker vorgebaut, wie in Blatna undbei bescbeidenen Dimensionen gewobnlich aus dem Achteck gescblossen. Einzelne befestigte Thiirme zum Schutze der Strassen und Passe wnrden von Karl D . haufig erriclitet, wie dieKnnzwarte am goldenenSteig, die sogenannte jjGans" unweit Prachatitz,Baj reck bei Neuern und M a i d s t e i n an der Moldau. Maidstein rulit auf uralten Fundamenten, welcbe der vorbistoriscben Zeit ent- stammen, der Tlmrm ist diirch eine am 23. Juui 1349 von Kaiser Karl ausgostellte Urknnde als ein Werk Jodok II. von Rosenberg docimientirt, Durcb Anlage dieser Feste wollten die Herrn von Rosenberg ibre Besitznngen gegen einen von Siiden her eindringenden Feind scblitzen und waren zugleich im Stande, die Moldau zu sperren. Rathhauser iintl oifentliolie Gebiiiule. iiber den Ratbhausern Bobmens waltete ein beson- derer Unstern, es bat kein einziges seine urspriinglicbe Form bebalten. Die Rathbausbauten der Alt- und Neu- stadt Prag sind zwar durcb Kaiser Karl angeregt, aber erst unter Wenzel IV. ausgefitbrt worden. Das bocb- gerllhmte gotbiscbe Ratbhaus zu Kolin wurde im Anfange des gegenwitrtigen Jabrbunderts abgetra- gen, von dem mebrmals abgebrannten Ratbbause zu Leitme ritz bestebt nocb ein einziger Eckpfeiler, welcher an die alte Pracbt erinnert, das Ratbhaus zu Kuttenbcrg ist 1770 durcb einen Brand zerstort und dann abgetragen worden, die Rathbauser zu P i 1 s e n , B u d w e i s , C a s 1 a u , K o n i g g r at z und iiber- haupt der meistenStadte Avurden modernisirt und halten nicht einmal die urspriinglichen Stellen ein, endlich das im elegantesten Friih-Renaissancestyle ausgefilhrte Ratbhaus zu Briix, mit welehem ein aus der Zeit des Kaisers Karl herriihrender Thurm verbunden ist, sieht der Abtragung entgegen und wird vielleicht, wahrend wir diese Zeilen niederschreiben, demolirt. In Leitmeritz lasst sich indess die alte Anlage nocb so ziemlich lieraustinJen. Man erkennt, dass die im nordlichen Deutschland iibliche Anordnung auch in Bohmen mustergiltig geworden ist. Die dem Markt- platze zugekelirte Vorderseite des Erdgeschosses war mit einem otfenen etwa 15 Fuss weiten Laubengange versehen, unter welehem feinere Waaren feilgeboten wurden. Hinter diesem Gauge befand sich ehemals eine Halle filr die Stadtwage und die Marktschreiberei, auch eine Stube fin- die Wachmannschaft, unterhalb im Keller einige Gefangnisse. Der Versammlungssaal nabm (wie bei alien Ratbhausern) den grossten Theil des ersten Geschosses in Anspruch, nebenan lagen, wenn es der Raum zuliess, einige Gerichtsstuben und wie z. B. in Briix auch eine Folterkammer. Im zweiten Stockwerke waren gewobnlich nur Nebenraume untergebracht, auch die Aufbewahrungskammern I'iir WalTen , Fahnen und allerlei Requisiten. Der Stadtthiivni in Kaden. Einigen Ersatz fiir die mangelnden Rathbausbauten gewabrt der ebenso sebone als wohlerhaltene Stadt- thurm in Kaden, ein zwar einfaches aber gliicklich an- geordnetes Bauwerk, welcbes ganz aus Sandstein- quadern aufgeftihrt, sich mit Inbegriff des Helines zu einer Ho he von 170 Fuss erhebt. Das Ratbhaus, zu welehem dieser Thurm gehort, brannte imJahre 1811 ab und wurde dann in modern prosaischerWeise aufgebaut: der gliicklichervveise vom Feuer verscbonte Thurm blieb vonSicherheits- undBau-Commissionenunangetastct. Er bildet im Grundrisse ein regulares Quadrat von 25 Fuss Fig. 114. (Prag.) seitlicher Ausdelmung und besteht aus vier Stockwerken. Durcb das Evdgeschoss fiihrte ehemals derHaupteingang in das Ratbhaus : im ersten Stockwerke befiudet sich eine zwar nicht mehr beniitzte und verwahrloste Kapelle mit einem netten Erker, der als Altarraura diente. Die bei- den oberen Stockwerke enthalten keinen bemerkens- werthen Gegenstand. Hat man die bier hindurchfiihren- den Stiegen erklommen, tritt man in der Hobe von 100 Fuss auf einen offenen mit Zinnen bekronten Umgang, wo der achteckige Helm ohne andere Ver- mittlung anzusteigen beginnt, als dass die Ecken des Umgangs durcb erliobte Zinnen abgeschragt sind. Der 13* — 100 mil liochsterAccuratesse durcligefiihrteHelm ist es, dt-r dem Tliurme seinen eigentlicheii Werth verleiht: die aclitseitige Pja-amide wird an den Ecken von sogenauu- ten Krabben oder Kriechblatteni eingefassl. ^uul in dor Htilie von 30 Fuss diirch einen senkrecht stebenden Giebelkranz unterbrochen , worauf die abermals mit Krabben umgebene Pyramide sieli bis zur Starke von 24 ZoU zuspitzt und mit eiuem achteckigen Knaufe bekrijnt wird. Der Tburm wird baufig als ein Werk des XV. Jalirhunderts genannt, weil Kaden 1362 und wieder 1421 dureb Feuer zerstort wurde: allein das Bauwerk hat diese Uugliicksfalle ilberdauert, wie unter audereu durch den Umstand sicbergestellt wird, dass die Capelle scbon 1450 aufgeboben wurde. Aucb die Bilduugen der Krabben und Gesimse zeigen noch die altertbumlicben Formen, wie sie um 1370 gel)raucb- licb wareu, wesshalb sich das angebliehe jiingere Alter nicbt wohl begrilnden lasst. Illustration. Ansicht desThurmes. Fig. 119. (Im TexteS. 103.) Das Literateuliaiis in Frachatitz. Wie es gekommen, dass die von zalillosenUnglucks- fallen beinigesucbte Stadt Prachatitz im Besitze eines vollstitndig erhaltenen ausehnlichen Gebitudes, welches der Mitte des XIV. Jalirhunderts entstauimt, verblieben ist, wahrend die grossen Stadte ihreDenkmale verloren liaben, gehort wohl zu den seltsamsten Schicksalsfiigun- gen. Es bestand in Prachatitz wie in mehreren anderen Stitdten Bohmens ein sogenanntes Literateuhaus, welches zum Theile als Schule diente, theils den Zweck hatte, junge Lente fur den Kircbendienst und Gesang lieran- zubilden. Finer nicht verbiirgten Sage nach soil Zizka in dem Literatenhause zu Prachatitz seinen ersten Unterricht erhalten baben. Die Grundform ist ein uuregelmassiges Viereck, dessen Seiten verschiedene kleine Ausbeugungen und Ecken zeigen. Das Haus ist um einen kleinen Hot' gelagert, nach welchem die Daehung geneigt ist ; es erhebt sich senkrecht in zwei Stoclcwerken zur Hohe von 42 Fuss, wo ein kraf- tiges Gesimse das ganze Gebaude umzieht. Ober- halb dieses Gesimses ist ein 12 Fuss hoberZinnenkranz angeordnet, welcher dem Ganzen ein trotzig la-iegeriscbes Ansehen verleilit und eher auf eine Stadtburg oder ein Geffingniss schliessen lasst. Die Fenster sind ungleich vertheilt, viereckig und klein, sie haben tiefe wohler- baltene Einfassungen, aucb sieht man Spuren, dass einige mit steinernen Staben ausgestattet waren. Von den Gemachern des Erdgeschosses sind mehrere einge ■ wolbt, die der oberen Stockwerke aber mit Holzdeclien versehen. Die Stuben sind winkelig und verkommen, da das Gebaude nach und nach den verschiedensten Zwecken dienen musste und zur Zeit meiner Anwesen- lieit vom Kirchendiener bewohnt wurde. Erriclitet ist das Ganze aus granitischen Brucbsteinen, die Zinnen. Gesimse, Strebepfeiler und Fenstereinfassungen bestehen aus Werkstiicken. Im XVII. Jabrhundert, als in Pracha- titz das Bemalen der Hiiuser Mode wurde, blieb auch das Literateuhaus von einer derartigen Ausstattung nicht ganz frei, docb haben Sonne und Regen nur einige nicht mehr zu entzitfernde Reste ilbrig gelassen. Auf der Tafel mit der Ansicht der Prachatitzer Kirche erblicken wnr auch das Literateuhaus, es steht zur Rechten des Chores. Fig, 115. (Prag.) Die Mol(laiil)riicke zu Praa;. Im Jahre 1342 war die ulte von der Kouigin Judith erbaute Briicke liber die Moldau durch ein Hochwasser beinalie ganz zerstort w^orden und es trat an den dama- ligen iMitregenten Karl alsobald die Aufgabe heran, flir eine neue und zw^eckmiissigere Verbindung zwischen den zw^ei durch den Fluss getrennten Hillften der Stadt Sorge zu tragen. Es war auch in Folge verschiedener Ncuerungen notliwendig geworden, die durch die Alt- stadt zur Briicke fiihrende Hauptstrasse umzulegen und der l^riicke selbst eine andcre Riehtung zu geben, vveil das Flussbett sich vcrandert hatte. Die Ausfuhrung dieses wichtigen Unterncbmens musste indess fiir einige Zeit zuriickgestellt werden : es traten die Kaiserwahl, die deutschen Angelegenbeiten, der Dombau, die Griin- dung der Neustadt und noch so manehe Zeit und Geld in Anspruch nehmende Geschafte dazwnscbeu, ehe Hand ans Werk gelegt werden konnte. Es scheint aucb, dass eine so scbwierige Bau- nicbt vorhanden gewesen sei. AutfaUend erscheint immerliin, dass der mittlerweile zum Kaiser und Konig erhobene Karl IV. den Briickenbau dem ersten Dombaumeister Mathias nicht anvertraute, und erst secbzehn Jahre nach dem Einsturze der alteu Briicke den Neubau vornahm. Endlich nachdem alle ein zuverlassiger Meister flir fiibrung Vorbereitunft'cn getrotfen worden w^aren , legte der Kaiser eigenhandig am 9. Juli 1358 den Grundstein zu — 101 — der neuen Briicke unci ubertrug die Leitung des Baues dem Meister Peter, welcher damals flinf und zwanzig Jahre ziihlte und sicli iiach erst zweijahrigem Aiifent- halt in Bohmen das voile Zutrauen seines kaiserliclien Gonuers ervvorben hatte. Der Ban wurde am rechten Ufer der Moldau begonnen und maclite in den ersten Jabren verlialtnissmassig rascdie Fortscbritte : der sie- bente Pfeiler wurde gliicklicb aufgefiibrt und man rlickte bis zu der inmitten des Flusses liegenden Insel Kampa vor, als man auf unerwarteteHindernisse stiess. Tbeils war gegen das linke Ufer bin der Baugrund von scblecliterer BescbafFenbeit, tbeils lagen bier mebrere dem Dom-Capitel und deniBiscbofe geborende Garten, Avelcbe Besitzer sicb nicbt zu einer Abtretung beque- nien woUten. Der Kaiser scbeint kurz vor seinem Tode diese Hindernisse beseitigt zu babeu, erlebte jedocb die VoUendung des Werkes, die erst gegen 1400 erfolgte, nicbt mebr. Uber den weiteren Bauver- lauf, die Einweibung und Eroffnung der Briicke feblen sozusagen alle Nacbricbteri : ein Waitmilbl der alle Ereignisse sorgsam aufzeicbnete , war nicbt vobanden und Konig Wenzel IV. war kein Freund von kircblicbeu Feierlicbkeiteu, welcbe den Cbronisten jener Zeit wicb- tiger erscbienen, als die Sacbe urn die es sicb bandelte. Wabrscbeiolicb zog neben der neuen Briicke ber eine bolzerne Notbbriicke, welcbe stiickweise abgetragen wurde, sobald eine Partie des Neubaues dem Verkebr erotifnet worden war. Die Briicke bat in ibrem fiinfbundertjahrigcn Be- stande zwar viele Anderungen erfabren, ist aucb etwas verkiirzt worden, obne jedocb die ursprlinglicbe Form ver- loren zu baben. Aucb sind viele Jocbe, von Auswechslun- gen einzelner Steine abgeseben, gauz die alten geblie- ben. Die gegenwiirtige Lange zwiscben den Tblirmen betragt 1645 Wiener Fuss; die Breite innerl.alb der Gelaudersteine ist nicbt ganz gleicb und wecbselt Fig. 116. (Prag.) zwiscben 31 bis 33 Fuss, wie aucb die Briickenlinie sicb nicbt scbuurgerade binziebt sondern mebrere Aus- beugungen zeigt. Nacb alteren Abbilducgen zilblte man Fig. 117. (Prag.) in der ganzen Lange 16 grosse Bogenoffnuugen uud zwei Landdurcblasse, welcbe letztere imJabre llOli vermauert worden sind. Gegenwartig besteben zwiscben dem Altstadter Briicktburm und der Insel Kampa 10 Bogen, von dieser Insel bis zum Kleinseiter Briick- tburm 5 Bogen, wozu noeh ein innerbalb des Altstadter Tburmes bestebender nicbt mebr dem alten Bau ange- borender Bogen kommt. Die Spannweite der Bogen scbeint urspriinglicb mit 72 Fuss, die der Pfeiler mit 30 Fuss angenommen gewesen zu sein, docb 4ial- ten weder Bogen nocb Pfeiler dieses Mass genau ein, bald sind die Oftnungen, bald die Pfeiler etwas welter oder scbinaler. Die Pfeiler sind mit spitzwinklicben Vorbauptera verseben, auf welcbeii im vorigen Jabrbundert strebepfeilerartige Postaraente auf- gemauert wurden, um die vielbesprocbeuen Standbilder und Figurengrnppen , meist Heilige des Jesuitenordeus darstellend, aufzunebmen. Die Oberflacbe der Briicken- bnbn bildet in der Langenricbtung eine Bogenlinie, da die niittleren Bogen beiuabe durcb Halbkreise, die ausseren aber durcb immer flaeber werdende 8egmente bescbrieben sind. — 102 — Die Construction der Wolbungen zeigt manches Eigenthiimliche: es zielien zwei Reihen von genau keil- tormig behanenen Bogensteinen iibereinander bin, die nnteren baben eine Lange von 80, die oberen von 65 Cm., die Breite der Steine ist beliebig und wecbselt von 35 bis 60 Cm., auf diesen Bogen ist das tibrige Mauerwerk in borizontalen Scbichten aufgeftihrt. Das Materiale ist dnrcbans derselbe Sandstein, welclier am Dome gebraucht wnrde und der ostlich von Prag bei Nehvizd in nngeheueren Massen gebrocben wird. Die Briicke flihrt noch imm.er den Nnmcn des kunstliebenden Kaisers, welcber sie griindete und dessen Stnndbild am Altstadter Briickthurme angebracht ist: sie beliauptet unter den mittelalterlicben Briicken- bauten eine bervorragende Stelhing und diirfte inBezug auf solide Construction unlibertroffen dastehen. Wo Meister Peter sicb die Kenntnisse angeeignet, um in noch jugendlichem Alter ein so ungeheueres Werk durcbzufuhren, werden wir aus seiner am Schlusse dieses Bandes beigefligten Biogropliie ersehen. Fig. 118. (Karlshof.) Illustration en. Ansiclit eincs Jochcs, Grund rnd Aufriss. Fig. 120, 121. (Im Textc S. 104.) An der Briicke kommen vicle, aber nur selir ein- i'ache .Steininctzzeicben vor, als: und ahnliche, welcbe grosstentbeils den Buchstaben des lateinisclien Alphabets nachgebildet sind. — 103 — Bildende Kiinste. Die Malerbruderschaft S. Lucas. Durch deu Dombau imd die Griindung der Neu- stadt hatte Karl IV. fiir die sieli entwickelude Kunst- thatigkeit einen Mittelpunkt gescbaffen, dessen wohl- tliatige Folgen sicli friiher offenbavten, als irgend erwartet werden diirfte. Sclioii im vierteii Jahre nacli dein Begiim des Dombaues mid gleichzeitig mit Grliii- dung der Prager Universitat trateu die vorragenden Meister der verschiedenen Kunstgevverbe, als: Maler, Schilderer, lUumiuatoreu, Bildhauer in Stein und Holz, Former, Goldarbeiter und Goldschlager , Glaser, Perga- mentmacher, Ciseleure und Buchbinder zusammen, urn einen Verein zu grlinden, dessen ausgesprochener Zvveck gegenseitige Belehrung und Unterstiitzung war. Obschon diese Gesellschaft , deren Statuten liier mit- getbeilt werden, in erster Linie die Tnteressen der kirchlicben Malerei zu fordern sucbte, wesshalb zum Vorsteber satzungsgemiiss nur ein Maler gewahlt werden durfte, iibte sie doeb auf die Hebiing der libri- genFacher den vortheilhaftestenEinfluss. DieSatzungen dieser Gesellschaft baben sicb erhalten; sie gelangten, als sicb itn vorigen Jabrbundert die Maler-Innung auf- loste, in die Hands des wissenscbaftlicb gebildeten Malers Quirin Jabn, der sie in den „Materi alien zur alten und neuen Statistik von Bobmen, VI. Heft, 1 7 88 " veroffentlicbte und danu an die sicb bildende Gesellscbaft patriotiscber Kunstfreunde iiber- liess. In der Bibliotbek dieser Gesellscbaft wird die Originalscbrift nocb immer verwabrt : sie ist in deut- scher Spracbe auf starkes geripptes Papier gescbrieben mit jenem Ductus, der urn die Miite des XIV. Jabrbun- derts iiblicb war, in welcbem aucb die zablreicben von Kaiser Karl berriibrenden Urkunden gescbrieben sind. Das Heft ist in Quartformat gebalten, und es ware moglicb, dass der beriibmte Tbeodoricb, welcber seinen Namen mit dem Beisatze „primus magister" obenan setzte, die aus gemeinscbaftlicben Beratbungen bervor- gegangenen Satzungen niedergescbrieben babe. Etwa 1440, als sicb im Lande die Rube zu befestigen schien und die Kiinstler das Bediirfniss fiihlten, sicb wieder aneinander zu scbliessen, warde eine bobmiscbe Uber- setzung__den alten Statuten beigefiigt: die Scbriftziige dieser Ubersetzung verratben deutlicb eine um etwa einbundert Jahre jiingere Hand. Wie bei alien mitteialterlicben Einricbtungeu bil- dete das religiose Element die Grundlage des Vereines, welcber den beiligen Lucas zu seinem Patron wablte und sicb aucb Lucas-Brudei scbaft nannte. Die ersten Abscbnitte der Statuten bezieben sicb auf Gottesdienst, kircbliche Ordnung und Beitiage, danu folgen verscbie- dene sebr praktiscbe Vorscbriften, von deren Zweck- niassigkeit man oft uberrascbt wird. Die urspriinglicbe Satzung besteht aus dreissig Paragrapben, welcbe zusammen secbzebn einzelne Gesetze entbalten, Meb- rere spaterbin thcils in lateiniscber, tbeils bobmisclier Spracbe binzugefiigte Artikel bescbaftigen sicb nur mit Nebendingen und sind flir unsere Zwecke bedeutungs- los. Wir fiih "en die Gesetze der Reibe nacb an. l''i£-. 1U>. (liaden.) T. Dieser Abscbnitt besagt, dass am Jabrestage 1348 die Maler und Scbildcrer zusammengetreten seieu, um eine Bruderscbaft zu stiften: Gott und unserer Lieben Frau zu Lobe, aucb zu Ebren des beiligen — 104 11 Lucas uud oiler iibrigen Heiligeu. Die Bnuler- scbaft soli alien Mitgliedern /AiuiTroste gereiclieii mid sie liiufiiliren 'znr Seligkeit. Desshalb soli iedev Aleister (mevstir^ und seine Fran (Wrawe) Verbiniden seiu, am St. Lncas-Abend einer^ esper beiznwohneu : wer ansbleibt oder vor dem Scblnsse des Gottesdienstes fortgeht, bat ein Ptund\\ acbs ah Strafe zn bezablen. {(ij scbollin gebyn czu iniss evn pfnnt ^Yacbis.^ - Feruer soli jabrhcb am St Lncas-Tas eine feierlicbeMesse abgebalten und eine 9 Pfund scbwere Wandelkerze gestittet werden. Die Kerze muss sebon bemalt und mit Gold nndSilber verziert sein : sie soli in der Kirebe verbleibeu und breuiien bei den Hocbzeiten der Mito'lieder. ^Ver immer die Messe am Lucas-Tage versanmt. sei es Meister oder Fran, die sollen zwei Pfund Wacbs Strafe bezablen. Dieter Parasrapb enthiilt in secbs Lnterabtbei- " luugen die Verptlicbtungen der Mitglieder gegen den Pfarrer, die Yorscbrifteu bei Beerdigungen uud die von Seite der Brudersebaft an die Hinter- lasseneu zu leistenden Unterstutzungen. Hier kommt nuter Anderni das bebevzigenswertbe Gesetz vor, dass drei Meister bei der Leicbe eines dem Verein Angeborigen Wacbe balten sollen bis zur Bestattung; dass ferner die Namen derjenigen, Avelcbe den Sarg zu tragen baben, durcb das Los bestimmt werden. (Fnd daz man di leicb czu Kircbin tragin scbol.so scbol man di brif aus der pucbsin nenien. uud welcber vier namen man be^reift dv seluilln zu bant yer meutil von in tun. und sebuUn mantvllaz dy leicb czu Kircben tragen). in. Dieses Gesetz stellt die Beitrage und das Emtritts- o'eld fest, entbalt die Bestimmung, dass der, welcber im Riickstand bleibt, die scbou geleisteten Einzabluueen verliert: falls er aber abwesend sem sollte. kunne er die entfallenden Retriige bei der Ruckebr entvicbten, wie denn beziiglicb der Em- =1 Fiff. 120. iPi-ag. zalilungen allerlei Erleicbterungen beigescbaltet «ind. (Ein Beweiss, dass es damals trotz^^ olilteil- beit und Ueberflnss an Bescbaftigung mit dem Geldbeutel der Kiinstler nicbt viel besser bestellt war, als m unseren Tagen.) Das zu leistende Em- :'Prag). 'irittsgeld wird auf einen balben Scbock angesetzt, ,wer unsir czech habin wil, der mus geben eyn iialb scbok." (Im Context wird die Brudersebaft inimer Zccbe genaniit, die ehemals allgcmeine Bezeicbnung fiir jede Genossenscbaft.) IV Handelt von den Yerpflicbtungen der Scblussel- mei^ter welcbe die Aufsicht liber das Geldwesen und die Zusammenkiinfte lubren. Es sollen deren vier sein. welche zusammen fiir das ibneu anver- traute Bruderscbaftsvermogen baften mlissen. Alacbt ein Sclillisselmeister sich eiuer Yersaumniss scbuldig, soil er einen balben Groscben Strata bezablen. . -, ■ . Y Entbalt Bestimmungen iiber die \erbeiratuug von " Meistertoebtern an solcbe Manner, welcbe der Brudersebaft nicbt angeboren. Diesen Manuern werden allerlei Begiiustiguugen zur Erlangung des :\Ieisterrecbtes und zum Eiutrite in die Zecbe aneeboteu. \nlicbe Begiinstigungen Averden aucb den bobnen derMitgbeder zu Tbeil, wenn sie sicb selbstandig macben wollen. . . , . i ivr • Entbalt Gesetze iiber Streitigkeiten der Meistei untereinander. In den Yersaramlungen durten keine Handel getiibrt werden: ktimmt es zwiscben Meistern in den Yereinslocalitaten zu Zerwurtnis- sen Oder betreflten diese Zerwiirfnisse Gesellscba ts- angelegenbeiten, mussen die streitigen Pimkte der Meisterversammlnng vorgelegt werden und nur diese bat zu entscbeiden. Will Jemand dieser YI. YII. — 105 — Entscheidung sich nicht fiigeii, soil er austreten, (cly gebin im selber urlaub aus der czech — sagt der verniinftige Paragraph). VIII. Gesetze wegen Streitigkeiten zwisclien Meistern imd Gesellen(Knechten). — Weun ein Knecht die Arbeit einstellt, den soil kein anderer Meister aufnelimen. Wer es mit Vorvvissen thut, hat Strafe zu bezahlen. Meister und Knecht haben den Streit- fall dem Brudermeister (Vorstand) und den vier Zechmeisteru anzuzeigen: folgt der Meister der Entscheidung nicht, kann der Knecht Arbeit aufsuchen und bei jedem andern Meister ein- treten, wie er Lust hat, folgt aber der Knecht nicht, darf ihn kiinftighin (fuerbas) kein der Zeche angehorender Meister aufnehmen. IX. Enthalt ein Gesetz wegen Ausleihens des Bahr- tucheS; der Kerzen und anderer der Bruderschaft angehSrender Gegenstande. Ferner werden ver- schiedene Eigenthumsrechte erortert. X. Betrifft die Zusammenklinfte, das Ansagen dersel- ben, dasVerlesen des Zechenbuches, das Verhalten in den Zusammenkiinften. XL Werden die Strafen fiir Diejenigen bestimmt, welche aus einer vom Brudermeister angeordneten Versammlung wegbleibeu. XIL In diesem Abschnitte wird die Verordnung aus- gesprochen, dass kein Anderer ais ein Maler zum Brudermeister erwahlt werden diirfe. Auch die Schliisselmeister sollen Maler sein, wogegen die ubrigen vier Zechmeister (Ausschussmitglieder) anderen Fachern angehoren konnen. XIII. Derjenige, welcher heimliches Gerede liber die Bruderschaft verbreitet (gegen dieselbe intrikirt), soli Strafe bezahlen und ausserdem niemals in den Rath gewahlt werden. XIV. In der Zeche soli nichts gesprochen werden, was nicht Kunstangelegenheiten betrifft und der Zeche zu Nutz und Frommen gereicht. Hat jemand be- sondere den Verein betreffende Antrage zu stellen, soil er seine Wihische einem der vier Zechmeister mittheilen und durch diesen vortragen lassen. Thut er dieses nicht und halt selbst einen Vortrag, soli er ein halbes Pfund Wachs zur Strafe bezahlen, ebeuso alle Jene, welche dem Sprecher beistehen. AUe Bussen werden in das Buch eingetragen, und es darf weder der Brudermeister, noch einer von den vier Zechnieistern eine Strafe erlassen. Wer aber gar, ohne es einem der Vorstande angezeigt zu haben, die Satzungen angreift, der muss eine Geldbusse von einem Tagesverdienst tragen. XV. Dieser Abschnitt erklart, warum der heilige Lucas als Patron der Zeche erwahlt wurde, nicht allein weil er ein Evangelium verfasst habe, sondern well er der Erste gewesen: „der unser liben wra- wen bilt gemalt hat." XVI. Die vier Zechmeister sollen verrichten alles, was in der Zeche zu verrichten ist: und thun sie das nicht, schieben sie die Arbeiten hinaus und iiber- tragen sie die Geschafte an Andere, sollen sie jedesmal einen Groschen Strafe zahlen. Wenn auch im Eingange dieser Statuten ausge- sprochen wird, dass der Verein von den Maleru und Schilderern gegrlindet wurde, ergibt sich doch aus den beigefiigten Namensverzeichnissen , dass Bildhauer, Goldarbeiter, Glaser und audere Handwerker der Zeche als Mitglieder angehort haben. So kommt ein Schieferdecker Nameus Hanus, ein Buchbinder Wenzel vor, auch sind Frauen eingetragen, so die Malerinen Clara und Margaretha, wahrscheinlich Witwen von Malern, welche das Geschaft des Mannes fortfiihrten. Der grossere Thcil des iiltesten dem XTV.Jahr- hunderte angehorenden Namensregisters enthalt meist Taufnamen, auch kommensehr vieleNamen mit entschie- den deutscliem Klange vor, wie: Friedlein, Herdegeu, Goldschmitt, Schwab, Martinus Suevus,Bernarth, Pesold, Spigler, Umfahrer, Untersink, Zwengross, Krumperz, Regenbogen, Hohnau, Snyzer, Rothbecher, Wolgastern u. a. neben den en zahlreiche bohmische getroffen werden. So zeichnet sich ein Magister Stephanus aus- drlicklich alsBohemus, ihm folgen Mister Klauz, Waclaw Panicz, Janek Pauicz, Petr Panicz, Mistr Petrzik Pusto- ta, Mistr Petrzik rzezak, Jahnek rzezak, Stepanek illu- minator, Petfik Sstitarz, Efenczlaw Sstitarz, Jan Brada- ty, Mistr Rohlik, Janek Czrny, Alexy sklenarz, Waniek Kunzuw syn, Pawel skenarz u. a. Von diesen Namen diirften die meisten gewohnlichen Handwerkern ange- horen, und es sind deren ausserstwenige, welche sich mit erhaltenen Werken in Verbindung bringen lassen. Neben Theodorich, welcher sich als Primus Magi- ster unterzeichnet mid der bei derStiftung desVereines prasidirte, ist Petrus Ventrosus (der Dickbauch oder Bruchaty genannt) ein sehr bedeiitender Miniaturmaler, von dem sich ein Codex in der Dombibliothek erhalten hat. Dann kommt der konigliche Maler „Mistr Kunz KraluoAV malerz" vor, der auch Altester genannt wird und dem einige Gemalde in Karlstein, jedoch mit gerin- ger Wahrscheinlichkeit, zugesclirieben werden. Bildhauer werden in dem Verzeichnisse auffallend wenige angefiihrt; nur ein Meister Wenceslaus fertigt sich als sculptor, welchem sich einige Holzschnitzer anschliessen. Dagegen treffen wir Glaser (vitreatores), Goldschmiede und Schilderer (clypeatores) in ziemlicher Anzahl, zwischen denen auch lUuminatoren und Mem- branatoren, Pergamentmacher, bemerkt werden. Ob das (ifters verzeichnete Wort „ra8or-' einen Barbierer oder einen Grundschleifer bedeutet, wollen wir nicht ent- scheiden: wahrscheinlich ist, dass damals das Grundiren als besonderes Geschaft betrieben wurde, indem man die Hintergriinde der Bilder in der Regel zu vergolden und mit kunstreich gepressten Ornamenten auszustatten pflegte. Wenn die Malerei und die meisten Kiinstgewerbe durch Griindung der Lucasbriiderschaft in ungeahnter Weisegehoben wurden, ttbte dieselbe auf die architekto- nischen Verhiiltnisse keinen nachweisbaren Einfluss. Die Bauleute (Steinmetzen) unterhielten sowohl unter einander wie mit den grosseren Bauhiitten einen fortwahrenden noch nicht genitgend aufgehellten Ver- kehr ; auch hat sich in unzweifelhafter Weise heraus- gestellt, dass Abgeordnete der Haupthiitten hin und her reisten, um die Einheitlichkeit der Disciplinen aufrecht zu erhalten. Es ist mithin selbstverstiindlich, dass in den Bruderschaftsverzeichnissen die Namen der Stein- metzen und Polire fehlen, obgleich viele derselben zugleich Bildhauer, Former und Decorationsmaler waren. Unerklarlich aber scheint, warum einige Meister ersten Ranges, wie Nicolaus Wurmser, Martin und Georg Clussenberg, Mutina und der Verfertiger des grossen 14 — 106 — Mosaikbildes, dem Vereine nicht beigetreten sind. Es gewinut den Anseheiii, als babe zwiscbcn dera Dom- bauineister Peter nod den saramtlicheu neben ilim am Dombaue bescbiiftig'ten Klinstlern einerseits und den Meistern der Lueasbruderscbaft andei'seits eine gewisse Spaunung bestanden, die wobl durcb kliustlerisclie Eifersilcbtelei bevvorgerufen worden seiu mochte. Sculptur. Die Bildbauerkunst bat seit altester Zeit in Bobinen keinen allgenieinen Ankkang linden woUen, wie bereits in den fridieven Tbeilen dargelegt worden ist. Sind ancli in einigen Klostern ziemlieb gelimgene Scul])tiu-en ausgefiibrt worden, tragen dieselben docb nur dilettantenbaftes Geprage, eine Verbreitting fand nicbt statt und es blieb bei einzelnen Versucben. Daber lassen sipb zwiscben den urn 1150 und 1300 gefertigteu Biblwerken Iveine Fortscbritte erlvennen. sondern es scbeint vielinebr, als ob der kaum erwachte -Sinn sieb nacb und nacb verloreu babe. Die wenigen unter Ota- Icarll. entstandenen raonumentalen Bildwerlce zuGolden- Ivron und Prag steben sowobl in Bezug auf Zeicbnuug wie Ausfilbrung bedeutend tiefer, als der im 8t. Georgs- Kloster Ijelindlicbe und im ersten Bande 8. 70 besebrie- bene Steinaltar, welcber mindestens ein urn 130 Jabre lioberes Alter besitzt. Der Mangel pUistiscben Scbniuekes, welcber an den unteren Partien des Prager Domes so emptindlicb bervortritt, kaun nur daber riibren, dass der ersteDom- baumeister keine genligenden Arbeitskrafte vorfand, um weaigstens das Portal auszustatten. Mittlerweile hatte sieb durcb die grossartigen und beinabe gleicb- zeitigen Unternebmungen des Kaisers das Bedlirfniss gesteigert, und es bedurfte nun eines bahnbrechenden Talentes, welcbes zugleicb anregend und selbsttbiltig, wie Giotto in Italien, die vorliandenen Krafte zu ver- eiuigen und aucb eigene Meisterwerke aufzustellen ver- stand. Dieses Talent fand sieb in dem Meister Peter von Schwabiscb-Gnilind, dessen bildneriscbe Begabung und Tbatigkeit wir bereits kennen gelernt haben. Peter Aiier als Bildliauer. Das erste Sculpturwerk, mit welcbem der Meister in Prag auftrat, dlirfte die erwabnte flir die Weuzels- Capelle bestimmte Statue des heiligen Wenzel gewesen sein. Dieses woblerbaltene Gebilde triigt ganz den Cbarakter eines Erstlingswerkes : es istmit unbescbreib- licbem Fleisse, aber aucb einiger Befangenbeit in alien Tbeilen durcbgeilihrt, die Stelluug nocb nicbt frei von der bekannten Scbwingung des Leibes, welcbe den gotbiscben Standbildern eigen ist. "Etwas freier beban- delt zeigt sieb die am Scblosse zu Lauf befindlicbe Statue desselben Heiligen, vielleicbt unmittelbar nacb der obigen gefertigt. Der Ausdruck ist bier wie dort derselbe sanfte und cdle: die Watf'en und Kleidungs- stucke sind in beiden Figuren gleicb angeordnct, indem der linke Arm sieb auf einen Scbild stiitzt, wabrend die erbobene rechte Hand eine (an l)eiden Statuen abban- den gekommene) Kreuzesfabne trug. Diesen etwa um 1360 bergestellten Arbeiten scbeinen die scbablonen- massig bebandelten Flirstengraber im Dome gefolgt zu sein. Das Materiale, welcbes in dieser Beziebung zu Gebote stand, war ein sebr diirftiges und beschrankte sieb vermutblicb auf eiuige Mlinzen, wessbalb dem Kuustler zu verzeibeu ist, dass er sieb nur fiir Otakar II. begeisterte und dessen Gestalt ungleicb besser als die ii b r i g e n a u s a r b e i t e t e . Den ricbtigen Weg fand Peter erst, als er die Brustbilder fiir das Triforium ausfiibrte. An dieser Arbeit erkennt man recbt augenscbeinlicb, welcbe Miibe der Kiinstler sieb gab , um die angelernte gotliiscbe Manier zu iiberwinden und sich an die Natur zu balten. Wabrend den Bildnissen jener Personen, welcbe der Meister nicbt persQulicb kennen gelernt bat, neben mancben Hiirten jene Verflaebung anbaftet, welcbe alien aus der Erinnenuig oder nacb ungeniigenden Hilfs- mitteln gefertigteu Portraits eigen ist, zeigen die spatern nacb dem Leben geformten Biisten eine Feinbeit der Modellirung, wie sie erst in den Werken der Cinque- centisteu wieder getroflfen wird. Als ecbte Kiinstlernatur bat Arler die Frauenbilder mit Vorliebe bebandelt; die Kaiserinen Anna vonScbweidnitz und Anna von Bayern, dann die Kouigin Jobanua, Wenzels Gemalin, werden scbwerlicb mit des Kiinstlers Anscbauungsweise unzu- frieden gewesen sein. Einen grossen Einfluss auf die bildneriscbe Tbiitig- keit des Graiindner's iibten obne Zweifel die beiden Erz- giesser Martin und Georg Clussenberg, welcbe 1373 in Prag auftraten. Um diese Zeit konnte Mei ster Peter bereits tiicbtige Scbiiler berangebildet haben und alien Auftragen nacbkommen, welcbe an ibn ergingen. Bewegten sieb die Briider Martin und Georg nocb einigermassen in der altertbiimlicben Formenwelt, be- sassen sie dagegen seltene tecbniscbe Kenntnisse und eine leicbte in Deutscbland nocb unbekannte Autfas- sungsweise. Aucb die danials am Dome bescbaftigten italieniscben IMosaikarbeiter mogen beigetragen baben, die Anscbauungen uuseres Arler zu bereicbern ; gewiss ist, dass die letzten von ihm ausgefiibrten Sculpluren, zu denen das nacliweisbar erst nacb 1380 aus gefiibrte Standbild des Erzbiscbofs Ocko von Vlasim gebort, als seine vollendetsten Werke bezeicbnet werden diirfen. Aucb die St. Barbara-Kircbe zu Kuttenberg besitzt zwei der Schule Peters entstammende Statuen, von denen die eine den beil. Wenzel, die andere (wabrscbeinlicb) die beil. Ludmila darstellt, welcbe trotz ibres bticbst defecten Zustandes eine bemorkenswertbe Grossbeit in ibrer A n 0 r dn u n g k u n d g e b e n . — 107 - Die Erzgiesser Cliisseuberg. ^Yo Kaiser Karl die beiden Erzgiesser Martin und Georg hat keunen lernen, ist nicht zu erniittelu. Walir- scheiiilicli leitet sich der Name Clussenberg, welcher in Folge einer falsclien Lesart auch Clussenbach ge- schrieben wird, von eineni Ortsnamen ab. Da jedoeh fast nnzalilige Ortschaften [ilinlich klingende Xamen flihren, sind wir iiber die Abstamniung derKliustler eben sowenig unterriclitet, mag nnn die eine oder andere Lesart die richtige sein. Weil ini Lanfe des XIII. iind XIV. Jalirhunderts die Erzgiesserei vorzugsweise in den Stadten Koln und Liibeck betrieben wurde, und der Kaiser seit 1370 viel mit letzterer Stadt verkehrte, sie besuchte nnd mit Vorrecliten ansstattete, darf die Heimat der Clnssenberge wohl in Norddentschland gesucht werden. Xahere Anhaltspunkte sind bislier nieht beigebracht worden; ein zweites Werk, welches mit dem von diesen Klinstlern gefertigten Standbilde eine Verwandtschaft aussprache, ist nicht bekannt. Der Erzgiiss stellt den b. Georg zu Pferde dar, wie er den Drachen erlegt. Der Ritter erhebt sich im Sattel und stosst mit der rechten seine Lanze dem sich auf- baumenden Gethier in den Eachen, wahrend die Linke den ZHgel halt. DasUngeheuer scheint eben ans einer Felsenhtihle hervorgekrochen zu sein, es umrin- gelt mit seinem langen Schweife die Vorderfiisse des Pferdes, welches sich zum Sprunge aufrichtet und auf den Hinterfiissen steht. Das Giisswerk ist etwas unter Lebensgrosse gehalteo, die Hohe betragt von denHufen des Pferdes bis zu der erhobenen Hand St. Georgs 6 Fuss 7 Zoll, das Pferd ist 4 Fuss 9 Zoll und die Figur des Reiters 3 Fuss 10 Zoll Wiener Masses hoch. Das Haupt des Heiligen ist unbedeckt und die herab- wallenden Haare werden durch ein Stirnband zusam- mengehalten, wahrend die ganze Ge^talt von einer, voUstandigen Rustung umhiillt wird. Die Gesichtsbil- dung ist noch typisch und zeigt die grosste Seelenruhe, die Figur aber hat eine wohlgemessene Bewegung und der springende Hengst ist so lebendig und kraftvoll dargestellt, dass schon Bohuslav Bnll)in im Jahre 1681 daruber berichtet: ,,miraculo est avtificibus" und weiter- hin: „minimae venulae et fibrae, et quidquid usquam in equo vivit, vivit et in acre". In der That sind dieAdern des Thieres mit Sachkunde ausgedriickt und sogar die Apfelspiegel am Hintertheile angegebeu. An derVorder- seite des gegossenen Felsens welcher dem Pferde und Drachen als Postament dient, ist noch ein zweiter Drachenkopf angebracht, derWasser aus seinemRachen spie. Uns scheint dieser Wasserspeier eine spatere Zuthat zu sein, da das Denkmal schwerlich flir einen Brnnnen bestimmt war. Es stand urspritnglich auf dem Platze vor der Georgs-Kirche, wurde bei dem grossen Brande von 1541 beschadigt, indem ein herabstUrzender Balken die rechte Hand des Heiligen abschlug. Die Spuren der Lothung sind am Arme deutlich wahrzunehmen. Eine fernere Beschadiguiig erlitt das Werk bei Gelegenheit einer 1581 abgehaltenen Festivitat: es bestiegen niim- lich mehrere Personen den Riicken des Pferdes, dessen Fitsse dieser Last nicht gewachsen waren, sondern brachen, so dass das Ross und seine iiberzahligen Rei- ter in den mit Wasser gefiillten Rohrkasten stiiizten. Auch diese Schiiden wurden gliicklich ausgebessert, und das Bildwerk besteht noch beinahe unverandert, wie es aus der Gusswerkstatte hevvorgegangen ; niir ein wicli- tiger Theil ist abhanden gekommen, naralich der am linken Ame des Ritters befestigte Schild. Dieser Schild war mit einemKreuze verziert und an seinem Rande mit folgeuder Inschrift verseben: A. D. M. CCCLXXIIL hoc opus imaginis S. Georgii p. martinum et georgiuni dc Clussenberg couflatu^est. DieEntfremdung desSchikles scheint erst wahrend der Regieruug der Kaiserin Maria Theresia geschehen zu sein, als das Standbild von seinem frliheren Aufstel- lungsorte weggebracht und in den inneren Schlosshof des Hradschin versetzt wurde. Karl Adolf Redel, wel- cher im vorigen Jahrhuudert eine Beschreibuug von Prag veroftentlichte, las die Inschrift noch und fiigt, indem er die Georgs-Statue bespricht, ausdriicklich bei, dass auf dem Schilde ein gol denes (vergoldetesj Kreuz angebracht gewesen sei. Das Erz besteht nach augestellten chemischen Untersuchungen zum grbssten Theile aus Kupfer, dem auf 10 Gewichtstheile nur etwa 1 Gewichtstheil reines Zinn beigemengt ist: andere Zusatze wurden nicht gefunden. Die Anfertigung dieses Standbildes dlirfte iibrigens nicht der ansschliessliche Zweck gewesen sein, wessbalb der Kaiser die Erzgiesser nach Prag berief; vielmehr scheint es, dass die Ausfiihrung von Erzthiiren liir den Dom beabsichtet war, welche Uuter- nehmung durch den unerwartet raschen Tod des Kai- sers nicht zu Slande kam. Ein dem .Mittelalter entstam- mendes rundes Gusswerk von solcher Bedeutiuig ist diesseits derApen nicht bekannt; die verschiedenen zum Theil ausgezeichnet schbnen Grabdenkraale in Kciln, Liibeck und anderen uorddeutschen Stadten sind nicht Rund- sondern Reliefglisse. Illustration: Das Georgs - Standbild , linksseitige Ansicht. (S. Fig. 11-2 auf Seite 108.) Relief von der Maria-Scliuee-Kii clie iu Prag. An der Umfriedungsmaner, welche den alten Klo- stergarteu des Karmeliterklosters an der Ostseite ab- schliesst, sind die Reste eines sehr eigenthiimlicheu Reliefs eingemauert worden, welche erkennen lassen, dass sie einst dasBogenfelddesHaupt-Portalsausfiillten, dann nach deoi Kirchenbrande und allerlei Schicksalen an dieser Stelle vor gauzlieher Zerstorung gesichert werden sollten. In den nachstgelegenenHausern waren vor wenigen Jahren noch einige Bruchstiicke dessel- ben Reliefs za sehen, so dass der Inhalt des Ganzen errathen werden konnte. Die Darstellung ist einer Marien-Legende entnommen, und in unmittelbare Be- ziehung mit der Stiftung des Karmeliterklosters gebracht worden. Oben in derSpitze desBogens erblickt man die heilige Jungfrau, den LeichnamChristi auf dem Schosse haltend. Sie sitzt auf einer steinernen Ruhebank, der Leichnam aber wird von einem aus dem unteren Felde hinaufwaclisendeu, mit Asten versehenen Kreuze unter- stlitzt. Das unterbalb befindliche Feld enthielt eine nach Art der Votivbilder angeordnete Widmung ; in den aussersten entgegengesetzten Ecken waren die Gestal- ten des Kaisers Karl und seiner ersten Gemalin, der Marga- retha la Blanche deValois, angebracht, neben dem Kreu- 14* — 108 — Mt. I ilk Mil. V. Siediytr » WinterWm. — 109 — zesstamnie sassen auf lowenartig gestalteten Sitzeu die Namenspatrone cles Kaisers und der Kaiserin, wie ira Gespracbe miteinandev begriffen. Die Gestalt Marieiis ist um das zweimalige so gross als die des aiif ilirem Seliosse beiiiidlichen Korpers Ciiristi, auch viel grosser als die Figuren der iinteren Reihe. Das Gebilde ist ungewohnlich ruinos, kein Kopf, keine Hand oder sonst ein hervorragenderTheil blieb erhalten ; deniioch macbeii die Bruchstlicke eiuen ausserordentliclien Eindruck, welcher theils dem gewiihlten Linieuflusse , theils der markigen Bebandliuigsweise zngescbrieben werden darf. Die Aiisfiihrung ist frei imd skizzenbaft, gaiiz Tig. 123. (Prag.) ill derselben Weise, wie gewandte Bildbauer beu- tigen Tages solcbe Arbeiten zu bebandelu pfiegeu, flir welcbe sie ein genaues Modell nicbt uotbweu- dig erachten. Wiirdeii nicbt die aiigebrachten Ge- simse und Ornamente die Entstebiingszeit (circa 13b0) in unzweideutigster Weise docnraeutiren , konnte man versucbt sein, die Arbeit dem Donatello oder Andrea Verroccbio ziizuscbreiben. Der Verfertiger diirfte ein Caraieliterini3ncb gewesen sein, der sicb in Italian ge- bildet bat. Illustration. Abbildung der Mittelgruppe. Fig. 123. (Im Texte S. 109.) Yeroiiicalbild in Niiiiburg. Im Bogenfeldc der kleinen TbUre, welcbe aus dem siidlicben Tburme der Nimburger Pfarrkircbe auf die Orgel-Empore fiibrt, befindet sicb ein mit bocbstem Fleisse ausgefiibrtes Veronica- oder Scbweisstucbbild , von welcbeni nicbt mit Sicberbeit entscbieden werden kann, ob es gleicbzeitig mit der Kirebe (c. 1345) oder erst unter Konig Vladislav II., als der fraglicbe Tburm um 1480 nocb einem Brande_,erneuert werden musste, ber- gestellt worden sei. Die Aublicbkeit des Cbristuskopfes mit einigen am Prager Dome vorkommenden, von Mei- ster Peter berriibrenden Sculpturen bestimmt uns, diese Arbeit der friiberen Periode ziizutbeilen. Zwei Engel von nocb etwas altertbiimlicber Formgebung tra- geu oder unterstutzen das Antlitz Cbristi, indem sie deu kreuzesnimbus wie einen Prasentirteller festlialten. Von dieser etwas uaiven Anordnung abgeseben ist das Bild trefflicb im Eaume angeorduet und von feinster Emptindung. Das Material e ist der oft erwiibuteMergel- stein, welcber in der Nabe von Prag gebroeben und nocb immer zu Bildbauerarbeiten verwendet wird. Dem Umstande, dass die Arbeit nur miissig vertieft wurde, bat man zuniicbst die vollstandige Erbaltung dieses Bildwerkes zu verdanken, welcbes nicbt der Hand Arlers, wobl aber seiner Scbule zngescbrieben werden darf. Nebst diesem Relief besizt die Kirebe nocb einen einzelnen sculptirten Knauf mit einem Kranze von Eicbenbliltteru, ebenfalls aufs sorgfaltigste ausgefiibrt. 1 1 1 u s t ra t i 0 n. Abbildung des Reliefs. Fig. 124. (ImTexteS. 1 10.) Christi Eiuziig. Im Vorbause eines neben der ebemaligen Kirebe S. Jobannes an der Furtb (na Zabradli) stebenden Privatgebaudes ist iniAnfange des gegenwartigen Jabr- bunderts ein Relief eingefiigt worden, von welcbem eine Abbildung auf einer besonderen Tafel beigegeben wird. Das kleine nur 28 Zoll bobe und 22 Zoll breite Bildwerk stellt die im 19. Capital des Evaugaliums Lucas entbaltena Scene mit dem Zollnar Zacbaus dar,wie er einen Maulbeerbaum besteigt, nm den einziebenden Jesus zu seben. Der Zoller kauert zwiscben den Asten eines Baunies und streut Blatter auf denWeg berab, wabrend Cbristus auf einem Esel dabinreitet und mit der erbobenen Recbten denSegen ertbeilt. Die allverstandlicbe Compostion biilt die mog'licbste Eiufacbbeit ein und flillt den obeu mit einem Halbkreise gescblossenen Rabmen vortrefflicb aus. Ant- litz und Gestalt Cbristi sind wiirdevoll und anmutliig zugleicb, das Gewand, ein bis unter das Kinn reicben- der nicbt gegurteter Rock fliesst in langen, wenig ge- brocbenen FaUen bis zu den Fiissen bernieder und — 110 — bedeckt audi den Elicken des bedachtig- einhersclirei- tenden Thieres. Das miniatiirartig bebandelte, im Ori- ginale nnr etwa 6 Zoll (16 Cm.) laiige Figiircheii des Zachiins macht eiiien fast komiscbeii Emdruek, indem es sich an den Asteu des bereits entbliitterten Baiimes festlialt imd iieugierig heiabschaut. Riickwarts von dev Gestalt des Heilands erblickt man noeb zwei kleine Biiume von jener Artisebocken- odev Tannenzapfenform, welcbe wir schon als cbarakteristicbes_ Merkmal des XIV. Jabvbiuiderts bezeichnet baben. liber das Bild- Averk liess sich keine andere Nachricht auffinden, als class es an einer Maiier der bis anf einen kleinen Rest abgetragenen S. Jobanneskirche angebracbt gewesen iind nml820an die gegenwartige Stelle versetztworden sei. Die wiedevbolt ausgesprochene Bebauptung, dieses Werk babe das Bogenfeld des ebemaligen Eingangs der friibromaniscbeu Jobanneskirche gebildet, wird schon durch das bescbeidene Breitenmass von 22 Zollen (57 Cm.) widerlegt, davon abgesehen, dass die Behand- lung allerTheile das Zeitalter Karl's verrath. Die iiber- aus fleissige und geglattete Arbeit ist sebr wenig vertieft nnd ragt an den hocbsterhabenen Stellen uicbt liber 6 Cm. aus dem Griinde erapor; als Materiale wurde der iibliche Mergelstein beniitzt. Das Maiien-Staudbild iu Pilsen. An diese anf deniHochaltar derErzdecbanteikirche in Pilsen aiifgestellte aus besonders feineni Mergelstein gefertigte Statue knlipfen sich zalilreiche Sagen, welehe nur in dem einen Punkte tibereinstimnien, dass der Ver- fertiger blind gewesen sei. Es wird erzahlt , dass die heilige Jungfrau einem armen blinden Manne, der sich vorber nie mit Kunst bescbiiftigt batte, ersebienen sei und ibn geheissen babe, ibr Bildniss auszuarbeiten. Von ihr angeleitet und mit den nothigen Werkzengen ausgestat- tet soli er sich an die Arbeit gemacht und dieselbe auch gliicklich vollendet baben, worauf ibm durch gottliche Gnade das Augenlicht ertbeilt worden sei. Wie bei alien dergleichcn Sagen wird das Wunder in eine sebr friihe Zeit zuriickverlegt und soli sich unter den Otakaren zugetragen baben. Mikovec, welcber in seinem ofters angefiihrten Werke liber die Alterthlinier Bohmens eine Bescbreibung und Abbildung dieses Marienbildes bei- bringt, glanbt, dass dasselbc schon I'.j^-l fil-egenstand grosser Verebrung gewesen sei, well damals der Erz- bischof Johann von Jenstein alien Glaubigen, welcbe am Altare der heiligen Jungfrau zu Pilsen einer tagli- chen Friibmesse beiwohnen, einen vierzigtagigenAblass verkiindigte. Da aber in jeder grosseren Kirche ein Marien-Altar bestand und in dem Indulgenzbriefe ein Bildwerk nicbt ervvahnt wird, ist fragiich, ob dasselbe damals schon in der Kirche vorbanden war. Die Statue ist 4 Fuss 3 Zoll hoch und macht den Eindrnekvoller Lebensgrcisse. DieMadonnastebt aufrecht und bait auf ibren Armen das Jesukind etwas vorwarts, als wollte sie es Jemanden zeigen; dabei ist der Ober- korper leicht zurlickgebeugt, wahrend derBlick auf dem Kinde ruht. Dieses ist ganz unbekleidet und spielt mit einem Apfel, wobei es jedoch denKopf in befremdbcher Weise gegen abwiirts bangen lasst. Wie iu iilteren Maler- und ISildhauerwerken gewohnlicb vorkommt, zeigt sich auch bier der Korper des Kindes als der am schwachsten durchgeflihrte Theil im Gegensatze zu der Marieiifigur, welcbe den vorziiglichsten BiMwerken des — Ill — Jahrhunderts beigezalilt werden darf. Besonders muss das schongeformte mit einemKronenreif bedeckte Haupt der heiligen Jnngfrau liervorgelioben werden mid der ziirtliche Bliek, mit welcliem sie das Kind betrachtet. Mit den im Prager Dome befindlichen Sculpturen hat diese niclit die mindeste Verwandtschaft, wohl aber mit der Marmorstatuette zu Karlstein und mit der beschrie- benen thronenden Maria in der Teynkircbe. Nach der Behandlung der Gewander zu scliliessen, welclie in unzahligen herabhangenden Falten die Untertlieile aller drei Figuren umgeben, will es scheinen, als ware das Bild zn Pilsen das jiingste imd einigermassen von jeneu b.eeiuflusst. Die Enstehnugszeit darf zwischen 1360 — 1370 angenommen werden, in keiuem Falle spater. Das Gebilde war sehr harraonisch bemalt, die Wangen sanft gerotliet, Augen blau, Haare und Krone vergoldet; derSchleier und das iiber die Arme gebreitete Fig. 125. (Pilsen.) Tuch waren weiss, der Mantel blau mit goldenen Blumen durchzogen, das Unterkleid blassroth. Obwolil diese Bemalung noch wohlerhalten war, fand man docli vor einigen Jahren fiir gut, das ganze Gebilde mit dicken grellen Olfarben zu iiberstreichen, wodurch es zur Unscheinbarkeit entstellt wurde und fiir den ersten Anbliek jedwede kunstlerische Bedeutung verloren hat. Illustration. Kopf derMarienstatue. Fig. 125. (ImTexteS. 111.) Madonna zu Reichenau. Reichenau (Richnov Soukenicky) gehort zu den interessantestenStadten des uordostlichen Bobmens imd besitzt neben einem schonen Schlosse eine im gothi- schen Style beinahe ganz erneuerte Dreieinigkeitskirche und eine alte deni iieiligen Gallus gewidmete Pfarr- kirche, welehe nin 1350 erbaut, die sclilichte Form der meisten in dieser Gegend vorkonimenden Landkircben cinhalt. Der rechteckig abgeschlossene Chor ist mit zwei Kreuzgewolben, das Schiff aber mit flacher Holz- decke versehen, der Bau einschiffig mit eiiiem sauber ausgefiihrten und wolilerhalteiien gotbischen Portal an der Westseite. Diese Kirche riihrat sich, eine von Erzbisebof Arnest eigenhaudig geschnitzte und aueh von ihm 1356 hieber gestiftete Marienfigur zu besitzen. 01)wohl Scballer in seiner Topographic von Bohmen (Kooiggratzer Kreis, 1790) diese Sage erzablt. legt er derselben geriuge Wichtigkeit bei durch die fliiebtige Bemerkung „nach der gemeineu Aussage". Ich war dalier nicht wenig iiberrascbt, ein feinesSclmitzwerk zu finden, welches offenbar der Mitte des XIV. Jahrhun- derts angehijrt. Die Statue ist etw^as iiber 3 Fuss hoch, aus Lindenholz geschnitten und bemalt, doch die Bema- lung nicht mehr die urspriingliche. Gewobnlich mit einem seidenen Mantel angethan und entstellt durch eine ungeheuere blecherue Krone nebst anderen solcben Liebesgaben ist die Betrachtung des Kunstw^erkes nur in einer freien Stunde moglich, w^enn der Kircbendiener dieUmlilillungen beseitigen kann. Das langliche Gesieht erinnert noch an byzantinische Vorbilder, wozu noch der braunliche Anstrieh des Gesichtes konimt; die Ge- stalt ist scbmachtig und die knapp anliegenden Ge- wander fallen in gerundeten , nicht gebrochenen Falten bis auf die Fussspitzeu hernieder. Die Tradition , dass Arnest das Bild hieber geschenkt babe, wird zwar durch keinen gescbichtlicheu Vorgang oder sonstigen Beleg unterstiitzt, doch widerspricht derCharakter des Werkes der Sage nicht, welche bei ihrer allgemeinen Verbreitung nicht ganz unbegriindet sein mag. In Bezug auf kiinst- lerischen Werth steht das Bild zu Reichenau bei 'weitem den Sculpturen des Prager Domes nach, kann auch nicht der Pilsner Madonna verglichen werden ; es ist einehand- w^erklich tlichtige Arbeit, -wie man deren im nordlichen Bohmen mehrere trifft. SoUte dasWerk in der That vom Erzbisebof Arnest herriihren, bestatigt es die vielseitige Begabung dieses Kireheufiirsten, ohne ihn desshalb zu einem Kiinstler ersten Ranges zu qualificiren. Genau in derselben Weise ist auch die vielbesprochene Madonna in der Stiftskirche zu Glatz ausgefiihrt, welche eben- falls dem Arnest zugesclirieben wird. Kleinere Holzschnitzereien, deren sich in den Kirchen zu Prag viele erhalten haben, wie auch die Marienstatue zu Haindorf , kouneu wir fiiglich iiber- gehen; ein ganzer zusammenhangender Altar aus der Zeit des Kaisers Karl ist in Bohmen nicht mehr vorhanden, auch scheinen die damals ausgefiihrten Kan - zeln, Sanctuarien und sonstigen Kircheneinrichtungen ausnahmslos verloren gegangen zu sein. Zwar besitzen sowohl die Teyn- wie die Stephanskirche zu Prag noch alterthiimliche Kanzeln, welche jedoch als Werke des vorgeriickten fiinfzehnten Jahrhunderts docunientirt sind. Ihren HiUienpunkt erreichte die durch Karl IV. hervorgerufeneBildhauerschule erst uuter seinem Nacli- folger Wenzel, desseu erste Regierungsjahre fiir die fernere Ausbildung und Verbreitung der Sculptur iiber- aus glinstig w'aren. Malerei. Auf den Gebieten der Malerei und der Kleinkiiiiste Avaven bereits aiierkennenswerthe Fortscbritte gemacbt wordei-i, als Karl diircb seine grossen nnd fast g-leicb- zeitigen Scbopfungen eine nene Kunstara einleitete. Wie in Dentscliland und Fraiikreicli bildete die Minia- turmalerei auch in Bi3hmen eine feste Grundlage, auf welcher fortgebaut werden konnte: dazu kanien italie- nischeEleniente, welche ohneZweifel durch den kaiser- licbenKunstfreund nacbPrag verpflanzt worden sind. Dass die Tafelmalerei durch italieniscbe Kiinstler in Bdhraen eingefUbrt worden sei, ist durch zahlreiche Arbeiten nnd sogar durcli Naniensnnterschriften sichergestellt, wenn auch unmittelbare gescliichtliche Nachrichten fehlen. Die Vermuthung, dass der Prinz Karl wahrend seines italienischen Feldzuges 1331 — 1333 mit lom- bardischen Kiinstlern bekannt gewordeu sei und diese an seinen Hof gezogen habe, wird durch zwei bedeu- tungsvolle Thatsachen bestarkt: erstens tragen die friihesten Wandgenialde des Kreuzganges im Kloster Emaus ganz den Charakter der Schule Giotto's, zweiten? finden sich in Prag, Karlstein und auf den ehemaligen Besitzungen der Herren von Rosenberg so viele von Tomaso daMutina (Modena) herriihrende und zumTheil mit seinem Namen uuterfertigte Bilder, darunter Bruch- stitcke eines grossen Altarschreines, dass an eineZusen- dung aus Italien unmciglich gedacht werden kann. Da gerade die Gemalde des Mutina Gegenstand einer lang- wierigen und erbitterten literarisehen Fehde geworden sind, welche sich urn den Schluss des vorigen Jahrhun- derts liber die Ertindung der Olmalerei entsponnen hat, erscbeint es selbstverstandlicb, dass wir die Werke eines geschiclitlich documentirten Klinstlers dieser Abbandlung voranstellen. Tomaso (la Mutina. iiber die letzten Lebensjahre dieses Klinstlers sind wir besser unterrichtet, als iiber seine Entwick- lungsperiode und seinen Aufentlialt inBijhmen. Sicheren dem Klosterarchive von St. Paul in Treviso entnonnnenen und vonTiraboschi und P. Federici veroffentlichtenNach- richten zufolge wurde Tomaso Mutina in Treviso geboren, stattete dort zwiscben 1348 bis 1352 den Capitelsaal des Doniinicanerklosters aus und soli daselbst um 135(3 vevstorben sein. Den im Capitelsaale befindlichen Wand- gemUklen ist folgende von der Hand des Malers her- riihrende Inschrift beigesetzt: Anno domini MCCCLII. Prior Tarvisinus ordinis praedicatorum depingi fecit istud ca])itulum, et Tomas pictor de Mutina pinxit istud. Die in diesem Saale noch vorhandcncn ziemlich erhal- tenen Wandgcmalde stellen in vicrzig nebcneinandcr gereihten Portraitfigurcn die beriihmlesten Mitgliedcr des Doininicaner oder Predigerordens dar; sie sind ungemein sauber ausgefiihrt und in derselben Weise bcliandelt, wie die in Bijhmen vorfindlichen Mutina-Bilder. Es kann daher dieserMeister sich nur von zwiscben 1334 bis 1348 in Bohmcn aufgehalten liaben, welcbem Um- stande es zuzuschreiben ist, dass seiuKame in denVer- zeichnissen der Lucasbruderschaft fehlt. Gegenwiirtig zahlt man in Karlstein noch vierzehn grbssere und kleinere Bilder, die urspriinglich dem erwahnten Altarschrein angchiirten und voudenen eines mit dem Namen „Tomas de J\Iutina'' unterzeichnet ist. Drei andere ebemals einen Fliigelaltar bildende Tafeln sind nach Wien abgegeben worden und haben in der k. k. Bildergallerie des Belvederegebaudes zwiscben verschiedenen altdeutscben Bildern Platz gefunden. Diese drei Gemalde wuvden dort in einen einzigen Rahnien eingefiigt und sindvor kurzerZeit mitGeschick restaurirt worden. Das Mittelbild zeigt die Madonna mit dem Kinde, znr Pvccliten sieht man den heiligen Wenzel^ zur Linken den heiligen Pahnatius, welcbem die mit Karlstein verbundene Pfarrkirche zu Budnian gewidniet ist. Die Bilder sind auf Goldgrund gemalt, der durcli Diagonalstreifen in kleine Quadrate zerlegt ist: in die- sen Feldern sind schachbrettartig abwechselnd die boh- mischen Wappenzeichen, Lowe und Adler in gepresster Arbeit eingepasst. Die ganze Breite betragt zusammen 4 Fuss 8 ZoU, die Hohe 2 Fuss 6 Zoll Wiener Masses, die Ausfiihrung geschah mit eigenthiimlicber Tempeva- farbe auf Lindeuholz und mit so zarter Verschmelzuiig der Farbentone; dass selbst ein geiibtes Auge zu dem Glauben verfiihrt wird, Olbilder zu erblicken. Am unteren Rande des Mittclbildes hat sich der Kiinstler mit einem artigen Gedichtehcn verewigt: ..Quis opus hoc finxit. Tomas de Mutina pinxit." ..Quale vides lector, Barisini filius auctor." Dieser leonische Vers verriith nieht alleiu eine fiir daraalige Zeit ungevvohnliche Bildung, soudern driickt zugleich ein klinstlerisches Selbstbewusstsein aus, welches den gleichzeitigen deutschenMeistern ganzlicb fehlt. In sinntreuer Ubersetzung wiirde der Spruch etwa lauten : Du fragst, von w^em dieses Machwerk her- nihre? — Thomas von Modena heisst der Maler. Wie es ausgefallen ist siehst du freundlicher Beschauer: ob gut oder iibel— ich, des Barisini Sohn, bin der Urheber. Professor Ehemant in Prag, welcher «ich neben- bei mit kunstgeschiehtlichen Studien und namentlich mit Untersuchungen iiber die Burg Karlstein beschaf- tigte, hatte um 1775 oftentlich die Behauptung aufge- stellt, dass die Olmalerei lang vor dem Auftreten der Briider vonEyck inBohmen geiibt worden sei: er stiitzte seine Behauptungen zunachst auf den Namen Mutina, welcher in der That einen bohmischen Klang hat und auch alsOrtsname vorkomnit. Die Sache maehte grosses Aufsehen und man war geneigt, dem Ehemant Glauben zu schenken, bis Tiraboschi i und Federici die giiltigsten ' Tirabofchi, Notizie de Pittori Jlodenesi. Modena 17SG. pag. 269. — P. Federici, Memorie Trevigiane, I. pag, 51. Man vergleiche fernei-: t.eroux. d'Agincoiirt, 111. Th. S. l-'5 — ]26 , ^vo die in Treviso vorliandenen Bilder des Mutina be&ehi-iebciL und illustrirt werden. — 113 - Beweisebeibrachten, class Mutiiia ein Loinbarde sei. Aiicli inBeziiganfTecliiiik hatte sicli Ehemaiit geirrt; wahrend derMiitiua-Streit aufs heftigste entbraiint war, Hess sicli jemand beikommen, einesderBilderniit einemiu Spiritiis getrankten Scliwamm zu iiberfahren. Leider begann de.- etwas unvorsicbtige Kunstforscber seine Uiiter- sncbungen uicbt etwain einerEcke, sondern im G-esiebte eiues berrlicben Eccebomo-Bildes, welches total rninirt wurde. Der leichte Terpeiitin-Firniss, mit welcbem das Bild uberzogeu war, loste sicb augeDblicklich auf uiul es zeigte sicb, dass die Farbeii iiicbt niit 01, soudeni mitEiweiss uud aDlicbeu-Substaiizen angemacbt waren. ^ Mutina ist gleich den Bolognesen Vitale dalle ^^adonne and Lippo di Dalniasio mit Auszeicbnimg ]\radonnama]er, obgleicb er sicb aucb in Darstelhmgen aiisdeni ueneuTestamente gllicklicb bewegte. Die Zeicb- nung der Gestalten und namentlicb der Kopfe verriitb, dass Mutina nicbt allein nacb der Natiir, sondern aucb nacb Antilcen studirt babe : neben strenger Correctbeit gewabvt man in den Madonna-G-esicbtern zu Wien und Karlstein eineu Scbonbeitssinn und ein Fonnenver- stfindniss, wie es sicb erst in denWerken viel spaterer Kiinstler, des Fra Angebco da Fiesole, gestorben 1455, und Gentile da Fabriano, gestorben 1450, wiederfin- det. Indem der sonst scharfsinnige und unpavteiiscbe Scbnaase den Mutina im IV. Tb. S. 480 seiner Kunst- gescbicbte des Mittelalters einen w e u i g b e d e u t e n d e n Kiinstler nennt, begebt er einen grossenlrrtbum: freilicb liigt er in einer Anmerkung bei, dass er Karlstein nicbt geseben babe. Folglicb ist obiges Urtbeil, da Scbnaase wederHolienfurt nocb sonst einen Ort, wo sicb Gemalde von Mutina befiuden, besucbt bat, lediglieb auf das Wiener Bild begriindet, welcbes damals ausserst verwabrlost und unbeacbtet so bocb aufgebangt war, dass man die Feiubeiten unmoglicb bemerken konnte. Das Hauptbild des in Karlstein vorbandenen Altar- werkes ist nicbt mebr vorbanden, sondern nur vier grossereNebeiibilder, welebe in zweiFliigel eingerabmt sind. Der Rabmen war mit miniaturartig gemalten Figiircben ausgelegt, von deneu sicb zelm unversebrt erbalten baben: sie stellen musicirendeEngel (Fig. 126) und Heilige dar undbaltendurchscbnittliebeineHobe von 6 Zoll ein, wahrend der Grand, auf welcbem sie ange- bracbt sind, nur 16 Linien breit ist. Die in der Weise Giotto's auf den Rabmen gemalten italieuiseb-gotbiscbeu Ornamente diirfen nicbt iiberseben warden, wenn man Mutiua's kiinstleriscbe Bedeutung geborig bezeicbnen will, da wir sie aucb anderwitrts antreffen werden. In dem einen Fliigel betindet sicb das beschadigte Ecce bomo-Bild mit der Unterscbrift: Tomas de Mutina fecit; im Bogenfelde dariiber ist eiu Engel angebracbt, der auf einem Sprucbbande die Worte cccc l;omo tragi. Im anderen Fliigel, der dem Cbristusbildeals Gegen- stiick diente, siebt man eine Madonna mit dem Kinde von solcber Feinbeit der Durcbbildung, dass selbst ein Perugino oder Francesco Francia auf dieses Werk stolz sein diirfte. Im Bogenfelde erscbeint bier der Erzeugel Gabriel mit dem Sprucbbande: Ave Maria. Der gerade von vorn abgebildete Engel bat rotblicb blonde Haare, dunkle durcbsicblige Gesicbtsfarbe uud ist mit einem rothen tiberwurf iind blassgriinem Rocke ' Im VerUufe der literarisclien Fehde liess Kaiser Jasephir. im Jalire 1789 mehrere von den Karlsteiner Bildern nach Wien bring'en, darunter zwei von Theodorich gemalte Kirclienvater und eine ohne a'.le Begriindung dem \^'llvmser zugeschriebene Kreuzigung. bekleidet. Die Engelbilder sind je 13 Zoll bocb und 12 Zoll breit, dasEcce-bomo-Bild und die gegeniiberste- bende Madonna l)alten eine Hobe von 24 Zollen bei gleicber Bi eite mit den obigen ein. Ein anlicbes nicbt minder scbones Madonnabild betindet sicb in der Gemaldegalerie (nicbt in derKircbe) des Stifles Hobenfurtli, es ist mit dem Monogramm ^ (Tomas Mutina) verseben und von ausserordentlicber Anmutb. Licbtbraune zierlicb gescbeitelte Haare umge- ben das Kopfcben, aus welcbem wunderbar leuclitende Augen bervorblicken. In der linkenEcke des Bibles be- merkt man deuDonator, ein etwa 3 Zoll bobes Figiircben, einen Moncb in Cistercienser Ordenstraclit darstellend, der in den Handen ein Sprucbband bait mit den Wor- „miserere mei Dominus." Auf dem 5 Zoll breiten vergoldeten Rabmen sind oben und unten fliegende Engel, zur linken S. Catbarina and Kunigunde, zur recbten S. Margaretba und Barbara miniaturartig bin - gemalt, dazwiscben winden sicbSprucbbander bindurcb Das Gemalde ist raitEinscbluss des Rabmens 30 Zoll bocb uud 26 Zoll breit. Es scbeint, dass diese Art von Rabinendecoration durcb Mutina in Bobmen eingefiibrt worden sei, und wir nebmen dessbalb keineu Austand, aucb das beriibmte von Hirt, Kugler, Ambros und anderen Forscbern viel- facb besprocbene Veronica-Bild im Prager Dome imbe- dingt dem in Rede stebeuden Meister zuzuscbreibeu. In Bezug auf Grosse, Farbenauftrag, Rabmenwerk und soustige Ausstattung stimmt der Cbristuskopf (vera Icon) mit der beschriebeneuHobenfurter Madonna genau iiber- ein uud es frappirt nur im ersten Augenblick der tief- braune Ton des Antlitzes, welcber den HofratbHirt ver- anlasste, bier einWerkbyzantiniscber Kunst zu erblicken. Diesem Aussprucbe baben mit allerlei Vorbebalten die librigen Forscber beigepflicbtet, obgleicb scbon Ambros in seiner Bescbreibung des Prager Domes ^ eber ein alt-italieniscbes auf byzantiniscben Grundlagen gescbaf- fenes Werk zu erkennen glaubte. Mikovec war indess der erste, welcber nacb sorgfaltiger Untersucbung ent- deckte, dass der Rabmen nicbt, wie bisber angenom- men worden war, jiinger sei als der Clnistuskopf, son- dern dass das ganzeBild von einer und derselbenHaud berriibre und in Bobmen ausgefiibrt worden sei. Sein in Detail-Forscbungen bewabrter Scbarfblick bat ibn auf die ricbtigeSpur geleitet, denn das Ineinanderfiigen der Bretter und Leisten, ans denen das Gauze bestebt, konnte nur bewerkstelligt werden vor der Auftragung desMalgrundes. Der Rabmen ist so innig mit demHaupt- bilde verbunden und verbolzt, dass die Vergoldung mit welcber alleTbeile uberzogen sind, in den Fugen aucb nicbt die kleinsten Spriinge oder Al)losungen erlitten bat.DasCbristusbild selbst oline Rabmen ist 24 Zoll bocb und 18 Zoll breit, der Rabmen biilt ringsum eine Breite von 5'/o Zoll eiu. Di"e Gesiclitsbildung triigt die berkommlicben For- men, langlicbes Oval mit feingescbnittener Nase, grosst braune Augen, testgescblossene docb voile Lippen. Durcb die sebr klare braune Gesicbtsfarbe scbimmern £;-erotbete Waugen bindurcb, Haare uud Bart sind sorg- ialtig geordnet und von einem Halse oder Kleidungs- stiicken finden sicb eben so wenig Andeutungeu, als von der in Veronica- Bildern iiblicben Dornenkrone. Der Siehe desseu „Dom zu Prag", 1858, Seite 26i. 15 — 114 — aiif GoldgTund stehende Kopf macht den Eindrnck eiuer liiinniliselieu Erscheinnng. Auf deni Rabmen erblickt man die bohmischen Laudes-Patrone, znr Rechteu die Heiligen Weiizel, Prokop . iind SigismuiKl, zur Liiiken Adalbert, Veit iirjdLudiuilla. An den obereu und untereu Streifen sind flatternde Eugelsligiircben mit Spruch- biinderu angebraclit. Diese Eugel mit ihreu griineu uud lotlien Fliigeln sebeinen mit derselben Scbablouc, welcbe am Hobonfnrter Rilde gebrancbt wurde, vor- gezeiebnet wovden zn seiu ; aucb die Gestalteu der Landes-Patrone tragen bierwiedort das gleicbeGeprilge luid die gleicben Mangel. Andere Madonna-Bilder von Mutiua'sHaud siebtmau in derDecanatskircbe zu Pisek, in der Minoritenkirclie zu Kniniau und eiu entsetzlich iiberscbmiertes in derPfarrkircbe desMarktesHobeufurt. ]Mutina tibte eineu sebr grossen Einfluss auf die in Bolimen sicb beranbildende Malerscbule, und es baben sieb an ibn mebrere Kiinstler angeseblossen. unter denen der scbon genannte Xicolaus Wurmser obeuan stelit. Der Farbenauftrag [Mutina's ist ausser- ordentlicb zart und versebmolzen. dabei nicbts weniger Fig. (Kavlstoin. S. Cacciiia vmi ^Iiitiiia.) als iingstlicb; er bediente sicb einer fliissigeu, langsara troeknendeu Temperafarbe, welcbe mebreren italieni- scben Kiinstlern damaliger Zeit bekaunt war und die sicb ilulicb wie die Olfarbe auftragen und vertreiben liess. Die Gewilnder orduete er mit Gescbmack an, die Korperform spricbt sicb dabei immer deutlicb aus, und, nackte Tbeile, wie z. B. der Leib des Ecce bomo-Bildes, sind riebtig gezeicbnet, nur die Hiinde oft auffallend vernacblassigt. Im Costlim zeigt der Kiinstler eine genaue Kenntniss bobmiscber Verbilltuisse , welcbe er nur durcb langeren Aufentbalt ini Lande erworben baben kouute : die Tracbten der Landes-Patrone, die viclen in den Bildern eingeflocbteuen Wappen, Fabnen und Embleme beruben auf ortlicben Studieu, abgeseben von dem Umstaude, dass im Hobenfurter Bilde das Portrait eines dortigen Conveut-Mitgliedes angebracbt ist. Dass Kaiser Karl Mutina's Bilder sebr gescbiitzt und das gegenwiirtig im Prager Dome betindlicbe Yeronica-Bild den in Karlstein aufbewabrten Reicbskleinodien bat beifligen lassen, ist gewiss ; dass aber dieser Kopf in Romwiibrend der Anwesenbeit des Kaisers sollte gemalt Avorden sein , wie in dem von Pessina mitgetbeilten Katalog angegeben wird, ist absolute Uumoglicbkeit, denn der gewandteste dialer konnte diese Arbeit nicbt unter vier Munafen vollenden, wiibrend Karl nur etwa einen Monat ['21. October bis 25. November) in Rom verweilte. Da sicb zwei anlicbe Bilder in Karlstein befanden, konnte eiu Irrtbum leicbt unterlaufen. Die ^Madonna von Karlstein wurde als besonders cbarakteristiscbes Werk Mutina's ausgewiiblt und durcb Fig. 127 ilhistrirt. — 115 — Audere italienif^clie Kimstler. Neben Mutina wirkte noch eiii zweiter Anliang-er der Sclinle Giotto's in Prag', dessen Teclinik meliv an alterthilmliclieu Traditiouen festhielt. Da er keiues seiner Werke unterfertig'te und sonstige Anhaltspunkte felilen, sind wir bei unserer Beurtlieiliuig einzig nnd allein auf den klinstlerischen Charakter angewiesen. Das bekannteste nnd vielleicbt alteste dieser Gemalde ist das Wallfahrtsbild der heiligeu Jungfran znKonigs- saal, von welcbem die Sage gebt , dass es Konig Wen- zel II. eigenhandig von Prag in die von ibm erbaute Kirebe getrageu babe. Zahlreicbe Ornamente und aucb die Anordnung des Bibles setzen den Einfluss des Florentiner Altmeisters ausser Zv^^eifel, wessbalb die Entstebungin keinem Falle Uber das Jabrl330 binauf- gerlickt werden kann. Das Bikl ist auf eine mit Lein- v^and llberzogene Holztafel (Eicbcn- oder Kastanien- bolz) gemalt und uait Goldgrund urageben. Der Grund ist matt und mit einradirten Ornamenten durehzogen, die Heiligenscbeine der Maria und des CIn-istuskindes besteben aus Glanzgold. Es ist voile Lebensgrcisse ein- gebalten, die Darstellung ein Kniesttiek von 3 Fuss, 3 Zoll licbter Hobe und 2 Fuss, 2 Zoll Breite. Maria tragt einenweiten licbtblauen mit golden enSternen besetz- ten Mantel und bat einen weissen Sebleier um das Haupt gescblungen. Hellgelbe Haare, die wie Wolle ausseben, quellen in grossen Locken unter dem Sebleier bervor und ringeln gegen den Nacken zuriick. Im Gesiclite der Jungfrau zeigen sicb melirere ausgebesserte Stellen, die Hautfarbe ist braunliob und dlinn aufgetragen, die Scbatten scbwarzlicb. Mund und Wangen stark zin- noberrotb (wabrscheinlicb in Folge spaterer Ubernialun- WJhifst. Fig. 128. (Prag.) gen), die Augen gross und mandelformig gezeicbnet, derBlick sanft. Das Kind erscbeiut beinabe gauz naokt, uur ein durcbsicbtiges Tueb umgibt seine Lenden ; es sperrt die langen Finger und Zeben weit auseinander, docb ist das Kopfcben ricbtig gezeichnet und die Bewe • gung naturgemass. Aucb Maria besitzt iiberlange Hande mit ungegliederten Fingern. Wie viel oder wenig von den allentbalben vorkommenden Harten der urspriing- licben Malerei und den verscbiedenen spateren Repara- turen zuzuscbreiben sind, lasst sicb nicht ermitteln; nicbts desto weniger macbt das Ganze den Eindruck eines wahren Kunstwerkes , was zunacbst der woblge- nmdeten Zusammenstellun"- zu verdanken ist. Das Bild bat den grossen Kircbenbrand von 1420 Uberstanden und wurde erst nacb geraumer Zeit aus der Ascbe ber- ausgegraben, wober die vielen Bescbadigungen rlibren. Ein zweites dieselbe Hand verratben des Marien- bild befindet sicb in der Vysebrader Colle giat-Kircbe, ebenfalls auf mit Leinwaud iiberspanntes Holz gemalt, 20 Zoll im Licbteu bocb, 14 Zoll breit und vollstandig erbalten. Maria ist sitzend in ganzer Figur dargestellt, das Kind auf demScbosse baltend. Ein tiefblauer wobb gefalteter Mantel, welcber die Gestalt vom Kopfe bis zu den Fiissen umbiillt , lasst nur die Hande frei, deren Form und iibermassige Lange als scbwacbster Tbeil des Werkes bezeiebnet werden dlirfen. Briiunlicber Fleiscb- 15* — 116 — ton, ockerg-elbe wollige Locken uiul manclelformig-e Angen finden sich auch liier; die grossere Harmonie und Farbentiefe mag daber kommen, dass das Bild bei- nabe gar iiiebt diircb Reparatiiren bcnibrt worden ist. Das Kind tragt einen eng-en, mit gotbiscben Arabesken verzierten Book von Goklbrocat, ans welcbem lange braune Fiisse bervorragen, iind ist ebenfalls mit bell- gelben Locken ansgestattet. Der dieMalerei umgebende Grund bestebt aus Goldblecb, welcbes nacb deu Umris- sen der Figur ausgescbnitten und mit getriebenen Wappen-Emblemen verseben ist. Als drittes derselbenFrilbzeit angehurendes Knnst- werk baben wir eine in der Galerie des Stiftes Strabov aufbewabrte Madonna zu verzeicbnen, welcbe bei lebeusvoller Auffassnng sicb durcb eigenartigeKleidung auszeicbnet. Kniestiick, 3 Fuss bocb und 2 "Fuss 7 Zoil breit, zeigt der Madonnakopf fast iiberlebensgrosse Verbaltnisse, docb feblt uiebt eine gewisse Grazie. Kngler will bier niirnbergische Bebandlungsweise und ein Streben nacb „grossar tiger Lieblicbkeit-' erbhcken, wabreud Forster die Arbeit einem ItaUener zuscbreibt, welcber Ansicbt icb micb urn so mebr an- scbliesse, als viele Einzelbeiten, namentlicb die in den Gewandern angebracbten Arabesken an das Konigsaaler Bdd erinnern. Die Fleiscbfarbe, die Form der Augen und die bellgelben Locken, die Krone Mariens und der Farbenauftrag sind genau so bebandelt, wie in den bei- den vorbescbriebenen Werkeu, aucb die byzautiniscben Ankliinge feblen nicbt. Neu und originell erscbeint der weisseUberwurf mit pmpurrothemBesatze, mit welcbem Maria bekleidet ist; diese iu reicbe Falten gelegte Dra- pirung bat etwas sebr Befremdendes und mag Kui;Ier, welcber gelegentlicb der i. J. 1844 abgebaltenen Arcbi- tekten-Versammlung an meiner Seite die Strabover Ga- lerie besuclite, an den Imbof scben Altar in Niirnberg erinnert baben. Mit den byzantinisireuden Anklangeu stebt die sebr lebhafte Bewegung des Jesukiudes im seltsamen Wider- sprucbe: es zappelt und will sich den Arraen der Mutter entwinden, indem es einen mit grosser Treue nacb der Natur gemalten Eotbgimpel ( Dompfaffen) in der Hand bait. Dabei ist der Witz eingescbaltet, class der Vogel, weleben das Kind tlicbtig beim Kragen gepackt bat' sicb zuriickwendet und es in den Daumen beisst. Aucb ausserbalb der Granzen Bcibmens beiindet sicb ein dieser Zeit und Eicbtung angeborendes Werk, namlicb in der Kircbe zu Windberg unweit Deggendort in Bayern, wobin esKarl IV. gestiftet bat, well das ehe- mahge Pramonstratenserkloster Windberg eine bobmi- sche Stiftung war. Der Krcuzgaiig im Kloster Eniaus. Die angefiibrten Tafelgemalde entstammen aller Wabrscbeinlicbkeit nacb jener Zeit, als Karl nocb den Titel Markgraf fiibrte und der bohmiscben Regierung alsStattbalter vorstand, uemlicbden Jabren 1334 — 1346. In diese Zeit fallt audi die Griindung des Slaven-Klosters Emaus, dessen arcbitektonische Gestaltung erklart wor- den ist. Nacb einer im Kreiizgange erbaltenen luscbrift soli Karl bereits 1343 den Ban begonnen baben; wabr- scbeinlicher jedocb ist, dass dieses um ein Jabr spater gescbehen sei. Als gewiss darf angenommen werden, dass der Kreuzgaug mit den Klostergebauden um etwa fiinfzebn Jaln-e friiher als dit- Kircbe ausgefiibrt wurde, weil sich die Monche anfanglicb mit der nabe gelegenen S. Cosmas und Damian-Kii'cbe batten bebelfen miisseu. Da die Ei-bauung des Kreuzganges keine lange Zeit in Anspruch nebmen konnte, enthalt die Nacbricbt, dass 1348 bereits ein Tbeil der Bikler vollendet gewesen sei, keine Uuwahrscbeinliebkeit. ' Die Ausstattung des Emauser Kreuzganges eroffnet die Reibe der grossen Malerwerke, welcbe auf Befebl des Kaisers ausgefiibrt wurden, und verdient als der umfassendste diesseits der Alpen im Laufe des Mittel- alters aiisgefiihrte Gemalde-Cyklus die vollste Beacbtuug. DieAbsicht des Kaisers war, in den Feldern des Kreuz- ganges eine bildlicbe Erklarung der Bibel anzubringen, damit die aus den ostUcben Provinzen ankommenden nocb beidnischen Slaven schon beim Eintritt in das Kloster eine Hinucigung zum Cbristentbum empfangen mocbten. Zum erstenmal wurde bier jene Reihenfolge von Darsteliuugen, welcbe unter dam Namen „biblia p a up e rum" bekannt geworden ist, in grossen Wand- gemalden zur Anscbauung gebracht. In achtundzwanzig dem neuen und sechsundfiinfzig dem alien Testamente entnommenen Darsteliuugen (jedes neutestamentliclie Bild wird durcb zAvei unterbalb im selben Gewolbfelde angebrachte alttestamentlicbe Bilder erklart) wird die Bibel in folgender Ordnung vorgefiibrt: ' ' S. Illustration Fig. 128, woselbst die Wandfelder mit den Nummern del' betreffenden Fresken bezeiclmet sind. Neues Testament. Altes Testament. 1. Mariae Verkiindigung ) Der brennende Dornbuscb. ■ • . - . ^ Gedeons Vliess. 2. Christi Geburt. ..... I Arons bliibender Stab. I (Zerstfirtes Bild.) 3. Christi Bescbneidung I Abrahams Bescbneidung. i Zefora beschneidet den Sohn, 4. Anbetung der Kcinige | Joseph wird von den Briulern verehrt. \ Pliaraos Vcrebrung-. 5. Darbringiiug im Tempel \ Darbringimg der Erstgcl)urt. I Darbringung- Samuels vor Hely. Scbule bervorgebracbt bat. Es wurden damals erbarmuiigslos alle Gemalde mit Leimfarlten iibcrschmiert, so dass kcinc Spur vom alten Bestand auf uns gekommen ware, wenn sich nicbt, wie es in der Wenzels-Capelle der Fall war, die neuere Tiincbe abgebUittertbatte. Da kam nun von deu urspriing- licben Malereien so vieles, w^enn audi im verblassten Zustande, zum Vorscbein, dass wir Zusammenbang und Haltung verfolgen konnen. Die ersten und iiltesten Bilder betinden sicb im westlicben Fliigel des Kreuz- ganges; sie zeigen die Gruppen von der Verkiindignng bis zur Hocbzeit von Kana und sind unverkennbar durcb italieniscbe Kiinstler ausgeflibrt worden. Das Gemalde der Verkiindignng babe icb selbst vonScbmutz und Tiincbe mit endloser Miibe gereinigt und erkannte — 119 — sogleich, nachdem der Hiutevgnind mitBrod abgerieben war, die auffallendste Almliehkeit mit dem in derCapelle Maria dell'Arena zu Padua befiudlichen Verklindigungs- bilde, welches Giotto um 1305 gemalt liat. Maria sitzt in einer Laube, die in italienisclier Gothili gelialten ist, vor ihr liegt auf einem Piilte ein Gebetbuch, neben dem Piilte steht eine Vase mit Lilien. Der gegeniiber anf einer Wolkeherniederseliwebende Engel halt einSpruch- band, welches in zierlichen Schwingungen liber das Betpnlt hinflattert nnd die ersten Worte des ^englischen Grusses enthiilt. Ans der Spitze des Bogenfeldes sieht Gott Vater hernieder und sendet den heiligen Geist in Form einer Tanbe gegen die in Andaclit versunkene Jungfrau hin. Der Hintergrnnd ist tiefblau, rait goldenen Sternen besetzt, Maria tragt einen weissen Schleier, ein knapp anliegendes rothliches Unterkleid und einen lichtblanen Mantel. Der Engel hat ein helles gelbliches Gewand. Die Composition bewegt sich in leichten gefalligen Linien ; Ausdruck der Gesichter nnd Falten- wiirf erinnern eher an Motina als an den Verfertiger des Vysehrader oder Kcinigsaaler Bildes, die Technik lasst eine tUchtige Vorilbung erkennen. Gerade die sichere Technik diirfte Ursache gewesen sein, wesshalb der Kaiser Ktinstler aus Italien benifen hat. Alle oben bezeichneten, italienisehenKiinstlern zuerkannten Bilder haben sich viel besser erhalten als die spateren von einheimischen Kriiften ansgefiihrten, was ohne Zweifel einem geheimgehaltenen Bindemittel zuzuschreiben ist, mit welchem erstere ihre Farben versetzten. Haben anfanglich nur Italiener im Krenzgange gearbeitet, scheinen sich doch bald Schiller herange- bildet zn haben, welche die Arbeiten fortsetzen konnteu ,• Fig. 130. (Hohenfurth mit dem zehnten Bilde verschwindet der italienische Charakter; man sieht, dass verschiedene Kiinstler hinter- oder nebeneinauder gewirkt haben, und es machen sich hie und da sehr natiiralistischeZlige bemerkbar. * Fines der besterhaltenen spateren Werke ist die Speisnng der flinftausend Mens ch en. In diesem Bilde ist eine Gruppe von Hungrigen angebracht, die ein Stiick slavischenVolkslebens mit solcher Treue schildert, dass man sich in die Mitte des bohraischen Volksfestes Fidlo- vacka versetzt glaubt. Kinder und Greise drangen ' Den italienischen Urspriing der alteren Bilder hat Schnaas e wohl erkannt, und auch bemerkt, dass die spateren Malereien von anderen Hiinden gefertigt wurden. Ob deutsche oder bohmische Kiinstler hier thatig ivaren, lasst sich nicht ermitteln. mit aufgehobenen Hiinden herbei, um von den Fischen und dem Brote ihrenTheil zu erhalten. Diese lebendige etwas genreartige Gruppe haben wir in Fig. 129 (S. 118) den Illustrationen beigefligt, ebenso in einer besonderen Tafel die Verkiindignng, um demBeschauer einen Vergleich zu ermoglichen. Werke geniischteii Styles. In der Pralatur des Stiftes Emaus wird ein friiher in der Kirche betindliches Kreuzigungsbild aufbewahrt, welches besonders desshalb merkwiirdig erscheint, well darin die italienische und die einheimische Mai- — 120 — weise imvermittelt nebeneiuander stehen. Die Frauen- gnippe ziir Rechteu des Kreuzes, Maria mit Johannes und zwei Begleiterinen , sclieint einem sieuesisclien Vorbilde entnouimen zu sein, witlivend das Crucifix iind die zur linken Seite stelieuden Lanzkneclite das Geprage der biilimiscben Miuiatnrscbnle (uicht eben in gllicldicher Weise) offenbaren. Die ziisammensinliende Maria wird von den Frauen unterstntzt und zeigt eine edle Gestalt von zarter Emplinduiig: sie hat, was sehr zu beachten ist, trefflich gezeichnete Hande, dabei sind die Farben an der ganzen Gruppe sicher und pastos aufgetragen. Die Gestalt des Gelu-euzigten ist liber Gebilhr verzeichnet, Hande und Fiisse ini Verhaltuiss zum Korper kolossal und carieaturartig. Almlich sieht es mit der ganzen linksseitigen Gruppe aus, alleGesich- ter sind derb und iibermassig breit. Mogiich, dass das Bild von einem Italiener angefangen und spaterhin von einem Unberufenen vollendet wurde; auch scheint durch eine schlechteRestauration manehesUnheil ange- richtet worden zu sein. Das Bild ist 4 Fuss 1 Zoll hoch und 3 Fuss im Lichten breit, auf glatten Goldgrund gemalt und die eichene Tafel mit starker Leinwand iiberzogen. Dieser gemischten Riclitung gehort auch ein in der Teynldrche befindliches Ecce-homo an, welches yon Kugler wegen seines Ausdruckes sehr geprieseu wird-, sonst aber alle Mangel desvorbeschriebenenBildestheilt. Ungleichhoher stelit einCydus vonTafelbildern im Besitze des Klosters Hohenfurt und in der dortigen Gallerie verwahrt. Die Anzahl der Bilder betragt neun gleich grosse Stucke von 37 Zoll Hohe und 34 Zoll Breite lichten Masses. Sie sind auf Tafeln von Eichen- Fig. 131. (Hohenfurt.) holz gemalt, dasHolz wurde vor derGrundirung tiichtig mit Leira getrankt und dann mit Leinwand ilberspannt, welches Verfahren allgemein ilblich gewesen zu sem scheint. Der Malgrund ist blendeud weiss, fuhlt sich seifenartig an und scheint aus franzosischer Kreide mit einem kleinen Zusatz von Gips zu bestehen. Die Zeich imng wurde mit einer stumpfen Feder und schwarzer Tusche vorgezogen und sodann dieLocaltone mit Lasur- farben aufgetragen, welche Colorirung die Grundlage bildete. War das Gemalde soweit fertig, so wurden die Schatten mit diinnfltissiger sehwarzbrauner Tusche angedeutet und wo nothig vertieft; zu allerlctzt setzte man einige Lichter mit Deckfarben auf und vertrieb sie aufs zarteste. Diese Behandlung hat mit der gewohn- lichen Aquarellnialerei grosse Ahnliclikeit und unterschei- det sich vonMutina's und seiner Zeitgenossen Malweise dadurch, dass die Farben ungebrochen blieben und nur die Lichter mit Weiss versetzt wurden. Der ganzeFarben- auftrag ist durch einen ungeschicktenRetoucheur bis ins Kleinste blossgelegt worden, indem derselbe eines der Bilder mit Seifenwasser abgewaschen hat, wodurch die leicht loslichen Farben stelleuweise fortgeschwemmt wurden und Grundirung, Zeichnung wie Farbenbehand- lung zu Tage traten. Es kommen an diesen Werken mehrere und bei weitem lebhaftere Farben vor, als man in Bildern der — 121 — Fiiilizeit zu treffen pflegt; nebeu den gewohiiliclien Erd- and Metallfarben sieht man carminartigcn Purpur, schones, nicht durcliMischnng- liervorgebrachtes Rosen- roth unci ein solches Hcllviolett, dann ein saftiges Gras- grlln und ein liclites reines Gelb, welehe Farben dermal unbekannt sind. Dagegen fehlen braunliche und graue Tinten beinahe gauzlicli. Daigestellt sind die Hauptmoniente des neuen Testamentes: Verkiindigung, Geburt Christi. Anbetung, Olberg, Kreuzigung, Grablegung, Auferstehnng, Him- melfahrt und Ausgiessung desGeistes. Die meistenCoin- spositionen sind selir figurenreich und belebt, die Hiu- tergrlinde vergoldet, dock rageu bliihende Bituine und Gestriiuclie mit kenntlicli gezeichneten Blattern in den Goldgrund liinein. In der Darstelluug „die Geburt Christi'' ist eiu aus der Ferne herantretender flirt per- spectivisch verkleinert, und im (Jlbergsbilde kommeu Felsenpartieu und sorgfiiltig nach der Natur gemalte Viigel vor; im Hintergrunde der Verkiindigung sieht man sogar eine flachgezeichnete Laudscliaft. Die Bilder sind nicht von gleichem Wevthe, es hat ein Schliler mitgearbeitet, von welchem Olberg, Kreuzi- gung undHimmelfahrt, aber bei weitem schwacher als die iibrigen, herrlihren. Das Hiuimelfahrtsbild verdient in so fern einige Beachtung, als von der Gestalt Christi nur die Fiisse zu erblicken sind, welche Darstellungs- weise wir in der Wenzels-Capelle Ivennen gelernt haben. Die Anbetung und zum Tiieile auch die Ausgiessung desGeistes sind durch Retouehirung verdorben worden, wahrend die iibrigen vier Bilder vollstandig erhalten blieben. AUe in diesen Tafeln vorliommen den Eugel- und Frauengestalten haben goldgelbe gelockte Haare, Cliristus und die Jiinger sind mit lichtbr aunen, Judas und der linke Scliacher mit rothenHaaren ausgestattet. Neben dem lieblich hingehauchten Ve rlaiudigungs- bilde zeigt sich die Auferstehung als besonders gliiclc- lichangeordnetuud enthaltKopfe vonhochs terSchonheit. In derMitte des Bildes sitzt einEngel auf dem lee- ren Sarge, welchem Christus, die Osterfahne in der Hand und von einem lichtblauen Gevvande umflossen, soeben entstiegen ist. Zu seinen Fiissen im Vorder- griuide liegen die sehlafenden Wachter und fiillen die linke Seite des Gemaldes aus. Von der Rechten her nahen die drei Frauen mit den Salbengefitssen und blicken iiberrascht auf das Grab und denEngel, welcher ihnen das Leichentuch zeigt; Fig. 130 (S. 119). Eine vora Original genommene Durchzeichnung des Engelkopf- chens ist in Fig. 131 (^S. 120) beigefiigt und mag von der eigenthiimlichen Feinheit dieser Gruppe einen Begriff geben. Der Schriftsteller Mikovec, welcher 1858 eine Munographie des Klosters Holieufurt veroffentlichte, hat zuerst auf diese Bilder aufmerksam gemacht, indem er dieAnsicht aussprach, es seien die Tafeln bohmischen Ursprunges und bereits zur Zeit der Klostergriindung (1259) in derKirche als Altarschrein aufgestellt gewesen. Er stlitzt seine Behauptung zunachst auf den Umstand, dass auf einem der Gemtilde das Portrait eines Herrn von Rosenberg angebracbt ist. Durch dieses Portrait, welchem dasRosenberg'sche Wappen beigefiigt ist, wird allerdings die Stiftung der Bilder als eine von derFami- lie Rosenberg ausgehende documentirt, aber im entferu- testen kein Beleg liber das Alter gegeben. Auch saheu sich alle Mitglieder der Familie als Stifter von Hohen- fnrt an, so dass bis zu dem Aussterben des beriihmten Geschlechtes (1611) jedes Familienglied mit gleichem Rechte als Donator des Altarwerkes angesehen werden konnte, wenn nicht die arehaologische Untersnchung mit grosser Bestimmtheit die Mitte des XIV. Jahrhunderts fiir die Entstehung der Bilder andeuten wiirde. Italienische Anklange machen sich besonders in der Gruppirung und Anordnung der Gewiinder bemerk- bar, die Technik hingegen erinnert an die kolnische Schule. Da die Herren von Rosenberg im Donauthale reich begiitert waren, konnten die Bilder auch in Oster- reich gefertigt worden sein, wo seit iiltester Zeit ein kiinstlerischer Verkehrmit Nord-Italien bestand. In Boh- men kommen anderAveitige dieser Richtung angehorende Werke nicht vor. I)er konigiiclie Maler Jumcz. Trotz aller angewandten Miihe hat es bisher nicht gelingen woUen, auch nur ein einziges Werk dieses \ielgenannten Meisters mit Sicherheit zu bestimmen. Er selbst zeichnet sich im Protokoll der Lukasbruder- schaft als „mistrKunczKraluow malerz" ein, wird auch Altmeister genaunt, und es scheint fraglich, ob er an den grosseu Unternehmungen, die mit 1348 begaunen, Theil genommen habe. Nach v. Murr und Passavant soli Kunzel boh emus zufolge einer im Nlirn- berger Wandelbiichlein enthaltenen Notiz im Jahre 1310 aus Niirnberg ausgewiesen worden sein. i Diese Nachricht erhiilt durch die Bezeichnimg Altmeister inso- ferne einige Glaubwiirdigkeit, als Kunz bei seiner Aus- weisung doch etwa zwanzig Jahre alt sein musste, folg- lich 1318 das obige Priidicat mit Recht verdiente. Er muss bald nachher verstorben sein und wird im Jahre 1352 dem frommen Andenken empfohlen. Jahn hat die Verniuthuug ausgesprochen, dass die Portraitbilder in Karlstein von Kunz herriihren mogen, welche Ansicht in mehrere Werke iibergangen ist, obwohl sie jeder Begriindung entbehrt. Da die Wandgemalde des 1348 gegriindeten Schlosses Karlstein unmbglieh vor 1352 begonnen werden konnten, hat Kunz an diesen Arbeiten ganz gewiss nicht theilgenommen. Daihm jedeufalls eine gewisse Bedeutung zukonimt, diirfte er dem Geiste der Zeit entsprechend wahrschein - lich Madonnamaler gev/esen sein und wir haben ihn auf diesem Gebiete zu suchen. Hier begegnen wir nun mehrereu von einem unbekaunten Meister gefertigten Marienbildern, welche eine unabhangige Stellung ein- nehmen. Alle zeichnen sich durch hochst sorgfaltige und zugleich kriiftige Behandlung aus, sie sind, ohne Anwendung von Lasuren ganz mit Deckfarben gemalt, vonHiirten nicht frei, sonst aber gefallig und anatomisch richtig entworfen. Auch eine leise Hinneigung an die alteNiirnberger Schule lasst sich nicht iuAbrede stellen. Als Werke dieser Richtung bezeichnen wir ein allerlieb- stes Mariabildchen in der Sacristei des Prager Domes, eine fast lebensgrosse Madonna in der Cistercienser kirche Goldeukron, welche zwei Bilder wegeu der treff- lich gezeichneten Hilnde besondereRiicksicht verdienen, endlich eine Madonna in der Sehlosscapelle zu Krumau und eine ahnliche in der Teynkirche zu Prag. Auch ein in der Hohenfiirter Gallerie behndliches, kraftig ausge- fiihrtes Ivreuziguugsbild darf hieher gezahlt werden, ' Passavant, Kunstblatt. Jahrgaiig 18il, N. 87. Von Murr, Journal XV.25. 16 — 122 — wenu auch die Hande und Fiisse minder schon gezeich- net sind. Nikolaus Wurmser. Die vielseitige Wirksamkeit dieses hochbegabteii Kilnstlers baben wir bereits in den Schilderiuig-en des Prag'er Domes luid des 8ehlosses Karlsteiu angedeiitet; es eriibrigt nocb, seine Stellnng zu der sicli entwikelnden Prager Schule nnd, soweit dieses moglich, seine Leben.s- verlijiltnisse darzulegen. Wurmser scbeint friibzeitig, etwa 1340 an den bobmischen Hof gekommen zu sein, vielleicbt bei jeuer Gelegenheit, als Konig Jobanu in Begleitnng des Markgrafen Karl zum erstenmal nach Avignon reiste. Er trat friiber auf als sein Eivale Tbeo- dorich, war scbon um 1354 in Karlstein und 13G0 im Prager Dome besehaftigt. Von Kaiser Karl wurde er mit zwei Gnadenbriefen bedaclit, deren erster am 14. Oktober 1359, der zweite am 13. December 1360 aus- gestellt worden ist. Diese beiden Urknnden sind auf uns gekommen; aus der ersten ersehen wir, dass Wurm- ser bisher alsHoriger an deniHofe gelebt und erst durcb den Gnadenbrief die Freiheit erbalten babe. Die Urkunde lautet: Dominus Imperator fecit graciamMagi- stro Nicolao dicto Wurmser de Argentina pictori suo propter hoc, ut ipse diligenciori studio pingat loca et castra, ad que deputatus fuerit, quod ipse possit dispo- nere, legare, donare, testari et ordinari de bonis suis omnibus mobilibus et immobilibus, et rebus suis in vita sua , vel in niorte pro sue libitu voluntatis cum (et sine) clausula ratibabicionis, non obstantibus quibuscunque Juribus, consuetudinibus, statutis etordinacionibus quibus omnibus extitit derogatum. Mandamus igitur universis et singulis et cet. : ut non impediatur, sub pena indigna- tionis etc. Presencium etc. Datum Prage anno d. MCCCLIX. Indictione Xil., VIII. idus Novembris. etc. ad relacionem Pauli notarii Camere. Henricus Tliezauri. Dieser Erlass ist noch in der Form abgefasst, wie der Kaiser an untergeordnete Personen durch seine iimter Gnaden und Privilegien zu ertbeilen pflegte. Die zweite direct vom Karl ausgehende und gefe rtigte Urkunde ist stylisirt wie die an adelige Personen erlas- senen Zuschriften : Karolus quartus Piomanorum Imperator et Boemie rex. Quod nos consideratis raultiplicibus meritis probatis nec non fidelibus gratisque obsequiis, quibus dilectus nobis MagisterNicolausPictor, familiaris noster nobis ac- tenus complacere studuit et valet, et poterit amplius in futuruni ibi curiam suam iuMorzie (Morzin) tercium me- dium Laneum continentem, ab omni censu Collecte sive Berne, sen cujuslibet alterius soli.cionis onere, ad vite ipsius dundaxat tempera de speciali nostra gracia et certa sciencia, et anctoritate nostra Regia Boemie eximi- mus, ac tenore presencium graciosus libertamus. Mandan- tes universis et singulis officiatis nostris in Karlstein Bcr- narnmcollectoribus ceterisque officialibiis nostris quibus- cunque, qui sunt, aut pro tempore fuerint fidelibus nostris dilectis, quatenus a dicto magistro Nicolao racione dicte curie, nullos penitus Census, Bcrnas seu alias quaslibet soluciones exigant, aut requirant, prout gravem nostre indignacionis offensani diligunt evitare. Etc. Per Dominum de Koldicz, Joannes Eystetensis. Datum Norinberge. A. M.GCCLX. Indiccione XIII. idus Decerabris. Obwolil in diesen beiden Documenten die bisber von Wurmser hergestelltenArbeiten nicht naher bezeich- net sind, erseben wir docb, dass er bereits vieles zur Zufriedenbeit des Kaisers ausgefiihrt babe, dass ferner unter dem Scblosse, von welchem in dem ersten Briefe die Kede ist, nur Karlstein verstanden werden konne, wie denn aucb das von alien Steuern befreite Gut Morzin ganz nabe bei Karlstein liegt. Endlicb musste ein that- sachlicher Grund vorliegen, wesshalbKarl IV. um diese Zeit den Wurmser auszeicbnete. Dieser Grund war uucb vorhanden. Im Jahre 1357 war die Dechantei- kircheS.]Maria zu Karlstein feierlich eingeweibt worden, worauf die nocb anzufertigeudenMalereien in derKatha- rinen-Capelle und die Ausstattung der Altare gerade eine solche Zeitfrist in Ansprucb nahmen, als zwischen der Einweibung und Ausstellung der Gnadenbriefe ver- floss. Unterziehenwir die in der Wenzels-Capelle zuPrag und in Karlstein befindlichen mit voller Berechtigungdem Wurmser zugescbriebenen Arbeiten in Bezug auf Styl und Technik einer naberen Betrachtung, lasst sich eine bedeutende Hinneigung an die Manier der in Bobmen wirkenden italienischen Meister nicht verkennen. Wurm- ser scbeint sich an Mutina angeschlossen und sowohl den Farbenauftrag wie auch die Compositionsweise dieses Meisters angenommen zu haben, ohne seine deutsche Eigenthiimlichkeit aufzugeben. An Phantasie und Gefuhls- tiefe iibertrifft er den Mutina bei weitem, erreicht ihn aber nicht in Bezug auf correcte Zeichnung. DabeiistMagister Nicolaus einSiiddeutscher undElsasser geblieben durch iind durcb, man kann ihn mitRecht alsVorlaufer des Mar- tin Schtin und des Hans Holbein desJiingern bezeichnen. Namentlich zeigt das Colorit der Fleischtheile , z. B. in dem erwahnten Bilde der unbefleckten Empfangniss zu Karlstein oderin den Christusbildern der Wenzels-Capelle oft eine Klarheit, wie sie nur in den Werken Holbeins getroffen wird. Die Localtcine sind dunn, aber mit Deck- farben in naturgemassen Abstufungen aufgetragen , die Lichter pastos mit nicht vertriebenen Pinselstrichen gezeichnet, die Falten in grosseu Liuien mit wenigen Brechungen gelegt und die Haare durch eiuzelne sehr fein gezogene Lichtlinien gehoben. Diese Behandlung der Haare mit einzelnen Licht- linien ist ein charakteristisches Zeichen der Wurmser'- schen Schule und bildet den Gegensatz zu der mehr wolli- gen Malweise des Theodorich und seiner Anhanger. Ob Wurmser im Kreuzgaiige vonEmaus mitgearbeitet habe, ist nicht bekannt, wenn es auch als wahrscheinlich vor- ausgesetzt werden darf. Fernere Wandgeraitlde, welcbe ihm zugeschrieben werden durften, besass noch vor kurzem die alte Burg zu Pisek, wo ein neben demRitter- saale liegendes Prunkgemach ganz in der Manier des Meisters ausgestattet war. Das mit einem Kreuzgewolbe liberdeckte Gemacb hatte an der Westseite ein Bogen- fenster, an der ISord- und OstseiteThiiren und nur gegeu Siiden bin eine voile Wand. Diese war von einem figu- renreichen Kreuzigungsbilde eingenommen,wahrend man in den Feldern oberhalb der Thiiren die Geburt Christi und die Heiligen drei Konige erblickte. Die sclicin geschwungenen Gewolberippen prangten in reicherVer- goldung und um die Gemaldc her zogen sich in einem Arabeskenkranze Wappen und Embleme. Das Gauze war im Jahre 1856 noch treft'lich erbalten und wurde erst zelin Jahre spater unnothigerweise eingerissen, als — 123 — dieRegienmg denWiinsch anssprach, dass dieses Denk- mal erhalten werden raochte. Ancli die ira Rittersaale angebrachten, aber viel jiiugerenGemalde sind seitdem bis auf wenige Spuven verblasst, oder durch Mntliwillen verdorben worden, weil die Piseker brauberechtigte Burgers ehaft deu Saal als Schiittboden beniitzte. Uuter den Tafelbildern, welche Wiirmser's Hand verrathen, stelit die sclione Maria in der Stiftskirche zu Holienfurt obenan. Bereits in einer ludulgenz vom Jahre 1394 als Wallfahrtsbild genannt, wird es gegen- wartig in einer besouderen Capelle der Kirche verwahrt und zeigt jene Anordnnng, welche wir an den Mutina- Bildern kennen gelernt haben. DevRahmen ist vergoldet und mit auf den Goldgrund gemalten Miniatur-Bildern ausgestattet ; die bobmischen Landes - Patrone feh len auch liier nicht, dazwisehen Engel luit Spruch- bandern. Obwohl dieSpuren vielerRetoucben zu geAvah- ren sind, zeigt das Colorit uoch imraer grosse Klarheit, dabei rundet sich der beinahe schattenlose Madonna- kopf vortrefflich ab. DasBild soli von denRosenbergeru der Kirche verehrt worden sein, doch findet man iiber die Scuenkung und das Gemalde selbst in dem reichen Kloster- Archive keine andereNachricbt, als deu obigen vom Erzbiscliof Johann von Jenstein lierriihreuden Erlass. Eiues der besterhaltenen Werke dieser Richtung, entweder ganz aus der Hand Wurmser's hervorgegangen oder unter seiner Aufsicht angefertigt, wird in der Dechanteikirche zu Beneschau seit Jahrhunderten ver- ehrt und zwar als Hochaltarbild. Dieses Gemalde stellt die unbefleckte Empfangniss dar: Maria stebt in ganzer lebensgrosser Figur auf der Mondsichel, das Kind auf dem linken Arme haltend, wahrend die Reebte den Man- tel leise auzieht. Die Figur scheiut im Vorwixrtsschrei- ten begriffen und tritt der um den Mond sich herum- windenden Schlange aufs Haupt. Die oberen Ecken Fig. 132. (Karlstein. des Bildes sind durch zwei fliegende Engel aus- gefidlt, welche eine Krone liber dem Haupte Mariens halten. Das Bild ist von Ubermalungen frei geblieben, zwar etwas verblichen, weil es von der Mittagsonne getroffen wird, sonst aber in gutemZustande: dieHohe betragt beinahe SVa Fuss, dieBreite 3 Fuss 4 Zoll, und die rait Leinwand liberspannte Holztafel ist vor dem Auftragen des Malgrundes mit einem kraftigen Firniss, vielleicht Cedern-01, getrankt worden. Der Farbenauf- trag zeigt die dem Wurmser eigene Klarheit, die Licht- partien sind zwar hie und da ausgespart, doch die Hauptlichter kraftig mitDeckfarben aufgesetzt, wie auch die Haare mit einzelnen feinen Linien gezeichnet. Von italienischen Einflussen, denen sich Meister Nicolaus nicht verschlossen hat, ist dieses Gemalde zieinlich frei, wesshalb wir es seiner Friihzeit zuschreibeu mochteu. Dafiir spricht auch derUmstand, dass der Kiinstler den Hintergrund nicht vergoldet, sondern versilbert hat, was insofern stort, als das Silber verdnnkelt und stellen- weise ganz schwarz gewordeu ist. Von den im Lande vorkommenden Tafelgemalden ist dieses das grosste: es soil der 1420 zerstorten Mino- ritenkirche angehort haben und durch Kaiser Karl dahin gestiftet worden sein: bei der bedeutenden Grosse ist rathselhaft, wie es der Verwiistuug entgangen ist. Da das Bild sehr ungiinstig beleuchtet und obendrein so hoch angebracht ist, dass die Einzelheiten selbst von dem scharfsten Auge nicht vvahrgenommeu werden, sei uoch bemerkt, dass als die beste Zeit zur Betrachtung die Nachmittagsstnnden von 2—4 Uhr sich eiguen: frliher und spater hindern die den Altar uberstreifeuden Sonnenstrahlen die Ubersicht. 1G = — 124 — Ein diesem seliv ahnliebes Gemalde, derselben Zeit augehorend, aber eiitsetzlich dnrch Ubermahmgeu ver- dorben. crblickt man i^i der Decaualkircbe zu Wilden- sebwevt. Format und Anordiiung sind bier wie dort nabezu gleicb, docb stebt das Wildeiis(diwerter Bibl auf Goldgnind und sind ancb zu den Fiissen der beiligen Jungfrau Engel angebraebt. Es scbeint daber eine Yariante des erstbescbriebenen Werkes zu seiu,_ ans derselben Scdmle bervorgegangen und (soweit dieUber- pinselungen erkennen lassen) etwas jiinger als jenes, worauf die besser gezeicbneten Hiinde bindeuten. Ein sebr wertbvolles, mit der Hobeufurter Ma- donna in alien Tlieilen iibereinstinimendes Gemalde eutbalt der linke Seitenaltar in der Stepbanskircbe zu Prac,'. Durcb eine aufcesetzte silberne Krone und aller- lei Opfergaben fast ganz verdeckt und in einen Glas- kasten eingeiligt, ist dieses Werk selbst den Kunstfreun- den inPrag unbekannt, weil die weuigen nicbt verdeck- ten Tbeile unter dem Scliimmer des Glases nicbt liber- selien werden konnen. Erst nacb jabrelangem Bemiilien wurde meinGesucb bewilligt, den mit eisernen Biindern befestigteu Glas- kasten berabbeben und offnen zu diirfen, worauf ich ein Mariengesiebt erlilickte, welcbes an Zartheit selbst das Hobenfurter Bild iibertrift't. Die Farbe jedocb ist stark verblicben. Auf dem Rabmen sind ausnabmsweise Sce- nen aus dem neuen Testament angebraebt; Verkllndi- gung, Geburt Cbristi, Heil. drei Kiinige und Darbrin- gung im Tempel, FigUrcben von zwei Zoll Hobe mit 2,'rosster Sauberkeit voUendet. Fig-. 133. (Kavlstein.) Tlieodoricus primus Magister. Dieser neben Wurmser liervorragendste Maler des durcb den Kaiser zusammenberufenen Kiinstlerkreises tritt uns im Jabre 1348 als Vorsteber der Malerbruder- scbaft und bereits anerkannter Meistcr eiitgegen, docb ist uns wedcr sein Gebnrtsort nocb seine Scbule bekannt, und audi der kaiserlicbe Gnadenbrief gewalirt liber die Lebensverbiiltnisse des Kiinstlers nicbt den geringsten Aufscbluss. Die dem Nam en Tbeodoricb angebitugte Bezeiclinung „von Prag" ist neuesten Ursprungs und konimt weder in der karoliniscben Scbrift vor, nocb ist sie den Forsclicrn Pelzel, Jalin und Dlabac, welcbe sicli mit der Gcscliiclite des Kiinstlcrs l)escb;iftigten und \()n (b'nen die beidcii letzteren nocli im irejien- witrtigen Jabrbundert wirkten, bekannt: rielmebr sind alle geueigt, eine deutscbe Abkunft anzunebmen, weil der Name Dietricb (Tbeodoricb) zumeist in Scbwaben getroften wird. ' Der kaiserlicbe Erlass lautet mit Hin- Aveglassung der iiberfliissigen Wiederbolungen : Karohis Quartus etc. Notum facimus tenore pi esen- tium universis. Quod advertentes artiticiosam picturam et solemuem Regalis nostre Capelle in Karlstein, qua iidelis nobis dilectus Magister Tbeodorieus, pictor noster et familiaris, ad bonorem omnipotentis Dei et inclytam landem nostre dignitatis Regie predictam Capellam tam ingeniose et artificialiter decoravit, et innate fideli- tatis constantiam, et obsequiorum aliorum puritatcm ' Jahn: iiber (U« altesten Maler Bohmens, in Rieggers Statislik. I. C,G ff. — Pelzfl, Kaiser Karl der Yierte. 11. 789. J.__ Schaller, Topographie, Eerauner Kreis, IG.Dlabacz, Kiinstlerlexicon. I. 321. iiherall wird derKiinstler Dietrich gcnaiiiit. — 125 - coiitiniiam, quibns etiam idem nostre Celsihidini cordis sinceritate complacuit, et desiderat uihilominns in antea studiosa voluntate, efficacique opere ferventiiis compla- cere. Volentes igitur de innata nobis regie benignitatis dementia, premissonmi intuitu eidem, ejusqueheredibus aliciiius retributionis recompeusam facere, et gratiam specialem, auinio deliberate, sano etiamPrineipum Baro- num, Nobilinm et aliorum tideliiim accedente consilio de certa nostra scientia, et auctoritate Kegia Boeraie . predieto Theodorico, et suis beredibus legitimis curiam, quam in villa jMorzina cum quatuor mansis agrorum obti- uere dignoscitur, ab exactione, Steura, collecta, angariis et perangariis, ungelto, contributionibus, ac omnibus et singulis aliisoneribus, quibuscunque etiam designarispe- cialibus valeant vocabulis per Nos,heredes et Successo- resnostrosRegesBoemie, aut ofticiales nostros, et eorum per Regnum Boemie ex quaeunque causa in futurum, quomodolibet imponendis eximimus, absolvimus, liber- tavimus, libertamus nibilominus per presentes taliter tamen, quod predictus Theodoricus et sui heredes, qui pro tempore fueriut, ob reverentiam divini numinis, et solemnitatem Capelle regalis predicte, perpetuo de curia, et quatuori mansis prefatis in antea trigintatalenta cere, quorum quiudecim in feslo S. Micbaelis Archangeli ven- ture proxime tunc incipiendo, et alia quindecim in teste S. Geergii Mavtiris immediate sequenti, et sic annis singulis in antea continuandum, nomine pensienis annue dare, et solvere sine contradictionis obstaculo teneantur. Mandantes igitur universis et singulis Burggraviis, Officialibus, Viceofficialibus , Procuratoribus censuum, Fig. 13i. (Kolin.) et redditum nostrorum coUectoribus per Regnum nostrum Boemie ubilibet censtitutis qui sunt, vel pro tempore fuerint fidelibus nostris dilectis, ne a predieto Theodo- rico aut heredibus suis legitimis, de curia et quatuor mansis agrorum prefatis ultra prefata triginta talenta cere aliquid exigere aut extorquere presumant, sed potius ipsos circa prefatam nostram gratiam iaviolabiliter conservare studeant, prout indignationem nostram gra- vem, et penam eis pro motu nostro proprio infligendam veluerint aerius evitare. Presentium etc. — Datum Prage A. Dni. MCCCLXVII. Indict. V. quarta Kal. May. etc. — Theodericb oder Dietrich scheint bis zum Jahre 1370 ausschliesslich mit der Kreuz-Capelle, welche in der Urkunde Konigs-Capelle genannt wird, beschaftigt gewesen zn sein. Die meisten der daselbst betindlichen Geraalde sindTafeln, deren heute noch mit Zurechnung einiger kleinen Zwickelbilder, die in die Gewolbeab- scbnitte eingepasst sind, nicht weniger als 133 gezahlt werden, obwold mehrereLiicken von deuWanden herab- starren. Auch die Wandmalerei hat er geiibt nnd die in den Fensternischen angebrachten Wandgemalde tragen in unzweifelbafter Weise alle seine Eigenthiimlichkeiten ; vpie liberhaupt undenkbar erscheint, dass in dieser Capelle andere Kiinstler beschaftigt gewesen sein soil- ten, als Dietrich uud seine Gehilfen. Einen Zusammen- hangzeigen dieWandgemalde nicht : sie sind'des verschie- denstenluhalts undwillkfihrlich nebeneinander gestellt : man sieht in einem Fensterbogen das apokalyptische ♦ — 126 — Lamm, diesiebeii Leuchter imd iihnliehe Anspielungeii, im zweiteu deii eiiglisclien Grass, daiiebeii die Erwecknng- des Lazaras, die Anbetung- der Weiseii und nocli eiiiige so selir beschadigte Darstellimgen, dass sie iiicht melir genau bestimmt warden konnen. Dass aucli die Tafel- bilderkeiue gegenseitige Beziehung aiissprechen, haben wir bei Erklarung der Burg KarLstein erwahnt nnd es bleibt nur beizufiigen, dass Meister Dietrich eiiien gros- seu Kreis von Scljiilern beraiigebildet zn haben soheint, wahrend er in Karlstein arbeitete. Die grosse Anzahl der Gemiilde, die endhis vielen Arbeiten, welehe die Herstellung und Grundirung der Holztafehi, das Auf- setzen der gepressten Ornamente und Embleme, dann dasVergolden der Hintergrilnde erforderte (Dinge, welche damals jeder Maler in seiner Werkstatte ausfiihren rausste), setzen auch vieleGehilfen roraus. Auch entwi- ckelt die Schule Dictrichs bald nachher eine ausgebrei- tete Thatigkeit, welche sich weit iiber die Griinzen Bolimens ausdehr^t. Verschmelzung- tier Scliuleii. So entschieden sich die beiden Meister Wurraser und Dietrich in ihren kiinstlerischen Bestrebungen ent- gegenstehen (und vielleicht auch im Leben gegeniiber- Fig-. 135. (Prag, k. k. Bibliotliek.) standeu), gehen docii die beiderseitigen Schulen unver- merkt ineinander iiber. Man gewahrt diese Verschmel- zung der Schulen am deutlichsten in einem Votivbilde, welches der Erzbischof Ocko von Vlasim der Stifts- kirche zu Eaudnitz verehrt hat, das spaterhui einen Platz in derBildergalerie der Gesellschaft patriotischer Kunst- freunde in Prag gefunden hat. Die wolligen Haare nud verblasenen Gesichter, welche als Eigenthiimlichkeiten Dietrich's bezeichnet worden siud, werden in dem Eaudnitzer Bilde zwar noch getroffen, aber schon in sehr gemilderter Weise ; wogegen die scharfere und feinereZeichnung Wurmser's in den Einzelheiten beson- ders den Gewandern sich bemerkbar macht. In der Eaudnitzer Kirche sieht man ferner cinen Fliigelaltar, in dcsscn mittlerer Tafel der Tod Maria in alterthiim- licher Auffassung dargestellt ist. Maria kniet auf einem Bctte und sinkt zusammen, hinter ihr steht Cliristus und nimmt die Seele in Empfang, wilhrend die Apostel um das Bette herumknien. Die Anordnung verriith tiefes Gefiihl, die Ausfiihrung aber ist roh, eineSchtilerarbeit, die mehr gutenWillen als Kenntnisse verrath. Die dazu gehorigen Seitenfliigel enthalten ein Ecce homo und eine ^Madonna mit dem Kinde, augen- scheinlicheEeminiscenzen an die Mutina-Bilder in Karl- stein, aber in eine derbe Manier iibertragen und dem Geprage nach der Begierungszeit des Konigs Wenzel IV. angehorend. Ahnliche wenig durchgebildete Tafel- bilder werden in der Dominicanerkirche zu Budweis, der Pfarrkirche in Deutschbrod und einigenLandkirchen des siidlichen Bolanens getroifen, welcher Theil des Landes mit altenBildern viel reicher ausgestattet ist als der Norden. Auch in den sehr verblassten Wandgemalden des Kreuzganges in Strakonitz liisst sich eine Verschmel- Fig. 13(3. (Hohenfurth.) zung der beiden Schulen wahrnehmen, doch herrscht im allgemeinenTheodorichs Manier vor. Diese Gemalde sind iibrigens nicht gleichzeitig gefertigt, einiges scheint sogar der vor-karolinischen Periode anzugehoren. Wir werden uns im folgenden Abschnitte noch mit Theodo- rich und seiner Sciiule zu beschaftigen haben. — 127 — 1 1 1 a s t r a t i 0 n e n : Kircbenlehrev von Theodorich, Fig. 132. (Im Texte S. 123). Evangelist von demselben, Fig. 133. (Im Texte 8. 124). Grlasmalerei. Die Glasmalerei wurde zvvar geiibt, erfreute sich jedoch weder eines hoheren Aufscliwunges noch allge- meinev Verbreitnng. Man darf sich durcli die Worte der Chronisten (namentlich des Francisciis) niclit tau- sclien lassen, wenn von so prachtigen gemalten Fen- stern gesproclien wird, dass nie sclioneres geselien worden sei. Diese Beschreibungen bezieben sieb nur anf bnnte Glastafeln, Avie man sie bente noch da nnd dort, z. B. in der Kirche zn Nirabnrg tritft. Die wenigen Keste von Glasbildern, welche dem XIV. Jahrhundert entstammen, sind unbedeutend nnd gehoren nnr klei- neren Zusamnienstellungen an. Brnchstiicke dieser Art siebt man in der Katharinen-Capelle zu Karlstein und in einigen Sammliuigen. Kiinstlerischen Werth besitzen nur zwei in der Bartholomaus-Kirche zu Kolin vorhau- dene Theile eines grosseren Bildes, welches die Geschichte der heiligen Jnngfrau Maria zum Inhalt hatte nnd das wohl einGeschenk des Kaisers Karl seinmocbte. In dem besser erhaltenen Fliigel ist der Tod Marias dargestellt nnd zwar nach der oben erwahnten Tradition, dass Christus zwischen den versammelten Jlingern erschienen sei nnd die Seele, welche die Gestalt eines kleinen Kindes hat, der Scbeidenden abgenommen und in den Himmel geflihrt babe. Die sterbende Jnngfrau liegt ausgestreckt auf einemRuhebette, hinter welchem Christus steht, dessen i.iberirdische Erscheinung durch dieMandorla ausgedriiciit ist. An jederSeite sind sechs Apostel augebracht, von denen aber nur die Kopfe Fig. 137. (Prag, Museum.) gesehen werden. Die Figur Mariens ist mit tiefer Em- pfindungaufgefasst und die einzelnen Kopfe gut charak- terisirt. Wo aber dieses treffliche Gemalde gefertigt wurde, ist unbekannt. Das Glasgemiilde in Koliu, Fig. 134. (Im Texte S. 125). Miuiaturen. circa 1335 1360. Dieser Kunstzweig war von je in Bcihrnen der beliebteste und wurde nicht allein in den Klostern, sondern auch von weltlichen lUuminatoren betrieben. Zu welch bedeutender Hohe die Miniaturmalerei schou um 1312 gelangt war, haben wir aus dem Passiouale der Prinzessin Kunigunde ersehen, wiewohl liber dieses Bilderwerk zu bemerken ist, dasses in seiner Art einzig dasteht und ahnliches nicht wieder geschaffen wurde. Es trat auch schon um diese Zeit die Aquarellmalerei mehr und mehr zuriick um der Deckfarbenmanier Platz zu machen, weil diese eine ungleich hohere Farben- pracht entwickeln lasst. Die Anzahl der mit Miniaturen ausgestatteten Pergamentschriften aus Karls Zeit ist hochst bedeutend : es diirften dereu gegen dreissig im Lande vorhanden sein, von denen die Bibliothek des Domcapitels nahezu die Halfte besitzt. Auch die Biblio- thek der k. k. Universitat nnd des bohmischen Museums in Prag, die Stiftsbibliothek zu Hohenfurth und die flirstlich Lobkovic'sche Sammlung in Raudnitz enthal- ten hochst werthvolle Werke dieser Art, denen sich einzelne in auswartigen Sammlungen bctindliche Codi- ces anreihen. Die Miniaturen eines Messbuches, welches in der Dombibliothek aufbewahrt wird, riihren von Peter Bfuchaty (in welchem Wocel den im Malerprotokoll vorkommeuden Petrus Ventrosus vermuthet) her und zeichnen sich hesonders durch scharfen Ausdruck und Farbenpracht aus; dabei sind die Bilder meist in den Umfaiig der Anfangsbuchstaben eingepasst, welche Anordnung bis zur Mitte des Jahrhunderts vorzugs- weise beliebt war. An dieses Werk schliesst sich eine Bilder-Bibel in derselben Bibliothek an, anschei- neiid etwas jlinger, ebenfalls reich decorirte Initia- len eiithalteiid. Nun folgen dem Alter nacli meh- rere grosstentlieils sehr uiifanj^'reiclie Psalterien und Erbamnig'sbuclier, welehe dev Erzbiscliof Arnest fiir den Gebrauch angeliender Cleriker bat anfevtigen lassen nnd die erst inr Laufe der letzteu Jaln-e diirch die Bemilbiuigen des gegenwiirtigen Dom-Seniors und riihm- lichst kekannten Grescbichtsforschers P. A. Frind ans Licht gebracbt und der Dombibliotbek einverleibt wurden. Jedes entbalt nur eiu oder zwei Bikler in der Manier des Bruchaty, jedoch scbwacber in der Zeichnung. Die breite verblaste Gesielitsbildung, welcbe Kugler, Waagen und Hcbnaase als Eigen- tbumlicbkeit der bobmiscben Scbule bezeicbnen, tritt in diesen Miniaturen auifallend bervor. Grazioser erscbcinen die Illustrationen dreier Miniaturwerke mittlern Formates mit Figiircben von nur etwa 5 Cm. Hobe, die wabrscbeinlicb von einer und derselben Hand berrlibren. Die erste dieser Pergamentscbriften befin- det sieb in der kaiserliclien Bibliotbelv zu Prag, fiihrt den Titel: Nauceni Kfestanske prawdi(ChristlicbeUnter- weisung) und wurde auf Veranlassung des Tbomas Stitny gefevtigt. Es entbalt dieses 30 Cm. bobe und 21 Cm. breite Buch 158 zum Tbeil sebr defecte Perga- mentbliitter mit zablreicben Initialen, unter denen die siebeu Sacramente, die Einkleidung einer Nonne und die Kronuug Mariae durcb zarte Ausftibrung hervor- ragen. Von den beiden andern eben so grossen und in derselben Weise ausgestatteten Werken ist das eine im Besitze des Stiftes Hobenfnrt, das andere in der Pi-audnitzer Bibliotbek. Beide entbalten zumeist Initia- len mit einzelnen Heiligenbildern. Mit Vergoldungen ist gespart und freie Rankenwei-ke kommen nur aus- nabmsweise vor; die Hintergrlinde sind gewohnlich tapetenartig gemustert und der Farbenauftrag sebr bar- Fig. 138. (P)-ager Dom.) moniscb, wobei gebrocbene Tone vorberrscben. Ein italieniscber Haucb durebzieht alle in den obigen Bllcbern entbaltenen Malereien, aucb sind sie sammt- licb mit Deckfarben ausgefiibrt. Illustrationen. Die Beichte aus Stitny's Erbauungsbucb, Fig. 135. (Im Texte S. 12G). Initiale aus einem Hobenfurter Codex, Fig. 136. (Im Texte 8. 126). Miniaturen. circa 1360 - 1380. Bis annahernd zum Jabre 1360 bewegt sich die Miniaturmalerei so zicmlicb in derselben altertbiimlicben Weisc, wclcbe scbon in dem Vysebrader Codex einge- balten worden ist: die eiugescbalteten Bikler sind tbeils in selbststandiger Form dem Ganzen oder den einzel- nen Capiteln vorgesetzt, tbeils leiten sie als verzierte Anfangsbucbstaben die Abscbnitte ein. Immer jedoch dienen dieGemalde als Erklarung des jemaligen Textes, wie denn die Illustration von vornberein Aufgabe der Miniaturmalerei war. Wurden hie und da hunioristisehe Anspielungen. Karrikaturen und arcbitektonische Orna- mente eingeschaltet, so standen solche Liickenblisser doch immer in einiger Beziehung zu der Darstellung undblieben dieser untergeordnet, wie u. a. in dem Codex Mater Verborum oder in der Jaromir'schen Bibel. Erst nach der Mitte des Jabrhunderts, um 1360 oder noch etwas spater wurde es iiblicb, die Schriften mit allerlei Piankenwerken, Blumen, Landscbaften und verschieden- artigstcn Darstelliingcn auszustatten, welcbe mit deui Texte nicbt den geringsten Zusammenhang haben. — 129 — Meister dieser neuereu Richtnug ist Zbysek (Zbiuko) von Trotina, einer der pliantasiereichsten Kiiiistler des Mittelalters, dessen Fleiss nicht mindere Bevvmidernng verdieut als seine geistreiclie Anffassung. Das dilettautcnliafte Geprage, welches der Miniaturmale- rei anhaftet und in italienischen, deutsclien wie franzii- sisehen Werken haufig getroffen wird, ist in den Biklern des Zbinko vollkoninieu abgestreift: er zeichnet sicker und correct, fiihrt jedenGegenstand mitgleicherSorgfalt aus nnd bewiihrt im Ganzen wie in alien Einzelheitcn eineu hockst gelautevten Gesckniack. Dabei verstebt es der Kiinstler, selbst den geringfiigigsten Dingen, eincni Biischel Farrenkranter, einigen Kornahreo , einem Lattenzann n. s. w. malerisclie Seiten abziigewinnen und sie mit Geschick zu Mittelpunkten seiner Darstellungen zu niaclien. Seine kostbarsten Werke sind in den Rcsitz des bohniischen Museums gelangt, nemlich ein Gebetbuch des Erzbischofs Arnest und ein Reise-Brevier desBischofs Johann von Leitoniysl Das erstere enthalt nur zwei Bilder : die V e r k it n d i g n n g und die D a r s t e 1 1 u n g . im Tempel, ausgestattet mit 16 Cm. liohen Figuren von seltener Schonheit und Gefiihlstiefe. In diesen Bildern begegnen wir zum erstenmal dem Bestreben, dieFarben perspectiviscli abzustufen und ein naturwahres Colorit zu gewinuen. Die Farbenliarmonie ist so gelungen, dass von alien bekannten Miiiiaturen nur die Eyck'scben mit denen des Zbysek verglicben werden konnen. DieAus- flihrung dieses Gebetbuches scheintin die letzten Lebens- jahre des Erzbischofs Arnest (gestorben am 30 Jani 1364) zu fallen; es ging, wie sich aus der Technik entneh- men lasst, dem erwahnten Reisebrevier voran. Dieses ML ' t Fig. 139. (Prag. ist auf jeder Seite uberschrieben mit den Worten : ..Liber Viaticus dini Johannis lutliomyssP' Imperial^ consil." Johann von Neuniarkt (de novo foro) bekleidete die Stelle eines Hofkanzlers unter Kaiser Karl und stand dem Leitomysler Bisthum von 1354 bis 1364 vor: er war ein Mann von grosser Gelehrsamkeit, Frcund der Kiinste, grlindete zu Leitomysl auch ein Augustiner- Eremitenkloster mit einer grossartigenKirche zum heil- Kreuz, in welclier er 1380 begraben wurde. Tiber die EntstehungszeitdesReise-Breviers sind wir imUnklaren, gewoliiilich ninnnt man das Jahr 1360 an, viele Umstiinde jedoch deuten auf ein etwa fiinfzehn Jahre jiingeres Alter bin. Der auf sorgfaltigst geglattetes Pergament gesehriebene Codex ist 39 Cm. breit und 50 Cm. hoch, dieMalereien sind durchaus mit Deckfarben ausgefiihrt, der Auftrag nocli feiner und eleganter als in dem vor- beschriebenen Werke. Man triff't Initialen und Randver- ziernugen in diesem Buche : die ersteren stehen gewohn- lich auf blauen Grande, in welchen lichtbhiue Ornamente mit etwas Gold eingezeichnet shid. Die Randverzie- rungen zeigen den tlbergang von der noch bei Bfu- cliaty vorwaltenden romanischen Decorationsweise zu denleichtgeschwungenen iiereits etwas stacheligeu gothi- schen Arabesken. Der Kiinstler zieht alle nioglichen Pflanzen und IJIiithen in seinen Bereich, als : Erdbeeren Lilien, Bohnen, Eichen und Tannenreiser, Weinranken 17 - 180 — n. s. w. 80 kommt miter aiidereii vor, class eiii Blatt ganz mit Erbsenschoteu ausgefiillt ist, vvelclier gewiss trockene Gegenstand mit einer Virtiiositat mid einem Geschinacke vorgetrageii wird, dass selb.st die spatereii Bliimemiialer von Fach, Jan Breughel, de Heeni mid J. van Hiiysnui nieht besseres ant'ziistellen verniocditen. Die Figuren sind lebensvoll mid so scliarf cbarakteri- sirt, dass man niclit selten an Diirer's Holzsclinitte und melir uocli an das von ilini mit Miniatnren ansgestattete CTebetbneh des Kaisers Maximilian I., in der k. Biblio- thek zii Miinchen, erinnert wird. Man bedauert bei Betrachtnng der Arbeiten Zbysek's nur, dass er sicli nicht aiieli in grosserem Massstabe versucht hat, oder, falls es gescliehen sein sollte, dass diese Arbeiten ver- loren gingen. Aueh die in der kaiserliehen Bibliothek zu Wien befindlichen, aber etwas spateren Miniatnrwcrke, ein Missale des Erzbischofs Zbynko von Hasenburg Fig-. 140. (Prag.) und eine fiir den Kiinig Wenzel IV. verfasste deutsche Bibel diirfen, wenn sie nicht unniittelbar von diesem Meister gefertigt wiirden, seiner 8chnle zugeschrieben werden. Die bildliche Aiisstattung derWerke, von denen das letztere um 1395, das andere bald nach 1400 gefer- tigt sein mogen, ist dieselbe wie im Liber viatiens : es kom- menhierwie dort ganz ahnliche Viguetten, Randzeichnun- gen nnd Tnitialen vor. Uber die verschiedenen in der Bibel angebracliten Randzeichnungen , welche sich auf Kcinig Wenzels Liebschaft mit einer Bademagd bezie- hen, spricht sich Pelzel dahin aus, dass diese Zeicli- nungen erst 1441 anf Veranlassung Kaiser Friedrichs III. dem Bnche beigefiigt worden seien, < Man sieht den Konig im Bade, wie er von zwei halbnackten Miid- chen bedient wird, dann wie er im Stocke sitzt mid die in das Costiini der Mutter Eva gehiilltc Magd zn ihni kommt nnd ihn befreit, n. dgl. — (ieschricben wnrde die Bibel ganz bestimmt auf Anordnung Wenzels, da sein und seiner zweiten Gemahlin Sophia ?)ildnisse ' I'l- 1 z f: I, J,( bensgesi-iiiclil(! du.s BolmjiBclien iiuil iJoiitschoi] Koiiiys Wcn- /.I'sluuf, II. :,>1 ff. auf dem erstenBlatte angebracht sind. Dass e.s mit den in einer Bibel etwas anstossigen Darstellungen der Badeniagde ein besonderes Yerhaltniss habe , ist wahrscheinlich, indessen mochten vvir, da alle Bilder derselben Hand anzugehiiren scheinen, eher glauben, dass Konig Sigisniund, Wenzels faischer Bruder, als Kaiser Friedrich die Spottereien veranlasst habe. Durcli Sigisnimidgelangtenauch die beiden Codices nach Wien, wo sie seitdem ununterbrochen verblieben. Die in diesen Miniaturen eingelialtene Technik zeigt im Vergleich mit dem Reise-Brevier noch manche Fortschritte, nament- lich sind die vorkonnnenden Portraits des Konigs und seiner Gemahlin mit grosser Naturwahrlieit behandelt und fein individualisirt. Die Hinfergriinde derVignetten sind noch inimer tapetenartig geniustert und mit einge- legten Gold-Ornamenten verselien, Baume und Baulich- keite'.i stehen gewohnlich auf Goldgrund. Das bohmi- sche Element tritt in den Werken Zbysek's bis zuni Verschwinden zuriick: italienische, frankische und mit- unter auch flandrische Einfliisse machen sich bemerkbar, nur in den Kopfen und dem Costiim, lasst sich die nationale Richtuug erkennen. Am geistreichsten sind die herrlichen Illustrationen des Liber viaticus erfun- den, die Farl)enharnionie jedoch ist in der letztbespro- chenen Bilderbibel hoherer Vollendung ziigefiihrt. 1 1 1 u s t rati o n. Arabeske aus dem Liber viaticus, Fig. 136 (Im Texte S. 126). Mit dem Meister Zbysek vonTrotina, welcher einer angeselienen Adelsfamilie entstanimen soli, hat die bohniische Minialurschule iliren Hiihepunkt erreieht: sie steht ebenbiirtig neben der niederdeutschen, bur- gundischen und franzosischen, indem einzelne Partien hier , andere dort mit grosserer Vorliebe cultivirt wurden. Die bohniische Malerei im Grossen jedoch hat keine solchen Fortschritte gemacht, dass sie der alt- kolnischen oder frankischen gleichgestellt werden ktinnte: die Bliithe-Periode ist kurz und umfasst die Jalire 1348 bis 1370, da schon in der letzten Regie- rungszeit Karls grossere Arbeiten nicht niehr ausge- fiihrt warden. Grosse zusamnienhangende Aufgaben haben zuerst jeneltaliener hergestellt, w^elche denKreuz- gang des Klosters Emaus ausstatteten , die ersten Genialde selbst fertigten und fiir die iibrigen den Weg vorzeiehneten. An diese Meister, als deren bedeutend- ster Tomaso Mutina anzuerkennen ist, hat sich nur Wurmser angeschlossen, welcher in der Wenzels-Capelle und der Marieukirche zu Karlstein Werke von soldi kiinstlerischer Bedeutung aufstellte, wie sie bisher in miserem Lande noch nicht gesehen worden waren. Dass die Schule nicht Fuss fassen konnte und auch in spaterer Zeit nicht nach Verdienst gev.iirdigt wurde, riihrt zu- niichst von der rcligios nationalen Giihrung her, welche bald nach Karls Tode an die Oberflache trat und den Kiinsten gegeniii)er eine feindliche StelUing einnahm. Dietrich und die iibrigen Kiinstler seiner Richtung licgniigten sich mit Darstcllung von Brustbildern oder einzelnen Figuren : selbst wenn ersterer die Zusanimen- stellung mehrer Figuren zu einem Bilde versuchte, wie in den Fensteriiischen der Kreuz-Capelle zu Karlstein, . — 13] — steht doch jede einzelne Personlichkeit ftir sich, ohne die geringste Bezieliuug auf ein Gauzes. IniUberblicke der erhaltenen bohuiischeu Malereien lallt ganz besonders aiif, dass bisber nicbt eine einzige Davstelhing der Heiligeii Fainilie anfgefnndeii wor- deu ist, wahrend mebr als biiiidert eiiizebie Madoiina- bilder vorliaiiden sind. Audi jeue sogenaunten Para- diesesbilder, durcli welche sich die Kohier Schule ganz besonders auszeicbuet, fehleu in Boliraen, wo der Siuu uicbt sowobl auf Auuiuth als vieluiebr auf Eiufachlieit uud bei Tbeodoricb sogar auf derbe Grossartigkeit gericbtet war. Dieses Streben kounte nicbts anders als eine friibzeitige Verflachuug herbeifubreu , wessbalb aucb die Iriibereu Wand- und Tafelbilder liebevoller bebandelt siud, als die spateren. Belege biefiir linden wir in den um 1380 ausgefubrten Flilgelbildern zu Kaudnitz, ^ in den Wandgenialden der romanisclien Kreuz-Capelleiu Prag undderKirobe zuLibis beiMeluik, welcbe sanuntlicb in den ersten Regierungsjabren des KonigsWenzel IV. bergestellt worden sind. Kleiiikiinste. Da Kaiser Karl einer der eifrigsten Sannnler von Kunstgegenstanden war und bei seiuen zablreicben Reisen Gelegenbeit batte, aus alien Liindern Werke zu erbalten, die er tbeils deni Prager Domschatze ein- verleibte, tbeils in seinen Scblossern aufstellte, ware es selir gewagt, alle in Sammlungen vorfindlicben Arbei- ten der Goldscbmiedekunst , der Elfenbeinsebnitzerei oder Stickerei als bobmiscbe Erzeugnisse auszugeben, insofern nicbt bestimnite Nacliricbten vorliegen. Als beglaubigte Werke der bobmiscben Gold scbrniede- und Giselirkunst nennen wir vor alien die auf Fig. 141. (Prag.; Anordnung des Kaisers Karl IV. gefertigte Konigskrone von Bohmen, welcbe lant des 1387 von dem Domdecan Bohuslav und dem Priester Smilo verfassten Inventars des Domschatzes, zu Prag ausgefiihrt wurde. Der Gold- schmied, welchem diese Arbeit ubertragen wurde, ist in dem Verzeiclniisse nicbt angeflibrt; es wird nur kurz gesagt, das die Krone im Jabr 1347 von einem Meister der Prager Confraternitat itberaus reicb und pracbtvoll angefertigt worden sei. Ancb batte es der Kaiser, welcber ^ Es ist hier, was ausdriicklich bemerkt sein soil, nur von einigen im Schiffe der Raudnitzer Kirehe befindlichen Altarfliigeln die Rede. Die im Chor dieser Kirche aufbewahrten Passionsbilder sind naehhussitisch und verrathen den Einfluss Wohlgemutlis. stets befiissen war, die bobmiscbe Industrie zu heben, inkeiuen Falle zugelassen, dass eine so wicbtige Arbeit einem auswartigen Kiinstler ubertragen worden ware. Die Krone bildet einen zerlegbaren aus vier Tbeilen bestebenden goldenen Stirnreif, welcber an der Ober- seite mit vier altertbUmlicben Lilien besetzt und durcb Cbarnierbander so eingericbtet ist, dass man denselben nacb Erforderniss verengen oder erweitern kann. Zwei sich kreuzende Biigel iiberspannen den Reif; auf dem Mittelpunkte erhebt sicli ein sogenanntes Maltbeserkreuz von 8 Centm. Hohe, an den Arnien mit Gemmen besetzt. Sowobl der Reif mit den Lilien, wie die Biigel sind auf 17 * — 132 - das reichste mit Edelsteineii imd Perlen verziert, welche in dem obeu erwalniten Inventar genau anfgezahlt werden. So entlialt die erste Lilie vier Eubinen, einen gTossen Saphir, und zwei Ballasi'ubiiieii. Die zweite Lilie .siebeii Saphire, einen Ballasrubin und an der Spitze eine grosse Perle; die di-itte Lilie fiinfzelm theils dunkle, theils Ballasrubinen, in der Mitte einen grossen Saphir iind aiif der Spitze eine Perle. Die letzte Lilie Fig-. U2. (Vmg.) entlialt ebenialls eine Perle obenan, in der Mitte einen grossen Ballas und um denselben lieruni drei grosse und vier kleinere Sapliire. Das Kreuz ist in der Mitte mit eineni kreuztorniig zugesclinittenen Saphir ausgestattet, in welchem man die Gestalt des Heilands in i!,Tavirter Arbeit erblickt. An jeder Seite des Kreuzes sind Ballase, anf der Spitze und am Fusse runde Sapliire angebraclit ; auf den liiigclii cndlicli ziililt man zusaniiiien iieuiizehu l>allasrnbinci), fiiiii'nndzwanzig Smaragde und secbzelm l^erlcii. Die Aiisliilining dieses kostbaren Werkos ist eine im liiiclisteu (irade sorgfaltige und geglatteic, docii muss_ man gestehen, dass die vielen und verhaltniss- inassig iibergrossen Gemmen dem Ganzen ein seliweres Ansehen verleilien. Der Durclimesser des Stirnbandes betrilgt bei grcisster Erweiterimg 20 Centni. ; die Holie des Reifes mit Inbegriff der Lilien ist 12, der Reifallein 4'/g Centm. hoch. Das Innere der Krone ist mit einem H an b ell en au s gef ti tt er t. Illustration. Abbildung der bohmiscben Konigskrone, in Vg der natiirlichen Grosse. Fig. 139. (Im Texte S. 129.) Bohmisclien Ursprung verrathen sodann in unver- keniibarster Weise mehrere lebensgrosse Biisten von Landespatronen, vvelche in Silber getrieben und zum Oifnen eingerichtet, zur Aufbevvahrung von Reliquien dienen. Das Verzeichniss fiilirt siebenundzwanzig sol- cher Biisten an, von denen jedoch die meisten verloren gegangen sind. Erhalten haben sicli die Brustbilder der Heiligen: Wenzel, Adalbert, Veit und Ludmila. Das kiiiistlerische bedeutendste Bildwerk ist das der heiligen Ludmila, 34 Centni. hoch und an den Schultern 29^/^ Centm. breit, mit der Bunze aus Silber getrieben und vergoldet. Das Gesicht hat feine Ziige und gleicht anf- fallend dem Steinbilde, welches am Aussern des Dom- chores angebracht ist : ein Schleier umfliesst in wolilge- legten Falten den ganzen Kopf, ausserdem wird der Hals von dem im XIV. Jahrhundert iiblichen Kinntuche verhiillt. Von einer erst in der Neuzeit ausgeflihrten Bemaluiig des Gesichtes abgesehen, ist die ganze Biiste Iret'flieh erhalten und gehort in alien iliren Theiien dem Zeitalter Karls IV. au, wahrend die iibrigen melir oder minder in spaterer Zeit iiberarbeitet worden sind. So ist an dem Brustbild des heiligen Veit nur iiocli der Kopf edit, die Schultern aber nebst den kleinen Engelstiguren Avelclie als Trager dienen, gehilren einer viel spiiteren Zeit au. ' Diese Biiste halt eine Hohe von ^0\.'.^ Centm. ein. Illustrationen. Brustbild der lieiligeii Ludmila. Fig. 140. (Im Texle S. 130.) Brustbild des heiligen Veit. Fig. 141. (liu Texte S. 131.) Ein Reliquiar in Form eines mit ausgestreckter Hand verseheneii Vorderarmes tragt ebenfalls den Charakter der bohmischen Kunstsehule und der Zeit Karls IV. Der Arm erhebt sicli senkreeht aus einem viereckigen gothischen Gehause, das an den Ecken mit Tiiiirinchen versehen ist, besteht aus Silber mit reiclier Vergoldung und Edelsteinbesetz. In der Mitte der innern Handflache beiindet sich ein sechsfeldriges gothisches Fensterclien, durcli welches man die Reliquic sehen kann. AUe fiinf I'inger sind mit Ringen ausgestattet, an denen grosse Edelsteine niclit felilen. Hand und Arm halten Natnr- griisse ein, die Holie des Ganzen betriigt STy^ Centm., v(»u denen auf das Sockelgehiiuse 18 '/^ Centm. entfallen. ' Jjur AicliSiilojic Dr. F. Jiock, wc'lclier im XIV. Jahrgnii;; der ^litthei- liitigtMi der k. k. Central-Coniniissioii, 8. 9 ft", einen Bericht fiber den Domschafz ^'on St. Veit verofl'cntiiciite, liielt in Anbetraclit der KnseisliiJ:uren und Korper- theilo die ganze ])iiste fiir eine Arlii'it des XV. oriev XVT. .lahvluindcrts. nnd iibpr.sali, das.s der Ivo]jl' viel alter ,sei. — 133 — Der Sockel nimmt bei weitem da*^ grosstc Interesse in Anspnich; hier siiid vorzliglich sclione, in Silber getrie- bene Figurchen angebraclit, welche von g-othischen Mansswerken nmrabmt, die vier Heiten also ansflillen: An der Vorderseite siebt man die Hininiclskonigin mit dem Jesukinde in sitzender Stelliuig, an der rechten Seite den Heiland, gleiebfalls sitzend nnd ein Bncb in der Hand baltend. Die beiden anderen Seiten werdcn dnrcb St. Georg nnd Lndmila eingenommen. Der Arm hat die Form eines anfwarts sieh verjiingenden Cylin- ders nnd ist verziert, als ob er mit einem reichen, gemns- terten Stoffe bekleidet ware; in der Mitte ziebt sich ein rantenformiges Dessin hinanf, daneben Streifen mitSma- ragden, Rnbinen nnd Saphiren. Die Gestalt des Ganzen bat, wie niebt zu leugnen, etwas Befremdliches nnd zugleieb Abstossendes, nur dnrcb den Sockel werden wir mit dem Gebilde ansgesdbnt. 1 1 1 n s t r a t i o n . Reliqniar in Form eines Br;icbi:>le. Fig. 142. (Ini Texte 8. 132.) Unendlich grossere Befriedignng gewiibrt nnsereni Auge eine grosse Onyxscbale mit silberner und vergol- deter Fassimg, documentirt als eine von Kaiser Karl dem Dome gemacbte Scbenknng. Die Scbale selbst hat ovale Form, ist 16 Centni. lang, 12 Centm. breit, 7 Centm. tief nnd mag vielleicht antik sein, da der Kai- ser bei seinem mebrmaligen Anfentbalte in Rom die verscbiedensten Knnstwerke und Seltenbeiten erworben hatte; die Fassung jedoch hat er ganz gewiss in Prag herstellen lassen, wie die am silbernen Fusse der Scbale angebracbten biibmiscben Wappen und folgende Inschrift dart bun : - 134 - t A.D.MCCCL. Jnbileo Carolus Roinanoniin .seinp. augnstiis et Boeinie Kex Prageii. Eccle. ad" nsiini inf'ir- Hionuii Imiic t'iphnm oiiicliiiii lapidis doiiavit. f Diese Schrift ist mit Majuskeln in etwas erliabener Arbeit glanzeiid auf inatteu (ausgeatzten) Gvmid gesetzt woi-den, die dazwisclieii eiugefiigten vier Wappeiiscliil- der etithalten den scliwarzen Adler aiif weisseui Gninde uiid den weisseii Ijoweii tuif rotheiii Grunde, jedes Wa))pen zweiirial. Der obere ,siU)ei"ne Rand wird dnreh vier goldeiie Leistclien mit deni Fnsse veruunden und dadurch die Seliale festgebalten, da ein anderes Be- festigimgHinittel iiielit wold aiizinveiiden war. Der Zweek des (^efasses ist in dbiger Inselirift ausge- sprochen, 68 snllte als Speisekelch fiir die Conininnican- ten dienen. II In strati on. Aiisielit der Onvx.sdiale. Fig. 143. (Ini Texte S. — 135 - Alit g-eringerer Wahrscheinliclikeit diirf'en eiii gros- ses goldenes Reliquieiikreiiz uiul eine aiis Ikrgkrystall geschiiittene Schale als bohniische Erzeugnisse ange- sehen werden, obgleich diese Wevke verschiedene Eriunerungeii an die Eegienmgs/.eit KarLs IV. ent- lialten. Die 14 Centm. lange luid ll'/^ Ceutm. bveite Krystallschale besteht aus eiiiem den lieutigen Siippennapfclien ahnliclien Gelasse nnd eiueni ebenfalls krystallenen Deckel, beide Tlieile niit silbernen und vergoldeten Einfassungen und aucli mit lienkeln ve'- Fig-. 14G. (Pnig). sehen, was eben nicht aiif kirclilielien Gebraucb deutet. Sowohl die Bodenschale wie der Deckel sind scbrau- benartig gevvunden, eine im XIV. imd XV. Jahr- bundert bei Trinkgefassen sehr beliebte Decoratious- weise, welche auch in der Elfenbeinscbnitzerei Eingang gefunden hat. DieRander von Schale nnd Deckel werden vou gothischen Bogenornamenten umzogen, auch ist das Fussgestelle mit dem oberen Rand dnreh Spangen verbunden. Urspriinglich war das Gefass ftir den Haus- gebrauch bestimint und es mochte wohl eine der Ge- niahlinen Karls in demselben Schuiucksacheu oder Poraaden verwabrt haben, ehe es an den Dom geschenkt wurde. Die Arbeit gehort otfenbar der karoliuischen Zeit an, der vorziiglich elegante Scbiitf des Krystalles deutet aiif Florenz bin, wo danials die Bearbeitung der Edelsteine rait Virtuositat betrieben wurde. Dieses Gefass enthiilt gegenwartig ein ausserst feines Gewebe, der Sage nach einStiick von deuiSchleier der beiligen Jungfrau Maria, welches auf unbekannteni Wege hieher gelangt sein soli. Das grosse Goldkreuz ist eingericbtet, uni bei feierlichen Gelegenbeiten auf eine Stange oder einen Fuss gesteckt und herumgetragen werden zu konneu; der Stamni des Kreuzes halt ohne den Zapfen, der zur Befestigung dient, eine Holie von 31 Centm. und eine Breite von 9 Centm. ein, wahrend der Querbalken bei gleiclier Breite eine Lange von 23 Centu). besitzt. Die Fiy. 147. (Frag-.) aussere Form ist ganz einfach, es kommen weder Rand- verzierungen noch die bei mittelalterlichen Kreuzen regelmassig angebrachten Kleeblattbogen vor, wogegeu die Vorderseite kostbare Niellirungen und Emails enthalt. In der Vierung des Kreuzes wird unter einem langlich rnnden Krystalldeckel ein Theil von dem Len- dentnche verwahrt, mit welchem Christus bei der Kreu- zigung umgiirtet gewesen sein soil, wesshalb auch im Obertheil des Kreuzes ein Kruzifixbild mit den neben- stehenden Personen Maria und Johannes eingepnsst ist. Im linken Querbalken sieht man den Papst Urban V. und den Cardinal Belliforti, deren Namen mit Minnskeln oberhalb der Figuren eingeschrieben sind : Urbanus papa Quintus, Petnis de Bellifortis diaconus cardi- nalis. Der rechte Querbalken (vom Beschauer rechts) enthalt als Pendant die Figui'en des Kaisers Karl und seines Sohnes Wenzel, dartiber die Inschrift: Carolus quartus Romanorum Imperator, Wenceslaus 136 qiiartus Bolieniiae rex. Sowobl der Kaiser vvie der Papst uebst ibren Begleitern sind in knieender Stellnng abge- bildet. Auf dera unteren langereii Kreuzesstanime ist die tibergabe dei- Reliqnie durch den Papst an den Kaiser dargestellt. Der Papst, obne Zweifel Portrait, liiilt ein kleines Kreiiz in der Fland, welches der Kaiser zu libernebiiien sicli anscbickt : Ersterer bat die Tiara aiif dem Haiipte luid ist mit einem Pluviale bekleidet, der Kaiser trilgt den Kriiniingsinantel niid die deutsehe Eeicbskrone luid gleicht genauest den Karlsteiner Por- traits. Dariiber stelit die Insebrift: De panno cruentato, quo Christus praecinctus fuit in cruee datum per Urba- imm papauj V. CaroK^ IV. imperatori Eonianorum. Obgleicli durch diese Inscbriften die Verniutbung iiahe geb'gt wird, es sei das Kunstwerk in Italien gefertigt und im voUendeten Zustande dem Kaiser liber- geben worden, lassen docb sowobl die Zeichnung der Figuren wie auch die Form der Buchstaben manchen Zweifel zu. Das obere Kreuzigungsbild ist eine unver- Fig-. 148. (Fi-ag-cr Doni.j kennbare Copie des in der Katbarineiikapelle zu Karl- stein befindliclien Altarbildes, audi stimmt der Falten- wurf a Her Figuren mehr mit den gleichzeitigen deutschen als italienischen Arbeiten iiberein. Noch entschiedener tragen die >Schriftzeicben deutschen Charakter. Wahr- scbcinlicb bat der Kaiser die Zeichnungen zu dem Kreuze von einem der in seinen Diensten stehcnden Kiinstler anfertigen, die Gravirungen aber in Koln ausi'iihren lassen, durch welche Annahme die iiber den Evitstehungs- ort ol)waUenden ZwciCcl ibre Eiisung tiiiden wiirden. ]>ei Beurlbeilung dieses in gescbichtlicher wie kiinst- lerischcr Bcziehung hochwichtigen ja einzigen Kleinodes ist Folgendes in das Auge zu fasseu: die Reliquie hat der Kaiser vom Pa])stc Urban V. in Rom erhalten, und zwar wie aus der Geschiclitc des Romerzugs her\orgebt, zwischcn 17. October bis 21. November 13(18. Dass in dieser Frist das Kreuz sollte angcfertigt worden sein, 1st rcinc Vinmogliclik(!it ; dergleichen gravirte und einge- schmelzte Arbeiten konnen nur langsam getordcrt wer- den; die Ausfiihrung der Bilder und die Zusamnientiignng nahm gewiss ein voiles Jabr in Anspruch, wekhe Zeit nicbt zu boch gegriffen ist, da das Gauze von Finer Hand herriihrt. Endlich ist zu berlicksichtigen, dass Urban V. schon im Jahre 1370 zu Avignon verschied, und zwar in keiner fiir den Kaiser sonderlicli glinstigen Stimmung. Alle diese Umstiinde, die stilistiscbe Verwandtschaft der Gravirungen mit den Karlsteiner Bildern, das auf dem Kreuze angebrachte Portrait des Konigs Wenzel, welcher als Knabe von etwa 8 bis 9 Jahren dargestellt ist, sprechen dafiir, dass das Kunstwerk niclit aus Italien stamme, sondern auf Anordnung des Kaisers in Deutsch- land ansgefiihrt worden sei. Wo V — ist eine offene Frage: in Bohmen sind niellirte Scbmelzarbeiten bisher nicht nachgewiesen v^^orden. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n. Krystallbehaltniss ini Domschatze. Fig. 144. (Im Texte S. 133.) Goldkreuz ebendaselbst. Fig. 145. (Im Texte 8. 134.) Schliesslich baben wir noch ein Reliquiar zu schil- dern, welches sicb eben so sehr durch einfach ge- schmackvolle Forraengebung wie kunstgeschichtliche Bedeutnng auszeichnet. Dieses Reliquiar baut sich in Gestalt einer gotbiscben Monstranze zur Hohe von 45 '/g Centm. auf, die grosste Breite betriigt 14, die des Fusses 12 Centm.; das Gauze bestelit aus vergoldetem Silber und enthalt in eiuem krystallenen Cylinder mehrere Reliquien. Aus einem seclistheiligen Fusse entwickelt sich ein ieingegliederter mit Fialen und durchbrochenen Fensterchen geschmiickter Schaft, der oberhalb in eine Ausladung libergeht, wie wir sie am Erker des Carolinum kennen gelernt haben. Diese Aus- ladung tritgt den der Quere nacli eingefiigten Cylinder, auf welchem ein vortreftlich ciselirtes Statuettcheu der beiligeu Katharina, als Mittelpunkt des Ganzeu, unter einem Baldacliine steht. Von beiden Seiten her schliesst sich eine aus Fialen und Strebebogen gebildete Archi- (ektur, welclie zwischen dem iibertriebenen Reichthume der spateren Monstrauzen und den allzu schlieliten der frliheren Zeit eine gliickliche Mitte einhalt, an den Bal- dachin an, der gleich dem Schafte mit durchbrochenen Fenstern versehen und an der Spitze mit einer schf3nen Kreuzblume bekriint isr. Was diesem an und fiir sich mustergiltigen Kunst- werke besonderen Werth verleiht, ist das angebrachte Handzeichen des Meisters Peter von Gmiind. Wir haben mithin eine Arbeit dieses vielseitigcn Kiinstlers vor uus, welche, wenn auch nicht ganz von ihm ausgefiibrt, docb gewiss nacb seinen Zeicbuungen und unter seiner Lei- tung entstand. Auch eine zw'eitc ganz iilmliche Monstranze befindet sich noch im Domschatze und darf demselben Urbeber zugeschrieben werden. Ill ustration. Monstranzenformiges Reliquiar im Domschatze. Fig. ]4(;. (Im Texte 8. 135.) Die Genossenschaft der Goldschmiede zu Prag besitzt ein Reli(iuiar, das cbenfalls in die Zeit Karl IV. gehort. Es hat die Form einer niedrigen Mitra, wie selbe uocli im XIV. Jahrluindei-t allenthalbeii iiblich war. Das lleliquiar ist 12 ZoU hoch uiid bestelit aus einem silber- vergoldcteiu Gelijiusgevippe niit eiiigefugten Krystall- waiulen. Von dem breiten metalleneu Reifen als deiii Uiiterbau des ganzeii Gehauses erlieben sich Spangeu mid Stiitzen niit zierlicliem gotbisclien Ornament, wie an einer wirkliclien Mitra die beiden Cornua bildend. Anf jedem Cornu ist ein querlaufendes Band mit durch- broebenem Vierpass -Ornament bewerlcenswertb, den Anssenrand schmiicl^en zierliche Blatterlinorren , die Spitze eine Krenzbliune. In diesem durclisicbtigen Ge- liause erblield man hinter den hellen Krystalltafeln eiiien rothen Seidenstoft", der die Mitra des beil. EHgius, des Patrons der Goldsclimiede, verhiillt. KarllV. erhielt diese Reliquie vom Konig Karl vou Frankreicb und selienlite sie den Prager Goldschmieden, welche die- selbe kostbar fassen liessen. Die gleicbzeitige Inscbrift mit der Chitfre des Kaisers, d. i. dem gekrijnten ,,K" versehen, entlialt in zwei Zeilen folgende Mittbeilung: anno domini MCCCLXXVIII infula scti eligii appostata est per serenissimum principem at. dominum dominum karolnm quartum romanornm imperatoreni semper angnstum et boemie regem donatum ei a domino Karolo rege francie que nobis aurifabris pragensibus per ipsum dominum nostrum imperatoreni data est et donata ex gratia speciali. Illustratio n. vSt. Eligius-Reliquiar. Fig. 147. (Im Texte S. 135.) Stickereien iilterer Art, besonders Mitren und Casulen werden nicht allein im Domschatze, sondern in mebreren Stiften getroffen, z. B. in Hohenfurt, Tepl, Osseg und anderen Orten. Die Kaiserin, Anna von Bayern, hat fur den Dom mehrere Sticlcereien gefertigt, welche aber verschwunden sind; Reste eines vorzligiich schonen gestickten Antipendiums werden in der Pfarr- kirche zu Nimburg aufbewahrt. Diese Arbeiten sind meist mit doppelt gezwirnter Seide und zwischengescho- benen Goldfaden ausgefiihrt, Blumen und andere I^eco- vationeuoft mitverschiedenen Stoften erhaben aufgesetzt, auch wirkliche Malereien auf Seide und Pergament eingeflocliten. Wenn von diesen und ahnlichen Arbeiten selten Stifter und Entstehungsorte angegeben werden Is-ijnnen, diirf mit Sicherheit behauptet werden, dass die zahl- reichen Eisenarbeiten ortliche Erzeugnisse sind. Einen ungewohnlichen Schatz meisterhafter Schmiedearbeiten besitzt das SchlossKarlstein, von denen nur die bemer- kenswerthesten hervorgehoben und beschrieben werden soUen. Vor alien verdient das 25 Fnss lange, 7 Fnss hohe und von einer prachtvollen Kronung iiberragtc Gitter, welches die Kreuz-Capelle in Chor und Sciiiff abtheilt, die voUste Beaclitung. Unterhalb ans einfach gekreuzten Staben bestehend, wird es in der Hohe von 7 Fuss mit einem aus Eisen und Holz constrnirten Gebiilke eingefasst, liber welches eine aus Spitzl)ogen, Drei- und Vierpnssen, Krabben und Kreuzblumeu knnst- reich gefiigte eiserne Bekronung bis zumGewolbscheitel ansteigt. Das Gauze war vergoldet und das Gebiilke mit f'arbigem Selimueke ausgestattet. Zierlicher noch ist die kleine eiserne Thllre ausgearbeitet, welche von der Marienkirche in die Katharina-Capellc flihrt. Die Hohe dieser durch aufgesetzte Bander in Rautenfelder zerlegtenThiire betragt nur 5 7., Fuss, die Breite 3 Fuss. DieFelder sind mitschachbrettartig abwechselnden Wappenzeichen, dem weissen bohmisclien Lowen auf rothem Grunde und dem schwarzen Reichsadler auf goldenem Grunde ausgefiillt; die Wappenbilder beste- hen aus getriebener Arbeit und die 2 Zoll breiten Eisen- biinder sind aufs kunstreichste mit kleincn Roscttcn und zierlicb bearbeiteten Schiaubenkopfen besetzt, alios gliinzend in Gold und Farbenpracht (Seite 83, Fig. 80). Fig. 149. (Kiuistein.) Ahnlich behandelt zeigt sich die ebenfalls eiserne Thiire der Wenzels-Capelle im Dome, doch isthier diefar- bige Ausstnttnpg schon abgcniitzt worden. Neben den Wappenzeiclien (Adlern und Lowen) sind auch ver- schiedene Bnchstaben als Erinnerung an die Stiftung ange- bracht, so ein bekrcintes W. und ein S. M., Wenzel und 8. Maria bedeutend. Von dem in der Mitte dieser Thiire angebrachten aus Bronze gegossenen Ldvvenkopfe, welcher den Ring im Rachen halt, behauptet die Sage, dass es derselbe Kopf und Ring sei, an welchen der heilige Wenzel sich sterbend angehalten babe. Der Kopf ist jedoch eine Arbeit des XIV. Jahrhnnderts und wurde wahrscheinlich von den Brlidern Clussenbach gegossen. 18 — 138 — II 1 II s t rati on en. Partie von der Tliiirc derWenzeLs-Capelle, Fig. 13S (Ini Texte 8. ]28). Lciwenkopf an derselben Thiire, Fig. 148. (Im Tcxte S. 136). Diesen Arbeiten reiben sicb iu J^eziebnng aui' Technik nnd gescbmackvolle Zeicbnung zwei Tlitir- besclilage an, von denen das evstere cinem ini Altstadter Ratbbanse zn Prag beiindlicben Wandscbranke, das zweite einer kleinen Tbiire in SobesbMU angebort. Wenu audi etwas jiinger, als die Tbiiren im Dome nnd zu Karlstein diirfen sic inimerbin liier eingereibt werdeii. • Fig. 150. (Si.ibcslau.j 1 1 1 n s t rat i on e n. Picscblagc im Altstadter liatbliaiise, Fig. 149. ilm Texte 8. 136.) Bescbliige in der Plarrkircbe zii 8obeshui, Fig. 150. (fm 'I'exte 8. 137.) (iitterwerkc ans der Zeit Karls des Vierten kom- meii nocb in einigeii alferen Kircben vor, so zn Nimburg, Kiiniggratz und Rakonitz, fein gearbeitet e Bescbliige aber sind ausserordentlicb selten. Stiikkatnreii, gepresste Arbeiten, Vergolduiigeii. Das Verfabren miltelst bleierner Formen Orna- nientc aus Gyps oder iibnlicber Masse nnniittelbar auf W'andfiacben aut'znpressen, sebeint durcb dieselben ita- lieniscben Kiinstler nacb Ebbnien verpflanzt worden zu sein, denen wir die altesten Tafelbilder zugescbrieben baben. Die friibesten gepressten Arbeiten von ziemlicb staikem Pelief tritt't man in den Bilderu des Mutina, welcber seine Hintergriinde auf diese Art ausziistatten und dann zu vergolden pflegte. Wurmser undTbcodorich b(.'macbtigten sicb dieser Tecbuik, die bis herein in das XVII. Jabrbundert tleissig geiibt wurde. Docb baben die beiden letzteren Kiinstler nicbt sowobl die Hintergriinde als die Pabmeu ibrer Gemalde mit der- gleicben relietirten Arbeiten verseheu. Das Vorziig- licbste dieser Art hat Karlstein aufzuvveisen, wo solebe Ornamente sowobl als fortlaufende Friese wie als Pabmen zwischen den Edelsteinbelegen vorkommen. Die Masse, aus welcber diese 8tuccoarbeiten besceben ist nicbt genau bekannt: Bildbauer und Cbemiker, durcb welcbe icb Untersucbungen anstellen liess, wollten Roggenniebl und pulverisirten Prager Kalk, welcbe 8ubstanzcn in trockencm Zustande miteinander vermengt und dann zu einem dicken Brei angemacbt wurdeu, als Hauptbestandtheile erkennen. Die Aus- fiibrung wurde durcb zwei zusammenbelfcnde Arbeiter bewerkstelligt, der cine trug die iAIasse mit der 8pacb- tel auf die gebcirig angefeucbtetc Mauerflacbe,' der zweite riicktc mit der Form nacb und reinigte, sobald das gepresste Ornament binlaiiglicb angezogen batte, die Pander von dem Uberscbusse. Es wurden in dieser Manier spaterbin jMasswerke und Bluinen mit eiuem Relief von etwa l<4ZollTiefe bergestellt. Die in Karl- stein angewandte Masse zeichnet sicb durcb ungewobn- licbe Dauerhaftigkeit aus und wird weder durcb Feuer nocb Feuchtigkeit angegritfen. Aucb die dortigen Ver- goldungeu baben sicb als besonders schcin und dauer- baft bewabrt uud lasseii vier oder fiinf verscliiedene Artcn des Auftrages erkennen, von denen nur eine ein- zige, niindich die Herstellung des Glanzgoldes auf geschliffenen Bolusgrund, heute nocb iiblicli ist. Die Kunst, Metalle, besonders Eisen, mit Hilfe eines Firnis- ses dauerbaft uud zugleicb halbglanzend zu vergolden, ist verloreu gegangen. Schliesslicb baben wir nocb die 8teinscbleiferei zu erwabnen. Da im Dome und in den Kircbeii zu Karl- stein Wandtliicben von mebr als 2000 Qiiadratfuss mit geschliffenen Halbedelsteiuen, Oarneoleu, Acbaten^ Anie- tbysten und Cbrysoprasen belegt sind, setzt die grosse Menge dieser Gesteine besondere Scbleif-Apparate vor- aus. AUer Wabrschcinliclikeit nacb gescbab das Schlei- fen auf besonderen ]\Iiiblen, indem die Edelsteine auf den Oberflachen horizontal umlaufcnder Miihlsteine erst geglaltetund dann auf gewobnliebe Weise i)olirt wui'dcn. _ 139 - Drilter Abschnitl. Die Regierungs-Periode des Konigs Wenzel IV. Arcliitektur. Obwolil durcli den Tod des Kaisers Karl weder ciu plotzliclier Weelisel des Reg-ierniigs-Systemes noch des PcrsonalstaiKles lierbeigefiihrt worden war, vollzog- sieli dennocli urn diese Zeit eiuc staatliclie UiuwaiidlnDg' von tiefgeliendster Bedcntung, welclie aiich auf die Ubniig derKiinstc bestimmend eiuwirken mnsste, trotz des Um- standes, dass die von Karl berufenen Meister noch in ungeschwacliter Kraft fortarbeiteten. Peter Parlcr, Theo- doricb and vielleicbt anch Wnrniser standcn nocb ini- nier an der Spitze der Gesehiifte, die alte Illuminatoreii- Schule war diircli Zby.sek, Hodik unci andere beran- wachsende Kiinstler verstiirkt worden nnd die von Kaiser Karl begonnenen Banwerke warden von Kiinig Wenzel niit anerkennenswertbem Eifer der VoUendung entgegeng-efUlnt. Nichtsdestoweniger war ein nener Geist eingezo- gen nnd dem rasclien Aufscbwunge ein 8tillstand gefolgt, welcber audi ohne ausscren Anlass eine veriin- derte Anschauung zur Folge geliabt liiitte. Von den drei grossen Unterncbmungen Karls war Scbloss Karl- stein vollendet, als Wenzel die Regierung antrat, der Dom aber und die Moldaubriicke so wcit durcbgefiiin-t, dass die kiinstleriscbe 8eitc dieser Aufgabcn als fest- gestellt angeseben werden durfte. Sich an neuc Unter- nebuiungen von solcbemUnifange zu wagen, liatte Wen- zel wederMutb nocb Gescbiek, anch war er zu bansbiilte- riscb, um zu den ungeheuren Summen, welchc die Voll- cndung des Domes und der Brilcke erforderten, nocb neue und unberechenbare Ausgabcn hinzuzufiigen. Er bewegte sich mithin, da die Ausflibrung vonKunstdenk- nialcn dem Cbarakter der Zeit entspracb, mit Vorliebe im kleineren Gebiete, auch waren es nieist Profanbaii- ten, die von ibm gefordert wurden. Kirclieiibauten. Bei seinen fortwiihrenden Zerwiirfnissen mit dcin Clems ist es begreiflicb, dass der Kirchenbau wabrend der Regierimg des Konigs Wenzel in den Hintergrund trat. DieseTbatsacbc wird durch den iibergrossen Eifer entschuldigt, welclien Karl den Klostern und Kirclien zugewandt batte. Ein grosserer Kircbenbau wurde unter Konig Wenzel nicht begonnen, es war auch genug zu tbun, um die im Zuge bcgriffenen Werke zu voll- enden. Von kleineren, durch den Konig theils gegritn- deten, tbeils geforderten kircblicben Dcnkmaleii werden genannt: Eine auf dem Markte der Neiistadt zu Prag im Jabre 1382 erbaute Frobnleicbnamskircbe, welcbe iniAnfange des gegenwartigen Jabrliunderts abgetragen wnrde und von der audi nielit ein einziger 8tein iibrig geblieben ist. Die Kirclie wurde durch cine religiose Brudersdiai't, deren Vorsteher der Kijnig selbst war, gestiftct. Diesem Baue folgtc im Jahre 1 301die Betlcbems- kirche in der Altstadt, weldie durch die dort abgelml- tenen Predigten des Hus und Jakob von Mies eine gewisse Berulimtheit erlangt hat. Ein Prager Kaufmann, Namena Kreutz, bat diese Kirche auf seine Kosten er- ricbten lassen durch einen Meister Jobann von jMiihl- heim, Uber dessen Thatigkeit sonst nichts bekannt ist. Diese Kircbe wurde im Jabre 1786 abgetragen, der Platz al)gecbnet und zum Tlieil mit Privatbiiusern iiber- baut. Eine zopfige Abbildung, welchc kiirze Zeit vor der Demolirung aufgenommeu worden sein soil, gewiibrt ilber die altcn Formen keine Aufklarung. Niclit besser siebt es mit dem ehemaligen Cistercienser-Kloster Skaiic aus, welclics zwar in friihererZeit gegriindet, aber ver- nachlassigt, durch Konig Wenzel wieder aufgebaut wurde. Von seinem ursprunglichen Bestande hat sich keine Spar erhalten. Dagcgen sind mebrere kleine Landkirdien und Capellen, darunter sogar zwei Holzbauten, in bcinabe unversehrtein Zustande auf uns gekonimen. Obenan steht das Kirchlein im Dorfe Libis (Libiscb) bei Melnik nidit allein als arcliitektonisclies Dcnkmal, sondcrn aucb wcgen der daselbst betindlidien Wandnialereien bocbst mcrkwlirdig. Das Kirclilein in Libis. Eine kleine Stunde oberbalb der Stadt Melnik liegt in der sumpfigen Ebene, welchc sich nni rechten Ufer der Elbe ausbreitet, das unbedeuteude Dorf Libis mit einer dem heil. Apostel Jacobus gewidmeten Kircbe, liber deren Grlindung allerlei Sagen im Umlaufe sind. Welcbe Ursacben den Konig Wenzel and seine zweite Gemablin Sophia veranlasst liaben, an dieser Stelle eine Kirche zu erbauen und dieselbe aufs reicbstc in alien Theilen ausmalen zu lassen, lasst sich schwerlidi ermitteln ; aus einem im Chore angcbracliten Gemiilde erhellt, dass der Baa in Folge eines Geliibdcs ausgc- filbrt worden sei. Auf diesem Gemiilde sind namlich Wenzel und Sophia vonBayern auf Tbronsesseln sitzcnd in derselben Weise abgebildct, wie auf dem Titelblatte der beschriebenen mit Miniaturen ausgestattcten l)ibel, welcbe sich in Wien betindct. Die Ubercinstiiiimung der Portriits fallt beiin ersten Anblick auf, wie anch — 140 — das am Altstadter Briicktluirnie augebraclite Shnidbild des Koiiigs Wcnzel mit dem in Libis beiindliclieu Bilde die grosste Almliclikeit bat. Der Bau zeigt in seiner Anordnung die luoglicbsteEinfachlieit nnd weicbt Fig-. 151. (Libis.) von den gewiihnliclien Landkirciien niir in dem Pimkte ab, dass die vorkoninienden Ornaniente nnd Frofiiinm- gen nngewohnlich fieissig nnd gesclnuackvoll aiisgeflilirt sind. Das mit flaelier Holzdecke versebene Sciiitf ist rechteckig, 26 Fuss lang nnd 21 1/.^ Fuss weit, die Hohe vom Bodeu bis zur Decke betragt wieder 26 Fuss. Der mit Kreuzgewolben iiberspannte Cbor hat eine Liingc von 24 und eine Breite von 15 Fuss und besteht aus zwei Abtbeilungen : dem aus fiinf Seiten des Acbteclcs gezogenen Scblusse und einem vor diesem liegenden Raume. Eine an der Nordseite angebaute Sacristei und eine Uber dem Portale sich erhebende Vorballe stellen sicb als spiitereZusatze dar; auch das an der siidwest- lichen Ecke erriolitete Thiirmehen, welches gegen innen auf einem Rundpfeiler rubt, ist nicht urspriinglich und wurde erst nacli Vollendung der Malereien erbaut. Das Gebiiude scheint bald nach der Vermablnng des Konigs mit der Prinzessin Sophia (circa 1 392) ausgefiihrt worden zu sein, wie sicli aus den Portrats entnehmen lasst. Niiheres findet sicli in dem Abschnilte iiber Malerei. 1 11 u s t ra t i 0 n c n. Giundriss der Kirche zu Libis, Fig. 151. Texte S. 140.) Langendui-chschnitt, Fig. 152. (Im Texte S. 140.) Guiltriiger, Fig. 153. (Im Texte 8. 141.) Set. Veitskirche in Miihlhausen am Neckar. Wir verlassen bier den bohmischen Boden, urn ein Denkmal zu betracbtcn, welches in alien seinen Theilen mit dem obigen so innig zusammenliangt, dass das eine ohne das anderekaum gedacht werden kann. Wir meinen die St. Veitskirclie zu Miihlhausen am Neckar, zwei kleine Stunden von Canstatt und ebensoweit von Stutt- gart entfernt. Durch einen im Kunstblatte 1840, Nr. 96, verolfentlieliten Bericbt des bekannten Alterthumsfor- schers Dr. Griineisen und eine spiitere Privatnotiz des Architekten Mauch aufmerksam gemacht, besuchte icb im is i Fig. 152. (Libis.) Jabre 1865 den Ort Miihlhausen, um die bcreits mebrfacb besprocbenen in der dortigeii Set. Veitskirche aufbewahr- ten biilimisclicn Gemiilde zu untersuchen. Diese Kircdie wurde von dem Pragcr liiirger Ebcrhard von Miihlhau- sen, welcher das Amt eines Scliatzmeisters der scliwii- bischen Rei( hsstadte unter Karl IV. bekleidete und der 1380 starb, gestiftet und von seinom Bruder Peinhard der Kirche in Libis verwandte Einzelheiten vor, dass nicht allein die Gemiilde, sondern der ganze Bau boh- mischen Einfluss verrathen. Die Anordnung gleicht der vorbeschriel)enen, nur ist an der Westseite ein quadratisclicr Mittelthurm vorgelegt, dessen untere Halle als Sacristei dient. Das mit flacher Holzdecke versehene Schiff ist 36 Fuss lang, 30 Fuss breit und von Miililhaiisen aufgebaut. Angebrachte Jalirzahlcn 25 Fuss hoch, der aus zwei Gewiilbeabtheilungen bcweisen, dass das Gebiiude zwischen 1380 bis 1390 bestehende Chor aus fiinf Seiten des Achteckes geschfos- vollendet _ worden sei, worauf jedoch um 1488 eine sen, 27 Fuss lang, 21 Fuss breit und bis in den Gewolbe- Kestauration vorgenommen wurde. Wenn auch Dorf- scheitel 27 Fuss hoch. An der Nord- und Siidseite fiih- kircbcn von so einfachor Gcstalt in alien Gaucn Deutscli- lands getroifen werden, kommen doch bier so viele nut ren eint'aclie, aber schrin gegliederte und mit tret'fiichcr Ornamentik versehene Portale in das Innere, dessen — 141 — gauzev Bestaiid mit Ansiiahme einer liolzernen Enipore, dev Altiire und sonstigen Einrichtuiigen dem Sclilusse des XIV. Jalirhunderts angehort. Die mit einem oder zwei Staben getheilteu Fenster zeigen einfache, aus Drei- und Vierpassen bestehende Masswerke, die Strebe- pfeiler sind mit zierlich gearbeiteten Pyramiden belu-ont und liber jedem der beiden Portale erbliclvt man das Miihlhanser Wappenschild, drei Mublbauen mit einem gefliigelten Helm, daneben stebt am nord- lichen Portale: Do . limn . jiilt . von . 5ot0 . (jclJiirt . lit . C-CC . C . XXX . jar an . 5i'in . mcn£>it5 . i^or . fant . vvbciuv . . umrt . 5tf . tci\)cU . n»5cfja()t . lien . 5cni . crl)n . nnin . rcnf^art . von niiiljIOnfen . hma, . jn . PfrtiJ . (Da man zalilte nach Christi Geburt 1380 Jalire am Moutag nach sauct Urbanstag ward diese Capclle angei'angen von dem ehrbaren Manne Reinhart von ]\[lililliaiisen, Burger zn Prag.) Dieselbe Insclirift in lateiiiischer Fassung befindet sich liber dem siidlichen Portale, welclies genauest dem gegeniiberstelienden entspricht, wie denn im ganzenBau die strengste Syminetrie vorwaltet. Der Korper des Gebiiudes besteht aiis Brucbsteinen, Strebepi'eiler, Gesimse, Fenster und Portale aus Sandsteinquadern von bester Bescbaffenheit, so dass sich alle Theile in urspriinglicher Scharfe erhalten haben. Auch die Holzdecke zeigt noch alterthiindiche Formen, diirfte jedoch dem Restaurationsbau von 1488 entstammen. Dieser und etwas spaterer Zeit mogen auch die steiner- nen Tabernakel der Seiten-Altiire angebijren, wie auch die Altartische und die herrlicben Schnitzarbeiten, mit denen die Kirche ausgestattet ist. Alle diese theils an den Altarschreinen theils einzeln in der Kirche vorkom- menden Sciilpturen undOlgemalde gehoreu der schwabi- scheuSchiile an und liegen ausserhalb unserer Betrach- tung. Die Farailie der Miihlhausen soli nicht dem Adel Schwabens angehort und auch nie die ganze Markung innegehabt babenJ Stalin sagt von dem Kircbenstif- ter Eberhard: „Der Kaiser brauchte hauptsachlich zur Erwerbung der Mark Brandenburg, welche er zu seiner Hausmacbt schlug, allzugrosse Siinimen, dass er audi die schwabischen Reichsstadte mit harten Geldfordernn- gen , welche grosse Missstimmung hervorriefen, be- driickte. Solche einzutreiben, schien ihm Graf Eberhard von Wirtemberg, dessen harteHand die Stadte erst eben geflihlt batten, das passendste Werkzeug, und er versah desshalb denGrafen (welcher vom Papst GregorXI.nach Avignon geladen, damals dem Kaiser eine warme Ver- wendung verdankte) und den ihm beigegebenen Bores von Riesenburg mit den nothigen Vollmachten. Die den Stadten auferlegten Gelder waren nach Niirnberg abzuliefern, wo sie der Prager Biirger Eberhard von Miihlhausen nach Prag abholte." Diesen Worten fiigt Hliilin bei: „Es ist dies derselbe Eberhard, Biirger zu Prag, welcher unter Angabe seines Todesjahres 1380 in der Veitskirche zu Miihlhausen kniend dar- gestellt ist, welche Kirche sein Briider Reinliard, gleichfalls Biirger zu Prag, im Jahre 1380 stiftete und mit einem kunstvollen Hoch-Altar, einem der best- erhaltenen Werke der Prager Malerschule schmiickte." 1 V. Stalin, Geecliichte Yon Wirtemberg, III. S. 310-311; ferner: M e in m i n y e r ; Beschreibung dos Obcramtes Canstatt, 1832. Eberhard versah mithin das Amt eines Schatzmeisters und scheint sowohl bei dem Kaiser wie bei dem Grafen Eberhard eine beliebte Person gewesen zusein. Memmin- ger glaubt, dass die beiden Briider Eberhard und Rein- hard biirgerlichcr Abkunlt und reiche Miihlbesitzer gewesen seien,dass sie auch aus Miihlhausen slainmlen. Diese Meinung wird all er dings durch die am Portale angebrachte Bezeichnung „der erbare Mann" untcr- stiitzt, doch kommt in der Kirche dasWappcn derMiibl- hausen mehrmals in Verbindinig mit dem wiirtlemberg' schen und auch mit dem bohmischen Wappcn vor, was darauf hindeiitet, dass diese Miihlliausen vom Kaiser geadelt worden seien. Ill ust rati oncn. Grnndriss von 8. Veit in Miihlbansen, Fig. 154. (Im Texte 8. 142.) Langendurchschnitt, Fig. 155. (Im Texte 8. 142.) Die Heilig-Geistcapelle zu Briix. Ein merkwiirdiges und zugleich vollig unbekanntes Baudenkmal, angeblich von Karl IV. gestiftet, eher jedoch aus der Zeit des Konigs Wenzel herriihrend, besitzt die 8tadtBrlix in der mit einem Armenhause ver- bimdenenHeilig-Geist-Capelle, derenlMasse und sonstige Fig. 1,53. (Libis.) Verhaltnisse mit der Kirche zu Libis bis aut einige Zolle iibereinstimmen. Das Schitl' ist mit einer Holz- decke, der Chor mit Kreuzgewolbeu versehen , die Fenster enthalten einfaclic Masswerke, ein Thurm fehlt ganz. Was diese Capelle auszeichnet und wesshalb sie bier besprochen wird, sind die mit Frauenkijpfen aus- gestatteten Consolen, auf welchen die Riiipen des Chorgewolbes ruhen. Es sind bier Briistbilder von Nonnen angebracht, deren Tracht keinem der bisher in Bohmen eingefiilirten weiblicben Orden entspricht. Bei der Toleranz des Kouigs Wenzel wiire moglich, dass die damals allenthalbenbedrangtenBeguiiten oderBegnt- ten im Armenhause zu Briix einen Zufluchtsort gefundcn batten. Die Ausliihrnng sowohl der Biistcn wie der librigen Steinnietzarbeiten verdient alles Lob. Holzkirchen, Kirehen von ahnlicher Form, gewolinlieh uhne Timrm oder mit einem nebenan stehenden holzcrnen Glockenthurine, trifft man in alien Gegenden desLandes. Geschichtliche Nachrichten liber die Bauzeit I'ehlen - 142 (Inrclig'chend, wesshalb Altersbestimiming'en luir dann mijglicli sind, weim stylistisch ausgepragte Coiistriic- tionen oder Oniaraente vorkoniinen. Hervorgeliobeu seien nnr der dureh besonders scliijne Figurenblendcu iind BaUlachiiic ausgczeicdiiicte Chor der Set. Martins- Kii clic zn Uiiter-Oiijezd bei Leitoniy.sl unddas mit eiiier zierliclicu Emporc vcrselienc Kirchlciu zii Cccovic bei Stankau, auweit der Pilsen-Fnrtber Eiseidiabn, welcbe zwei Kirclieii jcdoeh erst in nacddmssitischcr Zcit voll- endet wurden. Ungleich wiclitiger erscheint die grdsstentheils aus Holz construirte Kirche Set. Bartholoniaeus in Koei bei Cbriuliin, iirkiuidlich eiiie Stiltuiig der Kouigiii Sopbia, aus den Jahren 1394 bis 1395. Eine 54Fuss lange nnd gedeckte, nus Eiclienbulz gezimnierte ririicke fiilirt vom Dorfe iiber ein tiefes, gewolmlich trockeu liegendes Riunsal, dnrcli welches niir bei starkem Regen ein Wald- bacli biudurclibraust, zu der mit einer Briistungsuiauer umzog-enen Kirche. Man tritt dnrcli einen 60Fnss boben, im IMockverband constriiirten liolzernen Tburin in das Fig. 154. {Miililhau.^L'u Nockar.) Fig. 155. (MiilillKuisen am Ni.^ckav.) gcniiiiicrtc Scbiff ein, wckdics mit flaclier Ilohlccko iiber- Icgt iiiid diii'ch ornanientirte Fciister \ on Steinmetzarbeit belcuclitct ist. Der aus dcm Acliteck gesclilossene Cbor bcstclit in scinem Unterthcih' ans Mancrwerk, auf'wclcliem sicli ein liiHzerncr OI)erbaii crbclit. Die liriicke triigt dentlichc Anzeicdicn, (bxss sic ini XVII. Jahrhnndert ernenert wordcn sei: Tliurm nnd Kirclic ha))en dnrcli- aus den alten Cliarakter beibclialtcn, indein bei allcn- fallsigen Reitaraturen die Balkcn, Dielcn nnd Trjiger mit Bcibcbaltiing- der friUiercn Form ausgcwechselt -- 143 ~ wurdeu. DieKirclie besitzt eiiiige interessante Gemiildc der Clirndimer Scluile, etwa imi 1520 g-efertigl. Illustration. Ausicht der Siidseite, Fig. 150. (Im Tcxte 8. 143.) Ein noch beinerkenswertlierer Holzbau erliebt sicdi aiif eiiier uiiehst der Stadt Braunau g-elegeiieii Wiese, eine Wallfalirtskirche: Maria miter den I.inden geiiannt. Dicse mit einem brciten Gauge iimzogeue kirclie ist ganz ans kiefernen Balkeu luul Pfosten errichtet, iiii Licliten 68 Fuss laiig und 28 Fuss weit; niit Einselduss des Ganges aber betragt die Gesamint- liiiige 90, die Breite 50 Fuss. Das Gebiuide ist niclit ill! Blockverbande, sondern nacli Art der Spundwaude ans seukreclit aneinandergereibten, obeu nnd nuten eingeraliniten ?lolzern gelUgt nnd an den Eeken dnreb besoiidere Pfeiler verslarkt. Der Cbor zeigt ciiien aus drei Seiteii des Acliteckes gezogenen Scldnss, die ent- gegengesctzte Seite scbliesst ini Erdgescliosse recbt- eekig ab, ^vabrend oberbalb des Umgangcs die drei- seitigeForni wicder erscbeint, so dass die beiden Stirn- seiten sicb gleicben Die mit einem Dacbreiter verse- bene Kirebe ist woblerbalten, wobei als selbstvcrstaiidlicb Yorausgesetzt werden muss, dass die scbadliaft gewor- denen Tlieile fortwabrend znr recbten Zeit beraus- gcnonnnen und stylgeniiiss erneuert wordeu siiid. Man selieint dieser weit und breit beritliinteii Wallfabils- kirelie von je grosse Autmerksandvcit gescbenkt zu babcn, wie sicb aus dem L'mstaiide entnelimen lasst, dass die urspriingliclie Holzdecke sammt den daranf angebracbten Decoraticms-Malereieu sicb zum grossten Tbeile erbalten bat. Diese Decorationen ermoglicbeu es, das Alter der Kirebe annabernd zu bestinunen. Fii;-. !:'(_;. (K<;ci.i WF. Wir selien Arabesken von Weinranken, Kleeblat- uinfaiigreiclien Gcbiiudes eriniiert an die llolzkirelien tern nnd Palmetten, leicbt und mit siclierer Hand aut' Norwegens. scliwarzen Grand mit weisser, rotber und griiner Farbc ' - aufgetragen, abnlicb den Ornainenten, die in der Wen- 1 11 u s t r a t i o n e n. zels-Bibel vorkommen. An diese Kirebe, deren Einzel- heiteu in jener Gotbik gelialteu s'nd , welcbe der Grundriss der Marienkircbc, Fig. 157. ([in Textc Holzbau vorscbreibt, kniipft sicb die Sage, sie sei von 8. 144. ) einer vornebmen beidniseben Jungfrau gestiftet worden, Perspectivisclie Ansicbt, Fig. 158. (Im Texle welcbe den alten Gotterglauben nicbt babe anfgeben S. 147.) wollen, bis ibr an dieser Stelle_ die Hiinmelskiinigin Details der Verzierungen am Gebiilke. (Fig. 15J erscbienen sei. Das malerische Aussere des ziendicb a. />. r. s. Seite 148.) 144 — Profanbauten. Die Briickeiithiiiine in Prag. Nebcn Volleiulung der Prager Eriicke liess sicli Kiiuig Weiizel dsn Ban der Briickentbiinne besonders angeleg-en seiii. Dass diese Wcrke walirend seiner Regierung- ansgefiibrt warden und von vornlierein als zur Anlagc der Uriickc g-ehorcud projectirt waren, liat Mikovec in seinem uiclirnials genannten Sammelwerke erschopfend darg-etban. Der Befestig-ung-sweise jener Zeit entspreebend, bildeten die sick an den beiden Moldaiuifern gegenuberstekenden Tbiirnie ein Ganzes: ^ I 1 — I i '^J ^ Fii^. 157. (Braunaii.) I'MS'. I08. (ItraiiiKUi.) das linke Ufer eiitliielt ein Vorvverk, cine Barbacane, Wi) der Wcg- zwisclieii zvvei J'hiiruiiMi iiindnrcb znr Briicke fiihrte; war diese lU)ersebrittcn, stand man vor deniHauptthiiriiio, vvelcber init seinem Tbore die Briicken- babn iil)ei-.s|)aiinte, so dass derVerkelir zwiscben Altstadt und Kb^inseire in jedem beliebigen Mumente gesperrt werden konnte, was aucb in kriegerischen Zeiten oft gescheben ist. 13ie Anlegung- der dies- und jenseitig-en Tbiirme scbeint gleichzeitig- etwa 1380 erfolgt sein, dock wiire mogHcdi, dass die Griindiuig des Altstadter Tburmes nocli bei Lebzeiten des Kaisers Karl gescbe- lien sei. Der slidlicbe Thurm aiif der Klciuseite ist nie vollendet worden: naclidem das Grundgeniauer iiber Krdgleiclie gebraebt und die an den Mitteb-aum anstos- Fig. 159, fi. h. c. (Bi-;uin:iu.l sende Hauptmaucr bis zur Hiibe von 25 Fnss aufg-efiibrt war, wurde der Bau fiir immer eing-estellt. Dieser Um- stand bestatigt nnsere Verniutliung, dass die Ankage auf der Kleinseite etwas jiingeren Ursprimgs sei, indeni die Einstellung walirsciicinlicli dnrcdi den Ausbrncli der Ilevolution bewirkt worden war. — 145 — Der iiordliche Brlickenthnrm anf der Kleinseite zeigt vorziiglich gelungene Verhaltnisse, ist mil Fialen- stellungen unci Figiivenblenden gesehmiickt niid oben mit einer Galerie bekroiit. Vier aus den Ecken sich cntwickelnde Thunnclien , welche das steile Dacli nm- geben uud an welche dieBrilstnngs-Galerie sich anlehnt, bilden die hanptsiichlichste Zierde dieses Thnrmes, welcher inir in Bezng anf reichere Ausstattung von deni Altstadter Tliurme iibertrolfen wird. Der Branch, an grossen Tlitirmen vier vortretende Eckthlirnichen in der Hohe des Dachgesimses aufzu- stellen, war in Bohmen sehr verbreitet: wir finden der- gleichen Thiirme nicht allein an Befestigungsbauten nnd Ratbhansern, sondern auch an Kirchen, wie nnter anderen an der Stadtkirche ziiLeitmeritz und in feinster Diirchbildung an der Teynkirche zu Frag. Hier, im cinst hnnderttliiirmigen Frag werden beute noch sieben solche Tlilirme getroffen, nanilich zwei an der Teyn- kirche, dann einer beiSct. Heinrich. einer am Altstadter, ein zweiter amNeustadterRatlihause, endlieli die beiden Brilckenthiirnie. Dem Altstadter Briickenthurme, einem herrlichen Bauwerke, tins zuwendend, sehen wir die der Stadt zngekehrte Seite (die Ostseite) vollstandig erhalteu, wahreud die dem Fliisse zngekehrte Westseite durch kriegerische Ereignisse ihres Sehnnickes beraubt wurde, die Norrtseite ist iinbeschadigt geblieben, kann aber nur von einem Schitfe aiis geliorig iibersehen werden, wahrend an der Shdseite ein Treppenhans angebaut ist, wesshalb hier die Ornamentirung ausfiel. Der Grnndriss wird durch ein gleichseitiges Qua- drat von 35 Fuss Durchmesser gebildct, die Tlioroffnung ist 19 Fuss weit, die Mauern G Fuss stark und aus Sand- steinquadern festester Gattung aufgetiilirt. Der Bau erhebt sich in drei Stockwerken, von denen das unterste 35 Fuss hoch ist, das Mass vom Niveau des Bodens, nicht vom BrUckenpflaster, genomnien. Dieser Hohe von 35 Fuss ist auch das Grundquadrat des Tliurmes gleich, wie die beigefligten Risse darthun. Das Erd- geschoss konnte nicht anders als hochst einfach sein, da die gewaltige Thorotfnung den grossten Theil der Flache in Anspruch nahm. Der Thorbogen ist kraftig gegliedert und mit Krabben besetzt, oberhalb des Bogens sind rechts und links je fiinf Wappen ange- bracht, die verschiedenen Provinzen des Reiches be- zeichuend, im Schlusssteine sieht man das Wappen der Stadt Prag. An den Ecken entwickeln sich Fialen, welche das Cordongesims durchsetzen und auch das nachstobere Stockwerk einsaumen. Dieses ist 20 Fuss hoch und wird durch ein giebelformiges Gesims und zwischengestellte Fialen in Felder zerlegt; im Mittel- felde steht auf einem briickenartigen Postamente uuter einem Baldachin ein Heiliger in segnender Stellung, Set. Veit wahrscheinlich darstellend. Zur Rechten und Linken des Heiligen sind die etwas iiber lebensgrossen Standbilder des Kaisers Karl und desKonigs Wenzel IV. angebracht, beide auf Tlironsesseln sitzend. Karl's Figur gleicht genau den bekannten Abbildungen, Wenzel ist dargestellt als jugendlich blliliender Mann im Alter von 24 Jahren, woraus sich ergibt, dass die Statue zwischen 1391 — 1393 gefertigt wurde. Ein weiterer Schluss, die Bauzeit des Thurmes als gleichzeitig mit Anfertigung dieser Sculpturen anzunehmeu, erscheint umsomehr gerechtfertigt, als die Figuren mit ihren Thronsesseln, Postamenten und Baldachinen so recht aus einem Gnsse best ehen und zum The'.l erst nacli erfolgter Aufstel'.ung vol lendet worden sind. 20 W. F. Fig-. 160. (Prag.) • •.; - ■ Das dritte Stockwerk ist bis zum Dachgesimse wieder 20 Fuss hoch und mit acht Fiillungen decorirt. Die beiden mittleren Fiillungen enthalten Statuen von Heiligen, die beiden niichsten je ein Fensler, nur die ausserste Fiillung auf jeder Seite ist leer. An den Ecken entwickeln sich auf frei vorspringenden Saul en die kleinen Thlirmehen, zwischen denen eine von Bogen 19 — 146 — durchbroelieue Kroniingsmauer hiiizielit. Das steile walin - formige Dacli erhebt sich 38 Fuss ilber das Dachge- simse, ist an den Ecken abgefasst und mit Scbiefer gedeckt. Das reicbe und niitunter iiberschwenglicbe Lob, welches alle Reisenden, Kiiustler w\e Laien, diesem Thorthurme spenden, enthitlt keine Ubertreibmig : er darf unbedingt den vorziigiichsten 8chopfungen bei- gezahlt wei-den,welcbe die mittelalterlicbeBefestigungs- kunst hervorgebracbt bat. Namentlicb die Ecktbiirm- cben tibertreffen an Zierlicbkeit alle derartigen Bil- dungen. Fig. 1(31. (Pi-ag.) 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n. Aufriss des Altstadter Brlickentburmes, gegen die Ostseite, Fig. 160. (Im Texte 8. 145.) Grundriss, Fig. 161. (Im Texte S. 146.) Das oberste Stoekwerk des Thurraes entbalt einen gerauinigen gut beleucbteten Saal, welcber abei- niebt beniitzt wird. Auf der Treppenspindel ist eine jener biimoristischen Sculptuven angebracbt, wie man deren in Franken und Scbwaben viele trifft und welcbe der Nacbwelt nocb immer Stoff zum Lacben bieten. Wir werden eine Bescbreibnng in dem einscblagigen Ab- schnitte mittheilen. Die Biirgeii Zebrdk uud Tociiik. Kijnig Wenzel, ein gewaltiger Jilgev vor dem Herrn, weilte uicbt so gern wie sein frommer Vater in Kavlsteiu, obschon er sicb an die im Stiftungsbriefe cntbaltenen Verorduungen, dass im Scblosse weder gespielt werden, nocb eine Frau ubernacbten diiife, niebt angstlieh band. Wir erfabren unter Anderem, dass er zu Ebren des Herzogs Ernst von Osterreicb ein glanzendes Ballfest in Karlstein veranstaltete , bei welcbem der Herzog mit der Konigin Sopbia lustig tanzte. Nicbtsdestoweniger zog es ibii mebr in dieNfilie der ungeheuren Forste, welcbe sicb in grosserer Ent- fernung von der Hauptstadt aul'warts am Beraunflusse ausbreiteten und die heute nocb einen Flacbe^iraum von vielen Quadratmeilen einnebmen. Hier ricbtete er sicb das alte, ebemals den Herren vonHasenburg gebo- rige 8chloss Bettlern oder Zebrak wobnlicb ein und erbaute dann, tbeils weil ibm dieses keine genligenden Raumlicbkeiten bot, tbeils weil es iiam niebt binlangbcb sicher scbien, auf einem nebenan aufsteigenden Felsen die Bnrg Tocnlk, welcbe er mit Zebrak durcb eineu scbwer zuganglicbeu ; ilber den Felsengrat lubrenden Weg in Verbindung setzte. Zlebrak liegt auf einer felsi- gen Anhohe und ist auf drei Seiten von Teicben um- geben, so dass es eine Wasscrburg geiiannt werden darf : es besitzt einen nocb immer gegen 60 Fuss hoben runden Bergfried und zwei kleinere Rundtburme zur Vertbeidigung des Einganges. Von den Wobngelassen jedocb baben sicb nur geringe Reste erbalten, welcbe Wirthscbaftsraume, Casernen und eine Capelle entbalten zii baben scbeinen. Der tbeils in den Felsen ausgebauene, tbeils aus Quadern kunstreicb erhaute Weg von Zebrak nacb Tocnik war durcb zwei Thore befestigt; durcb das zweite Tbor gelangte man in den Vorbof und von diesem durcb ein abermaliges Tbor in den innern Hof, wo zwei grosse freistebende Gebaude, die durcb einen Mauergang \ erbunden waren, sicb gegeniiberstanden. Das grossere gleicbt in seinem ruinosen Zustande fast stadtiscben Wobugebauden jener Art, bei denen der Bau wegen Mangel an Fond eingestellt wird und die unvollendet dem Verfalle entgegengeben. Es enthielt den gegen 70 Fusslangen Saal uud dariiber die kciniglicben Gemacber. Von Erkern und kunstreichen Ausstattungen tindeu sicb keine Reste vor, es war offenbar im ganzen Scblosse die moglichste Einfacbbeit beibebalten. Das Erdgescboss entbielt einer Kachricbt von 1722 zufolge Vorratbs- kamuiern, darunter das Jagerzeug-Gewolbe, die Riist- kammer, die Butterkammer, den Frauenarrest und ein Gemacb, genannt die Laterne. Ferner befanden sicb nacb derselben Angabe im Scblosse gewolbte Stallungen fiir bundert Pferde, dann zwei libereinanderstebende Kircben (eine Doppelcapelle), eine Tborwarterstube, eine Wobnung des Henkers und unter derselben viele Gefanguisse, auch ausgebreifete Keller. Im zweiten Ge- biiude wareii die Ritter- und Frauenwobnungen uud ein Saal, wabrscbeinlicb der gemeinscbaftlicbe Speisesaal, untergebracbt. Aus dem Scblosse sollen unterirdiscbe Gange nacb verscbiedenen abgelegenen Stellen gefiibrt baben, was bei der misstrauiscben Gemiitbsart Weuzebs niebt unAvabrscbeinlicb ist; dass er aber den Baumeister, welcber das Scbloss ausfiibrte, mit eigener Hand ermor- det babe, damit die gebeimen Zugange niebt vei'ratbeu werden, dlirfte eine von den zahlreicben Fabeln sein, mit denen die Gescbicbte Wenzel IV. nacb uud nacb ausgestattet wurde. Der Konig balte ja nebst dem Bau- meister die samratlicben Arbeiter ermorden mlissen, da die Gange docb alien bekannt waren. In der Gesammt- anordnung stimmte Tocnik mit Karlstein darin iibereiu, dass es aus mebreren freistebendeu Gebaudeu bestand und dass die Aussenseiten keine bemerkenswertbe arcbi- tektoniscbe Entwicklung zeigten. Die Erbauung des Scblosses Tocnik fitllt wabrscbein- licb in die Letztzeit des XIV. Jabrbunderts ; bald nacb 1400 bat Wenzel verscbiedene Urkunden in dieser Burg ausgestellt. Von iuneren Ausstattungen werden die im grossen Saale angebracbten Gemalde(ob Wandmalereieu oder Tafeln wird niebt angegeben) geriibml, welcbe die sammtlicben Vorfabren uud Mitglieder des Hauses Lu- xemburg seit Kaiser Heinricb VII. darstellten. Die Sclilosser Kunratitz uud Geiersberg. Mit zunebmendeni Alter fand der Konig seine bei- den Lieblingsscblosser Bettlern und Tocnik, wie aucb Karlstein zu unbeqneui und abgelegen ; erliess sicb da- ber, da er in Prag selbst niebt wobnen raocbte, niebt iern von der Stadt bei dem Orte Kunratitz eine Burg erbanen, welcbe er Wenzclstein oder Novy Dvory — 147 — nannte. Dieses Gebaucle, in welchem der Kouig seine letzten Tage verlebte mu\ wo er stavb, wurde 1391 be- g-onnen nnd erst 1416 vollendet. Es lag auf der Hocli- ebene siidostlich vou Prag an einer Thal-Senkung, so dass das Schloss an drei Seiten diireh den Bergabhang gesclilitzf: war und niir von der vysehrader Strasse her einen leicht zn declieiiden Zugang hatte. Diese Burg wnrdeam 27. Janner 1421 diirch die Taboriten so grlind- lich zerstort, dass sie wirklich dem Erdbodeu gleich- gemaclit wurde. Die Burgstelle bietet keine grosseRaum- licbkeit dar, es konnte folglicli keine Hofbnrg, sondern nur ein Jagdschloss hier gestauden haben. Jetzt steht A. B. C. D. E. F. G. Warte, Unteres Thar, Bi()-gthor, Aiislass, Vorbiirg, Wo/muiifj der Gdste, Hanptthm-Di, H. San lb an. Fig. 153. (Geiersberg.) auf dem Burgplatze eine dem heiligen Johannes Nepomuk gewidmete Capelle , ringsnni breitet sich ein Park aus , der von den Pragern zur'Sommerszeit viel besuclit wird. Ungleicli ansgedehnter nnd grossartiger, ja sogar drohendblicktdas von Wenzels Geguer, demErzbischote Johann von Jenstein, erbaute Schloss Geiersberg auf das Thai von Tepliz heruieder. Geiersberg, Keysperg, Mons Supius, in alter Zeit auch Chlumec genannt, gehort der UrgeschichteBohmens an, und wurde gleich Landeswart bei Brilx und Tetschen an der Elbe ohne Zweifel als Landesburgerbaut, denn es beherrschte einen wiehtigen, aus Sachsen tiber das Erzgebirge nach Bohmeu fiihren- den Pass. Spaterhin wnrde Geiersberg Eigenthum des Prager Dom-Capitels und in dieserEigenschaft vomErz- bischofe Johann II. neu aufgebaut. Die Burg liegt auf dem Kamme des Erzgebirges in einerHohe von c. 2000 Fuss und erstreckt sich von Nord gegen 8ud in einer Lange von vierhundert Schritten, die 19* — 148 — Vorwerke mit eingerecbuet. Die aus Sachseii lieriiber- ziehende Strasse windet sich in verschiedenen Krlini- miuigen zwischeu eiiiem frei stehenden Waittliui-me und der Bin g hiiuliirch luid zielit diirch einen Holilweg in das Tlial gegen den Wallfalirtsort Maria-Schein. Eeclits nud links ueben dem Felsengiate, auf welcbem das Scbloss liegt, haben die Bergwasser so tiefe Abgriinde ausgespillt, dass der Zugang selbst flir einen tuchtigeu Bergsteiger nur von der Nordseite her nioglieh ist. Der- malen liegt das Gauze inRuiuen iind ist dicht uberwaldet, weil der Gneiss, aus welcheni der Bergriicken und die Burg bestehcD, sehr leicht verwittert und sich in frucht- bare Erde verwandelt. Die Anlage hat bei mancher Aehnliehkeit mit den im zweiten Theile beschriebenen Burgenbauten altbohmischer Art einige Eigenthiimlich- keiteu, welche veiiniitheii lassen, dass an dieser Stella eine heidnische Wallburg bestanden babe. Wie die Ha- senburg (II. S. H'd — 114 illustrirt) besteht Geiersberg aus zwei, durcb einen 150 Fuss langen durchschnittlich 75 Fuss breiten Hof getrennten Partien; auf der siid- lichen und tiefer gelegeneu Stelle des Burgplatzes be- tindet sich ein ziemlich ausgedehntes Gebiiude, welches als Vorburg diente und "Wohuungen fiir die Dienerschaft, auch die Besatzung enthalten zu haben scheint. Unmit- telbar an diesen Ban stossen an der Westseite die Reste von zwei halbrunden Thiirmen an, zwischen denen das Hauptthor situirt war, zu welchem der Weg von der sachsischen Strasse, also von der Nordseite her fiihrte. Dem There gerade gegenliber befand sich eine kleine Pforte, zu welcber man von aussen lier nur nach Um- schreitung der gnnzen Burg gelangen konnte. Dass zwei Thore in einem Schlosshofe sich gerade gegen- liberstehen und beide nur von demselben Wege aus zu- ganglich sind, ist eine nicht niittelalterliche Eiurich- tung, welche der Erzbischof selbst angeordnet haben mag, zu dem Zwecke eines bequemen Spazierganges. Den Schlosshof gegen Norden bin iiberschreitend kommt man an einen breiten und tiefen Graben, iiber welchen eine Briicke direct in den Saalbau fiihrte. Dieser halt eine Lange von 130 Fuss bei einer mittleren Breite von GO Fuss ein und zeigt im Grundrisse ein verschobenes Rechteck, welches am nordlichsten Ende der Burg durcli einen ge\Aaltigen, mehr als halbrunden Thurm abgeschlossen A^ird, fast in derselben Weise wie manche romanische Kirche durch eine verlangerte Apsis. Abweichend von den bohmischen Burgen bildet hier die Umfassungsmauer des Saalbaues ringsum zugleicli die Wallmauer, was nur bei der liberaus hohen und ge- sichcrten Lage rathlicli war. Die durchaus 7 bis 9 Fuss starken Mauern und der Thurm sind offenbar dieselben, auf welche sich die neben der Biiste des Erzbiscbofes Jenstein angebrachte Inschrift: „Er erbaute das Schloss Keysperg mit starken j\Iauern und Thiirmen" bezieht. Es Icommeu an diesem Baue nocli einige Theile vor, welche den kSchluss des vierzehnten Jahrhunderts erkenuen las- sen, so einige spitzbogig iiberwolbtc Fenster mit tiefen Leibungen und darin bctindlichen Sitzbtinken, wie auch Reste einer profilirtcn Thlire. Ein unterirdischer Gang, der sich vom Saalbaue gegen Westen hinzog, ist durch Abrutschung einer Berglehne znm Vorschein gekommen. Grossc, rundl)ogig iiberwcilbtc Keller w;u-en sowohl un- ter dem Saalbaue wie in der Vorburg angebracht und sind zum Tlioilc eingesliirzt, wesshalb Besuchern die mog- lichsfe Vorsiclit anzurathen ist. Dicht am Graben, aber noch im Hofe, stehen die Ueberbleibsel eines ziemlich grossen Wohngebiiudes, entwederfiir den geistlichen Hofstaat oder fiir Giiste be- stimmt. Noch ist ein an den Saalbau sich anlehnendes, aber gegen (30 Fuss tiefer liegendcs Vorwerk mit zwei Localitaten fiir Wachmannschaften zu erwahnen, von wo aus die sachsische Strasse iibersehen und nothigen- * falls gesperrt werden konnte; ein zweites, nicht zur Vertheidigung eingericlitetes Vorwerk umgab die Slid- seite und diirfte einen Wirthschaftshof enthalten haben. Von spateren Einbauten ist in der ganzen Burg nichts zu bemerkcn. Die Aussicht von dieser Burg ist entziickend; man iibersieht das ganze Mittelgebirge sammt dem gegen- iiberstehendcn Mileschauer, das Teplitzer Tlial, Briix, Dux, den ijilin-erslein und die Felsenkette des Elbethales. War der Erzbischof manchmal gezwungeu, hier eine Zufluchtsstiiite zu suchen, so muss man gestelien, dass er einen reizenderen Aufenthaltsort schwerlich hatte finden konnen. Zei stort wurde das Schloss im Laufe des drei^sig- jiihrigen Krieges, doch scheint es lange vorber schon seine Bedeutung verloren zu haben. Illustration en. Situationsplan von Geiersberg. Fig. 162. (Im Texte S. 147.) Das Altstiidter Ratliliaus in Prag. Sowohl das Rathhaus in der Altstadt wie das in der Neustadt warden grossteniheils wahrend. der Re- gierung des Konigs Wenzel erbaut, da beide Gebilude erst in den letzten Jahren des Kaisers Karl in Angrilf genommen worden sind. Die Nachrichteu iiber den Ban des Altstadter Rathhauses sind verworren und wider sprechend; im Jahre 1338 wurde zwar der Beschluss gefasst, dass die Gemeinde ein eigenes Rathhaus, wel- ches sie bis dahin nicht besass, erbauen wolle, doch scheinen sich der Ausfiihriing allerlei Hindernisse ent- gegengestellt zu haben, weil sich der Senat und die Sclioflfen noch lang nach dieser Zeit theils in Prival- hiiusern, theils in Klostern versammelten. Von dem gegenwiirtigen Bestande des Altstadter Rathhauses ist das untere Geschoss des quadratischen Thurmes mit der angranzenden Capelle augenscheinlich der iilteste Bautheil, welchem auch durch die gepfloge- nen technisclien Untersuchungen das hochste Alter zuer- kannt wurde. Die Einweihung der Capelle geschah ur- kundlich am 4. August 1381, worauf der Ban stiiekweise fortgefiihrt wurde, weil der Bauplatz nur allmiilig an- gekauft werden konnte. Der Rathhaussaal hat seine ge- genwiirtige Form erst nach einem im Jahre 1399ausge- brochenen Biande erhalten, diirfte mithin zwischen 1400 bis 1404 aufgebaut worden sein, da im letzten Jahre ausdrlicklich ein neuerSaal erwahnt wird. Endlich wurde 1461 noch ein ?Iaus angekanft und ein Erweiterungs- bau des Rathliauses vorgenonnnen, wesshalb zahl- reiche spiit-gothische Einzelheiten vorkonnncn. Derganze Mitteltract und der ostliche Fliigel warden 1844 bis 1850 nach einem von Sprenger entworfenen Plane umgebaut und nur die Siidfronte mit dem Thurme, der Capelle und dem alien Saalbaue beibelialten, welche Theile jedoch unter sich kein einheitliches Gauzes bilden, sondern aus fiinf verschiedenen Gebiiuden beslelien. — 149 — Die iuteressanteste Partie ist die Ca])elle luit ilirem Chor-Erker, welcher aus fiiuf Seiteu des Achteckes con- struirt ist imd als besonderes Tliiirmchen hocli liber das Capellendach emporragt. Der Thnrm ist bis ziim Kro- iiuDg-sgesimse 130 Fuss boch und bildet im ersten Stoek- werke die Vorhalle der dem beiligen Laurentius gewid- meten, im Iniieni aber durch eine zopfige Uebertiiiicbuiig entstellten Capelle, dcren Raumlichkeiten liinreichteu, dassder ganze Rath bei ieierlichen Anliissen am Gottes- dienste theihiebmen konute. An der Aussenseite des •• Erkers und am siidlicheii Capellentheiie gibt sich die ]\Iauier des Meisters Parler in derselben gefalligen Weise wie an den BriickeutbUrmen kund, besonders ist die AusLadung des Erkers gerade so gebalten, wie die dort angebracbtdn Postamente und Verkragungen. Von den Figuren, welcbe einst den Erker scbmiiekten, liat sicb nur ein Marienbikl erbalten, die librigen sind in unbe- kannterZeitabbandengekommen. Unter den zalih-eicben Wappen, die in den Fensterbriistungen und an alien geeigneten Orten angebracht sind, crkennt man ueben den Landeswappen die Abzeichen der Zlinfte, mehrere Wappen angesehener Bilrgersfamilieu und einige Haus- marken. Der Obertbeil des Eathliausthurmes wurde nach alterthiimlicher Form ziemlieb gut im Laufe des vorigen Jahijiunderts erneuert; die untere Partie ist dnrcb einen ^'orbau verdeckt, an welehem die beriilimte astronomi- sebe Ubr mit dem Apostelumzuge und allerlei beweg- licben Figuren Platz gefunden bat. Der Rahmeu, wel- cher die Uhr umgibt und der vom Erdboden aus sich bis zum Dachgesimse in eiuer Htibe von 50 und einer Breite von 18 Fuss hinauispinnt, gehort zii den subtilsten Erzeugnissen der Spat-Gotbik und wird mit dem nebenan- stehenden, nicht minder zierlichen Portale ini vierten Theile illustrirt werden. Dieses Portal, der alte Eingang zuden Amts-Localitaten, befindet sich an einem abgeson- derten Hause, welches erst spater von der Gemeinde erworbeu und dem Capellenbaue angefiigt worden ist. Die Mitte der Sudfront wird von dem Saalgebitude eingenommen, welches im Erd- und Mittelgeschosse umgeandert worden ist, im zweiten Stockwerke aber, wo sich der Saal betindet, seine urspriingliche Form vollstandig gewahrt bat. Die zwei ferneren, gegen We- sten bin sich anreihenden, zum Rathhause gehcirigen Hauser besitzen keinen klinstlerischen Werth. Der 35 Fuss lange und 31 Fuss breite alte Ruth- baussaal ist ringsum und aucb an der Decke ausgetiifelt und so wohl erbalten, dass mit Ausnahme eines unpas- senden Anstriches alle Theile wie neu erscheinen. Vor Allem fallt die Decke durch ihre eigenthiimliche Con- struction auf, welcbe schwerlich ihres Gleichen hat. Das Deckengetafel wird uamlich durch drei aufs reichste profilirte Balken getragen, welcbe mit ihren iiussersten Endeu mittels starker eiserner Ketten an besonderen, oberhalb der Decke angebrachten Durchziigen aufge- hangt sind. Jeder der drei Deckenbalken besteht aus fllnf Tramholzern, welcbe ineinander verschraubt und verbolzt den Saal der Quere nach durchziehen und ein- warts, namlich an der Innenseite des Saales, 3 '/a Fuss iiber das Tafelwerk vortreten. Dieses ist mit liochster Sorgl'alt gefligt und mit zierlich profilirten Holzern ein- gcsiiumt, so dass sich nicht die niindcste Senkung oder Schadhaftigkeit ergeben hat. Aebnlich sind auch die senkrechten Vertafelungen derWiinde gehalten ; nuter- halb der Decke zieht ein reiches, mit Zierbogen ver- sehenes Gesims bin, an welches sich die Felder in der- selben Weise anschliessen, wie die FuUungen am ober- steu Stockwerke des Briiekenthurmes zwiscben die Horizontalgesimse eingepasst sind. Die sammtlichen Yertafelimgen bestehenaus astfreiem, mit bochster Sorg- l'alt auso'ewahlteiu und behandeltem Kiefernholz, nur die I ,,,,,,,,, I" I " Fuss Fig. 1G3. (Pi-ag.) Zierbogen mit ihren Laubwerken sind aus Eicbenholz geschnitzt; zu dem Gebalke jedoch, welclies an den Innenseiten des Saales durehaiis verkleidet ist, wurde F.chtenholz genommen. Die Construction der Decke mit den aufgebangten Balken entspricht in ihrem Principe den in unseren — 150 — Tagen iiblich gewordeneo eiserneii Trageni , dabei macheu die Ketten, welche man geflissentlicli iiber die Verkleidung herumgezogen nnd sichtbav gemacht hat, eiiieu seltsam erusten Eindrnck. Es wird keine gewagte Beliauptuiig sein,weun wir die Ausstattung des beschrie- beuen Saales als eine in ihrer Art eiuzige Decorations- arbeit bezeichnen. Illustration. Ansicht der Kathlianscapelle. Fig. 163. (Im Texte S. 149.) . . Fig. 164. (Prag.) Das Nenstiidter Eatlihaus. Das Nenstildter Ratliliaiis, welclics dureh die am .30. Jnli 14] !i begaiigene Ermordnng der Eathsherren cine traiirigc T>criilinitheit crlangt lint, scbeint erst kurz vor dieser Frevelthat voUendet wordeu zn seiu, da am Thurme mehrere Wappen mit Jahrzahlen vou 1400 bis 1410 angebraebt sind. Die Ausfiihrung mag wobl etwas eilfertig gescbeben sein, denn der aus Mergelstein er- banteThiirmist entsetzlich zerkliiftet,yon grossenSpriin- gen diirchzogen nnd, wie deutlicb zu erkennen, schon bald nach der Erbauung geflickt und verankert worden. Dieser Tbnrm bildet den wichtigsten Tbeil des auf uns gekommenen alten Bestandes iindflankirt die sudostlicbe Ecke des Gebaudes, in welchem gegenwartig das Straf- gericht untergebracht ist. Der angranzende slidliche, gegen den Viehmarktplatz zugekehrte Flugel ist vou Grnnd aus crneuert worden, nur im Erdgeschosse der Ostseite befinden sicb noch einige alte Kammern mit Kreuzgewolben nnd gothiseben Einzelheiten. Die West- und Nordseite sind durch Privathauser verdeckt, doch bemerkt man noch immer, dass das Ganze einst be- festigt war. Unter den Thiirmen dieser Art ist der bier bespro- chene der hochste, indem das Hauptgesimse 150 Fuss iiber dem Niveau des Platzes liegt; die Breite betragt oO Fuss. Die Masse sind gliicklich angeordnet und na- nientlich die Eckthiirmchen ungleich schoner und freier eutwickelt, als am Altstadter Eathliausthurme. Die Galerie und das dariiber sich erhebende steile Walm- dach sind nach dem alten Muster erneuert worden, der ganze Bau erscheint harmonisch abgerundet und erbalt durch ein an der Siidseite angebracbtes 15 Fuss hohes Stadtwappcn von trefflichster Arbeit ein wirklich vor- nehmes Ansehen. Dieser Eindruck wurde erhoht durch geschichtliche Malereien, mit welchen die Aussenseiten der oberen Geschosse ringsuni ausgestattet waren und von denen sich einige aufgefrischte Eeste erhalten haben. Es scheint die Griindung der Neustadt durch Kaiser Karl in grossen Bildern dargestellt gewesen zu sein. Das Caroliuuin. Die von Kaiser Karl gegriindete Universitat besass anfanglich kein eigenes Gebiiude, die Vortrage wurden bier und dort gehalten, und erst im Jahre 1366 erwarb der Kaiser ein Haus, welches er seiner Hoch- schuleschenkte. Dieses Haus wurde jedoch in kurzer Zeit als zu unbequem und entlegeu befunden, wesshalb Ko- nigWenzel ein grosses, der St. Gallus-Kirche gegeniiber- liegendes Plans, welches dem reichen Biirger Jost Eoth- lijw gehort hatte, liir die Universitat ankaufte, indem er bestimmte, dass das Gebaude fortan Carolinum genannt werde. Diesen Namen hat es auch bis zum heutigen Tage beibehalten, wie es noch immer als Universitats- gebaude dient. Konig Wenzel bat das Haus seiner neucn Bestimmung entsprechend umbauen und einrich- ten lassen, doch blicb von dem damaligen Bau nur die allgemeineForm des Saales mit einem vorgetragenen Erker erhalten. Dieser, von alien Kunstfreunden viel- bewunderte Erker und der am Eathhause, konnen fiig- lich Zwillingsbriider genannt werden, wenn auch die Einzelheiten an jedem etwas anders gehalten sind. Man erkennt, dass bier wie dort dieselbe Hand thatig war, dass die Abweichungen mit Vorbedacht angeordnet wurden , anf dass eine zu genaue Uebereinstimmung vermieden werde. Ein dritter ahnlicher Erker, nur in etwas vereinfacbter Form, tindet sich gegenwartig im Hofe eines am Altstadter Einge liegenden Privatbauses — 151 — dlirfte aber in frilherer Zeit unmittelbar an der Strasse gelegen haben, weil hier die alte Lange Gasse vorbei- fiihrte. Aucb die Lanbengange am sogenaunten Juden- Tandelmarkt nnd verscbiedene in den dortigen Privat- bausern vorkommende Eiuzelbeiten scbeinen dem Zeit- aber des KonigsWenzel auzngeboreu. Erker am Carolinum in Prag. Fig. 164. (Im Texte S. 150.) Sculptur. Eine grosse Anzabl der unter Konig Wenzel aus- gefubrten iMaler- imd Bildbauerwerke baben wir bereits kennen gelenit, indembei Bescbreibmig des Domes und nocb einiger Bandeukniale die ineinandergreifenden und zum Tbeil tecbniscb zusammenbangenden Arbeiten sicb nicbt obne StOrung batten tvennen lasseii. So wurden z. B. die Biisten des Erzbiscbofes Jenstein und der beiden letzten Baudirectoren im Triforium, das Grabmal des Erzbiscbofes Ocko, dann die Brustbikler nnd Statuen an der Aussen- seite des Domes und nocb mebrere scbon besprocbene Werke ganz gewiss erst zwischeu 1380 — 1400 ausge- fiihrt, aber ibre Einreibung in den frliberen Abscbnitten war unerUisslicb. In abnlicher Weise verliielt es sich mit den drei Baudenkmalen, der S. Bartbolomauskircbe in Kobn, dem aben Theile der S. Barbarakircbe in Kutten- berg nnd der H. Kreuzkirche in Gmilnd, dereu Ver- standniss nnr durcb die Aneinanderreihnng ermoglicbt werden kounte, obwobl die Barbarakircbe bei weitem das jiingste dieser Gebaude ist nnd ibre Ansfilbrung grosstentbeils, wenn nicbt ganz, in das Zeitalter des Ko- nigs Wenzel fallt. Im Ueberblicke der sammtlicben im Laufe des XIV. Jabrbnndertes ausgefiibrten Sculptur- werke fallen ganz besonders die Fortscbritte auf, welcbe in der Letztzeit gemacht wurden und die hauptsacblicb der Tbatigkeit des Meisters Peter von Gmilnd zuge- scbrieben werden diirfen. In erster Reibe sind zu nen- nen die Standbilder am AltstadterBriickentburme; Werke von eben so bober geschichtlicber wie kltnstleriscber Bedeutung. Das Standbild des Konigs Wenzel IV. Die Anordnung der am Briickentburme angebracb- ten Bildbauereien ergibt sicb aus der beigefitgten An- sicbt Fig. 161; zu bemerken ist nur, dass aucb die ent- gegengesetzte westlicbe Seite in derselben Weise orna- mentirt war, jedocb anstatt der mittleren Figurengruppe jenseits ein grosses Wappen das Mittelfekl ausMlte. Uusere Aufmerksamkeit wird zunacbst gefesselt durcb die Standbilder des Kaisers Karl und seines Sob- nes des KonigsWenzel, welcbe zur Recbten und Linken einer in der Mitte stebenden Heiligentigur (wabrscbein- Mch des beiligen Veit) unmittelbar oberbalb des Thorbo- gens aufgestellt sind. Beide Standbilder sind mit gleicher Sorgfalt und Kunstfertigkeit aus feinkornigem Sandstein gefertigt: der Kaiser in der bekanuten Weise, wie er im Dome, im Scblosse Karlstein und auf Miinzen und Stempeln abge- bildet ist; Konig Wenzel als scbmucker junger Alann im Alter von 23 bis 25 Jabren. Da wir von Wenzel mebrere Portrats aus verscbiedenen Zeiten besitzen, gibt dieses einen sebr wicbtigen Anbabspunkt fltr die Bauzeit der Tbiirme und die Anfertigung der Standbilder, welcher Urastand bei Besprecbung des Tbortburmes bervor- geboben worden ist. DieseFigurist in grosseuLinien ent- worfen, die Haltung naturgemass und zugleicb vornebm, der Ausdruck des Gesicbtes edel. Da das Bildwerk in seiner Eigenscbaft als Portrat spaterbin bedacbt wer- Fig-. 165. (Prag.) den soli, baben wir uns bier zunacbst mit der klinstleri- scben Durcbbildung zu bescbaftig en. Die ganze Anord- nung, besonders der scbon gelegte Faltenwurf bestatigen, dass Meister Peter fortwabrend Naturstudien gemacbt hat und ernstlicb bemiibt war, in seinen Sculptureu die — 152 — hergebracbte gothische Hiirte und Geschrfiubtheit ab- ziistreifen. Im Vergleiehe mit derWenzelsstatiie im Dome iiiid deu an der Wenzelscapelle vorkomnienden .sciilptir- ten Kiiaufen (Arbeiten, die urn 1360 bis 1364 geferiigt wurden) bemerkeii wir an dieser Statue ziigleich stau- nenswertbeimierhalb einer Frist von achtzebn biszwanzig Jabren gemachte Fovtscbritte, und finden dennocb die gleiehe Hand des Klinstlers wieder. Die Figuv wiirde im Stehen 8 Fuss boch sein; sie ist nur an der recbtenHand, welcbe ebemals das Scepter bielt, etwas beschadigt, sonst Tollstandig erbalten. Den Kopf bat der Bildbaner Heidelberg i. J. 1 854 abgeformt, welcber Abguss bei Aufertigung der beiliegenden Illustration beniitzt wnrde. Die am Tburme angebraebten Figuren von Heiligen sind, wie es nicbt anders sein kann, etwas stylisirt und auoh flllchtiger bebandelt. Erwahnuug verdient eine mit Fig. 1(56. (Teyn.) zwei portratartigen K(3pfen ausgestattete Console, aus welcben die Sage den Lutber und die Katharina von Bora geniacbt bat . Eine unvergleichlioh drollige Figur, etwas unter I^ebensgriisse gebalteu, befindet sicb im obersten Stook- werke des Treppenhauses als Bekronuug der Stiegen- spindel. Dargestellt ist der Tiiiinnwacbter, eiue zusam- mengekriimmte, an den Eulenspiegel eriimernde Gestalt, welcbe in der einon Hand den Scbliessbalken liiilt mid luitderanderen auf seine derben IJintertbeile kloptt, etwa die Worte zwiseben den Ziibiien murmelnd: „Ihr Latfen und -Sclielme da dranssen konnt lange warten, Lis es uiir gefallt, eucb einznlassen. • Dabci maclit er ein iingemein sputtisolics Gesiclit iind blickt zum iiaben Fenster binaus. Die Figur ist aus Sandstein gemeisselt, eine ecbt deutsebe Humoreske. Illustration: Standbild des Kou'gs Wenzel. Fig. 165. (Im Texte S, 151.) Das Mosesbild am iiordliclien Portale tier Teynkirclie. Dieses Portals und seines reichen BildersclimuckciS baben wir sclion (ifters gedacbt; die Sculpturen beste- ben aus einem 9 Fuss breiten und TV^ Fuss hoben Re- liefbilde, welches die gauze Thiirllinette ausflillt, und mebreren mit tigiirliehen Darstellungen geschniiickten Figurenpostaaienten. Das grosse Relief entbalt eine gauze Passionsgescliiclite in zablreicben kleiuen Figuren und scbeint nicht der durcli Meister Peter gegriindeten Schule anzugebiiren. Man erblickt als Mittelgruppe die Kreu- zigungCbristi, oberlialb derselben Gott Vater auf Wolken thronend. Unter demKreuze knieen dieFrauen, nebenan steben Jobannes und Josepb von Ariniathia. ZurRechfen und Linken des Heilandes erblickt man die Scbacber, welcbe von Henkerskneebten den Gnadenstoss zu erbal- ten scbeinen. Die Seele des reuigen Scliachers wird von Engeln in Empt'ang genommen und dem Himmel zuge- 1'iibrt, der linke Scbacber dagegen ist von Teufelslarven umgeben, welcbe dessen Seele paekeu und fortzerren. Ferner siiid in demselben Rilde augebracht die Geisse- luiig und Verspottung Christi, dann die Dornenkronung mit vielen kleinen Nebenfiguren. Die verscbiedenen Ge- stalten Cliristi, namentlicb in der Dornenkronung und der Geisselung, erscbeinen gegen die iibrigen Figuren in doppelter Grosse und sind meisterbaft gezeichnet, aucb die kleinen Figuren entbalten viel Scbones, nur lasst sicb das Bildweik wegen der bedeutenden Hobe selbst mit der besten Lorgnette nicbt entwirren. Man muss Leitern oder ein Geriiste aufstellen, um die Com- position und die trefflicben Einzelbeiten kennen zu lerncn. Da die Tafel aus Prager Jlergelstein besteht, darf mit Sicberbeit angenommen werden, dass die" Ar- beit in Prag gefertigt wurde, von welcbem Klinstler, ist uubekannt, ein zweites derartiges Werk kommt im Lande nicbt vor. iSacbst diesem Bildwerke sind es die an den Strebe- pfeilern des Portales angebraebten sculptirten Knaufe, welcbe sicb durcb geistreiche Auffassung bemerkbar macben und die allem Anscbeine nacb in gegenseitiger Beziebung standen. Da die vielen Statuen, welcbe die vorbandenen Bilderblenden ausfiillten oder ausfiillen soUten (wabrscbeinlicb Avurden sie gar nicbt aufgestellt) abbanden gekommen sind, lasst sicb iiber den Zusammen- bang des Ganzen kein Urtbeil fallen, docb scbeint ge- wiss, dass ein wobliiberdacbter Plan zu Grande lag. Die Stirnseite des einen recbtseitigen Knaufes zeigt das Opfer Abrahams, wahrend am linkseitigen Moses dar- gestellt ist, wie er die Gesetztafeln erbalt. Die Gestalt des Moses entspricbt dem Bilde, welcbes wir uns von dcni gewaltigen Gcsetzgeber niachen: DieHaare flattern ini Wiude und aucb die Horner, welcbe selbst Michel Angelo andeuten zu miissen glaubte, fehlen nicbt. Er uuifasst mit der einen Hand die Gesetztafeln und droht mitderanderen den Anbetern des goldenen Kalbes, wah- rend dauelien angebrachte Engelstiguren mit Spruch- — 153 — bandern die Gesetze naher erldaren. Die Gestalt des Moses und besonders die Beliaudluug der Gewander er- innern an die vorbesehnebene Statue des Konig'S Wen- zel, wobei jedocli die verschiedene Grosse nnd die durcb das Relief g'ebotene Bebandliing nicht ausser Acbt gelassen wordeii sind. Illustration. Moses rait den Gesetztafeln. Fig. ]G6. (Im Texte S. 152.) Statuen an der S. Barbarakirche in Kutteuberg. An der Abscblusslinie zwischen deni boben Cbor nnd dem Scbiife der Barbarakircbe sind einige Stand- bilder angebracht, welcbe unbestritten deni Zeitalter des Konigs Wenzel und der Parler'scben Sebule ent- staiuiuen, wenn sicb auch wegeu ibres aussergew(3lm- licb scbadhaften Zustandes nur die allgemeinen Umriss- linien erkennen lassen. Man erbliekt die lieilige Bar- bara und denLandes-Patron St. Wenzel, dann nocb eine dritte Figiir, siimmtlicb an den Strebepfeilern der er- sten geraden Neben-Capelle in der Hobe von 45 Fuss aufgestellt. Bei einer Hobe von Ty^ Fuss zeigen diese Standbilder eine grossere Belebtbeit, als die am Prager Dome vorkomnienden; sie mogen wohl von Jobaun, dem zweiten Sobne des Meisters Peter und mutbmass- licben WerkfUbrer, augefertigt worden sein. Zubemerken ist iibrigens, dass der ungewobnlicb weiche und verwit- terbare Sandstein, aus welchem die Kircbe erbaut ist nnd aus dem aucb die Figuren bestebeu, eine freiere Rebandluug vorzeicbnete. Sculptirte Kuaxife in Brilx. Gestiitzt auf Vergleicbungeu mit verscbiedenen Tracbtenbiichern baben wir in Bezug auf die in der Hei- ligen-Geistcapelle zuBriixangebracbten weiblicben Bus- ten die Vermutbung ausges]irocben, dass wobl Beguinen dargestellt sein mocbten. Es bestanden in Bobmen nur die heiden Orden der Clarissinnen- und weissen Magda- lenitiner-Nonnen, welcbe sicb mit Armen- und Kranken- Fig. 1(37. (Briix.) ptlege befassten; mit derenTracbten stinimen jedocb die in der Capelle vorkomnienden Nonnenbilder nicbt iiber- ein. DieKcipfe sind ricbtig gezeicbnet und injener freieren Manier durcbgefiibrt, welcbe das nabende XV. Jabrbun- dert anzeigt. Illustration. Bliste einer Nonne. Fig. 167. Malerei. Konig Wenzel scbeint ein Liebbaber von Geinal- den gewesen zu sein, da in seiner Lebensgescbicbte mebrfacb erwabnt wird, er babe Bilder berstellen lassen, wiibrend von Sculpturen niemals die Rede ist. So liess er fiir seine Gemabbn Sopbia die scbon be- scbriebene Bilderbibel anfertigen, dann den Saal in Tocnik mit den Bildnissen seiner Ahuen ausstatten und fltr seine Hausaudacbt ein Marieubild fertigen, -welcbes er in besonderen Ebren gebalten baben soil. Dieses Gemalde ist spaterbin in das Sebloss Bfeznic gekom- men und wird als dort befindlich nocb von Pelzel erwabnt; es scbeint jedocb verloren gegangen zu sein, aucb istes mir bei wiederboltem Aufentbalte in diesem Orte nicht gelungen, etwas naberes zu erfabren. Die Abnenbilder in Tocnik scheinen Tafeln gewesen zu sein, da sicb am dortigen Gemiiuer keine S|)uren von Wand- bilderu vortinden lassen. Endlich darf nicbt vergessen werden, dass K(3nig Wenzel die von Kaiser Karl dem Maler Dietricb bewilligte Steuerfreibeit mittels besonde- rer Urkunde bestattigt bat. Die Wandmalereieu iu Libiscli. Esist diese Kircbe im Iiinern vollstandig ausgemalt, imd zieben sicb die Bilder in mebreren Reiben liber eiu- ander bin, nur ein riesiger St. Cbristopb mit dem Kinde auf der Scbulter, welcber den Cyklus gewissermasseu einleitet, nimmt die ganze Wandhobe ein. Die Anord- nung der Gemalde wird durcb den Langenscbnitt der Kircbe, Fig. 152, erklart; die Reibenfolge beginnt an der Nordseite des Schiffes, wo der erwabnte Cbristopbo- rus sogleicii in die Augen fallt. Di&se 15 Fuss bobe, vom Kinde etwas iiberragte Gestalt durcbscbreitet, den Knotenstock in der linken Hand, auf der recbten Scbulter das Cbristuskind tragend, ein Gewasser, in welchem alle moglicben Fiscbe, Krebse und Untbiere berumscliwimmen und den Heiligen in die Fiisse beis- sen. Dieser ist bekleidet mit einem blassrotben nicbt ganz bis an die Knie reicbenden Hemde mit grlinen Aermeln, die Beine sind bloss; das Kind ist mit einem 20 — 154 — gelbliclien Kleide aiigetlian unci halt sich an den weis- sen Haaren seines Tragers fest. Weiterliin gegen Osten sind vier Reilien von je zwei Bildern libereinander an- gebracht; die Darstellungen sind dem neiien Testamente entnommen, sie beginnen in der untersten Reihe neben dem St. Christophorus nnd ziehen sich in foigender Ord- nung rings um Schift und Chor: (Nordwnnd) Verklindi- gung — Maria und Elisabeth — Geburt — Beschnei- dung — Taufe -- Versuchung — die zwei Bilder der obersten Reihe sind ganz verdorben — (Siidwand) Christus im Grabe — Auferstehung und vielleicht das Jiingste Gericht. Alle ubrigen Bilder sind bis auf einige Flecken verblasst, ebenso verhalt es sich mil den Ge- niiilden an der ^Yestlichen Wand. Am Triumphbogen ge- iiii fe'!'|ijT i ''M|i|iiiiiiNiir HHillll Fig. 1(38. (Libiscli.; wahrt man zur Linken : Maria als Himnielskonigin, zur Rechten die heihge Katharina, dariiber auf jeder Seite ftinf kleine Engel. Im gewolbten Chor befindet sich in jeder der drei nicht (lurch Fenster ausgefiiUten Liinetten nur ein Bild, nordwiirts sieht man die Anbetung der drei Weisen, da- neben die Dornenkronung und Versp.ottung. Im stidli- chen Felde, der Anbetung gegenuber, ist ein grosses Vo- tivbild angebracht; in der Mitte schwebt die unbefleckte Emplangniss iiber der Mondkugel, iiber ihrem Haupte steigt ein Engcl mit der Krone hernieder, zur Seitc musieirende Engel, darnnter einer, welcher den Trian- gel schlagt. Unterhalb der Himmelskonigiu sitzen rechts Kouig Wenzel, links seine zweite Gemahlin, die KiJnigin So- phia, beide als ganze, beinahe lebensgrosse Figuren mit Spruchbandern in denHiinden. Diese beiden Portratfigu- ren stimnien bis auf unbedeutende Abweichungen mit den Bildnissen uberein, welche auf dem Titelblatte der deutschen Bibel angebracht sind, die Wenzel fiir seine Gemahlin hat schreiben und mit Miniaturen ausstatten lassen. In Libisch erscheint Wenzel als IMann von dreis- sig bis zweiunddreissig Jahren mit vollem wohlgepfleg- tem Barte und ziemlich langen gelockten Haaren. Die Konigin sieht noch sehr miidchenhaft aus, ungemeinzier- lich undschlank miteinem feinenGesichtchen und aufge- — 155 — steckten bloiiden Zopfen. Das Bild wnrde also bald nach der Vermahlung Weuzels mit Sopliien (1392) ge- mahlt, und die Kirche mag wolil zum Andenkeii an die- ses Fest gestiftet worden sein. Gerade in diesem Jahre hatte sich der Konig mit dem Erzbischofe Jenstein wiedev ansgesohnt und den Grundstein zum Scliiffe des Prager Domes in feierlicher Weise gelegt, wesslialb er zu from- men Werken geueigter sein mocbte, als in andern Zei- ten. Sebr interessant ist cine Vergleiehnng der Portritts, welcbe nacb Wenzel in verscbiedenen Zeiten gemacbt wurden. Im Triforiam erscbeint er als balberwacbsener Jiingling ira Alter von vierzehn bis secbzebn Jabren, ein Bildniss, das wabrscbeinlicb nocb bei Lebzeiten sei- nes Vaters angefertigt wnrde. Mit der BUste im Trifo- rium stimmt das Siegel vom Jabre 1376 genau iiberein. Die Statue am Brilckeutburme zeigt den Konig als jun- gen Mann von etwa zwei und zwanzig Jabren, wiibrend er zu Libiscb im vollen Mannesalter auftritt. Dem Libi- scber Bilde entspricbt wieder ein im Jahre 1392 kurz vor seiner Verebelicbiing mit Sopbia angefertigtes Sie- gel mit Wenzels Portrat aufs genaueste. Ueberall sehen wir die grossea scbmacbtenden Augen, vollen Lippen und balblangen gewellten Haare, einen langen Hals und eine einnebmende Pbysiognomie. Die Malereien in Libiscb enthalten viele Harten und aucb allerlei Abenteuerlichkeiten, dabei sind alle Bibler mit griinen Ralimen umzogen, wabrend die Figu- ren meist auf blauemHiniergrunde steben, was ein mo- noton kaltes Anseben bewirkt. Die Gemalde im Cbor V arden einmal aufgefriscbt, docli sind sie in der Haupt- sacbe ziemlicb unverandert geblieben. Der Kopf des beiligenCbristopb und das auf seinen Scbultern sitzeude Kind gebijren zu den scbonsten Partien, aucb die Vev- sucbung, die Verkllndigung, danii die Begegnung von Maria und Elisabetb imd das Bikl mit den drei Konigen entbalten gut geordnete Gruppen, docb sind alle Ge- sicditer nacb der gleicben Scbablone gefertigt. In den Fensterleibungen erblickt man einzelne Figuren von Heiligen, welcbe trotz arger Bescbadigungen besser gezeicbnetund ausgefiibrt erscbeinen, als die zusammen- biingenden Compositionen. Die Krone des Ganzen ist das bescbriebene Votivbild, von welcbem wir eine Illustration Fig. 168 beifiigen. Die Gemalde in Miililliauseii am Neckar. Wenn in den Bildern zu Libiscb keine bestimmte Manier vorberrscbt, tritt in den Tafelbildern zu Mliblliau- sen die Art und Weise des Tbeodericb unverkennbar bervor. Weniger ist dieses bei den Wandgemalden der Fall, von welcben mebrfacb bebauptet wurde, dass sie nicbt biihmiscben, sondern scbwabiscben Ursprunges seien. Um die obwaltenden in kunstgescbicbtlicber Hin- sicbt wicbtigen Verbaltnisse kennen zu lernen, begab icb micb nacb Mublbausen, um mebrere Tage daselbst zu verweilen. Nacbdem icb sowolil die Kircbe als Bau- denkmal, wie die sammtlicben daselbst vorfiudlicben Sculpturwerke und Malereien genau aufgenommen und, soweit es moglicb war, batte pbotograpbiren lassen, ge- wann icb die Ueberzeugung, dass erstens das grosse Tafelgemalde, das urspriingliebe Hauptaltarbild der Kirclie, gauz der Manier des Tbeodericb entspricbt und wabrscbeinlicb von seiner Hand berriibrt ; dass zwei- tens, die Wandmalereien im Scbitfe unzweifelbaft dem XIV. Jabrbnndert angebiiren und sowobl in Bezug auf Anordnung wie Farben-Tecbnik der bobraiscben Scbule verwaodt sind, wabrend es von den Wandgemalden im Cbore und am Triumpbbogen (welcbe, nebenbei gesagt, Itbermalt worden sind) erwiesen ist , dass sie der scbwabiscben Sebule angeboren. Die zablreicben in der Kircbe bsfindlicben Scbnitzarbeiteu, Stein-Sculpturen und Altarbilder geboren nicbt mebr der Stiftungszeit an, sondern sind spatern scbwabiscben Ursprungs. Da ein Eingeben auf diese Werke von dem bier gestellteu Fig-. 1G9. (Milhlhausen am Neckar.) Zwecke abfilbren wiirde, baben wir unsere Aufuierk- samkeit znerst den im Scbiffe befiudlicben Wandge- malden zuzuwenden. Diese umzieben in zwei iiberein- ander angebracbten Reiben den ganzen mit flacber Holzdecke versebenen Eaum und stellen grosstentbeils Scenen aus dem alten und neuen Testamente dar. Die Bilder balten alle gleicbe Grosse ein, sind 36 Zoll bocli und 30 Zoll breit (genau dieselbe Eintbeiluug wie in der Kreuz-Capelle zu Karlstein) und mit gelben gemalten Rabmen umzogen. In der oberen Reibe berrscben Dar- stellungen aus dem alten Testamente vor, wabrend in der unteren das neue Testament zur Anscbauung gc- bracbt wird, obne dass jedocb eine streng gescbicbtlicbc Ordnung eingebalten ware. Aucb ist vieles verblicben 20* — 156 — ■ und anderes in nicht passender Weise emeuei't worden, doch darf ein einbeitlielier dem Ganzen zu Grunde lie- gendev Plan angeuomnien werdeii. Man erblickt in der oberen Reihe die Scbopfungs- g-eschichta, den Slindenfall, die Arche Noabs mid ver- scbiedeue Allegorien, wabrscbeinlicb den Biichern der Propbeten entnommen. Viele Bikler sind vollig zerstort, andere lassen sich nur aiis eiuigen Farbciiflecken er- ratben, und kaiim drei zeigen noch zusfinimeiihangende Unirisse. Fig. 170. (B'liihlhansen am Neckar.) In der unteren Reibe ist das Leben Jesu dai'gestellt von der Geburt bis zur Himmelfabrt. Die besterbaltenen Bilder bezieben sicb auf die Passionsgescliiebte, da die an der West- und Siidseite angebracbten, der Jugend- gescbicbte entnornmcnen Darstellungen sebr defect ge- vvordensind; wir beben folgende bervor: Erweckung (les Lazarus — Cbristus und die Pbarisaer — Einzug in Jerusalem — Abendmabl — Kreuztragung und Kreu- zigimg. Der Raum unterbalb der Bilder war mit Deoo- rationsnialereien verziert in der Art, wie in der Ma- rienkircbe zu Karlstein; man siebt genialte, mit Arabes- ken Oder geometriscben Bildungen ausgefiillte Niscben. Aucb bier sind die Fensterleibungen mit Scbildereien ausgestattet, von denen sicb namcntlicb ein in balber LebensgrossegebaltenesFigiirchen, als „sancta cecilia" bezeicbnet, in voller Friscbc erhalten bat und durcb zarte Behandlung bervorragt. Dieses Bildcben, als das besterbaltene und zugleicb am feinsten durcbgebildete, ist den Illustrationeu beigefiigt worden. Bezuglich der im Chore angebracbten Wandmale- reien baben wir der Vergleicbung wegen zu bemerken, dass sie zwar eine lebendigere Autfassung, aber aucb cine minder correcte Zeicbnung otienbaren, als die Bilder des Theodericb. Dies gilt zunacbst von einer Darstellung desjiingsten Gericbtes, welcbe an der dem Hocb-Ab ar zugekebrten Seite des Triumpbbogens ange- bracbt ist. Obwobl dieses geistreicb erfundene und mit grossem Gescbik im sebr ungiinstigen Raunie arrangirte Bild mit _der besebriebeneu Mosaik am Prager Dome mancbe Abnlicbkeit besitzt, tragt die Ausfiibrung doch unverkennliar scbwabisebes Geprage, da die ausserst bewegten Gruppen mit der etwas leblosen Anordnungs- weise des bobmiseben Meisters in autfalleudem Wider- spruche stehen. Die Bilder in den Gewolbefeldern sind iiberarbeitet worden, lassen daber kein sicberes Urtheil fallen; das liber dem Altar betindliche .Alittelfeld entlialt die auf Tbronen sifzenden Gestalten von Cbristus und Mar ia, in den iibrigen Zwickeln erblickt man die vier Evaniielisten mit ihren Emblemen und den beiligen Ambrosius, dessenNamen auf einem Sprucbbande stebt. Die senkrecbten Wande des Chores zeigen in drei- undzwanzig Bildern die Geschicbte des beiligen Veit; diese Bilder sind stark iiberpinselt, verratben jedoch eine grossere Hinneigiing zur bobmiseben Scbule, als die im Gewolbe, doch ist zweifelhaff, ob sie derselben jjeigeziiblt werden diirfen. So bedeutsam die gescbilderten Wandgemalde im- mer erscbeinen, wiirden sie dennoch wegen ihres ruino- sen Zustandes unbeachtet geblieben sein, wenn nicht die Veitskirche mebrere grosse Tafelbilder besasse, de- ren Ursprung durcb ausfiibrliche Inschriften documen- tirt ist, Es sind fiinf Tafeln mit zwolf einzelnen Darstel- lungen, w^elche ebemals denHoch-Altarschrein bildeten. Der Schrein war ein freistehender Fliigel-Altar, folgiich die Tafeln an der V'order- und Riickseite bemalt. Das Hauptbild wird durcb wohJerhaltenes Rabmenwerk in drei Felder zerlegt, von denen das mittlere 7 Fnss liocb und 3 Fuss breit ist, die beiden Nebenfelder sind gleich hocb und je 1 Fuss 9 Zoll breit. Das Mittelfeld zeigt den beiligen Wenzel, eine statuariscb gehaltene Figiiriu goldener Riistung, den Herzogshut auf dem Hanpte, in der Rechten eine Fahne mit dem l:obmischen Acller, in der Linken ein Schild mit demselben Abzeichen balten'i. Ein weiter Hermelinmantel umgibt die wiirdevolle Ge- btalt, Avelche deutliche Remiuiscenzen an die bekannte Wenzelsstatue in Prag entlialt und genau dasselbe Co- stlini tragt. Im linken Nebeufelde ist St. Veit, im rechten St. Sigismund dargestellt, dieNamen St. Wenzeslaus, St. Vitus und St. Sigisniundus sind je zwiscben den Fiissen der Heiligen eingeschrieben. Alle Vorziige und Mangel, welcbe den in der Kreuz-Capelle inKarlstein enthalteneu Bildern des Theoderich zuerkannt wurden, kebren bier in reichlicbem Masse wieder. Arme und Beine sind iiberaus niager und nicht richtig gezeichnet, die Leiber nacb gotbischer Manier geschwungen und die Gewiinder wieaus dickemLeder gefaltet. Die Gesiehter zeichnensich durcb jene iibermassig vortreteuden Nasen und weitge- (itthcten A 11 gen aus, welcbe Dietrich's sammtlicben Ar- beiten eigen sind, aucb lasst sich eine vorberrschende Diirftigkeit der Fornien nicht in Abrede stelleu. Dabei 157 ist der Farbenaiiftrag' glart iind glanzend, ja das Colorit der Gesichter erreicht sogar eiuen hohen Grad von Na- tuvwabrheit. An der Riickseite gewalirt man im Mittelfelde Christus am Kreuze zwischeu Maria und Johannes, wahrend die Nebenfelder der Hohe nach je in zwei Bildflaclien abgetheilt sind; hier sind ein throneuder Christus, eine Madonna, dann Engel als einzelue, etwa zwei Fuss liolie Figureu angebracht. Der reicli vergol- dete Rahmen, welcher diese Bilder umzieht, verdient be- sondere Aufmerivsauikeit wegeu der daranf angebraeh- ten Wappenschilde, deren man 24 zalilt, namlich: 1. das Miihlhauser Wappen zweimal, 2. den bohmischen Adler viermal, 3. den weissen bohmischen Lowen im rothen Felde viermal, 4. das wlirttemberg'sche Wappen sechsmal, 5. das Wappen der Stadt Prag zweimal, (3. die Wappen von Bayern und Miihren, d.-tnn von den Familien Salm, Rechberg je einmal, wozu uoch zwei unbekannte Wappenschilder kommen. Die zu dem Altarschreine gehorigen Fliigel haben ihre Rahmen verloren und lehnen dermal imPresbyteriam an den Wanden. An Hcihe und Breite den obigen Fliigeln gleich, enthalten diese Tafehi die Bildnisse der beiden Kirchenstifter, Reinhart und Eberhart von ]\Iuhlhausen, beide in knieender Stellung mit beigesetz- ten Nameu und Inschriften, Die ehemals an der linken Seite des Altarsehreines angebrachte Figur stellt den wahrscheinlich jiingern der Briider dar, welcher den Kirchenbau hat ausfiihren lassen; sein Name ist ober- halb des Kopfes angeschriebeu. Die weitere daselbst befindliche Inschrift lautet: IDo man UcAt von iii)vi(ti <5cbnvt IHCCCCXXXH jciv cin fant IVcnUcviaiK^ tacj, wavt tifc tcifd voWvacl)t von dcm cvbcvn licinijavt von lliiilOiifcii bm'i}cv kn ftiftcr ?iff 'Ktippfi 1'"^' ^^Hi-'i* iinOff r l;iu;L'f/orJ) biknt ^ot ci- im ^nct)ii5 fci ilrnc f In g-leicher Weise ist der zweite Fliigel eingetheilt, liber dem Haupte der Figur steht der Name Eberhart, die dort vorkommende Inschrift lautet : "Bo man Ualt von Vif}i'i\ii ^cbnvt tnfcnt SryfjunSun-t mtD acljctci jar an tm fm)ta<} vov fant iBi)U}n Ui.} ftavb cbcv= i)civt von WUUjnfcn bnwyv cjn pvca} vcijnluu-U bvntv bitcnt ^ot vov in. t Spruchbander, welche sowohl Reinhart wie Eber- hart in den Handen halten, sind mit Anrnfen au die gottliche Gnade angefiillt, ueben jeder Figur ist das Miihlhauser Wappen, drei Miihlhauen, angebracht. Die Bildnisse der beiden Briider sind Naturstudien und die Familienahnlichkeit unverkennbar, obwolil Reinhart oberhalb der Stirn fast kahlkiipfig ist, der andere aber einen vollen Haarwuchs besitzt. Phantasiereichthuni, Compositionsgabe sind dem Theodevich nur im bescheideneu Grade eigeu, daher be- handelt er hier wie in Karlstein mit Vorliebe einzelne Figuren und reiht bei grosseren Zusammenstellungeu, wie z. B. der Anbetung, die Gestalteu ohne gegenseitige Beziehung und auch ohne Bewegung nebeneinander. Alle Gesichter haben denselben starren Ausdruck, der sich fiir Manner besser als fiir Frauen eignet, wesshalb wir das Figlirchen derheiligen Cacilia einem talentvol- len Schiiler zusehreiben mochten. Die siimmtlichen Tafelbilder wurden vor einigen Jahren auf Veranlassuug des wiirttembergischen Alter- thumsvereines durch den Gemalde-Restaurateur Lam- berty aus Trier in hochst gelungener Weise wiederher- gestellt und befinden sich gleich der ganzen Veitskirche in so trefflichem Zustande, dass die Erhaltung fiirwenig- stens einhundert Jahre gesiehert ist. Anzumerken ist noch, dass die Tafeln aus Eichenholz bestehen, dass ferner Grundirung und Malweise mit den Karlsteiner Bildern iibereiustimmen. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : St. Cacilia, Wandgemalde in Miihlhausen. Fig. 1G9. (Im Texte S. 155.) Reinhart, Tafelgemalde allda. Fig. 170. (Im Texte S. 156.) Wandgemalde iu verscluedenen Kircheu zii Prag. Derselben Zeit und Schule gehoren einige Wand- malereien an, welche in der Sacristei-Capelle von St. Georg zwischen viel alteren Bildwerken eiugeschaltet worden sind. Im Ganzen von unterg-eordneter Bedeutung, erwahnen wir diese Gemalde vorzugsweise wegen eines Christophbildes, welches sich an der westlichen Wand iiber die ganze Hiihe derselben hinaufzieht. Ferner wurde hier der Versuch einer Kuppelmalerei an der Flache des romanischen Kreuzgewolbes gemacht, indem die zwolf Apostel im Kreise mit einwarts gegen den Mittelpunkt des Gewolbes gekehrten Kopfen angebracht sind, wobei die Grate der Wolbung nicht die mindeste Beriicksichtigung fanden. Der kiinstlerische Worth die- ser Bilder ist ein sehr geringer, was auch von den ver- schiedenen Wandmalereien gilt, welche im Laufe der gegenwartigenRestauratiou des Domes nach Beseitigung derKalktiinche zum Vorscheine kamen. Ungleich hohere Bedeutung batten die Gemalde in der bekannten Heiligen- Kreuz-Capellein der Postgasse, welche im 1. Theile, S. 67 bis 68, besprochen worden ist. Die Bilder umzogen in fiinf libereinander angebrachten Reihen das Innere des Rundbaues und bestanden aus einzelnen Heiligenfiguren, welche, wie in einem Kalender die Namen, zufallig ne- beneinander Platz gefunden batten. Bei der vor zehn Jahren vorgenommenen Restauration wurden die sehrver- blassten und beschadigteu Bilder iibertliucht und nur ein einziges, die Kronung Maria darstellend, blieb ver- schout. Dieses Bild nahert sich in Bezug auf Zeichnung und Farbengebung sehr den Bildern in Libisch, wess- halb seine Entstehung in die Zeit des Konigs Wenzel versetzt werden darf. Wandgemiilde in Strakonic. Der im zweiten Bande Seite 66 ff. beschriebene und illustrirte Kreuzgang zu Strakonic (eigentlich ein Atrium) ist ringsum mit Wandmalereien ausgestattet, welche vor einigen Jahren durch Ablosung der sie bedeckenden Kalktiinche zum Vorschein gekommen sind. Die Bilder gehoren verschiedenen Zeiten an, sind weder regelmassig im Raume angeordnet, noch halten sie gleiche Grossenverhaltnisse ein, indem manchmal zwei, manchmal drei Reihen von Gemalden iiber ein- — 158 — ander liiiiziehen. Maiielie Darstellungeii komraeu melir- mals vor, z. B, die Verkihidigung uiid Kreuziguiig. Mauclies ist bis zur Uukenntlicblieit verblasst, aucb scbeineu sich einige Bilder auf die Grriiiulniig des Jobaniiiter-Ordens zn bezieben. Am besten liaben sicb die an der westlicheii Wand befindlicben Gemalde erbalten, wo man unter andern die Fran en am Grabe, Cbristi Erscbeinung in Eniaus und den Einziig in Jeru- salem entzififern kann. Theoderic-b's Einfluss berrselit entscbiedener vor, als dies in Libiscb der Fall ist. Die Fignren sind bewegungslos und balten meist gleicbe Stellungen ein: so stebt Cbristus immer mit der aufge- bobenen Recliten , die drei Frauen am Grabe streeken je ihre Hande mit ausge- spreizten fiinf Fingeru gleicbmassig in die Hobe und baben genau die gleicben Ge- sicbter. Die Farbenbebandlung dagegen ist viel kraftiger and aucb sicberer als in LibiscboderMiiblbausen, sodass sicb nacb dieser Seite bin anerkenueuswertlie Fort- scbritte kundgeben. Die Mebrzabl und aucb die besterbaltenen der Gemalde ge- lioren dem Zeitalter des Konigs Wenzel IV. an, wie sicb aus den eingebaltenen Tracb- ten ergibt. Die an die Stiftskircbe anstos- sende Ostseite des Kreuzganges entbalt kein kenntlicbes Bild mebr, aucb an der Kordseite besteben nur nocb einzelne Reste. Fine an der siidlicben Wand angebracbte Figur Cbristi ist bartlos und nabert sich etwas den Neubauser - Bildern , diii-fte daber der Periode des Konigs Johanu Fii^. 171, (' Holienfurt, Arabesken sitzt irgend ein Scbalksnarr, der sicb ver- gebens mit der Auslegung abmiilit, wahrcnd ein unter- balb aus dem Blattwerk hervorscbaucndes bocbbnsiges Dilmcben an die Eitelkeit der Welt erinnert. Miuiaturen iu Hoheiifurt. Das seit seiner Grlindung als 8itz der Wissenscbaften und Kiinste blubende Stift Hobenfurt besitzt neben zablreicben, zum Tbeile scbon genannten Kunstscbatzeu aucb einenPergaments-Codex, die Apokaljpse erklarend und mit trefflicbeu Miniaturen ausgestattet. Dieses Bucb wurde 1393 von einem nicbt genannten Klinstler geschriebeu und illustrirt, dann um 1400 von Heinricb Rosenberg nebst dem scbon Seite 126 erwabnten und durcb Fig. 135 illustrirten Codex dem Kloster verebrt. Die Miniaturen bewegen sich in der durcb Zbysek eingeleiteten Manier, sind zwar nicbt mit derselben minutiosen Sorgfalt ausgefiibrt, steben jedooh in Bezug auf Pbantasiereicbtbum und leichten Vortrag nicbt hinter den Werken desselben zurlick. Die beigefiigte Initiale zeigt den Evau- ffelisten Johannes, wie er das gebeimnissvolle Bucb verfasst, oben in den II 1 u s t r a t i o n . Initiale aus der Hohenfurter Apokalypse. Fig. 171. — 159 — Konig Wenzel IV. untl seine kuustfreimtllicheu Bestrebimgeii. Die Stelliuig, welche dem Konig diirch seineii Va- ter war vorgezeiclmet worden, hat er in Bezng aiif For- deruug der Klinste redlicli ansgefiillt; olme eigene Tdeen war er sein ganzes Leben hindurcli anfs eifrigste be- mliht, die von Kaiser Karl begonnenen iind unvoUendet belassenen Werke dem guten Eiide zuzuflihren. 8elbst- schopferisch ist er nie anfgetreten, deiin seiue Bauten zu Tocnik imd Kunratitz waren Ergebuisse der Noth- wendigkeit und ermaBgelten im Vergleiclie mit Karlsteiii ganz gewiss jeder feinereu Dnrclibildung. Der Dom, die Bi-iicke mit ibren Thiirraen, die Prager Rathbiiuser, die Kircben im Karlsbof und vor dem Teyne nebst vielen anderen Baudenkmalen sind von Konig Wenzel mit be- wunderungswiirdiger Sovgfalt fortgesetzt iind grossten- theils vollendet worden. Hierin besteht Wenzels grosses und unbestrittenes Verdienst, welches iimsomehr an- zuerkennen ist, als die sonstige Regierung gerade keine conservative und gliicklicbe genannt werden kann. Fort- schritte geben sich in zweiRichtungen kund, namlich auf dem Gebiete desProfanbaues, undinder Miniaturmalerei. In den Fachern der kircblichen Arcbitektur, der Wand- und Tafelmalerei, wie in den Kleinkiinsten sind scbon uni 1390 Ritckschritte zu gewahren, und bald nacbher wandern der Unruhen wegen viele Prager Kiinstlernach Breslau und Wien. Die kiinstlerischeuBestrebungen und ein gewisses denseloen zu Grunde liegeudes Wohl- wollen bilden die Lk-btseite in der Geschichte Wenzels und sind bisber wenig oder gar nicbt gewilrdigt wor- den. Wir besitzen iiberbarpt sehr wenig ziiverlassige Nacbricbten liber d^'e Personlichkeit dieses Kiinigs, seinen Cbarakter und sein Wirken, aber desto mehr Anekdoten und entstellende Bericlite, wessbalb es iiusserst sehwer ist, eine unbefangene Anschauung zu gewinnen. Der Konig hat sich sogleich im Anfange sei- ner Regierung mit der Geistlichkeit und dem hohen Adel iiberworfen, also gerade mit jenen Kreisen, in denen die Intelligenz damaliger Zeit vereinigt war. Da- her hat er auch keinen Gescliichtscbreiber gefunden ; von der einen ibm scheinbar anbiingenden Halfte des Clerus wuirde sein Thun mitStillschweigen iibergangen, von dem erzbiscboflichen Anhange aber aufs bitterste verdammt. Ein unparteiischer Geschichtsebreiber lebte nicbt. Die Erbauung des Schlosses Wenzelstein bei Kun- ratitz (vollendet 1416) war die let-^ie kiinstlerische Unternehmung des Konigs Wenzel IV.; mit seinem Tode schliesst die in kunstgeschichtlicber Beziehmig boch- wichtige Luxemburg'sche Periode thatsachlicb ab, da die unruhvoUe Regierungszeit des Kaisers Sigismund (^1419_1437) an dieser Stelle nichtin Betracht gezogen werden kann. Fig. 172. GewOlbeschliissstein in der Maria Himmelfahrtskirche in Kuttenberg. S. Seite 23. - 160 — A n li a 11 g. Meister Peter you Sclnvabiscli-Gmuud, geiiaunt Paiier. Eiii Lebensbild. Trotz der seit eiuem lialbeu Jahrlniudert mit riihmenswerthestem Eifer gepflogenen Uiitersncliuugen luiserer mittelalterlicheu Deukmale hat es bislier iirdit gelingen woUei], die Lebensvei-hiiltnisse aiich nur eines eiuzigen der bervorragendeii Meister aufzudecken imd von dessen Wirkiuigskreise eine voUstandige Ubersicht zu gewinneu. Taucht ja da oder doii eiu Kiinstlername auf, bleibt es gewoliiilicb bei dem leereu Scballe: wir erfabreu uicht, wie der Triiger seine Keuntnisse erwor- ben, welche Werke er ausgefilhrt und welelie Scbiiler gebildet babe. Selbst von Erwin Steinbacb, dein gefei- erten Scbopfer des Strassburger Mlinsters, wissen wir nicht viel mebr, als dass er den Facadeubau von 1277 bis 1318 geleitet und eiuen Sobn gehabt Iiabe, vs^elcher sein Nachfolger im Amte wurde. Uber die Urheber der dem XIII. und XIV. Jahrhundert angehorenden gotbi- scbeu Dome von Koln, Magdeburg, Erfurt, Wien, Regensburg, Oppenbeim, ^Farburg u. s. -n . sind \vir noeb vbllig im Dunkelu, kaum dass begriindete Yermu- tbuugeu ausgesprocben werden konnen. Urn so erfreu- licher diirfte es alien Gesebichts- und Kuustfreandeii sein, dass liber jenen Meister, welcher dem Dome zu Prag seine eigentlicbe Gestalt verliehen und der eine ebenso vielseitigeTbatigkeit entwickelt als tiet'geheuden Einfluss geiibt bat, eine Eeihe von urkundlicbeu Dateu aufgefunden wurden, welche zwar noch keineBiographie bilden, aber ein reichhaltiges ]\Iateriale fiir eine solche entbalten. Der Dombaunieister Peter wurde im Jabre 1333 zu Schwabisch-Gmiind geboren, sein Vater Heinrich als Steinmetzmeister sich eine angesebene Stellung erworben liatte und, wie sich aus dem Zusammentreften vieler Thatsacben mit nahezu voUstandiger Gewissheit entnebmen lasst, deuBau derdortigenHeilig-Kreuzkircbe leitete. Urkundlich wird dieser Meister Heinrich ein einzigesmal genannt, namlicli in der erwiihnten neben Peters Portrait angebrachten Insclirift im Dome zu Prag, worin es heisst: .Petrus, henrici arleri, de polonia, magistri de gemunden in suevia," etc. Diese diirftigen und obendrein niclit correct gesehriebenen Worte entbalten alles, was an directen Nachrichten liber den Meister Heinrich auf uns gekommen ist. Wir ersehen aiis der Inschrift eigentlicli nur, dass der ^'ater Peters nicht aus Gmiind stannnte, aber daselbst ansiissig war uiid das Steinmetzgewerbe als Meister betrieb. Das Priidicat Magister deutet zugleicli die Wiirde eines an einer grossen Bauhiitte freigesprochenen Meisters an, da blirgeiliche Handwerker damals nur: Muirer, Stain - metze und Zimmerer genannt wurden. Die "Worte ,„arleri'' und ..de polonia- haben seit Jahren viele Auslegungeu und auch literarische Fehden hervor- gerufeu, ohne dass es bisher gelingen wollte, einen voU- kommen giiltigen Aufscliluss zu linden. Dass die Bezeiehnung Arler, welche in der Kuustgeschichte Auf- nabme gefimden bat. kein Familien- , sondern nur ein sogenaunter Spitzname sei uuterliegt um so \veniger eineni Zweifel, als Meister Peter der Sohn den Beinanien Parler flihrte. Damit solllibrigens nicht ausgesprocben sein, dass das Wort Arler durchaus keine Berechtiguug babe, denn es ware immerhin moglich, dass Vater und Sohn in den Baubiitten verschiedene Nameu erhalten hfitten und der Alte aus dem Arelat stammte. Xocb bedenklicber sieht es mit der Frage aus. welche Ortlich- keit. Land oder Stadt uuter .,de polonia-' gemeint sei. Man hat vielfaltig die Lesart in Zweifel gezogen, und schon SulpizBoisseree hat mit sehr gewichtigeu Griinden nachgewiesen, dass die fraglichen Worte sich nicht auf das Land Polen beziehen und es anstatt polonia vielmehr „eolonia, Koln^ heissen soUe. Indem der beriihmte For- scher seine Behauptungen zunitcbst auf Styl-Verwandt- schaften und kunstgesehichtlicbe Vorkommnisse stiltzte. hatte er begreiflicher Weise die Manner des Buchstabeus gegen sich; allein schon Palacky eikannte die Triftigkeit der vorgebrachten Griinde an und sprach sich in eiuem an Stalin, den Verfasser der Geschichte Wlirtembergs, geriebteten Briefe dahin aus, dass Boulogne sur mer als die Heimat des Meisters Heinrich anzusehen sei. ^ ' Palacky's Brief ist abgedruckt in der Wiirtemberg'schen Gescliichte vou Stalin, III. S. 751, und von hierindie Bejchreibiing des Oberamies Gmiind iibergegangen. Palacky glaubt. dass Heinrich Arler um das Jalir 1330 von Bou- logne nach Gmiind berufen worden sei, eiuen Kirchenbau zu leiten. Diese Ansiclit hataucli S p r i u g e r adoptirt und in mehreren Abliandlungeu als die glaubwiiidigstp hingestellt. l)ie nenesten. durcli Hasslei-, Mauch. E. Paulus, Xeumann, IClemm u. A. mit grosser t'msicht gefiihrteu und sowohl auf gescliiclit- liche Quellen wie vorkonimende Steinmetzzeicheu gegriindeten 1" ntersuchungi n stchen uiit der erwahnten Ansicht in directem Widerspruch ; denn es ist erwiesen, dass die aus Gmiind stamuieude Steinmetzfamilie uber gauz Schwaben ausgebreitet war uud in dm, Freiburg, Strassburg. Bern. Kottweil, wie audi in Ivoln und am UnteYrheiu tliatig ivar. Auch wurde um 1330 in Gmiind keine Kirche erbaut : die beriihmte Kreuzkircbe ist erst 1351 begonnen worden. es war daher zu einer Berufung aus weiter Ferne kein geniigeuder Gruud vorhanden. 1 )iese Anmerkungen gelten sowohl in Bezug auf Bologna und Boulogne, wie auf das Land Polen. Bei der mangelbaften Orthographie .iener Zeit und dem Bestre- ben, die Kamen zu latinisiren, darf unter dem streitigen ,,p o 1 o n i a" irder ahnlich laniende Ortsname. z. B. Pollingen in Oberbayern oder Bolingen nm Zeller See verstanden werden; .ia. cs hat letzters Stiidtclieu. welches zwisclien Constanz und Freiburg liegt, die nieisien Wohrtilieinlichkeisgvunde fiir sich. In Bezug auf die unzuverlassige Orihographle der Prager Dominschrifien sei nebenbei bemerkt. dass in der die Kaiserin Anna von Schweidnitz betreft'enden Inschrift das wirklichc Land Polen mit weichem Consonant folgendermassen geschrieben Nvird : 0 0 [II a. ■> — 161 — Andere wollten die italienische Stadt Bologna geltend machen, weil der vielgenannte, noch immer ratliselhafte Enrico di Gamondia, welclier den ersten Plan zn dem Mailander Dome entworfen hat, sicli nacli seiner Ver- treibung aus Mailfind nacli Bologna zuriickgezogen und dort melirerePalaste ansgefiihrt haben soli. Die neuesten Forschungen haben zwar das obvvaltende Dunkel noch nicht gelichtet, doch ist man zu der Einsicht gelangt, dass die streitige Wortstellimg auf einem zufalligen Schi-eibversehen bernhe, und Heinrich aller Walirscliein- lichkeit nach, wenn nicht aiis Koln so doch aus einem noch nicht crmittelten Orte Schwabens stamme.^ AiTch darliber, dass Heinrich den Ban der Krenz- kirche geleitet habe, liegen keine nnmittelbaren ge- schichtlichen Zeugnisse vor. Wir erfahren aus der Biographic des Kaisers Karl, dass derselbe im Jahre 1356 sich einigeTage in Gmiind anfhielt und bei dieser Gelegenheit an der im Ban begriffenen Kreuzkirelie solches Gefallen fand, dass er einen der dortigen Bau- i'uhrer nach Prag berief und zum Dombaumeister machte : (et fecit eum magistmm hujns ecclesiae, heisst es in der Inschrift). Indem sich Pe^er in obiger, pag. 53 mitge- theilten Randschrift als Sohn des Meisters Heinrich be- kennt. ist nur die Wahrscheinlichkeit ausgesprochen, dass Heinrich die Kreuzkirche erbaut habe ; eine andere bestatigende Urkunde ist nicht vorhanden. Dafiir ge- wahren die in Gmiind, Rottweil und Ulm vorkommeuden Steinmetzzeichen manche Aufschllisse liber die Thaiig- keit des Heinrich, welchen'man zum Unterschiede von einem spater auftretenden und derselben Familie ange- horenden gleichnamigen Meister, den Vater nennen darf. Desseu Zeichen ist der Buchstabc, h, (H), welchen alle uachfolgenden Familiengliedermit einigen Ahanderungen beibehalten haben. Professor Mauch in Ulm war der erste, welcher die Zeichen einer sorgfjiltigen Priifung unterzog und die von einzelnen Familiengliedern an- genommenen Abweichungen festzustellen versuchte. Meister Heinrich der Vater hatte drei Sohne, von denen der uns bekannte Peter der alteste geweseu zu sein scheint. Diesem folgte Michael, welcher in Freiburg, Ulm, Koln und auch einige Zeit in Prag thatig war, dann sich wieder nach Schwaben zurlickzog. Ein dritter Sohn hiess Johann, dessen Wirksamkeit in Basel und Freiburg durch Mauch nachgewiesen worden ist: in den Prager Urkundeu wird dieser Meister nicht genannt. Uber das Jugendleben und den Bildungsgang der Sohne Heinrichs ist keine Kunde auf uns gekonmien; wahr- sclieinlich wurden sie durch ihren Vater in den Regeln der Steinmetzkunst unterrichtet und , arbeiteten dann unter seinerLeitung mit bei dem Baue der Heilig-Kreuz- kirche, bis sie sich auf die Wanderschaft begaben, nm an einer der grossen Dombauliiitten in Strassburg oder Koln freigesprochen zu werden. Dass Peter vor seiner Berufung nach Prag sich laiigereZeit in Koln aufgehalten und dieTochter des dortigen Baumeisters Bartholomaeus von Hamm geheiratet habe, erfahren wir aus einer in den Kolner Schreinbiichern enthaltenen gerichtlichen Verhandlung, welche Merlo veroffentlichte. i Peter, fortan der Mittelpunkt unserer Darstellung, scheint sich nach seiner in Koln vollzogenen Veriiei- ratung, welcher ohne Zweifel seine Freisprechung 1 J. J. Merlo: Peter Ton Gmiind, kaiserlicher Dombaumeister zu Prag. (Ein Beitrag zu seiner Geschlchte.) Organ fiir christliche Kunst, herausgegeben von Dr. v. Endert in Kuln. Jahrgang XV. 18fi5. voranging, nach Gmiind begeben und dort neben seinera Vater gearbeitet zu haben, bis ^'in der Kaiser kenuen lernte und nach Prag berief. Damals (1356) zahlte Peter dreiundzwanzig Jahre und begab sich ungesiiumt mit seiner Gattin nach Prag, wo wir ihn gegen Ende des Jahres schon in voUer Thatigkeit tinden. Von nun an mehren sich von Jahr zu Jahr die Nachrichten in er- freulicherWeise und gewahren ein ziemlich umfassendes Bild sowohl von dem kiinstlerischen Wirken wie von der Hauslichkeit des Meisters. Dass er seinen Obliegen- heiten als Dombaumeister zur vollen Zufriedenheit seines kaiserlicheu Gonners nachgekomnien, ersehen wir aus dem Unistande, dass er schon im zweiten Jahre nach seiner Berufnng mit dem Ban der Moldaubriicke beauftragt wurde, einem uni^eheuren Werke, welches selbst in unserer an Hiilfsmitteln so reichen Zeit jedem Ingenieur zur hbchsten Ehre gereichen wilrde. Es war aber nicht allein das kaiserliche Vertrauen, welches sich Peter in dieser kurzen Zeit erworben hatte: auch in biirgerlicheu Kreisen fand der jugendliche Kiinstler ungetheilte Anerkenung, denn er wurde schon 1360 zum Schoffen des Hradschiner Viertels, welches damals unter dem Namen Hradcany eine eigens Stadt bildete, erwahlt und bekleidete diese Stelle acht Jahre lanff. Diese Wiirde setzt voraus, dass Peter sich die bohmische Sprache rasch angeeignet habe, denn ohne deren Kennt- niss ware es ihm nicht moglich gewesen, das Amt eines ersten Schoffen, als welcher er mehrmals genannt wird, zu verwalten. Schon 1363 war er Besitzer eines Hauses auf dem Hradschiu, zu welchem er bald noch ein z\veites erwarb. Seine Gattin, die Tochter des Steinmetzmeisters Bartholomaeus in Koln, hies Druda, Gertraud, und scheint friihzeitig gestorben za sein, nachdem sie Petern mit drei Sohnen und einer Tochter lieschenkt hatte. Die Namen der Sohne werden im otters genannten Hrad- schiner Gerichtsbuche bei Gelegenheit von Aukaufen und Vertragen nach und nach angefiihrt als: Niklas, Jobann und Wenzel, der Name derTochter ist unbekannt. Die in den Kolner Schreinbiichern enthaltenen Nachrichten liber den Meister Bartholomaeus (Peters Schwiegervater) und seine Familienverhaltnisse sind zu interessant und aufschlussgebend, als dass wir sie nicht im Auszuge mittheilen sollten. Der Steinmetz Bartholomaeus aus dem Dorfe Hamm bei Diisseldorf und seine Gattin Beatrix erwarben im Jahre 1335 fiir sich erb- und eigenthiimlich ein ganzes Haus in der breiten Strasse zu Koln. Dem Kauf- vertrage hat der Meister sein Handzeichen, eine Maurer- kelle, beigefiigt. Im Jahre 1353 kaufen dieselben Eheleute zwei neben einander gelegene Hauser in der Biirgerstrasse nicht weit vom Rathhause, das eine Michelberch, das andere Steinberch genannt. Auf diesen beiden Hausern ruhte das Erbtheil der Gattin Peter's, wesshalb derselbe nach dem 1370 erfolgten Tode des Bartholomaeus sich personlich in Koln einfand, um die Erbschaftsangelegenheit zu ordnen. Zuerst wird einer alteren Tochter Bele (Sibylla) ihr Kindstheil iiberant- wortet, woriiber sie sofort mit ihrem Manne „Johanne van Gheyne" verfiigt. Darauf wird etwas spater die iibrige auf den Hausern in der Biirgerstrasse ruhende Erbschaft an die noch unbefriedigten Kinder, die Sohne Johann und Hermann und die Tochter Druda, vertheilt. In der Urkunde kommt unter andern vor: 21 — 162 - „Also dat Johannn mit Ivragarde synem wywe. Herman mit Greteu synem wywe. Druda mit meister Peter irin manne, meister des doems zo praa (prag) iins leiwen gnedichin heirrin des Keysers. ihre elielieli syn kintdeil an den zwen busin vnrss mit reiclite belialdin soelen." (Also sind es Joliaun mit Irmgarde seinem Weibe, Hermann mit Margreth seinem We;be nnd Gertriul mit Meister Peter ihrem Manne, dem Dombaumeister zu Prag nnd nnseres liebeu giiadigen Herrn des Kaisers Baobeamten, welcbe ihre ehliehen Kindstheile an den beiden Hiinsern rait Reebt bebalten sollen.) Im weitern Verlanfe der Verbandlnngen iibertragt Peter die Erbscbaftsangelegenheit seiner Fran ;ni ,, Her- man syme swagere nnd Greten synen wywe", indem es beisst: „der uns bekannte Meister Peter." Aus diesen Worten erhellt, dass nuser Meister in Koln eine altbe- kannte PersLiuliehkeit war, vielleicbt ein Schnler des Magisters Michael, welcber nm 1350— 1360 den Dom- ban leitete. Druda scheint in jener Zeit, als die Erbsebaft ibres Vaters vertheilt wurde, bereits verstorben gewesen zn sein, da sie niclit personlich erschien nnd Peter obne ihre Beistinunnng die Angelegenheit an seinen Scbwager libertrug. Damals, vielleicdit sebon etwas friiber, dlirfte der Meister sioh znm zweitenmal verbciratet baben, wobei seine Wabl anf Agnes von Bur, adeliger Herknnft, fiel. Aus dieser Ehe ging, soviel bekannt, ein einziger Sobn Namens Paul bervor, welcher gleicb seinen Briidern Johannnnd Wenzel das Steinmetzfach erwablte, wabrend Niklas sich dem Priesterstand widmete. Die beran- wachsenden Kinder aus zweiEhen maehten verscbiedene Auseinaiidersetzungen notbwendig, audi ist wabrschein- lich, dass die zweite Frau eigenes Vermogen gebabt babe, weilPeterim Jabre 1383ibrund dem mit ibr erzeug- ten Sohne Paul die beiden Hiiuser, welcbe er besass, gerichtlich abtrat und filr sich und seine Sohne aiis erster Ehe ein anderes Haus erkaufte. Bereits um diese Zeit wirkte Niklas, der alteste Sobn, als Altarist an der Teynkirche und warPeter's Tochter mit eineni Steiumetz Micbael aus Koln verheiratet, welcher vermuthlicb am Prager Dome mitgearbeitet bat. Zwischen 1380 bis 1388 verging kein Jahr, ohne dass von Seite des Dombau- meisters ein Familienvertrag gemacbt oder ein Kauf abgeschlossen worden ware; auchbefanden sich damals Michael, der Bruder Peter's, und nocb ein aus Gmlind stammender Verwandter Namens Heinrich in Prag, alle l)eschaftigt bei den uugeheuren Bauten, welche unser Meister ubernouimen hatte. Der Bruder Michael scheint mehrere Jahre in Prag gewobnt zu haben, da er ein Haus auf dem Platze Pobofelec besass, welches er 1383 bei seiner Abreise an Peter und dessen Schwiegersobn wegen eines darauf Instenden Capitals gerichtlich ab- trat. Walu'scheinlich bildete die Siimme, welche Peter seinem Bruder zum Ankaufe des Hauses vorgestreckt liatte, das Heiratsgiit der Tochter, aus welchem Grunde auch der Schwiegersobn vor Gericht mit erschien. Der oben gen.nnnte Heinrich war vermuthlicb ein Sohn Michael's des Gmiindners, also ein Neflt'e Peter's, welcher 1387 in Ijriinn wirkte und dessen Handzeichen in der dortigen St. Jakobskircbe mehrmals aiigebracbt ist. Dieser Heinrich war Familiaris des Markgrafen Jodok von Miihren. Johann, der zweite Sohn Peter's, verraablte sicb nm 1380 mit der Wittwe eines reichen Gewerken aus Kuttenl)erg, Namens Helene, welche einer angesebenen, sowohl in Prag wie in Kuttenberg begliterten Familie entstammte. Nikolaus, Johann und Wenzel, die drei Sohne Parlers aus erster Ehe, erkauften im Jahr 1383 ein grosses Haus auf dem Hradschin, welches dem Ritter Slivna geborte und auf derselben Stelle lag, wo sich jetzt das furstlicb Sch warzenberg'scbe Palais befindet. Bald darauf erwarben Johann und Wenzel abermals zwei Hauser, welche an das ibres Vaters angranzlen, und woriiber der Vei kaufs-Contract in das Hradschiner Stadtbucb eingetragen wurde. Johann, allem Anschein nach der begabteste und thatigste der Siihne Parler's, wird im Jahre 1398 als Dombaumeister an Stelle seines Vaters angeftihrt, nachdem der letztere nocb zwei Jahre vorher als activer Leiter des Dombaues in einer Urkunde erscheint. Wie es geschab , dass Peter bald nach seiner Anknnft in Prag den Beinamen Parler erhielt, lasst sich nicht entziftern; bereits 1360 war diese Bezeichnung Ublich, und bald darauf erscheint der Meister auch unter dem slavisirten Namen „Pesek dictus Parlerz". Auch seine Sohne, der Schwiegersobn und sein Bruder Michael, mit einem Worte alle Angehorigen der Gmiind- ner Kltnstlerfamilie wurden ,.die Parler'' genannt, welcber Name sogar auf die Enkel Uberging. Die beiden Sohne Wenzel mid Paul kommen nach 1390 in Prag nicht mebr vor, sie mogeu gleicb vielen audereu Kiiust- lern ausgewandert sein, als die Unriiben mebr und mebr iiberhand nahnien. Johann aber verblieb in seiner Vaterstadt, wurde nach dem Rlicktritt seines Vaters zum Dombaumeister bestellt, Avelclies Amt er von circa 1398 bis 1408 oder 1410 bekleidete. Er lebte in glauzen- den Verhaltnissen, besass ein grosses Haus in der Alt- stadt, itbte gemeinschaftlicb mit seiner Frau ein Priisen- tationsrecht an der Teynkirche und erfreute sicb einer zahlreichen Familie. Das Todesjahr des Meister Peter ist nicht bekannt, im Jahr 1401 kommt sein Name noch vor, er diirfte mitliin ein Siebenziger geworden sein und im Prager Dome seine Rubestatte gefunden haben; vielleicbt an jenem Pfeiler, welcher sein Bildniss tragt. Unter seinen zahlreichen Scbulern stehen die Sohne obenan, diesen schlossen sicb der Neffe Heinrich, die gelegenheitlicb der Teynkirche erwabnten Meister Schmelzer und Schauffler, ferner Petf ik, Pem und andere an, wie denu in Bohmen zwischen 1344 bis circa 1418 keine andere Scbule bestand, als die an der Dombaubiitte zu Prag. Ob jener Meister Wenczla der Pohm, welcher um 1410 am Regeusburger Dome thatig war und die Feste Ernfels in Stand setzte, dessen Namen der verdienst- volle Gescbicbthforscber Schuegraf in den dortigen Dombaurecbnungen aufgefunden hat, » ein Solm oder Schnler nnseres Peter sei, ob er iiberbaapt der Gmiindner Familie angehore oder den im Fialenblicblein des Matliaeus Roritzer angeiUbrten Jnngkberrn von Prag beigezablt werdeu ditrfe, bat sich bisber nicht ermitteln lassen. Zeit und Umstande berechtigen allerdings zu der Annabme, dass der Regeusburger AVeuczla und der aus Prag fortgewanderte Wenzel Parler identisch seien, ' Siehe: Schuegraf, Naclilrngf; zur Gischichto des Domes von Itegens- burg, S. 180 fif. — Ferner; Sigliart, Gescliichte der ISildenden Kiinste in Bayern, II. Abth. S. -MO. Meister Wenczla bautc am unteni Thill dps nordli':hen Dom- tliurmes iu Kegensburg und wolbie dcji Donikreuzgang ei)i. — 163 — aiicli findet sioli, nnd zwar nnr an dev m den Dombau- rechnungen bezeichneten, dem Meister Wenzla znge- schriebenen Partie mehrmals das Gmlindner Stemnietz- zeicben vor; doeh ist bisber ein anderer Nachweis iiber dessen Thatigkeit nicbt endeckt worden, als die kurze von Scbuegraf niitgetbeilte Angabe, dass ev zwiscben 1411 bis 1410 am nordlichen Domtburnie gebaut babe. Sigbart's Vermutliung, dass die ini Regensbuvger Dome vorhandenen alten Pergamentrisse von den Jungkberrn berrulu-en, liat sicb als eine irrige gezeigt und die Frage iiber die Herkunft dieser oft besprocbenen „angeb- licb en" Kiinstler ist nocb Immer nicbt gelost. Matbaeus Roritzer gedenkt dei- fragicdien Jungkberrn niit den Worten, dass er den Inbalt seines Bucbes nicbt allein anssicli selbstgenoinmenhabe, sondern dass alles scbon „vor aucb durcb die alten der Kunste Wissende nnd nenilicben di Jungklierren von Prag erclaret ist". Diese Worte sind die einzige positive Nacbricbt, welche wir iiber die Existenz der Jungkberrn besitzen, und an diese Worte bat man sicb bei alien bierauf beziiglicben For- scbnngen za balten. Roritzer sagt aber niclit, dass die Jungkberrn ausiibende Kiinstler waren, sondern er neiint sie der Kunste Wissende, Kunstverstandige. Es war eine Hiicbtig ausgesprocbene Vermutbung Boisseree's, dass er in den Namen Wenzel und Jobann, welcbe er in den Miinsterbaurecbnungen zu Strassburg vorfand, die Jungkberrn erkennen woUte, weil der Name Wenzel an Bobmen erinnert. Auf diese Vermutbung, welche Boisseree nur als solcbe ausspracb, bat ein gewisser J. Seeberg ein Luftscbloss aufgcbaut und in mebreren Scbriften zu beweisen gesucbt, dass die von Roritzer erwabnten Kunstverstandigen dem Egerland- scbenAdelsgescblecbte der Juncker entstammten, obgieich sicb aus deren reicbbaltigem Archive eriiibt, dass sicb nie ein Famibenglied der Baukunst gewidmet babe. In Eger lebte iiberbaupt urn den Anf'ang des XV. Jabr- hunderts gar kein Steinmetz, weder ein adeliger nocb ein biirgerlicher, wie durcb den fleissigen Nikolaus V. Urbanstadt, der die Biirgerscbai'tsverzeicbnisse genau durchsuchte, nacbgewiesen worden ist. Neuere Unter- sucbungen lassen es als beinalie unzweifelliaft er- scheinen, dass die Jungkberrn keine Steinmetze waren, da weder ein ausgefiihrtcs Baudenkmal nocb ein Stein - metzzeichen anf sie hindeutet; einige aus der Sandrart- scben 8ammlung berriibrende dilettantenbafte Zeich- nungen, welcbe von spaterer Habd als Arbeiten der Juncker iiberscbrieben worden sind, stellen Figuren dar undscheinen eher einem mittelmiissigen Maler oder Bildbauer als Arcbitekten anzugehoren. Dass die Jungk- berrn den Strassburger Tburm vollendct baben, wird durcb kein beglaubigtes Zeugniss bestatigt. Wer sicb iiber die Roritzer'sclie Scbrift und die Jungkberrn naber unterricbten will, dem sei das ausgezeicbnete Bucb : Die drei Dombaumeister Roritzer, von Carl Woldemar Neumann, auf's warmste empfolilen, ein Werk, in welcbem aucb die Steinmetzzeicbcn mit grosser Umsicbt besprocben werden. i tibergebend auf die von der Gmlindner Familie gefiibrlen Steinmetzzeicbcn baben wir einige Bemerkun- gen iiber deren Entstebung und Bedeutung vorauszu- senden. Der Ursprung dieser Zeicbcn reicbt mindestens 1 Die drei Dombaumeister Roritzer und ihr Wohrihaus, vou C. W. Neu- mann, k. k. Haupimann etc. Mit einer Vorrede von Hugo Graf v. Wal_derdor£f, )i. k. Kiimmerer, Voi-stand des liistorisclien Vereins von Regeusburg. 1S72. bis in die romiscbe Kaiserzeit zuriick, da bereits an den unter Traian und Hadrian ausgefiibrten Bauten der- gleicben Merknialc vorkommen. Der angestrebte Zweck war offenbar der eines Monograrames : die Verfertiger tracbteten, ihre Werke vor anderweitigen abnhclien Erzeugnissen auszuzeicbnen und gleicbzeitig ibr Wirken otfentlicb zu documentiren. Alter nocb sind die Eigen- tbumsmarken, welche bei alien nomadisirenden Volkern iibUch waren, urn die in gemeinscbaftlicben Herdeu weidenden Hausthiere zu unterscbeiden. Etwas spater, als die Menscben teste Wobnsitze einnahmen, entstauden die Haus-, Hof- und Flurmarken, Zeichen, welcbe an Baumen, Felsenstiicken, eingeschlagenen Pfiiiden u. dgl. aniA-ebracbt wurden, um ein gewisses Besitzrecht ausza- driicken. Durcb den sicb ausbreitenden Handel endlich kameu aucb die Fabrikszeicheu in Gebrauch, zunaclist um die Ecbtheit dieser oder jener Waare zu beweisen. Solcbe Zeichen kommeu schon an den griecbisciien und etruskischen Fictilien und Metallarbeiten, wie an den rijmischen Ziegeln in Form von eingepressten Stem- peln vor. Es waren mitbin versehiedene Zwecke, Avelclie dem Gebraucbe der Marken zu Grunde lagen und die aucb, vielleicbt m unwillkiirlicher Weise, bei Einfuhrung der mittelalterlieben Steinmetzze'clien festgebalten wurden. Bei Untersucbung dieser Zei'. ben ist zu beacbten, dass die Handwerksgebrauche in den verschiedenen Gegen- denDeutscblands mitunter griindbcb verscbieden waren, folgiicb allgemein giiltige Regeln nicbt aufgestellt werden konnen. Ibrem Wesen nach sind die in Siiddeutscbland mit Inbegriff von Osterreich, Bohmen und Miibren vorfindli- cben Steinmetzzeichen vierfaclier Art, namlicb: a) Einfache Steinmetzzeichen alterer Art, ohne beson- dere Auszeicbnung am laufenden Mauerwerk oder an vortretenden Theilen vertieft eingemeisselt. b) Meisterzeiclien, erst urn die Mitte des XIV. Jahr- bunderts auttauchend, gewohnlicb auf Scbilden oder kunstreich gegliederten Stellen angebracht. Diese sind als eigentliche Monogramme anzuseben. c) Controllmarken, welche nur bier oder dort iiblicb waren, um die von jedem Arbeiter gefertigten Stiicke zu bezeichnen. Solcbe Controllmarken kommeu z. B. am Haupttburme zu Klingeuberg und am Chor der Schottenkircbe zu Regensburg vor, wo fast alle Steine Zeichen an sicb tragen. d) Constructionszeicben, marques d'appareilleurs, meist an den Gewolbesteinen angebracht, um die ricbtige Aufstellung zu sicbern. Die iiltesten schon im XII. Jabrbundert vor- kommenden Zeichen baben meist Buchstabenform, dem romiscben Alpbabet entnommen, erst im vorgeriickten XIII. Jabrbundert werden einfache geometrische Figuren, im XIV. Jabrbundert aucb Messinstrumeute, Winkel u. dgl. iiblicb. Nunmehr erhalten die Zeichen ihre voile Ausbildung nnd es geht das vom Vate:' gevvahlte Zeichen auf Sohn und Enkel iiber, indem jeder Nacbfolgende eine kleine Anderung vorninimt, gewidmlich einen Strich, ein Kreuz oder eine Rundung beifiigt. Hassler, Mauch, Panlus and Pf aft' waren es vor alien, welche die conse- quente Fortbildung der Ensinger'scben und Boblinger- schen Zeichen entdeckten und feststellten, aucb die Gmlindner Meister und ihre in Schwaben befindlichen 21* 164 — Werke in deu Bereieli ibrer griindlichen Untersuclmngen einbezogen. 1. Nach Mancb ware das Zeicbeii des Stammvaters Heiuricb der Bucbstabe b, H, T-J^ , imd iiaeh den Mittbeibmgen von Paulas audi an dem um 1354 erbauten Tburme zu Rottwcil mebrraals vor- komiut. 2. Meister Peter fiibrte das Zeicheu 1^ ^ welcbes in erbabener Arbeit am Prager Dome viei mal und ver- tieft ebenfalls am Dome, an der Moldaubriicke, an deu Kircbeu zu Kolin und Kuttenberg wiederbolt getrofifen wird und wabrscbeinlicb nocb an mehreren Bauwerken vorbauden sein dlirfte. 3. An der Briicke und den Brliekentburmen, an der St. Barbarakirebe in Kuttenberg und am Prager Do me kommt dasselbe Zeieben mit einer Verlangerung des vorderen Stricbes in nebenstehender Form vor, wob1 dem Michael Parler, Peter's Bruder, geboreiid. J~J 4. An denselben Kircben, wie aucb an der Prager Briicke findet sicb das Zeichen rait einem oberen Zusatze und mittlerer Kreuzung, wabrscbeinlicb dem Joliann, zweiten Sobue Peter's geborend. 5. Das nebenstehende Zeieben kommt in Prag, Kuttenberg und aucb am Regenburger Dome (an diesen sechsmal) vor; . Vielleicht das Zeichen des Wenzel Parler. 6. Am Nordeingang der St. Jakobskircbe zu Briinn finden sicb die Zeichen und , wobl dem Heinrich von Gmiind, mutbmasslichen Sohne des Michael angehorend. 7. Ferner kommt am Haupteiugang derselben Jakobskircbe das Zeichen ^ wieder vor, ein Beweis, welcber in Gmiind ^^^^ Johanu audi liier thatig war. 8 Im Innern der Jakol)8kirche finden wir noch tolgende Marken, welche sicb augenscbeinlicb auf die Gmiindner Familie beziehen und die auch am Prager Dome getroffen werden. . K ^ 9. An einem Fenster des Scblosses Pernstein in Mahren ist nebenstehendes Monogramm eingemeisselt welches, nach dem Charakter der Architektur zu urthei- len, dem Schlusse des XIV. Jabrbunderts angehort. Die in Mahren vorkommenden Zeichen verdanke ich der besonderen Gefalligkeit des Herrn Moriz Trapp, Gustos des Museums in Briinn, eiues unermiidliohen Forschers, welcber schou voi- mehr als zwauzig Jabren die herrlieben Baudenkmale von Tisnovic und Trebic besprochen hat. Unzalilige der am Prager Dome angebracbten aiarken gingen im Laufe der gegenwartigen Restauration zu Grunde, well die sammtlichen Aussenseiten iiber- arbeitet werden mussten ; doch reichen die noch vorhan- denen bin, um die Zusammengehorigkeit der von Meister Peter ausgefiihrtenBauwerke und das Mitwirken mebrerer seiner Verwandten sicberzustellen. Fine aus- fiibrlichereBesprechung dieses Themas wiirde deu bier gegebenen Raum weit iibersteigen und wolleu wir einer besonderen, der Familie Arler oder Parler ge- widmeten Monographic vorbebalten. Ve r z e i c h n i s s der wichtigsten Quellenschriften und Werke, welche bei Ausarbeitung des III. Bandes beniitzt wurden. Neben den schon genannten Chroniken des Peter von Zittau, Abtes zu Konigsaal iind der Donilierren Franciscns und Weitnnihl wurden zu Rathe gezogen: Die Archive: der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde in Prag, des Altstadter Ratlihauses ebendaselbst, des Stiftes Hohenfurt, der Stiidte Nimburg, Briix, Budweis, Leitmeritz, Saaz und zahh'eiche in den Plarreien vorhandene Me- morabilienbiieher; die in den .Sannnlungen des hochwiirdigen Dom- capitels in Prag betindlichen Dombaurechnungen und die Errichtiingsblicher. Ferner die Werke und Abhandlungen : Dr. J. Schotter, Johann von Luxemburg, Konig von Bohmen. Dr. L. Sehlesinger, Geschichte Bi3hmens. Dr. F. Pahieky, Geschichte von Bohmen. W. W. Tomek, Geschichte der Stadt Prag. W. W. Tomek, Der Aufbau der Prager S. Veits- kirche. Prager Dombankalender, 1862. J. Schaller, Topographic der Hauptstadt Prag. J. Schaller, Topograpliie des Konigreiches Bohmen. G. Sommer, Topographic von Bohmen. F. M. Pelzel, Kaiser Karl der Vierte, Konig von Bohmen. F. M. Pelzel, Lebensgeschichte des romischen und bohmischen Konigs Wenceslaus. G. J. Dlabacz , AUgemeines Kiinstlerlexikon fiir Bohmen. J. J. Solar, Dejepis Hradce Kralove nad Labem. P. J. Korinek, Stare Pamati Kutno-Horske. K. V. Zap, Pamatky archfeologicke a Mistopisna. J. E. Wocel, Grundziige der bohmischen Alter- thumskuude. Ferd. Mikowec, Alterthiimer und Merkwurdigkeiten Bohmens. Dr. H. Luchs, Schlesische Flirstenbilder. F. H. Heber, Bohmens Burgen, Vesten und Berg- schlosser. Dr. A. Ambros, Der Dom zu Prag. B. Grueber, die Kathedrale des heiligen Veit in Prag. F. Kugler, Kleinere Schriften. F. Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte. Fiorillo, Geschichte der zeichnenden Kitnste in Deutschland. Dr. W. Liibke, Geschichte der Baukunst. H. Otte, Geschichte der deutschen Baukunst. Dr. C. Schnaase, Geschichte der bildeuden Kllnste im Mittelalter. Dr. E. Forster, Geschichte der deutschen Kunst. Dr. G. Heider und R. Eitelberger, Mittelalterliche Kunstdenkmale des osterreichischen Kaiserstaates. 8. Boisseree, Geschichte und Beschreibung des Domes von Koln. V. Murr, Journal zur Kunstgeschichte, Nllrnberg 1776. Riegger, Materialien zur alten und neuen Statistik von Bohmen. Hierzu kommen zahlreiche Abhandlungen uber die bohmische Schule:von Gritneisen , Hotho, Passavant, V. Quast, Springer, Waagen, Wocel und Anderen, welche theils in den Mittheilungen der k. k. Centralcommis- sion fiir Baudenkmale, fiir Kunst- und historischeDenk- male, theils im deutschen Kunstblatte, in der von v. Quast und Otte herausgegebenen „Zeitschriftfiir christ liche Archaologie, und im Organ fiir christliche Kunst", verotfentlicht worden sind. Die Anzahl der Beschreibun- gen von einzelnen Denkmalen, Stadten und Klostern ist zu gross, um auch nur dem Namen nach angefiihrt werden zu konnen. — 166 — Inhalt des drilten Bandes. Vorwort. Geschichtlicli e Einleitiinu- Seite 1 Die Regiemngsperiode des Konigs Johann von Luxemburg. Architektur. Die Heiliff-Geistkirche iu Konig-gratz . - Seite 9 Die Jacobs-Kirclie in Kuttenberg. 11 .Stiftskivche in Raudnitz 14 Dominicaiierkifche in Prag 16 Erzclechauteikirche in Pilsen 16 Das Slavenkloster Sazawa 18 Kleinere Kirchenbaiiten, Krenzgiinge 19 Profanbauten 19 Schloss Blatna 20 Schloss unci Stadtmauern in Nimbnrg 21 Briicke zu Kaudnitz 22 Briicke zu Pisek " 22 Sculptur. Sehlussstein der Maria - tlniiraelfabi'tbkirclie in Kutten- berg 23 u. 159 Relief in der Pfarrkirche zu Nimburg 23 Sclmitzerei in der Teynkirche 23 iVIalerei. Das Passionale der Prinzessin Kunigunde 25 Die Lobkowitz'sclie Bilderbibel 27 Scriptuni super Apocalypsini 28 Wandgeniiilde iu Neuhaus 28 Die Zunft der Schildcrer 30 Die Kunstthatigkeit des Kaisers Karl IV. Der Dombau zu Prag. Architektur. Die Banfiihrung des Meisters Mathias von Arras 33 Chorcapellen 35 Pfeilersystem, Fensterbildungen 36 Die Banfulirung des Meisters Peter von Gnuind 36 Die Wenzels-Capelle 41 Pfeilersystem, Fensterbildungen 43 Sacristei 44 Triforinm 45 VoUendung des Chores 45 Fortbau unter Konig Wenzel IV 45 Brande und Zerstorungen 46 Sculptur. Die Bildnisse im Triforium nnd ilire Aufstellung 45 Bildniss des Konigs Johann 45 Bildniss des Kaisers Karl 46 Bildniss der Kaiserin Anna von Schweidnitz 51 Bildniss des Donibaumeisters Mathias 53 Bildniss des Donibaumeisters Peter 53 Grabmal des Konigs Ottokar II. 57 Kniiufe und Fratzenbilder 59 Malerei. Waadgemiilde in der Wenzels-Capelle 61 Das Mosaikbild an der Portike 61 Das Schloss Karlsteiii. Situation der Burg 62 Zugang und Vovburg 65 Der Bruuneuthurm 66 Die kaiserliche AYolinnng 67 Die Marienkirche und Knth;irinen-Capelle : 69 Der Haupttbuiin niic der Kreuzcapelle 70 Die Wandgemiilde in der Marienkirche 71 Die iibrigen durch Kaiser Karl ausgefiihrten Kirchenbauten. (In chronologischer Roilienfolge.) Das Slavenklostei Eniaus Die Carmelitenkloster zu Prag und Tachau Die Wenzelskirche in der Neustadt Prag iJie Pfarrkirche St. Stephan ebendasellist Die Pfarrkirche zu Nimburg Die Plarrkirche zu Prachatitz iJie Kirchen zu Krumau Die Kirche zu Wittingau Spitalkirclicn zu Neuhaus und Solieslau Pfarrkirche in Paizau liartholDUiaiiskirche in Koliii Die TeynkirclK^ in Prag. Der iilteste Theil dei- St. Barbara-Kirche in Kuttonbcrj Die Hcilig-Kreuzkirche in Gmund Die St. Ap )llinMris-Kirch('ri zu Sailska und Prag . . 72 73 74 75 76 78 79 80 81 82 82 84 8.S 91 i.3 Das Sluper-Kirchlein in Prag 94 Die Karlshofcr Kirche 95 Pr ofanba, uten : Schloss Karlsberg ^" Ro.= enberg Rathhiiuser ^'^ Stadttluirm iu Kaaden 99 Literatenhaus in Prachatitz 100 Moldaubriickc in Pr;ig 101 Sculptur. Die Luknshruderschaft 103 Peter von Gmiind als Bildhauer 106 — 167 — Seite Die Erzgiesser Clussenberg- imd das Standbilcl des hei- ligen Georg ^*^'„ Belief an diT Carmelitenkirclie in Prag- i^' Veronicabild in Nimburg • ■ Christi Einzug, Relief von der ehemaligen Johannes- Kirclie in Prag Die schone Maria, Standbild in Pilsen ji'J Holzschuitzerei in Reichenau m IWalerei. Tomaso da Mutina un-l seine in Boiimen befindlichen Werke ||f Andere italienische Kiinstler ^ Die Wandgemalde im Kreuzgang des Klosters Emaus lib Die Tafelbilder in Hohenfurt jl-' Der konigiiche Maler Kuncz l^-l Nikolaus Wurmser und seine Werke 1-^ Die Regiemngsperiode Architektur, Beschaffenheit der Aufgaben ^39 Das Kirchlein in Libisch j^'' Die Veitskirclie in Miililhausen am Neckar 1*Schitf, welche Bauten im n. nnd III. Bande dieses Werkes ansfUhrlich gescbildert worden sind. Zuerst fallt auf, dass die Wolbnngen des Mittel- schiffes sich nicht einmal bis zum vollen Halbkreise er- heben, sondern nach fiachen elliptischen Linien gebildet sind. Bei niiherer Betrachtnng ergibt sich^ dass die dem Fig. 18. (Kiittenljerg.) Chorban zn Grnnd gelegtc Horizontal-Linie im Schiffe anfgegeben nnd liier nicht allein die Kampfer-Linie der Wolbnngen, sondern anch die Sohlbiinke der Fcnster am 3 bis C Fuss tiefer herabgesetzt wiirden als im Ciiore, wobei dennoch die Gewolbe oberhalb der Fenster miildenformig ausgebancht werden mnssten, auf dass die Fensterbogen mit ihren Masswerken nicht verdeckt werden. Wenn dieses Herabriicken der Hanptlinie in Hinsicht auf die einzuhaltende Sparsamkeit entschuldigt werden kann, lasst sich nicht die mindeste Entschuldigung 3 * — 20 — linden inr die Willkiirliclikeit, dass Beiie.s in seinein Oberbaii die bestehenden Arcaden-Pfeiler g-jinzlich ignorirt uiid oben eiiie neue mit be.sondeveiii 8ocl^el aiisg-estattete Pfeilerstelluug angeordnet hat. Hiedurcli wnrde das Oberhaus des Schiffes zu einer vollkonimeu unabhangigeii Halle nmgewandelt, eine der eigen- artigsten Constructionen, welche an nnd fiir sich einen gewaltigen Eindruck hervornift, aber mit dem itbrig-en Gebaude nicht hannonirt. Die Gewolberippen liberspinnen in Kreislinien den ganzen Eanm des Scbitfes, vereiuigen sicb im Mittel- schiffe zu sechseckigen, in den Seitenschifiten aber zn viereckigen Sternen, ohne dass geradlinige Gurten da- zwischen gefiigt waren. Genau dieselben Gewolbe hat Bones auch im Vladislav' schen Saale zu Prag und in der Kirche zu Briix angebraeht, so dass liber die Ur- heberschaft kein Zweifel bestehen kann. Die Bravonr des Wolbens ist in dieser Halle so weit getrieben, dass die an der Rliekseite der Pfeiler entspringenden Rippen dieselben in einer Spirale umziehen , um sick vorn zu kreuzen und erst dann zum Sterne zu verfleehten. Auch in den Baufiihrungen des Launer Meisters triflt't man allerlei Anklange, welche an die englische Gothik ermnern: so gebraucht er gern Masswerke aus geraden, sich kreuzenden Stiiben, Segmentbogen und breite iiber- krattige Gesimse. Doch behandelt er die Details mit viel Fig. 19. (Kiittenljerg.) griJsserer Freiheit, aber auch Aveniger Eleganz, als Raysek. Eben so sind die Pyramiden der .Strebepfeiler wie auch die Strebebogen entlang des Schififes einfacher und kraftiger gehalten als die am Ban Raysek's, liaben aber auch weniger von den Unbilden der Zeit gelitten. Biiistungsgelander fehlen am Schiffe durchaus, weder die unteren noch oberen Galeriensindaufgestelltworden; dafiir ist als gewiss anzunehmen, dass das untere, die Chor-Rundung an der Aussenseite umziehende Gelandcr (eine sehr rohe und formlose Arbeit) der allerletzten Bauzeit angehort, wenn es nicht um 1734 durch den erwahnten Steinnietz Baumgartncr aufgestcllt worden sein sollte. Die Arbeiten des Benesch und der Ictzten Werk- nieister werden durch folgende Abbildungeii erklart: Obercr Grundriss, das Scliiff. s. Fig. 1. flm Texte K 10 ill) HI. Band.) Wcstlichcr Durchscliuitt, die oberc Halfte. Fig. U. (Im Textc 8. 17.) Joch aus dem .Scliiffc, oljcre Halite. F\p;. 15. (Ini Textc S. 18.) ^ >Strel)cpleiIer und J5(»gcn, Aulriss und (.Irundriss. Fig. K;, ((, h. ([rii Textc S. 18.) Pfeiler in der Halle, Grund- und Autriss. Fii-' \1 a h (Im Texte 8. 19.) - b- , , • Wandpfeiler im Seitenschiffe mit dem Auslaut'en der Rippen und Masswerk eines Feusters, Grund- und Aufriss. Fig. 18. (Im Texte 8. 19.) Masswerk eines zweiten Fensters. Fi^. 19 (Im Texte 8. 20.) ' ^ Querschnitt einer Gewolbrippe. Fig. 20. (Im Texte 8. 20.) Giebelblume. Fig. 21. (Im Texte 8. 21.) In ihren 8chicksalen und baulichen Verlialtnissen zeigen die beiden grossten Baudenkmale Bohmens, der DomzuPrag und die 8t. Barbara-Kirche, eine autiallende Fig. 20. (Kuttenberg). Aehulichkeit: beide Gebaude wurden nach sehr gross- artigen und cinheitlichen Planen angelegt und erfuhren kaum aus dem Grunde emporsteigend bedeutende nicht giinstige Umanderungen. Hier wie dort hat der ersle Meister den Chor bis zum Arcaden-8chlusse aufgefuhrt, wnrde dann von einem zweiten abgelost, welcher den Ban in anderm Geiste fortsetzte und demselben das vor- herrsehende Geprage verlieh. In Prag verschwiudet der ITnterbau des Mathias gegenliber den Leistungen seines Nachfolgers Peter: in Kuttenberg hingegen werden die Arbeiten der Gmilndner Meister durch Ravsek in den Schatten gesetzt. Zu den zahlreichen Paral'lelen gehorl noch, dass beide Denkmale uuvollendet und im Wesent- Fig. 21. (Kuttuiibcrg.) lichen Chor-Anlagen geblieben sind, dass Portale weder hier noch dort bestehen und die urspriinglichen Tburni- stellungen nicht ernuttelt werden kounen. Auch die wiederholten Stock ungen des Baues, das Versiegen der Mittel und fortwahrende Scliwanken zwischen den extremsten Antbrderungen und der zaghaftesten Spar- samkeit machen sich in den beiden Kirchen gleich sehr bemcrkbar: flossen die Beitrage reicldich, war kein IMan schon und gross genug, sah es in der Kasse diirftig aus, wurden die Anspriiche unverhjiltnissmiissig iierabgestimmt. Die Barbara-Kirchc liegt auf einer felsigen, gegen den Kuttenbcrger-I^ach stcil abfallenden Holie und ist so situirt, dass der Chorschluss, also die schonste Partie, am meistcn in's Auge tallt. Diese vortheilhatte Lage im K.t.Hof. -u, Staat siruclcer ei, — 21 — Verein mit den seltsam aul'strebeiiden Furuien und einer sehr angenehnieii Farbnng- des axis Quaderii crriohteten Gebandes gewalirt von der Ostseite her ein wunder- voiles Bild, welches alle die angedeuteten Verstosse und Gegensatze verschwinden Ifisst. Wenn die Bezeich- uung „marchenhaft" neben deni Mailander Dome irgend einem gothisehen Banwerke znerkannt werden darf, ist es die Kirche der heiligen Barbara in Knttenberg. Unsere Neu-Gothiker, welche stets die kolnisehe Schablonc ini Kopfe und die Augen nach Art der heiligen Justitia unter der Binde tragen, werden zwar entsetzlich viel anszusetzen wissen und vielleicht behanpten, dass der Ban gar nieht gothisch sei, wie sich thatsaclilich sclion mehrere geaussert haben. Wer aber an eineni klaren, Abende oder im Mondenschein die Kirche iimwandelt und in den Wald von schlanken Pyraniiden und luftigen .Streben hinauf blickt, wird unwiilkiirlich ausrufen: „Wenn auch nicht regelrecht, aber unerhort sehon! Unvergleichlich" ! Von monuraentalen Werken der Bildnerei besitzt die Kirche noch einige der ersten Bau-Periode ange- horende Statnen, dann verschiedene von Meister Raysek herriihrende Arbeiten, darunter das schon erwiihnte eigene Standbild, wie derMeister zwischen deni Gesellen nnd Lehrling auf den vollendeten Chorbau niederschaut und den Sprichspruch halt. Ein prachtvoUer von Meister Jakob aus Holz geschnitzter Altar wurde zur Zeit, als die Jesuiten die Kirche inne hatten, abgetragen und verworfen: einige noch vorhandene Ueberreste werden in dem betretfenden Abschnitte erortert werden. Auch die berilhmte 110 Pfund schwereMonstranze ausKntten- berger Silber, welche mit einer besondern Vorrichtung- gehoben werden musste, ist gleiehzeitig mit dem Altare ablianden gekommen. Der Zeit Ra3^sek's gehoren ferner an: zwei an den obern Pfeilern derNordseite angebrachte Statnen, die heilige Barbara und eincn Wappenhalter darstellend, nebstvielen sculptirten Kniiufen und Wasser- speiern. Von hochster Bedeutung sind zwei grosse aus Lindenholz geschnitzte Chor-Stiihle , dermal an der westlichen Abschlnsswand aufgestellt. Sie diirfen den vorziiglichsten Leistungen beigezahlt werden, welche auf diesem Gebiete je geschaffen wurden und scheinen eher dem Anfange als der Schluss-Periode desXV. Jahr- hunderts zu entstammen. Die allgemeine Anordnung wie die Zeichnung der Masswerke, Baldachine und Stirn- wande verrathen die Hand eines Architekten der iiltern Schule, die tigiirliche Ausstattung deutet eher die zweite Halt'te des Jahrhunderts an. Aehnliciie Gestiihle komnien auch in der St. Jakobs-Kirche zu Kuttenberg vor, dort jedocli ohne Figuren: an dieser Stelle soil nur auf das Vorhaudensein dieser Werke aufmerksam gemacht werden. Ueber die ehemals in dieser Kirche vorhandenen Wand- und Tafelgemalde sind wir am wenigsten unter- richtet. Das Innere ist oft iibertiincht worden und mit Ausnahme einiger in den Gewolbeschildern angebrachten Wappen sind keine Wandmalereien zu erblieken. S]niren von Geuialden sind zwar unter der Tiinche an mchreren Orten zum Vorschein gekommen, doch scheint ein fort- laufender Cyclus nicht ausgefiihrt worden zu sein, audi zeigten die aufgefundenen Reste geringen Kunstwcrth. Die wenigen nennenswerthen Tafelbilder, darunter drei einem Fliigel- Altar angeliorende dermal abgesoudertauf- gehangte Gemalde erinnern an die Diirer'sche Scliule, zuniichst an Altdorfer, und lassen den bohmischen Ur- sprung sehr bezweifeln. An alteren der besprochcnen Periode angehorenden Malervverken hcrrscht iiberhaupt in Kuttenbei'g grosser Mangel: in Privathiinden betindet sich, wie glaubwiirdige und ortskundige Personen ver- sichern, iiicht ein einziges alteres Gerualde von ktinstleri- scher Bedeutung undj aus den Kirclien scheinen durch die Jesuiten alle mittelalterlichen Bildwerke fortgeschafft worden zu sein. Wir werden im fernern Verlaufe auf die St. Barbara-Kirche noch tifter zuriickkomrnen. Fig. 22. (Kuttenberg-.) Die MariH-Himiiielfiilirtkirclie in Kuttenberg. Diese alteste der bestehenden Kirchen Kutten- berg's ist bereits im dritten Theile sowohl des Chores wie der darin befindlichen Sculpturen wegen erwahnt worden. In den Kampfen zwischen Kaiser Sigismund undZizka wurde dasSchitf mit dem anstehendenTliurme niedergebraniit, wahrend der aus drei Gcwolbeab- theilungen bestehende Chor sich unbeschadigt erhielt. In diesem traurigen Zustande verblieb die Kirche bis zum Jahre 1480, als der reiche Herr Vaclav Krasa z VIkanova den Entschluss fasste, Schiff und Thurm von Grund aus neu durch Benes von Laun aufbauen zu lassen. Ueber diesen Bau geben verschiedene Inschriften und Ur- kunden genaue Aufschllisse: so findet sich am Thurme oberhalb des Portales folgende Inschrift: A. D. Millesimo CCCCXC finita est hec turris ad laudem Dei et B. V. Mariae. — 22 - Der Name Kri'iwa z Vlkanova ist wicdcrliolt am Thurme wie im Innern an den Waiulen des 8cliitt'es an- gebraclit, aucli melirere Jahrzahlen, welche liber die Fovtsohritte des Banes nnd seine 1512 gescheliene VoU- endiing Knnde gebcn. Im Volksmiuide wurde die Kirche ehemals Maria vom Kebricht (na Nameti) gcnainit, weil der erste Ban von den zusammeiigekehrtcn Abfallen des in dortiger Niibe befindliclien Silbermarktes bestritten worden sein soli.' Sie dient gegenwiirtig als Friedbofskirche nnd steht isolirt, scheint aber in friiberer Zeit von Hausern unigeben gewesen zu sein. Der Grnudriss des Scbiffes wird dnrcb ein gleicb- seitiges Quadrat von 60 Fuss licliter Weite gebildet, an welchen Ranni gegen Osten der scbon besclu-iebene Chor, gegen Westen ein niassiger Tburm anscbliessen. Ob bei dem Tburme alte Fundamente beniitzt wnrden, Uisst sich nicbt niit Bestimnitheit angeben; das Scbiff cines Wiirfels ein, doch ist das geiibteste Auge nicbt im Stande, diese fasst Ubergrosse Regelmassigkeit zu entdecken. DieWolbungen zeigen Netzform mit iibergreifenden abgekappten Rippen, das Mittelschitf ist init einem gedriickten Spitzbogen (Tudorbogen) iiberspannt, in den Seitengangen gewabrt man steile Lanzetbogen mit aufwarts steigenden Obren, wie aus dem beigefiigten Querschnitte und einer Partie des Langenscbnittes zu erseben. Die feingefiiblten Linien jedocb und die voU- endete Harmonie, welche dieses ScliilF zu einem Meister- werke seltenster Art stempeln, lassen sich durcb keine Zeichnung wiedergeben. Dabei besteht der ganze Schmuck des Innenbaues neben der richtigen Raumver- tbeilung eigentlich nur in der Pfeilergliederung. Die Pfeiler, von welchen der Grund- und Anfriss beigefligt ist, halten im Korper nur eine Starke von Fuss ein, sind tief profilirt und steigen in wundervviirdiger Zier- Fig. 23. (Kuttenberg.) aber ist in dieser Periodo von Grund aus ncu und nacli vcrandcrtcm Plane aufgebaut worden, wie sich aus der iStellung von melireren westlichen Strebept'eilern ergibt, welche gar nicbt mit den Joelien correspondiren und otfenbar einem altern Ban entstammen. Das Scbiff, urn welches es sich zuniichst handelt, ist (lurch sechs Plciler, drei auf jedcr Seite, eingetheilt, wobei das Mittelschiff von einer Pfeilerachse zur gegen- iiberstehenden 32 Fuss misst. Durcb dieses eingehaltenc Mass wcrden zwar die Seitenschiffe etwas vercngt (was jedocb bei einer llallenkirchc nicbt bemcrkt wird), wo- gcgcn der Mittclgaug wescntlicb gcwinnt. Die llohc des Ilauptscbiffes gleiclit der lichten Wcite mit GO Fuss, die Seitenschiffe sind nur urn 27^ Fuss niedrigcr: es liiilt mitliiii (Icr inncre lichte Raum nahczu die Form ' III (li-ii (ioiil- iiiid Silbciarljeilerwcrksliitteii gcschielit es regolrnKssi;;, (lass der Kcluirlil. v.m Woclie zu Woclie ausgelaujjt wird, uin die lanzeit nnd die dnrch den Bisdiof Pliili])}) von Sidon ini Jalii e 1504 vollzogene Einweibnng. Fig-. 25. (Kuttenbei-g.) Der Grundriss zeigt die griisste Regelmassigkeit: ein Rechteok von 44 Fuss Liinge und 38 Fuss Weite im Lichten wird durch vier Saulen in neun gleiche beinabe quadratisehe Folder zerlegt, so dass die sich ergebendeu drei Schitfe gleiche Breite haben. Gegen Fig. 26. (Kiittenberg.) Osten scbliesst ein aus zwei Gewolbeabthcilungen bestehender, aus drei Seiten des Sechsecks constrnirter Chor an, eine Form, welche in der Spiit-Gothik sehr beliebt geworden ist. An der Abendseite seht ein quadratischer Thurm, dessen untere Halle als Sacristei client, wabrend man dermalcn in den Obertheil nur niittels einer holzernen Stiege gelangen kann. Die — 24 — nngewCihnlieli sclilanken Saiileu (eigentlieli Riiiulpfeiler) bestelien bei 27 Fuss Holie unci Fuss Durchuiesser je nur aus einem einzigen Werkstiicke und gelien ohne Vermittlung voii Capitiilen in die Gcwijlberippeu iibev, wie aus dein Querscluiitte zu entiielinieu ist. Neben dem siUllicben Eiugauge benierkt man den reich decorirten, iin Geschmacke Raysek's ausgefuhrten Grabstein des Herrn Johannes de Yrchovist, welclierbier als „exstructor bnjus ecclesiae honoris sauctissime Trinitatis" genannt \vird. Die Jahrzahl (1501 oder 1502) lasst sich wegen zufalliger Beschiidigung nicht genau erkennen, der Wappenschild, davauf ein springendes Einhorn, wird von zwei geharnisehten Kriegern getragen und zeichnet sich durch so zierliche Arabesken aus, dass eine Ab- bihlung bei Besprechung der Sculpturwerke eingereiht werden soli. Merkwiirdiger noch ist das im Chore aufgestellte Sacranients-Hauschen, von welcheni sich ebenfalls eine Abbildung an genannter Stelle tindet. Erwahnung ver- dieut auch, dass der urspriingliche Dachstulil, ein Fig. 27. (Kutteiiberg.) stehender nieist aus Stangengeholze oonstruirter Stuhl noch imnier besteht. Mit Ausnahnie der abhanden gekonimenen zwei schiefen Strebepfeiler an der Ostseite des Schilfes ist die ganze aus Brucbsteinen aufgefiihrte Kirche wohl erhalten, wahrscheinlich die kleinste aller existirenden Halleukirchen. Der Name des Baumeisters ist nicht bekannt; wenn wir die Zeit, den eingehaltenen Styl und die sonstigen Umstande erwagen, diirfte jener Meister Hanns aus Kuttenberg, dessen beim Ban der St. Barbara-Kirche riihmend gedacht worden ist, dieses Gebiiude in der Hauptsache vollendet haben. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Grundriss der Dreieinigkeitskirche. Fig. 27. (Im Texte S. 24.) Querschnitt. Fig. 28. (Im Texte S. 24.) Die St. Laureiitiuskii clie in (ilaiig. Del' Ort (Jaiig (Itiihmiscli Kankj I'epriiscniiite in j'liihcrcr /eit eine besondcre f'reio Bergsfadt und war mit eigenen stadtischen Gerechtsamen ausgestattet, obwohl er in Wahrheit als eine Vorstadt von Kuttenberg angesehen werden darf und heute eher einem Dorfe als einer Stadt gleicht. Die an einem Bergabhang liegende, dem heiligen Laurentius geweihte Kirche ist eine eigentliche Landkirche, wie man deren viele antrifft, aber mit einem sehr schonen Chor, mehreren eigen- thiimlichen Masswerken und wichtigen Sculpturen aus- gestattet. Das rechteckige Langhaus besteht aus einem un- getheilten Saale von 60 Fuss Lange und 44 Fuss Breite lichten Masses, ist mit einer glatten Holzdecke hber- spanut, welclie durch keine Pfeiler unterstiitzt wird. Der Chor hiilt eine andere Mittellinie ein als das SchitF, eben so ist auch der Tburm nach einer besonderen Linie orientirt, woraus sich ergibt; dass das Gebaude Fig-. 28. (Kuttenberg-.) viele Umiinderungen erfahren habe. Auch die alter- thiimliche, siidwarts an das Presbyterium augebaute Sacristei, oberhalb welcher sich eine Schatzkammer betindet, zeigt Spuren von Briinden und sehweren Beschadigungen. Das umlaufende Dacbgesims besteht aus Holz und wird von Triigern aus Eichenholz unter- stiitzt. Das eiufache durch den Thurm fiihrende Portal und die bstlichen Fenster des Rchitfes zeigen sorg- faltige Steinmetzarbeiten, welclie jedoch nicht mit Kaysek's Manier iibcreinstinnnen, obgleich ihm dieser Kirclienbau der Sage nach zugeschrieben wird. Documentirte Arbeiten des Eaysek sind eineKanzel und ein Sacraments-lliiiischen, bcide ini Chor aufgestellt iind mit des Meistcrs Namen bezeichnct. Abbildnngen dieser Werke linden sich in dem betreft'enden Absclinitte. — 25 — Der Clior selbst, wenigstens die darinbetiudliclieuFenster verratheu eine bewahrte Meisteibaud und mogen von Raysek berriibreii. 1 1 1 n s t r a t i 0 11 : Gi-midriss der St. Laurentiuskircbe. Fig. 2U. (Im Texte 8. 25.) Die Capelle in der alteii Burg zu Kiitteiiberg. Die rsogcnaiuitc Alte Biu-g, uiu den Beginu des secbzchntcn" Jabrlumderts im Besitze des Patricier- gesclilecbtcs Sniissck von Vrcbovi.st, gebort mit deni Zwei woblerbaltene Erkerbanten nebuien ziierst unser Interessc in Ansprncb: der eine gebort der ebc- maligen Scbloss-Capelle, der andere diente als Scbau- feuster imPracbtsaale oder Frauengemacbe. Die Capelle ist recbteekig, 21 Fuss laiig, 18 Fuss breit und mit einem Kreuzgewolbe Uberdeckt; sie liegt im ersten Stockwerke, woselbst der aus dera Aclitecke gezogene Chor als fiinfseitiger Erker vortritt. Sowobl an den Aussenseiteu des Erkers wie an den Scblusssteinen der Gewolbe kommen das bobmiscbc Wnppen, derNamens- zug Vladislav's, wie aucb das Wappen der Vrcbovist, cin Einborn, mebrfacb vor. Sonst ist die sebr zierlicb ausgefiibrte Capelle einfacb gebalten, Laub-Ornameiitc nud iigurlicbe Ausstattungen kommen nicbt vor, welcbe Fig. 29. (Kuttciiberg.) / Walscben-Hofe zu den altesten Bauvverken der 8tadt. Die gihistige Lage auf einer gegeii das Tiial vor- springcndeii Anliobe und gewaltige Hubstructionen macben es walirscbcinlicb, dass an dieser Stellc die erste Burg zuin Scliutze der Ansiedler crricbtet worden sei. ZaliUose Reparaturen, Aenderungen und Zusatze verwiscbten die Grundgcstalt des vor etwa zw^anzi^- Jabren zu einem Sclnilbause adaptirten Gebaudcs, aucb warden durcb die im bocbsten Grade unzweckmiissig ausgcfiilirten Nenerungen viele merkwlirdigc Bautbeilc uiid namentlicb Scnlpturcn vernicbtet. Konig Vladislav II. soil um 1485 die Burg ncu eingericbtet und langere Zeit bewobnt baben. Trotz aller Modernisirungen er- scbeint die Masse des Gebaudes nocb iminer alter- tbiimlicb: gotbiscbe Tbliren, Feuster und Erker geben Kunde von der ebemaligen Herrlicbkeit und dem ver- feinerten Gesclimacke des Erbauers. Fig. 30. (ICuttcnbuvg.) dagegen in desto rdichereni Masse an dem Erker des Saales auftreten. Aucb dieser Ausbau bat acbteckige Grundform und rubt auf einer gewundenen, aus Stiiben zusammeiigcfiig- ten Halbsilule, welcbe vom Niveau des Fussbcdens senkrecbt zur Hube von 16 Fuss ansteigt und sicb dann zu einem pracbtvoUen Ornamentenkranze ausladet, welcber den Uebergang in das Acbteck vermittelt. Die Laubwerke und die ganze Ausladung erinnern an Raysek's Manier, die Capelle aber bewegt sicb in scblichteren Formen und darf dieseni Meister nicbt zugescbrieben werden. Illustrationen: Ausladung des Capellen-Erkers im Profil. Fig. 30. (Im Textc S. 25.) Ausladung des Saal-Erkers. Fig. 31. (ImTexteS.26.) 4 - 26 — Oratorieii uiul Eniporkiichen. In dieser Periode der Naclibllithe wurde es iiblioli, altere, langst bestehende Kiiclien niit grossartig-en Eni- porlialleii, Oratorien und Sanger- Galerien ausziistatten, wenn nicht, wie es in der 8. Barbara-Kirche gescbab, die samnitlicben Nebenscbitfe in .Stockweike abgetbeilt warden. Obwohl in Bobmen die Eniporen scbon im XII. Jabrbunderte allgeniein iiljlicb waren nnd kaum eine romaniscbe Kivche getroffen wird, deren Scbiflf" Fig. 31. (Kuttenberg-.) niclit niit ciner solcben ausgestattet ist, geniigten diese sclten geraumigen Einricbtungen den gesteigerten An- fordernngen nicbt mebr, wessbalb bei Neubanten immer aiif ergiebige Oberballen angetragen nnd alte Kircben Icdiglicb zn diescni Zwecke nmgebaut wnrden. Die ])ciden bintcrstcn Joche der Kirche wurden der Breitc nacb ganz uberbriickt, in den Seitenscbiffen aber griffon die Oberballen niri ein oder zwei Joclie gcgen die Altar- .seitc bin vor. Die Bi'ilstnngs-rielHiidei' waron der Gegen- stand bcsonderer Ansslattung, wnrden regehniis.sig niit verscblungenen M;isswerkcn, oft aiich irnt Statuen ausgestattet: glatte Brnstlebnen dilrfen stets als An- zeicben vorgefallener Zerstornngen betracbtet werden. Zwei in der St. Jakobs-Kircbe zu Kuttenberg iiber den Altaren der Seitenscbiffe errielitete Oratorien sind beveits im III. Bande, S. 12, angefiibrt worden, aucb wurde der reicb decorirten Empore gedaebt, welcbe sicb in der Decbanteikirche zu Caslau liefindet nnd die gleiebzeitig mit deni Netzgewolbe des Mittelscbiffes aus- gefiibrt, eine Arbeit des Benes von Laun zu sein scbeint. Details von dieser Empore finden sicli im zweiten Bande, S. 46. Ungleicb reicher und dnrcbgebil- deter ist die zwisclien 1480 und 1490 von Matbias Eajsek in der HeiHgengeist-Kirche zu Koniggratz erbaute Emporkircbe, an welcber besonders scbon sculptirte Tragsteine vorkommen, von denen einer ini ID. Band, S. 11, den lUnstrationen beigetugt wurde. In Koniggratz wird das Wirken Eajsek's und sein langerer Aufentbalt daselbst durcb seinen Namen docunientirt, welchen er am dortigen Sacraraents-Hauscben eingemeisselt bat. Jabrzablen von 1485 bis 1499 konunen an mebreren Orten vor nnd der damals von Kajsek geleitete Restaurations Ban wird urkundlicb genannt, well im Jabre 1484 am 19. Juni ein grosser Theil von Konig- gratz abbrannte, wobei die HeiHgengeist-Kircbe grossen Scbaden litt. Die doppelte Empore und der innere Kestaurations- bau der Decbautei-Kircbe zu Hobenmauth scbliessen sicb der Gruppe von Baudenkmalen an, bei welchen die Tbatigkeit und Einwirkung des Meisters Benes von Laun zwar nicbt urkuudlieli sicbergestellt, aber auf arcbiiologiscbem Wege nacbgewiesen werden kann. Die feingezeiclmcten Pfeiler und AVandpfeiler zn Holien- mautb verratben die Hand des Benes, welcbem aucb der graziose aus dem Secbseek construirte, mit Bilder- blenden versehene Cborbau der Ptarrkirche Unter- Oujezd bei Leitomyschl zugescbrieben werden darf. Die iibrigen im Osten des Landes vorkommenden spat-gotbiscben Kircbenbauten scbliessen sicb keiucr bestimmten Ricbtung an, wurden von verscbiedenen, zum Tbeile untergeordneten Meistern ausgeflibrt und bewegen sicb im allgemeinen so ziemlicb in scblicbten, fast armlicben Formen. Die lurclienbauteii in Clii udiiu. In dieser Letztzeit der Gotbik nimmt die ebemalige Kreisstadt Cbrndim eine bervorragende Stelle ein als Sitz einer ausgebreiteteu Maler-, Illuminatoren-, Holz- scbnitzer- nnd Zinngicsserscbnle. Aucb war bier eine Reibe tliciitiger Steinmetzen tbatig, deren Wirkungs- kreis nocb nicbt genilgend aufgebelit ist. Die Decanal-Kircbe Maria Himmelfabrt, zwar eine dem XIV. Jabrbunderte entstammende Anlage, wurde gleicb den meisten Kircben des Ostens in der Vladi- slav'scben Periode griindlicli iiberbaut nnd erbielt eine neno Emjiorballc, Diese Restaurationcn zcicbnen sicb vor den glcicbzeitigen Pjaufiilirungen dadurcb scbr vortbeil- baft aus, dass der ursprlinglicbe einfacbe Charakter bei- bcbaltcn worden ist. Die Kirclie macbt bei einer lichten Liingc von 180 Fuss nnd einer Breite von CO Fuss eincn dnrcliaus nobcln Eindruck, obgleich das Mittelscbiff nur 24 Fuss weit iyt. Zwei an der Wcstseite angebracbte Tbiii'me werden ini Inncrn durcb niiicbtige Pfeiler iinter- — 27 — stiitzt; von den Tlinrnipfeilern abgeselien wird das Langliaiis durcli secLs quadratisclie Pfeiler, -drei auf jeder Seite, eingetlieilt. Der Chor ist aus fiinf Seiten des Achteckes geschlossen, GO Fuss tief und bestelit mit Inbegriif des Schlusses ans drei Abtheilungen. AUe Gewolbe sind kreuzforniig in scblicbtestei- Form, wess- lialb man versucht ist, dem Ban ein viel holieres Alter zuzuschreiben ; allein die eingebaltenen Masse, die Stab- werke und soustigen Gesimse deuten in bestimmtester Weise den Seliluss des XV. Jalirbunderts an. Die Marien-Kirehe besitzt eine grosse Anzahl von Schnitze- reien nnd Gemalden der Chrudimer Scbule, darunter mehrere Altarscbreine, deren Mittelbilder gescbuitzt, die Fliigel aber gemalt sind, wie sie bautig in Sud- deutscbland getroffen werden. In neuester Zeit durcb den Baumeister 8chmoranz aus Cbrudim in lobenswerthester Weise restaurirt, macht die Kirche gegenwartig den Eindruck eines gllicklicb durcbgefiibrten gotbiscben Nenbaues. Ueber die Bildwerke findet sicb in den folgenden Abscbnitten das nab ere. Aucb die St. Katbarinen-Kircbe, erstim vorgeruckteu XVI. Jabrbundert begonnen und angeblicb nacb 1700 voUendet, zeigt nocb die in Cbrudim vorwaltende Ein- faebbeit, obwobl die Detailformen grosstentbeils ein barbarisirtes Geprage eiubalten. Einen Tburm besitzt diese kleine dreiscbiffige Kirche (eigentlicb Capelle) nicht, sie ist mit Zurechnung des aus dem Achteck ge- zogenen Cbores 70 Fuss lang, 35 Fuss (ini Licbt) breit und werden die Scliiffe durcb drei acbteckige Pfeiler, auf jeder 8eite, eingetheilt. Das westlicbe Jocb und die ►Seitenscbiflfe werden von Eniporen umzogen, an deren Brustlebnen die Bildnisse der zwolf Apostel als Knie- stiicke in bocberbabner Arbeit angebracbt sind. Es ist unmoglicb, wunderlicbere Gestalten als diese Apostel zu sein. Ob jener Steinmetz Nicolaus von Edlspitz, welcber den Ratlibaustburm in Znaini erbaut bat und dessen Handzeicben, zwei iibereinandergelegte Ziuimersmanns- winkel, im Pardubicer Scblosse vorkonunt, an dieser Kircbe tbatig war, ist nicbt zu ermitteln. Das soge- nannte Griine Tbor bat allerdings eine auflallende Aebnlicbkeit mit dem Znaimer Ratbbausthurme, die Kir- cben in und bei Pardubic aber stinunen in ibrer durcb- gebendcu Scblicbtheit zuniicbst mit den Cbrudimer Bauten uberein und bilden mit denselben eine eng verwandte Gruppe. DieSt.Bartbolomiius- dermal Decanal-Kircbe wurde durcb den miicbtigen Hcrrn Wilbebn von Pernstein iim 14«)0 gegriindet und von Grund aus neu aufgebaut. erblicken : sie gleieben auffallend jenen altmodigen Kartenfignren, die man nocb hie und da auf dem Lande siebt und an denen die Bauern mit besonderer Zabig- keit festbalten. So regclmiissig die Griindform des Kircbleins, Welches gleich der Decanal-Kircbe mit ein- facben Kreuzgewiilben iiberdeckt ist, so befremdend und fast lacherlieb darf der Anblick des Innern genannt werden, was theils den besagten Apostelbildern, theils den baroken Gliederungen zuzuschreiben ist. Dagegcn besitzt die Katbarinen-Kirche mehrere scboiie Tafel- bilder aus dem XV. und XVI. Jabrbundert. Bedeutender nocb sind die zablreicbenFliigeUiilder, welebe in der eine Viertclstunde ausserbalb der Stadt auf dem Friedhofe gelcgenen Heil. Kreuz-Kircbe auf- bewahrt werden. Die Kirche selbst ist im landlicben Style ausgefiibrt, eiuscbiffig mit Hacber Holzdecke, drei- seitigem Cbor, sonst ohne alle Decorationcn. Das scluinste und interessanteste aller Cbrudimer Maler- und Schnitzwerke, ein Fliigelaltar, ist kiirzlicb aus der Katbarinen-Kirche in die neuerbaute Spital- Capelle iibertragen worden und bildet dort den Hocb- altar. Die St. Bartholomiius-Kirelie in Pardubic. Mit der Stadt Cbrudim stebt Pardubic seit alter Zeit in engster Verbiudnng, da beide Stiidte nur eine Wegstunde von einauder entfernt sind. Es diirften daber bier wie dort dieselben Meister tbatig gewesen Fig. 32. (Pardubic.) ' Nacb einem spiiteren Brande durcb Jobann von Pernstein wieder hergestellt, erfolgte die gilnzlicbe Vollendung in gegenwilrtiger Gestalt erst 1539. Dieser letzten Bau- zeit mogen aber nur die Galerien angeb(3ren, die Masse des Bauwerkes schreibt sicb aus dem Anfange des Jahrhuuderts und lasst erkenneu, dass ein umfassen- derer Kirclienbau nicht beabsichtigt worden ist. Die Gesannntlange betragt im Lichten 84 Fuss, von denen auf den Cbor 36, auf das Langhaus 48 Fuss entfallen ; die Gesammtbreite hillt 39 Fuss, das Mittelschiff 18 Fuss ein, indem anf jeder Seite zwei oblonge, mit Pilastern versehene Pfeiler die Schiffe eintheilen. Die Kirche besitzt keineit Thurm, sondern nur einen sogenannten Dacln-eiter mit deniSanctus-Glocklein, 4* - 28 — eine kleiiie Sacristei ist an der Wcsfseite angebaut, der Clior aiif g'ewohuliche "\Ycise dreiseitig abge^cldosseu. Alle Gewolbe sind einf;icli kvciizformig mid mit kriiftig-en Scblusssteinen versebeii; luitcr den Galerien (angcn- scheinlicli spateren Einschaltnngen) zielien sicb Seg- nient-Eogen und flaehe Wo]l)ungen liin. Ein grosser hdlzerner Glockenthurin stelit neben der Kirohe, deren bescdieidene i\rasse verkiinden, dass sie nicbt ols stad- tiscliePfarrkircbe errichtet wnrde, was ancb ^Yirklich der Fall ist. Der Ban geliorte urspriinglicli denKreiizberren, AvnrdelolG den iMinoriten eingeraunit iind erst 1532 zur S t a d t p t a r rk i r c li e e r h 0 b e n . In der iMitte des Schift'es sieht man eine pracbtvcdie aus weissem Marnior ansgefiihrte T', Fuss lange, 31/2 Fuss breite Tnmba mit der dar.nul angehracbten Gestalt des Herrn Adalbert von Fernslein, welcber liier seine Ruhcstatte fand. Eine Pjesebreilmng dieses Denk- males ist dem Absclmitte iiber Seulptiir beigefiigt. Illustration: Grundriss, g IIH^;;?;"' jpig. 32. (Im Texte S. 27.) Liingendurchsebnitt. Fig. 33. (Ini Texte S. 28.) Das allgemeine Kunstverstiindniss, welches seit den Togen der siiehsisclien Kaiser nut dem Volke aut'- gewacbsen und Genieingut geworden war, der natiir- liche von den Baubiitten aus iiber alle Theile des Landcs verbreitete Forniensinn lintte sicb im Laufo der Ke ligionskriege verloren und tVenidartige Foi-men Eingang gefunden. Eiiie Uebereinstimniung aller Theile, des Grnndrisses zu den F;icaden und wieder zu den Aus- stattungen war in abgelegenen Districten um so selnvcrer zu gewinnen, als es nn geschiokten Hnndwerkern fehlte und die Hauptmeister zu vielfacb in Anspruob genom- men waren, um alle ibnen iibertragenen Arbeiten ])ev- siinlich leiten zu kiinnen. Wiibrend im frliheren Mittelalter die Dorfl<.irelie wie der Dom, das Bauernliaus. die Burg, das stiidtisobe Patrieierhaus und der 'J'bnrtburm je naoh besonderen Erl'ordernissen ihre kiinstlerisehc Diirclibildung crhielten, war es nacb den Ecligionskriegen eigentlicli nur der Palastbau, welcber mit Yorliebe gefordert wurde. Die schon im II. Theile bescbriebene jMaria-Himmel- falirtkirclie in D e u t s c h b r 0 d bestelit aus den verscbie- dcna;tigsten Bruchsliicken : im letzten Viertel des XIII. Jabrhunderts als zweisebififige Halle angelegt, wurde sie, vielleiclit ehe noch der Ban vollendet war, mit einem in Fig. 33. (Pardubic.) Die Kirclieu voii Preloiio, Leitoniysclil, Deutsch- Krod 1111(1 Pilgraiii. Die obigen scbon in den vorbergelienden Biinden angefiilirtcn Kirehen sind sammtlicb alteren Ursprungs und thcilen mit den bescbricbenen insofern das gleiche Schicksal, dass sie in der Vladislav'scben Periode er- neuert und mit Fmporliallen ausgestattct warden. Alle zeigen die gleicb eiufaclie Anordnnng, scbnmcklose Krenzgewiilbe, scbwerlallige ]\[asswerke und Gesimse, gewiiliidicli einige zwisclicn 1490 — 1520 sorgfiiltig aus- geliibrte Fenster, scdiiinc Emporen, aber alle snid spiiter- liin verzo])ft worden und lialten keinen cinbeitliclien Plan mcbi- ein. Diescr Mangel an Uebereinstimnunig ist nur dem Ihnstande zuzuscbreiben, dass in dicsen gesegneten Gaucii, wie in Oberiisterreicli und im siid- licben Pjayern, die Vcrzo])i'ung der gotliiscben Kircbon zu einer I'iii'mlicben i\Ianie wurde, olme dass Jedocli eine sty],:;( rccbte Renaissance eJngel'iihrf worden wiire. die siidwestliche Eckc liineingeschobenen Thurme aus- gcstattet. aber im Jahre 1422 griindlicb zerstort. Um J 480 wieder in Stand gesetzt. folgte ein Ungliicksfall anf den andercn, bis zuletzt der Chor mit einer scbwer- falligen im Gescbmacke des Andrea Pozzo oder Santini ausgefiibrten Kuppel verunstaltet und das Innere total iiberklekst wurde. Frei von Znthaten blieben nur der obere Tbeil desTburmes, an welcbem trett'licb geav- beitete spiit-gotbisebe Masswerke vorkonimen, und die Eingangshalle. Auf der Empore sieht man eine grossc im Vladislav'scben Style aufgebaute Orgel, das einzige be- deutende Werk dieserArt, welchessicb im Lande erhalten bat. Ausserdcm besitzt die Kirche ein aus der Zeit Karl IV. stammendes Gemiilde, ein Marienbildniss, dann eine vorziiglich schoue, inlTolzgcscbnittencMarien-Statuc und cinen bewunderungswiirdigen, im Renaissance-Style um l()(iO— 1<")80 eriMciiteten Altar. Ferner wird in der Sclialzkammer ein grosses, auf Pcrgameut ges(dn iebenes Cantionalc verwabrt, welches Meister Paul von ^[elulk um ir)3<» mit treffiicben Miniaturen ansgestattet hat. ^ 29 — Von den Wohnliiinsern in Deiitsch-Brod zeiclmen sicli viele dnrch cine cigeiitliiinilicli spjit-gothische Forni- gebung- ans, wie in dev Folge gezeigt werden wird. Die Decanal-Kirclien zu Leitomyschl nndPil- gram sind altera, beinahe gleich grosse Anlagen, welclie beide in dicser Periode nene Emporliailen nnd die letzterc eincn grossen, in das .siidliclie Seitenschiff eingefiigtcn Thnrm erhielten. In der Pfarrkirclic zn Pfelouc siebt man einige vorziigbcb aiisgearl)eitete Fenster, in alien aber alte zinnerne Taufl)ecken. Die Verklilniiig-Cliristi-Kirelie in Tailor. Wie scbon dev Name erkennen lasst, ist die Stadt Tabor eine aussohliesslicb biissitiscbe Anlage. Zizkn liatte niit Kennerblif^k diese von der Liiznice nmzogene Landznnge als Waffenplatz ausevsehen nnd befestigt, von wo aus er nacb alien Seiten bin seine kriegeriseben Zilge lenkte. Anf dicser Hobe bestand seit altester Zeit die Bnrg Kotnov, vielleicbt nur cin ZoUtlinrm, welcber im II. Bande, S. Ill, besprocben nnd ilhistrirt worden ist. Anfiinglicb wobnten die bier lagernden Hussiten, deren Anzabl bald anf 40.000 Menscben, bald doppelt so bocb angegebcn wird, nur in Zelten und bolzernen Haiisern, bis Kaiser Sigmiiud, urn die nocb imnier nn- rnbigen Taboriten zn bescbwicbtigen , ibre Feste im Jabre 1436 zn einer kilniglicben Stadt erbob. Der Kircbenl)au begann erst nacb 1500 nnd wurde, wie dnrcb banfig angebracbte Inscbriften dargetban wird, 1515 vollendet. Ueber die erfolgte Einweibnng besitzen wir kein znverlassiges Datum, weil die Kirebe den Utraqnisten geborte und die Einweibungen nur katbo- liseberseits verzeicbnet wurden. * Das Kircbenbaus wird durcb ein gleicbseitiges Quadrot von 78 Fuss Durcbmesser gebildet und stcllf sicb als vollkommen einbeitlicber Hallenbau dar, dessen Netzgewolbe durcb secbs Pfeiler, drei auf jeder Seite, gctragen werden. Dicser Tbeil bat keine Aenderungen erfabren, nur sind die alten Emporcn, welcbe sicb durcb die Nebenscbiffe binzogen, in neuerer Zeit berausge- brocbcn worden , die riickwartige I^mporballe jedocb blieb unberlibrt. Die acbteckigen Pfeiler balten nur eine Starke von 2 Fuss 3 Zoll ein, ruben auf zierlicb geglie- derten Sockeln und lassen in der Langenricbtung des Hauses mittels vortretender Consolen die Hauptgurten entspringcn.. Die Rippcn der Wolbnngen aber cntwickeln sicb obne Verniittlung von Consolen oder Capitiilen aus dem Pl'eilerstamme. Nicbt gauz cinbeitlicb crsclieint der aus drei Seiten des Secbseckes gescblossene Cbor, an dessen Nordseite sicb ein quadratiscber, im senkrccbten Mauerwerk bis zur Hiibe von 185 Fuss aufsteigender Tburm anlebnt. Der Cbor ist im Licbten urn 2 Fuss scbmaler als das Mittelscbiff ; dieses bait eine Weite von 321/2, jener aber ' Im HI. Paiicle fler Mittheilungen der k. k. Central-Commission findct sich eine von Dr. K. "Wo c el verfassfe Besclireibung fler Taborer Decanal-Kirclie, in Avelclier die Verniuthung :iusgesproclien wird, es sei der Bau schon in der ersten Halfee des XV. Jaiiriiunderts bald nach dem Aiisbruche der Revolution niisgefiilirt worden. W o c e 1 stiitzt seine jMeinung zunKchstanf die verschiedenen Gewolbeformen im ScliifFe uud im Chore. Diese Art, mit den Gewolben abzu- Avechseln, wird jrdoi h fast an alien Bauwerken des siidliciien Bohmens getrptTc^n, so in Rosenberg, Gojau, Blatna, Sobieslau und andere Orten, ohne dass ver- scliiedene Bauzeiten nachgewiesen werden konnen. Wir haben uns bei unsern Untersnchnngen in Ermaiighing zuverlassiger .Nachrichten an die vielen im SfhiiV wie im Clior angebracliten Jalirzalilen gelialten, denen zufolge derBau in dem oben angegebenen Zeitraiim begoniion nnd obne wesentlicbe Unterbrechung durchgeliihrt wurde. nnr 30' 2 Fuss ein, Abweicbungcn, welcbe auf localen Ursacbcn lieruben miigen. Sonst umziebt der gleicbe Sockel und das gleicbe Hauptgcsimsc das ganze Gc- biiude an der Aussenseite, wie aur-b die j\rasswerke der Fcnster ringsum eine und diesclbe Hand verratben. Der Anfbau bat keinc Stiunngcn erlilten, nur die oberbalb des Dacligcsimses aufstcigenden Ziergiebel und das zwiebelforniige Tlinrmdacb sind Icicbt crkennbare dem XYII. Jabrliuiidcrt angeborcnde Zutbaten. Ob das aus k!eincn vcrlicften Kapjicn bcstebcnde Netzgcwiilbc des Cborcs einer spateren Rcstauration angcbiire, wie be- bauptct wird, daif bezweifelt werden; WoU ungen dieser Art kommen audi an anderwartigen dnrcliaiis einbeit- licben Bauten in Verbindung mit Rippengewolben vor, wie in der Burg zn Meissen, im Jagdscblosse Griinau bei Ncuburg an der Donau und nocb viclcn Orten, so bautig aber und mit solcber Entscbiedcnbeit sind sie in keinem Bezirke angewandt worden, als im Sliden Biibmcns. Fig. 34. (Tabor.) Das Aeiissere der Taborer Kirebe offenbart jene scbon iifters angedeutete Niicbternbeit, welcbe bautig in Derlibcit iibergebt, daslnnere aberniacbt einen barmoni- scben Eindruck. Dnrcb die Erkliirung dieses in gescbicbtlicbcr wie kiiiistleriscber Hinsicbt interessanten Denkmales baben wir die Eeibe der siidlicben Bauwerke eroffnet. 1 1 1 11 s tr ati 0 n e n : Grundriss der Decanal-Kircbe. Fig. 34. (Im Texte S. 29.) Anfriss derselben. Fig. 35. (Im Texte S. 30.^ Aufriss eines Pfeilers. Fig. 3G, a, b. (Im Texte S. 31.) Masswerk des wcstlicben Hauptfensters. Fig. 37. (Im Texte S. 31.) Masswerk eines Cborfensters. Fig. 38. (\m Texte S. 31.) — 30 — Von alteren Kunstwerken besitzt die Kirche nur ein zinnenies Tanfbecken, aiiyel)licli aiis dcr zerstorten Stadt Ousti unweit Tabor stamineiid, welches sicli jedocli niclit von den haufig vorkonunenden derartigcn Arbeiten unterscheidet. Die St. Peter- und Paiils-Kirche in Sobeslaii. Diese uni den Schluss des XIII. Jahrliiinderts in ibreni Massenbau angelegte, wain-end der Kiirgeilvriege verwiistete nnd 1480 — 1490 duicli die Herni von Rosen- berg griindlicli restaiirirte Kirclie wurde ini II. Tlieile, andere Sterne eingreifen. Zerlegt man das iiberreicb er- sclieinende Netz in seine Grundgestalt, sehen wir, dass die ganze Wolbung ans seclis einfachen Kreuzkappen bcstelit. In Sobeslau sind jene rippenlosen, aiis vieleiiver- tieften Ranten zusammengesetzten Netzgewolbe, welche fiiglicli niit den niauriscben Stahiktitcn-Wolbnngen ver- gliclien werden konnen, der biicbsten Vollendung zuge- tiilu-t worden, deren diese Form fahig ist. Wir werden bei nnserem Riindgange durcb den Sliden dergleicben Biidungcn nocb baufig treffen, docb sind sie an kcinem zvveiten Orte mit so feinem Gesehmacke bebandclt worden. Zugleicdi erbalten wir bier einige Aidialtspnnkte beziigliclj der Altersbestiinnuing dieser Wolbnngsart. Fig. 35. (Tiibor.) S. !)0 ff. ausfiiln-licb bescbrieben, wessbalb bier nur der Restaurations-Bau in liefraelitzu ziehen ist. DicGewiilbe des ftehittes nnd die beidcn sicb gcgeniiberstelienden I'ortidc sind es banptsacliiicli, wclcbc cinigc Eriirternng br'diirf'en. Von den l)ei(b',n PI'eilern, vvelebe das Langliaus in zwei Scbifle zerlegcn, s|)innen sicli Je vicrtbeiligc Sterne aus, zvvisciien vvclclien von den lind'assungswiinden ber Da der Restaiirations-Ban nm 1490 dem Abscldusse zugefiilirt wurde, spatere Einscbaltungen niebt sicbtbar werden, nnd iiJtere GewJiibe dieser Art niebt bekannt sind, scdieint diese Construction damals in Uebung ge- koninien zu sein. Der rccbteckig gescblossene Ciior ist mit eineni gerippten Netzgewiilbe , aus secliseckigen Sterncn besteliend, eingcdcckt. Die diese Kircbe betreffen- den llluslrationen bnden sicb im 11. Bande, S. 91 bis 93. — 31 — Das Miiioriteu-Kloster in Becliiii. Elie wir in den siUllichsten Tlieil des Landes, den Bezirk des Bolinierwaldes, eintreten, bietet sicli uiiseren Blicken nocli ein Denknial dar, welches nieht iiber- Fig. 36, ft, h. (Tabor.) gangen werden darf; das ehemalige Minoriten-Kloster in Becliin niit seiner zweischiftigen Mana-Hiranielfahrts- Kircbe. Das Kloster wnrde durch einige reiclie Blirger Fig. 37. (Tabor.) der in frliberer Zeit selu- bliibenden Stadt Becbin ini Jahre 1281 gegriindet, aber 1428 durch die Hussiten zerstort and big in Riiinen, bis gegen den Schlnss des Jabrbimdcrts Herr Ladislaus Sternberg, damals Besitzer der Herrscbaft Becliin, sich entscbloss, Kirche und Kloster wieder aufzubaucn iind Mcincbe desFranciscaner- Ordens daselbst einzufUbren. Die Einweibnng der Kirche erfolgte 1492, seit welcber Zeit der baulicbe Zustand nicht wesentlicb verandert worden ist. Die Zerstorung scheint eine sebr griindliche ge- wesen zu sein, denn alleni Anscheine nach sind bei dem Neubau nicht liberall die alten Unifassungsmauern ein- gehalten worden, daher unmoglich entscbieden werden kann, ob die dermal zweiscbitfigc Kirche als solche angelegt wurde. Der Umstand , dass die in Becbin bestebende romaniscbe Decanal-Kircbe ein zweischiffiges Langbaus besitzt, * berechtigt allerdings zu der Verniutbung, dass diese Grundform bei dem Bau der Klosterkircbe ein- gebalten worden sci, und zwar umsomehr, als die Fig. 38. (Tabor.) Dimensionen der beiden Bauwerke naliezu die gleicben sind ; aber ein vollgitltiger Beweis kann nicht bei- gebracht Averden. Das Kirchenhaus ist S2 Fuss lang, 50 Fuss im Licblen weit und wird durch drei in die Mittellinie gcstellte Rundpfciler in zwei gleich bieite Scliitle getbeilt. Die llobe der Halle bis in den Gewolbe- scbeitel bctragt nur 30 Fuss, so dass das Innere duster crscbeint, weil nur im rechtseitigen Scbilfe Feiister angebraciit sind. Alle Gewtilbe, auch die des Krenz- ganges und einer daselbst befindlicben Capelle zeigen die ungerippten kleinen Hauteiit'elder, welche wir in den beiden letztbeschriebenen Denkmalen kennen ge- lernt baben. Die P'enster sind schmal, nur jc durch einen einzigeu Stab gegliedert und mit schiin ausgCr fiilirten spat-gothiscben Masswcrken verseben. 1 Die Decanal- Kirche St. Matliias /,u Becliin wurde im I. liande, Seite 38 bcsprochen, als altester in Bolimen noch vorhandener zweiscLifliger Kirchenbau . — 32 - Das Presbyteriuiii mit seinein ans Jem Acliteckc gezogenen Clior-Schliisse steht liicr niclit, wie bci zwei- scliiftig-en Kirclieii iiblieli, in dcr Mitte, sondern bildet eiiie Fortsetzniig des linkcii Seliiffcs, luit welcliem es gleiche Weite einhalt. Bei einer licliten Liinge von 50 Fuss bestebt der Clior aiis vier Gewolbefcldern, welche init eineni sterntorniigen Netze iiberzogen sind. Wie in Sobeslau sind aiicb liier die Clior-Gewoibe init Rijjpen ausgestattet. Die Pfarvkirclien zii Uiitor-Haitl mid liosenberg. Beidc genannte Kircben liaben grosse Aebnlichkeit nnd sind gleichzeitig, wahrscbcinlicb ancdi von derasel- ben Baumeistev ansgefiibrt worden. Die St. Aegydius-Kirehe zu Unter-Haid wurde in ilirer gegenwartigen Gestalt von Grand aus neu aiif- gehant, zuniiehst auf Verwendnng zweiev Flei.sclier (Nicolaus, genannt Hebel, und Wolfgang) and zwischen 1481 bis 1507 vollendet, in welch letzterem Jalire die Einweihnng durcli den Passauer Biscliof Bernard statt- fand. Fine oberlialb des Hoch-Altares im Clior Gcwolbe so too W.F. —I 1 - I I < Fig. 39. (Unter-Haid.j angebrachte Inscbrift mit der Jahrznbl „tlJt88+" be- stiitigt, dass damals die dortigen Wolbiingen gescblos- sen worden seien. Die Kircbe von Untcr-IIaid wird ziun erstenmal im Jabre 1279 in einer Urkunde des Cister- cienser-Stiftes Hohenfurth genannt, und zwar als eine Filiale der Pfarrei Rosenberg, als sie Heinrich I. von Rosenberg dem Htifte schenktc. Diese Sclicnkung wurde 1290 von demPrager Piisciiof Tobias bestatigt. Die Kircbe ist cin kleincr dreiscbitfiger llallenbau, aus welcliem ein geriiumiger dreiseitig geschlossener Clior vortritt; an der Siidseite lebnt sicli eine iiber dcm Hauiit-Portal erricbtetc Vorlialle, an der Westseite ein Trei)[)entbUrnicben an das Langliaus, dessen Wiilljungen zur Recbten und Linken dureh je drei eigentliiimlicli canellirte Rundpfeiler unterstiitzt werden. Die Lange der Halle betriigt im licliten Masse 60 Fuss, die Breite 39 Fuss, indein das Mittelscliiti" von Pfeileraclise zu Achse 14'/^, jedcs der NebciiscbitFe 12V4 Fuss wcit sind. Die Pfeiler (oder vielmelir Saulcn, da sie eine Art von Capital bcsitzen) haben cine Holie von Fuss bci einer Starke von 1 Fuss 10 ZoU , sind mitliin 21 '/^ Durcbmesser liocb und gclien oben dnrcli eineii dcni Sockcl entsprecbenden Vorsprung in sebr diinne Ripiif'ii iiber. Von den Silulen wie den zierlicbeii WjiikI- pteilern sind Abbildungen beigegebeu. Die Wolbungen der Scliiffe sind netzartig im engsten Sinne des Wortes, indem die Rippen eine Un- zabl beinabe gleicli grosser Quadrate und Dreiecke beselirciben, so dass die zu Grund liegenden Stern- formeii nur mit Mtibe erkaniit werden. Es berrsclit iiber- liaui)t in dem ganzen Gebaude eine Zierliclikeit und Leielitigkeit, dass man kaum begreitt, wie alle die diinnen Gliederwerke aus grobkornigem Granit gemeis- selt werden konnten. So gelangt man vom Treppen- tbiiriiichen aus auf einen kleinen Halcon, dessen Brust- gelander nur 2 ZoU stark ist. Der Chor, den oben niitgetlieilten Nachrichten zu Folge, etwa 18 Jabre alter als das Schiff, zeigt eine licbte Weite von 2(j Fuss, bestelit aus drei Gewolbe- abtheilungen, welcbe durcb seclisseitige Sterne iiber- si)annt werden. Alle Feiister sind zweifeldrig, durch diinne Mittelstabe eingetlieilt and mit Masswerken ein- faclister Art bckront. Von Verzopfungen ist die aus Granit-Quadeni erbautc Kircbe vollig frei geblieben. Fig. 40. (Untcr-IIaid.) An iilteren, der Bauzeit entstammenden Kunst- werken baben sicb erlialten eine einfacbe, aus Granit gemeisseltc Kanzel und ein steinernes Tautbecken, ferner zwei mit Laubverscblingungeii und Masswerken ausgestattete Clior-Stlible, welcbe zu der Belianptung Anlass gegel)en baben, dass Unter-Haid eine besonderc Propstei des Hobenfuitcr Stifles gewesen sci. Audi cm scbones, altes Marienbild wird im Cborc auflicwabrt. lUustrationen : .... Gruiulriss der Kircbe in Unter-Haid. Fig. 39. (Im Texte S. 32.) ^ , ^ ^ Aufriss einer S-iule. Fig. 40. (Im Texte S. 32.) Aufriss eines Wandpl'eilers. Fig. 41. (Im Texte S. 33.) Aufriss des Balcons. Fig. 42. (Im Texte S. 3b.) Ueber die Kanzel und das Maricn-liild findct sicb in den betrcffenden Abscbnltteu das niiberc. — 33 — Die St. Nicolaus-Kirche zu Rosenberg. In ihrem Charakter wie in alien Einzelnlieiten mit dem oben besehriebenen Denkmale ilbereinstimmend, zeigt die Pfarrkirclie in Eosenberg die sclion mebrnials beseliriebene klosterliclie Anordnnng , dass Schiff und Cbor gleiclie Liinge einlialten nnd bier wie dort drei Pfeiler auf jedev Seite des Kircbenbaiises steben. Der Cbor bait eine Lange von 50 und eine Breite von 25 Fuss ein, die Masse im Licbten genonimen; die acbt- eckigen Pfeiler sind je 2 Fuss stark, das Mittelscbiff ist von Pfeiler-Acbse zu Acbse 27 Fuss weit, indeni jedes der Nebenscbiife eine Weite von nur 9 Fuss besitzt. Die Hobe des Kircbenbauses betragt 45 Fuss, die Lange Fig. 41, 42. (Untei--Hai(l.) desselben 50 Fuss. Zeigen sicb die Masse der Rosen- berger Kircbe um ein weuiges ergiebiger, als die der Kircbe zu Unter-Haid, ist letztere sorgtaltiger durcb- gebildet. Die rippenlosen, mit vertieftsn Rauten ausgestat- teten Gewolbe, welcbe inUnter-?Iaid nur in der Vorballe auftreten , iiberzieben in Rosenberg alle Riiunie des Kircbengebaiides und bilden ein iiberaus reicbes Netz, v\'elcbes das Auge gefimgen nimmt, aber nicbt in dem Grade befriedigt, als es im Scbitte zu Sobeslau der Fall ist. Die Stiftskii ehe Hohenfurt. Dieses berrlicbe Bauwerk wurde ira II. Bande S. 59 — 66 eingebend bescbrieben und illustrirt, es kann daher an dieser Stelle nur von jenen Theilen die Rede sein, vpelcbe unter der Regierung des Abtes Thomas von Wels(1463— 1493) ausgefiibrt vvorden sind. Es waren baiiptsacblicb die Masswerke der Fenster im Langbause, welcbe durcb unbekannte Ereignisse Schaden gelitteu batten und erneuert wcrden niussten. Das um 1480 neu bergestellte Hauptienster der West- seite mag als Beweis dienen, dass in den Cistcrsienser- Klostern die Reinbeit der gotbiscben Formen am langsten gewabrt wurde. (Fig. 43.) Die Pfarrliircheii zu Kaplic und Gojau. Diese beiden Denkmale vermebren die Auzabl der in dem ebemals Rosenbci'g'scben Gebiete vorkommen- den zweiscbit'tigen Kircben um zwei sehr bemerkens- wertbeExemplare. Sowobl die eine wie die andere Kircbe wird urkundlicb scbon um den Scbluss des XIII. Jahr- bunderts genannt, docb wuirden die bestebenden Ge- biliide wabrend der Regierung des Konigs Vladislav II. vom Grunde aus erneuert. Fig. 43. (Hohenfiu-t.) Die St. Peter- und Pauls-Kircbe in Kaplic, eines an der Strasse von Budweis nacli Liuz liegenden, zur friiberen Herrscbaft Gratzen geborenden Markttleckens, ist an den Aussenseiten zwar durcli Anbauten entstellt und verzopft worden, docb blieb das Innere mit Aus- nabme einiger bolzerner Flickereien von Unbilden frei. Das 48 Fuss lange und 33 Fuss im Licbt weite Kircben- baus wird durcb drei in der Mittellinie aufgestellte Pfeiler in zwei gleicb weite Scliiffe, und der Quere naeb in vier gleicbe Joebe zerlegr, indem fur die Emporen keine besonderen Pfeiler angeordnet sind, wie in zwei- scbiftigen Kircben gewobnlieb vorkommt. Die Iliibe vom Fussboden bis in den Gewblbescbeitel ist gleicb der licbten Weite mit 33 Fuss, dabei erscbeint das sehr enge Haus etwas duster, well es nur von der 8iidseite ber durcb scbmale Fenster sein Licbt erbalt. Die beiden binteren Pfeiler sind acbteckig bei ciner Starke von 2 Fuss, der vordere, dem Altar zugekebrte Pfeiler zeigt eine an romaniscbe Form erinnernde Bil- dung, indem aus einem quadratiscben Korper vier Rund- stabe vortreten, welcbe jedocb nicbt als Dienste wirken, sondern mit einem Capital abscbliessen. Das Original dieser aucb in Gojau vorkonmienden Pfeilerl)ilduiig 5 — 34 - dlirfte wohl in dem Langhanse der Kirclie zai Efferding- bei Liiiz (evbaut 14G0— 1466) zu snclieu sein. Ihreu vorztig-lichsten Sclimnck erhalt die Kirclie durch das Gewolbe, Avelclies in leichtgeschvvnngenen Linien den Raiim iiberspannt und trotz seiner beschei- denen Masse den viel reiclieren Wolbungen zu Sobeslaii und Rosenberg nicht naclisteht. Der aus fiinf Seiteu des Acliteclis gesclilossene Cbor ist mit drei einfacben Kreuzgewolben bedeckt, 40 Fuss lang, 20 Fuss breit und erscbeint fast zu grossartig. gegeniiber dem kleinen Kirchenbause Etwas geriiumiger, aber in ahnlicber Weise ange- ordnet, zeigt sicb die Wallfalirtskircbe St. Maria in Gojau (Kojau) unweit Krumau, am Fusse des Hocb- gebirges liegend. Ort und Kirebe scbenkte Konig Otakar II. im Jabre 1263 dem von ihm gestifteten Cistcr- cienser-Kloster Goldenkron, docb dilrfte die Kirebe damals nur aus Holz bestanden baben und im Jabre 1420 gleicbzeitig mit dem Kb^ster niedergebrannt worden sein. Konig Vbidislav II. nalmi sicli des in Scbntt liegenden Stiftes mit Eifer an und ernannte 1493 die Herren von Rosenberg zu Scbirmberren, um welcbe Zeit die Kirebe von Gojau ibre gegeuwartige Gestalt erbielt. Nacb augebracbten Jabrzablen wiirde sicb der Bau von 1484 bis 1503 bingezogen baben. Der mit einem Kreuz- gewolbe bedeckte Cbor bat dreiseitigen Scbluss und Fig. 44. (Kaplic.) besteht aus einer einzigen Abtbeilung; das Langhaus wird durch zwei in der Mittellinie stebende und zwei besondere der Quere nacb angeordnete Emporpfeiler eingetheilt, wie aus der beigefUgten Skizze des Grund- risses zu ersehen. Die Pfeiler halten entsprecbend der Spannweite eine Starke von 3 Fuss ein und sind durcb Riindstabe gegliedert. Die sternformigen Dessins der Wolbungen greifen bier nicbt ineinander iiber, sondern sind durcb Gurten in recbteckige Kappen eingetbeilt, wobei in den recbts- seitigen Gewolben andere Sterne angebracbt sind als in den linksseitigen. Die Briistung der Empore ist mit scb(3nen Mass- werken von viel reinerer Zeicbnung vcrziert, als man in dieser Periode zu sehen ]jflegt; man erkennt wieder die Tbatigkeit der Cistersienser. Aucb das kleine, mit einer Vorballe iiberdeckte siidlicbe Portal zeichnet sicb durcb leine Formcn aus; zu bedauern ist iiur^ dass ein fur das 'J'ynipanuru beaiitragtes Relief nicbt zur Aufstcllung gclangt ist. Illustration e n : (iriiiidriss dor Kirebe in Ka|)lic. Fig. 44. [\in Texte S. 34.) ' ^ ■ Form des ersten Pfeilers. Fig. 45. (Im Texte S. 34.) Grundriss der Marienkircbe in Gojau. Fig. 46. ( Im Texte S. 35.) Pfeilerbildung. Fig. 47. (Im Texte S. 35.) Ansicht des Portales. Fig. 48. (Im Texte S. 35.) Strebepfeiler. Fig. 49. (Im Texte S. 35). Die Maria Himmelfalirtkirche in Blatiia. Das sebr interessante, verscbiedenen Zeiten ange- borende Schloss Blatna im Piseker Kreise ist scbon mebrmals in diesem Werke als kunstgescliicbtlicb denk- wiirdiger Bau angeflibrt worden; die in der Stadt Bbitna liegende Pfarrkircbe kommt zwar in den Erricbtungs- bucbern im Jabre 1382 vor, scbreibt sicb jedocb grossten- tlieils aus der zweiten Halfte des XVI. und dem Anfang des XVII. Jabrbunderts, als die Herren von Rozdrazova Besitzer der Herrscbaft Blatna waren und das Gebaude volleudeten. Die Marienkircbe gebort mitbin zu den Fig. 45, (Kaplic spatesten Bildnngen der Gothik, welcbe im Lande ge- troffen werden und reibt sicb als zweiscbiffiger Bau an die Gojauer Kirclie an, wenn sie nicbt eine Nacb- biklung derselben sein soUte. Die Fortsebritte des Baues sind im Innern durcb baufige Jabrzablen und die bei- gefiigten Wappen der Rozdrazova constatirt, nacb welcben die Bauarbeiten sicb von circa 1510 bis 1630, langer als ein voiles Jalirbundert binzogen. Der Cbor ist mit einem geri])pten Netzgew()lbe versehen, aus dem Acbteck gescblossen und bestebt aus drei Gewolbe-Abtlieilungen ; die Breite desselben betragt 26, die Lange 54 Fuss. Das Kircbenbaus bait im Licbten eine Liinge von 68 und eine Breite von 42 Fuss ein und wird durch drei runde, mit Capitalen ausgestattete Saulen in zwei Schifife zerlegt. Beson- dere, im westlicben Joche angeordnete, nur iy.^Fuss Starke Siiulen tragen die mit durclibrocbenen (ieliindern umgcbcne Orgel-Empore, wahrend die Wolbungen des — 35 Scbiffes selir steil nacli einev parabolischeu Lime an- steigeii. Die Gewolbe entwickeln sicli als vertiettc ranteiiformige Felcler erst in der Holie von 2 Fuss obcr- halb der Capitiile, gaivL in derselben Weise, wie wir sie in Sobcslau und Rosenberg kennen gelernt baben. Die Sanlen-Capitalc ini Schiffe gleicben fast den toscaniscb- doriscben des Vignola, dabei balten die Siiiilen erne Hohe von 36 Fuss ein, bei einem Durchmesser von 2V Fnss. DereinzigeStyl-Unterscbied, welcber zwiscben deni etwas spaler erbauten Schiffe und dem Cbore benievkt werden kann, ist der, dass in den Gewolben des Chores Rippen bestelien, wahrend im Schiffe und auch unterhalb der Empore nur ungerippte Kappen angebracht sind. Die Fenster mit ihren Massvi^erken,_die Gelander an der Empore und an einem daselbst befind- liclien Balcon wie auch die Profilirungen der Thiircn und Portale stinimen in der ganzen Kirche iiberem und lassen keinen wesentlichen Unterscbied erkennen. Fig. 46. (Gojaii.) Fig. 47. (Gojtui.) 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : das Langenmass um 16 Fuss iibertrifft, indeni die Laiige vora Triumphbogen bis an die Thurmpfeiler nur 46 Fuss cinhalt. Vier achteckige Pfeiler, zwei auf jeder Seite, theilen das Haus ein ; das Mittelschiff hat erne lichte Weite von 25 Fuss, jedes der Seitenscbiffe 15 Fuss, und jeder von den Pfeilern SVj Fuss Durchmesser. Tm Vergleich mit dem alten Presbyterium hat man das neue Grundriss der Kirche in Bhitna. Fig. 50. (Im Texte S. 36.) GewolbedetaiL Fig. 51. (Im Texte S. 36.) Partie des GeLanders an der Empore. Fig. 52. (Im Texte S. 36.) Fig. 48. (Gojan.) Schiff um 37^ Fuss cuger ausgcfiihrt, auch ist der Bau um mehr als 10 Fuss niedriger gehaltcn worden, als er friiher war; off'enbar aus Ersparungsgriinden. Das System der ungcrippten Wolbungen hat auch bier Anwendung gefundcn und das prachtige Netzwerk zeigt im Mittcl- Die St. Jacobs-Kii clie in Pracliatic. Dieses in jeder Beziehung merkwlirdige Bau- denkmal hat im" III. Baude S. 78 eine urafassende Beschreibung gefunden, indem die Anlage der Luxem- burg'schen Periode entstammt. Bei dem grossen Brande vom8. September 1420 bliebeu der Chor ganz, die beiden an derWestseite stebendenThurme theilweise vei sehont, wahrend das Langhaus zusammenstlirzte und um 1480 neu aufgebaut wurde. Das Langhaus, von welchem bier ausschliesslich die Rede ist, zeigt die auftallende Er- scheiiiung, dass die 62 Fuss betragende lichte Weite Fig. 49. (Gojaii.) schiffe achteckige, in den Nebenschiffeu sechseckige Sterne. An den Saulen sind eigenthllmiiche Consolen fiir Figuren angebracht, welche bei trichterartiger Form mit tiefen Canelirungen versehen sind. Bauherren waren die Rosenberge, deren Wappen mit der Jabrzahl 1508 tifters angebracht ist. Im Chore befindet sich ein sorg- faltig ausgearbeitetes, aber zur Haifte zerstortes Sacra- ments-Hauschen mit schonen, im italienischen Geschmaek gehaltenen Sculpturen, welches spaterhin besproehen werden soli. — 36 — Ueber den Meister Haus vou Prachatic, welcbev an denDonien zn Wien nnd Prag- thatig gewesen sein soli, findet sicli in Prachatic selbst keiue Nacbricbt vor. Die Kirclieu in Baraii iind Winterberg iiebst audereu eutlaiig (les Waldgebirges befludlicheu Deukiiialeii. Praebatic liegt im eigentlicben Bobmerwald- Gebirge (bobmiscb Snmava) am sogenannteu Goldenen Steige, dem oralten Handelswege, auf welcbem slidlicbe V/aaren, besouders aber das Salz iiber Passau ber nacb Bobmen verfracbtet warden. Dera Handel, zum Tbeil aucb den ebemals ergiebigen Goldwascbereien batte die Gegend eine grosse Woblbabenbeit zu verdanken, wess- balb in den" Ortscbaften des Hocbgebirges nieist opulentere Kircben getrolfen werden als ini flaclien Lande. Leider sind fast alle im Gebirge liegeuden, grosstentbeils ans Holz erbauten Orte von nnzabligen Brandnngliicd^en betroffen worden, so dass in dem liber zwauzig Meilen langen, gegen bundert Quadratmeilen iimfasseudeu Gebirge mir ausserst weuige Bauwerke ibre ursprtinglicbe Gestalt bewabrt baben. So bestebt die erst vor etwa zwanzig Jabren erneuerte Maria-Heim- suebungs-Kircbe in Winter berg aus friili- and spat- gotbiscben Tbeilen, wurde verzopft nnd wieder gotbisirt, Fig. 50. (Blat.na.) obne dass ein bestimmtes Gepriige vorwaltete. Die An- lage sebreibt sicb aus dem XIV. Jabrbnndert, ein be- deutender Umbau faud um 1500 statt, als die beideu nocb bestebenden Tbiirme und das Langbaus aufgebaut warden. Dieses ist dreiscbiffig nnd wird durcb zwei Pfciler (auf jeder Seite) eingetbeilt. Die beiden Tbiirme baben verscbiedene Gestalt, das ganze Gebaude aber siebt maleriscb und zugieicb fremdartig aus. Diese Fremdartigkeit tritt nocb scbiirfer bervor an der IMaria-Himmclfabrtkircbe in Barau, einem eben- falls dreiscbiffigen mit zwei Tblirmen verselienen Bau- werke, welcbes die Herreu von Strakonic scbon im XIII. Jabrbundert gegiiindet baben. Barau ist der Stanimsitz des eiust sebr miicbtigen Gescbleebtes der Landgralen von Strakonic und llorazdiovic, welcbc wir als Stifter der Jobanniter- Connnendc Str;ikonic kennen gelcrnt balden. Die Kircbe zu Barau bat Ilallen- form und es werden die niodernisirten Gewolbe durcb ungcwoludicli starke Pfeiler, zwei auf jeder Seite, getragen; von den beiden westlicben Tblirmen bestebt nur der rcclitsscitigc, willircnd der linkc bei einem Brand zerstijrt und nicbt wieder aufgebaut wurde. Dafiir ist an die Nordseite des Presbyteriums ein besonderer, ebenfalls quadratiscber Tburm angefiigt worden, welcber mit einem crenelirten Umgang und gemauerten Helm verseben, iiber die Aussenseite dorainirt. Das an- gebracbte Kosenberg'scbe Wappen, welcbes aucb an dem scbonen Portale der Siidseite vorkommt, gibt iiber die Bauzeit zuverlassige Aufscbllisse. Es gelangte niindicb die Herrscbait Netolic, zu welcber der Flecken Barau geborte, um 1480 an die Herren von Rosenberg, welcbe mit bekannter Kunstliebe den Tburm erricbten und das Scbiif erneuern liessen. Der Thurm verdient in sofern besondere Wiirdigung, als dergleicben crenelirte Kircbtblirme nur im Siiden getroflPen werden, im librigen Bobmen aber (mit einer einzigen Ausnabine) feblen. Da die Farailie Rosenberg in Oesterreicb und Steiermark reich begiitert war und dort solcbe Bauwerke baufig vorkommen, liisst sicb das Heriiberleiten derartiger Formen unscbwer erklaren. Der Cbor ist auf gewobn- licbe Weise dreiseitig gescblossen und unveriindert geblieben, ein Denkmal, welcbes sowobl in bauliclier wie gesebicbtlicber Beziebung mit der Winterberger Kircbe iibereinstimmt und eineu vorwaltend maleriscben Cbarakter tragi. Unweit Barau liegt am Saume des Tbales, welcbes sicb neben dem Gebirge vonBudweis westwarts bis Stra- konic biuziebt, die Stadt Wodnian mit der Decbantei- Kircbe Maria Geburt, einem spat-gotbiscben, mebrmals abgebrannten Bauwerke mit zwei Scbiften und einem woblerbaltenen, treftlicb construirtenCbor-Scblusse. Der Fig. 51. (Blatna.) Fig. 52. (Blatna.) Cbor bestebt aus vier Gewolbefeldern, ist 62 Fuss lang und 26 Fuss weit, welcbe Weite sicb aucb in dem recbtsseitigen (slidlieben) Scbiffe fortsetzt. Diese beiden Partien balteu die gleicbe Mittellinie ein, so dass das niirdlicbe 18 Fuss breite Nebenscbiff' als spaterer Anbau erscbeiot, obwobl gerade bier die iiltesten und kunst- reicbsten Tbeile vorkommen. Drei recbteckige Pfeiler trennen die Scbiffe, in deren westlicbem Jocbe eine Em- pore eingebaut ist. Der Aussenbau verspricht so wenig, dass selten ein Reisenderin die 1421 durcb Zizka, dann 1620 durcb Herzog Maximilian von Bayern and 1722 durcb eine ungelieure Feuersbranst zerstorte Kircbe eintritt. Unter der Empore und im nordlicben Scbiffe kommen aucb rippeulose Gewolbe, jedocb von geringer Durcbbildung vor. Die Kircheu-Rnineii von Kugelweit imd Heiiraifel. Zwei Denkmale seltenster Art, welcbe von dem religii3senSinne und rastlosen Kunsteifer der Herren von Rosenberg Zcugniss ablegen, sind die Eremiten-Kloster zu Heuraffel uml Kugelweit, von denen das erstere zum Tbeil, das andere ganz in Ruinen liegt. Die Waldbriider oder Paulaner-Ercmiten warden im Jabre 1384 von den — 37 — Briidern Peter iind Jolmnn v(jn Rosenberg- anfgenoniiuen iind mit einigen, drei Weystunden oberhalb Holienfnrt an derMoldau liegenden, Grundstiieken beschenkt, aiit'dass sie dort eine Einsiedelei erbauen konnten. Hier lebten die Eremiten riiliig nnd unangefocliten, wie es scheint, auch von den Hiissitenstiinnen verschont, bis zum Jalire 1491, nm welche Zeit die Ermitag-e dnrch ver- scliiedene Schenkungen zu niclit luibetrachtliclier Wohl- habenheit nnd grossem Anschen gelangte, wodnreh die Britder in den Stand gesetzt wnrden, ein geriiumiges Gotteshaus zu erbauen, welches bis 1522 vollendet wurde. Die spaterhin verzopfte Kirche St. Antonins zu Heuraifel, in welcliernoeh inmier Gottesdienst abgelialten wird. ist einschiffig mit einem an der Westseite auge- banten geschmacklosen Tburme: der aus drei Gewolbe- jochen bestehende Chor mit seinen woiderhaltenen Fenstern und kraftigen Strebepfeilern zeigt die gothi- schen Formen in grosser Reinbeit. Es sclieint, dass die Waldbriider sich bei den Cisterciensern in Holienfnrt guten Rath, vielleiclit auch einen Banmeister erbeten haben. Nach so gliicklichen Anfangen trat rascher Ver- die eigentliche Pfarre gewesen sein und wird desshalb heute noch Altstadter-Kirche genannt. Die Anlegung dieser Vor- oder Altstadt wird dem Budivoj von Rosen- berg zugeschrieben, welcher das ganze Gebiet inne liatte, ehe es Preniysl Otakar II. sich aneignete und das Dominicaner-Kloster griindete, wodurch Veranlassung gegeben wurde, die Stadt Budweis etwas weiter gegen Siiden zu verlegeu. Die Friedhofskirche gehort zu den eigenthiindichsten Bildungen der Spat-Gothik und zeichnet sich dabei durch grosse Regelmassigkeit aus. Das Gebaude ist einschitfig und besteht aus dem rechteckigen an der Westseite vorgebauten Thurme, dem 45 Fuss langen und 33 Fuss weiten Schilfe und dem rechteckigen 27 Fuss langen und 18 Fuss breiten Chore, alle Masse ira Licht genommen. Das ScbitF, der merk- wiirdigste Theil, besteht aus vier Gewolbejochen, deren Netzwerke aus drei sich gegeniiberstehenden im Innern des Hauses angebrachten Strebepfeilern entspringen. Aus jedem der Strebepfeiler treten fiinf Rippen vor, von deuen die eine als gerader Gurt mit dem gegeniiber- stehenden Pfeiler correspondirt, zwei laufen auf die Fig. 53. (Budweis.) fall ein, das Kloster Heuraffel loste sich gegen den Schluss des XVI. Jahrhunderts von selbst auf und seine Besitzungen gingen an das Stift Hohenfurt iiber, die sehr verwahrloste und entstellte Kirche dient gegen- wartig als Pfarrkirche des Ortes Heuraffel. Genau in derselben Weise wie die Kirche zu Heu- raffel ist auch das von den Schweden zerstorte Eremiten- Kloster Ku gel we it ausgefiihrt, dessen Bau erst 1501 begonnen und durcli Vok II. und Peter II. von Rosen- berg gefordert wurde. Von dem Kloster sind nur diirftige Ruinen unv^eit Kalsching, westlich von Krumau, zu erblicken, von der Kirche ragen noch die Mauern des rechteckigen Chores in die Luft, ohne Gewolbe uud Dach, aber Ehrfurcht gebietend in ihrer einfachen Grosse. Die Friedhofskirche in IJiidweis. Die Friedhofskirche in der Prager Vorstadt zu Budweis, welche den Heiligen Johann dem Taufer und Procopius gewidmet ist, soli im dreizehnten Jahrhundert beiden nachsten Pfeiler zu, wahrend die beiden aiissersten Rippen je das ganze Gewolbe durchschneiden und auf die entferntesten Strebepfeiler hinziehen. Aehnlich ist auch das von zwei Saulen unterstiitzte Emporg-ewolbe gestaltet. Es ist iinmoglich, eine ganz verstandliche Beschreibung dieser Wblbungen, welche zwar keinen wohltliuenden, aber hbchst iiberraschenden Eindrnek machen, zu liefern, doch tragen die einfachen Ki'euz- gewolbe des Chores sehr vieles bei, umden zerstreucnden Anblick zu mildern und das Innere harmonischer zu stimmen. Dnrch die angefiihrten Beispiele diirfte der im Siiden vorherrschende Bau-Charakter ziirGeniige erkliirt worden sein, indem eine Besprechung der zwar nicht uninteressanten Kirchen zu Netolic, Schiittenhofen, Bergreichenstein, Klattau, Nepomiik, Neugedein und Taus, welche sammtlich um den Schluss des XV. Jahr- hunderts neu aufgebaut oder erneuert wnrden, nur Wiederholungeu bieten wiirde. Ein fiir allenial fest- stehend ist bei diesen Denkmalen der einfachc drei- seitige Chor, meist aus zwei oder drei Gewblbfeldern — 38 — i;ebildet, dann das mehr oder minder grosse balleu- artige Scbiff mit nie fehlender Orgel-Empore uiid das schwerfallige verzopfte Ansebeu dcr Anssenseitcii. Zum Abscbluss dieser Gruppe ubergebend, bfiben wir nocb einige im Gebirge liegende Capellen nndkleine einsebiffige Kircben zu erwabuen; von denen mebrere mit crenelirten Tburmen ansgestattet sind. Nennens- wertb sind die St. Peter- und Panl-Kircbe zn Petrovic unweit Scbiitteubofen, ein robes Banwerlv, das im XIV. Jabrliiindert eine Pfarrkircbe gewesen sein soil. Das Scliitf ist nur 26 Fuss lang, 20 Fuss weit and mit einer Holzdecke iiberspannt; der viel sorgfaltiger ans- gefiibrte Tburni sebreibt sicb aus der Letztzeit des XV. Jabrbuuderts imd besitzt einen aus Stein auf- Ansicbt der Kircbe zu Petrovic. Fig. 54. (Im Texte S. o8.) Die Hallenljauten zu Pilseu und Eger. Diese beiden in ibrcn verscbicdenen Bezieluuigen scbon in den frllberen Banden besprocbenen Denkniale tbeilen das gleiche Scbicksal , dass sie als Basilika- Bauten mit ntedrigeu Seitenscbiffen angelegt und spiiter bin, beinabe gleicbzeitig zu Hallenkirclien umgewan- delt wurden. Die Decanal-Kircbe zu Eger, liber deren Anlage und spatere Umbauten wir voUkommen zuvcrlassige Nacbrichten besitzen, wurde von Kaiser Friedrich II. Fiff. 54. (Petrovic. geniauerten, mit stufenforraigen Zinnen umgebenenHelm. In derselben Weise ist aucb die St. Mauritius -Kircbe naclist B ergreicbenstein angelegt, welcbe mit Graben und Manern umgeben, festungsartig auf einer Anbobe tbront, von wo aus man das Tbal der Votava weitbin iiberblicken kann. Nur mit Dacbreitern, aber iiinfseitigen, aus dem Acbtecke gezogeuen und iiber- wolbten Choren sind verseben die St. Wenzels-Capelle bei Vicrtel an der bayeriscben Grenze und die beiden Kircben zuKubnberg bei Hobeniurt, alle drei sebr maleriscb in cinsamcn Thalgriinden erricbtet.^ Aucb Holz-Capellen konimen im Biibmcrwalde liaiifig vor, von denen spiiterliin gesprocben werden soil. I! 1 n s 1 1 a t i 0 n en : Grnndriss der altstiidtcr Kircbe in P>iidwcis. Fig. 5:5. (Ini Texte S. 'M.) dem Hobenstaufen gegriindet und zwiscben 1212 bis 1230 in jener Form ausgefiibrt, welcbe im I. B. d, S. 28 tf. erklart worden ist. Als im Jabre 1270 die Stadt Eger durcb ein furcbtbares Brandungliick zerstort wirrde, blieben von dem berrlicben Gottesbause nur die beiden Tburme und ein Tbeil der West-Froiite aufrecbt steben, das Langbaus aber und der Cbor stiirzten zusammen. Der Cbor wurde von den deutscben Herren (dem deutscbcn Ritterorden) im streng gotbiscben Style so- gleicb nacb dem Braiule wieder aufgebaut, daun ver- siegten die Mittel und das notbdilrftig mit Holzwerk zus"annnengefiigte Scbitf verblieb in ruinenbaftem Zu- stande bis'^gegen 1400, als der reicbe IMirger Siegniund Wolm ein Capital von 8000 Goldgulden zu dem Zwecke widmete, dass das Kircbenscbitf' neu aufgebaut und zu- gleicb cntsprecbend vergriissert werden soUte. Die Ein- zelbeiten dicser Stiftung sind urkundlicb auf uns — 39 — gekommen, die von Seite der Stadt Eger eingeg-aiigeue Verpflichtung, anst;itt der Zinsen ini Spitale zuWunsiedl zwolf alte arbeitsiinfabige Manner zu unterhalten, ist erst in neuerer Zeit niit baarein Gelde abgelost worden. Unter Hinweis auf den Grundriss des alten romani- scben Gebaudes linden wir dort die allmaligen Ver- grosserungen mit Piinkten eingetragen. Das rechteckige Kirchenscbiff lialt im Licbten eine Lange von 150 und eine Weite von 93 Fuss (annabernd 3:5) ein iind wird durch secbs runde Situlen, drei auf jeder Seite, und zwei kreuzformige vom alten Bau her- rlibrende Pfeiler eingetbeilt. Die Rippen entwickeln sicb aus den Sanlen obne Verniitthmg von Capitalen und bilden eiufacbe Kreuzgewolbe, indem nur in der Liingenricbtung des Hauses starke Gurten binzieben, welche die Nebensebitfe vom Hauptscbiffe trennen. Das befremdende Verbaltniss, dass derMittelgangmit 29 Fuss etwas scbnuiler ist als die Seiteuseliilfe niit je 32 Fuss, riibrt einfacb daber, dass die Strebepfeiler an der inneren Seite der Unifassungsniauern angebracbt wurden. Die 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Grundriss dev Nicolai-Kircbe mit Angabe der spat- gotblscben Baufiibrungen. Fig. 55. (Im Texte S. 39.) Fenster der westlieben Facade. Fig. 56. (Im Texte S. 40.) Ueber den Umbau der Erzdeobantei-Kircbe zu Pi Is en besitzen wiv keine genauen Nacbricbten, aucb ist die Ursacbe nicbt bekannt, wessbalb die Umwandlung des mit niedrigen Seitenscbilfen augelegten Langhauses in einen Hallenbau durcbgefiibrt wurde. Die urspriingliebe Basilika-Form lasst sicb an den Aussenseiten, besonders an den Tbtirmen, mit v oiler Sicberbeit nacbweiseu, urn aber die Zeit des Umbaues zu bestimmen, konnen bei den bundertfaltig sicb kreuzenden Nacbricbten liber Brande und stattgefundene Reparaturen nur arcbao- logiscbe Untersucbuugen als entsebeidend augeseben werden. Die Masse und sonstigeu Verbaltnisse des Gebaudes sind im III. Bd., S. IG, ff. ausfiibrlicb mit- -h Fig. 55. (Eger. Hohe des Langbauses vom Fussboden bis in den Gewolbescbeitel betragt GSy^ Fuss, die Saulenstarke 5 Fuss, eben so dick sind aucb die Umfassungsmauern. An der Nordseite des Presbyteriums belindet sicb eine gleicbzeitig mit dem Scbiffe ausgefiibrte Sacristei- Capelle, deren Fenster und sonstige Einzelbeiten die feinste Durcbbildung zeigen und gleicb den am Scbiife vorkonimenden Massvverken keine Spur der berein- brecbenden Entartung des gotbiscbeu Styles an sicb tragen. Wenn aucb etwas niicbtern, macbt die von kraftigen Pfeilern getragene Halle inuner einen gross- artigen Eindruck, welcber ebemals durcb Wandmalereien und reieben plastiscben Scbmuck geboben wurde. Als Meister des Werkes wird der aus Bayern ber- iibergezogene Steinme*z Erbard Bauer genannt, ein Kiinstler, welcber im Voigt- und Egerlandc eine ausser- ordentliche Tbatigkeit entwickelte und der sicb von der damals einreissenden Verklinstelung des gotbiscben Styls frei zu balten wusste. i ' Nicolaus von tlrbanstadt, Gescliichtp vr,n Komotaii, II. S. 137, ff. Dev Name Bauer, Bawer, ist kein Eigeuname, soiulern gleiclibedeuteiifl mit Bau- meister. getbeilt w^orden und es bleibt nur zu erganzen, dass die Umfassuugslinien des Gruudrisses keine Aenderung er- fabren baben, sondeni ringsum beibebalten worden sind. Die Eintbeilung des Hauses ist dieselbe wie in Eger: secbs runde Saulen, drei auf jeder Seite, und zwei kreuzformigeTburnipfeiler tbeilen dieScbiife ein, welcbe mit reieben Netzgewcilben verseben sind. Die Saulen balten eine Starke von 5 Fuss 8 Zoll ein nnd steigen bis zur Hobe von 54 Fuss an. wo die Hauptgurten und Rippen obne irgeud ein vermittelndes Gliederwerk aus den runden Flacben entspringen. Das Scbiff ist bedeutend bober als der Cbor, indem dieser nur eine Hobe von Giy^, jenes aber 78 Fuss, vom Fuss- boden des Langbauses gemessen, einlialt. Der Anblick des Innern stinnnt auffallend mit der Egerer Kirche iiberein, indem sowobl die Anzabl und Gestalt der Saulen uud Kreuzpfeiler, wie das Auslaufen der Rippen und die Durcbbildung der ]\Iasswerke bier wie dort nabezu dieselben sind. Da sowobl die Pfarrkircbe zu Eger wie die zu Pilsen dem deutscben Ritterorden gehorte, erkliirt sicb die Uebereinstimmung von selbst und wird die Annabme gerecbtfertigt, dass beide Scbiffe — 40 — voni selben Meister aiisgefiibrt worden seien. Etwas ilinger ersclieint dcr Ban zu Pilseu allenlings, aber iiur biiisicbtlicb der Wolbungen; die Siiitleii, Masswerke iind sonsti-en Gliedevmigen entstammen sicherbcb cieu Jahren 1460—1480. Eine viel spiitere Zeit verratben zwei Voi-baiiteii, mit deiien die Siidseite der Kircbc bereicbert wurdc: cine ini Dreieck vorgelegte Eingaiigsballe liber dem Portal nnd ehie mit bocbster Pracbt ausgestattete Capelle. Letztere, die Steriiberg'sclie Capelle genannt, ist aus dem Acbteck gescbb)sseu und mit eiiiem Stern- gewolbe iiberdeckt, desseu freitragcnde Kippeii einen vveit berabbangendeu Kuaiif (Scbliissstein) festlialten. Da man abnlicben Gew(5lbeu und Kiuiuteii aiicb in Lann, Briix und anderen Bauten des Meisters Benes begegnet, darf die in Rede stebende um 1520 erbaute Capelle den vielen von ilim beeintlu.sHten Werken bei- gezablt wcrden. Alle drei Anlagen sebreiben sicb aus friiherer Zeit und sind im Laufe der BUrgerkriege mebr oder weniger bescbiidigt, dann nacb bergestellter Rube gegen Ende des XV. Jabrlninderts wieder in Stand gesetzt worden. Uer innere Ausbau mit den Wolbungen und sonstigen Detailliriingen gebort durcbsclmittlicb der Vladislav- scben Periode an, wabrend an den Aussenseiten alter- tblirabcbere Formen vorberrscben. Das wicbtigste dieser Denkmale ist die St. Gottbards-Kirche in S c b 1 an, deren Clior nacb der Zerstorung von 1425 von Grand aus neu aufgefubrt werden musste, wabrend das Langbaus bei- bebalten, aber im Innern uberandert wurde. Dcr aus dem Secbseck construirte Cbor ist ganz aus scbon bebauenen Werkstiicken erbaut und mit einem Sterngewolbe ver- seben; die licbte Weite betragt 27, die Lange mit Ein- scbluss der Triumpbbogenmauer 45 Fuss, indera das Gewiilbe in seinem Scheitel bis zu 57 Fuss ansteigt. Die scblaukeu, 42 Fuss hoben Fenster sind tief protibrt Fig. 56. (Eg-er.) Aucb die alte im IF. Band S. 90 — 97 besprocbene Franciscaner-Kircbe in Pilsen erl'ubr gleiclizeitig nut der Erzdecbanteikircbe einen Umbau und wurde mit neuen Fenstern ausgestattet, deren etwas eigentbiindicbe Mass- werke durcb diebeigescbaltete Abbildungerkliirt werden. Ill u s tration : Fenster. Fig. 57. (In. Texte S. 41.) r,. aut Idler .Scitc, eingerneiii uuu isi umeuituo um. DiePfarrkirclioninSchlan, Kakonitz und Slavetni. ^.^^^.^^^^^^J Kveuzgewolben iiberdeckt. Der Mittelgang und mit flamboyanten Masswerken ausgestattet; zier- licber noch ersclieinen die an den Strebepfeilern an- gebracbtenFialenundBaldacbine, um so mebr aiiffallend, als dergleicben Ausstattungen auf dem Lande selten vorkommen. Am Scblussstein des Cbores, gerade ober- balb des Hocb-Altares bemerkt man einen vorziiglicb scbon in erbabener Arbeit ausgefiibrten und bemalten Cbristus-Kopf,dessenFarben sicbbestenserlialtenbaben. Das Langbaus wird durcb secbs recbteckige Pfeiler, drei auf jeder Scitc, eingetlieilt und ist durcbaus mit Diesedreiinkiiiistleriscbcr llinsicbtscbrbemerkens- wertben Kirclicn bildeii cine cigcnc (Iruppe iur sicb uml zeigen wcdcr mit -anze Kircbe, Laubwerke, Larven, Bestia- rieu und phautastische Gebilde enthaltend. Wenn auch Die Anstaltnng deslunern entspriclit deni Aeussern, und es ist vor alien die Enipore, deren zierlicbe Anord- niing das Auge gefangen nimmt. Von einem reicli ge- scbniiickten Mittelpfeiler unterstiizt, ^^■ird der obere Eaum durcb das erwitlmte l!osettenfeiister erleucbtet und an der Vorderseite mit einem vor/.tiglicli schon aus- gefiibrten Geliinder von Masswerken umzogen. In der Mitte der Briistuni;' oberbalb des Pfeilers tritt ein kleiner Fig. 64. (Rakouic.) lion rinnaniscbcn Kirchon an I. v.. dcrglciclicn Darstcllungen vorkoninien, stelu-n (lieso Bcispielc docb vcrcinzelt; von den saninitliclicn Gc- baudcn gotliiscben Styles in Bobmen zeigt kein eniziges solcbc Bildwerke. Wir sebcn Hascn von Hundcn ver- folgt,Fucbsc, Avelebc deinGcfliigel nacbstcllen, wculendc Scbafc u. s. w. zwiscbcn r,]nnicn, Bflanzengcwinden und Engclskopfen. Die Tbicre sind trciflifb gczeicbnet und grosstentbeils wobl crbaltcn, lassen sicli abcr nnr mil llilfc von Leitcrii gcliiu-ig liborsebcn. /u Hrusic und Zabof Balcon vor, an dessen Gesimse wieder eine ibrtlaulendc Reilie von Thiergestalten hinziebt. Die krattig prohbr- ten Rippen der Gewolbe ruben auf scnlptirten Knaufen, an denen der Pelikan, das Osterlamm und abnlicbe Sym- bole angebraelit sind. An der Siidseite des Cbores bc- merkt man eine reich decorirte Niscbe, welcbe cbemals als Sacraments-Hauscben diente, und in der Sacristei bat sieb ein steinerner Altartiscb erbalten, dessen Mass- werkc im Kleincn die am Westgiebel vorkommcnden D ecorati on en w i ed erb ol c n . — 45 — Die Ziegel, ans deiien die Masse des Gebiiudes be- steht, baben eine tiefe brainirothe Farbe, welche mit den eingefiigten gelbgrauen Steinarbeiten sebr wolil liarnionirt nnd dieselben hervorhebt; die Ziegel haltcn verscliiedeiie Dimensionen ein, indeni die Dicke zwi- scheii zwei bis vier Zolleii wecliselt. In der Sncristei bestehen r.och Tlieile eines alten Fliessenpflasters mit gepi-essten Ornanienten, Drei- und Vierpiissen, Blnmen nnd linearen Musfern. Aucli das Kreiizgewolbe daselbst verdient Beachtnng, es ist gleiehzeitig mit dem iibrigen Kircbenban und mit einem sculptirten Schlasssteine vev- sehen. Oberhalb der Saeristei wnrde erst im vorigen Jahrbundert ein Thurra aufgesetzt, in welcbem zwei kleine aus dem XV. Jahrbundert herriibrende Glocken hangen; sonst haben sicb mit Ausnabme der alten Thiir- beschlage keine Merkwiirdigkeiten, Schnitzereieu, Ge- inalde, Paramente u. s. w. erbalten. Das Kirchlein, eigentlich nur eine Capelle, steht frei anf einem mitten im Dorfe sich criiebenden etwa 30 Fuss holien Iliigel und ist rings mit Linden, Wall- nuss- und Kastanienbaumen unigeben, wodnrch die Fig. 65. (Rakonic.) Uebersicht etwas beeintrachtigt wird. Abgeseben von einem zopligen Tluirmdache ist der Aussenbau von alien entstellenden Zutbatcn nnd Eeparatnren verscbont ge- blieben, das Ganze bestebt nock so, wie es urspriinglich hergestellt worden ist. Fragt man nun, wann und duivb welcben Meister dieses seltcne, in B(3bmen als Unicum bestebende Denkmal ansgefiihrt worden sei, wird eine befriedigende Antwort nicbt gegeben werden konnen. Befande sich die Kirche im westlicben Deutschland, wlirde jeder Sachkundige ohne Bedenken den Scbluss des XIII. Oder Beginn des XIV. Jalirhunderts als Bau- zeit bezeichnen; in Bolimen jedoch, wo viele von aus- wiirts her berufene Baumeister thatig waren, gewahren die in den Nacbbarlandern giltigen stylistischen Merk- inale nicbt immer zu verlassige Anhaltspunkte. Fiir die Zeitbestimnmng scheinen allerdings die erwahnten an Kuaufen nnd Schhisssleinen angebracbten Symbolc, Pelikan u. a. einigen Anfschliiss zu bieten, da diesc Zeichen bei den Utraqnisten vorzngsweise beliebt waren. Entsehieden den Cliarakter des XV. Jahrhun- derts, undzwar der Mitte desselben, tragendie Gewiinde des Portals und Cbor-Fensters, dann die Blumen und Ptlanzengebilde des Frieses, welche anfTallend an die urn 1450 von Andreas Egl und Conrad Roritzer aus- gefiibrten Fries-Sculpturen des Regensburger Domes erinnern. Mit den in Bohmen vorhandenen gothiscben Bauwerken, weder den frliheren noch spateren, spriclit die Zetschowitzer Kirclie keine Verwandtschaft aus; neben obigen Ankliingcn an die Werke Roritzer's ist es zunfichst die grosse Pfarrkirche zu Nabburg in der Oberpfalz, mit welcher unser Ban in naher Beziehung Fig. 66. (Eakonic.) steht. Dort kommt am Querschiffe ein ahnlicher Giebel und darunter ein Rosettenfenster vor, auch zieht sich daselbst ein mit Hliittern und Larven decorirter Fries urn die Kirche. Diese Vorkommnisse machen es wahr- scheinlich, dass einer von den Regensburger oder Niirnberger Meistern, ob Heinzelmann, C. Roritzer, Kugler, Hans Pauer oder Lang, ist die Frage, den Ban geleitet und die Steinmetzarbeiten gefertigt babe. Fig. 67. (Zetsciiowitz.) Zctscliowitz kommt bereits im Jahre 1384 als ein dem Prager Bisthum zugeboriges Pfarrdorf vor, doch ist sehr zu bezweifeln ob die gegenwartige Kirche oder ein Theil derselben damals bestanden babe. Dagegen hat die von Hansgirg ansgesprochene Vcr- muthung, dass das Kirchlein mit einein Schlosse in Verbindnng, mithin Schloss-Capelle gewesen sei, viele Wahrscheinlichkeit liir sicli, denn dieser ungewohnlioh reich ausgestattete Bau wnrde anf alle Fiille wegen besonderer Zweeke dureh ein en machtigen Schirmherrn — 46 — <-eforclert. Aus die^em Grumle wui-ae audi cine aus- fiihrliche mit liinreiclieiulen Illu^^trationcu ver.sehenc Ueschreibmig als iiothNveiulig aiierkaniit iiiid <1as Detail in ^olcliei- Grosse ge/.eichnet, dass der kiinstlensclie Charakter entnonimen werden kaiin. Quei-schnitt mit Aiigabe der Empore. Fiy-. (39. (Im '^^^^\'oi'tal!'Protil undAiitVi^s. Fig. 70 (Im Texte S. 48). Chorfenster. Fig. Tl, (Im Texte S. 49.) Friesverzieniiig am Chor. Fig. 12. (Im Texte b. 49.) Fii;-. 158. (Zet^cliowitz.) 1 1 1 II s t rat i (1 11 !■ 11 : Iniudriss Fi-. »)7. (Im Texte S. 45.") Ausi. lit der Westscite. Fig. 68. (Im Texte 8. 40. Friesverziermig am Trepiieiithiirmelien. Fig. 73. (Im Texte S. 50.) , r i ^ I)etailinui-eii. Fig. 74, /^ <: (Im lexte b. ol.) — 47 — Dem bescliriebenen sclimiickvollen Bauwerke stelit die sclilichte unci obendrein arg verzopfte Pfarrkirche Maria-Himiiielfabrt 7Ai Ro n sberg niclit allein in geo- g-rapbisclier, sondern aucli kiinstlerischer Bezielning direete gegeniiber. Zwei quadratisclic, gegen Innen auf Pfeilern ruliende Tblirme an der Westseite, ein unge- theiltes^ niit flaoher Holzdecke versehen.cs Scliiff imd ein Quadrat, wclche Lange auch das liberwolbte Presby terium einliiilt. Der Clior besitzt noch das urspriingliche Stern- gewolbe, aucli haben sich liier einige ]\rasswerke in den Fenstern erhalten. die Wdlbungen der Emporen aber sind erneuert worden. Die westliche Facade der auf einer Anholie liegenden Kirche bietet trotz ibrer Verzopfung einen eben so tiberraschenden wie alterthiinilicben An- Fig. (39. (Zetsi'liowitz.) aus dem Acbteck construirter Chor deuten eiier die Uebergangs-Periode dcs XIII. Jabrbunderts als die Ver- fallzeit des gotbiseben Styles an; doch auf dem Lande wurdendie alten Grundrissformen stellenweise bis gegen 1600 unverandert beibebalten und diese sind es, welcbe der Maria-Himmelfabrt-Kircbe besondere Wicbtigkcit verleiben. Das Kircbenschiff bat mit Inbegrifif derTliurm- balle eine Weite von 31 Fuss und eine Lange von 43 Fuss im Liebten, ziebt man jedoeb die 12 Fuss tiefe Vorballe ab, bildet das Scbiff einen Saal von 31 Fuss ini blick. Die ]5Fussbreiten, an ibrenEoken mit gewaltigen Strebepfeilern unterstiitzten Tbiirme sind nur 9 Fuss von einander entfernt, steigen senkrecbt bis zur Hiilie von 56 Fuss an, und sind mit den in biesiger Gegend sebr beliebteu Zwiebeldacbern iiberdeckt. Mit Aus- nabme eines winzigen, an jedem Tburme knapp unter- balb des Dacbes eingefiigten Fenslercliens wird das Gemauer dureb kein Gesims unterbrocben, wogegen die massigen Strebepfeiler desto melir bervortreten und dem Ganzen ein festungsartiges Anseben verleiben. Das rait — 48 — einem Spitzbogen liberspaiiute Haupt-Portal ist zwisclien den Thiirmen angebmcht, inir 47, Fuss im L.chtei. weit inul bis zur Uiikeimtlicbkeit tibeitiiiicbt; auch snid alle Fenster des Scbiffes in gescbmackloscstcr Weise ev- neiiert worden. Ein einfacber, n.it dcin Wai)pen dcr Dobroliost \ci- sebener, in der Kirche befindliclier Grabstein iiilirt die (Zetschdwitz.) Iiisclirift: A. Dom. MDVI. die 2i). Maji obiit generosus Ddiiiiuiis ivgiii lioemiae liaio Dobrobost de Ronsbcrg ct ill Teinitz biijus eastri, Ecelcsie, civitatis(|iie Fundator, defensionisque cliristianiac fi(b'i adjntor, cnjiis aninia in ])aee requicseat. — Dicser D()l)r()liosl bat die Kircbe er- lianen l;issen. Aiudi siebl man cine grtisstcntbeils nocb altc Kaiizcl, web'be an S1. Jacobs-Kircbe zu Schlackenwcrtb sclireibt sicb jcdocli kcin in diesen Stadtcn bcfiiullicber Bau aus dem Zeitalter der Herrn von Riesenberg, ja nicbt einmal vollstandig aus dem XIV .bibrbiiiidertc, weil dicse Orte von bemabc unzah- ligcn Biaiidiiiigliickcn betrorten wur.len. Dabci wird m dcnKirclieiiliiiHieni micb Jcdcm TJngliicksfalle bericbtct, betragt 40 Fuss, von denen der Mittelgang 25 Fuss in Ansprucb nimmt; jeder Pfeiler bait eine Starke von 3 Fuss ein, so dass auf je ein NcbenscbitT cine lichte Weite von 4'/, Fuss entfallt. Die an der Westseitc ei- riolitete Empore setzt sicli aucb oberbalb der Seiten- scbiffe bis an die Linie des Triumpbbogens iovt, enie Anordnung, welcbe wir bereits in Kutteiiberg-^ Cbrn. hni nnd Pardubic kennen gelernt iiaben. Der Tburm rulir in seinem Untertheile von einem alteren Bau her und stebt an der Siidseite des Presbyteriuras, erne an don- .selben angelebnte, mit verticften Rautemvblbmigen versebene Capelle scheint aber erst nacb dem Brande von 1(307 erbaut worden zu sein. Die Maasswcrke, von denen sicb nur ein einziges iiber dem novdlicben Haupt- Portalc als Tbiirsturz eingefiigtes Brucbstuck crlialten l,nt scbeineii etwas absonderliclie, aber keineswegs mis'cbbne Fonnen eingebalten zu baben wie aus der beigefiiii'tcn Abbilduiig entnommen werden kann. Uie - 51 - Hohe des sclilank aiisselienden Mittelschiffes betrag-t 45 Fuss bis in den Gewolbescheitel, die Wolbungslinie ist nach einem fiaclien Segraentbogen beschrieben. Von besonderen Knnstwerken besitzt die Kirche ein steinernes, mit origincllcn Laubwerken verziertes Taufbeckeii, welches iu deni Abschnitte Sculptnr illii- slrirt wird. I ] I n s t r a t, i 0 n e n : Gnindriss dev St. Miohaels-Kircbe. Fig Texte S. 52.) Quersclmitt. Fig. 7(;. (Im Texte S. 52.) Masswerk iiber deni llanpt-Portal Texte S. 53.) Fig. 75. (Ii 77. (Ini Dieselbe Anordnnng nnd Detailbildimg zeigt audi die S. Georgs-Kirche zu Schlaggenwald, wobl voin (Zctschowitz.) selben Meister nacli dem gleielieii PJane ausgefiilirt uiid ebenfalls mit verscliiedeuen Zubauten verseben ; wahrend die durch Herni Heinricli Pfiug von Rabstein uui 1 500 erbaute Pfarrkirclie iu P <■ t s c b a u bis zur Unkennt- licbkeit entstellt wurde. Die Pfarrkirehe St. Peter nnd Paul in Bilin nibt zuni Theil auf uralten Grunduiauern, wurde schon 1001 durcb den Bisciiof Severus eiugeweiht, aber 1421 durcb Zizka total verwiistet. Iu der Folge noch einuial einge- aschert, sdireibt sich der bestehende Bau tbeils aus dem Schlusse des XV. Jabrhunderts , Ibeils aus deu Jahreu 1570-1573 her, wobei jedoch die alterouianische Lnilhedung im Sciiitle noch durehschinnnert. In Anbe- tracht, dass Bilin bereits im XL Jabrhundert der Sitz eines Erzpnesters war, ist die Kirche klein nnd finster durch didurg Graupen ge- brocben wurdcn, als Procop der K able ein en Raubzug Tiacli Meissen unternabm. Von dieser Zeit an scbemt Graupen mebrere Jabre biiidurcb wiist gelegen zu baben, bis allmalig sicb neue Ansicdler einstellten, urn die verlassenen Statten wieder aufzubauem Den rastloseu Bemiibungen des Jobann vonKolditz, Herrn zu Graupen und Tiinnitz, weleher auch in Sachsen und der Lausitz begiitert wai', ist es zu danken, dass die Stadt bis zum Jahre 1444 wieder autgcbaut und die I^.^'-^^;.^" . in Stand gesetzt vvurden, wabrcnd die Oits b,d kn .•ingsum iioch lange mit bitterster Xotl. ka'o, en batten und erst zwanzig bis vierzig Jabre spater an den Pnau ibrer KiiT.hen dcnken lumntcn. In dieser gcdrangten Scliildeiung smd die kunst- geschicbtlichen Verhaltnisse aller Stadte und grosser.. 0,-tscl.aften, welcbe m den Tl.alern der Lger und Biela, wicauciientlangdesEi-zgebii-ges liegen, wiedergegeben ; Fi'>-. 76. (Sclilackenwei-tli.) Der Cbor ist 45 Fuss lang, 41 Fuss we.t und olme Zuo'.-undlegung ei.ies regelmassigen Polygons m wi - kSdidier Weile vimeitig geschlossen. An der n d- iistlichen Seite tritt eine in elegantester Gotl.ik ausge- ml'Je Capelle scbief aus dem C1,c.e -r -U^i^ i^ E.-dgescbosse als Sacistei, oberl.alb . ent und mit eine.n gerippten Sterngewolbe subt.l A,? iihorsu'innt ist. Das 65 Fuss lange Schiff Inelt ^ ;.t:S"mit dem Cbore gleh^be W.^ 41 Fuss ein, iedoch wurde im vorigen .labiliui dtit uie Noidwa.id uin 11 Fuss hinausgeriickt und dort erne - 53 - heilige Stiege angebant, welche Ziisiitze jedocli den Charakter des Gebiiudes niclit veranderteii, weil an dieser Seite nie Fenstfir bestanden. Die cassettirte und bunt angestnchene Holzdecke zeigt noch alterthtualiclie Formen und mag vielleicht die urspriingliche sein, was sicli aber der oftmaligen Eeparaturen und Ueber- tiincliuugen wegen nicht feststellen liisst. Die Decke liegt 45 Fuss iibev dein Kirchenpflaster. Dass bei dem Anfbau altere Grundmauern beniitzt wurden, ist gcwiss, dock spricht der ganze Bestand, soweit er sich liber die Erde erbebt , eine rasclie und ziemlich gleicbzeitige Baufiibrung ans. Da die Nordseite der Kirche einem steilen Felsenliang zuge- kebrt und die Westseite dnrcb den anstebenden Plarr- hof verbaut ist, wurde nur die siidiiche Fagade, an welcber sich das Haupt-Portal befindet, rein ansgefiibi t; Strebepfeiler, Fenster, Portal bestehen aus sorgfaltiger Quaderarbeit, die Zwiscbenniauern aus Brucbsteinen und ein neben der Kircbe anfragender GU)ckentburm aus Holz. Die an dem siidvvestb'clien Strebepfeiler oben naclist der Spitze eingemeisselte Jabrzald 1468 mag wobl vom altern Ban lierriibren , wenn cs nicbt 1488 lieissen sollte, was nicht genau unterscliicden wcrden kann. Fig. 77. (Sclilackenwertli.j Die schlanken Fenster der Kircbe entbalten keine Maasswerke, scbeinen aucb nie solclie gebabt zu liabeir, in den Fenstern der angebauten Capelle dagegen sicht man originelle flamboyente Bilduugen. Neben einem sebr alten steinernen Altartische besitzt die Maria- Himmelfabrts-Kirclie ein iast lebensgrosses in Holz ge- sclinitztes Standbild der Madonna, an dessen Fuss- gesteile die Jabrzalil 1336 angegeben ist, darunter der Zusatz: Eenovirt, 1796. Das Bildwerk, welches Einige dem Erzbischof Arnest zuselireiben wollen, ist nicht olme Kunstwerth und scheint auch dem XIV. Jahr- hundert anzugeboren, feiuere Dnrchbildung jedoch feldt, auch ist das Ganze entsetzlich liberschmiert. Den Kirehenbau leitete Meister Kunz der Stein= metz, welclier die im Jahre 1479 durch eine furchtbare Feuersbruiist zerst(3rte Pfarrkirche , wie es scheint, von Grund aus neu berstellte und fiir seine Miihe am 16. August 1484 von dem Stadtrath Graupen 10 Gulden rheiniscb erhielt: „dieweil er dem gebewde vorstebt und daran gearbeitet wird". Aucb wurde dem Meister jabrlicb ein Zentner Zinn ausgesetzt. i I Hulicich, Oescliichto der Bergslrult Grniipen. S. 51. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : . Grnndriss der Marien-Kirche in Graupen. Fig. 78. (Im Texte S. 53). AutViss der Siidseite. Fig. 79. (Im Texte 8. 54). Die Heiliggeist-Kiielio nnd die Aniia-Kirclie in Graupen. Diirftige Rcste eincs zuerst von den Hussiten, daim im dreissigjahrigen Kriege von den Schweden zerstiirten Franciscaner-Klosters bezeicbnen noch die 8telle des eliemaligen Gebaudes; dagegen hat sich die niit einem Spitale verbundene Kirche zum Heiligen Geiste voll- sUindig erhalten, obwohl sie wenigstens zelmmal abge- biannt sein soil. (Wahrscheinlieb brannte dci- Daclistulil so oft ab, das sebr solid construirte Gewolbe jedoch bat keinen wesentlichen Schaden erlitten.) Drei mit kraitigen Ri]»pen versehene Kreuzgewiilbe ilberdecken das 3(') Fuss lange und 24 Fuss breite Schiff, dessen westliclie Fronte mit den Spitalbauten ziisammen- hiingt, wiihrend die fensterlose Nordseite der Berglehne Fig'. 78. (Graupen.) zugekehrt ist. Der aus fiinf Seiten des Achtecks gezo- gene 20 Fuss breite und eben so tiefe Clior enthiilt wiehtige Eeste eines gescbnitzten Altarschreines, walir- sebeinlich der Zeit Karls IV. entstammend. Es bestebt noch das Mittelfeld, in welciiem der Tod Mariac in hocli- erhabener Arbeit dargestellt ist. Die Heilige Jungirau, umgeben von den Aposteln, sinkt zusammen, wiihrend oberlialb Gottvater und Christus auf Wolken thronen. Die untern Figuren sind als Kniestiieke gehalten, die Tatel ist 4 Fuss breit, 47^ Fuss hoch, benialt und reich vergoldet, die Polychromie noch die urspi iingliche. Die Seitenfliigel und sonstigen Altartheiie sind abhanden gekommen. Zu bemerken ist noch, dass die Gewolbe sowohl des Scliiffes wie Chores nach einem spitzen Winkel construirt sind, eine in der Spatzeit iiberaus seltene Anoi'dnung. Ueber die Ban zeit besitzen wir keine andere Nachricbt, als dass das Kirchlein im Jahre 1444 fertig bestanden habe, folglicli gleichzeitig nut der Stadtkirche wieder aufgebaut worden sei: Sebr verschieden von der Stadt- wie Heil. Geist- Kirche stellt sich die S. Anna-Kirche dar, welche als Neubau aufget'iihrt und 1516 eingeweiht wurde. 8ie - 64 — sclieint seit dieser Zeit keine bemerkenswertlien Aeude- rungen erlitten zu liaben, besitztKi euzforni, eineii oOFuss tiefen iiud 22 Fnss breiten Clior, welclier aus einem 44 Fuss weiten und in der Langeiirichtiing 22 Fuss messenden Querhause vortritt. Dem Chore geg-eniiber lehnt sieb eiue Vorhalle von 18 Fuss im Gevierte an. Alle Raume sind mil alten cassettirten Holzdeeken, wie wir sie in der Stadtkirclie kennen gelerut baben , iiber- deekt. Cbor und Querbaus entbalten sauber ausgefiihrte Maasswerke spatester Art, auch siebt man bier einige tretfHcb gebannnerte Eisengitter. Endlich besitzt aucli diese Kircbe ein bedeutendes Rcbnitzwerk als Hocb-Altar, die S. Anna- und Marien- Leo endenebst Passionsbildern entbaltend. Die Arbeit ist nocb von einem romaniscben Bau ber, wekdier vermutb- licb wegen Scbadhaftigkeit oder in Folge eines lirandes abgetragen werden nuisste, um dera in der Mitte des XV. Jabrhuuderts ausgefiibrten GebiiudePlatzzumacben. Im Laut'e des folgenden Jnbrbunderts brannte die Stadt sanimt der Kircbe nocb mebrmals ab, welcben Untallen die Erneuerung mebrerer Fenster zuzuscbreiben ist. Der in biesiger Gegend vorkommende und allgemein be- niitzle Baustein ist ein Kreidegebilde von sebr geringer Dauerbaftigkeit, welclies leicbt verwittert und dem Feuer uicbt widerstebt, wober sicb die auft'allend vielen Re- paraturen sclireiben. GewaUsame Zerstorungen durcb Feindesband scbeint diese Kircbe niclit erlitten zu baben. Fig. 79. (Graupeii.) jiinger, als der Schrein in der Heil. Geist-Kircbe, aueb bat sicb bier die urspriingiiclie Bemalung nicbt erbalten, docb sind die kb^inen Figurcn lebensvoll und markig gezeicbuct. DasWerk scbeint um dielMitte desXVI. Jabr- bunderts ausgefiibrt worden zu scin. Die S. Peter- iiiul Pauls-Kiiclie in Melnik. Vier Mcilen nordwiirts von Prag tbront auf einem steilen weinumrauklen Berge, weitliin die Lande und die Vereinigiuig der beiden llaiipttliisse Elbe und Moblau beberrschcnd, das altc Mehiik , Psov, einst der Haupt- ort eines besondern Stammes. Die Pfarrkircbe S. Peter und Paul vvurde scbon iui XII. J:\lirluindert in ibrer g(;gcH\v;irlig('uAus(b'linuug and zwar als GoUegiat-Kircbc angeiegt, in wrb'licr Eigeusciinft sic bis zum Ausbrucbe der bussitisciien llnruben bcstaud. Verscbicdene an der Westseite l)e(indlicbe TJeberreste alter Mauern ruln-cn Die Anlage des Cliores und Langbauses gescbab offenbar nacb einem einlieitlicbcu Plane, in welcben die von einem alteren Bau lierriilircnden SeitenscbilTe nut Gescbick einbezogen wurdcu. Das Langbaus bestebt aus einem gleicbseitigen Quadrate von annabernd 64 Fuss und" wird durcb vier Pfeiler in drei 8(diitte zerlegt, wobei auf den licbten Raum des Mittelscbiftes 25 Fuss, auf jeden Pfeiler S'/^ ""^^ J^^^!^.^ Seitenscbiff IG Fuss entfallen. i Aus dem Mittelscbifte iubren zebu Stufen in das Presbyterium, unter welcbem einst cine Krypta (wabrscbciulicb romaniscber Art) bestand. Diese Krypta wurde vor ctwa 80 Jahreu ver- scbiiltet, als man" benierken woUte, dass die Gruud- )nauern des Cbores in Folge eines 17i;r> ansgebrocbenen Fcuers sicb scnkten. Der Cbor hillt mit dem Kircben- bause fast die gleicbe Lilnge, 02 Fnss, ein und zeicbnet 1 ]),.!• onn.ali..c]i niiluuleraiu,.scr.sl. lii.l.Tlirli diircligWiilirlfii Rpparalurcu xv,."cn ist, e.s iiniunHlH l,, RM'»aiir '\l:.s.se anzugf bfii ; die acsainnitbi-eite xvi-cliselt /.wrsclien Cl-iM Kuss, die I,1ii.K.- zwiM'ho.i f>S bis G3 Puss, so dass das ursprung- liohe Gi-und-Quadi-at. wolil niii. G4 Fuss angenommen wcrdeii darf. 55 — sich, obwohl mir 25 Fuss weit, dnrch eine sehf ergiebige Raiimliclikeit mid grossartige vier- ond dreifeldrige Fenster aiis. Zvvei mit Vorliallen iiberdecktc Portale steben sicli nn der Nord- und Siidseite dcs Hanscs gegeniibcr; die unvollendete Wcstseite zeigt ein iiiient- wirrbares Cbaos iiltester, zum Tbeile ronianisclier Griind- manern niid spiiterer Flickbauten, an welclie iini den Scbliiss des XVI. Jabrliiniderts ein gewaltiger ei'st 1()20 vollendetci- Glockentbnrni angcbant wm de. An der nord- vvestlicben Ecke , welcbe an den Tlnirni gninzt, siebt man dentlich, dass die Kircbe liatte vevlangert werden sollen, was jedocb aus unbekannten Griinden nnter- blieben ist. Wiilirend in den Nebenscbiiten altcrtbiini- licbe Kreuzgewolbe bestcben, sind Clior und Mittelseliitt mit reicben Netzgewolben iiberspannt nnd tlie Fclder 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : ' Grnndriss der S. Peter- und P;inls-Kirehe. Fig. 80. (Im Tcxte S. 55). Cborfcnster. Fig. 81. (Im Texte S. 5.5). Die Kirchen zu Reichenberg, Fi iedlaiid, Eiisenbi ort, HolieiielbP^ Brauiiuii uiid Ktiiiigiiihof. Die nieisten der am Fiisse des Ricsengebii'ges nnd ill! Gebirge selbst befindlicben Orte verdank'en ihre Entstcluing deutscben Kolonisten, welcbe tbcils scbon in altester Zeit, tbeils und in grosserer Anzabl erst nacb den Hussitenkriegen sicb in diesen unwirtlilicben Gc- Fig. 80, (Mflnik.) mit Arabesken, Wajipen, Sprncbbandcrn und einge- streuten figilrlicben Darstellungen ini Styl der Friili- Renaissance ausgemalt. Der Scblussstein iiber dem Hocb-Altarentbfilt cinen scbon gearbeiteten Cliristuskopf, \veicber den Anlass gegeben baben mag, in den nacb^ten Feldern die Evangelisten als Wandgemiilde anzubringen. Dann wecbseln Medallions, Banne'rtrager, Rlumen- und Fruchtgcbange in beliebiger, jedocb gescbmackvoller Gruppirung und mit anerkennenswertbeni Farbensinn ansgefiibrt. Die Malereien macben im entierntesten keinen kircblicben, wobl aber einen sebr angencbnien und beiteren Eindruck, wenn aiicb vieles verblasst und abgefallen ist. Im Presbyterium siebt man links nebcn dem Altare ein Sacramentshauscben, welcbes entsprecbend den Malereien im Gewolbe eine seltsanie Miscbung gotlii- scher und renaissance-artiger Formen zeigt ; niclit fern davon ein Kreuzigungsbild auf Goldgrund, zwar nocli der alteren Kunstricbtung nngeborcnd, aber scbon von einem reformatorisclien Hauclie durcliwebt. DasBild diirfte in den letzten Jaln-en des Kiinigs Wcnzel IV. gcfertigt worden sein. Derselben Zeit scbeint ancb eine Holz- scbnitzerei zu entsnammen, wobl P>ruelistuck eines Altar- Scbreines und nun unterlialb der Empore anfgestellt. Maria bait den todten Christus auf dem Scliosse, eine Arbeit, welcbe bei ricbtiger Zeicbnung ein feines Linien- gefiibl erkennen lasst. Endlicb besitzt die Kircbe eine silberne spat-gotliiscbe Monstranze und einen solcben Kelcb, Erzcugnisse des XVI. Jabrhunderts. genden niedergelassen baben. Die in dieser Linie vor- kommcnden Denkniale gebijren znnieist dem vorge- rlickten XVI. Jalirliundert an, zeigen gleiches Geprage Fig. 81. (Mi^lnik.) und fast dieselbe Eintbeilung, indem bei niiigliclister Einfacbbeit, man darf sagen Diirftigkeit, stets die alter- tliiimlicbe Basilikaform cingebalten vvird. 56 — Gewohnlich theilen vier vechteckigc Pfciler, zwci auf ieder Seite, das Kircbenhans ein, die Heitenscli.tfe sind niedrig- mul nicht selten fin.tev, Mitte sclnlt and Chor lialteu ijleiclie Weite ein und das schliclite kreir/- o.ewo]be herrscbt allentbalben vor. Lagen nicl. die unzvveideuti-sten Naebricbteii liber die spate Eutstebung der genannten Kircbenbauten vor, ^viirde man obne Bedenkeii denselben ein viel boberes Alter /Aisebreiben, so der Stadtpfarrldrebe in Reicbenberg ""^^'l^r Decanal-Kircbc zu Friedland, welcbe beide urn 15o0 erbaiit warden. Die Kircbe zu Friedland besitzt eimge interessante Grab-Monumente der Famil.en Biberstem imd Radern, dann ein sebr seboues tafelforniTges Sacrnnients-Hiiuseben, dem Anscliein nacli etwas altei als die Kircbe. Die Pfarrkircben zu Hobenelbe braunau, Eisenbrod und Starkenbacb werden zwar im XiV. Jalu-- bundert genannt, sind aber nacli vielen Branden ers uiiter Konig Vladisbav II. aufgefltbrt worden und stellen sicb als eigentlicbe Notbwendigkeitsbanten dar. Etwas schon bci dem Eintritt erkennen, indeni Chor und Schitf keine gemeinsebaftliebc Mittellinie cinbalten, sondern die Acbse dieser beiden Riiume urn 10 Fuss auseinander fallt Die Ursacbe dieser befremdenden Anordnung ist liiclit bekannt; waln-scbeinlich blieben bei dem Brande die iKM-dlichen Umfassangsmanern des Scbiffes m solcbem Stande, dass sie beibebalten werden konnten, wahrend die der Slidseite zusammenstlirzten. Da aucb der Chor in der Hauptsache beibebalten wiirde, scbeint man aus ttbertriebener Sparsamkeit die sudl.che Umtassung^- mauer und das dortige Nebenschit! emwarts geruek „nd so das Lang-bans verkleniert zu haben, ohne aut Symmetrie und Aestbetik Rilcksicht zu nebmen. Fig. 82. (Arnau.) sorgfaltigere Durehbildung zeigt die Dechantei-Kircbe Ht. Jobann B. in Kiiniginhof , deren Chor noch dem XIV. Jabrbundert entstammt. Als cbarakterislische Zeichen der ganzen Bau- eruppe sind zu nennen: rechteckige massige lleiler scbmale spitzbogige Fenster mit glatten Gewanden und L^inzlicbcr Mangel an borizontalen Gesimsen. Ma^sswerke kommen nur ansnabmsweise, gewolmhch in den Lhor- Polygonen vor und zeigen bei derber Behandlung stets die' elementarsten Formen. Benierkenswerthe ste^nerne Kircbenthtirme werden in diesen Gegenden nicht ge- trolien, wold aber sieht man viele holzcrne Glocken- tblirme von eben so maleriscben wie kunstreichen Anssenseiten. Die Maviagoburt-Kirclie in Aruau. Eine Sonderstellung zwischen den gleicbartigen B,auwerkcn der besprochenen Gegend niimnt die \ larr- kirche zu Arnau ein, welcbe wahrend der Regiening des Kaisers Karl IV. angelegt, 1539 grosstenthcils durcli eincn Brand zerstort und in den nacbsttolgenden Jabren riach einem griindlicli vcriinderten Blanc wieder nufgebaut wurde. _ Die Stadt Arnau (Hostin, Aruavia) gilt als altestei Grt des Riesengebirges und flilirt zur Bestiitigung dieser Sage zwci Riesen in. Wapi.en. Die der Ileil. Drcicinig- kcit und Jungtrau Maria gewidn.cte Kir(die lasst die grosscn nacb dem B.rande vorgcnomnicncn Acndcrnugen Fig. 83. (Avnau.) Das Langbaus bat Hallenform und wird bei 57 Fuss liebter Lange und 3(5 Fuss Breite, auf jeder Seite durch e ac^iteckige Pfeiler eingetbeilt. Oberlialb der nur 6V Fuss weitenNebensebiffe sind ringsum Emporen an- gebra h , ein binreicbender Beweis, dass das Langbaus ?rs naH dem Brande von 1539 erbaut wurde. Der aus dem Acbteck gescblossene Chor halt im dem Schiffc • Che Lange und eine lichte Weite von 2o Fuss em, im auffanei den Contraste mit dem nur 16 Fuss weiten Mi ili.bitf. An der Aussenseite des Chores snid zwei von e nem viel altern Denkmale berrlihrende Kopte enige- mauert wabrscbeinlich Portraits, in welchen man den He^og Roheslav I., weleber 1140 bier verselned und einen Sohn Vladislav, den spateren Konig, erkennen vT Der eine dieser Kopfe tragt einen Herzogshu auf dem Haupte und einen Vollbart, stebt dal>er mit dei — 57 Sage nicht im Widerspnicli , der zweite jedocli liut eine coiisoleiiartige Bedeckiuig und stellt, obwolil scliarf individualisirt, die obige Aiisleguiig in Frage. Ill us t rati on en : Grundriss der Kirelie zn Arnau. Fig. 84. (Ini Tcxte S. 56.) Ciior-Ansicht. Fig. 85. (Im Texte S. 56.) Die S. Nicolaus-Kirche in Laun. Wenn in unseren Tagen ein Kiinstler sicli bei- kommen Hesse, ein Werk wie diese Kirclie auch nur zii projectiren, welehen Larm wllrde die gesanimte Presse, die liberale und conservative, kirchliche wie vveltliclie, erlieben, urn das grimmigste Verdainraungsurtbeil aus- zusprechen. Heute stelien wir erflillt von Ehrfurcht und Bewunderung vor dem Denkmale und trauen den eigenen Augen nicht, wenn sie argen VerstCssen be- gegnen, denn die Grossartigkeit des Ganzeil lasst alle scbeinbaren und wirkliclien Gebrechen versclivvinden. Mit Beschreibung der Deeaualkirche zu Laun eroffnen wir die Reihe jener ini nordlichen Bohnien betindlichen Gruppe von Kirchenbauten, als deren Scliopfer Benedict von Laun, der Baumeister des Konigs Vladislav II. genannt wird. Der geistreiehe Architekt, welchem wir schon zu Kuttenberg und Hohenniauth begegnet sind, fiihrte zwischcn 1482 bis 1502 die konigliche Kesidenz auf dem Scblossberge in Prag aus, von vvelcher sich noch ein Fliigel erhalten hat, beschaftigte sich nebenbei hier und dort mit Restaurations-Arbeiten und erwahlte nach dem Tode seines koniglichen Gonners (1516) seine Vaterstadt Laun zum bleibenden Auienthalte. Hier ergab sich bald ein weites Feld fiir seine kiinstlerische Thiitigkeit, denn die Pfarrkirche braunte im Jahre 1517 ab und wurde so beschadigt, dass sie von Grund aus neu aufgetuhrt werden musste und nur der vom alten Bau herriihrcnde Thurm in brauchbarem Zustande ver- blieb. Indem der Meister durch die Umstande gezwungen war, diesen Thurm beizubehalten, aber in seinen Dis- positionen unbeliindert sein woUte, beliandelte er den Thurm als einc abgesonderte nicht zum Kirchenhause gehorende Partie und theilte dann den ilbrig bleibenden Raum nach seineni Gutdiinken ein. Die Grossenverhaltnisse diirfen bescheiden genannt werden, indem der Grundriss durch ein Rechteck von 84 Fuss Lange und 66 Fuss Breite (die Maasse im Lichten genonunen) beschrieben wird ; iiber dieses Rechteck treten an der Ostseite die unbedeutend ver- tielten Abschliisse des Mittel-Chores uiid der beiden Neben-Chore vor, vvahrend an der Westseite der Thurm mit einerangranzenden Vorhalle unabhangig vomGanzen besteht. Die Absicht des Baumeisters ist klar, er wollte den inneren Kirchenrauui vergrossern, so gut es der ausserst beschrankte Platz zuliess. Da er nur um etwa drei Fuss gegen Norden hinausriicken durfte, war es unmoglich, den Thurm organisch mit dem Neubau zu verbinden und somit dachte er denselben als einen dem Ganzen Irenulen Bauthcil. Vou einem Laugliaus oder Schitf im Gegensatz zum Chore ist hier eigentlich keine Rede, das Innere zeigt sich als grosser Saal, welcher durch sechs achteckige Sanlen, drei auf jeder Seite, in SchitTe zerlegt wird. Das Mittelschiff halt von Mitte zu Mitte ciner Saule 27 Fuss, jedcs der Nebenschitfe 191/2 Fuss ein, die Hohe der Halle bis in den Gcwolbe- scheitel betragt 55 Fuss.* Die nur 3 Fuss im Durch- messer haltenden Saulen steigen in bewunderungs- wiirdiger Schhuikheit zur Hohe von 42 Fuss ant und entwickeln sich ohne C;ipital zu strahlenf'ormig auslaufenden Rippen, welche in leichtgcschwungenen Linien das ganze Kirchengevvolbe dnrchziehen, so dass man die in der hintersten Ecke entspringende Rippe bis in den Vorsprung des Chores verfolgen kann. Dieses Gew(5lbe istes, welclies der Nicolaus-Kirche ihren hohen kiinstlerischen WerHi verleiht und ihr eine Bedeutnng gibt, wie solche nur wenigen Gebituden Bohmens zukommt. Der Raum dehnt sich, wiichst ins Unendliche und erscheint doch einheitlich, indem alle Linien in sich selbst zuriickkehren und so das Auge zugleich anregen wie belriedigen. Obwohl Benes diese Art zu wolben (ifters in Anwendung braelite, hat er doch die hier eingehaltene Harmonic nicht wieder erreicht. Die Fenster hat der Meister dem Gebraucli damaliger Zeit entgegen alle gleich angeordnet; sie sind je durch zwei Stabe in drei Felder zerlegt und mit ein- M=4= l III I Fig. 86. (Laun.) tachen Maasswerken bekront. DieFenstergewande wer- den vonKennern als etwas derb befunden werden, doch lassen sich die liberstarken Rundstabe durch den Um- stand entschuldigen, dass uahe Standpunkte beinahe ganz fehlen und man die Kirche eigentlich nur aus zieni- licher Feme iiberschauen kann, wenn sie iiber die umgebenden niedrigen Hauser emporragt. DasHaupt-Portal betindet sich an derSiidseitc und scheinL eine Umwandlung erlitten zu haben. Obwohl der in den verschiedensvcn Bauweisen sich bewegende Arciiitekt in seinen Detailiiungen nich.t selten Renais- sance-Formen einzuflechten pfllegte, mochten wir doch bezweifeln, dass er unter einer spitzbogigen Vorhalle und gegenliber einem einfachen gothischen Portale eine rundbogige Thiu-offuung angeordnet und deren Gewande mit Mtiandern ausgestattet liabe. Gleichwie der Innenbau durch das Gewolbe, so erhiilt das Aeussere durch die Dachungen den eigen- tliiimlichen Chnrakter. Das Dach besteht, wie die bei- gegebene siidliche Ansicht erkennen lasst, aus drei der Quci-c nach iiber dem Hause aufgestellten Hauben, deren mittlere in ein ISO Fuss holies Snnctus-Thiirmchen ' Diese Maasse sind vermlttiilt: neben verse hiorter] en Abweicliuiiaen kommt in der Launer-Kirclie vor, dass der Tiaiim ge^'en Osten liin sicli vereiigt. An der Westseite beti-agt die liclite Weite 6G '/i, an der Ostseite nur G4 Fuss. — 58 — anslautt (das Maass voni Kivchenpflaster bis ziiiii Tluirni- knopfe genommen). Ein alinliclies Dach hat Meister Benes aucli iiber der S. Barbara-Kirche in Kuttenberg angeordnet, wo es jedoch abgeiiommen und in ein gew(3bnliclies Sattcldaeli unigewaudelt vvordeu ist. In Laun soUte die dreifacb getlieilte Daehung wohl sym- bolisclie Bedeutung baben und ein Bild der Dreieinigkeit gewahven. paiochialis. et csumaTt e ome edificiu MDXXVIII. ff. VI. an Margate. Op. (Benessii de Laun) et inipesls Civitatis bujus.' Ueberrascbend und ziigleieb fremdartig ist der erste Eindinok, welcben dieses Gebaude bervorruft, das in hobereni Grade als jedes andere ein bohmiscb nalionales Geprage besitzt. Der quadratiscbe Tburm, Fig. 87. (Laim.) Auf der Enipore, zu wclcber ein an der Westseite bcfindlicbes Trcpi)cntburmcbon fiihrt, hal)en sicb die Beste einer iiber den Ban und scinen Meister Aufscbluss £?ebenden Inscbrift erbalten, aus Avelcber bervorgeht, dass die Fundamente der Kircbe 1.520 gelegt iin^\dcr i-anze P.au auf Kostcn der Banner Biirgersclialt innerhalb acbt Jaln-en, nau.licli bis 1528 voUendet wurde. Die olt libcrtuncbte und aufgefriscbte Inscbrift entbillt die kauni lesbaren Worte : Anno Doniinice nativitatis MDXX. ff. V. an Reliquiaru posita sut fudanita bus tepli welcher bei einer Breite von 30 Fuss in vier Stock- werken senkrecbt obne die niindeste Decoration ansteigt und nur in der obersten Etage mit Schallfenstern ver- seben ist, triigt durcb seinen steilen mit vier Tliiirinchen uingiirteteu Helm nicbt wenig bei, die Fremdartigkeit des Acussern zu erboben. Die scbone Galerie, welcbe den Helm umziebt, ist wie der Helm selbst ein Werk ' Die Worte Benessii de I.ami siiid vorlSsolit. Balbinus fiihrt. in seinen Miscellen die Insclirift in obiger Fm-m an und spendef dabei dem Meister nene' das reichlichste Lob. Die Inscbrift lautet: Im Jabro 1520 nacb der Geburt des Ilerrn am lunften Tag vor dem Reliquienfest wurden die •unrtamente dicser Pfarrkirche gelegt und Nvurde das ganze «eb-aude errichte bis lo28 den seclisten Tag vor St. Margareth (14. Juli), auf Kosten der hiesigen Biirgerschaft. \verkineister war iSeiiossius von Laun. - 59 — des Beries. Der Cbor-Sclihiss eriniiert vielfnch an die Kirchen der Mark Brandenburg, insbesondere an die Marienkirche in Prenzlan, wo ebenfalls das Mittelscbiff dreiseitig, die beiden Nebenschiffe aber mit stumpfen Winkeln gescblossen sind. Wenn man in der Dilinmeriing einen Spaziergang nm die Stadt niaeht, glaubt man beim Anblick dieser Kircbe oft, dass ein ungebeures Scbiff mit boben Hasten nnd ausgespannten Segebi dabcrkomme. 1 1 1 n s t r a t i 0 n e n : der 8. Nicolaus-Kircbe. Fig. 86. (Im Grundriss Texte S. 57.) Siidliche Ansiebt. Fig. 87. (Im Texte S. 58.) Fenster. Fig. 88. (Im Texte S. 59.) Hangender Scblussstein. Fig. 89. (Im Texte S. 59.) Die Maria Himmelfahrts-Kirche in Aussig. naberer Betracbtnng das gleicbe und der Unterscbied besteht nur darin, dass in Aiissig die geraden Gurten sicbtbar, in Laun aber verdeckt sind. Die Bauzeit ist durcli mebrere angebracbte Jabr- zablen (von 1480 bis 1500 fortlaufend) doeumentirt, aucb siebt man den Namensziig des Kdnigs VLadi- slav II. nnd sein in bocberbabener Arbeit ansgefiibrtes Brustbikl an einem Wandpfeiler. Ob der bier wie in der S. Barbara-Kirebe zuKnttenberg mebrmals aiif Scbildern angebracbte Bucbstabe L (Lann?) das Handzeicben des Meisters Benes sei, oder sicb auf den Konig Ludwig, VladisLav's Sobn, beziebe, konnte bisber nicbt ermittelt werden. Dass Benes diesen Bau geleitet nnd etwas friiber als die Kircbe in Laun vollendet babe, wird unter andern aucb durcb die in beiden Kircben vorbandenen Kanzeln bestatigt, welcbe nut geringen Abweicbungen nacb einer und derselben Zeicbniing bergestellt wurden, wie in dem Abschnitte iiber Sculpturen erortert wird. Diese scbone Kircbe , deren woblerbaltener Cbor dera Scbliisse des XIII. Jabrbunderts entstammt, wurde bereits im zweiten Bande S. 83 fiiicbtig bescbrieben Fig. 88. (Laun.) Fig. 89. (Laun.) mit dem Beifiigen, dass das ballenartige Scbiff nacb der Zerstiirung von 1426 durcb Benes von Laun nacb einem veranderten Plane ausgefuhrt worden sei. Es ist sebr zu bezweifeln , dass Benes, welcher nacb seiner Gewobnbeit energiscb verging, die alten Umfassungs- mauern des Langbauses beibebalten babe, da er aucb das Mittelscbiff nicbt an die durcb den Cbor vorgezeicb- neten Linien anscbloss. Der Meister bildete das neue Kircbenhaus nacb einem gleicbseitigen Quadrate von 66 Fuss Durchmesser und zerlegle diesen Baum durcb zwei Reiben von je drei Saulen in neun gleicbe Felder, die er mit Sterngewolben iiberdeekte. Die Saulen sind acbteckig, 2 Fuss 1 1 Zoll stark, mit Caneluren verseben und steigen zur Hohe von 44 Fus.s auf, wo die Rippen ohne Vermittlung von irgend einem Gliederwerk aus den Siiulenfiaeben entspringen. Mit den Saulen correspon- diren ahnlicb gestaltete Wandpfeiler, aus denen gerade Gurten vortreten und sowobl der Liinge wie Quere nacb denRaumuberspannen. DieDetail-Bildung ist genau die- selbe, welcbe wir in Laun kennen gelernt bal)en ; die Saulen-Durcbmesser balten bier 35, dort 36 ZoUe, dabei die gleichen Saulenfiisse, die gleicbe Holie nnd Ent- wicklung der Rippen. Selbst das Netzgewolbe ist bei Illustration: Grundriss der Decbantei-Kircbe in Aussig. Fig. 90. (Im Texte S. 60.) Die Dechaiitei-Kirche Maria-Himmelfahrt in Briix. Wennman von der S. Barbara-Kirebe in Kuttenberg absiebt, bebauptet die Decbantei-Kircbe zu Briix mit Entscbiedenbeit den ersten Rang unter den kirchlicben Denkraalen der Spat-Gotbik, sowobl in Bezug auf mate- rielle Gri)sse wie eigenthiimliche Durcbbildung. Scbon der fliicbtigste Blick in den Grundriss beleln-t uns, dass kein anderer als der Meister von Laun dieses Werk erdaebt und durcbgeflibrt babe. Was er in Kuttenberg angestrebt, in Laiin und Aussig fortgebildet, bat er bier der moglicbsten Vollendnng zuzufiibren gesucbt. For- menreinbeit und sorgfallige Durciibildung darf man in der Kircbe zu Briix eben so wenig sucben, als in den anderweitigen von Benes geleiteten Bauten; aber ueben stauneuswertber Virtuosittit spricbt sicb bier ein Sinn fiir grossartige und einbeitlicbe .4nordnung aus, 8 * — 60 — den man in gleichzeitigen Werken selten wieder finden ^^'^"^^'im Vergleicli niit den ungeheuren Baiiwerken, welcbe damals in den nachbarlichen Liindern: Rayern, Saclisen, Brandenbnrg nnd in der Lausitz aiisgefiilirt wnrden (es seien nnr die Frauenkirelie in Miinchen, die Mai-tinskircbe in Landsbut, die Marktkircbe in Halle, die Petrikirebe in Gorlitz und die Marieukirebe in Prenzlan t^enannt) erscbeinen die in i^riix eingebaltenen Maasse allerdings ziemlicb bescbrankt; allein in Anbetracbt, dass die Stadte ini Norden Bobniens damals sozusagcn ans dev Ascbe sicb erbebeu und von vorn anfangen mussten, veidient die Raiunlicbkeit alle Anerkennung. Bei einer liebten Lange von 180 und einer Breite von 38 Fuss ist, die Maria Himnielfabrts-kircbe in Briix nut angeordnet. Dagegen besteht kein Triumpbbogen oder ein Absebluss zwiscben Scbiff und Cbor, die Gewolbe durcbziehen obne Untevbrecbung den ganzen Raum und essind nicbt einmal die Wolbungeaoberbalb devLoggien von denen der Scdiiffe durcb Hauptgurten getrennt. Die Nebenscbiffe balten voni Mittel der Saulen bis zum Mittel der Wandpf'eiler je eine Weite von 19 Fuss ein, wabrend die Cappellentiele V/^ Fuss betragt. Durcb Einscbal- tung zweier Dreiecke setzt das der Pteilerstellung zu Grimde gelegte Secbseek in die Haifte des Zebnecks iiber, so dass fiinf Capellen den Cbor umgeben, eine Auordnung, welcbe audi in der Frauenkircbe zu Ingol- stadt getroffen wird, die aber der aiisserlicben Gestal- tiing sebr ungilnstig ist. Wegen unbekannter ortlicber Fig. 90. (Aiissig.) • ■ drei >Scbiffen, einera Clior-Umgang und ringsum mit ein- gezogenen Capellen ausgestattet, so zwar, dass oberbalb der Capellen offene Loggien angebracbt sind, welcbe die gauze Kircbe aucb den Altar-Raum umzieben. Im obern Stockwerke bildet demnacb die Kircbe enie flinf- scbiffige Halle mit gleicb boben Netzgewolben, welcbe wie in\aun und Aussig von acbteckigen Siiulen getragen werden. Bei so mancber IJebereinstimmnng mit der Kircbe zu Laun kommt zu Ib-iix aucb der Umstand vor, dass ein von dem friibern Bestande berriib render 111 m m beiliebaltcn werden musste, wobci der Baumcister hier wie dort verfnbr, indem er die Tburmpavtie als emen besondeni niclit zum Ganzei) geborenden Tbed bc- handelte. Das Mittelscbiff ist von I fuler-Acbse zu Acbse Fuss wcit und es steben auf jeder Seite acht Pfeiler, sicbcn ingeraderFlncbt, die zwci vordersten aber, welcbe das fHiorpolygon bescbreiben, sind nacb dem Secbseek Fig. 91. (Bviix.) Hindernisse musste die siidwestlicbe Ecke der Kircbe in scbiefer Linie abgescbnitten werden, wodurcb die westlicbe Ansicbt total entstellt wurde. Es macbt uber- baupt die Aussenseite der Kircbe keinen g-iinstigen Eindruck und siebt sogar verwildert aus, weil Strebe- pfeilei' feblcn und alle Zierglieder durcb spatere Stadt- brande ruinirt worden sind. • t i Eine biiiter dem Hocbaltarc angebracbte im Jalire 1588 aufgestellte Inscbrift crzablt die Kircbeubrande und den Wiederautl)au mit folgenden naiven Rennen: Nacb Cbristi Geburt 1515 Jar verdarb BRVX in Feuersnotben gar zu Mit fast Sontag OCVLI da war am Abend (iregori welcb FEVR gescbacli in ungesliime Wint verdarl) an 500 Man Weil) und Kint — Gl — da tliet man gTOSscii Jamer schaiicn. 1517 fing man die Kirche an zu bauen. anno 1578 den G Maj in obgemelten Tag und Jalir durcli FEVR ausbrant Briix last gar zuni andern mal ans Gottes Straf ein treflieli Ungliik sie betraf am beliuiisclien Ring etliclier Hofstet dismal ir Gott verselionen thet welclie znm teil vor drei Jai-en duieh himmliscli feuer abbrant waren. sonst durcb gros Feuers Macht das Kii'chendach ernider kracht zerschulzen audi die schonen Gloken seiten, das Innere wnrde davon weniger beriibrt. Welche Bescbadigniigen das ganze Gebaude dnreb oben er- wahiite Briiiide von 1578 iind 1583 erlitt, lasst sich ans der Tliatsacbe entnelimen, dass 1595 eine abermalige Ein wei li 11 u g stattfan d . Docb waren die Ungliickstage der Stadt nocli iiiclit voriiber, denn imjabre 1G3V) liess der scbwediselie Feldlierr Baiier nach vorhergegangener Pliiiiderung Brlix griindlicli niedcrbrennen, von welcher Zerstoriing lieute nocli Spuren zn sehen sind. In Folge des letzten Brandes musstcn die Westseitc iind der Obertheil des Tbni-mes ernenert werden, vvelcbe Arbeiten im larb- losesten Zopf-Styl bergestellt wordeu sind. Nacli so vielen Fnfallen konnen die Aussenseiten, deren erste Fig. 92. (Biiix. des jederman war ersebroken. Anno 1583 den 28 Jiini Zum drittenmal durcb Feuers maolit in Jar und Tag wic obgedacbt neunzig fiinf Hauser verbrant liat in und auserbalb der Stat zum teil was vor ist verbliben das wur dismal nufgeriben der Seliad kleklich zu beweinen es branten weg Hof und >Scbeunen. 0 ber Gott vor Feuers Flammen bebiit nns durcb deinen beiligen Namen. Der Kirchenbau zog sicb von 1517 bis gegen 1540 bin, spiitere Reparatiiren betrafen znmeist die Aussen- Anlage scbon eine ansserst niicbterne war, nicbt anders als verkommen und abgescbabt ausseben. Desto mebr wird nian von der Pracbt und der perspectiviscben Wirkung des Innern iiberrasebt. Wieder sind es die Gewolbe mit ihren verscblim- genen Rippen, denen die Halle ibre kiinstlerisebe Weihe und besondere Auszeicbnung verdankt; dabei bat der Bainneister etwa vierzig verscbiedene Gew(3lbet'ormen in den Scliitfen, Capellen und Loggien angeordnet und in Harmonie gebracht. Leicbt und luftig steigen die drei Fuss starken acbteckigen Saulen zur H5be von 54 Fuss an, wo die Rippen genau in derselben Weise wie in Laun und Aussig sicb entwickeln; im Mittelscbiffe siebt man verscblungene Kreislinien, in den Neben- scbiffen rauteni'iirmige Versetzungen , in den Capellen — G2 uiul Lo-pen abev eine Abwechslnng von nu.den und geradliniuen Figm-eiv, ^velche die Wolbunge^ diirch- zielien Yorziiglich sclimi sind die Sterngewolbe in der Saeristei imd dem dariibe,- befindlichen Uratoninn. melit minder die in der nnttlern Loggia hiuter dem Hoch- Altar. Die Sacristei tritt als \)esonderer Ausban an der i«Jor( - seite Tor. anch ist das an dieser Seite beti,uUn-he Haupt- Portal mit einer ornamentivten Vorlialle ausgestattet, wahrend ahnliehe an den Portalcn der Slid- und Ostseite vor-ele-te Hallen dureli die Brande zerstiirt worden ^ind IMe C4ewolbe der S<-hiffe sind spitzbogig. die der Capellen aber nacli ziemlioh flacdien Seguienten^ con- striiirt. Oberlinlb der Capellen nmzieht em reiclies, theils mit Scnlpturen, theils niit MaassNverken decorirtes Brlistungsgelander die Loggien und tragt zur Belebung des untern Eaumes bei, welcher sonst gegenuber den reichen Gewolben etwas zu dlirftig erscliemen nn.chte. Siuilenfuss. Fig. 03. (Im Texte S. 62.) Maasswerke der Fenster. Fig. 94 bis 9b. (Im Texte Briistungsgelander. Fig. 97. (Im Texte S. 63.) Neben vielen iilteren Gemalden besitzt die Kirclie mebrere scbiin geschnitzte Kirchenstiililc und, was selir zu berueksichtigen ist, verschiedene in Erz gegossene xum Tbeile ornamentirte Grabdenkmale, unter denen einio-e aus dem XIV. Jabrbundert, also von boherem \lteT als die Kircbe selbst. \\\r werden auf dieseW erke, wie auf die Sculpturen dev Briistung zuruckkommen. Fig. 93. (Hriix.) Die Maasswerke lassen erkennen, dass der Meister Reisen gemacht und vieles geseben babe; bald gewabrt man Theile, welcbe offenbar engliscben Vorbildern ent- nommen sind, bald Annaherungen an den in Ober-Bayern iiblicben Ziegelbau. Laub Ornamente, Baldachme, I lalen, Bilderblenden und alinliohc Decorationen ielilen ganz und ffar- dass deigleieben an den Aussenseiten vor- banden waren, ergibt sicb aus der Portike iiber dem nordlichenEingaug; im Innern aber waren solcbe Ge- bilde nicbt angebracbt, wie denn der Iniienbau keine wesentlicben Besebadigungen und Aenderungen erlUten bat -^ichliesslicb sei nocb der priiolitigen Wendeltreppen gedacbt, welcbe an der West- und Ostseite in den oberen Logengang fiibren, beide mit gewundenen Spin- deln meisterbait ausgefiilirt. [11 u strati on en: Untercr Grundriss der Maria HimmeHabrts-KircMic nml Grundriss in der llobe des Logcngaiiges. Fig 91. (Ini Texte S. 60.) r,, , ^ r9 a Langendnrcliscbnitt. Fig 92. (Ini 1 exte S. bi.) Fig. 94 bis 96. (Briix.) Die Heilig-Kreuzkirclie iiiul die Magdalenen-Kirolie in Leipa. Die Gescbiebte der Stadt Leipa (Bobmiscb-Leipa, Oeska Lipa) entrollt uns eine fortlautende Reihe v^on BSnden\,nd Drangsalen , durcb welche je.^^ocb d,e wackeren E.nwobner nicbt abgebalten wurden, ibre 8tadt wieder auizubauen und none Denkmale zu erncbten. Ini Pfingstsonntag, den 19. M.i 1426 evstilnnten die Hussiten die Stadt, ermordeten a le Linwobnei i n ei^ storten nacb vorbergegangenev 1 Umderung die Geba e bis auf den Grund. Die Stadt lag mebrere Jabi e la . ver5det und alle daselbst bestebendei, Bauw ke suid erst in nacb-bnssitiscber Zeit aulgefubr ^;;on\e.]: . }' l scl.on i:362 vorkommende S. Peter- und Pauls-Kircbe — 63 — bildete den Mittelpunkt des ausgedehnteu ^Dccaiiatns Lipensis'' ist aber im vorigeii Jahrhundert ganz im Ge- schtiiack damaliger Zeit erneuert worden, wogegen die Kreuzkirche ihre iii-spriingliche Foim grossteiitheils ge- wahrt hat. Diese soil ehenials eine besondere Pfarr- kirclie gewesen sein, doch fehlen bestimnileNacliricliten, well bei einem Brande von 1787 alle Archive zu Grunde gingen. Die Heilig-Kreuzkiiehe stellt sich bei aller Ein- lachheit als ein sehr eigenthiimliches Bauwerk dar, wie die beigefugten Risse bestfitigen. Das 54 Fuss im Lichten lange and 36 Fuss weite Kirch en ha us besteht gegenwartig aus einem ungetheilten mit flacher Holz- decke iiberlegten Saale, welchem gegen Osten ein aus dem Achteck gezogener Chor, westwarts aber eine aus vier Seiten des Sechsecks gebildete Eingangslialle angefiigt sind. Das Innere ist in neuester Zeit bunt iiber- tiincht und die Decke modernisirt worden, Chor und Vor- halle blieben unangetastet, ebenso der ganze Aussenbau, Fig. 97. (Briix.) welcher mit seinem tluirmformigen Dache sogleicli an die Kirche von Laun eriunert. Das Langhaus soli ehe- nials Hallenform gehabt haben und durch zwei Pfeiler auf jeder Seite unterstiitzt gevv^esen sein, wofur die ganze Eintheilung spricht; das Mittelschitr diirfte etwa 20, jedes der Nebenschiife gegen 8 Fuss Weite eingehalten haben. Die Modei-nisirnng und das Herausnehmen der Pfeiler hat erst um den Schluss des vorigen oder im Anfang des gegenwartigen Jalu-hunderts stattgefunden, als man es nicht der Miihe werth fand, dergleichen Um- gestaltungen naher aufzuzeiclmen. Die vollstandig er- haltenen Fenster sind in der Manier des Benes gc- halten, wie denn die wolderhaltenen Aussenseiten kei- nen Zweifel iibrig lassen, dass diese Kirche unterOber- leitung des Altineisters von Laun entstanden sei. Schon der Gedanke, den Dachstuhl des Langhauses in einen schlankenDachreiter auslaiifeu zu lassen, weist auf den Urhcl)er bin. Dieselbe Forniengebung zeigt auch die Maria- Magdalena-Kirche in derVorstadt, ehemals eineProbstci des Cistercienser-Klosters Plass. Oberhalb des Portales befindet sich eine Tafel mit der Inschrift: Ecclesia Pra- positiira Monasterii Ordinis Cisterciensis. Penovata M. D. CCLVI. Die damalige Eenovirung betraf jedoeh nur die Sacristei und einige Anbauten, die kleine Kirche hat ihre urspriingliclie Gestalt vollstandig gewahrt. Das quadratisclie Schiff ist fiach iiberdeckt, luilt in lichter Lange und Weite nur 24 Fuss und besitzt ein schon gegliedertes Portal mit eben so schonen Fenstern. Der 18 Fuss breite und eben so tiefe Chor enthiilt ein Stern- gewolbe mit sich kreuzenden Rippen, zeigt einen aus fiinf Seiten des Achtecks gezogenen Schluss imd ein- fache aber mit griisster Sorgfalt ausgearbeitete Maass- w^erke in den Fenstern. Es verdient auch angemerkt zu werden, dass die Steinmetzarbeiten in Leipa und den Landkirchen der Umgegend bei weitem feiner ausge- arbeitet sind, als die im westlichen Bohnien und nament- lieh in Briix vorkommenden, was zum Theil dem viel besseren Sandstein liiesiger Gegend zuzuschreiben ist. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e u : Grundriss der heiligen Kreuzkirche in Leipa. Fig. 98 (Im Texte S. 63). Siidliche Ansicht derselben. Fig. 99 (Ini Texte S. 64.) Grabdenkmale und wichtige Kunstwerke haben sich in diesen beiden Kirclien nicht erhalten, w^ohl aber HH==;=I==I=I=I so W.F Fig. 1)8. (Leip;i.j tinden sich in der Dechantei-Kirche mehrere alterthiini- liche Grabsteine. Gelegentlich der Holzbauten werden wir der Stadt Leipa noch einmal unsere Autmerksaudveit zuzuwenden haben. • ■ , Die Pfarrkirclien zu Leitmeritz^Kommotau^ Reiisen und Jung-Buuzlau. Die sogenannte Stadtkirche zu Leitmeritz unter dem Titel Aller-Heiligen verrath eine sehr alte Anlage und entstammt in ihrer noch bestehenden Grundform jedenfalls dem XIIL Jahrhundert, wurde Jedoch so olt iiberandert, dass ein bestimmtes architektouisches Ge- prage nicht mehr zu erkennen ist. Bemerkenswerth sind nur die Dachungen iiber dem SchilTe, welche in ein- zelnen der Quere nach aufgestellten Hauben die .loche iiberspannen. Das mit vier Eckthiiimchen umgebene Thurmdach wie der in ein spitzes Sanctus-Thiirmchen zusammcniaufende Dachstuhl iiber dem Chore sind verblasste Copien der von Meister Benes erbauten Originale. Ein ausgezeichnet schones zinnernes Tauf- bccken, welches dermal im rechtseitigen Nebenschitfe aufgestellt ist, wird spaterhin ausfiihrlieh besproclien werden. 64 — Komniot.iu iChomutov\ der ^itz des Lam eseuiu- t hni-s des deiitschen Ritterordens, theilte das Schick.al der iibn-enStadte des nordlicheii Bohmens. Die Stadt hatte .ich^mtev dem Schiitze des Ordeiis zn einer ungewohn- lichen Bliithe und Woldliabeiibeit ersclnvuiig-en und ubte daber auf die durch Zizka angefiibrten Tabonten euie mn so o-rossere Airziebiuigskraft, als die Bevolkerung Jahre 1870 in Prag abgehal- tenen Yersanimlung bohmiscdier Architeklen Gegenstaiul ciner eingclienden Uutersucliung wurde. Kaeb Bloss- leScite 75.) — 83 — Das Maltlieser Convent-Gfebaude in Strakonic. Das grossartige aus verschiedeuenZciten stainiiicnde Schloss zu Strakonic ist bereits im I. B. S. 77 ff. uiul wieder im 11. Bd. S. 66 besclirieben wordeu, niiiiilich der daselbst bcfindliche romanische Bergfried iind die im Uel)ergaugs-8tyl gebaltcne Convent- Kirche. Die slid- warts neben der Kirche situirten Stiftsgebaiide geliorcn gTOSstentheils dem beginnendenXVI. Jabrluuulert aniuul scheinen, naeh angebrachten Jahreszablen zii scbliessen. nach-biissitischer Zeit grosseUmanderungen erlitten iind zeichnen sich besonders dadurcb aus, dass sie uralte Rundthurme besitzen, welehe von den im XV. Jabr- liunderte ausgefiilirtenNeubanten umfaugen worden sind. P ode brad am rechten Ufer der Elbe, zwischen Kolin und Nimburg in der Mitte gelegen, eine fast im gleichseitigen Quadrat augelegte, aus drei Fliigeln bestehende Herrenbnrg ist zunachst beriihmt als die Gebnrtsstatte des Georg von Podcbrad, nachmaligen Ivoaigs von Bohmen. Den Unibaii des Scblosses scheint Herr Georg in jener Zeit bewerlcstelligt zn haben, als If Fig. 118. (Leitmeritz.) in der Hanptsache von dem thatigen Jobann von Rosen- berg hergestellt worden zu sein, weleher 1517zurWurde des General-Priors gelangte und deinStifte bis 1532 vor- stand. Das Schloss ist noch wohlerhalten nnd bewolmt, aber in Innern hiindertfacli nrageandert worden. Man sieht noch einige schone Gewolbe mit vertieften Kappen, Thiir- nnd Fenstergewande mit krenzeuden Stiiben nnd dergleichen Einzelheiten. Zahlreiche Erker zieren so- wohl die Aussenseiten wie den der Kirche zugekehrten sehr nialerischen Fiiigel. Tlieilweise Mer einzureiheiide Burgen. Der Bergfried hat er zum Statthalter ernannt wnrde seine ursprlingliche Bedentung verloren nnd steht im inneren tlofe, mehr als znr Halfte vom nordlichen Schloss- fliigel nmgeben. Kiinstlerisch durcbgebildete Theile kommen in diesem Schlosse nicht vor, auch wurde es spiiterhin noch offers restaiirirt. Nach demselben Plane wurde Richenbu rg, Pod- hradi, ehemals ein Besitztlmm der Herren von Pardubic, nach einer durch die Taboriten bewirkten Zersttirung nmgebaut. Das Schloss erhielt eine rechteckige Gruntl- form, vi^obei der alte rnnde Hanptthnrm wie zu Podebrad Der Ban wurde in den Nordfliigcl einbezogen wurde. erst im vorgerlickten XVI. Jahrhunderte voUendet, wie Die folgenden sehr bedeutenden Schlosser gehoren eine liber dem Thore angebrachte luschrift besaet zwar den verschiedensten Zeiten an, haben jedoch in „Peczet Richly Przedhradske. 1539." 11 * — 84 — In K 0 11 0 p i e li t , Koiiopiste, dcm elienialigen Sitze der Hevren von Hecliinc, dann derer von Sternberg, wurde spiiterliin der Bergfried als untergeordneler Theil der Hauptburg bebandclt mid ganz von liaulioli- keiten nnisclilossen , was auch in Friedland deni beriiliniten Sclilosse Wallensteins stattfand. liier wic dort halicn liundertfaltigc Uebcrarbeitiuigen stattgdun- den, dock bewegen sicli die spateren Restaurationen iinierhalb der iin XV. Jahrliundert vorgezeiclineten Linien, wenn audi iiberall der alterthiinilidic Cliarakter zum grossten Tlieile vervvischt worden ist. I'l&il'i III iuf l!;ikv:»ii;Mi'liyil; Fig. 119. (Kuttcnbei-g-.) • ' _ \ . Endlidi darf Zbirov nidit iibergangen wcrden, cin altes zn den Kroiigiltcrn gdioreiides Sdiloss, welches zur Zdt des Kiinigs VladisUiv II. neu anfgcbaut, dann in der Neuzeit griindlidi veruiistaUct worden ist. Der alte runde Bergfried ist zwar nidit wie in den vor- genannten Burgen mit Bauliclikciten verstellt worden, sondern l)efindet sick freistelicnd ini rcditcckigen llofe, rings nnigeben von Gcbiiudeii a erscbiedenen Alters. Das Sdiloss ist zienilioh regelnuissig aiigeordnct uiid an jeder Laiigseite dnrch drei kleine lialbrunde Tburine 'gcsdiiitzt. Der nin den Sdiluss des XV. Jalirlmuderts aiiHgefiilirtc Saal iind die nebenaii beiindlidie Cajjeile sind nodi wolii erlialten: es koninien iiier die indirladi beschviebeneii vertieften Kappengewolbe vor, audi flamboyante Masswerke mit breiten flacben Staben, wic sic in der Bpiitzeit iiblidi waren. Stadtthiirme, Thore, Befestigimgswerke. Eine der dringcndsten Autgabcn nnserer bcutigen Ardulologenist unbestritten die, nut Aiifertigunggenauer Kisse und Bescbreibimgen der noch vorliandenen stiidti- schenBefestignngen nicht zn saunien, da die allniaclitige Industrie der Neuzeit im Vereine mit den Eisenbalin- bauten gegen dergleichenBauwerke vid grimmiger ver- fabvt, als eliemals die Hussiteu init den Klostern und die Schweden mit den Burgen. Begniigte man sicb in friiherer Zdt, die eroberten Orte niederzubrennen und dann ibrem Scbicksale zu iiberlassen, werden beute alle den Verkebr irgend besdirankenden Gebilude bis_ aut die letzte Spur vertilgt, wobd es in erster Linie auf die alten Tbore und Uniwallungen der Stadte abgeselien ist Hunderte von Stadten, weldie vor vierzig Jabren im reicbsten mittelalterlidien Scbmud^e glanzten, steben beute in iirofaner Nucbternbeit vor unseren Blicken, eber rasdi aufgebauteii Dorfern als Stadten ahnlidi, Selbst das wegen seiner boben Mauerii und Zmnen wdtberiibmte Nlirnberg stebt auf dem Punkte, semer schonsten Zierde beraubt zu worden, naebdein Wien, Miinchen, Frankfurt, Eegensburg, Frag und andcre Orte ersten Ranges binnen kurzer Zeit ibre Unigurtun- gen verloren liaben. Vide von den Bauwerken, welcbe hi nacbstdiender Abliandlung gesdiildert werden, smd, seit die Zeiclinungen gefertigt wurden, dem allgenieinen Scbicksale verfallen, den iibrigeu drobt stundlich das- sdbe Los. Der sogenaiinte Pulverthuini in Prag. Im Jabvc 1475 am Montag nacb Palmaruin wurde dcrGrundstein zu dem Tbortburmc des Kiinigsbofes am Graben durcb Konig Vladislav II. pcrsonlioh gdegt, und zwar in der gegen Sonnenaufgang gekclirlen Lcke. Den Tburm liess der Magistrat von Frag erbauea uiu den Konig zu vcrsobnen wegen cines vorgetallenen Frevels, und es war em Meister Wenzd angenoiumen worden, welclier den Bau im seiben Jabre bis zur Kobe des Tliorbogens autfiibrte. Im niiebsten Jabre trateu die Eathsberren mit dem Baccalaureus an der Tey ii-Sdi ule Mathias von Frosteiov, genannt Raysek, in Unl erbandlung, auf dass er die am Tburme auszufiibrenden Bildliauer- arbdten und Ornamcnte iibernebme. Nun arbeitete Raysek gemeinscbaftlidi mit Wenzd bis in die Holie der unteren Fenster gegen eiiien Wocbenlobn yon 14 Grosdien zwei Jabre iang, bis sicb Raysek mit dem andern Meister iiberwarf, worauf letzterer vom Rathe verabsdiiedd wurde und Raysek allein den Bau lort- sdzte, aber nicbt vdlendete. Die Ursache, wesshalb der Tburm niobt ausgebaut wurde, ist unbekanut. _ Diese erste Arbeit des Mathias Raysek ist m nielir •ds ciner Hinsidit mcrkwiirdig. Erstens ist die Zeit der Ausiulirung genau durdi die auf uns gekoimuenen Ver- handluiigen documeiitirt, wie audi die von Meister Wen/.d und die von Raysek vollendeten Tlieilc haar- schaif unterschiedcn werden kihinen ; zweitens erkennen - 85 — wir liier besser nls an irgeiul einem andereii Werke, wie sebr die Klinste im Laiifc der Hussiteiistiinne vou ihrer frliheren Hijlie lievabAesiuiken waren. Die Tliat- sacbe, dass der Tlinnn deni Koiiige zu Ebren voin Ihitbc der Hauptstadt errichtet wiirde, die angestellteii Urn- frngen nacb dem geschicktesten Meister, als welclier Weiizel anfgenouimen wnrde, endbch der Umstand, dass dieserMeister keine Ornainente aiisarbeiten konnte, lassen znr Geniige evkeiineii, wie selir es nm 1470 an gescbickten luid eiiigescbulten Werkleiiten i'cldte. Als die Ratbsberreii erkannten, dass Weiizel die Arbeit uicbt iiacii Wniiscb forderc, salien sie sieb iiacb einem anderen Bauleiter urn und erfubren, dass der ziemlicli gelebrte Scbubn agister am Teyn sebr gescliickt sei im Zeicbnen iind Anfertigeu von allerlei Bbimen und Bildwerk, worauf sie ibn zu sicb bescbieden und fragten, Fig-. 120. (Kutteubcrg.) oh er sicli getrane, die Scbnitzereieu am Tburmc zu verfertigen. Also zu einem Dilettanten musste der bcdie Eatb seine Zuflucbt nebmen, weil kein zunl'tmiissiger Meister oder Geselle vorbandcn war, welclier zeicbnen und fornien konnte. Der crsteMeislerbalte sicb den Altstiidter Briicken- tbiirni zum Vorbilde genommcn und gedacbtc eine ver- einfacbte Wiederboliing desselben aul'znstellen ; die von ilnn vollendete Partie reiclit bis tiber den Tborbogcn, wo eine Reibe von Vierpasscn den ganzen Ban uniziebt. Das Eingreifen des Raysek wird bereits ersicbtlicb, welclier sicb am weiteren Aufbaue alle Miibe gibt, seinen Vorganger zu verdunkeln und aus dem Sattcl zu beben. Zwei keiben von verscbliingenen Wimbergen mit dazwiscben eingepassteu Figuren und Pyramiden sollten das Bauwerk zieren, docb ist das wenigste von den projectirten Decorationen aiifgestellt worden. Die an plumpen Consolcn und Fenstergewanden angebracbten Baubwerke sind iiber alle Massen vcrfleisselt und ver- klinstelt, tragen audi elier das Geprage der Spiit- Benaissance, als der Gotbik. Es sclieint. dass Raysek diese seltsamen Formen ganz aus sicb selbst gescliopft, diesen Weg aber bald verlassen babe. Bci Vcrgleicbung des Altstiidter Briickentbnrmes mit dem Pnlvertburme ergibt sicb so recbt augen- scbeinlicb, dass diese bciden Denkmale nicbt einer und derselben Periode angeliorcn konnen: dort Kbirbeit, kriifligc Formgebung und voUstiindige llarmonie, bier Unsiclierlieit, iiliertriebene Kiinslelei nebcn scbwer- falligen Massen. Das Prager Thor niul der Holie Thurm in Rakouic. Die ebemalige Kreisstadt Bakonic (Rakovnik, Rakonicc aucb Racona) ist so gliicklicb, nocli zwei voll- standig crbaltene Tbortblirme zu besitzen, den 1518 laut angeliracliter Iiiscbriit crbautcn Hobcn Tburm und das etwa dreissig Jabre altere Prager Tbor, welcbes ebemals zu den Befestigungen der nebenan slebenden Kircbe gebiirt baben soli. Das Prager Tiior bat recbt- eckige Grundform, eine Breite von 31 Fuss bei einer Tiefe von 20 Fuss; die Hobe des senkrecbten Mauer- werks bis an das Dacligesims betriigt 50 Fuss; bier Fig-. 121. {KiittLMiberg.) treten vier Eektbiirmcben aus dem walmformigen Dacbe vor, welche auf steinernen Untersatzen ruben, aber aus Facbwerken besteben. Sonst zeigt der aus Brucbsteinen crricbtete Ban die moglicliste Eintacbbeit. Die Tbor- bogen baben zwar spitzbogige Form, der Tborweg jeddcb ist mit Balken uberlegt und eine liolzerne Frei- treppe flibrt in das nocb bewobnte obere Stockwerk binan. Neben dem Tiiore stebt ein sebr altertblimlicber im Blockverband gelugter Glockentburm , zwiscben welcbera und der Kircbe gegenwartig die Prager Haupt- strasse bindurclifiibrt. Die Kircbe zur Uecbteu, das Tbor gerade in der Mitte, zur Linken den bolzernen Glockentburm, siebt man sicb auf dem Kircbenplatze so recbt in das altbobmiscbe Leben und Treiben versetzt; wie an keinem zweiten Orte werden die Erinnerungen in langstverscbollene Kampfe und die friedlicben Be- strebungen der Herrscber Karl IV. und Vladislav 11. wacbgerufen. Viel cleganter ist der Hobe Tburm ausgefiihrt, dessen Mauerwerk grosstentbeils aus regelmiissig bear- beiteten Quadern bestebt und der mit einem voUstiindig erhalteuen Vorwerk ausgestattet ist. Der Tburm bildet im Grundriss ein gleicbseitiges Quadrat von 26 Fuss Durebmesser, ist in der Hobe von 120 Fuss mit einem durcbbrocbenen Gelander umzogen, liber welcbem nocb eine liolzerne Siuilenstellung aufragt, die das Dacb tragt. — 86 — Dergleiclien frei auf holzernen Saulen ruliende Tliurm- dacher sielit man inBohnien liaiifig. wie unter anderu zu Sobieslau, Smec-no, Krumau iind Briix: die Anordnung war sehr beliebt und hat sich bis in das XVIII. Jahr- hundert erhalten. An der Kord- und .Slidseite sind maehtiue Strebepfeiler vorgelegt, iiberdies lehnt sich sUdwiirts noch ein Treppenhaus an, welches jedoch nur bis ins zweite Stockweik I'lihrt. Oberhalb desselben treten rechts und links Peehnasen vor, an der Frontseite aber ist ein grosses kirehenniassiges Fenster ange- bracht, urn die ganze Gegend iiberschauen zu konnen. Das crenelirte Vorwerk zcigt, dass bei Erbauung auf Musketen angetragen wnrde: die Zinnen sind init Schiessscharten versehen und der Mauergang, aut welchem die Schiitzen sich aufstellten, betindet sich noch in branchbarem Zuslande. Die Thoroffnungen wie die grossen Fenster sind mit Spitzbogen iiberdeckt, alle Profilirungeii, Gesimse, Tragsteine und besonders die obere Galerie zeigen tadellose Steinmetzarbeit. Der Thurm steht auf einer Anhohe und beherrscht das freundliche vom Bache Gelden (gewijhnlich Rakouicer Bach i>'enannt) durehHossene Thai; ein tiefer Grabeu Fig. 122. (Kuttenberg.) der einst die ganze Stadt unifing, ist an dieser Stelle noch erhalten. 1 1 1 u s t r a t i 0 n c n : Das Prager Thor in Rakonic mit der neben- stehenden Kirche. Fig. 47. (Ini Texte S. 04.) Der hohe Thurm in Rakonic. Fig. 110. (Im Texte S. 7G.J Die Stadtmauern in Beraun iind Sclilan. Kaum sechzehn Jahre sind verflossen, seit die bohmische Westbahn von Prag iiber Pilsen nach Fnrth angelegt wurde, dennoch ist schon eine Generation herangewachsen, welclie sich nicht mehr der kunst- reiclien Thiirme und Mauern erinnert, mit denen die Stadt Beraiin nmgiirtet war. Prachtvolle Ziegelbauten waren es, welche der Eisenl)ahn znm Opfer fielen, und zwar in unniitzer Weise, weil die Iiaiin zum gnten oder viblen Ende eine ganz andere Richtung, als die ursprlinglich projcctirte, erliiclt und in der Entfcrnung einer \iertelstunde an der Stadt vorbeigefiihrt wiirdc. Die voreiiig abgebrochenen Stadtniauern konnten sell)stverstandiicli nieht wieder hergestellt werden und so erblickt man heute an deren Stelle einige Garten und diirftige Wohnlninscr, zwisclien dcncn hie und da Rainen iiervorragcn. Was die Bcrauncr Bcfestigungs- werke auszeichnete, war die solide Z'egel-Construction und die vielen angebrachten Terracotten, bei weitem die gediegensten Arbeiten, welche auf diesem Gebiete im Lande ausgefiihrt worden sind. ^ Die Stadt Beraun wurde 1421 durch Zizka zerstort, dann unter Podiebrad aufs neue befestigt, aus welcher Zeit die hier bespro- elienen Thiirme herriihren. Die Masse des Mauerwerks bestand aus Bruchsteineu, die Zinnen, Mauergiinge und Obertheile der Thiirme aus Ziegeln bester Qualitilt, aus welchen auch die dortigen Decliantei-Kirche St. Jacob zum grossen Theile erriehtet worden ist. Bei quadra- tischer Grundform traten die abwechselnd 16 bis 20 Fuss breiten Tiiiirrae mit etwa 8 Fuss liber die Mauerflucht in den Graben vor, um diesen bestreichen zu konnen. Die mittlere Hohe der llauern betrug 20 Fuss, die der Thiirme gegen 36 Fuss, letztere waren mit Walmdacheru versehen und einige mit sehr schonen Erkern aus- gestattet. Terracotten und Ziegel blieben unverputzt und gewiihrten im Verbande mit den gelbgrauen Bruch- steineu ein lebhaftes Farbenspiel. Wie in Beraun ging es auch in Schlan, wo die Stadtniauern und Basteien vor wenigen Jahren plotzlich niedergelegt warden, oline dass ein dringender Anlass vorhanden geweseu wiire. Eine Zierde der Stadt war das Prager Thor mit eiueni grossartigen Vorwerke, welches zugleich als besondere Uniwallung der eheniali- gen Benedietiner-Propstei St. Gotthard (der jetzigen Decanalkirche) diente. Einige Sculpturen undWappen, welche an dein Thore angebracht waren, sind an einem der uachstgelegeuen Hiiuser eingeniauert worden als Erinnerung an den ehemaligen Bestand. Man sieht unter andern das Bnistbild eines jugendliclien Mannes mit langen Haaren, die Konigskrone auf deni Haupte, der Sage nach den Konig Wenzel IV., eher jedoch Vladis- lav II. vorstellend, da das Bild mit Wenzel nicht die mindcste Aehnlichkeit besitzt. Eigenthiiinlich war das liingliche mit eineni Halbkreise abgeschlossene und ringsuni crenelirte Vorwerk, dessen Liinge iiber iiinfzig Schritte betriig. Von dein reich decorirten Thorthurine hat sich leider keine vollst'indige Zeichnung erhalten. Ein im Jahre 1864 noch bestehender Theil der Stadt- niauern mit einem zierlichen Eekthiirmchen ist seitdem verschwiuiden, Spuren von den Wiillen and Graben sind noch in der Umgebung der St, Gotthards-Kirclie zu erblicken. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Stadtmauerthurm in Beraun. Fig. 111. (Im Texte S. 77.) Detail desselben. Fig. 102. Im Texte S. 68. Stadtmauerthurm in Schlan. Fig. 112. (Im Texte S. 78.) Stadttlior in Pracliatic. Die Denkmale der Stadt Prachatic sind ini dritteu Bande wiederholt besprochen worden, auch haben wir des originellen Charakters gedacht, durch welchen sich die dortigen P.auwerke auszeichnen. Der Gothik gehort jedoch nur wcniges an, vorwaltend ist eine mit grosser Frciheit behandelte Friih-Renaissance, deren Verbreitiing ' Miknwtc veroffentUchto in ileni oftei- ansefiilirten Werke: „Mter- tliiimer und Dcnkwiirdigkeiten von lioiinien", eiiio in.ilerisclic Abbildniig iler lierauiior .Stadtniauern, welche bei alU r Klii. htiskeit die kiinstlerisclie Bedeutung dioiser Werke erkenneii lasst. — 87 — durcli den feingebildeten und kunstfreundlichen Willielm von Kosenberg beglinstigt worden ist. An Werken gothischen Styles besitzt Pracliatic neben der gescbil- derten Kircbe und dem Literatenbause nnr das untere Tbor, ein Gescbenk der Herren von Rosenberg, welcbe Stadt imd Herrscbaft seit 1444 mit Ausnabme einer kurzen Zwiscbenfrist inne batten nnd die sicb in jeder Weise angelegen sein liessen, das Wiederaufbliiben der durcb die Hnssiten scbvver gescbadigten Stadt zu fordern. DerTbortburm ist 28 Fuss breit, bis an das Hanpt- gesims 60 Fuss boob, und oberbalb desselben niit Ecktbiinncben und einem 11 Fuss boben Krauze von Creneaux unigeben. Das flacbe Dacb wird durcb die Zinnen verdeckt und ist gegen einwarts geneigt; fiir den Abfluss des Regenwassers sind besondere Vor- kebrungen angebracbt. Ueber der spitzbogigen Tbor- otfuung tritt ein von Kiagsteinen unterstiltztes Posta- ment vor, auf welcbera in frliberer Zeit das Standbild Peter III. von Rosenberg gestanden haben soli. Die Fig-. 123. (Kuttenbei-g.) wabrscbeinlicb nur in Stuokniasse ansgetiibrte Sculptur ist abbanden gekonnnen, anstatt derselben bat man ein Genialde angebracbt, denselben Ritter zii Pferde dar- stellend, dariiber einen Engel, der das Stadtvvappcn halt. Ein abnliches Bauwerk, deren man cntlang der Donau und des Inn mancbe trifFt, kommt in Bobmen nicbt vor; der stets eigene Gescbmack der Rosenbcrger Dynasten zeigt sicb in alien von ibnen gegriindeten Denknialen, mogen sie kircblicber oder profaner Natur sein. Die Bauzeit darf um 1520 angenommen werden. Illustration: Anfriss des untern Tbores in Praehatic. Fig. 11.3. (Im Texte S. 78.) Die Stadtthore zu Neiistadt an tier Mettau mid Pilgraiii. Diese beiden mebr maleriscben als arcbitektoniscb bedeutungsvollen Bauwerke wurden nacb angebrachten Jabreszablen zienilicb gleicbzeitig, um 1525 erbaut, so grundverscbieden die Anordnungen immer ausseben. Neustadt, Nove Mesto nad Metuji, Neostadium, wurde erst 1483 durcb die Herrn von Pernstein angelegt und von Konig Vladislav II. in die Zabl der Stadte versetzt. Wir baben also eine verbaltnissniassig Junge Anlage vor uns, deren Kircben kein bobercs Alter als die Tbore anspreebcn. Die Stadt liegt auf einem ziemlicb bolienund steilen Berge, daber man sicb einige Abweicbungen von der damals iiblicben Befestigungsweise erlaubte. Der Tbortburni bat die Form eines mittebdterlicben Wobn- bauses, neben dem Tbore springt ein im Grundriss drei- eckiges Wiicbterbaus vor, binter dem Tborgebaude stebt nocb ein runder Tbnrm zur Deckung, wabrend doppelte Mauern und ein tiefer Graben die Stadt umgeben. Die innere Ringmauer ist crenelirt, die aussere nur mit einem Mauergange und Scbiessscbarten verseben ; die Befesti- gungen liegen zuni Theil scbon in Ruinen, tbeils geben sie von selbst dem Verfalle entgegen, weil sicb niemand berbeilassen will, fiir deren Unterbalt etvvas zu tbun. In Fig. 124. (Kuttenberg.) derselben ansserst scblichten aber nocb nicbt entarteten Gotbik sind aucb das entgcgengesetzte ostlicbe Tbor, die Decanal-Kircbe und das Ratbbaus erbaut, wodurcb die kleine auf eine Bergkuppe zusammengedrangte Stadt ein sebr belebtes und gebirgsmassiges Anseben erbalt. Anders prasentirt sicb das wobierbaltene siidliche Tlior in Pilgram, ein quadratiscber 65 Fuss bober Tbnrm, der mit einem Walmdacbe und iiberecks darauf gestelltem Dacbreiter bekrcint ist. An den beiden Front- seiten erbeben sicb Erker iiber das Dacbgesims und an der gegen die Stadt gekebrten Seite bat sicb nocb der Gang erbalten, welclier von der Stadtmauer in die Tbiirmerwobnung fiibrt. Die Tlioriiffnungen sind spitz- bogig und in scboncr Quader-Arbeit bergestellt, der Tborweg aber mit lialkeu iiberlegt. Die Stadt besitzt nocb einen zvveiten iibnlicben Tburm, und viele alter- tbiimlicbe, dem XVI. Jabrbundert entstammende Hauser, wie aus der beigefiigten Abbildung des Tbores zu erseben ist. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Siidlicbes Tbor in Pilgram. Fig. 114. (Im Texte S. 79.) Nachoder Tbor in Neustadt. Fig. 115. (Im Texte S. 80.) — 88 — jedoch .si)ateren Urspninges ist, hat man zu durchschrei- Das griine Thor in Pardubic. ^'^ ^^^^^^ f^^" 8clil:mken, mit Znreclinung- des Hel- mes ctwas ul)ev 200 Fuss holien Tluirni g-elangt, durcli Mcbr eineiu Stadt- odcv Ivatliliaustliiiniie als ciiicni welclien die Strassc fiilirt. Da,s Maiierwerk steigt oliiie Thore gleiclit das griine Tlioi-, also genannt \on seineni audere Untcrbretdiiingcn als die Tlioriiffnungen nnd vier Fig. 125. (Kuttenberg.) Kiipfcrdaclie, vvclclics sicli )iiit priiclitiger Patina, iiljcr- giosse 8pitzl)0genfcnstcr his znr Flalfte dev Gesammfliolie zogcn liat. Kin gcnumiigcs Vorvvcrk, dcsj.cn Obcrtlieii an, wo der niit Kiipfer cingcdcckte Helm beginnt. Dieser 89 — ' besteht aus drei pyrnnnidal zuviickweiclienden Absfitzen, von denen der mitcrste cine bequeine Wobiiung fur den Thurmwacbter entbalt. An den Ecken des drittcn Absatzes Tag:en vier spit/e Tbiivmcben empor, zwischen denen sieb der ungeniein scblanke obevste Theil des Helmes erhebt, welcber abermals mit vier Thiinncben umgeben ist. Ueber die Bauzeit findet sieb in Pardubic kern sicberes Datum vor, wobl aber besitzt das Ratbbans m Znaim einen ganz abiilicbeu, ja fast gleicben Tburni, welcber lant einer Inschrift ini Jabre 1445 von Magister Nicolaus, Steinnietz von Edelspitz bei Znaim, begonnen Fig. 120. (Kiitteiiberg.) worden ist. Unterbalb dieser Inscbrift beiindet sieb ein runder Scbild mit dein Steiiunetzzeicben, zwei gekreuzte lange Winkel, wie sie die Ziminerleute und Steinbauer noch inuner gebraucheii, darstellend. Dass dieserMeister Nicolaiis das grune Thor in rardubic ausgefiihrt babe, ist um so v^abrscbeinlicber, als das bescbriebene Stein- metzzeicben audi in dem dortigen von den Herren von Pernstein erneuerten Scblosse getroffen wird. Meistev Nicolaus scbeint demnacb einige Zeit iin Dienste der Pernstein, welche aus Mahren stammten, gestanden zu baben. Wir seben mitbin ein der Mittc des XV. Jahr- bunderts angehorendes, von den Pernstein gegrundetes Denkmal vor uns, denn die Burgerscliaft des damal^ unbedeutenden Stadtcbens liatte scbwerlicb die Kostcn fur solcb opulente Bauten bestreiten kouneu. » Die mit Lessenen eingefassten oben balbkreisformig iiberdeckten Zinnen des Vorvverkes kennzeicbnen sieb als ein etwas spaterer, um 1600 ausgefiibrter Erbobungsbau, wiihrend die untere Partie dem alten Bestande angebort. Illustration: Ansicbt des griinen Tbores in Pardubitz. Fig. 116. (Im Texte S. 81.)^ Das Saazer Thor in Lauii. „Wieder eine Arbeit des nnermiidliclien Benedict, mit welcber er seine Vaterstadt ausstattete", also rufen wiv sclion bei dem ersten Blick auf die Zeicbnung, welcbe alle Eigentblimlicbkeiten des Meisters offenbart. Wie deutlich zu erseben , wurde das Thor melir zur Zierde der Stadt, als zum Zwecke der Befestigung erbaut, die zierlicben Decorationen und Sculpturen der Aussenseite, aucb der angebracbte Namenszug des Konigs Vladislav II. bestiltigen, dass dieser praclit- » E.? bestenden zwei solche Thore in Pardubic, von denen das noi-dliclie nacdi Koniggratz fiihrende im Anfange unseres Jahrhunderls abgetragen Murde s. Mittlieilungen der Central-Commission II. N. F. liebende Furst, wenn nicbt Urbeber, docli jedentalls Forderer des Banwerkes gewesen sei. Der Tburm batte recbteckige Grundform, war 22 Fuss tief, 30 Fuss breit und bestand aus drei durcb Gurtgesimse abgeUiedten Stockwerken, von denen jedocb das oberste nie ganz ausgebaut worden zu sein scbeint. Ein bolzerner uber dem dritlen Stockwerk vorspringender Aufsatz, welcher eine vierte Etage bildetc, mag erst aufgestellt worden sein, als man, vielleicbt nacli Vladislav's Tode, von der ganzlicbcn Vollendung abstand. Im Jabre 1840 bestand der Bau sammt dem bolzernen Obertlieile nocli in der Form, wie ibn die beigegebene Abbildung zcigt; einige Jabre spater bescbloss irgend eine Verscbonerungs- Commission, das Ganze bis auf den Grund abzutragen und den Platz zu erweitern. Nacbdem das Werk grosstentbeils demolirt war, wurde Einbalt geboten und nacb mebrjabrigen Beralbungen endlich auf den Rumpf der aussei-en Frontmauer ein uberaus gescbmackloses gotbiscb sein sollendesGesimse aufgesetztund das Ganze bestens mit Gyps iiberkleistert. Also prasentirt sieb beute das Werk als echtes testimonium paupertatis unseres seltsam zerfabrenen Zeitalters, in welcbem man mit dem Zerstoren rascber vorzugehen ptiegt als mit dem Aufbauen. Die nocb erbaltene urspriinglicbe Tboroflfnung, wie das die Durcbfabrt bedeckende Gewolbe sind nacb englisirter Weisc mit gedriickten oben ausgescliweiften Bogen verselicn und mit fleissig bearl)eiteten Gesiinsen nmrabnit; innerbalb des von dem Gesinise umscblosse- nen Feldes sind zur Recbten und Linken grosse Tafeln Fig. 127. (Knttenberg.) mitlnscbriften augebracbt, sonst aber feblen die Ublicheu Krabben und Verdacbungen. Ein mebrfacb verkropftes Cordon-Gesims trennt das Erdgescboss von dem ersten Stockwerke, in dessen Mitte ein grosses von stebenden Lowen gebaltenes Wappenscbild tbront; unterbalb siebt man eine von zwei Tbiirmen fiankirte Stadtmauer mit Mond und Stern (das stadtische Wappen), darliber den gekronten Namenszng des Konigs Vladislav II., in Wolken scbwebend. Neben dem Wappen sind Figuren- blenden mit reickverzierten Consolen und Baldacbinen angebracbt, die Statuen aber sind abbanden gekommen, ebenso gmg die mit Fialen und Laubwerk ausgestattete 12 — 90 — Kvonnng- bei dem Abbruche mid der theilweisen Recon- stmirung des Tliores zn Grunde. ' Wie Meister Benes das oberste Stockwerk gestalteii wollte ist uiibekannt ; das nnr 7 Fuss hobe glatte Mauer- werk zeigt uicbt die inindeste Spur von Gliederuiigeii, ja nicbt eiiimal von Fenstern oder Scbiessscbarten. Dass der Prager Briickthiirai nachgebildet werden sollte, ist miverkennbar, audi ist gewiss, dass die Copie wait binter dem Original zuriickblieb. Trotz der meister- baften Ausfubrung und des scbonen Quaderwerkes niacbte docb der Ban in seinem ebeinaligen Bestande keinen demAuge wobltbatigen Eindruck; die gedriickte Form des Tbores, das abwarts verkroplte Gesimse und die zu geringe Hobe des ersten Stockwerkes konnten durcb eine freiere Gestaltuug des Obertbeiles nicbt mebr wesentlicb geboben werden. Der bolzerne etwa uni 1600 liinzngefiigte Anfsatz, welcben uusere Abbibiung zeigt, war jedenfalls die beste Ueberdeckung des Gebiiudes, die sicb ausfindig macben bess. Die nocb vorbaiidenen Inscbriften entbalten Bibelstellen und Sentenzen, unter Anderem aucb folgenden, die Bauzeit Fig. 128. (Kuttenberg.) docunientirenden Sprucli: j Proprium eomoduni, occul- tum odium, juvenile consilium subverterunt lomaiium iiii])erium. Felix civitas, que edificalur tempore pacis a. d. MCCCCC. t Illustration: Grund- nnd Aiifriss des Tliores zu Laun in seinem Iriiberen Bestande. Fig. 117. (Im Texte >S. 82.) Anderweitige Thorthiirme. ^ Auderc Tliorc und Stadtin;iueni mit kiinstlcriscli bemerkensvvertlien Ausstattungen baben sicb nicbt er- lialten und sogar die Zabl der cinf'acheii Tiiurme ist auf wenige Exemplarc bcsclirankt worden. Das Prager ' I'if, oljiyi; .Scliildening liBzii^hf sii li auf lien licstaiid cics Thoi-<'s , wie es uoch Mill ausKCsehcii hat. Weiiii auc:li iliu Krontiriauor des (jrsloi] .Stockcs mit (lein Wappeii erlialtcri wurde, lialxiii docli diu .Si'ulptureii nnd .Steiiiiiuizlarbfi- teri solchen Soliadcn gelittcii, dass sie sicli niclit melir Ijeurtliciliiii lassen. Tlior in Budweis, eine mittelalterlicbe mit grosseni Vor- werk verseliene Aniage zeigt nur nocb die urspriinglicbe Grundgestalt , zwei Tbortlilirme in Pilsen wurden vor eiiiigen Jabreii abgetragen, nacbdein Kolin, Kuttenberg, Cbrudim, Jung-Bunzlau und die meisten grosserenStadte ihrcMauern und Tbiirme schon um Beginn unseres Jabr- bunderts verloren batten. Ein zwar sebr einfacbes aber in guten Verhaltnissen angeordnetes Tlior siebt man in Taus, ein abnlicbes besitzt das Kloster Hobenfurt, letzteres bemerkenswerth wegen der daselbst ange- bracbten Schlosserarbeiten. Nennen wir nocb die Wasserpforte in Eger, das Libocaner Tbor in Saaz mit einem Zwinger und der Inscbrift, dass dasWerk im Jabre 1463 vollendet worden sei, ferner das Prager Tbor in Beraun, so diirften die wichtigsten dor nocb im Lande bestebenden derartigen Baiiwerke aufgezalilt sein, nacbdem aucb in der Stadt Tabor kiirzlicb des Babnbaues wegen die alten Tbore abgetragen worden sind. Alle diese nocb vorbandenenBauwerke baben recht- eckige Grundgestalt und sind mit boben Walmdacbern bedeckt, es kominen weder doppelte Tburmstelluiigen, zwiscben welcben sicb die Pforten betinden, nocb Flan- kirungen mit kleiiiern Thiirineu vor, wobl aber trifTt man liie und da Reste von bedeutenden Vorwerken und Zwin- gern, welclie nacb den Hussitenstiirraen und vor dem dreissigjalirigenKriege angelegt wurden. Betracbtet man die versehiedenen Kupiersticbe mit Ansichten derllaupt- stadte Bobmens, welcbe um den Scbluss des vorigen Jabrbunderts veroft'eiitlicbt wurden und von dencn Jaroslav Scballer inelirere seiner allbekannten Topo- grapbie beigefiigt bat, wird man so recbt gewabr, welcbe uugeheuren Verluste an Denkmalen das Land ini Laufe des XIX. Jalirbunderts zu beklagen bat. Dabei ist am meisten zu bedauern, dass nur ausserst wenige getreue Abbildungen von den verloren ge- gangeneii Werken auf uns gekonnnen sind. Rathhauser, Amtsgebaude. Das Altstiidter Rathhaus in Prag. Nocb viel iibler als mit den Befestiguiigen und Tlioren siebt es mit den Ratbliausern aus, von denen nicbt ein einziges der Zerstiirung- oder dem Restau- rationscifer viillig entgangen ist. Ueber die stiickweise Erbauung des Altstadter Ratliliauses zu Prag, seine Ca])clle und den Saal wurde im III. Bande ausfiibrlicli bericbtct. Um 1490 crfubr das Gebiiude aus unbekann- tein Grunde eine durcbgreifende Aenderung und zwar in jenem Theile, welcber zwischen der Capelle und dem Saalbau Hegt. Dieser Tract wurde zu einem Treppen- bause mit imposanter Vorballe eingericlitet, welcber Bau im Jabre 1842 nocb bestens erbalten war, aber wegen einer projectirten Ervveiterung des ostlichen Fiilgels eben so voreilig als das besprocbene Tbor in Laun dem Abbrucbe vcrfiel. Die um den Scbluss des XV. Jabrbunderts ausgefiibrten Ratlilnuisbauten zeich- neii sicb durcb mogliclist kiinstliche Steinmetzarbeiten aus, welclie wegen ibrer Zartbeit selbst von Kennera fiirllolzschnitzereien angeseben werden. Erbalten baben — 91 — sich ein kleines Portal, welches dermal den gewohn- lichen Zugang zu den Aints-Localitiiten bildet, ein daneben befindlielies grosses Fenster, dann die als Wahrzeichen beriilunte Unu-ahmung- der astronomischen Uln-, Arbeiten von soldier Zierliclikeit and Vollendung, dass man sie dem Veit Stoss zusclireiben moclite. Mijg- lich, dass dieser Meister, welelier 1489 bis 1492 in Krakau tbatig war und 1495 nach Niirnberg ziirliek- kehrte, wahrend seiner Reise sich in Prag anfgehalten uud bei Anfertigung dieser Werke niitgewirkt habe. Das Ratlihaus in Leitmeritz. Gleich dem Prager Rathhause besteht das zu Lcit- nieiitz ans den verschiedenartigsten Bruchstiicken, wenn Vollendung dieses Theiles. In der beigefiigten perspec- tiv i chen Ansicht lassen sich drei Bau-Perioden sehr oenau unterscheiden, namlich im Erdgeschosse d;e & "te von etwa 1345, die zweite nach den. Brande von 1537 im Aufbau, nnd die dntte von 1660 in den Giebeln. Der schwere Bogengang im Erdgeschosse rlihrt noch aus dem XIV. Jahrhundei^ her, die fe^^^bepfeilei jedoch wurden erst nach dem Brande von 153Jj^"8e- baut als das ^^auerwel■k gelockert worden wai. Ans dfeser weiten Bauzeit schreiben sich die Gesiinse und Fenster der oberen Stockwerke her, wahrend die mit L ssenen ausgestatteten Gicbelauisiitze das vovgeaj^e XVII. Jahrhundert verrathen. Aut dem der ostl.chcn Ecke zugekehrten Strebepfeiler ist das Standbild ernes .e ami d en Ritters (ein Rolands-Bild) aufgestellt, un erhalb waren die' gesetzmassigen Leitmeritzer L^ g n nnd Hohlmasse^angebracht. Der entgegen- gesetzte Strebepfeiler zeigt eine in yier Absatzen auf- lebaute Fialen-Pyramide von ziemlich ^geS ^ed^ Form wie denn die sammtlichen zwisclien 1537 bis 154U ausgefiihrten Steinmetzarbeiten nur alsErzeugnisse eines gewohnlichen Handwerkmeisters angesehen werden ^'''""im Jahre 1852 wurde das Rathhaus nach dem es Utngere Zeit wegen Baufalligkeit unbevvohnt.,gestanden hat?e, in verstilndiger Weise restaurirt ^^^^ gegenwartig die Localitaten mehrerer ka.seiUcliei Fig. 129. (Kiittenberg-.) auch hier die ursprlingliche aus der Zeit des Kaisers Karl IV. herriihrende Anlage noch zu erkennen ist. Diese wurde bei den spiitern Umbauten im allgemeinen beibehalten, die Masse des Gebaudes aber, insbeson- dere die dem Marktplatze zugekehrte Frontseite ent- stanimt dem vorgeriickten XVI. Jahrhundert, wie sich aus den mehrfach angebrachten Jahreszahlen ergibt. Die Anordnung des Hauses ist im dritten Bande beschrie- ben worden. An der Hauptseite zieht sich, wie fast an alien mittelalterlichen Ratlihausern Norddeutschlands, ein Laubengang hin, liinter welchem Marktschreiber Stadtwage undWacht-LocalitatenPlatz gefunden haben; dariiber breiteten sich in den beiden obern Stockwerken der Saal und die Amtsstuben aus. Die innere Emthei- lung ist grosstentheils im Styl der deutschen Frlih- Renaissance gehalten; bemerkenswerth sind der sehr elegant vertafelte Rathssaal mit cassettirter Holzdecke und vielen Schnitzereien, dann eine steinerne Pracht- treppe, welche vom ersten Stockwerk in das zweite fiihrt. Am Aussenbau walten spat-gothische Formen vor, die meisten Fenster zeigen noch ihre alten Stiibe und Simswerke, die Wolbungen der Laubengaiige sind spitzbogig und die an einem Strebepfeiler angebrachte Jahreszahl 1539 gibt Kunde von der bewerkstelligten Fia- 130. (Kiittenberg.) Aemter, wahrend ein anderes Gebaude als Rathhaus dient. Dort wird das beiiihmte Leitmeritzer Cantionale, ein grosser mit kostbaren Miniaturen versehener Perga- ment-Codex aufbewahrt, welchen der Primator Repnic und noch ein Adeliger, Namens Jacob Ronovsky von Wclgnau gestiftet haben. Ein zweites ebendaselbst aufbewahrtes Miniaturwerk wurde auf Veranlassung eines Peter Pecha durch den Prager Illuminator Johann Taborsky von Klokotska Hora ausgeflihrt. 12* — 92 — Illustration: NordwestHclie ' Ansicht des Rntliliauses zii Leit- meritz. Fig. 118. (Im Texte S. 83.) Das Rathhaus in Tabor. Oft iiberbaiit iiiul iinigeandert besitzt das Rathhans zn Tabor noch immer eiiiige wohlerlialtene Partien von . /. ■ . I — i I I m. : ■ .'^ " Fig-. 131. (Kutteuberg.) - . . hochster Wichtigkeit, darnnter eine sclione Vorhalle im ersten Stock und den grossen Saal, welclier jedocli vor einiger Zeit durch Zwischenmaiiern in drei Zimnier abgetheilt wurde. Alle Gemacher sind diircli berrliche Scnlpturen gescliniiickt ; im iiberwolbten Vorliause sielit man ein 9 Fnss holies mit Astwerk nmralimtes Wnppen der Stadt von bewunderungswiirdiger Arbeit, eben so schorie Ausfiihrung zeigen audi melirere Tliilrgewande. Der nunmehr abgetheilte Saal konnte durch Entfernung der eingefiigten Manern ohne grosse Mlihe wieder in den alten Stand versetzt warden: er war eingewijlbt, 63 Fuss lang, 42 Fuss breit und wurde durch zwei acht- eckige Pfeiler unterstiitzt. Die Gewolbe haben Netzform und an den wohlerhaltenen Gurttragern sind Biisten, augenscheinlich Portrats der damaligen Biirgermeister und Priuiatoren angebracht. DieseBusten lassen italieni- schen oder beinahe antikisirenden Einfluss erkennen und finden in dem der Sculptur gewidmeten Abschnitte ein- gehende Besprechung. Das Rathhans wurde etwas friiher als die Pfarr- kirche ausgefuhrt, die Sculpturen aber schreiben sich, wie eine an dem grossen Wappen angebraehte Inschrift documentirt, aus den Jahren 1508 bis 1512. Alle Bau- theile sind aus Granit, die P)ildliauereien aus Sand- stein hergestellt worden. Die Riickseite des Rathhauses ist noch streng mittelalterlich und auf Angritt wie Vertheidigung ein- gerichtet : holie Zinnen und Mauergjinge, Pechnasen und Sehussliieken verrathen, dass im hussitischen Tabor der kriegerische Gcist um 1500 noch nicht einge- schlafen war. J)ie Rathhauser in Egei% Saaz, Kolin, Kuttenberg und andcren Orten. Mit Ausiiahme der oben hcs(diricl)enen Bauwerke kommt gcgcriwartig in liiihmeu koin altcrtliiimliclies Rathhans mehr vor: die meisten sind verzopft worden, in manchen Stadten, wie zu Budweis, Eger und Briix warden grossartige Renaissance-Bauten errichtet, und nur vereiuzelte Theile, Fenster, Thiiren oder Lauben- gange haben sich hie und da erhalten. Im rlickwartigen Traote des Rathhauses zu Eger sieht man uoch Reste einer Capelle mit angranzendem Corridor, um 1470 in sehr unbeholfener Gothik ausgefuhrt, in Saaz einen grundlicli iiberklccksten Laubengang und von dem sciionen durch Herzog Heinrich von Miinsterberg er- baulen Ratiihause zu Kolin besteht noch ein einziges gegen die Hofseite gekehrtes Fenster. Nicht besser ist es um die noch von Sclialler aufgezahlten gotbischen Rathhauser zu Laun, Schlan und Klattau bestellt. Das beruhmte znm Tlieil von Raysek erbaute Rathhans in Kuttenberg brannte 1770 ah (wobei neben dem Archive eine reiche Samndung von Kunstwerken zu Grunde ging), wurde aber nicht wieiler in Stand gesetzt, sondern abgetragen und der Platz eingeebnet. Einige von diesem ausgezeiciineten Denkmal herriihrende Bruchstiicke sind an nebenstehenden Hauserii eingemauert worden, unter anderen eine seltsam gegliederte Saule, welche so ganz und gar die Manicr Raysek's ausspricht, dass wir eine Abbihlung beigefiigt haben. Nach einem ehemals im Besitze des k. k. Con- servators Vocel betindlichen, wahrscheinlich an das Landes-Museum iibergegangenen Aufrisse des Kutten- berger Rathhauses, welcher kurz vor dem Brande ge- fertigt worden sein soli, war dasErdgeschoss von einem Laubengang umgeben : im ersten Stockwerke befand sich der grossartige Saal, historisch merkwiirdig durch viele daselbst abgebaltene Landtage. Soviel sich aus der Fig. 132. (Kuttenberg.) Zeichnung entnehmen liess, war der Saal durch sieben in gerader Flucht liegende rechteckige, reich decorirte Fenster erieuchtet, oberhalb derselben sich eine Reihe von kleinen Fenstern hinzog. Der Bau hatte nianche Aelnilichkeit mit den belgischen Stadthausern, nur fehlte in Kuttenberg ein Thurni. Dass die fragiiclie, von unge- iUiter Hand gefertigte Zeichnung eine wirkliche Aufuahme oder viebnehr einer solchen nachgebildet -worden sei, ergibt sich aus den allenthalben hervortretendeu Anklan- gen an Raysek's Baufiila-ungen, namentlich seiner Vorliebe iiir Umwandlungen der Polygone. An alien seincn Wer- ken, namentlich den Sacraments-Hiiuschen kommt vor, dass ein viereckiges Postament mittels eines Sechs- oder Achteckes in die mannigfaltigsten Vielecke hbergeht, — 93 — bis eiidlich wieder das Quadrat, ersclieiiit. Ein Beispiel seheii wir in der dem Ratliliausbau entstanimendeii Saule. Illustration: Ueberrest vom Rathhansbaii in Kiittenbcrg. Fig. 1 1 0. (Im Texte S. 84.) Das Miinsterberg'sche Hans uiid das JJiscliofshaus in Kutteiiberg. Diese beiden Hliuser sind alleni Anselieine iiacli zu amtliclien Zwecken erbaut worden . audi sollen beide cin Denkmal seltenster Art birgt; erst im Hofe und an dcr Riickseite gewalirt man einen mit Bogen Ornamen- ten wnd schonen Fenstern aiisgestattetcn Thiirm, den letzten, aber voUstaiidig erhaltenen Rest des mit k(3nig- licher Praclit eingerichteten Gebiiiides. DerTborm liangt an der Siidseite mit dem jetzigen Wolinliause znsamnien und ist nur von bier aus zuganglich , die anderen drei Seiten liegen frei. Die unteren Gescbosse enthalten keinen bemerkenswertben Gegenstand, und sind mit einfacben Kreuzgcwolben iiberdeckt, im dritten Stock- vverke gelangt man durcb ein kleines Vorgemaeb in ein viereckiges Pracbtzimmer von I2Y2 Fuss (juadra- tiscber Ansdebnung. dessen Ornamentirung feenbaft ge- nannt zu werden verdient. Die grossen, in Niscben ein- Fig. 133. (Kuttenberg.) den Namen „Hradek" gefiibrt baben. Weder von diesem nocb von jenem sind die ersten Besitzer und die Bnn- meister bekannt, dock war das erstgenannte, dem alten Rathbause gegentiber liegende Gebiiudc nm das Jabr 1480 ini Besitze des Fiirsten Heinricb von Miinsterberg, welcher als Erbauer angeseben wird. Die Vorderseite ist total modernisirt und verratb nicbt, dass das Innere gerliektenFenster gewahren anmutbige Fernsicbten uber das Tbal, in desscn Mitte sieh das Cistercienser-Kloster Sedlec erbebt, die Wiinde waren mit Goldbrokat iiber- kieidet, von welcbeni nocb BrucbstiicUe zu bcjnerken sind; die Krone des Ganzen aber bildet die Decke, ein Halbkugelgewolbe, dessen Scbeitelpunkt 18 Fuss iiber dem Boden des Gemaches liegt. Die Wolbung rnht aul' — 94 — vier Zwickelsteinen unci besteht nus drei Ee'hen bei- nalie gleich grosser Werkstiicke seliv feinen Qiiadcr- sandsteines, die in conceutrisclien Kreiseii den Seliluss- stein nnigeben. Von den Ecken aus ziehen sich doppelte Rippcn in niannigfaltigen Verscbliugnngen dnrcli den Ranm und bilden einen aoliteckigen Stern, als dessen Mittelpiinkt der niit dem scblesiscben Adler ansgestattete Scbhissstein ersebeint. Die zwiscben den Rippen sicb ergebenden Fekler sind mit eben so kunstreicli entworfeuen wie zart aus- g-efiibrten Pflanzen-Ornamenten angefiillt und es gebilrt die Duvebbildung aller Tbeile unbedingt zu den gedie- g-ensten Leistung-en der Steinmetzkunst ; weder die frankiscb-sebwabiscben, nocb die westpbiiHscben i\[eister baben den Sandstein mit grijsserer Lcicbtigkeit beban- delt. Dabei prangea alle Tlieile in voUem Farben- Fig. 131. (Kuttenberg.) selininck nnd reicbster Vergoldnng; tbeils steben die vergoldeteii Laubwerke auf gesattigtem blauen oder rothen Grunde, tbeils sind die Ornamente farbig auf G-oldgrund gesetzt. Dabei ist das Farbenspiel so friscb, als seien die Arbciten gestern erst fertig geworden. Gegen die sebr willkiuliclie Jiehandlung des go- thiscben Ornamentes werden unsere gestrengen Ricbter zwar ma,ncberb'i Einwcndungen zu erbeben wissen, aber am Kudo docb mit Hcfriedigung eingestehen, dass keinc der Renaissance entlebntcn Formen eingefiocbicn worden scien. Was den besondcren Zweck dieses Prunkgemacbes anbelangt, scbeint dcrselbe in cinigeii nocb wolil- erbaltenen Einricbtungen vollstandig ausgesprocben zu sein. An der Ostwand betindet sicb in der Holie von vier Fuss iiber der Rodentiacbe ein kleiner, mit Mantel ausgeladener Fcuerberd und Scbornstein, abnlicb den Leuchten, welebe man nocb im Scliwarzwalde und in abgelegenen Gegenden Tyrols tritft, um den Raucb des - Licbtfeuers abzuleiten. (Die vor etwa 40 Jaiiren nocb allgemein iiblicbe Beleucbtung der Spinnstuben durcb Spine oder klein gebaltenes Holz ist erst durcb die Ver- breitung derPetroleumlampenendgiltigverdrangtworden. Ein solcbes Licbtfeuer erforderte einen etwa zebn ZoU weit in das Gemacb vortretenden Raucbmantel mit darunter betindlicber Feuerplatte, und eine 21/3 bis 3 Zoll weite Raucbrobre. Hebel in seinem Gedicbte ,,der Karfunkel" bescbreibt diese Beleucbtung der Bauern- stuben in selir anzicbender Weise. Neben dem kleinen Karniu siebt man ein als Ausguss angebraebtes Beken, ein otfenbarer Beweis, dass bier cbemiscbe Unter- suchungen gepflogen wurden. Aucb biingeu vier eiserne Hacken, voni Gewolbe berab und sind mit den Rippen organiscb verbunden. welebe bestimmt waren, Instru- mente, Wagen u. dgl. in der Scbwebe zu erbalten. Nnn war Fiirst Heinricb Miinsterberg, Podebrad's Sobn, liin- gere Zeit Vorstand des bolimiscben Mlinzamtes und der Silberbergwerke; er scbeint niitbin in diesem Gemacbe chemiscb-pbysikalisclie Untersucbixngen augestellt und dasselbe zu seinem Studierzimmer erwjiblt zu baben. Der Fussboden des Zimmers, welcber gegenwartig mit Fliessen und Sandsteinplatten belegt ist, scbeint ein mosaikartiges Dessin entbalten zu baben. An diesen Tburm kniipft sicb die Sage, dass Tycho de Brabe denselben bewobnt und in dem bescbriebenen Gemacbe Beobachtungen angestellt babe. Kaiser Rudolpb II. biclt sicb allerdings ofters und gern m Kuttenberg auf, aucb befaud sicb Tycbo de Brabe in seinem Gefolge, wober die Sage riibren mag allein astronomiscbe Beobacbtungen konnten weder in dem Tburme nocb im ganzen Gebiiude vorgenommen werden, da die Siidseite vollstandig verbaut und von Natur aus verdeckt ist. Gegenwartig wird dass Tburmznnmer nicbt benlitzt mid scbeint bereits seit Jabrbunderten leer gestanden zu baben, da an keiner Stelle eine Besebadigung wabrzu- nehmen ist. Illustrationen: Durcbscbnitt des Tburmzimmers, Fig. 120. (Im Texte S. 85.) Zeicbnung des Gewolbes, im grosseren Massstabe. Fig. 121. (Im Texte S. 85.) Fensterprotil. Fig. 122. (Im Texte S. 86.) Gurtwiderlager, Eckcapital. Fig. 123. (Im Texte S. 87.) Protil der Gurten. Fig. 124. (Im Tetxe S. 87.) Das SteinerneHaus'(Kauienny dum, aucb Biscbofs- baus genannt) liegt am Topfermarkte, so ziemlicb auf dem bocbsten Punkte der inneren Stadt und ist, von nebensacbliclien Rcparaturen abgeseben , vollstandig erbalten. Ueber die Griinder fehlen alle Nacbrichten, und es bat sclbst der aus Kuttenberg gebiirtige Arcbiio- loge E. Vocel niclit cinnial Vermutbnngen ausgespro- cben, obvvobl er mebrere Abbandlungen iiber dieses _ 95 — Denkmal veroffentliclite.' Die alteste Nacbricht. welclie sich voriindet, riilirt aiis dem Jahre 1506 her. Damals evwai-b die Stadt Kuttenberg dieses scliou besteliende H:uis uud fuhrte in dasselbe iim Weilmacliten den HiscbofFilippo deVillanova von Sidon, Weihbiscliol von Modena, ein, welclier zur Zeit des Kirclienbannes nach Holnnen gekonniien war, inn biscbofiiche Functionen aiiszuliben. Wer die friUieren Bes'.tzer waren, ist niclit bekannt; da aber das Stadtwappen (krenzweise gelegtc Hammer) mehrmals an der Fagade vorkommt. ergibt sich die Walirscheinlichkeit, dass der ursprnngliche Zweek ein aratlicher war. Moglich dass Komg Vljxdi- slav II., der gern in Knitenberg weilte und ini walsclien Hofe wohnle, das Haiis I'iir sich selbst, oder tiir uas Berggericht hat erbauen lassen. Biscbof Filippo wobnte hiei^bis zu seinem Tode, welcher ihn schon am 20. Octo- ber des nachsten Jabres ereilte. Aus dieser Zeit scbreibt sicli die Bezeichnung „Bischofshans'S der Name Stemer- nes Haus aber diirfte aiifgekommen sein, wed die ganze Yorderseite des Erkers aus eiuer nngeheuren, 19 Fuss hohen und 9 Fuss breiten Sandsteinplatte bestelit, ein an mittelalterlichen Bauten gewiss seltencs Vorkommen. Die gegen Osten gel^ehrte Facade entbielt im Erd- geschosse ebie oftene, aus zwci Bogen bcstehende Vor- halle, welche erst vor etwa vierzig Jahren vermauert worden ist, sonst aber die urspriingliche Gestalt bewalirt hat Die Breite des ganzen Hauses betriigt 33 Fuss, die Hohe bis an das Dacligesimse 51 Fuss, worliber sich noch der mit Inbegriff der Kreuzblume 39 Fuss hohe Giebel erhebt. Der Bogengang wird durch Strebepteiler nnterstiitzt, der Mittelpfeiler ist zugleich Trager eines prachtigeu Erkers, welcher sich liber das Hauptgeschoss liinaufzieht und im zwciten Stockwerke einen offeiien Balcon bildet. Dieser Erker diente ehenials als bischot- liche Hauscapelle und diirfte urn 1506 eine bedeutende Aenderung erfahren haben, als man das Haus tur den Bischof einrichtete. Das 4 Fuss tiefe und Q'/^ Fuss breite Erkergemach ist mit zierlichen Netzgewolben bedeckt und besteht aus zwei Abtheilungen, in denen sculptirte Rchlusssteine angebracht sind ; rechts em Agnus Dei, links das Haupt des heiligen Johannes des Tauters aut einem Teller mit der Umscbrift: Decollacio s. Joanis baptiste in disco. Das zweite Stockwerk enthalt Wolingemacber, erne kleine Wobnung ist audi unter Dach, wahrscheinlich erst in spiiterer Zeit, eingerichtet worden. Am Erker sind mehrere Postamente und Baldachme vorbaiiden, die dort betindlichen Statuen aber gingen verloren und eine daneben eingemauerte Statue des heil. Wenzel hat erst in jiiugster Zeit an dieser Stelle ibrcn Platz getun- den. Der Giebel, ein Meisterwerk decorativer Kunst, welches seines Gleichen sucht, enthalt zwiscbcn drei aufs reichste gescbiniickten Fensteri! viele Bildhauer- werke in bocberhabencm Relief, von denen die obersten das Paradies und den Siindeiifall darstellen. In der Spitze des Giebelfeldes thront unter einem Baldachin Gott Vater auf einer Wolke, unterhalb breitet sieh der Apfelbaum aus, an welchein sich die Schlange huiaut- windet: zur Kecbten (vom Beschauer) steht Eva, den Apfel in der Hand, links Adam, der den Arm ausstreckt. I In den Ocstcrreichischeii Blatteni von Sclimiedel , .J.ihi-gnng_ 1845, Nr 78, findet .ich der er.ie von Vooel verfasste Artikel ubev das Steincrne Hau unddie kirehliche Thatigkeit des Bischofs Philipp von Sidon. En'f eZMerei.tene Abhandlung von de.nselben Verfasser >st .n dern . Sthdtewerke, welches die Buol.handUuig Laiige l.eftweise, ]S3G-18oO lKiaui,,au, entlialten. Neben Gott Vater knien auf beiden Seiten betende Engel. Diese in der Utraquistenzeit sebr beliebte Dar- steliung konnte erst iiacb eincr um 1860 vorgenommenen Keparatur entzittert werden, als ein grosses aus Stucc- masse bestehendes Wappen, welches die oberen Figuren und den Bauin iiberdeckte, sich zum Theil abblatterte. Die beiden entgegengesetzten Eckcii des Giebels sind ausgefiillt mit lebensgrossen Reiterbildern, welche ■ Fig. 135. (Eger.) wie zumTuriiier heiangesiireiigtkommen. Wer bier dar- gestellt sein sollte, ist bisher nicht sichergestellt worden : ob die beiden Sohne Podebrads, Heinrich und Viktoriu, ob die ehemaligen Besitzer des Hauses oder Konig Vladislav mit einem Genossen, ist fraglich. Die Figuren - 96 der Keiter siiul aiisserordentlieli besehiidigt, die Ge- sicliter iiiikeimtlicli : der eiue triigt einc liolic niit Federii g'esehmiickte Miitze anf deiu Huuple, der andcre eineii Helm, die Kiirper sind in Harui.sche ciiigeliiillt. Besser hahen sicdi die Pferde erlialteu, welelie der Kiinstler mit Naturwalirlieit nnd grossem Gescliicl<. in deni be-scbviink- ten Eaunie aiiziKirdnen verstand. Nach deui Tode des Biseliol's Philipp gclangte dns steinerne Hans in verscliiedene Hiinde, wiirde wiedev von der Stadt erworbcn nnd dieut gegenwiirtig nls Katli- liaus. Ebenerdig beiinden sicb Kan/deien, ini erstcn Stofkc, welclier dnrcli eine Zv\'ise]iendeekc abgetlieilt wnrde, der Saal nnd dariiber die verscluedenen Amts- Localiliiten. Ini Paale wird ein treifiicii in Hok/. ge- selinit/tes Christusbild, ganze Figur, verwahrt, wek'lies Fig. 13G. (Lcitineiitz.) ans deni alien Katldiansc gerettet wnrde nnd ini dortigen Saale zwiselien den zwolf Aposteln aufgestellt gewesen sein soli. Cluistns ist als Ecce homo, wie vor Pain 1 us steliend, dargestellt, ein Tncli nm die Lcnden gesclilnn- gen, die Hiinde liber die Pn-nst gelegt. Gefertigt wnrde die Fignr 1511 von Meister Jacob aus Knltenberg, deni tiiohtigsten der danialigen liildlianer Bobmens. Die nieisten seiner Arbeiten sind bei deni Katiiliausbraiide nntergangen, der lierrliche, von ibni gel'ertigte Hocli-Altar in der Barbara-Kircbe wnrde aus Unverstand von den Jesuiten, als n t raqui sti sehes Werk, zerstort. Nalie- res iiber diesen Kiinstler und seine Werke am geeig- neten Orte. Die Ansiiilirnng der Masswerke, Gesimse und Ornaniente wetteifert in Beziig- anf gediegeiie Ansiidi- rung mit den Arbeiten im i\liinsterberg'sclieii Hanse, docli riiliren diese zwei Bauten gewiss nicht von eineni nnd dcmsellien Meister ber. Die Oniaiiientik des be- scbi iel)eiieii'rbnrnigeniH(dics eriiiuert viell'aeb an Paysek's Manier, wilbicud das Steinerne Hans vied alterthiiin- lielier erselieint. Ob nun der Meister Hlazek, welcber in den Verbandlnngen der Knttenberger Steinmetze ge- nannt wird, oder jener Hanns, der den Bauder Babara- Kirclie zebu Jabre bindurcli leitete, dieses Gebaude aufgefiibrt haben, wird w(dil fiir immer unanigeklart bleiben. AVir werden anf diese Kuttenberger Kiinstler nocii mebrnials ziiriickkominen. Der Bau des Steinernen Hanses wurde scliwerlicb vor 1470 begonnen, diirfte sicb nach den obwaltenden Umstiinden nicht iilier 1485 liinaiisgezogen haben, da die sorgfaltige AustVibrung anf alle Fade fiiiifzebn Jahre in Ansprncli genomnien liat nnd das Gebaude 15013 als eiu altliekaiintes angefiilirt wird. Illustration en : Aufriss des Hanses, Fig. 125. (hn Texts S. 88.) Grnndriss der Erker-Capelle. Fig. 126. (Im Texte S. 89.) Prolil der Erkerauskaduiig. Fig. 127. (Im Texte S. 89.) Protil der Feustergewiinde, im Grund nnd Aufriss. Fig. 128. (Ira Texte S. 90.) Laub werke. Fig. 129. (Im Texte S. 91.) Giebelblume. Fig. 130. (Im Texte S. 92.) Oeffentliche Denkmale;, Brunnen. Der Stadtbriiiinen in Kutteiiberg. Audi in dieser Beziebung ist Kuttenberg die einzige Stadt, welcbe Bedeutendes ant'znweisen hat, und zwar einem Ganzen wohlerlialtenes Werk, desseii Bauzeit durch die angebracliie Jalirzahl 1497 documentirt ist. In deroberen Stadt inmitten des langgezogenen Haupt- platzes stebt ein Gel)aude, welches wie die romischen Wasser-Castelle ein geraniinges Bassin enthalt^ aus dem die sanimtlieben 15rnnnen der Stadt gespeist werden. Das Wasser wird aus einer ziemlicb weit entfernten Quelle mit Robren in dieses Bassin geleitet und von bier aus an die einzelnen Wasserkasten vertbeilt. Da die Stadt kein anderes Trinkwasser besitzt, bat man die Quelle schon in alter Zeit lioch in Eliren gehalten und desslialb den kostbaren Stadtbrunnen, eigentlich ein nm das Bassin hernmgezogenes Gehiiuse, aufgefiilirt. Ein regulares Zwolfeck mit kleinen, an den Ecken vorspringeuden Strebepfeilern bildet den Grnndriss, dessen iinsserer Durchmesser in der Diagonale von einem Strebepfeiler bis zu dem gerader Linie entgegengesetzten 29 Fuss betragt. Die ver- ;54 Fuss, in iiiittelte Hohe ist dermal noch 11 Fuss, war aber einst bedeutender, da sicli iiber dem gegenwiirtigen Bestande noch ein zweites Stockwerk erbob. Dieses obere Stock- werk halte, wie sicb aus nocli sichtbaren Ansatzen ergibt, seclisseitige Griindforin und gipfelte sicb zu einer Laterne. Ob dieser Aufbau je ganz vollendet war, ist zweifelhaft, eine noch vorliandene iiltere Zeich- nnng, wclclie von Prof. Vocel an den Dombaumeister Kranner iiberging, gab Vcranlassung, dass eine der- artige Restauration in Vorschlag gebracht wnrde, die aber nicht zur Ausfiibriing gelangtc. Gegenwiirtig ist der Bau mit einem tlachen, vor 70 Jahren aufgestellten Dache versehcn, aiich wurdeii damals zwei gescliniack- lose Thiiren eingefiigt und das Bassin erneuert. _ 97 — Wie man in Kuttenberg und der Umgegend der- mal alle gotliisclien Bauwerke dem Raysek zuzu- sclireibeii gewohiit ist, wird auch sein Name mit dem Stadtbi'imnen in Verbindung gebracht, wiewoiil mit Un- recht; wir erkennen hier vielmehr dieselbe Hand, welche an dem steinernen Hause nnd wahvsclieinlicb an vielen Privat-Gebauden Kuttenbergs thiitig war. Der Aufriss zeigt an jeder der zw(3lf Seiten relietirte ]\[asswerke von fensterartiger Form mit Wimbergenkronung, aiis den an den Ecken befindlichen Strebepfeilern ent- wickeln sicb Halbsaulen auf welchen abwechselnd Figuren-Blenden mitBaldacbinen undFialen angebracht sind. Die Standbilder felilen, wie es gewohnlich der Fall ist; die Masswerke, Capitale und soustigen Detail- lirungen sind grosstentheils erbalten, doch droht bei der mmuterbroclien von innen herausdringenden Fenchtig- keit das ganze Werk anseinauder zn fallen, wenn nicht bald eine iimsichtige Restauration eingeleitet wird. Ob die bereits 1867 beschlossene planmassige Reparatur ausgefiihrt wurde, haben wir nicht in Erfahrung bringen kounen. An den Masswerken herrscbt das System dor Abwecbslung, jede Seite ist anders gestaltet: die Aus- fiihrung aller Theile, besonders der Capitale undKrabben wetteifert rlihmlich mit den Arbeiten am steinernen Hause. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Unterer Grundriss des Stadtbrunnens. Fig. 131. (Im Texte S. 92.) Oberer Grundriss. Fig. 132. (Im Texte S. 92.) Aufriss einer Seite des Zwolfeckes. Fig. 133. (Im Texte S. 93.) Protil der Strebepfeiler und Masswerke. Fig. 134. (Im Texte S. 94.) Die Stadtbrunueii in lauu nud Kdiiiggratz. Ein auch nur im entferntesten mit dem Kutten- berger Stadtbrunnen zu vergleichendes Denkmal kommt in Bbbmen niclit vor: der beriihmte Brunnen in Laun, welchen der Steinmetz und Bildhauer Vincenz Strazryba um 1560 fertigte, soil im gothischen Styl angeordnet und sogar mit Gusswerken aus Bronze ausgestattet gewesen sein, wurde aber 1770 in fast muthwilliger Weise zer- stih't. Eine von Johann Moyses, Burger und Organist in Laiui, verfasste Beschreibung dieses Monumentes lautet also: „Im Jahr 1572 den Mittwoeh nach Rogate ist ein ueuer Rohrkasteu unweit des Rathhauses angelegt und mit vielem Aufwand prachtvoll von Vincenz Strazryba den 13. August desselben Jahres aufgestellt worden. (Es ist hier nur von der Aufstellungszeit die Rede, die Arbeit scheint wenigstens zehn Jahre friiher begonnen worden zu sein). Das Wasser floss dnrch acht kleine Rbhren in den Kasten. Der harte Quaderstein wurde dazuvon Tetschen genommen, auf der Elbe bisLobositz gebracht und von daher bis Laun auf der Achse gefiihrt. Die Form des Rohrkastens bestand aus 12 Qua- dratwinkeln, war 12 Ellen weit und 6 Ellen tief. ' Der ' DerBericht des Moyses ist ein .\uszug aus einem verloren gegangenen, in 'bohiriischer Spiache getchriebenen Stadtbuche. Der Berichterstatier kann sich nicht immer klar ausdriickeii : er meint init den zwolf Quadratwinkeln ein ■•egulares Zwb'lfeck. Die obigen in bohmisclien Ellen angegebenen Masse stimmen genau mit donen des Kuttenberger Bruniiens iiberein und es ist aus der ganzen Beschreibung ersichtlich, dass Strazryba denselben zum Vorbilde nahm, aber die ligiirlichen Ausstattungen nach eigener Erfindung hinzufiigte. Boden desselben ist so vortheilhaft gelegt worden, dass das Wasser durch einen unter der Pforte kiinsthch angebrachten und gewolbten Gang in das Bad abfliessen konnte. Ueber den gewolbten Boden des Rohrkastens warden Ziegel gelegt und darauf erst ein doppelter und grosser Quaderstein angebracht, der durchaus mit Blei Fig. 137. (Leitmeritz.) desswegen befestigt wurde, damit sich das Wasser darin aufhalten konnte. Um den Rohrkasten herum wurde eine anderthalb Ellen starke Mauer, so wie auch unter der Stiege desselben so breit aufgefiihrt, dass sie die Breite der Stiege erreichte. (Der Rohrkasten war mit Stufen umgeben, welche untermauert wurden.) Ober der Stiege (den Stufen) wurden in dem Umfang des Rohrkastens zwolf Historien aus der heiligen Schrift, die sich auf das Wasser bezogen haben, meisterhalt 13 — 98 — ausgehauen, uiid liber jedeni derselbeii ein lateinischer Spruch angebracht. Ueber diesen sah man wieder eine kiinstliche Umlassuug, an welclier vier Lowen imd vier Hunde nach alter Art ausgehauen wurden, die bei ihren Fiissen das kaiserliche, das bohmisclie, ungarische nnd stadtische Wappen gehalteii liaben. Zwischen den 4^ Fig. 138. (Lhuu.) Wappen sail man Kopt'e, aus deren Munde durcb acht messingene Roliren das Wasser liinein floss. Zwischen den grossen Mannern (?) sind verscbiedene eroberte Sachen vorgestellt, unter denen wieder Faunen, Satyrn und Najaden nnd andere dergleicben Figuren zu seben waren. (Eine nicht ganz vcrstilndlicbe Stelle : es scbeint, dass niythologisclie Figuren und Trophaen arabesken- artig zwischen den biblischeu Darstellungen eingefloch- ten waren.) Auf der oberen Umfassung des Rohrkastens ist ein kleiner Brunnenaufgestellt worden, an welchera Christus niit deni saniaritischen Weibe sichtbar war, und sowohl an seiner Seite, als an jener des Weibes gol- dene Inschriften zu lesen waren. ^ Die biblischen Dar- stellungen waren liberschrieben: 1. ^Isniael abAgar derelictus, ubi in defectu aquae angelus monstrat fontem. 2. Moyses percutiens petram et populus manu coUigens. 3. Samson ex maxilla bibens, facta strage Pliy- listoruni. 4. Junior Tobias, arripens piscem, cujus intestina fugavit daemonia. 5. Rebecca, potans ad fontem camelos servi Abraham. G. Elias bibens, cui corvi cibum afferunt. 7. Jonas, ex navi ejectus, et a pisce devoratus. 8. Jonas a Cete ejectus. 9. Susanna se lavans, et Senes solicitantes eam ad turpitudinem. 10. Petrus aiiibulans in mari, et ubi mergi coeperat, sublevatus manu Christi. 11. Nuptiae in Cana. 12. Christus, lavans pedes discipulorum." — Soweit der alte Berichterstatter, aus dessen oft unklaren Worten immerhin hervorgeht, dass nicht allein ein iiberaus reiches, sondern auch ein tief durchgedach- tes Werk anno 1770 zerstort wurde. Indem er zum Schlusse sagt: so sah das Werk noch 1699 aus, fligt er die Frage hinzu: „Sed ubi sunt ista? perdita sunt, Ah dolendum!" Die angebrachten Erzgusswerke scheinen sich nach dieser Beschreibung auf acht Wasserspeier be- schrankt zu haben, wie sie auch in Kuttenberg getroffen werden : diese batten den Zv/eck, das Wasser in kleine, ausserhalb des Sammelkastens betiudlichc Grande zu uberfiihren. Die nachstehende Vorstelhmg, welehe wir uns von dem ehemaligeu Bestande machen, diirfte der wirklichen Beschaffenheit des Denkmales ziemlich nahe kommen. Auf einigen Stufen erhob sich das zwolf- seitige Wasserbehaltniss in zwei Absatzen : der untere Absatz war mit den erwahnten Reliefdarstellungen und an den Ecken mit Strebepfeilern ausgestattet. Der hohere Aufbau entwickelte sich aus den Strebepfeilern und den auf diesen ruhenden Fialen zu einer durch- brochenen galerieartigen Umrandung, welche riind gearbeitete Figuren trug. Eine ahnliche Galerie besteht am Chor-Bau der Barbara-Kirche in Kuttenberg, welche in der die Sculptur betreffenden Abliandluug illustrirt wird. Ueber die kiinstlerische Bedeutung des Strazryba konnen wir kein Urtheil fallen, da' sich ein anderwei- tiges Werk seiner Hand nicht erhalten hat und mit Ausnahme eines messingenen oder bronzenen Wasser- speiers, welcher sich nun im Landes-Museum zu Prag befinde't, kein Rest von dem Brunnen iibrig gebliebeu I Dif-elbe Vorstellung hat Wolfgang Roritzcr an dem von ihm im Jalire i-snn vollendeten Weihwasserbrunnen des Regensburger Domes angebracht. Diese Kiguren sind rund gearbeitet und etwa 15 Zoll hoch: ahnlich durfte auch Strazryba sein Bildwerk beliandelt haben. — 99 — ist.i Die Conception verrath offenbar einen wissen- kunstreichev ansgefuin-t gewesen sein: er wurde _im schaftlich gebildeten Kiinstler. vorigen Jahrhimderte anf vandalische Weise zerstort, Fig. 139. (Tabor.) Der berlibmte St. Georgs-Brunnen in Koniggriitz ohne class eine Zeicbnung oder genane Schildernng anf soil dem Stadtbrunnen zn Knttenberg ahnlicb iind noch uns gekommen ware. ' M ik 0 ve c nennt den Strazryba einen Erzgiesser, indem er auf Grund des 3iOl«lll(lSaillGll. obigen froschartigen Wasserspeiers zu dem Glauben verleitet wurde, die sHmmt- t-v -n i _c i tit i x t-j. i. lichen am Brunnen angebrachten Reliefs und runden Statuen seien Gusswerke UCV BranCll aut Cien Mai'Ktplatzen SOgenanntC furite?n 4"tindrhab^'"' Rolandsaulen aufzustellen, hat sich von Sacbsen aus 13- — 100 — nacli Bohmeu verptlaiizt und wir tinden in melireren Stadten dergleiehen Staiidbilder als Zeiclieu der Han- delsfreilieit und Stapclgereclitigkeit. Bemerkeiiswerth ist ein derartiges auf dem Mavktbruiineu zu Eger auf- gestelltes Standbild, gekleidet in die Tracht dev Lanz- kueclite des X^^ Jahrlmnderts, welches iu der recliten Hand eine Fahne. in der linken ein Wappeuscliild halt. Sowohl der Brunnenkasten wie die Siinle. auf welcher die Figur steht. haben spat-gothische Gliederung, die Saule gelit aus einem viereckigen Postamente in das Acliteck und am Capital wieder iu das Viereck iiber, das Gauze ist aber sehr beschiidigt und sebou oft repa- rirt wordeu. Erhard Bauer, Meister der St. Niclas- Kircbe, fertigte diesen Bruuneu sammt Figur 1483. niit Stillschweigen iibergangen werden, ol)wnbl sie uielir der Eenaissauce als Gothik angehoren. Yon diesen Standbildern, z>vei 17 Fuss hoheu abenteuerlich costiiniirten Gestalten. soil nach Angabe der Arnauer das Ricsengebirge seinen Xanieu erhalten hal)en. Sie sind augensclieinlicli Iniitationen derRolauds- bilder und wurden erst im XVII. Jahrliunderte gefertigt. Priyatgebaiide. Das stadtiscli blirgerliche wie das bauerliche Wohn- haus haben errst iu der nachhussitischen Zeit ihre Ausbilduug und ein testes Ge]irage erhalten. welches Resultat jedoch nicbt sowobl den durch die Revolution Fig. 140. (Deutschbrod.) Eine ahnlicbe Statue ist auf einem Strebepfeiler des Ratbhauses in Leitmeritz angebracbt und scbon bei Beschreibung dieses Gebaudes erwabut wordeu: sie halt keine Fahne, sondern eine Keule in der Recbten. gleicbt aber sonst ganz dem Egerer Bildwerk. Viel geistreicher erdacht und soigfaltiger durch- gefiihrt ist das auf einem Vorbaupte der Prager Brlicke aufgestellte Rolandsbild, welches den Platz bezeichnete, wo die Schiffer anlanden und die mitgebrachten Waareu feilbieten durften. Ringsum an dem das Bild tragendeu Brlickenpfeiler sind die Hausmarken der Kaufleute auf Scbilden augebracht, welcbe den Markt regelmassig zu bescbicken pflegten. Naheres iiber das sehr scbone P.ildwerk in dem Abscbnitte iiber Sculptur. Aucli die seltsamen, am Tburme des alien Ratb- hauses zu Arnau angebracbten Rieseu diirfen bier nicbt her\ orgerufeneu neuen Ideen, als yielmebr den Zerstorun- gen und der hiedurcb entstandenen driugeuden Notb- wendigkeit zuzuscbreiben ist. Der gleicbzeitige Wieder- aufbau uuzjibliger wabrend der Biirgerkriege zerstbrter Dorfer und Stiidte bedingte ein geregeltes Vorgebeu uud weckte das Bestreben, sich gegen Feuersgefahr mebr als in frliherer Zeil zu sichern. Im XIV. Jabrhuuderte wareu die Wohnbauser der Handwerker in den Stadteu durebaus unansehnlicb und bestauden meist aus Holz, wabrend die an den Hauptstrassen liegendeu Gebaude der Patricier und Geschlecbter je f'iir sich burgenartige Fiurichtung iiatteu, wie wir heute iiocb in so mancber ebemaligeu Reichsstadt bemerken kbnuen.i Dass es iu ' Selbst von der wegen ihres Reiclithums sprichworttich beriilmiten Stadt L'lm sagt Pre St el in seiner gediegeneu Festschrift, dass wir uns den Bau der BiirgerhHuser des XIV. und XV. Jalirliunderts nicht diirftig geuu» denkeu konnen. Sielie : TJlra und sein Miinstcr, Festschrift Ton Fried. Pressel, 1877, — 101 — Prag nicht anders aussah, erhellt aus deii Kiimpfcn, welche zur Zeit Heinriclis von Karnteu stattfanden, als die Gebrnder „ v o m T li u r m e, d i e W o 1 f 1 i n e, P u s c h e, T a 11 s e n d in a rk e" uiid aiulere in ibven Hausern Belage- rungen ausliielten and zalilreiclie Dienstmannen beher- bergten. Yon alien diesen Bauwerken liat sicli in Prag keine Spur erhalten; wir miissen zn Beschreibungen und auswartigen Einrichtungen iinsere Zuflucht nebmen, urn uns von deren Gestalt cin Bild zu entwerfen. Am auffallendsten ist, dass gegenwartig in der von Karl IV. gegriindeten Neustadt kein einziges Privatbaus mebr bestebt, an welcbem ein gotbiscber Bantlicil, Fenster, Gesimse oderPilaster, getroffen wiirde. Unter den Stiid- ten Bobmens war es nur Kiittenberg, wo sicb friibzeitig ein allgemeiner Steinbau ansbildete, tbeils well der vielen Scbmelzwerke weuen die in der Nabe gelegenen Wiilder bald abgetrieben wurden und Holzmangel ent- stand, tbeils weil Ueberfluss an trefflicben, leiebt zu gewinnenden Sandsteinen und an Kalk vorbanden war. Aucb stand Kuttenberg als weltbeberrschender Silber- markt von Anbeginn "mit Niirnberg in den intimsten Bezieliungen, welclie aucb nicbt unterbrocben wurden, als die Stadt in nachbussitiscber Zeit aufborte eine deutsche zu sein. Ganze Fa^aden von solcber Vollen- dung, wie das bescbriebene Biscbofsbaus werden aller- dings nicbt mebrere getroffen, allein dergleicben geboren uberbaupt zu den Se'ltenbeitcn : dagegen besteht in der Treppe. Darliber liegen in drei Stockwerken die Wolm- gelasse, von denen nur die in der ersten Etage befindli- cben eine unseren beutigen Anforderungen entsprecbende Kobe besitzen. Ein scblanker niit Hpitztbiirmcben aus- gestatteter Giebel kront das Hans, welcbes bei einer Hohe von circa 100 Fuss nur eine Breite von 30 Fuss einbalt. Ein im Verbaltniss zu der bescbrankten Riium- licbkeit sebr grosses Portal zeigt tretflicb ausgeflihrte Steinmetzarbeiten, Consolen, Giebelblumen und Ge- wande. Sonst trifft man in Eger nur einzelne alter- tbiimlicbe BrucbstUcke an Privatgebauden, ein paar Erker uud Fenster, aber keinen zusammenbangenden Bau. Das am Pareuther Hause eingebaltene Hoben- und Fig-. Ul. (Biidweis.) innern Stadt beiuabe kein Haus, welcbes nicbt wenig- stens ein kunstreicb aiisgefltbrtes Portal besitzt. Bemerkenswertbe, dieser Periode angeborende Blirgerbauser werden in Eger, Leitmeritz, Laun, Bud- weis und (von sebr eigentblimlicber Form) in der Silber- bergstadt Deutscbbrod getroffen; aucb Pilsen, Tabor, Pracbatic und Krumau haben nocb ansehnlicbe Ueber- bleibsel aufzuweisen. Das Pareuther Haus iu Eger. Die Nacbriebten liber dieses am Hauptplatze (dem Ringe) stehende, trefflicb erbaltene Gebaude sind dlirftig und bescbranken sicb darauf, dass in der zweiten Halfte desXV. Jabrbundertes eine Familie Pareutber oder Bai- reutber sicb in Eger ansassig macbte uud dieses Haus, welcbes gegenwartig dem Kaufmann Riedel gebcirt, erbaute. Die Form ist dieselbe, wie sie in alien deutscben Reichsstiidten iiblicb war: das Erdgescboss diente nur als sogenannte Diele zur Auflagerung von Waaren und wurde erst in neuester Zeit wobnlicb eiugericbtet, im Hinterraumebefand sicb dieziemlicb beengte undfinstere S. 112. — In Regcnsliurg, -svo sich eine grosse Anzahl burgenartiger Adels- gebaude erhalten hat, befanden sich die Wolmhauser der geweibtreibenden Biirger in abgelegenen Gassen oder Vierteln , wo die Hauser der Schmiede, Schlosser, Gerber u. s. wieder abgesondert lagen. Fig. 142. (Bnrlweis.) Breitenverbaltniss scbeint das in der Stadt allgemeiu liblicbe gewesen zu sein. Illustration: Das Pareuther Haus in Eger. Fig. 135. (Im Texte S. 95.) Wohubaus in Leitmeritz. Nacbst Eger trug die Stadt Leitmeritz in ibreu Baulichkeiten vorwaltend deutscben Cbarakter, es waren die Platze mit Laubengangen umzogen, die Giebel der Strasseuseite zugekebrt und an den Eekbausern trateu regelmassig deeorirte Eiker vor. Haben Britnde und die Modernisirungslust unserer Tage aucb bier ihre Opfer gefordert und sind die scbonen Laubeu grossten- tbeils zugebaut worden, scbimmert der altertbiimlicbe Bestand nocb allenthalben bindurcb und gibt so mancbes Haus Kunde von dem berlibmten ScbUffenbofe, dessen — 102 — Sitz die koiiigliclie Stadt Leitmeritz war. Eiues von den beinalie unversehvt gebliebenen Haasern besteht am obereu Theile des Ringplatzes und reicht mit seiner Eilckseite in den Stadtgraben hinaus. Sowohl die vor- dere wie die riiekwartige Frontseite sind der Moderni- sirimg entgangen, nur hat man die steinernen Fenster- stabe beraiisgebrocben iind an deren Stellen moderne Holzralimen eingefiigt. Das Erdgesclioss der Vorder- seite ist von der Laubc diirchzogen, dariiber erheben sich zwei Stockwerke, jedes mit drei zierlieli ausge- arbeiteten Fenstern versehen. Der in vier Absatzen aiif- gebaute C4iebel scheint etvvas jiinger zu sein, docb sind die daranvorkomniendenGesinise nacb gothisclierWeise prolilirt. Die Steinmetzarbeiten an den Fenstern zeigen Fig. 143. (Budweis.j die sorgfaltigste Durchbildung, ebeuso schon sind zwei nnter deni Dacbgesimse angebracbte Unthiere, welehe als Wasserspeier dienen. Bei einer Breite von 29 Fuss bat das Hans mit Inbegriff des Giebels eine Hohe von 72 Fuss und eine Tiefe von 108 Fuss. An der hochst maleriscben, frei in ein Gartcben vortretenden Rliekseite, vvelclie im Ganzen die vordere Ansiclit wiederbolt, er- blickt man xrnier einem kunstreicb ausgeladenen, von Saulen unterstUtzten Vordache die Reste alter Malereien. Hausmarken kommen sowohl an diesemwie an mehreren Hausern in Leitmeritz vor: eine sehr interessante ist am Mittelfenster des ersten Stockes angebracht nnd in der Detailzeichnnng mitgetheilt. Ueber Hausmarken im allgenieinen sei bemerkt, dass sie in Bohmen nicht vor der zweiten Halfte des XIV. Jahrhunderts getroilen worden, und zwar weniger an Privathausern, als in Kirchen, Capellen und ofFent- lichen Gebauden, welche von dieser oder jeuer Familie gestiftet wurden. In den rein oechischen Districten scheinen die Hausmarken nicht Eingang gefunden zu haben. rlickwartigen Kirchenplatze zu Laun besteht. Dieser Erker nimmt die Mitte eines in unseren Tagen total modernisirten Hauses ein und erhebt sich uber einer mit geschwungenen Bogen bedeckten Durchfahrt, neben welcher Strebepfeiler vortreten. Die Familie, welche den Bau hat ausfiihren lassen, ist nicht bekannt; eine liber dem There angebracbte Hausmarke, einen Schiffer- baken darstellend, Avird auch in Prag und noch an mehreren Orten getroffen, scheint daher ein Innungs- zeicben zu sein und gewahrt keinen sicheren Anhalts- punkt. Ein von zwei Ziergiebeln iiberspanntes D'^-ppel- lenster, ringsum mit Laubwerken decorirt, fiillt die Stirnseite des miissig ausgekidenen Erkers aus, an dessen Ecken nette Figurenblenden mit Baldacliinen angebracht sind. Die noch vorhandenen Figuren stellen e'nen Mann und eine Frau (wahrscheinlich die Erbauer und Besitzer des Hauses) dar, beide tragen spat-mittel- alterliche Kleidung, und stehen auf Postamenten, welche von Kopfen getragen werden. Das Haupt des Mannes ist mit einem Barette bedeckt, er ist mit einem Mantel und enganliegendem Untcikleide angetban und hat die 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Fenstergewande sammt Hausmarke. Fig. 136. dnrclibrochenen Masswerken (Im Texte S. 96.) Frontseite gegen den Ringplatz. Fig. 137. (Tm Texte 8. 97.) Fig. 144. (Budweis.) beliebten Schnabelschuhe an den Fiissen. Die Frau, deren Kopf leider abgeschlagen worden ist, tragt ein knappes Slieder und zielit mit der rechten Hand einen Uebervvurf an, wahrend der linke Vorderarm fehlt. Ober- halb des Fensters ist eine Art Briistungsgelander von angebracht, reclits und links treten am Gesimse drachenartige Wasserspeier vor und ein steiles pyramidales Daeb liberragt das Erker in Laun. Den vcrschiedcnen Wcrken des Meisters Benes, welche wir bcreits kennen gelernt haben, dart' auch ein Erker angereiht werden, der letzte, aber wohlerhaltene TJel)errest eines alten Prachtgebaudes, welches am kleine Banwerk, welches dermal ein fur sich abge- schlossenes Denkmal bildet. Mit Ausnahme der an den Statuen vorkonnnenden Beschadigungen ist der Erker bis insKleinste vollstandig erhalten, dieLaub-Ornamente und Arabesken zeigen eine Scharl'e, als wiiren sie aus Erz ciselirt und das Ganze halt vom Fussboden bis zum Dacbgesimse eine Hohe von 34'/2 Fuss, bei einer Breite von 13'/^ Fuss ein. Das Innere des Erkers ist erneuert — 103 — worden, es moclite eliemals als Frauengemach gedient liaben. Das Bau-Materiale scheiut Pirnaer (Tetschner) Qua- dersandstein zu sein, wie ilin Meister Strazryba bei seinem Bmnnenban gebrauchte. Illustration: Aufriss des Erkers in Laun. Fig. 138. (Im Texte S. 98.) Predigerliaiis in Tabor. Zienilich gleichzeitig mit dem oben bescbriebenen Erker (1510—1520) wurden in Tabor neben der Kirclie und dem Ratbhause mehrere Wohngebaude aufgefiihrt, von denen das uocb bestebende utraquistische Prediger- baus sieb dnrcb einen sebr eigentbumlicben Cliebel aus- zeicbnet. Im Vergleicb mit dem Eatbbause ist man ge- neigt, dieses Gebaude als bedeutend jiinger anzuseben, die allentbalben angebracbten Jabreszablen aber setzen die Bauzeit aiisser Zweifel. Das Hans bestebt aus dem Parterregescbosse und dem ersten Stoekwerke, liber welcbem ein kriiftiges Ver- dacbungs-Gresimse durcbziebt; die vermittelte Hobe vom Fussboden bis an dieses Gesimsebetriigt 35 Fuss, eben so breit ist aucb das Haus. Tbiiren und Fenster sind moder- nisirt, doch die urspriinglicben Formen nocb zu erkennen. Der Giebel bait mit dem unteren Bau die gleicbe Hobe ein and wird durcb Lessenen verziert, welcbe an den Dacbsaumen als Tburnicben aufsteigen und durcbbrocbene Bogen bilden, wie man unter anderen audi am Pareutber Hause in Eger siebt. Zwiscben den Lessenen sind gescliwungene masswerkartige Deeorationen eingeflocb- ten, welcbe baufig an den norddeutsohen Ziegelbauten und aucb im Donautbale, seltener jedocb im niittlern und nordliclien Bobmen getroffen werden. Trotz dieser sebr willkiirbcben al)er bildsamen Ornamcntirung macbt das Ganze einen wiirdevoUen und altertbiimlicben Eindruck, welcber besonders durch die abnlicb ausgestatteten Hauser der Umgebung gesteigert wird. Audi die Stadt Kruniau besitzt mebrere derartige Gebaude, einige verwandte Resten werden in Budweis und Wittingau gefunden. Vor dem bescbriebenen Predigerbause bestebt nocb einer von den rob aus Granit gemeisselten Conimunion- tiscben, an welcben die Taboriten das Abendmal unter beiden Gestalten einzunebmen pflegten. Zizka soli etwa dreibundert solcber Tiscbe baben aufstellen lassen, von denen Jaroslav Schaller 1789 nocb drei geseben bat, gegenwilrtig aber nur ein einziger vorbanden ist, welcben wir unserer Abbildung beigescbaltet liaben. Illustration: Predigerbaus in Tabor. Fig. 139. (Im Texte S. 99.) Hausergruppeii in Deutselibrod. DieSilberhergstadt Deutscbbrod wurde iniLaufe der Hussitenkriege dem Erdboden gleicb gemacbt und soil, wie mebrere Cbronisten bebaupten, sieben Jabre lang wtist gelegen baben. Die Bergwerke waren indess nocb immer ergiebig und die Stadt erbolte sicb nacb herge- stellten Frieden, bis sie im Jabre 1472 in einer Febde mit der Stadt Iglau abennals zerstort wurde. Wir sind uicht im Stande, den Umfang sowobl der ersten wie zweiten Zerstorung aucb nnr annahernd bestimmen zu konnen, docb ergibt sich aus der Uebereinstimmung fast aller gegenwiirtig bestebenden Privatbauser, dass sie ziemlicb gleicbzeitig und zwar um 1520— 1570 erbaut wurden. Keine zweite Stadt in Deutschland, weder Nurnberg nocb Halberstadt, Soest oder Miinster, trilgt ein so gleicbartiges spat mittelalterlicbes Geprage, als die kleine Bergstadt Deutscbbrod, deren mit spitzen Giebeln versehene Hauser sammtlich mit der scbmalen Fig. 145. (Pilseii.) Seite der Strasse zugekebrt sind. Die Hauser sind aus- serordentlicb scbmal, indem die Breite zwiscben 18 bis 27 Fuss wecbselt und letzteres Mass selten iibersteigt. Wo zwiscben zwei Hausern eine Gasse bindui cbziebt, wird diese regelmassig mit Bogen uberspannt ; aucb sind die Ecken fast immer mit vorspringenden Tbiirmcben oder Erkern besetzt. Die deutscbe Friib-Renaissance scbeint vorzuwiegen sobald man die Einzelbeiten der Bauwerke betracbtet, in der allgemeinen Uebersiclit jedocb ver- scbwinden diese Anlvlange und tritt der gotbiscbe Cha- rakter zu Tage. Man siebt Hauser mit durcbbrocbenen Giebeln, wie wir sie in Eger und Tabor kennen gelernt baben; bautig komnien aucb flacbe gegen rlickwarts geneigte Diiclier vor, so dass die Fagaden gegen oben — 104 — recliteckig abschliessen, eiue Form, welche in Budweis mit soldier Entschiedenheit vorherrscht, dass von dem beruhuiten Eingplatze aus keiu einziges Hausdacli ge- sehen wird. Die Thiiren und There sind meist spitz- bogig iiberdeckt und gothiscb prcfilirt, walirend an den Feiistergewanden und decorativen Tlieilen gothische und renaissance-artige Formen in beliebiger Abwechs- lung nebeneinander stelien. Knnstreiche Steinmetz- arbeiten, Laubwerke, Fialen u. dgl. kommen in Uentsch- brod selten vor; man musste sich bei dem Wiederaufbau der Stadt auf das nothwendigste beschranken. Illustration: Hausergruppe in Deutsclibrod. Fig. 140. (Im Tcxte S. 100.) Fig. 146. (Budweis.) ^Voliiiliauser in Budweis mid Pilsen. Der schone mit Lauben umgebene Eingplatz, wel- chen die Stadt Budweis besitzt, ist bereits ini zweiten Bande S. 14 ff. besproehen worden, aucdi wurde an der betreffendeu Stelle mitgetbeilt, dass sich an jeder Seite des Platzes nocli einige Reste erlialten haben, welche der urspriingliehen Anlage angehoren. Das am besten evhaltene, der den Platz umgeben- deu "Wohnliauser steht an der Ostseite, isl im Krdge- schosse vom Laubengang durchzogen, zwei Stockwerke hoch und liber dem Hauptgesinise mit einer Attika versehen, w^elche das flache Dach maskirt. Die Lauben- lialle wird diirch zwei mit Kreuzgewolben iiberspannte Abtheilungen gebildet, denen zwei kraftig protilirte spitzbogige Oeifnuugen entsprecheu. Oberhalb der Halle ziebt sich eiu fleissig ausgettihrtes Gesims Irin- durch, das an der Unterseite mit Zierbogen eingesaumt ist und den wesentlichsten Schmuck der Facade bildet. Die beiden dariiber sicli erhebenden Stockwerke sind zwar arg libertiincht oder vielmehr iiberschmiert worden, doch ist die alte Lessenen-Eiutheilnng ohne Miihe zu er- kennen, wie man audi bemerkt. dass anstatt der gegen- wartigeu Attika eliemals ein durchbrochenes Briistungs- Gelander bestaud. Die flachen Dacher haben sich augeu- scheinlich vom alten Passauerlande und von OberCster- reich aus uach Bohmen verbreitet, man kanu sie entlang des Innfinsses von seinem Ursprunge bis zu seiner Miin- dung in die Donau verfolgen. Auch in Salzburg, Linz und den zwischculiegenden kleinen Orten war diese Dacliform nocli vor wenigen Jabrzehnten die allgemeine, bat aber nur sporadisdi iiber die Donau gegen Norden vorgegrilfen. Andere vereiuzelte spat-gothisclie Ueberbleibsel kommen in Budweis hauHg vor, so z. B. ein selir netter Erker an der Ecke eines kleinen neben dem Domiui- caner-Kloster gelegenen Hauses, verscbiedeue ThUr- und Fenstergewande am Ringe und in der Piager Strasse, Zinnen und schmale Fenster an der Fleiscb- bank u. s. w. In Pilsen bestehen an der Ostseite des Eingplatzes noch zwei wolilerhaltene gothische Privathauser, zwar einfach, aber von guten Yerlialtnissen und besonders mit schmucken Giebeln versehen. Beide scheinen gleich- zeitig imi den Schluss des XV. Jahrhunderts errichtet worden zu sein. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Zierbogen eines Wohuhauses in Fig. 141. (Im Texte S. 101.) Erker an einem aiideren Hause. Fig. 142. (Ira Texte S. 101.) Tragstein am Erker. Fig. 1 43. (Im Texte S. 102.) Proiil und Aufriss eines Thiirgewiindes. Fig. 144. (Im Texte S. 102.) Wohnhaus in Pilsen. Fig. 145. (Im Texte S, 103.) Wohnhaus am Ring in Budweis. Fig. 146. (Im Texte S. 104.) — 105 — D Fitter Abschnitt. Holzbauten. Ueber die Verbreitung nnd nationale Entwickluiit? der Holz-Ai-chitektiu- Bolimens wiivde in dem geographi- schen Vorberichte dieses Theiles: „der Holzban nnd das landliclie Wohnhaus", bereits ausMivlich gesprocben und das interessante Vorkomnien von drei grundlieb verscliiedenen Baiiarten nachgewiesen. Ebendaselbst wurde auch das rasche Verschwinden der Holzkirchen angezeigt. ban Verbreitung gefnnden hat; so im Riesengebirge, im Bcibmerwalde nnd den westlichen Gelanden zwischen Ascb, Eger mid Tacban. HolzkirclieU;, Capelleu imd Cflockenthiirme. Zwei Holzkirchen, namlich die Wallfahrtsldrche St. [Maria uuter den Linden bei Brannau und die St. Fig. 147. (Reichenau.) 111! Innern des Landes, wo nm 1830 nach sichern Nachrichten uoch etwa 25 Holzkirchen hestanden (eine nnweit Ledec im Caslaner Kreis), sind sie aiisnahnislos verschwunden und nur entlang der Granzgebirge haben sich einige erhalten, unter denen jedoch keine Pfarr- kirche. Holzerne Capellen jedoch und Glockenthlirme, darunter viele von wirklich kiinstlerischer Durchbildung kommen in alien jenen Bezirken vor, wo der Holz- Bartholomaus-Kirche zu Kocy, beide in der Luxemburg'- schen Periode errichtet, sind bereits im dritten Theile geschildert worden; sie scheinen die umfangreichsten zu sein, welche das Land besitzt. Drei oder vier kleine im Blockverbande construirte Kirchen sollen noch im Jahre 1866 in deu Auslauferu des Glatzer Gebirges zwischen Braunau und Grulich bestauden haben, doch konnte ich, als ich 1870 die Gegend durchpilgerte, keine 14 — 106 - einzige mebr auffiiiden. In dem zur Herrscliaft Reiclien- au (Konig'gi'atzer Kreises) geliorigen Dorfe Rehberg befindet oder befand sicli uocli vor kurzer Zeit eine Holzkirebe, welclie aber nicht mehr zuni Gottesdienste gebrauebt wird. Die nacbstebende Besehveibuiig nebst einer fliichtigen 8kizze verdanke icb Herrn Arcbitekten Turek in Prag, da icli wabrend meines mebrtagigen Anfentbaltes in Sohiitz uiid Reicbenau dnrcb anbalteii- des Unwetter verbiudert wurde, das Kircbleiu in Augen- scbein zu neliraen. Dieses bestebt ans zwei Abtbeilun- gen, dem etwa 24 Fuss langen iind 16 Fuss breiten Scbiffe nud dem 12 Fuss im Gevierte messenden Cbore, der recbteckig abgeschlossen ist. Auf dem steilen walm- formigeu Dacbe ragt ein Sanctus-Tbiirmcben empor, und am Cbore ist eine nur 6 Fuss bobe Sacristei angebaut, deren Wande wie die der ganzen Kircbe aus grob ge- scbroteten Balk en gefiigt sind. Kleine viereckige Fen- ster erhellen ditrftig das Haus, welches sieb in seinem Aeussern von einem Tyroler Heustadel nur durcb das Fig. 148. (Prnsl.ivic.) aufgesetzte Tbiirmcben unterscbeidet. Aebnlicbe Kir-- cben sollen in Roketnic und Podol auf der ebemaligen Herrscbaft Solnic, eine dritte in Eiiitz (Orlice) unweit Roketnic bestanden baben, es kann jedocb nicht verbiirgt werden, ob heute noch eine derselben aufrecbt stebt. Dagegen linden sieb nicht allein in dieser Gegend, sondern in der ganzen ostlicben Hiilfte des Landes fast unzahlige Weg-Capellen und Glockenthiirme, von denen einige der interessantesten hervorgehoben M^erden sollen. Der Glockentliurm ueben der St. Gallus-Kircbe zn Reichenau darf ohne Zweifel den eigenthiimliclisten Werken beigezahlt werden, welcbe die Holz-Arcliitektur bervorgebracbt hat. Halb im Blockverband, halb als Pfahlwandbau ausgefiihrt, erbebt er sich auf einem gemauerten )Sockel in zwei Stockwerken, von denen das untere zur Aufljewahrung verscbiedenerRequisiteu dient. Die Grundform ist eine langlich sechseckige ; das er- liohte Parterre, zu welchem eine steinerne Freitrei)])e binanfiihrt, tritt rings als Umgaiig liber den eigentlicben Tbui-m vor, welcher sich aus dem IJnterbau in ebenfalls secbsseitiger Form erbeljt und mit einem achtseitigen Dacbe versehen ist. Mebrcrc Krker und Vordacher, deren Zweck sich nicht errathen lasst, geben dem 70 Fuss boben und 40 Fuss in der Lange einhaltenden Bauwerk ein iiberaus maleriscbes Ansehen, welches durcii einen reichen Hintergrund von andern Holzbauten bedeutend geboben wird. Einfacher zeigt sich eiu neben der Ht. Georgs- Kircbe in Pfaslavic unweit Turnau bestebender vier- eckiger Glockentliurm, welcher mit einem langlich acht- seitigen Unterbau umzogen ist. Die sehr kleine Georgs- Kirche ist ein Weik des XIV. Jabrhunderts, der Thurm stammtvielleicht aus derselben Zeit, indem, wie bei altern Holzbauten vorausgesetzt werden muss, die schadbaft gewordenen Theile stets in derselben Weise erneuert wurden. Die Balk en ruhen auf unterlegten grossen Werkstiicken und sind beinahe in voller Rundung be- lassen. In der Hobe von 5% Fuss setzt der achteckige JJnterbau niittelst eines 21 Fuss hohen Daches in das Quadrat uni, steigt dann als senkrecbtes Stockwerk 18 Fuss an und wird mit einem pyramidalen Dacbe bedeckt. Diese Form ist ini oberen Elbe- und Isertbale die normalraiissige und tindet sich mit geringen Abwei- clmngen wohl zwanzigmal entlang der Bahnlinie Pardu- bic-Reicbenberg. Pardubic selbst besitzt ein originelles Glockengehause, aus einem zum Theil unverschalten Balkengeriiste bestehend, Eine balbverfallene Weg-Capelle bei Eisenbrod scheint derUeberrest einer Holzkirebe zu sein und mochte wohl die Vorballe derselben gebildet baben. Bemer- kenswerth ist das darauf stehende Glockenihiirmchen, welches von einem aus dem Dacbe vortretenden Balken getragen wird. Die Nebenseiten sind oflfen, an der im Bloekverbande erricbteten Rlickwand siebt man cinige HeiligenbiUler als Zeicben, dass noch immer Andachtige sich eintiuden, obwohl das nur 6 Fuss breite und 12 Fuss lange Capellchen den Einsturz droht. Vor alien Holzbauten dieser Richtung zeichnet sich die mit einem Glockenthurm versehene Friedhofs- Capelle zu Lhotice bei Selau aus, welcbe in Bezug auf allgemeine Disposition zwar mit den Thlirmeu zu Rei- cbenau und Pfaslavic iibereiustimmt, aber eine viel i'einere Formengebung zeigt. Der Glockenthurm ist vier- eckig, und wird von einer niedrigen im Bloekverbande ausgefUbrten Halle umgeben, an deren Vorder- imd Ruckseite besondere Anbauten vortreten. Der Aufbau des Thurmes ist unterhalb mit kiefernen Bobleu ver- kleidet, oben jedocb durchsichtig, indem das Dach auf einem kunstreich gefligten Balkengeriiste ruht. Die vor- gebauten Capellen scheiuen urspriinglich als Beinhauser gedient zu haben, dermal stehen sie leer und siebt das Bauwerk, welches bis zur Thurmspitze eine Kobe von 55 Fuss einhalt, etwas verwabrlost aus. Lhotice ist eine Besitzungdes Pramonstratenser Klosters Seelau, Avesshalb vorausgesetzt wei-den darf, dass bei der Ausfiihrung des Thurmes ein Klosterbruder thatig war. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Glockenthurm in Reichenau. Fig. 147. (Im Texte S. 105.) Glockenthurm in Praslavic. Fig. 148. (Im Texte S. 106.) Friedhofs-Capelle zu Lhotice. Fig. 149. (Im Texte S. 107.) — KJT — Bruimeii-Capelle ])ei Gross-Ztlikau. Die Vereln-ung dev Quellen unci Errichtuug von geheiligtenBrunnenhausern seliveibt sich ans dem graue- steu Alterthnm. Wir finden diesen Gebrauch schon ini alten Hellas und in Rom; der Tempel am Ilissus bei Atben, die Grotte der Egeria bei Rom undHundei te von erhaltenen BiUhverken, Fliissgotter, Quellnymphen und Najadesi darstellend, geben Kunde von einer ansgebvei- teten Heiligbaltung der Brunnen. Im Mittelalter wurde dieser Gebrauch beibehalten imd mit Vorliebe in solcben Landstrieben gepflegt, welcbe an gutem Trinkwasser Manii-el leiden. Reicb an solcben Brunnen-Capellen ist besonders der Bobmerwald, wo wir unter andern die einem ans der Kircbe vorspringenden Dache bedeckt. Das Dacbgesimse wird von gescbnitzten Tragern unter- stiitzt, in der Mitte des Dacbes crbebt sicb eine fast zirkeh-nude Kuppel. deren im Bubmerwald mebrere ge- trofien werden. Sammt der ziemlicb grossen Kuppel iind dem darauf befindlicben Krauze bar die Capelle eine Hobe von 29 Fuss; das Innere ist im Licht si , Fnss hofb und wird durcb zwei Feuster erleucbtet. Die Pfarrkii cbe zu Eiseostein an der bayeriscben Granze besteht nocb zum Theil aus Holz, aucb die Kircbe zu Capellen unweit Hobenlurt battc eiuen hol- zernen Aufbau, welcber erst 1862 bei eincr Reparatnr abo'etragen wurde. Cbarakteristiscb bei den Kircben desWaldgebirges, aucb den steinernen, ist ilire geringe Hobe, welcbe sicb offenbarvon der Holz-Arcbiieluur ber- scbreibt. So war die Pfarrkircbe in Capellen vor dem beriibrnten Capellen der Heiligeu Oswald ixnd Guntker, erstere am Fusse des Lusenberges auf bayenscbem Grundc, die andere auf dem Sanct Glintbersielsen bei dem Dorfe Gutwasser in Bohmen treften. Beide smd in neuerer Zeit umgebaut worden, dagegen besteht nocb bei Gross-Zdikau unweit Winterberg eine der beiligen Jungfrau Maria gewidmete Holz-Capelle, welcbe ais Reprasentant der im Waldbezirke einst vorbandenen Holzkircben angeseben werden darf. Das Kircblem bat eine licbte Weite von 11 Fuss, und eine Lange von 17 Fuss, ist gegen Osten dreiseitig abgescblossen und auf steinerner Unterlage tbeils im Blockverbande, tbeils als Spuntwandbau construirt. Links, namlicb an der Nordseite neben der Kircbe, entspringt eine Quelle des besten Trinkwassers, dem in frliberer Zeit Heilkraft^ zugescbrieben wurden. Die Quelle ist gefasst und mit Umbau nur 13 Fuss bocb, die Hiibe der Kircben von Eiseustein, Fetrovic, Gutwasser, Waldau und Haydl wecbselt zwiscben 11 bis 17 Fuss, welcbe Eigenbeit aucb die jenseits der Granze liegenden bayeriscben Kircben zu Bodenmais, Zwiesel, Freyung u. s. w. tbei- len. In Aussergefield bestebt eine ganz bolzerne Kircbe, die aber wabrscbeinlicb neuern Ursprungs ist, dasselbe scbeint aucb bei den meisten Holz-Capellen der Fall zu sein, deren man bei Kuscbwarda und urn den Lrsprung der Moldau viele trifft. II 1 u s t r a t i 0 n e n : Grundriss der Capelle bei Gross-Zdikau. Fig. 150. (Im Texte S. 108.) ^. ^.^ ^ Perspectiviscbe Ausicbt derselben. Fig. lol. (Im Texte S. 108.) 14* — 108 — Capelle zii Psclioblik, Fachwerk-Oaiielleu. Eiue kkine in dem Dorfe Psclioblik (Psovlky) befiudliclie Capelle verdient umsomehr eineBesprecliniig, als sie unter den weuigen im Inuern des Landes vor- kommendeu Werken des Blockwaudbaues eine liervor- ragende Stelhmg einnimmt. Die Grundform des Capell- cbens ist ein reguliires Sechseck, dessen grosster Diircb- messer an der Ausseuseite von einer Eeke bis zur ent- gegdugesetzten 11 Fuss betragt; eben so boob ist aueb der senkrechte aus rob bebauenen Balken gefligte des Raumes in Ansprucb. Unregehiiassig aufeinander- geworfene unbebaiieue Steine, auf weleben das Bauwerk steht, tragen nicbt weuig bei, seiu bei aller Einfacbbeit nngewobnlicbes und maleriscbes Anselien zu vermebren. Ob die Capelle je einem besondern Heiligen gewidniet war, verniogen wir trotz vielseitiger Umfragen niebt zu beantworten-, gegenwartig steben die verscbiedensteu Heiligenbilder auf deni Altare. Iiii Egerlande und entlang der nacli Pilsen i'ubren- den Hauptstrasse, also in dem Gebiete des Facbwerk- baues, trifft man viele Capellen und kleinere Kircbeu, welcbe wenigstens zumTbeile aus Facb werken besteben. •sSj. ---- iMg. llO Aufbau, dessen pyramidales Daob ein viereckiges Glockentblirmcben tragt. Die ganze Hobe mit Inbegriff des Glockentbiirmcbens ist 25 Fuss, die licbte Hobe des innern Raumes 9 Fuss, dessen Weite Sy^ Fuss. Die gegen die Strasse gekebrte Seite ist mit einer Tbiire durclibrocben, vor welcber die Andacbtigen ibr Gebet vcrricbten , den Eintritt verwebrt ein angebracbtes Gittcr, aucb nimmt das Altarcben niebr als die Halfte Eine biibscbe solcbe Capelle bestebt in Micbelsberg bei Plan, sie bat quadratiscbe Grundform, ist an der Vorder- seite otfen, wabrend die Wande der andern Seiten aus kunstreicben dunkelrotb angestricbenen Riegeln, welcbe mebr zur Zierde als Construction dienen, und weissem Fiillwerk besteben. Wir werden diese Bauart gelegeu- beitlicb der landwirtliscbaftlicben Gebiiude niiber kennen lerneu. — 109 — Illustration: Vorderseite der Capelle in Pschoblick. Fig. 152. (Im Texte S. 109.) Olockeiisauleii, Todtenleiichten. Eine Abavt der Glockenthlirme siud die Glocken- saulen oder Glockengerliste, welche beinake iu jedeiu immer bei Anfertigung neuer Saulen eingelialten wird. Maucbmal stehen aucb zwei mit Streben unterstutzte Balken uebeneinander, zwischeu deneii die Glocke ein- gespaunt ist, audi kommt vor, dass am Fusse der Saulen kleine Vorbaue zum Schutz fiir die Stricke und Lautenden angebracht sind. In deni Flecken Hofitz im Bohmerwalde sieht man eine derartige steiuerne Sanle, welche zugleioli als Brunnen dient, holzerne von ahn- licher Form finden sich zu Tausendeu. Es ist uicht zu Fig. 152. (Pschoblik.) Dorfe des mittern Tafellandes getroffen werden und die gewissermassen als Pendants zu den Martersaulen in Tyrol angesehen werden konnen. Auf einem einfacben oben gabelfovmig getheilten Balken, der mit einem spitzen Dachlein bekront ist, kangt die Glocke, mit welcher das Zeichen zum Morgen- und Abendgebet, aiicli zum Mittagmale gegeben wird. Diese Form ist die gebrauchlichste und audi altertbiinilichste, welche noch bezwdfeln, dass viele dieser Glockensaulen zugleich als Todteuleuchten dienten, indem an denselben haufig Laternen oder sonstige Vorrichtungen zur Aufstellung von Lampen angebracht sind. lllustrati onen: Eiiifache Glockensaule. Fig. 158. (Im Texte S. 110.) Glockengerliste. Fig. 154. (Im Texte S. 110.) — 110 — Glockensaiile mit eiiieni Bniniien verbmideii. Fig. 155. (Iiii Texte S. 111.') Baiiernhauser, landwirthscliaftliclie Rauwerke. Untev Hinweis aiif die in miserem Vorberichte angedeiitete Ansbildiuig der Wolinlianser iiiid iianieiit- lich dev banerlichen Gebitude haben wir nocb e'nige Bemerknngen beizuschalten. Der reiche dem Ackerban iiberaiis giinstige mittlere Tlieil Bobmens befand s:cb nieist in den Hitnden grosser Besilzer, des Adels, der Krone mul Geistlicbkeit; bier lagen ungebeiiere Meier- btife, von deren ursprunglicber Einricbtnng wir keine iiiibere Kiinde baben, weil sie fortwabiend nmgebaut Fig. 15a. wiirden. Die berrschaftlicben Meiereien waren zum Tbeil mit den Bnrgen verbnnden und bildeten Vorwerke, theils waren sie befestigt, wie man nocb hie und da deutlicb erkennt. Die Einwohner der zwischen den Adelsgiitern gelegenen Dorfer bestanden meist ans Leibeigenen oderHorigen, welcbe im besten Falle einen Acker pacbten konnten, sonst aber flir die Gutsnerrn arbeiteten und selten eigene Grundstiicke besassen; ein Verlifiltniss, welcbes beute nocb in Ungarn und ini siid- licben Italien vorwaltet. Unter solcben Umstanden bat sich im Mittellande keine consequente bauerliebe Arcbi- tektur entwickeln kcinnen, weder ein Holz- nocb Stein- hau. Beweis dessen ist die trostlose Beschatfeuheit der h'iiidlicbeu Gebaude rings um Prag, besonders in den eliemaligen Kreisen Beraun, Kourini und Rakonic. Eist in weiterer Entfernung von der Hanptstadt trelTen wir eine geordnete Hofreute und einen gegliederten Holzbau, zunachst in jenen Ortsebaften, welcbe anf enipbyteutiscbe Art ausgesetzt waren. bass die nationalen Eigenthiindichkeiten in der landlichen Arcbifektur ibren Ausdruck fanden, ist in einem Lande mit gemiscbter Bevolkerung umsomebr selbstverstandlicb, als einige Landstriche ausscbliesslicb von Deutschen, andere von Slaven bewohnt werden. Eine kurze I'eschreilmng der Gebofte und Hofreuten mag vorangeben. Die Hofreute. 111! fiacben Lande berisclite seit iiltester Zeit der. Ackobau, im Gebirge die Viebziiclit voi', deren Anfor- derinigen gemass der Bauernhof eingericbtet wurde. Hier waren es dieStallungen, dort die Scheuern, welclie die Anlagc bestimmten. Wo dieViehzucht ausscbliesslicb betrieben wurde, wie bei den koniglicben Freibauern im Bobmerwalde (Waldhvozd) und in den obern Thalern der Votava und Moldau, war man bestrebt, die ganze Wirtbscbaft moglicbst unter einem einzigen Daebe zu unterbringeu. Diese primitive Einrichtung wird sowobl in den Alpenliindern, vorzugsweise in Tyrol, wie in den westpbalischen und friesiscben Ebeuen getroff'en. Die Gebofte sind niche je I'iir sich abgcschlossen und mit Mauern oder Zannen umgeben, sondern stehen frei auf dem Platze. Ncben dem Hause befindet sich ge- wobnlicb nur ein offener Wagenschuppen, alle librigen flir Wobnung und Landwiribschaft notbigen Localitiiten reiben sich in folgender Ordnung aneinander: (i) Wobngelassc bestehend aiis einer grossen Gesinde- . stube und Nebenkainmer, Kliche mit Speisekammer und darunter befindlichem Keller. hj Von der Kiiche oder dem vor derselben liegendcn Vorplatze aus kann man in den Stall gelangen, wo die Aufstcllung der Krippen und Stande fur Zug- thiere imd Kinder nach der Quere des Hauses au- geordnet ist. Fig. 154. (') Hinter dieser Stallung besteht eine Abtheilung flir Jungvieh, woraut' ein besonderer Verscblag fiir die Schafe folgt. Schweine werden in den Gebirgs- landen nicht viele gehalten, flir dieselben ist eben- falls ein Verscblag eingericbtet. Den Scbluss macbt (1) die Tenne, welcbe sich quer durcb das Haus ziebt und schon aus dem einen Griinde nicht gross zu sein braucht, weil wenig Getreide gebaut wird. An das Haus granzt ein kleiner Gemiisegarten an, nur — Ill — 4 bis 6 Qnadratldafter messeiul, in welchem etwas Salat, daiiii Zwiebel, Scbnittlaucb, Petersilie imd einige Bhimen gezogen werden, mid der stets nut einem hohen Zanne umgeben ist. Dieseni nur im siidlichen Bobmen vorkommenden Baiiernbofe stelit der eger andiscbe gegenliber, weil im Egergan Viebzucbt und Ackerbau so ziemlicb mit glei- cbem Eifer betrieben wevdeu. Jedes Gebofte bildet, aucb wenn es in einem Dorfe liegt, einen im sicb abge- sohlossenen Bestand, weleber imi einen Hof (die Rente) gelagert ist An der Strassenseite liegt das Wohiibaus, nebenan ist die Einfahrt in den Hof sitnirt; dieEingiinge sowohl in die Wohnriiimie wie Stallungen nnd Rchenern Andere Eintbeilnng die enipbyteutiscben Hofrenten, welcbe aiif den ebenialigen Klosterbervsehaf ten Selan und Hobenfurt getroften werden. Das Gebofte ist zwar voUstandig abgeschk)ssen, aber die Baulieb- keiten sind nicbt wie im Egerlande mit einander ver- bnnden, sondern steben isoHrt, nur der Rinderstall bangt mit der Wobming zusammen. Der Hof ist lang, scbmal, nnd mit der sebnialen Seite gegen die Strasse gericbtet; in deni etwa 40 Fuss breiten Hofraume steben das Haupt- gebiiude, Wobnung und Stall entbaltend, und die Sebeuer gegeniiber; zwiscben beiden Bauwerken ziebt an der Fronte des Hofes eine Maner bin, in deren Mitte die Einfahrt angebracbt ist. Riickwarts von diesen voll- koiniiien ^•etrennten Gebiiuden breitet sieb oft ein ge- fioden nur vom Hofe aus statt, weleber recbteckige Form und bei einer durcbschnittlicben Breite von circa 60 Fuss nacb Bedarf eine Lange von 80 bis 100 Fuss einbalt. An das Wobnbaus reilit sicb ein nacb Bedarf langer scbmaler Fliigelbau an, die Stallungen flir Binder und Zugtbiere entbaltend. Die Stalle enthalten meist doppelte Stande und es sind dieTliiere mit den Kopfen dem Mittelgange zugekebrt. Indem der Stallflugel die eine Seite des Hofes einnimmt, zieben diesem gegeniiber Scbeuern, Wagenscbuppen und Arbeitsraume bin, die Ruckseite wird von dem Speicber eingenommen. Die Tenne dient zur Durcbfabrt, neben weleber oft nocb eine zweite vorbanden ist. Der ganze Hof gewabrt ein Bild von Bebagliclikeit und Ordnung. Fig. 155. raumiger Obstgarten aus, vor welcbem ein kleiner von feuerfestem Material erbauter Speicber zur Autbewabruug der ausgedroscbenen Kornerfriicbte stebt. Die zu jedem Hause geborigen Wiesen, Ackergriinde und sonstigen Grundstiicke bangen unmittelbar zusammen, wie im zweiten Bande S. 17, ff. erklart worden ist. Scbreibeu sicb die enipbyteutiscben Dorfanlagen grosstentbeils aus dem XIII. Jabrbundert, bat docb die Hofreute selbst erst nacb den Hussitenstiirmen ihre gegenwartige Gestalt eiiangt und dieselbe seitdem uuveriindert beibebalten. Ein Ziergartcben liegt fast inimer an der Strassenseite vor dem Hause. Die slaviscben Gebofte im Bunzlauer, Bydzover und Koniggratzer Kreise bangen in Hufeiseiiforni — 112 — zusammen, inclem die geoffnete Seite riickwarts dem Gar- ten zugekelirt ist, wiilirend die im Berauner mid Koii- i-imer Kveke befindlichen Hofreuten oft iinregehnassige Gestalt haben, einfach aus zwei langen Gebauden be- stehen, von denen das eine Wolinung iind Stall, das andere Scliener, Remise nnd Speicher entlialt. Unter alien Bedingungen aber sind die Bauwerke mit der sehnialen Seite der Strasse oder dem Platze zngekehrt; wo dieses nicht der Fall ist, hat man entweder eine neue Anlage vor sich, oder sind die Stiassen imigelegt word en. Ill nstrati on en : Gebofte im Bobmerwalde. Fig. 15G. (Im Texte S. 112.) Hofreute im Egerlande. Fig. 157. (Im Texte S. 112. Emphyteutisclier Bauernliof in Jimg-Bfi&t bei Seelan. Fig. 158. (Im Texte S. 113.) GarteiL Fig. 15I3. (Bohmerwald.) Das slavisclie und das deiitsche Wohiihaiis. Im Aiiftau derWobnliauser macht sich die nationale Sondening noch viel scharfer als in der Anlage der Ge- hofte bemerkbar, man erkennt von weitem an den Gie- beln und Dachern, ob das nachste Dorf ein deutsches oder ein slavisclies sei und welcher Periode es angehoren nitige. Yon Baufiihrungen der Neuzeit abgesehen unter- scheiden sich die in Bohmen vorhandenen Holzbauten sowohl liinsichtlich der Form wie der Construction ; wir finden : a) den gemischten Pfahl- und Blockwandbau mit mittclsteilera Dache ; h) den einfaclien Blockwandbau mit tlachem Dache; c) den Fachwerkbau mit vorgekragten Stockwerken und steilcm Uache. Jede dieser drei Bauarten hat einen anerken- nungswerthen Grad von Durchbildung erreicht, and nimmt je fiir sich einen abgeschlossenen District ein. Der gemisclite Block- und Pfalilwaudbau. Die Verbindung dieser beiden Constru'-tions-Arten gehort dem Osten des Landes an, und hat langs der schlesisch-bohmischen Grauze eine solche Vollendung gewonnen, dass die dortigen Holzhauser den Schweizer- und Tyrol er-Bauten zur Seite gestelltwerden konnen. Die Bauart ist eine ausscldiesslich slavische, deren Mittel- linie von Turnau gegen Leitomischl liinzieht, und s'ch von hier aus nach mehreren Riclitiingen verzv^eigt. Langs der Iser und oberen Elbe haben sich zahh-eiche Gebiiude dieser Art erhalten, namentlich in Semil, Eisen- brod, Rovensko, Starkenbacli, Beichenau, Nacliod und Wildenschwert. Die Landstadte Solnic, Doi)ruska und Gross-Skalic , welche dureh gllickhcbe Schickung von Feuersnothen und Restaurationen ziemlich verschont geblieben sind, bestehen heute noch zum grossten Tlieile - aus zierlichen Holzbauten, wahrend sie in den Bezirken s 0 iilllHIIIi . 7 6 1 1 1 Fig-. 157. (Egcrland.) Jicin, Bydzov und Koniggratz theils durch polizeiliche Verfiigungen, theils durch Unlalle und die Einwirkung der Eiseubahnen bedeutend eingeschriinkt wurden. Einzelne Exemplare greifen liber Jung - Buuzlau bis Nimburg vor, dann tritt der gegliederte Holzbau bis an die mahrische Grenze zuriick und verflacht allmahlig gegen Siiden bin. Die in Rede stehenden Hauser sind durchschnitt- lich schmal unci lang, wie wir bei Beschreibung der Hofreuten kennen gelernt haben ; die Giebelseite ist regelmassig gegen die Strasse gekehrt, die Hausthiire befindet sich meist an der Langseite. Die Anordnung der Wohnraume hat in neuester Zeit insofern einige Moditicationen erfahren, als die uralt herkonunliclien Kachelofen und offenen Herde allgeinein aufgegcben wurden und liiedurch die Kiiche eine andere Stellung erhielt ; die iibrige Eintheiluug des Hauses blieb jedoch unveriindert die alterthiimliche. Eintretend gclangt man in einen kleinen Vorplatz, wel- cher zugleich als Stiegenhaus dient; hinter dem Vor- — 113 — platze liegt haufig ein Kammerchen, nebenan ist die g-eraamige Wobnstube situirt, welche stets die ganze Breite des Hauses einnimmt. Dieser gegeniiber liegt die nicht grosse Kiiche, von welcher ans eine TliUre in den Stall fiihrt. Wo ein oberes Stockwerk bestebt, dient der iiber der Wobnstube befindliche Kauni als scbones Gemacb, neben welcbem sieb die Magdekaminer und einige Raumlichkeiten zur Unterbringung von Vorratben, Samereien, Utensilieu n. dgl. betinden. Da die iiussere Breite des Hauses etwa 24 Fuss betriigt, bietet das Innere, selbst wo die Frontseiten kunstmassig durcligefUhrt sind, nur besebrankte Wobn- raunie, aucb stebt die zeilenartige Aneinanderreibuug der Gemacber jeder bebabigen Eintbeilung binderlieh im Wege. Auf einer Grundlage von Brucbsteingemauer, welebes sicb kaum 1 Fuss iiber das Niveau des Platzes erbebt, ruben die Blockwande, deren einzelue Balken meist eine Starke von 8 bis lOZoll einbalten, und die an den Ecken einfacb oder doppelt verblattet smd. Das Erdgescboss ist immer ganz im Blockverband aus- gefiibrt und es sind die Balken nicbt rein abgezimmert, sondern nur an zwei Seiten waldkantig beliauen und die Fugen mit Moos und Lebm verstopft. Die Deeken- balken springen als Yerkragungen vor und trageu die Arcbitrav-Stucke, auf welcben die Wande des Ober- gesebosses ruben; dieses ist nicbt immsr im Blockver- band gebalten, sondern bestebt oft aus senkrecbten Pfabl- Oder Boblenwanden und ist jederzeit mit sauber bearbeiteten Brettern oder Latten ilberkleidet. Die Dacluingen sind 45 bis 48 Grade geneigt, also massig steil und an den Giebelseiten immer mit gebrocbenen Walmdacbern, Halbwalmeu, ausgestattet , wobei die Deckung gewobnlicb aus gefalzten Scbindeln, bie und da aucb aus Scbiefer bestebt. Durcb vorgebaute Lau- bengange, Freitreppen und offene Galerien gewinnt das Haus ein sebr belebtes Anseben, welches nicbt seiten durcb Farbenscbmuck erbcibt wird. Die Decora- tionen der Giebel und Lauben sind sebr mannigfaltig und der Construction entsprecbend; sie zeigen eine glliekliche Verbindunggotbiscber und renaissanceartiger Elemente, soweit der Holzbau solcbe Anklauge zulasst. Man siebt laufende Bogen-Ornainente, Keilscbnitte, ver- tieft gearbeitete Laubwerke, gescbnitzte Trager und abulicbe Tbeile, aucb kommen Saulen und Baluster vor, die auf der Drebbank bergestellt worden sind. Was das Alter dieser Bauwerke betrifft, baben wir von vorn berein zu unterscbeiden zwiscben dem Alter der gegenwartigen Bestilnde und dem des Bau-Styles: bei weitem die grossere Anzabl der bestebeuden Hau- ser riibrt aus d"er zweiten Halfte des XVII. und der ersten des XVIII. JabrbundertS; docb kommen, wie sicb aus angebracbten Jabrzablen ergibt, einzelne Bau-Objecte aus dem Anfange des XVI. Jabrbunderts vor. Dass diese Bauart auf uralten Traditioneu berube, stebt ausser Zweifel, die kiinstleriscbe Durcbbildung aber bat sie, wie scbon erwabnt wurde, urn den Sebluss des XV. Jabr- bunderts erbalten. Alle Umstande deuten an, dass die Verbreitung in frliberer Zeit eine viel grossere gewesen sei, und sicb tief nacb Scblesieu und Mabren erstreckt babe. Illustration: Rathbaus in Semil. Fig. 159. (Im Texte S. 114.) Die Alpenbauart. Der Blockwandbau mit flacbem Dacbe (die eigent- licbe Alpenbauart) greift von Bayern und Ober-Oester- reicb in die Slidspitze von Bdbmen berein, zieht sicb vom Neugedeiner Passe iiber Winterberg gegen Budweis und Gratzen, und spriugt von bier in ziemlicb modificirter Weise entlang der osterreicbicben Granze bis Keubaus vor wo die letzten Ankliinge verscbwinden. Der freund- licbe Marktflecken Wallern bildet den Mittelpunkt dieser Arcbitektur. Die scbonsteu Hauser dieses Ortes smd vor einigen Jabren durcb ein zufalliges Scbadenfeuer zerstort worden, was umsomebr bedauert werden muss, als viele derselbeu ein bobes Alter besassen. Indessen werden nocb immer sebr interessante Bauten gesebeu, so in Neuern, Eisenstein, Oberplan und in Wallern selbst; aucb Hobenfurt , Friedberg , Unterbaid und Gratzen entbalten mancbes sebenswertbe Haus. Fig. 158. (Jung Bfist.) Die nacb Tyroler Art mit Steinen beschwerten Dacber balten eine Neigung vou beilautig 22 Gradeu ein und sind mit 4 Fuss langen Spaltsobindeln einge- deckt, wobei die ausserordentlicb leicbten Dacbstiible meistens aus Stangengebolze besteben. Im Gegensatze zu den slaviscben Hausern erscbeinen die biesigen sebr breit, namlicb 36 bis 42 Fuss, und es gibt sicb allent- balben das den Deutscben eigene Streben nacb licbten und ausgiebigen Gelassen kuud. DerEingang ist bautig an der Giebelseite angebracbt, so dass recbts und links neben demVorplatze Stid^en liegen, wenn nicbt die eine Seite ganz vom Vorplatz (Flotz) eingenommcn wird. In der geraumigen Kiicbe feblt nie fliessendes Wasser, aucb vor dem Hause sprudelt ein lustiger Brunneu. Aus der Wobnstube tritt bautig ein kleines erkerartiges Gemacb vor, der Liebliugsaufentbalt des Hausberrn; neben der Stube liegt die Magdekammer, dieser gegen- iiber die Scblafstube der Besitzer. Ein oberes Stockwerk ist nicbt immer vorbanden, wo es bestebt, flibrt die Treppe oft an der Aussenseite des Hauses binan und 15 — 114 — sind dort die Pcblafstube iind dassclione Geniach unter- gebraclit. Ini Gaiizen den tyrolischen Aiilageii sich nilhernd zeigen doch die iui Pohmei wald ixiid seineii Aiislaiifern, liblichen Holzbauteii nianclies Eigeuartige : so sind hier die Balken abwechselnd bald geschrotet, bald glatt abgezimniert, dann ragen haiiiig, wie z. B. in Wallern, die Balkenkopfe ilber die Wandfliichen weit vor, nnd sind die oberenWande zwischen Ecksanlen eingespannt, wodureh dasAenssere ein etwas schwerfalliges Ansehen erbalt. Auch bemerkt man in Bohnien allerlei kiinst- dung ziigefiihrt wurde, welclie er in den Alpenlandern eifahren hat. Eine grossei'e Verbreitung als die oben bezeicbnete scheint die Alpenbaoart in Bohnien nie gehabt zn haben ; sie blieb inimer auf den Grjinzbezirk beschrankt. In ethnographiscber Beziehung vevdient hervorgehoben zu werden, dass diese Bauart auch jen- seits der bayerisch-bohmischen Granze ihre nordlichste Ausdehnnng erreicht hat, ein Umstand, welelier mit den vorherrschenden Miindarten in engster Beziehung steht, indeni in gleicher Linie anch der alt-bayerische Dialect anfhovt. 1 I Fig. 159. (Semil.) liche Constnictionen nnd Verankernngen, welche mit einer gewissen Absiclitlichkeit znr Schau gelegt sind, z. B. otTene Sprengwerke an den Giebelu nnd vvunder- lich geschnitzte Consolen, wie sie anderwarts nicht getroffen werden. Eine nahere Beschreibnng dieser weit verhreitcten Bauart, welche sich von der Schweiz bis in die steierischen G-ebirgc hinzieht, scheint umso- rnehr Ubertiiissig, als dieser Styl hier nicht jener VoUen- Illustration: Baaernhaus in Capellen bei Hohenfurt. Fig. 160. (Im Texte S. 115.) Der Facliwerkbaii. Bei Taus nnd Klentsch, wo die bohmische Sprache am weitesten gegenWesten vorgreift, wird das slavische — 115 - Haus jedoch in sehr unentwickelter Form wieder ge- troffen; einige Stunden nordlich voni Tausser Passe aber beginnt der deutsche Fachwerkban, weleher sich von Ronsberg liber Kladrau and :Mies nach Jechnitz hinziebt, dann der dentsch-bijbi;ii>cben Spraehgriinze folgend bei Theresienstadt die Elbe uberschreitet nnd welterhin liber das Erz- und Mittelgebirge wie den nordlk-hen Theil des Rieseugebirges erstreckt. Bei Arnau beriihrt der deutsche Facdiwerkbau das Gebiet des slavischen Bloekwandbaues und winder sicli in einem immer enger werdenden Streifen bis Brannau seiner ostliclisten Granze bin. In dem ganzen Gelande nordwfirts der beschriebenen Linie herrsclit die deutsche Sprache und der Fachwerkbau. Originelle und kunstreiehe Fachwerke sieht man in Czernoschin, Plan, Sandau und in der Nahe von Fran- zensbad wie iiberhaupt im Egerlande. Die noch beste- henden alten Hauser des Dorfes Schlada (nach welcLem die Franzensbader -Quelle friiher der .^chladaer- Brunnen genannt wurde), zeichnen sich durch hochst erfordern, zu verrichten, auch befindet sich liier die . Treppe. Neben Vorplatz und Dienstbotenstube enthalt das Parterre noch die Kiiche und Milcbkamnier, alle ubrigenRaume dienen zu okonomischen Zwecken. Aehn- liche Hauser triift man im Bezirke von Asch, einem wenig besuchten aber sehr interessanten Landstriche, dann in Duppau, in Kaaden und den meisten Orten des Erzgebirges. Vorziiglich schone Fachwerk-Bauten besitzt die Bergstadt Graupen nacbst Teplitz, wo die Hauser bald mit dem Giebel, bald mit der Langseite der Strasse zugekehrt sind. Das Erdgeschoss ist nianchmal bis zur Hohe von etwa 9 Fuss aufgemauert, manchmal auch aus Blockwanden gefiigt, der vorgetragene Oberbau bestelit immer aus Fachwerken. Da in Graupen Land- wirthschaft und Bergbau von je nebeneinander in ziem- lich gleichem Umfange betrieben wurden, zeigen die Gebaude auch einen gemisehten halb bitrgerlich stadti- schen, halb landlichenCharakter und nicht selten macht sich eine gewisse Vornehmheit bemerkbar. Dazu koramt, Fig. 160. (Hohenfurt.) geschmackvolle Anordnung deu Riegelwerke aus. Fines dieser Hauser, in der Gegend bekannt Avegen des daran angebrachten schon gesclmitzten Crucifixes, ruht auf einem 4 Fuss hohenUnterbau vonBruchsteinen, wahrend das Erdgeschoss im Blockverband gefligt ist. Der obere Stock wie auch das Dachgeschoss sind je urn Fuss atisgeladen, der darliber aufsteigende Giebel aus dem gleichseitigen Dreieck construirt. Die Breite dieser Hauser ist'zwar nicht so bedeutend, wie bei den Bauteu im Bohmerwalde, jedoch hinreicheud, um bequeme Wohnraume zu gewiihren; auch befinden sich dieWohn- und Schlafzimmev gewohnlich im obern Stockwerke und nur die Kiiche und Dienstbotenstube im Erdgeschosse. In ihrer innernEintheilung zeichnen sich die Hauser durch einen grossen Vorplatz (Diele, Flotz, Flur) aus, hier pflegt man in der warmeren Jahreszeit zu e-ssen und allerlei Arbeiten, welche eine ausgedehnte Ranmlichkeit dass an den besseren Hauseru die Thiir- und Fenster- gewande der ebenerdigen Gesehosse aus Hausteineu bestehen und sorgfaltig ausgefiihrt sind. Man sieht mancheu hiibschen spitzbogigenEingang mit gekreuzten Staben, weleher andeutet, dass der Ban zur Zeit des Konigs Vladislav II. ausgefiihrt wurde. Die mittlere Bauzeit der schonen Hauser in dieser Gegend ist das XVI. Jahrhundert, auch findet man an Architraven und Thiirbogen oft Jahrzahlen, die bis 1500 zuriickgreifeu. Laubengange und offene Galerien kommen im bohmi- schen Gebiete des Fachwerk-Baues selten vor; dieser Mangel wird durch Erker, Ziergiebel und mitunter durch gefallige Aneinanderreihung der Fenster ausgeglichen. in Graupen, wo die Hauptstrasse ein starkes Gefalle hat, sind Freitreppen von den mannigfaltigsten Forraen zu sehen. Ein sehr schiines wohl von einem Gewerken erbautes Wohnhaus besteht oberhalb der Pfarrkirche, 15* — 116 — dieser schrag gegenuberliegend; es ist mit zwei Zier- giebeln ausgestattet \nu\ /Air Halfte fiir landwirthschaft- liche Zwecke eingerichtet. Von nebensaclilichen Schattirangen abgesebeu bleibt der Facbwerk-Bau in ostlicber Richtung von Leit- meritz, Bobmiscb-Leipa bis Reichenberg unverandert biudiuig, dass der gothische Giebel von dieser, die Laubengaiige von jener Bauweise aufgenommen und die Erdgeschosse regelmassig aus Bloclcwanden, die oberen Partien aus Fachwerken hergestellt wurden. Wenn schliesslieh die Frage aufgeworfen werden sollte, warmn in der Gegend von Prag und im mittleren Fig. 1(31. (Schlada.) derselbe wie iin Erzgebirge, ist aber in den Fabrilcs- gegenden beinahe ganz verdrangt worden. Bei Oels, Arnau und Hobenelbe, wo die deutsche und slavische Bauweise sich berlihren, fand eine eigentbiinibcbe Ver- scbmelzung der gegenseitigenElemente statt, und wurde eine gluckliche Uebergangsform liervorgerufen , von welcher nur zu bedauern, dass sie auf einen klemen District bescbrankt blieb. Man brachte den Blockwand- bau in dieser Gegend mit dem Facbwerkbau so m Ver- Bobmen der Wobnbausbau im allgemeinen erne germ- eere Pfiege gefunden bat, als in den aussern Bezn'keu, dass namentlicb der Holzbau liier ganz unentwickelt blieb vermogen wir keinen andern Grund anzugeben, als dass abnliche Erscbeinungen auch in anderu Lan- dern vorkommen. Die schonen Holzbauten des Schwarz- waldes sind auf gewisse Bezirke bescbrankt geblieben, kaum eine Stunde weiter gegen Norden oder Osten baben sicb alle Anklange verloren. Aul dem rechten — 117 — Ufer der Isar zieht sich die Alpeubauart bis znr Douaii liin, auf dem linken hort sie schon in der Nahe von Miinchen aiif, um einem diirftigen Hiittenbau Platz zu maeheii. Dass die vielen kriegerischen Ereignisse, welche sich seit iiltester Zeit in der Nahe von Prag abwickelteu, dem Aufbluheii des bauerlichen Wohn- hanses entgegenstanden, ist gewiss; waroni aber die im Osten allgemein iibliche nationale Bauart in dem von Slaven bewohnten westlichen Landstriche nicht aiifgenonimen wurde, bleibt ein Eathsel. Als Banholzer wiirden vorzngsweise die Edeltanne, Fichte nnd Kiefer beniitzt, in den slavisehen Bezirken nur diese Holzarten. Eichenbolz land vorzngsweise im Faehw^erkbau Anwendung, wo man anch Ulmen- nnd im Bohmervvalde Abornholz beniitzte. Das Ijauholz wnrde ist nach etwa viertbalbhnndertjahrigem Bestande noch immer wobl erhalten und hat, wie nachgewiesen werden kann, im Verlaufe dieser Zeit wenige Reparatureu erfordert. Zn bemerken haben wir noch, dass der Fachwerk- bau in vielen Gegenden als vollstandiger Holzban auf- tritt, indem anch das Full-Materiale zwischen den Ge- balken nnd Riegeln gauz ans Holz besteht. In der Richtung Plan, Sandan, Ascb, sieht man Gebaude, bei denen die Wandimgen zwischen den Balken nach Art der sogenannten Stockelpflaster mit holzernen Wlirfel- stiicken ausgefiillt sind, wilhrend im Riesengebirge ein- geschobene Bretterverkleidnngen nnd in armern Gegen- den Flechtwerke vorherrscheu. Dal)ei sind die Riegel gewohnlich auf das knnstreichste geschnitzt, verbnnden Fig. 1G2. (Graupcn.) in alter Zeit nnr im Winter und bei vollstandiger Reifc geschlagen, dann vor der Anwendung mindest ein Jahr lang an einem troekenen schattigen Platze aufbewahrt nnd nicht viel abgezimmert. Dieser Behandlnng batman es zn verdanken, dass sich Gebiiude von zwei- nnd sogar dreihnndertjahrigem Bestande erhalten haben, wahrend unzeitig geschlagenes nnd nach dem Fallen nicht ge- horig behandeltes Werkholz gegenwiirtig kaum dreissig Jahre ausdaiiert. Stangenholz von Fichten, zn guter Zeit gefallt und in runder Form belassen, wnrde bei Dachstuhlen sehr hautig angewandt und liat sich als ausserst dauerhaft bewahrt. "Der nni 1500 aufgestellte Dachstuhl liber der Dreifaltigkeitskirche bei Knttenberg nnd bemalt, so dass sie eine eigenthumliche Ornamentik bilden. Wo Bretterverschalungen angewandt werden, steht das Riegelwcrk immer erhaben vor den Brettern und ist anders angestrichen ; z. B. Riegel dunkelbraun, Fiillung lichtgrau, oder Riegelwerk griin, Flillung weiss- gelb, n. s. w. Karlsbad bestand zur Zeit, als Gothe es besuchte, noch grosstentheils aus solchen Hausern. II I u s t r a t i 0 n e n : Banernhaus in Schlada bei Eger. Fig. 161. (Im Texte S. 116.) Hans in Graupen. Fig. 162. (Im Texte S. 117.) 16 — 118 - Der volksthiiiiiliche Holzbau wurde bekaiinllicli um den Schluss des vorigeii und iin Aiifauge des gegen- wartigen Jahrhuuderts tlieils iu Folge polizeilicliev Vor- schrifteii, theils zunehniendeu Holzmaiigels gaiiz auf- gegeben und es war die Uebimg in Vergessenbeit ge- rathen, als neuestens der Wertb laudwirtbschaftlicher Holzbauten aiifs ueue Auerkennung fand. Man iiber- zeugte sieh, dass die grcissere diircb Steiubauten erzielte Feuersicberbeit bei weitem keinen Ersatz gewabre flir die Vortbeile, welebe mit dem Holzbau verbnnden seien. In England, wo die Wiedereinfiilirnng der landwirtb- scbaftlicben Holz-Arcbitektur durcb tiichtige Oekonomen und Baumeister gefordert wiirde, braebte man es in kurzer Zeit zu einer anerkennenswerthen stylniassigen Durcbbildung, wabrend man auf dein Festlande mebr versucbsweise vorging. Hier war es die Alpeubauart, welcbe mit Vorliebe gepflegt wurde, aber nicbt sowold zu praetiscben Zwecken, als der Mode balber; indem Villeu; Gartenbauser, Pavilions und dergleiclien Luxus- gebaudein einfem modernisirtenSchweizer-Style angelegt wurden. Audi in Biibmen feblte es nicbt an Bestrebungen, den Holzbau wieder zurGeltungzu bringen, docb fanden die natioualen Elemente bisber nur geringe Beriicksich- ligung. Der Bloekverband wird freilicb nie wieder, wenigstens nicbt im grosseren Umfange, eingefiihrt werden konnen, weil derselbe allzu bedentende Quanti- ta*en des besten Baubolzes inAnspruch nimmt; aber der Faebwerkbau scbeint neue Verbreitung zu gewinnen, wie aucb die Form des slayiscben Wobnbauses bei landlicben Neubauten biiutig naebgeabmt wird, jedocb so, dass im Parterre anstatt der Block wiinde steinerne Mauern auf- gelubrt werden. So vereinzelt die neuerliciienLeistungen imFacbe der Holz-Arcliitektur immerbin dasteben, baben sie docb scbon bewirkt, dass den vorliandenea alten Werkengrossere Aufmerksamkeit als friiberbin gescbenkt wird und das man ))ei allenfalsigen Reparaturen mit Soriifalt verfjilirt. Fig-. 163. (Konispeicber in Egerland.) S e u 1 p t 11 r. Erster Abschniti. Schnitzwerke. Unter der Bezeichnnng Schnitzwerke werden hier niclit sowolil eigeritliehe Holzsclmitzereien, sondern alle jeue Gebilde verstandeD, bei denen das architek- tonisch liiieare Element zvvar die Gnuidlage bildet, jedoch Ornamentik nnd figiirliche Ausstattimgen mehv oder minder vorherrscben. Nacbdeni bereits Kugler die obige Bezeichnung fiir Kanzeln, Altarschreine nnd der- gleichen Arbeiten, mogen sie nun ans Holz, Stein oder anderen Mateiialien bestehen, in die Knnstsprache eingetiibrt bat, scheint die Beibebaltnng umsomebr gereebtfertigt, als eiiie blindigere niebt aufgefnnden worden ist. Das XV. Jabrbundert ist vorzngsweise das Zeitalter derartiger Scliopfungen, als Veit Stoss, Anton Pilgram, Adam Kraft, die beiden Sllrlin nnd Andere eine Thatig- keit entfalteten, welcbe vom Elsass bis nacb Polen, von den Alpen bis an die Gestade der Ostsee reicbte. Werke von solcbem Hmfange, wie Pilgram's Arbeiteu in der St. Stepbanskircbe zu Wien oder das Sacrameuts- Hauschen von Kraft in Nitruberg, i)esitzt Bobmen niebt, aucb mangeln bier einige Gattnngen von Scbnitzarbeiten beinabe ganzlicb: dafllr entschadigen die vorbandenen durcb Mannigfaltigkeit iind frisehe, allerdings mancbmal derb naive Aiiffassung. Die Anzabl solcber Werke, besonders der Sacraments-Hauscben, ist sehr betracbt- lich, nacb dieseu nebmen die Kanzehi eine hervor- ragende Stelle ein: knnstreiche steinerne Taufbecken sind iinsserst selten, Altar-Scbreiae imd Cbor-Stilble konimen nur ansnabmsweise vor, doch baben sieb einige vorziigiiche Beispiele erbalten. Einfliisse von answitr- tigen Scbulen, namentlicdi der Ntirnberger Scbule, treten auf diesem Gebiete mit grijsserer Entscbiedenbeit bervor als im Baufacbe, was umsomebr in die Angen tallt, als Arbeiten eebt bobmiscbeu Geprages oft nehen solcben steben, die allem Anscbeine nacb von fremden Meistern gefertigt wurden. Die Hauptstadt Prag, in dieser Periode iiberbaupt schwach vertreten, bat wenige bieber zu zablende Werke aufzuweisen , namentlicb tiudet sicb in den vielen dortigen Kirclien nicbt ein eiu/iges Sacraments -Hauschen, wiibrend Kuttenberg deren vier besitzt. Sonst sind diese Denkmale zienilicb gleichmassig liber das Land ausgestreut. Tabernakel, Altar-Ueberbaiiteu. Die in der alt-italieniscben Arcbitektur sebr belieb- ten Taberuakel, baldacbin-artige von Saulen getragene Ueberbauten der Altare, kommen diesseits der Alpen niclit biiufig vor, wenn aucb einige Dome deren mebrere entbalten. In Bobmen befindet sicb ein einziges Werk dieser Art, uiimlicb der sogenannte Bruderschafts-Altar in derTeyn Kircbe zuPrag, ein von vier gerippten Saulen getragener Baldacbin, welcber gegenlibev der Kanzel an einen linkseitigen Pfeiler des Hauptsebiffes angelebnt ist. 1 Der Grundriss wird durcb ein gleichseitiges Viereck von 12 Fuss Durcbmesser beschriebeu, die Saulen baben eine mit diesem Durcbmesser gleicbe Hobe und eben so bocb ist aucb der obere Aufsatz, so dass die gauze Hbbe 24 Fuss betragt. Dariiber ragen nur die an den Ecken aus den Saulen sicb entwickelndeu Fialen und die liber den Bogen augebracbten Kreuzblumen empov. Das Innere ist mit einem Sterngewolbe bedeckt, die Aussenseiten werden oberhalb der Bogen von Mass- werken umgeben. Die Formen sind derb und scbwerfallig, das wenig durcbgebildete Werk macbt keinen glinstigen Eindruck und stellt sicb als die bei weitem scbwachste Arbeit Kaysek's dar, welcber als Urbeber documentirt ist. Viel- leicbt bat er nur eine fllicbtige Planskizze geliefert und die Ausfiibrung von Gebilfen besorgen lassen. Erricbtet wurde dieser Tabernakel gegen 1490, um das Grab des utraquistiscben Biscbofs Augustinus Santuariensis von Mirandola auszuzeicbnen. Nacb einer daran eingemeis- selten Inscbrift diente derselbe zugleicb als Altar der St. Lucas- Br uderscbaft, wessbalb man ibn gewobnlicb Bruderscbafts- oder Maler - Altar neunt. Von jener Eleganz, welcbe das uordlicbe Portal der Teyu-Kircbe auszeicbnet, sind an dem besprocbenem Werke kaum Spuren zu entdecken. ' Ueber die Stellung dieses Tabernakels wolle der ira III. Bande S. 85 beigefiigte Grundriss der Teyn-Kirche nachgeselien Averden. 17 Tafelformige Sacraiiieuts-Hausclien. Schreine zur Aufbewahrung tier lieiligen Gefasse insbesondere dev cousecrirten Hostieu , gewolmlich Sacranieiits-Hauscbeu oder Saiictnarieu geuannt, kom- nien in Bubmen zweierlei vor, iiamlicb tafelformige uiid freistebeiKle von pyramidaler Form; die erstgenannten scbeinen die altera zii sein, da sie in fast alien gotbisclien Is ircben getrotfen werden. Sehr zievlicbe tafelartige Sacra- ments-Hauscben finden sicb in den Decbantei-Kircben zuEger, KaeboduudFriedland, einfaebere zuTscbetscbo- witz , Solilan, Rakonitz und Koniggriitz , in welch letzterer Kircbe aucb ein pyramidales getroffen wird. Der Scbrein zu Eger bestebt aiis einem rait pracht- voUen Bnldacbiuen gekronten Rabmen, aus dessen Ober- seite drei Fialen aufsteigen. Zur Recbten luid Linken standen Figuren von Heiligen oder Engelu, welcbe abbanden gekommen sind, wabrend an der iinteren Ans- ladung des Rabmeus die Wappen der Familien Griiner und Daniel, welcbe dieses Denkmal gestiftet baben, angebracbt sind. 8oust ist der Scbrein voUstandig erbal- ten iind stebt ini Cbore der St. Nicol aus -Kircbe nord- wiirts voin Hocb-Altare. J3ie Zeit, \\-aon das Werk gefer- tigt und aufgestellt ^vnrde, ist nicbt bekannt; die Aus- flU)rung deu'tet die l^Iitte des XV. Jabrluuiderts an, und lasst jedocb Ntirnberg'scben Einfluss erkeuuen. Die grosste Breite des Rabmens betragt 3 Fuss 8 Zoli, die Hobe 51/2 Fuss, die Fialen steigen daritber nocb CVa^i^ss an. Spuren von Bemalung und Vergoldung sind nocb beraerkbar, das Materiale ist feinki'irniger Sandstein, der im Egerlande nicbt vorkomnit. Kicbt so reicb an Deeorationen, aber gewiss eben so gescbmackvoll und sorgfaltig ausgefllbrt ist das Sauctuarium der Kircbe zu Nacbod am alien polniscben Steig, Avelcbes die Gestalt eines kleinen mit Fialen uud Wimbergen gescbmuckten Portals besitzt und bei eiuer Breite von 2 Fuss 10 Zoll eine Hobe von 7 Fuss einbalt. Am Sockelgesimse sind das MUnsterberg'scbe Wappen neben dem der Stadt angebracbt, recbts und links ent- springen aus dem Rabmen acbteckige Consolen, auf denen Engelstiguren unter Baldacbineu steben. Diese scbeinen wie aus einerTblire bervorgetreten zu sein, um das Zeicbeu ziim Beginn des Gottesdieiistes zu gebeu: die Gestalt zur Recbten scbwingt eine Glocke, die ziu- Linkeu das Raucbfass, beide scbauen aufwarts gegen das Sturzfeld derWimberge, wo ein Engel das Scbweiss- tucb mit dem Veronika-Bilde ausbreitet. Die Auordnung der Figurengruppe ist eben so einfacb als sinnreicb und der in bocberbabener Arbeit ausgefiibrte Engel mit dem Bildnisse Cliristi aucb selir fein modellirt; die freisteben- den Figuren an beiden Seiten aber offenbaren alle Gebrecben der spat-gotbisclien Sculptur, wenn sie aucb gut im Raum eingepasst sind. Alle arcbitektoniscben Tbeile, Baldacbine, Laubwerke und Gesimse sind (was in dieser abgelegenen und dem kiinstleriscben Verkebre entriickten Gegend sebr zu beacbten ist) meisterbaft durcbgebildet. Eine Jabrzabl oder sonst eine Urkunde liber die Stiftuug dieses Scbreines ist nicbt vortindlicb, die Arbeit dllrfte um 1500 ausgetubrt worden sein. Verwandt mit den beiden vorbescbriebenen Sacra- ments-Hauscben ist ein drittes, w^elcbes in der Sacristei der Decanal -Kircbe zu Friedland seine Aufstellung gefunden bat, Dasselbe ist eine Stiftung der Herrn von Bieberstein, welcbe die urspriiuglicb zu Sacbsen gebori- gen Herrscbaften Reicbenlierg und Friedland scbon im — 121 — XIII. Jalirhnndert inuehatten und nnch deatscher Wei?e colonishteu. Die Decanal-Kirche, ein spiiterliin ver- unstaltetes Gebaude, ist ini Jahrc 1551 dnreli Chvistoph von Bieberstein voUendet worden, riihrt abev zum Tlieil ans viel fiiiherer Zeit. Dns Sacvnments-Hausclien scheint gleiclizeitig mit deni zu Nacliod ausgefiilirt imd mag in Folge eines Umbaues der Kirolie in die Sacristei ver- setzt worden sein. Anspielnngen auf das Leiden Cbristi sind aucli bier eingescbaltet, eben so bat die ganze Form mancbe Aelinliclikeit mit dem Bildwerke zu Nacbod, docdi ist derselbe Gedanke auf ganz andere Weise aiisgedriickt uiid der obere Auf'bau ein durcbaus neuartiger. Zu beiden Seiten des Rabmens stehen unter Baldacbinen Cbristus mit der Dornenkrone und die trauernde^Iaria, gut gcdachte und ausgefiibrteStatiietten von 20ZollHohe. Acbteekige Consolen dienen alsTriiger, zwiscben denselben ziebt sich leicbtes Ranken- und Astwerli hindnveb. Die Baldacbine oberbalb der Figuren sind zerstort wordeu, docb die Formen deutlicli zu erkennen: zwei Reiben trefflioh gearbeiteter Maasswerke kronen das Werk, welcbes von alien das kleinste bei einer Breite von 2 Fuss 5 Zoll eine Hohe von 5 Fuss besitzt. Die Ausarbeitung aller Tbeile ist miniaturartig, eben so vollendet zeigt sicb aucb das gehammerte Eisen- gitter, welcbes den >Scbrein versebliesst. Ilhistrationen: Sacrameuts-Hauscben in Eger. Fig. 164. (ImTexte 8. 120.) Sacraments- Hauscben in Nacbod. Fig. 165. (Im Texte S. 121.) Der im Cbore der Heiligengeist-Kircbe zu Konig- gratz aufgestellte Sacraments- Schrein scbeint eine abgeblasste Nacbbildung des in der Marien-Kircbe zu Karlstein befindlichen, bait aucb mit demselben die gleicben Maasse ein. Recbts und links steben Fialen, dazwischen baut sich ein steiler mit Krabben besetzter Giebel auf, unter welcbem die spitzbogige Thlire einge- passt ist. In den Ecken neben dem Giebel gewabrt man zwei von Maasswerken umzogene sebr bescbadigte Kopfe, von denen der linkseitige eiuen Kronenreif tragt. Die Form der Krabben verratb, dass das Werk zwiscben 1450 bis 1460 aasgefiibrt worden sei. Noeb einfacber zeigen sicb die in R a k o n i t z , T s c b e t s c b o w i t z und einigen Stadten des Nordens vorkommenden Bebaltnisse, gewobnlicb nur mit einem besetzten Giebe! umrabmt wobl aber mit zierlicben Eisengittern verscblossen. Wegen seiner iingewobnlicben, aber roben Form verdient besoudere Erwabnung das Sacraments-Haus in der Gotthards-Kircbe zu Schlan, das aus einem 51/3 Fuss breiten, 2^/^ Fuss tiefeu, und 11 Fuss boben gemauerten Kasten bestebt, der an der Oberseite mit laui'enden Bogen-Ornamenten und einem Geliinder von Vierpassen umgeben wird. Die schon gearbeitete eiserne Thiir ist 41/2 Fuss bocb, aber nur 1 cnn aufdi die e'ngebaltenen Maasse Fig. 165. (Nacliod.) im entferntesteu nicbt mit den in Franken, Scbwaben und Westphalen vorkommenden Sacraments - Hauscben verglicben werden konnen. Die allgemein tiblicbe Form, dass aus einem run- den oder polygonalen Scbafte sich in der Hohe von etwa 4 Fuss ein weitausgeladener Schrein entwickelt und oberbalb des Bebiiltnisses zur Aufbewahrung der consecrirten Hostien in einen Baldachin umsetzt, der endlich in eine hohe Fiale auslauft, ist auch Mer einge- halten worden, wie die beigefiigte Illustration zeigt. Bei 17* — 122 — dem Saiictuarinm in Krumau wird die Ausladimg durcli eiu al^ Wappentriiuer dienendes Eugelstigiirelieu be- werkstellig-t. worauf der Sclireiii in Form eines anf die Spitze o'estellten gleichseitigen Quadrats aus der Wand- tlacbe Torti-itt. Eine Krone von verflocliteneu TVimbergeu und Tbtirmcben mngibt das Gebause. iiber welcbem sicb die mitrlere Pyramide nocb in zwei Stoclvwerken erbebt. Keia MissTou stort den einlieitbcben und gescbmack- gezierte ^cbatt liat eine Stiirke von 7 \vurde das Denkmal scdiou vor 1-iSO. Jaln-e a!s bestebcnd erwiibnt wird. Zuli. Au>gelubrt da es in diesem Fig. 166. (Krumau.) voUeu Aiifbau, welcber mit allem Reclite der scbon er- wabnten Krumauer Steinmetz-Faniilie Stanko (btanek, Stanislaus) und Krescbitz (Kfic). die in niebrc'ren beue- rationen nabezu ein voiles Jahrliundert fortblubte, zuge- scbriebcn werden darf. Der wublerbaltene Bau steigt bis zur Hidie von 27 Fuss an, und es feblt nur die oljerste Kreuzblume; die grf.sste lireite dureb den ^chrem betragt 31/3 Fuss, der runde mit vertietten Rauten Saoraineiits-Hausclieii in Piatliatitz. Eine seltsanie und fast abeuteuerlicbe Vermengung italieuisober imd deiitseber Fornien zeigen die Keste eines in der I'tarrkirebe zu Praebatitz l)etindliebeu Scbreines, welcber nacli dem augebraebteu AYajiiien eine Stiftung der Herren von Rosenberg ist. Angeblicb soil das Wi!rk im Jalire 1510 ausgelubrt wordeu sein. docb gebort die an der linken Eeke aufgestellte Figur des heiligeu Wenzel dem Costiim nacb einer etwas spiitereu Zeit\u. Von der recbtsseitigen Figur baben siob nur einige Brucbstucke erbalten, sie moebte wobl den Kircben-Patron St. Jacob M. vorstellen. Umrabmung imd Eiseusitter sind gotbiscb, ebenso der sonderbare Unter- bau. vreleber aus einem quadratiseben Pfeiier und vier Kebenpfeilern bestebt. An der abgescbnigten Ausladung, welcbe den Scbrein triigt. siebt man drei Relieftilder, ..Yerkiindigung". ..G-eburt Cbristi- und _Anbetuug'- dar- stellend. die eW n iiber e Besprecbnng verdieueu. Wir baben die miicbtigen Dynasten von Rosenberg scbon zu Aviederbulten Malen als eifrige KunsttVeunde undForderer geuannt. welcbe sowobl in Byzanz wie in Italien Ver- binduugen batten und aus alien Weltgegenden ibreu Bedarf^an Kunstvs^erken bezogeu, indem sie mit den Regenten des Laudes, sowobl den Pfeniysliden, wie den Luxemburgern und Jagellonen stets in Oppositon stan- den und in jeder Beziebung. mitbin aucb in Kunstange- leo'enbeiten eine unabbilng^ige Stellung bebaupteu woll- ten. Die Stadt Praebatitz wurde nacb der grossen. durcb die Hnssiten veriibten Zerstorung von Kaiser Sis'ismund in die Zabl der kouiglicben Stiidte aufge- nommen. aber bald darauf verptlindet und gelangte durcb Katif an die Herren von Rosenberg, welcbe urkund- licb von 14-44 bis zu dem Tode des Peter Vok als letzten des Gescblecbtes [j 1611), recbtraassige Be- sitzer waren. Unter den Rosenbergern erscbwang sicb die Stadt auts neue zu bober Bliitbe. welcbe beute nocb so mancbcs Gebiiude ausspricbt; aucb wurden frlibzeitig. vielleicbt ^cbon vor 1500, die Formen der italieniscben Renaissance bieber verpflanzt. Die fraglicben Reliefl>ilder sind entweder aus der Werkstiitte "eines florentiuisclien Bildbauers bervor- •i'ea'angen Oder nacb desseu Modellen ausgelubrt wordeu ; Anordnung und Einzelnbeiten stimmeu vielfacb mit^cler Weise des Andrea Verroccbio iiberein. Bei einer Bild- bobe von 15 Zoll und einer ^obereu^ Breite von 27 Zoll ^iud dieFiglirclieu in bocberhabener Arbeit aus marmor- artigem Gesteiii (vielleicbt Stukkmasse) sebr fleissig mod'ellirt und mit einem Linienflusse angeordnet. welclier den danialii;-en deutscben Meistern durcbaus Iremd war. Eine am oberen Gesimse angebracbte Engelgruppe mit den Leideuswerkzeugeu zeigt ganz jene getiill ge ^ilanier der Cinquecentisten, mit der sie Liickenbusser zu bebandeln pflegten. In wie fern diese Reliets mit cinigen in Knttenberg vorkommenden erotiscben Dar- stelfunii'en in Verbindung stehen, soil in der Folge erortert werden: zwiscben den iibrigen im Lande vor- kommenden Altar-Scbreinen, Sauctuarien und sonstigen Scbnitzwerken stebt das Pracbatitzer Sacraments-Haus — 123 — als eiue fremdai tige Erscheinuiig'. Die spater zu brin- geude Zeichniuig des Verkiindi-uugsbildes, t^er natiir- liclien Grosse. wird den in die.sen i^eulptiiren eingelial- tenen Chavakter erklitren. Jamnierschade, dass der obere Aufbau veiioren ging, und wir uus von der Gestalt des Gauzen keinen Begritf verschaffeu konnen. Keben dem Wappeu der Rosenberge ist audi das Stadtwappen, zwei kreuzweise aufeiuander gelegte goldene Schliissel im rothen Felde, angebracht. liMii gratz. Yom ersten haben sick niir die untereu Partien iSchaft und Ausladung erhfilten, der Schrein und der obere Aufbau sind, vielleicdit weil Bildwerke utraquisti- scken Inhaltes darau angebracdit waren, zerstort worden. Das Werk scheint einen bedeutenden Umfang gehabt zu hahen, ist von melireren Stnfen umgeben und ruht auf einer runden 3 Fuss hoben Saule, deren kunstreich gegliederter Soekel aus dem Yier- und Achteck in die Rundung iibergeht. In derselbeu Weise ist aucli das ilUiii Fia-. 167. (Prachatitz. Die Sacrameuts-Haiisclieu von Raysek. Meister Raysek hat uns nicht weuiger als drei Sacraments-Hauscben binterlasseu, namlieb eines in der Barbara-Kirche zu Kuttenberg, ein zweites in Gang und das dritte in der Heiligengeist-Kircbe zu Kbnig- Capital gebiklet, aus welchem sich die niit Zierbogen eingesaumte Ausladung zu einem auf die Spitze gestell- tenViereck entvpickelr. Alles iibrige fehlt, und statt des ehemals steinernen Scbreins mit pyramidalem Aufbau hat man um 1670 eineu eisernen Gitterkasten aufgestellt, welcher der Kirehe keineswegs zur Zierde gereicht. Beizufligen haben v^-ir nur, dass das Sacraments-Haus- cben in der Barbara-Kirche an die Sildseite gerlickt ist, 1 — 124 — wabi-end es in den meisten Kircheu nordwarts vom Hoch- Altar stelit. Fig-, lijii. (Gan^'.) Vollstaudig bis zum kleinsten Laiib - Onuiuient haben sicli in der Laurentius-Kirclie zu Gang zwei Raysek'sclie Werke erlialten , eine Kanzel und ein iSacraments-Haus, beide mit der Aufschrift verseben: „Raysek nie fecit.-' Das Sacraments-Hanschen erhebt sich in vier Stock- werken aus einem achtseitigen Postamente, ist 22 Fuss hoc'h, bait in seineui grossten Durcbmesser 27^ Fuss ein und steht ganz Irei. Wie in der Barbara-Kirehe wird auch bier die Ausladung oberbalb der Saule mit einer Bogenreibe eingefasst, sonst ist der Uebergaule an der Pragev Biiicke. 136.^ Fis. 180. Das Tladislav'sclie Oratoriiuu im Pragev Dome. Wo mofflich noch zierlicher. aber aucb verwickeltev durchsebildet zeiat sicb das Astwerk des Yladislav- .^tebenden Resideuz-FUig-el erbaute: doch ist uicht walir- scheinlich, dass der Meister selbst die ausserordentlich mubesamen Decoratiouen ausgearbeitet babe. Dieses Oratoriiim befindet sicb in der ebemaligen Simmi- uud Jnda-Capelle an der Sildseite des Chores uud ist sowobl an der erkerartig ansgeladeneu Vorderseite wie an der n.utereu Ansicbt\les Gewolbes iiberreicb mit Geasten, Lauba-ewindeu uud Wappeu ausgestattet. Die Vorder- seite wird gebildet durcb vier starke, sich kreuzeude \este. w elcbe in der Mitte eiueu herabhaugenden Knauf Fig. ITS. (Schlau.i sclieu Oratoriunis, welebes z^Yischeu 1490 bis 149o auf koni<4icben l^efebl erbaut uud durcb einen auf Schwib- bo-en rubenden Gang mit der Residenz verbunden wonlen ist. Als Urheber wird Benedict von Laun ge- nannt welchor damals den dem Dome gegenliber- mit dem Namenszuge des Konigs Vladislav tragen. Oberbalb an dem Briistungs-Gelander sind m abenteuer- licb verschluugenen Ranken die Wappen von Bobmen, Uno'arn, Scblcsieu, Mabreu und den iibrigen Kronlanderu an-ebracbt, iiber welcbe der vom Glilcke sebr begun- — 135 — stigte Konig gebot. Es darf bezweifelt werden, dass im Umfange des osterreichischeu Kaiserstaates ein zweites mit soldier Eleganz aus Stein hergestelltes Astwerk getroffen wird, welches diesem zur Seite gestellt werden konnte. Wenn die Anordnnng dieses Oratoriiinis mit der im Dome eingehalteuen Formengebung in grellem Widerspruche steht und im Verlaufe der gegenwartig im Zuge befindliclien Restauration mehvmals auf dessen Demolirung angetragen worde. darf man docli nicht vergessen, dass liier ein spat-gotliisches Gebilde seltener Art vor uns steht, und dass Vladislav alien Ernstes vorhatte, den Dom in dieser Weise auszubaueu. wie er denn 1509 wirklich die Arbeiten beginnen liess. Dass die Vladislav'schen Dombauten dnrcb den Brand von 1541 zerstort warden, ist in der Gescliichte des Domes, III. Band, S. 43, mitgetheilt worden. Illustrati on: Vorderseite des Oratoriums. Fig. 181. (Im Texte S. 137.) Altar-Schreiiie. Haben wir im Gebiete der Steinbildnerei neben verscliiedenen nationalen EigentbiimlichkeiTen auch zahlreiche von aussen kommende Einwirkungen kennen gelernt, so bewegen sich die Holzschnitzereien ganz in der von dentschen Meistern vorgezeichneten Eichtung und es sind namentlich die Altar-Schreine friinkisi'hen Mustern nachgebildet, wenn nicht, was in einigen Fallen nachgewiesen werden kann, dergleichen Arbeiten ans dem gewerbigenNlirnberg bezogen warden. Die wenigen vorhandenen Schreine sind nach liblicher Weise ange- ordnet, nanilich als Fliigel-Altare : das Mittelfeld ent- halt regelmassig ein in Holz geschnitztes Bild, die Sei- tenflugel sind bald gemalt, bald mit Reliefs ausgestaltet, darliber bant sich eine ans Fialen und Rankeu-Werk bestehende Kronnng aaf. Die Kirchen in Prag besitzen gegenwartig kein einziges echtes, dieser Periode angehorendes Werk: die Bilderstilrmer znr Zeit des Winterkonigs, besonders aber das Bestreben der Jesaiten, jede Eriunernng an den Utraqnismns zu verwischen, haben unter den Knnst- werken des XV. Jahrhunderts, die liberhaapt nicht reich- lich vorhanden waren, griindlich aafgeraumt. Der von dtn altereu Schriftstellern als Meisterwerk ersten Ranges bezeichnete Altar in der St. Barbara-Kirche zu Kutten- berg wurde von den Jesuiten einzig und allein aus dem Grande zerstort, well er Anspielungen aaf die Com- munion in beiderlei Gestalten enthielt. Aehnliches geschah in der Teyn-Kirche zu Prag und in den meisten Kirchen der Landstiidte, nachdem durch die Bilder- stiirmereien der Hussiten and der Calviuisten bereits unzahlige Kanstwerke vernichtet worden waren. End- lich grassirte im vorigen Jahrhandert eine formliche, jedes Kunstsinues baare Manie, die uoch bestehenden mittelalterlichen Denkmale zu beseitigen, lediglich ans dem Grunde, urn Platz zu gewinnen fiir (lie modern en Oder vielmehr zopfigen Erzeugnisse damaliger Zeit. Die vorzliglichste Holzschnitzerei, einen trefflich ausgefiihrten und bemalteu Fliigel-Altar besitzt die Schloss-Capelle zu Bur glitz, wo sich aasserdem noch viele andere Holz-Sculpturen vorfinden. Das Mittelfeld des Altar-Schreines zeigt die Kronung Mariae durch Gott Vater und Christns in hocherhabener Arbeit, ein wohlangeordnetes Bild, dessen Figuren bei richtiger Zeichnung und lebensvoller Auffassung an die sehwabi- schen Meisterwerke erinnert. Die Seitenfliigel enthalten in je zwei kleineren Darstelhingen : Verkiindigang und Geburt, Beschneidung und Aubetung der Weisen. Riick- warts an den Fliigeln sieht man die Landes-Patrone. Das Rahmenwerk des Schreius offenbart einen Fleiss, welcher unmoglich hoher gesteigert werden kann: gebogene Fialen, Blamen, Arabesken und Engelgruppen in filigranartiger Ansfiihrang vertiechten sich zu einem wundervollen Ganzen, gehohen durch gesattigte Farben und reiche Vergoldungen. Neben diesem Altare sieht man mehrere in Holz geschnitzte Statuetten, welche auf Consolen rnhen, auch einige Gemalde aas dem Beginne des XVI. Jahrhunderts. Fig-. 179. (Pilsen.) Es ist nicht bekaunt, von welchem Klinstler der Altar gefertigt wurde : der prachtliebende Konig Vladi- slav, dessen Xamenszug in der Capelle ofters ange- bracht ist, scheint seine Bestelhingen gewohnlich an solchen Orten gemacht zn haben, wo er lioffen durfte, das beste zu erhalten. Wir werden auf die in Biirglitz betindhchen Sculpturwerke uoch einmal zurlickkommen. Einen Altar-Schrein von grosser Bedeutung besass die Spital-Kirche St. Maternus zu Aussig, der mit Bestimmtheit als eine Arbeit der Mirnberger Schule anerkannt worden ist. Der Rahmen liberwiegt den bildlichen Inhalt : die Strebepfeiler, Fialen, Baldachine und Arabesken vereinigen sich zu einem schlanken, fein gegliederten Aufbau, dessen farbige Ausstattung mit den Linien in vollem Einklang steht. Die Figuren verrathen Wohlgemuth's Einfluss : man sieht geknitterte Falten, vortretende Backenknochen und eckige Schul- tern neben scharfer Charakteristik der Kopfe. Gegen- wartig ist dieser Altar als Hoch-Altar in der Aussiger Decanal-Kirche aufgestellt, nachdem er vorher pietat- voll restaurirt worden war. Dieser Altar scheint sehr angesprochen und denBildhauern im nordlichen Bohmen 19 — 13G — als Vorbild gedieiit zu haben: eine freie gelung-ene Umbilditng desselben fiiidet sicli in der St. Johannes 180. (I'nig.) B.-Kirche zu Klapay (Klepy) uiiweit Lobositz, wo neben dem Altare folgende Inscbrift zu lesen ist: „k. D. MCCCCXCIIl. XXVI Apr. Rdmus in Christo Pater et Dom. D. Benedictus Dei gratia E piscop. Caminensis et Baro de Waldstein chorum istum et altaria de novo conseeravit et ecclesiam rcconciliavit ad instautiam gener. et magnific. D. D. loannis Leporis cognominati de Hasenhurg et Cost. etc. consanguinei sui." Die figllrlichen Darstellungen (es enthalten die Fliigel Pas- sioiis-Bilder, das Mittelfeld eineKreuzigung) stehenzwar in Bezug auf kiinstlerische Durchbildung hinter dem Aussiger Altar zuritck, die Decorationen aber sind in Klapay ebenso zierlicli ausgefiihrt. Auch in eonfes- sioneller Hinsicbt sind Kirche uiid Altar merkwurdig, indem die obige Inscln-ift ausdriicklich meldet, dass die Kirche im Jalire 1493 wieder dem katholischen Gottes- dienste duvch Herrn Jobann Hase vonHasenburg zuriick- gegeben, aufs neue consecrirt und der Altar neu her- gestellt worden sei. Der Aufbau ist noch vollkommen gotliiscb olme Ankliinge an die Renaissance. Mebr bandwerkliebe Tliclitigkeit als Kunstgefubl verrath ein kleiner in der St. Anna-Kircbe zu Graupen befindlicher niit geschnitzten Bildern ausgestatteter Fliigel-Scbrein, in welchem die Marien- Legende zur An.ibauung gebracbt ist. Es haben sicb die Predella, das jMittelbild und die Seitenfliigel erhalten, der obere Aufsatz feldt, wenn iiberhaupt ein solcher vorbanden war. Die Figuren sind nur 12 bis 14 Zoll bocb, sehr bunt bemalt und von kurzen gedrangten Verbaltnisseu; Neben-Figuren treten in Menge auf, so dass man mit Miihe den jemaligen Vorgang berausfindet. Die Hobe des Schreines betragtmit Inbegriff derPredella 4V2s,Fuss, die Breite durch die Seitentliigel 6 Fuss, Umralimungeu und Arabesken nahern sich vielfacb den Formen der Frub-Renaissance. Diese Anklauge sowobl wie die Trachten der Figuren deuten an, dass das Werk nicbt vor der Mitte des XVI. Jahrhunderts ausgefiihrt wor- den sei. Anderweitige vollstandig erhaitene Altar-Werke sind im Norden nicbt bekannt, wobl aber komnien sehr viele Bruchstiicke von Schnitzereieu in Leitmeritz, Grau- pen, Kaaden, Komotau und besonders in Briix vor, welche Kunde geben, dass in diesen Gegenden mehrere tiichtige Bildhauer tbatig gewesen seien. Die Namen der Meister bat uns die Gescbicbte nicbt aufbewabrt. Das grosse mittlere Bohmen hat in Beziehung auf Werke der alteren Holz-Bildnerei kaum nennenswerthes aufzuweisen. Misskenuung des bistorischen und kiinst- lerischen Wertbes der gothischen Bildwerke und die oben geschilderte Neuerimgssucbt baben verursacbt, dass nur hie und dort ein Brucbstiick erhalten blieb. Erst in grosserer Entfernuug von der Hauptstadt, finden wir im Osten des Laudes einen mit Scbuitz-Arbeiten reichlich versehenen Bezirk , der sicb von Koniggratz bis Deutsch-Brod und Iglau ausbreitet und westwarts an Kuttenberg anschbesst. Die zahlreichen in dieser Gegend vorhandenen Gemalde und Scbnitzarbeiten beweisen die Esistenz einer grossen sehr thatigen Schule, als deren Griinder vielleicht der erwahnte Jacobus Statu anus von Kuttenberg angeselienwerden darf. An diesen reihen sieh verscbiedene Kiinstler an: Miniatur- und Tafel-Maler, Holzscbnitzer, Zinn- und Gloekengiesser und andere Die Werke, welcbe von diesen Meistern berriihren, snid ibrem Werthe nach unendbch verscbieden; einzelue Arbeiten beurkunden ein anerkennenswertbes Streben, wahrend die meisten sich kaiim zur Mittelmassigkeit erheben. Die Namen der hervorragenden Meister Jacob vou Kiittenberg iind Mat hi as Radaus sclieinen nicht sowohl einzelnen Kiinstlern als ausgebreiteten Familien anzugehoren, welcbe in mehreren Generationen das Maler- mid Bildschnitzer-Geschaft iinter gleiclier Firma fortflihrten iind je nacb Geld ihre Waaren geliefert ha ben mo gen. Hoch-Altar in der St. Barlbara-Kirclie. Der ehemalige Hoch-Altar in der Barbara-Kirche zu Knttenberg war jedenfalls ein ausgezeichnetes Kunst- Brodlaibe hervor, und der beilige Bartholomaus goss aus einem grossen Gefasse den Wein in die Becher. Jede Gestalt war so lebenswabr dargestellt, dass ihr zum Leben nur der Athem zu feblen scbien. Die Decke der Halle stellte ein mit ausgezeichnetem Schnitzwerk verziertes Gewolbe dar, in der Mitte ilber dem Tische hing eine grosse, anf acht weiten Bogen scbwebende, kunstvoU gescbmiickte Rose herab. ^ Unterhalb dieser Darstellung (in der unterhalb des Abendnial-Bildes be- findlicben Predella) waren vier mit iiberaus zarten Schnitzwerken ausgefiillte Nischen angebracht, in welcheu man die sitzenden Gestalten der vier Kirchen- lehrer erblickte. Auf den Seitenflugeln befanden sich iinnitten der kunstvollsten Zierrathen die heilige Barbara Fig. 181. (Prag.) gebilde, wie sich aus uachstehender Schilderung des Chronisten Korinek entnehmen lasst. Es ist zwar nur der Nachruf eines Laien, welchen wir wiederholen konnen, aber gerade der ungeklinstelte Vortrag und das tiefe Bedauern liber das zerstorte Denkmal, verlei- hen seinen Worten aligemeines Interesse. Die Beschrei- bung lautet: „Eine Merkwiirdigkeit dieser Kirche war der prachtvoUe, von der Meisterhand eines gewissen Jacobus verfertigte und im Jahre 1502 auf dem Hoch- Altar-Tische aufgestellte Fliigel-Altar, der eine konig- liche Prunkhalle darstellte. In der Mitte war der Tisch, an welchem der Gottessohn, seinen Liebling Johannes auf dem Schosse haltend, mit den Aposteln bei dem Ostermale sass : an der einen Ecke des Tisches langte der Apostel Philipp aus dem zusanimengefalteten Mantel und die heilige Dorothea. Trat man hinter den Hoch- Altar und betrachtete, was der Meister an der Riickseite der Arche geschnitzt hatte, erblickte man einen Wein- stock, der iiber dem Tafelwerk seine Aeste ausbreitete. Wir gewahren, wie die mit Blattern und Weintrauben behangten Zweige sich laubenf()rmig wolben, und in der Laube sitzen wie in einem Haine die Vogelchen. einige in deuNestern sich bergend, andere dieTrauben pickend und wieder andere, welche ihre Schnabelchen zum Gesang offnen. — Damit ich mich kurz fasse, es war all dieses an der Arche so kunst- und sinnreich ange- bracht, dass die Feder nicht zu schildern vermag, was sich dem Menschenauge darbot". ' Ein schwebender Knanf, wie deren mehrere in den noch erhaltenen ChorstUlilen derselbei) Kirche angebracb' sind. 19 * — 138 — ,.Wo aber kam diese Arche hin? — " „In der Faste dieses Jahres 1675 wareu zwei Jahre verflo'ssen, dass dieser Flugel- Altar einem neuec, iiach dem Muster und Gesclimack der gegenwartigeii Zeit verfertigteu Bilde den Platz ramnen musste.'^ ^ Es haben sich zwar in der St. Barbara-Kirclie zwei Bruchstucke vou Seiteu-Fliigeln orhalteu, welche als sind nachlassig, fast roll ausgefiibrt imd zeigen keine Spur YOU der boheu Volleuduug, -welcbe sicb in den uoch bestebenden "Werkeu des Jacobus ausspriebt. Aucb die geringe Breite von nur 14 Zoll deutet keiuen Hocb-Altar an, es diirften mitbin die fraglicben Reste eber einem Seiten-Altar, Beicbtstubl oder abnlicbem Geratbe augebort babeu. 1 1 M r r 4^ Fig. 182. (Schlan.) Tbeile des alten Hocb-Altars ausgegeben werden, die aber gauz gewiss nicht von der Hand des Meisters Jacob berrlibren, aucb nicbt mit Kofinek's Bescbreibung iiber- einstimmeu. Der eine Rest entbalt eine Engel-Gruppe, der andere ein Verklindigungs-Bild ; beide Reliefs ' Sv.iTi p:iriiPti Kutno-Horsko, Korinek pag. 204. Kori'nek nennt den Altar irnmer ,dle Arche." Obwfihl katholischer Piiester und abgesagter Feind dee Utraqui.smns, ist der Chronist doch von der damals hereinbrechenden italienischen Kunstrichtung gar nicht erbaut. Altar iu Sme^no. Einigen Ersatz fiir den verloren gegangenen gross- artigen Kuttenberger Sebrein bietet vielleicbt ein kleiuer in der Scbloss-Capelle zu Sraecno befindlicber Flugel- Altar von 10 Fuss Kobe und 7 Fuss grosster Breite. Sowobl das Hauptfeld wie die Seitenfliigel entbalteu Scbnitzwerke in bocberbabener Arbeit, iudein dieFiguren — 139 ^ zura Theil ganz frei ans dem Grande vortreten Im Mittelbilde erblickt man die heilige Juugfrau mit dem Jesiiknaben, neben ihr die heilige Anna, darliber stelien auf eiuem Spruchbande die Worte: „fecit miln magna qui potens est." — Die ebenfalls geschnitzten Fliigel zeigen die Figiiren der beiligen Barbara umd Katbarina. Der arcbitektonische obere Aufbau ist nicbt reicb, aber gescbmackvoll und entbalt zwischen Fialen und Arabes- ken den segnenden Heiland. Aucb ist das Wappen der Herreu von Martinic, welche seit uralter Zeit die Eerr- sehaft Smecno besassen, liier angebracbt, eiu Zeicben, dass der Altar im Auftrage der Familie fur_ diese der beiligen Anna gewidmete Capelle angefertigt wurde. Die Riickseiten der Fliigel sind gemalt, ebenso die Predella; diese Bilder warden um 1840 von dem Maler Gruss aus Leitmeritz restaurirt oder vielmehr total iiber-^ malt, so dass vom urspriinglielien Bestande wenig ver- blieben ist. Die Sclmitzereien sind in Bezug auf Teclmik meisterbaft ausgefilbrt, doch misst man jene Gefiihls- tiefe und Zartheit, welche das in Kuttenberg befindlicbe Cbristus-Bild, die einzige vollstandig beglaubigte Arbeit des Statuarius Jacob auszeicbuet. Der Verfertiger ist uicht bekannt und ein Monogramm, welches an emem Seitenflligel angebracbt gewesen sein soil, ist im Laufe der Restauration verwischt worden. Die Figuren dieses und des Altares zu Burgliz zeigen einige Verwandt- schaft, dieOrnamente jedoch sind griindlich verschieden. Wahrend der Biirglitzer Altar zaniichst an schwabische Arbeiten erinnert, nahern sich die Ornamente m Smecno der an den Chor-Stuhlen zu Kuttenberg emge- haltenen Manier. Doch ware immer moglich, dass Meister Jacob, welcher uocli 1540 bis 1546 in Prag thatig war, nicbt allein die Decorationen, sondern auch die Figuren des in Rede stehenden Altars ausgeflihrt habe, cla die Kiinstler dieser Zeit ihre Arbeiten fabriks- massig forderten und vieles durch Gehilfeu ausfiihren liessen. In Chrudim hat der claselbst wohnende Conser- vator der k. k. Central-Commission fiir Kunst- und historische Denkmale, Herr Baumeister Schmoranz, eine grosse Anzahl von Scbnitzwerken und Malerem der alten Chrudimer Sehule, welche da und dort in Dachraumen oder Rumpelkammern vergraben lagen, vor einigen Jahren ans Licht gebracht, restaurirt und zweck- massig theils in der Decanal-Kirche, theils in der neu- erbauten Spital- Capelle aufgestellt. Hierdurch ist der Grund zu einer formliclien Sammlung gelegt worden, welche uns eine deutliche Uebersicht der dortigen Kunst- thatigkeit gewahrt. In der Decanal- Kirche befindeii sich zwei geschnitzte Altar- Schreine und mehrere mit geschnitzten Arabesken umgebene Gemalde, in der Spital-Capelle ein Flugel-Altar und einzelne Bildwerke, in der Katharinen- und Kreuz-Kirche, wie auch in den Kirchen zu Koniggratz und der Umgegend kommen zahlreiche Malereien und Holzbildnereien vor, welche alle den gleichen Charakter einhalten. Holz-Sclinitzereieii in Chrudim. Vom technischen Standpunkte betrachtet, stehen die Chrudimer Schnitzwerke bedeutend tiefer, als die im Nordwesten des Landes vorkommenden, die Ausfuhrung ist derber, alle Formen breiter, auch neigen sich die Architektur-Theile oft einer nicht gehorig verstandenen Renaissance zu. Die biblischen Darstellungen bewegen sich in einem ausserst engen Kreise und es kehren dieselben Motive mit geringen Aenderungen haufig wieder. Man erkennt, dass die Utraquisten zwar Bild- werke in ihren Kirchen gestatteten, dass aber hinsicht- lich der Auswahl grosse Unklarheit herrschte. So sind z. B. alle aus den Legenden der Heiligen entnommenen Stoffe verbannt, wahrend die einzelnen Figuren der Landes-Patrone bei jeder Gelegenheit angebracbt wer- den; die Darstellung der heiligen Familie, diese loh- nende, von deutsclien und italienischen Kiinstlern mit grosster Vorliebe behandelte Aufgabe, ist von den bohinisehen Malern nicbt gewahlt worden, auch feblen bier die anderwarts beliebten Illustrationen der Para- beln und der Apostel-Geschichte, wogegen gewisse Darstellungen, z. B. die Himmelfahrt Mariae, das jiingste Gericht, bandertfaltig vorkomraen. Vorzugsweise beliebt waren im XV. Jahrbundert die Figuren der heiligen Jungfrauen Katbarina und Barbara, von denen die letztere als Schutz-Patronin des Bergbaues beinahe in keiner Kirche des Ostens fehlt. Die Dechantei-Kirche zu Chrudim entbalt in ibrem rechtseitigen Nebenschiffe einen ganz geschnitzten Fliigel-Altar, mit dem Hauptbilde Maria-Himmelfahrt, wahrend im linken Fliigel, oben Verkundiguii^g, unten Geburt, und ini rechten oben Maria und Elisabeth, unten die Anbetung der Weisen dargestellt sind. Ge- sichter, Hande und Unterkleider sind bemalt, die Ober- kleider, Hintergrlinde und Arabesken vergoldet. In den Marienkopfen zeigt sich feines Gefiihl, aucb sind die Apostel des Hauptbildes gut angeordnet, im Faltenwurf aber ist nicbt die mindeste Riicksicht auf Korperformen genommen und die Kleider haugeu an den Leibern wie aus Blech oder Leder gepresst. Das bedeuteudste dieser Werke ist eiu aus der Katharinen-Kirche in Chrudim stammender, dermal in der Spital-Capelle aafgestellter Fliigel-Altar mit ge- schnitztem Mittelbilde imd gemalten Fliigeln. Auch bier ist die Hiramelfahrt-Mariae Gegenstand des Hauptbildes, einer figurenreichen Composition, die ungleich^ geist- reicher gedacht und feiner durcbgefiilirt worden ist, als die Schnitzwerke in der Decanal Kirche. Mit richtigem Ausdruckdargestelltsind die Apostelgruppen, welche der in die Hobe scbwebenden Himmelskonigin naehblicken; auch die Glorie, Gott-Vater und Christus von Engeln umgeben und die Krone halteud, verrath einen tiich- tigen Meister, obwohl diese Partie der untern nachsteht. Die Seitenfelder enthalten wieder je in zwei Abtheilun- gen: Verkiindigung , Maria und Elisabeth, Geburt Christi und Anbetung, aber gemalt; die Gemalde jedoch sind bei weitem schwacher als die Schnitzereien. Am Rande des eines Fliigels ist die Jahrzahl 1516 ange- bracbt, an der Riickseite das Monogramm i\IR, (wahr- scheinlich Matthaus Rambauzek, von welcbem jedoch nicht voilkommen sichergestellt ist, ob er auch in Holz gearbeitet habe). Dieser Rambauzek war Maler und Blirger in Chrudim und hat unter andern fiir die Deca- nal-Kirche die Scene gemalt: „Lasset die Kindlein zu mir kommen!-' — Dlabac versichert, dass er im Jabre 1789 dieses mit der Namensunterschrift des Rambauzek gefertigte Bild noch gesehen habe, doch scheint es in der Folge abhanden gekoinmen zu sein. Naheres iiber diesen Maler im betreffenden Abscbnitte. — 140 — Hanpt-Portale der St. Gottliards-Kirclie zu Schlan ein Kirclieutliure in Sclilau. Meisterwerk der Holzschnitzerei zu treffen, ein zwei- flligliges Thov von ll^ j Fuss Holie und Ty^ Fuss Breite, Vollstandig- erhaltene iu Holz g-escLnitzte Kirchen- leich decorirt mit Maasswerken, Laubgewiudeu und thliren gelioren in alien Liindern zu den Seltenheiten, Thiergestalten. Das Tlior ist spitzbogig, die Flugel Fig. 183. (Kuttenberg.) und es ist immer einer Reilie von giinstigen Zufallen zu reichen bis in die Spitze des Bogens hinauf, ohne durch verdanken, wenn hie und da eine der Zerstorung ent- einen Querbalken unterbrochen zu werden. Die untere ging. Urn so angenelinicr wird man iiberrascht, am Partie bis zur H(3he von 3 Fuss ist einfacli in quadra- tische Felder zerlegt, oberhalb enthfilt jeder Fliigel eiii sechstheiliges Maasswerk von Form eines Feusters und in den sich ergebenden Zwickeln sind prachtig compo- nirte Draclien-Gestalten angebracbt. Das Ganze wird umzogen von einem fortlaufenden aus Eicbenblattern gebikleten Oruament. Haben wir audi keiu Werk von solcher Bedeutung vor uns, wie die sogenannte Brant- tbllre an der St. Lorenz-Kirche in Niirnberg, darf doch die Schlaner Thiir in Bezug auf Formenreinheit und elegante Ausfiibrung den treftlicbsten Decorations-Arbei- ten beigezablt werden, welcbe auf uns gekommen sind. Die vollstandige Conservirung ist dem Umstande zuzu- schi-eiben, dass diese Thlire in der Kegel geschlossen bleibt und als Eingang nicbt beniitzt wird. Die buifen- den Ornamente luid vorwaltend flamboj^anten Maass- werke deuten den Scbluss des XV. Jabrhunderts an. Illustration: Aufriss der Tbilre zu Scblan. Fig. 182. (Im Texte S. 138.) Ciior-Gestiilile. In diesem Facbe der Sculptur bat Brjhmen nur eiuige, aber ausgezeichnete Werke aufzuweisen. Wabreud die bisber bescbriebenen Holz-Bildnereien und Stein- Scbnitzwerke nicbt an die gleiebzeitigen deutscben hinanreicben, dilrfen die Cbor-Stlible in Kuttenberg ohne Uebertreibung mit den Meisterwerken des Sluiin in eine Reihe gestellt werden; bebaupten letztere in Bezug auf figiirlicbe Ausstattungen den Vorrang, ist bei den andern der architektoniscbe Aufbau als stylgemasser anzuerkennen. Sowobl die St. Barbara- Kircbe wie die Decanal-Kircbe St. Jacob sind im Besitze tretflicb erbal- tener CborstUble, welcbe augenscbeinbcb in derselben Werkstatte ausgefiibrt wurden und sich nur dadurcb unterscbeiden, dass an denGestublen derBarbara-Kircbe zahlreicbe Figuren angebracbt sind, an denen der St. Jacobs-Kircbe aber keine. In der letzteren Kircbe haben die Stlible ihre urspriinglichen Stellen zu beiden Seiten des Chores bebalten, in der Barbara-Kirche aber sind sie urn 1670, als die Kircbe in keineswegs lobens werther Weise restaurirt und mit zopfigen Altaren ver- unstaltet wurde, an die provisoriscbe Abschlussmauer der West-Seite geriickt worden, wo sie noch steben. Beide Partien sowobl in der einen wie andern Kirche sind mit Ausuabme gewaltsam abgebrochener und entwendeter Tbeile wohl erhalten und besteben aus Lindenholz, welches durch einen besondern Firniss gegen Mottenfrass geschiitzt wurde. Die Stlible bauen sich mit ihren durchbrochenen Kronen, Baldacbinen und Thiirmchen zur Kobe von 21 Fuss auf, indem das architektoniscbe Element vorwaltet und die decorativen Tbeile bestimmt, wiibrend bei vielen deutschen Chor- stiihlen, namentlich bei denen des Ulmer Miinsters, die figiirlicbe Ausstattung als Hauptsache erscheint. Die Chorstiihle der St. Barbara-Kirche enthalten je sechs Sitze, welcbe nach iiblicher Weise durch Zwiscbenwande abgesondert und mit Baldacbinen ilber- deckt sind. Die Maasswerke wechseln und gehoren zu den voUendetsten, welcbe im Gebiete der Holzschnitzerei getroffen werden; die Briistungen zeigen fensterartige Dessins, iiber den Riickwanden erheben sichWimbergen zwischen Fialen und an den Vorspriingen der Zwischen- w^ande steben auf reicbgeschmiickten Kniiufen einige gut gezeicbnete Statuetten von 2^^ Fuss Hohe, wahr- scheinlich ehemals die zwolf Apostel darstellend. Leider muss gesagt werden, dass seit dreissig Jahren nicht allein viele von diesen Figuren, sondern auch Kniiufe, Baldachine und andere Decorationen entfremdet worden sind, dass liberhaupt die beriibmte Kirche niclit genli- gend beaufsichtet wairde. Ob ein leitender Gedanke (w^ie z. B. an den Ulmer Stiiblen der Sieg des Cbristenthumes) den hiesigen Dar- stellungen zu Grunde gelegen babe, kann nicbt be- hauptet werden; es feblen dermal die meisten Figuren, auch sind mehrere Sitze fortgenommen worden, als man die Stlible aus dem Chor entfernte. Endlich schei- nen die jetzt glattenPaicklehnen nicht mehr die urspriing- lichen zu sein, denn es ist nnwahrscheinlicb, dass der Kiinstler, welcber alle Tbeile so reich decorirte, diese Felder leer gelassen haben sollte. Genau dieselbe Anordnung halten auch die Stiihie in der Decanal-Kircbe St. Jacob ein, nur hat der Bild- hauer bier die Statuen und n)it diesen auch die dazu geborigen Postaraente und Verdachungen fortgelassen. Die Maasswerke sind noch etwas stronger gezeichnet und die Wimbergen nicbt so tiberschlank, wesshalb die Hohe etwas weuiger betragt als bei den vorbeschriebe- nen ; die iibrigen Maasse sind bier und dort die gleicbeu, die Breite des ganzen Gestiihls mit Inbegrifif der l^riist- lehnen und Knieschemmel ist 6 Fuss 3 Zoll, die Weite eines einzelnen Sitzes 3 Fuss 4 Zoll und das Materiale Lindenholz. Es ist wabrscheinlich, dass die Stiihie der Decanal-Kircbe etwas frliher gefertigt wurden. Zugeschrieben werden diese Werke dem otters erwahnten Meister Jacob, doch liegt weder eine be- stinimte Nacbricbt vor, noch ist an den Stiiblen ein Monogramm oder sonst Aufschluss gebendes Zeicheu entdeckt worden. Man erzahlt auch, dass die sammt- lichen Chorstiihle aus dem Kloster Sedletz stammten, bei dem grossen Brande von 1421 gerettet und nach Kuttenberg gebracht worden seien. Diese im bochsten Grade unwabrscheinlicbeSage dlirfte erst in neuerer Zeit entstanden und durch Klostergeistliche verbreitet worden sein, welcbe der Meinung waren, dass nur in Stifts- und Kathedral-Kirchen das Aufstellen von Chorstlihlen liblicb gewesen sei. In Ermanglung alter positiven Anhaltspunkte lasst sich ein Urtheil iiber Entstehungs- zeit und Meister nur auf Grund der eingehaltenen Gescbmacksricbtung und Tecbnik aufstellen. Unter Beriicksichtigung alter Einzelheiten ergibt sich als unzweifelhaft, dass die besprochenen Werke eher dem Schlusse des XV. als dem Beginne des XVI. Jahrhunderts angeboren, mithin die Moglichkeit nicht ausgescblossen ist, dass der Statuarius Jacob, welcber im Jahre 1502 den Altar in der St. Barbara- Kirche aufstellte, der Urbeber gewesen sei. Auch Kofinek's Besohreibung des Altares enthalt Manches, was auf die Stiihie passt, besonders was er von der gewolbten Decke des Saales sagt. Zwei woldei-haltene aber ganz einfache Chorstiihle betinden sich in der Pfarrkirche zu Unter-Haid, die Ausfiihrung entspricht der dortigen Kanzel, w^elche besprochen worden ist. Vorziiglich schone Bruchstiicke von Gestiihlen, darunter einige voUstiindig erbaltene Sitze, kommen in der Dechantei-Kirche zu Briix vor, wo sie in einer — 142 — Seiteu - Capelle Aufstelliing gefunden licabeu. Diese Schnitzwevke zeichnen sicli dadurch aus, dass sie polychromisoh behandelt nnd grosstentheils mitPflaiizen- Oruacientengeschmiickt sind ; audi gewahrtmaii, obwolil der Aufbau gotliisclie Formen einlialt, in den Decoratio- uen ein eigenthunilicliesUeberwucbern derEenaissance. Illnst rationen: Front- iind Stirn-Ansicht eines Chorstubles der Barbara-Kirche zn Kuttenberg. Fig. 183. (Im Texte S. 140.) Zweiter Abschnitt- Statuen nnd Reliefwerke. Wir haben ini vorstehcnden Abschnitte die Sclmitz- werke von der Plastik im engeren Sinne getrennt nnd wohl niclit mit Unrecht, da die mittelalterlicbe Sclmitze- rei thatsacblich eiue miabhangige Stellung zwischen Architektnr iind Bildhanerknnst einnimmt, nnd wie wir gesehen, viele der bieber gebiirigen Werke weder dieseni noch jenem Facbe zngetbeilt werden konneu. G-eben sich bereits in den gescbilderten Arbeiten die verscbiedenartigsten ausseren Einwiikuiigen kund, ist dieses in nocli boliereni Grade der Fall i)ei bildneriscben Darstellnngen gescbielitlicben oder allegoriscbeiilnbalts. Fig. 184. (Litic.) Es erscbeint mitbin ansserst scbwer, von der Entwick- lung der Sculptur in nacbbussitiscber Zeit eine klare Uebersiebt zu gewinnen; man kann beinabe sagen, so viele Werke, ebenso viele verscliiedene Richtiingen. Gleicbzeitig nnd nebeneinander macben sicb italieniscbe, dentscbe- nnd bobmiscb-nationalc Elemente geltend: bier die harte eckige Gotbik, dort antikisirende An- klange luid gediegene Dnrcbbildniig, anderseits vvieder Formen, welcbe an die entartetste Zopfperiode streifen. Dieses unsicbere Hernmtasten kann nicbt befrem- den, wenii wir auf die friiliercn Kunstverlialtnisse znrilck- blicken. Die >Sculptur Ijatte sicli in Biibmen seit altester Zeit geringer Pflege zu erfrenen gebabt nnd war erst in den Tagen des Kaiser Karl IV. dureb die Bemlihnngen des Peter von Gmlind, der beiden Clussenberg und noch einiger Kiinstler einer anerkennenswertben Bliithe zuge- Mivt worden. Von den Klinstlern dieser Bliithen-Periode, welcbe annahernd von 13G0 bis 1410 wabrte, dlirfte schwerlicb aucb nur ein Einziger die mit Unrnhen erflillte Zeit iiberlebt baben, bis Georg Podiebrad nach seiner Tbronbesteigung eine nene Kunsttbatigkeit er- weckte. Konig Po'diebrad war kein Kunstfrennd aus Neigung wie Karl IV. nnd Wladislaw II., es darf bezweifelt werden, ob er ein Verstandniss besass; aber Fig-. 185. (Litic.) er erkannte mit staatsmanoiscbem Scharfblick den Wertb der Kiinste und sucbte sie zu beben als Mittel zur Beruliigung des Landes. In seinem Privatleben an der grossten Einfacbheit festbaltend, fand er docb fiir gut, in geeigneten Fallen die fiir den Herrscber oft unentbebrlicbe Praclit zu entfalten; von diesen Ansich- ten geleitet, stattete er das Aeussere seines Schlosses Litic rait Sculpturen aus, wabrscbeinlicb den ersten, welcbe nacb Beilegung der Biirgerkriege ausgefiibrt warden. Sculpture!! in Litic. Wenn wir die Bemerkung voraussendeu, dass die Burg Litic seit etwa zweihiindert Jaliren unbewohnt — 143 — uud ill Rninen liegt, dlirfte audi ausg-esproclieii sein, class dovt keiiie wohlerlialtenen Bildhauerwerke, son- dern uur Brnchstiicke vorlianden sein konnen. Abev sclioii die Tiiatsaclie, dass Konig Podiebrad iiber dem Portale sein Standbild hat aufstellen lassen, und dass diese Statue noch an ilireni urspiiinglielien Aufstellungs- orte vorlianden ist, verdient als Merkwltrdigkeit aner- kannt zu werden und lasst uns gern die allenfallsigen Beschadiguugen imd Mangel libersehen. Die Figur des Kilnigs ist in lioclierbabener Arbeit, beinahe ganz ruiid in sitzender Stellung oberhalb des Thores angebraclit; das Bild hat eine Hi3he von 7 Fuss, besteht aus fein- kornigem Sandstein und ruht auf einem weit ausgelade- nen Postameute. Das Haiipt tragt keine Krone, die vielleicht eine Anspielung auf die zablreichen Feinde des Konigs vorstellen, mit welchen er zu kauipfeu batte. Ferner sehen wir nebst verschiedeneii Wappen und Emblemen noch ein etwa 41/2 Fuss hohes Belief, einen Steinmetz oder Bildhauer (larstellcnd , welcher den Hamme;- schwingt uud ein Werkstlick zurichtet. Das Figiirchen selbst hat eine Hohe von etwa 3 Fuss und ist mit einem schon ausgeflihrten gothisclieu Kahmen uni/.ogen. Der dernialige Standort scheint jedoch iiicht niehr der alto zu sein; das Relief steht gegenwartig oberhalb der grosse;i Steinplatte, an welcher das konig- liche Standbild angebracbt ist. Auf eiiier noch vorhau- denen Tafel nebenan best man die Woite: Regnanti Anno Domini MCCCC. sexagesimo octavo Regi Podie- Fig. 186. (Prag.) Haare sind von der Stirn zuriickgetreteii, der Blick aufwarts gerichtet und der Bart unter dem Kinn (Pode- bra'i) deutlich ausgepragt. Die Stellung verrath Energie, in der Kleidung ist die einfache Lebensweise des Darge- stellten angedeutet; der Konig tragt einen einfachen Pelzrock fast vom selben Schnitte wie die heutigen Schlafrocke und scheint mit beiden Hilnden einen Gegenstand, vielleicht ein Buck, gehalten zu haben; es ist als blickte er eben vom Lesen auf. Der Klinstler hat sich bei Anfertiguug dieser Arbeit an das Stand- bild des Konigs Wenzel IV. am Prager Briickenthurnie gehalten und war in seineni Bestreben niclit ungliicklieh, nur hat er den Kopf und Oberkorper zu sehr gegen links gedreht, walirend Untertheil und Beine gerade von vorn gezeichnet sind. Die Figur scheint nach dem Leben gearbeitet worden zu sein; der kraftige Charakter Podiebrad's und seine geistige Ueberlegenheit sind mit wenigen Strichen angedeutet. Ein Faunenkopf, welcher unterhalb des Postamentes aus der Wandfliiche vorragt und so als Trager des ganzen Bildwerkcs dient, soil bradio. Eine zweite Tafel enthalt dieselbe Inschrift in bohmischer Sprache. Illustration: Standbild und Relief in Litic. Fig. 184, a. (Im Texte S. 142.) Thonansicht mit Angabe der Sculpturen. (Fig. 185 h. S. 142.) Das Walirzeiclien der St. Barbara-Kirche. Bildwerke hunioristischen Inhalts, deren man in den alten Stiidten Deutschlands so viele antrifft und die an auffallcnden Stellen, Erkerausladungen, Bogenfeldern oder Giebeln angebracbt, bald einen derben VVitz, bald ein Sprichwort in allverstandlicher Weise verkorpern, iTianchinal auch einen geschichtlichen Vorgang im Ge- dachtnisse erbalten sollen, waren in Bohmen nicht beliebt. Das einzige derartige Werk, welches bisher angefiihrt wurde, ist die Figur des Wachters im Innern 20 — 144 — des Altstadter Briickenthurmes, von je versteckt und wenigeu Personen bekaunt. Diesem gegeniiber besitzt das Kuttenberger Wabrzeicbeii allgemeines luteresse. Auf der obersten Galerie der St. Barbara-Kirche in der Hobe von 120 Fnss ist eine Gruppe von drei etwas iiber lebensgvossen Statnen aiifgestellt , welcbe auf Postanienten sitzen. Die Hauptfigur hat ibren Platz in der Mitte und stellt offenbar den Meister des Werkes M a t h i a s R a y s e k dar, wie er von deni Geriiste hcrab den liblicben Spvicli- sprucb auf den gliicklicb vollendeten Cborbau halt. Er tragt eineu knapp anliegenden Rock mit weiten herab- bangenden Aernieln, an deni Giirtel bangen Geldbeutel und Massstab, die Zeichen seiner Wiirde, und er blickt Fig. 187. (Kuttenberg.j triuniphirend hinauf zu den hoben Pyramiden und dem dariiber sicb erbebenden Dacbwerke. In der linken Hand blilt er eine Ubr, auf welcbe die Reclite bindeutet, als solle auf den Wertb der fliichtig dahinrollenden Zeit aufnierksara gemacht werden. Dass diese Figur den Meister Mathias darstelle, ergibt sicli zur Evidenz aus dem Aufstellungsorte. Die Gruppe steht an der Nordseite des Chores genau an jener Stelle, wo innerhalb die Denkschrift angebracbt ist, dass Raysek den Chor voll- endet babe. Dann stellt die mit einem Massstab ver- sehene Figur in unzweideutigster Weise einen Bau- meister dar, ein anderer aber als Raysek war an diesem Bautheile nicbt beschaftigt. Neben dem Meister befinden sicb rechts der Ge- .sclle, links der Lehrjung; der Geselle als Lustigmacher schwingt die Schellenkappe und begleitet die Rede mit allerlei Gesten, walirend der andere die Arme triig herab- hangen lasst, den Kopf zurlickwirft und zugleieli Faul- heit wie IMissgunst reprasentirt. Der 8inn ist klar aus- gesproclien: der Kluge und Thatige beniitzt seine Zeit gewissenbaft, der Narr verjubelt sie und der Faule oder Neidische heult wenn er siebt, dass dem Andern ein Werk gelungen ist. Die 8tatuen siiul zwar nicbt ganz correct gezeich- net, aber uniibertreffiich in Ausdriiek und BcAvegung; die Haltung des Meisters spriclit Willenskraft und Tbatigkeit aus, Kopf und Hals zeigen anerkennens- werthes Natiirstudium. Das Haupt ist bartlos und die Haare sind kurz gescbnitten, die Gesiclitsziige lassen trotz ai-ger Verwitterung noch immer einen schonen und intelligenteii Mann von ungefabr 55 Jahren erkennen. Die beiden Kebeiifiguren sind zwar besser ausgefilhrt als die in Gang und Koniggriitz angebrachten Engels- und Evangelisten-Bilder, offenbaren aber aucb die Scbwachen Raysek's in unzweideutigster Weise. In der Gestalt des Lehrlings scbeint eine personliche Anspie- lung ausgesprocheu zu sein, sie ist sebr scharf cbarak- terisirt als der ^Dumme Junge-' wie er leibtund lebt. Obwobl die Figur des Meisters in aufgericbteter Stellung eine Hobe von 7 Fuss erreichen wiirde, kann doch die Gruppe wegen sehr weiter Entfernung vom Kircben- platze aus nur mit bewaffnetem Auge bemerkt werden, wessbalb das Gebilde, welches anfanglicb manchem Kuttenberger Herren anstossig sein mochte, nach und nach ganz in Vergessenlieit gerieth.Moglicli dass Raysek einen Theil seiner Erlebnisse in diesem Wahrzeicben niedergelegt hat. Die beigefiigte Illustration wurde auf einem Geriiste gezeichnet, einen andern Standpunkt zur Betrachtung gibt es nicbt. Illustration: Meister Raysek und seine Gesellen. Fig. 186. (Im Texte S. 143.) Ecce-Homo, Statuette iu Kutteuberg. Von all den Werken, mit denen Meister Jaccb das Rathhaus seiner Vaterstadt, die St. Barbara-Kirche daselbst und wahrscbeinlich noch viele Kirchen des Landes geziert hat, ist ein einziges auf uns gekommen, welches ihm mit Sicherheit zugeschrieben werden darf, namlich ein Ecce-Homo-Bild, das aus dem abgebrann- ten alien Rathhause gerettet wurde und gegenwartig im Saale des Steinernen Hauses aufbewahrt wird. Die Figur ist S'/^ Fuss lioch, aus Lindenholz gear- beitet, bemalt und am Fusse mit der Jahrzahl 1511 versehen. Tiefes Gefiihl und die feinste Modelliruug zeichnen dieses Bildwerk aus, welches den edelsten Schopfungen mittelalterlicher Kunst beigezahlt und namentlich der beriihmten trauernden Madonna in der Landauer Sammlung zu Niirnberg an die Seite gestellt werden darf. Die Arbeit tragi dnrchaus deutschen Charakter und es kommt aucb nicht der leiseste Airklang an die hereinbrechende Renaissance vor. Ein zweites Werk von soldier VoUendung wird in Bohmen nicbt getroffen, wessbalb die Zerstorung des beschriebenen Altars umsomehr zu beklagen ist. Dass diese Figur, — 145 — obgleicb weder durch Naniensziig- nocli Monogramm bezeiehnet, -wirklicb von IMeister Jacob hemihre, geht zum Theil aus dev Beschveibung des Veleslavina (t 1599) liervor, indem dieser Schviftsteller ein ini Rath- liause zu Kiittenberg befindliclies Cliristiisbild des Statuarius Jacob ganz ausdriicklich erwahnt, wie ander- seits die Bergung des Bildes actenraassig nachge- wiesen ist. * Verwandt mit diesem Schnitzwerke, aber bei weitem niclit von so hoher Vollendung, erscbeinen vier aus Holz geschnitzte Statuetten ira alten Rathhaussaale zu Prag, welche dem Statuarius zugescbrieben werden komieu. Dargestellt sind: Christus, Maria, Jobann der Taufer und die Landes-Patronin Ludmila; fein ausge- fubrte Gestalten, welche von pracbtvolleu mit Engel- kopfen geschmlicliten Consolen getvagen Averden. Italienischer Einfluss macht sicb indessen scbon bemerk- bar, welcher in den Reliefs am Steinernen Hause und den Decovationeu der alten, um 1490 den Herrn von Vrcbovist gehorigen Burg noeb auffallender zu Tage tritt. Kreuziguiigs-Grnippe in Liulitz. Die Pfarrkirche der Stadt Luditz unweit Karlsbad besitzt zwei Holzscbnitzereien von grosser Bedeutung: einen an der Westseite in einer vorgebauten Capelle betindlicbcn Oelberg und eine im Trinmpbbogen auf reichverziertem Querbalken aufgestellte Kreuzigung. Das letztere Werk scheint das einzige dieser Art zu sein, welches in Bohmen vorkommt; ein zweites wnrde bisher nicht aufgefunden, obwohl im nahen Franken eine solche Ausstattung des Triumph- Bogens nicht selten getroffen wird. In der Hohe von 15 Fuss liber dem Kirchenpflaster durchzieht ein protilirter und durch Streben unterstiitzter Balken den Bogen, welcher Schiff und Chor trennt; auf diesem Querbalken ruht in der Mitte das 14 Fuss hohe Kreuz, an dessen Untertheil die heilige Magdalena kniet. Zur Rechten und Linken stehen l\faria und Johannes, etwas uber 6 Fuss hohe Statuen ans Lindenholz gearbeitet und noch in der ursprlinglichen Bemalung erhalten. Die ganze Gruppe ist in der Manier des Veit Stoss durchgefiihrt und in alien Theilen mit grosser Zartbeit behandelt, durfte anch von einem Niirnberg'schenMeister gefertigt worden sein. Die in der Kirch e zweimal angebrachte Jahrzahl 1481 bezeichnet eine grossartige, damals vorgenommene Restauration und mag als die Zeit angesehen werden, wo die Schnitzwerke hergestellt wurden. Minder fein durchgebildet, aber mitGeflihl undNatursinn aufgefasst, stellt sieh der Oelberg dar, aus lebensgrossen bemalten Figuren bestehend, unter denen sich der schlafende Petrus als besonders gelungen auszeichnet. Oberhalb dieses Bildwerkes ist wieder die Jahrzahl 1481 einge- graben, doch scheinen die beiden Schnitzereien nicht von dem gleichen Meister herzuriihren, namentlich zeigt sich der Faltenwurf sehr verschieden. Im Oelberge sind die Gewander breit angelegt und die Falten fliessend, in der Kreuzigungs - Gruppe sieht man scharfe und geknitterte Falten. ' Daniel Adam Veleslavina : Epistola dedicatoria ad Senatum Cutten- bergensem Nomenclatori quadriliugui , 1558. Kr sagt unter andern : .,utpote imagines Salvatoris Domini, et duodecim eius Apostolorura de solido ligno exsculptae" etc. In topographischer Hinsicht ist das Vorkommen frankischer Arbeiten in dieser Gegend von besonderer Wichtigkeit. Sculptureu iu der alten Bnrg und dem Steinernen Hanse in Kuttenberg. Nichtalleinhinsichtlich der artistischenBehaudlung, sondern mehr noch ihres Inhaltes wegen verdienen einige in den ebenerdigen Gelassen der alten Burg angebrachte Darstelluagen die voUste Beachtung. Wenn den Klinstlern des Mittelalters jede Priiderie fern lag und sie keinen Anstoss fanden, die Freudeu des 20- — 146 — Paradieses in Form dcr Begattimg, einen sclieiiilieiligen Mouch mit allzu lioch aufgehobener Kutte, oder die Mwttev Eva in liochst zweideutigcr Stellung abziibildeii, widerspraeheu devlei Auffassuiigeii dem Geiste der Zeit in keiner Weise. Die Sitteii waren derb und die kiinst- lerische Ansdrucksweise konnte nicht wolil auders sein. Aiich lag bei dergleicben Bildwerken gewobnlich sine Moral zu Gruude. Ganz anderer Art sind die Darstel- Fig. 189. (Tabor.) limgen, welche wir nun zu besprcchen habeii. Vieles ist freiUcli' durch irgend einen puritanisclien Eiferer zer- stort worden, doch geben die noch vorhaiidenen Reste binreicbenden Aufscblnss iiber den ursprlinglichen Bestand. In den Ecken eines mit scbonen Kieiizgewolben iiberdeckten Gemacbes, wabrscbeinlicb des Scblaf- zimmers, sieht man an den Giu-ttrageim nackte Gestal- ten von Manneru iind Franen, welcbe sieb in verscbie- denen Stellungen umscblingen und an die priapiscben Teste, wie sie auf antikeii Gemmen und Reliefs voi- kommen, erinnern. Die Figtiren sind beinabe ganz rund ausgearbeitet und als Kniestlicke gebalien; voile und tippige Korperformen denten an, dass der Bildbauer eingebende Studien nacb Antiken und dem Nackten geniacbt babe. Bei nicbt immer correcter Zeicbnung liberraschen die leicbten Bewegungen der Figuren und die gescbickte Gruppirung. Die besterbaltene Gruppe zeigt einen Jiingling, der ein Madcben mit dem linken Arme umfasst, vs^abrend er in der recbten Hand einen Priap bait und damit deren Scbam beriibrt. Beide Ge- stalten sind unbeklcidet und umgeben mit einem ver- fiocbtenen aber unbescbrieben Sprucbbande; dem xMad- cben sind Kopf und Arme abgeseblagen worden, der Mann aber ist ziemlicb unbescbiidigt geblieben. Die Grosse ist bedciitend, indeni der mit Lockcn umgebene Kopf des Mannes eine Hiibe von 13 Cm. besilzt. Erbaut wurde dieser Ibeil der Burg, wie sieb aus Jabreszablen und sicbern Anzeicben ergibt, zwiscben 1480—1500; ob dureb die Familie Vrcliovist oder durcb den iippigen Konig Vladislav II., ist unbekiDuit. Illustration: Gurttrager in Kuttenl)erg. Fig. 187. (Im Texte 8. 145.) Weniger antikisirend als der Frlih-Renaissance znneigend erscbeinen die am Giebel des Steinernen Hauses angebracbten Sculptnren, welcbe bei Bescbrei- bnng des Gebaudes schon erwabnt worden sind. Die Anordnung einer Statoengmppe in einem steilen gotlii- scben Giebel bedingt von selbst, dass der Kitnstler sieb an altertbumlicbe Yorbildcr anlebnte. In der Detailirung aber bielt er an deu Renaissance-Fornien fest. Die obern den Siindenfall reprasentirenden Figuren stebeu mit den unterlialb in den Giebelecl^en angebracbten Reiterbildern m keiner Beziebung, aucb scbeiuen diese Bilderwerke nicdit gleicbzeitig entstanden zu sein. Uuter Hinweis auf die S. 94 entbaltene Bescbreibung und Ab- bildung des Hauses ergibt sieb als wabrscbeinlicb, dass die obereu alttestamentlicben Darstellungen erst auf- gestellt wurden, als man im Jalire 1506 das Gebaude zuni Biscbofsitz einricbtete, wahrend die turnirenden Ritter eine Erinuernng an die friilieren Besitzer andeuten mogen. Die untern Bildwerke besteben aus Stuckmasse, die'oberen aber vermutblicb aus Sandstein, da sie sicli sonst scbwerlicb unter einem dariiber aufgeklebten riesen- grossen Wappen erbalten baben wiirden. Durch lebendige Auffassung und Naturwahrbeit zeicbnen sieb die galop- pirenden Pferde aus, welcbe trotz aller Verwitterung die Hand eines Kllnstlers verratben. der Italien gese- ben bat. Fig. 190. (Tabor.) Biisteii im Katliliause zii Tabor. Ueber die Aiisftibrungszeit der im Ratbbause an- gebracbten Bildbauerarbeiten gibt die an einem kunst- reicben Wappen eingemeisselte Jahreszabl 1513 und der binzugefligte Namenszug des Kilnigs Vladislav 11. zuverliissigeAuskunft; iiber den Verfertiger jedocli findet sieb keine Nacbricbt vor. Da weder in der gleicbzeitig erbautenDechantei-Kircbe daselbst nocb in dem weiten Landstricbe,welcber sieb reehts derMoldau von Budweis — 147 — his Beneschau ausbreitet, Sculpturwerke spjit-gothi- scher Art getroffen werden, scheint der Kiinstler von auswarts her beriifen wordeu zu sein, ausscliliesslicb urn dasRatbbans zudecnriren. Dcr imerwabnten Wappen imd iu den sculptirten Arcbitektnr-Tbeilen eingehaltene Cbarakter erklart sich durcb Abbildiing eines Tliitr- g'ewandes, nnd es ist nur beizufligen, dass in dem Wappen auch figurlicbe Darstellungeii vorkommen, welche von dem Meister der Bllsten herrubren. Diese Busten sind ohne Zweifel Portraits der Biirgermeister und Senatoren, unter deren Verwaltung das Rathbaus erbniit wurde, sebarf individualisirte schone Kopfe von slaviscbem Typiis, mit sicberer Hand in fast aka- demiscber Mauier ausgeflibrt. Die Kopfe dienen als Gurttrager und ragen mit beinabe voller Rundung aus den Wandflacben vor, bald zwei aneinandergefligt, bald in einzelner Stelluiig-, aucb ein anmuthiges Fnuienbdd, nmgeben mit dem im secbzebnten Jabrbondert liblicben Kopftncbe und am Halse ein Medaillon tragend, ist zwi- i^cben den Mannern, wie ziu- Belebnng der Conversation^ eingereibt worden. Es ist nicbt unwabrscbeinlicb, dass die Bildwerke in Tabor und im Vrcbovist'scben Hause zu Kuttenberg von demselben Meister berriibren, aucb sprecben die Figuren am Sacramentsbauschen in Pracbatic einige Verwandtscbaft rait diesen Arbeiten aus, docb ieblen Zwiscbenglieder, um den Zusammenbang nacbweisen zu konnen. den werden, ob der Konig ein Scbwert oder einen Scep- ter in der Reclitcn bielt. Das Bildniss scbeint bemalt gewesen zu sein und der dermal leere, aber getbeilte Sebild mag wold das bobmiscbe und ung-ariscbe Wappen entbalten baben, wie es am Vladislav'scbeu Oratorium im Prager Dome geseben wird. Illustration: Portraitbgur Vladislav's in Aussig. Fig. 191. (Im Texte S. 147.) Illustratione n: (Im Texte Partie eines Tbiirgewandes. Fig. 1^ S 145.) Mannlicbe Busten. Fig. 189. (Im Texte S. 146.) Frauenkopf. Fig. 190. (Im Texte S. 146.) Portrait-Figur des Kouigs Yladislav iu Aussig. Von den verscbiedeneii plastiscb ausgefiibrten Por- traits des Konigs Vladislav II., welcbe man in Prag, Blirglirz, Kuttenberg und Aussig siebt, verdient letzteres sowobl des Aufstellungsortes wie der Ausfiibrung wegen besonderes Interesse, aucb scbeint es selir abnlicb zu sein. An einem Wandpfeiler des recbten Seitenscbiffes und zwar etwas oberbalb des dortigen Altares ist eine beinabe ganz frei ausgearbeitete lebensgrosse Figur (eigentlicb ein Kniesliick) angebracbt, die Konigskrone auf dem Haupte, Sebild uudScbwert in denHanden bal- tend. Dass diese Figur den genannten Konig darstelle, ergibtsicb, abgeseben von der Aebnlicbkeitmitden ander- Aveitigen beglaubigten Abbildungen, aus dem Umstande, dass an dem gegeniiberstebenden aussern Strebepfeiler der Nameiiszug Vladislav's, ein gekrontes W auf einem Wappenscbilde ausgebauen ist. Das Bildniss zeigt uns den Konig, welcber 1453 geboren wurde, als einen kraf- ligen Mann im Alter von etwa 36 Jabren, mitbin die Sculptur anniibemd zwiscben 1487 bis 1490 ausgeflibrt worden sein diirfte. Breite Backenknochen und unge- cewohnlicb starke Augenbrauen zeigeu die slaviscbe Abkunft des Dargestellten an ; er tragt lange Haare und einen Vollbart, die Kleidung bestebt aus einem engan- liegenden an den Aermebi mit Pelz besetzten Rocke, dessen Einzelbeiten Avegen oftmaligen Uebertlincbungen uicbt mebr zu erkennen sind. Aucb kann nicbt entsebie- Relief von Terracotta iu Graupeu. In der Bergstadt Graupen bestand scbon gegeii Ende des XIII. Jabrbunderts ein Minoriten-Kloster, welches 1429 vondenHussiten, nnd nacb kaum erfolgter Instandsetzung im Jabre 1479 zura zweitennial durcb ein zufalliges Scbadenfeuer zerstort wurde. Die Wieder- herstellung zog sich bis tief hinein in das folgende Jabr- bundert bin, auch scheint das Kloster sich nacb diesen Scbliigen nie wieder ganz erbolt zu baben; wir finden namlicb im Jahre 1517, dass die Klosterkirche noch immer nicbt vollendet Avar, obwobl dann und wann nicbt unerbebliche Betriige filr deren Ausbau gcAvidmet warden. Endbcb gelangten die Jesuiten in den Besitz des Klosters und diese verlegten dasselbe aus der engen Stadt in das freie Teplitzer Thai, wo von altersber eine Capelle „ Maria zur Scheune " bestanden batte. Die alten in Graupen befindlicben Klostergebaude sammt der Kircbe Avurden darauf verlassen und gingen von selbst dem Verfalle entgegen, wurden aucb von den Einwobnern der Stadt abgetragen, indem man die ge- wonnenen Materialien zu anderen Bauteu benutzte. So — 148 — gesehah es, class an iienen landlich anssehenden Hau- sern schon bearbeitete Gesimsstiicke iind sogar gauze Bantheile eingemauert wurden. Anch Sciilpturen werden mitnnter getroffen, imter denen eine 3 Fuss breite, 2V Fuss hohe Tafel aus gebvannter Erde bei weitem der werthvollste Ueberrest. Maria mit dem Kinde auf dem Schoosse und Mutter Anna sitzen in einer Laube imfreundlichen Verkehr; dieletzterescheintzuniBesuche gekommen zu sein und reicht dem Kinde einen mit Obst angefiillten Teller bin, welcbes nun mit beiden Handen zugreift. Die einfa Auch der berlihmte Redner und Utraquisten-Bischof Johannes Rokycana, welcher als Freund Podiebrad's das meiste zu dessen Wabl beigetragen hatte, wurde in der Teyn-Kirche begraben. Nach der Schlacht am Weissen Berge wurden aber Rokycana's Gebeine aus der Kirche entfernt und dessen Gruft zerstort. Unter den obwalten- den Umstanden unterliegt es kauni einem Zweifel, dass das im rechten Seiten-Chore befindlichC; dermal ohne alle Inschrift bestehende Denkmal die Ruhestatte Rokycana's bezeichnete, wahrend hinter dera linksseitigen Denkmale das Herz des Konigs Podiebrad beigesetzt war. Die Inschriften wurden abgemeisselt, die Monu- mente aber liess man als architektonische Decorationen unangetastet. Neben der Bodenplatte des letztern Denk- males wurde im Jahre 1694 einMitglied der Gesellschaft Jesu, Naniens Simon Abeles, begraben und dort eine schwulstige Inschrift eingefiigt, welche jedoch in keiner- lei Beziehung zu dem etwa zweihundert Jahre altern Monumente steht. Oelberg-Gruppeu, Stationstafeln. Schon bei mehreren Gelegenheiten wurde ange- dentet, dass verschiedene von den in Deutschland und Italien beliebten Darstelhingen in Bohmen keinen Ein- gang gefunden haben, dass uberhaupt das Gebiet, in welchem die Kitnstler sich bewegten, ein aulfallend beengtes gewesen sei. Im Fache der Sculptur vermisst ' p. S V 0 b 0 tl a, Jos. Ant. Die Hauptpfarrkirehe Maria am Teyne in Prag. Prag, 1832. man ganz besonders die Darstellung des Oelberges, welche im nahen Franken,in Bayern, Schwaben und den Rheinlanden beinahe an keiner grossern Kirche fehlt und flir deren geeignete Aufstellung gewohnlich besondere Capellen errichtet wurden. Einen hockst grossartigen Oelberg besass die alte Kaiserstadt Speier, von welchem sich jedoch nur wenige Reste erhalten haben; vorziig- lieh schone wohlerhaltene Gruppen werden in Ulm, Nlirnberg, Regensburg, Landshut, Mitnchen und vielen andern Stadten getroffen, wobei die Composition regel- massig so angeordnet ist, dass Christus auf einer etwas erhohten Stelle im Gebete versunken vor dem Trostes- engel kniet, wahrend hinter ihm die drei Jiiuger in tiefem Schlafe darniederliegen. Diese fiinf Figuren sind als freistehende behandelt, haufig sieht man im Hinter- grunde Judas und die Hascher als Relief-Bilder. In Bohmen findet sich diese Grnppe ausserst selten und nur entlang der bayerischen Grenze, so in Eger, Luditz uud Pilsen. Der Oelberg zu Eger ist an der Aus- senseite des Chores der Nicolaus-Kirche zwischen zwei Strebepfeilern eingefugt und genau wie die oben be- schriebenen angeordnet. Christuskniet auf einem Felsen, vor ihm der Engel: ritckwarts liegen die Jiiuger in ver- schiedenen naturgemassen Stellungei), alle frei ausge- arbeitet. Judas, die Schergen und die Landschaft sind in leichtem Relief angedeutet, das Ganze in Holz geschnitzt und bemalt. Nahe verwandt mit diesem Werke erscheint der Oelberg zu Luditz, welcher neben dem westlichen Portale der Pfarrkirche in einer vorgebauten Capelle untergebracht und mit der Jahrzahl 1481 be- zeichnet ist. In diesem Bildwerke sind die Jiiuger sehr gliicklich angeordnet, besonders Petrus, der das Schwert ziicken will aber voni Schlafe iiberwaltigt wird. Weniger gelungen zeigen sich die Gestalten des Heilands und des Engels. Der Oelberg zu Pilsen hat wie der zu Eger an der Aussenseite des Chores der Decanal-Kirche seinen Platz gefunden, ist aber so vergittert und verstellt, dass nur einzelne Partien deutlich iibersehen werden konnen. Anordnung und Ausfiihrung unterscheiden sich nicht wesentlicb von den obigen, doch sind bier die Falten scharferundgeknitterter, wahrend in Luditz eine breitere aber auch etwas derbere Behandlung vorherrscht. Niirn- berg'sche Einwirkungen niachen sich an alien diesen Werken benierkbar, es ist sogar wahrscheinlich, dass sie von einem dortigen Meister gefertigt wurden, Avenn auch die Durchbildung der Formen weit hinter den Arbeiten des Adam Krafft zuriickbleibt. Stationstafeln hat nur die Stadt Eger aufzuweisen: sie stehen auf dem Wege, welcher nach der Kirche St. Jodok fiihrt, und warden angeblich von Fran Anna Katharina von Ottengriin im Jahre 1687 gestiftet. Ehe- mals bestand bier ein vollstandiger Kreuzweg, welcher in der Jodok-Kirche seinen Abschluss hatte, gegenwartig sind nur noch zwei Tafeln und ein in der Kirche befind- licher zu denselben gehorender Seiten-Altar vorhanden. Diese Sculpturen sind trotz der spaten Stiftungszeit (deren Richtigkeit jedoch manchem Zweifel unterliegt) nicht allein ganz in der Weise Krafft' s ausgefiihrt, son- dern offenbare, wenn auch nicht gerade gliickliche Nachbildungen von dessen in Niirnberg betindlichen Stationen. Der Umstand, dass diese Bildwerke aus hartem und sprodem Granit ausgefiiln-t sind, mag aller- dings beigetragen haben, dass die Figuren etwas zu 21 * — 154 — plump unci namentlicb die Hande unc Fusse vernach- Lsig-t behandelt ^YU^den; doch siiul die Compositionen lebendig und lassen den friselien Geist des Nuvnberger Altmeisfers erkennen. Die Umrabnumgen sind gothisch und hi der Manier Krafft's gehalten. Die ubngen im Lande vorkommenden Calvarienberge mit ibren Stations- bildevn o-ehoren dorchaiis der Neuzeit an und bieten m kiinstleriscdier Hinsiclit geringes Interesse. Orgelii. Trotz aller Nachforselmngen wollte es bisher nicht aelingeu, mehv als eine einzige gotbiscbe Orgel autzu- IndeiMvelchesichin der Stadt-Pfarrkivche zn Deutscb- Br 0 d erbaltcn hat. Der Aufbau des Gehauses, urn welclies es sicb zunacbst handelt, ist so einfach als moglicb : zur Recbten und Linken erbeben sicb rechteokige mit Pyra- miden xuid Fialen gekriinte Tbiirme, deren Scballoff- nungen mit bemalten Fliigeltbixren geschlossen werden konnen ; eineabnlicbe aberbedentend niedrigereKronnng steigt liber dem Spieltiscbe an, von wo aus treppen- arti^e Zwischenfelder die Verbindiuig mit den Eck- tbiirmen berstellen. Die Orgel betindet sicb nocb im Gebraucbe, docb ist das Spielwerk ofters erneueit worden: das Ganze war reicb benialt und vergoldet, macbt aber vielfacher Bescbadiguugen wegen dermal einen tristen Eindruck. Indessen ist das Vorkoramen einer dem XV. Jalirbnndert entstammenden Orgel immer eine bemerkenswertbe Erscheinung. Dritter Abschnitt- Gusswerke. Der Erzguss bat trotz der Bemiihungen des Kaisers Karl und des unvergleichlicben dm-ch die beiden Chissenberg aufgestellten Reiter-Standbildes m Bobmen n 1 1 recht auf bUiben wollen, wenn aucb seltsamerweise kommen aucb sebr grosse, einfacb ornamentirte vor. Fi'nirliche Ausstattungen und kunstreicbe Ornamente werden selten an den Gloeken getroffen, hochstens dass ein Crucifix oder das Bild des Kirchen-Patrons in Fig. 1117. (Eger. im Facbe des Glockengusses Tlicbtiges gcleistet wurde und dieGussmeister in hohem Anseben standen. Gloeken ans der zweiten llalfte des XV. und dem XVI. Jalir- hunderte trifft man ausserordentlicb vielc, meist mittel- grosse im Gewichte von 25 bis 50 Centnern, doch fiacbem Relief angebracht sind: evst gegen IbOO macbe .sicb reicbere Decorationen >^e^?:;l^\^Y ^17™^^^^ Renaissance-Formen auftreten Die Jahrzalil, ^^^ann d e Glocke aegossen wurde, feblt bemabe me, aid snul iiamen 'uu^d Wobnort des Meisters gewf)bnhch auf — 155 — einem den untern Rand umziehenden fttreifen angegeben, wahreud oberbalb bei der Krone ein Bibelspruch oder eine Widmiing steben. AUe altera Glocken haben einen voUen reinen KUmg, dabei ist das Metall iinmer vortreff- lieb zubereitet, der Guss gleichartig, indem die Glockeu- speise nur aus Knpfer und Zinn ohne sonstigen Znsatz besteht. Auffallend viele Gloeken rliliren aus den Jahren 1480 bis 1506 ber, als die italieniscben Bischofe Angustin von Sanctuarien und Pbillipp von Novavilla z!iv Zeit des Kircbenbannes biscboflicbe Functionen aiislibten. Demgenuiss fauden es die Utraqnistpn trotz ibrer dissentirenden Meinungen fiir unziilassig, in ibren Kircben eine nicbt von einem Biscbofe geweibte Gloeke anfzustellen. Die Stadte, in welcben der Glockengnss vorzugsweise betrieben wurde, waren Prag, Kuttenberg, Klattau, Leitmeritz uiid Kihiiggratz. Die Gussofen standen entfernt von den Hausern im Freien, Reste von solcben Oefen sab man nocb vor kurzer Zeit unweit Koniggratz und Klattaii. Neben dem Glockengnss stand aucb der Zinnguss in bober Bliitbe nnd es ist erwiesen, dass viele Glockengiesser ancb in Zinn arbeiteten. Grossere statuariscbe nnd decorative Werke des Erzgusses sind nicbt bekannt, aucb besitzen wir keine zuverlassige Nacbricbt, dass dergleicben in dieser Periode ausgefiibrt wurden: selbst kleine aus Erz gegossene Luxusartikel zablen zu den Seltenheiten und werden nur im nordwestlicben Bobraen gefunden.^ Uuter solcben Umstanden fallen zwei an der slldlicben Tbure der St. Nicolaiis-Kircbe zu Eger angebrncbte Erzbescblage doppelt auf, sowobl wegen der reinen Arbeit wie gescbmackvoUen Anorduung. Es sind Tbiir- halter, Lowcnkopfe mit Ringen in den Racben, unigeben von zierlicben Weinlaub-Gewinden. Guss und Ciseliruug zeigen eine VoUendung, wie sie nur an den Werken des Peter und Hermann Viscber geseben wird; aucb gebt die Sage, dass die Bescblage in Niirnberg gefertigt und gleiehzeitig mit einem bronzenen Hange-Leucliter von dort nacb Eger gebracbt v^^orden seien. Diese Tbiirbalter besteben aus runden ly. Fuss im Durcbmesser baltenden Platten : in der iMitte eines jeden ist ein Lowenkopf in bocberbabener Arbeit angebracbt, ringsum in regelniassiger Stellung acbt Wappenscbilde, von denen das unterste wieder einen Lowenkopf entbalt, die tibrigen aber leer sind. Zwiscben den Scbildeu scblingen sicb Weinrauken mit Blattern und Trauben bindurch und greifen oft liber den aussern Rand hinaus, wodurcb derReicbtbum desGanzenwesentlicb gesteigert wird. Die von Griiner und andern Forscbern ausgespro- cbene Yermutbung, es seien die Bescblage scbon 1404 gefertigt worden, scheint eine irrige: die Ausflibrung deutet eber die zweiteHalfte des Jabrbunderts an, wobei sicb als wabrscbeinlicb berausstellt, dass die Gusswerke gelegenbeitlicb der von Podiebrad in Eger abgebaltenen Fiirstentage von einem boben Herrn der Kircbe verebrt wurden. ' Der friiheste Kunstguss, welcher in Bohmen genannt wird, ist eine Declcplatte auf dem Grabnial des Konigs Wenzel II., ein Werk des Meisters Joliann von Brabant. Nach dem Chronicon aulae regiae. cap. 83, S. 168. hatte das Monument die Form einer Tumba, und war auf der Deckplatte die Figur des Konigs an^ebriiclit: anfanglicii als steinernes Bild, an dessen Stelle erst nach 1340 der Erzguss geriickt wurde. (Ymago lapidea super sepulchrum jacens, non- dum enim ymago enea per magi»triim Joannem de Brabancia fiiit fusa.) Es wurden bald darauf nocli einige Erzwerke in der Gruft zu Kouigjaal aufgestellt, docli ist von dieseu Denkmalen kein Rest auf uns gekommeu, weil die Gruft- C.ipelle sammt alien dort beiindlichen Donkmalen am 10. Angust 1120 von den Hussiten zerstb'rt wurde. Der Erzgiesser Johann scheint nicht nach Bohmen gekommen zu sein, sondern die Arbeiten in seiner Heimat gefertigt zu haben. Illustration: Tbiirbalter in Eger. Fig. 197. (Im Texte S. 154.) Der ebemals in derselben Kircbe St. Nicolaus befindlicbe bronzene Hangeleucbter wurde von den Gesellen der Rotbscbmiedzunft in Nlirnberg gestiftet, angeblicb 1404, und verblieb in Eger bis 1825, als man denselben an den Kaiser Franz I. abtrat, wofllr die Kircbe einen kostbaren Ornat erbielt.^ Der Leucbter, zugleicb Lampe fiir das ewige Licbt, wird gegenwartig im kaiserlicben Lustscblosse Laxenburg aufbewabrt, ist 250 Pfund scbwer und mit ciselirten Figiircben der zwolf Apostel umgeben. Diese Stiftung der Nlirnberger Rotbscbmiedgesellen stebt nicbt vereinzelt: aucb in Joacbimstbal und andern bobmiscben Bergstadten linden sicb Metall-Arbeiten, welcbe von den Nlirnberger Handwerks-Genossen gestiftet wurden. Ferner sind einige mit Inscbriften und Rand-Ver- zierungen versehene Erztafeln in Betracbt zu zieben welcbe in der Decbantei-Kircbe zn Brlix vorkoramen I Fig. 198. (Kuttenberg.) und Kunde geben, dass in dieser Stadt der Erzgusse, wenn aucb in bescbrankter Weise, geiibt wurde. Die alteste dieser Tafeln tragt die Jabrzabl 1370, rllbrt, mitbin nocb aus der alten 1517 abgebrannten Pfarrkirebe ber, die iibrigen entstammen dem XV. Jabrhunderte. Die meisten dieser Tafeln sind in Grabsteine eingelassen, etwa 10 Zoll bocb und 2 Fuss breit: die darauf ange- bracbten Inscbriften sind in deutscber Spracbe verfasst. Das Erz ist Glockenspeise, aus fiinf Gewicbtstbeilen Kupfer und einem Tbeile Zinn nebst einem kleinen Zusatze von Wismutb oder Zink bestebend. Aucb in Komotau und Friedland iinden sicb solche mit Erz oder Messing eingelegte Grabsteine; im Innern Bohmens jedocb bat diese Tecbnik nicbt Eingang gefunden. An obige Arbeiten reibt sicb das scbon erwahnte aus Messing gegossene Wappen des Busko von Seeberg an, welcbes einen im rechten Seitenschiffe der Pfarrkirebe zu Plan befindlicben Grabstein ziert. Die Ausflibrung der Arabesken und Helmzierden kommt in Bezug auf sorgfaltige Ausarbeitung den zu Eger befindlicben Tblirbaltern nabe, docb feblt bier jede Andeutung, wo - V. Prb'c kel, Eger und das Egerland. 1845, II. S. 101. - 156 — der Gnss gefertigt worden sei. Da die Herren von Seeberg' anch in derOber-Pfalz begiitert wareu, steht den Vennutbmigen ein weites Feld offen. Nennen wir noch, nm kerne Kleiiiigkeit zu ver- gessen, zwei an dem Grabnifil, welches iirspriinglich deiu Rokycana angehort haben soil, angebrachte aus Messing gegossene Kopfe nnd einige messingene Was- serspeier, (z. B. in Knttenberg Fig. 198) so diirften ziemlicli alle Erzbildnereien anfgezahlt sein, welcbe im Lande vorhanden sind, vora Cllockenguss abgesehen. Dass del- monumentale Erzguss in Bohmen so geringe Pflege gefnnden hat, kann nur deni Mangel an tiichtigen Bildhauevn und Ciseleuren zngeschrieben werden, denn Kanneugiesser Brikzius in Prag. Andreas und Jacob Ptacek, zwischen 1465 bis 1500 in Kuttenberg bluhend, gossen nnter andern eine 270 Centner schwere Glocke fin- den Prager Dora. Neben diesen waren die Meister Gyra, Hieronymus, Kratin, Canola, Lirhom, Martin, Midlarz, Filip und viele andere in Prag und den Landstadten Als Kiinstler nimmt wohl Briccius oder Brik- zius, welcher sich auch Brykcyus von Cini)ergk unter- zeichnet, den ersten Rang ein : seine Ornamente, zwischen Renaissance und Gothik sich bewegend, sind trefflich modellirt, die figiirlichen Darstellungen zeigen meist selir gefallige Anorduung. Neben verschiedenen Gruppen Fig. 199. (Koniggratz.) das Bediirfniss wurde oifenbar getuhlt, wie sich aus der Thatsache ergibt, dass Benedict Wnrzelbauer aus Nurn- berg, ein Schiller des Labenwolf urn's Jahr 1590 von Christoph Poppel von Lobkowitz Landeshofmeister nach Prag berufen wiirde, urn die Figuren zu einem Brunnen zu modelliren und giessen. Der Glockeiigiiss. Anders verhielt es sich mit dem Gewerbe der Glocken- giesser. Dieses rentable und angesehene Handwerk wurde schon iin XIV. Jahrhundert mit Vorliebe betrieben und gelangtc in nach-husitischer Zeit zu grosser Bedeu- tung, wesshalb sich auch die besten Krafte deniselben zuwandten. DerGlockengiesser Mathaus zuKoniggriitz wurde in den Ruth gewahlt, ebenso der Glocken- und von Heiligen, Engeln und Emblemeu, mit denen Brikzras seine Glocken auszustatten pflegte, hat er sogar den Versuch gewagt, allerlei ganz unkirchliche Schildereien einzuflechten: so sieht man an der grossen Glocke zu Mukafov, einem zur ehemaligen Herrschaft Schwarz- Kostelec gehorigen Dorfe, einen Tanz von nackten Faimen und Bachantinen: einige dieser Figuren spielen niusikalische Instrumente, andere liben sich in seltsanieu Sprlingen. Unwillkiirlich wird man bei Betrachtuug dieser Glocke an die erotischen Sculptureu im Schlat- gemach der alten Burg zu Kuttenberg erinnert; wiv bemerken, dass mit Verbreitung der humanistischen Studien auch das Gefallen an mythologischen Darstel- lungen um sich gegriffen habe. An der Glocke ist das Wappen der Herren von Smificky, der damaligen Be- sitzer von .Schwarz-Kostelec, angebracht und darunter — 157 — die Jalirzahl 1573. Die gewolinliche Unterschrift seiner Glocken lautet: Bricciiis civis Pragensis cum auxilio Divino fecit nie Anuo. . . etc. — Dieser Meister war audi als Zinngiesser thatig; die Stadtpfarrkirclie zu Neu- Reiclienau im Taborer Kreise besitzt eiu scliones aus seiner Werkstatte hervorgegangenes Taufbecken mit (ler Unterscbrift: „Brykcy Zwornarz z Cympergku na Noveni Miestie Prazskem dijlo vdielal Leta Panie 1583." Verwandte oderNachkommen dieses Briceius schei- nen zweiBriider, Stepban und Job ann B r i qu ei odor P r i c q u e y gewesen zu sein, berubmteGlockengiesser,von denen der erste in Klattau, der andere in Jung-Bunzlau thatig waren und die gemeinscbaftlich flir den St. Heinricbs-Thurm in Prag eine grosse Glocke gossen. Diese fiibrt die beraerkenswertbeAufscbrift: „Stepbanus Piicquey Civis Clatoviensis et Joannes Pricquey Civis Neo-Boleslaviensis germani fratres, ambo campanarum Koniggratz (1465—1487, Ratb und Primator daselbst), Wenzel Gai in Prag, welcber den Taufbrunnen in der St. Trinitatis-Kirche am Podskal goss, Jacob aus Chru- dim, Peter aus Prag u. a. Die Blltthezeit des Zinngusses war die zweite Halfte des XV. Jabrbunderts, docb kommen aucb altere Werke vor. Haupterzeugnisse der Zinn- Oder Kannengiesser, wie sie sich uannten, waren die Taufbecken, deren beinabe jede altere Pfarrkircbe im Innern des Landes eines besitzt. Gelegenbeitlicb meiner Reisen babe ich mebr als zweiliundert solcber Beckeu gezablt, in Prag und der Umgebung allein einige dreissig. Die scbonsten Werke dieser Art siebt man in Leit- meritz, Nimburg und Koniggratz, aucb kommen zu Kuttenberg, Kolin, Laun, Cbrudim und in der Prager St. Stepbanskircbe gediegene Arbeiteu vor. Die regel- massige Form ist die einer umgestiirzten auf drei Fiissen Fig. 200. (Leitmeritz.) fusores banc campanam fuderunt in regia Civitate Neo- Boleslaviensi." Neben dem Glockengusse her ging von je der Zinn- guss, dessen grosse Verbreitung vielleicbt beigetragen bat, dass der statuarisebe Erzguss nicbt nacb Verdienst gewiirdigt wurde. Von den bekannten Glockengiessern waren mebrere zugleicb Zinngiesser, nicbt allein der genannte Briceius, sondern aucb die beiden Ptacek aus Kuttenberg, ferner Hanus Konvar aus Prag, Jacob aus Cbrudim, Mattbaus in Koniggratz, Peter von Jung-Bunzlau undviele andere. Von Ptacek dem Aelte r n riibrtdas ausgezeicbnet schone zinnerne Taufbecken an der De- cbantei-Kircbe zu Nimburg ber, wo sicb aucb eine reicb- ornamentirte Glocke dieses Meisters betindet. Nicbt wenige Meister baben sich ausscbliesslicb mit dem Ziniiguss beschaftigt, so Petrus Cautarista von stebenden Glocke, welcbe gewobnlicb sebr reicb decorirt wurde. Bei ziemlicb gleicber Gesammtbobe von anna- bernd 3 Fuss wecbseln Durcbmesser und Tiefe der Becken von V/^ bis 2 '/a Fuss, an einem Becken zu Leit- meritz betragt der obere Durcbmesser Fuss, wiibrend ein in der Carmeliten-Kirche zu Prag beiindlicbes Gefiiss nur etwas liber 1 Fuss weit und tief ist. Sebr biiufig sind die zwrdf Apostel im mittlern Fonde dargestellt, umrabmt mit gotbiscben Maasswerken. Aucb Cbristus zwiscben den Evangelisten, die Dreieinigkeit und die Kronung Maria sind beliebte Darstellungen ; an den Untertheilen, besonders an den vortretenden Fiissen bemerlit man oft verzerrte Gesicliter, Teufels-Larven u. dgl., Anspielungen auf die Erbsiinde. Das in der Heilig-Geist-Kircbe zu Koniggratz auf- bewabrte Taufbecken riibrt aus dem im Jabre 1422 zer- — 158 — storten Benedictiuer Kloster Podlazic her, ist nnt den Bildern der Apostel ausgestattet luid tragt im obern Streifen die Aufsclirift : A. D. MCCCCVI. hoc opus factum est sub re<;imine Domini Bartliolomsei Abbatis Podla- zicensis tertii iufulatiad regenerationem omnium inDeum credentium. Der Name des Giessers ist nicht angegeben. Am obern Rande sind zwei Kiipfe angebraclit als Hand- habendienend: aniiem Untertbeile Bestiarien, auf denen Figuren reiten. Die stark geseliwungenen Fiisse endigen in Lowenklauen. Die Apostelfiguren sind ganz aus freier Hand iiberarbeitet und bei weitem besser gezeiclinet, als die an den spiiteren Werken vorkommenden Gebilde. In almliclier Weise, ebenfalls mit den Figuren der zwiilt Apostel und reicben Wimbergenkronen umgeben zeigt sick der von Ptacek gegossene Taufbrnnnen zu Nim- burg, an dessen obern Rande zu lesenist: hoc opusfusum est ad honorem Dei omnipotentis ac beate virgin i^s Mane et omnium Sanctorum. Anno Domini MCCCCLTJTiyjjj i n488). — Am untern Streifen steht: per Magistrmn Andream dictum Ptaczek in Montibus Cutnis. Die Form dieses Denkmals ist schlanker als die des Koniggratzer, auch sind die Masswerke reicher, aber die Figuren schwaeher gezeichnet. Die C4rosse beider Becken ist nahexu dieselbe, indem die Hohe iiberall 3 Fuss, der obere Durchmesser des ersten 2 Fuss 9 ZoU, des zweiten 2 Fuss 5 Zoll betragt. Durch vorzliglich schone Ornamentn-uug zeichnen sicli zwei in Leitmeritz betindliche Taufbrnnnen aus, von denen der grossere in der Stadtkirclie, der andere aus der St. Adalberts-Kirche herruhrende, dermal im dortigen Gewerbe-Museum aufgestellt sind. Beide Becken sind aus derselben Werkstatte hervorgegangen und mi Jahre 1521 gegossen worden. Die Jalirzahl allem ist deutlich zu lesen, die Inschriftstreifen aber sind duroh Feuer zerstort vi^orden, walirscheinlich mit Absicht, da die Decorationen ihre voile urspriingliche Scharfe ge- wahrt haben. Die aus Klee- nnd Weinblattern bestehenden Ornameiite umziehen in mehreren Streifen die Becken, von denen das grossere, in der Stadt-Pfarrkirche befind- liche, iibervnegend das interessaiitere ist. Dieses und das Koniggratzer Becken wurden ausgewalilt und den Illu- strationen beigefiigt. Anderweitige monumentale Erzeugnisse des Zinn- gusses sind grosse seclisbis achtFnss hohe Standleuchter, auf denen die sogeuannten Wandel- oder Inniingskerzen aufgesteckt wurden. Erhalten haben sich nur wenige, und diese betinden sich in schadhaftem Zustande, stehen aucb hinsichtlich der Formengebung hinter den Tauf- Becken zuviick. Von Prachtschiisseln, Kannen, Humpen nnd Wassergefassen werden zwar ini Sammlungen niehrerc schone Exemplare geschen, doch sind weder die Gussorte noch die Verfertiger bekannt. 1 1 1 u s t r a t i 0 n e n : Tauf-Becken zu Koniggriitz. Fig. 199. (Im Texte S. 156.) Das grossere Tauf-Becken in Leitmeritz. Fig. 200. (Im Texte S. 157.) Riicksdiau. Unter der Flille von Scnlpturwerken, welche bier aufgezahlt worden sind, betiiidet sich zwar manche aus- gczeichnete Leistung, doch wird man den Mangel einer einheimischen sich consequent fortbildenden Scliule umso mehr emplinden. Es fehlt in der nachhusitischen Periode jener ordnende Sinn, welcher das Zeitalter des Kaisers Karl auszeichnete und der ganz eigentlich voiu Regenten selbst ausging. Da ein Mittclpunkt fehlte, darf es nicht Wunder nehmen, dass die verschiedensten Richtungen bunt nebeneiuander auftraten, dass die Formen der Re- neissance schon urn 1480 in Bohmen Eiugang fanden, wahrend anderseits noch im Anfange des siebzehnten Jahrhunderts mit grosster Zahigkeit die gothischen Traditionen festgehalten wurden. Obgleich in den lUirger- und Bruderschatts-Ver- zeichnissen Hunderte von Biidhauern, Schnitzern, Metall- arbeitern, Giessern und Formern aufgezahlt werden, konnten doch sehr wenige Namen mit den bestehenden Denkmalen in Verbindung gebracht und die Urheber bestimmt werden. Italienische und deutsche Einfllisse rino'cn oft urn die Oberhand; im Norden und Westen herrscht die von Niirnberg ausgehende Stromung vor, ini Siiden, namentlich auf den Rosenberg'schen Be- sitzun-en, die italienische. Nur in Kuttenberg maclite sich e'in unabhangiges Streben geltend, welches aber bald durch die Einwirkungen der Renaissance verdrangt wurde. M a 1 e r e i. Erster Abschnitt. Wandgemalde. Die wirkungsreichste nnd ziigleich volksthiimlichste der darstelleuden Kllnste, die Wandmalerei, war diirch die Hussitenstiii-me nnd verandevten religiosen Anscbau- luigen ganz axis der Kirche verdrangt worden und erlangte nach hergestelltem Frieden niclit wieder die verlorene Bedeutung. Es liessen zwar mehrere Barone ilire Schlosser rait Wandgemalden ansschmiicken, so die Herren von Rosenberg, Lobkovic nnd Rozmital; allein die Knnst war nicht niehr Gemeingut AUer, sondern diente ausscbliesslicb der Prachtliebe und Gennsssucht einiger hoher Herren. Audi scheint der kunstliebende Konig Vladislav, dessen Eifer alle Anerkennung ver- dient, sich fiir Wandmalerei am wenigsten interessirt zu haben, da in seinen grossen Scblossern Prag und Biirglitz zwar Schnitzwerke, Statueu und Tafelbilder, aber keine Wandgemalde getroffen werden. Nur die Stadt Eger machte eine rlihmliche Ausnahme und bielt an dem alten Gebrauche fest. Malereien in der St. Nicolaus-Kirche zu Eger. Als in den Jabren 1460—1480 die dortige Pfarr- Kircbe erweitert und mit, einem nenen Scbiife verseben wurde, liess der Senat den ganzen Bau durcb die Maler Lukas und Georg Eberhardt mit Wandgeniaklen aus- statten, wie eine in der stadtischen Ratbs-Cbronik ent- baltene Aufzeicbnung angibt. Von diesen Bildern wurden niebrere nacb Ablosung der Kalk-Tilnchc bei einer in neuerer Zeit vorgenommenen Reparatur wieder ans Licbt gebraebt; an den Saulen waren die lebensgrossen Figuren der zwolf Apostel, an den inneren Wandflachen Darstellnngen aus dem neuen Testamente angebracht. Die Gestalten der Apostel waren obne besondere Grundii ung mit Wacbsfarben auf die aus Granitqiiadern bestehenden Situlen gemalt, zwar etwas scbablonen- massig und trocken in der Farbe, aber nicht ohne eine gewisse Grossartigkeit. Die Austiibrung erinnerte lebbat't an die altere Niirnberger Schule und namentlicb an den Imboff'schen Altar; auch soli Meister Lukas ein Niirn- berger gewesen sein. Von den an den innern Wand- flachen derSeiten-Capellen betindlichen Bildern war eine grosse Composition, die liciligen drei Kiiuige darstellend und der Diirer'schen Weise sich nabernd, am besten erhalten. Leider verblassten diese Reste unmittelbar nach der Aufdeckung so rasch , dass nacb einigen Tagen nur wenige Spuren zu sehen waren und die beabsichtete Restauration unmoglicb wurde. Waudgemaltle iu Karlstein^ Krakovec und Hassen- stein. Das am grossen Thurme in Karlstein angebaute Treppenhans wurde in der zweiten Halfte des XV. Jahr- hunderts mit Schildereien, Sceuen aas dem Leben der beiligen Ludmila und ibres Eidiels des heiligen Wenzel ausgestattet, liber welche Arbeiten im III. Bande, S. 71, ausfuhrlich bericbtet worden ist. Hoher Kunstwerth war diesen im Verlaufe der letzten Decennien beinabe ganz verblassten Gemalden nicht eigen, docb zeigten sie eine Farbentiefe, welche sonst nnr die Oel-Malerei erreicbt. Salpeter, welcher plotzlicb das alte Genuiuer iiberzog, ist Ursache der raschen Zerstorung. Einige Reste von Wandgemalden sieht man noch in den Rninen der Burg Krakovec oder Rotbschloss, wo die Capelle bereits 1384 durch Bischof Jobann von Leitoniysl eiugeweiht wurde. Die Bilder besitzeu kein so hobes Alter, sondern mogen durcb Hans von Kolov- rat, den Gonner des Huss, welcher damals die Herr- schaft Rotbschloss besass, gefordert worden sein. Die zum Theil noch kenntlichen Darstellnngen sind : Ver- klindigung, Geburt, Flucht nach Egypten, Anbetung der Weisen und der Tod Marias. Es sollen auch vor etwa vierzig Jahreu noch Glasmalereien in der Capelle vor- banden gevvesen sein; im Jabre 1855 aber waren sie verschwunden und die Wandgemalde so verwittert, dass die vollige Zerstorung in nacbster Aussicht stand. Von alien Bauwerken damaliger Zeit soil die Burg Hassenstein unweit Koniotau, welche der edle und 22 — 160 — gelehrte Roliuslav von Lobkovic sieh zum Wolinsitz auserwahlt, am glanzendsten ansgestattet gewesen sein; iiiclit allein die Schlo.ss-Capelle, sondern viele Gemacher pvangten im reichen Farbcnsclimncke, als der geistreiclie Humanist seine aus alien Weitgegenden zusammenstro- menden Gaste empfing und cine Biicliersammliing, damals die reichlialtigste in Dentscliland, anlegte. Die Bibliothek wurde spater nacli Komotau iibertragen, das Schloss aber im dreissigjahrigen Krieg zerstort. Es liegt so vollstaudig in Ruinen, dass kein einziges Gemacb mit Siebevheit bestimmt werden kann; bie und da liangt nocb ein Stiick Mortelputz mit farbigen Fleeken am Geniauer, als trauernder Zeuge langst versunkener Herrlicbkeit. Die Aussicht von dem Scblossberge ist waren in alien Tlieilen mit Bildern biblischen und gescbicbtlichen Inhalts gescbmuckt. Die in der Capelle und dem Gemache (vielleiclit der Frauen-Kemenate) betindlicben Malereien stimmten mit denen zu Karl- stein iiberein und gebtirten dem XIV. Jabrhundert an, im Ritter-Saale aber fanden sich Werke aus beiden Perioden. Aus der Zeit Vladislav's schrieben sich die in den Gewolbe-Feldern und Fenster-Leibungen ein- gepassten Scliildereien, darunter einige statuarisch gezeiclinete Konigs-Bilder, rait kiibnen Strichen skizzirt und mir fliicbtig mit Farbe angelegt. Diese Figurcn bel'anden sich einzeln und obne besondereUmrabmungen an den Fenster - Gewanden und Gewolbe - Flachen, wahrend gegeniiber an der langen Wand die schon Fig. 201. (Klingenberg.) entzlickend; gegen Norden iibersiebt man die schonsten Partien des Erz-Gebirges von Gottesgab bis Graupen, siidwarts das Eger-Thal und im Osten die praebtvolle Milleschauer Gruppe. Ma](3reieii in den Bnrgen Pisek nnd Klingenlberg. Sclir bedeutende Reste von Wandgemalden, tbeils dem Zeitalter Karl IV., tbeils Vladislav II. entstam mend, sab man nocb vor wenigen Jaliren in der Alten Burg zu Pisek, wie schon in den friilieren Banden bericbtet worden ist. Drei griisscre Raume: Schloss- Capelle, Ititler-Saal und ein angiilnzcndes Pruukgemacli beschriebenen grossen Bilder, das Turnier und der Fest- zug angebracht waren. Die Capelle wurde in einen Viehstali verwandelt, das Prunk-Gemach mit den an- stossenden Partien demolirt, angeblich um ein Brauhaus zu vergrossern, und die Bilder im Ritter-Saale hat man aus Muthwillen erst mit Unrath iiberscbmiert, dann mit Hauen und andern Instrumenten abgeschlagen. AH' diess gescliab aus keinem andern Grunde, als weil die Erhal- tung dieser wichtigen Denkmalc von der Regierung empfoblen worden war. Fine formlicheBilder-Galerie von Wand-Gemalden, fortlaufend von circa 1270 bis 1550, besass die Burg Klingenberg, wo die Bogengange, welche den Schloss- hofin zwei Stockwcrken unigaben, ganz mitScbildereien — 161 — der verscliiedensten Art iiberdeokt waren. Durch den vor etwa zwolf Jahren erfolgten Einsturz der Gange uad eine nngescliickte Restaurirung wurde ein grosser Theil der Malereien zersWrt, doch liat sicli nocli immer viel des Merkwlirdigen erlialten. Die altesteii in der Schloss-Capelle befiiidlicheu Gemalde siud im zweiten Baiide, S. 103 und wieder 129 K, besproclien vvordeii, an welchen Orten audi der iibrigen, dem XV. Jabrhundert angeboreiideii Werke gedacbt wurde. ^ Uiiter Beziebung auf den im zweiten Theil H. 104 mitgetheilten Grundriss der Hocbburg nennen wir vor allein das Tburm-Gemach und den anstossenden Raum, beide ganz ausgemalt und leidlicb erbalten. Die Wiinde dieser Geniiicber haben einen mattgrlinen Anstricb, auf welchen Grun in Grlin verflochtene Bander und distel- artige Ranken-Gewachse gezeichnet sind. Dazwiseben bemerkt man allerlei figlirliche Darstellungen, Grau in Graugenialt, wobei jedoch dieGesicbterundFleischtlieile farbig gebalten sind. Diese Art von Malerei baben die scbwabiscben Meister, besonders Hans Burgkmair und der altere Holbein, niit Vorliebe bebandelt, und sowobl in iliren Tafel- wie Wandbildern angewandt. Es kommen in den Geniacbern zu Klingenberg meist allegorischc Figuren in symmetriscber Aufstellung vor, deren Bedeutuug auf Spruclibandern angegeben ist, als: Sapientia, Justitia, Vanitas u. s. w.; auch Jagd- und Tuniier-Scenen sind eingeschaltet, dazwiseben znr Erbauung einige biblische Vorstelluugen, letztere in den Fensternischen, Diese Malereien tragen durcbans den gleichen Cbarakter und scbeinen vom selben Meister um 1500 ausgefiihrt worden zu sein; nicht so verhielt es sick mit den Bildern der Gauge, fur welcbe die Bezeichnung „Bildergalerie" am besten passt. Alle raoglicben Formate und Richtungen waren bier vor dem Eiusturz derGewolbe vertreten; myibologische und biblische Compositionen, Gelage und Kampfe; bald mit kunstreicben Arabesken umrahmt, bald obne Einfassung auf die Wand gesetzt: ein buntes Allerlei, etwa wie heutzutage die Ofenscbirme mit den verscbiedensten Kupfersticben und Holzschnitten iiberklebt warden. Dazvvisclien las man viele eingeflocbtene Sinnsprliche in deutscber und lateinischer Spracbe, aber nur weuige bobmische Inscbriiten. Neben mancher unbedeutenden Leistnng tiel im zweiten Stock ein Veronica- Bild von bober Schinibeit auf, in der Art und Weise Diirer's aus- gefiibrt. Dieses Bild, welcbes nocb 1849 in unversehrtem Zustande gesehen wurde, ist nun sebr verblasst, dlirfte aber, da man es kiirzlieb mit einem eisernen Kasten umgab, nocb fiir einige Jabre erbalten bleiben. Was die selfsame Anordnungund Zusammenstellung der Gemalde betrifft, scbeinen sich Wilhelui und Peter Vok von Rosenberg, die letzten ibres Stammes, darin gefallen zu haben, dieses Durcbeinander anzulegeu. Klingenberg wie Pisek waren zwar Krongliter, gelangten aber unter Jobann von Luxemburg an die Herren von Rosenberg, welcbe mit kurzen Unterbrecbungen im ' Inrlem hier das Schloss Klingenberg zum wiederhoUennial besprochen wird, seien einige sinnstorende Druckfeliler iierichtigt, welclie sich in die im II. liande enthaltene Besclireibung dieses Denkmales eingeschliclien haben. Es ist namlich zu lesen : im II. Band, S. 104, zweile Zeile v. o., anstatt; „dj'r vierecliige Thiirm" — der einecltige Thurra; ferner ebendaselbst, elfte Zeile V. 0. anstatt: „Wi'hrhof" — V o r h o f ; dann Seite 105, zweife Zeile V. 0., anslatt: „deren Fundorte" — d e r en unzalilige; fevner ebendaselbst, zwnnzigste Zeile v. o., anstatt : „Prachtstube von 41 Fuss im Quadrat"— P r a c h t- stube von 17 Fuss im Quadrat. Nicht am Druclcortc wohnend und fort- wahrend auf lleisen, war es dem Ycrfasser nicht moglicli, sclbst die Correctur zu besorgcn. Besitze dieser Herrschaftenverblieben, bis das Geschlecbt ausstarb. Illustration: Veronica-Bild in Klingenberg. Fig. 201 (im Texte 8. 160). Wand-Gemalde iu Blatiia. Nocb bedeutender und besonders besser erbalten erscbeinen die in einem Gemacbe des Thor-Thurmes zu Blatna angebracbten Malereien, sowobl der eigen- tliiimlicben Tecbnik wie des Inbaltes wegeu. Dieses (ilemach ist in derselben Weise und wabrscbeinlicb von demselben Meister ausgemalt worden, der die Arbeiten in der Pracbt-Stube "zu Klingenberg herstellte; die n n Fig. I'o-J. (Blatna.) Wiinde siud Griin in Grlin mit Arabeskeu decorirt, dazwiseben Figuren eingetlocbten und in den Fenster- Niscben biblische Darstellungen, Fig. 202. Die Anord- nung der Bilder jedoch scbraiegt sich bier den durch die Arcbitektur vorgezogenen Linien genau an, demgemilss iedes Gemalde fiir sich in abgescblossener IJmrabmung erscbeint. Die untern Partien der Wande sind wie in Klingenberg mit einzelnen Grau iu Grau genmlten weib- licben Figuren ausgestattet, ob Engel, Grazien oder Musen, lasst sicb nicbt entscbeiden ; mehrere bnlten niusikaliscbe Instrumente, nndere Blicber oder Sprucb- biinder. In den Nischen der drei im Gemacbe befind- licben Fenster siebt man gegen Siiden die Verkiindigung und die Zusammenkunft von Maila mit Elisabeth, ost- warts die Geburt Christi und Anbetung der Weisen, in der nordlicben Fensternische aber St. Katbarina und das Fegefeuer, alle in farbiger Ausstattung. Ungleicb wicbtiger sind die in den Liinetten der Spitzbogen ange- ordneten Bilder, welche sicb auf die Sagengescbiebte 22* — 162 — der Burg Blatna bezieben. Eines dieser Gemiilde stellt eiue Jagxl-Seene, das andere den heiligen Georg dar; das dritte zeigt die Griindimg eines Gebandes (obKirclie oder Burg ist nicbt ersicbtlicli) und das vierte ein Leiclien -Begiingniss. In den beiden letztgenannten Bildern koninien Ritter mit weisseu Manteln und rothen Kreuzen auf den .Scbultern vor, welche Tracht der des Tenipler-Ordcns gleicbt. Ob jedoidi auf Grund dieser Malereien gelblgert werden darf, dass die Burg von den Tempel-Herrcn gegriindet worden sei, ist eineFrage, welche bier weder bejabt noeb verneint werden kann . Her- gestellt wurden die Gemalde zwiscben 1470 — 1510 auf Veranlassung derHerren Rozmital, Besitzer von Blatna, Budin und Rozmital. Leo, der Vater, batte grosse Reisen dureb gauz Europa gemacht und nacb seiner Riickkehr sich bauslicb in Blatna eingeriebtet; bier verfasste er eiue Besebreibung seiner Reissn und ergab sicb seinen Liebliugs-Studien. Die Bilder, welcbe er deni Maler angegeben zu baben scbeint, niocbten vielleicbt Reise- Erinnernngen entbalten. Frankiscbe und schwabiscbe Einwirkungen treten in alien diesen Wand-Gerniilden zu Tage; der Farben-Auf- trag ist diinn, wie in der Aquarell-Malerei, die Falten sind mebrfacli gebrocben und die Frauen-Kopfe zeigen sicb sebr annnitbig. Der Uinstand, dass die IJmrisse mit einem spitzen Eisen scbarf in den Mortel-Grund eingeritzt wurden, gab Veranlassung, dass man bier Fresken vennutbete ; eigentlicbe Fresco-Genialde aber sind in Blatna nicbt voibanden, obgleicb die Teclmik mit der Kalk-Malerei mancbe Aehnliclikeit bat. Eine besondere Eigeidieit der Blatnaer Bilder ist, dass keine Spur von blauer Farbe darin vorkomnit; ob das Blau verblieben ist, ob der Maler absichtlicb diese Farbe vermieden bat, lasst sicb nicbt ermitteln. Fernere dieser Periode angeborende Wand-Malereien sind nicbt bekannt. Illustration: Durcbscbnitt des Tburnigemacbes. Fig. "202. (Im Texte S. 161.) Zweiter Absclinitt. Tafel-Gemalde. Nocb entscbiedener als in der Wand-Malerei treten in den Tafel- Bildern die Einwirkungen der oberdeutscbeu Scbule bervor; es ist augenscbeinlich, dass nicbt ein einziger der bobraischen Maler sicb dieser Stromung zu entzieben vermocbte. Eine selbstandige Bliitbe, wie sie unter Karl IV. durch Wurmser und Tbeodoricli bervorgerufen worden ist, bat die Malerei des XV. und XVI. Jabrhunderts im entferntesten nicbt erreicbt, aucb fehlte es zu sebr an Klinstlern von scbopferischer Bega- bung. Anfanglicb wurde Woblgeniutb nachgealimt, dessen naturalistiscbe und oft derbe Manier in Bobmen grossen Anklang gefunden zu haben scheint; als aber Diirer's Werke, besonders die Holzsclmitte und Kupfer- sticlie, in den weitesten Kreisen Eingang fanden, wurde dessen Einiluss allmiicbtig. Es kann nicbt beliauptet werden, dass dieser Einfluss imnier ein wobltliatiger war, wie denn die Diirer'scben Compositionen am aller- wenigsten geeignet sind, um niittelmassigen Malern als Vorbilder zu dienen. Dass bei dieser Nacbabnierei von dem geistigen Gebalte Unigang genommen und nur die Schwiicben des grossen Meisters, die Magerkeit der Farbe, die oft unsclifinen Gesicbter und geknitterten I'alten gctreulicb wieder gegeben wurden, ist selbst- v(!rsiandlic.h. IJeber das Niveau der Mittelmiissigkeit erbeben sicb nur einzelne im Lande zerstreiitc Arbeiten, welcbe grosstentlieils den ersten Jabren nacb Beilegung der IJnrubeii aiigeliiireu. Auffallcnder Wcise werden baufig Seitenflugeln von Altaren getroffen, deren Mittel- bilder verloren gegangen sind. Bilder in Seelau. Zwei ganz erhaltene Flugel-Altare besitzt das St. Laurentius-Kircblein in Seelau, einem unweit Kaaden gelegenen und seit alter Zeit dieser Stadt angeliorenden Dorfe. Beide Altiire balten nicbt mebr die urspriinglieben Stellen ein und mogen vielleicbt aus der Decbantei- Kircbe von Kaaden bierher iibertragen worden sein, als man dieselbe erneuerte und mit moderneu Bild- werken ausstattete. Der wicbtigere dieser Altiire bat an der sitdlicben Wand des Chores Platz gefunden und bestebt aus einem fast quadratiscben 3 Fuss breiten und Sy^ Fuss boben Mittelbilde, den beiden Flligeln und einer nur 1 Fuss boben Predella. Im Mittelfelde ist der Tod Mariae dargestellt; die heilige Jungfrau liegt verklart auf einem Ruliebette, umgeben von denAposteln, welche in wohlgeordneten Gruppen tbeils Hilfe leisteu, theils ibren Schmerz kundgeben. Die Fliigel entbalten je Doppelbilder ; links oben Verkiindigung und darunter die Heiiusuchung, recbts Geburt Christi und die An- betung der drei Konige; in der Predella ist die Grab- legung angebracbt. Die Riickseiten entbalten einzelne Heilige und sind anscbeinend von einem minder gescbick- ten Maler, vielleicbt einem Schiller, geferligt worden. — 163 — Wohev diese Gemalde stammen, ist ratliselhaft ; sie schliessen sicli nocli eiuigermassen au die iiltere Schule an, docli verrathen die Beliandlung der Gewaiider uod Haarc, daiin die vorkomoienden Attribute (darunter eiii Eiigel als Wappentrager) mit Bestimnitheit die Mitte des XV. Jalirhnnderts. Der zweite Altar entlialt in der Mitte ein Schnitzwerk, die heilige Barbara als Schutz- Patroniu der Bergwerke, in den Fliigeln nnd der Pre- della ebenfalls einzelne aber gemalte Heiligeu-Figiiren, namlicli St. Rosnlia nnd Katliarina, t'erner Nicolaus, Magnus, Medardus u. A., deren Namen in Bolinien niclit im allgemeinen Gebrauche sind. Das Hauptbild (St. Barbara) deutet an, dass der Altar von Bcrgleuten gestiftet wurde; dieser Umstand nnd dieThatsaclie, dass der Bergbau in dieser Gegeud zumeist von saclisiscben Gewerken betrieben wurde, lassen vermutben, es seien die besprocbeneu Malereien in einer Bergstadt Sacbsens gefertigt wordeu. Fliigel-Bilder in der St. Magdalena-Capelle bei Wittingau. In der vor einigen Jabrzebnten erneiierten Maria- Magdalenen - Capelle wurden verscbiedene aus der Decanal-Kircbe zu Wittingau berriibrende und dort als iiberfliissig eracbtete Gemalde untergebraebt , darunter zwei grosse Altarfiiigel, deren Mittelbild verloren gegangen ist. Obgleicb letzteres feblt, ist dock der Sinn der Fliigel nicbt scbwer zu erratben, ; auf dem eiuen sind nfinilicb drei Frauen-, auf dem andern drei Manner- Gestalteu angebracbt, ziemlicb gut gezeichnete Figuren mit scbarfgescbnitteuen Gesicbtern. An den Riickseiten erblickt man bier den Oelberg, dort die Aut'erstehung, mitbin das Mittelbild die Grablegung enthalten baben dlirfte. Die Figuren steben auf Goldgrnnd, der mit gotbiscben Dessins durckzogeu ist. Ferner sielit man in derselben Capelle ein figurenreicbes Kreuzigungs-Bild von Fuss Hohe 0Y2 Fuss Breite, zwar lebensvoU aber von scbwacberer Ausfiibrung, als die genannten Fliigelbilder. Endlicb besitzt die Capelle nocb einFliigel- Altarcben, dessen Mittelfekl die tlironende Maria, die Fliigel aber eine Verkiindigung (recbts den Engel, links die betende Jungfrau) entbalten. Die Haltung des mitt- leren Madonna-Bildes ist nocb etwas byzantinisirend, die Fliigel aber tragen alle Anzeicben des XV. Jabr- buuderts. Wie bei alien im Siiden Bbbmens vorkommen- den Kunstwerken eine Stiftung der Herren von Rosen- berg vorausgesetzt werden darf, so aucb bier ; die fiinf- blattrige Rose, das Abzeicbcn dieses Gescblechtes, ist in die Arabesken mebrnials eingeflocbten, der Stifter wabrscbeinlicb Ulricb von Rosenberg, Podiebrad's bart- naokiger Gegner. Passions-Bilder von Raudnitz. Im Cbore der Raudnitzer Stifts-Kircbe siebt man acbt grosse Tafeln, welche vermutblicb eineni Kreuz- weg angebort baben und in nicbt bekannter Zeit hier aufgestellt wurden. Woblgemutb's Einfluss gibt sicb in jedem Striclie kund, dabei herrscbt in diesen Bildern ein so wild barbariscbes Leben, dass man sagen mochte, Woblgemutb sei ins Husitiscbe iibersetzt worden. Oel- berg, Geisselung, Dornenkronung, Kreuztraguug, Kreu- zigung u. s. w. sind mit einer Leidenscbaftlicblveit dar- gestellt, wie man sie in den an Marterscenen iiber- reicben deutscben Heiligenbildern schwerlicb wieder tretfen wird. Die Soldaten und Henker sind in die Tracbt der Husiten gekleidet , sie trogen ungebeure Morgensterne, mit eisernen Spitzen bescblagene Dresch- flegel und abnlicbe Waff'en, mit denen sie nacli alien Seiten bin droben. Die Art wie Cbristns aufs Kreuz genagelt wird, wie der eine Henker dessen Hand aus- einander zerrt, wabrend der andere mit beispielloser Wutb den mit Widerbacken versebencn Nitgel durcb- scblilgt, ist bewunderungswiirdig. Dabei zeigt sicb die Ausfiibrung rob, und nur jene Scenen, in denen Barbareien zur Anscbauung gebraebt werden, sind mit einigem Geschicli bebandelt, wabrend die Frauengruppen bei schiilerbafter Anordnung tief unter der Mittelmassigkeit bleiben. Als Ausfiibruugszeit darf nacb Massgabe der Tracbten und sonstigen Details die Regierungszeit Podiebrad's angenommen werden. Gemalde in Prag^ Konigsaal und Holienturt. Prag als Hauptstadt und imBesitze mebrerer Samm- lungen bat aus dieser Periode kein bedeutendes Werk aufzuweisen, wenn man nicbt einige im Dome betiud- licbe, anerkanntvon auslandischenMeistern berriibrende Gemalde einbeziehen will; wie das beriibmte Altarbild von Jan Gossaert, genaunt Mabuse, und ein allerliebstes Madonnabildcben in der Sacristei, welcbes dem Martin Scbon zugescbrieben wird. Sonst siebt man nocb in der St. Anna -Capelle des Domes ein etwa 3 Fuss hohes Mariabild auf Goldgrund, umgeben von einem Blumen- kranze; eine diirftige, weder durcli Zeiclmung nocb Colorit bervorragende Leistung. Besser sind zwei mit Goldgrund ausgestattete grosse Fliigelbilder in derTeyn- Kiicbe, zu denen das (wabrscbeinlicb gescbnitztejMittel- stlick feblt. Einige ebemals in der Galerie patriotiscber Kunstfreuude aufgestellte sogenannte „altdeutscbe" Bilder verdienen als untergeordnete Nacbabmuugen Diirer'scber Holzscbnitte keine Erwabnung. So verbalt es sicb aucb mit einer Meuge von bedeutungs- und wertblosen Tafeln, welcbe in der Sacristei und einem Nebeugemache des ebemaligen Cistercienser - Stiftes Konigsaal (Zbraslav) aufbewabrt werden. Man wird iiberliaupt in den Klostern nicht sucben diirfen, wenu man bessere Kunstwerke der nacbbusitischen Zeit seben will, weil die geistlicben Stifte des religiosen Zwiespaltes wegen mit den meist utraquistiscli gesinnten Malern keinen Verkebr unterliielten. Selbst das durch seine reicbcn mittelalterlicben Sanmilungen beriibmte Stiff Holienfurt besitzt kein nenuenswertbes bobmiscbes Tafelbild aus dem XV. und XVI. Jabrbundert; ein paar unbedeutende Altarfiiigel in der dortigen Bilder-Galerie gebiiren der osterreicbiscben Schule an und dlirften aus Wilhering bei Linz, dem Stanimkloster, beriibergebracbt worden sein. Die Malerschule von Clirudim-Koniggratz. Bei Bescbreibung der Altar-Scbreine wurde auf die zablreicben Gemalde aufnierksam gemacbt, welcke sicb in Chrudim, Kiiniggratz und den benaclibarten Orteu vortinden und die das Wirken einer ausgebreiteten Schule erkennen lassen. Kiinstlernaincn sind zwei auf - 164 — nns gekonimen, iiiimlieh Radans voii Koniggratz uiul Rambauzek aus Chrudim, beide erst im vorgeruckteii XVI. Jahrhundert aiiftreteud uiid alleiii Ansclieiue nach Repriisentanteii von Malerfainilieu. Matliias Radaiis ist vovzugsweise Miniatiirnialer, hat aber, wie sich aus Vergleicliungeu seiner Werke ergibt, audi inOel gemalt und'sclieint von etwa 15G0 bis gegen 1600 gewirkt zu babeii. Rambauzek gebort einer etwas friiiieren Zeit an, er malte in Oel, scbeint ancli Biklschnitzer gewesen zu sein iind ])ilegte seine Arbeitcn sowohl niit deni Moiio- granim M. R B. wie uiit vollem Namen „Matliaeus Ram- bauzek Bohemiis" zu unterfertigen. Die Arbeiten der beiden Meister zeigen grosse Verwandtschaft, obgk'icb man erkennt, dass sowohl dieser wie jener viele Gehilfen bescliiiftigt habe. Ein in der heil. Geistkirche zu KiUiig- Fig. 20". (Rjikunic.) gratz befindlicher ganz gcmalter Fliigclaltar, im Mittel- felde eine Madonna, an den Seiten die iiblicheii vier Darstellungen : „Verkimdigung, Maria und Elisabeth, Geburt und heilige drei Konige", stimmt so auffallend mit deu Miniaturen des Radaus iiberein, dass die cmen Oder andern Bilder nothwendigerweise als Wieder- holungen anerkannt werden miissen. Radaus, welchen wir spater als Miniator kennen leriien werden, zeielniet riclitigcr als sein Genosse und hiilt sich in seinen Gomiiositionen meist an Diirer's Werke. liambauzek hat eine grosse Auzalil von Wcikeu hinterlassen, daninter einige sehr umfangreiche Fliigel- Altare, wie auch kleinere Tafeln selbstiindigeii Iiihalts. Er bedient sich regclmassig des Goldgnindes, triigt die Farben zicmlich derl) und pastos auf, ist abor ganz in der gothisclicn Manicr der iUtcrn Malcr befan- gen. Eines seiner besten Werke ist der schon erwahnte mis' der Kalharincn - Kirche stammende FliigekAltar mit geschnitztem Mittelbilde, die Himmelinhrt Maviae darstellend; die der Hohe nach in gleiche Hallten •xb"-ctheilten Fliigel enthalten wieder die bekannten vier bal'stelinngen, Veriuindignng u. s. w. An einem der Nebenbilder ist die Jahrzahl 1516 angebracht, an dem andern das Monogramm M. R. ' In der neuerbauten Spital-Capelle betinden sich noch zwei gemalte Fliigel- bilder mit eiuzelnen Heiligenfiguren, zwar liiirter als die obigen, aber von energischer Auttassung. Bedeutender noch erscheint der Meister m emem Altarwerke, welches in der Friedhofs-Kirche zuni bed. Kreuz bei Chrudim aufbewahrt wird. Hier tntt Ram- bauzek aus dem zum Schlendrian gewordenen Kreise von Darstellungen heraus und ergeht sich m freiern P.ahnen Im Mittelfelde sieht man ein Votivbild, Maria mit dem Kinde spielend zwischen St. Katharina und Barbara, in den doppelt abgetheilten Fliigeln acht Apostek'je zwei wie im Gesprache begriffeii. Zur liiiken oberhalb Petrus und Paulus, unterhalb Andreas und Bartholomaeus; rechts Johannes und Jacobus, unter denen Simon und Philippus. Oberhalb dieser Bilder erheben sich geschiiitzte reich vergoldete Kronuugen, in deren Lunetten wieder Gemalde angebracht smd; in derMitte ein Ecco Homo zwischen Mart erwerkzeugen, links die trauernde Maria, rechts Johannes der Evan- gelist. An der Predella erbickt man die heiligen drei Konige, eine ungewohnlich lebendige mit vielen Figuren ausgestattete Darstelluug. Das Mittelbild darf den bessern Arbeiten Wold- geinuth's zur Seite gesetzt werden, die Gestalt der Maria ist anmuthsvoll, und die Falten ihres Mraitels fiiessen in leichten Linien hernieder; als besonders gelungen verdicnen die Kopfe der heiligen Ivatbanna und Barbara hervorgehoben zu werden. Nicht minder schon zeigen sich die Lunettenbiider, wogegen die Fliigel Schlilerarbeiten enthalten. Leider ist die untere Partic des Mittelbildes mit dem darauf angebrachten Monogramm oder Namenszuge abgefallen, und es durlte wegeiiFeuchtigkeit der Kirche bald das ganze Altarwerk vondemsclbenSchicksalc ereilt werden, wenn liir kemen trockeneren Aufstellungsort Sorge getragen wird. Gegeoiiber diesem Altare hat an der sudhchen Wand ein zweiter von gleicher Grosse Platz gefunden, ebenfalls von Bogen - Ornanienten iiberragt und nut Lunetten-Bildern versehen. Es ist hier im Mittelfelde die Auferstehung angebracht, dariiber in der Lunette der auf Wolken thronende Heiland zwischen Mana und Johannes dem Tiiufer. Die Fliigel enthalten Christi Erscheinung und die Frauen am Grabe ; m der Predella siud die Lamles-Patrone Weiizel und Prokop, zwischen ihnenLudmila, eingereiht. Der KuKstweitli dieses Altares ist l)edeutend geringer, auch erscheint die Leliand ung oft roll ; die Zusammeiistellung aber hat entscdiiedeue Verdicnste und die Beziehungen der Fliigel zu dem Hauptbilde verrathen, dass der Kiinstler uber seme . I,laba6 Nvill auf ei.um Bilde dc. l{an,l,a«zek die Jahrzahl li93 ::^:^'ro^:n o"^:^>^..^- ™,^;;^s.a.^ da.s de. ^ame Kan,ha„.ejc oiner n me rer.n Generationen forlbliihond.n KiinstlorfanuUe angehorie Ich rbe dasvon IJ aUa« beschviebcne liild ..:cht entdokcn konuen auoh gehoren mo von mh auf«..f«..dc.n..n Jahr..zal,lcn der ersten mm. des Ja UrhunderU. an. !^ mu" "edoch bonerkt werden, dass die mei.ten Bijdor zu Chrudnn u, n uerer Z,.it res'aurirt ^vorden siud, auch sich niclit mehr an deu ur.spi uu^l^ie hen BeslimmungsoHer, bonuden. Ferner ist z« beriicksichf gcn, dass sowohl d,.u HadauVwie deu. Rambauzek das Houogramm M. R. angehoren kann. — 165 — Aufgabe nachgedacht hat. Die Composition ist es iiber- haupt, durch welclie sich die Meister von Clirudim und Konigg-ratz vor ihren Prager Genossen auszeichnen. Denselben Reiclithum an Erfindnngsgabe offen- baren anch die Fliigel eines in der Katliarineii-Kirche zu Chrudim anfgestellten Altar-Sebreine.s, dessen Mittel- bibl nicbt mebr vorhanden ist. Die sammtliehen Bildcv scheinen das Leben der heiligen Katharina illustrirt zu haben. Das Mittelfeld entbielt wabrscbeinlich die Ver- lobung mit dem Heiland. Anf dem linken Fliigel sieht man oben die Heilige in einem Buche lesend, nnter- halb wie sie kleine Kinder mit Aepfeln beschenkt; rechts erscheint sie in dem nntern Bilde mit dem Kelche in der Hand, darilber ist ibre Enthauptung dargestellt. In den Gesichtern des Scbarfricbters und seiner Knechte konmien wieder solcbe Uebertreibungen vor, wie wir sie in den Bildern zu Raudnic kennen gelernt haben. Den Altar-Schrein in der Dechantei - Kirche, dessen Mittelfeld die Himmelfahrt Mariae in hocherhabener Arbeit entlialt, haben wir schon bescbrieben; an den gemalten Fliigeln sieht man wieder die unvermeidlichen vicr Darstellungen von der Verkiindigung bis zu clen heiligen drei Konigen, in der Predella St. Katharina, Barbara und noch zwei Frauen. Hier tindet sich eine nicht mehr deutlieli erkennbare Jahreszahl, eher 1523 als 1593 zu lesen. Nicht unerwahnt darf ein kleines, 2 Fuss breites und gegen 2^2 Fuss hohes Bild in der Thurmhalle zu Kocy bleiben, eine Darstellung des jiingsten Gerichtes. Schon der Versuch ist lobenswerth und zeugt von einem regen Geiste, wenn auch die Krafte dieser Aufgabe nicht gewachsen waren. Christus als Weltenrichter und die umgebenden Heiligen sind nach typischer Weise gehalten, nachst diesen ist es die unten flammende Hollc mit den Teufeln und Verdamniten, welche dem Maler ziemlich gelungen ist; die Gruppe der Seligen iedoch gehort zu den schvvachstenLeistungen der Schule. bar Maler war des Nackten ganz und gar unkundig, konnte weder einen Korper zeichnen noch malen und hat die Frauen in abschreckender Hasslichkeit gebildet. Oemalde in Leitmeritz und Rakonic. In der kunst- und gewerbereichen Stadt Leitmeritz, weltberiihmt durch ihren deutschen Schoffenhof und ihr Stappelrecht, finden sich gegenwartig niir noch Bruch- stiicke eines grossartigen Altar-Schreins, welche im Rathhause aufbewahrt werden. Diese Reste zeigen, dass die Leidensgeschichte Christi an dem ehenialigen Haupt-Altar der Stadt-Pfarrkirche zur Anschauung gebracht war. Die noch erhaltenen Nebentat'eln zeigen die Geisselung und Dornenkronung Christi, zwei auf Goldgrund gemalte der Mitte des XV. Jahrhunderts angehorende Bilder, denen in Bezug auf Format zwei ahnlich behandelte, Heimsucliung und Geburt, gegen- liberstehen. Eng verwandt mit diesen Tafeln sind vier andere ebenfalls auf Goldgrund stehende , welche sich im Chore der Dechantei-Kirche zu Rakonic befinden. Diese erklaren ebenfalls die Leidensgeschichte mit Beziehun- gen auf die Jugend Christi, indem auch hier das Haupt- bild abhanden gekommen ist. Es stehen sich je gegen- iiber an den Vorder- und Rtickseiten : 1. Verkiindigung — Oelberg, 2. Geburt — Christus vor Pilatus, 3. Beschnei- (huig — Dornenkronung, 4. Anbetung — Christus am Kreuzc. Noch etwas alterthiimlich, aber schon mit geknitterten Falten, sehr kleinen Handen und scharf- markirten Gesichtern ausgestattet, zeigen diese Bilder zwar viele Zeichnnngsfehler und Harten, aber auch ein edit kirchliches Geprage. Fig. 204. (Brilx.) Katharinen-Bild in Briix. In den Seiten Ca[)ellen der oftgenannten Dechantei - Kirche-Maria Himmelfahrt in Briix werden neben den schon aufgezahlten Schnitzwerken und Erztafeln auch viele dem XV. und XVI. Jahrliundert angehorende Malereien verwahrt, darunter ein Fliigel-Altar mit — 166 — Scenen ans deni Lcben tier heiligen Kalhaiina, eiii scbonesMadoiina-Bild, zwei einzelneFllig'el, aixf welcheu Apostelgestalten dargestellt sind uud zvvei fernere Fliigeltailder , von denen das eine die lebensgrosse Figiir der bciligen Barbara, das zweite die der heiligen Katbarina entbalt. Das letztgenannte BikI bat nicbt allein Jioben Kunstwertb, sondern darf als das beste Tafelgemsilde bezeiebnet werden, welcbes im Laufe des XVI. Jalirbnnderts in Bobmen gefertigt wurde. Die Heilige slebt in gerader Stelhxng vor uns, nur das fein- gezeicbnete Kopfeben ist etwas abwarts geneigt, als wende sicb der Blick dem am Boden liegenden Bade zu. Das Gesicbt wird von einem Goldhaubcbeu, durcb welcbes die Haare verdeckt werden, umgeben; die linke Hand stUtzt sicb auf das Scbwert, walirend^ die recbte den in grosse Falten gelegten Ueberwurf anziebt. Ein zierlicbes Miedercben, aiis welcheui gebauscbte weisse Aermel vortreten, umscbliesst den schlanken Oberkorper, welcber dennocb eine wohlgeniessene Fiille zeigt. Das Mieder ist dimkelbraun, mit Goldborten ein- gesaumt, das Obergewand griin, das Kleid darunter violett. Der Hintergrnnd wird durcb einen Yorbang von Gold-Brocat gebildet, oberbalb siebt der blaue Hiramel berein. Die Gewander scbeinen etwas iibernialt zn sein, Gesicbt, Hande und Hintergrnnd aber sind von jeder Eetoucbe frei geblieben der Kopf zeigt edle und feine Bildung, die Hiinde sind ricbtig und sogar grazios gezeicbnet, dabei ist die Farbung klar und warm. Fragt man nacb dem Meister dieses Bildes, wlissten wir nur Christopb Amberger zu nennen, mit dessen Mal- weise dieses Werk in vielen Beziebungen ubereinstimmt. Der gegenllberstebende Fliigel, das Bild der heiligen Barbara entbaltend, verrath eine andere Hand, ebenso die Riickseiten der beiden Fliigel, welche die hundert- faltig wiederkehrenden Darstellungen, Verkuudigung u. s. w. entbalten. Vielleicht starb der Verfertiger des Katbarinen-Bildes wabrend der Arbeit, und es wnrden dann die nnvollendeten Partien von einem Scbuler so gut als moglicb ausgefiibrt. Nacb den angebrachten Arabes- ken und sonstigen Kennzeicben dtirfte das fragliche Gemalde nicbt vor 1550, aber aucb nicbt nacb 1570 gefertigt worden sein, und zwar in der kunstgewerbigen Stadt Briix selbst. Illustr ationen: Verkiindigungsbild in Rakonic. Fig. 203. (Im Texte S. 164.) Katbarinabild in Briix. Fig. 204.) (Im Texte S. 165.) Dritter Abschnitt. Miniature n. Umstande der verscbiedensten Art baben zusammen- gewirkt, dass die Miniatur-Malerei in Bolmicn eine viel grossere Verbreitung und mit dieser einen selbstandi- gerenCharakter gewonnen bat, als jedes andere Kunst- facb. Nationale Eigenthiimlicbkeiten treten schon in den Miniaturen des XII. Jabrbunderts, namentlicb des Vyse- brader Codex, bervor, welcbes in bobmiscber Spracbe verfasste Werk obne Zweifel im Lande angefertigt worden ist. In Bezug auf die beiden im Prager Museum aufbevvaluien Codexe, das „Mater Verborum" genannte Glossarium und die Jaromifer Bibel, darf der bobmisebe Ursprung bezweifelt werden, wenn aucb bier wie dort hiibinisch klingende Malernamen (aber erst in spiiterer Zeit) eingczeichnet worden sind. Das Glossarium diirfte in einem scbwabiscben Kloster, die Jarornifer Bibel aber in Frankreicb (vielleicht Avignon) gefertigt worden sein: auf welcbem Wege diese Biicber nacb Bobmen gelangten, ist unbekannt. Dagegen verrath die Lob- kovic'scbc Bilderbibel bohmiscben Ursprung und zeigt nationales Geprage, welches sicb in dem 1312 verfassten Passionale der Princessin Kmiigiinde und den iibrigcn wabrend der Luxemburg'scben Regierungs-Periode aus- gefiibrten Bilder - lliuidscbriften immer entschiedener geltend macht. Dass die Miniatur-Malerei durcb die Husitenstiirine keine totale Unterbrecbung erlitt und audi nicbt so sebwer wie die iibrigen Facber gescbadigt wurde, lasst sicb unscbwer erklaren, wenn man die obwaltenden Verhaltnisse ins Auge fasst; dass aber diese Kunst nabezu anderthalb Jabrhnnderte mit dem Holzschnitte und der Buchdruckerkuust eine hartnackige Conciirrenz bestand und ibrem grossten Aufschwung erst nabm, als die Typographic bereits in Bobmen Eingang gefunden batte, gebort zu den unbegreiflicbstcn Erscheinungen. Im Jalire 1474 wurde durcb einen aus Niirnberg nacb Bobmen ubersiedelten Drucker das erste Bucb zu Pilsen verlegt, worauf rasch zu Kuttenberg, Eger, Prag und Winterberg grossere Bucbdruckereien entstanden, welche alle noch vor dem Scblusse des XV. Jabrbunderts er- bliihten. Um 1600 waren noch zablreiche lUuminatoren und Scriptoren im Lande thatig. Jobann Jacob Sedl- cansky, ein Prager Biirger, schrieb und illustrirte zwisciien 1620 bis 1623 die Psalmen Davids, wie er auf dem letzten Blatte seiner im Kloster Strabov betind- lichen Pergamentschrift mit grosser Ausfiihrlichkeit angegeben iiat. Haben die bohmiscben Illuminatoren der Buch- druckerkunst den Eingang nicbt versperren konnen, wie — 167 — sie offenbar beabsiehteten, gelang ibnen docli, das Auf- blulien des Holzschiiittes fur lauge Zeit zu uuterdrUckeu. Der Holzscbnitt wiu-de erst dureh Hanus Severin, welcher 1581 ein Gesangbuch der bObmiscben Briider ausstattete, zu einer Bedeutung erboben, welcbe er scbon hundert Jabre friilier in Deutscblaiid erreicbt batte. Die Cultur des bobmiseben Kupferstiebes gebort ganz der Renaissance-Zeit an, wobei ein seltsames Gescbick wollte, dass Wenzel Hollar, der erste und aiisgezeicbnetste KupfevstecberBobmens, im Jabre 1607 geboren wurde, als man den letzten der bedeutenden Miniatnr-Maler Matbias Radans zu Grabe trug. Der Reiebtbum an Bilder-Handschriften dieser Periode ist uniibersebbar ; obgleicb noeb zablreicbe Scbiitze in Bibliotlieken, Sacristeien und Daebkammern vergraben liegen mijgen , baben docb beinabe jede grossere Stadt, jedesStift undviele Scblosser dergleichen Werke aufzuweisen. So besitzen die kaiserlicbe Univer- sitatsbibliotbek, dann die Bibliotheken des Dom-Capitels, des Klosters Strabov und des Museums zu Prag je inehrere bedeutende Werke, in den Klostern Hobenfurt, Osseg, Tepl, in den ficlilossern Raudnic, Wittiiigau und Dux, ferner in Cbrudim, Deutscbbrod, Jungbnnzlau, Koniggratz, Laun, Ludic, Leitrneritz, Meluik, 8aaz, Selcan, Teplitz, Trebnitz und anderen Orten werden Praobt-Exemplare verwabrt. Gesangbiicber konimen am haufigsten vor, indem jede grossere Gemeinde bestrebt war, ein solcbes zu besitze-n und eine die andere durcb praebtvolle Ausstattung ibres Biicbes zu uberbieten tracbtete. Aucb Bibeln, Gebet- und Messblicber werden nicbt seltengetroffen, in denen selbstverstandlicb die ver- scbiedenen religiosen Anscbaunngen Ausdruck linden. Dabei sind die katlioliscben Werke gewohnlicb in latei- niscber, die utraquistiscben in biilimiscber Spracbe ver- fasst. Die Deckfarben-Malerei berrscbt allgemein vor, docb ist der Auftrag sebr verscliieden ; in den vor 1500 ausgefiibrten Miniaturen sind die Farben iiberaus zart und verschmoizen, in den spateren aber breit und mit- unter allzu bandfertig aufgetragen. Die Titelbilder nebmen gewcibnlicb eine gauze Blattseite ein, im Texte sind wie in friiberer Zeit bald regelmassig umrahmte, bald arabeskenartig skizzirte Darstellmigen angebracbt, wilbreud die Iiiitialen mebr und niebr zuriicktreten und die landscbaftiicben Hintergriinde an Bedeutung gewinnen. Von den Gesangblicbern zeichnen sicb viele durcb ungewobnlicb grosses Format und entspreebenden Umfang aus; so ist das Leitmeritzer Cantionale 76 Cm. liocb und 49 Cm. breit, das Ludicer entbalt 494 und das Trebnitzer naliezu 600 Pergamentblatter von nur unbedeutend kleinerem Formate. Da diese Biicber gewobnlicb auf Kosten reicber Familien oder einzelner Ziinfte angefertigt wurden, sind deren Wappen und Abzeichen immer den von ibnen gestifteten Partien beigefiigt, auch baben die Maler ofters die Preise der Bilder am Rande in folgen- der Weise bemerkt: constat 10 Scbock, constat 3 Scb. 14 X u. s. w. Den erbaltenen Werken uns zuwendend, fallen sogleicb zwei wegen ihrer Eutstebungszeit auf: eine im Jabre 1435 voUendete biibmiscbe Bibel und ein 1440 dem Prinzen und spateren Kijnig Ladislaus gewidmetes Gebetbucb. Die Bibel wurde von Jobann Aliaps aus Prag gescbrieben, niit Miniaturen verseben und von ibm selbst mit Angabe der Vollendungszeit unterfertigt. Dieser Codex befindet sicb in der kais. Hof-Bibliotbek zu Wien. Das Gebetbucli wurde von eineni unbekannten Maler illustrirt und ist im Laufe der Zeit Eigentluun des Stiftes Tepl geworden, in dessen Bibliotbek es noeb aufbewabrt wird. Beide Biicber, von denen jedes einen Zeitaufwaud von mebreren Jabren erforderte, sind also mitten in der Sturmperiode entstanden und bestatigen die ununterbrocbeue Uebung der Miniatur-Malerei. Um obgenannte Zeit (1440) wurden aucb die Verzeicbnisse der Malerbrudersebaft wieder fortgesetzt, in denen wir Niklas Zluticky, Jobann und Ambrosius Niger und neben dem Aliaps noeb einen zweiten Jobann als Maler undlUuminatoren finden. An diese i\[eister reibt sicb an Mat bias Moravius, welcber 1476 eine in die Bibliotbek des Klosters Oliveto bei Neapel iibergpgan- gene Bibel gescbrieben und illustrirt bat. Die in diesem Bucbe eutbaltenen Bilder werden von Fiissli wegen ibrer ricbtigen Zeicbnung geriibmt. i Gieicbzeitig bliibte Pater Bene die tus, Cborberr im Kloster Bruck bei Znaym, welcber ein pracbtvolles Messbucb, dermal in der Strabover Bibliotbek zu Prag betindlieb, gescbrieben und mit sebr vielen Bildern ver- ziert bat. Auf dem erstem Blatte siebt man das Portrait des Malers mit der beigesetzten Inscbrift: Benedictus Can. Ecclesiae Lucens., auf der letzten Seite ist die Voll- endung des Ganzen angezeigt mit den Worten: finis bujus operis.A.D. 1483. Neben vielen Initialen zeicbnen sicb folgende grossere Compositionen durcb geistreicbe Anordnung aus: Geburt Cbristi — Anbetung der Weisen — Fiscbzug Petri — Abendmal — Oelberg — Kreuz- traguug — Grablegung — Auferstebung — Pfiugstfest — Mariae Geburt und noeb einige Darstellungen aus der Marieu-Legende. Dieser Pater Benedict bewegt sicb noch in der alteren Manier des XIV. Jabrbunderts und bringtkeine landscbaftiicben Hintergriinde an. Aebnlich sind aucb zwei Codexe grussten Formates gebalten, in lateinischer Spracbe verfasste Gesangsbiicber, welcbe von einem Klosterbruder aus Magdeburg fiir das Stift Tepl gescbrieben und illuniiuirt worden sind und die noeb in der dortigen Bibliotbek aufbewabrt werden. Die Ausfiibrung der Geraalde erscbeint stellenweise sebr altertbiimlicb, docb belebrt uns eine jedem Bucbe beigesetzte Randsebrift genau iiber die Zeit der Anferti- giing rait den W^orten: Iste liber comparatus est per reverendum patrem et dominum Sigismundum abatem uionasterii Teplensis ordin. premonstrat. sub Wladislao Ungariae et Bobemiae rege. a. D. 1491. Am Scblusse des zweiten Bucbes, eines Gradualc, bat aucb der Maler seinen Namen eingetrageu: Anno Domini miles, quadringentesimo nonagesimo primo finitum est praesens Graduale die sequente dominica, si iniquitates, per me Udalricum bartt, clericum Magdeburgensem. Wir lernen bier einen deutscben Klinstler kennen, dessen Name riihmlicbe Erwabnung verdient. Von seinen Bildern sind folgende bervorzubeben: Tod Mariae — Krihiung Mariae — Tempelweihe — Lazarus im Scbosse Abra- bams, unterbalb der von Scblangen in der Hiille gepei- nigte reiche Prasser — eudlicb das Bikinis des Tepler Abtes Sigismund. Stylistiscb vervvandtmit diesen bedeutenden Werken zeigt sicb ein ebenfalls von einem Miincb gefertigter imScblosse zu Dux befindlicber Miniatiir Codex, welcber laut Inscbrift dem Jabre 1506 cntstammt. Der Ver- ' Fiissli, Allgfmeinos Kiinstler-Lexiooii, Ziirich. 17G3. S. 440. 23 — 1G8 — fasscr war Pater A eg id ins, Francisoaner aus Ralibor, welclier spiiterliin als katholiselier Prediger in Pilseu wirkte. Die von ilimausgefiilirteDarstelhingdes Jiiiigsten Gerichtes ist besoiulers geistreicli aufgelasst and benr- kundet einen vieLseitig gebildeteu Kiiustler. Das Bncb scheint fiir das Franeiscaner-Kloster zu Pilsen geschriel)en worden znsein und gelaugte dnrehKaiif an die Bibliotliek des Duxer Seblosses. Wenn die in Kliistern gebildeten Maler uoch der alterthiimlicben Anscbanung huldigeu, Lebrsatze werden von den Illuminatoren niobt selten in den Kunstbereich gezogen und die Verbrennung des IIus, dessen Apotbeose und Hinimelfabrt sind mit Vor- liebe behandelte Darstellungen. Das lateinische Cantioiiale in Leitmeritz. Eines der friibesten und zugleiob bei weitem das bedeutendste dieser Miniatiirvverke ist das grosse latei- Fig. 205. (Leitmeritz.) rnacht sicb in den Kreisen ibrer biirgerlicbcn Facbge- nossen l)crcits einc grlindlicb verandcrte Gescbinacks- ricbtniig benicrkbar, woran theiiweise die Einwirknn- gcn der niederdcntscben Scbiile, tbeilweise die religiiis- ])oiiti.scbeu VerliiiJtiiisse IJrsacbc sind. Tendcntiose Darstellungen und Anspiclmigen aid' diese oder jene niscbeGesangbucb der Stadt Leitmeritz, welebes gegen- wiirtig im dortigen Magistrats-Gebaude (niebt zu ver- wcebseln mit dem nlten Rntblianse) in einem besoudern Scbrein sorgfaltig aufbewabrt vvird. Das Bucb entlialt 405 l^ergameiitbliitter von 76 Cm. Hobe, 49 Cm. Rreite niid ist l lOPrnnd scbwer. Das erste Blatt entbillt als — 169 — Eitileitiing die Nachricht, dass Herr Jacob Eonovsky de Welgau i das Werk liabe angevegt mid zuni g-rossen Theilefertigen lasseii. Unterdieser Scbrit't ist das Wappen der Ronovsky aiigebracbt, ein blaues Ross im votbem Felde. Auf dem zweiten Blatte siebt man das von zwei Riesen gebaltene Leitmeritzer Stadtwappen nnd ober- balb desselben eiiiige vorgezogenc Linien zur Aiifnabme einer Inscbrift, welcbe entweder nicbt gescliriebeu oder mit eineni cbemiscben Mittel so gescbickt beraiis- gewascben worden ist, dass nicbt die leiseste Spur ent- deckt werden kann. Es ist das Feblen dieser Scliritt um so bedauevlicber, als bier obne Zweifel Jahrzabl luid njibere Umstande des Zustandekommens, wabrscbeinlicb auch der Meister des Wcrkes angegeben waren. Ander- weitige aufscblussgebende luscbriften kommen im Bucbe Bei der lioben Bcdeiitung dieses Gesangbucbes, wclclies ofters copirt wurde und alien spateren als Vor- bild diente, konnte nicbt feblen, dass es scbon frlibzeitig zu eingcbcnden Untersuclinngen anregte. Der ebenialige Deobant zu Leitnieritz, Ambros Strabl, verfasste 1781 iiber das Werk einen ausfiibrlicben Bericht, in welchem mit triftigen Griinden nacbgewiesen wird, dass es eber um den Scbluss des XV. als im Anfang des XVI. Jabr- bunderts geschrieben wurde, dass die Anfcrtigung eine Zeitfrist von mebreren Jabren erforderte und es 1524 in der Kircbe vorbanden gewesen sei. Eine Jabrzabl bat Strabl trotz jabrelanger emsiger Forscbungen nicbt entdecken konnen, ebensowenig den Naraen des Ver- fertigers. Die von Strabl iiber das Alter des Bucbes ausgesprocbene Ansiclit erbielt durcb die von mir Fig. 206. (Lcitmeiitz.) nicbt vor, wobl aber betindet sicb auf einem die Ver- brennung des Hus darstellenden Bilde ein Ritter in voller Riistuug, an dessen Scbilde die Worte zu lesen sind: Wiiz de Rzepnitz. Dieser Wenzel von Repnic war im Jabre 1517 Primator in Leitnieritz und bat das besprocbeneBild malen lassen. Einenandernbemerkens- wertben Aufsclduss erbalten wir aber durcb das Fest- stellen dieser Jabrzabl nicbt, als dass das Bucb in jener Zeit vorbanden gewesen sei, denn das Blatt mit der Verbrennung ist spatere Einscbaltuug und riihrt nicbt von der Hand jenes Malers ber, welcber die ubrigen Miniaturen gefertigt bat. Ueber die Familie Ronovsky besitzen wir keine weitere Nacbricbt, als dass sie in der zweiten Halfte des XV. Jabrbunderts gebliibt babe. 1 Walirschci nlich Welcliau oder Welecliau uinvcit Karlsbad. angestellten Vergleicbungen mit den zu Prag, Ludic, Trebnitz, Koniggriltz, Laun, Jungbunzlau und anderen Orten bebndlicben Cantioiialcn voile Bestatigung : das Leitmeritzer Werk ist alien anderen vorangegangen, die darin eingebaltene Anordnung blieb massgebend fiir spatere derartige Unternebnmngen. Eine der Wicbtig- keit desWerkes entsprecbende Bescbreibuug darfuni- soweniger feblen, als biedurcb die binge Reibe der utraquistiscben Gesangbiicber erklart wird. Mit dem dritten Blatte beginnen der Text und die denselben erlauternden Illustrationen : dargestellt ist ein Ecce-IIomo in ganzer Figur zwiscben zwei Engebi. Ringsum berrlicbe Arabesken. Die vierte Illustration zeigt den geoffneten Himinel, oberbalb die beilige Drei- einigkeit in einer Glorie von musicirenden Engcln, unteu 23* — 170 — den Konig David mit der Harfe. Die folgenden achtzehn mit Illustratioiien verseheiien Blatter eiithalteu je eine Initiale mit DarstelluDg aiis dem neuen Testament, welclie durch die umgebenden Arabeskeu nach Art der Biblia panperum erliiutert wird. Man erblickt z. B. in der einen Initiale die Verkiindigung, in der anderen die Gebnrt Cliristi. Die Arabesken des ersten lUldes ent- halten Eva mit dem Apfel und andere Aiispielungen anf den Siindenfall, die Arabeyken des zweiten zeigcn nicht vpeniger als dreizehn typologisclie Erklamngen. Viele von diesen Darstellungen sind nach altlibliclier Weise angeorduet; so steheii dem Bilde der Aui'erste- hung der vom Fische ansgeworfene Jonas und Simson mit den Stadttboren gegeniiber; niancbnial aber bat der Maler durcbaiis ncue, nicbt niebr zu entziffernde Vorgange eingeflocbten. So siebt man neben der Taufe Cbristi allerlei Getbiere, Affen und Genien, in einer anderen Arabeske den Amor, der seinen Bogen spannt u. dgl. Das zweiundzwanzigste illustrirte Blatt ist auf beiden Seiten bemalt und in mancber Beziebung das merkwlirdigste von alien. Anf der Vorderseite ist das Concil zu Constanz abgebildct. Jan Hus, dessen Hanpt cin goklener Strablenschein umgibt, stebt anf einem Katheder und vertheidigt seine Lebrsatze, umber stelien und sitzen Cardiuale, Pralaten und Monche, die sicb uuH'illig abwenden und sicb Bemerkungen zufliistern. Ilus ist bartlos dargestellt, er tragt einen dunkelrotben Talar, rothes Hauskiippcben und ein blassviolettes Unterkleid. Seine Miene ist die eincs etwas pedantiscben Professors, wie ancb die Handbevvegungcn eber einen ergrauten Scbulmann als feurigen Redner andeuten. Die riickwartige Seite desselbeu BUittes zeigt die Verbreii- nungs-Scene. Hus an einen Pfabl gebunden sinkt zusam- men, sein Haupt ist rait einem Heiligenscbein umgebeii, dariiber scbwebt ein Engel mit dem Palmzweige. Neben dem Feuer steben mehrere Henkersknecbte, ein Spiess- biirger eilt berbei und wirft sein Bettzeug in die Flammen, wahrend der Hintergrund mit Pralaten und Rittern, darunter der Herzog von Bayern, angefiillt ist. Im jiussersten Vordergrund kniet die^ scbon erwabnte 21 Cm, hobe Gestalt des Weiizel von Repnic; unten an stebt: „In Joannem Hus. Exodion. " Diese beiden Genialde nehmen je die ganze Blattseite ein, so dass Hus und die ziinachst befindbcben Personen 12 bis 16 Cm. boch gebalten und aufs sorgfaltigste ausgeflibrt werden konnten. Dass Hus in diesem Bucbe bartlos und sebr jngendHcb abgebildet ist, stebt im Widersprncb mit den iibrigen Portraits, welche ihn regelmitssig mit langem schwarzen, gegen unten zugespitzten Parte zeigen. Die beiden Hiis-15ilder sind nicbt allein jiinger als die iibrigen und von einer anderen Hand gefertigt, sondern sie bewegen sicb ganz in den Formen der Renaissance, wain-end dielnitialcnundRandzeicbnungen nocb den von fremdartigen Anklangen freieii gotbiscben Sty] einbalten. An diese zwei Bilder scbliessen sicb in etwas willkiirlicber Aneiiianderreibung cinige mit Arabesken nmzogene typologiscbe Darstellungen nnd Scenen aus der Heiligcngcscbicbte an, es erscbeinen hintereinander : Christus und die in alio Weltgegenden ziebenden Apostel — die Marter des beiligen Sebastian — die iicilige Ursubi mit ibren Jungfrauen im Scliiffe, ferner die klugen und thdricbten Jungfrauen — St. Prokop, uingeben von Hirscben nnd Vtigeln — die nnbefleckte Eiupfangniss — ein Todtentanz und zulefzt Cbristiis, der die Pforten der Vorbolle sprengt. In den Arabesken daneben siebt man David, der dem Goliatb das Haupt abscblagt, und die Bezwingung desLowen durch Simson. Die Figuren sind zwar seiten ganz ricbtig gezeicb- net, aber stets ausdrucksvoU und scbon colorirt, die Frauengestalten erscbeinen durcbaus sebr anmutbig. Wenn diese Miniaturen denen des Bertbold Furtmayr und Memling in Bezug auf zarte Emi)findnng und Fein- beit nicht gleicbkommen, zeigen sie doch grossere Kraft und eine mehr an die Natur sicb anschliessende Dar- stellungsweise. Die Randverzierungen gehoren zu den schousten, welcbe je geschaffen wurden; sie sind nicbt wie die Arabesken des Zbysek nnmittelbare Abbildun- gen von Ptianzen, sondern vereinigen mit dem Natnr- studium sebr gescbickt das arcbitektonische Element. Merkwiirdig wie das ganze Werk ist aucb die Ausstattung und aussere Erscbeinung; die Schrift ist tbeils schwarz, theils mitbocherhabenenGoldbucbstaben gescbrieben, der Ductus bochst elegant. Die ausEichen- bolz gefertigten Bucbdeckel sind mit gepresstem Scbweinsleder iiberzogen und aufs kunstreicbste mit ciselirten Rosetten und Eckschildern beschlagen. An diesen Beschlagen sind Viigel, Eidecbsen und vorziiglich scbon ausgearbeitete Pflanzen- Ornamente angebracht, welche von Ktinstlerhand entworfeu den gotbiscben Styl in voller Reinheit zeigen. Das ganze Buch ist bestens erhalten, nur das Gesicht und der Heiligenscbein des Hus sind von einem eifrigen Katboliken verwiscbt worden, aber mit Hilfe eines Vergrosserungsglases noch erkennbar. Aucb an den Beschlagen kommen kleine Beschadigungen vor, die man aber gern iibersiebt in Anbetracht des berrlicben Ganzen. lUustrationen: Hus im Consil. Fig. 205 (iin Texte S. 168). Die klugen und thorichten Jungfrauen. Fig. 206 (im Texte S. 169). Utraquistisches Cantionale in tier k. k. Bibliothek zu Prag. Diese umfangreiche, aus 462 Blattern von 60 Cm. Hohe und 37 Cm. Breite bestehende Pergamentschrift wurde erst im Jabre 1572 verfasst und gelangte laut einer auf der Riickseite des Titelblattes angebrachten amtlichen Schenkungsscbrift im Jabre 1783 an die Universitats-Bibliothek in Prag, wo sie noch aufbewahrt wird. In der erwahnten Schrift wird gesagt, dass das Buch vom Senate der Kleinen Stadt Prag (der heutigen Kleinseite) mit grossem Aufvvande fiir den Gottesdienst der unter beiderlei Form Communicirenden und Anbanger des Johannes Hus in biibmischcr Sprache gescbrieben und niitvielenlnsignien undMalereien aufs kunstreicbste ausgestattet worden sei. Nachdem die Zeiten sicb ge- iindert, wurde das Werk vom Senate der koniglichen Hibliotbek zum cwigen Andenkcn als Gescbenk iiber- gcben. Unterzeichnet sind der Biirgermeister und die Ratbsberren. DieMalereien sind vollstandig im Charakter der Renaissance gebalten nnd nur in den Arabesken sieht man noch gothische Anklange, wahrend mehrere eingeflochtene Landschaltcn an den altern Breughel eriiinern. Viele dcrBilder sind groblicb ubernialt worden, einige blieben verschont und zeiclmeu sicb durcli klare Farbung aus. Jedes Bild niit dem dazu gehorenden Texte ist von einev anderen Zunft oder einem anderen Privaten gestiftet worden, aiich babenverscbiedeneMaler an dem Werke gearbeitet. Darstellungen aus dem alien und neuen Testament wechseln im bunten Durcbein- ander, aucb werden einige typologiscbe Einscbaltungen bemerkt. Auf dem Titelblatte sind die 16 Cm. hohen alle- gorischen Figuren von Krieg und Frieden angebracbt, welche dasWappen devKleinseite halten, dariiber stebt: Arma minoris civitatis Pragensis. MDLXXII. Auf dem 364. Blatte sieht man die Vevbreuniing des Hus; er stebt auf dem Scheiterhaufen, angetban niit einem weissen Kleide, die mit Tcufelslarven ver- bramte papierne Mlitzc auf dem Haupte. Seine Hiinde sind gegen viickwarts an einenPfabl gebunden, wahrend er gleicbgliltig gerade aus sieht. Henker schiiren das Feuer; ringsumber stebt unzabliges Volk, voran die ganze Clerisei, Bischofe, Pralaten und Monche von alien Farben, zwischen ihnen ein Kapuzentrager, dessen Kopf zwischen einem Fucbs und einem Scbwein die Mitte einhalt. Die Ueberschrift dieser Seite lautet: ® Sii'rttcm llitftru Panowi -^ufy- Gestiftet warde dieses Blatt sanimt dem nacbfol- genden Capitel von einem Jan Lastovicky im Jabre 1572. Husens Portrait kommt in dem Buchc noch ein zweitesmal vor, in der Zusammenstellung mit Wiklef und Luther. Hus halt eine brennende Kerze in der Hand, zum Zeicben, dass er ein Licht aufstecken will. Luther's Bildnis wurde absicbtlicb verwischt. Bei manchen gelungenen Einzelheiten ist dennocb der ■Kunstwerth dieses Buches ein sebr untergeordneter und nur die sich auf Hus beziehenden lUustrationen besitzen allgemeines Interesse. Kohmische Gesangbiicher in Leitmeritz^ Trebnitz (Tfebenice) und Ludic. In Leitmeritz befindet sicb noch ein zweites Can- tionale, welches der dortige Magistral im Jabre 1548 durch den schon ofter genanntenTaborsky bat anfertigen lassen. Die Malereien riihren von einem Maler Namens Mathias Pecka her, welcber gemeinscbaftlicb mit Taborsky arbeitete und die in dessen Werkstatte geschrie- benen Biicber verzierte. Das Ganze ist eine abgeblasste etwas verkleinerte Nachabmung des beschriebenen latei- nischen Werkes, aucb sind mehrere von den Bildern mit Hilfe von Durchzeichnungen und Scbablonen ubertragen worden. Nur in den Arabesken zeigt sicb einige Selb- standigkeit, aucb kommen bier viele der Renaissance entnommene Bilduugen vor , welche im lateiniscben Original fehlen. Man erkennt, dass seit Abfassung des Hauptwerkes die Formen der Renaissance mebr und mehr nra sich gegriffen haben. Mit noch grosserer Entscbiedenheit treten die ita- lieniscben Einwirkungen in den Ludicer und Trebnitzer Bildwerken bervor. Das Gesangbuch von Ludic ist besonders nierkwiirdig durch den Umstand, dass Ent- stebungszeit, Stifter, Vevfertiger und Kosten notariell und mit grosster Genauigkeit verzcichnet worden s^ind. Aucb dieses Bucb ging aus der Werkstatte oder vielmebr Bilderscbriften-Fabrik des Jobann Taborsky bervor, wurde von dessen Lebrling Lorenz Bily mit Malereien ausgestattet, im Jabre 1554 begonnen und 1558 vollendet. In einem dem Werke beigefiigten amtlichen Bericbte wird gesagt, dass dieses Gesangbuch (ein Graduale) 240 und zehntbalb Haute Pergament enthalte, welche zusammen 8 Schock und 14 Blatter ergeben haben. Die Geldausgaben flir das Pergament, dann fiir Schreiben, Notiren betrugen 139 Schock 17 Groscben meissnisch, dem Buchbinder wurden bezablt 10 Schock, die Metall- bescblage kosteten 27, Schock. Weiter wurden veraus- gabt fiir die Wappen des Flirsten und der Stifter 119 Schock 72 Pfennige, so dass der Gesammtaufwaud mit Zurechnung einiger Nebenausgaben auf 283 Schock 20 Groscben meissnisch sich gestellt babe. Dieses auf Pergament gescbriebene Document nimnit die erste Seite ein und ist unterfertigt : Vitus Kantor Strassecensis, notarius reipublicae Zluticensis, 1565. Die Hobe der Blatter betriigt 64 Cm., die Breite 38 Cm. Den Eingang bildet ein von Taborsky verfasstes Widmungsgedicht an den Kaiser Ferdinand I., worauf die lUustrationen mit drei grossen, je die ganze Blatt- seite einnchmendcn AV:tppen des Burggrufen von Meis- sen, dessen Gemahlin und Mutter beginnen. (Die Stadt und der Bezirk von Ludic befanden sich damals im Besitze des Burggrafen Heinrich des Aeltern von Meis- sen.) Nun folgt das Wappen von Ludic, dann werden das Kyrie eleison und das Sanctus, je mit drei Blattern, angefiillt mit Glorien und singenden Engeln illustrirt. Wie im grossen Leitmeritzer Cantionale rcihen sicb nach obiger Einleitung „Geburt Christi — Anbetung" u. s. w. an, welcben Bildern immer die typologiscben Beziebungen in den Arabesken zur Seite gesetzt sind. Einige Bilder, unter anderen der im feurigen Wagen gegen den Himmel fahrende Elias, dann die Geburt Christi und das Abendmahl sind mit einer Virtuositat und Kraft vorgetragen, welche in Erstaunen setzen ; im allgemeinen aber berrscht handwerksmassige Technik vor, aucb erweisen sich nicht wenige Darstellungen als entlebnt aus dem Leitmeritzer Vorbilde. Jeder Malerei ist der Preis beigesetzt, so kosten: das Wappen ibrer Gnaden des Fiirsten Heinrich 8 Schock, das der erlaucbten Frau Fiirstin Margaretlia 5 Schock, das der Fiirstin Katharina 10 Schock, das Kyrie eleison 8 Schock, das Sanctus 47^ Schock, die Auferstehung 10 Schock , das Abendmahl 5 Schock 10 Groscben, die Hirten mit dem Engel 1 Schock u. s. f. Die Mehrzahl der Bilder ist im Preise von 1 bis 3 Schock gelialten. Husitische Reminiscensen kommen in diesem Buche nicht vor, obwohl es fiir den utraqui- stischen Gottesdienst eingerichtet ist. Der gegenwiirtige Zustand liisst sebr viel zu wiinscben iibrig, viele Blatter sind herausgerissen, andere durch Feucbtigkeit ver- dorbeu. Man widmet iiberbaupt dem kostbaren Werke nicht die geh(3rige Aufmcrksamkeit , es liegt in der Magistratskanzlei in einer offenen holzernen Kiste und wird allem Anscbein nach oft von den Parteien zum Zeitvertreib durchblattert. Einband und Beschlage zwar ahnlicb wie in Leitmeritz angeordnet, aber in — 172 — einev Misclmng von Gotliik nnd Renaissance aiisge- liilii-t. Ziim Sdilnyse sei noch bcnierkt, class der er- withnte Loreiiz Bily, welehcr die Bilder mnlte iind von dem etwas ruliniredigen Tahovsky ids Lcliiling ausge- iielien wird, wiibrscheinlicli ein Scluiler des Fabian Polirar war, indein er alio Eigcnthiindicbkeiten dieses Meistei-s, nur nicdit dcssen feinen Gcschmack, oifenbart. Trebniteer Wappen, anf dcni zwciten Rlalte erblickt man einc Ratbssitzung, in wek'hev der Besebliiss ge- lasst wird, das Gcsangbuch anfertigen zu kissen. Daun fulgen in bergebracbter Ordniuig Kyrie eleison, Sanctns, Geburt CbrisH u. s. w., aucb sind typologiscbc Krklanin- gen eingescbaltct. Der Farbenauftrag ist krafti- und barmoniscli, abcr aucb derb und sogar oft rob: die Fig. 207. (Ti-ebuitz.) Der Godex zu Trebnitz ist in alien seinen Tbeilen, Scbrift, Noten und Malcrcien, das Werk des dialers MMtlieus Ornys von Lindperk, welcber sicb pictor Regni I'.oiictniac et Gconictra untcrzciclinet und zwiscben ir)74 bis 1578 diese Arl)eit voUendct bat. Anordiiuiig und Inbalt zeigen sicb wie in den vori)cscbriebenen Werken: die Illiistrationcn wcrdcn eroff'net durcb das fi-iirliclien Darstelinngen stehen niit den Arabesken im Widerspnicb, crstere balten den Gbarakter der Renais- sance ein, die anderen sind meist strong gotbisch. In den Hintergriinden konnnt die Ansicbt von Trebnitz zweinial vor. DerEinband wurde 1583 nacb dem Muster des Leitmerilzer gelertigt: an den messingenen Eckbc- — 173 — sehlagen sind die Evangelistenzeiclien, in den Mittel- fcldern grosse gegossene Rosetten angebraclit, anf dem Lederiiberznge der Deckel liest man allerlei aufgepresste luscln-iften, aucli den englischen Grass. Poliraf (Polierer) als die bedeiitendsten erscheinen. Melnik, audi Melnicky genannt, illustrirte ura 1500 ein Gesangbiicli fiir die Stadt Laun imd wahrscheinlicii etwas spatev ein noch bedentenderes fiir Dentscb-]3rod Fig-. 208. (Deutsch-Brod. Illustration: Initiale aus deni Trebnitzer Codex. Fig. 207 (ini Texte 8. 172). Gesangljucher in Laun, Teplitz, Jungbunzlan nnd Deutscli-Hrod. Eine zweite Gruppe von Miniaturen hat iiborwie- gend ornamentistischen Wertb und riihrt von verscbiede- neu Kiinstlern her, unter denen Paul Melnik und Fabian Formliche Gcmalde komrncn in den Werken des Melnik nicht viele vor, deslo glanzender sind seine Randzeich- nungen, welche in Bezug auf Phantasiereichtbum und Eleganz sogar die des Leitmeritzer Codex iibertreffen. Die Anordnung sowobl des Launer- wie Deutsoli-Broder Werkes ist die bekannte, nur nebmen bier die Initialcn einen klciueren, die Arabesken eineu grosseren Raum ein, als gewobnlicb vorkomnit. Ira Codex zu Deutscli-Pjrod sind die Vergolilungcn stark verdunkelt, wessbalb dieses bewundernngswiirdigc Werk von Laien niclit nacb Ver- dieust gescbiitzt wird. Dieses in lateiuiscber Sprache — 174 — gescliriebene Gesangbiich eiitbalt aiif clem zweiten Blatte da^^ Portrat des Stittevs. welcber uacli dev Traobt zu scbliessen eiu Ratbsherr gewesen zu sein scbeiut, mit der kurzen Untevscbrift : Trcka fmidator. Am Scblnsse des Werkes geben folgende zwei Zeileii uber den Kiinstlev nnd die Anfertiginigszeit Anfsebluss: Anno salutis . M . D . VI. maun pauli mielnicesis. Xebeii dem von Paul :\Ielnik illiistrirten Gesang- bncb, besitzt die Stadt Laiin nocb drei Bilder-Hand- scbriften von niinderer Bedeutuug. ^ Illustration: Arabeske aus dem Deutscb-Broder Codex. Fig. 208 ^im Texte S. 173). Zwei deieb grosse, GO Cm. bobe, 38 Cm. breite, in Teplitz befindliebe bulimiscbe Gesangblicber wurden in der Werkstatte des Taborsky gescbrieben und von dem andern der des Poliraf angebracbt. docdi berrscbt die Manier des erstereu vor. Viel ahertbiunlieber und zugleifb dem [.eitmentzer Codex nabe verwaudt ersebeint das zwar vielfacli he- <;oliadii;te aber mit pracbtvollen Initialen ausgestattete Miniaturwerk zu Jungbuiizlau. welcbes in Liteinischer Spracbe verlasst ist und zu den umfangreiobsten geb;b-t, iudem die Hobe 70 Cm., die Breite 48 Cm. betragt. Dieses Werk gebort zu den vorziigliobsten. Farben und Yeraoldungeu sind von besonderer Scbonbeit und die Pandverzierungen frei von renaissanceartigen Ankliiu- geu. Unter den grr.ssereu Bildern zeicbnen sicb diireb Auorduung und sorglaltige Bebandlung aus: der Stamm- baum Cbristi — Gott Vater in einer Glorie von Engeln — Maria mit dem Kiude nnd die l^larter des heihgen Stepbanus Ueber Yerfertiger und Entstebuiigszeit lindet sicb keine Xacdiricbt vor, das Werk durfte gleicb- zeitig mit dem Leitmeritzer um den Scbluss des X\. Jabrbuuderts vielleiebt vom selbeu j\[eister ausgelubrt worden sein. , i • i Ein anderes in Juugbunzlau betindhobes. bolimiscb acscbriebenes Cantionafe wurde durcb Fran Katharina Fig. -ini). ( Universitiitsbibl. iu Prag, verkleinert.) Matbias Pecka mit Miniaturen versebcn, docdi bat an dem einen aucb Poliraf mitgearbeitet. Wie bei den Arbeiten des Pecka vorzukommen pflegt, liberwucbert eine nicht geborig verstandene Renaissance das mittel- alterlicbe Gepriige, welcbes dem Ganzeu zu Grunde liegt; aucb sind die Bilder sebr verscbiedeu, einige scbiilerbaft, andere von anerkennenswertber Durcb- l)ildung. Lebendig aufgefasst ist ein grossercs Bild, welcbes einen mit Sangern angefiillten Musik-Cbor darstelU : der Dirigent mit dem Tactirstabe stebt vor dem Notenpulte, auf welcbem ein Gesangbucb liegt, ringsum steben Sanger in verscbiedenen zum Tbeil abenteuerlicben Costiimen. Ein grosser Lobgesang auf Hus und Hieronyinus von Prag ist unter den Gesilngen cingereiht, aucb feblt die beliebte Darstellung „Hus aui' dem S cb eiterbaufen" nicbt. Beide Biicber tragen die Jabrzabl 1.560 und die Unterscbrift des 'J'aborsky: in dem einen ist der Name des Pecka, in I I'. Ilifrnnyirius 8 n I a f , wclrlicr in (ion I'.-imullcy an-liarnlo-iokt' iiii .Jalire lUfi:'. i im-n Aul'-safi-, iibci- das Cantionalc v«n Dculsciii.rod vrroir.-iillicliip, fiilirt (IfMi MiUiiicky ais Nicoiaus an. P. Solar :rlii'ii,t ili« nl.igp solir liputl.oli gcschricbenr' Tn.schiift iilir-rsfhPn zu habcn. Militka gestiftet und von dem Miuiatiir-lMaler Joliann Kautor aus Prag im Jabr 1572 vollendet. Es ist 76 Cm. bocb, 45 Cm. breit und entbalt auf 552 BUvttern einige bessere und viele mittelmiissige Initialen ; dabei zart gemalle Hintergriinde. Zwei grossere Bilder verdieneu wegen ibrer correcten Zeicbnung besonderes Interesse : die^Jacobs-Leiter und die Kreuzigung. Andere Werke dieses Kantor, der sicb selbst in knieender 8tellung vor dem Kruzifix angebracbt bat, sind nicbt bekannt. Illustration: Hus amScbeiterhaufen aus dem Kleinseiter Codex. Fig. 209 (im Texte 8. 174). GesaiigWiclier in Chriidim mid Kouiggratz, Im Decbantei-Gebiinde zu Clirudim werdeu zwei fist o-leicb grosse aber in ibrem ICunstwertbe sebr ver- scbiedene Gesangbiicher aufbewabrt, ein lateinisches und ein bobmiscbes. Ersteres wird dem Taborsky — 175 — zngesclirieben, walirscheinlicli mit Unrccht, da es schon 1530 verfasst, wiirdc, wahrend die Bliithezeit dieses indiistrielleii Marines in die Jahrc 1550 bis 1570 fallt. Ware dem so, biitteu Avir jedenialls die schwacbstc Arbeit vor uns, welche aus der Werkstatte Taborsky's bervorg'ing. Das Buch cutbalt 344 Pergament-Blatter voD 63 Cm. Hohe mid 45 Cm. Breite. Um ein weniges boher aber aucb etwas schmaler ist das bShmische Cantionale, welches 298 BLatter zahlt, und um den Scbhiss des XVI. Jabrhnnderts von einem nicht ge- iiannten Chnidinier Meister, vielleicbt dem Radaiis, lier- gestellt wurde. Der Eenaissance-Styl berrscht vor, die Anordnnng ist die iibliche, rnit dem Kyrie eleison beginneod und mit der Senduug des Geisfes abscblies- send, aucb sind typologiscbe ErlanttTungen eiuge- scbaltet. Die Cotiipositionen , iianienllicb die Taufe Cbristi; der Zug der Juden durcb das rotbe Meer, die Auferstebung und das Pfingstfest, beurkunden einen geistreiciien Kiinstler, der mit ricbliger Zeicbnung einen eleganten Farbeiiauftrag verbindet. Die grosste Anzabl von Miniatur-Werkcn wird in Kihiiggratz getroffen, wo nicbt weniger als neun tbeils lateiniscbe tbeils bobmische Gesangbiicher vorbanden sind. Vor allem sind zwei grosse 68 Cm. liolie und 48 Cm. breite Bantle anznfiiliren, welcbe der Maler Mathias Radaus, Cbrudimer Blirger, zwiscben 1586 und 3594 illustrirt iindMatbaeus aus Leitmeritz (Litoraeficky) gescbrieben bat. Verfasser der Gesange war Georg Ricbnovius, ein seinerzeit beriibmter Componist und Musiker, welcbcrin Koniggratz lebte. Die in diesen Biichern entbaltenen Malereien verratben durcb- gebends eine und dieselbe Hand, scheinen daber alle von Radaus eigenlijindig ausgefiibrt worden zu sein. Es bedarl'kaum der Erinnerung, dass beinabe alle nacb 1550 auftretenden Miniatiir-Maler sicb melir der Renaissance als Gotbik zuneigen und dass dieses vorzugsweise bei Radaus der Fall ist. Aucb erkcunt man, dass er mit den Werken Diirer's sebr wobl vertraut war und sogar Zeicbnungen oder Sticbe nacb Micbel Angelo gesebeu und benlitzt hat. Auf dem ersten Blatte hat der Maler sich selbst, dann den Ricbnovius und den Schreiber des Buches in ganzen Figuren dargestellt, dazwiscben sind Rand- verzierungen eingcflochten. Portraits kommen liberhaupt sebr viele in dem Buche, bald als Brustbilder bald a's gauze Figuren, vor, es sind namlicb alle Stifter, vierund- zwanzig an der Zalil, abgebildet und zwar je auf den von ihnen gestifteten lUustrations-Blattern. Die Reiben- folge der Darstellungen beginntmit dem Verkiindigungs- Bilde, welchem die Jacobs-Leitev und Vorholle gegen- iiberstehen ; es folgen Geburt — Beschneidung — Anbetung — Darbringung — Taufe Cbristi in herge- bracbter Ordnung, worauf mit Umgebung der Passion die Kreuzigung — Auferstebung — Ersclieinung — Him- melfahrt und Sendung des Geistes sich anreihen. Nun sind verschiedene apokalyptische Darstellungen und Scenen aus der Apostelgeschichte eingcreiht , den Schluss machen Votiv-Bilder, die zum Theil Wieder- holungen enthalten, man siebt z. B. den heil. Michael im Kampfe mit dem Drachen, einen im Bette liegenden Kranken der versehen wird, die Enthauptung der heil. Katharina und zuletzt den Literaten Cbor in der Konig- gratzer heil. Geistkirche. Da aucb typologiscbe Zusatze nicht fehlen, ist die Anzabl der in diesen Biichern ent- baltenen Bildcr eine viel grossere als man in anderen Cantionalen zu sehen pflegt. Radaus verstebt ricbtig zu zeichnen und geistreich zu gruppiren, vor allem aber zeichnet er sich unter den bijhniiscben Illuministen durch kriiftiges und zugleich naturwahres Colorit aus. Ein grosses Iateiniscl)es in derselben Stadt befind- liches Gesangbuch stimnit mit den lateiinschen Werken zu Leitmeritz und Jungbunzlau iiberein, hat wie diese vorwaltend gotbisches Gepriige und ist zur Halfte mit Goldbuchstabeu und goldenen Noten gescbrieben. Unter den grosseren darin entbaltenen Gemiilden sind das Abendmahl und die unbefleckte Empfangniss als beson- ders gelungene Ausfiibrungen hervorzubeben. Erwiibnung verdient noch ein ausnahmsweise auf geripptes Papier geschriebenes Gesangbuch vom Jabre 1586, in welchem die Stifter abgebildet sind und das, obgleich der Name fehlt, dem Radaus zugeschrieben werden darf. Liitoinisclies Cautiouale iii dor Doiii-Bibliothek zu Prag. Die Krone aller Ges;i iigbiicher besilzt die Bibliothek des bocbvviirdigen Dom-Capitels, ein Werk, das trotz seiner spiiten Entstehung von alien Ausschreitungcn und Verkiiustelungen frei geblieben ist. Dem als Verfasser einer bobmiscben Kirchengescliichtc riibmlicbst bekann- ten Biscliof Anton Frind gebiihrt das Verdienst, diesen 64 Cm. boben und 41 Cm. breiten Codex aui'gefunden und der neu geordneten Dom-Bibliothek einverleibt zu baben. In der Einleitnng wird das scbwere Brand- Ungliick vom Jabre 1541 erziiblt, wie damals der Dom so viele seiner Schatze verloren und das Capitel beschlossen babe, das gegenwartige Bucb zum Lobe Gottes und der beiligen Landes-Patrone ausfiihren zu lassen. Dieser Vorerklarung sind die Namen des Prob- stes und der Domberren als Stifter beigefiigt. Die Aus- fiihrung wurde noch im selben Jabre begoniien, das Bnch bis 1554 vollendet. Die Gesange sind im strong katholischen Geiste verfasst und fiir die Kirchenfeste eingerichtct; die Domberren sind je auf den von ihnen gestifteten Bildern portraitirt. Das Titelblatt ist abhanden gekommen, es diirfte das Capitel- Wappen und Embleme enthalten baben. Auf dem erstem Blatte erblickt man Golt den Herrn auf dem Throne, ringsum musicirende Engel, unterlialb die heiligo Cacilia airf der Orgel spielend. Das zweite Blatt enthalt eine Glorie, in deren Mitte Cbristus auf Wolken scliwebt. Unten in der Ecke knieeu vorn der Schreiber, hinter ihm der Maler; der erste bat sich unterschneben : Joanes Taborinus de monte Klokotino scrips . h . libr. Neben dem Maler steht einfach der Vorname Fabian, doch ist zum Ueberflusse aucb dessen Mouogranmi beigesetzt. Vor den Kiinstlern breitet sich eine reiche Landschaft aus. Den nun folgenden Darstellungen sind die typologischen Gegensatze beigefiigt : Taufe Cbristi — Auferstebung — Himmelfabrt — Ptiugstfest — Abend- mahl — Unbefleckte Empfangniss — Petrus und Paulus — Darbringung im Tempel — der gute Hirt— Himmelfalu-t — Mariae. Einige Blatter scheinen zu fehlen, wenn nicht gar ein vorhergegangenerTbeil abhanden gekommen sein sollte. 24 — 176 — Die in diesem Codex enthaltenen fig iirlichen Darstellungeii mid ganz besonders die Landschaften zeigen einen Phaiitasie-Reichthum und eine Gefiihlstiefe, welche den librigen bobmisehen Miniaturen nicht eigen ist. Dagegen stehen die Arabesken denen des Leitmeritzer und Dentschbroder Gesangbucbes nacb. Die Ausfiilinmg ist durcbaus gediegen, Maler und Schreiber baben ibr Bestes getban, uni die Herren Besteller, welcbe wobl strenge Auf'siclit fiibrten, /ai befriedigen. Mit Gold ist gespart, aufgesetzte goklene Licbter, wie sie in Leitme- ritz baufig geseben werden, sind bier vermieden, aucb in den Buclistaben und Randzeicbnungen ist selten Gobi angebracbt. Die Blatter: Cbristi Aut'erstebung, Maria Himniel- fabrt und unbefieckte Eir.pfangniss zeiclmen sicb vor alleni aus, letzteres Blatt wurde den lUustrationen bei- gefligt. Illu stration : Unbefieckte Empfangniss. Fig. 210 (im Texte S. 176). Der Codex des Gelenius. Im Jabre 1514 libersetzte Gregor Gelenius, ein anerkannter mit Erasmus von Rotterdam in Verbindung stebender Gelebrter die Vitae Sanctorum des beiligen Hieronymus aus dem Urtexte ins Bohmiscbe unter deni Tit el: Ziwot swatycb otcuw, Ktefi obywali na pausti (Leben der beiligen Vater in der Wiiste). Wie das Vor- wort besagt, fllbrte Gelenius, welcber sicb in der Ueber- setzung Hruby z Geleny unterzeichnet, diese Arbeit im Auftrage des Herrn Ladislaus von Sternberg zu Bechin aus, worauf das Buch auf Pergament gescbrieben und mit Miniaturen verziert wurde. Es ist nicht wabrscbeiu- licb, dass Gelenius die Malereien und die Reinscbrift eigenbandig ausgefiibrt babe, wie auf den Grund bin, dass weder Maler nocb Scbreiber genannt sind, gewobn- lich angenommen wird. Der Codex entbalt 363 Blatter, ist 50 Cm. hocb, 35 Cm. breit, in rotbem Seiden-Brocat gebunden und wird gegenwartig in derk.k. Universitats- Bibliotbek zu Prag aufbewabrt. Das erste grosse Blatt zeigt den beiligen Franciscus, wie er die Wundenmale enipfangt, im Hintergrunde siebt man die Kircbe von Assisi. Links am Rande dieses Bildes ist der Stifter des Bucbes, Ladislaus Sternberg, in knieender Stellung angebraclit, am entgegengesetzten Rande das Sternberg'scbe Wappen, ein goldener Stern im blauen Feld. Neben zahlreichen Arabesken sind 58 im Quadrate von 10 bis 15 Cm. Weite eingerabmte Bilder in den Text eingeflocbten, je Scenen aus dem Leben der betreffenden Heiligen entbabend. Die zalil- reicb vorkommenden Landschaften erinnern an Wohl- gemutb's und mebr nocb an Altdorfer's Hintergriinde, sind aber stets barnioniseb und den figiirbcben Dar- stcUungen sich anpassend; vor alien zeiclmen sicb die Arabesken durch seboue Farben und die feinste Ab- scbattirung aus. InBezug aufkiinstleriscbeDurcbbildung steben sicb diescr Codex und die beiden lateiniscben S Gesangbiicber zn Leitnieritz und Jungbmizlau so nabe, dass man diese drei Werke mit urn so grosserer Walir- scbeinlicbkeit demseiben Meister zuscbreiben darf, als sie ziemlich gleicbzeitig entstanden zu sein scbeinen, von italieniscben Ankliingen frei sind und ancb nicbts von der Manier eines Lindperk, Poliraf, Pecka, Melnik — 177 — oder Radaiis an sicli tragen. Auch in dem Eiuen Punkte stimmen die genannten Werke uberein, dass die Ver- fertiger, Maler und ftchreiber, es verschmalit haben, sich zu uiiterzeiehnen, wahrend die bolimisclien Klinstler der Spiltzeit regelmassig ilire Namen schon auf deii ersteu Blattern kimdgaben, wie z. B. Taborsky, Pecka, Ornis von Lindperk und Radauis. 1 1 1 u s t r a t i 0 n 6 n : St.Eleonor vvird von einem Engel erweckt. Fig. 211 (im Textc S. 177). Arabeske. Fig. 212 (im Texte S. 178). Summe, nicht scbente, um ein schones Gesangbuch zn erhalten. Bei solcbcr Anerkennung und Anfmunteruug konnte es nicht fehlen, dass alie einbeimiscben Kriifte sicb der Miniatur-Kunst znwandten und aneh viele deutsche Klinstler angezogen wurden. Wir begegnen in den Bruderscbafts - Verzeiebnisseu der Maler vom Jabre 1450 an liiiufig deutscben Namen, z. B.: Eberberg, Recbenberger, Spitz, Flemmig, Meisner, Knauer, deren Trager grosstentheilsllluminatoren gewesen sein mijgen, da Wand- und Tafel-Malerei nur in untergeordneter Weise betrieben wm-den. Die Miniatm-en des Ulricb Rilckscliau. Indem bier nur die vorzilglichsten Bilder-Hand- scbriften besprocbeu werden konnten, diirfte das Gcbotene docb liinreicben, nm die boclist eigentbiindicbeRicbtung der bohmiscben Miinatur-Scliule zu erklaren. Fine voll- standige Uebersiclit aller im Lande vorhandenen Codices zu geben, ist zur Zeit unvnijglicb, da nocb immer nene Funde gemacht werden und in Aussicbt steben. Da nacb der Scblaebt am weissen Berge der Katholicismus mit alien denkbaren Zwangsmassregeln wieder in Bobmen eingeflihrt und auf utraquistiscbe wie hitberiscbe Biicber formlicb gefahndetwurde, sucbten natiirlicb die Anbanger der reformatoriscbeu Lebren ihre werthvoUsten Blieher in Sicberbeit zu bringen und versteckten sie an abgele- genen oder unscbeinbaren Orten. Von der ausserordent- liclien Beliebtbeit und Verbreitung der illuminirten Gesangbiiclier spricbt am deutlicbsten der Umstand, dass das Stadtcben Seltscban (Selcan) deren vier besitzt, dass der unbedeutende Flecken Trebnitz eine Ausgabe von anniibernd 4000 Gulden, damals eine ungebeuerc Bartt aus Magdeburg, welcbe im Jabre 1491 zu Tepl gefertigt wurden, zablen nicbt allein zu den trefflicbsten, welcbe in Bobmen vorkommen, sondern sie scbeinen vielfacb anregend gewirkt zu baben. Jobann Hertem- b erger stattete imjabre 1497 ein in der Dom-Biljliotbek befiiullicbes Legend eiibucb aus. In gescbicbtlicber wie kunstleriscber Hinsicht geb(3- ren die vorbandenen Miniaturen zwei griindlicb verscbie- denenRiclitungen an : einer alteren, welcbe an die Werke des XIV. Jalirluinilerts anknlipfend zwiscben 1480 bis 1520 ibren Holiepunkt erreicbte, dann einer jiiugern, von 1550 bis nacb 1600 blubenden. Die erstere Riebtiuig Oder Scbule bewegt sich in streng gotbiscben Formen, ohne Ankliiiige an die in der Baukunst bereits aultre- tende Renaissance zu zcigen; hieber zu zahlende Werke sind das von dem Cborherru Benedict gefertigte Mess- bucb in der Strabover Bibliotbek, die beiden Gesang- biicher des Bartt in Tepl, der Codex des Geleuius und die lateinischen Gesangbiicber zu Jungbunzlau und Leitmeritz. Husitische Loblieder und Bdder komnien in diesen alteren Miniaturwerken nicht vor; dass die im Leitmeritzer Cantionale enthaltenen Darstellungen aus 24* — 178 — dem Leben des Hiis spiitere Einscliiiltnngeii seien, wurde bereits angezeigt. Eine scbulmassige Haltuug ist in dieser Peviode nicht wabrzunebmen, erst in der nacbfolgenden tritt eine solcbe bervor. Von 1550 an breitet sicdi die Renaissance mit rascben Fortscbritten aus, znerst ini Fignrenfacbe, indeni die Randzeiclmun- gen noeb inimei- {iltertbiUnlicb gebildet werden, bis um 1580 die walsche Manier (wie man sicb damals aus- drliekte) allgemein vorberrscbend wird. Der zweiten Periode gelioren die meisten , wenn nicbt alle Hus- Bibler an, dereu sicb aucb iin biilimiscben i¥nsenni einige befinden. Hauptwerke dei- jilngeven Scbide sind das von Polirav nnd Taborsky gefertigte Gesangbucb in der Dom-Biblio-tbek, die Codices zu Teplitz, Trebnitz, Ludic und Koniggriitz, dann das bobmiscbe Cantionale in Lande gedruckte Bucb wurde 1474 durcb einen aus Niirnberg nacb Pilseu iibersiedelten Dnicker verlegt. Am Holztafeldrucke , der sogenaunten Briefdnickerei, bat sicb Bobmen nicbt betbeiligt. Um 1487 entstaud in Prag eine Bucbdruckerei, aus welcber ein Psalter und Aesop's Fabeln in bobmiscbev Uebersetzung hervorgingen. Die in letzterem Incunabel entliaUenen iiusserst roben Holz- scbnitte scbeinen die ersten Versucbe der bobmiscben Xylograpbie zu sein. * In den Jabren 1488 und 1489 wurden zu Prag und Kiittenberg vollstandige Bibeln in bobniiscber Spracbe gedruckt, von deneu die letztere viele aber nur bandwerksmassige Holzscbnitte entlialt, Wo die Holzplatten gcfertigt wurden, ist nicbt bekannt und diirfte in Anbetracbt der Aebnlichkeit mit vielen gleicbzeitigen Arbeiten sebwerlicb festgestellt werden. Erst Han us Sever in, dessen Monogramm H.f.S. bier Fig. 212. (Prag.) Cbrudim. Eine Mittelstellung zwiscben der alteren und spiiteren Scbule nelimen die von dem geistreicben Arabeskenzeicbner Paul Melnik ausgestatteten Gesang- biicber zu Deutscb-Brod und Laun ein, von welcben dem ersteren mit Auszeicbnung der Vorrang gebiibrt. Scbliesslicli baben wir nocb der grossen Illuminir- Wcrkstatten zu gedenken, welcbe in der zweiten Iliilfte des XVL Jabrbunderts entstanden^ von denen die des Taborsky die bcdeutendste war. Man zablt gegenwartig nocb einige zwanzig Gesangbiicber, welclje aus seiner Anstalt bervorgegangen sind und die von Poliraf, Pecka iiud Bily mit Malereicn versehen wurden. Audi Ornis von Lindperk und Radaus selieinen die Miniatur-Malerei fabriksuiiissig l)etrieben zu bal)«n. Vervielfaltigende Kiiuste. IJeber Holzscbnitt nnd Kui)ferstecberkunst baben wir nur weniges zu l)eric]iten. DieXylograjdiic gelangtc im Gelblgc des Ijiicbdruckcs nacb I'xibmcn, das erste im beigefiigt wird, fiibrte den bobniisclien Holzscbnitt einer anerkeunensvvertben Hobe zu , indem er 1581 ein Gesangbucb der bobmiscben Biiider illustrirte. Von diesem sebr seltenen Werke besitzt die Strabover Bibliotbek ein vorzliglicb scbones Exemplar. Ob von den vielen Miniatur-Malern sicb aucb nur ein einziger mit der Holzscbneide- und Kupferstecber- kunst bescbaftigt babe, darf in Zweifel gezogen werden: die Pflege des Kupfersticbes in Bobmen fallt ganz in das Zeitalter der Renaissance. Wenzel Hollar, der erste und bedeutendste Knpferstecber Bobmens (welcber iibrigens scbon als Kind das Land verlassen musste und meist in England oder Holland lebte) wurde 1G07 in Prag geboren und von Mattbiius Merian unter- riclitet. Ein iilterer aus Bobmen stammender Kupler- stecber ist nicbt bekannt, wobl aber baben sicb von einem Meistcr Wenzeslaus aus Olmiitz, der um 1480 bliibte, einige Sticbe erbaltcn. ' Ei'lialten liabon sich von diesem Dnickwcrkc nur zwei Bliitti'r, welrhe ill (Ic'i- nil IMiiiialureii tiiul Paliinlypni solir reirlioii ]!i blintlifk des Klosters ■Straliov verwaUrt wrvden. — 179 — Kunstgewerbe. Handel imd Industrie waren dnvcli die lang wierigen Kriege und inneren TInnihen, welelie deu grussten Tbeil des XV. Jabrhuiiderts erfiillten , scdiwer gescliadigt Fig. 213. (Eger.) woi-den; besonders abev lagen jene Handwerke, welclie sicb nicbt mit Herstellung der iinumganglich notbweu- digen Leibes- und Lebens-Bediirfnisse befassten, ganz darnieder. Die verschiedeneu aus obiger Periodc ber- rlibrenden bobmi.scben Waffeu, liausliehen Einriehtungs- stiicke und musikaliseben Instvumente, welche gelegen- beitlicli der arebaologiscben Ausstellungen zur Sobau gebraebt wurden und die im Prager Museum aufgestellt sind, steheu in kunst-teebniscber Hinsicbt weit biuter den Arbeiten friiberer Zeiteu zuriick, was aucb von den Drecbsler- und Glaser-Arbeiten, den Stickereien, Kunst- geweben, Staccaturen und Topfevarbeiten gesagt wer- den darf, welche Facber zuni Tbeil erst unterRudoIpb 11. (^1570 — IGll) wieder eine erfreulicbe Hohe erreicbten. Fig. 214. (Prag.) Bedeutendes wnrde im Facbe des Zinngusses ge- leistet, dessen vorwaltend nionumentale Erzengnisse ausi'ubrlicb gescbildert worden sind. Aucb die Seblosser und Sehmiede verstanden es, ibre Werke kiinstleriscb durcbzubilden, ebenso bebauptetcn die Gold- und Silber- Arbeiter Prags ibren alten Ruf. Die letzteren batten von den Stlinuen wobl an> wenigsten gelittcn, denn viele waren woblbabend und standen mit den Grossen des Landes in nabcn Beziebungcn, wussten sicb daber in Gefabren bei Zeiten zuriickzuzieben. Docb scbeint geraume Zeit verflossen zn sein, bis wieder grossere Kircbenarbeiten: Kelcbe, Monstranzen und abnlicbe — 180 — G-efasse ausgefilbrt wurden, da erst v^on 1470 an der- gleichen nacligewiesen wevden konnen. Die Monstranze, welche ini XV. Jahrhiindert ilire ausgepragte Form erlialten liat, wurde alleiithalbeu als Hauiitaufgabe der C4oldschmiedekuust betracbtet mid gait aucb in Bobmen als erstes Meisterstiick. Eines der seltensteu, vielleicht das ansgezeicbnetste Kr.nstwerk dieser Art war die 110 Pfiind scbwere Mon- stranze der St. Barbara-Kirche in Knttenberg, welobe mit einer besondern Vorricbtung geliuben nnd^ gedrebt werden nuisste. Sie wurde in den Jabren 1496 — 1498, Fig. 215. (Prag.) als die Bergwerke sicb wieder ergiebig zeigten, gefer- tigt, bestand ans reinsteni Rilber iind batte eine Hobe von mcbr als G Fuss. Leider wanderte dieses berrlicbe Werk, eine Stiftung der Bergknappcn, gleicb vielen anderen wahrend des siebenjiibrigen Krieges in den Scb-.nclzofen, obne dass eine Abbildung aiif tins gekom- nicii wiirc. Friialtcii iiat sicb cine sebr sdiihic sill)ernc undznni Tlieii vergoldcte Monstranzc, wclcbe in der ebcmaligen Cistercienser-Stiftskircbe Sedletz bei Knttenberg auf- bewabrt wird und von der in deni Werke „Mittelalterliehe Kanstdenkniale des osterreicbiseben Kaiserstaates von Dr G. Heider undR. Eitelberger" eine getreue Abbildung enthalten ist. Dieses Kunstwerk soil bereits 1410 an die genannte Kircbe gekomuien und wabrend der Hus- sitenstiirine vermauert worden sein. Bei einer spateren Kircben-Reparatur soil man eine Zwisebenmauer abge- tragen und das Kleinod zufiiUig wieder autgefunden baben Diese Erzilbluug klingt etwas unwabrscbeinlicb, da das Kloster Sedletz am 25. April 1425 unvermutbet von ^izka libeifallen und niedergebrannt, die sammt- licben Oonventualen aber ermordet wurden. Die Mon- stranzc bat allerdings ein altertbiimlicbes Anseben, aber nicbt mebr als die um 1480 ausgefiibrten Mmiaturen, mit deren Randzeichnungen die in Silber getriebenen Laubwerke auffallend iibereinstimmen. Die Hobe des ganzen Aufbaues betragt 102 Cm. die grosste Breite 63 Cm. und das Gewicbt 18 Mark. Im Verbaltniss zu c er bedeutenden Hobe erscbeint die Form etwas mager, die Ausfubrung ist sebr gescbmackvoU und sorgfaltig. Nocb elegantere Durcbbildung zeigt erne in der St. Mcolaus-Kirebe zu Eger befindlicbe silberne Mon- stranze, eine der scbiinsten, welcbe je gefertigt wurden Sie ist 30 Mark 1 Lotb scbwer, 105 Cm. bocb und und 36 Cm. in der grossten Ausdebnung breit. Wie alle gotbiscben Monstranzen in Altarform aufgebaut und mit vielen Tbiirmcben, Baldacbinen und Laubwerken ge- scbmuekt, entbiilt die Mitte ein berzformiges Kastcben zur Aufstellung der consecrirten Hostie und daruber einen reicben durcbbroebenen Fialenbau, in welcbem nocb ein zweites Bebaltniss angebracbt ist. Ware nicht der Fuss in unpassender Weise erneuert und biedurch das Verbaltniss des Ganzen gestort worden, diirfte dieser Arbeit sowobl in Bezug auf Form wie Durcb- bildung unbedingt der Vorrang vor alien zuerkaunt werden. Die Ausfubrung deutet die Mitte des XV. Jahr- bunderts an und wir baben vielleicbt eine Stiftung des vielgenannten Alcbemisten Sigmund Wobn vor uns, auf dessen Kosten das Scbifif der Nicolaus - Kirche 1460—1470 erbaut wurde. An dem nocb alten Tbeile des Scbaftes sind nebenstebende Bucbstaben eingravu-t: cv^c, wabrscbeinlicb der Name des Verfertigers. Der erneuerte Fuss tragt die Aufsebrift: ,,,Renovirt 1709 mid das Herz neu gemacbt . wiegt XXX Mark 1 Lotb . Eger des Gottsbauses St. Nikolai." • — Die Monstranze soil in Nlirnberg gefertigt worden sein, was begTundet sein mag, da Eger von je mit dieser Stadt intime Bezieli- nugen unterbielt. In Prag bliibten in dieser Periode mehrere wegen ibrer Kircbenarbeiten berlilimte Goldscbmiede, welcbe im gotbiscben Style Auerkennenswertbes leisteten: Meister Benedict aus Prag fertigte im Jabre 1492 eine pracbtvolle,fiirdieKreuzberrn-Kircbedaselbstbestiminte silberne Monstranze, welcbe am Fusse die Aulscbntt trilo't- Hoc opus fieri fecit Venerabilis Pater Nicolaus Pncbner, Supremus ac generalisMagister Ordinis fratrum Cruciferorum cum Stella pro Domo Progensi et coni- paratum est Anno Domini M.CCCCXCH. Orate pro anima ejus. Benedictus boo fecit." Ein zweiter Gold- schmiedi welclier beinabe ausscbliesslicb iiir Kircben 1 I )iesc Monstranze wurdo von S. Mitth. d. Crntr.-Comm. N. F. I. ]5aiid. Standleuchter zeigen ein fiir allemal die gleiche miig- lichst einfache Form: aus einem Dreifuss steigt ein etwa 1 Quadratzoll im Durchmesser haltender Stanim zur Hiihe von etwa Fuss auf und tragt einen breiten mit Spitzen besetzten horizontalen Qnerbalken, welcher an beiden Seiten durch gothische aus dem Viertelkreis gezeichnete Bogen - Ornamente unterstiitzt wird. Im weitern Aufsteigen tragt der Stamm gewohnlich auf der Spitze eine tellerfiirmige Krone zur Aufnahme einer grossen Ker/.e. Die vorkommenden Weihrauchfiisschen, Hand- leuchter u. dgl. m. bieten wenig bcmerkeiiswerthes und stellen sicli meist als plumpe Nachabmungeu der im XIV. Jahrhundert gefertigten Vorbilder dar. Im Ganzen darf iiber die von utraqnistiscber Seite ausgefiihrten kunstgewerbliehen Erzeugnisse gesagt werden, dass sie — 188 — sich eben so sehr (lurch Nucliternheit als eine gewisse Derblieit kennzeichnen. Eine riiliuiliehe Ausnahme machen die Buchbinder- Arbeiten, sowohl die Eiobande selbst wie die Metall- beschlag-e der Buclier. In den Bibliotbeken zii Prag, Raudnitz and Hobenfurt, dann in Laun, Leitnieritz, Trebnitz, Ludic, Tepl werden Einbande von eben so eleganter als dauerbafter Arbeit getroffen. Auf den Lederliberziigen des Ti ebnitzer Gesangbucbes sieht man Ornanientc, Bibelspriiche und die Namen der Stifter in erbabener Prilgimg und denkbarster Schiirfe auf- gesetzt. Aebnlicb sind die Deckel der besebriebenen Bilder-Handscbriften zu Laun, Ludic und Leitnieritz Fig. 227. (Hohenfm-t.) ausgeflihrt, wo aueh kostbare Bescblage vorkommen. Durcb Stylreinheit und sorgfilltigste Ciselirung zeiclmet sicb vor alien das Lei tmeritzer Bescblage aus, dessen mittlere zwei Rosetten je 18 Cm. im Durcbmesser halten und 24 Mm. uber die Flacbe der Deckel vorragen. Wirkliche Meisterwerke sind die Eckstiicke, gleicb den Rosetten aus Messing gegossen und ciselirt. Zwiscben pracbtvollen in hocherbabener Arbeit aufgesetzten Rankenwerken sind Vogel, Eidecbsen und andereTliiere eingefligt und mit einer Scbarfe ausgefiihrt, dass man alle einzelnen Federn oder Scliuppen unterscbeiden kann. Ebenso scbihi ausgearbeitet aber scbon dem Gescbmacke der Renaissance sicb niiliernd erscbeinen die Bescblage zu Ludic, Laun und Trebnitz, alle aus Messing bestebend und merkwiirdig wegen ibrerscbonen Mittelrosetten. Im Domscbatze zu Prag befinden sicb aucb einige mit Gold- und Edelsteinen besetzte Ein- bande, wobl aus friiberer Zeit berstammend und auf neuere Blicber tibertragen, da dergleicben Ausstattungen in dieser Periode niclit iiblicli waren. Illustration: Eckbesclilage am Leitmeritzer Cantionale. Fig. 232 (im Texte S. 192). Ueber die in Sammlungen undKirchen vorhandenen kunstreicben Stickereien und textilen Arbeiten ein Urtheil abzugeben und dieselben an dieser Stelle zu besprecben, mocbte sebr gewagt erscbeinen, da die Erzeugungsorte nicht bekannt sind und wahrscbeinlich die meisten der- artigen Gegenstande aus deniAuslande bezogen wurden. Dasselbe gilt aucb in Bezug auf Schmelzwaaren, Emads, eingelegte Waffen u. dgl. Ob derartige Arbeiten in Bohmen gefordert wurden, kann bisher nicbt nacb- gewiesen werden, Kunstreiche Topferarbeiten und gepresste Terra- cotteu wurden zwar im Lande ausgefiibrt, docb scbeint der Betrieb keinen Aufscbwung genommen zu haben, da ausserst wenige Ueberreste getroffen werden. Einen scbonen um 1600 ausgeftihrten gotbiscben Ofen sab man nocb vor wenigen Jabren im Scblosse Gross-Skal; derselbe ist mehrnials abgeformt worden, bei welcber Gelegenheit das Original zu Grunde ging. Nocb alter nnd reicber ausgestattet scbeint ein im Saale des Par- dubicer Scblosses betindlicber Kacbelofen gewesen zu sein, an welcbem bibliscbe Figiiren und Darstellungen angebracbt waren. Dieser soli zur Zeit des K(3nigs Vla- dislav II. gefertigt worden sein, wurde aber zerscblagen, als man um 1775 das Scbloss umbaute. Abgeseben von einzelnen Brucbstlicken, die in Sammlungen aufbewabrt werden, sind keine ecbten mittelalterlicben Denkmale dieser Art bekannt, wobl aber werden in Scblossern und Adelssitzen uiizablige Imitationen getroffen, welcbe der gegenwartig bllibende Handel mit Antiquitaten eingescbmuggelt bat und die nur allzu oft zu Irrungen Aulass gegeben babeu. Die diesem Zeitabscbnitte entstammenden baus- licben Einricbtungsstiicke: Tiscbe, Stiible, Scbranke u. s. w. zeigen meist plunipe Formen, wie man unter andern aus den in der Laiidtagsstube zu Prag befind- licben Mobeln entnebmen kann. Etwas feiner ausgefiibrt sind die Musik-Instrumente, docb geboren die vorzlig- licberen Arbeiten der Zeit des Kaisers Rudolf II. an. — 189 — Die Meister des XV. und XVI. Jahrhunderts. Ueber Kiinstler und Kunstleben dieser Periode, besonders der Jahre 1420 bis 1470, sind uns ausserst dlirftig-eNachricbteii zngekommen ; man kann sagen, dass sogar die Zeit Podiebrad's in volliges Dunk el gehiillt ist. Die Baiihiitte am Prager Dome bestand zvvar noch, aucb werden im Jahre 1454 ein Doui-Baunieister Nameus Petrlik und 1455 der Domherr Martin von Lomnic als Baudirector genannt, doch scheinen diese Manner nur die Titel geflibrt zu baben, obne dass am Werke etwas ausgetubrt wurde. ^ Erst um 1470 treten uns die Nameu einiger Steinmetzen entgegen, von deren Thatigkeit wir bestimmte Kunde liaben. Von den Bildbauern der nach-husitischen Zeit wissen wir beinabe gar nicbts, dagegen linden wir von 1435 an eine Reihe von Illu- minatoren verzeicbnet, deren Arbeiten sich erbalten baben. Wir beginnen unsere Uebersicht mit den Meistern der Arcbitektur. Erhard und Peter Bauer in Eger. Nach den Arcbiven der Stadt Eger scbloss der dortige Magistral im Jahre 1472 mit „Maister Erhard demStaynmetz von Aistel" einen Contract, nach welcbem derselbe flir drei Jahre als Baumeister der Kirche St. Nicolaus aufgenommen wurde. Es wurde ihm ein Taglobn von 4 Groscben Stadtwiihrung und eine Ebrnng von 15 Gulden fur jedes der drei Jabre zugesicbert, aucb durfte er auf Kosten der Stadt einen Lehrjungen balten. ^ Wahrscbeinlich durfte dieser Contract nur die Erneue- rung eines schon bestehenden alteren gewesen sein, denn Meister Erhard erfreute sich um diese Zeit schon eines grossen Ansehens, wie aus einem Schreibeii des Konigs Vladislav hervorgebt, welches derselbe am Sonn- tag Judica 1476 dem Eger Rathe zukommen liess. Der Konig sagt, dass die Egerer „einen Steynmetzen bei sich batten", dessen Namen er nicht wisse, welchen aber der edle Jan Lobkovic von Hassenstein verkiinden werde. Diesen Mann solle der Rath ihm (dem Konige) obne Vevzieben scbicken, well er ihn zu seiner Notbdurft gebrauchen wolle. „Wenn ihr ihn wieder baben woUt", scbliesst das konigliche Scbreiben, „wollen wir ihn euch wieder zustehen lassen.^ — Diesen Brief iibermittelte Johann von Lobkovic an den Rath mit dem Beifiigen, dass er nicht zweifle, die Egerer werden sogleicb dem gegebenen Auftrage willfabren. In Eger jedoch war man anderen Sinnes ' Tomek, V. V. Der Aufbau der Trager St. Veitskirche. AbhaTidlung im Prager Dombaukalender, 1862. Auch T o m e k theilt die Ansicht, d:iS5 Petrlik und Lomnic nur die Elirentitel Dombaumeister und Baudirector fiilirten. i 1' rb an stadt, N. Handscliriftliclie Aufzeiclinungen. Feruer dessen Ge- soliichte von Komotau, II. 138 ff. und fertigte eine Deputation an den Konig ab mit der Entscbuldigung, dass wegen eigener Notbdurft und des Baues halber der Meister nicht entlassen werden konne, auch wurde Lobkovic gebeten den Rath bei seiner koniglichen Gnaden zu entschuldigen. ^ In der That wurde der Meister festgehalten und der Contract noch mebrmals erneuert. Aus diesen Verhandhmgen erhellt Fig-. 228. (Hohenmaiith.) zur Geuitge, wie sehr es danials an gescbickten Hand- werkern gebracb, indem der Konig nicht einmal fiir seine eigenen Bedlirfnisse einen Werkfiihrer auftreiben konnte. Erhard scheint sich bald nachher in Eger ansassig gemacht und von bier aus eine ausgebreitete Thatig- keit liber den ganzen Gau und das Voigtland entwickelt zu baben. Er wird im Jabre 1481 Egerer Stadtmeister * Archiv der Stadt Eger. A) Steinmetz-IVIeister. — 190 — genannt und von der Stadt Selb berafeii, uni das dortige Gotzliaus aiifziibauen, wofitr er neben dem gewobn- lichen Geding 20 Gulden und spiiter nocb niehr evbalten solle, dandt „das Gcbiiu fiirderlicber sollt voll- bracbt werden". Man mag wobl von Seite der Stadt den auswartigen Beschaftigungen und der damit ver- bundenen Abwescnbeit des Meisters allerlei Hinder- nisse in den Weg gelegt haben, well Ritter Hans von Redwitz, der Hauptuiann auf deni Oebirge, den Egerer Ratb ersuchte, Erbarden zu verhaltcn, dass er einmal Ernst macbe. Im Jabre 1483 tiibrte der Meister den steinernen Robvkasten auf dem Markte (den besprocbenen niit eineni Rolauds-Bilde verselienen Marktbrunnen zu zu Eger) aus, wofiir er besonders entlobnt wurde. Fig. 229. (Hoheninauth.) Fiir den Grafen Heinricb von Plauen erbaute Erbard eine Kircbe unter der Engelsburg (in Engelbaus bci Karlsbard), eine zweite in Solmes, dann fertigte er ein Sacraments-Hauscben fiir die St. Wenzels-Kircbe in Elbogen, womii es aber nicbt vorvparts geben wollte, wess- halb der Egerer Ratb im Jabre 1487 angegangen wurde, dem Meister Zeit zu gijimeu, damit er das angefangene Werk vollende. Dass nnser Meister nicht siiumig war und seinen Pflicbten treu oblag, erseben wir aus eiuem Scbreiben, welcbes der Rath von Leipzig im Jabre 1489 an den zu Eger ricbtete. Die Lcipziger erzalilen, dass sie bei ibremGottesbausezu St.Tbonias einen merldicben Bau vorgenommen baben, wozu sie cines redliclien und aufricbtigcn Werkmanns bediirftig waren. Nun sei ibnen bericlitet worden, dass der Egerer Burger uudVerwandter Erhart Bawer bei ilinen an Kircben und sunsten merklich Baue vorgebabt und vielleicbt aucli vollbraclit haben soil. Man woUe ibnen daber bekannt geben, ob sie wirklicli mit ibm zufrieden waren und ob sie ihre Gunst dazu geben miicbten, wenn sie diesen Erhart Bawer zu ihreni B;iu nebmen wiirden. Bald darauf meldet der Leipziger Rath, dass er sicb mit Erbard beziiglicli der Kircbe St. Thomas und noch einigerStadtgebaude wegen des Gedinges gceinigt iiabe und man daber den Meister anweisen mocbte, dass er der Abrede gemiiss ungesaumt nach Leipzig kommen und den Bau ul)ernclimcn mijcbte; sic (die Leipziger) konnten auf Bauer's Einwendung, dass er dermal nicbt zu kommen im Stande sei, unmoglicb achten: der Rath von Eger sollc iim daber zieben lassen. .\ut dieses Scbreiben antworteteu die von Eger, dass Bauer nur insofern einen Vert rag eingeben konnte, als man ibn in ibrer Stadt nicht l)ediirfe. „Nun haben wir etliche Jabre her viel Gebaude an unserer Stadt und Anderen gcbabt, dass wir ihn noch nicht entbebren konnen."— Der Meister erhielt mithin keinen Urlaub und aus seinem Leipziger Projecte, an welchem ibni gewiss viel gelegen war, wurde nichts. Die Eifersucht des Egerer Ratbes, den Meister lucbt ausserbalb der Stadt arbeiten lassen zu woUen, ging so weit, dass von mebreren Stadten Mahnungen und sogar Drobungen in Eger eintrafen, Inhalts, man moge dem Erbard Bauer doch vergonnen, dass er seinen eingegangenen Verpflicbtungen nachkommen diirfe. Trotz dieser allgenieinen Anerkennung und grosser Thatigkeit scheint der Meister urn 1493 arm im Bruder- hause zu Wunsiedl verstorben zu sein, worliber der dortige Magistrat Bericht erstattet. Ein Sohn des Erbard war Peter Bauer, welcher 1495 an den Rath zu Eger dieBitte stellte, dass man ihn zumBaumeister annebmen moge. Er sagt wortlich in einem undatirlen Scbreiben: ,,Da mein Vater bei dreisig Jabre euer Steynmetze gewest ist, und ich erfahre, dass Ihr viel hattet zu bauen, so bitte ich, da ich schon friiher Euer Steynmetze gewest bin, mir den Dienst zu gunen vor einem Andern, als ich Euch darinne wohl versorgen will." Peter scheint auch das Amt eines Stadtbaumeisters erhalten zu haben, doch ergaben sich bald dieselben Anstande, wie mit seinem Vater. Als er sicb etwas spater nach dem nahen Ronsberg begab, um daselbst einen Bau zu vollenden, wurde ihm und seiner Familie die Ruckkehr nach Eger verboten. Es sind iiber diesen Vorgang zwei von Herrn Dobrohost von Ronsperg an den Magistrat zu Eger gerichtete Scbreiben vorhanden: im ersten wird gebeten, man moge dem Peter erlauben, dass er seine angefangenen Arbeiten vollenden diirfe. Fig. 230. (Hohenmautli.) im zweiten iiussert sicb der raachtige Herr Dobrohost in ziemlich scharfen Ausdrlicken: „Meister Peter Puar Mawrer, mein versprochener und gelibter Diner bericlitet mir, dass ihr seinem Weib und Kindern alien die Stadt verl;othen habt, so bitte ich euch, diesen Beschluss zuriickzunebmen, so lang, bis er nur die Zeit ausarbeitet und vollbringt, was er mir versprochen bat.''— Im Jabre 1500 stellte der Ritter Jorg von Scbanmburg dem Peter Baur die I'.estatigung aus, dass derselbe (Peter) ibm ein Wappcn in Stein ausgebauen babe, und er damit — 191 — zufrieden sei. Dieses Zengniss wnrde deni Egerer Eathe wegen irgend einer gericlitlichen Verliandlniig' vor- gelegt; zuriickgekehrt aber sclieiiit Meister Peter nicht zu sein, da er sein Anwesen zu Eger seinem Schwager Koller libergab, uni die Glaubigev zu bezahlen. Erhard soil ein Regensburger gewesen sein nnd war bereits, ehe er sicli in Eger niederliess, in Amberg, Nenburg (vor dem Wald?) iind anderen Stadten der Oberpf'alz beschaftigt, wie er selbst an den Egerer Ratli berichtet. Sein Hauptwerk ist das Scliiff der Nieolaus- Kirche zu Eger: zugeschrieben diirfen ihm werden die Ratlihaus-CapelleunddieBartholonieus-Capelledaselbst, die Franciscaner-Kirche in Kaaden, ferner Sfhloss See- berg und die Restauration der Erzdechantei-Kirehe in Pilsen. Von Meister Peter dem Solin diirl'te vvobl die in spaterer Zeit ganzlich entstellte Kirelie zu Ronsberg, vielleicht auch die in Cecovic herriibren. Meister Kunz, Steinmetz in Graupen. Am 11. September 1479 bracb zu Graupen in der Nalie des Klosters Feuer aus, welches sich rasch iiber die Hauptstiasse ausbreitete und nebst der Schule auch diePfarrkirche niitdem erst klirzlich vollendeten Glocken- thurm in Asche legte. Nach einem an Herrn Thinio von Kolditz, damaligen Besitzer der Herrschaft Graupen er- statteten Bericlite wiire die Kirche bis in den Grund zer- stort wordeU; was dabin gestellt sein mag, da an dem Gebaude einige altere, iiber den Brand zuriickgreifende Jahrzahlcn vorkommen. Jedenfalls aber riihrt die Masse des Kircben-Gebaudes aus den nachsten fiinf Jahren nach dem Brande her, da bis zum Sommer 1484 der Ban so weit vorgeriickt war, dass darin Messe gelesen werden konnte. Die ganzliche Vollendung erfolgte erst gegen 1490. Meister Kunz, wahrscheinlich ein Sachse, leitete den Bau zur vollen Zufriedenheit des Rathes, da man am 16. August 1484 mit ihm einen neuen Vertrag iiber die noch nothigen Herstellungen abschloss und unter Anerkenniing der gehabten Miihe dem Meister cine Entschadigung von 10 rlieinischen Gulden und einen Zentner Zinn jjihrlich anssetzte. Die Formen- gebung des Kunz ist schlicht, ganz dem rauhen Boden angepasst, auf welchem das Denkmal stelit; dass er auch mit den Feinheiten des Styls vertraut war, beweist die zierliche Capelle, welche in schiefer Richtnng aus dem Chore vortritt. Die beiden Glocken wurden 1490 und 1493 von Meister Lorenz aus Baudissin gegossen und ihm fiir jeden Zentner ein ungarischer Gulden ver- giitet. Demnach scheint es, als seien alle bei dem Bau beschaftigten Handwerker durch den in Sachsen und der Lausitz begiiterten Herrn Kolditz berufen worden. Andere Bauwerke des Kunz sind in Bohnien nicht bekannt; jenseits des Erzgebirges aber, in der Linie von Pirna bis Plauen werden mehrere Kirchen getroffen, welche mit der zu Graupen Aehnlichkeit haben. Hanus von Kuttenberg. Als einen aus der alten Schule heriiberstammenden Meister haben wir den Hanus oder Jan anzuerkennen, welcher um 1480 nach etwa sechszigjahriger Unter- brechung den Bau der St. Barbara-Kirche wieder in Gangbrachte. Wenn seine an diesemWerke ausgefiihrten Arbeiten sich nur auf Einwolbung der Seitenschitife und Ausbesserung der Wetterschfiden beschranken soUten, hat er sich schon dadurchbleibende Verdienste erworben, ahgesehen davon, dass ihm auch andere Denkmale, darunter das Steinerne Haus, zugeschrieben werden diirfen. Auch die Dreifaltigkeits-Kirchc bei Kuttenberg mit ihrem schonen Sacraments- Hauschen, die Treppe im Rutthard'schen Hausc nnd noch manche der zwischen 1460 bis 1490 ausgefiihrten Bauten, von dcnen sich Reste erhalten haben, mogen von diesem Hanus her- gestellt worden sein. Naliere Nachrichten iiber diesen bedeutenden Meister fehlen; er scheint im Anfange des Jahres 1489 als alter Mann gestorben zu sein, da man im Herbst darauf zur Wahl eines neuen Werkfiihrers schritt. Meister Wenzel aus Prag. Die auf uns gekommenen Nachrichten iiber diesen tiichtigen Steinmetz schreiben sich grosstentheils aus einem Streite her, welcher durch den Baccalaureus Raysek hervorgerufen worden war. Im Jahre 1475 am Montag nach Palmarum wurde am Graben zu Pragnachst Fig. 231. (Friedlaud.) dem I^onigshofe der Bau eines neues Thorthurnies (Pulverthurm) begonnen, zu welchem Ivonig Vladislav selbst den ersten Stein legte. Baumeister war Wenzel aus Prag, welcher in obigem Jahre den Thurm bis iiber das Thor-Gewolbe auffiihrte. Als im nachsten Jahre verschiedeneBildhauer-Arbeiten hergestellt werden soli- ten, scheint Wenzel den von Seite des Rathes an ihn gestellten Anforderungen nicht entsprochen zu haben, entweder vorgeriickten Alters wegen oder well er als Bildhauer keine geniigenden Kenntnisse hatte. Nun beschieden die Prager Rathsherren den Magister der Teyn-Schule zu sich, von welchem sie gehort batten, dass er Bildwerke in Stein auszufiihren verstehe und befragten ihn, ob er das Schmuckwerk am Thurm e fertigen wolle. Raysek erklarte sich bereit in Gemein- schaft mit Meister Wenzel zu arbeiten und machte sich sogleich an das Werk gegen einen Wochenlohn von 14 Prager Groschen. Drei Jahre hindurch arbeiteten Wenzel und Raysek miteinander, als letzterer dem 26 — 192 — Eathe erklarte, dass er, falls ihm die ausschliessliche Banleitnng iibertragen wiirde, sicli getraue die Arbeiten viel besser, als es bisher geschelien, herzustellen. Zu gleiclier Zeit legte Raysek einige von ibm au.sgearbei- tete Modelle vor, welche gefielen; Wenzel wurde ver- absohiedet und sein Rivale baute fortan allein den Tlmrm aus. Trotz dieses Sieges, welchen Raysek einer der hevorziigten Kiinstler gewesen sein. Naheres iiber sein Wiiken ist nicht bekannt. Mathias von Prostiejov, genaimt Raysek. Dieser oft genannte Kiinstler, das bedeutendste Talent der national bohmischen Schule, soli in dem Fig-. 232. (Leitmeritz.) damals errang, wird heute doch jeder Sachkundige an- erkennen, dass die von Wenzel ausgefiihrte untere Partie des Thurnies, sowohl in constrnctiver wie kiinst- lerischer Hinsicht viel besser durchgefiihrt sei, als der liaysek'sche Oberbau. Meister Wenzel crfreute sich ohne Zweifel eines angesebenen Namcns, als ihm der Thurmban (ein Hul- digungsgeschenk, welches die Stadt Prag deni Konigc darbracbte) iibertragen wurde; er verstand tehr rein auszufiihrcn niul diirfte wohl unter Konig Podiebrad kleinem Dorfe Prostiejov, im friiheren Chrudimer Kreise, geboren worden sein, wahrscheinlich zwischen 1440 bis 1450. Er widmete sich dem Lehrfache, erlangte den Grad eines Baccahmreus der freien Kiinste und erhielt wegen seiner Fertigkeit im Zeichnen den Beinamen Reisek (vom alten Worte Reissen, welches sich noch in den Wcirtern: Aufriss, Grundriss, Reissbrett u. s. w. erhnlten hat). Benes von llofovic sagt von ihm, dass er ein ziemlich gelehrter Schulmagister an der Teyn- Schule gewesen sei nnd, ohne je Unterricht cmpfangen — 193 — zuhaben, allerleiFiguren in Stein habe aushauenkonnen. Einige glaiiben, dass er sicb zum Rector der Teyn- Schule emporgearbeitet habe , worliber jedoch eine zuvevlassige Nachriclit niclit vorhanden ist; schwerlich wUrde er in einer liolieren Stellung imd in vorgeriicktem Alter zu dem Entsoblusse gekommen sein, das Lehrfach anfzugeben iini in iintergeordneterStellnng neben einem zunttmassigen Meister zu arbeiten. Verhalte sicb diese Angelegenheit wie immer, Reisek, oder wie er sicb selbst nennt Raysek, nahm von der Sehubneisterei Abschied und widmete sicli der Kunst. Dass ibm, obne den Satzungen desZunftvvesens geniigt zu haben, vomPrager Rathe Arbeiten aufgetragen wurden, mochte er mehr seinem utraquistischen Eifer als den Kunstkenntnissen verdanken, denn diese waren noch sehr unentwickelt, als er 1476 den Wettstreit mit dero Meister Wenzel begann. Wir sehen an deni von Raysek ausgefuhrten aber nicht vollendeten Theile des Thurines (heute Pulverthurm genannt) iiberfieisselte fast zoptige Orna- mente, welche an plumpen Rahmen angeklebt sind, dann ninssige Gesimse und angstlich zarte Gliederwerke. iJieselben Mangel zeigt auch das tabernakelformige Grabmal tiir den Bischof Augustin von Sanctuarien. welches Raysek 1493 ausgefiilirt haben soil, das jedoch den Jngendarbeiten des Meisters beizuziihlen ist und trotz der Behauptung des HistorikersLupacius urspriing- lich nicht die Bestininiung eines Grabmales hatte. ^ Als Raysek nacb Uebervvindung unzahliger Scliwie- rigkeiten mit Leitung des Kirchenbaues zu Kuttenberg bcauftragt wurde, begann er griindliche Studien des Prager Domes und der sonstigen ihm zuganglichen Bau- denkmale zu machen und legte zugleich seine frlihere dilettantenhafte Manier ab. Abbildungen von englischen Bandenkinalen sind ihm zu Gesicht gekommen und haben wesentlich beigetragen seine kunstlerische Richtung zu bestimnien ; dass er grossereReisen gemacht und England gesehen habe, erhellt ausseinen Arbeiten nicht. Vielmehr erscheinen die fremdartigen Anklange durchaus phan- tastisch, vs^ie nach anregenden Beschreibungen ein- geflochteu word en zu sein. Die etwas zu stark betonten Horizontal-Gesimse, das Durchsetzen derverticalenStabe an den Chorfenstern mit horizontalen Maasswerken und eine eigenthiimliche Behandlung des Flamboyant-Styles erinnern, aber nur fllichtig, an englische Vorbilder, die detailivte Forniengebung aber gehiirt ganz und gar dem Raysek an. Er muss ausserordentlich fleissig gew^esen sein undrasch gearbeitet haben, dennes istunbegreiflich, wie er Zeit gewinnen konnte, die vielen Kanzeln, Sanc- tuarien, Statuen und sonstigen Sculpturen auszufiihren, wahrend die Bauten zu Kuttenberg und Koniggratz seine Thatigkeit vollauf in Anspruch nahmen. Dabei hat er alle kunstreichen Arbeiten eigenliandig, wenigstens in der Haiiptsache, ausgearbeitet, denn die Gabe der Mit- theilung war ihm, wie den Autodidakten iiberhaupt, ' T.upacius erzahlt in den Ephemeriden : A. I>. 1493 in die 7. JVJartii : Pragae in donio Smerhovia, jjlacide ex hac vita emigravit Aiigustinus Lucianus, primum Sanctuariensis, deinceps et Pi-agensis Ecclesiae integram co'nani Domini .sumentis, episcopus. Honorifico funere elatus , magnaque hominum frequentia, sepnltus in Mariano, ante lactam curiam apellant, lUajoris urbis Pragensis pri- niaiio tfmplo. Ejus luniulum Amplissimus Pragensis Reipublicae Senatus sepulchri lapide, queni de elegante ingenii sui, et artis opere j\Iatheus Rayselt etc. sculpenilo fabrefecit. — Uass dieser T:ibernakel erst nach dem Tode des Bischofs Augustin gefertigt worden sein soli, ist unwahrscheinlich : im Jahre 1490 hatte Kaysek bereils die Bauleitung in Kuttenberg iibcrnonimen, stand inmitten der sc hwierigsten Arbeiten und hatte gewiss nicht Zeir, von dem Bau ahzukommen. JJas fragliche Monument mag er friiher fiir einen andern Zweck voUendet haben, die Arbeit war ferlig und wurde geeignet befunden, das bischof'liche Grab auszuzeichnen. Auch ist die Manier, welche Raysek bei seinen nach 1490 ausgefiilirten Arheiten einhielt, von seinen .Tugendarbeiten auffallend verschieden. schwerlich eigen, da er einen nambaften Schiiler nicht heranbildete. Nach Balbin starb der Meister im Jahre 1505, welche Angabe um so glaubwiirdiger erscheint, als nach den Aufzeichnungen des Dacicky die Bauarbeiten an der St. Barbara-Kirche 1506 fiir einige Zeit eingestellt wurden und man bald nachher den Benes von Laun zum Baumeister und Nachfolger Raysek's wahlte. Nehmen wir an, Raysek sei 25 Jahre alt gewesen, als er die Schulstelle niederlegte und die Bauarbeiten am Pulver- thurme iibernahm, wiirde er nur ein Alter von 54 bis .55 Jahren erreicht haben. Sein Styl hat immer einen etwas genreartigen Ausdruck beibehalten, er wiirde sich ohne Zweifel im Fache der Profan-Architektur mit grcisseremGliicke bewegt haben, wenn ihm hinreichende Gelegenheit geboten worden ware. Ungeacbtet aller Willkiirlichkeiten und construc- tiven Mangel bleibtder Chor-Bau der St. Barbara-Kirche eines der erhabensten Monumente, welche im Laufe des XV. Jahrhunderts nicht allein im Umfange der oster- reichischen Monarchic , sondern ganz Europas aus- gefiihrt wurden. Ist auch vieles auf Rechnung der ur- spriinglichen durch Peter und Johann Parler bewerk- stelligten Anlage zu setzen, diirfen doch die Verdienste Raysek's nicht zu gering angeschlagen werden ; wie einst Meister Peter dem Prager Dome, so verlieh Meister Mathias der Kuttenberger Kirche ihren eigentlichen Charakter. Benedict von Laun. Meister Benedict, gewohnlich Benes von Laun genannt, wurde in dieser Stadt im Jahre 1451 geboreu. Seine Jugend- und Bildungsgeschichte liegt iniDunkeln; er scheint fiir damalige Zeit eine gute Erziehung erhalten und mehrere Jahre auf Reisen zugebracht zu haben. Dass er England durch eigene Anschauung keunen gelernt und in mehreren Stadten Deutschlands gearbeitet habe, geht aus seinen Baufiihruugen in nnzweifelhafler Weise hervor, auch gibt sich in alien seinen Bestrebungen neben vielen Anklangen an die Renaissance zugleich eine gewisseHinneigung an die Fornien des Ziegelbaues kund. Wo er seine Lehrjahre durchgemacht hat und freigesprochen wurde, ist nicht bekannt ; wir treffen ihn zuerst im Osten des Landes um 1480, beschaftigt im Auftrage des Herrn Vaclav Krasa z Vlkanova, die wahrend der Husitenki-iege niedergebrannte Maria- Himmelfahrts-Kirehe in Kuttenberg wieder aiifzubaueu. Gleichzeitig, vielleicht schon etwas friiher, scheint er die Restauration der Dechantei-Kirche in Hohenmauth, deren Inneres durch ein zufalliges Schadenfeuer zerstort worden war, geleitet zu haben. Ob er durch diese meisterhaft ausgefuhrten Arbeiten oder einen giinstigen Zufall mit dem Konige bekannt wurde, lasst sich nicht ermitteln; gewiss ist nur, dass Vladislav im Jahre 1476 einen geschickten Baumeister fiir seine Zwecke suchte und den Peter Bauer zu sich ziehen wollte, folgiich den Benes noch nicht kannte. Als aber 1482 die Residenzbauten auf dem Hi'adschin begoimen wurden, ernannte Vladislav den Benes zu seinem Baumeister. Als solcher scheint er den Wiinschen seines hohen Gonners in so hohem Grade entsprochen zu haben, dass er auch mit dem Bau des koniglichen Schlosses Biirglitz 26 * — 194 beauftragt wurde iind das Amt des Dombaumeisters erhielt. Den Resideiizbaii vollendete Benes bis zuni Jalire 1502, wie Balbin in seinen Miscellaneen ausfiihrlich bericiitet. ^ Dann war, nach angebrachten Jahrzalilen, der Meistev bis etwa 1508 in Blirglitz beschaftigt, in den Jabi-en 1510—1512 finden wir ihn zn Kuttenberg, wo er fiir die VoUeudung der St. Barbara-Kirche einen neuen Plan entwarf. Urn diese Zeit lieferten die Berg- werke von Jabr zu Jahr geringere Ausbeute, die Mittel zuni Kirchenl)au fingen an zu versiegen und man niusste darandenkeu, die iibergross begonneneKirche moglichst zu vereinfacben und der Vollendnug zuzufiibren. Es nuisste ein kiibner Entscliluss gefasst werden und dazu war Benes der recbte Mann. Er verliess die von Raysek eingebaltene reicbe Detailbildung und wandelte zugleich das lunfscbiffige basilikaforniig angelegte Gebiiude m eine Hallenkircbe niit drei gleicb hohen Scliiffen urn. Durcb diese Anordnung entstanden oberbalb der beiden inneren Seitenscbiffe grosse Eraporen, welcbe den Ein- druck eines evangelisclien Betsaales liervorrufen. Man kann niclit sagen, dass das Innere (lurch diese Umwandlung gewonnen babe, auch machen die aus verscblungenen Kreislinien construirten Gewolbe (genau dieselben, welcbe Benes ini Vladislav'schen Saale an- gewandt bat) in dieser Kircbe keine gunstige Wirkung. Der Meister scbeint siob jedocli nur zeitweilig m kutten- berg aufgelialten und die Ausliibrung einem Vorarbeiter libertragen zu baben, denn bis zuni Tode des Konigs Vladislav (1516) war er grosstentbeils in dessen Auf- tragen beschaftigt, auch dlirfte er danials 1512 bis 1515 das Schiff der Dechantei-Kirche zu Aussig ber- gestellt baben. Bald darauf zog sich Benes in seme Vaterstadt Laun zuriick, ohne jedoch seine Thatigkeit aufzugeben. ImGegeusatze entwickelte er erst in seincm Greisenalter die ganze Fiille seines Talentes, wie der 1520 begonnene und 1528 vollendete Bau der St. Nicobnis Kircbe inLaun beweist. Gleicbzeitig mitdieseni Baufiilirte er die 1515abgebrannte Maria Hinimelfahvts- kirche zu Brux von Grund aus nach einem neuen Plane aus, leitete zahlreiche offentliche und Privat-Bauten, darunter zwei Thortbiirme in Laun, und ubte einen un- erniesslichen Einfluss auf alle damals im nordlichen Bobmen ausgefiihrten Werke. Benes starb am 29. Sep- tember 1537 zn Laun und wurde in der von ilini erbau- ten Nicolaus -Kircbe niit grosser Feierlichkeit begraben, wie die Sage bericbtet als der Erste, welcber daselbst seine Rubestatte fand. In seinen kiinstleriscben Bestrebungen bildet dieser Meister den vollendetsten Gegensatz zu seinem Rivalen Raysek; wie jener das phantastisch kiinstleriscbe Ele- ment ausschliesslich cultivirt und bis an sein Ende mehr Ornamentist als Bauineister bleibt, so zeigt Irenes einevorwaltendtechniscbeBegabung. EristConstrncteur und niebr Verstandesmensch als Klinstler, daher seme letzten Werke geschmackvoller und stylgerechter ent- worleu sind, als seine friiheren. Wo er in das Each der Sculpliir hinlibergreift, wie in den Kanzeln zu Laun und ' liohuslav Halbi.i, welclier die von Bones ansgefiihrton Bauten aul' dPm Jlradschin .,och vollstUndig gesehen liat, bericiitet darnber in .en.(.n M,„cellaneen. J.ib. JIT. S. 127-128 «ehr ausfdhrlich : Anno 1.502, 20. ^^P^^^'^'^^ liencdiotUK arclutectus Bohcmus civis Launensis liujus palalu aedilirationein absolvit. Laudant cfc eommendant opus, quic.unqiie egenint de J raga, nohtii exteritiqufi Sniptores, ef,. (iei-ardus Mer..xtor, qui Kuropam nriiversain descn- nmt negat in tota Kuropa Tni-ticum testudinalani, longioiein, latiorein, altioiem, nnlli.". colinmiiii un.Hli-ntatarn (quod diligenfer obsftrvandiiin OKt) rfpcrin olc. Aussig, verfallt er in die niichternste Formengebung. Dass die an dem ibm zugescliriebenen Vladislav'schen Oratorium angebrachten Hildhauereien nicht von Benes selbst hergestellt wurden, ist angedeutet worden. Am Absehlusse der gotbischen Periode stehend und Zeitgenosse des Leonardo da Vinci, Diirer, Michel Angelo und Raphael war Benes mit den Werken der Renais- sance bekaunt geworden und hatte sich inanche Einzel- heiten angeeignet, ohne jedoch ein Verstandniss des Styls zu gewinnen. Man siebt in seinen Bauten jonische und korinthische Capitiile auf kanelirten Silulen, tos- canischeGesimse, Maander-Ornamente u. dgl.; unmittel- bar daneben gothiscbe Pyramiden und Gliederwerke von solcher Reinheit, als hatte sie ein Erwin von Stein- bach Oder Gerhard vonKoln cntworfen. Was er anstrebte war offenbar die Erzielung eines Kirchenbau- Styles, welcher den veranderten religiosen Anschauungen ent- sprechen sollte; eine Verschmelzung der verschiedenen Elemente zu einem Ganzen ist iinn trotz seiner ausser- ordentlichen Kenntnisse und seines langen Lebens nicht gelungen. Die Heister von Krumau. In Kruinau bliUite von aiinahernd 1380 bis gegen 1500 eine Steinmetzfaniilie , welcbe wir in drei Gene- rationen, namlich ; Staniek (Stanislaus), Johann und Kfiz (Christian), kennen und die man mit deni gemem- schaftlichen Namen Staniek zu bezeichnen pflegt. Die erste urkundliche Nachricht iiber diese Meister rlilirt aus dem Jahre 1407 her, als Johann, der Sohn des Steinmetz-Meisters Staniek, mit dem Pfarrer in Krumau einen Vertrag abschloss, nach welchera er die dortige Kircbe nach dem Muster der Aegidien-Kirche zu Miihl- bausen einwolben solie. In dem Contracte istausdriicklieh gesagt, dass die Gewolbe desMittelschiffes aus gehauc- nen Steinen, die der Seiten aber aus Ziegeln ausgeliihrt werden mlissten. Dafiir wurden dem Meister Johann 310 Schock Prager Groschen und 3 Schock Daraiigeld zugesichert. Auf Johann folgte Kfiz nebst mehrereu Sohnen, welche alle das Steinmetzhandwerk betrieben und ausschliesslich auf den Besit/.ungen der Herren von Rosenberg thittig waren. Die Geschichte dieser Kiinstler, deren Tliiitigkeit in Hobenfurt, Kaplitz, Gojau, Krumau, Wittingau undRosenberg nacbgewiesen werden kann, ist zur Zeit wenig anfgehellt, doch ist zu horten dass die Durchforschung der Wittingauer Archive noch manches Licht bringen werde. Soweit wir die von der Familie Staniek oder Stanko ausgefiihrten Bauwerke iibersehen konnen, spriclit sich in denselben ein Festhalten an alterthiimlichen Formen und zugleich eine Annaherung an die oberosterreichi- schen Denkmale aus, insbesonders an die Kirchen von Eferding und Enns. Dazu kommt, dass diese Meister m einem granitischen Terrain wirkten und eigentlich kern anderes Material verarbeiteten, als den grobkbrnigen Granit, welcher heute noch in diesen Gegenden aus- schliesslich bei Hochbauten beniitzt wird. Schon dieser Umstand erklart mancbe Eigentlnimlichkeiten der sud- biibmischen Architektnr, abgesehen von dem Bestrcben der Herren von Rosenberg, auch im Gebiete der Kunst cine gewisse Selbstandigkeit zu wahren. Reich begulert in Oesterreich und Stcicrmark scheinen diese Herren 195 — niclit selten vor\ daher Kiinstler an ihren Hof berufen zu liaben. Andere Banmeister , welelie eiiie aiisgebreitete Thiitigkeit entwickelten, sind nieht bekannt; dieScbliler imd Werkflibrer desBenes wurden derGothik abtrunnig- und wandten sich der Renaissance zn, sonst treten nur Meister auf, deren Namen bochstens niit einem einzigen Denknial in Verbindung gebvacbt werden kann. In Bobmisch-Brod hat sich ein Magister Callus durch eine Inschrift verewigt, dass er zwiscben 1451— 1487 die dortigen Stadtmaoeni (saninit Thoren) aiisgefiibi-t babe; das Scbloss Tiicboraz unweit Bobmiscb-Brod wuvde 1474 von einem Meister Kvieton erbaut, ein Steimnetz Georg Vsetecka wirkte in Saaz nnd ein Wenzel Vsetecka (wobl dessen Bruder) in Parduhic urn die Mitte des XVI. Jahvliunderts. Ungleicb bedentender als die obgenannten ist der Steinmetz-Meister Nicolaus von Edlspitz bei Znaim, der Erbaner des Znaimer Rath- bauses, 1448, weloher wabrscbeinlich im Auftrage der Herren von Pernstein das Griine Thor in Pardnbic und einen Tract des dortigen Scblosses ausfiihrte. Sein Zeicben , zwei iibereinandergelegte 8teiunietzwinkel, findet sich im Scblosse; die von ibni in Znaim und der Umgegend ausgefiibrten Bauten gehoren zu den vor- zuglichsten Werken damaliger Zeit. B) Bildhauer. Die Geschicbte nenut uns einen einzigen Bildhauer, welchem mit voUer Bestimmtbeit eines der bestebenden Werke zugeschrieben werden darf. Dem gelebrten Geschichtforscher Adam Daniel Weleslawin (gestorben 1599), der neben vielen anderen Schriften einen histo- rischen Kalender und eine IJebersetzung der bobmischen Geschicbte des Aeneas Sylvius herausgab, verdanken wir einige Nacbrichten ilber das Leben des Statuarius Jacob aus Kuttenberg. Weleslawin, von miitterlicher Seite ein Enkel des Statuarius und zugleich ein Ver- ehrer desselben, berichtet, dass der Kiinstler nach Vollendung seiner Arbeiten in Kuttenberg sich im Jabrc 1540 nach Prag begeben und daselbst in einem ilim zugeb(3rigen Hause gewohnt babe. Aus dieser Nach- richt ergibt sich, dass der Meister bereits in vorgeriick- ten Jahren stand, als er nach Prag itbersiedelte und dass er sich einer ziemlichen Wohlhabenheit erlreute. Der Grand seiner Uebersiedlung dilrfte schwerlich ein anderer gewesen sein, als dass er den Prager Ratb- haussaal mit Sculpturen ausstatten soUte. In der Tbat befinden sich in dem Saale cinige Statuetten und Relieis, welche mit seiner Manier iibereinstimmen und uusere Vermuthung unterstiitzen. Als der Kiinstler imJahre 154G einen in seinem eigenen Hause entstandenen Streit beschwichtigen wollte, wurde er von einem Betrunkenen ermordet. Raysek's Thiitigkeit als Bildhauer ist bereits ge- schildert worden ; iiber den Verfertiger des Stadtbrun- nens zu Laun, Strazryba, ist nicbt mehr bekannt, als die von Moyses verfasste oben mitgetheilte Beschrei- bung des Brunnens entbalt. Sonst wird nur noch ein Bildhauer, Namens San)uel Lorentz ans Freiberg in Sachsen genanut, welcher gegen Ende des XVI. Jahr- hunderts in Prag einen steinernen Altar und noch einige Arbeiten ausgefiibrt hat. Seine Werke, darunter ein Abendmahl fiir die evangelische Kirche in Prag, wurden sebr geriihmt, sind aber nicht mehr vorhanden. DieHolzschuitzerei wurde zweifelsohne in mehreren Malerwerkstiitten betrieben, doch ist es nur Mattbaus Rambauzek aus Chriidim, von welchem mit beinahe voUstiindiger Sicherheit angenommen werden darf, dass er auch Bildhauer war. Radaus, ebenfalls Chrudimer Biirger und vorzugsweise Miniaturmaler, hat auch Altar- bilder und wabrscbeinlich die dazu gehorigen Schnitz- werke ausgefiibrt. Ueber das Leben desErstereu besitzen wir keine weitere Nachricht, als dass er zwiscben 1510 und 1550 Ibatig war. Radaus scheint das Haupt einer grosseren Kiinstlerfamilie gewesen zu sein nnd wird im folgenden Abschnitte naber besprochen werden. Andere Bildhauer sind nicht mit Namen bekannt. C) Maler. Etwas reichlichere Nacbrichten tinden sich iiber die Lebensverhiiltnisse einiger Miniaturmaler und Scrip- toren, wahrend von den Verfertigern der VYandgemalde nur Lukas und Eberhardt von Eger und von den Tnfel- malern Rambauzek und Radans genanut werden. Die ersten bedeutenden Kiinstler, welciie nach Beilegimg der Unruhen anftreten, gehoren dem geistlichen Stande an, wie Matbias Moravius, Pater Benedictns aus Bruck und Ulrich Barth aus Magdeburg. Der Letztere, welcher die in Tepl befindlicben Miniaturwerke ausfiihrte, war nicht allein einer der geistreicbsten und griindlich durch- gebildetsten Kiinstler der ganzen Periode, sonderu er bat wesentlich beigetragen, die lUuminirkunst zu beben und den etwas beschrankten Ideenkreis der bobmischen Fachgenossen zu erweitern. Diesem urn 1480 — 1500 l)Uihenden Meister und dem unbekannten Verfertiger des Leitmeritzer Gesangbuches haben wir zum grossen 'Iheile den ausserordentlichen Aufschwung zu ver- danken, welchen die Bohmische Miniaturmalerei des XVI. Jahrhunderts genommen hat. Der Franciscaner Pater Aegydiiis aus Ratibor schliesst urn 1506 die Reibe der Kiinstlermonche ab; er, wie sein Vorgiinger Bartli, scheint fiir immer in Bohmen geblieben zn sein. Von PaulMelnik dem phantasiereicbsten Arabesken- zeichner wissen wir nicht viel mehr, als dass seine Bliithezeit zwiscben 1520—1510 liegt. Er betrieb sein Geschaft nicht fabriksmassig, sondern scheint alle seine Bilder eigenhandig ausgefiibrt zu iiaben. Auf ibn folgte Johannes Taborsky, ein vielseitig gebildeter und indu- strieller Mann, welcher im Verein mit verschiedenen Kiinstlern eine iiber ganz Bijhnien sich ausdehneude Thatigkeit entwickelte. Taborsky, der sich in lateiniscbeu Biichern Joannes Taborinus, in bobmischen Jan Taborsky z Klokotske Hoiy unterzeichnete, wurde nach seinen eigenen Anga- ben in dem Dorfe Klokot bei Tabor geboren, kam frtih- zeitig nach Prag, wo er sich die verschiedenartigsten Kenntnisse aneignete. Er beschaftigte sich mit Mathe- matik, Astronomic und Mechanik, in welchen Fachern der talentvolle junge Mann von Paul Pribram Unter- richt erhalten hat. Als die beriibmte astronomische Uhr des Prager Rathhauses schadhaft geworden war, verstand es Taborsky, sie wieder in Gang zu briugen und erhielt desshalb eine Anstellung als stadtischer Mechaniker. In dieser Eigenschaft verfasste er 1550 eine — 196 — Beschreibimg des Uhrwerkes, welche er mit Zeichnnn- gen ausstattete unci clem liohen Rathe widmete. Dieses Unternehmen seheint Beifall gefuiuleii und ihn ermuntert zu haben, sich ganz auf die Sclireibekimst zu verlegen. Zu dieseiii Zweeke verbaiul sich Taborsky erst mit dem Maler Poliraf, deren Ziisammeiiwirken das herrliche 1554 volleiidete Gesangbiich in der Prager Dom-Bibliothek zu verdanken ist. Das nngeheuere Ludicer Cantionale fiilirte der Meister mit Hilfe seines Lehrlings Lorenz Bily zwischen 1554 — 1558 aus, worauf er vom Jahre 1560 an gemeinschaftlich mit dem Maler Pecka zahl- reiche in Teplitz, Lann, Chrndim, Jungbunzlau und anderen Orten vorfindliehe Bildersohrilten fertigte. Seinen Namen pflegte Taborsky alien aus seiner Werk- statte hervorgcgangenen Biichern beizusetzen und zwar immer vorstehend dem Namen des Malers, der die Illu- strationen ansfiihrte; auch sein eigenes Portrait hat er mehrmals angebraclit oder anbringen lassen. Dabei verstand es der industrielle Mann meister- lich, sich den politischen und religiosen Anschauungen seiner Kunden anzubequemen und es mit Keinem zu verderben. DieHus-Bilder Hess er durch den Utraquisten Pecka ausfiihren, bei den fur das Doni-Capitel bestimm- ten Arbeiten nahm er die Hilfe des Polirar in Anspruch. Auch artige Schmeicheleien wusste der Vielgewandte zu sagen; dem Kaiser Ferdinand I. widmete er ein zier- liches Huldigungsgedicht, ein anderes seinen in Laun belindlichen Gonnern und fiigtc liaufig den in seiner Werkstatte ausgefuhrten Biichern selbstverfasste Vor- reden bei. Taborsky seheint ein holies Alter erreicht zu haben und nach vorkommenden Jahreszahlen von etwa 1545 bis 1580 thatig gewesen zu sein. Fabian Poliraf, als Kiinstler der bedeutendste von denen, welche mit Taborsky in Verbindung standen, wurde in der Stadt Aiissig geboren und seheint nach Vollendung des in der Dom-Bibliothek vorhandenen Gesanglmches sich von seinem Mitarbeiter getrennt und selbstandig gearbeitet zu haben. Seine Hauptwerke belinden sich, abgesehen von obigem Gesangbuche, in Teplitz und Laun, auch seheint er an einem in 8elcan belindlichen Codex miigearbeitet zu haben. Dieser Kiinstler hat niclit allein viel geselien, sondern auch, wie aus seinen Arbeiten hervorlcuchtet, die Holzschnitte und Stiche Diirer's griindlich studirt. IJeber seine Lebens- verhiiltnisse sind wir nicht unterriehtet, die von ihm gefertigten Arbeiten datiren aus den Jahren 1551 bis 1570. Sein Monogramni ist aus den verschlungenen Buch.staben F. P. gebildet und in nebenstehender Form aui' einen Schild gesetzt. m Mathias Pecka aus Klattau, ebeiifalls mit Taborsky in Verbindung, seheint mit Vorliebe Scenen aus dem Lelien des llus gemalt zu haben, liebtc es auch allerlei tendentiosc Anspielungen in seinen Bildern anzubringen, z. B. einen Papst, welcliem wiihrend des Messelesens die Krone vom llauptc fulU, oder den Plus mit dem Liclitc in der Hand. Pecka's Arbeiten sind ausserordent- licli versc.hiedcn iind oft im selben Blatte wechselnd; man erl)lickt fein und richtig gezeichnete Figuren zwischen nachlassig behandelten (fast geschmierten) Partien. Geflihl und Ausdruck sind nicht seine Sache: Hus auf dem Scheiterhaufen sieht ebenso gleicligiiltig d'rein, wie auf dem Katheder und in der Zusammcn- stelluug mit Wiklef. Die Farbengebung ist oft blendend und bei Bildern grosseren Massstabes sachgemass, in kleinen Darstellungen aber, bei Figurchen von 5 bis 6 Cm. Hohe, stort der allzu pastose Auftrag sehr. In diesen Fehler verfallen iibrigens alle bohmischen Hlu- ministen der Spiitzeit, besonders Ornys von Lindperk und Lorenz Bily. In seinen Verzierungen und auch in den grosseren Figuren neigt sich Pecka ganz der Renaissance zu, wahrend sein Genosse Poliraf an den mitteUilterlichen Formen festhalt. Die in Leitmeritz und Teplitz befindliehen bohmischen Gesangbiicher, das utraquistische Cantionale in der Universitats-Bibliothek zu Prag und ein almliches in Chrudim werden als seine vorzliglichsten Werke geuannt. Er pflegte sich zu unter- zeichen: Matieg Pecka z Klatow und war noch 1579 thiitig. Ein einzelnes aus einem Codex herausgeschnitte- nes grosses Perganientbild, den Flammentod des Hus darstellend, ist mit grosser Virtuositat gemalt und wird im Museum zu Prag aufbewahrt. Dieses Blatt ist ganz in Pecka's Manier ausgefiihrt und stimint auch mit dem im Leitraeritzer Cantionale entlialtenen Verbrennungs- bilde iiberein. Mathias Ornys a Lindperk koniglich bohmischer Maler diirfte wohl der erste Kiinstler gewesen sein, welchem seit den Tagen des Kaisers Karl IV. von Seite des Holes besondere Ehren zu Theil wurden. Kaiser E'erdinand I. erhob ihn in den Adelstand und verlieh ihm ein Wappen, in welchem ein goldener mit einem Dolche bewatfneter Lowe im schwarz- und rothgetheil- tem Felde, dariiber ein offener Helm zu sehen ist. Das Wappen und sein eigenes Portrait hat er im Trebnitzer Cantionale angebracht. Ein zweites Gesangbuch fertigte er fiir die Stadt Leitomischl und aller Wahrscheinlich- keit nach fiir seinen kaiserlichen Gonner verscliiedene Arbeiten, welche aber bisher nicht aufgefunden wurden. Seine Figuren, besonders die grosseren 15 bis 18 Cm. hohen, fiihrte Lindperk in einem volligen Zopf-Styl aus, man sieht in seinen Werken alle die affectirten und dabei nichts sagenden Stellungen, welche Bartholomaus Spranger in Mode gebracht hat. Im Gegensatze zu den figiirlichen Darstellungen zeigen die Arabesken feinen Gesehmack, auch sind sie grosstentheils im gothischen Styl gehalten, Schablonenmalerei und fabriksmiissiger Betrieb geben sich auf jeder Seite kund, wenn auch der Meister seinen Geschaften keine so grossartige Aus- dehnung verliehen hat, wie sein Zeitgenosse Taborsky. Mathias Radaus, welcher nach angebraehten Jahr- zahlen und sonstigen Urkunden an dem aus zwei gewal- tigen Banden bestehenden Koniggriitzer Gesangbuch von 1594 bis 1604 arbeitete, steht vollkommen auf dem Boden der Renaissance und kann nur insofern den mittelalterlichen Kiinstlern beigezahlt werden, als die Miniaturmalerei selbst ganz und gar im Mittel alter wurzelt und mit diesem abschliesst. Dieser Kiinstler, welcher auch als Tafelmaler thatig war, seheint aus- schliesslich in Kbniggratz und Chrudim gewirkt und hauptsiichlich die besprochenen beiden Codexe gefertigt zu haben: andcrwcitige von seiner Hand herriihrende Miuiaturen sind bisher nicht mit Bestimmtheit nachge- wiesen worden. — 197 — MitJohann Jacob Sedlcansky, welcher als derletzte bekannte Illimiinist ini Jahre 1620 die Psalnieii Davids gesclirieben und mit Malereien ausgestattet hat, wiirde ancli ein nicht unbetraelitliclier Theil des Mittelalters zu Grabe getragen. Ein seltsames Geschiclv wollte, dass das Aufhoren der Miniatur-Malerei mit der Schlachl auf dem Weissen Berge, diesem grossen Weiidepimkte der Geschichte Bohmens, zusammenfallt. Manchem auswartigeu Kuiistfrennde diirfte auf- gefallen sein, dass bier nur lateiniscbc und bohmische Bilder-Handscbriften, aber keine deutschen anfgezahlt wurden, obwobl sich iinter den Scbreibern und Malern viele Deutscbe befanden. In der That konnte bisher nicbt ein einziges in deutscher Sprache geschriebenes Mininturwerk ausfindig gemacbt werden , auch sebeint nie ein solches gefertigt worden zu sein. Dasselbe Ver- haltniss kehrt audi bei den bobmiscben Incunabeln wieder ; mit Ausnabme einiger lateiniscber Werke geboren die meisten alten Druckwerke der bobmisclien Literatur an. Fragen wir nacli der Ursacbe dieser Per- borrescirung der deutschen Spracbe, liegt die Antwort nahe. Die Kloster und die katholische Geistlicbkeit bedienten sicli nur der lateinischen Sprache, in den katbolischen Kreisen waren dalier lateinisch und deutsch nabezu gleicbbedeutend ; in der Masse des Volkes aber hatte der hnsitiscbe Geist die Oberband, wessbalb die bobmiscben Gesangbiicher, wenigstens die Mehrzahl, in erster Linie als Deraonstrationen gegen das Deutsclithum und die mit unwidersteblicber Gewalt sich ausbreitendc deutscheErlindung des Buchdruckes galten. Merkwiirdig genug, dass dieser Kampf sich von 1474, als in Pilsen das erste Bucb gedruckt wurde, bis 1620, beinabe anderthalb Jahrliunderte, hinziehen konnte. In Anbe- traclit dieser Thatsacben wird es begreiflicb, dass die obnehin schwer bedrangten deutschen Gemeinden keine Bilder-Haudschriften herstellen liessen, da sie in dcn- selben nur feindliche Elemente erblickten. Die Vorzlige der bohniischen Miniatureu beruhen im Colorit und der harmonischen Behandlung gesattigter leuclitender Farben; in dieser Hinsicbt diirfeu die be- sprochenen Werke den besten burgundischen, deutschen und franzosischen Arbeiten zur Seite gestellt werden, wahrend Zeichnung und Ausdruck weit zuriickbleiben. Diirer's Werke, besonders seine Passionsbilder, wurden zwar biiufig nachgeahmt, aber von der Kraft und leben- digen Auffassung des Niirnberger Meisters finden sich kaumSpurcn; noch vpeniger von derZartheitund Gefiihls- tiefe, welche sich in den Miniaturen eines Memling und Furtmayr aussprecben. Selbst Polirar und Radaus, die begabtestenllluniinisten derSpatzeit, konnen sich selten von dem handwerksmassigen und scbablonirten Betriebe frei macben und verfallen nach kurzen Anlaufen zum Bessern wieder in die bergebrachte Manier. Bei der hermetiscben Abgescblossenheit Bohmens war eine hobere Kunstentwickelung umsoweniger moglich, als die Maler mit ihren Gebilfen sich in ihre Werkstatten zurlickzogen und die erworbenen Keuntnisse und Hand- werksvortheile mit Aengstlichkeit geheim bielten. Von einenildeenaustausche. von gemeinscbaftlichen Zeichnungsiibungen, wie sie die Niirnberger Meister betrieben, konnte unter solchen Umstanden keine Rede sein, auch sebeint ein eigentliches Stadium gar nicht stattgefunden zu haben ; der Lehrling lialf dem Meister, crlernte die Handgriffe, wurde nach festgesetzter Zcit freigesprochen und arbeitete dann als Geselle in der Bilderfabrik. Wahrend von italienischcn, deutschen und niederlandischen Kiinstlern unzablige Zeichnungen in alien europaischen Cabineten getrofi'en werden und wir manches Bild von Raphael, Michel Angelo, Diirer und Holbein vom ersten Entwurfe an bis zur VoUendung in den dazu geraachten Studien verfolgen konnen, ist bisher keine einzige Zeichnung aufgefunden worden, welche einem bobmiscben Maler dieser Periode mit Sicherheit zugeschrieben werden konnte. So geschab es, dass die Ornamentik und Arabesken-Malerei als Hauptaufgaben der Kunst angeseben und diesen Bestrebungen alle geistigen Anforderungen nacbgesetzt wurden. In alien Beziehungen aber, wo es auf virtuose Technik ankommt, verdienen die Illuminatoren Bohmens die vollste Anerkennung; sie haben in ibrer Weise bewunderungswiirdige und mitunter uniibertreflfliche Werke geschatfen. Die Schilderung der spat-gothischen Werke ab- schliessend, glauben wir, dass eine kurze Rlickschau auf den Verlauf der gesammlen Kunstthatigkeit, welche sich in Bolirnen von beilaufig 1070—1600 entfaltete, manches Interesse gewahren diirfte. Wie in alien von der romischen Cultur nicht berlihrten Landern des nord- lichen Europa fallen die ersten kiinstlerischen Bestre- bungen mit der Einftibrung des Christenthumes zusani- men. Der Holzbau wurde bis gegen Ende des XI. Jahr- hunderts ausschliesslich geiibt und die Stein - Con- struction fand erst in verhaltnissmassig spater Zeit Ver- breitung. Koraanische Bauwerke der Frlih-Periode sind, wenn man von einigen unbeholfenen Versuchen absieht, nicht bekannt: die unter Konig Vladislav (1140 — 1175) ausgefiibrten Stiftskirchen bewegen sich nicht allein in scbwevfalligen Formen, sondern erscheinen auch in riiumlicher Bezieliung ungleich beschrankter, als die im nachbarlichen Deutscbland. Eine riihmlicbe Ausnahuie macht nur die Kirche des Benedictiner-Stiftes Kladrau, welche von den aus Zwyfalten berufenen Ordensman- nern zwischen 1140 — 1186 unter dem Abte Lambert erbaut wurde. Von diesem herrlichen Gebande, einer iiberwolbten Pfeiler-Basilika, hat sich nur die allgemeine Anlage im Grundrisse erhalten, wahrend alle Detaili- rungen durch Brande und spatere Reparaturen zerstort wurden. Spat-romanische, unter den Konigen Otakar I. und Wenzel I. entstandene kleinere Kirchen und Capellen sind in grosser Anzahl auf uns gekommen; so besitzen z. B. die meisten der zwischen BOhmisch-Brod, Kolin und Beneschau gelegenen Dorfer heute noch wohlerhaltene, aber sehr einfache Pfarrkirchen roma- nischen Styles. Feinere Durchbildung zeigen die Denk- male im nordwestlichen Bohmen, wo die prachtvollen zu Eger von den Hohenstaufen-Kaisern Friedrich I., Heinrich VI. und Friedrich II. errichteten Bauwerke einen tiefgehenden Einfluss libten. Mit Ausnabme der Egerer Denkmale, welche nur in geographischer Bezie- hung zu Bohmen gerechnet werden konnen, besitzt das Land keine romanischen Kunstgebilde ersten Ranges. Die gesammte Thatigkeit dieser Periode ging von den Klostern aus. Durch die Prachtliebe des Konigs Wenzel L, welcher deutscbe Dichter, Kiinstler und turnirende Ritter, sogar einen Vergniigensleiter an seinen gliin- zenden Hof berief und sich selbst ini edlen Minnegesang — 198 — versuchte, fand der in Deutscldand scit 1210 geiibtc Uebergangs-Styl in Bbhnien Eiiigang und gewann liicr eine ebeiiso eig^entlilimliclie, wie klinstleriscli voUendete Durchbildung. Gleiclizeitig wirkten uocli zwei uijichtigc Factorcn niit. iim das Aiifblulieii des Uebergang-Styls und der Fiiib-Gothik zu unterstiitzen. Die Grlindung mebrerer Cistercieuser-Kloster lilhrte dem Laude zahl- i-eiche imA bedeutende Kiinstler zn. wiihrend das evstar- kende Stiidtewesen eine unermesslicbe Tbiitigkeit her- vorrief. So gesohab es. dass Bolimen, welcbes bisher in seinen Kunstbestrebungen von den Nnclibarlandern abban^ig gewesen, diese bald iiberlingelte und sogtir beeinflnsste. Namentlicb schloss sicb IMabren, wo die KonigiivWitwe Constantia zwischen 1233—1248 das Cistercienser-Nonnenkloster Tiscbuowitz (Porta Coeli) erbauen liess, ganz der neiien Kunstricbtnng an. Die verscbiedenen unter Otakar II. und Wenzel II. erricb- teten Stifts- und stadtischen Pfarrkirchen sind ebeuso viele Zeugen des boben Aufscbwunges , welebcn damals die'bohmiscbe Baiikunst genouimen und dlirfen den edelsten Werken Dcutschlands zur Seite gestellt werden. Nacb dem Erloscben des kbuiglicben Stanimes der Pfemysliden trat eine niit Unruben und Kriegen erfullte Periode ein, welcbe l>ei nahezu ^Tjabriger Daner niebt allein fernere Fortscbritte unmoglieb niacbte, sondern aueh das nocb junge Stiidtewesen emptindlich scbadigte. Erst als ]\Iarkgraf Karl, der nacbmalige Kaiser, im Jahre 1333 zum Stattlialter von Bbbiuen evnannt wurde und mit sicherer Hnnd die Verwaltung leitete, begannen geordnete Zustande Platz zu greifen. Dieser Fiirst, Karl IV., war von ecbterKunstliebe beseelt und verstand zugleicb die liohe Bedeutung der Kiinste im biirgerlichen wie staatlicben Leben zu wiirdigen. Indcm er aus Deutschland, Italien und Frankreich, ja sogar aus dem ]\rorgenlande ausgezeiebnete Meister nacb Prag beriet und die verschiedenartigsten Facber, wie Erzguss, Tilosaik, Holz- und Stein-Sculptur, Wand-, Tafel-, Minia- tur- und Glas-Malerei, textile Kiinste und Goldarbeiten mit i;leicbeni Eifer fordertc, sorgtc cr audi I'iir geeignete Absatzwege, erbautc bequenie Strassen und siclierte den Handel durcb Anlage befesligter Tliiirme, welcbe den Zweck batten, dem iiberband genomiiieneu Treiben der Raubritter zu steuern und die Ordnung in den Griinz- bezirken aufrecbt zu erbalten. Btibmen erlVeute sicb wiibrend der 32iabrigen Regierungs-Periode Karls eines beinabe ununterbrocbeneu Friedens und seine Absirbt, das Land zu einem Musterstaate zu erbebeu. ware obne Zweifel erfiillt worden, wenn er einen seiner wiirdigen Naclifolger gefunden batte. Leidcr war dieses niebt der Fall; der weieblicbe und triige Wenzel IV. verliess die von dem Vater vorgezeicbneten Babnen und begiinstigte tbeils durcb Leidenscbaftlicbkeit, tbeils Bequemlicbkeit und unzeitige Nacbsicbt jene furchtbare Revolution, in deren Verlaufe grosstentbeils zerstort wurde, was der woblwollende und sorgsame Kaiser Karl mit grossen Opfern aufgebaut. Anstatt als Mittelpunkt der Wisscn- scbafteu und Kiinste neben Rom, Florenz und Paris zu glanzen, verlor Prag die bisberige Stellung als Welt- stadt, indem gleicbzeitig Niirnberg, Wien, Breslau und Leipzig, wobin viele der angesebensten und reicbstcn Einwobner Prags wegen der busitiscben Unruben ge- tioben waren, an Bedeutung gewannen. Es bedurfte vieler Jabre, bis das Land sicb erbolte und ist einem besondern Gliicksfalle zu verdanken, dass 1471 wieder ein kunstliebender Fiirst den bobmi- scben Tbron bestieg. Dieser war der polniscbe Prinz Vladislav, als Konig der Zweite desNaniens. Allerdings war es nur eine Nacbbliitbe, welcbe Vladislav II. bervor- zurufen im Stande war, allein die erzielten Resultate verdienen urn so bbbere Anerkennuug, als der tiet'- religiose und opfertVeudige Sinn des Mittelalters bereits cntscbwunden war und die reformatoriscben, zugleicb egoistiscben Ansicbten der neueren Zeit mehr und niehr urn sicb griffen. Nacb langem und bartnackigem Kampfe erlagen "alle mittelalterlicben Bestrebungen der mit unwiderstehlicber Gewalt sicb ausbreitenden Renais- sance. I. Orts-Verzeichniss. (Fiir alle vier Theile.) Die eingehaltenen Abkiirzungszeichen sind die allgemein gebrauchlichen: A = Architectur, BB = Bruchsteinbau, QIJ = Quaderbau, HB = Holzbau, Sc = Scnlptur, Stb = Stein- bildnerei, Schw = Scbnitzwerk, Rel = Relief, M = Malerei, WM = Wandgemalde, TM = Tafelmalerei, MM = Mimaturmalerei, Rom = Romanisch, Ueb = Uebergang, Fg = Friihgothisch, G- = Gotbisch, Spg = Spatgotbisch, Ren = Reuaissauce. (Da dieses Werk vor bereits dreissig Jahren begonnen wurde und im Verlaufe dieser Zeit mehrere der bescbriebenen Denkmale eingegangeii sind oder Aenderungen erfabren baben, warden bier die wicbtigsteu Vorkommnisse in Kiirze beigefiigt.) A. Adersbach im Konig-sgratzer Kreis. Vorziiglich schone Fach- werkbauten, HB. IV. Th. p. 117. Alpenbauart. IV. Th. p. 113. Altbohmische Burgea. II. Th. p. 9, 111, 112. Alt-Bunzlau, Collegiat-Kirche, Rom. BB. I. Th. p. 24, 26. — Friedhofs-Capelle, Rom. I. Th. p. 44, 45. Alt-sla vis ch e Dorfer, siehe Dediny. Amschelbergim Taborerkreis, Pfairkirche St. Bartholomaus, Gr. modernisirt und grosstentheils umg-ebaiit. Arnau, Burg. I. Th. p. 8. — Sculpturen. I. Th. p. 83. — Marktplatz. II. Th. p. 15. — Decanal-Kirche Maria-Geburt. IV. Th. p. 56, 57. Aula regia, siehe Konigsaal. Aussig, Anlage der Stadt durch K()uig- Otokar II. II. Th. p. 7. — Maria-Himmelfahrtskirche, der Chor. Fg. II. Th. p. 83, 84. — „ „ das Schiff. Spg. IV. Th. p. 59. — ., ., die Kanzel. IV. Th. p. 127. — „ „ Portriit-Statue. IV. Th. p. 147. — Maternus-Kirche. Schw. IV. Th. p. 135. B. Bajrek, Grenzburg. III. Th. p. 99, Barau (Bavarov) im Piseker Kreis, Maria-Himmelfahrts-Kirche. G. IV. Th. p. 36. Bauernhauser im B()hmerwald, HB. IV. Th. p. 112, 113. — im Egerland, HB. IV. Th. p. 112. Bechin (Bechine), Pfarrkirche St. Mathias, zweischiffig, Rom. I. Th. p. 38. — Minoriten-Kirche Maria-Himmelfahrt, G. II. Th. p. 90, IV. Th. p. 31. Befestigte Kirchen. II. Th. p. 6. — Kloster. II. Th. p. 117. Beneschau (Benesov), Minoriten-Kirche, Ruine, Fg. QB. II. Th. p. 20, 84—85. — Pfarrkirche, Fg. BB. II. Th. p. 86. — Altarbild, TM. III. Th. p. 123. — Marienbild, Sc. II. Th. p. 86. — Glocke. II. Th. p. 86. Beraun. Grundung. II. Th. p. 7. Beraun, Dechantei-Kirche St. Jacob, Ziegelbau, Spg. IV. Th p. 86. — Stadtmauern, Thore, Terracotten, Spg. IV. Th. p. 86. Bergreichenst^ein, St. Mauritius-Kirche, G. IV. Th. p. 38. Bettlern, siehe Zebrak. Bilin, Griindung. II. Th. p. 7. — Decanal-Kirche St. Peter und Paul, Spg. II. Th. p. 80. — „ „ gegenwartiger Bestand, Taufbecken. IV. Th p. 51. Bischof-Teinitz, Pfarrkirche St. Peter und Paul, G. total erneuert. IV. Th. p. 43. Blanik, vorgeschichtliche Befestigung. II. Th. p. 9, 10. Blatna, bewohntes Schloss, Spg. BB. II. Th. p. 12. — Schlosscapelle. HI. Th. p. 20, 21. — Thurmgemach, WM. IV. Th. p. 3, 161, 162. — Maria-Himmelfahrtskirche, Spg. IV. Th. p. 34, 85. Bohmisch-Brod (Cesky Brod), Decanal-Kirche St. Gotthard, G. II. Th. p. 54. — Sacraments-Hauschen, Spg. IV. Th. p. 126. Bohnic, Pfarrkirche, Rom. I. Th. p. 73. Brauuau, Marien-Kirche unter den Linden, HB. III. Th. p. 143. Breslau, Dorotheen Kirche. III. Th. p. 95. B r ii X , Griindung. II. Th. p. 5. — die Burg Landeswart. II. Th. p. 99. — Dechantei-Kirche Maria-Himmelfahrt, Spg. BB. IV Th p. 59-62. — Dechantei-Kirche, Bildwerk, Rel. IV. Th. p. 149. „ Chorstuhle. IV. Th. p. 141, 142. — „ „ Erztafeln. IV. Th. p. 155. — „ „ Malereien, TM. IV. Th. p. 165. — Rathhaus. III. Th. p. 99. — Heihgengeist-Kirche, Sc. III. Th. p. 153. Bud we is, Grundung. II. Th. p. 7. — Marktplatz und Domkirche, G. modernisirt. II. Th. p. 14. — Dominieaner - Kloster mit Maria Geburt - Kirche. 11. Th. p. 57, 59. — Wandmalerei daselbst. I. Th. p. 91. — Friedhofs-Kirche. IV. Th. p. 37, 38. — Wohnhauser. IV. Th. p. 104. — Stadtmauern und Thiirme. 11. Th. p. 118. Biir glitz (Kfivoklat), uralte oft umgebaute Burg, noch bewohnt, Vladislav'scher Bau. Spg. Saal, Capelle und Altar. II. Th p. Ill, m. Th. p. 19, IV. Th. p. 70, 71, IV. Th. p. 135. Bydzov (Neu-Bidschow), St. Laurentius-Kirche. III. Th. p. 19. 27 _ 200 - C. Capellen, Dorf bei Hohenfort, HB. IV. Th. p. 114. Ceruosek, Pfarrkirche. IV. Th. p. 65. Chodenschloss, Landesbuig. II. Th. p. 99. Chotieschaii (Chotesan), Rom. I. Th. p. 43. Chotieschau (Chotcsov), Stiftskirche, Rom. zerstort. I. Ih. p. 30. Chrudim, Griinduiig". II. Th. p. 7. _ Decanal-Kirche Marie Hiinmelfahrt, G. IV. Th. p. 26, 27. _ „ Altar, Schw. uiid TM. IV. Th. p. 139—163. _ „ Miniatiiren. IV. Th. p. 174, 175. — Katharinen-Kirche, A. Spg. IV. Th. p. 27. _ Altilre, Schw. nnd TM. IV. Th. p. 164, _ " I Bildwerkp, Rel. IV. Th. p. 27. — Heiligenkreiiz-Kirche, G. IV. Th. p. 27. - TM. p. 164. Ch mi dim or Schnle. IV. Th. p. 27, 163, 174. Czaslau (Caskv), Griindnng. II. Th. p. 7. — Decanal-Kirche St. Peter und Paul, aus verschiedenenZeiten, Rom. Fg. Spg. II. Th. p. 44, 45. D. D6diny, altslavische Rundlingsdorfer. II. Th. p. 16. Deutsch -Bro d (Nemecky Brod). II. Th. p. 116. _ — Decanal-Kirche, gemischte Anlage, Fg. Spg. nnd moderm- sirt. IV. Th. p. 28. — Decanal-Kirche, Marien Statiie, Genialde, TM.IV. Ih. p. 28. _ „ „ Orgel. IV. Th. p. 154. _ „ Miniaturwerk. IV. Th. p. 173, 174. _ I „ Monstranze. IV. Th. p. 181. — Stadtmauern und Thurme. II. Th. p. 118. — Wohnhauser. IV. Th. p. 29. Diakova (Dekovka), Burgruine. II. Th. p. 116. D oubravska-Hora, siehe Teplitzer Burg. D oxan, Priiraonstratenser Stiftskirche, Rom. QB. I. Th. p. 30, 31. Dux, Miniaturwerk. IV. Th. p. 168. E. Eger, Burg, Griindung im X. .Jahrhundert. I. Th. p. 13. der schwarze Thuim auf der Burg. I. Th. p. 13, 14. — die Burg (Kaiserburg), Saalbau, Rom. I. Th. p. 76, 77. die Burgcapelle, Rom. I. Th. p. 56—59. _ Sculpturen. I. Th. p. 57. ^ , c t n^i, — die St. Nicolaus-Kirche, Rom. Deb. Fg. und Spg. I. Ih. — die St. Ni'colaus-Kirche, letzte Bauzeit. IV. Th. p. 38, 39. _ „ Wandmalereien. IV. Th. p. 159. _ " " I „ Gusswerke, Thiirbeschliige, Hang- leuchter. IV. Th. p. 155. — die St. Nicolaus-Kirche, Oelberg, Schw. IV. Ih. p. lo3. _ „ „ Sacraments-Ilauschen.IV.Th.p.l20. _ " " " I Monstranze. IV. Th. p. 180. — Alte"Synagoge (abgetragen), Ueb. II. Th. p. 95. — St. Michaels-Capelle (abgetragen), Roni. I. Th. p. 30. — Franciscaner-Kirche, Fg. II Th. p. 76, 77. „ „ Kreuzgang, G. II. Th. p. 78. — Bartholomaus-Oapelle, Spg. IV. Th. p. 48. — Heiligenkreuz-Capelle, Spg. IV. Th. p. 49. — St. Jodocus-Kirche, Spg. IV. Th. p^49. _ ^ „ „ Antipendium, Rom. I. Th. p. 103, 104. — Stadtbrunnen mit Rolandsiiule, Spg. IV. Th. p. 100. — Todtenleuchte, Spg. IV. Th. p. 132. — Statioiistafehi, Spg. IV. Th. p. 153, 154. — Wasserpforte, G. IV. Th. p. 90. — Parputher-Haus, G. IV. Th. p. 101. Egerberg, Ruine. II. Th. p. 114. E Ibogen, Sacraments-Hauschen. IV. Th. p. 190. — Schloss. III. Th. p. 19. Engelhaus, Burgruine. II. Th. p. 12, 101. En gem, Denkmal des Wittekind. III. Th. p. 95. F. F achwerkbauten. IV. Th. p. 114— 118. Frauenberg, bcwohntes Schlos.". II. Th. p. 2, 8, 111. Frauerithal, Stiftskirche. II. Th. p. 11, 43, 44. Fri ed land, Decanal-Kirche. IV. Th. p. 56. _ , n Sacraments - Hauschen. IV. J n. p. 120, 121. _ Decanal-Kirche, Monstranze. IV. Th. p. 181. — bewohntes Schloss. II. Th. p. Ill, IV. Th. p. 84. G. Gang,St. Laurentius-Kirche. IV. Th. p. 24. iSacraments - Hauschen. IV. 1 h. — n f p. 124. — St. Laurentius-Kirche, Kanzel. IV. Th. p. 128. _ „ Eisenarbeiten. IV. Th. p. 187. Gans" Burgruine. II. Th. 116. Geiersberg, Burgruine. II. Th.,p. 114 III. Ih p 147. Georgs-Kirche auf dem Berge Rip. I. Th. p. 6b, Gil 1 o wit z bei Holienfurt, emphyteutische Anlage. II. Ih. p. 1«. Glockensiiulen. IV. Th. p. 109. , r.r q4 G o i a u Wallfahrts-Kirche, zweischifhg. II. Th. p. 18, IV. 1 h. p. 34=. Gold en kr on, Cistercienserstift. 11. Th. P- ^O, 19; 5«> f . G o r k a u , Monstranze in der Pfarrkirche IV. i h. p. 181. Grasslitz, Frohnleichnams - Kirche, Hangeleuchter. IV. Hi. Graupe?,' Maria-Himmelfahrtskirche , Spg. und Schw. IV. Th p. 52. — Heiligengeist-Capelle, G. IV. Th. p. o3. _ St. Auna-Kirche, Spg. IV. Th. p^ 54 _ „ Altar, Schw. IV. Th. p. 136. — Grabmal, Sc. IV. Th. p. 151. _ Relief aus dem ehemaligen Kloster. IV. Ih. p. 147, 148. — Burgruine (auch Rosenburg). II. Th. p. 12, 113. — Wohnhiiuser, IV. Th. p. 115. Gross -Skal, bewohnte Burg. II. Th. p. 12, 112. — Topferarbeit. IV. Th. p. 188. H. Hammerstein, Burgruine. II. Th. P- 111- Hasenburg, Burgruine. II. Th. p. 12, 112, 113. Has sen stein, Burgruine. IV. Th. p. 78. _ Wandmalereien. IV. Th. p. 160. He u raff el, emphyteutische Anlage. II. Th. p. 18. _ Eremitenkloster, Spg. IV. Th. p. 3('), 37. Hirschberg. II. Th. p. 7. Hofreute. IV. Th. p. 110, 115. Hohenelbe, Marktplatz. II. Th. p. 15. _ Pfarrkirche. Spg. BB. IV. Th. p. 56 Hohenfurt, Cistercienserkloster, Grundung. I. Ih. p. HI- _ ' ^ Stiftskirche, Ueb. und Fg. QB. II. Th. p. 19. 59, 65. _ Cistercienserkloster, letzte Bauzeit. IV. ih. p. ^rf. _ Wandmalereien. I. Ih. p. 8<. _ " Miniaturen. I. Th. p. 97, III. Th. p. 158. Tafelbilder. Ill, Th. p. 121, IV. Th. Cistercienserkloster, Goldkreuz und Paramente I. Th. p. 103. _ Befestigung. II. Th. p. 117. _ " Thorthurm. IV. Th. p. 90. _ " Eisenarbeiten. IV. Th. p. 186. _ Stadt, Pfarrkirche. II. Th. p. 73. Ho henmauth, Grundung. I. Th. p 10. _ Decanal-Kirche St. Laurentius, Fg. II. Th. p. 80, 82, IV. ih. p. 193. — Decanal-Kirche, Eisenarbeiten. IV. Th. p. 187. _ Thorthiiruie. II. Th. p. 118. Holubic, Rundcapelle, Rom. I. Th. p. 68. ^ Holzbau'ten. I. Th. p. 6, 7, III. Th. p. 141-143, IV. Th. p. 6, Hof"ic^,~emphyteutischer Flecken, Glockeusaule. II. Th. p. 18, IV.' Th. p. 109. H o s t i V a. f , Rom. Pfarrkirche. I Th. p. 44^ Hradek, vorgeschichtliche Betestigung bei Cernosek. II. ih. Hradischt (Hradist) bei Strakonic, vorgeschichtliche Befesti- gung. II. Th. p. 11. Hradv, Landesburgen. II. Th. p. 12. , t mi. ai Jii.z (Hmsic), RO.. Khche St. We,,...,. | T^^^P; ^„ — 77 n n » ^ X) 81 H u m i) o 1 e c , Pfarrkirche, Fg. 11. Th. p. 19, 21 , 42. — 201 — I. Iglau, Griinduii"^. 11. Tli. p. 5. — Pfarrkircbe St. Jacob, Ueb. BB. II. Th. p. 19, 37—39. — „ Kanzel. II. Th. p. 38. — Domiiiicaner-Kirche, Ueb. II. Th. p. 39. — Minoriten-Kirche, Ueb. II. Th. p. 40. Jacob, St. Eom. Kirche. I. Th. p. 42. Jaromif, IV. Th. p. "2. J if an, Pfarrkiiche, Rom. I. Th. p. 43. Jific, bei Selan, cmphyteutische Anlage. II. Th. p. 17. Jung -Bunzlau, Griindimg. II. Th. p. 6, 80. — Decanal-Kirche. IV^ Th. p. 64. „ Miiiiaturen. IV. Th. p. 173, 174. Jiing-Bfist, bei Selau, emphyteutische Anhige. II. Th. p. 18. Jungfraueu-Teinitz, Kiosterruine, Fg. QB. II. Th. p. 19, 86, 87. K. Kaaden, Grilndung. I. Th. p. 10, 11. Th. p. 7. — Stadtthuriii, QB. III. Th. p. 99. — Klostcrliirclie, Spg. IV, Th. p. 51, 52. Kameyk, Burgruine. II. Tii. p. 116. KapeUen, siehe Capellen. Kaplitz, Spg. IV. Th. p. .34. Karlsberg (Karlsbiirg), Ruine III. Th. p. 97. Karlstein, konigliches bewohntes Schloss, G. III. Th. p. 62. — A. III. Th. p. 63-66. — Sc. III. Th. p. 70. — WM. III. Th. p. 67, 122, 123. — TM. III. Th. p. 69, 70. — Altavschrein. III. Th. p. 70, 114. — Edelsteinbelege. III. Th. p. 69. — Eisenarbeiten. III. Th. p. 69, 137. — Wandmalereien letzter Periode. IV. Th. p. 159. Kaurzim (Koufim), Griindiing. I. Th. p. 10. — Decanal-Kirche, Ueb. BB. II. Th. p. 19, 20, 48, 49. — „ „ Sacraments-Hiiuschen, Spg. IV. Th. p. 126. — Stadtmauein. II. Th. p. 118. Kej (Keeg, Kyje), Pfairldrche, Rom. QB. I. Th. p, 45. — „ „ VVandnialerei. I. Th. p. 87. Kladi-MU, Griindung. I. Th. p. 7. — Stifttikirche, Rom. QB. I. Th. p. 26—28. Klapn^^, Altar. IV. Th. p. 115. Klingenberg, Landesburg in Ruinen. II, Th. p. 12, 103 — 105. — Wandmalereien. I. Th. p. 88, II. Th. p. 129, IV. Th. p. 160. — Sculpturen, Rel. II. Th. p. 124. Kocy, Holzkirche, Spg. III. Theil, p. 142. _ „ Tafelgemalde. IV. Th. p. 165. Kokofin, Burgruine. II. Th. p. 115. K olin, Grilndung. I. Tli. p. 10. — Grilndung der Burg. II. Th. p. 6. — St. Bartholomaus-Kirche, Schiffbau, Ueb. BB. II. Th. p. 19, 45-48. — St. Bartholomaus-Kirche, Chorbau, G. QB. III. Th. p. 82-84. — „ „ „ Sacraments-Hiiuschen. III. Th. p, 84. — St. Bartholomaus-Kirche, Sc. II. Th. p. 126. _ „ „ „ Glasmalerei. III. Th. p. 127. — Rathhaus. III. Th. p. 99. Komotau, Griindung. I. Th. p. 5, IV. Th. p. 2. — Decanal-Kirche Maria-Himmelfahrt, Spg. IV. Th. p. 50. Kondrac (Kondratce). Pfarrkirche, Rom. I. Th. p. 39. — emphyteutische Dort'anlage. II. Th. p. 18. Koniggriitz, Griindung. I. Th. p. 5, III. Th. p. 10. — Heiligengeist-Kirche, jetzt Dom, G. Ziegelbau, erste Ban zeit. III. Th. p. 10, 11. — Heiligengeist-Kirche, spatere Bauzeit. IV. Th. p. 26. — „ „ altes Sacraments-Hiiuschen. III. Th. p. 11. — Heiligengeist-Kirche, Grosses Sacraments-IIanschen. IV.Th p. 121. — Heiligengeist-Kirche, Miniaturen. IV. Th. p. 175. — „ „ Eisenarbeiten. IV. Th. p. 187. Koniginhof, Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 56. Konigsaal (Aula regia, Zbraslav), ehemalige Oistercienser- kirche, zerstort. II. Th. p. 8, 21, 87. — Cistercienserkirche, Wallfahrts-Bild. III. Th. p. 115. — „ Erzguss. IV. Th. p. 155. — „ Tafelbilder. IV. Th. p. 163. Konopist, bewohnte Burg. II. Tk. p. 111. Kopanina, Rundcapelle, Rom. I. Th. p. 70. Kopidlno, vorgeschichtliche Wallburg. II. Th. p. 9. Kost, bewohnte Burg, G. II. Th. p. 111. Kostenblat, Burgruine. II. Th. p. 109, IV. Th. p. 79, 80. Krakovec (Rothschloss), Burgruine mit Capelle, WM. I. Th. p. 88. Kotnov (Burg von Tabor). II. Th. p. 111. Krumau, Griindung. I. Th. p. 11. — Burganlage. II. Th. p. 12, 111. — Decanal-Kirche. G., QB. III. Th. p. 79. — „ „ Sacraments-Hiiuschen. IV. Th. p. 122. — VVohnhiiuser. IV. Th. p, 101. Kiihnberg (Kienberg), bei Hohcnfurt, Capellen, Spg. IV. Th. p. 38. Kugelweit, Kiosterruine. IV. Th. p. 37. Kunic, Rundlingdorf. II. Th. p. 17. Kunstatt, Burg, G. II. Th. p. 119. Kunratic, Burg, (Wenzelstein) zerstort. III. Th. p. 146, 147. Kunzwarte, Burgruine. III. Th. p. 99. Kuttenberg, Griindung. II. Th. p. 7. — Schloss, Miinzstiitte. II. Th. p. 8. — St. Wenzels-Capelle, G. II. Th. p. 96, 97. — St. Jacobs-Kirche, QB. III. Th. p. 11—14. — „ „ „ Chorstiihle. IV. Th. p. 141. — Maria- Himmelfahrtskirche, BB. III. Th. p. 19, IV. Th. p. 21—23. — Maria-Himmelfahrtskirche. Kanzel. IV. p. 128. — ^ „ „ sculpirter Schlussstein. III. Th. p. 23, 159. — Dreifaltigkeits-Kirche, BB. IV. Th. p. 23, 24. — „ „ Sacraments-Hiiuschen IV. Th. p. 125. — St. Barbara-Kirche, erste Bauzeit. III. Th. p. 87—92. — „ „ letzte Bauzeit. IV. Th. p. 12—21. — „ „' „ Altar. IV. Th. p. 137, 138. — ^ „ altere Sculpturen. III. Th. p. 106. — „ „ Sacraments-Hiiuschen. IV. Th. p. 123. — . „ „ Chorstlihle. IV. Th. p. 141. — „ „ „ Wahrzeichen, Sc. IV. Th. p. 143, 144. — „ „ Monstranze. IV. Th. p. 180. — „ J, „ Eisenarbeiten. IV. Th. p. 187. — alte Burg, Erker-Capelle, Spg. IV. Th. p. 25. — „ „ Saalerk.'r, Spg. IV. Th. p. 26. — „ „ Sc. IV. Th. p. 145. — Steinernes Haus (Bischot'shaus), QB. IV. Th. p. 96. — „ „ „ Sc. IV. Th. p. 146. — „ „ Ecce Homo, Statue. IV. Th. p. 144, 145. — Miinsterberg-Haus. IV. Th. p. 94. — Stadtbrunnen, QB. IV. Th. p. 96, 97. — „ Erzguss. IV. Th. p. 135. — altes Rathhaus, Bruchstiick, Spg. IV. Th. p. 92. L. Landesburgen, II. Th. p. 12. Landeswart (Briixerburg). II. Th. p. 99. Landkirchen. II. Th. p. 51, 52. Landskron, Griindunj;. II. Th. p. 7. Lauf, in der Oberpfalz, Burg und Standbild, G. III. Th. p. 99. I Laun, St. Nicolaus-Kirche, alter Ban, BB. II. Th. p. 80. ! _ „ „ „ Ban desBenes,QB. IV.Th. p. 57-59. I — „ „ „ Kanzel. IV.Th. p. 127. I — Stadtbrunnen. IV. Th. p. 97, 98. \ — Thore. IV. Th. p. 5, 89, 9i). 1 — Wohnhaus und Erker. IV. Th. p. 102, 103. — Jliniaturen. IV. Th. p. 173. ', Launiowitz (Louiiovice), zerstortes Klo-^ter. I. Th. p. 8. Leipa (Lipa), Decanal-Kirche, total modernisirt.. IV. Th. p. 62. i — Heiligenkreuz-Kirche, BB. IV. Th. p. 63. — Magdalenen-Capelle, BB. IV. Th. p. 63. Leitmeritz, Griindung. II. Th. p. 5. — Stadtburg. II. Th. p. 6. — Stadtpfarrkirche AUer-Heiligen, G. II. Th. p. 80, IV. Th. p. 63. 27* — 202 Leitmeritz, Stadtpfarrkiiche, Taiifbeckeu. IV. Th. p. 158. — Rathhaus. III. Th. p. 99, IV. Th. p. 91. — „ Eolandsaule. IV. Th. p. 91. — „ Tafelgemalde. IV. Th. p. 165. _ „ Miniaturen. IV. Th. p. 168—171. — „ BuchbinderarbeiteB. IV. Th. p. 188. — Wohnhaus, Spg. IV. Tli. p. 101. Leitomischl, Gruudimg. I. Th. p. 8. — Decanal-Kirche, Fg. II. Th. p. 54. — Klosterkirclie, Fg. iiud Spg. II. Th. p. 54. Levin, bei Bohmisch-Leipa, Kuudcapelle. I. Th. p. 71. Lhota, allgemeine emphyteutische Aiilage. II. Th. p. 17. Lhotice, bei Seehiu, Holzcapelle. IV. Tli. p. 106. Li bis, .Jacobs-Kirch e, G. BB. IV. Th. p. 139. _ „ „ Wandgemalde. III. Th. p. 153—154. Libonii, Rundcapelle, Rom. I. Th. p. 70. Li bun, Goidarbeit. L Th. p. 103. Liebshauseu, Pfarrkirche. Rom. QB. 1. Th. p. 52, 53. Lichtenburg, Ruine, G. II. Th. p. 114. Li tic, Ruine, Spg. IV. Th. p. 69-70. — „ Sc. IV. Th. p. 142-143. Lobodic, Rundlingsdorf. II. Th. p. 17. Luditz (Ludic), Pfarrkirche, G., iibeibaut. IV. Th. p. 145. — „ „ Kreuzigungsgruppe, Sc. IV. Th. p. 145. — Pfarrkirche, Oelberg, Sc. IV. Th. p. 153. — „ MM. IV. Til. p. 171. — „ ' Buchbinderarbeit. IV. Th. p. 188. M. Miihrische Burgeu. IL Th. p. 119. Maidstein, vorgeschichtliche Befestigung, daun Ritterburg. I. Th. p. 13, IIL Th. p. 99. Malsching, emphyteutische Anlage. II. Th. p. 18. Melnik (Psov), Giundung. L Th. p. 10, II. Th. p. 7. — St. Peter- uud Pauls-Kirche, G. nnd Spg. II. Th. p. 80, IV. Th. p. 54- 55. — St. Peter- und Pauls-Kirche, Sacraments-Hiiuschen. IV. Th. p. 55. — St. Peter- und Pauls-Kirche, Decoration.s-Malereien. IV. Th p. 55. — St. Peter- und Pauls-Kirche, Moustranze und Kelch. IV. Th. p. 181. Metallarbeiten. IV. Th. p. 4. Michovic, Kirche, Rom. I. Th. p. 43. Mies, Griindung und Stadtmauern. II. Th. p. 7. Milcin, Pfarrkirche, G. I. Th. p. 11, IL Th. p. 73. Mohelni c, Pfarrkirche, Rom. QB. L Th. p. 54. — „ Sc. I. Th. p. 82. Miihlhausen (Milevsko) bei Tabor, Stiftskirche, Rom. L Th. p. 17. — St. Aegidius-Kirche, Roni. und G. I. Th. p. 59. — St. Bartholomiius-Kirche, Rom. (in neuester Zeit wegen Bau- falligkeit abgetragen). I. Th. p. 61. — Befestigungen. II. Th. p. 117. — am Neckar, bohmische VVandmalereien. IIL Th. p. 155, 156. Mukafov, Glockenguss. IV. Th. p. 156. N. Nachod , Landesthor. II. Th. p. 99. — Marktplatz. II. Th. p. 15. — Decanal-Kirche, Fg. II. Th. p. 20, 52. — ^ „ Sacrameuts-Hauschen. IV. Th. p. 120. Nemcic, Rundlingsdorf. IL p. 17. Neiihans, bewohutes Schloss, theilweise Fg. II. Th. p. 111. III. Th. p. 20, 28. — Spital-Kirche. G. IIL Th. p. 81. Neii-Paka, vorgeschichtliche Waile. IL Th. p. 9. Neustadt an der Mcttau, Griindung und Thorthiini. IV. Th. p. 5, 57. Nimburg, Griindung. I. Th. p. 10. — Marktplatz. II. Th. p. 18. — Stadtmauern. II. Th. p. 118. — Schloss. IIL Th. p. 21. — Aegidien-Kirche, G. und Spg. IIL Th. p. 76, 77. — „ „ Statue. 111. Th. p. 23. — „ „ Veronica Bild. Rei. IILTh. p. 110. — Dominicarier-Kirclie, grosstentheils zerstort, jetzt Sciiul- kirclie, G. IIL Th. p. 19. Nudvojovic, Capelle, Rom. uud Fg. I. Th. p. 46—47. Niirnberg, Frauenkirche. III. Th. p. 95. 0. Ober-Hayd, Pfarrkirche, theilweise Kom. I. Th. p. 11. Obe r pfii Izi sell e Bauten des Kaisers Karl IV. III. Th. p. 95. Oliveto bei Neapel, bohmische Miniaturen. IV. Th. p. 167. 01 miitz. II. Th. p. 5. Opatovic, zerstortes Kloster. I. Th. p. 8, 30. Orlik, Burgruine. L Th. p. 1.3. Osseg, Oistercienserstift, Kirche, Anlage, Rom., ganz moder- nisirt. 1. Th. p. 9, 31. — Oistercienserstift, Kreuzgang und Capitel-Saal, Ueb, II. Th. p. 74—76. — Cistercienserstift, Sc. II. Th. p. 122. Ostrov, zerstortes Kloster. I. Th. p. 30. 0 uj ezd bei Leitomischl, Pfarrkirche, Rom. und G. III. Th. p. 142. Oybin, Klosterruine, G. III. Th. p. 95. P. Par dub ic, Schloss. 1. Th. p. 16. — Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 27, 28. „ Grabmal, Sc. IV. Th. p. 152. — Holzerner Glockenthurm. IV. Th. p. 106. — Griines-Thor und Schloss. IV. Th. p. 88—89. — Topferarbeit. IV. Th. p. 188. Pazau, Pfarrkirche, G. III. Th. p. 81. Pernstein, Burg, G. LE. Th. p. 119. Petrowitz (Petrovic). IV. Th. p. 38. Petschau, Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 51. Pilgram, Decanal-Kirclie. IV. Th. p. 28. — Tliorthiirme. IV. Th. p. 5, 87. P ilsen, Griindung. L Th. p. 10, IL Th. p. 7. — Marktplatz. II. Th. p. 15. — Erzdechantei-Kirche, G. erste Bauzeit. II. Th. p. 89, III. Th. p. 16—18. — Erzdechantei-Kirche, G. spatere Bauzeit. IV. Th. p. 38—40. — „ „ Sternberg'sche Capelle (das kunst- reiche Gewolbe 1877 eingestiirzt). IV. Th. p. 40. — Erzdechantei-Kirche. Kanzel. IV. Th. p. 127. — „ „ Madonna, Sc. IV. Th. p. 110, lU. — „ „ Todtenleuchte. IV. Th. p. 133. — „ „ Oelberg. IV. Th. p. 153. — Minoriten-(Franciscanerj Kirche, Fg. Chor. II. Th. p. 96. _ „ „ Kreuzgangs-Capelle. II. Th. p. 97. _ „ „ Sculptirte Kniiufe. IL Th. p. 126. — Briickenthurm (vor einigen Jahren abgetragen). IL Th. p. 118. — Wohnhaus, Spg. IV. Th. p. 104. Pisek, Alte-Bnrg, BB. IL Th. p. 106, 107. „ Waudmalereien. L Th. p. 88, IIL Th. p. 122. — Dechantei-Kirche, Fg. IL Th. p. 70, 72. _ „ „ Sculpturen, Rel. IL Th. p. 123. _ „ „ TM. III. Th. p. 114. — Thorthurm. IL Th. p. 118. — Brucke. III. Th. p. 22. Plan, Pfarrkirche, Spg. und Gusswerk. IV. Th. p. 150. Plan ian, Pfarrkirche, Rom. QB. I. Th. p. 43, 44. Plass, Cistercienser-Kirche, Rom. BB. I. Th. p. 8, 23, 24. Plesivec, vorgeschichtliche Wallburg. II. Th. p. 9. Plsene c (Alt-Pilsen), Rundcapelle, Rom. I. Th. p. 70. Podebrad, bewohnte Burg. IV. Th. p. 83. Podvinec, St. Nicolaus-Capelle, Rom. QB, I. Th. p. 49. _ „ „ „ Portalbild und Knaufe, Sc. I. Th. p. 82. Folic, ehemalige Klosterkirche, Ueb. BB. IL Th. p. 50, 51. _ „ „ Taufbecken. IV. Th. p. 82. Policka, Griindung. L Th. p. 10, IL Th. p. 7. Pomuk, Klosterruine, Ueb. IL Th. p. 19, 69. Pofic, St. Gallus-Kirche, Rom. L Th. p. 40. — St. Peters-Kirche, Rom. I. Th. p. 41. Porta Coli, siehe Tischnovitz. Potvorov, Pfarrkirche, Rom. QB. I. Th. p. 47. Postelberg, Porta Apostolorum, zerstortes Kloster. I. Th, p. 30. Prachatic, Landesthor. IL Th. p. 99. — Pfarrkirche, BB. III. Th. p. 78, 79. — . letzte Bauzeit. IV. Th. p. 35. — 203 — Prachatic, Pfarrkirche , Sacraments - Hauschen. IV. Tli. p. 122, 123. — Pfarrkirche, Literatenliaus. III. Tli. p. 100. — „ Thorthurin. IV. Th. p. 5, 87. Prag, Grundung der Burgen Wyssehrad luid Hradschin, I. Th. p. 2, 7. — Daliborka, Thurrn mit Verliess auf Hradschin. II. Tli. p. 12. — St. Peter- und Pauls-Kirche auf Vyssehrad, Eom. I. Th. p. 3, 7, 14, 15. — St. Peter- und Paiils-Kirche auf Vyssehrad, Tafelbild allda. III. Th. p. 115. — Aeltester Dombau, Eiiudbau. I. Th. p. 6, 7. — St. Georgs-Kirche, Eom. I. Th. p. G, 8, 15, 16. — n „ „ Stein-Altar, Sc. I. Th. p. 79. — „ „ „ Wandmalereien. I. Th. p. 89, 90, II. Th. p. 129. — St. Georgs-Kirche, Grabmal der heiligen Ludmilla. IV. Th. p. 51, 52. Pramonstratensei-Kirche Strahow. I. Th. p. 22. — St. Gallus-Kirche, Eom. modernisirt. I. Th. p. 36. — St. Peters-Kirche am Pofic, umgebaut. I. Th. p. 36. — Heiligenkreuz-Capelle, Eundbau, Eom. I. Th. p. 67. — St. Longimis-Capelle, ., „ 1. Th. p. 68. — St. Martins-Capelle, „ „ 1. Th. p. 68. ~ St. Philipp- iind Jacobs-Kirche in Smichov, Eom. LTh.p.44:. — St. Castulus-Kirche, umgebaut, Fg. I. Th. p. 10. 36. — „ „ Anbau, Spg. IV. Th. p. G6. — St. Peters-Kirche am Zderas, Fg. umgebaut. I. Th. p. 9, II. Th. p. 20, 68. — St. Peters-Kirche am Zderas, Kreuzgang. IK. Th. \). 19. — Maltheser-Kirche, Schiif zerstort, Ueb. 11. Th. p. 66. — St. Lazarus-Capelle, Ueb., vor einigen Jahren abgetragen. I. Th. p. 84. — St. Lazarus-Capelle, Sc. im Natioual-Museum. I. Th. p. 86. — Agnes- Oder Franciscus-Kloster, in Kuinen, Fg. II. Th. p. 19, 26—30. — alte Synagoge, Fg. II. Th. p. 92. — Neustadt St. Gallus. II. Th. p. 13. — Pofic, deutsche Anlage. I. Th. p. 9. — alteste Moldaubriicken. I. Th. p. 7, 8. — Domkirche, die bestehende, G. III. Th. p. 33—45. — „ Baufiihrung des Meisters Mathias. III. Th. p. 33. — „ „ « „ Peter. III. Th. p. 37. — „ Wenzels-Capelle. HI. Th. p. 42. — „ „ „ Wandgem;ilde.III.Th.p.57,60. — „ „ „ Edelsteinbelege. III. Th. p. 60. — „ Portratgallerie. III. Th. p. 45—55. — „ Altiire und Grabmaler. Sc. III. Th. p. 55 — 57. — „ Mosaikbild. III. Th. p. 60, 61. — „ Oratorium Vladislav's. IV. Th. p. 66, 134. (Der vielfach beschiidigte Dom wurde zwischen 1860—1870 restaurirt und sodann der fernere Ausbau in Angriff genommen.) — Teyn-Kirche. III. Th. p. 84—87. — „ „ Kanzel. IV. Th. p. 127. — „ „ Schw. III. p. 23, 24. — „ „ TM. III. Th. p. 120, IV. Th. p. 163. — „ „ Sculptirte Kniiufe. III. Th. p. 152. — „ „ Grabmaler. IV. Th. p. 119, 1,53. — Karmeliter-Kirche, G. umgebaut. III. Th. p. 73, 74. — „ „ Steinbiklnerei. III. Th. p. 109. — Slavenkloster Emaus, Stiftskirche, G. III. Th. p. 72. — „ „ Kreuzgang, WM. Ill Th. p. 116—119. — „ „ Tafelgemalde. III. Th. p. 119. — Karthauserkloster, total zerstort. III. Th. p. 19. — Minoritenkloster, Kreuzgang. G. III. Th p. 19. — Dominicaner-Kirche, G. verzopft. III. Th. p. 16. — „ „ Zinnguss. III. Th. p. 16. — St. Wenzels-Kirche. III. Th. p. 74. — Karlshofer Kirche. III. Th. p. 95-97. — Apollinaris-Kirche. III. Th. p. 92. — Stephans-Kirche. III. Th. p. 75, 76. — „ „ Kanzel, Spg. IV. Th. p. 127. — „ „ Altar-Bild, TM. III. Th. p. 124. — „ „ Zinnguss. IV. Th. p. 157. — Eathhaus-Capelle. III. Th. p. 148. — Eathhaus-Thurm und Saal. III. Th. p. 149, 150. — Maria Verkiindigungs-Kirche im Ship. III. Th. p. 94. — Frohnleichuams-Kirche in der Neustadt, abgetragen. III. Th. p. 139. Prag, Bethlehems-Kirche. III. Th. p. l40. — St. Johann an der Furth, Eel. III. Th. p. 109. — Anhige der Neustadt Prag. III. Th. p. 33. - Karls-Briicke. III. Th. p. 100—102. — Briicken-Thiinne. III. Th. p. 144—146. — „ „ Sculpturen. III. Th. p. 151. — Carolinum. III. Th. p. 150, 151. — Neustadter Eathliaus. III. Th. p. 150. — Standbild des heiligen Georg, Erzguss. III. Th. p. 107. — Domschatz. III. Th. p. 131—137, IV. Th. p. 181—185. — Dom-Bibliothek, Baurechnungen. III. Th. p. 39. — Pulverthurm, Spg. IV. Th. p. 84, 85. — St. Bartholomaus-Capelle am Podskal, Spg. IV. Th. p. 66. — St. Clemens-Kirche ;im Pofic. IV. Th. p. 66. — Residenzbau Vladislav's auf dem Hradschin, Spg. IV. Th. p. 71. — Eathhaus, letzte Bauzeit. IV. Th. p. 90. — „ Astronomische Uhr am Rathhaus. IV. Th. p. 130. — Eolandsiiule. IV. Th. p. 133, 134. Prosek, Pfarrkirche, Eom. I. Th. p. 21. Pfaslavic, bei Turnau, holzerner Glockenthurm. IV. Th. p. 106. Pf e louc, Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 28. Psar, im Prager Kreis, Kirche, Eom. I. Th. p. 43. Pschoblik, Weg-Capelle, Hzb. IV. Th. p. 107. R. Eadlstein, bei Teplitz, vorgeschichtliche Walle. II. Th. p. 9. Eakonic, St. Bartholomaus-Kirche. II. Th. p. 19, 80, IV. Th. p. 41. — St. Bartholomaus-Kirche, Kanzel. IV. Th. p. 128. — „ „ „ Sacraments - Hauschen. IV. Th p. 112. — St. Bartholomaus-Kirche. TM. IV. Th. p. 165. — „ „ Eisenarbeiten. IV. Th. p. 41. — Prager Thor. IV. Th. p. 41, 85. — Hoher Thurm. IV. Th. p. 86. Eaudnitz, ehemalige Stifts- jetzt Pfarrkirche, G. III. Th p. 14, 15. — ehemalige Stifts- jetzt Pfarrkirche, Kreuzgang und Capitel- saal, Eaine. III. Th. p. 16. — ehemalige Stifts- jetzt Pfarrkirche, Holzschnitzerei. III. Th. p. 16. — ehemalige Stifts- jetzt Pfarrkirche, Tafelbilder. III. Th. p. 16, IV. Th. p. 163. — Votiv-Bild, dermal in der Gemaldegallerie zu Prag. III. Th. p. 126. — Briicke, zerstort. III. Th. p. 22. Eehberg, Holzkirche. IV. Th. p. 106. Ueichenau, St. Gallus-Kirche. IV. Th. p. 106. — „ „ „ Glockenthurm, Hzb. IV. Th. p. 106. — St. Gallus-Kirche, Madonna, Sc. IV. Th. p. 111. Eeichenberg, Stadtpfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 56. Eichenburg, bewohntes Sehloss. Spg. IV. Th. p. 83, Eiesenburg, Schlossruine. II. Th. p. 12, 108, 109. — „ Wandgemiilde, Spuren. I. Th. p. 88. Eons berg, Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 47. Eosenberg, bewohnte Burg. II. Th. p. 12, 111. — Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 33. Eotli-Lhota, im Taborer Kreis, Wasserburg. II. Th. p. 12. Eothscliloss, Krakowetz, im Prager Kreis, Euine, Burg- Capelle rait WM. I. Th. p. 88. Eudig, St. .Tacobs-Kirche, Eom. I. Th. p. 48. — „ „ „ Sc. I. Th. p. 83. — „ „ „ WM. Eeste. I. Th. p. 88. S. Saaz (Zatec), Dechantei-Kirche, Fg. II. Th. p. 19, 78, 79, 80. — Libocaner-Thor, Spg. IV. Th, p. 5, 90. Sazava, Stiftskirche, Chor und Krypta, Eom. I. Th. p 6, 31—33. — „ Kelch und Schale. I. Th. p. 34. — „ Schiff, in Euinen liegend, G. III. Th. p. 18, 19. Schelkowitz (Zelkovice), Eundcapelle, Eom. I. Th. p. 69. Schlackenwe rth, St. Jacobs-Kirche, Eom. I. Th. p. 53. — Pfarrkirche St. Michael, G. und Spg. IV. Th. p. 50. — „ Sculpturen. IV. Th. p. 53. — „ Taufbecken. IV. Th. p. 131. — 204 — Schlackenwertb, Pfarrkirche, Monstranze. IV. Th. p. 181. Schlaggenwald, St. Georgs-Kirclie, Spg. IV. Th. p. 51. Schlan, ehemali-e Stifts- jetzt Dechantei-Kirclie, G., letzte Bauzeit, Spg. II. Th. p. 80, IV. Th. p. 40. 41. — ehemalige Stifts- jetzt Dechantei-Kirclie, Sacraments-Haus- clien. IV. Th. p. 121. — ehemalige Stifts- jetzt Dechantei-Kirche, Knchenthure, Schw. IV. Th. p. 140. — Todtenleuchte, Spg. IV. Th. p. 132. — Thore uiid Stadtmaueru, Spg. IV. Th. p. 5, 86. S c h r e c k e n s t e i n , Burgruine, Spg. IV. Tli. p. .5, 77. Schiittenhofeu. Dechaiitei-Kiiche St. Wenzel, Spg. IV • in. p. 37. Schiittenitz. Pfarrkirche, Fg. II. Th. p. I'li. _ „ Standbilder. II. Th. p. 123. S c h w a m lu b e r g , Burgruine. II. Th. p. 114. Schwiirz-Kostelec, hewohutes Schloss, Spg.undRen. i\ . in. — bewo'hntes Schloss. Sehlosscapelle und Votiv - Bild, Spg. IV. Th. p. 65. Sedlec, Stiftskirche, Griindung und altere Bauten, I g. 1. in- — StitVskir'che', gegenwartiger Bestan d, iiberbaut. II. Th. p. 88, 89. — Stiftskirche, Monstranze. G. IV. Th. p. 180. — Friedhofs-Kirche. Fg. II. Th. p. 89. Sejcin, St. Wenzels-Kirche, Spg. IV. Th. p. 65. Sekei-an, St. Castulus-Kirche, Spg. IV. Th. p. 48. Seelau, Priimonstrate user -Stiftskirche, Fg., iiberbaut. 1. In- p. 8, II. Th. p. 41-42. . — Dorf bei Kaaden, St. Laurentius-Kirchleiii, Rom. 1. in. p. o^- _ Tafelbildir. IV. Th. p. 162. Se lean, Griindung. I. Th. p. 11. „^ „o _ „ Pfarrkirche St. Martin, Fg. II. Th. p. 72, 73. _ „ VVaudgemalde. I. Th. p. 89. _ ^ „ Miniaturwerke. IV. Th. p. 181. Serai 1, altes Rathhaus, Hzb. IV. Th. p. 113. S kalic, Friedhofs-Kirche, Rom. I. Th. p. 43. _ „ „ „ Sc. I. Th. p. 83, 84. Slavetin, Pfarrkirche, Spg. IV. Th. p. 41, 42. Smecna, bewohutes Schloss. IV. Th. p. 138. _ Sehlosscapelle und Altar, Schw. IV. Th. p. 139. Sobesiu, Kirche, Rom. I. Th. p. 43. Sobieslau (Sobeslav), Griindung. I. Th. p. 11. _ Decanal-Kirche, Anlage, Fg. II. Th. p. 20, 40, 91, 92. _ „ „ letzte Bauzeit, Spg. IV. Th. p. 30. — Spitalkirche, G. III. Th. p. 81. Sobotka, Monstranze (in der Pfarrkirche). IV. Th. p. 181. Soluic, Marktplatz. II. Th. p. 15 — Holzbauten. IV. Th. p. 112. Stadteanlagen. II. Th. p. 13, 116. Starkenbach, Pfarrkirche. IV. Th. p. 56. — Holzhauser. IV. Th. p. 113. Stiakonic. Griindung und Bergfried. I. Th. p. 77. — alteste Theile des Schlosses. II. Th. p. 12, 20. — Stiftskirche und Kreuzgang. II. Th. p. 66—68. — letzte Bauzeit. IV. Th. p. 83. — WM. III. Th. p. 126, 157, 158. T. T abor, Anlage. IV. Th. p. 29. — Dechantei-Kirche, Spg. IV. Th. p. 29, 30. — Taiifbecken, Zinnguss. IV. Th. p. 30. — Rathhaus, Spg. IV. Th. p. 92. — „ Sculpturen. IV. Th. p. 146. — „ Astwerke, Wappen. IV. Th. p. 147. — Predigerhaus. IV. Th. p. 103. Tachau, Karmeliter-Kloster, zerstort. III.Th. p. 74. Taus, Griindung. I. Th. p. 10. _ Maria-Himmelfuhrtskirche. II. Th. p. 7, IV. Th. p. 36. — Thorthurm, Spg. IV. Th. p. 90. — Schloss, siehe Chodenschloss. Tepl, Landesthor. II. Th. p. 99. — Priimonstratenser-Kirche, Rom. I. Th. p. 18, 19. _ ^ „ Monstranze. IV. Th. 181. _ 1^ ^ Miniaturen. IV. Th. p. 167. — Befestigung. II. Th. p. 117. Teplitz, Griindung. I. Th. p. 8. — Kloster, zerstort. I. Th. p. 10, 30. — Miuiatur-Werke. IV. Th. p. 174. Tetschen iDecinj, Landesburg. I. Th. p. 10, II. Th. p. 13-99. Teyrov, Schlossruine. II. Th. p. 15. , Tisnovic, Cistercienser-Kirche, Ueb. I. Th. p. 10, II. Th. p. 19 30—35. — Cistercienser-Kirche. Sc. II. Th. p. 121. Tismic, Pfarrkirche, Rom. I. Th. p. 19. Tocnik, Schlossruine, Malereien. III. Th. p. 146. Todtenleuchten. IV. Th. p. 109. , ^ „ ,a Treble, Stiftskirche und Krypta, Rom. und Ueb. 11. Ih. p. ivi, 21—25. — Stiftskirche, Sculpturen. II. Th. p. 122. Trebnitz, Miniaturwerk. IV. Th. p. 171, 172. _ „ Buchbinderarbeit. IV. Th. p. 188. Tf ems chin, vorgeschichtliche Befestigung. II. Th. p. 9, 10. Troskv, Burgruine. II. Th. p. 12, 111. Turnan, Marktplatz. II. Th. p. 15. Tvrze, (teste Thiirme, kleine Ritterburgen). II. Th. p. 12. Tzetschowitz (Cecovic, Zetschowitz), Nicolaus-Kirche. Spg. IV. Th. p. 42-46. — Sculpturen, Altar- und Sacraments - Hauschen. iV. ih. p. 44, 121. u. Uhzic, Rundlingsdorf. II. Th. p. 17. Unter-Haid, St. Aegidius-Kirche, Spg. IV. Th. p. 32. _ Kanzel. IV. Th. p. 141. _ " " . Chorstiihle. IV.Th. p. 141. _ " „ Taufbecken. IV. Th. p. 127. _ I I Madonna, TM. IV. Th. p. 32. V. Viertel (Fiirtel im Bohmerwaldj, Wenzels-Kirche, Spg. IV. Th . p. 38. Vilemov, zerstortes Kloster. I. Th. p. 30. Vladar, vorgeschichtliche Burganhige. II. Th. p. 9. w. Weisskirchen, St. Johann B. Kirche, Rom. abgetragen. I. Th. p. 73. Welhartitz (Velhartic). Burgruine. II. 'I'h. p. llo. Wenzelstein (Kunratic), zerstortes Residenzschloss. III. Ih. p. 1.59. Wien, Miui;itur\verke. IV. Th. p. 167. Wildenscliwert, Marktplatz. II. Th. p 15. — Decanal-Kirche, Altarbild, TM. III. Th. p. 124. — Holzhauser. IV. Th. p. 112. Windberg, Klosterkirche in Bayern, bohm. 1 atelbild. ill. in. p. 116. Winrerberg, Schloss. II. Th. p. 19, 111. — Marienkirche. IV. Th. p. 36. Wittingau, Schloss. II. Th. p. 111. — Dechantei-Kirche. III. Tii. p. 80. — Magdaleuen-Capelle, Tafelbilder. IV. Th. p. 163. Wodnian, Dechantei-Kirche. zweischiffig. IV. Th. p. 3b. Wolfenbiittel, Bibliothek, Miniaturwerk. I. Th. p. 91, 92. Woparna (Oparna), Burgruine. II. Th. p. 116. Wysehrad, siehe Prag. Wyserovic, Rundlingsdorf. II. Th. p. 17. z. Zabof , St. Prokops Kirche, Rom. I. Th. P. 61. _ „ „ Sculpturen. I. Th. p. 80. 81. Zbirov, bewohute Burg. IV. Th. p. 84. Zbraslav, siehe Konigsaal. Zdikau, Hol/.capelle (wahrscheinlich in neuester Zeit abge- tragen). IV. Th. p. 110. 2ebrak, Burgruine. III. Th. p. 146. ^ Zelenic, Rundlingsdorf. II. Th. p. 17. Zetschowitz, siehe Tzetschowitz. Zinnguss. IV. Th. p. 4. Zittau, Stadtpfarrkirche. HI. Th. p 9o. Znaim, Schloss. II. Th. p. 100. — Sehlosscapelle und WM. II. Ih. p. 130, 131. Zwikov 1. Klingerberg. — 205 — II. Namens-Terzeichniss. A. Adalbert, der Heilige, Bischof und Klostergriinder. I. Th. p. 6. Aegidius, Franciscanermonch aus Rati b or , Miniaturnialer. IV. Th. p. 168, 195. — Glockengiesser aus Pilsen. IV. p. 157. Agnes, Prinzessin und Aebtissin, griindet in Prag ein Klostev. II. Til. p. 10, 26, 27. Albericus, Klosterbruder und Goldschraied. IV. Th. p. 183. Aliaps, Johann, Miniaturnialer. IV. Th. p. 167. Alphardus, Miinzmeister aus Florenz. I. Th. p. 1<>0. Amberger, Christoph, Maler aus Niivnberg. IV. Th. ]i. 166. Anna von Bayern , Kaiserin, kunstfertige Stickerin. III. Th. p. 137. Arler, Peter, siehe Gmiind. Arnest von Pardubic, Erzbischof von Prag, der Sage nach Dichter, Maler und Bildhauer. III. Th. p. 111.^ _ Arras, Mathias, Dombaumeister. III. Th. p. 33—36. Avignon, Wilhelm, Baumeister. III. Th. p. 22. B. Barthol omaeus aus Hamm, Steinmetz. III. Th. p. 161. Bartt, Nicolaus, Monch aus Magdeburg, Miniaturnialer. IV. Th. p. 167, 177, 195. Bauer, Erhart, Steinmetz in Eger. IV. Th. p. 39, 189. — Peter, Steinmetz in Eger. IV. Th. p. 190. Baumgartner, Steinmetz in Prag. IV. Th. p. 20. Benedict, Goldschmied in Prag. IV. Th. p. 180. Benedictus, Chorherr aus Bruck bei Znaim , Miniaturmaler. IV. Th. p. 167, 177. Benes von Laun, Baumeister, siehe Laun. Beuessius (Benes), Canonicus in Prag, Illuminator des Passio- nale der Prinzessin Kuuigunde. III. Th. p. 25. Bertha, Aebtissin und wahrscheinlich Bildhauerin. I. Th. p. 7. Bily, Lorenz, Miniaturmaler IV. Th. p. 171. Blazek, Steinmetz von Kuttenberg. IV. Th. p. 13. Bohus, Miniaturmaler (?), wahrscheinlich ein gefalschter Name. 1. Th. p. 98. Boleslav I., Herzog, Kirchengriinder. I. Th. p. 6. — II., Herzog, Stifter des Klosters Bfevnow. I. Th. p. 6. B 0 z i v o j , erster christlicher Herzog, Kirchengriinder. I. Th. p. 6. Bozetechus, Abt, Baumeister und Bildhauer. I. Th. p. 7. Brabantinus, Erzgiesser, siehe Johann von Brabant. Braunsberg, Heinrich von Stettin, Steinmetz. III. Th. p. 95.__ Bricquey, Johann und Stephan, Glockengiesser. IV. Th. p. 157. Bf-uchaty, angeblich Miniaturmaler, siehe Ventrosus. Brykcius von Cinperk, Glocken- und Zinngiesser. IV. Th. p. 156, 157. Busko, Domherr und Dombau-Director. III. Th. p. 50. Bfetislav, Herzog, Grlinder des Klosters zu Alt-Bunzlnu. I. Th. p. 7. Budis, Abt in Strahow, Maler. I. Th. p. 22. C. Cantarista, Peter, Zinngiesser von Koniggratz. IV. Th. p. 157 Cinperk, siehe Brykcius. Olussenberg, Georg und Martin. Erzgiesser. III. Th. p. 107. Col da, Verfasser des Passionale der Kunigunda. III. Th. p. 25. Constantia, Kfinigin, Stifterin von Tischnowitz. II. Th. p. 10 25, 30. Cosmas, Domdechant, Verfasser der altesten Geschichte Boh mens. I. Th. p. 7. D. Dietrich, Maler, siehe Theodorich, Diirer, Albrecht, desseu Einfluss. IV. Th. p 162, 164, 175. E. Eberhard, Georg, Maler aus Eger. IV. Th. p. 3, 159. Edlspitz, Nicolaus, Steinmetz, siehe Nicolaus. Ehrenfried, Theophil, Bildhauer aus Annaberg. IV. Th. p. 148. Fabian, genannt Polirai-, von Aussig, Miniaturmaler. IV. Th. Frie^drVch I., Kaiser, Erbauer der Burg zu Eger. I. Th. p. 76. - n., der Hohenstaufe, Griinder der St. Nicolaus-Kirche zu Eger. I. Th. p. 28. G. Gallus, Steinmetz zu Bohmisch-Brod, IV. Th. p. 195. Gelenius, Verfasser einer Bilderhandschrift. IV. Th. p. 17b. Gmund, Peter von (genannt Arler, Parler und Parlerz). Dom- baumeister, Lebensgcschichte. III. Th. p. 160—164. — als Baumeister. III. Th. p. 37, 45. — als Bildhauer. III. Th. p. 45, 57, 106. — als Ciseleur. III. Th. p. 136. — sein Einfluss. IV. Th. p. 3, 12, 13. Gmiinder-Schule. III. Th. p. 92. Gmiind, Heinrich der Aeltere von, Steinmetzmeister. 111. ih. p. 93. — Heinrich der Jilngere, Steinmetz in Briinn. III. Th. p. 162. — Michael, genannt Parler, Steinmetz. III. Th. p. 162. Guilhelmus Oder Wilhelm, siehe Avignon. Gumbold, Verfasser der Wenzels-Legende. I. Th. p. 92, 93. H. Han us oder Jan, Steinmetz von Kuttenberg. IV. Th. p. 12, 191 _ Severin, Xylograph. IV. Th. p. 178. — Astronom, Verfertiger der Rathhausuhr in Prag. IV. J h. p. 131. Hedvabn^, Steinmetz von Bergreichenstem. III. Ih. p. Hermann vonTachau, Karmelitermoneh und Baumeister. III. Ph. p. 72. Hertenberge r, Miniaturmaler. IV. Th. p. 177. H 0 d jk , Miniaturmaler. III. Th. p. 127. Hollar, Wenzel, Kupferstecher. IV. Th. p. 167, 178. Holubec, Domherr und Baudirector. III. Th. p. 50. I, J. Italienische Kiinstler, in Bohmen wirkend. III. Th. p. 115. Jacobus, genannt Statuarius, Bildhauer. IV. Th. p. 136, 144,19.^. — Mitarbeiter an der astronomischen Uhr. IV. Th. p. 131. Jahn, Quirin, Maler, Auffinder der alten Satzungen der Lucas bruderschaft. III. Th. p. 103. Johann von Lux< mburg, Konig von Bohmen. III. Ih. p. 6, — IV. von Drazic, Bischof und Kunstfreinid. III. Th. p. 4. — von Brabant, Erzgiesser. IV. Th. p. 155. — Abt, Wiedererbauer des Klosters Strahow. I. Th. p. 22. Judith, Konigin, Griinderin mehrerer Kloster, Erbauenn der ersten Moldaubriicke. I. Th. p. 8. J u n gkh e r r n von Prag, angeblich Steinmetze. III.Th. p. 162, Ibd. K. Karl IV., Kaiser und Konig, als Forderer der Kiinste. IH. Th. p. 4, 32, 33. ^ c . Kotlik, Andreas, Domherr und Baudirector. III. Th. p. 52. Kfiz, Steinmetz, siehe Staniek. Kuncz, k(>nighcher Maler. III. Th. p. 121.^ Kuntz, Steinmetzmeister in Graupen. IV. Th. p. 53, 191, K vie ton, Baumeister. IV. Th. p. 195. — 206 — L. Laun, Benedict (Benesch) von, Baumeister. IV. Th. p. 19, 21' 57, 59, (30, 68, 193, 194. Lindperk, Mathias Orn^s von, Miniaturmalei-. IV. Th. p. 172, 173, 178, 196. Lomnic, Domherr nnd Baudirectoi-. III. Th. p. 40. Loi-enz, Bildhaiier ans Freiberg. IV. Th. p. 197. Lukas, Maler in Eger. IV. Th. p. 3, 159. M. M al e rb r u d e r s ch aft- St. Lucas, Statuten undProtokolle. III. Th. p. 103—106. Math ae us von Koniggratz, Glockengiesser. IV. Th. p. 156. Mathias von Arms, siehe Arras. Melnik (Melnik), Paul, Miniatunualer. IV. Th. p. 173, 195. Milada, Prinzessin und Aebtissin, Griinderin des Klosters St. Georg auf dem Hradschin. I. Th. p. 6, 7. Miroboj (Mirobogins) Baumeister. I. Th. p. 6. Moravius, Mathias. Miniaturmaler. IV. Th. p. 167. Mutina, Tomaso, Maler aus Treviso. III. Th. p. 30, 112— 114. Nicolaus von Edlspitz, Steinmetz. IV. Th. p. 89, 195. o. Ornys von Lindperk, siehe Lindperk. Otakar II., siehe Pfemysl. P. Parler, Peter, siehe Gmiind. Pe cka, Mathias, Miniaturmaler. IV. Th. p. 174, 196. Petrlik, Steinmetz. III. Th. p. 163. Podebrad, Konig, Freund der Kiinste. IV. Th. p. 3, 69, 70. Polak, Thomas, Goldschmied in Prag. IV. Th. p. 181. Poliraf, siehe Fabian. Pfemysl Otakar II., Stadtegriiuder. L Th. p. 10, 11, IL Th. p. 7. Ptaczek, Andreas, Zinn- und Glockengiesser von Kuttenberg. IV. Th. p. 158. Ptaczek, Jacob, Glockengiesser. IV. Th. p. 156. E. Radauss, Maler und Illuminator. IV. Th. p. 137, 164, 167, 175, 178, 196. Radec, Wenzeslaus, Domherr und Baudirector. III. Th. p. 52. Raisek (Raysek, Reisek), Mathias von Prostiejow, Steinmetz und Bildhauer. IV. Th. p. 13, 17, 19, 24, 67, 191, 192. R ambauzek, Maler und Bildschnitzer. IV. Th. p. 164, 195. Reginhardus, Abt, Maler und Bildhauer. I. Th. p. 9. Richnovius, Dicliter uud Scriptor. IV. Th. p. 175. Roritzer, Matthiius, Steinmetz. III. Tli. p. 163. Rosenberg, Dynasten, Forderer der Kunste. I. Th. p. 97. 103, II. Th, p. 59, 60, III. Th. p. 79, 127, 158, IV. Th. p. 194. Ru pprecht, Fritz uud Georg, Steinmetzmeister. III. Th. p. 95. s. Schaufler, Steinmetz in Prag. IV. Th. p. 163. Schildererzunft. III. Th. p. 30. Schmelzer, Steinmetz in Prag. IV. Th. p. 162. Sed lean sky, Johann Jacob, Miniaturmaler. IV. Th. p. 166. Silvester, Abt in Sazava, Baumeister. I. Th. p. 5. Sobieslav I., Herzog, Kirchengriinder. I. Th. p. 8, 66. — II., Herzog, Erweiterer von Prag. I. Th. p. 9. Spitihnev II., Herzog, Erbauer des alten Prager Domes. I. Th. p. 6. Stadteanlagen. IL Th. p. 13, 116. Staniek, Steinmetz-Familie von Krumau, Stanislaus, Johann und Christian (Kfiz). III. Th. p. 79, IV. Th. p. 194, 195. Stein schleiferei. IIL Th. p. 138. Strazryba, Bildhauer und Steinmetz. IV. Th. p. 97. Stuccaturarbeit. III. Th. p. 138. T. Taborski^ (Taborinus), Johann, Illuminator und Mechaniker. IV. Th. p. 171, 172, 174, 175. 178, 194. Theodorich (Dietrich), Maler. IIL Th. p. 30, 125, 126. Tomik, angeblich Hofmaler. I. Th. p. 9. V. Ventrosus, angeblich Miniaturmaler, soil identisch sein mit Peter Bfuchaty. III. Th. p. 127. Velislav (Welislaw) , angeblich Ilhiminator der Lobkowitz- Bibel, wahrsoheinlich ein gefalschter Name. I. Th. p. 99. w. Weitmiil (Waitmiihl), Benes Krabicze, Domherr, Chronist und Baudirector. III. Th. p. 52. Wenzel, Herzog, der Heilige, Griinder der ersten Domkirche. L Th. p. 6. — I., Konig, Minuesanger, thatiger Kunstfreund. I. Th. p. 10. — IL, Konig, Griinder von Kouigsaal. I. Th. p. 11, 12, IL Th. p. 88. — von Olmiitz, Kupferstecher. IV. Th. p. 178. — von Prag, Steinmetz. IV. Th. p. 191—192. Wernherius, Steinmetz. I. Th. p. 8, 15. Wladislaw I. (Vladislav), Herzog, Griinder von Kladrau. I. Th. p. 7. — II. Herzog, als Konig W. I. eifriger Kunstforderer und Klosterstifter. p. 8, 22, 23, 26. — IL Konig, Wiedererwecker der Kiinste. Th. 4, IV. p. 6—5, 1.34, 189, 193. Wohlgemuth, Michael, Maler von Niirnberg, dessen Einfluss. IV. Th. p. 162, 163. — Bonifaz, Baumeister. III. Th. p. 43. Wratislaw IL, Konig (Vratislav), Griinder der Collegiat-Kiiche auf dem Wyssehrad. I. Th. p. 7. Wsetecka, Georg- und Wenzel, Steinmetzmeister. IV. Th. p. 195. Wurmser, Nicolaus, Maler. III. Th. p. 59, 60, 122—123. Wurzelbauer, Benedict, Bildhauer und Erzgiesser von Niirn- berg. IV. Th. p. 156. z. Zbysek (Zbinko) von Trotina, angeblich Miniaturmaler, wahr- schein ich ein erfundener neuer Name. III. Th. p. 130. Zdik, Heinrich, Bischof und Kirchengriinder. I. Th. p. 67. Zluticky Niclas, Maler. IV. Th. p. 167. — 207 — III. Yerzeicbniss der lUustrationen. (Nach den Theilen geordnet.) I. Theil. Eger, der schwarze Thurm, Aufriss, Grundriss, Durchschnitt, Detail. Fig. 1—4, p. 13. — der schwarze Thurm, Fenster. Fig. 5, p. 14. Vysehrad, St. Peter- und Pauls-Kirche, Grundriss. lig. b, p 14. _ St. Peter- und Pauls-Kirche, Ansicht nach einem alten Holz- schnitt. Fig. 7, p. 15. Prag, St. Georgs-Kirche, Grundriss. Fig. 8, p. 15. _ „ Durchschnitt. Fig. 9, p. 16. " J „ Grundriss und Durchschnitt der Krypta. Fig. 10, 15, p. 16. — St. Georgs-Kirche, Choransicht. Fig. 13, p. 16. _ „ „ „ Details. Fig. 10—12, 16 a, 16 b, p. 16. Miihlhaus'en, Stiftsliirche, Frontansicht. Fig. 17, p. 17. — Grundriss. Fig. 18, p. 18. — Bogenstellung. Fig. 19, p. 18. Tepl, Stiftsltirche, Frontansicht. Fig. 20, p. 19. _ „ Thurmpartie. Fig. 21, p. 19. _ „ Grundiiss. Fig. 22, p. 20. _ „ Details. Fig. 23, 24, p. 20. Tismic, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 25, p. 20. _ „ Langenschnitt. Fig. 26, p. 20. _ „ Choransicht. Fig. 27, p. 21. _ „ Seitenansicht. Fig. 28, p. 21. _ _ Frontansicht. Fig. 29, p. 22, _ „ Details. Fig. 30-32, p. 22. Prosek, Pfarrkirche, Grundiiss. Fig. 33, p. 22. _ Langenschnitt. Fig. 34, p. 23. _ „ Details. Fig. 35-37, p. 23. Prag, Stiftskirche Strahow, Grundriss. Fig. 38, p. 24. Plass, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 39, p. 24. Alt-Bunzlau, Collegiat-Kirche, Grundriss. Fig. 40, p. 2o. _ „ „ „ derKrypta.Fig.41, p. 25. — Collegiat-Kirche, Liingendurchschnitt der Krypta. Fig. 42, p. 26. — Collegiat-Kirche, Details der Krypta. Fig. 43, p. 26. _ ^ „ CapitalundBasiseinerSaule.Fig.48,p. 27. Kladrau, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 49, p. 27. Eger, Dechantei-Kirche, Grundriss. Fig. 50, p. 28. _ „ Ansicht und Profil des Haupt-Portals. Fig. 51,"p. 28. — Dechantei-Kirche, Thurmpartie. Fig. 52, p. 29. _ Rundbogenfriese an den Thiirmen. Fig. 53, p. 29." — Dechantei-Kirche, Spitzbogenfriese an den Thuimen. Fig. 54, p. 30. — Dechantei-Kirche, Saulen-Capitale. Fig. 55—57, p. 30. _ „ „ Knaufe. Fig. 58, 59, p. 31. _ ^ ^ Maasswerk aus der letzten Bauzeit, Spg. Fig. 60 a, p. 31. — Dechantei-Kirche, Maasswerk, Profil. Fig. 60 c, p. 31. _ „ aus dem Jahre 1275, Fg. — Dfchantei-Kii'che, Maasswerk, dazuProfil und Stab. Fig. 60b, 60 e, p. 32. — Dechantei-Kirche, Laubwerke aus letzterBauzeit. Fig. 62, 63, p. 32. Doxan, Stiftskirche, erhaltener Theil der Grundform. Fig. 64, p. 33. — Stiftskirche, Querschnitt der Krypta. Fig. 65, p. 33. Doxan, Stiftskirche, Capitiile und Saulenbasen. Fig. 65—70, p. 33, 34. Sazava,Stiftskirche. Fig. 71, 72,p.3D. ^. _ Ansicht des Chores und der Ruine des Schiifes. Fig. 73, p. 35. B e c h i n , Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 74, p. oh. __ Langendurchschnitt. Fig. /D, p. 3b. Kondrac (Kondratce), Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 76, P- 36.^^ _ ^ Frontansicht und Querschnitt. lig. M, 78, p. 37. rv o . Pofic, Gallus-Kirche, Grundriss. Fig. <9, p. 3b. Langenschnitt. Fig. 80, p. 38. _ \ „ Siiule in der Krypta. Fig. 81, p. 38. _ Peters-kirche" Grundriss undFrontansicht. Fig. 82, 83, p. 39. Hrusic, Wenzels-Kirche, Portal, Aufriss und Proiil. Fig. 84, p. 39. St. Jacob bei Kuttenberg, Grundriss. Fig. 85, p. 40. _ Langenansicht. Fig. 8b, p. 41. _ " " Siiule mit Detail. Fig. 86, 87, p. 40. _ " ^ Profil und Gesims des Portales. Fig. 89, 90, p. 41. . , ^. Jircan, Pfarrkirche, Grundriss und Langenansicht. Fig. 91, J2, p. 42. PI an i an, Pfarrkirche, Aufriss. Fig. 93, p. 43. _ „ Grundriss. Fig. 94, p. 43. _ „ Gesims. Fig. 94, p. 44. _ „ Fenster. Fig. 95, p. 44. _ „ Tragstein. Fig. 97, p. 44. Prag, Kirche am Smichow, Grundriss und Choransicht. ing. .)», 99 p 44 Alt-Bunzlau, Friedhofs - Capelle, Ansicht und Grundriss. Fig. 100, 101, p. 45. Kej (Keeg, Kyje), Pfarrkirche, Grundriss und Frontansicht. Fig. 102, 103, p. 45. _ Pfarrkirche, Profil des Portals. Fig. 104, p. 46. _ „ Lessenen. Fig. 105, p. 46. Tetin, Kathariuen-Capelle, Grundriss. Fig. lOG, p. 46. Nudvojovic, Capelle, westliclie Ansicht und Grundriss. Fig. 107, 108, p. 46. - Capelle, siidliche Ansicht, Chorseite. Fig. 109, 110, p. 4*. _ Fenster mit Detail. Fig. Ill, 112, p. 4(. _ " Portal, Profil und Aufriss. Fig. 113, 114, p. 47. Potvorov. Pfarrkirche, Grundriss, Querschnitt gegen die West- seite, Langenansicht und Choransicht. Fig. llD— 118, p. 48. - Pfarrkirche, Pfeiler unter der Empore. Fig. 119, p. 49. _ „ Portal. Fig. 120, p. 49. _ Fenster. Fig. 121, p. 49. _ „ Balkon der Empore. Fig. 122, p. 49. Rudig;, Jacobs-Kirche, Grundriss und Aufriss. Fig. 123, 124, p. 50. - Jacobs-Kirche, Profil und Ansicht des Hauptgesimses. Fig. 125, li'6, p. 50. - jHCobs-Kirche, Profil des Portales. Fig. 127, p. 50. Podvinec, Capelle, Ansicht. Fig. 128, p. 51. _ „ Querschnitt durch die Emporkirche. Fig, 129, p. 52. - Capelle,' nnterer und oberer Gnrndriss. Fig. 130, 131, p. 52. Hauptgesims, Fig. 132, p. 52. _ „ Fenster mit Profil. Fig. 133, p. 52. _ „ Sockelprofil. Fig. 134, p. 53. _ „ Capitiile. Fig. 135, 136, p. 53. Liebshausen, Pfarrkirche, siidliche Ansicht. 1 ig. 137, p .)^. _ „ Portal mit Detaillirung. 1 ig. 138, 139, p. 53, 54. 28 — 208 — Liebsh.usen, Pfan-kirche Thumfenster Fi^^^ _ Fenster un Schme. ing. 141, p. 04. _ " Bogeafries. Fig. 142, p. 54. Schlackenwenh, Jacobs-Ki.che, ^^^i.^^,^;^^ Moh^e1nict*^'Krien-Kirche. Langenansicht und Grundriss. Fiff. 147, 148, p. 55. - Marieu-Kirche, Details. Fig. 149, 150, p. 55. Eger, Doppel-Capelle auf der Bnrg, Langenausicht. Ing. lol, - Doppel-Capelle auf der Buvg, untevev und oberer Gnmd- riss Fio' 152 153, p. 56. . - Doppel Capelle auf der Burg, Langeudurchschmtt. Fig. lo4, - Dcijipel-Capelle auf der Burg, perspectivische Ausicht des - J;^;SSSeiff'|i'^er Burg, Capitale der Unterkirche. - Doppef-'clpdle' 'auf der Burg, Saulenbasis aus der Uuter- kirche. Fig. 158, p. 58. . - Doppel-Capelle auf der Burg, Gewolbenppeu der Obei- _ Soppel-cteS^^^^ im ScWif der Oberkirche. Fig. 160, p. 58. . - Doppel-Capelle auf der Burg, Capitale allda. Fig. 161, 162, 1) 59 _ Doppel-Capelle auf der Burg, Wandsaulen-Capitiile, allda. Fig. 163, 164, p. 59. ^, -, ^, , ■ , - Doppel-Capelle auf der Burg, Siiule im Clior der Oberkirche. - Doppel-Capelle auf der Burg, Sockelprofil. Fig. m p. 60 Fensterprofil. Fig. 168, p. 60. " n " " Lessenen am Aeussern. ■ — „ 15 v n " Fig;. 167, p. 60. . , m • - Doppel-Capelle auf der Burg, Profil und Gesims des Tri- umphbogens. Fig. 169, 170, p. 61. Miihlhausen, Aegidius-Kirche, Grundriss und Westseite. Fig. 171, 172, p. 62. ^ _ Aegidius-Kirche, Fenstersiiulen. Fig. 173, 1 <4, p. 62. Arkadenstellung im Innern. Fig. 175, Zabo'f ."Prokops-Kirche, Grundriss und Durchschnitt. Fig. 176, - plokops-Kirche, Capitalbildungen. Fig. 178-180, p. 63. _ Saule im Innern. Fig. 181, p. 63. _ " decorirter Saulenschaft. Fig. 182, p. 63. _ " " DetailsvomHauptportal.Fig.l83,184,p.6o. _ " ' Hauptportal. Fig. 185, p. 64. _ , Bogenprofil desselben. Fig. 186, i p. 64. " " Profil des unteren Gewiindes. Fig. 187, P- 64. Kovarv, Rundcapelle, Grundriss. Fig. 186 «, p. 6o. _ „ Ausicht. Fig. 187, p. 66. G e 0 r g s - C a p e II e auf dem Eip, Grundriss. Fig. 188, p. 66. _ _ ^ „ „ „ Durchschnitt und Ausicht. Fig. 189, 190, p. 67. - Details. Fig. 191, 192, p. 67. ir. , P r ag , Rundcapelle Heiligenkreuz, Ansicht, Grundriss und Durch- schnitt. Fig. 193-195, p. 68. ^ . -p- iQr Ilolubic, Rundkirche, Maria-Verkilndigung, Grundriss. lig.l JO, - Rundkirche, Maria-Verkundigung, Durchschnitt. Fig.197, p. 69. _ „ Lessenen. Fig. 198, p. 69. " Ansicht der Rirche. - n rt » Fig. 199, p. 70. S c h c I k 0 w i t z , Rundcapelle, Grundriss. Fig. 200, p. 1 1. _ Ansicht und Portal. Fig. 201, 202, p. 71. Liboun, Wenzels-Kirche, Grundriss. Fig. 203, p. 71. B f e V n 0 V , Doppelcapelle, Grundriss der Krypta. Fig. 204, p.J^2, _ „ Grundrissc des Oberbaues. Fig. 205, - Doppelcapelle, Durchschnitt und Ansicht. Fig. 207, 208, p. 72. Weisski rchen, St. Johaimes-Kirche, Grundriss und Ansicht. Fig. 209, 210, p. 73. Bohnic, Pfarrkirchc, Grundriss. Fig. 211, p. 73. ' Dutch ein Versehcn des Setzers bind die Nununcrn 18G, 187zweimal cingorciht worden ; von liier, 186 o, ,in ist die liezeiclinung der Kiguren l)ia zum Endo de« 1 Tiiciloti riclitig. Eger, Saalbau auf der Burg, Ruine, Ansicht und Grundriss. Fig. 212, 213, p. 74. — perspectivische Ausicht der Burg, besondere Beilage. — Capitale und Details des Saiilbaues. Fig. 214—220, p. 75, 76. Strakonic, Ausicht des Bergfried. Fig. 221, p. 78. Prag, St. Georgs-Kifche, Stein-Altar, Sc. Fig. 222, p. 79. Zabof, Sc. Trager im Innern. Fig. 223, p. 80. _ „ am Portalbogen. Fig. 224-226, p. 80. Hrusic, Rel. am Portal. Fig. 227, 228, p. 81. Podvinec, Rel. am Portal. Fig. 229, p. 82. — sculptirter Knauf. Fig. 230, p. 82. Mohelnic, Madonna, Sc. Fig. 231, p. 82. Ru dig, Sc. Fig. 232, p. 83. A man, Sc. Fig. 233, 234, p. 83. Skalic, Thiergestalten, Sc. Fig. 235—238, p. 84. Katovic, Statuen. Fig. 239, p. 85. Prag, St. Lazarus-Capelle, Reh Fig. 240, p. 86. St. Jacob bei Kuttenberg, Portalbild, Rel. Fig. 241, p. 87. _. , „ Statuen. Fig. 242, p. 88. Prag, Georgs-Kirche, Wandmalereien. Fig. 243, 244, p. 89, 90. Budweis,Dominicaner-Kirche, WM. Fig. 245, p. 91. Selcan, Pfarrkirche, WM. Fig. 246, p. 91. Wolfenbiittel, Bibliothek, Miniaturwerk. Fig. 247, p. 93. Prag, k. k. Bibliothek, MM. Initiale. Fig. 248, p. 94. _ ^ „ MM. Randverzierungen. Fig. 249—258, p. 95. — National-Museum, MM. Glossarium, Initialen. Fig. 259—262, P- 96. H 0 h e n f u r t , Stifts-Bibliothek, MM. Initiale. Fig. 263, p. 9 ^ . Prag, National-Museum, Jaromefer Bibel, MM. Fig. 264, 26o, — fiirsti. Lobkowic'sche Bibliothek. MM. Fig. 266, p. 99. Eger, Antipeudium in der Jodocus-Kirche. Fig. 267—269, P r a g , k! k. Bibliothek, Stickerei eines Einbandes.Fig. 270, p. 105. II. Theil. Tf emsin, Situationsplan. Fig. 1, p. 10. Katovic, Situationsplan und Querschnitt der Walle. ing. 2, 6, p. 11. Budweis, Marktplatz. Fig. 4, p. 14. Pilsen, Marktplatz. Fig. 5, p. 15. Z e 1 en e c , Rundlingsdorf. Fig. 6, p. 16. Jific, emphyteutisches Dorf. Fig. 7, p. 17. Treble, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 8, p. 22. _ ^ _ „ Langenausicht und Querschnitt. 1 ig. 9, 11 , — Stifekirche, Grundriss der Krypta. Fig. 10, p. 23. _ „ Arkaden. Fig. 12, 16, p. 24. _ „ Seitenportal. Fig. 13, p. 24. _ „ Details. Fig. 14, 15, 17, p. 24-25. Prag Agues-Kloster, Grundriss der Kirchenrume. Fig. 18, p. 26. _ ^ „ „ Langendurchschnitt. Fig. 19, p. 27. _ „ „ Fenster. Fig. 20, p. 27. _ , GurtenundWiderlager.Fig.21-24,p.28. _ " „ Capitale. Fig. 25-31, p. 29, 30. _ I „ Schlussstein. Fig. 32, p. 30. Tischnowitz, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 33, p."30. _ „ westliche Ansicht, Choransicht. Fig. 34, 35, p. 31." . . r. v. — Stiftskirche, Querschnitt des Schiffes und des Querhauses. Fig. 36, 37, p. 31. — Stiftskirche, Ornamente am Portal. Fig. 38, 39, p. 32 _ Details aus dem Kreuzgang. Fig. 40—44, p. 66. Hradist,"Klosterruine, Portal mit Profilrissen. Fig. 4o, 46. p. 34. — Klosterruine, Details. Fig. 47—54, p. 35-37. I glau, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 55 p. 37. L Seitenportal und Fenster. Fig. 56, 57, p. 38. _ " Capitale. Fig. 58, 59, p. 38. _ „ KanzeL Fig. 60, p. 38. — Dominicaner-Kirche, Profil des Portales. Fig. 61, p. 39. _ „ „ Capitale. Fig. 62, 63, p. 39. — Minoriten-Kirche, Grundriss und Durchschnitt. Fig. 64, 6o, p. 40. — Minoriten-Kirche, Ansicht. Fig. 66, p. 41. _ ^ „ Details. Fig. 67—69, p. 41, 42. Selau, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 70, p. 43. _ Details. Fig. 71-74, p. 42, 43. — 209 — Humpolec, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 75, p. 43. _ „ Dnrchschnitt. Fig. 76, p. 44. F r a u en th a 1 , Stiftskirche, Grundriss uud Querschnitt. Fig. 77, 7)S, p. 44. — Stiftskirche, Details. Fig. 79—8-2, p. 45. C'aslau, Dechantei-Kirclie, Grundriss. Fig. 83, p. 45. _ „ „ romanisclies Gesims. Fig. 84, p. 46. _ . ^ „ frali-gnthischerDieust. Fig. 85,p. 46. _ " „ spat-gothische Details. Fig. 86, 87, p. 46. Kolin, Bartholomaus - Kirche, Durchschnitt und Grundriss. Fig. 88, 89, p. 47. — Bartholomaus-Kirche, westliche Ansiclit. Fig. 90, p. 48. „ Pfeiler. Fig. 91. _ „ „ Details. Fig. 92—95, p. 49. Kourim, Decanal-Kirclie, Grundriss der Kirche. Fig. 96, p. 49. — „ „ „ der Krypta. Fig. 97, p. 49. _ Langendurcbsclinitt. Fig. 98, p. 50. — „ „ Portal und Cliorfenster. Fig. 99, 100, p. 51. — Decanal-Kirche, Fenster im Schiffe. Fig. 101, p. 52. _ „ „ Nischen im Chor. Fig. 102, p. 52. — „ „ Pfeiler in der Krvpta. Fig. 104, p. 53. — „ „ Detaillirungen. F"ig. 103—109, p. 53. Folic, Probstei - Kirche, Grundriss, Arkaden und Portal. Fig. 110—112, p. 54. — Probstei - Kirche , Profil und Ornamente des Portales. Fig. 113 -116, p. 55. Jung-Bfist, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 117, p. 55. Nachod, Pfarrkirche, Ansicht und Grundriss. Fig. 118, 119, p. 55. Goldenkron, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 120, p. 56. — „ Frontansicht. Fig. 121, p. 57. — „ Rundfenster. Fig. 122, p. 57. — „ Strebepfeiler mit Detail. Fig. 124, 125, p. 58. — Stiftskirche, Arkadenpfeiler. Fig. 123, p. 58. — „ Spitze des Treppenthlirmchens. Fig. 126, p. 59. — „ Capitale aus dem Kreuzgang. Fig. 127, 128, p. 59. Budweis, Dominic;iner-Kirche, Grundriss. Fig. 129, p. 60. — „ „ Arkadenpfeiler. Fig. 130, p. 60. — „ „ Details aus der Kirche. Fig. 133, 134, 136—138, p. 61. — Dominicaner-Kirche, Fenster und Capital aus dem Kreuz- gang. Fig. 131, 132, 135, p. 60, 61. Hohenfurt, Stiftskirche, Grundriss der Kirche und des Kreuzganges. Fig. 139, p. 62. — Stiftskirche, Arkadenstellung. Fig. 140, p. 62. — „ Querschnitt. Fig. 141, p. 6'6. — „ Pfeiler im Schiffe, detaillirt. Fig. 142 «, 142 b, 143 a, 143 b, p. 63. — Stiftskirche, Gesimse. Fig. 144—146, p. 63. — „ Capital und Profil eines Seitenportales. Fig. 147, 148, p. 63. — Stiftskirche, Chorfenster und Stab. Fig. 149 a, 149 b, p. 64. — „ Fenster im Querschiff mit Stab. Fig. 151 a, 151 b, p. 64. — Stiftskirche, Gewolberippen. Fig. 154—156, p. 64. — „ , Capital aus der Kirche. Fig. 150, p. 64. „ Fenster im Schiffe, letzte Bauzeit. Fig. 152, p. 64. — Stiftskirche, Fenster im Kreuzgang. Fig. 153, p. 64. — „ Thiirgewande und Capital im alten Capitelsaal. Fig. 157, 158. p. 65. — Stiftskirche, Rundfenster im Capitelsaal. Fig. 159, p. 65. Strakonic, Stiftskirche, Grundriss. Fig. 159. i — Portal im Kreuzgang (dem Atrium). Fig. 160, p. 67. — Profil des Portalgewandes. Fig. 161, p. 68. — Capitale aus dem Kreuzgange. Fig. 162 — 164, p. 68. Prag, Maltheser Stiftskirche, Gurttrager. Fig. 157, 1.58, p. 66. — Stiftskirche am Zderaz, Ansicht, nach einem alten Holz- schuitt. Fig. 165, p. 69. Pomuk, Cistercienser-Kirche, in Ruinen, Details. Fig. 166 — 168, p. 70. Pisek, Pfarrkirche, Arkadenstellung. Fig. 169, p. 71. — „ Details. Fig. 170, 171, p. 71. Pr lethal, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 172, p. 72. ' An dieser SteUe (eigentUch schon mit Nr. 157) hat (lurch irgend ein Versehea in der Druckerei eine doppelte Numcrirung stattgefundeii. Selcan, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 173, p. 72. — westliche Ansicht. Fig. 174, p. 73. ^ ^ — Fenster und Capital. Fig. 175, 176, p. ;3, <4._ Osseg, Cistercienserstift, Capitelsaal, Grundriss und Duich- schnitt. Fig. 177, 178, p. 74. . — Cistercienserstift, Portal vom Kreuzgang m den Capitel- saal. Fig. 179, p. 75. r< , 1 T?- ien 1«1 — Cistercienserstift, Details aus dem Capitelsaal. Fig. 180, 181, — Cistercienserstift, Details aus dem Kreuzgang. Fig. 183 a, — Cistercienserstift, Portal vom Kreuzgang in die Kirche. Fio- 289, p. 123. Eger, Franciscaner-Kirche, Grundriss. Fig. 184 p. 77. ^ ' Details aus der Kirche. Fig. 185, 186, — )) " — Franciscaner-Kirche, Fenster aus dem Kreuzgang. Fig. 187, 1S8 p 78 S a az ^ Dechantei-Kirche, Grundriss. Fig- 189, P- 78. Fenster und Details. Fig. 190-192, — „ n p 79 Hohenmauth, Dechantei-Kirclie, Grundriss. Fig. 193, p. 80 Langendurchschnitt. 1 ig. 194, p 81 — Dechantei-Kirche, Choransicht. Fig. 195, p. 82. Aussig, Maria-Himmelfahrtskirche. Grundriss. Fig. 19b,^p. 83. _ Durchschnitt.Fig.19i, p. 83, Beneschau". Minoriten-Kirche, Ruine, erhaltener Chortheil. Fio- 198 p. 84. _ Minoriten-Kirclie, Ruine, Wandpfeiler. Fig. 199 p. 85. _ „ Fenster. Fig. 200, p. 8b. _ " I „ Details. Fig. 201, 202, p. 86. _ " Ansicht der Ruine, besonderes Blatt. Jungfrauen-Teinitz, Klosterniine, Grundriss. Fig. 203, p 87 — Uebei-rest des Hauptportales. Fig. 204, p. 88. Sedlec, Cistercienser-Kirche, bedeutend nmgebaut. Grundriss. Fig.' 225, p- 89. Friedhofs-Kirche, Ansicht. Fig. 226, p. 89. _ „ unterer Grundriss. Fig. 22 <, p. 90. _ " . oberer Grundriss. Fig. 228, p. 90. S 0 b i e s 1 a u , Decanal-Kirche, Grundriss und Choransicht. Fig. 229, 230, p. 91. , r — St Barbara-Kirche, Ornamente am Strebebogen. I ig.8, P- 15- _ „ Giebelblumen. Fig. 9 a, b, p. lo. _ " ' „ laufendes Ornament. Fig. 10, p. 16. _ " " Knauf an einem Chorstuhl. Fig.ll,p. It-. _ " " " Baldachin ebendaselbst. Fig. 12, p. 16. Gelauder am Chorschranken. Fig. 13, •in " — St. Barbara-Kirche, Querdurchschnitt des Schiffes, letzte Bauzeit. Fig. 14, p. 17. _ — St. Barbara-Kirche, Joch des Schiftes. Fig. l!^, p. 1». _ ^ Strebepfeiler und Bogen des Benescli von Laun, letzte Bauzeit. Fig. 16 a, 6, p. 18. _ St. Barbara-Kirche, Pfeiler in der Emporhalle, Grundiiss und Sockelansicht. Fig. 17 a, b, p. 19. — St. Barbara-Kirche, Rippeuverschlingungen und Maasswtrke. Fig. 18, p. 19. , _ St. Barbara-Kirche, Fenstermaasswerk. l-ig 19, p. 20. _ freitragende Rippe, Profil. Fig. 20, p. 2U. _ " " „ Laubwerk. Fig. 21, p. 21. — Ansicht der St. Barbara-Kirche, besonderes hth. Blatt. — Maria-Himmelfahrtskirche, Grundriss. Fig. 22, p. 21. _ „ Querschnitt. Fig. 23, p. 22. " Partie vom Liingenschnitt. Fig.24. Maria-Himmelfahrts-Kirche, Pfeiler im Grund- und Aufriss. — Mai^a-Hinimelfahrtskirche, Fenster. Fig. 26, p. 23. _ Dreitaltigkeits-Kirche, Grundriss. Fig. 27, p. 24. _ „ Querdurchschnitt. Fig. 28, p. il*. Gang bei Kuttenberg, Laurentius-Kirche, Grundriss. Fig. IJ, Kuttenberg, Erkerausladuugen an der alten Burg. Fig. 30, 31, P a r dubi c ,°becanal-Kirche. Grundriss. Fig. 32 p. 27 _ „ n Liingenschnitt. Fig. 33, p. 28. Tabor, Pfarrkirc'he, Grundriss. Fig. 34, p 29. _ siidliche Ansicht. Fig. 3o, p. 30. _ „ Pfeiierbildung , Sockel , Gurtausladung. _ pttrrWrche,MalsswerkederkleinerenundgrosserenFenster. Fig. 37, 38, p. 31. Unter-Haid, Pfarrkirclie, Grundriss. Fig. 39, p. 32. _ ^ Sockel und Schatt emer baule. 1 ig. - PtiVkirche, Sockel und Schaft der gegeniiberstehenden Saule. Fig. 41, p. 33. , ^ oa _ Pfarrkirche, Ausladung eines Balkons. I ig. 42, p. 66. Hohenfurt, Fenstermaasswerk der letzteu Bauzeit. i;ig. -to, X) 33 Kap li t z\ Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 44 p. 34. „ Pfeiierbildung, Grund- und Autiiss. Fig. 45, p. 34. . Goiau, Wallfahrts-Kirche, Grundriss. lig. 4b, p oo. ' „ Pfeiierbildung. Fig. 4 <, p. 3o. _ " „ Portal. Fig. 48, p. 35. _ „ strebepfeiler. Fig. 49, p. 35. Blatn a, Dechantei-Kirche, Grundriss. Fig. 50,_p. 36. _ „ Gewolbekappen. Fig. ol, p. 3(). _ " „ Maa.sswerk. Fig. 52, p. 36. Budweis, Frirdhofs-Kirclie, Grundriss. Fig. 53, p. 37. P e tr 0 V i c , Peter- und Pauls-Kirche, Ansicht. 1 ig. 54, p. 38. — 212 — Eger, Nicolaus-Kirche, letzte Bauzeit, Grundriss mit Angabe der Neuenmgeii. Fig. 55, p. 39. — Nicolaus-Kirche, Fenster-Maasswcrlc. Fig. 513, p. 40. Pi 1 s eu , Franciscaner-Kivche, letzte Bavizeit, Maasswerk. I ig. 57, p. 41. Schlan, Gottlmvds-Kirche, Grundriss. Fig. 58, p. 41. _ „ „ Chorausicht. Fig. 59, p. 42. _ Maasswerk eines Fensters. Fig. 60, n " p. 43. r. ■— Gotthards-Kirche, Detaillirungen. Fig. 61, 62, p. 43. Rakon ic , Bartlioloraiius-Kirche, Grundriss. Fig. 63, p. 43. _ „ „ Ansicht der Kirche und des Prager Thores. Fig. 64, p. 44. — Bartholomaus-Kirche, Querschnitt. Fig. 65, p. 45. _ „ „ Maasswerk. Fig. 66, p. 45. Zetscliowic, Nicolaus-Kirche, Grundriss. Fig. 67, p. 45. _ „ Hauptansicht. Fig. 68, p. 46. _ „ QuerdurchschuittgegenWesten. Fig. 69, p. 47. ' — Nicolaus-Kirche, Portal. Fig. 70, p. 48. _ ^ Chorfenster (durch ein Verselieu des Setzers begnint liier eini' andere Numerirung). Fig. 69, p. 49. _ ^ — Nicolaus-Kirche, Fries-Decorationen. Fig. 70, p. jO. _ „ , laufeudes Ornament. Fig. 71, p. 50. _ „ , Capitale und Laubwerke. Fig. 72 «, /j, c, p. 51. Ronsberg, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 73. p. 51. Eger, Bartholomaiis-Capelle, Grundriss. Fig. 74, p. 52. Schlackenwerth, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 75, p. 52. _ „ Durchschnitt. Fig. 76, p. 52. _ „ Maf.sswerk. Fig. 77, p. 53. Graupen, Stadtkirche, Grundriss. Fig. 78. p. 53. — „ Ansicht. Fig. 79, p. 54. M elnik, Peter- und Pauls-Kirche, Grundriss. Fig. 80, p. 55. _ „ „ „ „ Fensterbildung. Fig. 81,p.55. Arnau, Marien-Kirche, Grundriss. Fig. 82, p. 56. „ „ Ansicht. Fig. 83, p. 56. Laun, Nicolaus-Kirclie, Grundriss. Fig. 86, p. 57. _ „ „ Langenansicht. Fig. 87, p. 58. _ „ „ Fenster. Fig. 88, p. 59. _ „ „ hangender Knauf. Fig. 89, p. 59. Aussig, Decanal-Kirche, Schiflf, letzte Bauzeit. Fig. 90, p. 60. B riix, Decanal- Kirche, unterer und oberer Grundriss. Fig. 91, p. 60. — Decanal-Kirche, Liingeudurchschnitt. Fig. 92, p. 61. — „ „ Pfeilerbildung. Fig. 93, p. 62. — „ „ Maasswerke der Fenster. Fig. 94—96, p. 62. _ „ „ Gallerie-Maasswerk an der Empor-Kirche. Fig. 97, p. 63. Leipa, Heiligenkreuz-Kirche, Grundriss. Fig. 98, p. 63. _ „ „ Ansicht. Fig. 99, p. 64. ^!ernosek, Pfarrkirche, Grundriss. Fig. 100, p. 65. Schwarz-Kostelec, Schloss- Capelle, Grundriss. Fig. 101, p. 66. Beraun, Stadtmauerthurm, Fenster. Fig. 102, p. 68. Li tic, Situationsplan. Fig. 103, p. 69. — Ansicht. Fig. 104, p. 70. — Burgtlior mit Sculpturen. Fig. 105, p. 71. Biirglitz, Situationsplan. Fig. 106, p. 72. Teplitz, Burg, Situationsplan. Fig. 107, p. 73. Schreckenstein, Ansicht. Fig. 108, p. 74. Kunetic, Grundriss. Fig. 109, p. 75. Rakonic, der hohe Thurm, Ansicht. Fig. 110, p. 76. Beraun, Stadtmauerthurm (abgetragen). Fig. Ill, p. 77. Schlan, Stadtmauerthurm, seit 1869 abgetragen. Fig. 112, p. 78. Pra chatic, Thorthurm, Ansicht. Fig. 113, p. 78. Pilgram, Thorthurm und Hausergruppe. Fig. 114, p. 79. Neustadt an der Mettau, Thorthurm. Fig. 115, p. 80. Pardubic, das grunc Thor. Ansicht. Fig. 116, p. 81. Laun, Stadtthor, Grundriss und Ansicht, (zum grosstcn Theile abgetragen). Fig. 117, p. 82. Lcitmeritz, Rathhans, perspectivische Ansicht. Fig. 118, )). 83. Kuttenbertr, Ucberrest voiii al ten Rathhans. Fig. 119, j). 84. — Miinsterbcrg'sclies llaus, 'I'liiirnigemach. Fig. 120, p. 85. _ „ „ Details desselben. Fig. 122—124, p. 86, 87. — das bteinerne- odcr Bischofshaus, Ansicht. Fig. 125, p. 88. Kuttenberg, das steinerne- oder Bischofshaus, Erkergemach, Gnmdriss. Fig. 126, p. 89. — das steinerne- oder Bischofshaus, Erkerausladung. iig. 12 (, - das steinerne- oder Bischofshaus, Fenstergewande. Fig. 128, - das steinerne- oder Bischofshaus, Laubwerke. Fig. 129, 130, p. 91. — der Stadtbrunnen, unterer Grundriss. Fig. 131, p. 92. _ oberer Grundriss. Fig. 132, p. 92. Ansicht einer Seite. Fig. 133, p. 93. _ " " Profilriss derselben. Fig. 134, p. 94. Eger", Pareutl'erHaus, Ansicht. Fig. 135, p. 95. Leitmeritz, Wohnhaiis, Ansicht und Fenstergewande. Fig. 136, 137, p. 96,97. Laun,Erker.rig. 138, p. 98. Tabor, ehemaliges Predigerhaus. Fig. 139, p. 99. D e u t s c h - B r 0 d , Hausergruppe. Fig- 140; P- 1^0 Budweis, Erker und Details von Wohnhausern. lig. 141—144, p. 101, 102. _ , , „„ Pilsen, Wohnhaus (der Eingang erneuert). lig. 14o, p. iUd. Budweis, Wohnhaus. Fig. 146, p. 1 04. Reichenau, Glockenthurm, Holzbau. Fig. 14<, p. lOo. Pi-aslavic, Glockenthurm, Holzbau. Fig. 148, p. 106. Lhotiee,Holzcapelle. Fig. 149, p. 107. Gross - Zdikau, Holzcapelle, Ansicht. iig. loO, p. 108 _ „ Grundriss. Fig. lol, p. 108. Pschoblik, Holzcapelle, Grundriss und Ansicht. Fig. 152, Glockensaulen,h6lzerne. Fig. 153 154, p. 110. Glockensaule, steinerne, zugleich Brunnen. Fig. 15o, p. Ul- Hofreute im Bohmerwald. Fig. 156, p. 112. — im Egerland. Fig. 157, p. 112. - in Jung-Bfist. Fig. 158, p. 113. S e m i 1 , altes Rathhans, Holzbau. Fig. 159, p. 114. Cap ell en bei Hohenfurt, Holzliaus. Fig. IbO, P- llJ- Schlada bei Eger, Each werkliaus. Fig. lfal, p. lib- _ „ „ Kornspeicher, Holzbau. Fig. 163, p. 118. G r an p en, Wohnhaus. Fig. 162 p. 117. Eger Sacraments-Hauschen, tatelformig. Fig. 164, p. 1^0. Nachod, Sacraments-Hauschen, tafelformig. Fig. 16o, P-.l^^; Krumau, Sacraments-Hauschen, pyramidentormig. lig. Ibb, P rachitic, Sacraments-Hauschen mit Statue. Fig. 167, Gang, Sacraments-Hauschen. Fig. 168, p. 124. Bohmisch-Brod, Sacraments-Hauschen. Fig. 16.), p. 12o. Kuttenberg, Sacraments-Hauschen. Fig. 1/0, p. l^b. Unter-Haid, Kanzel. Fig. 171, p. 127. Laun, Kanzel. Fig. 172, p. 128. Rakonic, Kanzel. Fig. 173, p. 129. Kuttenberg, Kanzel. Fig. 174, p. 130. Folic, Taufbecken. Fig. 175, p. 131. ^ Schlackenwerth, Taufbecken. Fig. Kb, p. 132. Eger, Todtenleuchte. Fig. 177, p. 133. Schlan, Todtenleuchte. Fig. 178, p. 134. Pilsen, Grablaterne. Fig. 179, p. 13;). Prag, Rolandsaule. Fig. 180, p. 136. — Vladislav'sches Oratorimn. Fig. 181, p. Id'- Schlan, Kirchenthlire. Fig. 182, p. 138 _ Kuttenberg, Chorstiihle, Front- und Langenansicht. lig. 183, P- 140. , Litic, Burgthor und Sculpturen. Fig. 184, 185, p. 142. Kuttenb erg, Wahrzeichen, Sc. Fig. 186, p. 143. — Gurttrager, Sc. Fig. 187, p. 144. Tabor, Astwerk. Fig. 188, p. 145. — Biisten. Fig. 189, 190, p_. 146. Aussig, Portriitfigur, Sc. Fig. 191, p. 147. Graupen, Relief. Fig. 192, p. 148. Briix, Relief. Fig. 193, p. 149. Prachatic, Relief. Fig. 194, p. 150. Graupen, Grabstein. Fig. 195, p. 151. Prag, Ludmila-Grab, cine Nische. Fig. 196, p. 152. Eger, Gusswerk. Fig. 197, p. 154. Kuttenberg, Wasserspeier, Gusswerk. lig. 198, p. 155. Koniggriitz, Taufbecken. Fig. 199, p. 156. Leitmeritz, Taufbecken. Fig. 200, p. 157. Kliugenberg, Wandgemiilde. Fig. 201, p. 160. Blatna, Wandmalereien, Anordnung. Fig. 202, p. 161. Rakonic, Tafelbild. Fig. 203, p. 164. — 213 — Briix, Tafelbild. Fig. 204 p. 165. Leitmeritz, Miniaturmalerei. Fig. 20o, p. 16b. - MM. Fig. 206, p. 169. Trebnic. MM. Fig. 207, p. Iri. Deutschbrod. MM. Fig 208 P- ^ Prag, k. k. Bibliothek, MM. Fig. 209, p i ^4. _ Dombibliothek, MM. Pig. 210 p. 1 _ k k. Bibliothek, MM. Fig. 211, p. ijj- _ „ MM. Fig. 212, p. l^b. Eger ,"Monstranze. Fig. 213, P- 1''9- 5f.g', Domschatz, Iteliquiar. Fig. 214, p. 1^.9. MedaUlon. Fig. 216, p. 181. "~ " Fig. 217, p. 182. Rdiquiar. Fig. 218, p. 182. Prag, Domschatz, Medaillon, Reliquiar. Fig. 219, p. 183. _ ^' „ Biiclise. Fig. 220, p. 183. . raonstranzenformiges Ostensonum. iig. 221, _ DomsJliatz, monstrauzeiiformiges Osteusorium. Fig. 222, p. 184. -lo- Hohenfurt, Eisenarbeiten. Fig. 223, 224, p. Ibo. _ Thiirbesclilage. Fig. 22o, p. 186. — Sehliessblech. Fig. 226, p. 187. _ Tliiirklopfer. Fig. 227, p. 188. Holieumauth, Handhabe an emer Tliure Fig 228 p. lb.). _ Tiiiirlmlter und Sehliessblech. Fig. 229, 230, p. 190. Friedland, Gitter. Fig. 231,_p. 191. Leitmeritz, Eckbeschlage emes Buches. lig. 232, p. iS-^.